Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich gebe zunächst bekannt, daß die Fragestunde heute um 13 Uhr beginnt und bis 14 Uhr dauert.
Ich habe dann noch einige Glückwünsche auszusprechen: Frau Dr. Hubert hat am 11. Mai ihren 60. Geburtstag gefeiert, Frau Niggemeyer feiert heute ihren 72. Geburtstag.
({0})
Herr Bundesminister Schäffer ist am 12. Mai 72 Jahre alt geworden.
({1})
I Als Nachfolgerin für den verstorbenen Abgeordneten Cillien ist mit Wirkung vom 6. Mai 1960 die Abgeordnete Frau Vietje in den Bundestag eingetreten. Wir kennen sie schon vom 2. Bundestag her. Ich heiße sie als neue Kollegin herzlich willkommen und wünsche weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit dem Hause.
({2})
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 6. Mai 1960 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt:
Gesetz zum Abkommen vom 17. April 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener anderer Steuern
Gesetz zum Abkommen vom 16. Juni 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete
Drittes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes
Gesetz über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten
und Beherbergungsgewerbe ({3})
Gesetz zum Abkommen vom 18. März 1959 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens
Gesetz zum Abkommen vom 7. August 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen.
Zum Gesetz zum Abkommen vom 18. März 1959 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens hat der Bundesrat eine Entschließung gefaßt, die dem Sitzungsbericht als Anlage 2 beigefügt ist.
Der Herr Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums hat unter dem 8. Mai 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({4}), Bading, Margulies, Dr. Schild und Genossen betr. Abgase und Lärm von Kraftfahrzeugen ({5}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1838 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Verteidigung hat unter dem 10. Mai 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Baron Manteuffel-Szoege, Dr. Zimmermann, Dr. Kliesing ({6}) und Genossen betr. Beschluß der Delegierten des 5. Gewerkschaftsjugendtages 1960 der IG Bergbau in Gelsenkirchen ({7}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1837 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat den auf Grund des Beschlusses des Bundestages vom 12. April 1956 von der Sachverständigenkommission für die Vereinfachung der Verwaltung erstatteten Bericht nebst Anlagenband übersandt. Sie werden den Mitgliedern des Hauses mit Drucksache 1637 verteilt.
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 11. Mai 1960 mitgeteilt, daß der Herr Bundespräsident auf seinen Vorschlag dem Wunsche des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Herrn Professor Dr. Dr. Oberländer, auf Entlassung aus seinem Amt mit Urkunde vom 4. Mai 1960 stallgegeben hat.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Sammelübersicht 20 des Ausschusses für Petitionen ({8}) über Anträge zu Petitionen ({9}).
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall; es ist dann Beschluß zu fassen. Werden die Anträge des Petitionsausschusses vom Hause genehmigt? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 3:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundesbaugesetzes ({10}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht ({11}) ({12}).
({13})
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Hesberg. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Ihnen vorgelegten Bericht über die Ergebnisse der fast 17monatigen Beratungen des federführenden Ausschusses und der mitberatenden Ausschüsse gestatte ich mir, einige zusammenfassende Bemerkungen zu machen und noch Interpretationen zu geben.
Der Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht hat seine Aufgabe nicht allein darin gesehen, ein einheitliches Baurecht für einen neuzeitlichen Städtebau zu erarbeiten. Wie ein roter Faden zog sich durch die Beratungen des 24. Ausschusses die Frage, wie vermittels des neuen Bau- und Bodenrechtes die ausreichende Versorgung mit Bau6414
gelände zu vertretbaren Preisen gewährleistet und der Bodenspekulation gesteuert werden könne. In seiner Mehrheit ging der Ausschuß davon aus, daß der Baulandbedarf in Gegenwart und Zukunft als Folge der Bedürfnisse eines neuzeitlichen Ansprüchen gerecht werdenden Wohnungsbaues, namentlich für den Bau von Familienheimen, groß sein wird. Dazu kommen die Bauaufgaben der Sanierung und für die Zwecke von Wirtschaft und Verkehr. Dabei bestand Übereinstimmung, daß bei dem bis auf weiteres großen Baulandbedarf für den Städtebau die Preisentwicklung des Baulandes keineswegs durch die Preisbindungen beeinflußt werden kann. Es war die übereinstimmende Meinung, daß der Preisstopp für unbebaute Grundstücke aufgehoben werden müsse.
Nach den Erfahrungen auf anderen Wirtschaftsgebieten boten sich zur Beeinflussung des Baulandmarktes sogenannte marktkonforme Maßnahmen an. Der vom Bundesminister für Wohnungsbau berufene Wissenschaftliche Beirat hatte in einem Gutachten entsprechende Vorschläge niedergelegt. Sie sind in den Ausschußberatungen berücksichtigt worden. Diese Vorschläge zur Ordnung des Baulandmarktes sehen Maßnahmen vor, die gleichzeitig der Nutzbarmachung der in den meisten Gemeinden in größerem Umfang vorhandenen Baulandreserven und der ausreichenden Planung und Erschließung neuen Geländes dienen sollen.
Von der von der SPD empfohlenen, eingehend erörterten Abschöpfung unverdienter Wertsteigerungen versprach sich die Ausschußmehrheit keine nachhaltige Beeinflussung der Bodenpreise. Sie schloß sich hier den auf eingehende Untersuchungen und Erfahrungen gegründeten Auffassungen des Wissenschaftlichen Beirats an. Nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses ist es mehr als fragwürdig, durch eine Abschöpfung des Wertzuwachses die Finanzierung einer ausreichenden Planung und Erschließung sichern zu wollen.
Der Ausschuß ist daher dem Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirats gefolgt, den Erschließungsbeitrag, also den Beitrag der Grundstückseigentümer zu den Erschließungsanlagen, der heute durchweg erst fällig wird, wenn die Straße fertig und das Grundstück bebaut ist, in Zukunft schon zu erheben, sobald die Straße hergestellt ist. Die Eigentümer erschlossener Grundstücke sollen zur Zahlung der Erschließungskosten verpflichtet sein, auch wenn sie noch nicht unmittelbar nach der Erschließung ihr Grundstück bebauen.
Eine solche Regelung erschien dem Ausschuß durchaus vertretbar, weil die Erschließung den Wert der Grundstücke entsprechend erhöht. Da die Planung und Erschließung des Baugeländes die Bebauung bezweckt, wird sich derjenige, der nicht selbst zu bauen beabsichtigt, überlegen, ob er die Bauparzellen nicht Bauinteressenten anbieten soll.
Im gleichen Sinne soll die vorgesehene Erhöhung der Grundsteuer für baureife Grundstücke wirken. Die Grundsteuermeßzahl beträgt gegenwärtig 5 v. T., während sie vor dem Kriege 10 v. T. betrug. Nach den Beschlüssen des Ausschusses soll die Baulandsteuer zunächst auf 20 v. T. erhöht werden und, wenn die Grundstücke nach dem zweiten Jahre noch nicht bebaut sind, auf 25 vom Tausend und nach weiteren zwei Jahren auf 30 vom Tausend. Von der Vorverlegung der Fälligkeit des Erschließungsbeitrags und der Baulandsteuer erwartet man vor allem die Nutzbarmachung der unzähligen Baulücken, die nicht selten schon jahrzehntelang brach liegen.
Es ist bekannt, daß durch den Preisstopp eine enorme Verzerrung des Preisspiegels unbebauter Grundstücke eingetreten ist. Der Ausschuß ist daher der Anregung des Wissenschaftlichen Beirats gefolgt und hat die Einrichtung von Schätzungsstellen vorgesehen, die - von unabhängigen Schätzern besetzt - durch ihre Gutachten Anhaltspunkte für die Höhe der Baulandpreise geben sollen.
Die sehr erheblichen Erschließungskosten gaben zu der Frage Anlaß, ob die Vorverlegung der Fälligkeit des Erschließungsbeitrags nicht etwa zu einer uferlosen Planung und Erschließung durch die Gemeinden führen könnte. Daher wurde denn auch erörtert, ob man nicht etwa den Gemeinden eine gewisse Interessenquote der Erschließungskosten auferlegen solle. Davon ist im Hinblick darauf abgesehen worden, daß die Gemeinden aus den Erschließungsbeiträgen, die sie nach den Beschlüssen des Ausschusses erheben können, ihren Aufwand in der Regel nicht völlig zu decken vermögen. Ihnen bleibt nach Ansicht des Ausschusses ein Anteil an den Kosten des Straßenbaus, vornehmlich der zusätzliche Aufwand, der durch die Verkehrsbedürfnisse und nicht durch die Bedürfnisse der Anlieger verursacht wird.
In diesem Zusammenhang spielt die Frage des beitragsfähigen Erschließungsaufwands eine große Rolle. Hierzu sind allen Kollegen zahlreiche Eingaben zugegangen, in denen Sorgen zum Ausdruck kommen, die uns schon im Ausschuß Veranlassung gegeben haben, den Umfang des beitragsfähigen Erschließungsaufwands eingehend zu erörtern. Ich darf zur Klarstellung dessen, was das Gesetz festlegt, auf folgendes hinweisen. Das Gesetz bestimmt in § 147 Abs. 2 zunächst lediglich, was überhaupt zu den Erschließungsanlagen im Sinne des Gesetzes zu zählen ist. Es werden hier also nur die Arten der Erschließungsanlagen aufgeführt.
Es erhebt sich die grundsätzliche und schwierige Frage, inwieweit die Kosten, die für die Herstellung solcher Erschließungsanlagen entstehen, auf die Anlieger umzulegen und von diesen zu tragen sind. Im Anliegerbeitragsrecht ist es ein seit jeher überkommener und berechtigter Grundsatz, daß die Anlieger nicht schlechthin jeden beliebigen Erschließungsaufwand zu bezahlen haben, daß vielmehr ihre Beitragspflicht auf den Erschließungsaufwand begrenzt ist, der durch die Nutzung ihrer Grundstücke erforderlich gemacht wird. Insoweit handelt es sich um Anlagen, ohne die das Grundstück baulich nicht nutzbar ist. Man könnte diese Begrenzung dadurch herbeiführen, daß man im Gesetz selbst starre Grenzen setzt, etwa für die Straßenbreite. So ist das Preußische Baufluchtliniengesetz von 1875 vorgegangen, das eine Straßenbreite von 26 m festlegte. Es erscheint aber nicht zweckmäßig, eine solche RegeDr. Hesberg
lung schematisch für das ganze Bundesgebiet festzulegen. Das Gesetz legt in § 150a vielmehr die Begrenzung des Erschließungsaufwands dadurch fest, daß es die Gemeinden verpflichtet, durch Satzung zu bestimmen, in welchem Umfang Erschließungsbeiträge erhoben werden dürfen. Entscheidend ist dabei, daß nur der Aufwand beitragsfähig ist, der erforderlich ist, um die Bauflächen und die gewerblichen Flächen den baurechtlichen Vorschriften entsprechend zu nutzen. Danach wird sich z. B. die Breite der Straßen und die Art ihrer Befestigung je nach Art des Baugebietes zu richten haben. Hierfür gibt es städtebauliche Erfahrungswerte. Es ist beabsichtigt, für die Ausführung dieser Gesetzesbestimmungen Mustersatzungen in Zusammenarbeit mit den Ländern aufzustellen.
Aus dem geschilderten Sinn und Zweck der Begrenzung des Erschließungsaufwands folgt auch, daß ein Anlieger, der seine Garagenbaupflicht erfüllt hat, in aller Regel nicht noch einmal beim Erschließungsbeitrag mit den Kosten für Parkflächen belastet werden kann, wenn es sich nicht um einen von der Nutzung seines Grundstücks selbst hervorgerufenen zusätzlichen Bedarf an Parkflächen handelt, wie dies z. B. bei Restaurants und Hotels der Fall sein kann.
Unabhängig von der Bemessung des Erschließungsbeitrags ist die Frage zu beurteilen, ob die Vorverlegung der Erschließungsbeiträge nicht in Einzelfällen zu Härten führen kann. Hier ist den berechtigten Interessen der Anlieger durch die Ermöglichung von Stundungen und Teilzahlungen Rechnung getragen worden, wie auch die sogenannte Kostenspaltung, d. h. die Fälligmachung von Teilen der Erschließungsanlagen, eine Verteilung der Lasten für den Anlieger bedeutet.
In diesem Zusammenhang sei aber hervorgehoben, daß auch die Entstehung der Beitragspflicht für Teilbeträge neben der Fertigstellung der Teilerschließungsanlagen voraussetzt, daß das Grundstück bebaut oder gewerblich genutzt werden kann. Dies ergibt sich eindeutig daraus, daß auch für die Fälle der Kostenspaltung die Voraussetzungen des Abs. 1 des § 154 vorliegen müssen; denn eine Beitragspflicht kann immer nur entstehen, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, daß das Grundstück überhaupt der Beitragspflicht nach Abs. 1 unterliegt.
Die Befürchtung, daß infolge der Überschätzung des Baulandbedarfs bei der Planung und Erschließung die Eigentümer neu verplanten und erschlossenen Geländes nach Zahlung der Erschließungskosten keine Käufer für die Baugrundstücke finden werden, hat zu der Forderung Anlaß gegeben, daß dem Eigentümer das Recht eingeräumt werden müßte, sein Grundstück der Gemeinde anzubieten, und zwar mit der Verpflichtung der Übernahme zum gemeinen Wert durch die Gemeinde. Dieser Forderung kam § 159 Abs. 2 des Regierungsentwurfs entgegen. Er hat nach Ansicht des Ausschusses bei der derzeitigen Lage auf dem. Grundstücksmarkt keine Berechtigung. Der Fall, daß ein erschlossenes Baugrundstück nicht zu einem Preis veräußert werden kann, der die Werterhöhung durch die Erschließung einschließt, dürfte auch in den nächsten Jahren in
der Praxis kaum vorkommen. Sollte sich die Lage auf dem Grundstücksmarkt wesentlich ändern, so wird das ein Anlaß sein, zu prüfen, ob ein Bedürfnis dafür besteht, in das Baugesetz eine dem § 159 Abs. 2 des Regierungsentwurfs entsprechende Vorschrift einzufügen.
Ob es in der Zukunft für die Baulandbeschaffung der Enteignung von Grundbesitz bedarf, wird die Entwicklung zeigen. Die Erfahrungen des Baulandbeschaffungsgesetzes bieten dazu nach übereinstimmender Meinung des Ausschusses keine Anhaltspunkte. Bei der in der Vorlage vorgesehenen Enteignung handelt es sich im wesentlichen um geltendes Recht unter Auswertung der Erfahrung des Baulandbeschaffungsgesetzes.
Hierbei ist aber vor allen Dingen noch hinzuzufügen, daß das Enteignungsrecht, wie es jetzt in der Vorlage enthalten ist, den Eigentümern einen ausgedehnteren Rechtsschutz bietet als das bisherige Recht.
Die Enteignung ist nicht allein zulässig für den Wohnungsbau, sondern sie ist auf alle aus Gründen des allgemeinen Wohls wichtigen Vorgänge ausgedehnt, wie sie im rechtsverbindlichen Bebauungsplan ihren Niederschlag gefunden haben. Insbesondere muß die Enteignung auch für die Zukunft sichern, daß die für den Gemeinbedarf bestimmten Flächen diesen Zwecken zugeführt werden können. Das Institut der Enteignung soll aber auf keinen Fall der Vernichtung von Eigentum dienen, sondern der Erhaltung und Neubegründung von Eigentum. Deswegen sind im Enteignungsverfahren auch alle rechtsstaatlich gebotenen Sicherungen getroffen worden. Vor allem ist hervorzuheben, daß Enteignung nur möglich ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert. Der Hinweis hierauf erscheint besonders dringend wegen der hin und wieder anzutreffenden Mißdeutungen der Beschlüsse der beteiligten Ausschüsse.
Eines Hinweises bedarf es noch zur Enteignungsentschädigung, die sich nach dem Verkehrswert bemißt. Der Ausschuß hat es für notwendig erachtet, im Gesetz ausdrücklich festzulegen, welcher Zeitpunkt für die Ermittlung des Verkehrswertes des zu enteignenden Grundstücks maßgebend sein soll. Er hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung den Zeitpunkt als maßgebend bestimmt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet, d. h. den Zeitpunkt des Enteignungsbeschlusses. Damit ist natürlich nur auf den Normalfall abgestellt, daß die Enteignung nach Maßgabe des Enteignungsbeschlusses wirksam wird und der Verkehrswert zutreffend ermittelt ist. Es ist also nichts darüber gesagt, welcher Zeitpunkt dann maßgebend sein soll, wenn der Wert des Grundstücks von der Enteignungsbehörde unrichtig beurteilt worden ist und infolgedessen im Wege einer gerichtlichen Nachprüfung neu festgesetzt wird. Hier kann es in Zeiten schwankender Grundstückspreise vorkommen, daß sich der Verkehrswert bis zur Entscheidung des Gerichts noch geändert hat. Der Bundesgerichtshof hat für derartige Fälle in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß im Falle einer unrichtigen Festsetzung des Verkehrswertes durch die
Enteigungsbehörde dann der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem das Gericht über das Rechtsmittel befindet, d. h. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll durch die Bestimmung des § 105 Abs. 1 Satz 2 selbstverständlich nicht berührt werden.
Bereits in dem Schriftlichen Bericht ist hervorgehoben worden, daß nach dem Entwurf des Bundesbaugesetzes in Übereinstimmung mit Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG eine Enteignung nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie im Einzelfall erfordert. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, muß stets vom Enteignungszweck her nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Enteignungsmaßnahme beurteilt werden. Solange das zur Beseitigung einer vorhandenen Wohnungsnot erforderliche Bauland auf andere Weise nicht beschafft werden kann, bleibt als letztes Mittel nur die Enteigung übrig. Der Umfang der zulässigen Enteignung ist naturgemäß nach den Zeitverhältnissen verschieden. Es kann sein, daß ein Vorhaben heute vordringlich im öffentlichen Interesse liegt, während für ein gleiches Vorhaben in fünf oder sechs Jahren diese Voraussetzung nicht mehr gegeben ist. Dieser Gesichtspunkt wird durch die Enteignung zum Zwecke der Landbeschaffung für den Wohnungsbau Bedeutung haben. Wenn der Wohnungsfehlbestand als solcher behoben ist, so ist der heute gegebene Enteignungsgrund, der in der Beseitigung der Wohnungsnot liegt, hinfällig geworden. Es können dann andere Gesichtspunkte entscheidend sein wie z. B. die Eigentumsbildung, die Sanierung veralteter Stadtteile, die Dekonzentration und notwendig werdende Industrieverlagerungen.
Das „Wohl der Allgemeinheit" deckt den Enteignungszweck im allgemeinen dabei nur, wenn es sich um die Befriedigung des Wohnbedürfnisses breiter Volksschichten handelt. Die Enteignung für ein besonders aufwendiges Bauvorhaben dagegen würde dem Wohl der Allgemeinheit nicht dienen. Das Wohl der Allgemeinheit erfordert regelmäßig auch dann nicht die Enteignung, wenn der Eigentümer sein Grundstück selbst in angemessener Frist zu bebauen beabsichtigt. Unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie genießt der bauwillige Eigentümer den Vorrang.
Im städtebaulichen Bereich wird der Inhalt des Begriffs „Wohl der Allgemeinheit" indessen nicht allein von den örtlichen Bedürfnissen des Wohnungsbaus her bestimmt. Auch Enteignungsmaßnahmen z. B. zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, zur Beseitigung städtebaulicher Mißstände dienen dem Wohl der Allgemeinheit, stets aber nur unter der weiteren Voraussetzung, daß sich der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichen läßt.
Im Ausschuß bestand Übereinstimmung, daß in einem freiheitlichen Rechtsstaat die Enteignung stets das letzte Mittel sein muß, das erst zu benutzen ist, wenn alle anderen versagen. Das Mittel zur Einschränkung der Enteignung erblickte der Ausschuß in einem begrenzten Vorkaufsrecht. Es soll den Gemeinden an Grundstücken zustehen, die in einem
Bebauungsplan als Baugrundstücke für den Gemeinbedarf oder als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen festgesetzt oder in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen sind. Darüber hinaus soll der Gemeinde das Recht eingeräumt werden, im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes Flächen zu bezeichnen, in denen ihr für unbebautes Gelände ein Vorkaufsrecht zusteht. Hierin liegt eine Ausweitung gegenüber dem Regierungsentwurf; die Gründe dafür sind im Bericht dargelegt. Wichtig erscheint mir aber der Hinweis, daß einer mißbräuchlicher Anwendung des Vorkaufsrechts vorgebeugt ist.
Die Preisvorschriften, die jetzt aufgehoben werden, boten in manchen Fällen einer Gemeinde eine willkommene Gelegenheit, Grundstücke zu einem Freis zu erwerben, der unter dem von den Vertragsparteien vereinbarten, aber nicht beurkundeten „Schwarzpreis" lag. In Zukunft muß die Gemeinde jedoch zu dem Preis in den Kaufvertrag eintreten, den die Parteien wirklich vereinbart haben und den sie nach ihrem freien Belieben bestimmen können.
Das Vorkaufsrecht darf in jedem Falle nur ausgeübt werden, wenn dies durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Die Gemeinde, die das Vorkaufsrecht ausüben will, muß dieses Wohl der Allgemeinheit im Einzelfall nicht nur behaupten, sondern auch nachweisen. Dies gilt insbesondere auch für Grunsdtücke, die in Umlegungsverfahren einbezogen sind. In einem solchen Falle darf die Gemeinde im Hinblick auf § 28 Abs. la das Vorkaufsrecht nur ausüben, wenn sie das Grundstück erwerben will, um die in der Umlegung für die beteiligten Grundeigentümer sich ergebende Landabfindung zu vergrößern oder aber die reinen Geldabfindungen, z. B. für Kleingrundstücke, zu verhindern und an deren Stelle auch eine Landabfindung zu ermöglichen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts nur zu dem Zwecke, als Beteiligte im Umlegungsverfahren wieder entsprechend dem Einwurfswert mit einer Landabfindung als Zuweisung aufzutreten, ist sicherlich mit dem öffentlichen Wohl nicht vereinbar und daher nicht gestattet. Aus diesem Grunde konnte auf eine dem § 28a Abs. 5 entsprechende Regelung verzichtet werden.
Der Gemeinde ist es durch die jetzige Fassung der vorkaufsrechtlichen Bestimmungen unmöglich gemacht, Grundstücke zu erwerben, um sie zu horten. Denn nach § 28a Abs. 5 hat die Gemeinde bei unbebauten Grundstücken eine Veräußerungspflicht, soweit die Grundstücke nicht für öffentliche Zwecke benötigt werden. Bei der Weiterveräußerung darf die Gemeinde keinen Gewinn erzielen. Sie kann lediglich zusätzlich zu dem Erwerbspreis Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen.
Schließlich ist die Ausübung des Vorkaufsrechts dadurch eingeschränkt, daß bei unbebauten Grundstücken die Gemeinde das Vorkaufsrecht nur ausüben darf, wenn anzunehmen ist, daß der Käufer das Grundstück nicht innerhalb von drei Jahren selbst entsprechend den baurechtlichen Festsetzungen nutzen wird. Der bauwillige Käufer hat also in solchen Fällen immer den Vorrang vor der Gemeinde.
Das neue Baurecht soll eine rationelle Ausnutzung des Bodens gewährleisten. Es soll, wie dargelegt wurde, keine uferlose Planung und Erschließung vor sich gehen. Der Ausschuß hat sich daher wiederholt und eingehend mit den Interessen der Landwirtschaft befaßt; sie muß ja in erster Linie das Land hergeben, das verplant und erschlossen werden soll. Da davon die Existenz zahlloser Bauern betroffen wird, fügte der Ausschuß in § 1 Abs. 5 die Vorschrift ein, daß landwirtschaftlich genutzte Flächen nur in dem notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten in Anspruch genommen werden sollen. Zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen, die im letzten Satz dieses Absatzes angesprochen sind und die nur in dem notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden sollen, gehört nicht nur die Feldflur. Der Schutz dieser Bestimmung kommt vielmehr ebenso den notwendigen Betriebsgrundstücken bei der Hoflage zugute, zu denen u. a. auch Hausgarten, Dreschplatz, Hühnerauslauf und Jungviehweide gehören.
Die städtebauliche Planung ist eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden. Oft wird befürchtet, daß kleine Gemeinden den ihnen gestellten Aufgaben nicht immer gerecht ,werden können und daß sich daher die vorgesehene Genehmigung der Pläne durch die Aufsichtsbehörde nicht auf die Rechtskontrolle beschränken dürfe, sondern auch eine Zweckmäßigkeitskontrolle sein müsse. Der Ausschuß hat sich hiergegen ausgesprochen. Er ist aber auch der Meinung, daß bei der Genehmigung der Bauleitpläne die höhere Verwaltungsbehörde im einzelnen zu prüfen hat, ob die Gemeinde die in § 1 Abs. 3 bis 5 festgelegten Grundsätze beachtet und das ihr bei der Aufstellung der Bauleitpläne zukommende Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Dabei hat die höhere Verwaltungsbehörde auch die vorgebrachten Bedenken und Anregungen zu prüfen.
Den Bebauungsplan hat die Gemeindevertretung als Satzung zu beschließen. Er besitzt damit, übereinstimmend mit dem bisher geltenden Recht, Rechtsnormcharakter. Diese Regelung entspricht der Bedeutung des Bebauungsplanes im Hinblick auf seine rechtsverbindlichen Festsetzungen. Für den Bürger besteht ausreichender Rechtsschutz. In den Ländern, die von der entsprechenden Ermächtigung der Verwaltungsgerichtsordnung Gebrauch machen und ein verwaltungsgerichtliches Normenkontrollverfahren einführen, ist eine unmittelbare Anfechtungsmöglichkeit gegen den Plan gegeben. Im übrigen kann der Bürger die einzelnen zur Durchführung des Bebauungsplanes getroffenen Maßnahmen gerichtlich anfechten und dabei geltend machen, bei der Aufstellung des Bebauungsplanes seien Verfahrensvorschriften verletzt worden oder der Bebauungsplan entspreche inhaltlich insgesamt oder in einzelnen Festsetzungen nicht den Erfordernissen des § 1, insbesondere also auch, er beruhe auf einem Ermessensfehler der Gemeinde. Das Verwaltungsgericht muß dann incidenter über die Gültigkeit des Bebauungsplans entscheiden, ehe es zu der konkreten Einzelmaßnahme Stellung nehmen kann.
Nach diesen Ergänzungen meines Berichts darf ich Ihnen nunmehr namens des Ausschusses empfehlen, die Vorlage in der Fassung der Drucksache 1794 anzunehmen.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe § 1 auf. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, einer zum Abs. 3, einer zum Abs. 4.
({0})
- Mir ist von einer Vereinbarung darüber nichts
bekannt; aber vielleicht ist sie geschlossen worden.
({1})
Nach der Geschäftsordnung findet die Generaldebatte in dritter Lesung statt. Aber § 1 bietet ja Anlaß zur Entwicklung allgemeiner Grundsätze.
Zunächst rufe ich auf den Änderungsantrag Umdruck 611 Nr. 1 zu Abs. 3. Wer begründet ihn? - Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag gestellt, § 1 Abs. 3 zu ergänzen durch die Einfügung der Worte: „soweit sie in einem gesetzlich geregelten förmlichen Verfahren festgestellt sind". Gemeint sind die Bauleitpläne, die den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen sind.
Ich darf mich darauf beschränken, zur Begründung auf folgendes hinzuweisen. Für die Bauleitplanung als Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden können bei rechter Betrachtung nur solche Ziele der Raumordnung und Landesplanung verbindlich sein, die in einem förmlichen Verfahren zustande gekommen sind. Bei der bisherigen Fassung des § 1 Abs. 3 könnten auch bereits rein interne Leitvorstellungen der Landesplanungsbehörden Verbindlichkeit beanspruchen. Das kann nicht beabsichtigt sein, entspricht jedenfalls nicht dem Ergebnis unserer Beratungen, soweit sie über die Formulierung hinaus die Gesamtproblematik betreffen. Wir bitten deshalb, dem Änderungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Czaja.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Umstand, daß zu § 1 nur sehr wenige Änderungsanträge eingebracht sind, zeigt, wie wenig kontrovers diese Grundsatzbestimmung des Gesetzes ist. Ich glaube, das beweist die Güte der Beratungen und die weitgehende Übereinstimmung, die in den 17 Monaten der Ausschußberatung erzielt worden ist.
Die SPD hat eine kleine Erweiterung der Vorschriften dahin gehend beantragt, daß nur durch ein förmliches Verfahren anerkannte Ziele der Raumordnung maßgeblich kein sollen. Durch Gesetz fest6418
gelegte oder durch ein förmliches Verfahren auf gesetzmäßiger Grundlage festgelegte Ziele der Raumordnung gibt es nur in Bayern, das ja eine sehr fortschrittliche Raumordnungsgesetzgebung hat, und in Nordrhein-Westfalen. In den anderen Ländern fehlt es daran, und dann würde auch die Pflicht, zumindest die gesetzliche Pflicht der Abstimmung der Ortsbaupläne mit überörtlichen Zielen fehlen, selbst damn, wenn sie greifbar und faßbar festgelegt und vereinbart sind. Wir bezweifeln, daß diese Bestimmung, die die SPD vorschlägt, allein zur gesetzlichen Festlegung der Raumordnungsziele und eines Raumordnungsverfahrens in den übrigen Ländern führen würde. Die vielen Schwierigkeiten sind bekannt.
Freilich möchten wir, wenn wir das Festhalten an der Ausschußfassung wünschen, unterstreichen, daß es sich bei den Zielen der Raumordnung, an die der Bebauungsplan anzupassen ist, nicht um die Meinung eines einzelnen Beamten handeln darf, sondern daß es um anerkannte Ziele gehen muß, die Gutachtergremien, die Regierung oder von ihr beauftragte Ministerien festgelegt haben. Sie müssen ihren konkreten und nachprüfbaren Niederschlag gefunden haben, nur brauchen sie nicht nach einem förmlichen, mehrmonatigen Verfahren niedergelegt zu sein.
Wir bedauern aus diesem Grunde, dem Antrage nicht zustimmen zu können, da er der in den Ländern leider noch unvollkommenen Praxis zu wenig Rechnung trägt.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Nicht.
Zum Technischen des Gesetzes möchte ich sagen, daß diese Erklärungen zwar für die Interpretation wertvoll, aber für die Verwaltung und für die Gerichte nicht bindend sind. Vielleicht können sich die Fraktionen, falls der Antrag der SPD abgelehnt werden sollte, überlegen, ob man zur dritten Lesung nicht doch einen Entschließungsantrag einbringen sollte, in dem die Gedanken, die hier gerade vorgetragen wurden, festgehalten werden.
Wenn also das Wort nicht weiter gewünscht
wird, lasse ich abstimmen. Wer dem Antrag Umdruck 611 Ziffer 1 zustimmen will, der möge die Hand erheben. Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 1 zu Abs. 4 auf. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Wir schlagen eine Änderung und Neufassung des § 1 Abs. 4 vor. Abs. 4 schreibt vor, daß sich die Bauleitpläne nach den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung, ihrer Sicherheit und Gesundheit zu richten haben. Das ist wohl nach allen Seiten hin unbestritten. Anders ist es mit der Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange. Unsere Fraktion vermag sich nicht dem mit knappster Mehrheit zustande gekommenen Ausschußbeschluß anzuschließen, die Worte „privaten Belange" durch
„privaten Aufgaben" zu ersetzen. Ein Bebauungsplan berührt sowohl Eigentum und Absichten des einzelnen als auch die Belange der Allgemeinheit. Zwischen beiden muß der Bebauungsplan gerecht und unter besonderer Beachtung des Gemeinwohls abwägen. Dem Gemeinwohl gegenüber sind aber nicht nur die berechtigten Aufgaben des einzelnen, sondern auch berechtigte und vertretbare Belange des einzelnen und der Familie zu beachten. Beispielsweise eine gesunde, familiengerechte Wohnung in erreichbarer Nähe des Arbeitsplatzes zu haben, gehört nicht zu den Aufgaben des einzelnen, sondern zu seinen Belangen, die der Bebauungsplan nicht nur mit dem Blick auf das Gemeinwohl, sondern auch auf das Wohl des einzelnen und der Familie beachten muß.
