Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, unser Kollege Holla feiert heute seinen 72. Geburtstag.
({0})
Ich wünsche ihm im Namen des Hauses Gesundheit und die Kraft, die man braucht, um die Arbeit dieses Hauses mitzutragen.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat wird die heutige Tagesordnung erweitert um die
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gottesleben, Baldauf, Draeger, Ruland, Dr. Schneider ({1}), Wilhelm, Bach und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland
- Drucksachen 1923, 1937 -, weiter um die
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg
- Drucksachen 1831, 1939 -,
ferner um die
Beratung des Mündlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1960 ({2})
- Drucksachen 1919, 1938 - und schließlich um die
Beratung des Mündlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1960 ({3})
- Drucksachen 1920, 1943 -.
({4})
Ist das Haus mit der Erweiterung der Tagesordnung einverstanden? - Offenbar. Dann ist es so beschlossen.
Eine amtliche Mitteilung. wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 22. Juni 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fall Eichmann ({5}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1951 verteilt.
Wir beginnen nunmehr mit der unterbrochenen Fragestunde ({6}).
Nach der Fragestunde wird die Dritte Beratung des Wehrpflichtänderungsgesetzes aufgerufen werden.
Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Dewald betreffend Koppelung der Fernseh- und Tonrundfunkgebühren:
Ist die Bundesregierung bereit, die bis jetzt bestehende Koppelung der Fernseh- und Tonrundfunkgebühren, welche die Fernsehteilnehmer zwingt, auch dann Tonrundfunkgebühren zu bezahlen, wenn sie keinen Tonrundfunkempfänger besitzen, aufzuheben?
Ist die finanzielle Selbständigkeit des Fernsehens bei einer Teilnehmerzahl von nahezu vier Millionen gegeben oder nicht?
Ist der Abgeordnete anwesend? - Dann bitte ich zu antworten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort lautet: Nach Auffassung der Bundesregierung ist es nicht mehr gerechtfertigt, auch den Fernsehteilnehmer, der neben dem Fernsehgerät kein Tonrundfunkgerät betreibt, zur Entrichtung von Tonrundfunkgebühren zu verpflichten. Der von der Bundesregierung beim Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über den Rundfunk sieht deshalb in seinem § 50 die Aufhebung dieser Koppelung von Ton- und Fernsehrundfunkgebühren vor.
Die finanzielle Selbständigkeit des Fernsehens ist bei der inzwischen erreichten Fernsehteilnehmerzahl von mehr als 4 Millionen durchaus gegeben.
Eine Zusatzfrage?
Gesetzt den Fall, die Verabschiedung des Rundfunkgesetzes verzögert sich: Ist dann die Bundesregierung bereit, durch eine Sondermaßnahme diese Koppelung aufzuheben?
Die Sache liegt so: Bisher sind schon Versuche seitens des Postministers unternommen worden, in dieser Hinsicht irgend etwas
zu veranlassen. Er macht so etwas im Augenblick nur im Benehmen mit den Rundfunkanstalten. Die Rundfunkanstalten haben ihm aber in dieser Frage keine zusagende Antwort gegeben.
Danke sehr.
Die nächste Frage - des Abgeordneten Felder - betrifft die Vorgänge auf der IX. Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilmwoche:
Ist der Herr Bundesinnenminister bereit, Aufklärung über die Vorgänge bei der „IX. Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilmwoche" zu geben?
Ist es richtig, daß der Mannheimer Oberbürgermeister die Vorführung der im Programm angekündigten zeitgeschichtlichen Filme „Du und mancher Kamerad" und „Ein Tagebuch für Anne Frank" in letzter Stunde auf Grund einer ministeriellen Anweisung aus Bonn untersagte?
1st es richtig, daß zu einer Sondervorführung der genannten Filme nur ausgewählte Journalisten zugelassen wurden und daß diese sich vorher verpflichten mußten, „die Vorführung der Filme, ihren Inhalt, die Diskussion und das Ergebnis der Arbeitstagung nicht zu publizieren'?
Ist der Abgeordnete Felder im Saal? - Bitte.
Die Antwort lautet: Für eine Arbeitstagung über den zeitgeschichtlichen Film im Rahmen der diesjährigen Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilmwoche war u. a. die Vorführung der von der sowjetzonalen DEFA hergestellten Filme „Du und mancher Kamerad" und „Ein Tagebuch für Anne Frank" von der Festspielleitung erwogen worden. Für die Einfuhr dieser Filme war nach geltendem Recht die Erteilung einer Einfuhrgenehmigung erforderlich. Die zuständigen Wirtschaftsbehörden haben die Einfuhrgenehmigung nicht erteilen können, da Bedenken nach § 93 des Strafgesetzbuchs betreffend Verbreitung verfassungsfeindlicher Schriften usw. bestanden.
Die Festspielleitung hat sich daraufhin an das Bundesministerium des Innern mit dem Antrag gewandt, die Vorführung der beiden Filme dennoch zu ermöglichen. Das Bundesministerium hat sich dazu bereit erklärt und, wie in ähnlich gelagerten Fällen, zur Vorführung in einem geschlossenen Personenkreis eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Der in Betracht kommende Personenkreis ist in voller Übereinstimmung mit dem Festspielleiter festgesetzt worden.
Zu der Vorführung sollten Journalisten zugelassen werden, die mit Fragen des zeitgeschichtlichen Films befaßt sind. Eine Berichterstattung mußte unterbleiben, weil anderenfalls der Sinn der geschlossenen Veranstaltung verlorengegangen und § 93 des Strafgesetzbuchs verletzt worden wäre.
Danke schön!
Keine Zusatzfrage!
- Die nächste Frage - des Abgeordneten Felder
- betrifft den Stand der Verhandlungen mit den Ländern über die „Stiftung Preußischer Kulturbesitz":
Ist der Herr Bundesinnenminister bereit, Auskunft über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen mit den Ländern über die „Stiftung Preußischer Kulturbesitz" zu geben?
Wird der Erlaß der Satzung, die vom Bundestag durch die einstimmige Annahme eines Entschließungsantrages der SPD dringend gewünscht wurde, durch die Verhandlungen mit den Ländern weiter verzögert?
Besteht die Bereitschaft, in der Satzung vorzusehen, daß mindestens Teile der bedeutsamen Sammlungen künftig auch auf Wanderausstellungen im In- und Auslande gezeigt werden können?
Die Antwort lautet: Die Verhandlungen mit den Ländern, über die Herr Bundesminister Dr. Schröder bei Beantwortung der Großen Anfrage der CDU/CSU am 12. Februar dieses Jahres dem Hohen Hause berichtet hat, sind noch nicht abgeschlossen. Es wird der Stellungnahme der Ministerpräsidenten auf einen ihnen vor Monatsfrist unterbreiteten Kompromißvorschlag des Bundes entgegengesehen. Über Einzelheiten kann im Augenblick nicht gesprochen werden.
Zu Ihrer letzten Frage, Herr Abgeordneter, ist zu sagen: Bisher sind schon immer für wichtige Ausstellungen im In- und Ausland die benötigten einzelnen Objekte aus den Beständen des Preußischen Kulturbesitzes bereitwillig zur Verfügung gestellt worden. Das wird auch während der Dauer des Schwebezustandes weiter geschehen. Ob diese Praxis künftig beizubehalten ist, hat der im Gesetz vorgesehene Stiftungsrat zu entscheiden.
Eine Zusatzfrage?
Sie können also nicht zusagen, Herr Staatssekretär, bis zu welchem Zeitpunkt die Satzung erlassen wird?
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß diplomatische Verhandlungen - und um solche handelt es sich hier - stets sehr viel Zeit beanspruchen, weil alle möglichen Probleme dabei zu erörtern sind. Ich sagte Ihnen, daß vor Monatsfrist ein Kompromißvorschlag des Bundes den Ministerpräsidenten zugegangen ist. Man wird ihnen ein modicum spatium für ihre Antwort gewähren müssen.
Die Frage ist erledigt.
Frage 5 - des Abgeordneten Schütz ({0}) -betreffend die Ratifizierung des europäischen Abkommens über die Abschaffung der Visen für Flüchtlinge:
Welches ist der Stand der Ratifizierung des europäischen Abkommens über die Abschaffung der Visen für Flüchtlinge, das die Bundesregierung am 20. April 1959 unterzeichnet hat?
Das Europäische Übereinkommen über die Aufhebung des Sichtvermerkszwangs für Flüchtlinge ist nur von fünf Regierungen der 15 Mitgliedsstaaten des Europarates unterzeichnet worden. Von diesen haben die französische und die belgische Regierung ohne Vorbehalt gezeichnet, die Regierungen der Niederlande und von Luxemburg sowie die Bundesregierung haben sich bei der Zeichnung die Ratifikation vorbehalten. Keine der Regierungen, die unter Vorbehalt gezeichnet haben, hat bislang das Übereinkommen ratifiziert.
Die Budesregierung wird das Übereinkommen dem Bundestag voraussichtlich nach der Sommerpause gleichzeitig mit einem zur Zeit in Vorbereitung befindlichen bilateralen Abkommen dieser Art mit der Schweiz zur Zustimmung vorlegen. Ich darf aber schon jetzt darauf hinweisen, daß das Europäische Übereinkommen keine so weitgehende Befreiung der ausländischen Flüchtlinge vom Sichtvermerkszwang vorsieht, wie sie die Bundesrepublik Deutschland bereits seit dem 15. Mai 1956 eingeführt hat.
Die nächste Frage - des Herrn Abgeordneten Baier ({0}) - betrifft die Vorschriften über die Meldepflicht in Hotels:
Welche Polgerungen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß über die Meldepflicht in Hotels in jüngster Zeit in mehreren Bundesländern unterschiedliche Vorschriften erlassen worden sind?
Erwägt die Bundesregierung, im Interesse der Rechtseinheit und der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in den Bundesländern einen Rahmengesetzentwurf einzubringen?
Wenn ja, beabsichtigt sie, in dem Gesetzentwurf vorzusehen, daß bei Übernachtungen in Hotels weiterhin ein Meldeschein ausgefüllt werden muß?
Die Innenminister der Länder haben im Jahre 1957 einen Modellentwurf für ein Meldegesetz der Länder gebilligt. Danach sollen die Beherbergungsbetriebe, wie dies das Landesrecht bisher einheitlich vorsah, auch künftig verpflichtet sein, beherbergte Personen innerhalb von 24 Stunden auf einem von dem Gast ausgefüllten und unterschriebenen Schein bei der Meldebehörde zu melden. Auf die Vorlage der Ausweispapiere zur Prüfung der Personalien wurde verzichtet.
Nach dem Muster dieses Modellentwurfs sind in Baden-Württemberg, Berlin und Rheinland-Pfalz inzwischen neue Meldegesetze verabschiedet worden. Abweichend von dem Modellentwurf haben die Länder Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in ihren neuen Meldegesetzen auf den Meldeschein verzichtet. Dort ist nur noch die Verpflichtung des Beherbergungsbetriebs vorgesehen, die Gäste in ein Fremdenverzeichnis einzutragen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß im Interesse einer wirksamen Verbrechensaufklärung auf den Meldeschein als ein wichtiges Hilfsmittel kriminalpolizeilicher Fahndung nicht verzichtet werden sollte. Sie wird im Interesse der Rechtseinheit und der Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse zu gegebener Zeit prüfen, ob die Einbringung eines Rahmengesetzentwurfs erforderlich ist.
Danke schön.
Wir kommen zu den Fragen, die den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen betreffen. Frage 1 - des Abgeordneten Ritzel - betrifft die Verschuldung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände.
Ich frage die Bundesregierung:
Wie hoch ist die Verschuldung
des Bundes,
der Länder,
der Gemeinden und Gemeindeverbände
In 0M seit der Währungsreform 1948 nach dem Stand vom 31. März 1960?
Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Ritzel. Die Neuverschuldung des Bundes an Kreditmarktmitteln seit der Währungsreform betrug am 31. März 1960 4048 Millionen DM. Von diesen rund 4 Milliarden entfielen auf Anleihen, Kassenobligationen und Bankkredite 1,64 Milliarden DM, auf öffentliche Sondermittel, das sind Kredite von Sozialversicherungsträgern und ähnlichen Einrichtungen, 1,17 Milliarden DM, auf Kredite der Bundesbank für Einzahlungen des Bundes an internationale Einrichtungen 1,284 Milliarden DM. Die Kreditmarktmittel haben sich an diesem Stichtag, dem 31. März 1960, gegenüber dem gleichen Tag des Vorjahres um -2,2 Milliarden DM erhöht. Am Stichtag des 31. März 1960 bestand eine Verschuldung des Bundes aus Kassenkrediten in Höhe von 789 Millionen DM.
Die Auslandsschulden in Höhe von 9 Milliarden DM sind fast ausschließlich vor der Währungsreform entstanden.
Der Lastenausgleichsfonds als Sondervermögen des Bundes hatte am 31. März dieses Jahres einen Schuldenstand aus Kreditmarktmitteln von 1,368 Millionen DM. Gebietskörperschaften schuldete der Lastenausgleichsfonds 360 Millionen DM.
Die Verschuldung der Länder, Herr Abgeordneter, einschließlich der Hansestädte und einschließlich Berlins, aber ohne Saarland, betrug am 31. März 1960 5,6 Milliarden DM. Sie war nur 200 Millionen DM höher als am gleichen Stichtag des Vorjahres. - Die Bundesschulden sind in diesem Jahr um 2,2 Milliarden gestiegen, während die Schulden der Länder im gleichen Zeitraum um 200 Millionen DM anwuchsen.
Die neuen Schulden der Länder beim Bund und beim Lastenausgleichsfonds bestehen vorwiegend in Wohnungsbaudarlehen und erreichen eine Höhe von 14,2 Milliarden DM. Sie stellen keine eigentliche Belastung für die Haushaltswirtschaft der Länder dar, da der Schuldendienst im wesentlichen durch entsprechende Zins- und Tilgungseinnahmen aus den Wohnungbauhypotheken gedeckt ist.
Zur dritten Gruppe der öffentlichen Verschuldung, der Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände. Wir haben über die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände am 31. März dieses Jahres noch keine endgültigen Zahlen; aber unsere vorläufigen Zahlen scheinen uns ziemlich zuverlässig zu sein.
Danach haben die Gemeinden und Gemeindeverbände seit der Währungsreform Kreditmarktmittel in Höhe von 9,7 Milliarden DM aufgenommen. Gegenüber dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres sind die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände um 800 Millionen DM gestiegen; im Ver6924 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode
gleich zu der Neuverschuldung des Bundes sind sie verhältnismäßig gering gestiegen.
Die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände bei Gebietskörperschaften - das sind im wesentlichen die Schulden aus Länderdarlehen an die Gemeinden - dürften etwa 2 Milliarden DM erreichen. Kassenkredite haben sowohl die Länder wie die Gemeinden und Gemeindeverbände nur gelegentlich und in geringfügigem Umfange aufgenommen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, die in zahlreichen kommunalen Kreisen vorhanden ist, daß die Verschuldung der Gemeinden, die mehr als doppelt so hoch ist wie die des Bundes, heute in nicht wenigen Fällen bereits eine alarmierende Höhe erreicht hat, und wäre die Bundesregierung bereit, etwa in der Form einer Umschuldungsaktion unter Beteiligung der Länder und des Bundes zu einer Entlastung der Gemeinden von ihrer Schuld beizutragen?
Herr Abgeordneter, das Schuldenproblem bei den Gemeinden ist mit allgemeinen Worten kaum zu kennzeichnen. Die Verhältnisse sind nach Gemeindegruppen und nach den örtlichen Umständen außerordentlich verschieden.
Wir bereiten im Zusammenhang mit der Frage nach einem verbesserten Gemeindesteuersystem eine Denkschrift über die Entwicklung der Gemeindefinanzen vor. In dieser Denkschrift behandelt ein Abschnitt die Entwicklung der Gemeindeverschuldung und das Problem einer Überschuldung und einer Verschuldungsgrenze für die Gemeinden.
