Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe den Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 ({0}) durch den Bundesminister der Finanzen ({1}).
Ich gebe das Wort dem Herrn Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag heute fristgerecht den Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Jahr 1961 vor, nachdem der Bundesrat verfassungsgemäß Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Erst vor vier Monaten, im Mai, hat der Bundestag den Haushaltsplan für das Rumpfrechnungsjahr 1960 verabschiedet. Der Übergang zum Kalenderjahr als Finanzjahr hat zur Folge, daß sich die gesetzgebenden Körperschaften innerhalb eines Jahres zweimal mit einem Haushaltsplan befassen müssen. Es handelt sich hierbei aber um einen einmaligen Vorgang.
Der Bundesregierung ist vorgeworfen worden, sie habe den Entwurf des Haushaltsplans 1961 unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften verspätet vorgelegt. Diesen Vorwurf muß ich im Namen der Bundesregierung zurückweisen.
({0})
Der Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1961 ist dem Bundesrat am 2. September 1960 fristgerecht zugeleitet worden. Die neue Vorlagefrist des 1. Juli gilt nach Änderung der Haushaltsordnung erst ab 1. Januar 1961.
({1}) Das ist von den Kritikern übersehen worden.
Der Bundesrat hat zu dem Entwurf noch im September im ersten Durchgang Stellung genommen, ohne eine Fristversäumnis zu rügen. Dem Bundestag ist die Regierungsvorlage am 23. September 1960, also noch vor dem gesetzlichen Vorlagetermin des 5. Oktober, und damit ebenfalls rechtzeitig zugeleitet worden.
Wie alljährlich, so mußten wir uns auch dieses Mal bei Aufstellung des Haushaltsentwurfs 1961 um eine zuverlässige Beurteilung der voraussichtlichen allgemeinwirtschaftlichen Entwicklung bemühen. Das ist in der gegenwärtigen Hochkonjunktur besonders schwierig. Ich will mit meiner Haushaltsrede keine grundsätzliche konjunkturpolitische Diskussion auslösen, insbesondere schon deshalb nicht, weil der Bundeswirtschaftsminister nicht hier sein kann. Trotz der Einwirkungen des Konjunkturablaufs auf den Haushalt - und umgekehrt des Haushalts auf die Konjunktur - würde eine Konjunkturdiskussion auch kaum hierher gehören, weil sie für sich allein ein abendfüllendes Thema ist und den Rahmen einer Bundestagsdebatte, die sich im engeren Sinne kritisch mit dem Bundeshaushalt befassen soll, sprengen würde. Was also die vorausschauende Beurteilung der volkswirtschaftlichen Entwicklung anlangt, die für die Aufstellung des Haushaltsplans erforderlich ist, so können wir wohl schon einige wirtschaftliche Grundtatsachen des nächsten Jahres übersehen; wir können aber noch nicht hinreichend zuverlässig beurteilen, in welchem Maße die erkennbaren Entwicklungstendenzen fortdauern werden und wie sie den Vollzug des Haushaltsplans im nächsten Jahr beeinflussen werden.
Im letzten Jahr ist in steigendem Maße gefordert worden, daß die Bundesregierung die währungspolitischen Bemühungen der Deutschen Bundesbank durch eine antizyklische Finanzpolitik ergänzen sollte. Diese Forderung ist im Grundsatz berechtigt und wird von mir anerkannt. Es ist aber die Frage, mit welchen Mitteln und in welchem Maße die Finanzpolitik dazu berufen und geeignet ist, diese antizyklische Politik durchzuführen. Die Notenbank ist auf jeden Fall durch außerordentliche Vollmachten, die sie in völliger Unabhängigkeit ausübt, von Gesetzes wegen der erste Hüter der Währung. Es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung bei der Verwirklichung ihrer politischen Ziele mit ihren Finanzmaßnahmen sich in größtmöglichem Umfange den Erfordernissen der jeweiligen Konjunkturlage und damit 'den Bemühungen der Bundesbank anpaßt. Trotz dieses Bekenntnisses wird häufig der Vorwurf erhoben, daß die Zusammenhänge zwischen der Währungs-, Konjunktur- und Finanzpolitik tatsächlich nicht immer beachtet würden. Viele Gedankengänge, die wirtschaftswissenschaftlich richtig und logisch erscheinen, bekommen aber häufig ein anderes Gesicht, wenn sie an den politischen, verfassungsrechtlichen, gesetzlichen und tatsächlichen Bindungen gemessen werden, die die Finanzgebarung nun einmal zwingend bestimmen.
Bundesfinanzminister Etzel
Auch in der Finanzpolitik gibt es etwas Ähnliches wie das magische Dreieck der Wirtschaftspolitik. Die Finanzpolitik muß sich zwischen drei elementaren Bedürfnissen unseres Volkes bewegen, nämlich erstens dem nach innerer Sicherheit und sozialer Befriedung, zweitens dem nach äußerer Sicherheit und Verteidigungsbereitschaft und drittens dem nach ungestörtem wirtschaftlichem Wachstum bei Geldwertstabilität und ausgeglichener Wirtschafts- und Sozialordnung.
Diese oft widersprechenden und widerstreitenden Bedürfnisse müssen ständig miteinander versöhnt werden. Wie schwer diese Aufgabe ist, können wir jedes Jahr erneut bei der Aufstellung und Beratung des Bundeshaushalts erkennen. Wie schon in den Vorjahren, so wird auch 1961 der Bundeshaushalt von vier großen und fast unabänderlichen Ausgabeblöcken bestimmt, die zusammen mit 36,6 Milliarden DM über 80 v.H. der Gesamtausgaben betragen, nämlich erstens die Sozialausgaben im weiteren Sinne mit 17,7 Milliarden DM = 39 v. H., zweitens die Verteidigungsausgaben einschließlich der Leistungen für verbündete Truppen und für zivile Verteidigung 12,4 Milliarden DM = 28 v. H., drittens die Verkehrsausgaben mit nunmehr 3,7 Milliarden DM = 8 v. II., viertens die Ausgaben für die Landwirtschaft mit nunmehr 2,8 Milliarden DM - 6 v. H. der Gesamtausgaben. Die Ausgaben für die soziale und für die nationale Sicherheit allein beanspruchen mehr als zwei Drittel der Gesamtausgaben.
Es liegt auf der Hand, daß die konjunkturpolitische Beweglichkeit der Bundesfinanzen bei feststehenden Ausgabeblöcken in solcher Größe nicht allzu groß ist. Die Forderung, in der Hochkonjunktur die öffentlichen Ausgaben zu kürzen und gleichzeitig die Steuermehreinnahmen in einer gewollten Überschußwirtschaft bei der Notenbank stillzulegen, verkennt deshalb einfach die harte und unabänderliche Wirklichkeit.
Der Bundesfinanzminister, für den die Einheit von Wirtschafts- und Finanzpolitik kein Lippenbekenntnis ist, muß deshalb nach anderen Formen einer antizyklischen Finanzpolitik suchen. Wer meine Maßnahmen beim Vollzug der Bundeshaushalte 1959 und. 1960 unvoreingenommen prüft, wird mir sicherlich darin zustimmen, daß ich den tatsächlich verfügbaren Spielraum für antizyklische Maßnahmen nach Kräften ausgeschöpft habe. Auch der Vollzug des Haushaltsplans für 1961 soll sich im Rahmen dieser Politik bewegen. Im einzelnen handelt es sich dabei vor allem um die folgenden Maßnahmen:
Erstens: Solange unsere gute Konjunktur von einem allgemeinen Preisauftrieb bedroht ist, muß der Bund auf Ansprüche an den Kapitalmarkt weitgehend verzichten.
Zweitens: Die Steuermehreinnahmen sollten nicht zu neuen zusätzlichen Ausgaben verwandt werden. Vielmehr sollten sie zur Finanzierung solcher Bundesausgaben herangezogen werden, die sonst aus Anleihemitteln des Kapitalmarktes finanziert werden würden.
Drittens: Der Bund wird Ausgaben nur im Rahmen verfügbarer Einnahmen leisten. Zu diesem
Zweck ermächtigt das Haushaltsgesetz den Bundesfinanzminister, Ausgabenansätze des außerordentlichen Haushalts gesperrt zu halten und solche des ordentlichen Haushalts zu sperren, wenn die Dekkungsmittel in der Kasse fehlen.
Viertens: Der Bund wird auch künftig in größtmöglichem Umfang durch Auslandszahlungen dem inneren Kreislauf Geld entziehen und dadurch die Maßnahmen der Bundesbank unterstützen.
Diese vier Maßnahmen sind der wirksame und politisch realistische Beitrag der Finanzpolitik zur Einhaltung der Generallinie der Wirtschaftspolitik in der Hochkonjunktur, die Vollbeschäftigung und Preisstabilität gleichermaßen sichern will. Der Bund hat sich bereits in der Vergangenheit dementsprechend verhalten.
Ich verweise hier nur kurz auf einige wichtige Maßnahmen antizyklischen Verhaltens der Bundesregierung:
a) Durch die geringen Ansprüche des Bundes an den Kapitalmarkt mit bisher nur 800 Millionen DM in dieser Legislaturperiode wurden die Bemühungen der Notenbank um eine Verminderung der Geld-und Kreditschöpfung sehr wesentlich unterstützt. In welchem Maße der Bund den Kapitalmarkt geschont und dadurch antizyk gehandelt hat, ergibt sich auch daraus, daß in den Rechnungsjahren 1959 und 1960 etwa 3 Milliarden DM aus Steuern an Stelle der ursprünglich vorgesehenen Kreditdeckung zur Finanzierung außerordentlicher Ausgaben herangezogen worden sind.
b) In ähnlichem Maße kontraktiv wirkten die hohen Auslandszahlungen des Bundes für den Ankauf von Rüstungsgütern im Ausland und für sonstige Leistungen an das Ausland. Der Abfluß von Kaufkraft aus dem volkswirtschaftlichen Kreislauf, der dabei über den Bundeshaushalt ausgelöst wurde, betrug im Finanzjahr 1958 im Saldo etwa 1,3 Milliarden DM. Im Jahre 1959 wurde er bewußt auf etwa 2 Milliarden DM gesteigert. Im Jahre 1960 dürfte er sich auf der entsprechenden Höhe bewegen. Für 1961 können wir sogar mit 2,5 Milliarden DM rechnen.
Der Bundeshaushalt leistet also nicht unwesentliche Beiträge zur Dämpfung der Übernachfrage. Die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse erlauben es hingegen nicht, den theoretisch sicherlich bemerkenswerten Vorschlägen zur Stillegung der Übernachfrage aus den Zahlungsbilanzüberschüssen durch Haushaltsüberschüsse - die überdies erst durch Steuererhöhung oder durch Ausgabekürzungen geschaffen werden müßten zu folgen.
Wenden wir uns dem Haushalt 1959 zu. Es ist ein guter Brauch, daß der Bundesfinanzminister bei der Einbringung des neuen Haushalts auch über den Ablauf des zurückliegenden Rechnungsjahres berichtet. Diesem Rückblick kommt dieses Mal eine besondere Bedeutung zu, denn die Hochkonjunktur, die im Frühsommer 1959 einsetzte, traf mit dem Haushaltsplan 1959 zusammen, den wir noch in einer Zeit aufgestellt hatten, als uns von vielen Seiten zur Konjunkturstützung eine expansive Ausgabengebarung empfohlen wurde. Nur wenige Monate späBundesfinanzminister Etzel
ter stand der Bundesfinanzminister also vor der Aufgabe, das Ruder herumzulegen, um auch mit seinen Möglichkeiten der inzwischen aufsteigenden Überkonjunktur entgegenzuwirken. Lassen Sie uns im einzelnen sehen, wie es gelang, den Vollzug des Bundeshaushaltsplans 1959 in das Gesamtbild des Konjunkturablaufs einzufügen.
Bei der Ausführung des Haushalts 1959 ergaben sich unerwartete Schwierigkeiten. Gleichwohl konnte der Haushalt 1959 mit einem kassenmäßigen Fehlbetrag von nur 154 Millionen DM abgeschlossen werden. Die Gesamtausgaben betrugen 41,2 Milliarden DM, denen ordentliche und außerordentliche Einnahmen in Höhe von 41,1 Milliarden DM gegenüberstanden. Damit ist also der Ausgleich des Haushalts 1959 auch in der Ausführung nahezu gelungen. Der kassenmäßige Gesamtabschluß lag allerdings um rund 1,5 Milliarden DM über dem Haushaltssoll. Dieses Ergebnis legt aber nur scheinbar den Schluß nahe, daß es mir als Bundesfinanzminister nicht gelungen sei, einen konjunkturell unerwünschten Anstieg des Haushaltsvolumens in dieser Größenordnung zu vermeiden. In Wirklichkeit entfallen von diesen 1,5 Milliarden DM allein 1,2 Milliarden DM auf durchlaufende Posten, die den Bundeshaushalt um diesen Betrag in Einnahmen und Ausgaben erhöhten und auf die der Bundesfinanzminister überhaupt keinen Einfluß hat. Von diesen durchlaufenden Mehreinnahmen und Mehrausgaben entfallen z. B. 313 Millionen DM auf die Eingliederung des Saarlandes, 375 Millionen DM auf das erhöhte Aufkommen aus Lastenausgleich und Kohlenabgaben und 191 Millionen DM auf Eingangsabgaben für Auslandslieferungen an den Bund.
Vermindert man das tatsächliche Ausgabenvolumen 1959 um die Mehrbeträge bei den durchlaufenden Posten, so lag der kassenmäßige Abschluß nur um knapp 300 Millionen DM über dem Haushaltssoll 1959.