Wir meinen, daß wir das mit der Formulierung des zweiten Satzes, wie wir ihn vorschlagen - das ist ja die eigentliche Ergänzung -, erreichen. Dabei möchten wir vorschreiben, daß die Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Das Abwägen bezieht sich auf den ersten Satz des Abs. 4 und auf die dort enthaltenen Vorschriften. Andere Vorschriften dieses Paragraphen bleiben davon unberührt.
Wir bitten um Annahme des Antrags, da uns diese Vorschrift notwendig erscheint, wenn man einen gerechten Mittelweg zwischen den Rechten des einzelnen und denen der Gemeinschaft finden will.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während wir gegen die Ersetzung des Wortes „Aufgaben" durch „Belange" keine Einwendungen zu erheben haben, kommen uns gegenüber dem Antrage der CDU/CSU, der uns soeben erst bekanntgeworden ist, Bedenken, da auch noch eingefügt werden soll, daß die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Wir haben die Sorge, daß - gewollt oder ungewollt - Schwierigkeiten entstehen.
Der Herr Berichterstatter hat vorhin herausgestellt, daß sich ,die Aufsicht auf die Rechtsaufsicht beschränken soll. In Verbindung mit § 7 Abs. 3 und § 15 könnte nun, so besorgen wir, sozusagen in aller Harmlosigkeit aus der Praxis eine Zweckmäßigkeitsaufsicht entwickelt werden. Das würden wir für bedenklich halten. Wir meinen, es müßte genügen, von öffentlichen und privaten Belangen und ihrer gerechten Abwägung zu sprechen.
Wir beantragen deshalb, den soeben gestellten CDU-Antrag in der Weise zu ändern, daß die Worte „gegeneinander und untereinander" gestrichen werden. Wir würden bereit sein, dem so geänderten Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode Vizepräsident Dr. Schmid
Dann lasse ich abstimmen, und zwar zunächst über den Änderungsantrag zum Änderungsantrag der CDU. Dieser Änderungsantrag zum Änderungsantrag geht dahin, die drei Worte „gegeneinander und untereinander" zu streichen. Wer der Streichung dieser drei Worte in dem Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich, die Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr stimmen wir über den Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 1 in der Fassung ab, die die Antragsteller vorgelegt haben. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen jetzt über den § 1 in der neuen Fassung ab. Wer diesem Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den § 2 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag vor, den Sie auf Umdruck 615 unter Ziffer 2 finden. Wer begründet ihn?
Das Wort hat der Abgeordnete Czaja.
Nach diesem Antrag soll der Satz 4 des § 2 Abs. 5a eine Ergänzung zum Zwecke der Klarstellung erhalten. Die Gemeinde soll danach die Bedenken und Anregungen, die zu den Bebauungsplänen vorgebracht werden, nicht nur prüfen, sondern sie soll auch das Ergebnis mitteilen. Ordentliche Gemeindeverwaltungen werden das ohnehin tun. Uns erscheint es aber besser, eine gesetzliche Pflicht vorzusehen. Der Bürger spürt dann, daß seine Bedenken Anlaß zu offener Auseinandersetzung gegeben haben.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, der hebe die Hand. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Wir stimmen nunmehr über den § 2 in der neuen Fassung ab. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
§ 3! Keine Änderungsanträge! - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
§ 4! Hierzu liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn auf Umdruck 611 Ziffer 2.
Das Wort hat der Abgeordnete Berlin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, dem § 4 einen neuen Abs. 3b einzufügen, der eine Klarstellung bringen soll. Danach soll den Planungsverbänden, von denen in § 4 die Rede ist, durch Landesgesetz auch die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nach dem
Ersten Teil des Gesetzes übertragen werden können. Es könnte ein berechtigter Zweifel darüber aufkommen, wie weit bei der Tendenz, solche Planungsverbände im Sinne des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk oder ähnlicher zu bilden, diese Aufgaben auch durchgeführt werden können. Das ist die Begründung dafür, daß dieser Abs. 3b gewünscht wird. In anderen Bestimmungen ist auf sondergesetzliche Regelungen gegenüber Siedlungsverbänden hingewiesen worden. Es dürfte der Durchführung des Bundesbaugesetzes in diesem Teil dienen, wenn diese Ergänzung beschlossen würde. Ich bitte also, dem Antrag meiner Fraktion zuzustimmen.
Wird das Wort gewünscht? Herr Abgeordneter Czaja.
Wir vermögen die Notwendigkeit dieser Hinzufügung nicht einzusehen. Der § 4 Abs. 1 besagt genau, daß der Verband nach seiner Satzung an die Stelle der Gemeinde tritt. Er kann also diese Aufgaben der Gemeinde wegnehmen und durch Satzung dem Planungsverband übertragen, für den Fall, daß sich die Gemeinden vorerst in eigener Verantwortung entscheiden. Wir wollen hier die freie Entscheidung der Gemeinden nicht aushöhlen.
Der zweite Punkt ist der: Wenn es zu keiner Einigung sei es über den Planungsverband, sei es über die Satzung - kommt, dann ist in Abs. 3a klar bestimmt, daß die Landesregierung die Satzung zu erlassen hat. Das umschließt natürlich das Recht, dem Planungsverband die Wahrnehmung gemeindlicher Aufgaben zu übertragen.
Das Notwendige scheint uns also in den Vorschriften enthalten zu sein, und ohne zwingenden Grund möchten wir nicht darüber hinausgehen. Wir befürchten, daß dadurch für den ersten Fall - insbesondere der freien Entscheidung über die Satzung - die Planungshoheit der Gemeinde gemindert würde. Das möchten wir nicht. Deshalb vermögen wir uns dem Antrag nicht anzuschließen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jacobi.
Meine Damen und Herren! Hier liegt ein Mißverständnis vor, Herr Kollege Dr. Czaja. Wir denken nicht im Traume daran, durch unseren Antrag in die auch von uns gewünschten sehr starken Rechte der Gemeinden einzugreifen, sondern wir denken an Fälle, in denen in einem Land sich neue Entwicklungen vollziehen. Ich will es an einem konkreten Beispiel deutlich zu machen versuchen. Im Raum Hannover bemüht man sich seit längerer Zeit, eine Regelung zu finden, durch die in der Form überörtlicher Planungen Großraumentwicklungen gefördert werden sollen. Solche durch den Landesgesetzgeber möglich gemachte und von der Sache her gewünschte Zusammenschlüsse sind hier gemeint. Wir sind der Auffassung, daß es gut wäre, wenn der Bundesgesetzgeber solche Zusammenschlüsse erleichtert und nicht eventuell sogar verbaut.
Nichts anderes wird mit diesem Antrag bezweckt. Ich wäre Ihnen um der Sache willen sehr dankbar, wenn Sie Ihren Standpunkt insoweit überprüfen würden.
Herr Abgeordneter Czaja!
Herr Kollege Jacobi, auch wir wollen die von Ihnen gewünschte raumordnerische Maßnahme. Ich darf aber auf den § 4 Abs. 2a verweisen, in dem es heißt:
Kommt ein Zusammenschluß nach Absatz 1 nicht zustande, so können die Beteiligten auf Antrag eines Planungsträgers
- also eines einzigen Planungsträgers zu einem Planungsverband zusammengeschlossen werden, wenn dies zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere aus Gründen der Raumordnung, dringend geboten ist.
Die Landesregierung kann also in jedem Fall auf Antrag eines Planungsträgers eingreifen. Natürlich kann sie für die anderen kleinen Gemeinden nur zwingend eingreifen, wenn dies zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere aus Gründen der Raumordnung dringend geboten ist. Sie soll also nicht willkürlich die kleinen Gemeinden der Großstadt unterordnen. Das möchten wir allerdings feststellen.
({0})
Herr Abgeordneter Jacobi, machen Sie Ihre Bedenken bitte von der Tribüne aus geltend, damit wir alle Sie verstehen! - Sie wünschen das nicht.
Herr Abgeordneter Will!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Änderungsantrag wäre für eine Beratung im Ausschuß geeignet gewesen. Ich hätte gewünscht, daß diese Frage in den Dutzenden von Sitzungen, in denen wir den Gesetzentwurf behandelt haben, zur Sprache gekommen wäre. Nun gut, der Antrag ist erst heute eingereicht worden.
Meine Fraktion hat Bedenken, daß durch die beantragte Bestimmung die Selbstverantwortung der Gemeinden wiederum etwas durchlöchert wird. Die Landesregierung könnte danach nämlich gewisse, vielleicht sehr wichtige Aufgaben, die sie den Gemeinden nicht geben möchte, den Planungsverbänden zuweisen. Ich glaube nicht, daß - abgesehen von Sonderfällen, die Herr Kollege Czaja erwähnt hat - eine solche grundsätzliche Regelung erforderlich ist. Wir - und Sie mit, meine Herren von der SPD - sollten stets bemüht sein, die Selbstverantwortung der Gemeinden zu stärken, und sollten daher nichts unternehmen, was sie in ihrer Machtvollkommenheit beeinträchtigt. Daher wird meine Fraktion diesem Änderungsantrag der SPD nicht zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen ab. Wer den Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 2 zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr ab über § 4 und, da § 5 entfällt, über § 6. Wer diesen beiden Vorschriften zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Ann ahme.
Zu § 4 liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Schneider ({0}) und Fraktion vor, Umdruck 618 Ziffer 1. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat schon hervorgehoben, daß die Frage, ob die Prüfung von Flächennutzungsplänen durch die genehmigende Behörde sich lediglich auf die Ordnungsmäßigkeit ihres Zustandekommens erstrecken oder ob sie auch auf den materiellen Inhalt ausgedehnt werden soll, in den Ausschüssen wiederholt erörtert worden ist. Mein Kollege Schneider ({0}) hat seinerzeit im Rechtsausschuß den Antrag gestellt, § 7 Abs. 3 zu streichen, damit die Möglichkeit der Nachprüfung über die Ordnungsgemäßheit des Zustandekommens hinaus etwas erweitert wird. Wir selber haben eben die Paragraphen angenommen, nach denen nicht nur die Gemeinden für sich allein in eigener Verantwortung ihre Flächennutzungspläne aufzustellen haben, sondern zur Erfüllung übergeordneter gemeinsamer Aufgaben auch Planungsverbände gegründet werden können. Gewiß bejahen wir durchaus den Gedanken der Selbstverantwortung und der Selbstverwaltung der Gemeinden. Aber man darf doch auch nicht an den Realitäten vorbeisehen.
Ich greife ein wichtiges Problem heraus, das notwendigerweise geregelt werden muß. In der Wasserhaushaltsplanung, in der Wasserversorgung unseres Landes können wir nicht jeden einzelnen schalten und walten lassen, wie er gerne möchte. Vielmehr müssen von vornherein übergeordnete, gemeinsame Gesichtspunkte einer vernünftigen, schonenden, sparsamen Verwertung des knapp gewordenen Wassers berücksichtigt werden. Das greift dann wieder nicht nur in die Siedlungsplanung, sondern genauso in die Industrieplanung ein. Wir haben ferner heutzutage ganz andere Verkehrsbedürfnisse als in früheren Zeiten bei der überörtlichen Ordnung wie auch bei der Sicherung des ruhenden und fließenden Verkehrs innerhalb der Gemeinden zu berücksichtigen.
Bei Würdigung aller dieser Gesichtspunkte wäre es doch für eine Erfahrungen sammelnde Entwicklung zweckmäßig, den Absatz 3 zu streichen, der vorsieht, daß die Genehmigung des Flächennutzungsplanes nur versagt werden darf, wenn er nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Wir sollten erst einmal die Entwicklung abwarten, die eine Berücksichtigung übergeordneter raumordnerischer Gesichtspunkte heute ohne Zweifel in weit stärkerem Maße als früher gebietet.
Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Preusker hat erwähnt, der Herr Kollege Schneider habe im Rechtsausschuß einen entsprechenden Antrag gestellt, § 7 Abs. 3 zu streichen. Ich kann mich zwar im Moment nicht mehr genau an diesen speziellen Antrag erinnern, aber wir haben uns sehr eingehend darüber unterhalten, in welchem Maße und unter Beachtung welcher Schranken eine Aufsicht und Kontrolle - in einem Genehmigungsverfahren wird ja auch eine Aufsicht und eine Kontrolle ausgeübt - rechtlich zulässig ist. Wir sind dabei zu der Auffassung gekommen - soweit ich mich erinnere, ziemlich übereinstimmend -, daß es eine wesentliche Durchbrechung der traditionellen Prinzipien unseres kommunalen Verfassungsrechtes wäre, wenn man statt einer Beschränkung auf eine Rechtsaufsicht auch eine Sachaufsicht zuließe. Das wäre hiermit der Fall. - Herr Dr. Preusker, Sie nicken. Sie wollen das also. Ich stelle das ausdrücklich fest: Sie wollen, daß das Ermessen der höheren Verwaltungsbehörde an die Stelle des Ermessens der Selbstverwaltungskörperschaft gestellt wird. Wir möchten hier sehr nachdrücklich feststellen, daß das Ihr erklärter Wille ist.
Ein derartiger Beschluß des Bundestages wäre im Hinblick auf das Kommunalverfassungsrecht eine Art revolutionären Aktes, der sicherlich auch, einmal ganz abgesehen von allen rechtlichen Konsequenzen, zu sehr erheblichen verfassungsrechtlichen Einwendungen des Bundesrates führen würde. Das ist eine prinzipielle Frage; die können Sie hier nicht so beiläufig durch einen derartigen Antrag zur Entscheidung stellen. Wir meinen, es muß hier in Anerkennung der Prinzipien der Selbstverwaltung und ihrer verfassungsrechtlich garantierten Grundsätze bei der Beschränkung auf eine Rechtsaufsicht bleiben. Daher sollte der Antrag nicht nur aus politischen Erwägungen, sondern auch aus verfassungsrechtlichen Gründen, und zwar im Hinblick auf die von der Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung, abgelehnt werden.
Herr Abgeordneter Czaja!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir lehnen den Antrag ab. Hier handelt es sich um einen Angelpunkt des Gesetzes, und es würde ein Armutszeugnis für den Gesetzgeber bedeuten, wenn wir an einem solchen entscheidenden Punkt schwiegen.
Sie können das nicht der Rechtsprechung überlassen. Es muß klargestellt werden, daß die Planungshoheit der Gemeinden nur der Rechtsaufsicht, der Rechtskontrolle und nicht - über die Vorschriften dieses oder anderer Gesetze hinaus - der Zweckmäßigkeits- und Sachkontrolle unterliegt.
Herr Kollege Preusker hat die Raumordnung angesprochen. Wir haben sie bewußt in § 1 Abs. 3
berücksichtigt. Insofern unterliegt auch dieser Punkt der Rechtskontrolle der höheren Verwaltungsbehörden. Wir sind uns darin einig, daß hier nur eine Rechtskontrolle in Frage kommt. Das möchte ich für uns, insbesondere zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Jacobi zu § 1 Abs. 4, ausdrücklich feststellen.
Die Hoffnung, daß irgendwelche Gerichte auf diesem Gebiet die Sach- und Zweckmäßigkeitskontrolle unter Einschränkung der bisher üblichen und praktizierten Selbstverwaltungshoheit der Gemeinden einführen könnten, ist für die meisten Länder der Bundesrepublik meiner Ansicht nach trügerisch; denn seit der Weimarer Zeit haben bis auf eine Ausnahme alle höheren Verwaltungsgerichte klar festgelegt, .daß die Ortsbausatzung Rechtsetzung sei und deshalb der Selbstverwaltungshoheit der Gemeinden unterstehe. Wir würden also das Rad sehr weit zurückdrehen. Ich darf auf Urteile des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts, auf Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 1954, des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahre 1953, des bremischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahre 1953 und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen von 1953 verweisen. Abweichend urteilten eine Zeitlang nur das frühere Württemberg-Baden und Bayern. Der Staatsgerichtshof von Baden-Württemberg ist aber ebenfalls durch eine Entscheidung im Jahre 1956 von dieser Auffassung in einem Normenkontrollverfahren abgewichen und hat sich den anderen Oberverwaltungsgerichten angeschlossen.
Wir glauben deshalb, daß es uns nicht zusteht, durch Streichung des Abs. 3 den Möglichkeiten einer weitgehenden Beschränkung der Selbstverwaltungshoheit im Planen Raum zu geben. Wir wollen nicht die Tür für einen bürokratischen Dirigismus gegenüber der Selbstverwaltung öffnen, Bei gesundem Aufbau von unten nach oben und bei Beachtung des Subsidiaritätsprinzips in den meisten Ländern ist eine solche Meinung teilweise bereits längst überwunden. Wir wollen dort, wo gesunde Selbstverwaltung herrscht, nicht noch weiter bürokratisieren.
Ich bitte, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Preusker.
Herr Präsident! Herr Kollege Wittrock, Sie haben meine nochmalige Wortmeldung gewissermaßen herausgefordert. Ich möchte auf zwei Ihrer Feststellungen eingehen.
Die erste bejahe ich. Die Verhältnisse haben sich gegenüber den früheren rechtlichen und sonstigen Anschauungen in der Tat geändert. Heute steht keine einzelne Gemeinde mehr für sich allein in einem luftleeren Raum, sondern durch die Art unseres Zusammenrückens, durch die Wohnungs- und Siedlungsdichte ist eine enge Verbundenheit entstanden. An diesem Faktum kann man einfach nicht mehr vorübergehen, und man muß sich überlegen, welche Konsequenzen daraus gezogen werden müs6422
sen. Allerdings tut das in gewisser Weise - darauf hat Kollege Czaja schon hingewiesen - dieses Gesetz bereits; denn es hat - ich darf diesen Gedanken vielleicht erst einmal zu Ende führen, Herr Kollege Wittrock - an den verschiedensten Stellen diese Entwicklung gefördert. In § 1 Abs. 3 heißt es ausdrücklich: „Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen.", d. h. hier soll schon eine Unterordnung entstehen. In diesem Rahmen ist auch in § 7 Abs. 3 aus überörtlichen Gesichtspunkten eine materielle Prüfungsverpflichtung der höheren Verwaltungsbehörde gesetzlich statuiert.
Genauso haben wir die Planungsverbände als eine gemeinsame Planungskörperschaft im Gesetz verankert, also all das getan, was hier von Ihnen, Herr Kollege Wittrock, bestritten worden ist. Im Gesetz ist das bereits - der weiteren Entwicklung notwendigerweise Rechnung tragend - statuiert. Diese Bemerkung zu dem ersten Punkt.
Zu Punkt 2. Selbstverständlich hat es mir völlig ferngelegen, etwa eine - wie soll ich sagen? - Ermessenswillkür der höheren Verwaltungsbehörde zu statuieren. Davon kann gar keine Rede sein. Ich will vielmehr das, was in § 1 Abs. 3 und in § 4 als Aufgaben vorgesehen ist, praktisch verankern: Dabei habe ich nur das Bedenken, daß die Entwicklung, die wir gegenwärtig erleben und die schon zu Konzessionen des Gesetzgebers gegenüber altgewohnten Vorstellungen genötigt hat, durch die Formulierung des Abs. 3 übermäßig eingeengt wird. Auch nach .der von uns beantragten Streichung bleibt es ansonsten genau dasselbe, nur daß die Prüfung sich nicht allzu ,starr lediglich auf die Rechts- und Ordnungsmäßigkeit und auf die gesetzliche Ermächtigung beschränken soll. Schon bei der Frage, ob eine Gemeinde innerhalb ihres Gebietes in geradezu fahrlässiger Weise etwa die Abwicklung des fließenden Verkehrs nicht berücksichtigt hat, haben wir einen der Grenzfälle, bei denen man nicht sagen kann, ob sie durch die Formulierungen, die wir zur Lösung dieses Problems im Gesetz bereits gefunden haben, erfaßt sind.
Welche Art von Industrieansiedlungen - rauchlose oder nicht rauchlose, extrem wasserverbrauchende oder nicht wasserverbrauchende - unter diese Bestimmungen fallen soll, ergibt sich zweifellos nicht exakt aus ,dem § 1 Abs. 3 oder gegebenenfalls § 4. Die Entwicklung hat dazu geführt, daß sich das Leben des Menschen heutzutage nicht mehr ausschließlich - von der Wiege bis zur Bahre - in einer Gemeinde vollzieht, -sondern daß es in den größeren Zusammenhang mindestens eines Landschaftsbereiches hineingestellt ist. Dem sollte in jeder Hinsicht Rechnung getragen werden; das sollte auch eine gewisse gesetzliche Berücksichtigung finden. Die vorgesehene Regelung scheint uns lediglich noch etwas zu eng gezogen zu sein.
Das sind also keineswegs, wenn Sie so wollen, grundsätzliche Unterschiede, zu Herrn Czaja überhaupt schon nicht. Denn ich bewege mich da ja weitgehend in denselben Überlegungen wie er. Die Vorstellungen allerdings, Herr Wittrock, man könne heutzutage ausschließlich alles noch in dem Selbstverwaltungsbereich der Gemeinde enden lassen, ohne jede andere Mitwirkung und Einwirkung, sind, glaube ich, nicht mehr zeitgemäß.
Herr Abgeordneter Will!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß wir sachlich nicht sehr weit auseinander sind. Es handelt sich hier wie vorhin wiederum darum, ob man die Selbstverwaltungshoheit der Gemeinden etwas beeinträchtigen soll oder ob man das nicht tun soll. Herr Kollege Preusker hat zu Beginn seiner Ausführungen seine Anhänglichkeit an die Grundsätze der Selbstverwaltung betont; ich habe das nicht anders angenommen. Es fragt sich nur, ob dieser Absatz 3 des § 7 gestrichen werden soll, der vorsieht, daß die Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde eben nur in zwei genau bestimmten Fällen versagt werden darf: falls der Plan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sein sollte oder falls die bestehenden Rechtsvorschriften nicht beachtet worden sind. Hier habe ich doch den Eindruck, Herr Kollege Preusker, daß diese Regelung eigentlich alles das enthält, was Sie im Grunde wollen; denn darüber, daß natürlich ein Flächennutzungsplan nicht nur auf das Areal einer einzelnen, vielleicht kleinen Gemeinde abgestellt sein kann, besteht wohl Übereinstimmung im ganzen Hause von links bis rechts.
Außerdem ist in § 1 Abs. 3, den Sie zitiert haben, ausdrücklich gesagt, daß die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen sind. In dem bereits angenommenen § 3 steht ausdrücklich, daß für benachbarte Gemeinden gemeinsame Flächennutzungspläne aufgestellt werden sollen, was schon ausschließt, daß etwa das egoistische Interesse nur einer Gemeinde berücksichtigt wird.
Würde § 7 Abs. 3 gestrichen, wie Sie beantragt haben, Herr Kollege Preusker, so entfiele gerade die Möglichkeit der Nachprüfung durch die höhere Verwaltungsbehörde, die gemäß den auf Grund dieses Gesetzes zu erlassenden oder nach sonstigen Rechtsvorschriften zu prüfen hat. Die übergeordnete Rechtsvorschrift geht eben dahin, daß von der höheren Verwaltungsbehörde auch nachgeprüft werden muß, ob die in § 1 Abs. 3 und in § 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Ich bin mit meiner Fraktion der Meinung, daß wir alle die Fälle, in denen die Selbstverwaltung der Gemeinde beeinträchtigt werden soll, besonders sorgfältig prüfen sollten. Davon sollten wir - und zwar ausnahmslos, weil es auch unserer gemeinsamen Auffassung entspricht - nur in den allernotwendigsten Fällen abgehen. Eine solche Notwendigkeit kann ich hier nicht sehen. Deshalb wird meine Fraktion der Streichung des § 7 Abs. 3 nicht zustimmen, ohne aber damit zum Ausdruck bringen zu wollen, daß wir im Grundsatz den Bedenken, die Sie vorgetragen haben, nicht auch Aufmerksamkeit schenken.
Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Preusker noch ein kurzes Wort sagen. Er hat erklärt: Wir wollen nicht, daß das Ermessen der höheren Verwaltungsbehörde an die Stelle des Ermessens der zuständigen Selbstverwaltungskörperschaft gesetzt wird. Dann müssen Sie aber meines Erachtens anders verfahren. Sie können dann nicht einfach den § 7 Abs. 3 ersatzlos wegfallen lassen; dann müssen Sie sich etwas einfallen lassen. Bei einem ersatzlosen Streichen dieser Vorschrift ist allerdings die Schlußfolgerung naheliegend, daß hier eine Ersetzung des Ermessens der Selbstverwaltungskörperschaft durch das Ermessen der höheren Verwaltungsbehörde gewollt ist. Wenn jetzt die Antragsteller sagen, das sei gar nicht ihre Absicht, muß man mindestens aus der Art der Antragstellung zu dieser gegenteiligen Konsequenz kommen. Es ist hier gesagt worden, daß unsere differenzierte Gesellschaft heutzutage Koordinierungsverpflichtungen für alle diese Gesellschaft tragenden Institutionen begründet. Das ist völlig richtig. Auch dieser Gesetzentwurf sieht Koordinierungspflichten vor. Da muß auf die verschiedenartigsten Belange Rücksicht genommen werden. Aber - das ist doch das Wesentliche - eine solche Koordinierungsverpflichtung, bei der auch die höhere Verwaltungsbehörde oder irgendwelche anderen Stellen ein Wort mitzureden haben, kann und darf nur im Rahmen der Gesetze ausgeübt werden. Ob dieser Rahmen und der Inhalt des Gesetzes beachtet ist, das allein kann Gegenstand einer Aufsicht durch die höhere Verwaltungsbehörde sein.
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, die Koordinierungsaufgaben im einzelnen zu präzisieren, etwa im Rahmen von Landesplanungsgesetzen oder im Rahmen sonstiger gesetzlicher Maßnahmen. Er tut es in einem gewissen Maße auch in diesem Gesetz. Wenn ein derartiger gesetzlicher Rahmen festgelegt ist, besteht keine völlig unbeschränkte Betätigungsfreiheit für die kommunale Selbstverwaltung, sondern sie hat sich an die Gesetze zu halten.
Mehr kann und darf nach unserer Überzeugung durch die höhere Verwaltungsbehörde nicht beaufsichtigt werden. Wenn Sie die Aufsicht durch die höhere Verwaltungsbehörde nicht an den Rahmen des Gesetzes und an die Einhaltung dieses Rahmens binden, verlassen Sie meines Erachtens den Boden des Rechtsstaates und ersetzen letzten Endes den Rechtsstaat durch eine Art Obrigkeitsstaat. Dann kann nämlich jeweils die übergeordnete staatliche Instanz sich mit ihrem Willen an die Stelle dessen setzen, der in der unteren Instanz die Entscheidung zu treffen hat. Das wollen wir nicht, und aus diesem Grunde lehnen wir den Antrag ab.
Weitere Wortmeldungen liegen offenbar nicht vor. - Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, daß wir rund 90 Änderungsanträge zu behandeln haben.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 618 Ziffer 1 die Zustimmung geben will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das war die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Änderungsantrag 615 Ziffer 3! Wer begründet ihn? - Herr Abgeordneter Dr. Czaja, Sie wahrscheinlich? - Bitte sehr!
Meine Damen und Herren! Nach der bisherigen Fassung ist an das Schweigen der höheren Verwaltungsbehörde die Folge geknüpft, daß der Flächennutzungsplan als genehmigt gilt. Es ist unter Umständen denkbar, daß ein Plan als genehmigt gilt, obwohl weder eine Sachprüfung noch eine Prüfung der nicht erledigten Bedenken und Anregungen erfolgt ist; so meinen wenigstens die Fachleute. Dieses Ergebnis erscheint im Hinblick auf die rechtliche und tatsächliche Bedeutung der Bauleitpläne insbesondere für den Grundeigentümer nicht vertretbar. Deshalb sehen wir eine Antwort und eine Frist von drei Monaten vor. Die DreiMonate-Frist verzögert nicht das Verfahren. Sie war auch im ursprünglichen Text enthalten. Um die gebotene Beschleunigung zu sichern, ist in der von uns vorgeschlagenen Neufassung eine gesetzliche Verpflichtung der höheren Verwaltungsbehörde vorgesehen, innerhalb von drei Monaten eine Entscheidung in der Sache zu treffen.
Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, daß es in erster Linie darauf ankommt, daß die im Gesetz vorgesehenen Bauleitmaßnahmen kurz, zügig und schnell durchgeführt werden können. Um diese Kürze, Schnelligkeit und Zügigkeit zu bewirken, ist die Regelung erfolgt, die die Ausschußbeschlüsse vorsehen. Deshalb ist die Fiktion aufgestellt, daß die Genehmigung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen drei Monaten versagt wird. Wir meinen, das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, um hier mit der gebotenen Zügigkeit arbeiten zu können.
Herr Abgeordneter Will!
Eine an sich nicht sehr bedeutende Kleinigkeit, die aber vielleicht zu erwähnen ist. Bisher war es so, Herr Kollege Czaja, daß die Gemeinde, wenn sie drei Monate nichts gehört hatte, annehmen konnte, daß die Genehmigung erteilt ist. Sie wollen nun, daß innerhalb von drei Monaten entschieden werden muß. Das ist natürlich ein Fortschritt. Es kann selbstverständlich auch schon beispielsweise nach sechs Wochen geschehen. Eins steht aber nicht darin: daß die Gemeinde davon in Kenntnis zu setzen ist. Im letzten Satz des Abs. 5 steht: „Die Gemeinde ist von der Fristverlängerung in Kenntnis zu setzen." Es steht aber nicht darin, daß die Gemeinde davon in Kenntnis zu setzen ist, daß inzwischen eine Entscheidung erfolgt ist. Mindestens insoweit müßten Sie also Ihren Antrag noch ergänzen. Dadurch, daß eine Entscheidung erfolgt,
die Gemeinde aber davon keine Kenntnis bekommt, ist die Situation nicht verbessert, sondern verschlechtert.
Keine weiteren Wortmeldungen! - Zum Gesetzestechnischen ein Hinweis, Herr Abgeordneter Czaja: Wie wollen Sie erzwingen, daß die Entscheidung in drei Monaten erfolgt?
({0})
- Dann dauert es nur sehr lange, bis Sie eine Entscheidung erhalten. Ich habe als Präsident hier ja keine Anträge zu stellen; aber vielleicht darf ich doch darauf hinweisen, daß rein gesetzestechnisch dieses Bedenken besteht, gerade wenn ich wünsche, daß sich Ihre Absicht durchsetzt.
Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 3 zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Unklar! Ich bitte noch einmal abzustimmen, und zwar durch Erheben von den Sitzen. Wer zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Da das Haus sehr ungleich besetzt ist, ist es schlechterdings nicht möglich, festzustellen, wo die Mehrheit liegt. Wir müssen leider zur Auszählung schreiten.