Unsere allgemeinen Feststellungen gehen dahin, daß von einer Überschuldung eigentlich nur in ganz wenigen Fällen gesprochen werden kann. Es kommt hinzu, daß infolge der durchweg günstigen Entwicklung des gemeindlichen Steueraufkommens der Anteil des Schuldendienstes am Steueraufkommen fällt und damit das Problem der Verschuldungsgrenze sich infolge der erhöhten Einnahmen auch dort lockert, wo es bisher verhältnismäßig angespannt war. Sie haben mich auf die Beispiele von Darmstadt und Bonn angesprochen. Die Probleme sind bekannt.
Die Frage, ob sich eine Umschuldung - gemeint ist wohl die Übernahme von Gemeindeschulden auf den Bund - vertreten läßt, muß ich mit Nein beantworten.
({0})
Wir kommen zu den Fragen des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer, die sich alle mit dem Gesetz gemäß Art. 131 des Grundgesetzes befassen. Die erste Frage lautet:
Welche Kosten würden entstehen durch die Streichung des Diensteintrittsstichtages 8. Mai 1935 in § 53 Abs. 1 Satz. 1 G 131 und in Verbindung damit durch die versorgungsrechtliche völlige
Gleichstellung der ehem. Berufssoldaten ({0}) nach dem G 131 mit den Beamten auf Lebenszeit bzw. den Beamten auf Widerruf?
Zweite Frage:
Wie viele unter das G 131 fallende
a) Beamte, Witwen und Waisen von Beamten und
b) ehem. Berufsoffiziere, Witwen und Waisen von Berufsoffizieren ({1}) werden vom Beförderungsschnitt nach § 110 BBG erfaßt?
Welche Kosten würden durch den Wegfall des Beförderungsschnitts entstehen
aa) bei Beamten
bb) bei Berufssoldaten?
Dritte Frage:
Welche Mehrkosten wurden entstehen durch die Anrechnung der gesamten Zeit der Kriegsgefangenschaft im status-, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Sinne, nachdem bisher nach § 35 Abs. 3 G 131 die Zeit der Kriegsgefangenschaft bei den unter das Gesetz fallenden Beamten und Berufssoldaten bei Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft bis zum 1. September 1953 als ruhegehaltfähig, bei den nach dem 1. September 1953 aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Beamten und Berufssoldaten als Dienstzeit im Sinne des Besoldungs- und Versorgungsrechts anerkannt wird und bei Entlassung nach dem 1. September 1953 außerdem die Zeit der Kriegsgefangenschaft nach § 53 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz G 131 auch auf die Statuszeit angerechnet wird?
Alle drei Fragen des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer befassen sich mit den finanziellen Auswirkungen des Bundesgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes
Die Mehrkosten, die sich aus einer Änderung des Gesetzes zu Art. 131 ergeben würden, lassen sich nur ungefähr schätzen, weil die Unterlagen über den betreffenden Personenkreis nicht in einem solchen Umfange bei uns vorliegen, daß Einzelberechnungen angestellt werden können. Dennoch glaube ich, Ihre Fragen mit annähernder Richtigkeit beantworten zu können.
Zunächst zur ersten Frage: Wenn der Stichtag vom 8. Mai 1935 als Voraussetzung für die Versorgung der ehemaligen Berufssoldaten und Arbeitsdienstführer in § 53 und in § 55 gestrichen würde, würden voraussichtlich Mehrkosten in Höhe von 78 Millionen DM jährlich entstehen.
Zur zweiten Frage. Der Beförderungsschnitt in § 110 des Bundesbeamtengesetzes trifft von den Personen des Gesetzes nach Art. 131:
a) 17 449 Berufssoldaten und berufsmäßige Reichsarbeitsdienst-Führer einschließlich ihrer Hinterbliebenen,
b) 2694 Beamte, Angestellte und Arbeiter einschließlich ihrer Hinterbliebenen. Hierbei sind nicht mitgerechnet die in Betracht kommenden Versorgungsberechtigten von Bahn, Post und Arbeitsverwaltung, des Personenkreises des § 61 des Gesetzes nach Art. 131 des Grundgesetzes und die sogenannten Einheimischen. Die Zahlen für diesen Personenkreis stehen leider nicht fest.
Für diese 20 143 Personen würden bei Wegfall des Beförderungsschnittes und der sich daraus ergebenden Erhöhungen der Versorgungsbezüge Mehrkosten von etwa 44 Millionen DM jährlich entstehen, und zwar für die ehemaligen Berufssoldaten 41,5 Millionen DM und für die ehemaligen Beamten und Angestellten 2,5 Millionen DM. Hierzu kommen noch die Mehraufwendungen für die entsprechenStaatssekretär Dr. Hettlage
den Angehörigen bei Bahn, Post und Arbeitsverwaltung und den zusätzlichen Personenkreis, den ich eben erwähnte. Weiter kämen dazu noch die Aufwendungen für die bereits entsprechend wiederverwendeten Beamten, die beim Wegfall des § 110 nicht mehr entsprechend wiederverwendet wären. Die sich daraus ergebenden Auswirkungen sind ohne zeitraubende Feststellungen bei den Ländern leider nicht übersehbar.
Ich darf noch kurz Ihre letzte Frage beantworten: Die Mehrkosten, die durch die Anrechnung der gesamten Zeit der Kriegsgefangenschaft seit dem 8. Mai 1945 in besoldungs- und versorgungsrechtlichem Sinne entstehen würden, werden auf 155 Millionen DM jährlich geschätzt.
Herr Präsident, darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?
Bitte schön!
Herr Staatssekretär, sind bei der letzten Frage die möglichen Veränderungen des Statuts miteinbezogen oder bezieht sie sich nur auf den Stand der jetzt nach dem Gesetz Berechtigten?
Bei meiner letzten Antwort zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, sind die statusrechtlichen Veränderungen, die besoldungsrechtlichen Veränderungen und die versorgungsrechtlichen Veränderungen mit einbezogen.
Einschließlich des Beförderungsschnitts oder noch nicht?
Ohne Beförderungsschnitt.
Ich danke Ihnen.
Die Fragen 2, 3 und 4 sind beantwortet.
Die Frage 5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel - betrifft die Anerkennung von Spenden als Förderungsmittel.
Billigt es der Herr Bundesfinanzminister, daß die Finanzbehörden Spenden für die Aktion des Deutschen Gewerkschaftsbundes zugunsten der Hilfe für Entwicklungsländer „Wir helfen" nicht dis förderungswürdig im Sinne des § 10 b des Einkommensteuergesetzes anerkennen?
Herr Abgeordneter Dr. Menzel, ich darf Ihre Frage beantworten. Die Durchführung des Einkommensteuergesetzes obliegt, wie Sie wissen, den Finanzbehörden der Länder. Die Aufsicht über diese Behörden haben die Finanzminister der Länder, nicht der Bundesfinanzminister, dem kein Weisungsrecht zusteht. Das zur formellen Seite.
Unbeschadet des Entscheidungsrechts der Länderfinanzminister möchte ich die Auffassung des Bundesfinanzministeriums zur Rechtslage kurz schildern. Die gemeinnützigen Zwecke, die allgemein
als besonders förderungswürdig im Sinne des § 10 b des Einkommensteuergesetzes anerkannt sind, sind in der Anlage 7 der Einkommensteuerrichtlinien vollständig aufgezählt. Unter diesen als gemeinnützig anerkannten Aufwendungen befinden sich nicht die Spenden für Entwicklungsländer. Nach der Auffassung des Bundesministers der Finanzen ist es möglich, die Hilfe der Entwicklungsländer entweder unter Nr. 8 oder Nr. 12 dieser Richtlinien unterzubringen. In Nr. 8 sind die Zwecke der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und in Nr. 12 die Förderung internationaler Gesinnung und des Gedankens der Völkerverständigung erwähnt. Die Förderungswürdigkeit setzt im übrigen aber allgemein voraus, daß die Körperschaft, der die Spende zufließt, als Körperschaft gemeinnützig ist. Der Deutsche Gewerkschaftsbund gehört nicht zu den gemeinnützigen Körperschaften. Durch Einschaltung einer als gemeinnützig anerkannten Körperschaft, z. B. eines Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege, wäre es möglich, die Abzugsfähigkeit der Spenden auch für Entwicklungsländer zu erreichen.
Ich rufe auf die Frage 6 - des Abgeordneten Dr. Arndt - betreffend Vereinbarkeit der Verfahrensvorschriften der Reichsabgabenordnung mit dem Grundgesetz:
Wird die Bundesregierung dem Bundestag einen Bericht vorlegen, zu welchem Ergebnis ihre vom Bundestag durch Beschluß vom 29. August 1957 geforderte Prüfung führte, ob die Verfahrensvorschriften der Reichsabgabenordnung mit dem Grundgesetz vereinbar sind?
Verletzt es im Hinblick auf die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Friedensgericht-Urteil vom 17. November 1959 über die Rechtsnotwendigkeit der Trennung von rechtsprechender und vollziehender Gewalt entwickelt hat, das Grundgesetz, daß Finanzämter und Postämter noch strafrechtsprechende Gewalt ausüben?
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt nach der Verfassungsmäßigkeit eines Steuerstrafverfahrens kurz beantworten.
Auf die Entschließung des Bundestages vom 29. August 1957 hin hat die Bundesregierung die Zulässigkeit des Verwaltungsstrafverfahrens, insbesondere seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, überprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung hat der Herr Bundesjustizminister auf Ihre Frage in der 55. Sitzung des Bundestages am 21. Januar 1959 mitgeteilt. Danach hält die Bundesregierung, vorläufig jedenfalls, an ihrer Auffassung fest, daß die Verwaltungsstrafverfahren nicht verfassungswidrig sind.
Das steht auch mit dem inzwischen ergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1959 über die württembergbadische Friedensgerichtsbarkeit nicht in Wiederspruch. Diese Entscheidung befaßt sich nicht mit der Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, daß Verwaltungsbehörden Geldstrafen aussprechen, sondern behandelt vielmehr die Frage nach den Anforderungen, die an ein Gericht im Sinne der Verfassung gestellt werden müssen. Rechtsprechende Gewalt im formellen Sinne üben nach unserer Auffassung in erster Linie die ordentlichen Gerichte aus, die
der Beschuldigte auch im Steuerstrafverfahren jederzeit anrufen kann. Der Grundsatz der Trennung von rechtsprechender und vollziehender Gewalt ist somit im Grundsatz verfassungsgemäß gewahrt. Wer einen Steuerstrafbescheid erhält, hat jederzeit das Recht, das ordentliche Gericht anzurufen. Der Steuerstrafbescheid und das Unterwerfungsverfahren sind nach unserer Auffassung in diesem Sinne ein Vorverfahren bzw. wahlweises Verfahren. Es ist in das Belieben des Betroffenen gestellt, ob und in welchem Umfang er von seinem ungeschmälerten Recht vor den ordentlichen Gerichten Gebrauch machen will.
Wir wissen, Herr Abgeordneter, daß diese Frage wissenschaftlich und auch politisch umstritten ist. Wir werden höchstwahrscheinlich bei der Neuordnung des Steuerstrafverfahrens, die vorbereitet wird, auf diesen Fragenkreis zurückkommen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Abgeordneter Arndt zu einer Zusatzfrage!
Wäre es nicht angemessen, dem Bundestag, der die Bundesregierung um die Prüfung eines so wichtigen Gesetzes wie der Abgabenordnung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hin ersucht hat, auf seine einstimmige Resolution nach angemessener Zeit eine Denkschrift vorzulegen, in der die Bundesregierung zu dieser
Frage Stellung nimmt und ihre Gründe angibt, zu- mal es sich keineswegs nur um die Vereinbarkeit des sogenannten Steuerstrafverfahrens mit dem Grundgesetz handelt, sondern auch noch eine ganze Reihe anderer Fragen im Zusammenhang mit der Reichsabgabenordnung verfassungsrechtlich umstritten sind?
Herr Abgeordneter, es ist Ihnen bekannt, daß wir die gesamte alte Reichsabgabenordnung unter dem Gesichtspunkt einer zeitgemäßen Verbesserung überprüfen. Das Bundesgesetz über die Neuordnung der Finanzgerichtsbarkeit ist nur ein Teilbereich, der wegen seiner Dringlichkeit vorweg eingebracht wurde. Wir werden die gesamte Reichsabgabenordnung - nicht mehr in dieser Legislaturperiode - in einem Änderungs-
und Anpassungsgesetz den veränderten Verhältnissen, insbesondere veränderten verfassungsrechtlichen Fragestellungen, anpassen.
Eine zweite Zusatzfrage: Herr Staatssekretär, trifft die Bundesregierung Vorbereitungen für den Fall, daß sie mit ihrer Auffassung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, namentlich des Bundesverfassungsgerichts, nicht durchdringen sollte, zumal ja das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluß über die Friedensgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg ausdrücklich gesagt hat, daß die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts nicht genügt, um einer Verwaltungsbehörde Rechtsprechung anzuvertrauen, und zumal
das Bundesverwaltungsgericht in seinem Patentamtsurteil vom 13. Juni 1959 ganz ausdrücklich gesagt hat, daß jede Übertragung von Rechtsprechungsaufgaben auf die Verwaltung stets als verfassungswidrig anzusehen ist?
Herr Abgeordneter, über die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Steuerstrafbescheiden und des Unterwerfungsverfahrens schweben mehrere Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht. Das Ergebnis dieser Verfahren wollten wir abwarten, um zu dieser Frage eine Grundsatzentscheidung vom Bundesverfassungsgericht zu bekommen.
({0})
Frage 7 - des Abgeordneten Merten - betreffend Truppenübungen der amerikanischen Streitkräfte in den Waldungen der Bürgerspitalstiftung Bamberg in der Gemeinde Weipelsdorf:
Ist von deutschen Behörden den amerikanischen Stationierungsstreitkräften die Erlaubnis erteilt worden, die Waldungen der Bürgerspitalstiftung in Bamberg in der Gemeinde Weipelsdorf für Truppenübungen zu benutzen?
Sieht der Herr Bundesverteidigungsminister eine Möglichkeit, die amerikanischen Stationierungsstreitkräfte zu veranlassen, dieses Waldgebiet in Zukunft nicht mehr für Truppenübungen zu benutzen und die Übungen statt dessen in den unmittelbar angrenzenden Staatswaldungen durchzuführen, um dadurch der aus dem Stiftungswald gesicherten Unterhaltung eines Altersheimes eine weitere Gefährdung zu ersparen?
Herr Abgeordneter Merten, ich darf Ihre Frage nach der Benutzung des Stiftungswaldes bei Bamberg idurch amerikanische Streitkräfte beantworten.
Nach den Feststellungen des Bundesfinanzministeriums haben die amerikanischen Streitkräfte ihre Übungen hauptsächlich in den staatseigenen Waldungen in der Umgebung Bombergs abgehalten. Sie haben allerdings auch den Stiftungswald der Bürgerspitalstiftung Bamberg für diese Zwecke mitbenutzt, wobei sie sich auf Art. 19 des Truppenvertrages stützen können. Die Bayerische Staatskanzlei hat mit dem Hauptquartier des amerikanischen Befehlsbereichs Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziele, daß die amerikanischen Streitkräfte künftig das Gelände des Stiftungswaldes bei ihren Übungen aussparen. Nach den Erfahrungen, die in ähnlichen Fällen gemacht werden konnten, ist zu hoffen, daß die amerikanischen Streitkräfte diesem Wunsch entsprechen werden.
({0})
Frage 8 - des Abgeordneten Dr. Mommer - betreffend Lohnsteuerberechnung:
Muß ein Arbeitgeber, der die Pfennigbeträge in der Nettosumme von Lohn und Gehalt auf eine volle D-Mark abrundet, den Abrundungsbetrag in die Steuerberechnung einbeziehen?