Dieses Ergebnis muß als besonders günstig bezeichnet werden, wenn man berücksichtigt, daß im Rechnungsjahr 1959 auch noch über- und außerplanmäßige Ausgaben von mehr als 1 Milliarde DM geleistet werden mußten und daß daneben - außerhalb der veranschlagten Neudeckung - noch Ausgabereste in Höhe von 1 Milliarde DM abgebaut wurden, davon 800 Millionen DM bei den zivilen Ressorts und 200 Millionen DM beim Verteidigungsministerium. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, daß die unvorhergesehenen Mehrausgaben in Höhe von 1 Milliarde DM in Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen oder aus einer Zwangslage heraus geleistet werden mußten. Neben Sozialausgaben von rund 300 Millionen DM, wovon allein 143 Millionen DM der knappschaftlichen Rentenversicherung in Auswirkung der Kohlenkrise zuflossen, handelt es sich vor allem um eine Überbrückungshilfe an die Bundesbahn von 200 Millionen DM, die ja in diesem Jahre wieder hereinkommen, und um zusätzliche Mittel für den Flüchtlingswohnungsbau in Höhe von 300 Millionen DM.
Da der Kassenabschluß des Rechnungsjahres 1959 das Soll praktisch also nur um 300 Millionen DM überstieg, andererseits aber - einschließlich der
Ausgabereste - rund 2 Milliarden DM zusätzliche Ausgaben geleistet wurden, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen waren, mußte ein Betrag von 1,7 Milliarden DM auf andere Weise gedeckt werden. Die Aufgabe wäre leicht gewesen, wenn hierzu die unerwarteten Steuereinnahmen hätten herangezogen werden können. Diese betrugen im Jahre 1959 knapp 1,8 Milliarden DM. Zusammen mit einem gewissen Mehraufkommen bei den Verwaltungseinnahmen ergaben sich sogar 2 Milliarden DM. Dieses Mehraufkommen mußte jedoch in Höhe von über 1,4 Milliarden DM zur Bedienung des außerordentlichen Haushalts herangezogen werden, weil Anleihen am Kapitalmarkt nicht unterzubringen waren. Es blieben also noch 600 Millionen DM für die ungedeckten Mehrausgaben von 1,7 Milliarden DM. Der dann noch verbleibende ungedeckte Betrag an Mehrausgaben in Höhe von 1,1 Milliarden DM - 1,7 Milliarden DM minus 600 Millionen DM gleich 1,1 Milliarden DM - ist durch drastische Bewirtschaftungsmaßnahmen und durch gezielte Einsparungen gedeckt worden. Zu den Einsparungsmaßnahmen gehörte unter anderem auch die Erhöhung der allgemeinen Ausgabensperre von 6 auf 9 Prozent für alle rechtlich nicht gebundenen Bundesausgaben.
Nur mit solchen strengen und harten Mitteln -sie sind weiß Gott nicht einfach in allen Einzelpositionen - ist es gelungen, den Haushalt 1959 bis auf den Fehlbetrag von 154 Millionen DM, der im Vollzug des Haushaltsentwurfs 1961 abgedeckt wird, auszugleichen. Dieser Erfolg - und ich glaube, der Haushalt 1959 ist in seiner Abwicklung ein Erfolg - scheint mir zu beweisen, daß die Haushaltswirtschaft des Bundes im Jahre 1959 konjunkturgerecht war und ebenso mit Härte wie mit Elastizität geführt worden ist.
Dann darf ich noch darauf hinweisen - ich habe es schon gesagt -, daß in diesem Haushaltsjahr 1959 außerdem noch 2 Milliarden DM im Saldo für Auslandszahlungen benutzt wurden. Das ist ein zusätzlicher Beitrag zu einem konjunkturgerechten Verhalten.
Wie sieht nun der voraussichtliche Ablauf des Haushaltsjahres 1960 aus? Bereits im Finanzjahr 1959 sind, wie erwähnt, die Steuern erheblich höher als vorausgesetzt in ,die Bundeskasse geflossen. Ich möchte mich jetzt ein wenig mit dem Problem dieses sogenannten Steuersegens befassen. Im Hinblick auf die anhaltende gute Konjunkturentwicklung erwartet die Öffentlichkeit eine ähnliche Entwicklung des Steueraufkommens im laufenden Haushaltsjahr 1960. Es wird hier jedoch - und das ist entscheidend - gerne übersehen, daß die Haushaltsansätze der Steuereinnahmen für 1960 dieses Mal bereits im voraus auf das erwartete Mehraufkommen abgestellt worden sind. Sie waren also gewissermaßen vorauskalkuliert. Die Steuermehreinnahmen des Jahres 1960 sind also weitgehend für die Haushaltsdeckung 1960 - im Abschluß plus minus null - bereits herangezogen worden.
Diese Steuermehreinnahmen, die jetzt immer wieder diskutiert werden, wurden im Haushaltsplan 1960 mit einem Mehr von 11,3 Prozent gegenüber
Bundesfinanzminister Etzel
den Einnahmen des Vorjahres geschätzt. Über dieses Mehr, meine Damen und Herren, ist also bereits verfügt. Es kann ganz einfach nicht noch einmal ausgegeben werden; das wird immer wieder übersehen. Aus den Einnahmeergebnissen der ersten fünf Monate des laufenden Rechnungsjahres nach dem 1. April kann auch noch nicht geschlossen werden, daß die diesjährigen Schätzungen über das bereits verfügte Mehr hinaus zu niedrig sind. Die Steuereinnahmen der ersten fünf Monate bleiben sogar um 600 Millionen DM hinter dem rechnerischen Durchschnitts-Soll für fünf Monate zurück. Das ist in diesem Jahr - wenn ich diese Bemerkung machen darf - besonders wichtig, weil im Rahmen des Rumpfhaushaltsjahres die sonst sehr steuerstarken Monate Januar und März aus diesem Haushaltsjahr ausscheiden. Ob und wieviel das Steueraufkommen bis Ende dieses Rechnungsjahres, das nur neun Monate beträgt, das entsprechende Haushaltssoll also übersteigen wird, ist gegenwärtig noch nicht zu übersehen. Eine verläßliche Schätzung werden wir erst Ende Oktober vornehmen können, wenn nämlich die Kasse des steuerstarken Septembermonats übersehen werden kann. Sollten aber Mehreinnahmen anfallen, würden sie keinesfalls in diesem Jahr für neue Ausgaben verwendet werden können. Da außerordentliche Deckungsmittel für das Haushaltsjahr 1960 bisher nicht verfügbar sind, werden alle etwaigen Mehrausgaben zur Finanzierung des außerordentlichen Haushalts, der bis jetzt ungedeckt ist, also für das Restjahr noch mit 1,1 Milliarden DM zu decken ist, verwendet werden müssen. Es ist so schrecklich ein, fach und primitiv, die Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen heranziehen zu wollen, ohne diese Zusammenhänge zu berücksichtigen.
Auch (die Entwicklung der Ausgaben in 'den ersten fünf Monaten des laufenden Rechnungsjahres läßt noch keinen Schluß auf das voraussichtliche Gesamtergebnis zu. Erfahrungsgemäß bleiben die Ausgaben in ,den ersten Monaten regelmäßig hinter den Ansätzen zurück. Gleichwohl haben in den ersten fünf Monaten dieses Rechnungsjahres die Ausgaben mit 17,1 Milliarden DM die Einnahmen um rund 700 Millionen DM überschritten; der normale Weg ist also auch diesmal nicht ,eingehalten worden. Sie liegen damit zwar unter dem rechnerischen Soll für fünf Monate. Ich muß aber den Umständen nach davon ausgehen, daß die Bewilligungen des Plans 1960 bis Ende Dezember weitgehend (ausgeschöpft werden. In einer Reihe von Fällen werden die Ausgaben sogar (die bewilligten Beträge überschreiten, soweit nämlich die vollen Jahresleistungen in diesem Rumpfhaushaltsjahr bereits ganz erbracht wenden müssen. Ein Ausgleich hierfür kann nur durch entsprechende Bewirtschaftungsmaßnnahmen gefunden wenden.
Die Ansätze des außerordentlichen Haushalts dieses Jahres konnten wegen des völligen Fehlens von Kreditmitteln zunächst mit der Maßgabe freigegeben werden, daß gleich hohe Beträge im ordentlichen Haushalt eingespart werden. Die Schwierigkeiten eines solchen Verfahrens liegen auf der Hand, denn viele außerordentliche Ausgaben können wegen ihrer Zwangsläufigkeit nicht nach wesentlich anderen Grundsätzen behandelt werden als die Ansätze des ordentlichen Haushalts. Jede Mark eines möglichen Steuermehraufkommens muß deshalb als Ersatz fehlender Kreditmittel für die Finanzierung des außerordentlichem Haushalts verwendet wenden, wenn nicht zwangsläufige und politisch wichtige Ausgaben des ,außerordentlichen Haushalts in Frage gestellt wenden sollen. Angesichts dieser Gesamtlage wird es aller Anstrengungen bedürfen, um den Ausgleich des Haushalts 1960 auch im Vollzug zu sichern.
Nunmehr kann ich mich dem Haushaltsentwurf für 1961 zuwenden. Er ist der Forderung des Grundgesetzes entsprechend ausgeglichen und schließt mit 44,8 Milliarden DM ab. Die Gesamtsumme der Ausgaben liegt damit um 2,9 Milliarden DM über den Ansätzen des Vorjahres. Die Anforderungen der Ressorts (an den Bundeshaushalt gingen sogar noch wesentlich darüber hinaus; sie betrugen rund 48 Milliarden DM und lagen mit mehr (als 6 Milliarden DM über dem Haushaltssoll 1960. In den Ressortverhandlungen ist es gelungen, im Einvernehmen mit den Fachministern die Streichung von rund 3 Milliarden DM zu erreichen. Der verbleibende Ausgabebedarf von 44,8 Milliarden DM mußte auch bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes anerkannt werden, wenn nicht wesentliche und unabweisbare Aufgaben unerfüllt bleiben sollten.
Allein aus gesetzlichen Verpflichtungen entsteht ein Mehrbedarf von 1,5 Milliarden DM. Hierbei handelt es sich insbesondere um Ausgaben für soziale Zwecke, für den Straßenbauplan, die Leistungen nach dem Bundesrückerstattungsgesetz, die Kohlenfrachthilfe sowie die sozialen Anpassungsmaßnahmen aus Anlaß der Kohlenkrise, die Abwicklung des kassenmäßigen ,Fehlbetrages 1959 sowie die Auswirkung der Erhöhung der Bezüge im öffentlichen Dienst für ein volles Rechnungsjahr.
Außerdem war es erforderlich, in Erfüllung bestehender Verträge die Aufwendungen für die äußere Sicherheit um 1,7 Milliarden DM zu erhöhen. Mit dieser Erhöhung von Verteidigungsausgaben und den genannten 1,5 Milliarden DM zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen ergeben sich bereits Mehrausgaben von zusammen 3,2 Milliarden DM gegenüber dem Haushaltsplan des laufenden Jahres. Da +die Gesamtsumme des Entwurfs für 1961 nur um 2,9 Milliarden DM steigt, ergibt sich, daß der Mehrbetrag von 300 Millionen DM durch Wenigerausgaben an +anderer Stelle gedeckt wenden mußte. Nur auf diese Weise konnten auch andere Ausgabenerhöhungen des Haushaltsplans 1961 gedeckt werden, die die Bundesnegierung für notwendig hält, z. B. die Mehrausgaben für Wissenschaft und Forschung, für sonstige kulturelle Aufgaben und für die Landwirtschaft.
Der Haushaltsausgleich hat sich im wesentlichen wiederum durch die Vorwegveranschlagung eines höheren Steueraufkommens sowie durch eine mäßige Erhöhung des außerordentlichen Haushalts herbeiführen lassen. Dem Gesamtausgabebedarf von 44,8 Milliarden DM stehen ordentliche Deckungsmittel in Höhe von 42,7 Milliarden DM und außerBundesfinanzminister Etzel
ordentliche Einnahmen von 2,1 Milliarden DM gegenüber.
Die Steuereinnahmen des Bundes für das Rechnungsjahr 1961 sind auf der Grundlage des voraussichtlichen Aufkommens im Kalenderjahr 1960 geschätzt worden. Die Schätzung geht von der Annahme aus, daß das Bruttosozialprodukt im Jahre 1961 gegenüber dem hohen Stand von 1960 sich abermals um 6 v. H. erhöht. Diese Steuerschätzung ist - zuletzt Ende Mai 1960 - mit dem Arbeitskreis „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen" und den Wirtschaftsforschungsinstituten unter Beteiligung der Deutschen Bundesbank und des Statistischen Bundesamtes abgestimmt worden. Solange nicht zu übersehen ist, in welcher Höhe das Steueraufkommen in 1960 die veranschlagten Beträge übersteigen wird, können auch die auf der Grundlage des erwarteten Steueraufkommens 1960 geschätzten Steuereinnahmen für 1961 nicht erhöht werden. Ich beabsichtige, die beteiligten Stellen Ende Oktober nochmals zusammenzurufen, um gemeinsam zu prüfen, ob sich gegenüber den Mai-Ergebnissen eine Erhöhung der Steuerschätzungen vertreten läßt. Ein etwaiges weiteres Mehraufkommen muß - wie auch in den Vorjahren - in erster Linie zur Verminderung des Anleihebedarfs verwendet werden.