Ich bitte, den Saal zu räumen. - Herr Abgeordneter Dr. Dresbach, da Sie gehbehindert sind, wird Ihre Stimme zusammen mit den Stimmen des Sitzungsvorstandes gezählt werden.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Abgestimmt haben 303 Mitglieder des Hauses, mit .Ja haben 169 gestimmt, mit Nein 134; keine Enthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über § 7 in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 7a; kein Antrag. Die §§ 8, 9 und 10 entfallen. § 11; ebenfalls kein Antrag. Wer diesen beiden Bestimmungen, also § 7 a und § 11, zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
§ 12. Hier liegt ein Änderungsantrag vor, Umdruck 611 Ziffer 3. Das Wort zur Begründung hat Abgeordneter Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich es recht verstanden habe, wurde vorhin gerügt, daß gelegentlich Anträge zu Punkten gestellt werden, deren Inhalt im Ausschuß nicht im einzelnen erörtert worden ist. Ich glaube, Sie, Herr Kollege Will, haben in dieser Richtung eine Rüge angemeldet. Auch der Sachgegenstand dieses Antrages ist in dem zuständigen Ausschuß nicht behandelt worden. Aber auch aus der Mitte der Fraktionen pflegen Anregungen zu kommen, und es ist das legitime Recht einer jeden Fraktion, diese Anregungen dann aufzugreifen und ihnen Folge zu leisten. So kommt es also gelegentlich hier zu Anträgen, die innerhalb eines Ausschusses nicht im einzelnen besprochen worden sind. Es ist auch, von daher gesehen, beklagenswert, daß die Beratung dieses Gesetzentwurfes unter einem erheblichen Zeitdruck erfolgt. Wenn wir mit etwas mehr zeitlichem Spielraum hätten beraten können, wäre es wahrscheinlich möglich gewesen, auch Anregungen aus der Mitte der Fraktionen zum Gegenstand einer vorherigen Abklärung zwischen den Fraktionen zu machen, wodurch die Beratung in mancher Hinsicht erleichtert worden wäre.
Es handelt sich bei dem Umdruck 611 Ziff. 3 um einen Antrag, mit dem die Experten des Hauses noch nicht konfrontiert worden sind. Die SPD-Fraktion ist der Meinung, daß mit diesem Gesetz Möglichkeiten einer großzügigen und neuzeitlichen städtebaulichen Planung und Entwicklung eröffnet werden sollten. Dabei kann es nicht nur darum gehen, die rein bauliche Entwicklung in diese oder jene Richtung zu lenken, sondern es muß auch das Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern innerhalb der Wohn- und Industriebezirke insbesondere unserer Städte systematisch gefördert werden. Es gehört - und das ist hierbei wesentlich; das ist auch der Ausgangspunkt unserer Überlegungen - zu den unbestrittenen und unbestreitbaren wissenschaftlichen Feststellungen
({0})
- lassen Sie mich den Satz mal zu Ende sagen! -, daß Bäume und Sträucher in unseren Städten eine wichtige biologische Funktion erfüllen können.
Bitte sehr, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus!
Herr Kollege Wittrock, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie noch sagten, wie sich ,die von Ihnen vorgeschlagene Ziffer 11 a von der Ziffer 12 unterscheidet; denn in der Ziffer 12 ist eine Bindung für die Bepflanzung und für die Unterhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern bereits enthalten!
Ich bin Ihnen für diese Anregung dankbar, hatte aber ohnehin vorgesehen, auf das Verhältnis der vorgeschlagenen Nr. 11a zur Nr. 12 einzugehen; denn ich war von vornherein der Meinung, daß das ein notwendiger Bestandteil meiner Begründung zu sein hat.
Ich darf darauf zurückkommen, daß Bäume und Sträucher eine wichtige biologische Funktion innerhalb der Städte zu erfüllen haben. Die hier soeben von Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus erwähnte Nr. 12 des § 12 trägt diesem Grundgedanken bereits in einem gewissen Rahmen - aber nur in einem gewissen Rahmen, und darauf wird noch einzugehen sein - Rechnung.
Bäume und Sträucher verringern insbesondere den Staubgehalt der Luft, und sie wirken als Schirm und Filter gegen Lärm und -gegen die von uns allen stets als lästig empfundenen Abgase. Es ist deshalb begrüßenswert, daß der Herr Bundespräsident in dankenswerter Weise in einer Ansprache vor der
Deutschen Gartenbaugesellschaft am 27. April 1960 hierauf hingewiesen hat; Sie können es alle im Bulletin nachlesen. Der Bundespräsident hat es in diesem Zusammenhang als erstrebenswert bezeichnet, unsere Wohn- und Industriegebiete mit Grünflächen und Grüngürteln von Bäumen und Sträuchern zu durchziehen.
Nun meinen wir, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, daß diese zutreffenden Erkenntnisse den Gesetzgeber zu Konsequenzen veranlassen sollten, und zwar zu weitergehenden Konsequenzen, als dies in der Nr. 12 und übrigens auch in der Nr. 7, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, vorgesehen ist. Wir möchten, daß durch Gesetz zugelassen wird, daß im Bebauungsplan nicht nur öffentliche Grünflächen auszuweisen sind, und wir möchten, daß nicht nur Bindungen und Erhaltungspflichten für vorhandene Bäume und Sträucher festgelegt werden können, sondern daß mehr getan wird. Diese Bindungen und Erhaltungspflichten beziehen sich doch nur auf das Vorhandene. Wenn etwas vorhanden ist, besteht für den Eigentümer eine Bindung, nichts zu tun, was geeignet wäre, das Vorhandene in seinem Bestande zu schmälern. Er hat stillzuhalten, seine Bindung begründet eine Stillhaltepflicht. In Nr. 12 wird als zweite Alternative die Erhaltungspflicht festgelegt. Diese Verpflichtung geht dahin, sich nicht bloß gebunden zu fühlen, stillzuhalten, also etwa Beseitigungsmaßnahmen zu unterlassen; er muß vielmehr auch etwas Aktives tun, er muß das Vorhandene erhalten.
Unser Antrag geht einen Schritt weiter: Es soll Neues geschaffen werden. Nach diesem Antrag soll eine Verpflichtung begründet werden, entsprechend den Festlegungen im Bebauungsplan Neues anzupflanzen, und zwar auf Grundstücken jeglicher Art. Das ist der Grund, weshalb wir einen Antrag auf Einfügung einer Nr. 11a gestellt haben. Wir sehen darin eine Möglichkeit für weitergehende Maßnahmen, als sie nach Nr. 12 möglich sind.
Wenn man nun eine solche besondere Verpflichtung schafft, ist es selbstverständlich, daß auch ein entsprechender Ausgleichsanspruch begründet wird und Entschädigungsregelungen vorgesehen werden. Ich darf in diesem Zusammenhang Ihre Aufmerksamkeit auf den Antrag Umdruck 611 Ziffer 11 lenken. Hier ist vorgesehen, daß in den Fällen, in denen eine solche Anpflanzungsverpflichtung begründet wird, als Äquivalent ein Entschädigungsanspruch im Rahmen dieser gesetzlichen Vorschrift erwächst. Das gehört zwar nicht an diese Stelle. Ich wollte aber hier darauf hinweisen, daß ein sachlicher Zusammenhang zwischen unserem Antrag zu § 12 und dem § 34 des Entwurfs besteht.
Wir meinen, daß der Gesetzgeber etwas Besonderes tun muß, um im Rahmen des Möglichen gesündere Verhältnisse in unseren Städten zu schaffen. Aus diesen Erwägungen haben wir unseren Antrag gestellt. Wir bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Der Herr Minister für Wohnungsbau!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, daß meine besondere Sorge der Durchgrünung unserer Städte gilt. Ich habe deshalb vor geraumer Zeit in meinem Ministerium einen Beirat für Grünplanung im Städtebau und für Kleingartenrecht unter dem Vorsitz des Grafen Lennart Bernadotte berufen, der sich auf der Insel Mainau
- er ist auch als „Rufer von der Mainau" bekannt
- für diese Anliegen einsetzt. Viele hier im Saale sind, ebenso wie ich, Kleingärtner und wissen, welch eine gute Sache das ist. Dieses Bundesbaugesetz soll das Anliegen, das uns alle gemeinsam bewegt, fördern helfen.
Die Regierung ist der Meinung, daß das, was die Opposition beantragt, schon in der Vorlage enthalten ist. Der Antrag dient aber der Klarstellung. Ich stimme ihm deshalb zu und würde mich freuen, wenn wir gerade dieses für unser Volk so wichtige Anliegen vorantreiben und erreichen könnten, daß der Gedanke des Gärtnerns um unserer Menschen willen immer mehr Auftrieb bekommt. Darum stimmen auch wir diesem Antrag zu.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir stimmen nunmehr über die §§ 12, 14, 15, 16 und 17 ab. Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
§ 18! Hierzu liegen Änderungsanträge vor, zunächst der auf Umdruck 611 Ziffer 4; das ist gegenüber dem Antrag auf Umdruck 615 Ziffer 4 der weitergehende Antrag.
Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was mit diesem Antrag begehrt wird, entspricht an sich der Wiederherstellung einer Regelung, die in den Ausschußberatungen schon einmal getroffen worden ist. Wir sind der Auffassung, daß mit dem neuen, in der dritten Ausschußberatung eingefügten Rechtsgedanken des Verzichts auf Werterhöhung nicht alle unter den § 18 Abs. 2 fallenden Sachverhalte befriedigend geregelt werden können. Der Antrag, den wir stellen, geht zurück auf Anliegen aus Kreisen der Versorgungswirtschaft, und dieses Anliegen ist - nach Gesprächen, die ich führen konnte - eigentlich auf allen Seiten des Hauses positiv aufgegriffen worden.
Gegen die jetzt vorliegende Fassung muß eingewandt werden, daß der Bauherr durchaus nicht stets mit dem Grundstückseigentümer identisch sein muß und daß daher die Ausnahme für den Bauherrn nicht von der Verzichterklärung des Grundstückseigentümers abhängig gemacht werden kann; jedenfalls nicht ausschließlich. Ferner geht die vorliegende Fassung offenbar von der Vorstellung aus, daß die Ausnahmen solche Baumaßnahmen betreffen, die nach der Aufstellung des Bebauungsplanes
mit großer Wahrscheinlichkeit zu beseitigen sind. Dies trifft z. B. für bauliche Maßnahmen der Versorgungswirtschaft in aller Regel nicht zu. In diesen und in ähnlichen Fällen wird davon ausgegangen werden können, daß die Gemeinden und die Versorgungsunternehmen oder sonstige Träger öffentlicher Belange sich über Art und Umfang der Erschließungs- und Versorgungsmaßnahmen einigen und die daraufhin durchgeführten Erschließungsund Versorgungsbauten auch in den von den Gemeinden endgültig aufzustellenden Bebauungsplänen legalisiert werden. In diesem Falle aber kann der in § 18 Abs. 2 vorgesehene Rechtsanspruch auf Zulassung der Ausnahmen nicht von der Verzichtserklärung des Eigentümers abhängig gemacht werden. Soll aber für den Regelfall privater Bauten an der Verzichtserklärung festgehalten werden, so scheint es erforderlich, einen weiteren selbständigen Anspruchstatbestand einzufügen, was mit der von uns vorgeschlagenen Fassung, der wir zuzustimmen bitten, geschieht.
Wird das Wort dazu gewünscht? - Herr Abgeordneter Czaja!
Meine Damen und Herren! Wir bejahen das Anliegen, das von der SPD vorgetragen ist, wünschen aber, noch etwas weiter zu gehen. Die Ausnahmegenehmigung zum Bauen in Gebieten, auf denen eine Veränderungssperre oder, wie man in Süddeutschland sagt, ein Bausperre liegt, ist ein sehr gutes Instrument zur Durchsetzung des Bebauungsplanes und zur Wahrung der Interessen auch des einzelnen im Rahmen eines Bebauungsplanes, in dem nur einige wenige Punkte strittig sind. Deshalb möchten wir hier ein möglichst lockeres Mittel sowohl für den einzelnen als auch für die Gemeinde schaffen. Wenn wir das auf den Verzicht des Eigentümers auf Ersatz der Werterhöhung für ,den Fall der Durchführung eines unter Umständen zu ändernden Bebauungsplanes für sich und seine Rechtsnachfolger beschränken, so machen wir das Instrument stumpf, und zwar nach zwei Seiten. Denn dieses Risiko wird der einzelne sehr selten eingehen, und für die Gemeinde wird es kein besonders günstiges Instrument werden. Von uns wird vorgesehen, daß die Gemeinde bzw. die Baugenehmigungsbehörde die Ausnahmen zulassen kann, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Das hindert die Gemeinde natürlich nicht, im Einzelfall Auflagen mit dieser Genehmigung zu verbinden, Auflagen, die für die Durchsetzung des Bebauungsplanes wichtig sind.
Wir möchten dieses wichtige Mittel besonders frei und locker halten; denn es ist insbesondere ein gutes Mittel, die strittigen Fälle in einen im Verfahren begriffenen Bebauungsplan einzuklammern und nicht die ganze Umgebung damit festfahren zu lassen. Wir glauben also, daß dieser Antrag etwas weiter geht, ,da er die Einschränkungen in nicht so weitem Maße faßt, und bitten um seine Annahme.
Ich halte den Antrag Umdruck 611 Ziffer 4 für weitergehend.
Herr Abgeordneter Brecht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt hier wirklich keine Frage vor, bei der man auf die Barrikaden gehen müßte, sondern man muß auch hier versuchen, zu einem Ausgleich zu kommen. Unzweifelhaft ist aber, daß der Antrag Umdruck 611 Ziffer 4 - Formulierung des Ausschusses zuzüglich Ergänzungen durch die SPD-Fraktion - weiter geht als der Antrag der CDU/ CSU. Denn in dem CDU/CSU-Antrag heißt es:
Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden.
In unserem Antrag heißt es: „ ... ist eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen ...". Nach unserem Antrag soll also eine Pflicht zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung bestehen, und zwar unter zwei Voraussetzungen: erstens, wenn das überwiegende öffentliche Interesse die Errichtung oder Änderung der Anlage erfordert, und zweitens, wenn der Eigentümer schriftlich auf den Ersatz der Werterhöhung verzichtet. Diese Fassung ist viel eindeutiger als die andere, in der nur auf die öffentlichen Belange abgestellt wird. Nach unserem Antrag muß der Grundeigentümer, wenn er eine Ausnahmegenehmigung haben will - und er soll sie bekommen , eben auf die Werterhöhung verzichten.
Das Wort hat der Abgeordnete Eilers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt im wohlverstandenen Interesse sowohl der Bürger der Gemeinden, die betroffen sind, als auch der öffentlichen Hand, dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU zuzustimmen. Durch die Formulierung dieses Antrages wird den Belangen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und der einzelnen Bürger eher Rechnung getragen. Die FDP wird ihm daher zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen ab.
Ich lasse zunächst über den Antrag Umdruck 611 Ziffer 4 abstimmen. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Wer dem Antrag Umdruck 615 Ziffer 4 zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe!
Enthaltungen? Bei zahlreichen Enthaltungen
angenommen.
Wir stimmen nunmehr über § 18 in der geänderten Fassung sowie über die §§ 19, 20 und 21 ab. Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der gebe das Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? Angenommen.
Zu § 22 liegt ein Änderungsantrag vor, Umdruck 621 Ziffer 1.
Das Wort zur Begründung hat Frau Dr. Kuchtner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, in § 22
Abs. 1 den Zeitraum, für den der Grundstückseigentümer die Veränderungssperre entschädigungslos hinzunehmen hat, von vier auf drei Jahre herabzusetzen. Die Ausschußvorlage sieht vier Jahre vor. Damit weicht der federführende Ausschuß von dem Beschluß des Rechtsausschusses ab, der die Veränderungssperre, die der Eigentümer hinzunehmen hat, ohne daß er eine Entschädigung erhält, auf drei Jahre festgesetzt hat. Dieser Beschluß des Rechtsausschusses ergeht nicht aus blauem Himmel, sondern stützt sich auf die Rechtsprechung, insbesondere auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. Juni 1959. Darin heißt es, daß eine Veränderungssperre, die länger als drei Jahre dauert, immer als Enteignung anzusehen ist. Es handelt sich nicht, wie behauptet wird, um einen einzelnen Fall; darauf gibt es keinen Hinweis. Der Tenor der Entscheidung ist, daß eine Veränderungssperre nicht länger als drei Jahre dauern darf oder soll. Die Entscheidung ist zur Veröffentlichung bestimmt, was doch beweist, daß es sich nicht um einen einzelnen Fall handelt, der eine abgelegene Sache regelt.
Im übrigen darf ich noch darauf hinweisen, daß das gesamte Planungsrecht unter dem Motto steht, schnell zu einem Entschluß zu kommen, die Planung möglichst zu beschleunigen. Es darf nicht zu Lasten des Grundeigentümers von diesem Grundsatz abgewichen werden.
Herr Abgeordneter Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, der soeben begründet wurde, geht von falschen Voraussetzungen aus.
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Deshalb muß ich ihm kurz widersprechen. Es ist zwar richtig, daß eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vorliegt, die besagt, wenn eine Veränderungssperre länger als drei Jahre dauere, brauche sie der Bürger nicht entschädigungslos hinzunehmen. Der Bundesgerichtshof hat aber diesen Zeitraum von drei Jahren durchaus nicht als absolut feststehend angesehen. Er hat gesagt, ein solcher Entschädigungsanspruch könne auch schon nach sehr viel kürzerer Zeit erwachsen.
Das Problem, um das es hier geht, müssen wir, glaube ich, im Bundestag sehr klar und deutlich entscheiden. Es geht nicht an, daß der Bundestag sagt: da liegt ein Urteil des Bundesgerichtshofes vor, infolgedessen machen wir es so, wie die Bundesrichter das Problem nach dem bisher geltenden Recht ansehen.
({1})
Der Bundestag trägt selbst die Verantwortung für seine Gesetze und hat verantwortlich die Grenze zu bestimmen zwischen einer Sozialbindung, die der Eigentümer hinzunehmen hat, und einem Eingriff, der einen Entschädigungsanspruch zur Folge hat.
Der Wohnungsbauausschuß ist nach sehr eingehenden Beratungen zu der Meinung gekommen, daß die Grenze, bis zu der ein Eingriff, also eine Veränderungssperre, ohne Entschädigungspflicht hinzunehmen sei, auf vier Jahre festgelegt werden könne.
Es ist nun auch nicht so, daß jede Veränderungssperre rein schematisch vier Jahre dauern darf. In § 21 Abs. 1 steht vielmehr, daß die Veränderungssperre grundsätzlich nur zwei Jahre dauern darf. Mit besonderer Genehmigung des Regierungspräsidenten kann sie dann noch einmal um ein Jahr verlängert werden und schließlich - in besonderen Ausnahmefällen - noch um ein weiteres Jahr.
Wir glauben, daß diese Bestimmung den Staatsbürgern und den Eigentümern genügend Rechtsgarantien gibt, um sie vor Willkür zu schützen. Bei diesen Rechtsgarantien kann es ihnen zugemutet werden, eine Veränderungssperre bis zu vier Jahren entschädigungslos hinzunehmen.
Ich bitte Sie deshalb, diesen Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Kollegen Dr. Bartels für seine klaren Ausführungen dankbar. Wir haben uns die Entscheidung über den § 22 im Ausschuß fürwahr nicht leicht gemacht, sondern haben sehr eingehende Überlegungen angestellt, auf Grund deren wir zu der Frist von vier Jahren gekommen sind. Es ist notwendig, gegenüber den Ausführungen der Kollegin Frau Dr. Kuchtner darauf hinzuweisen, daß dieses Haus seine Pflicht versäumen würde, wenn es sich auf eine Rechtsprechung stützte, die nur dadurch entstanden ist, daß klare gesetzgeberische Entscheidungen nicht vorlagen. Hier haben wir sie getroffen. Auf diese Problematik wird in der dritten Lesung bei der Behandlung des Art. 14 und der sich hieraus ergebenden Aufgaben für den Gesetzgeber zurückzukommen sein. Wir haben die Pflicht, zu entscheiden, und dieser Entscheidung hat sich die Rechtsprechung anzuschließen; ihr hat sie Rechnung zu tragen, und nicht umgekehrt.
Herr Abgeordneter Dr. Winter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht die Entscheidung des Bundesgerichts ist maßgebend, sondern das Grundgesetz, auf das sich diese Entscheidung stützt. Das Grundgesetz verbietet grundsätzlich entschädigungslose Enteignung. Die Entscheidung des Bundesgerichts hat nur ausgesprochen, daß eine zumutbare Belastung noch keine Enteignung darstellt, wenn sie nicht über drei Jahre hinausgeht. Das können wir gesetzgeberisch nicht ändern; sonst müßten wir das Grundgesetz ändern. Wir tun also gut daran, die Rechtsprechung in diesem Sinne zu respektieren; denn es geht grundsätzlich um den Art. 14 des Grundgesetzes, der in der Rechtsprechung interpretiert worden ist.
Auch von der Sache her scheint es mir zweckmäßig zu sein, daß die Planungsbehörden ein wenig angetrieben werden, damit die Fristen nicht so lang sind und es zu einer schnellen Entscheidung kommt. Unser Vorschlag besagt ja nicht, daß nach drei .Jahren alles aufhört. An sich kann die Veränderungssperre weiterbestehen, aber derjenige, der verursacht hat, daß die Planung noch nicht zu Ende ist, wird von da an gegenüber dem Eigentümer entschädigungspflichtig, und das ist ein durchaus gesundes Prinzip.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 621 Ziffer 1 zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem § 22 in der Fassung des Ausschusses zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen angenommen.
§ 23! Hierzu liegen zwei Änderungsanträge, Umdruck 611 Ziffer 5 und Umdruck 615 Ziffer 5, vor. Außerdem will die Fraktion der FDP die Streichung beantragen. Das ist der weitergehende Antrag. - Bitte, Frau Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Die FDP vertritt die Auffassung, daß der gesamte Zweite Abschnitt wegfallen sollte.
Die Gründe dafür sind folgende. In § 23 werden Genehmigungen gefordert. Nach Abs. 1 bedarf die Teilung eines Grundstückes innerhalb des Bebauungsplanes einer Genehmigung, während in Abs. la die Außenbereiche erfaßt werden. Wir rufen immer nach Verwaltungsvereinfachung. Wir sollten deshalb auch jetzt nicht einfach deshalb Genehmigungen fordern, weil sie schon einmal gesetzlich verankert sind, sondern wir sollten gerade bei einem so wichtigen Gesetz überprüfen, ob sie auch wirklich alle notwendig sind.
Wir sind der Auffassung, daß bei der Teilung eines Grundstücks die Genehmigung nicht notwendig ist. Die Genehmigungspflicht innerhalb des Bebauungsplanes wurde damit begründet, daß sonst ein Grundstück so parzelliert werden könnte, daß es sich nachher nicht mehr in den Bebauungsplan einfüge, daß nicht mehr entsprechend große Grundstücke für die Bebauung da seien. -
In dieser Beziehung sollte man mehr auf den gesunden Menschenverstand vertrauen. Ein Grundstückseigentümer wird eher bereit sein, sein Grundstück so zu parzellieren, daß entsprechend den vorliegenden Bebauungsplänen richtige Baugrundstücke herauskommen. Dann hat er ja eine wesentlich bessere Verkaufschance, als wenn er so parzelliert, daß nachher nicht gebaut werden kann. Aus diesem Grunde sind wir der Auffassung, daß diese nach Ziffer 1 erforderliche Genehmigung wegfallen sollte.
Zu dem Problem der Außenbereiche ist angeführt worden, durch die Genehmigungspflicht sollten die unerwünschten Bauten außerhalb des Bebauungsplanes vermieden werden. Ich möchte Sie aber auf folgendes aufmerksam machen. In Abs la ist vorgesehen, daß die Genehmigung für die Auflassung und die Eintragung ins Grundbuch erforderlich ist, wenn nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäftes, also des Vertrages, das Grundstück zum Zwecke der Bebauung oder kleingärtnerischen Nutzung verkauft werden soll. In den Beratungen des Rechtsausschusses kam ganz eindeutig zum Ausdruck - und es wurde von dem Vertreter der Regierung bestätigt -, daß dann, wenn in dem Kaufvertrag selbst nicht aufgeführt ist, daß das Grundstück zu einem derartigen Zweck gekauft wird - normalerweise steht das in den Kaufverträgen nicht drin; da heißt es nur einfach: das und das Grundstück wird verkauft -, diese Genehmigung nicht erforderlich ist. Diese Bestimmung kann jeder, der etwas von der Sache versteht, natürlich sehr leicht umgehen, indem er den Zweck nicht in den Kaufvertrag aufnimmt. Halten Sie eine derartige Bestimmung für praktikabel?
Unerwünschtes Bauen in Außenbereichen soll sicherlich nicht sein. Die entsprechenden Maßnahmen hierfür sind aber von der Baupolizei zu treffen und von der Polizei überhaupt. Die hat aufzupassen, daß dort nicht unerlaubt gebaut wird. Das geschieht meistens sehr gut. Zum Bauen muß ja immer eine Baugenehmigung eingeholt werden. Aus diesen Gründen sind wir der Auffassung, daß dieser Abschnitt vollkommen wegfallen könnte.
Außerdem hat die Organisation, die mit diesen Dingen zu tun hat, die Notariatsvereinigung, auf den sehr großen Verwaltungsaufwand hingewiesen, der mit dieser Regelung verbunden ist, sowie auf die bei den Grundbuchämtern entstehende Belastung. Auch aus diesem Grunde sollte die Genehmigung wegfallen.
Da ich zu dem ganzen Abschnitt spreche, darf ich gleich zu § 23 Abs. 4 sprechen. Da haben Sie wieder eine ganze Reihe von Ausnahmen festgelegt. In Nr. 2 sind z. B. ausgenommen „der Bund, ein Land oder eine Gemeinde als Vertragsteil Eigentümer oder Verwalter". Sie gehen dabei davon aus, daß dann, wenn die Behörde, die öffentliche Hand, in irgendeiner Form eingeschaltet ist, gar keine Divergenzen zur Städtebauplanung entstehen könnten. Ist Ihnen aber nicht bekannt, daß die Auffassungen zwischen Gemeinden und Land über derartige Dinge manchmal sehr auseinandergehen? Wenn hier auch nur eine Seite als Verwalter tätig wird, vermuten Sie trotzdem, wenn ich einmal Ihre Konzeption unterstelle, daß die städtebaulichen Belange schon gewahrt werden.
Hinzukommen später die Ausnahmen in Nr. 4, die sehr weit gehen. Denken Sie daran, daß die von Ihnen genannten öffentlichen Körperschaften nicht nur für ihre eigentlichen Zwecke - z. B. Kirchen - bauen, sondern vielfach auch Bauvorhaben durchführen wie Wohnbauten und andere Gebäude, die für besondere Zwecke von ihnen errichtet werden. Wenn Sie schon glauben, an der Genehmigung festhalten zu sollen, dürfen diese Ausnahmen nicht in dem Gesetz enthalten sein.
) Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Im Abs. 6 durchbrechen Sie die ganze Sache wieder, indem Sie sagen: Die Landesregierungen können für Gebiete, in denen es wegen der geringen Wohnsiedlungstätigkeit nicht erforderlich ist, den Bodenverkehr zu überwachen, durch Rechtsverordnung vorschreiben, daß es einer Genehmigung nicht bedarf. Hier werden also wieder Gebiete ausgenommen.
Meine sehr verehrten Kollegen, ich bitte Sie, meine kurz gefaßten Begründungen ernst zu nehmen und die Möglichkeit wahrzunehmen, hier eine der sonst schon allzu zahlreich vorhandenen Genehmigungen und bürokratischen Belastungen fortfallen zu lassen. Dadurch würde bestimmt keine Erschwerung eintreten, weil die baupolizeilichen Vorschriften als solche ja nach wie vor gelten.
Wird zu diesem Antrag, den ganzen Abschnitt zu streichen, das Wort gewünscht? - Bitte schön, Herr Dr. Bartels.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mitglieder des Rechtsausschusses hatten schon einmal die Freude, die Ausführungen von Frau Kollegin Diemer-Nicolaus zu diesem Problem zu hören. Ich glaube, daß das Problem allein mit gesundem Menschenverstand nicht zu lösen ist, weil es sehr vielschichtig und sehr kompliziert ist, und ich meine, daß die Ergebnisse der Beratungen des Wohnungsausschusses, der sich sehr intensiv mit diesem Problem beschäftigt hat, doch per saldo den Vorzug verdienen.
Selbstverständlich hat der Wohnungsausschuß die
Bedenken, die der Rechtsausschuß zu dieser Sache vorgetragen hat, sehr ernst genommen. Aber bei der Frage, welches Prinzip den Vorzug verdient, die Sicherung eines geordneten Städtebaus oder die Erleichterung des Rechtsverkehrs, hat sich der Wohnungsausschuß für das erste Prinzip entschieden, und ich möchte Sie bitten, diesem Prinzip zu folgen.
Es ist immer wieder darüber Klage geführt worden, daß das Bauen außerhalb des Bereichs eines Bebauungsplanes, wenn gar keine Aufsicht über den Bodenverkehr vorhanden ist, zu unerwünschten, wilden Zuständen führt. Der Bürger, der glaubt, außerhalb des Bereichs eines Bebauungsplans einen Bauplatz kaufen zu können, verläßt sich darauf, daß das, was ihm erklärt wird, richtig ist, und ist schwer enttäuscht, wenn ihm nachher gesagt wird: Du hast zwar den Platz günstig gekauft, aber bauen kannst du nicht. - Dann geht es mit den Klagen los, daß die Stadtverwaltungen unmenschlich seien und keine Baugenehmigungen gäben, und dann ist tatsächlich die Planung weithin festgelegt und wird durch wildes Bauen möglicherweise über den Haufen geworfen.
Der Wohnungsbauausschuß hat sich nun dafür entschlossen, die Zahl der Fälle, in denen eine Genehmigung notwendig ist, so weit wie nur irgend möglich einzuschränken. Die Vorschrift ist also schon vereinfacht worden. Ich darf in diesem Zusammenhang besonders darauf hinweisen, daß hier - das ist sehr wichtig - eine Schadensersatzpflicht der Gemeinden gegeben ist. Wenn nämlich eine
Genehmigung zu einem Vertrage über den Erwerb eines Baugrundstücks erteilt wird, darf innerhalb von drei Jahren die Baugenehmigung nicht wegen Tatsachen, die damals schon hätten geprüft werden können, abgelehnt werden; geschieht es doch, so ist die Ablehnung rechtswidrig. Darüber hinaus kann der Bürger nach § 25 Schadenersatz verlangen, wenn ihm die Baugenehmigung aus einem neuen Grunde versagt wird.
Dieses sehr sorgfältig ausgewogene System kann nicht einfach mit dem Ruf „Es muß einfacher werden" abgetan werden. Ich bitte Sie also, es dabei zu belassen.
Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den grundsätzlichen Ausführungen der verehrten Frau Kollegin Diemer-Nicolaus muß doch auf etwas hingewiesen werden, was von gewissermaßen grundsätzlicher Bedeutung ist. Die Ausschußfassung stellt gegenüber dem geltenden Recht - denken wir an das Wohnsiedlungsgesetz in Verbindung mit den Aufbaugesetzen - eine wesentliche, bereits in der Regierungsvorlage vorgesehene, in einigen Punkten über diese noch hinausgehende Abschwächung dar.
({0})
Das muß man zunächst einmal festhalten. Diese Verschlechterungen lassen es zweifelhaft erscheinen, ob das unter der Herrschaft des bisherigen Rechts bewährte Instrument seine Funktion zur vorsorglichen Sicherung der Planung überhaupt noch erfüllen kann.