Herr Abgeordneter Dr. Mommer fragt nach der lohnsteuerlichen Behandlung von Abrundungen der Nettolohnzahlungen durch den ArStaatssekretär Dr. Hettlage
beitgeber, Die Frage lautet konkret., wie die Lohnsteuer zu berechnen sei, wenn der Arbeitgeber bei der Lohnauszahlung den Nettobetrag, der sich nach Abzug der Lohnsteuer ergibt, abrundet. Praktisch kommt hier nur eine Aufrundung nach oben in Betracht.
Nach dem klaren Wortlaut und dem Sinn des Einkommensteuergesetzes muß der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers nach dem Brutttoarbeitslohn einbehalten. Wenn der Arbeitgeber den Nettoarbeitslohn, der sich nach Abzug der Lohnsteuer ergibt, nachträglich auf volle Deutsche Mark nach oben aufrundet, so ist nach dem Gesetz - ich muß hinzusetzen: leider - eine Nachversteuerung erforderlich. Ähnlich wie bei einer Nettolohnvereinbarung ist die Lohnsteuter nach dem Bruttobetrag zu bemessen, der nach Abzug der Lohnsteuer den ausgezahlten Nettolohnbetrag ergibt.
Durch die gesetzlich unvermeidliche Nachversteuerung kann in einzelnen Fällen tatsächlich eine höhere Lohnsteuer als die ursprünglich einbehaltene entstehen. In der Mehrzahl der Fälle wird die Höhe der Lohnsteuer durch eine solche Aufrundung des Nettolohnbetrages nicht verändert, weil sich die Aufrundung innerhalb ,der b i she ri gen Lohnstufe vollzieht.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie derselben Meinung zu sein scheinen wie ich, daß das so, wie es ist, nicht gut ist, darf ich fragen: wie bringen wir die Sache in Ordnung?
Man würde diese Nachversteuerung nur vermeiden können, wenn man das Gesetz änderte.
Wann können wir das tun, Herr Staatssekretär? Bei der nächsten Novelle?
Das ist eine technische Frage, die ich mir noch einmal überlegen möchte und auf die ich zurückkommen darf.
Danke sehr!
Die Frage 9 - des Herrn Abgeordneten Mischnick - betrifft die Verlängerung der Panzerstraße zum Übungsgelände „Auf dem Hagen" bei Arolsen.
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, dafür zu sorgen, daß die zum Übungsgelände „Auf dem Hagen" bei Arolsen im Kreis Waldeck führende Panzerstraße um die fehlenden 200 m bis zu dem Übungsgelände verlängert wird, damit die Panzerfahrzeuge bei Schlechtwetter nicht mehr die Hauptstraße von Mengeringhausen benutzen?
Ich darf die Frage wie folgt beantworten:
Nachdem das Bundesministerium der Finanzen zum Ausbau der Panzerstraße im Thielebachtal bereits Bundesfinanzhilfen von 900 000 DM und 270 000 DM bewilligt hatte, hat es durch Bescheid vom 31. Mai dieses Jahres für den panzerfesten Ausbau eines 200 m langen Wegestücks innerhalb des Panzerübungsgeländes „Auf dem Hagen" eine weitere Bundesfinanzhilfe als Zuschuß in Höhe von 150 000 DM zur Verfügung gestellt.
Ich hoffe, daß damit Ihre Frage befriedigend beantwortet ist.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Ist damit auf jeden Fall sichergestellt, daß die Panzerstraße bis in das Übungsgelände hinein ausgebaut wird und die Nachteile, die im Augenblick bei schlechtem Wetter entstehen, nicht mehr eintreten?
Wir hoffen es.
Es folgen die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Zunächst Frage 1 - des Herrn Abgeordneten Ritzel - betreffend 5. Konferenz der ICAO:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu den Bestrebungen der 5. Konferenz der ICAO ({0}) ein, um deutscherseits zu den möglichen und notwendigen Erleichterungen im Luftverkehr beizutragen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bestrebungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation - abgekürzt: ICAO - über Erleichterungen im internationalen Luftverkehr werden von der Bundesregierung voll unterstützt. Auf der 5. Konferenz der Facilitation-Division der ICAO vom 1. bis 17. Dezember 1959 in Rom hat die deutsche Delegation allen dort angenommenen Empfehlungen zugestimmt, zumal sie in der Bundesrepublik bereits durchgeführt werden.
Über die empfohlenen Maßnahmen dieser Konferenz hinaus hat die Bundesrepublik den Luftverkehr auf Empfehlungen der Europäischen ZivilluftfahrtKonferenz noch weiter vereinfacht. Die Bundesrepublik gehört demnach zu den Ländern, in denen der Luftverkehr am weitesten erleichtert worden ist.
Eine Zusatzfrage.
Sind Sie darüber hinaus bereit, Herr Bundesverkehrsminister, dafür zu sorgen, daß die Zeiten im Bodenverkehr des Luftverkehrs in eine vernünftige Relation zu den oftmals recht kurzen Flugzeiten gebracht werden, aus der Überlegung heraus, daß davon nicht zuletzt die Rendite der Luftfahrt entscheidend beeinflußt werden kann?
Herr Kollege Ritzel, das ist ein Anliegen, dem wir uns schon seit längerer Zeit widmen. Immer wieder
Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm
versuchen wir, auch auf den Zusammenkünften der Verkehrsflughäfen, die ja für die Durchführung der Abwicklung und die sogenannten Bodenzeiten in erster Linie zuständig sind, dahin zu wirken, daß diese Bodenzeiten abgekürzt werden und die Abwicklung vereinfacht wird. Ich habe da auch in unserem Luftfahrt-Beirat bei der letzten Sitzung in Stuttgart noch einmal sehr ernste Worte für diese Angelegenheit gefunden und habe das jetzt auch in Vorträgen, die ich vor der Hamburger Universität und vor der Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft in Bremen gehalten habe, wieder ganz nüchtern angesprochen.
Danke sehr.
Frage 2 - des, Herrn Abgeordneten Ritzel - betreffend Unfälle von Lastkraftwagen und Personenkraftwagen.
Ich frage den Herrn Bundesverkehrsminister:
Wieviel Unfälle von Lastkraftwagen und Personenkraftwagen auf öffentlichen Straßen in der Bundesrepublik sind zurückzuführen
a) auf schlechten Zustand der Reifen,
b) auf schlechten Zustand der Bremsen,
c) auf Übermüdung der Fahrer,
d) auf allgemeines menschliches Versagen,
e) auf zu große Verkehrsdichte,
f) auf andere Ursachen?
In welchem Verhältnis sind
a) Deutsche,
b) Ausländer
an Autounfällen im Jahre 1959 beteiligt gewesen? Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: 1 Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vom Statistischen Bundesamt geführten amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik wird leider nur die Masse der Unfälle mit Personenschäden nach Unfallursachen aufgegliedert. Jedoch sind nicht alle im ersten Teil der Frage genannten Unfallursachen im Ursachenkatalog der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik enthalten. Sie wissen, daß wir diese amtliche Straßenverkehrsunfallstatistik in den letzten Jahren wesentlich durchgearbeitet haben, daß aber gewisse Schwierigkeiten bestanden, im Bundesrat diese Maßnahmen durchzusetzen.
Im Bundesgebiet wurden im Jahre 1959 bei 314 652 Unfällen mit Personenschaden insgesamt 484 407 Unfallursachen polizeilich festgestellt, d. h. für je 100 Unfälle mit Personenschäden wurden im Durchschnitt 153 Unfallursachen ermittelt. 330 165 Unfallursachen entfielen auf Unfälle innerhalb von Ortschaften und 154 242 Unfallursachen auf Unfälle außerhalb von Ortschaften. Unter den insgesamt festgestellten 484 407 Unfallursachen entfielen 357 651 auf Ursachen, die bei den Führern von Fahrzeugen liegen, und zwar 156 085 auf Führer von Personenkraftwagen, 35 656 auf Führer von Lastkraftwagen und Zugmaschinen und 165 910 auf andere Fahrzeugführer, nämlich auf Führer von Krafträdern, Mopeds, Fahrrädern, Kraftomnibussen und sonstigen Fahrzeugen. Die Unfallursache „Ermüdung oder Einschlafen des Fahrers" wurde bei Führern von Personenkraftwagen 1589mal und bei Führern von Lastkraftwagen 481mal polizeilich festgestellt. 13 329 Ursachen lagen bei den Fahrzeugen,
also bei technischen Mängeln, oder ihrer Ladung, darunter 3373 Ursachen bei Personenkraftwagen und 3450 bei Lastkraftwagen und Zugmaschinen. Die Ursache „Mängel der Bereifung" wurde bei Personenkraftwagen 1664mal und bei Lastkraftwagen und Zugmaschinen 275mal ermittelt, während die Ursache „Mängel an den Bremsen" bei Personenkraftwagen 573mal und bei Lastkraftwagen und Zugmaschinen 580mal vorkam.
Im übrigen, sehr verehrter Herr Kollege Ritzel, bin ich gern bereit, Ihnen diese statistischen Angaben, getrennt für den Innerorts- und Außerortsverkehr, schriftlich noch näher darzulegen.
An den bereits genannten 314 652 Unfällen mit Personenschäden waren 372 365 Kraftfahrzeuge beteiligt, darunter 210 538 Personenkraftwagen und 55 483 Lastkraftwagen und Zugmaschinen, wodurch sich ein entsprechend höherer Anteil gemäß der Anwesenheit von solchen Fahrzeugen auf der Straße für Lastkraftwagen und Zugmaschinen ergibt.
Eine Aufteilung nach der Nationalität der Fahrzeuge liegt für 1959 nicht vor. Einen gewissen Anhalt für diese Aufteilung können jedoch die Zahlen der an Unfällen mit Personen- u n d Sachschaden im Bundesgebiet, allerdings ohne das Saarland, im Jahre 1958 beteiligten Fahrzeuge vermitteln. Insgesamt waren in diesem Jahre 1 073 877 Kraftfahrzeuge an Unfällen beteiligt. Davon stammten 1 009 069 aus Deutschland - darunter 633 230 Personenkraftwagen und 208 114 Lastkraftfahrzeuge, die auch hier wieder einen besonders hohen Anteil aufweisen - und 51 234 aus dem Ausland - darunter 37 515 Personenkraftwagen und 10 161 Lastkraftfahrzeuge, wobei auch hier wieder der Anteil der Lastkraftfahrzeuge gegenüber der Zahl der eingesetzten Fahrzeuge erheblich höher ist als bei den Personenkraftwagen -; außerdem wurden 13 574 Fahrzeuge ohne Angabe der Nationalität registriert, darunter 7571 Personenkraftwagen und 3942 Lastkraftfahrzeuge. Die Fahrzeuge der Bundeswehr sind regelmäßig unter den deutschen Fahrzeugen, die Fahrzeuge der Stationierungsstreitkräfte unter den ausländischen Fahrzeugen gezählt worden.
Danke sehr.
Die dritte Frage - des Herrn Abgeordneten Reitz - betrifft die Schiffbarmachung der Lahn bis Wetzlar:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten der Schiffbarmachung der Lahn bis Wetzlar?
Erkennt die Bundesregierung die Vordringlichkeit dieses Projektes an?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Lahn ist bereits von der Mündung bis Limburg für das 200-t-Schiff voll kanalisiert und von Limburg bis Wetzlar teilweise kanalisiert. Leider kommt infolge der naturgegebenen Verhältnisse ein Vollausbau der Lahn für auf 2,50 m Tiefe abgeladene Binnenschiffe nicht in Frage, sondern höchstens für das 600-t-Schiff, das auf den anderen
Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm
deutschen Wasserstraßen praktisch nicht mehr verkehrt.
Die Bundesregierung hält nach den vorliegenden Untersuchungen zur Zeit einen weiteren Ausbau der Lahn volkswirtschaftlich noch nicht für begründet. Im Vierjahresprogramm der Bundesregierung für den Ausbau der Bundeswasserstraßen, das die Jahre 1959 bis 1962 umfaßt, ist deshalb die Umkanalisierung der Lahn nicht enthalten. Die Bundesregierung wird aber die wirtschaftliche Entwicklung im Lahn-Dill-Gebiet insbesondere unter dem Blickpunkt der Auswirkungen der Tarifpolitik der Montanunion und der späteren möglichen Auswirkungen des Ende 1963 durchgeführten Ausbaus der Mosel in den nächsten Jahren besonders sorgfältig beobachten und die Möglichkeiten und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Kanalisierung der Lahn erneut überlegen.
Die Frage ist erledigt.
Ich rufe auf die Frage 4 - des Abgeordneten Dr. Fritz ({0}) - betreffend Ausbau der Bundesstraße 9.
Da sich nach Festellung der Polizeidirektion Frankenthal im Bereich der Bundesstraße 9 von Worms nach Ludwigshafen ({1}) in den vergangenen drei Jahren die Verkehrsunfälle verdreifacht haben, frage ich die Bundesregierung, wann - unabhängig von dem Bau einer linksrheinischen Autoschnellstraße - der Ausbau der Bundesstraße 9 im pfälzischen Bereich erfolgen wird?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesstraße 9 zwischen Worms und Speyer ist im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen enthalten, dagegen der Abschnitt der Bundesstraße 9 südlich Speyer nicht. Zur Zeit werden Untersuchungen angestellt, in welchem Maße die Bundesstraße 9 südlich Speyer durch die geplante linksrheinische Autoschnellstraße entlastet werden kann. Von dem Ergebnis dieser Untersuchungen wird es abhängen, in welchem Rahmen die Bundesstraße 9 ausgebaut werden muß. Unabhängig davon werden jedoch gegenwärtig Planungen für den Bau von Umgehungsstraßen für die Orte Worms, Franthal, Oggersheim, Mutterstadt, Limburgerhof und Speyer durchgeführt, die ohne weiteres auch bei einem geringfügigeren Ausbau der Bundesstraße 9 gebaut werden müssen.
Mit dem Bau der Umgehungsstraße Worms wird noch in diesem Jahr begonnen. Die anderen Umgehungsstraßen sollen im Laufe des zweiten Vierjahresplans möglichst gebaut werden.
Für den südlichen Abschnitt wird erwogen, die Bundesstraße 9 ab Rheinzabern auf die Landstraßen I. Ordnung 385 und 380 nach deren Aufstufung zu verlegen, um den Anschluß auf der französischen Seite bei Neu-Lauterburg an die dortige Route Nationale herzustellen.
Frage 5 - des Herrn Abgeordneten Leicht - betreffend Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke Germersheim-Bruchsal.
Bis wann wird die Deutsche Bundesbahn ihre schon mehrfach zum Ausdruck gebrachte Absicht, die im Krieg zerstörte Eisenbahnbrücke Germersheim-Bruchsal wiederaufzubauen, verwirklichen können?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Wiederinbetriebnahme einer Eisenbahnbrücke Germersheim-Bruchsal kann frühestens Ende 1964 gerechnet werden. Das setzt aber voraus, daß im Rahmen des Einzelplans 36 des Bundeshaushalts die für 1962 und 1963 angemeldeten Beträge für dieses Bauvorhaben bereitgestellt werden.
({0})
Frage 6 - des Herrn Abgeordneten Spies - betreffend gebührenpflichtige Verwarnungen!
Sind gebührenpflichtige Verwarnungen gerechtfertigt, wenn ein Kraftwagenfahrer seinen Wagen vor einem Hotel auf dem mit weißen Streifen vorgezeichneten Parkplatz parkt, den Wagen absperrt, aber ein Fenster halb offen läßt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz beantworte ich diese Frage wie folgt:
Nach § 35 der Straßenverkehrs-Ordnung hat der Führer eines Kraftfahrzeugs beim Verlassen des Fahrzeugs zur Verhinderung der unbefugten Benutzung die üblicherweise hierfür bestimmten Vorrichtungen am Fahrzeug in Wirksamkeit zu setzen.