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Der außerordentliche Haushalt umfaßt Ausgaben von 2,1 Milliarden DM, die im Kreditwege beschafft werden sollen. Er ist damit zwar gegenüber dem Vorjahr um 600 Millionen DM erhöht worden; sein Anteil an den Gesamtausgaben des Bundes beträgt aber weniger als 5 v. H. Angesichts der konjunkturellen Lage ist die Erhöhung um 600 Millionen DM gewiß nicht schön. Gemessen an der Kapitalbildung ist das veranschlagte Volumen von 2,1 Miliarden DM aber nicht überhöht und erscheint auch angesichts der Festigung, die der Rentenmarkt - nicht zuletzt durch die maßvolle Anleihepolitik des Bundes - neuerdings erkennen läßt, nicht unrealistisch. Der Bund wird versuchen, seinen außerordentlichen Bedarf in Anpassung an ,die Gegebenheiten des Kapitalmarktes zu decken. Wir werden uns auch im Jahre 1961 bemühen, die Kreditbedürfnisse des Bundes der Gesamtlage des Kapitalmarktes anzupassen und jede Gefährdung des Geld- und Kapitalmarktes zu vermeiden. Wir werden auf eine Kreditaufnahme verzichten, solange und soweit andere Deckungsmittel zur Verfügung stehen. Der Finanzminister wird auch - wie in den vergangenen Jahren - nicht davor zurückschrecken, im ordentlichen Haushalt Bewirtschaftungsmaßnahmen durchzuführen, soweit das zur Bedienung von zwangsläufigen Ansätzen des außerordentlichen Haushaltsplans notwendig werden sollte.
Bevor ich auf einzelne Schwerpunkte des Haushalts 1961 näher eingehe, gestatten Sie mir ein Wort zu den Personalausgaben des Bundes. Die Anforderung neuer Stellen im Rechnungsjahr 1961 hat sich leider nicht umgehen lassen.
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Sonderverhältnisse liegen im Verteidigungsbereich vor. Hier ist ein weiterer Personalzuwachs im
Zuge des fortschreitenden Aufbaues der Bundeswehr sicherlich unvermeidbar. Aber auch im zivilen Verwaltungsbereich waren gewisse Personalvermehrungen bei Anlegung eines strengen Maßstabes unabweisbar. Die Zahl der angeforderten 509 neuen Beamten und 1234 Angestellten wird sicherlich manchem als recht hoch erscheinen. Diese Personalvermehrungen sind aber überwiegend die Folge gesetzlicher Erweiterungen der Aufgaben des Bundes. Ich darf insoweit insbesondere auf den Aufbau des Bundespatentgerichts und auf den Ausbau einer Reihe von Forschungsanstalten auf technischem Gebiet, der Flugsicherung und des zivilen Bevölkerungsschutzes hinweisen. Der Personalbedarf für diese neuen gesetzlichen Aufgaben konnte durch personelle Umbesetzungen nicht gedeckt werden. Außerdem ist ein aufgestauter Bedarf dadurch entstanden, daß in den Rechnungsjahren 1959 und 1960 die Ansätze für Personalausgaben unverändert aus den Vorjahren übernommen worden sind. Auf nennenswerte Personalreserven konnte infolgedessen nicht zurückgegriffen werden. Die Bundesregierung hat daher nach eingehender und sorgfältiger Prüfung die in dem Entwurf enthaltenen Personalanforderungen für das Rechnungsjahr 1961 als unabweisbar anerkannt.
In dieser Vermehrung der Stellen sind Stellenverbesserungen aus allgemeinen beamtenpolitischen Gesichtspunkten noch nicht enthalten. Die Bundesregierung hat festgestellt, daß einige Länder den Stellenkegel, d. h. das Verhältnis zwischen den Eingangs- und Beförderungsstellen einer Laufbahn, im letzten Jahr wesentlich verbessert haben, ohne sich mit anderen Ländern oder dem Bund näher abzustimmen. Dadurch mußte bei der Beamtenschaft des Bundes und der anderen Länder eine gewisse Verstimmung entstehen. Die Bundesregierung wird deshalb unter dem Gesichtspunkt einer gleichmäßigen Behandlung aller Staatsdiener für ihre Beamten gewisse Verzerrungen des heutigen Stellengefüges beseitigen.
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Dadurch sollen die Aufstiegsmöglichkeiten, vor allem des einfachen und des mittleren Dienstes, verbessert werden.
Die Bundesregierung weiß um ihre Fürsorgepflicht für ihre Beamten, deren Sorgen und Nöte sie kennt. Dienstherr und Beamte tragen eine gemeinsame Verantwortung für den Staat. In solcher Verantwortung muß die traditionelle Stellung des Beamtentums rechtlich und wirtschaftlich gesichert bleiben.
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Nachdem ich Ihnen die allgemeinen Probleme des Bundeshaushalts 1961 aufgezeigt habe, möchte ich nunmehr auf Einzelfragen eingehen.
Die Sozialausgaben sowie die Haushalte für Verteidigung, Verkehr und Ernährung bilden weiterhin die Schwerpunkte des Bundeshaushaltsplans. Die Ausgaben für diese großen Ausgabenblöcke sind wiederum erheblich angestiegen.
Vor meiner Stellungnahme zu der Entwicklung der Sozialausgaben des Bundes im Jahre 1961 gestatten Sie mir einige allgemeine Bemerkungen.
Bundesfinanzminister Etzel
Der unverminderte Drang zu einer ständigen Steigerung der Sozialausgaben war auch im Verlauf dieser Legislaturperiode von Jahr zu Jahr wirksam. Die Sozialleistungen aller öffentlichen Körperschaften - einschließlich der Sozialversicherungsträger - sind seit dem Jahre 1957 um den sehr beachtlichen Betrag von 7,5 Milliarden DM, d. h. um rund 25 v. H., angewachsen. Sie werden im Jahre 1961 37,7 Milliarden DM erreichen. Waren 1957 je Kopf der Erwerbstätigen im Durchschnitt rund 1194 DM für Sozialleistungen aufzubringen, so werden es 1961 bereits 1415 DM sein, also 221 DM mehr.
Die Aufwendungen des Bundes für Sozialleistungen im engeren Sinne wuchsen in diesem Zeitraum insbesondere auf Grund der wesentlich erhöhten Ausgaben der Kriegsopferversorgung und auf Grund der Steigerung der Zuschüsse zur Rentenversicherung von zusammen 9,8 Milliarden DM auf rund 12 Milliarden DM, also um 2,2 Milliarden DM oder um 22 v. H. Damit beträgt im Jahre 1961 der Anteil der Sozialausgaben im engeren Sinne an den Gesamtausgaben des Bundes rund 28 v. H. Ich habe also diese Zusammenhänge durchaus objektiv dargestellt.
Die Erhöhung der Sozialausgaben gegenüber dem Vorjahr beträgt nahezu 300 Millionen DM. Bei der Beurteilung dieser Zahl bitte ich aber zu beachten, daß es sich um einen Saldo zwischen den tatsächlich wesentlich höheren Mehrausgaben und den Minderausgaben auf Grund der natürlichen Entwicklung handelt. Infolgedessen tritt die wirkliche und wesentlich höhere Mehrleistung hierbei nicht voll in Erscheinung.
Ich darf mich nun kurz den für 1961 vorgesehenen Sozialleistungen des Bundes im einzelnen zuwenden.
Bei dem Vergleich der Haushaltsansätze mit denen des Vorjahres tritt die wesentliche Erhöhung der Kriegsopferrenten und anderer Leistungen nach dem Ersten Neuordnungsgesetz um durchschnittlich ein Drittel der bisherigen Rentenhöhe nicht deutlich genug hervor. Der finanzielle Aufwand für die Kriegsopfer nach diesem Gesetz beträgt in diesem Jahre nahezu 4,3 Milliarden DM.
Die Zuschüsse zur Sozialversicherung betragen rund 6,4 Milliarden DM, das sind 1,7 Milliarden DM mehr als im Jahre 1957, zu Beginn der Legislaturperiode, und 246 Millionen DM mehr als im Vorjahr. Die Bundeszuschüsse wachsen von Jahr zu Jahr, weil die Zugangsrenten durch ihre allgemeine Bemessungsgrundlage an die Lohnbewegung gekoppelt sind und weil auch die Bestandsrenten nach den Gutachten des Sozialbeirats entsprechend erhöht worden sind.
Ein Problem besonderer Art ist die Entwicklung der knappschaftlichen Rentenversicherung. Die Betriebsumstellungen im Steinkohlenbergbau führten im Jahre 1960 zu einem weiteren Rückgang der Arbeitnehmerzahl, also der Beitragszahler. Sie verstärkten außerdem den Zugang an Rentenempfängern, so daß der vom Bund zu deckende Fehlbetrag auch im Jahre 1961 allein für die Knappschaft nicht unerheblich ansteigen wird. Der Bundeszuschuß beträgt im Rechnungsjahr 1961 1,6 Milliarden DM und erreicht damit rund 65 v. H. der Gesamtausgaben der Knappschaften.
Entsprechend meiner Zusage bei der Verabschiedung des Haushalts 1960 sind inzwischen auch die Erstattungsansprüche der Rentenversicherungsträger nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes einvernehmlich geregelt worden. Die Rentenversicherungsträger erhalten Schuldbuchforderungen gegen den Bund in Höhe von 2,1 Milliarden DM, die vom 1. Januar 1961 an mit 5,5 v. H. zu verzinsen und vom 1. Januar 1962 an mit 2,5 v. H. zu tilgen sind. Die Annuität ist also 8 %. Ich freue mich, daß dieses jahrelang offene Problem nunmehr befriedigend geregelt werden konnte.
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Mit den Gesamtaufwendungen für soziale Zwecke und mit dem Anteil der Sozialleistungen am Bruttosozialprodukt steht die Bundesrepublik weiterhin an der Spitze der vergleichbaren Staaten der westlichen Welt.
Ich komme nun zu den Verteidigungsausgaben. Im Haushaltsentwurf 1961 sind hierfür insgesamt 12,4 Milliarden DM veranschlagt worden, von denen 11,2 Milliarden DM auf die Bundeswehr, rund 0,5 Milliarden DM auf Leistungen an verbündete Truppen und 0,7 Milliarden DM auf die zivile Verteidigung entfallen. Die 11,2 Milliarden DM für die eigenen Streitkräfte setzen sich zusammen aus: 5,1 Milliarden DM auf die laufenden Kosten, 4,6 Milliarden DM auf Neubewilligungen für Beschaffungen und 1,5 Milliarden DM auf die weitere Neudeckung von Ausgaberesten. Die Neubewilligungen betreffen im wesentlichen Beschaffungen für Programme, die bereits in den letzten Jahren festgelegt worden sind, die auch im Verteidigungsausschuß die Zustimmung gefunden haben.
Die gesamten Verteidigungsausgaben erreichen damit rund 28 v. H. der Gesamtausgaben des Bundes. Das ist der Beitrag, den die Bundesrepublik für die eigene und die gemeinsame Sicherheit und für den Schutz durch das stärkste Verteidigungsbündnis der Welt - die NATO - leistet. Wenn auch in einigen anderen NATO-Staaten auf den Kopf der Bevölkerung noch höhere Verteidigungsausgaben entfallen, so erscheint dieser Beitrag doch im Hinblick auf unsere außenpolitischen Sonderverpflichtungen als ein hoher Preis für unsere nationale Sicherheit.
In der Vergangenheit ist wiederholt Kritik an der Veranschlagung und Bewirtschaftung der Ausgaben des Bundesverteidigungshaushalts geübt worden. In den ersten Jahren des Wiederaufbaus der Verteidigung war es notwendig, in dieser Hinsicht großzügiger zu verfahren, als es die Haushaltsordnung sonst vorschreibt. In der Zwischenzeit ist auf eine ordnungsmäßige Anwendung des allgemeinen Haushaltsrechts hingewirkt worden. Dies gilt vor allem für die militärischen Bauvorhaben, für die das Verfahren dem bei anderen Bundesbauten weitgehend angeglichen wurde.
Die Ausgabenreste des Verteidigungshaushalts werden weiter systematisch vermindert werden.
Bundesfinanzminister Etzel
Von den 7,1 Milliarden DM Resten, die im Verteidigungshaushalt noch am 1. April 1959 vorhanden waren, sind im Rechnungsjahr 1959 rund 2,2 Milliarden DM abgebaut worden, also mehr, als ich vor einem Jahr anzunehmen wagte. In den Haushaltsplänen 1960 und 1961 ist ein weiterer Resteabbau von je 1,5 Milliarden DM veranschlagt,
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so daß begründete Aussicht besteht, die Reste in absehbarer Zeit auf ein normales Maß zurückführen zu können.
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Im Rahmen der Gesamtverteidigung kommt der zivilen Verteidigung wesentliche Bedeutung zu. Für Maßnahmen der zivilen Notstandsplanung sollen im Rechnungsjahr 1961 insgesamt 718 Millionen DM ausgegeben werden, also doch eine bedeutende Summe, das sind rund 170 Millionen DM mehr als im Vorjahr. Darunter werden die Ausgaben für die Aufstellung, Ausrüstung und Ausbildung des Luftschutzhilfsdienstes sowie für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Zivilbevölkerung um 55 Millionen DM auf 152 Millionen DM steigen. Der restliche Steigerungsbetrag gegenüber 1960 in Höhe von 115 Millionen DM verteilt sich auf Ausgaben zur öffentlichen Versorgung der Zivilbevölkerung sowie für besondere Maßnahmen auf 'den Gebieten des Verkehrs, des Fernmeldewesens und des Luftschutzwarndienstes.