Aus der Bodenverkehrsaufsicht sind, wie man bei einem Vergleich mit dem Wohnsiedlungsgesetz feststellen kann, entlassen: grundsätzlich alle nicht auf Übereignung oder Erbbaurechtsbestellung gerichteten Vereinbarungen zur baulichen Nutzung, alle Grundstücksteilungen unbebauter Grundstücke im Außenbereich - womit gerade die vorsorgliche Unterbindung planerisch unerwünschter Bodengeschäfte im Außenbereich ausgeschlossen ist - und schließlich alle auf Übereignung gerichteten Rechtsgeschäfte, bei denen der Bebauungszweck nicht erklärter Vertragsinhalt ist. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Verwendungszwecke grundsätzlich nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen zu werden pflegen, führt das zu einer völligen Aushöhlung bisheriger Grundsätze des Bodenverkehrs.
Unter diesen Umständen das bereits eingeschränkte Rechtsinstitut noch weiter einzuschränken, scheint uns nicht vertretbar zu sein. Wir bitten also, den Antrag auf Streichung abzulehnen und es insoweit bei der Ausschußvorlage zu belassen.
Keine weiteren Wortmeldungen! - Wir stimmen ab.
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Vizepräsident Dr. Schmid
Sie wollten doch Streichung des ganzen Abschnitts haben? - Bitte, Frau Dr. Diemer-Nicolaus!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kollegen, die gegen meinen Antrag gesprochen haben, haben nach meiner Ansicht nichts Schlüssiges vorgebracht, was mich von meiner Auffassung abbringen könnte. Ich möchte bitten, Herr Präsident, daß nachher absatzweise abgestimmt wird. Soweit es sich um die Genehmigung nach Absatz la handelt, mache ich darauf aufmerksam, daß sich der Rechtsausschuß mit 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen eine derartige Genehmigungspflicht ausgesprochen hat. Das zeigt, daß die Bedenken, die ich dargelegt habe, auch in rechtlicher Hinsicht durchaus ernst zu nehmen sind. Deshalb liegt mir daran, daß über die einzelnen Punkte getrennt abgestimmt wird.
Dann wollen wir so verfahren und absatzweise abstimmen. Es ist ein wenig kompliziert nach der Vorlage.
Wir wollen zunächst die beiden Änderungsanträge Umdruck 611 Ziffer 5 und 615 Ziffer 5 behandeln. Wer begründet? Herr Abgeordneter Hauffe!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich bei meiner Begründung weitgehend auf das berufen, was mein Kollege Jacobi und auch Herr Dr. Bartels vorhin gesagt haben.
Es ist noch zu sagen, daß die vom Ausschuß beschlossene Fassung des § 23 Abs. la nicht nur eine Abschwächung der Regierungsvorlage darstellt, sondern daß sie auch hinter dem jetzt geltenden Recht auf Grund der Aufbaugesetze und des Wohnsiedlungsgesetzes zurückbleibt. Wir glauben deshalb, daß eine Konkretisierung notwendig ist. Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, daß die Regelung des Bodenverkehrs eines der wichtigsten Instrumente für den Städtebau ist und ein Kernstück des Gesetzes darstellt. Wir halten deshalb eine konkretere Fassung des Abs. la des § 23, die sich hauptsächlich auf die Erfahrungen mit den Aufbaugesetzen und dem Wohnsiedlungsgesetz gründet, für notwendig.
Herr Abgeordneter Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Änderungsantrag der SPD-Fraktion zu dem Abs. 1 a des § 23 abzulehnen. Was die SPD jetzt vorschlägt, wäre eine Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Die Erwägungen im Wohnungsausschuß haben aber schon gezeigt, daß die Nr. 3, die jetzt vorgeschlagen wird und die lauten soll: Der Genehmigung bedarf
jede Vereinbarung, die zu dem Zwecke vorgenommen wird, einem anderen ein Recht zur Bebauung oder kleingärtnerischen Nutzung eines Grundstücks einzuräumen,
zu weit geht. Was damit angeordnet wird, ist praktisch nicht zu fassen. Denn solche Verträge werden ja immer formlos abgeschlossen, allenfalls schriftlich, aber niemals unter derartig strenger Kontrolle wie notarielle Verträge.
Wir glauben, daß es ,der richtige Mittelweg ist, zwar an dem Erfordernis der Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr auch im Außenbereich festzuhalten, es aber soweit wie irgend möglich einzuschränken. Das ist im Vorschlag des Wohnungsausschusses geschehen. Ich bitte also, den Antrag der SPD abzulehnen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 5 zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr der Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 5! Wer begründet? - Herr Abgeordneter Dr. Bartels!
Der Vorschlag, den Ihnen die CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 615 Ziffer 5 macht, soll ein Problem lösen, das bisher noch nicht gesehen wurde. Nach der bisherigen Fassung des § 23 war eine Mitwirkung der höheren Verwaltungsbehörde bei ,der Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung im Außenbereich nicht vorgesehen. Daraus können sich aber Schwierigkeiten ergeben. Nach § 25 Abs. 1 des Gesetzes hat nämlich die Bodenverkehrsgenehmigung in dem dort genannten Umfang bindende Wirkung für die nachfolgende Entscheidung über ein Baugesuch. Für diese Entscheidung über das Baugesuch ist nach § 31 d in gewissen Fällen im Außenbereich die Zustimmung der oberen Verwaltungsbehörde notwendig. Ohne diese Beteiligung bei der Entscheidung über die Bodenverkehrsgenehmgiung wäre es der höheren Verwaltungsbehörde verwehrt, für die Wahrung der öffentlichen Belange Sorge zu tragen. Dieses Ergebnis wird dadurch vermieden, daß die höhere Verwaltungsbehörde auch bei der Entscheidung über die Bodenverkehrsgenehmigung im Außenbereich eingeschaltet wird.
Ich bitte Sie, dem Antrag zu entsprechen.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Ergänzungsantrag zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über § 23. Es wird absatzweise Abstimmung gewünscht.
Zunächst also Absatz 1. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Abs. la. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben.
({0})
Vizepräsident Dr. Schmid
- Ich habe über den Antrag auf Streichung schon abstimmen lassen.
({1})
- Ist das nicht geschehen?
({2})
- Meine Damen und Herren, ein Antrag auf Streichung wird praktisch dadurch effektuiert, daß man eben nicht zustimmt. Deswegen lasse ich absatzweise abstimmen. Diejenigen Damen und Herren, die gern möchten, daß das, was der Ausschuß will, nicht im Gesetz steht, werden ihrer Meinung also dadurch Ausdruck geben, daß sie dagegen stimmen.
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- So macht man das immer, Herr Abgeordneter. Das ist alter Brauch. Die Älteren wissen das.
Wer also Abs. la zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Abs. 2. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen angenommen.
Abs. 2a in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Gegen einige Gegenstimmen angenommen.
Abs. 3 entfällt; Abs. 4. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen angenommen.
Abs. 5 und Abs. 6 kann ich zusammenfassen. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Nunmehr brauchen wir nicht mehr über das Ganze abzustimmen.
§§ 24, 25, 26 und 27; keine Anträge. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Angenommen.
§ 28. Hier liegt ein Änderungsantrag vor, Umdruck 615 Ziffer 6. Wer begründet? - Der Antrag braucht wohl kaum begründet zu werden. Es handelt sich darum, daß in § 28 Abs. 2 die Worte „bis zum zweiten Grade" ersetzt werden durch die Worte „bis zum dritten Grade". Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wir stimmen ab über § 28 in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 28a liegen zwei Änderungsanträge vor, die Sie auf Umdruck 618 Ziffer 2 und 611 Ziffer 6 finden. Umdruck 618 Ziffer 2 geht wohl weiter. Es ist ein Streichungsantrag. Aber wir werden ja nicht die Streichung zur Abstimmung stellen, sondern nachher die ganze Bestimmung. Zunächst lasse ich Umdruck 618 Ziffer 2 begründen. Wer begründet? - Herr Abgeordneter Dr. Preusker!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorhin sprach der Kollege
Brecht bezüglich eines anderen Paragraphen davon daß es sich nicht lohne, auf die Barrikaden zu geben Ich möchte nun den Ausdruck „Barrikaden" nicht irgendwie wörtlich verstanden wissen. Aber zweifellos ist mit unserem Antrag; § 28a zu streichen - und ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten glaube ich, gleich den Antrag zu 28c mit einbeziehen, dann ist Zeit gespart -, eine der politischen Entscheidungen zu diesem Gesetz angesprochen, die in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Wir haben schon das allgemeine Vorkaufsrecht des § 28, das durch dieses Gesetz den Gemeinden eingeräumt werden soll, ebenso wie das Vorkaufsrecht des § 28b, das in Sanierungsgebieten eingeräumt werden soll, mit einiger Sorge betrachtet, aber hier doch die übergeordneten Interessen des Allgemeinwohls als so durchschlagend angesehen, daß wir diesen Bestimmungen des § 28 sowohl wie des § 28b, der ja für die Zukunft sicher nicht geringe Bedeutung erhalten wird, zuzustimmen bereit sind.
({0})
Aber, meine Damen und Herren, ein besonderes Vorkaufsrecht, wenn es auch an gewisse Kautelen gebunden ist - Satzung und ähnliche Voraussetzungen, die ich nicht näher zu umreißen brauche -, für unbebaute Grundstücke einzuräumen und darüber hinaus sogar noch die Möglichkeit zu schaffen, daß nicht einmal unmittelbar davon Gebrauch gemacht zu werden braucht, sondern daß zunächst nur eine Vormerkung im Grundbuch erfolgt und später die Dinge erst zum Austrag kommen können, ebenso wie die Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten Dritter, scheint uns doch viel weiter in die private Sphäre, in die vertragsgestaltende Freiheit des bürgerlichen Rechts einzugreifen, als es mit den Bestimmungen über Beachtung des Allgemeinwohls nach unserer Überzeugung vereinbar ist.
Wir sind deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in der Lage, den §§ 23a und c, die ja erst in den Ausschußberatungen in den Gesetzentwurf eingefügt worden sind, zuzustimmen, sondern stehen in diesem Punkte auf dem Boden der ursprünglichen Regierungsvorlage, die diese Ausweitungen nicht gewollt hat.
Zur Begründung des Umdrucks 611 Ziffer 6 Herr Abgeordneter Hauffe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Beratungen im Ausschuß ist klar hervorgetreten, daß es oftmals besonderen Anlaß zur Ausweitung des Vorkaufsrechts gibt. Ja, es gibt sogar die Meinung, daß man innerhalb des Bebauungsplans generell den Gemeinden ein Vorkaufsrecht einräumen sollte.
Wir sind der Meinung, daß, nachdem die Einfügung einer Bestimmung erreicht wurde, nach der den Gemeinden ein Vorkaufsrecht zusteht, wenn diese Flächen im Bebauungsplan ausgewiesen sind, dieses Vorkaufsrecht nicht auf unbebaute Grundstücke beschränkt, sondern auf jene Grundstücke
ausgedehnt werden sollte, die eine zerstörte oder eine nicht mehr nutzbare Bebauung aufzuweisen haben. Deshalb unser Antrag Ziffer 1!
Ferner glauben wir, daß es zu wenig konkret ist, wenn in der Ausschußvorlage gesagt wird, daß das Vorkaufsrecht wahrgenommen werden kann, wenn anzunehmen ist, daß der Käufer das Grundstück nicht binnen einer Frist von drei Jahren bebaut. Wir sind der Meinung, daß der Käufer, wenn es sich um Gelände handelt, für das Vorkaufsrecht vorgesehen ist, nachweisen soll, daß er in drei Jahren bauen will.
Wir bitten das Haus um Zustimmung.
Die beiden Anträge sind begründet. Wird das Wort dazu noch gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt mit dem Kollegen Dr. Preusker darin überein, daß die Entscheidung über das Vorkaufsrecht in der Tat eine politische Entscheidung ist. Wir bedauern es, daß es dem Herrn Kollegen Dr. Preusker nicht möglich gewesen ist, an den Beratungen des Ausschusses über dieses Kapitel teilzunehmen.
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Wir sind überzeugt, daß er sehr viele Anregungen
hätte geben können und daß sich das günstig ausgewirkt hätte; aber es ist leider nicht geschehen.
Es handelt sich hier um eine Regelung, die sehr gründlich beraten worden ist.
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Ich glaube, daß sich die Regelung, die der Ausschuß dem Hohen Hause vorschlägt, gleichermaßen von einem weitgehenden Dirigismus im Städtebau als auch von einem militanten Liberalismus fernhält, der jegliche Beschränkungen ablehnt und nicht einsehen will, daß es in der Mitte des 20. Jahrhunderts notwendig ist, über Sozialbindungen des Eigentums ganz bestimmte Vorstellungen zu haben. Wir legen entscheidenden Wert darauf, daß sich das Vorkaufsrecht in zwei Richtungen auswirkt: als Instrument, das einmal verhindert, daß sich Preissteigerungen für Gelände ergeben, das früher oder später einmal für den öffentlichen Bedarf erforderlich ist, das zweitens sicherstellt, daß die Bauabsichten privater Bauherren vorgehen.
Deshalb ist die Konstruktion - ich muß jetzt den § 28 a schon miteinbeziehen - so gewählt worden, daß der private Bauherr, der ein Grundstück kauft, zunächst den Vorrang hat, daß aber sichergestellt wird, daß das Grundstück auch wirklich bebaut wird, und zwar durch eine Klausel, die ihn zwingt, das Grundstück wieder zum alten Preis abzugeben, wenn er nicht baut. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diese Regelung als ein Ganzes zu betrachten und als die nach Auffassung des Ausschusses zur Zeit wirklich beste Möglichkeit, dem Problem beizukommen.
Ich bitte Sie weiter, die Änderungsanträge der SPD abzulehnen; denn sie gehen über das hinaus, was nach Auffassung meiner Fraktion zu verantworten und notwendig ist. Das bezieht sich sowohl auf den Änderungsantrag Ziffer 6 a als auch auf den Änderungsantrag Ziffer 6 b. Den ersten Antrag bitten wir abzulehnen, weil wir es nicht für nötig halten, so weit zu gehen, und den zweiten Antrag bitten wir abzulehnen, weil er bedenklich ist. Der Ausschuß hat sehr sorgfältig erwogen, welche Fassung gewählt werden soll und ob es notwendig ist, daß der Käufer seine Bauabsichten dartut. Ich glaube, es geht in einem Rechtsstaat gar nicht anders, als daß dem Käufer nachgewiesen wird, daß er nicht bauen kann oder in absehbarer Zeit nicht bauen will. Ihm nun den Beweis dafür aufzuerlegen, daß er innerhalb von drei Jahren bauen kann, halten wir aus rechtsstaatlichen Gründen nicht für angemessen.
Wir bitten deshalb, es bei der Fassung zu belassen, die Ihnen der Ausschuß vorschlägt.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde vorhin bereits darauf hingewiesen, daß ich zu den Problemen, um die es hier geht, im Rechtsausschuß schon eingehende Rechtsausführungen gemacht habe. Herr Kollege Bartels, ich möchte Sie deshalb nicht nochmals damit langweilen.
Sie haben behauptet, der Liberalismus lehne jegliche Beschränkung des Eigentums ab und erkenne die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht an. Dieser Vorwurf gegenüber dem Liberalismus wurde gerade auch auf Ihrem Karlsruher Parteitag erhoben. Wenn das tatsächlich so wäre, dann hätten wir dem § 28 unsere Zustimmung nicht geben können. Das möchte ich doch mit aller Deutlichkeit herausstellen. Sie gehen von einem Begriff des Liberalismus aus, der bei den heutigen Freien Demokraten nicht mehr vorhanden ist. Die Zeiten wandeln sich. Wir haben die soziale Bedeutung auch des Eigentums durchaus erkannt.
Die Bedenken, die gegen ein derart weites Vorkaufsrecht allgemeiner Art vorgebracht werden, werden von mir geteilt. Ich kann insofern die Ausführungen des Herrn Kollegen Preusker unterstützen.
Wenn Sie den § 28 a einmal genau ansehen, müssen Sie, auch wenn Sie die Sozialpflichtigkeit des Eigentums bejahen, doch zu dem Ergebnis kommen, daß hier dem Eigentümer sehr starke Beschränkungen auferlegt werden. Betrachten Sie einmal den Abs. 3, und sehen Sie sich einmal an, wie die Regelung für die Gewährung des Entgelts aussieht. Nach drei, gegebenenfalls vier Jahren oder vielleicht nach noch längerer Zeit wird bei Rückgabe des Grundstückes ein Entgelt gewährt, das dem seinerzeitigen Kaufpreis entspricht. Dabei werden nur die Aufwendungen berücksichtigt, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben.
Es wird aber nicht berücksichtigt, daß sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse und die Kaufkraft des Geldes geändert haben.
Die Bestimmung zeigt schon durch ihre Länge, daß sie sicherlich sehr sorgfältig erwogen worden ist. Sie ermangelt aber der Einfachheit und der Klarheit, die wir von unseren Gesetzen verlangen müssen. Sie geht nach meiner Auffassung - in diesem Falle trage ich nur meine persönliche Auffassung vor - über das hinaus, was man auch hei der Sozialgebundenheit des Eigentums dem Eigentümer noch zumuten kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich vermag nicht zu entscheiden, ob sich Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus durch die Bemerkung angesprochen gefühlt hat, die Herr Dr. Bartels hinsichtlich des militanten Liberalismus hier gemacht hat. Wenn die Frau Kollegin sich in dieser Beziehung angesprochen fühlen sollte, muß man ihr attestieren, daß sie wie immer sehr charmant zu kämpfen weiß. Das bedeutet aber nicht, daß man, wenn man anderer Meinung ist, sich dadurch beirren lassen sollte.
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Was sie hinsichtlich des § 28a ausgeführt hat, vermag ich - auch für meine Freunde - nicht zu akzeptieren. Es ist auch nicht so, daß man Einwendungen erheben könnte oder müßte, wie sie sie vortrug, ) wenn man sich die Bestimmungen des § 28a Abs. 3 und die dort geregelten Modalitäten hinsichtlich der Übereignung und des damit verbundenen Entgeltes ansieht. Diese Übereignung ist zwar verbunden mit einem Entgelt, das den vom Käufer aufgewandten Kaufpreis nicht übersteigen darf. Jedoch heißt es ausdrücklich, daß Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben. Das geht schon reichlich weit. Weiter zu gehen ist wirklich nicht angebracht.
Ich bedaure sehr, daß Herr Kollege Dr. Bartels sich dem Antrag meiner Fraktion, soweit er den § 28a Abs. 1 Satz 3 betrifft, nicht anschließen kann. Wir sind der Auffassung, daß hier doch wohl eine schiefe Betrachtung von seiner Seite vorliegt. Wir sind der Auffassung, daß die Ausschußfassung in der Mitte liegt und daß sie im wesentlichen den Erfordernissen der Praxis Rechnung trägt. Wir wissen ja, daß wir es bei dem Vorkaufsrecht mit einer Einrichtung zu tun haben, für die es bisher nicht überall eine gesetzliche Regelung gab. Wenn wir uns einmal das ansehen, was bisher Rechtens war, finden wir, daß die Ausschußfassung im Vergleich zu den Landesrechten, die ein Vorkaufsrecht nicht kennen - nämlich Bayern, Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen -, eine Verbesserung darstellt. Andererseits jedoch darf nicht verschwiegen werden, daß im Vergleich zu den übrigen Landesrechten teils erhebliche Verschlechterungen eintreten.
Gerade deshalb ist die Einführung eines Vorkaufsrechts für unbebaute Grundstücke in durch Satzung
zu bezeichnenden Gemeindegebieten - eben der angegriffene § 28a - sowie für bebaute Grundstücke in Sanierungsgebieten, wogegen ja auch Herr Dr. Preusker keine Einwendungen erhoben hat, als wesentliche Verbesserung gegenüber der insoweit unzulänglichen Regierungsvorlage anzusehen. Im übrigen sind genügend Absicherungen im Gesetz enthalten, die jede mißbräuchliche Verwendung unmöglich machen.
Ich würde also bitten, noch einmal zu erwägen, ob Sie unseren Anträgen nicht zustimmen können. Die gestellten Streichungsanträge müssen wir ablehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß doch noch einmal versuchen, auch dem Herrn Kollegen Bartels irgendwie begreiflich zu machen, daß die Haltung unserer Fraktion
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- sicher, aber da konnte ich es leider nicht tun;
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außerdem ist das hier für die Entscheidung im Plenum von Bedeutung - schon sehr weitgehende Konzessionen im Sinne einer gerechten Abwägung von Sozialpflichtigkeit des Eigentums und von Schutz des Privateigentums enthält. Die §§ 28 und 28 b betreffen Tatbestände, bei denen auch wir das Vorliegen einer Sozialpflichtigkeit bzw. überwiegender öffentlicher Interessen ohne weiteres bejahen.
Wenn wir aber die Sachverhalte der §§ 28 a und 28 c betrachten, so stellen wir gerade in bezug auf das von Herrn Kollegen Bartels herausgestellte Kriterium der Sozialpflichtigkeit des Eigentums einen ganz entscheidenden Unterschied fest. Bei § 28 c wird das besonders deutlich. Hiernach kann die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausüben, um das Grundstück später Dritten, privaten Eigentümern, in irgendeiner Form zukommen zu lassen, also nicht etwa, um das Grundstück zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben zu benutzen.
Wir haben die Befürchtung, daß solche übermäßigen Eingriffe in die private Gestaltung der Grundstücksverkehrsrechte, der Grundstücksverkaufsrechte - die zudem nicht nur unmittelbar, sondern während eines Zeitraums von drei Jahren ausgeübt werden können - eine Entwicklung fördern, wie sie sicherlich auch die Kollegen, die die §§ 28 a und 28 c in den Gesetzentwurf eingefügt haben, nicht beabsichtigt haben dürften. Nach der jetzt vorgesehenen Regelung bedarf es unter Umständen nur einer Vormerkung im Grundbuch, damit die Gemeinde bis zum Ablauf der Frist von drei Jahren das Vorkaufsrecht ausüben kann, und zwar zu den seinerzeit ausgehandelten Bedingungen. Danach muß man die Befürchtung haben, daß in Zukunft die Bedingungen, die beim Verkauf an einen Dritten gestellt werden, bereits unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung in den folgenden drei Jahren abgefaßt werden. Dadurch würde unter Umständen genau das Gegenteil dessen erreicht, was die Kollegen, die diese Vor6434
schriften eingefügt haben, wollten. Das heißt, statt einer bodenordnenden, bodenverbilligenden, angebotsvermehrenden Wirkung würde man eine Verstärkung der spekulativen Überlegungen erreichen. Denn jeder würde versuchen, sich in preisrechtlicher Hinsicht gegen das Damoklesschwert zu sichern, das drei Jahre lang über ihm hängt.
Zweitens dürfen wir nicht vergessen, welch erhebliche Veränderungen wir dadurch vollzogen haben, daß in Zukunft der gesamte Erschließungsaufwand oder Teile von ihm sofort fällig sein werden. Diese Vorschrift ist ja, nüchtern betrachtet, zweifellos der wirksamste Paragraph des ganzen Baugesetzes zur Herbeiführung einer Nutzung im Sinne des Bebauungsplans. Damit wird ein erheblicher materieller Druck auf den Bodeneigentümer in der Richtung ausgeübt, entweder zu bauen und damit den Wert der Nutzung entsprechend der auf ihn zugekommenen Belastung zu steigern, oder sich, wenn er nicht zu bauen vermag oder es gar nicht möchte, sich von dem Eigentum zu trennen. Wir bejahen diese Veränderung in den wesentlichen Punkten durchaus, weil wir auch in dieser Richtung eine Ausschaltung oder wirksame Beschneidung rein spekulativer Überlegungen befürworten, wiederum in Anerkennung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Wir möchten aber diese Veränderung nun nicht als ein politisches Instrument in der Hand von Kommunen sehen, indem sie erst einmal einen erheblichen Druck ausüben und, wenn es zu Verkaufsabsichten kommt, sich mit Hilfe des befristeten Vorkaufsrechtes, das sie zunächst zu gar keiner Entschädigung verpflichtet, zum Eigentümer von Grund und Roden machen. Das ist doch sicherlich nicht „sozialpflichtig"; das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn dahinter die entsprechende politische Haltung steht. Man soll jemanden nicht mit Instrumenten in Versuchung führen, die unter Umständen in einer ganz anderen Weise gehandhabt werden. Sozialpflichtigkeit - ja! Aber spekulative Mißbräuche noch fördern, darüber hinaus politische Mißbräuche ermöglichen und obendrein weitgehend in die vertragliche Gestaltung des privaten Eigentums aus nicht von vornherein geregelten und zwingenden sozialpflichtigen Gründen eingreifen, das können wir eben unter keinen Umständen bejahen!
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Wird weiter das Wort gewünscht? Herr Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Bedeutung, die das Vorkaufsrecht im Rahmen des Gesetzes hat, muß ich Herrn Kollegen Dr. Preusker doch noch` kurz erwidern. Das Vorkaufsrecht des § 28 ist eine Selbstverständlichkeit und ist nicht weiter interessant. Es beschränkt sich auf zwei eng begrenzte Tatbestände; es handelt sich nämlich um die Ausübung des Vorkaufsrechtes für Grundstücke bei Vorliegen eines öffentlichen Bedarfs und weiter heim Umlegungsverfahren. Es ist schon gesagt worden - ich glaube, von Herrn Jacobi - , daß in manchen Ländern zur Zeit ein unbegrenztes Vorkaufsrecht für die Gemeinden besteht, das sich vor allen Dingen auf die Außengebiete erstreckt. In anderen Ländern wiederum ist es nicht so; da gibt es gar kein Vorkaufsrecht.
Der Ausschuß hat sich bemüht, einen gesunden Mittelweg zu finden, und hat folgendes bedacht. Erstens: es muß den Gemeinden möglich gemacht werden, auch im Außenbereich rechtzeitig Grundstücke zu erwerben, die sie voraussichtlich für öffentliche Zwecke benötigen. Ergibt sich z. B. außerhalb einer Stadt auch nur die Andeutung dafür, daß Grundstücke einmal für den öffentlichen Bedarf gebraucht werden, werden sie aufgekauft. Die Städte haben das Nachsehen und müssen den neuen Eigentümern diese Grundstücke zu weit übersteigerten Preisen wieder abnehmen.
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Das ist der eine Punkt; er ist aber nicht entscheidend, er spielt nur mit eine Rolle.
Zweitens: ich bin der Überzeugung, daß die Gemeinden dort, wo kein Mangel an Bauland herrscht - wir alle bemühen uns ja, diesen Mangel zu beheben -, von ihrem Vorkaufsrecht gar keinen Gebrauch machen, auch gar keinen Gebrauch machen können. Einmal spielt dabei der Gesichtspunkte eine Rolle, daß die Ausübung des Vorkaufsrechtes Geld kostet, zum anderen muß das öffentliche Interesse vorliegen. Das ist ein Rechtsbegriff, der ohne weiteres von den ordentlichen Gerichten nachgeprüft werden kann und erfahrungsgemäß auch sehr streng nachgeprüft wird.
Wir hatten folgendes im Auge: dort, wo ein Mangel an Bauland besteht, muß verhindert werden, daß die Grundstücke den Eigentümer wechseln und in die Hände derjenigen geraten, die nicht bauen wollen oder - man braucht das nicht immer gleich als eine menschliche Schuld anzusehen - noch nicht bauen können. Diesem Gedanken muß man tatsächlich den Vorzug geben, und mehr besagt der § 28 a auch nicht.
Das Vorbild für diesen § 28 a ist die Praxis der Städte in den Industriegebieten. Sie haben zum Teil noch Bauland, das sie an Bauinteressenten abgeben, und sie vereinbaren immer, daß das Grundstück zurückgegeben werden muß, und zwar zum alten Preis, wenn es nicht innerhalb von drei Jahren bebaut ist. Ich halte es für durchaus richtig, daß Bauland, wenn es knapp ist, nicht, ich darf mich einmal so ausdrücken, in der toten Hand bleibt, sondern in die Hände derjenigen kommt, die es auch wirklich bebauen können. Mehr besagt der § 28 a nicht.
Das ist konsequent durchdacht. Juristisch mag das vielleicht nicht ganz einfach sein, aber darin liegt nun einmal das Wesen moderner Lösungen, mit denen bestimmte Zwecke verwirklicht werden sollen.
Angesichts der Bedeutung der Frage - hier geht es um eine wirklich zukunftweisende Entscheidung - auch für die Länder, die doch wissen müssen, was bei ihnen an die Stelle tritt, beantrage ich namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Will!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige grundsätzliche Bemerkungen scheinen mir doch angebracht zu sein. Das Bundesbaugesetz ist eine so spröde Materie, daß es für diejenigen Kollegen im Hause, die an den Beratungen des 24. Ausschusses nicht teilgenommen haben, beinahe eine Zumutung bedeutet, hier Entscheidungen zu treffen. Wir sollten uns deshalb bemühen, die schwierigen Fragen, um die es hier geht, so einfach und klar wie nur irgend möglich darzustellen. Das will ich mit einigen wenigen Sätzen versuchen.
Bei § 28 geht es nach meiner Auffassung darum, ob ein Bebauungsplan nur auf dem Papier steht oder ob er verwirklicht werden kann. Alle Fraktionen sind sich wohl ausnahmslos darin einig gewesen, daß wir um das Instrument der Enteignung, von dem wir nachher leider noch sprechen müssen, herumkommen und die Möglichkeit geben wollen, durch Eintritt in einen Kaufvertrag auf dem Wege des Vorkaufsrechts eine Enteignung zu vermeiden. Hier geht es im entscheidenden Fall doch darum, daß im Gebiet eines Bebauungsplanes eben auch wirklich effektiv nach der Planung gebaut werden kann. Dafür gibt es zahllose historische Beispiele, angefangen von dem preußischen Fürsten, der - wohl in Berlin - einmal gesagt hat: Der Kerl soll bauen!, bis zur Maximilianstraße in München, wo man das Bauland verschenkt hat, damit überhaupt gebaut wird. Es gibt also viele historische Beispiele, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, damit eben im Gebiet eines Bebauungsplanes gebaut wird. Darum geht es hier und nicht um die Gemeinde oder um einen Privatmann. Der § 28 sieht ein Vorkaufsrecht der Gemeinde für den Gemeinbedarf vor. Darüber brauchen wir nicht zu reden. Ich bin auch nicht der Meinung, daß es ein sehr großes Entgegenkommen ist, wenn man das zuläßt.
Darüber hinaus soll nun dafür gesorgt werden, daß das Bauland in die Hände von Personen kommt, die bauen wollen oder können. Wenn sie das nicht können, soll nach einer bestimmten Frist ein anderer, der seinerseits bauen kann, in den Besitz dieses innerhalb eines Bebauungsplanes gelegenen Geländes kommen können. Letzten Endes geht doch die ganze Vorstellung der Städteplanung davon aus, daß die Maßnahmen, die in den Bebauungsplänen enthalten sind, verwirklicht werden können. Die Tatsache, daß in diesem § 28 a ein solches Vorkaufsrecht für unbebaute Grundstücke in Aussicht genommen ist, hat bei allen Bedenken, die ich auf Grund meiner liberalen Auffassung in diesen Dingen habe, doch schon eine gewisse Bedeutung.
Wenn wir über ein solches Gesetz abstimmen, sollten wir es nicht so ansehen, als werde hier etwa jemanden ein Grundstück abgenommen; das ist gar nicht der Fall. Es handelt sich um ein Vorkaufsrecht, in das man nur eintritt, wenn der Käufer sowieso bereit ist zu verkaufen. Wir sprechen also nicht von Enteignung.