Das Maß der Sorgfalt, die im Rahmen dieser Vorschrift anzuwenden ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn das Fahrzeug auf einem unbewachten Parkplatz oder auf offener Straße abgestellt wird, sind höhere Anforderungen zu stellen, als wenn es z. B. in einer Garage oder auf einem bewachten Parkplatz verbleibt. Bei Kraftfahrzeugen, die auf der Straße abgestellt werden, reicht nach der Rechtsprechung das Abziehen des Zündschlüssels im allgemeinen nicht aus; bei geschlossenen Fahrzeugen wird vielmehr in aller Regel auch das Abschließen des Fahrzeugs, d. h. das Schließen der Türen und der Fenster, gefordert, das im übrigen auch durchaus üblich ist. Ich verweise hierzu auf das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Dezember 1955, veröffentlicht in der Zeitschrift „Deutsches Autorecht" 1956 S. 138, und auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. April 1958, veröffentlicht in den „Verkehrsrechtlichen Mitteilungen" 1959 S. 1. Wer diese Anforderungen außer acht läßt, begeht eine Übertretung nach § 35 in Verbindung mit § 49 der Straßenverkehrs-Ordnung, die unter den Voraussetzungen des § 22 des Straßenverkehrsgesetzes eine gebührenpflichtige Verwarnung des Täters rechtfertigen kann.
Eine Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, ist die Drohung eines Polizeibeamten, wenn ein solcher „Verkehrssünder" die Verwarnungsgebühr nicht zahlt, daß dann gegen ihn Anzeige erstattet wird und die Angelegenheit teurer zu stehen kommt, einer Erpressung gleichzustellen? Würde dieser Beamte nicht besser schweiegn und so handeln, wie ihm das geboten ist?
Ich bin nicht der Ansicht, daß das eine Drohung ist, sondern daß der Beamte pflichtgemäß handelt.
Danke schön!
Die nächste Frage - des Abgeordneten Spies ({0}) -:
Ist ein mit weißen Streifen gekennzeichneter Parkplatz für einen darauf parkenden Kraftwagen als umfriedeter Raum anzusehen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz beantworte ich diese Frage mit Nein.
Worauf stützt sich dieses Nein, Herr Bundesminister?
Es stützt sich auf die gesetzlichen Vorschriften.
Wo sind diese gesetzlichen Vorschriften verankert?
Sie sind in der Anlage „Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen" zur Straßenverkehrsordnung verankert, und zwar unter A I c und A I b in Verbindung mit § 243 Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuchs.
Danke schön.
Ich habe den Eindruck, daß Fragen dieser Art nicht ganz dem Sinn der Fragestunde entsprechen.
Wir kommen zur Frage 8 - des Abgeordneten Knobloch - betreffend Ausbau der Bundesstraße 48:
Welche Pläne bestehen im Hinblick auf den Ausbau der Bundesstraße 48 von Winnweiler bis Ebernburg und der entsprechenden Verbindungsstraßen zur Autobahn bei Kaiserslautern?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesstraße 48 ist im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen enthalten. Mit Rücksicht auf vordringlichere Ausbaumaßnahmen an Straßenzügen mit größerer Verkehrsbelastung wird mit dem Ausbau dieser Bundesstraße voraussichtlich erst im zweiten Vierjahresplan begonnen werden. In den letzten Jahren wurden lediglich Verbesserungen der vorhandenen Fahrbahnen mit Kurvenausbau auf der Strecke Winnweiler-Hochstätten durchgeführt.
Im Zusammenhang mit der bereits fertiggestellten Umgehungsstraße Bingen und der für die Zukunft geplanten linksrheinischen Entlastungsstraße ist beabsichtigt, die Bundesstraße 48 im Abschnitt Hochstätten-Bad Kreuznach-Bingerbrück auf die bereits zum größten Teil ausgebauten Landstraßen auf dem rechten Naheufer zu verlegen. Dadurch wird dieser ungünstige Straßenabschnitt der jetzigen Bundesstraße 48 seine Bedeutung für den Fernverkehr weitgehend verlieren und wird abgestuft werden können.
Zur Zeit wird für Rockenhausen eine Umgehungsstraße geplant.
Die Verbindung der Bundesstraße 48 zur Bundesautobahn bei Kaiserslautern soll durch die Bundesstraße 40 erfolgen, die ebenfalls im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen enthalten ist und die in den letzten Jahren auf dieser Teilstrecke erheblich verbesssert werden konnte.
Wir kommen zur Frage 9 - des Abgeordneten Dewald - betreffend Staustufen:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Staustufen Stockstadt, Kleinostheim und Großwelzheim der Groß-Schiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau in einem stark baufälligen Zustand befinden?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die veraltete Nadelwehrkonstruktion dieser Staustufen infolge ihrer Überalterung zu Brüchen neigt, als deren Folge der gesamte Schiffsverkehr auf dem Main für lange Zeiträume eingestellt werden müßte?
Sind Pläne zur Beseitigung dieser veralteten Schleusen und für ihren Ersatz durch eine moderne Schleuse in Vorbereitung, und wenn ja, wann ist mit dem Abschluß einer solchen Planung zu rechnen?
Werden bei der Planung und der eventuellen Ausführung des neuen Schleusenbaues die Fachkräfte der Main-Donau AG mit herangezogen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es trifft zu, daß sich die im Zuge der RheinMain-Donau-Großschiffahrtsstraße befindlichen Staustufen Stockstadt, Kleinostheim und Großwelzheim in einem baulichen Zustand befinden, der alsbaldigen Ersatz erfordert.
Auch die Nadelwehre an den Staustufen Kleinostheim und Großwelzheim entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen, wie ja überhaupt Nadelwehre, soweit sie noch vorhanden sind, nach wie vor beseitigt werden müssen. Eine Lahmlegung des Schiffsverkehrs auf dem Main oberhalb Hanau ist trotz dieses Zustandes auf längere Zeit nicht zu befürchten.
Durch ein beim Wasser- und Schiffahrtsamt Aschaffenburg eingerichtetes Planungsbüro werden zur Zeit die Baureifen Pläne für die Beseitigung dieser veralteten Stauanlagen und ihren Ersatz durch eine moderne Stauanlage unter Zusammenfassung der alten Staustufen bearbeitet. Im Anschluß daran
ist das Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Es ist damit zu rechnen, daß diese Vorarbeiten endgültig 1962 abgeschlossen sein werden. Die Planungskosten sind mit den ersten Teilbeträgen in die Haushalte 1959 und 1960 eingesetzt worden.
Die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung beabsichtigt, bei der Planung und Ausführung der neuen Staustufe, in der diese drei alten Staustufen zusammengefaßt werden sollen, die Fachkräfte der RheinMain-Donau AG mit heranzuziehen.
Damit ist der heutige Fragenkatalog erledigt. Die nächste Fragestunde findet .am Freitag, dem 1. Juli 1960, statt. Sperrfrist für die eingehenden Fragen eist heute 15 Uhr.
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes ({0});
Erster Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung ({1}) ({2})
({3}).
sowie
Dritte Beratung des Entwurfs ,eines Gesetzes zur Änderung des Paßgesetzes, des Reichs-. und Staatsangehörigkeitsgesetzes und zur Aufhebung des Gesetzes über die Meldepflicht der deutschen Staatsangehörigen im Ausland ({4}) ;
Zweiter ,Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung ({5}) ({6})
({7}).
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich die Fraktion ,der Freien Demokraten gestern bei der zweiten Beratung einer lobenswerten Zurückhaltung befleißigt hat, darf ich nunmehr in der dritten Beratung einige Bemerkungen zu der Wehrpflichtnovelle machen. Wir möchten die Aussage des Berichterstatters in dem allgemeinen Teil des Berichts unterstreichen, Grundlage der Novelle sei das Prinzip des Ausgleichs des Kräftebedarfs der Bundeswehr und des zivilen Bevölkerungsschutzes sowie ,der Gleichberechtigung und Gleichrangigkeit beider. Gerade darauf, daß dieser Ausgleich innerhalb der Landesverteidigung erfolgen muß, haben wir schon bei der ersten Lesung hingewiesen. Die Beratungen im Ausschuß habendiese Notwendigkeit ebenfalls deutlich gemacht, ohne daß man allerdings zu konkreten, Lösungen gekommen ist. Es bestehen immer noch erhebliche Zweifel hinsichtlich der Abgrenzung zwischen militärischem und zivilem Bedarf innerhalb der Landesverteidigung.
Dabei möchte ich die Bemerkungen des Kollegen Schäfer von gestern abend bezüglich der Entwicklung der Gesetzgebung auf dem Gebiete des Notstandsrechts und bezüglich der Notwendigkeit des zivilen Bevölkerungsschutzes unterstreichen. Schon 1958 hatten wir - leider erfolglos - beantragt, die Bundesregierung möge ein Weißbuch über die geplanten ,Maßnahmen auf idem Gebiete des zivilen Bevölkerungsschutzes herausgeben. Dadurch hätte man die Möglichkeit gehabt, ,die Dinge, die gemeinsamgeregelt werden müssen, auch gemeinsam zu regeln, d. h. es wäre endlich dazu gekommen, daß Bundesverteidigungsministerium und Bundesinnenministerium gemeinsam Überlegungen angestellt hätten.
Wie schon in der ersten Lesung muß hier nochmals darauf hingewiesen werden, daß die Koordination innerhalb des Bundesverteidigungsrates unumgänglich notwendig ist, wenn die Ausgaben für die Landesverteidigung überhaupt einen Sinn haben sollen. Da das von Herrn Minister Strauß gestern erwähnte Bundesverteidigungspflichtgesetz nicht verwirklicht werden kann, ist diese Koordination besonders dringend.
Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei teilt nicht die Bedenken der SPD-Fraktion, daß durch § 47 c, § 21 a Abs. 5 und § 6 Abs. 7, deren Streichung von der SPD beantragt worden war, die Verfassung ausgehölt wird. Wir sind im Gegenteil der Meinung, daß diese Paragraphen notwendig rind, wenn die Bundeswehr und die territoriale Landesverteidigung in einem Ernstfalle effektiv werden sollen. Es muß die Möglichkeit gegeben sein, das Personal der Streitkräfte auf Kriegsstärke ,aufzufüllen, und dem sollen diese Paragraphen ja wohl dienen. Außerdem ergibt sich die Notwendigkeit dieser Paragraphen auch aus den Verpflichtungen, die einerseits wir den Verbündeten gegenüber und die andererseits die Verbündeten uns gegenüber haben. Wir sind der Meinung, daß, wer einmal zur Wiederbewaffung ja, wer also A gesagt hat, später auch B sagen muß.
Hier braucht man, glaube ich, das State Department nicht immer wieder den mahnenden Zeigefinger ausstrecken zu lassen. Hier müssen wir selber wissen, wozu wir verpflichtet sind. Wir neigen ja überhaupt dazu, immer außenpolitische Aspekte, außenpolitische Betrachtungen zur Grundlage unserer Entscheidungen zu machen. Ich glaube, wir sollten selber etwas mehr innere Gelassenheit haben und wissen, was zu tun richtig ist.
Wir sehen in diesen Bestimmungen auch eine gewisse Hinwendung zu dem Milizsystem, das ohne
Zweifel billiger und rationeller ist als die Aufrechterhaltung von Streitkräften in einer Kriegsstärke im Frieden. Das werden wir uns nicht leisten können. Wenn Sie die Publikationen in den verschiedenen militärwissenschaftlichen Zeitschriften verfolgen, können Sie feststellen, daß sowohl hier wie auf der anderen Seite das Milizsystem eine immer stärkere Berücksichtigung findet.
Wir sind der Auffassung, daß der Streit darum, was unter „Spannungszeit" zu verstehen ist, nicht berechtigt ist. Denn in der Spannungszeit wird dieses Parlament hier noch voll funktionsfähig sein, so daß Mißbräuchen oder Fehlentscheidungen entgegengewirkt werden kann. Wir sind der Auffassung, daß ein gesundes Mißtrauen der Abgeordneten gegenüber jeder Regierung durchaus berechtigt ist. Dieses Mißtrauen sollte aber nicht übertrieben werden.
Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei stimmt der Novelle in der Ausschußfassung zu und wird die Handhabung dieser Novelle aufmerksam beobachten.
({0})
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor. Wir treten in die Einzelberatung ein. Bisher liegt ein einziger Änderungsantrag vor; er betrifft Nr. 18. Sie finden ihn auf Umdruck 672.
Vizepräsident Dr. Schmid
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß sich meine Fraktion entschlossen hat, diesen Antrag zu § 26 auch in dritter Lesung noch einmal zu stellen, soll nicht bedeuten, daß wir dieser Einzelheit eine disproportionale Bedeutung zumessen. Der Grund ist ganz einfach der, daß diese Frage in der Ausschußberatung noch nicht die nötige Aufmerksamkeit hat finden können, da sich meine Fraktionskollegen im Ausschuß in der Lage sahen, sich für das Plenum noch Anträge hierzu vorbehalten zu müssen.
Ich weiß sehr wohl, daß es zu Schwierigkeiten führt, wenn Anträge erst im Plenum begründet werden und über sie dort entschieden werden soll. Das führt leicht zu der Situation, daß die Fraktionen, die keine Gelegenheit hatten, sich vorher mit diesen Fragen zu befassen, nun - daß soll kein Vorwurf sein - dazu neigen, Änderungen der im Ausschuß beschlossenen Vorlage abzulehnen. Aus diesem Grunde bitte ich Sie ganz besonders, sich doch die Begründung noch einmal anzuhören und eine Frage, die man in Ruhe überlegen kann, auch in aller Ruhe zu entscheiden. Denn im Rahmen der Verhältnisse ist sie nicht ganz ohne Bedeutung.
In den ersten Jahren der Praxis ist bei der Zulassung von Beiständen vor den Kriegsdienstverweigerungskammern und -ausschüssen und vor den Verwaltungsgerichten mit anerkennenswerter Großzügigkeit verfahren worden. Darin ist eine Änderung eingetreten durch einen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für Nordrhein-Westfalen in Münster, der erst in diesem Jahre erging, am 21. Januar 1960. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in diesem Beschluß gesagt, daß auch in den Verfahren wegen Kriegsdienstverweigerung, und zwar nicht nur vor den Verwaltungsgerichten, sondern auch vor den Prüfungsausschüssen und Prüfungskammern, das Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz aus dem Jahre 1934 beachtet werden müsse, da es noch gelte. Nun, ich lasse es dahingestellt, ob Gesetze aus dem Jahre 1934 überhaupt gelten können. Es ist aber die überwiegende Meinung, und es ist die Rechtsprechung, daß das Gesetz anzuwenden ist.
Nach diesem Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz ist es nun so, daß ein Verband keiner Genehmigung bedarf, um durch seine Angestellten oder Beauftragten Rechtshilfe und Rechtsberatung zu gewähren, wenn der Verband auf berufsständischer Grundlage gebildet ist und es zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört, Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten zu erteilen.
Nun sind fraglos die Verbände der Kriegsdienstverweigerer nicht auf einer berufsständischen Grundlage gebildet. Noch weniger trifft das für die in Betracht kommenden Kirchen und Religionsgemeinschaften zu. Aus diesem Grunde ergibt sich die Schwierigkeit, daß gerade bei dieser Aufgabe, die besonderer Art ist, die kirchlichen Beauftragten nach dem Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz ausgeschlossen werden, die bisher Rat und Hilfe in
Kriegsdienstverweigerungsangelegenheiten erteilt haben.