Der Landwirtschaftshaushalt einschließlich des Grünen Plans steigt auf über 2,8 Milliarden DM. Das sind 288 Millionen DM mehr als im Vorjahr. Das Schwergewicht des Mehrbedarfs liegt mit 222 Millionen DM beim Grünen Plan. Für den Grünen Plan 1961 sind 1,55 Milliarden DM vorgesehen, wozu eine Bindungsermächtigung über 50 Millionen DM tritt, so daß insgesamt ein Verfügungsvolumen von 1,6 Milliarden DM bereitsteht. Einzelheiten wird die Ergänzungsvorlage enthalten, die dem Hohen Hause demnächst zugeht.
Diese Zahlen beweisen das Verständnis der Bundesregierung für die besonderen Schwierigkeiten und Aufgaben der Landwirtschaft unter den gegenwärtigen Verhältnissen. Eine grob verallgemeinernde Kritik an den hohen Staatsleistungen für die Landwirtschaft verkennt die außerordentlichen Schwierigkeiten, mit denen die Landwirtschaft angesichts einer veränderten wirtschaftlichen und sozialen Umwelt fertig werden muß.
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Nach meiner Meinung sollte der Schwerpunkt der Staatshilfe bei den strukturverbessernden Maßnahmen liegen, die diese Anpassung der Landwirtschaft an veränderte Verhältnisse erleichtern und beschleunigen sollen.
Auf dem Gebiet der Lebensmittelbevorratung hat der Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank beschlossen, die Finanzierung der Vorratseinlagerung für Getreide durch Wechselkredite eines Bankenkonsortiums allmählich zu verringern. Im Haushaltsgesetz mußte deshalb eine Kreditermächtigung bis zu 250 Millionen DM zugunsten der Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel vorgesehen werden.
Wenden wir uns nun dem Verkehr zu! Für den Straßenbau werden 2,13 Milliarden DM veranschlagt. Das ist gegenüber dem Haushaltsansatz 1960 eine Steigerung um 210 Millionen DM, gegenüber dem Rechnungsjahr 1959, dem Jahr vor Inkrafttreten des Straßenbaufinanzierungsgesetzes, sogar eine Verdoppelung der Straßenbaumittel. Ich glaube also, daß gerade in diesem Sektor ganz Außergewöhnliches geschaffen worden ist.
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Bereits heute ist zu übersehen, daß dieses Gesetz die Straßenbaufinanzierung von Bund, Ländern und Gemeinden entscheidend verbessern und damit zu einer verstärkten Anpassung des Straßennetzes an die wachsende Verkehrsdichte führen wird.
Nach dem ersten Vier-Jahres-Plan - von 1959 bis 1962 - soll das Streckennetz der Autobahnen um rund 28 v. H. und das Streckennetz ,der Bundesstraßen um rund 30 v. H. erweitert werden. Die Gemeinden und Gemeindeverbände erhalten vom Bund - ich sage: vom Bund! - zum Bau von Ortsdurchfahrten und von Orstumgehungen in 1959 bis 1962 insgesamt rund 700 Millionen DM.
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Die für die Deutsche Bundesbahn veranschlagten Mittel beruhen auf einem Sofortprogramm, das im Anschluß an das Gutachten der Prüfungskommission, der sogenannten Brandt-Kommission, für die Deutsche Bundesbahn entwickelt worden ist. Danach sollen für 1961 insgesamt fast 800 Millionen DM bereitgestellt werden. Neben der Abgeltung betriebsfremder Lasten ist ein Bundesbeitrag zu überhöhten kriegsbedingten Versorgungslasten mit 175 Millionen DM und ferner eine Anpassungshilfe zur Rationalisierung des Personenzugverkehrs mit 150 Millionen DM vorgesehen. Daneben erhält die Bundesbahn aus zweckgebundenen Mitteln des Verkehrsfinanzgesetzes 145 Millionen DM als Kapitaleinlage des Bundes. Abgesehen von diesen laufenden Zuwendungen wird der Bundesbahn dadurch ein bedeutender Sanierungsbeitrag von rund 2 Milliarden DM gewährt, daß der Bund auf die Rückzahlung der in den Jahren 1952 bis 1960 gewährten Darlehen verzichtet. Ich glaube, das ist ein bedeutender Beitrag zur Sanierung der Bundesbahn.
Wissenschaft und Forschung werden auch im neuen Jahr mit weiter erhöhten Mitteln bedacht. Im Einvernehmen mit den Empfehlungen des Wissenschaftsrates geht die Bundesregierung davon aus, daß der Ausbau- und Nachholbedarf der deutschen Wissenschaft in vier weiteren Jahren mit jährlich - jährlich! - etwa 400 Millionen DM von Bund und Ländern je zur Hälfte - also für den Bund 200 Millionen - gemeinschaftlich gefördert werden soll. Die Bundesleistungen für 1961 entsprechen diesem Plan. Außerdem ist die Bundesregierung bereit, sich an den Finanzlasten der Länder aus den überregionalen Kultureinrichtungen des Königsteiner Abkommens künftig mit einem Zuschuß von 25 Millionen DM jährlich zu beteiligen. Sie folgt damit einer Emp7284
Bundesfinanzminister Etzel
fehlung, die der Deutsche Bundestag in Entschließungen mehrfach ausgesprochen hat.
Für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen erhalten die Länder im neuen Jahr 150 Millionen DM, zu denen 50 Millionen DM Bindungsermächtigungen treten. Damit trägt der Bund rund die Hälfte der Ausbaukosten der landeseigenen Hochschulen. Die Verhandlungen mit den Ländern über eine Aufgabenabgrenzung auf kulturellem Gebiet werden fortgesetzt. Nach den Vorverhandlungen hoffe ich, daß sie - jedenfalls in den Finanzfragen, in anderen Fragen wage ich nicht zu entscheiden - zu einem befriedigenden Ergebnis führen.
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Die gleiche Hoffnung habe ich für eine Einigung mit den Ländern über die künftige Finanzträgerschaft der Stiftung „Preußischer Kulturbesitz".
Die Bundesmittel für die Deutsche Forschungsgemeinschaft erreichen im neuen Haushaltsplan 42 Millionen DM und liegen damit um 6,4 Millionen DM über dem Vorjahr, während der Länderzuschuß an die Forschungsgemeinschaft in den letzten Jahren bei etwa 10 Millionen stehengeblieben ist. Ich darf darauf hinweisen, daß hier eine Riesenkluft klafft, wenn der Bund 42 Millionen gibt und die Länder nur 10.
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Wenn man Kulturhoheit in Anspruch nimmt, muß man auch etwas dafür tun.
Schließlich gehört zur Förderung der Wissenschaft auch die allgemeine Studentenförderung. Die Mittel hierfür sind um mehr als 40 v. H. erhöht worden, womit nicht nur die Förderungssätze des Honnefer Modells der Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepaßt, sondern gleichzeitig die Ausgaben für Lernmittel mehr als bisher berücksichtigt werden konnten. Die Bundesleistungen für die Studentenförderung steigen dadurch auf insgesamt 79 Millionen DM.
Für die Finanzierung des Wohnungsbaues im kommenden Jahr sind in diesem Bundeshaushaltsplan 1,48 Milliarden DM vorgesehen. Der Gesamtansatz liegt damit um 242 Millionen DM unter dem Vorjahresansatz. Der Rückgang der Bundesmittel ist nur haushaltstechnisch bedingt und beruht vor allem auf dem Auslaufen der Verpflichtungen aus früheren Bindungsermächtigungen. Ein Absinken der Wohnungsbauleistung gegenüber dem Vorjahr wird dadurch nicht herbeigeführt. Hierauf möchte ich namens der Bundesregierung ausdrücklich hinweisen. Auch im Jahre 1961 wird die finanzielle Hilfe des Bundes ausreichen, um mindestens 500 000 Wohnungen zu errichten. Bemerkenswert ist das starke Steigen der Wohnungsbauprämien. In einigen Ländern reichen die Bundesbeiträge zu deren vollen Deckung nicht mehr aus. Der Bund hat sich deshalb erboten, diesen Ländern einen Zuschuß von 50 v. H. der Mehraufwendungen für Wohnungsbauprämien zu gewähren. Eine gesetzliche Neuregelung dieser Frage ist in Aussicht genommen. Der Ansatz für Miet- und Lastenbeihilfen nach dem Gesetz über
den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht ist um 17 Millionen DM auf 20 Millionen DM erhöht worden.
Die Leistungen des Bundes für die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts werden im Haushaltsjahr 1961 unvermindert fortgeführt. Insgesamt sind für Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz von Bund und Ländern bis zum 31. Juli 1960 bisher mehr als 8,3 Milliarden DM gezahlt worden. Ich darf in Erinnerung bringen, daß man bei der Verabschiedung des Gesetzes die danach zu erwartende Gesamtleistung mit höchstens
6 bis 8 Milliarden DM taxiert hatte. Dieser Betrag wird sich bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres voraussichtlich auf über 9 Milliarden DM erhöhen. Mit Hilfe des Bundes ist das Personal bei den Entschädigungsbehörden einzelner Länder vermehrt worden, damit die noch nicht erledigten Entschädigungsfälle schneller abgewickelt werden. Mit
7 europäischen Ländern sind darüber hinaus bisher globale Wiedergutmachungsabkommen über einen Gesamtbetrag von rund 800 Millionen DM abgeschlossen worden. Der Ansatz für Rückerstattungen mußte auf fast 500 Millionen DM verdoppelt werden, weil im kommenden Jahr auf den Bund erhöhte Zahlungsverpflichtungen zukommen werden. Bis zum 30. Juni 1960 sind nach dem Rückerstattungsgesetz 635 Millionen DM gezahlt worden.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auch auf die weitere Durchführung des Lastenausgleichs lenken. Der Wirtschafts- und Finanzplan des Ausgleichsfonds für das Rechnungsjahr 1960 schließt in den Einnahmen und Ausgaben mit dem Betrag von mehr als 4 Milliarden DM ab.
I Dieser Betrag wird in Höhe von 2,1 Milliarden DM aus den Lastenausgleichsabgaben gedeckt. In Ergänzung dazu tragen Bund und Länder noch insgesamt 1,2 Milliarden DM bei. Hinzu kommen aus der Vorfinanzierung sowie aus Tilgung und Zinsen von Darlehen voraussichtlich noch Einnahmen von rung 700 Millionen DM. Die Hausratentschädigung konnte bereits im Rechnungsjahr 1959 weitgehend abgewickelt werden. Hierdurch wurde es möglich, im Jahre 1960 Mittel für eine verstärkte Auszahlung der Hauptentschädigung in Höhe von rund 1 Milliarde DM bereitzustellen. Insgesamt wurden bis Mitte dieses Jahres über 36 Milliarden DM für Zwecke des Lastenausgleichs aufgewendet. Eine Vorschau auf das Jahr 1961 ist im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich.
Auf Grund einer Zwischenbilanz für die gesamte Laufzeit des Lastenausgleichs bereitet die Bundesregierung eine 13. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz vor, die erhebliche Verbesserungen, vor allem bei der Hauptentschädigung, für die unteren und mittleren Geschädigtengruppen bringen wird. Einzelheiten darüber sind kürzlich bekanntgegeben worden.
Zur Vollständigkeit meines Überblicks über die wichtigsten Punkte der Haushaltsgebarung für 1961 gehört auch ein kurzer Hinweis auf unsere Finanzhilfe an Entwicklungsländer. Diese Hilfe wird in den verschiedensten Formen gewährt und aus verBundesfinanzminister Etzel
schiedenen Quellen finanziert. Neben der besonderen Förderung privater Kredite und Finanzierungen in Entwicklungsländern durch Bundesbürgschaften gewährt der Bund selbst aus Haushaltsmitteln schon heute recht beachtliche Hilfen. Diese unmittelbaren Leistungen des Bundes, sei es aus dem ERP-Sondervermögen, sei es aus dem Haushaltsplan, werden in den nächsten Jahren weiter erhöht werden. Ein besonderes Bundesgesetz über die Hilfe an Entwicklungsländer und die Errichtung eines Entwicklungsfonds soll den parlamentarischen Körperschaften alsbald zugeleitet werden.
Die bisherigen Leistungen ,des Bundes an Entwicklungsländer werden vielfach nicht ausreichend gewürdigt. Der Bund hat zur mittelfristigen Kreditierung und Sicherung von deutschen Warenlieferungen an Entwicklungsländer einen Bürgschaftsrahmen von 12 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Zur Sicherung langfristiger deutscher Kapitalanlagen und Darlehen ist ein weiterer Bürgschaftsrahmen von 5 Milliarden DM vorgesehen. Diese Leistungen, ,die gern übersehen werden, finden im Ausland, insbesondere in den Entwicklungsländern, eine sehr dankbare Anerkennung. Von dem Bürgschaftsrahmen von 12 Milliarden DM für Warenlieferungen sind bereits 9 Milliarden DM beansprucht. Die langfristigen Kapitalanlagen und Darlehen deutscher Unternehmen an Entwicklungsländer laufen naturgemäß langsamer an. Diese Bürgschaftsverpflichtungen des Bundes, die den privaten Lieferern und Kapitalanlegern das politische Risiko voll abnehmen, dürfen wir nicht leicht nehmen. Ob und wieweit daraus Verluste entstehen, wird sich in den meisten Fällen erst in der Zukunft erweisen. Mein Vater hat mich mal etwas Gutes gelehrt; er hat gesagt: Bürgen ist schlimmer als zahlen. Unmittelbare Haushaltsmittel werden in steigendem Maße für die technische Hilfe in Entwicklungsländern, für den Überseefonds der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und für internationale Hilfseinrichtungen aufgebracht. Diese Mittel wachsen im Jahre 1961 auf 375 Millionen DM an.