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Durch dieses Vorkaufsrecht soll das Grundstück in die Hände desjenigen kommen, der den Zweck des Bebauungsplans erfüllt, und nicht in die Hände eines anderen, der das Grundstück als Bau-Erwartungs-Land ansieht und sagt: „Nach meiner Erfahrung haben Bau und Boden im Laufe der letzten Jahre um mindestens 20 % pro Jahr an Wert zugenommen; das wird auch weiterhin so sein; infolgedessen ist es eine glänzende Kapitalanlage." Vor vielen Jahren haben der 24. Ausschuß und das Plenum einmütig beschlossen, gegen die Bodenspekulation zu wirken. Es darf nicht verkannt werden, daß eine Regelung bezüglich eines Vorkaufsrechts, bei dem ein Grundstück letzten Endes nicht bei der Gemeinde selbst verbleibt, der Unterstützung bedarf.
Ich habe versucht, einigermaßen klarzumachen, worum es hier geht. Es geht nicht darum, daß der eine oder andere, die Gemeinde oder der Privatmann berücksichtigt werden soll; vielmehr ist §. 28 mit seinen Ergänzungen dazu da, daß der genehmigte Bebauungsplan verwirklicht werden kann, und darüber haben Sie zu entscheiden.
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Wird des weiteren das Wort gewünscht? - Das ist jetzt offenkundig wirklich nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, ich darf zuerst einmal feststellen, daß der Antrag auf namentliche Abstimmung, den der Abgeordnete Dr. Bartels gestellt hat, jedenfalls nicht den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 611 Ziffer 6 betrifft.
Sodann darf ich feststellen, daß ich gemäß dem geschäftsordnungsmäßigen Brauch des Hauses über einen Streichungsantrag nicht abstimmen lasse, sondern daß über den Paragraphen selbst abgestimmt wird, so daß der, der die Streichung will, eben gegen den Paragraphen stimmen muß. Demgemäß gilt die namentliche Abstimmung dem Paragraphen selbst.
Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die Ziffer 6 a und b des Umdrucks 611, Änderungsantrag der Fraktion der SPD. Wir können wohl über a und b in einem abstimmen? - Einverstanden. Wer dieser Ziffer 6 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann kommen wir, da über den Streichungsantrag als solchen nicht abgestimmt wird, zur namentlichen Abstimmung über den § 28 a. Wer § 28 a zuzustimmen wünscht, stimme mit Ja, wer ihn streichen will, stimme mit Nein. Die übrigen mögen sich enthalten. Meine Damen und Herren, soweit Sie bereits abgestimmt haben, würde ich Ihnen vorschlagen, Platz zu nehmen, damit wir in den Beratungen fortfahren können.
Ich rufe auf den § 28 b. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Soll ich die Abstimmung zurückstellen, oder können wir gleich darüber abstimmen?
({0})
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wer dem § 28 b zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Sind noch Damen und Herren da, die in der namentlichen Abstimmung über § 28 a ihre Stimme abzugeben wünschen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die namentliche Abstimmung.
Ich rufe auf den Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 7 auf Einfügung eines § 28 bb und erteile das Wort dem Abgeordneten Jacobi.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag hat zum Ziel, einen neuen Paragraphen einzufügen, nach dem durch Landesgesetz Gebiete bezeichnet werden können, in denen das Vorkaufsrecht bei dem Verkauf von unbebauten und bebauten Grundstücken ohne die Beschränkungen der §§ 28, 28 a und 28 b der Gemeinde, einem Zweckverband oder einem durch besonderes Landesgesetz gegründeten Verband zusteht, unter der Voraussetzung, daß dies zur Sicherung der örtlichen und überörtlichen Planung in Gebieten angezeigt erscheint, in denen eine besonders starke Wohnsiedlungstätigkeit besteht oder zu erwarten ist.
Ich habe in anderem Zusammenhang heute schon einmal auf die besondere Notwendigkeit hingewiesen, überörtlichen Planungsverbänden Möglichkeiten der Betätigung weitgehend einzuräumen. Insbesondere in den sogenannten Ballungsgebieten wird neben den planerischen Maßnahmen des Bundesbaugesetzes der Natur der Sache nach eine vorsorgliche Bodenpolitik einfach unentbehrlich bleiben. Mit Recht will daher der niedersächsische Entwurf für ein Gesetz über den Kommunalverband Großraum Hannover ein umfassendes Vorkaufsrecht für das Gebiet dieses Verbandes begründen. Das Bundesbaugesetz sollte eine solche Möglichkeit nicht ausschließen. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über § 28 a des Gesetzes bekannt. Es haben mit Ja gestimmt 310 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder des Hauses und 15 Berliner Abgeordnete, mit Nein 58 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 2 Berliner Abgeordnete. Enthalten haben sich 2 uneingeschränkt stimmberechtigte und kein Berliner Abgeordneter. § 28 a ist also mit 310 zu 58 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen worden.
Ja Dr. Becker ({0})
Becker ({1})
CDU/CSU Berger
Frau Ackermann Dr. Bergmeyer
Dr. Aigner Dr. Besold
Arndgen Fürst von Bismarck
Baier ({2}) Frau Dr. Bleyler
Baldauf Blöcker
Balkenhol Frau Blohm
Dr. Bartels Dr. Böhm
Bauereisen Brand
Bausch Frau Dr. Brökelschen
Brück Maucher
Dr. Bucerius Memmel
Bühler Mengelkamp
Burgemeister Meyer ({3})
Caspers Mick
Dr. Czaja Muckermann
Deringer Mühlenberg
Diel Müller-Hermann
Drachsler Müser
Draeger Nieberg
Ehren Niederalt
Eichelbaum Dr. Dr. Oberländer
Dr. Elbrächter Oetzel
Frau Engländer Dr. Pflaumbaum
Enk Pietscher
Eplée Frau Pitz-Savelsberg
Dr. Even ({4}) Frau Dr. Probst
Even ({5}) Frau Dr. Rehling
Dr. Franz Dr. Reinhard
Franzen Dr. Reith
Dr. Fritz ({6}) Richarts
Fuchs Riedel ({7})
Funk Frau Rösch
Frau Dr. Gantenberg Rösing
Gedat Rollmann
Gewandt Ruf
Gibbert Ruland
Dr. Gleissner ({8}) Scharnberg
Glüsing ({9}) Scheppmann
Dr. Götz Schlee
Goldhagen Schlick
Gontrum Dr. Schmidt ({10})
Gottesleben Frau Schmitt ({11})
Freiherr zu Guttenberg Schmücker
Hackethal Schneider ({12})
Häussler Schüttler
Dr. Hahne Schütz ({13})
Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Schwörer
Harnischfeger Dr. Seffrin
Dr. Hauser Seidl ({14})
Dr. Heck ({15}) Dr. Serres
Heix Siebel
Dr. Hesberg Simpfendörfer
Hesemann Stauch
Heye Dr. Stecker
Höcherl Frau Dr. Steinbiß
Dr. Höck ({16}) Dr. Stoltenberg
Höfler Dr. Storm ({17})
Horn Storm ({18})
Huth Struve
Dr. Huys Sühler
Jahn ({19}) Teriete
Dr. Jordan Dr. Toussaint
Josten Unertl
Dr. Kanka Varelmann
Kemmer Vehar
Dr. Kempfler Frau Vietje
Kirchhoff Vogt
Kisters Wacher
Knobloch Dr. Wahl
Dr. Knorr Dr. Weber ({20})
Krammig Weimer
Kroll Werner
Kruger ({21}) Wieninger
Krug Dr. Willeke
Kühlthau Windelen
Kunst Winkelheide
Kuntscher Dr. Winter
Lang ({22}) Wittmann
Leicht Wittmer-Eigenbrodt
Dr. Leiske Worms
Lenze ({23})
Wullenhaupt
Leonhard p
Lermer Dr. Zimmer
Leukert Dr. Löhr
Lücke ({24}) Berliner Abgeordnete
Lulay
Maier ({25}) Dr. Gradl
Majonica Hübner
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Dr. Krone Dr. Martin Stingl
SPD Meyer ({26})
Frau Albertz Frau Meyer-Laule
Dr. Mommer
Dr. Bande Müller ({27})
Bach Müller ({28})
Müller ({29})
Bading Odenthal
Bäumer Ollenhauer
Bals Paul
Bauer ({30}) Peters
Baur ({31}) Pöhler
Bazille Pohle
Dr. Bechert Prennel
Behrendt Priebe
Behrisch Pütz
Frau Bennemann Pusch
Berlin Regling
Bettgenhäuser Reitz
Frau Beyer ({32}) Reitzner
Dr. Bleiß Frau Renger
Dr. Brecht Frau Rudoll
Bruse Ruhnke
Büttner Dr. Schäfer
Corterier Frau Schanzenbach
Cramer Scheuren
Dr. Deist Dr. Schmid ({33})
Dewald Schmitt-Vockenhausen
Diekmann Schoettle
Eschmann Schröder ({34})
Faller Seidel ({35})
Felder Seither
Folger Frau Seppi
Franke Seuffert
Dr. Frede Stenger
Frenzel Stierle
Geritzmann Striebeck
Haage Dr. Tamblé
Hamacher Theil ({36})
Dr. Harm Theis ({37})
Hauffe Wagner
Heide Wegener
I Heiland Wehner
Dr. Dr. Heinemann Welke
Hellenbrock Welslau
Hermsdorf Weltner ({38})
Herold Frau Wessel
Höcker Wilhelm
Höhmann Wischnewski
Höhne Wittrock
Hörauf Zühlke
Frau Dr. Hubert
Hufnagel
Iven ({39}) Berliner Abgeordnete
Jacobs Dr. Königswarter
Jahn ({40}) Frau Krappe
Jürgensen Mattick
Junghans Neumann
Jungherz Scharnowski
Frau Keilhack Dr. Schellenberg
Frau Kettig Schröter ({41})
Keuning Schütz ({42})
Killat ({43}) Dr. Seume
Kinat ({44}) Frau Wolff ({45})
Frau Kipp-Kaule
Koenen ({46}) PDP
Kraus Eilers ({47})
Kriedemann Dr. Miessner
Kühn ({48}) Dr. Schneider ({49})
Kurlbaum
Lange ({50})
Lantermann Berliner Abgeordnete
Lohmar Dr. Will
Ludwig
Lücke ({51})
Lünenstraß
Marx Nein
Matzner CDU/CSU
Meitmann
Dr. Menzel Graf Adelmann
Merten Dr. Barzel
Metter Bauknecht
Berberich Keller
von Bodelschwingh Dr. Kohut
Dr. Conring Kreitmeyer
Diebäcker Kühn ({52})
Dr. Dollinger Lenz ({53})
Dr. Frey Mauk
Gehring Dr. Mende
Gerns Mischnick
Hilbert Freiherr von Mühlen
Dr. Jaeger Murr
Koch Dr. Rutschke
Frau Dr. Kuchtner Schultz
von Lindeiner-Wildau Dr. Stammberger
Menke Walter
Frau Dr. Pannhoff Zoglmann
Dr. Philipp
Schulze-Pellengahr Berliner Abgeordnete
Dr. Siemer
Spies ({54}) Frau Dr. Dr. h. c. Lüders
Wehking DP
Logemann
Berliner Abgeordnete Matthes
Dr. Preiß
Frau Dr. Maxsein Dr. Preusker
Schneider ({55})
FDP Dr. Schneider ({56})
Dr. Schranz
Dr. Atzenroth Dr. Steinmetz
Dr. Bucher Tobaben
Dr. Dahlgrün
Dr. Dehler
Döring ({57}) Enthalten
Dowidat
Dürr CDU/CSU
Eisenmann Dr. Dresbach
Frau Friese-Korn Fritz ({58})
In der Aussprache über den Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 7 erteile ich nunmehr dem Abgeordneten Dr. Bartels das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Änderungsantrag der Fraktion der SPD unter Ziffer 7 ihres Sammelantrages abzulehnen. Wir sind der Überzeugung, daß mit den Bestimmungen, die der Wohnungsausschuß Ihnen vorschlägt, die Grenzen erreicht sind, die nach beiden Seiten abgesteckt werden sollten, um ein Vorkaufsrecht so weit zu gestalten wie nötig, aber auch nicht weiter als nötig. Die Annahme des Antrags brächte nach unserer Auffassung eine uferlose Ausweitung, und das können wir nicht vertreten.
({0})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 611 Ziffer 7 auf Einfügung eines § 28 bb zuzustimmen
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich
bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der
Antrag ist abgelehnt.
({0})
Ich rufe nunmehr auf den § 28 c und dazu die Änderungsanträge Umdruck 615 Ziffer 7, 618 Ziffer 3,
621 Ziffer 2 und 611 Ziffer 8.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wer wünscht das Wort zur Begründung der Anträge?
({1}) - Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe nur den Antrag auf Umdruck 615 Ziffer 7. Danach soll im § 28 c in den Eingangsworten ein kleiner Zusatz gemacht werden. Ohne diesen Zusatz könnte nämlich zweifelhaft sein, ob die Ausübung eines Vorkaufsrechts zugunsten anderer, von der § 28 c handelt, einen Sondertatbestand darstellt oder ob es sich hier um ein Recht handelt, für das die Voraussetzungen der anderen Paragraphen gelten. Meine Fraktion will ganz eindeutig feststellen, daß es sich nicht um eine Erweiterung im Tatbestand, sondern nur in der Frage handelt, wer begünstigt sein soll. Deshalb soll § 28 c Abs. 1 eingangs folgende Fassung erhalten:
({0}) Die Gemeinde kann das ihr gemäß §§ 28, 28 a und 28 b zustehende Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen „Begünstigten" ausüben, wenn...
Ich bitte Sie, diesem der Klarstellung dienenden Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Brecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, Herr Präsident, daß ich gleichzeitig auch zu dem zu § 28 c gestellten Änderungsantrag etwas sage, den soeben Herr Kollege Bartels begründet hat. Die SPD stimmt diesem Änderungsantrag der CDU durchaus zu. Es war für uns überhaupt nie strittig, daß § 28 c keine Erweiterung des Vorkaufsrechts darstellt, sondern lediglich eine besondere Behandlung des Vorkauf s-rechts zugunsten Dritter vorschreibt. Bei der Anwendung des § 28 c müssen immer die Voraussetzungen der §§ 28, 28 a, und 28 b gegeben sein.
Wir hätten es sehr gern gesehen, meine Kollegen von der CDU, wenn Sie auch die weiteren Voraussetzungen in einem § 28 bb eingeräumt hätten. Das haben Sie leider nicht getan.
Immerhin sind wir sehr erfreut, daß die Anregungen und die Anträge der SPD, das gemeindliche Vorkaufsrecht in diesem Bundesbaugesetz auszuweiten. durch das entgegenkommende Verhandeln im Ausschuß zu einem gewissen Ergebnis geführt haben. Die Regierungsvorlage hatte ein so weitgehendes Vorkaufsrecht überhaupt nicht. Erst unseren Bemühungen im Ausschuß ist es dann gelungen, dieses Instrument einzubauen.
Das Wertvolle dieses Vorkaufsrechts liegt darin: je stärker und weitergehend es unter marktwirtschaftlichen Voraussetzungen gehandhabt werden kann, um so geringer ist die Notwendigkeit, auf Enteignungen zuzugehen. Diesen besonderen Charakter des Vorkaufsrechts sollte man einmal deutlich herausstellen.
({0})
In § 28 c geht es nun darum, daß die Gemeinde - kein anderer - das Vorkaufsrecht auch zugunsten eines anderen ausüben kann. Es ist aufgezählt, zu wessen Gunsten das geschehen kann. Ich mache hier noch einmal darauf aufmerksam: Es ist keine Begünstigung einzelner Personen oder Institutionen. Dieser andere, dieser Dritte kann eine juristische Person sein, es kann eine natürliche Person sein, es kann auch eine Kirche sein, es kann ein Elektrizitätswerk sein oder dergleichen. Es kommt nur darauf an, daß das Gelände einer bestimmten Zweckbindung unterliegt. Das wird in § 28 c aufgezählt. Das ist das Gelände, das für den Gemeinbedarf notwendig ist, für Versorgungs- und Verkehrsanlagen, für Grünflächen und - das haben Sie nun in Nr. 2 hineingenommen - für den Wohnungsbau, aber nur, soweit es sich um den Eigenheimbau oder um Eigenheimgebiete handelt.
Darin liegt eine Begrenzung, die wir für viel zu eng halten. Der Herr Bundeswohnungsbauminister zeigt hier im Vorraum eine interessante kleine Ausstellung. Er bringt dabei beachtlicherweise gerade die Beispiele aus dem von Ihnen manchmal so sehr kritisierten roten Hamburg, darunter das Beispiel von Neu-Altona. Ich empfehle Ihnen sehr, sich das anzusehen. Dann werden Sie feststellen, daß von all den Beispielen, die der Herr Bundeswohnungsbauminister da draußen zeigt, kein einziges unter diesen § 28 c fallen würde. Denn es wird kein Eigenheimgebiet dabei gezeigt; gezeigt ist vielmehr das, was städtebaulich wirklich erforderlich ist, nämlich Mischbebauungen mit allen verschiedenen Wohnformen.
Ich habe gestern abend, als ich das Material für den heutigen Tag zusammensuchte, zufällig einen Vortrag gefunden, den der Herr Minister schon im Jahre 1958 gehalten hat; darin hat er gesagt:
In Städten und namentlich in Großstädten kann keine Wohnform für sich allein, weder das Eigenheim allein noch die Mietwohnung allein, die Gesamtlösung bringen und der freien Wahl der vom Bewohner gewünschten Wohnform gerecht werden. Im Einfamilienhaus, in der Eigentumswohnung und in der Mietwohnung stehen uns vielseitige Wohnformen zur Verfügung, die es uns erlauben, den verschiedenartigen Wohnwünschen aller Bürger gerecht zu werden.
Wir meinen, man soll nur diesen, vom Herrn Bundeswohnungsbauminister selbst proklamierten Grundsatz hier anwenden und soll dies auch auf das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen anwenden. Es ist doch gar nichts Fremdartiges oder Bösartiges oder weltanschaulich Verderbliches, daß wir in unserer städtebaulichen Gestaltung universal denken müssen, d. h. in allen Wohnformen und nicht nur in der Wohnform des Eigenheims. Gerade der moderne Städtebau, auch so, wie er da draußen dargestellt ist, kommt immer wieder zu dem Ergebnis, gemischte Bebauungsgebiete durchzuführen sowohl mit Miethäusern als auch mit Eigenheimen. Das sollte man nicht unmöglich machen.
Ich mache noch einmal darauf aufmerksam: § 28 c bedeutet keine Erweiterung des Vorkaufsrechts, sondern es müssen alle anderen VorausDr. Brecht
Setzungen gegeben sein. Seine Einräumung muß dem allgemeinen Wohl dienen. Wenn der Eigentümer erklärt, ein Grundstück in drei Jahren bebauen zu wollen, führt das auch über § 28 c nicht zum Zuge. Aber wenn die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausübt, soll sie es auch zugunsten eines anderen ausüben können, wenn darauf in der städtebaulichen Gestaltung statt Eigenheimen Mietwohnungen geschaffen werden. Wir meinen, da keine Privilegierung, keine Monopolisierung oder Oligopolisierung für einzelne Gruppen, sondern nur eine Zweckbindung vorhanden ist, sollte man dem universellen Charakter des modernen Städtebaues auch in § 28 c Rechnung tragen und diesem Antrag zustimmen.
Es sind noch die Anträge Umdruck 618 und 621 zu begründen. - Herr Abgeordneter Stiller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über das Vorkaufsrecht hat es schon eine ziemlich lange Debatte gegeben, die ich für berechtigt halte, weil ich das Vorkaufsrecht eigentlich als Enteignung des Käufers betrachte. Wir sind der Meinung, daß möglichst viele Menschen in Zukunft in die Lage versetzt werden sollen, sich ein Grundstück zu erwerben. Das Vorkaufsrecht aber macht manchem den Erwerb eines Grundstücks unmöglich, dann nämlich, wenn von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht wird. Das Vorkaufsrecht soll jetzt in das Bundesbaugesetz hineinkommen, also für das ganze Bundesgebiet gelten. Herr Kollege Dr. Bartels hat schon erwähnt, daß einige Länder bisher kein Vorkaufsrecht hatten. Diese haben, was auch einmal gesagt werden muß, dennoch den bisherigen Wiederaufbau der zerstörten Städte genauso vollzogen wie die Länder, die Baugesetze und das Vorkaufsrecht der Gemeinden hatten.
Meine Freunde, die den Antrag auf Umdruck 621 unterschrieben haben, sind mit mir der Meinung, daß man das Bundesbaugesetz zwar zeitgemäß gestalten sollte, glauben aber, daß man mit der Annahme des § 28 b - Vorkaufsrecht in Sanierungsgebieten - und des § 28 a - Vorkaufsrecht für unbebaute Grundstücke - bereits genügend Möglichkeiten gegeben habe. Der § 28 c, der die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten anderer bringen soll, geht unserer Meinung nach zu weit. Man sollte sich mit den §§ 28 bis 28 b zufriedengeben und den § 28 c streichen.
Wird noch zur Begründung der Anträge das Wort gewünscht?
({0})
- Ist bereits geschehen! Damit sind alle Anträge begründet.
Wir kommen nunmehr zur Ausprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil bei der zweiten Lesung erfahrungsgemäß so
verfahren wird, daß man, wenn man mit einer Bestimmung nicht einverstanden ist, dagegen stimmt, haben wir von uns aus davon abgesehen, Ihnen unsere ablehnende Haltung zu bestimmten Paragraphen in Form von Anträgen auf Streichung zu bekunden. Ich muß Ihnen aber jetzt ausdrücklich sagen, daß meine Fraktion die Bestimmung des § 28 c ablehnt.
Ich habe vorhin über Sozialpflichtigkeit gesprochen und Ihnen auch gesagt, wie das Wort Liberalismus von uns Freien Demokraten heute aufgefaßt wird. Ich habe schon auf unsere Bedenken gegen das allgemeine Vorkaufsrecht hingewiesen. Was aber in § 28 c dem Eigentümer zugemutet wird, überschreitet weitaus das Maß des Zumutbaren. Hier ist der Bogen einfach überspannt worden.
Was soll denn mit dem Gesetz erreicht werden? In den Beratungen wurde immer wieder zum Ausdruck gebracht, es solle die Handhabe dazu geben, daß Bauland zur Verfügung gestellt werden kann. Eine der Bestimmungen, die dazu beitragen soll, ist der § 28 c. Die wichtigeren Bestimmungen über Baulandsteuer usw. werden ja noch behandelt werden. Hier aber ist folgendes festzustellen.
Es wurde schon darauf hingewiesen, daß das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht in allen Ländern der Bundesrepublik vorhanden war; ein großer Teil der Länder hatte es nicht. Trotzdem sind jährlich 500 000 Wohnungen gebaut worden. Haben Sie festgestellt, daß in den Ländern, in denen ein solches Vorkaufsrecht nicht galt, weniger Wohnungen gebaut worden sind? Das war überhaupt nicht festzustellen. Schon daraus ergibt sich, daß Ihre Argumentation einfach nicht durchschlagend ist.
(({0})
Hier geht es doch um private Verträge. Wir haben im BGB den Grundsatz der Vertragsfreiheit; ihn betrachten wir als ganz wesentliches Erfordernis eines Rechtsstaates. Jetzt wollen Sie in die Vertragsfreiheit nicht nur mit dem allgemeinen Vorkaufsrecht, sondern darüber hinaus mit dem Vorkaufsrecht zugunsten Dritter eingreifen! Ich bin fünf Jahre lang Mitglied eines Gemeinderats gewesen, und zwar in der schwersten Zeit. Sie können mir deshalb nicht vorwerfen, ich hätte nicht die Erfahrung, wie sich diese Dinge nachher unten auswirken.
Gott sei Dank ist erreicht worden, daß die Ausnahmen vom Vorkaufsrecht bis zur Verwandtschaft dritten Grades ausgedehnt wurden, so daß jetzt wenigstens der Onkel an seinen Neffen verkaufen kann, wenn er das will, ohne daß die Gemeinde mit ihrem Vorkaufsrecht kommen kann. Das bedeutet aber weiterhin folgendes. Nehmen wir einmal an, der Eigentümer Müller will seinem guten Freund Meier ein Grundstück verkaufen; er möchte speziell ihm das Grundstück zukommen lassen. In diesem Augenblick kann die Gemeinde eingreifen und sagen: Ich mache von meinen Vorkaufsrecht Gebrauch, und der Freund Meier soll von dem Eigentümer Müller das Grundstück nicht bekommen.
Sie sagen, diese Dinge seien nur praktikabel, solange Baulandmangel herrsche. Schön! Wenn kein Baulandmangel mehr herrsche, solle diese Vorschrift nicht mehr angewendet werden. Wer gibt Ihnen aber die Garantie, daß die Gemeinde nachher dieses Vorkaufsrecht nicht mehr anwendet?
({1})
- Herr Kollege, ich teile Ihren Optimismus nicht.
In den einzelnen Gemeinden wird das wahrscheinlich je nach der Höhe des Gewerbesteueraufkommens unterschiedlich sein. Es wird auch davon abhängen, wie die gemeindliche Grundstückspolitik aussieht, Nehmen Sie, meine Kollegen von der SPD, es mir bitte nicht übel: es wird auch davon abhängen, wie im Gemeinderat auf Grund von politischen Auffassungen die Grenze zwischen der Freiheit des Eigentums, den Rechten des Eigentümers und den Eingriffsmöglichkeiten der öffentlichen Hand gezogen wird. Wir Freien Demokraten werden uns bei der Grenzziehung natürlich von der SPD unterscheiden. Das ergibt sich einfach aus unserem politischen Programm.
Vorhin wurde darauf hingewiesen, daß in den Ausschußberatungen eine schöne Einigkeit zwischen der SPD und der CDU hinsichtlich der Frage bestanden habe, wo die Grenze zu ziehen sei. Die Auffassung der FDP Tiber die Grenzziehung stimmt damit nicht überein.
({2})
- Entschuldigung, Sie sprechen von dem § 28 a, Herr Kollege Czaja. Dazu habe ich zuerst meine große Befürchtung geäußert. Ich mache kein Geheimnis daraus, daß wir innerhalb der Fraktion das als einen Grenzfall angesehen haben. Wir kennen ja keinen Fraktionszwang. Schauen Sie sich nachher das Ergebnis der namentlichen Abstimmung an; darin werden Sie sehen, welche Auffassung die einzelnen Kollegen unserer Fraktion vertreten.
Sie gehen davon aus, daß ein Grundstücksmangel besteht. Dann wirkt sich eine Formulierung, wie Sie sie hier vorschlagen, so aus, daß nachher der Freund des Eigentümers, wenn er nicht das Liebkind bei der Gemeinde ist, das Haus nicht erstellen kann, sondern daß diese Möglichkeit einem anderen gegeben wird. Auf Grund dieser Bestimmung kann die Gemeinde das Grundstück dann einem anderen zuweisen, der ihr genehmer ist.
Etwas Derartiges hat es einfach noch nicht gegeben. Ich bitte Sie dringend, sich die Konsequenzen zu überlegen, die aus einem derartigen Schritt entstehen. Tun Sie bitte die Dinge nicht so ab, wie es Herr Kollege Brecht getan hat, der gesagt hat, das Vorkaufsrecht sei gegenüber der Enteignung das Geringere. Ich sage dazu: bei einem Enteignungsverfahren hat der Eigentümer ganz andere Mittel und Wege vor allem Rechtsmittel -, sich gegen eine Beeinträchtigung zu wehren, die nach seiner Auffassung das Wohl der Allgemeinheit nicht erfordert.
Wie ist es denn mit dem Wohl der Allgemeinheit? Ich habe mich in der Sitzung des Rechtsausschusses bemüht, zu klären, wie der Begriff „Wohl
der Allgemeinheit" gefaßt werden soll. Im Zusammenhang mit den Entscheidungen beim Enteignungsverfahren ist vorhin von Ihrer Seite darauf hingewiesen worden, daß der Begriff des Wohls der Allgemeinheit eine einengende Auslegung erfahren hat. Was habe ich aber im Rechtsausschuß gehört? Die Interpretation des Begriffes „Wohl der Allgemeinheit" ging weit über das hinaus, was die Rechtsprechung darunter verstanden haben will. Es ist interpretiert worden, dem Wohl der Allgemeinheit sei schon Genüge getan, wenn überhaupt Wohnungen geschaffen werden. Meine Damen und Herren, Sie gehen hier einfach zu weit.
Dann noch folgendes. Sie wollen, daß das Eigentum, besonders das kleine, geachtet wird. Im Ausschuß wurde geltend gemacht, es müsse möglich sein, gegebenenfalls einer Siedlungsgesellschaft, einer großen Wohnungsbaugesellschaft das fehlende Land durch die Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Dem muß ich entgegenhalten, daß alle diese Bestimmungen zu Lasten des Einzeleigentümers gehen; der ist hier der Schlechtergestellte. Es kommt nicht nur darauf an, daß der Vertrag über das Vorkaufsrecht formell eingehalten wird. Der von der Gemeinde Begünstigte kann doch ein Käufer sein, den der Verkäufer gar nicht als Vertragsgegner haben will. Es kommt jemandem, wenn er einen Vertrag schließt, nicht nur auf die formelle Einhaltung der Bedingungen, sondern gegebenenfalls auch sehr darauf an, mit wem er einen Vertrag schließt. Er ist bereit, einen Vertrag mit dem Freund Meyer zu schließen; aber nicht mit einem Unbekannten X, Y, Z will er das Grundstück gegebenenfalls nicht geben. Wird erst einmal dieser Weg beschritten, weiß man nicht, wo er endet.
Sie greifen gleichzeitig in ältere Erwerbsrechte ein. Betrachten Sie doch bitte den § 28 b! Demjenigen, für den früher schon ein Vorkaufsrecht bestellt war, der also einen viel älteren Anspruch hat, wollen Sie gegebenenfalls das Vorkaufsrecht nehmen.
Aus all diesen Gründen ist meine Fraktion der Auffassung, daß das Maß des Erträglichen mit dieser Bestimmung eines Vorkaufrechts zugunsten Dritter überschritten ist. Ich bitte Sie deshalb sehr, diesem Paragraphen nicht Ihre Zustimmung zu geben.
({3})
Es ist an mich der Wunsch herangetragen worden, diesen Punkt bis zur Abstimmung über § 28 c noch vor der Fragestunde zu erledigen. - Darüber besteht Einverständnis.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bartels.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt in diesem Hause noch ziemlich viel Gemeinsames. Ein gemeinsamer Gesichtspunkt ist der, daß man gegenüber Damen immer höflich sein soll; das ganze Haus wird diese Ansicht teilen.
({0})
Aber ich glaube, das Haus ist sich auch darüber einig, daß solche Reden, wie wir sie soeben gehört und die mit dem § 28 c nicht das geringste zu tun haben,
({1})
unsere ernsten Erörterungen nicht fördern.
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Hier ist eine Empörung gegen die Institution des Vorkaufsrechts, die sich vielleicht in zwei Jahren angesammelt haben mag, abreagiert worden. Aber über das Vorkaufsrecht - § 28 a - haben wir vor ziemlich langer Zeit in namentlicher Abstimmung entschieden. Nun dreht es sich nur noch um § 28 c. Ich glaube, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus hat ihn überhaupt nicht verstanden. Er behandelt nämlich die technische Durchführung des Vorkaufsrechts, das im vorhergehenden Paragraphen festgelegt ist.