So hat z: B. die Evangelische Kirche im Rheinland einen Religionslehrer dazu bestellt, daß er den evangelischen Kriegsdienstverweigerern den Dienst leistet, sie zu beraten und auch mit ihnen in die Verhandlungen zu gehen. Dieser Religionslehrer hat seine Tätigkeit drei Jahre einwandfrei und allgemein anerkannt ausgeübt. Er soll jetzt auf Grund des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Münster davon ausgeschlossen sein, es sei denn, daß er bei einem Amtsgericht seine Zulassung als Rechtsvertreter erwirkt. Das ist etwas, was hier gar nicht in Betracht kommt; denn wenn eine Religionsgemeinschaft oder Kirche einen Beistand stellen will, hat sie nicht die Absicht, daß der von ihr Beauftragte ein vom Amtsgericht zugelassener Rechtsvertreter werden soll. Die Veränderung der praktischen Lage durch den erst in diesem Jahre ergangenen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Münster ist also der Hintergrund unseres Antrags.
Nun haben Sie, Herr Dr. Kliesing, gestern in der Diskussion geltend gemacht, es werde zu einer Rechtszersplitterung führen, wenn man es für die Vereinigungen, zu denen sich Kriegsdienstverweigerer zusammengeschlossen haben, von der Genehmigung oder Anerkennung einer Landesregierung abhängig mache, ob sie - unentgeltlich selbstverständlich - durch ihre beratende und beistehende Tätigkeit Hilfe gewähren dürften. Ich glaube nicht, daß das Argument der Rechtszersplitterung durchschlägt. Herr Dr. Kliesing hat dabei eins übersehen. Ermächtigt man nämlich die Landesregierungen nicht daiu, daß sie solche Vereinigungen anerkennen können mit der Folge, daß von Beauftragten dieser Vereinigungen Beistand gewährt werden darf, so kann jede der Vereinigungen bzw. können ihre Beauftragten bei Amtsgerichten den Antrag auf Zulassung stellen. Sofern überhaupt eine Rechtszersplitterung zu befürchten ist, wäre sie wesentlich größer, wenn jedes Amtsgericht die Befugnis. hätte, darüber zu entscheiden, ob der Beauftragte eines Verbandes oder einer Kirche oder Religionsgemeinschaft zugelassen werden soll. Die Rechtszersplitterung wäre also wesentlich bedauerlicher, Herr Dr. Kliesing; während wir, wie ich glaube, eine Gewähr haben, daß, wenn die Landesregierungen darüber entscheiden, ob eine Vereinigung so einwandfrei ist und keine Veranlassung zu irgendwelchen Bedenken gibt, um die in Betracht kommenden Personen zu betreuen, doch eine gewisse Sicherheit dafür haben, daß niemand zugelassen wird, der diese Rechte mißbraucht. Wir haben auch eine Sicherheit, daß ,dabei keine Willkür obwaltet. Keiner von uns wird wohl einer Landesregierung eine willkürliche Maßnahme unterstellen wollen. Die Entscheidungen der Landesregierungen unterliegen außerdem noch der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle daraufhin, ob das Ermessen der Landesregierung mißbraucht ist.
Dann hat Herr Dr. Kliesing gestern in der Diskussion, die meines Erachtens unnötig emotional geworden ist, geltend gemacht, man könne hier Kirchen oder anerkannten Religionsgemeinschaften eine solche Befugnis, ihren Angehörigen vor den
in Betracht kommenden Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten Beistand zu leisten, deshalb nicht geben, weil die katholische Kirche nach der Darstellung des Herrn Kollegen Kliesing nicht beabsichtige - ({0})
- Doch, Sie haben ausdrücklich gesagt, Herr Dr. Kliesing, - ({1})
- Nein, Herr Kollege Kliesing, da irren Sie sich.
({2})
- Sie haben es ganz deutlich gesagt. Sie haben gesagt, es würde zu einer Rechtsungleichheit führen.
({3})
Sehen Sie im Protokoll nach!)
- Nein! Da müßte ich Sie sehr mißverstanden haben, und auch mein Kollege Heinemann müßte Sie sehr mißverstanden haben. Ich habe Sie gestern jedenfalls subjektiv so verstanden - und darauf hat Herr Dr. Heinemann auch geantwortet -, als ob Sie der Auffassung wären: da die katholische Kirche nicht beabsichtigte,
({4})
solche Beauftragte zu bestellen, wäre es eine Rechtsungleichheit. Ich freue mich, -
Ich kann mich erinnern: das Wort „Katholische Kirche" ist nicht gefallen!
So; da bin ich Ihnen sehr dankbar, Herr Präsident und Herr. Kollege Kliesing. Ich erkenne ja Ihre Darstellung auch an. Ich muß Ihnen nur sagen, wie es subjektiv aufgefaßt worden ist. Ich bin froh, daß wir da übereinstimmen. Denn es könnte gar keine Rechtsungleichheit in Betracht kommen, weil es ja jeder Kirche und Religionsgemeinschaft unbenommen wäre, nach ihren eigenen selbstverantwortlichen Entschlüssen von einer solchen Möglichkeit Gebrauch zu machen oder nicht. Wenn eine Kirche oder Religionsgemeinschaft keinen Gebrauch macht, so hat das offensichtlich seinen Grund in der jeweiligen anderen Dogmatik und anderen Lehre und vielleicht auch in der anderen Struktur. Es käme also hier keine Rechtsungleichheit in Betracht.
Sie wissen aber, daß die Evangelische Kirche in allen ihren Einzellandeskirchen bei uns in Deutschland es sich angelegen sein läßt, in gleicher Weise sowohl den Wehrwilligen und Wehrbereiten als auch den Kriegsdienstverweigerern ihre Hilfe zu gewähren. Das sind Beschlüsse aller in Betracht
kommenden evangelischen Landeskirchen. Es ist mir namentlich bekannt von der Evangelischen Kirche im Rheinland, die, wie gesagt, diesen seit drei Jahren tätigen Religionslehrer dazu bestellt hat, daß er den Kriegsdienstverweigerern Hilfe leistet. Ebenso hat die Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau unter dem Vorsitz des Herrn Kollegen Wilhelmi erst im April dieses Jahres beschlossen, eine hauptamtliche Stelle beim Landesjugendpfarramt einzurichten und in jedem der sechs Visitationsbezirke der Landeskirche einen ehrenamtlichen Vertrauensmann mit der Beratung und Betreuung der in Betracht kommenden evangelischen Kriegsdienstverweigerer zu beauftragen.
Ich glaube, daß es doch nicht gut wäre, wenn man hier der Öffentlichkeitsaufgabe der Kirchen und Religionsgemeinschaften entgegenträte und es ihnen nicht ermöglichte, diesen Dienst zu leisten, den sie für wichtig halten. Und darauf allein zielt unser Antrag in erster Linie ab, daß man die Verfahrensregelungen nach dem Wehrpflichtgesetz sowohl vor den Ausschüssen und Kammern für Kriegsdienstverweigerer als auch vor den Verwaltungsgerichten mit diesen Bedürfnissen in Übereinstimmung bringt. Wir sind überzeugt, daß dadurch sogar etwa auftretenden Mißständen, wie sie gestern hier erwähnt worden sind, abgeholfen würde. Es gehört nun einmal zum Wesen aller Prüfungsinstanzen - es handelt sich hier ja um eine Art Prüfungsinstanz -, daß Mißstände nicht nur auf der einen Seite, sondern beiderseits aufzutreten pflegen. Darüber könnte man viel sagen; aber das gehört nicht zum Thema dieses Antrags.
Ich habe Ihnen die Gründe noch einmal kurz, aber eindringlich entwickelt, und ich bitte Sie herzlich, diesem Antrag doch zuzustimmen, damit den zuständigen Vereinigungen, die von den Landesregierungen dafür anerkannt sind, und damit namentlich den Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaften weiterhin die Möglichkeit gewährt wird, ihre Angehörigen vor diesen Verwaltungsinstanzen und Gerichten zu betreuen und ihnen Beistand zu leisten. Ich bitte Sie, diesen Antrag anzunehmen.
({0})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Schwarzhaupt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, daß der 'Herr Kollege Arndt die grundsätzliche Bedeutung dieses Antrags und vor allem der Zulassung der Kirchen betont hat und daß er darauf hingewiesen hat, diese Sache sei doch zu schwierig und zu bedeutungsvoll, als daß sie so aus dem Handgelenk und innerhalb einer Debatte ohne Vorbereitung im Ausschuß und ohne daß auch die Fraktionen genügend Zeit hatten, sich vorzubereiten, entschieden werden könne.
Ich habe in diesem Zusammenhang eine doppelte Aufgabe. Ich möchte auf einiges zurückkommen, was gestern gesagt worden ist. Zweitens möchte ich
zu der grundsätzlichen Bedeutung des Antrags und zu seinen Konsequenzen, vor allen Dingen soweit er die Kirchen angeht, einiges sagen.
Zunächst einmal zu dem, was gestern gesagt worden ist! Es wurde zur Begründung dessen, was hier verlangt wird, eine Entscheidung der Synode von Hessen-Nassau herangezogen. Bei der ganzen Sache geht es darum, daß kirchliche Beauftragte, also Personen, die im Auftrag der Kirchen zu sprechen haben, bei den Verhandlungen vor den Instanzen, die die Anträge der Kriegsdienstverweigerer prüfen, auftreten sollen.
Die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau hat vor einiger Zeit einen Beschluß gefaßt, durch den Mittel zur Verfügung gestellt werden für die seelsorgerische Betreuung von Kriegsdienstverweigerern und für die Informierung von Pfarrern, die diese Aufgabe durchführen sollen. Diese seelsorgerische Betreuung ist aber etwas anderes als die Vertretung vor staatlichen Prüfungsinstanzen durch Beauftragte der Kirchen. Der Beschluß der Synode kann nach Inhalt und Wortlaut nicht zur Bestätigung der Forderung herangezogen werden, daß im Auftrage der Kirche vor den Prüfungsinstanzen gesprochen wird.
Die Evangelische Kirche in Deutschland, die die Vertretung der evangelischen Gesamtkirche gegenüber dem Staat ,darstellt, hat nicht den Wunsch geäußert, daß kirchliche Beauftragte zur Vertretung von Wehrdienstverweigerern vor staatlichen Instanzen zugelassen werden sollen. Sie vertritt im Gegenteil die Auffassung, daß es nicht Sache der Kirche sei, im Einzelfall den Staatsbürger durch Vertreter zu unterstützen, die als Beauftragte der Kirchen vor staatlichen Instanzen auftreten.
Nun zum Grundsätzlichen! Auch ich kenne die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster und die Einwendungen, die von Gruppen aus der rheinischen Kirche dagegen 'erhoben werden. Wenn wir aber aus dieser Entscheidung gesetzgeberische Konsequenzen ziehen wollten, müßten wir uns sehr genau die allgemeinen rechtlichen Folgen überlegen, die sich daraus für das Verhältnis von Staat und Kirche und für die Legitimation der Kirche ergeben, in einzelnen Verfahren, in denen es sich um Gewissensfragen handeln kann, in ihrem Namen zu sprechen. Wir wollen, daß der Staat - getreu dem Grundgesetz und dem Wehrpflichtgesetz - auf diejenigen Menschen in unserem Volk, die aus Gründen ihres Gewissens glauben, den Wehrdienst verweigern zu müssen, keinen Gewissenszwang ausübt. Das wollen wir; und das soll nicht nur im Gesetz stehen, das soll auch in der Praxis der Verfahren ständig so gehandhabt werden und zum Ausdruck kommen.
Es gibt unter den Ländern, die eine Wehrpflicht kennen, kaum eines, das dem Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen einen so weitgehenden Schutz gewährt wie die Bundesrepublik. Wir wollen, daß dieser Schutz fair und gerecht durchgeführt wird. Wir stimmen dem auch zu, daß die Kirche eine besondere seelsorgerische Aufgabe an allen Menschen hat, die sich aus innerster Gewissensüberzeugung gegen herrschende Auffassungen,
gegengeltende Gesetze, wo sie auch auftreten" mögen, wenden. Das gilt insbesondere in einem Lande, in dem der Mißbrauch militärischer Macht in der Vergangenheit schwer auf dem Gewissen lastet. Hier geht es ,aber um die Frage, ob wir .es allgemein zulassen können, daß vor staatlichen Nachprüfungs- und Entscheidungsinstanzen im Einzelfall der einzelne Staatsbürger durch einen Beauftragten der Kirche, also durch eine Person, die in dem Einzelverfahren im Auftrage der Kirche spricht, vertreten wird.
Wenn wir dies bei diem Wehrdienstverweigerer zulassen, müßten wir es auch sonst zulassen, wo es sich um Gewissensfragen handeln kann. Wie soll das retwa bei Scheidungsverfahren sein, etwa im Sühneverfahren vor dem Scheidungsverfahren, wo es sich auch - insbesondere für den Katholiken - um sehr schwere Gewissensfragen handeln kann? Soll auch hier zugelassen werden, daß die gewissensmäßige Prüfung nicht vor dem Verfahren erfolgt, sondern daß im Auftrage der Kirche im Verfahren gesprochen werden kann? Diese Konsequenz müssen wir uns bei der Regelung, vor der wir stehen, sehr überlegen. Es ist eine Sache, die das Verhältnis von Staat und Kirche, das Verhältnis der Kirche im Einzelverfahren in der Rechtsprechungs-
und Verwaltungsinstanz grundsätzlich berührt. Ich glaube nicht, daß wir dem uns allen gemeinsamen Wunsch entsprechen, den Menschen, die sich aus tiefen innersten Gewissensgründen nicht zum Wehrdienst verstehen wollen, in unserer Zeit und in unserem Lande gerecht zu werden, wenn wir uns hier auf einen grundsätzlichen Weg einer rechtlichen Regelung führen lassen, der alle erdenklichen Konsequenzen haben wird.
Von der Kirche aus gesehen muß ich allerdings sagen: es ist Aufgabe der Kirche, überall dort, wo etwa der Schutz der Wehrdienstverweigerer nicht legal, nicht fair, nicht großzügig und nicht in voller Achtung vor innersten Gewissensentscheidungen gewährt wird, ihre Stimme zu erheben. Sie soll sie gegenüber dem Staat, sie soll sie grundsätzlich erheben. Es wird aber zu unendlichen Schwierigkeiten führen, wenn wir grundsätzlich durch staatliches Gesetz erklären, es sei Sache der Kirche, im Einzelverfahren immer und in jedem Fall zugelassen zu sein und zu sprechen. Die Kirche hat viele Möglichkeiten, den Menschen, deren Gewissen bedrängt ist, zu helfen. Sie kann ihnen helfen, Beistände und Vertreter im Rahmen der geltenden Bestimmungen zu erhalten. Wogegen ich mich wende, ist, daß grundsätzlich im Einzelverfahren im Auftrag der Kirche gegenüber der staatlichen Instanz gesprochen wird. Es ist nicht ihre Aufgabe, in geordneten Verfahren einzelne Staatsbürger, nämlich die Kriegsdienstverweigerer, zu privilegieren, indem sie ihnen anders als den Staatsbürgern in anderen Verfahren, kirchliche Beauftragte zur Seite stellt. Wir glauben allerdings, daß wir uns damit in Übereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit der evangelischen Christen in Deutschland befinden.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Probst.
Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 120. Sitzung: Bonn, Freitag, den 24. Juni 1960 6935
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der SPD Umdruck 668 Ziffer 7 sieht vor, Beauftragte a) einer Vereinigung, die von einer Landesregierung für solche Betreuung von Wehrdienstverweigerern anerkannt ist, sowie auch b) einer Kirche oder anerkannten Religionsgemeinschaft zur Vertretung zuzulassen.