Mißt man die Leistungen der Bundesrepublik an Entwicklungsländer, sowohl die unmittelbaren wie die mittelbaren über internationale Gemeinschaftseinrichtungen - ich nenne z. B. unsere Leistungen an die Weltbank -, so betragen sie rund i v. H. unseres Bruttosozialprodukts, eine Leistung, die als ideale Leistung hingestellt worden ist. Darin sind auch die vom Bund verbürgten Leistungen der privaten Wirtschaft enthalten. Es wird künftig vor allem darauf ankommen, den Anteil der langfristigen Leistungen an die Entwicklungsländer gegenüber sonstigen Finanzierungsformen schrittweise zu erhöhen. Diese Dinge sind in der Entwicklung, sie werden das Hohe Haus noch umfassend beschäftigen.
Damit habe ich, meine Damen und Herren, in der nüchternen Sprache der Zahlen, die wie ein Radargerät die materiellen Konsequenzen des größten Teils unserer politischen Entscheidungen widerspiegeln, den Stand und die Entwicklung der Bundesfinanzen dargelegt. Maß und Umfang dieser politischen Entscheidungen sind weiß Gott, glaube ich, groß.
Ich möchte nunmehr einen Überblick über die großen finanzpolitischen Aufgaben des Bundes in Gegenwart und Zukunft geben. Das Jahr 1961 ist das letzte Rechnungsjahr in der dritten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages. Das rechtfertigt eine zusammenfassende Rückschau über unsere finanzpolitische Arbeit in diesen Jahren. Der Entwurf des Haushaltsplans für das letzte Jahr dieser Legislaturperiode enthält keine Wahlgeschenke. Wahljahre können in bezug auf die Finanzgebarung leicht kritische Jahre werden, wenn Parlament und Regierung sich nicht auf die tragenden Grundgedanken einer verantwortlichen Finanzpolitik in unserer Zeit besinnen.
Unbeschadet des alljährlichen Haushaltsrhythmus ist unsere Finanzpolitik ein ununterbrochener Prozeß. Der Ablauf jedes neuen Finanzjahres wird durch Fortwirkungen aus den Vorjahren maßgebend mitbestimmt. Kein Haushaltsplan darf für ein Jahr allein gesehen und gewürdigt werden. Bei jeder Haushaltsberatung und bei jeder anderen finanz-
und steuerpolitischen Entscheidung ist zu bedenken, daß sie wichtige Entscheidungen für spätere Finanzjahre vorwegnehmen.
Die alljährliche Feststellung eines ausgeglichenen Haushaltsplans durch Gesetz, wie Artikel 110 des Grundgesetzes sie vorschreibt, ist nicht zuletzt auch wegen der politischen Bedeutung der im Haushaltsgesetz zusammengefaßten Entscheidungen wichtig, denn die Verwirklichung aller - politisch bestimmten - Staatsaufgaben beruht auf den finanziellen Grundentscheidungen des Haushaltsplans. Der Rhythmus der alljährlichen Haushaltsgesetze macht den Ablauf der Finanzpolitik vielfach etwas zu kurzatmig. Eine weise und vorausschauende Planung erfordert es aber, Finanzpolitik für größere Zeiträume und in größeren Sachzusammenhängen zu planen und durch die jährlichen Haushaltsgesetze zu vollziehen.
Es kommt hinzu, daß der Spielraum für echte Finanzentscheidungen durch das jährliche Haushaltsgesetz immer enger wind. Bei der Beratung des Haushaltsgesetzes für 1960 hat Herr Abgeordneter Schoettle die Vorwegbindung von rund vier Fünfteln des Bundeshaushalts durch Gesetze oder unausweichliche Tatsachen beklagt. Herr Abgeordneter Dr. Schild hat mit Recht von einer Diktatur des Faktischen bei den Haushaltsentscheidungen gesprochen. Beide Sprecher haben unterstrichen, daß man sich aber über diese Zwangsläufigkeiten des Haushalts nicht beklagen und gleichzeitig ständig neue Zwangsläufigkeiten schaffen dürfe.
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Diese Zwangsläufigkeit der Entwicklung wird von wenigen Zahlen bestätigt. Von den Gesamtausgaben ,des Bundes, die im Haushaltsentwurf für 1961 mit 44,8 Milliarden DM veranschlagt sind, beruhen nahezu 28 Milliarden DM auf gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen. Weitere 11 Milliarden DM entfallen auf den Verteidigungshaushalt. Nur der verbleibende Rest von etwa 6 Milliarden DM ist einer Einflußnahme der Bundesregierung zugänglich, wobei Sie mir zugeben werden, daß auch
Bundesfinanzminister Etzel
hier die Gestaltungsmöglichkeiten ,aus sachlichen und politischen Gründen verhältnismäßig gering sind. Ich darf noch an die großen Ausgabeblöcke für ,die Förderung der Landwirtschaft, für die Förderung des Wohnungsbaues und für die Förderung von Wissenschaft und Forschung und für viele soziale Zwecke erinnern.
Bedenken wir, daß durch solche Zwangsläufigkeiten über 85 v. H. des Bundeshaushalts vorweg festgelegt sind, so zeigt sich, daß unsere grundsätzlichen finanzpolitischen Überlegungen ihre Einschränkung und Grenzen finden an der Notwendigkeit, unsere Bedürfnisse nach Befriedigung der inneren und äußeren Sicherheit zu erfüllen.
Lassen Sie mich nun, meine Damen unid Herren, einmal die jährliche Haushaltsentscheidung in die großen überjährlichen Gesamtzusammenhänge politischer Grundentscheidungen stellen.
Hat unsere Finanzpolitik unsere wirtschaftliche und soziale Entwicklung hinreichend gefördert? Hat sie das Ihre zum gleichbleibenden und dauerhaften Wachstum des Sozialprodukts und des Wohlstandes beigetragen? Hat sie dazu beigetragen, unser staatliches Gemeinwesen nach innen und außen weiter zu festigen?
In jeder Haushaltsrede vor diesem Hohen Hause habe ich ,auf die Unteilbarkeit von Wirtschafts- und Finanzpolitik hingewiesen. Die Finanzpolitik ist längst nicht mehr nur Fiskalpolitik, nur Haushaltspolitik, die das Gleichgewicht der Ausgaben und Einnahmen sichert und die dabei Steuern und Anleihen nur als Deckungsmittel des Haushaltsplans sieht. In einem modernen Industriestaat ist die Finanzpolitik auf ihrem Feld und mit ihren Möglichkeiten das wichtigste Mittel zur Sicherung eines gleichmäßigen Wachstums und eines dauerhaften Wohlstandes.
Die erste Frage in diesem Zusammenhang ist die nach der Höhe der öffentlichen Ausgaben und ihrer Vermehrung im Vergleich zum Wachstum des Sozialprodukts. In welchen Grenzen wurden die Ansprüche der öffentlichen Hand - ich meine Bund,Länder, Gemeinden, Lastenausgleich und Sozialversicherungsträger - im Verhältnis zum Sozialprodukt ,gehalten oder anders: wie weit hat der Staat die Freiheit seiner Bürger, über idas Ergebnis ihrer Arbeit frei und individuell zu verfügen, eingeschränkt? Ich habe wiederholt ausgeführt, daß diese Belastung des Sozialprodukts in der Bundesrepublik Deutschland fast 40 v. H. beträgt und daß ich hier im großen und ganzen die Grenzen der Belastungsmöglichkeit in einem freien Staat siehe.
Ein Vergleich zwischen der Entwicklung der öffentlichen Ausgaben des Gesamthaushalts und dem Wachstum des Sozialprodukts wird dabei erst sinnvoll, wenn er auf mehrere Jahre erstreckt wird. Ein solcher Vergleich für die vier Jahre der dritten Legislaturperiode zeigt kein ungünstiges Bild. Das Bruttosozialprodukt dürfte in diesen vier Jahren - einschließlich Berlin und ab 1961 auch einschließlich des Saarlandes - um rund 37 v. H. steigen, während die öffentlichen Ausgaben etwa um 33 v. H. zunehmen werden. 37 v. H. Sozialprodukt, 33 v. H.
Ausgaben. Alles in allem sind die öffentlichen Ausgaben also erfreulicherweise nicht unbeachtlich hinter dem Wachstum des Sozialprodukts zurückgeblieben. Das hat zur Folge, daß sich der fast 40%ige Anteil der öffentlichen Ausgaben am Sozialprodukt nicht erhöht, sondern tendenziell sogar verringert hat. Wir wollen das als ein gutes Zeichen im Sinne unserer Forderung nach möglichster Freiheit werten.
Bei einer gesonderten Betrachtung der Bundesausgaben ergibt sich, daß sie nach dem vorgelegten Haushaltsentwurf im kommenden Jahr um rund 7 v. H. steigen und damit um ein geringes über dem bisher erwarteten weiteren Wachstum des Bruttosozialprodukts liegen dürften. Dieser geringfügige Unterschied beruht aber auf einem statistischen Zufall, der die Sollzahl für 1960 um 400 Millionen DM geringer erscheinen läßt, als sie tatsächlich sein wird. Berücksichtigen wir dies, dann halten sich der veranschlagte Ausgabenzuwachs und der angenommene Anstieg des Sozialprodukts die Waage.
In den vier Jahren der gegenwärtigen Legislaturperiode dürfte das Haushaltsvolumen um rund 10 Milliarden DM oder fast 30 v. H. gegenüber den IstAusgaben des Jahres 1957 steigen. Wenn wir soeben festgestellt haben, daß das Bruttosozialprodukt in dieser Zeit um 37 v. H. steigt, so bleiben die Bundesausgaben damit bedeutend unter der Steigerung des Bruttosozialprodukts, d. h. sie tragen nicht unwesentlich dazu bei, daß tendenziell der Anteil der öffentlichen Hand am Bruttosozialprodukt sich verringert hat.
Unsere erste Feststellung lautet also: die öffentlichen Ausgaben, insbesondere die des Bundes, werden in dieser Legislaturperiode die Freiheit des Bürgers, über sein Einkommen zu verfügen, nicht einschränken, sondern tendenziell erweitern.
Damit sind wir bei einer zweiten Frage. Welchen Beitrag leisten die öffentlichen Ausgaben des Bundes zur Sicherung der inneren und äußeren Freiheit und inwieweit war durch diese Notwendigkeit die absolute Erhöhung unserer Ausgaben zwingend?
Betrachten wir die Ausgabensteigerung um 10 Milliarden DM, die in den vier Haushaltsjahren dieser Legislaturperiode eintreten dürfte, so zeigt sich schnell, daß hier politische Zwangsläufigkeiten bestehen, die durch den Ausbau der inneren und äußeren Sicherheit bedingt sind und zumeist schon in den früheren Legislaturperioden geschaffen und damit festgelegt wurden.
Von den 10 Milliarden DM entfallen nämlich auf die Verteidigungsausgaben 4,2 Milliarden DM, auf die Auswirkungen der Rentenreform von 1957 und die Neuregelung der Kriegsopferversorgung 2,4 Milliarden DM, auf den Ausbauplan für die Bundesstraßen 1,4 Milliarden DM, auf Wiedergutmachungs-
und Rückerstattungsleistungen 0,8 Milliarden DM. Damit sind bereits 8,8 Milliarden DM des gesamten Anstiegs von 10 Milliarden DM erfaßt und belegt. Die genannten Ausgabezwecke sprechen für sich selbst. Aber auch hinter den verbleibenden 1,2 Milliarden DM stehen Ausgabezwecke, die ihrer Natur nach zwangsläufig sind; denn fast der geBundesfinanzminister Etzel
samte Betrag wurde für das Saarland - im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung in die Bundesrepublik - und für den „Grünen Plan" auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes von 1956 aufgewandt.
Es kann auch nicht verkannt werden, daß der Anstieg der öffentlichen Ausgaben teilweise eine Folge des allgemein wachsenden Wohlstandes ist. Ein absoluter Ausgabestopp trotz wachsenden Sozialprodukts würde zwar allen Steuerzahlern erwünscht sein, doch ist in solcher Situation das Ansteigen des öffentlichen Finanzbedarfs auf lange Sicht in gewissen Grenzen nicht zu vermeiden. Die Befriedigung der Gemeinschaftsbedürfnisse kann auf die Dauer nicht hinter der verbesserten Befriedigung der privaten Bedürfnisse zurückbleiben.
Nach meiner Vorstellung sollte aber die Entwicklung des öffentlichen Finanzbedarfs im Verhältnis zum Sozialprodukt nicht politischen Zufallsentscheidungen überlassen bleiben. Vor allem sollten deswegen die öffentlichen Ausgaben im letzten Jahr einer Legislaturperiode keine wahlzyklischen Sprünge machen. Die großen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen, die nach dem Gesagten allein das gestiegene Haushaltsvolumen bedingen, nämlich die Verbesserung und Konsolidierung unserer sozialen Leistungen, den Aufbau unserer Bundeswehr in Übereinstimmung mit unseren NATO-Verpflichtungen, den Ausbau unseres Straßennetzes in Anpassung an die wachsenden Bedürfnisse der Wirtschaft und der Bevölkerung und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Struktur- und Ertragsverhältnisse durch den „Grünen Plan", haben wir - und das möchte ich ausdrücklich feststellen - ohne Störung des volkswirtschaftlichen Wachstums und des Geldwertes finanzieren können.
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Und damit sind wir bei einer wichtigen dritten Feststellung. Trotz der erheblich gestiegenen Ausgabebedürfnisse haben wir die Steuerlast durch die Einkommensteuerreform von 1958 erheblich ermäßigt, nämlich im Durchschnitt um 15 v. H. und bei den Einkommen bis 1000 DM monatlich um durchschnittlich 20 v. H. Das wird heute schon gerne vergessen.