({3})
Es wird lediglich gesagt: Wenn die Gemeinde ein Grundstück, das dem Vorkaufsrecht unterliegt, nicht selbst erwerben oder nicht behalten will, weil das Gesetz ihr vorschreibt, daß es an Baulustige sofort weitergegeben werden muß, dann kann sie unter gewissen Voraussetzungen zugunsten eines anderen ihr Vorkaufsrecht ausüben. Das hat einen doppelten Zweck. Einmal soll die Gemeinde nicht gezwungen sein, das Geld hinzulegen, zum anderen soll eine doppelte Grunderwerbsteuer vermieden werden. Das ist, glaube ich, ein alle Angehörigen des Hauses völlig überzeugender Gesichtspunkt.
Nun schlage ich vor, daß über den § 28 c, der, wie gesagt, nur die technische Durchführung bei Ausübung eines der Gemeinde zustehenden Vorkaufsrechts betrifft und keinerlei Erweiterung enthält, abgestimmt wird. Ich muß allerdings bitten, die Änderungsanträge der SPD nicht anzunehmen. Meine Fraktion ist der Überzeugung, daß mit der vom Ausschuß erarbeiteten Fassung des § 28 c das rechte Maß eingehalten worden ist und daß darüber nicht hinausgegangen werden sollte.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Brecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bedauern sehr, daß die CDU unserem Ergänzungs- und Änderungsantrag zu § 28 c nicht zustimmt. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, daß sie mit der Ablehnung unseres Antrages eine Entscheidung trifft, die städtebaulich falsch ist, die die Handlungsfreiheit der Gemeinden beeinträchtigt. Es würde der städtebaulichen Universalität entsprechen, daß die Gemeinden diese Übertragung ihres Vorkaufsrechtes auch für Zwecke eines anderen Wohnungsbaues als des Eigenheimbaues vornehmen dürfen. Sie werden in absehbarer Zeit die Erfahrung machen, daß die Durchführung des § 28 c ohne die von uns beantragte Ergänzung auf große Schwierigkeiten stößt. Im Bericht ist gesagt, in welchen Fällen ein sogenanntes Eigenheimgebiet vorliegt und wie eng das ist. Übrigens konnte auch der Herr Minister draußen in der Ausstellung ein solches gar nicht zeigen.
Im übrigen kann ich mich zu dem, was I len Kollege Bartels gesagt hat, positiv äußern. Auch wir sind der Ansicht, daß hier gar nicht mehr über das Vorkaufsrecht im ganzen zu entscheiden ist. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes zugunsten anderer ändert nichts an der in den §§ 28, 28 a und 28 b statuierten Rechtslage. Im übrigen empfehle ich dringend, den Schriftlichen Bericht zu lesen. Dort sind die Gründe aufgeführt, die für die Regelung des § 28 c sprechen. Es heißt im Bericht:
Würde man die Ausübung des Vorkaufsrechtes nur zugunsten der Gemeinden zulassen, so würde das Vorkaufsrecht als Instrument der Bodenordnung, insbesondere bei kleineren Gemeinden, versagen, denn diesen fehlen nicht selten die Mittel, um Grundstücke zu erwerben.
Nach der Regelung des § 28 c geben sie das Grundstück gleich einem Dritten.
Weiter heißt es:
Auch ein bloßer Zwischenerwerb wäre für diese Gemeinden schwierig, ... Der Ausschuß hat daher in Anlehnung an das Vorbild verschiedener Aufbaugesetze der Länder, auch im Interesse der Vereinfachung des Verfahrens und um einen zweimaligen Eigentumswechsel zu ersparen, die Ausübung des Vorkaufsrechtes auch zugunsten anderer zugelassen.
Alle diese Vorteile, alle diese Notwendigkeiten, die hier zur Begründung des § 28 c Abs. 1 Nr. 1 und 2 aufgeführt sind, sprechen mit dem gleichen Gewicht, meine Damen und Herren von der CDU, auch für die von uns beantragte Nr. 3, wonach die Regelung auch für Gelände gelten soll, auf dem Mischbauten errichtet werden, Eigenheime und mehrgeschossige Häuser. Deshalb sollten Sie es sich nochmals überlegen, ob Sie den städtebaulichen Erfordernissen nicht Rechnung tragen wollen.
({0})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Kollege Bartels, daß ich nochmals spreche, haben Sie herausgefordert. Sie haben zuerst so nett die Höflichkeit gegenüber weiblichen Abgeordneten beteuert, und die konnte ich Ihnen bisher auch immer bescheinigen. Aber mit Ihrer Beteuerung der Höflichkeit ließen sich Ihre weiteren Ausführungen nicht vereinbaren.
({0})
Sie haben gesagt, meine Ausführungen hätten mit § 28 c nichts zu tun, und ich verstünde nichts davon. Was Sie dann aber darüber gesagt haben, was hinter dieser ganzen Sache steckt, hat meiner Auffassung Recht gegeben, daß nämlich schon der § 28 a einfach unhaltbar ist.
({1})
Urau Dr. Diemer-Nicolaus
Sie haben mir vorhin entgegengehalten, es werde schon nicht im. Übermaß vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden, weil die Gemeinden erst das Geld haben müßten. Jetzt aber haben Sie gesagt, die Gemeinde brauche bei dem Vorkaufsrecht zugunsten Dritter das Geld nicht herzugeben, es brauche nicht zweimal die Grunderwerbsteuer gezahlt zu werden. Praktisch wird es doch folgendermaßen aussehen: Die Gemeinde macht ihr Vorkaufsrecht geltend und bestimmt gleich, daß nicht der Käufer, der darauf angewiesen ist, sich ein Grundstück auf dem freien Markt zu beschaffen, zum Zuge kommt, sondern - nehmen Sie es mir nicht übel - die Personen, die der betreffenden Gemeindeverwaltung besonders opportun sind. Das wird letzten Endes das Ergebnis sein, und das wollen Sie unterstützen. Dafür habe ich kein Verständnis. Hier schaffen Sie, die Sie behaupten, die freie Marktwirtschaft zu vertreten, ein Grundstücksmonopol der Gemeinden!
({2})
Ich kann Sie im Interesse einer echten freien Marktwirtschaft nur noch dringender bitten, diesen Weg nicht zu gehen.
Das Wort hat der Abgeordnete Eilers.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Debatte, die wir so sachlich und, von den Männern dieses Hauses zu ,den Damen gerichtet, so zuvorkommend führen, darf doch wohl eines gesagt werden: Beim Anhören so mancher Ausführungen möchte man fast meinen, daß die Organe der Gemeinden aus Halsabschneidern zusammengesetzt seien.
({0})
In Wirklichkeit liegen die Dinge anders. Wir geben den Gemeinden die Möglichkeit, für die Gesamtheit ihrer Bürger eine Planung sicherzustellen, die auch unseren Kindern und Kindeskindern noch den Raum schafft, ihr Leben in Gesundheit und einer guten Entwicklung zu gestalten. Über diese Fragen haben in der Gemeinde die Gemeinderäte, also die Bürger selbst, zu entscheiden. Der Grundstücksverkehr ist in fast allen Gemeindeordnungen, die in der Bundesrepublik Deutschland Geltung haben, der Beschlußfassung des Gesamtrates der Gemeinde oder der Stadt vorbehalten. Ob die Gesamtheit der Bürger das Vorkaufsrecht - nicht die Vorkaufspflicht ({1})
in Anspruch nehmen will, ist in das Ermessen der Gesamtvertretung der Bürger gestellt.
Im wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit der Bürger sollten wir eine solche Möglichkeit in diesem so wichtigen und richtungweisenden Gesetz durchaus vorsehen.
({2})
Zwischen der Gesamtheit der Bürgerschaft, vertreten
durch den Rat der Gemeinde, und dem einzelnen
Bürger braucht nicht unbedingt ein Gegensatz zu bestehen; in den meisten Fällen ist er nicht vorhanden. Vielmehr versucht die Gesamtheit, das Beste für die Gemeinschaft der Bürger zu tun. Das, meine Damen und Herren, berücksichtigen Sie bitte, wenn Sie jetzt Ihre Stimme abgeben.
Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht, Ich komme zur Abstimmung.
Ich lasse zuerst abstimmen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 7. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Das erste war die große Mehrheit; angenommen.
Ich komme damit zu dem Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 8. Wer zuzustimmen
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich
bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das
zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Es liegen noch die Anträge auf Umdruck 618 Ziffer 3 und auf Umdruck 621 Ziffer 2 vor, in denen übereinstimmend die Streichung beantragt wird. Hierüber wird nicht gesondert abgestimmt, vielmehr wird wie vorhin über den § 28 c im ganzen abgestimmt. Ist hier auch ein Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt, Herr Dr. Bartels?
({0})
Dann kann ich so abstimmen lassen. Wer dem Paragraphen zuzustimmen wünscht, der stimmt mit Ja, wer ihn streichen will, der stimmt mit Nein. Wer dem § 28 c in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu der Fragestunde:
Fragestunde ({1}).
({2})
Die Mittagspause ist von 14 bis 15 Uhr. Vorerst haben wir noch eine Fragestunde.
Meine Damen und Herren, wir beginnen die Fragestunde mit der vorgezogenen Frage XIV Ziffer 7 des Abgeordneten Müller-Hermann. Ist der Abgeordnete Müller-Hermann im Saal?
({3})
Es handelt sich um den Artikel des Herrn Bundesverkehrsministers in der Sudetendeutschen Zeitung vom 26. März 1960:
Unter Bezugnahme auf einen Artikel des Herrn Bundesverkehrsministers in der Sudetendeutschen Zeitung vom 26. März 1960, in dem es eingangs beißt:
„Wir Sudetendeutsche sind es leider in den letzten Jahren gewöhnt, daß wir von Politikern unseres eigenen Volkes diffamiert werden, ohne daß wir sie oder clic von ihnen vertretenen Parteien angegriffen hätten. Wir erinnern an die Ausfälle der Sozialdemokraten Dr. Otto Heinrich Greve und Prof. Dr. Carlo Schmid, an den Freien Demokraten Willi Max Rademacher, an die Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union Ernst Müller-Hermann und Dr. Gerd Bucerius. Es gehörten noch weitere Herren auf diese Liste. Aber ich will es damit genug sein lassen. Bemerkenswerterweise sind drei dieser Herren, nämlich die Herren Rade-
Vizepräsident Dr. Jaeger
macher, Müller-Hermann und Bucerius, Mitglieder des Verkehrsausschusses des Bundestages und in dieser Beziehung nicht einig mit mir über die Verkehrspolitik."
frage ich den Herrn Bundesverkehrsminister,
a) worauf er seine Behauptung stützt, daß ich, der ich selbst Heimatvertriebener bin, bei irgendeiner Gelegenheit oder auch nur andeutungsweise die Sudetendeutschen oder ihn als Person und Sudetendeutschen diffamiert hätte,
b) ob er die Auffassung vertritt, daß jede sachliche Meinungsverschiedenheit in der Verkehrspolitik mit ihm zugleich eine Diffamierung seiner Person bedeutet oder etwas mit seinem Sudetendeutschtum zu tun hat?
Das Wort hat der Bundesminister für Verkehr.
Die einleitenden Bemerkungen zu meinem Artikel in der „Sudetendeutschen Zeitung" vom 26. März 1960 fußen, soweit sie Herrn Kollegen Müller-Hermann betreffen, auf seinem Aufsatz in der „Politisch-Sozialen Korrespondenz" vom 15. August 1959.
Daß sich die Vertriebenenverbände ganz allgemein und unter ihnen die Sudetendeutschen durch diesen Aufsatz erheblich angegriffen sahen, geht aus der redaktionellen Stellungnahme im „Deutschen Ostdienst" - der amtlichen Korrespondenz des Bundes der Vertriebenen und der Vereinigten Landsmannschaften - vom 24. August 1959 sowie aus den beiden in der gleichen Korrespondenz am 31. August 1959 abgedruckten Briefen unserer Kollegen Baron Manteuffel-Szoege und Krüger, dieser in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundes der Vertriebenen, hervor.
Herr Krüger hat in seiner Darlegung an Sie, Herr Kollege Müller-Hermann, ausgeführt, daß „Ihre Ausführungen . . . in Vertriebenenkreisen starkes Befremden ausgelöst haben. Die Tatsache, daß sie von einem gebürtigen Ostpreußen stammen, wird die Reaktion nicht so bald abklingen lassen. Sie veranlaßt mich auch zu diesen Zeilen."
Er schreibt weiter:
Sie sprechen weiter vom politischen Takt, vom Wert bzw. Unwert der Lautstärke, von Unfehlbarkeit und Ausschließlichkeit. Was diese Begriffe bedeuten, habe ich jedenfalls gelernt, als Frage des eigenen Standpunktes zu betrachten. Im ganzen dürfen unsere Verlautbarungen und Stellungnahmen dartun, daß wir auf diese Dinge Rücksicht genommen haben.
Herr Krüger schreibt weiter:
Jedenfalls geht es so nicht, sehr geehrter Herr Kollege. Sie haben der deutschen Sache, voran der der Vertriebenen, die eigentlich auch Ihr Anliegen sein sollte, keinen guten Dienst erwiesen.
Der Herr Kollege Dr. Baron Manteuffel-Szoege schreibt:
Die pädagogische Note, die Sie den Organisationen der Vertriebenen gegenüber anschlagen, trägt nicht dazu bei, deren bisher geübte Zurückhaltung und Geduld zu entwickeln....
Ich will gern glauben, daß Ihre Ausführungen bei manchen allzu Satten Gehör finden.
In der Korrespondenz wird redaktionell weiter dazu ausgeführt:
Die Kritik des heimatvertriebenen Bundestagsabgeordneten Müller-Hermann, Bremen, an der Politik der Verbände, besonders an der jüngsten Stellungnahme des Bundes der Vertriebenen, hat erhebliches Befremden hervorgerufen.... Bekanntlich meldete sich dieser in Ostpreußen gebürtige Abgeordnete höchst selten und dann noch in befremdender Art und Weise in der Sache seiner Schicksalsgefährten zu Wort.
Ich habe damals Mühe gehabt, im Vorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu erreichen, daß man sich mit der Stellungnahme des Herrn Präsidenten Krüger für alle Vertriebenenverbände zufrieden gab und auf eine weitere Bekundung Ihnen gegenüber verzichtete.
Ich glaube, niemand kann aus meinem Aufsatz entnehmen, daß ich mich in dieser Angelegenheit von Ihnen persönlich angegriffen fühle. Als Sudetendeutscher fühle ich mich natürlich ebenso berührt wie meine Landsleute.
Auf Ihre zweite Frage darf ich mit einem klaren Nein antworten. Sie könnten mit Recht darauf hinweisen, daß der zweite Teil des von Ihnen zitierten Auszuges aus meinem Artikel hier eine Unklarheit hervorruft, wenn nicht in diesem Artikel weiterhin ausdrücklich gesagt worden wäre, daß eine Koinzidenz dieser beiden Ereignisse von mir ausdrücklich abgelehnt wird. Es heißt in dem Artikel:
Ich bin überzeugt, daß all das nur ein zufälliges Zusammentreten ist.
Dieser Satz soll den Lesern, also meinen Landsleuten, die ja im wesentlichen diese Zeitung lesen, klarmachen, daß ich einen offenbar von dritter Seite konstruierten Zusammenhang mit den verkehrspolitischen Angelegenheiten in dieser Frage ausdrücklich abgelehnt habe.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann zu einer Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, ist Ihnen nicht bekannt, daß sowohl mein Kollege Krüger als Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen als auch mein Kollege Baron Manteuffel-Szoege als Vorsitzender einer Landsmannschaft nach diesen von Ihnen zum Teil verlesenen Erklärungen ebenso ausdrücklich erklärt haben, daß sie ihre Vorwürfe zurücknehmen, und müssen Sie nicht zugeben, daß in dem von Ihnen erwähnten Artikel in der PSK in keiner Weise eine Absicht vorgelegen hat, irgend jemand unter den Vertriebenen oder die Vertriebenen in ihrer Gesamtheit zu diffamieren, daß überhaupt von einer Diffamierung niemals die Rede gewesen sein kann?
Herr Kollege Müller-Hermann, die Frage, ob sich jemand diffamiert fühlt, ist im wesentlichen eine Frage der subjektiven Einstellung dessen, der angegriffen wird. Die Sudetendeutschen haben sich durch Ihren Aufsatz - ich sagte es schon - sehr angegriffen gefühlt. Es handelt sich bekanntlich um
die Frage eines Nichtangriffspaktes mit der Tschechoslowakei. Damals habe ich ausdrücklich abgelehnt und mit vieler Mühe verhindert, daß deswegen Ihnen gegenüber noch weitere Entschließungen gefaßt wurden. Von den weiteren Stellungnahmen der beiden genannten Herren Krüger und Baron Manteuffel ist mir nichts bekannt. Sie sind auch in diesem Korrespondenzdienst nicht veröffentlicht worden.
Noch eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Müller-Hermann.
Herr Bundesminister, müssen Sie nicht zumindest zugeben, daß der Begriff „Diffamierung" in diesem Zusammenhang völlig fehl am Platze gewesen ist?
Der Ausdruck ist sicherlich nicht völlig fehl am Platze, aber er ist vielleicht etwas scharf gewesen.
Nunmehr ist die Frage, schon weil eine weitere Zusatzfrage nicht mehr möglich ist, endgültig erledigt.
Wir kommen zu der Frage zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, der Frage des Abgeordneten Jahn ({0}) betreffend § 811 der Zivilprozeßordnung:
Ist der Herr Bundesjustizminister der Ansicht, § 811 der Zivilprozeßordnung, in dem bestimmt wird, daß dem Schuldner bei einer Pfändung nur die Lebensmittel- und Hausbrandvorräte für vier Wochen zu belassen sind, entspreche noch heutigen Erfordernissen?
Kann der Herr Bundesjustizminister Angaben darüber machen, in welchem Umfange Pfändungen dieser sogenannten Haushaltsvorräte erfolgen?
Hält der Herr Bundesjustizminister eine Änderung dieser Vorschrift für erforderlich?
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Nach § 811 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung sind einem Schuldner bei der Sachpfändung u. a. Lebensmittel- und Hausbrandvorräte für die nächsten vier Wochen zu belassen. Die Vorschrift hat, soweit sie Lebensmittel betrifft, ihre Bedeutung weitgehend verloren, weil sich in Haushaltungen heute allgemein keine größeren Lebensmittelvorräte finden. Sollte das ausnahmsweise der Fall sein, so wird der Gerichtsvollzieher auch dann regelmäßig von einer Pfändung absehen, weil die Verwertung des pfändbaren Teils der Vorräte einen Überschuß über die Kosten der Vollstreckung nicht erwarten läßt.
Hausbrand wird noch oft für eine ganze Heizperiode vorrätig gehalten. Auch in diesen Fällen sieht der Gerichtsvollzieher regelmäßig von einer Pfändung ab, weil mit Rücksicht auf die Kosten der Wegschaffung, der Lagerung, des Wiegens und der Versteigerung ein Erlös, der die Pfändung rechtfertigen könnte, nicht zu erzielen ist.
Die Fassung des § 811 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung - da stimme ich zu - bedarf der Überprüfung. Eine Änderung der Bestimmung ist jedoch nicht vordringlich, weil die Vorschrift in der Praxis
nicht zu Unbilligkeiten geführt hat und für die Zukunft mit Unbilligkeiten auch nicht zu rechnen ist. Mit einer Neuregelung dürfte gewartet werden, bis eine umfassende Neuordnung des Vollstreckungsrechts in Angriff genommen wird. Reformarbeiten waren bislang im wesentlichen auf die Bereinigung des Vollstreckungsnotrechts und die sozialpolitisch erforderliche und praktisch bedeutsame Änderung der Pfändungsfreigrenzen beschränkt.
({0})
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft, zur Frage des Abgeordneten Gewandt betreffend Serienherstellung deutscher Flugzeugtypen:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß es der deutschen Flugzeugindustrie finanziell unmöglich ist, ihre aus eigener Initiative und mit eigenen finanziellen Aufwendungen entwickelten Flugzeuge in Serie zu nehmen?
Werden die seit Monaten geführten Verhandlungen wegen einer Hilfestellung des Bundes in absehbarer Zeit zu einem positiven Ergebnis führen?
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Ich beantworte die Frage wie folgt.
Zur Frage 1: Anträge deutscher Flugzeugwerke auf Bundeshilfe für Serienkosten für entwickelte Flugzeuge liegen nicht vor.
Zur Frage 2: Verschiedene Unternehmen der Luftfahrtindustrie haben das Bundesministerium für Wirtschaft um eine Finanzierungshilfe für die Entwicklung ziviler Flugzeuge gebeten. Nach Erörterung der Angelegenheit im Kabinettsausschuß für Wirtschaft wurden die in Betracht zu ziehenden Firmen ersucht, die Absatzmöglichkeiten für die von ihnen projektierten Flugzeugmuster nochmals eingehend zu prüfen und schlüssig darzulegen, inwieweit ihre Ertrags- und Finanzlage ausreicht, eine wirtschaftlich sinnvolle zivile Entwicklung auf eigene Rechnung zu betreiben. Eine Antwort der Flugzeugfirmen liegt noch nicht vor.
Eine Zusatzfrage?
({0})
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zu der Frage des Abgeordneten Matthes betreffend Aquarium auf der Insel Helgoland:
Wann gedenkt die Bundesregierung die vor neun Monaten zerstörte Glasscheibe des Aquariums auf der Insel Helgoland wieder instand setzen zu lassen, damit das berühmte Aquarium endlich wieder den Besuchern der Insel Helgoland zur Besichtigung freigegeben werden kann?
Der Fragesteller wird durch den Abgeordneten Schneider ({1}) vertreten.
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes beantworte ich die Frage wie folgt.
Erstens: Das Aquarium der biologischen Anstalt Helgoland, das 24 Schaubecken enthält, mußte aus Sicherheitsgründen geschlossen werden, weil in zwei Becken zwei Glasscheiben unter explosionsartigen Erscheinungen geborsten waren. Glücklicherweise haben die durch die Wucht der Explosion umherfliegenden Glasstücke weder Besucher noch Angehörige der Anstalt getroffen. Die für den. Ersatz der Scheiben erforderlichen Mittel stehen zur Verfügung. Da aber derartige Explosionen ungewöhnlich und ihre Ursache schwer zu erkennen sind, handelt es sich bei dem Einbau neuer Scheiben um eine schwierige technische Frage, deren Lösung dem Landesbauamt als der zuständigen Fachbehörde überlassen bleiben muß.
2. Die Wiedereröffnung des Aquariums hängt nicht von der Wiederinstandsetzung der zerstörten Becken ab, sondern von der Sicherheitsfrage, ob und unter welchen Umständen es verantwortet werden kann, die anderen Becken wieder dem Publikum zugänglich zu machen. Diese Becken können zur Besichtigung erst dann wieder freigegeben werden, wenn die Ursachen der Zerstörung der beiden explodierten Becken geklärt sind. Die Prüfung dieser sehr speziellen, seltenen und überaus schwierigen Frage beansprucht längere Zeit. Auch gibt es nur sehr wenige Sachverständige für diese Frage.
Zur Entscheidung der Angelegenheit findet Anfang Juni auf Helgoland ein Lokaltermin mit dem zuständigen Gewerbeaufsichtsamt und weiteren Sachverständigen statt. Sofern .die Sicherheitsfrage I in diesem Termin einwandfrei beantwortet wird, kann das Aquarium in Kürze wieder eröffnet werden.
Keine Zusatzfrage. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, zur Frage der Abgeordneten Frau Dr. Dr. h. c. Lüders betreffend Anwerbung und Betreuung minderjähriger ausländischer Arbeiterinnen:
Trifft es zu, daß Arbeiterinnen vom 15. Lebensjahr an aus Italien, Spanien und Griechenland zur Arbeit in der deutschen Industrie angeworben werden?
Wenn ja, wie viele sind zur Zeit beschäftigt, welche Arbeitsbedingungen sind maßgebend, in wessen Händen liegt die Vermittlung und Betreuung und zu welchen Arbeiten werden diese Arbeiterinnen herangezogen?
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Über die Anwerbung ausländischer Arbeiterinnen unter 18 Jahren ist mir nichts bekannt. Sie wird auch von mir wegen grundsätzlicher Bedenken abgelehnt.
Über Lage und Zahl der über 18jährigen ausländischen Arbeitskräfte darf ich Ihnen folgendes berichten: Zur Zeit sind etwa 4500 über 18 Jahre alte weibliche Arbeitskräfte aus den drei Ländern Italien, Spanien und Griechenland in der' Bundesrepublik beschäftigt. In der überwiegenden Mehrzahl sind es Italienerinnen, zum großen Teil Ehefrauen der gleichfalls hier beschäftigten italienischen Ehemänner. Diese Kräfte sind hauptsächlich in der
Textilindustrie, der Nahrungsmittelindustrie, der elektrotechnischen und feinmechanischen Industrie sowie im Hotelgewerbe entsprechend den deutschen Tarifverträgen und den Arbeitsschutzbestimmungen beschäftigt. Die Vermittlung obliegt den Dienststellen der Bundesanstalt. Die Arbeitsämter legen besonderen Wert darauf, daß weibliche Arbeitskräfte angemessen untergebracht werden und legen den Arbeitsgebern nahe, für eine gute Betreuung zu sorgen. Ferner nehmen sich die karitativen Organisationen der Betreuung dieser Arbeiterinnen an.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Dr. h. c. Lüders!
Ist der Herr Bundesminister bereit, Erkundigungen bei den deutschen Konsulaten aller von mir genannten Staaten über den Tatbestand der Vermittlung und Anwerbung von Frauen sogar unter 15 Jahren nach Deutschland einzuziehen? Wie bekannt, kennen sie weder die Lebensverhältnisse noch die Sprache bei uns.
Frau Dr. Lüders, ich hatte die Ehre, schon soeben auf Ihre Frage zu antworten, daß ausländische Arbeiterinnen unter 18 Jahren nicht angeworben werden. Über eine Anwerbung von Arbeiterinnen unter 18 Jahren wissen wir nichts. Alle Anwerbungen erfolgen durch die Arbeitsämter. Ich werde aber gerne Ihrer Anregung folgen und einmal nachfragen. In dem von Ihnen genannten Fall müßte es sich um eine Art von Schwarzanwerbung handeln. Ich werde Ihnen über das Ergebnis meiner Erkundigungen berichten.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das täten.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, zur Frage des Abgeordneten Rehs betreffend Bericht der Bundesregierung gemäß j 96 des Bundesvertriebenengesetzes:
Ich frage die Bundesregierung, warum sie den in § 96 des Bundesvertriebenengesetzes vorgeschriebenen alljährlichen Bericht über das von ihr auf dem kulturellen Gebiet Veranlaßte bisher nicht erstattet hat und wann sie einen Bericht vorzulegen gedenkt.
Abgeordneter Rehs wird durch den Abgeordneten Zühlke vertreten.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat in jedem Haushaltsjahr für alle in § 96 des Bundesvertriebenengesetzes angeführten kulturellen und wissenschaftlichen Zwecke Leistungen erbracht. Sie betrugen 1957 und 1958 mittelbar je rund 2,5 Millionen DM. Für 1959 liegen die Abschlußzahlen der Ressorts noch nicht vor. Das vom
Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen und meinem Hause verfolgte Konzept und die Leistungen wurden alljährlich in allen Einzelheiten den zuständigen Ausschüssen dargelegt. Über die Arbeitsergebnisse der von der Bundesregierung geförderten kulturellen Einrichtungen wurde am 15. März dieses Jahres ein ausführlicher schriftlicher Bericht an den zuständigen Bundestagsausschuß erstattet.
Ein allgemeiner Bericht sollte jedoch nach Auffassung der Bundesregierung auch die in § 96 vorgesehenen korrespondierenden Maßnahmen der Länder erwähnen können. Denn erst aus dem Zusammenfügen der Ziele und Maßnahmen von Bund und Ländern ergibt sich eine Harmonie der Planung und die volle Wirksamkeit der Investitionen nach § 96. Es war jedoch bis heute nicht möglich, einen Überblick über die Leistungen aller Länder zu gewinnen. Auch konnte eine Lösung für eine Zusammenarbeit auf der Grundlage organischer Arbeitsteilung nicht gefunden werden. Die erneute Besprechung, die vorige Woche mit den Ländervertretern stattgefunden hat, brachte nicht die angestrebte allgemeine Basis. Infolgedessen wird der Bericht nunmehr unter Beschränkung auf die Ziele und Ergebnisse im Rahmen der Arbeit der Bundesregierung fertiggestellt werden.
Eine Zusatzfrage?
({0})
Wir kommen zu den Fragen zum Geschäftsbereich
3) des Bundesministers der Finanzen, zunächst zur Frage des Abgeordneten Rehs betreffend Erlaß einer Verordnung gemäß § 278 a Abs. 6 des Lastenausgleichsgesetzes:
Ich frage die Bundesregierung, warum sie die Rechtsverordnung, die Näheres über die Erfüllung von Ansprüchen auf Hauptentschädigung neben der Weitergewährung von Unterhaltshilfe regeln soll ({1}), bisher nicht erlassen hat und wann sie diese Verordnung zu erlassen gedenkt.
Die Frage wird beantwortet durch den Herrn Staatssekretär im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte.
Der Entwurf dieser Rechtsverordnung zu § 278 a Abs. 6 des Lastenausgleichsgesetzes ist im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen fertiggestellt. Er wird zur Zeit mit den Ressorts erörtert. Es ist zu erwarten, daß das Bundeskabinett im Juni über den Entwurf beschließen wird. Die Rechtsverordnung wird also, Zustimmung des Bundesrates vorausgesetzt, noch vor den Sommerferien verkündet werden können. Ein erstes Konzept der Rechtsverordnung lag bereits vor einem Dreivierteljahr vor. Die besondere Schwierigkeit der Materie und eine weitgehende Beteiligung der Ausgleichsverwaltungen insbesondere der Länder, die im Interesse der praktischen Durchführung der Verordnung lag, haben die Vorbereitung verzögert.
Die Frage ist erledigt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen, zur Frage der Abgeordneten Frau Dr. Dr. h. c. Lüders betreffend Unterbringung und Versorgung von Mischlingskindern:
Wie viele der in der Bundesrepublik lebenden Mischlingskinder sind in Heimen, wie viele in Familien untergebracht, und wie ist die persönliche und schulische Versorgung dieser Kinder sichergestellt?
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Bei einer im Jahre 1955 auf Veranlassung der Bundesregierung durchgeführten Erhebung des Statistischen Bundesamtes wurden 4771 Mischlingskinder farbiger Besatzungsangehöriger ermittelt. Die gegenwärtige Zahl dieser Mischlingskinder wird auf etwa 6000 geschätzt.
Was die Unterbringung angeht, so ist in der Erhebung von 1955 festgestellt worden, daß von 4681 Mischlingskindern, also fast der gesamten soeben angegebenen Zahl, 65 % bei der Mutter selbst und 10 % bei Eltern und Geschwistern der Mutter untergebracht waren. Etwa 11 % lebten in Pflegefamilien und bei entfernten Verwandten, so daß nur 14 % für die Unterbringung in Heimen verbleiben. Ich glaube, daß wir diesen Prozentsatz der familienhaften Unterbringung mit 86 % für recht günstig und glücklich halten können.
Was die Frage nach der persönlichen Betreuung und schulischen Eingliederung angeht, so ist die persönliche Betreuung dadurch gesichert, daß alle unehelichen Mischlingskinder nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz einen Amtsvormund oder Einzelvormund erhalten, der ihre Betreuung und Erziehung überwacht.