Gegen den Punkt b des sozialdemokratischen Antrags ist, gerade im Interesse der Kriegsdienstverweigerer, nichts einzuwenden. Aber mit dem Punkt a wird allen Gruppen, die mit ihrer Zielsetzung weit über das hinausgehen, was das Anliegen eines echten Kriegsdienstverweigerers ist, für ihre politische Propaganda Tür und Tor geöffnet. Gerade das Verfahren, daß die Landesregierungen darüber entscheiden, welche Wehrdienstverweigerer-Organisationen anerkannt sind, öffnet dem Mißbrauch Tür und Tor. Wir müssen doch zunächst davon ausgehen, daß alle Organisationen anerkannt sind, die bis jetzt nicht ausdrücklich verboten sind. Wenn es dann z. B. der Internationale der Kriegsdienstgegner gelingt, sich zum Anwalt der Kriegsdienstverweigerer zu machen, sind die Folgen nicht mehr übersehbar.
Vielleicht ist Ihnen die amtliche Auskunft des Bundesministers für Verteidigung über das Ergebnis der Untersuchung eines Vorfalls anläßlich einer Kabarettveranstaltung der Internationale der Kriegsdienstgegner in Ulm bekannt. Die Veranstaltung wurde durchgeführt unter der Ankündigung: „Helm ab zum Kabarett!". Bei der Untersuchung dieser Angelegenheit gab der Leiter der Veranstaltung zu - er hat das ausdrücklich bestätigt -, daß eine Provokation der Bundeswehr durch die Internationale der Kriegsdienstgegner beabsichtigt gewesen sei. Diese Provokation ist auch prompt erfolgt.
Ich habe ferner Material vor mir, das in anderen Veranstaltungen solcher KriegsdienstverweigererOrganisationen verteilt worden ist. Da steht z. B. in einer Broschüre, herausgegeben von der Internationale der Kriegsdienstgegner, die Aufforderung - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -:
Du, Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt! Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen, sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du, Mann auf dem Bahnhof! Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt geben für den Munitionszug und den Truppentransport, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Du, Mann auf dem Dorfe und Mann in der Stadt! Wenn sie morgen kommen und dir einen Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
Das sind doch zweifellos Ziele, die mit dem Begriff
des „Kriegsdienstverweigerers aus Gewissensgründen" nicht mehr gedeckt werden. Gerade um den
echten Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen vor dieser Form der Propaganda zu schützen, schlage ich vor, den Buchstaben a aus dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD abzulehnen.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Kollegen Probst dankbar dafür, daß er wenigstens dem Buchstaben b unseres Antrages zustimmt. Im übrigen handelt es sich ja auch bei dem Buchstaben a keineswegs darum, eine neue Tür aufzumachen, sondern darum, sich zu überlegen, ob es richtig ist, eine Tür, die Jahre hindurch offen war, jetzt zu schließen. Es liegt also genau umgekehrt.
Es ist hier auch nicht der Ort, die einzelnen Organisationen zu erörtern. Ich weiß durchaus, daß dort zum Teil eine Propaganda getrieben wird, die mit der Frage des Gewissens nichts zu tun hat. Die Beispiele, die hier soeben verlesen wurden, haben fraglos mit einer aus Gewissensgründen erfolgenden Kriegsdienstverweigerung nichts gemein. Darüber kann gar kein Streit entstehen. Infolgedessen wird es ja gerade auch Sache der verantwortlichen Landesregierungen sein, sich zu überlegen, ob es eine Vereinigung ist, die Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zu betreuen sich zur Aufgabe gemacht hat, oder ob es Vereinigungen sind, die sich einer jenseits der Gewissensfragen liegenden politischen Propaganda befleißigen. - Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Der Frau Kollegin Schwarzhaupt aber möchte ich erwidern: Sie haben mich doch etwas mißverstanden, Frau Kollegin, wenn Sie meine Worte so aufgefaßt haben, als hätte ich selber gesagt, die Sache sei unreif und könne nicht über das Knie gebrochen werden, deshalb sei sie heute nicht zu entscheiden. Ich habe darauf hingewiesen, daß es immer gewisse Schwierigkeiten macht, über Anträge erst im Plenum zu entscheiden - das wissen wir doch alle -, und habe Sie deshalb um eine besondere Aufmerksamkeit gebeten. Das war ja auch der Grund, warum sich die Fraktionen gestern geeinigt haben, die dritte Lesung auf heute morgen zu vertagen, damit noch eine gewisse Möglichkeit des Überlegens bestand und auch die Heftigkeit der gestrigen Debatte etwas abklingen und der erfreulichen Sachlichkeit weichen konnte, in der wir heute doch wohl übereinstimmen. Sie haben ja selbst gesagt, das sei eine Frage von sehr grundsätzlicher Bedeutung.
Ich glaube aber, Frau Kollegin Schwarzhaupt, Sie haben im übrigen die Beziehungen zwischen Staat und Kirche hier nicht ganz zutreffend dargestellt. Dies hier wäre nicht etwa der Beginn einer kirchlichen Tätigkeit in allen Rechtsstreitigkeiten irgendwelcher Art, z. B. in Scheidungsverfahren. Im Scheidungsverfahren haben wir das Anwaltserfordernis; die Scheidungsverfahren sind vor den ordentlichen Gerichten durchzuführen; das Landgericht mit An6936
waltserfordernis ist die unterste Instanz, und der armen Partei, die nicht in der Lage ist, sich selber einen Anwalt zu gewinnen, muß auf Staatskosten und von Amts wegen ein Anwalt beigeordnet werden. Der außergerichtlichen kirchlichen Beratung steht dabei selbstverständlich nichts im Wege. Das ist nicht mit den Verfahren zu vergleichen, um die es sich hier handelt, in denen es kein Anwaltserfordernis gibt, in denen es insoweit kein volles Armenrecht gibt und in denen es sich doch bei denjenigen, die aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigern, um Fragen letzter sittlicher Entscheidungen und damit um ein besonderes Bedürfnis nach Beistand handelt. Dieses Bedürfnis nach Beistand ist ja auch alle die Jahre hindurch anstandslos anerkannt worden,_ bis zu dem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Januar dieses Jahres.
Und dann, Frau Kollegin Schwarzhaupt: Der Beistand, der von der Kirche beauftragt ist, Beistand zu leisten, spricht selbstverständlich nicht im Namen der Kirche. Das kommt doch überhaupt nicht in Frage. Der Beistand kann sich nicht in die Verhandlungen vor dem Ausschuß oder vor dem Verwaltungsgericht oder vor dem Oberverwaltungsgericht stellen und da sagen: „Ich rede hier im Namen der Evangelischen Kirche im Rheinland" oder „im Namen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau". Das ist gänzlich ausgeschlossen, zumal wir doch beide wissen - und die anderen Kolleginnen und Kollegen im Hause wissen es auch -, daß leider Gottes in der evangelischen Kirche Meinungsverschiedenheiten in diesen Fragen herrschen. Deshalb sagt ja auch der Beschluß der Synode für Hessen und Nassau, daß diese Maßnahmen durchzuführen sind unbeschadet aller theologischen Meinungsverschiedenheiten und selbstverständlich ohne jede Rücksicht auf politische Meinungsverschiedenheiten, die hierbei überhaupt nichts zu bedeuten haben.
Es ist also nicht so, daß der Beauftragte im Namen der Kirche spricht, sondern es wird jemand - wie es im Rheinland seit Jahren die Übung ist - von der Kirche beauftragt zur Diakonie, zur Dienstleistung, und der soll Beistand gewähren einem, der sich in Gewissensnot befindet und sich nun der Schwierigkeit - einer sehr großen Schwierigkeit - ausgesetzt sieht, über seine innersten sittlichen Entscheidungsvorgänge vor fremden Menschen Auskunft zu erteilen. Da soll er Beistand haben. Selbstverständlich kann derjenige, der Beistand leistet, immer nur sprechen für denjenigen, dem er Beistand leistet, aber nicht im Namen der Kirche. - Das, glaube ich, ist klar.
Nun sagen Sie - und das hat mich sehr gewundert -, es werde hier erklärt, es sei Sache der Kirche, das zu tun, und haben denen entgegengehalten, nach der überwiegenden Meinung der evangelischen Christen in Deutschland sei es nicht Sache der Kirche, das zu tun. - Wir haben hier überhaupt nicht zu entscheiden, ob das Sache der Kirche oder nicht Sache der Kirche ist. Das staatliche Gesetz kann nur freistellen. Ob aber eine Kirche oder Religionsgemeinschaft davon Gebrauch macht - wie es, wie gesagt, im Rheinland seit langem geschehen ist -, steht ganz selbstverständlich ausschließlich in der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Kirche oder Religionsgemeinschaft. Der Bundestag und die staatlichen Organe können den Kirchen weder vorschreiben oder attestieren: „Das ist eure Aufgabe!", noch können sie ihnen die Aufgabe absprechen.
Wenn Sie nun sagen: gewiß, die Kirche könne helfen, daß die Vertreter erhalten, so ist zu fragen: wie soll sie das denn machen? Sie könnte allenfalls noch dazu helfen, Anwälte zu bestellen. Das ist eine kostspielige Angelegenheit, zu der die Kirche nicht in der Lage ist. Ich selber bin einmal von einer Kirche in einem Grundsatzprozeß dieser Art angegangen worden. Er schwebte vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Es war ein Arbeiter. Wie soll ein Arbeiter sich einen Anwalt leisten, der für ihn zum Bundesverwaltungsgericht nach Berlin fährt? Eine Kirche hat mich darum gebeten und gesagt, sie hat kein Geld, und der Mann hat kein Geld. Mir ist es möglich, einmal so etwas zu tun, und das Bundesverwaltungsgericht war so freundlich, den Termin der mündlichen Verhandlung auf einen Sitzungstag des Bundestages in Berlin zu legen. So kann man ausnahmsweise einmal so etwas durchführen. Aber Ihre Erklärung, die Kirche könne ja helfen, Vertreter zu bekommen, ist doch rein platonisch, wenn wir im Gesetz den Kirchen oder den Religionsgemeinschaften, die es von sich aus wollen als eine Aufgabe ihres Dienstes, die Möglichkeit nehmen, daß sie solche Beauftragte bestellen, die kirchlich geprüft sind, ob es vertrauenswürdige Männer sind wie jener Religionslehrer -, und die auch eine gewisse Erfahrung haben. Ich glaube, die Ausschüsse und Kammern und das Verwaltungsgericht kommen zu richtigeren Ergebnis- sen, wenn derjenige, der glaubt, aus Gewissensgründen verweigern zu müssen, im Beistand eines Religionslehrers erscheint, der sowohl geeignet ist, einerseits sachlich den Beistand zu leisten, als auch andererseits mit dem Verfahren und den ganzen Schwierigkeiten einer solchen Prüfung vertraut ist. Ich glaube, Sie sollten hier nicht die Tür schließen. Sie müssen es den Kirchen überlassen, ob sie es wollen. Wenn sie es nicht tun, wird ja nichts geschehen. Wenn aber eine Kirche glaubt, daß sie einen öffentlichen Auftrag hat, hier Hilfe zu leisten, dann sollten wir im Bundestag die letzten sein, die einen gesetzlichen Riegel vorschieben und ihr das verwehren. Nur darum handelt es sich.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Kliesing.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um etwaige Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich zwei Bemerkungen machen. Ich habe gestern von einer Rechtsungleichheit gesprochen. Ich habe das hinsichtlich der Frage getan, ob in der in dem Antrag der SPD vorgesehenen Form die Länderregierungen hier eingeschaltet werden sollten. Denn dann könnte es doch dahin kommen, daß eine KriegsdienstverDr. Kliesing ({0})
weigererorganisation von der einen Landesregierung anerkannt, von der anderen Landesregierung aber nicht anerkannt wird. Das würde jedoch zu einer unerfreulichen Rechtsungleichheit führen.
Was die Frage der Kirchen und der religiösen Gemeinschaften angeht, Herr Dr. Arndt, so habe ich hier nicht von einer Rechtsungleichheit gesprochen - die wäre auch nicht vorstellbar -, sondern ich habe gesagt, es sei nicht Sache des Staates, die Kirchen und religiösen Gemeinschaften in dieser Frage irgendeinem moralischen Druck auszusetzen. Ich möchte erklären, was ich damit meine.
Wenn es richtig ist, wie Sie, Herr Dr. Arndt, behaupten, daß ein Oberverwaltungsgericht einem Religionslehrer, der von seiner Kirche einen entsprechenden Auftrag hat, das Recht verweigert, einen Kriegsdienstverweigerer in die Kommission zu begleiten, dann bedauere ich eine derartige Entscheidung. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß wir dann einen Weg suchen müssen, um hier zu irgendeiner Lösung zu kommen. Es ist auch durchaus möglich, daß wir aus einem anderen Anlaß, als wir ihn heute haben, uns in absehbarer Zeit in diesem Hause wieder mit dem Gesamtkomplex der Kriegsdienstverweigerer zu befassen haben.
Ich möchte wirklich die Frage stellen, ob der von Ihnen vorgeschlagene Weg, aus der Situation herauszukommen, der richtige ist. Das verneine ich. Nehmen wir einmal an, Ihr Antrag würde zum Gesetz erhoben, und dann käme ein Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zu seiner Kirche oder religiösen Gemeinschaft, um sich. dort seelsorgerisch betreuen zu lassen. Nehmen wir weiter an, diese kirchliche Stelle würde entsprechend ihrer seelsorglichen Verpflichtung diese Betreuung ausüben, und anschließend würde der Antragsteller nun fordern, daß der betreffende Beauftragte der Kirche ihn begleite. Dann könnte doch in sehr vielen Fällen, ganz gleich um welche kirchliche Gemeinschaft es sich handelt, die Situation eintreten, daß der so angesprochene erwidern müßte: Zwar habe ich dich seelsorglich zu beraten und zu betreuen, aber aus wohlerwogenen, vor meinem Gewissen geprüften Gründen muß ich es ablehnen, dich zum Verwaltungsgericht zu begleiten. Würde dann nicht der Antragsteller, namentlich wenn es sich um eine etwas egonzentrische oder sensible Natur handelt, von dieser seinen kirchlichen Beratungsstelle mit dem Gefühl der Enttäuschung und der Verbitterung weggehen und sich etwa sagen: Der Staat ist hier großzügiger als meine eigene kirchliche Gemeinschaft!? Würde das wiederum nicht zur Folge haben, daß die kirchliche Instanz, die mit einer solchen Situation rechnen muß, doch der Auffassung sein müßte, daß sie durch eine derartige Lösung, wie Sie sie vorschlagen, gewissermaßen unter einen moralischen Druck gesetzt wird, nun auch die Möglichkeiten, die das Gesetz ihr gibt, unter allen Umständen auszuschöpfen? Das wollte ich gestern sagen. Eine derartige Lösung halte ich nicht für gut. Wir sollten also sehen, daß wir in gemeinsamen Beratungen, vielleicht auch in Beratungen mit .der Bundesregierung, in diesem Punkte einen anderen Weg finden, um den kirchlichen Gemeinschaften, die tatsächlich das Bedürfnis haben, den Kriegsdienstverweigerer durch einen von ihnen Beauftragten vertreten zu lassen, das auch in allen Fällen möglich zu machen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die Freien Demokraten erklären, daß wir diesem Antrag zustimmen werden, vielleicht aus etwas anderen Motiven als aus denen, aus denen er gestellt worden ist, und da möchte ich mich auf das beziehen, was Herr Kollege Probst gesagt hat. Ich finde es im Gegenteil sehr in Ordnung, wenn Vereinigungen von Landesregierungen anerkannt werden und man so etwas bessere Übersicht hat, wer sich der Kriegsdienstverweigerer annimmt und wer das vielleicht nicht tut. Sollte es zu Propagandaaktionen bei der Betreuung der Kriegsdienstverweigerer kommen, würde nach unserer Meinung gerade diese Gesetzesbestimmung durchaus die Möglichkeiten für ein entsprechendes Vorgehen geben. Aus diesen Gründen halten wir Punkt a insbesondere für durchaus richtig.
Zu Punkt b möchte ich sagen, daß sich ein Kriegsoder Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen wahrscheinlich vorher schon mit entsprechenden kirchlichen Stellen oder Seelsorgern in Verbindung gesetzt haben wird und daß es deswegen nicht unbillig ist, wenn er dann die Vertretung weiter in Anspruch nehmen kann.