Diese Einkommensteuersenkung ist in die Entwicklung der Bundesfinanzen der dritten Legislaturperiode zeitlich und inhaltlich so eingefügt worden, daß sie konjunkturellen und gesellschaftspolitischen Anliegen der Bundesregierung dienen konnte, ohne für den Bundeshaushalt allzu große Deckungsprobleme aufzuwerfen.
In den ersten beiden Rechnungsjahren der Legislaturperiode war das Problem der Deckung des Bundeshaushalts und der konjunkturellen Anpassung verhältnismäßig einfach. Damals standen noch restliche Mittel aus dem Juliusturm zur Verfügung. Das konjunkturelle Wachstum war gedämpft, teilweise wurde ein wirtschaftlicher Rückschlag befürchtet. Der Bundesfinanzminister wurde von vielen Stellen sogar zu einer gewissen Expansivwirkung des Bundeshaushalts aufgefordert.
Unter diesen Umständen konnte die Auskehrung des Juliusturms für vorher neugeschaffene fortdauernde Ausgaben ziemlich störungsfrei vorgenommen werden. Die Bundesregierung konnte durch die Senkung der Einkommensteuer der Wirtschaft neue Antriebe geben und zugleich im privaten Bereich zu einer breiteren Vermögensstreuung und zur Festigung des Kapitalmarktes beitragen. Auf die gesellschaftspolitischen Ziele dieser Politik komme ich noch zurück.
In der Mitte der Legislaturperiode wendete sich das Blatt: Der Juliusturm war endgültig leer. Für die großen fortdauernden Ausgaben, die bisher daraus finanziert wurden, mußten nunmehr neue und dauernde Deckungsmittel beschafft werden. Dies Deckungsproblem wurde natürlich mit der konjunkturellen Belebung erleichtert, die nach der Steuersenkung von 1958 eintrat. Als die Konjunktur dann im Sommer 1959 unerwartet in gewisse Überhitzungen hineinsteuerte, gelang es uns, in den steigenden Steuereinnahmen die endgültige laufende Deckung der früher aus dem Juliusturm finanzierten fortdauernden Ausgaben zu finden. Dafür standen wir aber vor einem neuen Problem, das uns veranlaßte, einen Teil unseres finanzpolitischen Grundplans der ersten Jahre dieser Legislaturperiode vorübergehend zurückzustellen. Die Stärkung des Kapitalmarkts durch die Einkommensteuersenkung von 1958 verfolgte nämlich auch das Ziel, die Mittel des Kapitalmarkts künftig in größerem Umfange für solche Bundesausgaben zu verwenden, die ihrer Natur nach aus Anleihen finanziert werden. Diese Absicht mußten wir wieder zurückstellen, weil die Hochkonjunktur uns nunmehr die Schonung des Kapitalmarkts nahelegte.
Unter den finanzpolitischen Leistungen der letzten Jahre ist nicht zuletzt auch der erhebliche Abbau der hohen Ausgabereste, also des Schattenhaushalts, hervorzuheben, die vor allem im Verteidigungshaushalt entstanden waren. Hier sind wir bei der vierten Frage, die uns zeitweise erhebliche Sorge bereitete. Ende des Rechnungsjahres 1958 bestanden Ausgabereste in Höhe von 10,1 Milliarden DM. Allein im Verteidigungshaushalt erreichten sie 7,1 Milliarden DM. Sie sind bisher auf 4,9 Milliarden DM abgebaut worden. Im laufenden Haushaltsplan und im Entwurf des Haushaltsplans für 1961 sind insgesamt nochmals 3 Milliarden DM für den Abbau der Ausgabereste veranschlagt worden. Zusammen mit den Ausgaberesten des zivilen Bereichs, die allein im Rechnungsjahr 1959 um 800 Millionen DM zurückgeführt wurden und jetzt noch 2,2 Milliarden DM betragen, können wir damit rechnen, daß am Ende dieser Legislaturperiode die Ausgabereste rund 4,5 Milliarden DM betragen. Das bedeutet gegenüber dem Höchststand der Ausgabereste Ende 1958 eine Zurückführung um mehr als 5,5 Milliarden DM. Damit ist es uns gelungen, in der Haushaltswirtschaft des Bundes den Abbau des unsichtbaren Nebenhaushalts aus übermäßigen Ausgaberesten früherer Jahre planmäßig voranzutreiben. Das gleiche gilt auch für den Umfang der Bindungsermächtigungen.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal auf die vorher gemachten Ausführungen über den Um7288
Bundesfinanzminister Etzel
fang der Schonung des Kapitalmarktes durch den Bund und über die kontraktive Wirkung seiner Auslandszahlungen auf den Geldkreislauf verweisen. Auch hierdurch ist ein wesentlicher Beitrag zum gleichbleibenden Wachstum unseres Sozialprodukts geleistet worden.
Bei einer finanzpolitischen Bilanz der dritten Legislaturperiode muß ich auch einen Punkt erwähnen, in dem eis uns nicht gelungen ist, unsere Absichten in dem angestrebten Ausmaß zu verwirklichen: Das ist die Frage der Verminderung der echten Subventionen.
Hier muß zunächst ein Irrtum ausgeräumt werden. Das Schlagwort von den Subventionen ist so vieldeutig, daß es für eine kritische Würdigung des damit angesprochenen Fragenkreises unbrauchbar wird. Deshalb hat auch die ,seinerzeitige, häufig als Subventionsdenkschrift bezeichnete Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums über die sichtbaren und unsichtbaren Finanzhilfen des Bundes an die Wirtschaft, einschließlich der Landwirtschaft und des Verkehrs, und des Bundeszuschusses an die Sozialversicherungsträger bewußt Wort und Begriff der Subvention vermieden. Vielmehr bezeichnet sie sich ausdrücklich als eine Übersicht über „die finanziellen Leistungen und Begünstigungen im Rahmen des Bundeshaushalts ({16})".
Auf die Vielschichtigkeit des Problems der Subventionen will ich hier nicht eingehen. Ich habe das mehrfach an anderer Stelle, vor allem in meiner Haushaltsrede 1959 getan. Es gibt Bundesfinanzhilfen und Steuerbegünstigungen für wirtschaftliche 1 Zwecke aller Art, die als Start- und Anpassungshilfen unentbehrlich sind. Es gibt andere Bundesleistungen und Steuerbegünstigungen, die ihren Zweck inzwischen erfüllt haben und allmählich verringert werden sollten. Diese Verringerung ist von der Bundesregierung in den beiden letzten Jahren eingeleitet worden. Dabei sind auch die Steuerbegünstigungen für bestimmte Zwecke im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, z. B. die 7er-Gruppe des Einkommensteuergesetzes, eingeschränkt worden.
Die sichtbaren Bundesleistungen an andere Aufgabenträger sind von 1959 nach 1960 rechnerisch um 1,8. Millionen DM gestiegen. Davon entfallen aber rund 1 Milliarde DM auf Mehrzuschüsse an die Sozialversicherungsträger, rund 130 Millionen DM auf Mehrzuschüsse für sozialen Wohnungsbau, 270 Millionen DM auf Mehrzuschüsse für den gesamten Verkehrsbereich, darunter allein 200 Millionen DM für Liquiditätshilfe an die Bundesbahn zur Deckung ihrer besonderen Belastung durch Versorgungsbezüge und 131 er-Pensionen sowie auf die Lufthansa und die Sicherung des Güterverkehrs mit Berlin; rund 300 Millionen DM sind im Geschäftsbereich ides Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft mehr angefallen, die sich ungefähr gleichmäßig auf Zuschüsse für den Grünen Plan, für die Einfuhr- und Vorratsstellen und für die vielgestaltigen landwirtschaftlichen Verwaltungsaufgaben verteilen. Von dem statistischen Mehraufwand von 1,8 Milliarden DM betreffen also rund 1,3 Milliarden DM allein Sozialausgaben.
Für 1961 werden diese Mehrausgaben für Zuschösse an andere Aufgabenträger mit 340 Millionen DM bezeichnet. Tatsächlich steigen die Zuschüsse an die Sozialversicherung und für soziale Sonderlasten der Bundesbahn in 1961 abermals um rund 420 Millionen DM. Auf den sozialen Wohnungsbau und die Wohnungsbauprämien entfallen 110 Millionen DM mehr. Das bedeutet eine Erhöhung um 530 Millionen DM allein im sozialen Bereich. Da das gesamte Mehr in 1961 gegenüber dem Vorjahr nur 340 Millionen DM beträgt, mußten an anderer Stelle Bundeszuschüsse an andere Aufgabenträger vermindert werden. Das trifft z. B. für Bundeszuschüsse im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und des Verkehrs zu. Die Bundeshilfen für Zwecke der Ernährung und der Landwirtschaft erhöhten sich im Ergebnis nur um knapp 40 Millionen DM.
Ich gebe diese genaue Zahlenübersicht, damit in der politischen Meinungsbildung zu diesem wichtigen Fragenbereich sorgfältiger zwischen den ganz verschiedenartigen Verwendungszwecken der Mehrleistungen des Bundes an andere Aufgabenträger unterschieden wird und damit vor allem die das Bild beherrschenden Mehrzuschüsse für soziale Zwecke, insbesondere an die Sozialversicherungsträger, nicht in einen Topf mit echten Subventionen geworfen werden.
Einen wesentlichen Beitrag unserer finanzpolitischen Arbeit in der dritten Legislaturperiode sehe ich darin, daß wir mit wirksamen Mitteln der Steuergesetzgebung und mit der öffentlichen Ausgabengebarung bewußt zu einer Fortentwicklung und inneren Umbildung des gesellschaftlichen Gefüges unseres Volkes beigetragen haben. Eines der wirksamsten Mittel zur Abwehr der kommunistischen Irrlehre von der kollektivistischen Zwangsbeglückung ist es, wenn wir aus der freiheitlichen europäischen Denktradition das überzeugende und begeisternde Bild einer besseren und in sich gerechteren Gesellschaftsordnung aufbauen, ohne Armut, ohne unverschuldete Not und ohne Willkür des Staates und der Mächtigen in ihm.
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Ein solches Ziel läßt sich nur in jahrelanger planmäßiger Arbeit verwirklichen. Zu keiner Zeit aber ist es eher zu erreichen. als in der unsrigen mit ihrem ständigen Wachstum des Volkseinkommens und des allgemeinen Wohlstandes. Eine solche Zeit darf nicht ungenutzt vorübergehen, indem man die Neubildung von Vermögen aus dem Einkommen sich selbst überläßt. Die Finanzpolitik kann und soll mit ihren steuerlichen Anreizen in diese Entwicklung gestaltend eingreifen. So sehr das Steuersystem in der sozialen Marktwirtschaft möglichst nicht zu Wettbewerbsverschiebungen beitragen soll, so wenig darf die Finanzpolitik darauf verzichten, die Einkommensverwendung und die Vermögensbildung zu beeinflussen. Dabei liegt es uns fern, wohlerworbenes Vermögen zu enteignen, um es anderen zu übertragen, die es nicht erarbeitet haben Es ist auch nicht unser Ziel, durch eine übersteigerte Steuerprogression Einkommen denen wegzunehmen, die es in den Grenzen des Gemeinwohls erworben
Bundesfinanzminister Etzel
haben. Das Steuergesetz ist für uns nicht der große Hobel, der Jahr um Jahr den ungleichen Einkommensanfall aus ungleicher Leistung Span um Span geichhobelt. Eine zusätzliche Vermögensbildung aber, vor allem in den Händen kleinerer und mittlerer Einkommensbezieher, sollte mit den Anreizmitteln des Steuerrechts bewußt gefördert werden.
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Politik ist auch hier die Kunst des Möglichen und des rechten Maßes.
Wir haben uns bemüht, zu diesem Ziele erste und nicht unbedeutende Schritte zu tun. Wir werden diesen Weg bewußt fortsetzen. Die lebendigen Kräfte jedes einzelnen dazu aufzurufen und - nicht zuletzt mit steuerlichen Mitteln - anzureizen, darauf kommt es an. Deshalb wollen wir dem Streben jedes einzelnen zur höheren Sicherheit aus Eigentum und Vermögen eine reale Chance geben. Um der Persönlichkeit willen, ihrer Selbstverantwortung und ihrer Freiheit willen geben wir dem Eigentum für jeden den Vorrang vor dem staatlichen Gemeineigentum,
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der ergänzenden Staatshilfe den Vorrang vor dem allgemeinen Wohlfahrts- und Versorgungsstaat.
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Unsere finanzpolitischen Bemühungen zu diesem Ziel werden getragen von der Mehrung des gesamten Volkseinkommens und des Volksvermögens, deren Ausmaß und Tempo in den letzten Jahren ohne Vorbild in der Geschichte unseres Landes ist. Diese rund zwölf Jahre ununterbrochenen Aufbaus dauern nun schon fast so lange wie die Weimarer Republik. Welch ein Unterschied des äußeren Bildes, der gestaltenden Kräfte und der berechtigten Zukunftserwartungen! Damals in vierzehn Jahren neunzehn Reichsregierungen, heute in zwölf Jahren ein Bundeskanzler mit Richtliniengewalt.
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Damals eine Kette von politischen und wirtschaftlichen Krisen, die schließlich zu mehr als 6 Millionen Arbeitslosen führten. Heute ein Aufbauwerk ohne ernsthafte Krisen und eine Vermehrung der Beschäftigten um 6,4 Millionen in knapp zehn Jahren und eine Verdoppelung des realen Volkseinkommens.