Zur schulischen Eingliederung nehme ich auf die Antwort Bezug, die ich in der Fragestunde am 17. Oktober 1958 gegeben habe. Ich habe damals mitgeteilt, daß die Länder schon vor dem Schuleintritt der ersten Mischlingskinder die Schulleiter und Lehrer auf die ihnen hier erwachsenden besonderen Aufgaben eindringlich hingewiesen haben und daß sich nach den Feststellungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister die Eingliederung in die Schulgemeinschaft unter verständiger Führung der Lehrerschaft entsprechend gut entwickelt hat. Anzeichen, die darauf hindeuten, daß dieser Gesamteindruck gegenwärtig nicht mehr zuträfe, liegen nicht vor. Von den Schulbehörden wird darauf hingewirkt, den Mischlingskindern auch den Besuch weiterbildender Schulen zu ermöglichen und ihnen damit den Start für das Berufsleben zu erleichtern. Im übrigen ist im Grundsätzlichen für die Haltung der Bundesregierung nach wie vor der Artikel 3 Abs. 3 GG maßgebend, demzufolge niemand wegen seiner Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden darf.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Lüders!
Ist der Regierung bekannt, daß man unter den Mischlingskindern zehnjährige und ältere Kinder findet, die heuFrau Dr. Dr. h. c. Lüders
te noch nicht einmal ihren Namen schreiben können, und ist der Regierung bekannt, daß sich Privatpersonen damit befassen, ohne Wissen der Behörde alle möglichen Vermittlungstätigkeiten für diese Kinder an sich zu ziehen, was ganz bestimmt nicht den Absichten der Regierung hinsichtlich der Unterbringung und Versorgung dieser Kinder entspricht?
Ich darf darauf antworten, Frau Dr. Lüders, daß mir entsprechende Informationen bisher noch nicht zugegangen sind. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich Einzelheiten darüber erfahren könnte. Ich bin sehr gern bereit, diesen Dingen nachzugehen, und werde nach Kräften bestrebt sein, sie abzustellen.
Danke sehr! Ich werde .mir erlauben, Ihnen das Material zuzuleiten!
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, zunächst zur Frage der Abgeordneten Frau Korspeter betreffend Abdruck von Reden im „Bulletin der Bundesregierung":
Warum wurde im „Bulletin der Bundesregierung" vom 4. Mai 1960 wohl die Rede des Bundestagspräsidenten, aber nicht die des Regierenden Bürgermeisters von Berlin vor den 750 000 für die Freiheit demonstrierenden Berlinern abgedruckt?
Das Wort hat der Herr Vizekanzler.
Der Herr Präsident des Deutschen Bundestages hat die Rede, die er am 1. Mai dieses Jahres bei der Kundgebung in Berlin gehalten hat, dem Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung zur Veröffentlichung zugestellt. Das Bulletin hat deshalb diese Rede als Ausdruck des gesamtdeutschen Abwehrwillens gegenüber der Bedrohung Berlins wiedergegeben. Darüber hinaus wurde in einem Leitartikel in Nr. 84 des Bulletins vom 5. Mai 1960 die Berliner Mai-Kundgebung als demonstrative Bekundung des Willens aller Deutschen für Freiheit und Selbstbestimmung besonders gewürdigt.
Das Bulletin hat seit je gerade der Berliner Frage und den Lebensfragen der Stadt Berlin seine betonte Aufmerksamkeit gewidmet und deshalb in zahlreichen Veröffentlichungen Erklärungen und Reden des Herrn Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt wiedergegeben.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Korspeter!
Herr Minister, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß meine eigentliche Frage von Ihnen nicht beantwortet wurde. Ist es notwendig, daß der betreffende Redner seine Rede an die Redaktion des Bulletin schickt, damit sie abgedruckt wird, oder greift die Redaktion diese Reden von sich aus auf, um sie in das Bulletin zu bringen?
Der Herr Präsident des Deutschen Bundestages hat seine Rede dem Presse- und Informationsamt zur Verfügung gestellt, der Herr Regierende Bürgermeister Brandt offenbar nicht. Aber im Bulletin sind ja seit Beginn dieses Jahres mannigfach Reden, Äußerungen und Aufsätze des Regierenden Bürgermeisters veröffentlicht worden. Ich darf erinnern an Nr. 8 vom 14. 1., Nr. 17 vom 27. 1., Nr. 20 vom 30.1., Nr. 33 vom 18.2., Nr. 37 vom 24.2., Nr. 56 vom 23. 3. und Nr. 82 vom 3. 5. 1960. Daraus geht deutlich hervor, daß der Berlin-Frage und der besonderen Stellung des Regierenden Bürgermeisters in Berlin im Bulletin immer wieder breiter Raum gegeben wird.
Ich danke! Ich hatte allerdings eine ganz bestimmte Frage gestellt! Sie sind ausgewichen, Herr Minister!
Frage des Abgeordneten Dr. Kohut betreffend Zuwendungen an den Holländer Joop Zwart:
In welcher Höhe und für welchen Zweck hat der Holländer Joop Zwart Gelder aus Haushaltsmitteln erhalten?
Zur Beantwortung der Herr Vizekanzler!
Über Leistungen aus dem Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens" bedauert die Bundesregierung aus grundsätzlichen Erwägungen keine Auskunft erteilen zu können, weil die Prüfung der Ausgaben dieses Titels allein dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes obliegt.
Diese auf der haushaltsrechtlichen Bindung der Bundesregierung beruhende Regelung läßt es nicht zu, aus der Nichterteilung einer Auskunft im Einzelfalle Schlüsse über die Gewährung oder Nichtgewährung von Mitteln zu ziehen.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Kohut!
Können Sie, Herr Minister, für andere Titel des Haushalts in dieser Angelegenheit eine Aussage machen?
Nein!
Eine zweite Zusatzfrage!
Können die 5000 DM, die Herr Zwart laut Pressemeldungen in Bonn erhalten hat, aus dem Geheimfonds des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung stammen?
Dr. Dr. h. c. Erhard: Ich kann die Frage nicht beantworten, ich bedaure.
Danke!
Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes. Zunächst die Frage des Abgeordneten Cramer betreffend Forderung der Oberfinanzdirektion Hannover auf Überlassung von privatem Grundbesitz an den Fiskus:
Billigt der Herr Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes die Einstellung der Oberfinanzdirektion Hannover, daß privater Grundbesitz, den der Fiskus mit einem Bunker bebaut hat, dem Fiskus unentgeltlich zu überlassen ist, nachdem dieser den Bunker zerstört hat?
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Die Frage des Herrn Abgeordneten Cramer beantworte ich wie folgt. Die von der Oberfinanzdirektion Hannover getroffene Entscheidung entspricht den Bestimmungen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes.
Die betroffenen Grundstückseigentümer haben nach den Bestimmungen des Kriegsfolgengesetzes ihre Ansprüche beim Landgericht Oldenburg geltend gemacht. Um nicht den Anschein zu erwecken,
in ein schwebendes gerichtliches Verfahren eingreifen zu wollen, möchte ich von weiteren Ausführungen absehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cramer?
Herr Minister, ist Ihnen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 12. Juni 1959 bekannt - ich habe auch das Aktenzeichen hier -, worin dieses Gericht versucht hat, in Fällen dieser Art zu helfen, indem es die Anwendbarkeit des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes ausschließt und das Luftschutzgesetz für maßgebend erklärt? Mit dieser Entscheidung sollte versucht werden, die Ansprüche der Grundstückseigentümer nach bürgerlichem Recht zu regeln, also nicht nach dem Kriegsfolgengesetz.
Nein, die Entscheidung ist mir nicht bekannt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie mir zuleiteten. Dann werde ich prüfen, ob sie auf den vorliegenden Fall zutrifft.
Eine zweite Frage, Herr Minister. Sind Sie nicht auch der Meinung, daß man bei der Verabschiedung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes Fälle dieser Art überhaupt übersehen hat?
Das kann ich nicht beurteilen. Ich glaube, es ist für die von Ihnen angeschnittene Frage auch ziemlich uninteressant, welche persönliche Meinung ich über ein Gesetz habe, das der Bundestag beschlossen hat.
Danke schön.
Wir kommen zur Frage des Abgeordneten Gewandt betreffend Privatisierung der Vereinigten Tanklager und Transportmittel GmbH:
Ist es richtig, daß die bereits weitgehend vorbereitete Privatisierung der Vereinigten Tanklager und Trausportmittel GmbH zurückgestellt werden soll?
Besteht die Absicht, durch Zukauf von Aktien der früheren Muttergesellschaft der Preußag - der Vereinigten Elektrizitätsund Bergwerks AG - den Bundesanteil auf die Sperrminorität zu erhöhen?
Das Wort hat der Herr Bundesminister.
Die Frage des Herrn Abgeordneten Gewandt beantworte ich wie folgt.
Erstens. Die Absicht, die VTG an die Preußag zu veräußern und auf diese Weise mittelbar breit gestreut zu privatisieren, besteht nach wie vor. Die zur Vorbereitung der Privatisierung der VTG notwendigen Maßnahmen und Verhandlungen sind eingeleitet und werden fortgeführt.
Zweitens. Es besteht nicht die Absicht, die Beteiligung der Veba an der Preußag, die etwa 22 % beträgt, durch Zukauf von Aktien auf die Sperrminorität zu erhöhen. Die Restbeteiligung der Veba an der Preußag soll vielmehr zur gegebenen Zeit in Form von Volksaktien veräußert werden.
Vielen Dank, das war eine sehr gute Auskunft. Ich habe keine Zusatzfrage.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Frage des Abgeordneten Wilhelm betrifft die deutsche Beteiligung an dem Privatsender Europa eins in Saarbrücken:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung seit einiger Zeit mit der französischen Regierung über eine deutsche Beteiligung an dem Privatsender „Europa eins", der seinen Standort bei Saarbrücken hat, Verhandlungen führt und daß Vorentwürfe für den endgültigen Text des Vertrages zwischen Paris und Bonn bereits ausgefertigt sind?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Herrn Abgeordneten Wilhelm beantworte ich wie folgt. Verhandlungen mit der französischen Regierung über eine deutsche Beteiligung an dem Privatsender Europa eins werden nicht geführt. Hingegen hat die französische Regierung vor einiger Zeit angefragt, ob die Bundesregierung mit dem weiteren Betrieb des Senders einverstanden sei. Die Bundesregierung hat der französischen Regierung geantwortet, daß sie keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Weiterbetrieb habe. Die näheren Bedingungen dafür sind jedoch noch nicht festgelegt.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Hat die Bundesregierung die Absicht, in Zukunft mit der französischen Regierung Verhandlungen in der in meiner Frage angedeuteten Richtung zu führen?
Das läßt sich im Augenblick nicht übersehen. Jedenfalls bildet diese Frage zur Zeit
Staatssekretär van Scherpenberg
nicht den Gegenstand von Besprechungen zwischen der Bundesregierung und der französischen Regierung.
Ich komme zu der Frage des Abgeordneten Bauer ({0}) betreffend Aktenmaterial im Departmental Records Branch in Alexandria, Virginia bei der britischen Admiralität sowie im Nationalarchiv in Paris:
Welche Stellungnahme bezieht die Bundesregierung zu der Behauptung, umfangreicheres Aktenmaterial befinde sich über des Archiv des Document Center hinaus im Departmental Records Branch in Alexandria, Virginia ({1}), bei der British Admiralty sowie den Archives Nationales in Paris und trifft es zu, daß Verhandlungen der Bundesregierung mit den Westmächten in Richtung auf eine Verwertung dieser Unterlagen nur in einigen Fällen zum Erfolg geführt haben, so daß deutschen Juristen und Historikern der Zugang zu diesen wichtigen Materialien bis heute verwehrt sei?
Wird die Bundesregierung sich besonders bemühen, auch in der Zukunft den deutschen Zugang zu diesen für die Zeitgeschichte so wichtigen Unterlagen zu ermöglichen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Ich kann diese Frage wie folgt beantworten: Es entspricht den Tatsachen, daß sich im Departmental Records Branch in Alexandria/Virginia ({0}) noch umfangreiches Aktenmaterial deutschen Ursprungs befindet. Über die Rückführung dieses Materials werden laufend Verhandlungen geführt; die Rückgabe erfolgt planmäßig.
Bei der Britischen Admiralität befinden sich zur Zeit noch Teilbestände des sogenannten deutschen Marinearchivs. Der größere Teil dieses Archivs ist bereits zurückgegeben.
Auch in den Archives Nationales in Paris befinden sich Akten deutschen Ursprungs, deren Umfang jedoch relativ gering sein dürfte.
Deutsche Forscher werden zum Studium der Akten des amerikanischen und britischen Depots zugelassen. Die Akten der Archives Nationales unterliegen einer allgemeinen Sperrfrist von 50 Jahren, die auch auf französische Staatsangehörige Anwendung findet.
Die Bundesregierung ist nach wie vor darum bemüht, die zur Zeit noch im Ausland befindlichen Akten deutschen Ursprungs zurückzugewinnen und auch vor ihrer Rückgabe deutschen Wissenschaftlern den Zugang zu ihnen zu eröffnen.
Eine Zusatzfrage?
Können Sie, Herr Staatssekretär, eine Äußerung abgehen hinsichtlich der Haltung der Bundesregierung zu einem aus England kommenden Vorschlag, sämtliche aus der nationalsozialistischen Zeit stammenden und in ausländischen Archiven befindlichen Unterlagen der UNO zu überlassen?
Ein solcher Vorschlag ist meines Wissens von offizieller Seite nie gemacht worden. Wir legen in erster Linie Wert darauf, die Akten, die zur Zeit nicht in unserer Hand sind, zurückzubekommen. Die allgemeine Verwertung dieser Akten erfolgt dann nach den bekannten Vorschriften und Regeln.
Herr Abgeordneter Bauer zu einer weiteren Zusatzfrage!
Darf ich aus Ihren Antworten, Herr Staatssekretär, entnehmen, daß die Bundesregierung auf der einen Seite bemüht ist, für deutsche Historiker den Zugang zu diesen Unterlagen zu ermöglichen, und zum zweiten darum bemüht bleibt, daß diese Akten möglichst in deutschen Besitz zurückgelangen?
So können Sie meine Antwort auffassen, Herr Abgeordneter.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die Frage des Abgeordneten Junghans betrifft einheitliche Anwendung des Begriffs „Gleichstellung mit öffentlichem Dienst".
Billigt es der Herr Bundesinnenminister, daß die Beschäftigung in einer Unternehmung, deren Gesamtkapital sich in öffentlicher Hand befindet, nach § 16 des Bundesbesoldungsgesetzes dem öffentlichen Dienst gleichgestellt, andererseits diese Beschäftigung nach § 7 ATO dem öffentlichen Dienst nicht gleichgestellt wird?
Was beabsichtigt. der Herr Bundesinnenminister zu tun, um eine einheitliche Anwendung des Begriffs „Gleichstellung mit öffentlichem Dienst" sowohl in den Gesetzen, Ausführungsbestimmungen und Verordnungen als auch in der praktischen Anwendung durch die Bundesbehörden zu sichern?
Das Wort hat Herr Staatssekretär Ritter von Lex.
Die Vorschriften des § 16 des Bundesbesoldungsgesetzes und des § 7 der Allgemeinen Tarifordnung für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ({0}) sind nach Wortlaut und Zweckbestimmung verschieden.
§ 16 des Bundesbesoldungsgesetzes soll verhüten, daß der gleiche Tatbestand ({1}) bei der Gewährung des Ortszuschlags mehrfach aus öffentlichen Mitteln voll abgegolten wird, wenn beide Ehegatten als Beamter, Richter, Soldat oder Angestellter anspruchsberechtigt sind.
Demgegenüber handelt es sich bei § 7 ATO um Dienstzeiten in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben, die Angestellten und Arbeitern für die Bemessung der Länge der Kündigungsfristen, des Zeitpunkts der Erreichung der Unkündbarkeit, der Dauer der Zahlung von Krankenbezügen und der Höhe von Umzugskostenbeihilfen sowie Arbeitern für die Bemessung der Höhe der Dienstzeitzulage gutgebracht werden.
Diese verschiedene Zweckbestimmung der Vorschriften bedingt, daß der Begriff des „öffentlichen Dienstes" im Besoldungsrecht um den Begriff der Tätigkeit bei Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, deren gesamtes Kapital sich in öffentlicher Hand befindet, erweitert werden mußte. Der Begriff des „Dienstes bei öffentlichen Verwaltungen und Betrieben" im Tarifrecht ist einer solchen Erweiterung nicht zugänglich.
6451)
Die ATO wird voraussichtlich demnächst durch neue Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte des Bundes ersetzt werden. In diesen Tarifverträgen werden die. mit der Dienstzeit, nämlich den. § 7 der ATO, zusammenhängenden Tatbestände voraussichtlich anderweitig geregelt werden.
Eine Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Ehegatten von Beamtinnen oder Beamten, die in Unternehmen, die ich hier angezogen habe, beschäftigt sind, überhaupt kein Wohnungsgeld beziehen, daß es nach der bisherigen Auslegung von § 16 des Bundesbesoldungsgesetzes nur darum geht, diesen Beamtinnen und Beamten das Wohnungsgeld zu kürzen? Es geht nicht um den Doppelbezug, sondern nur um die Kürzung des Wohnungsgeldes für einen Ehegatten!
Herr Abgeordneter, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Zusatzfragen in dieser schwierigen Materie schriftlich an uns richten würden; Sie werden dann eine eingehende Antwort erhalten.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, halten Sie es für gerecht, daß die Auslegung solcher Bestimmungen immer nur zum Nachteil der Arbeitnehmer erfolgt?
Ich würde eine solche Auslegung nicht für richtig halten. Aber auch zu dieser Frage werden wir uns schriftlich äußern.
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Kramel. Ist er im Saal, oder hat er einen Vertreter bestimmt? - Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Frage des Abgeordneten Bauer ({0}) betreffend die Abwanderung aus dem öffentlichen Dienst:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der „Abwanderung" aus dem öffentlichen Dienst und trifft es zu, daß man - insbesondere hinsichtlich der Steuerbeamten - von einer alarmierenden Abwanderung sprechen kann?
Herr Staatssekretär, bitte!
Eine Abwanderung von Beamten und Angestellten aus dem Bundesdienst in einem nennenswerten Umfange konnte nicht festgestellt werden. Die Abwanderung dürfte sich in den Grenzen der normalen Fluktuation halten. Soweit die Verkehrsverwaltungen - Bundesbahn und Bundespost - durch die Abwanderung von Arbeitern betroffen worden sind, hofft die Bundesregierung, daß die Neuregelung der Löhne für die Arheiter des Bundes ab 1. Januar 1960 wieder zu einer zahlenmäßigen Begrenzung der Abwanderung führen wird.
Die Steuerbeamten sind ganz überwiegend Beamte der Länder. Zahlenmaterial über die dort bestehenden Abwanderungstendenzen steht der Bundesregierung noch nicht zur Verfügung.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Bauer ({0})!
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich, daß die Abwanderung gerade im Bereiche des Bundes keine so große Rolle spielen soll, wohingegen, wenn man den Meldungen glauben darf, die Abwanderung bei den Ländern - vor allem die Abwanderung aus dem Finanzbereiche - angeblich eine ganz erhebliche Rolle spielt?
Die Abwanderungen bei den Ländern umfassen eine bestimmte Gruppe von Beamten, hauptsächlich eben die Steuerbeamten und dort die Steuerprüfer. Dadurch ist vielleicht zu erklären
({0})
- das spielt wohl mit hinein! -, daß die Abwanderung in den Ländern größer ist als beim Bunde.
Eine weitere Zusatzfrage!
Sind Sie bereit, Herr Staatssekretär, zu veranlassen, daß das in Beamtenfragen federführende Innenministerium dieser Frage auch gerade für den Bereich des Finanzministeriums besondere Sorgfalt zuwendet und bemüht bleibt, daß die Abwanderung soweit wie irgend möglich gestoppt wird?
Wir sind bereit, wegen dieser Frage nicht nur mit dem Bundesfinanzministerium, sondern auch mit den Landesregierungen ins Benehmen zu treten.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Fragesteller ist Abgeordneter Schmidt ({0}). - Ist der Fragesteller im Saal? Wird er vertreten? - Das ist nicht der Fall. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Kreitmeyer betreffend Freimachung von Wasch- und Umkleideräumen der Vereinigten Leichtmetallwerke, Hannover:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die für 2000 Arbeiter bestimmten Wasch- und Umkleideräume der Vereinigten Leichtmetallwerke Hannover, die seit Jahren nur noch von einem kleinen Nachkommando der britischen Streitkräfte in Anspruch genommen werden, freizubekommen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Hettlage!
Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer wie folgt.
Das Finanzministerium bemüht sich seit 1957 fortlaufend um die Freimachung des restlichen Teiles des Werkes der Vereinigten Leichtmetall-Werke in Hannover-Linden. In Verhandlungen mit dem britischen Verbindungsstab ist im Jahre 1957 die vollständige Freigabe des Werkes bis zum Ende des Jahres 1958 zugesichert worden. Mitte des Jahres 1958 erklärten die Briten unerwarteterweise, daß entgegen der früheren militärischen Planung nunmehr ein bestimmter Teil dieses Werkes weiterhin benötigt werde. Auf entsprechende Gegenvorstellungen des Bundesfinanzministers haben die britischen Streitkräfte ein Jahr später mitgeteilt, daß die im Werk der Vereinigten Leichtmetall-Werke verbliebenen Einheiten in eine Kasernenanlage in Hannover-Langenhagen verlegt werden könnten, wenn dort größere Umbauten durchgeführt würden. Das Finanzministerium hat mit Schreiben vom 18. August 1959 diesem Vorschlag und den Mehrkosten zugestimmt und die zuständigen niedersächsischen Landesministerien unter Bereitstellung beträchtlicher Haushaltsmittel mit der Durchführung der Ersatzbaumaßnahmen in Hannover-Langenhagen beauftragt. Auf Grund neuer Schwierigkeiten, die sich aus verschiedenen Änderungen des Truppenverlegungsprogramms ergeben hatten, haben sich die britischen Militärdienststellen jedoch erst im April 1960 in der Lage gesehen, dem Niedersächsischen Ministerium des Innern die für die Ersatzbaumaßnahmen notwendigen Baupläne und Ausstattungsrichtlinien zu übergeben.
Inzwischen haben der niedersächsische Minister des Innern und ,der niedersächsische Minister der Finanzen die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um die Durchführung der Ersatzbaumaßnahmen zu beschleunigen, damit die zur Zeit noch genutzten Werksanlagen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt freigegeben werden können. Die vorzeitige Freigabe einzelner Werkshallen oder eine Teilfreigabe Zug um Zug mit dem Fortschritt der Ersatzbaumaßnahmen ist von den britischen Militärdienststellen abgelehnt worden.
Die Frage ist erledigt.
Wir kommen zur Frage des Herrn Abgeordneten Rehs - er wird wieder vertreten - betreffend Anrechnung von Kriegsschadenrenten auf Renten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Versorgungs anstalt des Bundes und der Länder nach ihrer Satzung berechtigt glaubt, die Kriegsschadenrente von ihren Renten in Abzug zu bringen, und ist die Bundesregierung der Auffassung, daß dieser Abzug trotz des Subsidiaritätscharakters der Kriegsschadenrente zulässig ist?
Eine Anrechnung der Kriegsschadenrente aus dem Lastenausgleich auf die Leistungen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ist nach § 36 Abs. 1 der Satzung dieser Anstalt nicht möglich. Nach der Satzung der Anstalt sollen nur solche laufenden Bezüge aus öffentlichen Mitteln auf die Renten der Anstalt angerechnet werden, die auf Grund eines früheren oder eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst gewährt werden. Die Kriegsschadenrente leitet sich nicht aus einem derartigen Beschäftigungsverhältnis her; sie kann deshalb nicht angerechnet werden.
Die Frage ist erledigt.
Wir kommen nun zu den Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung. Ich rufe zunächst die Frage des Herrn Abgeordneten Franke auf; sie betrifft die Inanspruchnahme von Krankenbetten in Hannover durch die Bundeswehr:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Stadt Hannover mindestens 700 Krankenbetten fehlen, um dem dringendsten Bedarf zu entsprechen, und ist ihr bekannt, daß das ehemalige Standortlazarett in der Eilenriede in Hannover mit ca. 450 Betten für die in Hannover stationierten britischen Soldaten und deren Angehörige mit Beschlag belegt ist und daß davon 300 und mehr Betten nicht in Anspruch genommen wurden bzw. werden?
Ist darüber hinaus der Bundesregierung bekannt, daß durchschnittlich 150 Krankenbetten in den der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Krankenhäusern in Hannover mit Angehörigen der Bundeswehr belegt sind?
Ist die Bundesregierung bereit, durch Verhandlungen dafür zu sorgen, daß die 300 und mehr ungenutzten Krankenbetten in der Eilenriede in Zukunft gegebenenfalls durch Angehörige der Bundeswehr belegt werden können und somit eine wirksame Entlastung der Krankenbellennot in Hannover eintritt, oder ist die Bundesregierung bereit, durch entsprechende Finanzierung der Stadt Hannover zu helfen, um für die durch die Angehörigen der Bundeswehr in Anspruch genommenen Krankenbetten Ersatzbeschaffung zu ermöglichen?
Das ehemalige Standortlazarett in Hannover mit einer Kapazität von etwa 450 Betten ist noch von den britischen Stationierungsstreitkräften belegt. Ob und wieviel Betten nicht ihrer Zweckbestimmung gemäß in Anspruch genommen werden, ist dem Bundesverteidigungsministerium nicht bekannt. In den zivilen Krankenhäusern der Stadt Hannover werden etwa 70, in der näheren Umgebung Hannovers etwa 80 Krankenbetten vim Soldaten belegt.
Auf Vorschlag des Bundesverteidigungsministeriums haben die britischen Streitkräfte im Jahr 1957 zugesagt, das Standortlazarett zugunsten der Bundeswehr freizugeben, ohne jedoch einen bestimmten Termin anzugeben. Bisher sind in dieser Anlage 11 Räume für die chemische und hygienisch-medizinische Untersuchungsstelle im Wehrbereich II freigegeben worden. Ein weiterer Teil des Lazaretts wird in den nächsten Monaten der Bundeswehr übergeben werden. Das Bundesverteidigungsministerium wird seine Bemühungen um Freigabe des gesamten Lazaretts fortsetzen.
Da mit der Freigabe des gesamten Lazaretts oder wenigstens eines größeren Teils in absehbarer Zeit gerechnet werden kann, wird eine Finanzhilfe des Bundes für die Stadt Hannover zum Ausgleich für die Inanspruchnahme ziviler Krankenbetten durch Soldaten nicht erforderlich sein.
Wir kommen zur Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Bechert betref6452
Vizepräsident Dr. Jaeger
fend Schutzanlagen der Bundeswehr gegen Angriffe mit Atomwaffen:
Soll durch die Versuche vom Februar 1960 und vorhergehende, bei denen Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten 7 Tage unter beschränkten Verhältnissen in „neu entwickelten Schutzanlagen" von der Außenwelt abgeschlossen zugebracht haben, gezeigt werden, daß man einen Atomangriff mit modernen Waffen, z. B. Wasserstoffbomben, überstehen könne, wenn das auch mit einiger Unbequemlichkeit verbunden wäre?
Nein!
Zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Bechert!
Wie vertragen sich die Ergebnisse der Versuche des Ministeriums mit der Feststellung von Brigadegeneral Schnez, Leiter der Abteilung „Logistik" im Führungsstab der Bundeswehr, vor der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft in Mannheim im April 1960 - ich zitiere dem Sinne nach -, die Städte am Rhein und die Industriezentren würden in einem Atomkrieg in wenigen Tagen oder Stunden ein einziges Leichen- und Trümmerfeld sein?
Die Ergebnisse des Versuches haben keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Inhalt des von General Schnez gehaltenen Vortrags.
Eine zweite Zusatz) frage!
Hat das Verteidigungsministerium die Absicht, mit solchen Versuchen der deutschen Bevölkerung ein wahrheitsgetreues Bild der Möglichkeiten zum Überleben nach einem Atomangriff zu geben?
Die Durchführung dieser Versuche hat mit irgendwelchen Absichten, die deutsche Öffentlichkeit von diesen oder jenen Tatsachen zu überzeugen, nichts zu tun.
Wir kommen zur nächsten Frage des Abgeordneten Bechert betreffend Schutz bei Atombombenangriffen:
Ist es richtig, daß in der Bundeswehr den Bundeswehrsoldaten gelehrt wird, sie brauchten sich nach einem Atomangriff nur für einige Minuten unter eine Zeltplane zu begeben, um gegen die Folgen radioaktiver Strahlung und Verseuchung geschützt 711 sein?
Womit will das Bundesverteidigungsministerium die irreführende Darstellung der Gefahren eines Atomangriffes rechtfertigen, wie sie in einem Bericht über das Manöver „Ulmer Spatz" über den Rundfunk gegeben wurde?
Ich muß auch diese Frage mit Nein beantworten. Die Bundesregierung hat auch keine Rundfunkberichte dieser Art gegeben.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Bechert.
Herr Minister, ist Ihnen nicht bekannt, daß bei einer militärischen Übung im Gebiet nördlich von Celle nach Berichten der deutschen Presse von der Bundeswehr ein Rauchpilz hochgeschossen wurde, der aussehen sollte wie eine Atombombenexplosion und daß nach den Presseberichten den Soldaten gesagt wurde, die Radioaktivität einer Atombombenexplosion könne durch Duschen und Abwaschen entfernt werden und nach dem Abwaschen bestehe keine Gefahr mehr?
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, sämtliche Berichte, die in Presse, Rundfunk oder Fernsehen über militärtechnische Probleme erscheinen, im einzelnen zu behandeln und zu ihnen Stellung zu nehmen.
({0})
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Bechert.
Herr Minister, sind Sie bereit, darauf hinzuwirken, daß bei den Lehrgängen und Übungen für Offiziere und Soldaten der Bundeswehr die Wahrheit über die Wirkung von Atomwaffen gelehrt wird?
Die Bundesregierung hat sich immer bemüht, die Wahrheit zur Grundlage ihrer Politik in ihren einzelnen, oft nicht sehr angenehmen Auswirkungen zu machen.
({0})
Ich komme zur nächsten Frage des Abgeordneten Dr. Bechert betreffend Stationierung einer holländischen Raketeneinheit im Raum von Münster:
Weshalb ist die Stationierung einer holländischen Raketeneinheit im Racine von Münster genehmigt worden, obwohl die holländische Regierung im gleichen Zusammenhang nach deutschen Pressemeldungen erklärt hat, bei der dichten Besiedlung Hollands könne sie die große Gefährdung nicht verantworten, der die holländische Zivilbevölkerung durch die Stationierung der Raketeneinheit in Holland ausgesetzt wäre?
Die Stationierung einer holländischen Flugkörpereinheit im Raum Münster entspricht ausschließlich den Planungen der NATO für eine einheitliche Flugabwehr im Gebiet Europa-Mitte. Pressemeldungen der erwähnten Art sind dem Verteidigungsministerium nicht bekannt. Falls es solche Pressemeldungen gäbe, würden sie der Wahrheit nicht entsprechen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bechert.
Worauf ist es dann Ihrer Ansicht nach, Herr Minister, zurückzuführen, daß die
„Frankfurter Allgemeine Zeitung", also doch eine Zeitung, die ihre Nachrichten etwas abwägt, bevor sie sie veröffentlicht, genau das veröffentlicht hat, was ich in meiner Frage an Sie formuliert habe, daß nämlich die holländische Regierung im gleichen Zusammenhang erklärt hat, bei der dichten Besiedlung Hollands könne die holländische Regierung die große Gefährdung nicht verantworten, der die holländische Zivilbevölkerung durch die Stationierung der Raketeneinheit in Holland ausgesetzt wäre?