Im übrigen meine ich: sprechen wir nicht zu lange und zuviel über diesen Antrag, wenn Sie die Zahl der bisherigen Kriegs- und Wehrdienstverweigerer betrachten, d. h. die Fälle, die bisher vorgekommen sind? Das kann sich selbstverständlich einmal ändern. Aber wenn schließlich die ganze Menschheit den Kriegsdienst verweigern würde, wäre uns ja allen plötzlich sehr wohl.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur noch zwei kurze Gedanken. Einmal zum Kollegen Kliesing: Ich kann es nicht als einen Druck auf eine Kirche oder eine Religionsgemeinschaft ansehen, wenn ihr hier lediglich ein Weg offengehalten wird, den ein Teil der Kirchen bisher schon gegangen ist. Es gehört nun einmal zu den Aufgaben des Seelsorgers in seiner seelsorgerischen Betreuung, unter Umständen auch dem Betreuten gegenüber auf sein eigenes .Gewissen und auf die Lehre der Kirche hinzuweisen. Diesen Mut muß er haben. Das kann man dann nicht ohne weiteres als einen unzulässigen Druck bezeichnen, wenn er auch vor diese seine eigene Gewissensfrage gestellt ist; das gehört, glaube ich, durchaus zum Amt eines Seelsorgers. Offen gestanden
sehe ich den anderen Weg, den auch Kollege Kliesing sucht, nicht, um dem bewußten Religionslehrer im Bereich der rheinischen Kirche die Fortsetzung seiner Tätigkeit zu ermöglichen. Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster kann er das nicht. Um z. B. auch hier einen solchen Fall -es gilbt derer mehrere - einwandfrei zu klären, ist also mindestens der Punkt b von zwingender Notwendigkeit. Was Punkt a anlangt, möchte ich - um dem Kollegen Probst entgegenzukommen - beantragen, eine getrennte Abstimmung über a und b vorzunehmen.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Antrag liegen nicht vor. Wir kommen. zur Abstimmung. Ich lasse getrennt abstimmen, zunächst über die Litera a, dann über die Litera b. Wer mit einer Änderung wie in Litera a des Antrags einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letztere ist die Mehrheit; abgelehnt.
Wer mit der Änderung unter der Litera b einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit ist der einzige Änderungsantrag, der zur dritten Beratung gestellt worden ist, erledigt. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Hierzu gebe ich das Wort zur Abgabe von Erklärungen zunächst dem Abgeordneten Dr. Kliesing, (dann dem Abgeordneten Merten und schließlich idem Abgeordneten Dr. Jaeger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Schlußabstimmung habe ich namens meiner Freunde folgendes zu erklären.
Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zu, weil er unsere Auffassung von einer sinngemäßen Handhabung der Wehrpflicht im gegenwärtigen Entwicklungsstadium bestätigt. Diese Novelle ermöglicht es zweifellos, das Wehrpflichtgesetz künftig elastischer und sachgemäßer anzuwenden, weil dieses Änderungsgesetz der politischen, militärischen und technischen Entwicklung angepaßt ist. Vor allem aber trägt es der sich vollziehenden Ausweitung der Wehrpflicht zur allgemeinen Verteidigungspflicht Rechnung.
Die Beratung der Vorlage hat erwiesen, wie dringlich der baldige Aufbau einer zivilen Verteidigung, die von uns als gleichrangig mit der militärischen angesehen wird, ist. Einzelne Bestimmungen der Novelle bedeuten bereits einen Vorgriff auf diese künftige Entwicklung. Es wird daher erforderlich sein, möglichst bald die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für den Aufbau der zivilen Verteidigung im Rahmen einer allgemeinen Verteidigungspflicht zu schaffen.
Wir begrüßen indes diesen Gesetzentwurf noch aus einem anderen Grunde. Er gibt uns nämlich die Gelegenheit, uns durch unsere Zustimmung erneut zum Prinzip der Wehrpflicht zu bekennen. Schon der Hinweis auf die allgemeine Verteidigungspflicht mag die Notwendigkeit der Wehrpflicht erneut begründen. Darüber hinaus hat sich klar erwiesen, daß in der Zeit der wirtschaftlichen Hochkonjunktur und der Vollbeschäftigung die Leistung eines wirksamen Verteidigungsbeitrags konventioneller Art auf der Basis der Freiwilligkeit zahlenmäßig nicht möglich ist.
Wir sind außerdem davon überzeugt, daß wir mit unserem erneuten Bekenntnis zur Wehrpflicht in der gegenwärtigen Situation einen positiven Beitrag zu unserer Außenpolitik leisten. Wenn wir von der unbestreitbaren Tatsache ausgehen, daß der Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik auf das Vorhandensein einer ernsten Bedrohung von außen zurückzuführen ist, so bedeutet für uns die Stellungnahme zu den konkreten Forderungen der Verteidigungspolitik das Prüf- und Kontrollinstrument für die Stichhaltigkeit und die Glaubwürdigkeit jeder außenpolitischen Konzeption. Da wir uns in unserer Außenpolitik zur Gemeinschaft der freien Völker und insonderheit zu dem Verteidigungsbündnis der NATO bekennen, erscheint uns das Bekenntnis zur Wehrpflicht als eine der notwendigen Konsequenzen, die diese Außenpolitik erst glaubhaft machen. Daher begrüßen wir die Gelegenheit, zu dieser Frage konkret Stellung nehmen zu können, und stimmen dem Gesetz zu.
({0})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Merten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion habe ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf folgende Erklärung abzugeben:
Die SPD-Fraktion stellt fest, daß die vorliegende Novelle zum Wehrpflichtgesetz einige Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Recht enthält, und zwar erstens die Einführung eines verkürzten Grundwehrdienstes, der von einem Monat bis zu sechs Monaten gehen kann, und die Feststellung, daß nach dem 35. Lebensjahr ein Grundwehrdienst nicht mehr verlangt wird, zweitens die Festsetzung der Begrenzung von Wehrübungen, die bereits von einem Tage ab geleistet werden können und daher wesentlich kürzer gehalten sind als nach dem bisherigen Recht, drittens die Freistellung der Halb- und Vollwaisen, deren Vater oder Mutter durch den Krieg oder die Verfolgungen des Naziregimes umgekommen ist, vom Wehrdienst, viertens die Möglichkeit der Freistellung von Wehrflichtigen für den zivilen Bevölkerungsschutz, fünftens den Los-entscheid bei der Einberufung von Wehrpflichtigen, da ja von hundert Wehrpflichtigen nur ein ganz geringer Teil einberufen wird, und sechstens die Schaffung der Möglichkeit der schriftlichen Erfassung, die einen großen Teil der Unzuträglichkeiten ausschaltet, die bisher bei der Erfassung gedienter Jahrgänge entstanden sind.
Wir hätten gern noch mehr Verbesserungen in diese Novelle gebracht. Aber, meine Damen und Herren, die Mehrheit des Hauses hat unsere Änderungsanträge unterschiedslos abgelehnt, zum Teil mit erstaunlichen Begründungen.
Die negative Seite dieses Entwurfs sind erstens die zahlreichen Ausnahmebestimmungen, die keinerlei parlamentarische Kontrolle und auch keine Kontrolle richterlicher Art für viele Bestimmungen vorsehen, und zweitens die erhebliche Vernachlässigung des Bevölkerungsschutzes, die sich trotz einiger guter Ansätze in diesem Gesetzentwurf findet. Abgesehen von den guten Ansätzen zu einer elastischen Handhabung der Wehrpflicht machen die zahlreichen Ausnahmebestimmungen das ganze Gesetz äußerst verschwommen. Ich denke da insbesondere an Spannungszeit und Spannungszustand, an den Bereitschaftsdienst, an die Bereitstellungsvorschriften und an die Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum 60. Lebensjahr. Hier wird praktisch ein wichtiger Teil dessen vorweggenommen, was einer gesetzlichen Regelung für den Fall des Notstandes vorbehalten bleiben müßte.
Die Bundesregierung kann nach diesen Bestimmungen durch internen Beschluß ohne gesetzliche Voraussetzungen den Spannungsfall für gegeben halten und dann einen großen Teil der Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes in Friedenszeiten unbeachtet lassen. Niemand, weder das Parlament noch der einzelne Staatsbürger, kann nachprüfen, ob die Einberufung ganzer Jahrgänge, ganzer Gruppen oder einzelner Staatsbürger oder die Bereitstellung nach diesem Gesetz auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes oder auf Grund eines internen und nicht veröffentlichten Beschlusses der Bundesregierung erfolgt.
Das Grundgesetz gibt über die Feststellung des Verteidigungsfalles genaue Vorschriften. Über die ebenso wichtige und in ihren politischen Auswirkungen oft viel entscheidendere Frage der Spannungszeit, in der mobil gemacht werden kann und soll, gibt es jedoch keinerlei verfassungsmäßige Vorschriften oder irgendein anderes Gesetz. Wir sind leider nicht in der Lage, in diesem Gesetz so unbeschränkte Vollmachten zu erteilen.
Wir sind dazu erst recht nicht in der Lage, nachdem der Bundesverteidigungsminister in der zweiten Lesung erklärt hat, er könne nicht auf die Notstandsgesetzgebung warten. Die Entscheidung darüber, ob eine Notstandsgesetzgebung eilig ist oder nicht, muß dem Parlament überlassen bleiben. Es kann nicht der Entscheidung eines einzelnen Ministers überlassen sein, ob er für sich, für sein Ressort eine Notstandsgesetzgebung für eiliger hält als das Parlament. Das betrifft auch die Verantwortung, die er für sein Ressort hat. Die hat er nämlich in diesem Punkte nicht selbst, sondern das Parlament hat diese Verantwortung. Das möchte ich hierbei ganz klar zum Ausdruck bringen.
Der Kabinettsbeschluß der Erklärung des Spannungsfalles hat außerordentlich weitreichende Folgen. Es gibt für ihn aber keine Kontrolle des Parlaments oder des Bundesrates. Es gibt für ihn keine zeitliche Befristung, und es gibt auch keine Möglichkeit der Nachprüfung durch ein Verfassungsorgan. Die praktische Folge ist die, daß dann für Wehrpflichtige fast das ganze Wehrpflichtgesetz außer Kraft tritt und ihnen Rechtsmittel nicht zur Verfügung stehen.
Ich glaube auch, daß alle die Bestimmungen, die die Mitwirkung von Verwaltungsgerichten entgegen dem bisherigen Recht außer Kraft setzen, einen gefährlichen Weg aufzeigen. Es ist in diesem Zusammenhang gesagt worden, daß es in den kommunistischen Staaten des Ostens keine öffentliche, rechtsstaatliche Kontrolle gebe und daß sie dadurch in einem gewissen Vorteil seien. Wir erklären dazu, daß man in diesem Punkt aber nicht gleichziehen kann, indem man die öffentliche, rechtsstaatliche Kontrolle auch in der Bundesrepublik weitgehend einschränkt.
({0})
Die Sozialdemokratische Partei hält den eingeschlagenen Weg der unumschränkten und unkontrollierten Vollmachten für die Bundesrepublik für verhängnisvoll; nicht weil sie Angst vor der Bundesregierung hätte, vielleicht mehr Angst als vor irgendeiner Armee des Ostens. Das hat nichts mit Angst zu tun, sondern das hat ausschließlich mit dem richtigen Verständnis einer demokratischen rechtsstaatlichen Ordnung zu tun.
({1})
Zum Schluß möchte ich hier erklären, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ja sagt zur Landesverteidigung, daß aber nach ihrer Meinung dazu auch der Schutz der Zivilbevölkerung gehört. Die starke Vernachlässigung des Schutzes der Zivilbevölkerung und der gesetzlichen Vorbereitungen dafür hat Herr Dr. Kliesing selbst in seiner Erklärung zugeben müssen. Diese Vernachlässigung wird durch dieses Gesetz noch verschärft, das der militärischen Seite der Landesverteidigung erlaubt, sich personell zuerst zu bedienen. Der zivile Bevölkerungsschutz muß mit dem zufrieden sein, was übrig bleibt, und kann die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse nicht mit Hilfe gesetzlicher Bestimmungen durchsetzen.
Die sozialdemokratische Fraktion glaubt nicht, daß man anhand dieser Novelle die Glaubhaftigkeit einer Außenpolitik prüfen kann. Sie meint vielmehr, daß man bei dieser Novelle die Glaubhaftigkeit der Haltung zur rechtsstaatlichen Ordnung prüfen kann.
({2})
Nach ihrer Meinung hält diese Novelle dieser Prüfung nicht stand, sondern eröffnet einen gefährlichen Weg.
Trotz aller guten Ansätze zu einer Methode der Landesverteidigung - zu ,der wir unsere Zustimmung geben könnten -, die ich eingangs erwähnte und die sich in diesem Gesetz niederschlagen, überwiegen jedoch die negativen Gehalte dieses Gesetzes, die für die Landesverteidigung überhaupt nicht erforderlich sind, andererseits aber gefährliche und schädliche Entwicklungen im innerpolitischen Raume ermöglichen. Aus diesem Grunde bedauern wir, diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben zu können.
({3})
Das Wort hat der Abgeondnete Dr. Jaeger.
Herr Präsident! Meine Daunen und Herren! Namens meiner politischen Freunde darf ich ,folgendes erklären. Die Beratung dieser Wehrpflichtnovelle, die auch nach den Erklärungen meines Vorredners wesentliche Fortschritte bringt, hat im Verteidigungsausschuß, der unter meinem Vorsitz steht, in aller Ausführlichkeit, Freiheit und Gründlichkeit stattgefunden. Man hat wechselseitig auf Argumente gehört, auch wenn sich nicht immer jeder die Argumente des andern hat zu eigen machen können. Denn es haben sich nicht nur des öfteren die Regierungsparteien nicht die Argumente der SPD zu eigen machen können, sondern auch die Opposition nicht die .Argumente der Regierungsparteien. Man sollte das einmal miteinander vergleichen.
Es ist ein völlig falsches Bild, wenn Herr Kollege Merten davon spricht, daß alle Anträge der Opposition unterschiedslos abgelehnt worden seien. Das kann sich nur auf das Plenum beziehen. Im Plenum sind mit einer Ausnahme, die neu war und über die wir heute schon so lange diskutiert haben, daß wir darüber nicht noch einmal zu diskutieren brauchen, nur die Anträge des Ausschusses erneut gestellt worden. Von den Anträgen aber, die die Sozialdemokratie im Ausschuß gestellt hat, hat die Mehrheit einen ganz großen Teil mit angenommen oder zugleich sogar von sich aus mit eingebracht. Es ist also gar nicht so, daß die Auffassung der Mitglieder der SPD im Verteidigungsausschuß überhaupt nicht gehört oder wirkungslos verhallt wäre.
({0})
Ich brauche nur daran zu erinnern, daß die Vertreter der SPD in diesem Hause die größte Kritik an der ganzen Novelle deshalb ausgesprochen haben, weil schon mit 18 Jahren eingezogen werden sollte. Im Ausschuß haben wir einstimmig auf Grund eines Antrages, den ich selbst gestellt habe, den aber auch unabhängig von mir Herr Kollege Merten gestellt hat, beschlossen, es aus guten Gründen bei der bisherigen Regelung zu belassen. Der hauptsächliche Mangel, der in diesem Gesetz nach unser aller Meinung, besonders nach der hier in erster Lesung von der Opposition vorgetragenen Erklärung enthalten war, ;ist also beseitigt. Wir haben außerdem auf Wunsch der sozialdemokratischen Kollegen festgestellt, was schon vorher Recht war, aber leider doch nicht überall als solches anerkannt wurde, daß auch ein Freiwilliger nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres eingezogen werden darf. Es ist mit den Stimmen auch meiner Freunde beschlossen worden, daß einzige Söhne vom Wehrdienst freigestellt werden, bestimmt eine sehr wichtige und weittragende und sogar die Landesverteidigung bis zu einem gewissen Grade belastende Forderung. Es ist festgelegt worden, daß ein staatenloser Wehrpflichtiger nach Ableistung des Grundwehrdienstes den Anspruch auf Einbürgerung hat. Alles Fortschritte, zu denen diejenigen kommen, die Herr Merten selbst hier aufgezählt hat.