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Das Problem einer angemessenen Versorgung aller Teile unseres Volkes mit den Gütern des allgemeinen Lebensbedarfs scheint praktisch gelöst zu sein. Auch die Arbeitsplätze sind durch Vollbeschäftigung gesichert. Mit der gestiegenen Einkommensbildung sind auch die ersten Erfolge - ich sage: die ersten - der Bundesregierung hinsichtlich ihrer Politik einer breiteren Vermögensstreuung zu verzeichnen. Gewiß entsprechen die bisherigen Erfolge noch nicht voll unseren Vorstellungen und Wünschen. Wir erkennen aber, daß wir auf dem richtigen Wege sind.
({23})
Es erscheint mir notwendig, in den kommenden Jahren auch durch die Finanzpolitik einen weiteren Beitrag dazu zu liefern, daß unsere gesellschaftliche Ordnung sich in sich festigt und persönlichkeitsbewußte Staatsbürger schafft. Zu diesem Zweck sind drei finanzpolitische Grundforderungen zu stellen: Eine gestaltende Gesellschaftspolitik steht vor einer Reihe von Schwierigkeiten. Sie darf auf der einen Seite die Fleißigen und Sparsamen nicht um den Erfolg ihrer Bemühungen bringen, sie muß auf der anderen Seite die öffentlichen Lasten nach der Leistungsfähigkeit verteilen. Es ist von größter Bedeutung, was mit dem Arbeitseinkommen geschieht, ob es verbraucht oder gespart wird.
({24})
Das Steuergesetz muß den kleinen und mittleren Einkommensbeziehern eine größere und vor allem eine reale Chance zur Bildung von Eigentum und Vermögen geben. Auf die einkommensteuerlichen Maßnahmen zu diesem Ziel in den vergangenen Jahren habe ich bereits hingewiesen. Die allgemeine Sparprämie, deren grundsätzliche und praktische Bedeutung inzwischen mehr und mehr erkannt wird, kann ihren Erfolg endgültig erst nach vielen Jahren zeigen. Aber schon jetzt sind in 11/2 Jahren 1,05 Milliarden DM prämienbegünstigte Spareinlagen, also auch Vermögen, gebildet worden, auf die am Ende der fünfjährigen Bindungszeit etwa 210 Millionen DM als staatliche Sparprämien zu zahlen sein werden.
Daß die Bemühungen der Bundesregierung zur verstärkten Vermögensbildung der privaten Haushalte schon in den letzten Jahren nicht wirkungslos waren, zeigt eindrucksvoll die Statistik der Deutschen Bundesbank über die Vermögensbildung im Jahre 1959. In diesem Jahr hat die Ersparnisbildung der Volkswirtschaft - also der Zuwachs an Sachausrüstung und Geldersparnissen bei den privaten Haushaltungen, den Wirtschaftsunternehmen und den öffentlichen Haushalten - rund 44 Milliarden DM betragen. Das waren 4,8 Milliarden DM mehr als im Vorjahr.
Wichtiger aber ist die Tatsache, daß die Ersparnisbildung der privaten Haushalte einschließlich der Vermögensübertragungen von 2 Milliarden 1950 auf 15,4 Milliarden DM im Jahre 1959, also um das Siebenfache, gestiegen ist. Der Anteil der privaten Haushalte an der gesamten Ersparnisbildung ist von 29 % im Jahre 1957, also zu Beginn der Legislaturperiode, auf 35 % im Jahre 1959 gestiegen, obwohl darin die gewaltige Vermehrung des privaten Hausbesitzes in den letzten Jahren statistisch nicht enthalten ist und doch sicherlich zu einem sehr großen Teil der privaten zusätzlichen Vermögensbildung zuzurechnen ist; dies 'ist leider nicht erfaßt, ich kann es deshalb nicht darstellen. Von dieser Ersparnisbildung in Wohnungen kann schätzungsweise angenommen werden, daß sie zu zwei Drittel auf Haushalte von Arbeitnehmern und zu einem Drittel auf Haushalte von Selbständigen entfällt. Der Anteil der Wirtschaftsunternehmungen an der Vermögensbildung ging in der gleichen Zeit erfreulicherweise von 37 v. H. auf 33 v. H. zurück, was einen entsprechenden Rückgang der Selbstfinanzierung be7290
Bundesfinanzminister Etzel
deutet. Schwächer ist der Rückgang der Vermögensbildung in den öffentlichen Haushalten von 34 v. H. auf rund 32 v. H. Das hängt damit zusammen, daß wir die Finanzierung des öffentlichen Haushalts wieder mehr über Steuereinnahmen als über den Kapitalmarkt vornehmen mußten.
Diese Zahlen, so erfreulich sie sind, scheinen mir immer noch unbefriedigend. Ich würde es für ideal halten, wenn die Vermögensbildung der privaten Haushalte in nicht zu ferner Zeit etwa die Hälfte der jährlichen Ersparnisbildung erreichte und wenn gleichzeitig die der Wirtschaftsunternehmen und der öffentlichen Haushalte auf etwa je 25 v. H. weiter zurückgehen würde. Ich werde meine Bemühungen, solange ich etwas zu sagen habe, in dieser Richtung weiterentwickeln.
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Neben den Steuerreform-Gesetzen von 1958 sollen weitere Gesetze ,diesen Weg zur Eigentumsbildung in kleinen und mittleren Händen fortführen. Ein Gesetz über die Ergebnisbeteiligung der Arbeitnehmer mit einer Lohnsteuer-Pauschale von 10 v. H. ist vorbereitet. E in Gesetz üb er die Alterssicherung der freien Berufe wird dem gleichen Ziele dienen. Volksaktien werden im Zuge der weiteren Privatisierung bisheriger Staatsbetriebe, vor ,allem beim Volkswagenwerk, mit erheblich en Sozialrabatten in breitester Streuung ausgegeben werden. Alle diese Maßnahmen beruhen auf der freiwilligen Entschließung jedes einzelnen, sie zu nutzen. Wir wollen keine Zwangsbeglückung durch Zwangssparen.
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Dieses noch entwicklungsfähige Bündel von Maßnahmen einer gestaltenden Gesellschaftspolitik muß durch eine bewahrende Gesellschaftspolitik ergänzt werden. Ihr erstes Ziel muß es sein, die Unsicherheit aus dem Wechsel der Konjunkturen einzudämmen, dier die Bildung einer neuen Gesellschaftsordnung gefährdet, weil er zu einer unbeständigen Mehrung und plötzlichen Minderung der Einkommen führen kann. Unsere ganze Bemühung sollte deshalb weiter ,darauf gerichtet sein, ,die Stabilität von Beschäftigung, Preisen und Löhnen zu sichern.
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- Das ist dier Kern jeder Konjunkturpolitik. Ich habe Ihnen vorhin dargetan, mit welchem Mitteln die Finanzpolitik ides Bundes in den beiden vergangenen Jahren zu einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen hat. Für die Zukunft ist uns ein mäßiges, aber gleichbleibendes und beständiges Wachstum ides Sozialprodukts von Jahr zu Jahr wichtiger als ,ein hektisches Hochschnellen des nominellen Sozialprodukts, weil dabei eine gleichbleibende und dauerhafte Mehrung des realen Volkseinkommens auch bei größten technischen Fortschritten nicht zu erwarten ist. Ein echtes und nachhaltiges Wachstum des Sozialprodukts und des Volkseinkommens ist nur durch Arbeiten und Sparen möglich, das seinerseits eine höhere Produktivität der Arbeit und eine größere Kapitalausstattung ermöglicht.
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Die dritte rund wichtigste Voraussetzung für eine bessere Verteilung des Vermögenszuwachses in einer ausgewogenen Gesellschaftsordnung ist die Erhaltung des Geldwertes.
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Ein stabiler Geldwert ist für den Erfolg einer gestaltenden Gesellschaftspolitik deshalb so wichtig, weil in der modernen Industriegesellschaft der allergrößte Teil der privaten Vermögensbildung aus vermehrtem Geldkapital entsteht, das in irgendwelchen Forderungsrechten angelegt wird. Unsere Verfassung gewährt .dem Eigentum weitgehenden Schutz gegen enteignende Staatseingriffe. Ist aber nicht die Werterhaltung des Ersparten im politischen Sinne der wichtigste Anwendungsfall einer verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie?
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Das erste Jahrzehnt einer Politik der sozialen Marktwirtschaft liegt hinter uns. Es hat uns eine unerhörte und nicht ,abbrechende Mehrung des Volkseinkommens und des Wohlstandes gebracht. Wir müssen mit diesem Wohlstand aber auch fertig werden, und das scheint mir ein Problem zu sein. Wir müssen maßhalten mit unseren Wünschen, die, bei Teilen unserer Bevölkerung - ich sage: bei Teilen - außer Rand und Band geraten sind. Steigende Ansprüche an dein Staat, steigende Ansprüche an den Konsum, weniger Arbeit, steigende Ansprüche an den Anteil, den wir bei der Güterversorgung der Welt leisten: all das kann nicht auf einmal und unbegrenzt befriedigt werden.
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Wir überschätzen unsere Kräfte und unsere Möglichkeiten; unsere Vorstellungen müssen mit der Wirklichkeit im Einklang bleiben. Ich warnte vor jeder Maßlosigkeit.
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Ich warne auch vor diem schlechten Lebensstil, der sich in manchen Bereichen - ich sage wieder: in manchen Bereichen - aus einem falschen Gebrauch unseres Wohlstandes entwickelt.
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Jeder sollte gerade in seinem Wohlergehen ein Vorbild für den Nächsten sein. Daß idas Vorleben .eine 'schwere Aufgabe ist, sollte allgemein in unser Bewußtsein dringen.
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- Haben Sie etwas dagegen?
Das kommende Jahrzehnt soll als zweite Phase in der Verwirklichung des Gedankens der sozialen Marktwirtschaft den bewußten Aufbau einer neuen Gesellschaft freier Menschen in unserem Lande bringen. Freie Menschen müssen aber in einer Verantwortung stehen. Für die Zukunft unseres Volkes und der ganzen westlichen Welt ist von entscheidender Bedeutung, daß uns dieser Aufbau einer Gesellschaft freier Menschen gelingt. Auch die Finanzpolitik ist weiterhin aufgerufen, einen entscheidenden Beitrag dazu zu leisten.
Vergessen wir dabei aber nicht, daß die Sicherheit und die innere Freiheit unseres Volkes nicht allein auf der materiellen Güterordnung der EinBundesfinanzminister Etzel
kommen und der Vermögen beruht. Der Materialismus des Denkens fördert nicht den Wohlstand und den sozialen Frieden, sondern zerstört ihn von innen heraus.
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Wir müssen deshalb dieses gesellschaftspolitische Zukunftsprogramm einer gestaltenden und bewahrenden Eigentumspolitik durch ein breites und tiefes Kulturprogramm ergänzen, das jeden am geistigen und kulturellen Fortschritt unserer Zeit teilnehmen läßt.
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Was die Bundesregierung dazu bisher finanziell geleistet hat, ist beachtlich. Der wichtigste finanzielle Beitrag dazu sind die Jahr um Jahr steigenden Bundeszuschüsse an die Länder zur Förderung der Wissenschaften und des kostenfreien Studiums aller geeigneten Studenten. Diese Förderung der Wissenschaft wird noch einige weitere Jahre einen finanziellen Schwerpunkt bilden, weil auf diesem Gebiet zunächst die großen Unterlassungen aus der nationalsozialistischen Zeit aufzuholen sind.
Die Anpassung der Finanzwirtschaft des Bundes an die allgemeine Wirtschaftspolitik bedarf der Ergänzung durch eine entsprechende Finanzwirtschaft der Länder und der Gemeinden. Lassen Sie mich deshalb in diesem Zusammenhang ganz kurz noch auf die finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern und die Entwicklung der Länder- und Gemeindefinanzen eingehen. Seit dem Inkrafttreten der 1955 geänderten Finanzverfassung haben sich die Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden ganz unterschiedlich entwickelt.
Im Jahre 1960 gegenüber 1956 sind beim Bund die Ausgaben um 41 v. H., die allgemeinen Dekkungsmittel aber nur um 35 v. H. gestiegen. Umgekehrt sind bei den Ländern die Ausgaben um 39 v. H., die allgemeinen Deckungsmittel aber um 47 v. H. gestiegen. Bei den Gemeinden sind sogar die Ausgaben um 35 v. H. und die Deckungsmittel um 50 v. H. gestiegen.
Diese Ausgaben-Einnahmen-Schere zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird sich im Jahre 1961 noch weiter öffnen. Für die Finanzwirtschaft des Bundes kommt erschwerend hinzu, daß er ganz überwiegend jene öffentlichen Lasten trägt, die bisher schon am stärksten gestiegen sind und in den kommenden Jahren weiter steigen werden, nämlich die großen Ausgaben für die soziale Sicherheit und für die nationale Sicherheit. Dabei wird niemand verkennen, daß auch die Länder und Gemeinden auf wichtigen Aufgabenbereichen, z. B. bei der Förderung des Schulwesens, des Krankenhauswesens, des Straßen- und Städtebaues, steigenden Finanzansprüchen zu genügen haben. Das Gewicht der steigenden Ausgaben war und ist aber trotzdem beim Bund wesentlich größer als bei den Ländern und Gemeinden. Man kann nicht sagen, daß das Finanzverfassungsgesetz von 1955 diesen ganzen Fragenbereich befriedigend und endgültig geregelt hat.
Die Entwicklung der Gemeindefinanzen wird am besten verdeutlicht, wenn die Einnahmeschätzungen, die dem bekannten Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen „zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen" zugrunde gelegt wurden, mit den tatsächlichen Zahlen von 1959 verglichen werden. Der Beirat schätzte die Steuereinnahmen der Gemeinden für die Jahre 1958 bis 1967 - also für zehn Jahre -noch auf durchschnittlich jährlich 7,7 Milliarden DM. Dieser Betrag, der erst vom Jahre 1964 an erwartet wurde - 7,7 Milliarden DM - ist bereits im Jahre 1959 erreicht worden; er wird in den kommenden Jahren erheblich überschritten werden.