Meine Damen und Herren, wir sind in hohem Maße verwundert, daß trotzdem eine Partei, die die Landesverteidigung in Bad Godesberg zu bejahen behauptet hat, nunmehr diesen Gesetzentwurf ablehnt.
({1})
Wir finden diese Konstruktion sehr künstlich. Hier in diesem Gesetz wird einzig und allein die militärische Seite behandelt. Über den zivilen Bevölkerungsschutz werden wir bei anderen Gesetzen sprechen. Wenn die Sozialdemokratie einer Notstandsregelung durch Änderung des Grundgesetzes beitritt, wird sie den allergrößten Beitrag hierfür leisten können. An diesem Beitrag hat es nämlich bisher gefehlt.
Ganz besonders bedenklich scheint mir aber die Feststellung zu sein, mit diesem Gesetz würden der Bundesregierung unumschränkte Vollmachten gegeben. Ganz beschränkte Vollmachten auf dem Gebiete allein der Einziehung von solchen, die bereits Wehrdienst geleistet haben, werden dem Bundesverteidigungsminister gegeben. Es ist nicht so, daß er in Spannungszeiten, wie Herr Merten sagt, ohne gesetzliche Voraussetzungen handeln kann. Das wäre zweifellos rechtsstaatswidrig. Vielmehr hat er auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung, die Sie gestern und heute beschlossen haben und beschließen, dazu die Möglichkeit. Wir halten uns also völlig im rechtsstaatlichen Denken im allgemeinen und auf dem Boden des Grundgesetzes im besonderen.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß alle diese Erklärungen, die nun künstlich begründen sollen, warum die deutschen Sozialdemokraten diesen Gesetzentwurf ablehnen, es ihnen nur ermöglichen sollen, das theoretische Ja zur Landesverteidigung von Bad Godesberg aufrechtzuerhalten und ihre von ihnen selbst radikalisierten Anhänger zugleich bei der Stange zu halten.
({2})
Doch mögen uns die Motive der sozialdemokratischen Haltung in diesem Augenblick gar nicht so sehr interessieren. Wir stellen nur zwei Dinge fest. Auch bei dieser Abstimmung zeigt sich erneut, daß die deutsche Sozialdemokratie sich immer noch nicht an der Garantie unserer Freiheit beteiligt.
({3})
Wir stellen fest: solange die deutsche Sozialdemokratie sich nicht an der Garantie dieser Freiheit beteiligt, sind alle Erklärungen von gemeinsamer Außenpolitik nichts als Schall und Rauch.
({4})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Probst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Partei war sich in den Nachkriegsjahren nicht eine einzige Stunde unklar über ihre Haltung zur Landesverteidigung und zur Wehrpflicht, aus einer sehr simplen Überlegung
Probst ({0})
heraus: Es gibt nämlich kein historisches Beispiel dafür, daß ein Volk, das im Schnittpunkt von Weltinteressen liegt, sich behaupten kann, wenn es nicht gewillt ist, seine Existenz mit der Waffe zu beschützen.
Wir stehen auch zu den Konsequenzen. Wir erklären nicht ein Ja zur Landesverteidigung, um es durch die Ablehnung der dazu erforderlichen Vorlagen wieder nichtig zu machen, sondern wir erklären unser Bekenntnis zur Landesverteidigung und zur Wehrpflicht und ziehen daraus die notwendigen Konsequenzen.
Nun noch ein Wort zu der Rivalität, die gestern und heute zwischen der militärischen Organisation der Verteidigung und dem zivilen Bevölkerungsschutz sichtbar geworden ist. Auch da möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen, daß es in erster Linie darauf ankommt, den Krieg zu verhindern.
({1})
Die erste Maßnahme zur Verhinderung des Krieges ist der Aufbau des notwendigen, glaubwürdigen Potentials. Infolgedessen hat, wenn die Mittel für den gesamten Rahmen der Verteidigung einschließlich der Zivilverteidigung ein bestimmtes Maß nicht übersteigen können, der militärische Sektor so lange den Vorrang, bis wir die Garantie haben, daß das Verteidigungs- und Abschreckungspotential groß genug ist, um den Krieg mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit verhindern zu können.
Die Notstandsgesetzgebung kann nicht mehr länger verzögert werden, insbesondere nicht nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Merten. Er sagte ganz klar und eindeutig, daß für die Notstandsgesetzgebung das Parlament die Verantwortung trägt. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, daß meine Fraktion unter dieser Verantwortung sehr schwer trägt. Wer die Verzögerungstaktik kritisch betrachtet, gewinnt den Eindruck, daß nicht alle Fraktionen dieses Hohen Hauses von dieser Verantwortung geplagt werden. Wenn wir die gegenwärtige Situation unter diesem Gesichtspunkt, daß das Parlament die Verantwortung für die Notstandsgesetzgebung trägt, betrachten und beobachten, wie die japanische Regierung durch einen Widerstand, der in langen Jahren geheim vorbereitet wurde und zum entscheidenden Zeitpunkt ausbrach, überrascht worden ist, dann sollten wir uns die Verantwortung für die Notstandsgesetzgebung nicht so leicht machen.
({2})
Diese Debatte hat noch eine merkwürdige Erscheinung gezeigt. Die Gegensätze erhitzten sich nämlich nicht an dem Soldaten, der uns mit der Waffe in der Hand verteidigen soll, sondern an dem, der sich auf den Kriegsdienstverweigerungsparagraphen zurückziehen kann. Ich glaube, solange das Parlament und die Öffentlichkeit noch nicht in der Lage sind, den verteidigungsgewillten jungen Deutschen, den Soldaten, zum zentralen Punkt einer solchen Debatte zu machen, ist bei uns mit dem Willen zur Verteidigung noch etwas faul. Hier wird die zukünftige Arbeit auch dieses Hauses einsetzen müssen. Es gibt auch heute keine Verteidigung nur mit der Maschinerie, nur mit der Technik. Das Elementare und Primäre ist nach wie vor der Wille. Diesen Willen zu stärken, das wird einer der wesentlichsten Beiträge zur Glaubwürdigkeit unserer Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit für die nächsten Monate und Jahre sein müssen.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident!, Meine Damen und Herren! Die Landesverteidigung ist eine bitter ernste Sache. Wir alle haben uns darum zu bemühen, ihr diejenige Gestalt zu geben, die der Lage unseres Volkes am besten entspricht. Bei solchen Auseinandersetzungen ist es sehr wohl denkbar, daß Fragen der politischen Zweckmäßigkeit, der Rangordnung - z. B. die Bedeutung des zivilen Bevölkerungsschutzes und sein gleicher Rang mit den militärischen Anstrengungen - zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten führen. Das ist nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch anderwärts so.
Wir haben in den Jahren des Aufbaues der Bundeswehr eine ganze Reihe von Gesetzen hier verabschiedet, die mit diesem Aufbau zu tun hatten. Die Sozialdemokratische Partei hat der weitaus überwiegenden Zahl der Gesetze ausdrücklich ihre Zustimmung gegeben; das ist in den Protokollen des Bundestages nachzulesen.
({0})
Das Ja zur Landesverteidigung und das Ja zur Bundeswehr - unbeschadet der Meinungsverschiedenheiten über die Zweckmäßigkeit in vielen Fällen ({1})
darf aber nicht dazu benutzt werden, daraus ein bedingungsloses Ja zu allen einzelnen Vorstellungen der Bundesregierung und ihrer Mehrheitspartei herleiten zu wollen,
({2}) und zwar auch dort,
({3})
wo - wie mit diesem Gesetz - ein gefährlicher Weg beschritten wird, nämlich der Weg, daß, um der Landesverteidigung, um der Selbstbehauptung gegen den totalitären Gegner drüben willen, der Bundesregierung Blankovollmachten gegeben werden, die dazu angetan .sind, bei uns die freiheitlich demokratische Grundordnung wesentlich zu verändern.
({4})
Auf diesem Weg des Ermächtigungsgesetzes werden Sie die Sozialdemokratische Partei nicht finden; davon wird sich die Sozialdemokratie freihalten.
({5})
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer .dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. 6942
Vizepräsident Dr. Schmid
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
Wir haben dann noch über die Ziffer 2 des Ausschußantrages abzustimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer diesem Antrag zustimmen will, .den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wir müssen jetzt noch den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Paßgesetzes, des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes und zur Aufhebung des Gesetzes über die Meldepflicht der deutschen Staatsangehörigen im Ausland verabschieden. Anträge zur
dritten Beratung
sind nicht gestellt. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 4 der gedruckten Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. Januar 1960 über die Internationale EntwicklungsOrganisation ({0}) ;
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({1}) ({2})
({3}).
Herr Abgeordneter Fritz ({4}) hat mir einen Schriftlichen Bericht überreicht, der zu Protokoll genommen wird*). Auf mündliche Berichterstattung verzichtet er und verzichtet wohl auch das Haus.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung: Art. 1, - 2, -3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 4 ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 8 der gedruckten Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1960 ({5}) ({6}) ;
*) Siehe Anlage 2
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({7}) ({8})
({9}) .
Herr Abgeordneter Lange, wollen Sie Bericht erstatten?
({10})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erschrecken Sie nicht; es wird keine mündliche Wiederholung des Schriftlichen Berichts. Ich möchte nur die Aufmerksamkeit des Hauses auf einige Feststellungen des Ausschusses lenken, damit wir genau wissen, in welchem Sinne wir dieses Mal über das ERP-Wirtschaftsplangesetz entscheiden. Denn mit diesem Wirtschaftsplangesetz 1960 werden, wenn man will, für das ERP-Sondervermögen einige Entwicklungsmöglichkeiten eingeleitet, deren Grundcharakter schon in der Debatte um die Entwicklungshilfe besprochen worden ist. Deshalb verweise ich ausdrücklich auf die Feststellungen dieses Ausschusses in bezug auf das ERP-Sondervermögen, seine Verwendung nach außen, seine insoweit notwendige Ergänzung vom Kapitalmarkt her und die Sicherung des Vermögens durch binnenwirtschaftliche Anlagen über Rückflüsse.
Außerdem mache ich darauf aufmerksam, daß durch die Änderung der ursprünglichen Vorlage der Bundesregierung in bezug auf Berlin keinerlei Veränderungen, keinerlei Schmälerungen eingetreten sind, da der Ausschuß der Meinung war und ist, daß wir in bezug auf Berlin unsere Verpflichtungen uneingeschränkt aufrechterhalten müssen.
({0})
Ich glaubte auf diese Punkte noch im besonderen hinweisen zu müssen und bitte - wie schon im Bericht zum Ausdruck kommt - um Annahme der Ausschußvorlage.
Wir treten in die Einzelberatung der zweiten Lesung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe auf die §§ 1 bis 9 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einmütige Annahme fest. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir haben dann noch über einen Entschließungsantrag aller Fraktionen Umdruck 669 zu entscheiden. - Zur Begründung Herr Abgeordneter Regling!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Auftrag aller Antragsteller nur eine kurze Klarstellung geben. Nach VorRegling
liegen des gemeinsamen Entschließungsantrages ist die Frage gestellt worden, ob es sich nur um Kredite handeln soll, die aus ERP-Mitteln gegeben werden. Ich darf im Namen aller Antragsteller ausdrücklich feststellen, daß es sich nicht nur um Kreditaktion im Rahmen des ERP-Fonds, sondern um alle Kredite handelt, die über die Kredit-Garantiegemeinschaften gegeben werden.
Mit der Begründung des Antrags selbst möchte ich das Hohe Haus nicht mehr belästigen.
Wird das Wort zu dieser Erklärung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Entschließungsantrag Umdruck 669 zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen.-Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir haben noch eine Reihe von Punkten zu erledigen, um die die heutige Tagesordnung erweitert worden ist. Ich rufe zunächst auf die
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gottesleben, Baldauf, Draeger, Ruland, Dr. Schneider ({0}), Wilhelm, Bach und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland ({1}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Regling. Wird mündliche Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich rufe auf die Artikel 1, - 2, - 3 - sowie Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge sind nicht gestellt. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf die
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg ({2}) .
Berichterstatter ist der Abgeordnete Graf Adelmann. Wird auf mündliche Berichterstattung verzichtet?
({3})
- Auf mündliche Berichterstattung wird verzichtet. Der Schriftliche Bericht wird dann als Anlage zu Protokoll genommen. *)
Ich rufe auf in zweiter Beratung die Artikel 1, -2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich schließe die zweite Beratung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf zur
Beratung des Mündlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1960 ({4}) ({5}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Finckh. Wird auf mündliche Berichterstatung verzichtet? - Das ist der Fall. Änderungsanträge sind nicht gestellt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dieser Ersten Verordnung zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Zustimmung fest.
Letzter Punkt der Tagesordnung:'
Beratung des Mündlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1960 ({6}) ({7}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Krug. Ich erteile ihm das Wort zur Berichterstattung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dieser Zollvorlage handelt es sich um die Anwendung eines ermäßigten Zollsatzes bei der Einfuhr von Nutzvieh der Gelbviehrasse. In der Praxis kommt vornehmlich oder fast nur eine Einfuhr aus Osterreich in Betracht. Da das Zuchtgebiet dieses Viehschlages relativ klein ist, wird sich die Einfuhr in sehr engen Grenzen halten. Es geht mehr darum, für diese Viehrasse, die als recht wirtschaftlich und leistungsfähig zu bezeichnen ist, die gleichen Einfuhrvoraussetzungen zu schaffen wie für Montafoner Braunvieh, Fleckvieh sowie Pinzgauer. Für diese Viehrassen haben wir bereits die Anwendung des ermäßigten Zollsatzes beschlossen. Die Nachfrage nach seuchefreien leistungsfähigen Tieren ist erheblich, so daß eine Verschlechterung der Absatzverhältnisse für das im Inland gezüchtete und verkäufliche Vieh nicht zu befürchten ist.
Nach dem Deutschen Zolltarif beträgt der Zollsatz für die Einfuhr von Färsen und Kühen zu Nutz-
*) Siehe Anlage 3
zwecken aus dem EWG-Raum 12 % und aus Drittländern 20 %. Mit Osterreich ist ein Vertragszollsatz von 15 % vereinbart. Da das Gelbvieh, wie bereits ausgeführt, im wesentlichen aus Osterreich kommen kann, ergibt sich im Falle der Annahme der Zollvorlage eine Zollermäßigung um 9 %. Das macht bei der derzeitigen Preislage für Vieh pro Stück effektiv etwa 130 bis 150 DM aus.
Der Außenhandelsausschuß hat der Vorlage nach eingehender Beratung einstimmig zugestimmt. Der mitberatende Ernährungsausschuß hat den Außenhandelsausschuß um Vertagung der Beratung gebeten, um noch verschiedene Fragen klären zu können; es wurde u. a. eine Stellungnahme der Landestierzuchtverbände gewünscht. Dieser Bitte des Ernährungsausschusses glaubte der federführende Ausschuß nicht entsprechen zu können, da es sich um eine dringliche Zollvorlage der Regierung handelt und die positive Stellungnahme des Zuchtverbandes für gelbes Frankenvieh in Würzburg bereits vorlag.
Der Außenhandelsausschuß empfiehlt dem Hohen Hause die Annahme der Ausschußvorlage.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist offenbar nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Verordnung zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Zustimmung ist einstimmig erteilt.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erschöpft. Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages ein auf Mittwoch, den 29. Juni, 9 Uhr, und schließe die Sitzung.