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Das Problem der Gemeindefinanzen liegt heute nicht mehr in erster Linie in einer wesentlichen Vermehrung der gesamten Finanzmasse der Gemeinden und Gemeindeverbände. Das Hauptproblem der Gemeindefinanzen besteht in einer besseren Zuweisung der gesamten Deckungsmasse an die einzelnen Gemeinden und Gemeindeverbände.
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Die Finanzausgleichsgesetze der Länder werden unter den veränderten Verhältnissen stärker als bisher auf eine verbesserte Finanzausstattung der steuerschwachen Gemeinden abzustellen sein. Die Verfassung versagt dem Bundesgesetzgeber eine Initiative auf diesem Gebiet. Dennoch wird diese wichtige Frage in der vorbereiteten Denkschrift des Bundesfinanzministeriums über Stand und Entwicklung der Gemeindefinanzen näher untersucht werden. Daß diese bereits mehrfach angekündigte Denkschrift bisher noch nicht abgeschlossen werden konnte, liegt an der sprunghaften Änderung des Gesamtbildes der Gemeindefinanzen infolge der Hochkonjunktur der letzten Jahre.
Erlauben Sie mir nun noch einen kurzen Hinweis auf die Zusammenhänge zwischen der Ausgabengebarung der Länder und Gemeinden und der konjunkturellen Entwicklung. Die Länder unterhalten zur Zeit hohe Guthaben bei der Deutschen Bundesbank und ihren Landesbanken. Über die konjunkturgerechte Verwendung dieser Guthaben werde ich in der nächsten Woche mit den Länderfinanzministern sprechen. Der hessische Finanzminister hat vorgeschlagen, einen Teil dieser Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur verstärkten Hilfe an Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen.
Die großen Bauinvestitionen einzelner steuerstarker Städte springen ins Auge. Das Ausmaß der gemeindlichen Hochbauten wächst von Jahr zu Jahr. Fast zwei Drittel aller öffentlichen Bauten - ohne die Verteidigungsbauten - sind Gemeindebauten. Diese wachsende öffentliche Baunachfrage kann naturgemäß zu einer Steigerung der Baupreise beitragen. Auch hier wird zwischen unentbehrlichen und dringlichen Vorhaben, z. B. dem Bau von Volksschulen und Krankenhäusern, und tatsächlich weniger dringlichen Vorhaben, z. B. Verwaltungsgebäuden, Stadthallen und dergleichen, zu unterscheiden sein.
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Die Verfassung versagt der Bundesregierung eine Einwirkung auf die Ausgabengebarung der Länder
Bundesfinanzminister Etzel
und Gemeinden. Das ist angesichts des großen Anteils der öffentlichen Haushalte am gesamten Wirtschaftsablauf in einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet nicht ohne Gefahr. Herr Senator Nolting-Hauff hat in seiner Rede im Bundesrat vor einigen Tagen darauf hingewiesen, daß das Problem der Ausgaben, an dem die Länder durch die Verfassung bei uns ja teilhaben, nicht nur ein verfassungsmäßiges Problem, sondern ein Problem eines Gesamtplanes sei. Wenn dem so ist, muß der Gesamtplan von uns auch mitdiskutiert werden können, sonst sind wir in einer schlechten Assiette. Unter diesen Umständen kann die Bundesregierung nur immer wieder an die Selbstverantwortung der Gemeinden und Gemeindeverbände appellieren. Vielleicht trägt auch die öffentliche Kritik und nicht zuletzt auch die Sparsamkeit der Gemeindeorgane dazu bei, daß nicht unbedingt notwendige Neubauten vorerst unterbleiben und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Ich möchte nun noch einige Worte über Vorschläge sagen, die ich nächstens für das Jahressteuergesetz 1961 der Bundesregierung unterbreiten möchte.
An der Spitze der einkommensteuerlichen Maßnahmen im Steueränderungsgesetz 1961 dürfte eine Ermächtigung für die Bundesregierung stehen, bei einer sich abzeichnenden Konjunkturabschwächung durch Rechtsverordnung Sonderabschreibungen zur Anregung der Investitionstätigkeit zuzulassen. Mit dieser Maßnahme will die Bundesregierung einer Entschließung Rechnung tragen, die der Bundestag im Anschluß an die Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1960 gefaßt hat.
Auch auf dem Gebiet der Vermögensteuer ist für das Steueränderungsgesetz 1961 mit Änderungen zu rechnen. Schon seit längerer Zeit ist erkennbar, daß die Freibeträge der Vermögensteuer größtenteils durch die Entwicklung überholt sind. Den Forderungen nach einer Erhöhung der persönlichen Freibeträge und besonders auch des Freibetrages für Kapitalvermögen kann eine Berechtigung nicht abgesprochen werden. Daneben soll auch die vermögensteuerliche Behandlung der verschiedenen Formen der Alterssicherung wesentlich verbessert werden.
Bei der Gewerbesteuer kann sich das Bundesfinanzministerium den Wünschen nach einem Freibetrag, besonders zur Schonung der mittelständischen Unternehmen, nicht verschließen.
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Diese Frage wird seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort „Unternehmerfreibetrag" diskutiert.
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- Vielleicht nicht.
Abschließend noch ein Wort zur Umsatzsteuer. In meiner letzten Haushaltsrede im Dezember 1959 habe ich ausgeführt, daß die Umsatzsteuerreform mit dem Ziele der Herstellung einer weitgehenden Wettbewerbsneutralität zu unserer steuerpolitischen Generallinie gehört, und auf die beiden Lösungsmöglichkeiten hingewiesen, die sich damals abzuzeichnen begannen. Ich muß hier nochmals wiederholen,
daß die aufgezeigten Möglichkeiten einer Reform - schrittweise Verbesserungen im Rahmen unseres jetzigen kumulativen Allphasensteuersystems oder Übergang zu einem anderen Umsatzsteuersystem - nur unter einer Voraussetzung durchgeführt werden können: Das Umsatzsteueraufkommen einschließlich einer der Steigerung des Sozialprodukts entsprechenden Zuwachsrate darf durch die Reform nicht gemindert werden.
An beiden Reformmöglichkeiten wird gearbeitet. Zur Systemänderung haben wir unter Mitwirkung von Wissenschaftlern und Praktikern eine Studie zu einer Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug ausarbeiten lassen, die Gegenstand einer Besprechung im Bundeskabinett war und nun in einer überarbeiteten Fassung an die Öffentlichkeit gelangen soll. Die Studie ist in die Form eines Gesetzentwurfs gekleidet und mit Erläuterungen versehen, um die Auswirkungen dieser Besteuerungsreform möglichst anschaulich vor Augen zu führen. Die Studie ist ein Diskussionsbeitrag; sie ist kein Vorschlag und keine Empfehlung des Bundesministers der Finanzen und erst recht nicht der Bundesregierung. Dieser Diskussionsbeitrag braucht nirgendwo Unruhe auszulösen. Er hat keinen anderen Zweck, als konkret die in den verschiedenen Zweigen ,der Wirtschaft sehr verschieden gelagerten Probleme aufzuzeigen und damit die Diskussion zu vertiefen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung ist noch ein weiter Weg.
Noch in dieser Legislaturperiode wird sich jedoch dieses Hohe Haus mit einem Gesetzentwurf zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes zu befassen haben, der eine schrittweise Verbesserung der Umsatzbesteuerung im Rahmen des geltenden Systems vorsieht. Auch ein solches Gesetz wird eine gewisse Verlagerung der Steuerzahllast bringen. Ohne eine solche Verlagerung lassen sich die Mängel der derzeitigen Besteuerung unter gleichzeitiger Erhaltung des Aufkommens nicht beseitigen. Die Steuerzahllast wird hier aber nach Möglichkeit nur an gewisse Schwerpunkte verlagert werden, an denen die mangelnde Wettbewerbsneutralität und die konzentrationsfördernden Tendenzen unseres Allphasensystems dies als notwendig erscheinen lassen. In einen solchen Entwurf gehören daher auch einige Phasenausgleichsmaßnahmen.
Weiter ist an eine gewisse Einschränkung der Organschaft gedacht. Es ist ferner beabsichtigt, mittelständischen Interessen, soweit das im Rahmen einer allgemeinen Verbrauchsteuer überhaupt möglich ist, sowie den Interessen der freien Berufe stärker Rechnung zu tragen.
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Auf Einzelheiten einzugehen, darf ich mir hier heute ersparen.
Der weitere Verlauf der Diskussion über die Systemänderung wird ergeben, ob auf die Dauer dem durch den soeben erwähnten Gesetzentwurf beschrittenen Weg einer schrittweisen Verbesserung des geltenden Systems oder einem Systemwechsel der Vorzug zu geben ist. Ich darf betonen,
Bundesfinanzminister Etzel
daß durch diesen Gesetzentwurf der Weg zu einem Systemwechsel nicht verbaut wird, sondern im Gegenteil die Arbeit nun nicht mehr unter dem Zeitdruck dringender ungelöster Teilprobleme steht. Damit wird insbesondere auch die Möglichkeit eröffnet, in Ruhe das Ergebnis der Erörterung einer Angleichung der Steuersysteme im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft abzuwarten, ¡die sich ebenfalls in mehreren Kommissionen mit diesen Fragen befaßt.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich zum Schluß meines Rechenschaftsberichts über den Stand und die Entwicklung der Bundesfinanzen und des Überblicks über die leitenden Grundgedanken meiner Finanzpolitik in dieser Legislaturperiode. Ich fasse zusammen:
Die Lage der Bundesfinanzen ist geordnet, ist gut, ist gesichert. Steigende Lasten für die äußere Sicherheit haben den weiteren Ausbau des sozialen Rechtsstaates nicht beeinträchtigt. Neben einer beachtlichen Mehrung der sozialen Leistungen des Bundes konnten die großen Nationalprogramme auf dem Gebiet der Landwirtschaft, des Straßenbaus, von Wissenschaft und Forschung und vieles mehr mit ständig steigenden Beträgen gefördert werden. Der Anteil der Bundesausgaben und des öffentlichen Gesamthaushalts am Bruttosozialprodukt ist trotzdem nicht gestiegen.
Die Finanzpolitik der Bundesregierung beachtete die Erfordernisse der gegenwärtigen Konjunkturlage. Die wachsenden Steuereinnahmen hat der Bund dazu benutzt, seine Ansprüche an den Kapitalmarkt weitestgehend zu vermindern und so Geldschöpfungen von sich aus zu vermeiden, sowie zusätzliche Auslandszahlungen zu leisten. Die Finanzpolitik des Bundes hat dadurch wesentlich zur Sicherung der Kaufkraft unseres Geldes beigetragen. Das höhere Steueraufkommen wurde zur Befriedigung unabweisbarer Anforderungen des inneren Aufbaues und der äußeren Sicherheit verwendet. Eine antizyklische Stillegung von Haushaltsüberschüssen wäre demgegenüber nur mit Steuererhöhungen möglich gewesen. Eine solche Lösung haben wir nicht gesucht.
Das Sozialprodukt wird in dieser Legislaturperiode von rund 223 Milliarden DM in 1957 auf 305 Milliarden DM in 1961 wachsen. Die jährliche Mehrung ¡der gesamten Ersparnisbildung, die im Jahre 1957 knapp 40 Milliarden DM betrug, wird im Jahre
1961 voraussichtlich mehr als 50 Milliarden DM betragen. Hierzu hat die Steuerpolitik der Bundesregierung durch eine Senkung der Einkommensteuer um durchschnittlich 15 v. H. - in den unteren Einkommensgruppen sogar um 20 v. H. - und durch die Einführung von Sparprämien wesentlich beigetragen. Sie hat dadurch der Güterproduktion und vor allem der privaten Vermögensbildung durch Sparen wirksame Antriebe gegeben. Erhöhte Freibeträge bei der Umsatzsteuer, bei der Vermögensteuer und bei der Gewerbesteuer sollen diese Antriebe weiter verstärken.
Durch eine gestaltende Gesellschaftspolitik hat die Bundesregierung die Neubildung von Eigentum und Vermögen gefördert und eine bessere und in sich gerechtere Gesellschaftsordnung eingeleitet. Unsere Bemühungen waren nicht ohne Erfolg. Das zeigt der wachsende Anteil der Vermögensbildung in den privaten Haushaltungen an der gesamten Vermögensbildung. Auch hierzu hat die Steuerpolitik Wesentliches beigetragen. Diesen Weg wollen wir weiter verfolgen.
Dieser Leistungsbericht, meine Damen und Herren, beweist, wie ich meine, daß die Bundesregierung in ihrer Haushalts- und Steuerpolitik wie in ihrer allgemeinen Wirtschaftspolitik dem Ziel einer gesicherten und befriedeten Ordnung des Volksganzen Schritt um Schritt nähergekommen ist. Wir haben ¡die großen politischen Aufgaben unserer so gefährdeten Gegenwart gefördert, ohne das rechte Maß zu verlieren und ohne das Errungene dadurch aufs Spiel zu setzen. Wir .haben der Gegenwart gedient und dabei den Blick auf eine bessere und gesicherte Zukunft gerichtet gehalten.
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Meine Damen und Herren, Sie haben die Einbringung des Bundeshaushaltsgesetzes 1961 durch den Herrn Bundesminister der Finanzen gehört. Ich danke dem Herrn Bundesfinanzminister.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung dieser Woche. Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Mittwoch, den 5. Oktober 1960, 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.