Die „Frankfurter Allgemeine" untersteht nicht der Kontrolle oder der Zensur durch die Bundesregierung.
({0})
Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Bechert.
Herr Minister, haben Sie nicht vor einigen Jahren gesagt, im Ruhrgebiet würden wegen seiner dichten Besiedlung keine Raketeneinheiten stationiert werden?
Ich vermute, daß es sich bei dieser Äußerung ebenso wie bei den Behauptungen über Äußerungen der holländischen Regierung um etwas ganz anderes handelt, als Gegenstand Ihrer Frage ist, Herr Abgeordneter. Wir haben erklärt und halten an dieser Erklärung fest, daß die Errichtung von festen Basen für Mittelstreckenraketen angesichts der militärgeographischen Verhältnisse in der Bundesrepublik, angesichts ihrer Besiedlungslage von uns abgelehnt wird.
Wir kommen zur Frage des Abgeordneten Seuffert betreffend Verlegung des Schießstandes in München-Freimann:
Wie stehen die Verhandlungen über die in der 201. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 4. April 1957 zugesagte Verlegung des Schießstandes in München-Freimann aus dem dortigen Wohngebiet, und welcher Termin kann für diese Verlegung nunmehr genannt werden?
Was gedenkt das Bundesverteidigungsministerium zu tun, um in der Zwischenzeit die für die Umwohner unerträgliche Lärmbelästigung durch Übungen, insbesondere der amerikanischen Einheiten, wenigstens an Sonntagen, deutschen Feiertagen und zur Nachtzeit, möglichst auch an arbeitsfreien Samstagen, zu unterbinden?
Die Verlegung der von den amerikanischen Streitkräften benutzten Schießanlage in München-Freimann soll im Zusammenhang mit der Errichtung einer neuen Schießanlage für die Bundeswehr erfolgen. Entsprechende Verhandlungen laufen seit 1957, konnten aber bedauerlicherweise noch nicht zum Abschluß gebracht werden, weil die angebotenen Grundstücke entweder zu klein waren oder nicht ohne Gefährdung der Existenz der dabei betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe in Anspruch genommen werden konnten.
Es ist nunmehr beabsichtigt, ein etwa 30 bis 40 ha großes Gelände nordostwärts Ismaning, das teils Eigentum der Stadt München, teils Privateigentum ist, in Anspruch zu nehmen. Die Bayerische Staatskanzlei hatte jedoch vor Einleitung des Raumordnungsverfahrens gewünscht, daß eine bautechnische Überprüfung die Eignung des Geländes für den vorgesehenen Zweck feststellt. Diese Überprüfung ist vor einigen Tagen positiv abgeschlossen worden. Sofern die Bayerische Staatskanzlei im Raumordnungsverfahren nunmehr dem neuen Schießplatzgelände zustimmt, könnte - unter Berücksichtigung der erforderlichen Zeit für Grunderwerb, Planung und Baudurchführung - mit der Fertigstellung der neuen Anlagen im Frühjahr 1962 gerechnet werden.
Von einer unerträglichen Lärmbelästigung durch die Schießübungen der amerikanischen Truppen ist dem Verteidigungsministerium in letzter Zeit nichts mehr bekanntgeworden. Das Bundesministerium für Verteidigung wird jedoch die Anfrage zum Anlaß nehmen, um beim Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Heidelberg in diesem Sinne vorstellig zu werden.
Werden Sie mir zugeben, Herr Minister, daß die Benutzung von Maschinengewehrschießständen immer eine sehr starke Lärmbelästigung für die Umwohner darstellt? Sehen Sie sich in der Lage und sind Sie bereit, wenigstens dahin zu wirken, daß derartige Schießübungen an Sonn-und Feiertagen und während der Nachtzeit unterbleiben?
Ich habe im letzten Absatz meiner Antwort erklärt, daß erstens Klagen heim Verteidigungsministerium selbst auch wegen der Zuständigkeitsfrage nicht vorliegen und daß wir zweitens beim amerikanischen Hauptquartier vorstellig werden werden, um nicht erträgliche Belästigungen abzustellen.
Sind Sie bereit, Herr Minister, meine Mitteilung als Auskunft darüber anzunehmen, daß Klagen vorliegen, und sind Sie bereit, die Möglichkeiten zu untersuchen und geltend zu machen, die Maschinengewehrschießübungen an Sonn- und Feiertagen und während der Nachtzeit zu unterbinden?
Ich nehme selbstverständlich an, daß Sie Ihre Auskünfte hier subjektiv richtig gegeben haben. Oh alle Informationen, die man bei der Zuleitung von Klagen und Beschwerden erhält, in jedem Fall objektiv richtig sind, möchte ich nach eigenen Erfahrungen bis zu einem gewissen Grade bezweifeln. Gerade deshalb bemühen wir uns, den objektiven Tatbestand festzustellen, um dann in dem -Sinne tätig zu werden, wie Sie es wünschen.
({0})
Herr Abgeordneter Seuffert, mit zwei Zusatzfragen ist Ihr Kontingent erschöpft.
Wir kommen zur Frage des Abgeordneten Schneider ({0}) betreffend Beschluß der
Vizepräsident Dr. Jaeger
Delegierten des Gewerkschaftsjugendtages der IG Bergbau über Kontakte mit der Bundeswehr:
Welche Auskunft hat der Herr Bundesverteidigungsminister von dem DGB-Vorsitzenden Richter in bezug auf den Beschluß der Delegierten des Gewerkschaftsjugendtages der IG Bergbau in Gelsenkirchen erhalten, die einen „Wehrbeitrag" abgelehnt und sich für einseitige Kontakte mit der Bundeswehr ausgesprochen hatten, wonach zwar Gewerkschaftsvertreter bei der Bundeswehr, nicht aber Offiziere der Bundeswehr, in Gewerkschaftsveranstaltungen sprechen dürfen?
Auf dem von Herrn Abgeordneten Schneider in seiner Frage erwähnten Brief ist vom Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes bisher noch keine Antwort eingegangen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schneider ({0}).
Herr Minister, da Sie uns diese Erklärung neulich schon abgeben mußten, darf ich mir die Frage gestatten, ob Sie bereit sind, Herrn Richter an die Beantwortung Ihres Schreibens zu erinnern.
Ich darf mir bis zur nächsten Fragestunde überlegen, ob ich diese Frage mit Ja oder Nein beantworten kann.
({0})
Wir kommen nunmehr zu den Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Bettgenhäuser betreffend Abgabe von Grundstücken der Bundesbahn an Straßenbaulastträger:
Billigt es der Bundesverkehrsminister, daß die Deutsche Bundesbahn bisher Eisenbahnbetriebszwecken dienende Grundstücke, die für die Bundesbahn entbehrlich, aber für den Ausbau von Anlagen des Straßenverkehrs dringend benötigt werden, zurückhält bzw. da, wo es tatsächlich zur Abgabe an einen Straßenbaulastträger kommt, bei der Ermittlung des Verkaufspreises den preismindernden Umstand früherer oder auch künftiger öffentlicher Verkehrswidmung der Fläche völlig außer acht läßt und von der reinen Fiktion ausgeht, es handele sich hier um wirtschaftlich normal verwertbares Bauland?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesminister für Verkehr würde es nicht billigen, wenn die Deutsche Bundesbahn in dem von dem Herrn Abgeordneten dargestellten Fall das Grundstück ohne triftigen Grund zurückhielte.
Zur Frage der Preisbemessung möchte ich bemerken: Soweit Grundstücke der Preisbindung unterliegen, fordert die Deutsche Bundesbahn keine Preise, die nicht von den Preisprüfungsbehörden geprüft und gebilligt worden wären. Für sonstige Grundstücke gelten die Grundsätze des Grundstücksmarktes.
Frage des Abgeordneten Jahn ({0}) betreffend Verfahren bei der Erteilung von Güternahverkehrsgenehmigungen:
Ist dem Herrn Bundesverkehrsminister bekannt, daß das Verfahren bei der Erteilung einer Güternahverkehrsgenehmigung unverhältnismäßig lange dauert? Ist ihm weiter bekannt, daß die Dauer des Verfahrens die Regelung plötzlich auftretender Notstände, z. B. bei der notwendigen Anlieferung von Millch unmöglich macht?
Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, zur Behebung unvorhergesehener Sonderfälle dem Bundestag den Entwurf einer Gesetzesergänzung vorzulegen, wonach eine vorläufige Genehmigung erteilt werden kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herrern! Die Verwaltungshoheit bei der Ausführung des Güterkraftverkehrsgesetzes liegt nach Artikel 83 des Grundgesetzes bei den Ländern; eine Einflußnahme des Bundesministers für Verkehr auf das Verwaltungsverfahren ist daher insoweit nicht gegeben. Das gilt insbesondere auch für das Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis für den allgemeinen Güternahverkehr durch die unteren Landesverkehrsbehörden und der Genehmigung für den Güterliniennahverkehr durch die höheren Landesverkehrsbehörden.
Meinem Hause sind bislang weder Beschwerden über eine zu lange Dauer des Verfahrens noch Forderungen nach Einführung einer „vorläufigen Erlaubnis" bekannt geworden.
Die Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis begegnet ernsten Bedenken, da sie im Hinblick auf Fahrzeugbeschaffungen und sonstige Investitionen des Antragstellers dem Verfahren zur Erteilung der endgültigen Erlaubnis vorgreifen und es damit entwerten würde. In Notstandsfällen werden die Verkehrsbehörden angesichts des allgemeinen Überangebots an Transportraum im Güternahverkehr durch Zulassung von Standortverlegungen rechtzeitig Abhilfe schaffen können.
Es besteht daher derzeit nicht die Absicht, den Entwurf zu einer Gesetzesänderung dieses Inhalts vorzulegen.
Eine Zusatzfrage wird nicht gestellt.
Die Fragestunde ist für heute erledigt. Die Beantwortung der noch nicht beantworteten Fragen erfolgt morgen mittag, 13 Uhr.
Wir treten in die offizielle Mittagspause ein, die bis 15 Uhr dauert. Ich unterbreche die Sitzung.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wiedereröffnet.
Ich rufe auf den § 28 d. Hier liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das iSt nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
§ 29 a. Hier liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 8 der Fraktion der CDU/CSU vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht?
({0})
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wird das Wort zu dem Änderungsantrag gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Anzahl Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 8 zu § 29 a angenommen.
Ich lasse über den § 29 a in der geänderten Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
§§ 29 b, - 30, 31, - 31 a, - 31 b, 31 c,
- 31 d. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird zu den aufgerufenen Paragraphen das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
§ 31 e. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion ,der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 9 vor. Wird er begründet? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Even!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 9 betrifft keine sachliche Änderung, sondern bezweckt nur eine redaktionelle Anpassung. Das Wort „ergänzt" soll entsprechend den Paragraphen, die heute morgen bereits von dem Hohen Hause verabschiedet worden sind, eingefügt werden.
Sie haben die Begründung gehört. Zu dem Antrag liegen keine Wortmeldungen vor. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wer dem so geänderten § 31 e im ganzen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich komme zu den §§ 31 f und 31 g. Keine Änderungsanträge! Keine Wortmeldungen! Abstimmung! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen! Damit ist der erste Abschnitt erledigt.
Zweiter Abschnitt. § 32. Hierzu liegt auf Umdruck 611 Ziffer 9 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wird er begründet? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Hamacher!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe den Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 611 Ziffer 9 zu § 32 Abs. 2 a. Ich bin leider genötigt, mich bei der Begründung zu diesem Paragraphen wieder einmal für die Interessen der Gemeinden einzusetzen. §§ 32 ff. des Bundesbaugesetzes regeln die Entschädigung in dem Falle, daß einem Grundstückseigentümer durch die Festsetzung eines Bebauungsplanes Vermögensnachteile entstehen. Sie finden die Tatbestände in Abs. 1 Nr. 5 bis 6 e gekennzeichnet. In Abs. 2 des § 32 ist gesagt, in welchen Fällen ein Grundstückseigentümer die
Übernahme von Flächen verlangen kann, während Absatz 2 a den Fall regelt, daß beabsichtigte Vorhaben nach § 31 nicht ausgeführt werden dürfen und dadurch die bisherige wirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks erschwert wird. Der Eigentümer kann in diesem Fall eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. In dem Bericht ist vermerkt, daß diese Regelung den Interessen sowohl des betroffenen Eigentümers als auch des Begünstigten entspreche. Der Bundesratsausschuß hatte angeregt, dem Entschädigungspflichtigen das Recht zuzubilligen, an Stelle einer Geldentschädigung die Übernahme zu verlangen.
Die vorliegende Fassung läßt eine zeitlich unbegrenzte Entschädigungsverpflichtung der Gemeinde oder eines Begünstigten zu, die sicher nicht erwünscht ist, aber sicher auch nicht beabsichtigt war. Zur Abwendung einer derartigen auf lange Zeiträume unangemessenen Belastung der Gemeinden sollte die Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde zugelassen werden. Sie treffen daher sicher eine im Interesse der Gemeinden liegende sinnvolle Entscheidung, wenn Sie unserem Antrag folgen, in § 32 Abs. 2 a einen neuen Satz 2 mit dem Wortlaut einzufügen:
An Stelle der Gewährung einer Geldentschädigung kann die Gemeinde die Übereignung des Grundstücks zum Verkehrswert verlangen.
Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Das Wort hat Dr. Even.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie namens der CDU/CSU-Fraktion, den Antrag der SPD abzulehnen.
Die Vorschrift, um die es hier geht, regelt die Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen bebauter Grundstücke, die unter Verkehrs- und ähnliche Flächen fallen. Im Zeitpunkt dieser Beschränkung, also in dem Zeitraum bis zur Inanspruchnahme der Flächen, liegt die Entziehung des Eigentums aber noch nicht im öffentlichen Interesse. Es ist rechtlich bedenklich, jedenfalls rechtspolitisch unerwünscht, die Entschädigung unter Umständen dadurch niedrig zu halten, daß der Eigentümer dem Druck ausgesetzt wird, sein Grundstück zu verlieren.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck 611 Ziffer 9, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 32. Wird dazu noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. - Wer der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen einstimmig angenommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich komme zu § 32 a. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 10 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Dr. Even!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Begründung zu dem genannten Antrag der CDU/CSU-Fraktion ist folgende. Die Entschädigungspflicht für den Fall, daß Flächen als Schutzflächen vorgesehen werden, muß der Sache nach genauso geregelt werden wie die Entschädigungspflicht für den Fall, daß Flächen im Bebauungsplan als von der Bebauung freizuhaltende Grundstücke ausgewiesen werden. Für den letzten Fall ist aber im Gesetz vorgesehen, daß eine Entschädigung ausgeschlossen ist, wenn nach der Beschaffenheit oder der Lage des Grundstücks eine Bebauung ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Diese Bestimmung muß daher auch bei den Schutzflächen Anwendung finden.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer diesem- Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 10 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich lasse über den § 32 a in der geänderten Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 33 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 10 vor. Wird der Antrag begründet?
({0})
- Keine Begründung? - Wird dazu das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Umdruck 611 Ziffer 10 - zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmigangenommen.
Ich lasse über den § 33 in der so geänderten Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Der Änderungsantrag der SPD zu § 34 auf Umdruck 611 Ziffer 11 ist bereits begründet; es ist aber noch nicht abgestimmt. Keine Wortmeldungen dazu?
-- Ich lasse abstimmen. Wer dem Änderungsantrag
- Umdruck 611 Ziffer 11 - zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wer § 34 in der geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den § 35 a. Hier liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich beginne mit dem Änderungsantrag der CDU/CSU, Umdruck 615 Ziffer 11 a. Er bezieht sich auf die Überschrift. Wird
begründet? - Keine Begründung. Wird dazu das Wort gewünscht? ({1})
- Ich weiß nicht, warum sie in meiner Vorlage getrennt sind. Sie wollen also Ziffern 11 a und 11 b gemeinsam behandelt haben?
({2})
- Das ist Umdruck 611 Ziffer 12 a und b.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 11 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die Ziffern 11 a und b des Umdrucks 615 sind angenommen.
Jetzt rufe ich die Ziffern 12 a und b des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 auf. - Herr Abgeordneter Jacobi wünscht diesen Antrag zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß ich trotz der Arbeitslage des Hauses nicht darauf verzichten kann, die beiden Anträge, die wir zu § 35 a gestellt haben, zu begründen. Es geht um Fragen, die von wesentlicher Bedeutung sind. Wir beantragen einen neuen Absatz 1 a in § 35 a:
Überschreitet die Wertminderung nach Absatz 1 die Hälfte des Verkehrswertes vor der Änderung oder Aufhebung des Bebauungsplanes, so kann die Gemeinde die Übereignung des Grundstücks zu diesem Verkehrswert verlangen.
Ich darf' gleichzeitig unseren Antrag zu § 35 a Abs. 1 begründen und zu den beiden Anträgen insgesamt Stellung nehmen.
Nur die Aufhebung oder Änderung von Bebauungsplänen kann im Falle des § 35 a gemeint sein. Eine Planungsentschädigung kann aber nur in Betracht kommen, wenn dem einzelnen besondere, den Gleichheitsgrundsatz durchbrechende Opfer aufgebürdet werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn Begrenzungen der baulichen Nutzbarkeit allgemein eingeführt werden. Daher ist die Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplans ausdrücklich als Voraussetzung der Entschädigung in den § 35 a Abs. 1 aufzunehmen.
Das Wort „nachhaltige" in Abs. 1 Satz 1 soll Wertminderungen von der Berücksichtigung ausschließen, die nur anfänglich eintreten, aber durch alsbald zu erwartende Werterhöhungen wieder ausgeglichen werden. Die bisherige Fassung könnte unter Umständen auch als eine Nutzungs- oder Gewinnausfallentschädigung aufgefaßt werden. Dem sollte durch eine entsprechende Klarstellung entgegengetreten werden.
Dem Gebot der Schadloshaltung ist Genüge getan, wenn den Planbetroffenen die nachhaltige Sachwertminderung - und nur diese - zu erstatJacobi
ten ist. Auf der anderen Seite sollte auch die Gemeinde die Möglichkeit haben, das Grundstück selbst zu erwerben, wenn sie schon für den Planungsschaden mehr als die Hälfte des ursprünglichen Wertes zahlen müßte, aber um das Grundstück selbst zu erwerben nur noch einen relativ geringen Betrag aufwenden muß.
Wir wissen, daß die Bestimmungen, die hier geregelt werden, von wesentlicher Bedeutung sind und daß die Regelung des Planungsschadensersatzes nicht den Vorstellungen entspricht, die von uns im Ausschuß immer wieder geltend gemacht wurden. Wir werden in anderem Zusammenhang auf die Problematik, die hiermit verbunden ist, hinweisen müssen. Die in der Ausschußfassung getroffene Regelung wird, so fürchten wir, planerisch initiative Gemeinden mit erheblichen Entschädigungspflichten belasten, andererseits manche Gemeinde vor planerischen Festsetzungen zurückschrecken lassen. Hier wird sich rächen, daß sich die Ausschußmehrheit nicht bereit gefunden hat, eine Art Wertausgleich einzuführen, wie er nicht nur von uns, sondern auch von den kommunalen Spitzenverbänden immer wieder verlangt worden ist. Wir bitten, wenigstens die Korrekturen, die wir beantragen, ernsthaft zu überprüfen und sie anzunehmen.
Wird das Wort dazu gewünscht? - Herr Dr. Even.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen. Ich darf zunächst darauf hinweisen, daß die bisherige Überschrift des § 35 a ungenau ist; denn die Vorschrift muß auch bei einer erstmaligen Festsetzung des Bebauungsplanes gelten, durch den eine zulässige bauliche Nutzung betroffen wird. Eine andere Lösung wäre ungerecht. Es ist daher von diesem Gesichtspunkt aus nicht richtig, wenn, wie es die SPD-Fraktion in ihrem Antrag wünscht, die Bindung dieser Vorschrift auf alle Fälle der Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplanes beschränkt werden soll.
Zu der Frage dei nachhaltigen Wertminderungen vertreten wir die entgegengesetzte Auffassung. Durch unseren Antrag, die Worte „wesentliche Wertminderung" zu ersetzen durch die Worte „nicht nur unwesentliche Wertminderung", soll verdeutlicht werden, daß der Eigentümer nur geringfügige Wertminderungen im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums ohne Entschädigung hinzunehmen hat.
Gleiche Bedenken aus diesem Gesichtspunkt ergeben sich auch hinsichtlich des hier wieder vorgesehenen Übernahmeanspruchs entsprechend dem Antrag der SPD-Fraktion. Ich darf zur Begründung auf meine Darlegungen verweisen, die ich zu § 32, der insoweit das gleiche Problem betrifft, gemacht habe.
Ich bitte daher, den Antrag der SPD abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen dazu? - Keine Wortmeldungen! Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 12 a und b. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 12 ist abgelehnt.
Damit sind die Änderungsanträge zu § 35 a erledigt.
Ich stelle zur Abstimmung den § 35 a in der durch die Annahme der Änderungsanträge Umdruck 615 Ziffer 11 geänderten Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der § 35 a ist in der geänderten Fassung angenommen.
Die §§ 36 bis 41 entfallen. Damit ist der Dritte Teil beendet.
Im Vierten Teil rufe ich auf die §§ 42, - 43, -44, - 45, - 46 und 47. Hierzu sind Änderungsanträge nicht gestellt. Wird zu den aufgerufenen Paragraphen das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Änderungsantrag der Fraktion der FDP zu § 48 auf Umdruck 620 Ziffer 1. Wird der Änderungsantrag begründet? - Keine Begründung! Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich stelle den Antrag zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 620 Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich stelle den § 48 zur Aussprache. - Keine Wortmeldungen! Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem § 48 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
Ich rufe auf die §§ 49, - 50, - 51, - 52, - 53,
- 53 a, 53 b, - 53 c, - 54, - 55, - 56 entfällt, -57, - 57 a, - 58, - 59, - 60, - 60 a, - 60 b, -61, - 62 entfällt, - 63, - 64 entfällt, - 65, - 66 entfällt, - 66 a, - 66 b, - 67, - 68, - 69, - 70,
- 71. - So weit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? Das Wort wird nicht gewünscht. - Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Angenommen!
§ 72, Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 12. Wird der Antrag begründet? - Herr Dr. Even!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zu streichenden Worte waren vom Ausschuß eingefügt worden, um die Kosten für die Beurkundungen und Beglaubigungen von der Gebührenfreiheit auszunehmen. Dabei war übersehen worden, daß nach § 11 Abs. 3 in Verbindung mit § 141 des Kostenordnung eine gesetzliche Gebührenfreiheit sich auf die Kosten für Beurkundungen und Beglaubigungen nur bezieht, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben wird. Infolgedessen sind die zu streichenden Worte überflüssig, da diese Befreiung ohnehin nach geltendem Recht besteht.
Wird dazu weiter das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 12 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag angenommen.
Ich stelle den § 72 zur Abstimmung. Wer ihm in der geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 72 ist angenommen.
Ich rufe auf § 73, - § 73 a. Dazu keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich stelle die §§ 73 und 73 a zur Abstimmung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
Es folgt § 74. Dazu der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 13. Wird der Antrag begründet? - Herr Dr. Even!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Neufassung soll verdeutlichen daß den Beteiligten ein Rechtsanspruch auf Gehör zusteht.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 13 abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Wer dem § 74 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
Ich rufe auf § 75 - und § 76. Dazu keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer ,den §§ 75 und 76 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
Zu § 77, der nach der Ausschußfassung entfällt, liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 13 vor. Wird der Antrag begründet? - Herr Abgeordneter Reitz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde möchte ich den Antrag stellen, den im Ausschuß gestrichenen § 77 wieder in das Gesetz einzufügen. Der Begründung für die erfolgte Streichung, daß die Umlegung so ausgestaltet sei, daß mit ihr auch die Ziele der Zusammenlegung erreicht werden könnten, können wir uns nicht anschließen. Diese unsere Auffassung vertritt auch der Bundesrat. Es hat sich doch in der Praxis gezeigt, daß bei dem Wiederaufbau insbesondere der größeren Städte - z. B. Hansaviertel in Berlin, Kiel und Hannover - der Städtebau in besonderem Maße auf die Zusammenlegung angewiesen ist. Deshalb sollte das in einer Reihe von Aufbaugesetzen vorhandene Rechtsinstitut der Zusammenlegung nicht ersatzlos beseitigt
werden, zumal da nach unserer Meinung das Verhältnis zwischen der Zusammenlegung und der Umlegung etwa dem zwischen dem Vorkaufsrecht und der Enteignung entspricht. Die Zusammenlegung ist aber das weniger harte Mittel. Der sachliche Unterschied zwischen der Zusammenlegung und der Umlegung besteht darin, daß bei der Zusammenlegung mehrere Eigentümer in einer Gemeinschaft zur einheitlichen Bebauung und auch zur Schaffung eines einheitlichen Bauträgers zusammengeschlossen werden, während man bei der Umlegung höchstens zwei bis drei Eigentümer zusammenlegen kann.
Ich bin überzeugt, daß bei den auf uns zukommenden Sanierungsmaßnahmen aus den soeben dargelegten Gründen dem Zusammenlegungsverfahren eine wirtschaftliche Bedeutung zukommen wird. Der Bundesrat hat ebenfalls überzeugend geltend gemacht, daß die Zusammenlegung insbesondere für die zusammenhängende Bebauung mehrerer Grundstücke künftig mehr Bedeutung gewinnen wird.
Aus den dargelegten Gründen schlägt meine Fraktion vor, den in der Ausschußfassung gestrichenen § 77 mit der in Umdruck 611 Ziffer 13 beantragten Fassung wieder einzufügen, um die Zusammenlegung als Instrument zu erhalten, allerdings nur in einigen wenigen Grundsatzbestimmungen, und die Landesregierungen zu ermächtigen, das Nähere über die Voraussetzungen und die Durchführung durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Wir sollten hier auch den Wünschen des Bundesrats entgegenkommen und einen Grund für die Anrufung des Vermittlungsausschusses vermeiden.
Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Dr. Even.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen. Ich glaube, hier müssen zwei Gesichtpunkte auseinandergehalten werden, nämlich erstens die Anliegen des modernen Städtebaus und zweitens die privatrechtlichen Konsequenzen, die sich aus einem Instrument wie der Zusammenlegung ergeben würden.
Was das Anliegen des Städtebaus angeht, so sind wir der Auffassung, daß nach den Erfahrungen der letzten zehn, zwölf Jahre feststeht, daß dieses Instrument der Zusammenlegung durchaus entbehrlich ist. Mehrere Aufbaugesetze der Länder haben diese Rechtseinrichtung vorgesehen. Aber nur in ganz wenigen Einzelfällen wurde hiervon Gebrauch gemacht. Das wesentliche Anliegen des Städtebaus ist nicht so sehr die Zusammenlegung als vielmehr eine Baupflicht unter bestimmten Voraussetzungen. Diesem Anliegen wird aber durch das Bundesbaugesetz bereits an anderer Stelle Rechnung getragen, nämlich in § 53 c Abs. 5, wo eine Baupflicht in Sanierungsgebieten vorgesehen ist.
Die privatrechtlichen Konsequenzen müssen als sehr bedenklich bezeichnet werden. Es handelt sich bei der Zusammenlegung um die Bildung einer
Dr. Even ({0})
Zwangsgemeinschaft, um den zwangsweisen Zusammenschluß von Eigentümern zum Zweck einer gemeinsamen Bebauung. Das ist mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbunden. Die Reprivatisierung dieser Großbauten ist schwierig. Außerdem wird das politische Ziel einer möglichst breiten Streuung des Eigentums erschwert.
Aus diesen Gründen bitten wir, den Antrag der Fraktion der SPD abzulehnen.
Herr Abgeordneter Dr. Brecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dazu noch einige wenige Worte sagen. Herr Abgeordneter Even hat dieses Instrument der Zusammenlegung als sehr bedenklich bezeichnet, als eine Sache, die geradezu gefährlich ist und voller Probleme und Risiken steckt.
Ich gehöre mit zu denen, die 1946 das Lemgoer Muster der Aufbaugesetze der Länder entwickelt haben. Damals hat man in all diesen Dingen zweifellos noch streng gedacht und war sich der Situation, die sich aus der Sozialpflichtigkeit ergibt, mehr bewußt als heute. Es ist bezeichnend, daß 14 Jahre nach dem Lemgoer Entwurf hier mit ein paar solchen Worten wie „äußerst bedenklich" über eine Institution hinweggegangen wird, die zwar vielleicht nur in ein paar Ländern praktische Bedeutung erlangt hat, die aber in soundsoviel Ländern dazu beigetragen hat, daß es zu Zusammenschlüssen, zu gemeinsamen Handlungen verschiedener Grundeigentümer gekommen ist. Wenn Sie sagen, das sei eine sehr bedenkliche Institution, muß ich Ihnen allerdings entgegenhalten: Wenden Sie sich dann an die Adresse der Bundesregierung! Denn in der Regierungsvorlage war das Instrument der Zusammenlegung sehr wohl enthalten. Dann hat sie etwas Bedenkliches vorgeschlagen.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen? - Ich lasse abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD unter Ziffer 13 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Abgelehnt.
Die §§ 77 bis 95 entfallen nach dem Vorschlag des Ausschusses.
Ich rufe auf zu § 96 Umdruck 620, Änderungsantrag der Fraktion der FDP. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, gleich die Ziffern 2 bis 6 mitzubegründen, da sie eine Einheit bilden. Wenn wir unsere ideologischen Unterschiede gegenüber dem Kommunismus herausstellen, berufen wir uns immer gern stolz auf die Unantastbarkeit des Privateigentums. Das zur Beratung stehende Gesetz enthält wesentliche Verstöße gegen eine solche Auffassung.
({0})
Diese Verstöße beginnen mit der Genehmigungspflicht und gehen weiter zum Vorkaufsrecht. Alle di ese Vorschriften enthalten schon Beeinträchtigungen des Eigentums.
({1})
- Ja, selbstverständlich! Ich kann nur von meiner Auffassung sprechen, nicht von Ihrer, denn sie sind grundsätzlich voneinander verschieden. Ihren Höhepunkt erreichen diese Eingriffe aber bei den Vorschriften über die Enteignung.
Immer dann, wenn man in Widerstreit zu seinen eigenen Theorien kommt, sucht man eine Rechtfertigung in tönenden Worten, und hier soll das Wort „zum Wohle der Allgemeinheit" herhalten. Unter dieser Parole hat man vor 170 Jahren die Guillotine in Bewegung gesetzt.
({2})
Zum Wohle der Allgemeinheit hat man Menschen aufgehängt und ihnen das Eigentum entzogen.
({3})
Wir ,selbst haben solche Dinge erlebt, und hinter dem Eisernen Vorhang soll sich heute so etwas noch vollziehen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Atzenroth, ist Ihnen bekannt, daß die Formulierung „zum Wohle der Allgemeinheit" auch im Grundgesetz steht, und wollen Sie die von Ihnen hier gewählten Vergleiche auch auf die Formulierungen des Grundgesetzes beziehen?
({0})
Ich habe das Grundgesetz niemals antasten wollen.
({0})
Vor 170 Jahren wurde nicht der Wortlaut „zum Wohle der Allgemeinheit" gebraucht; aber man hatte auch damals ein tönendes Wort mit diesem Sinn gefunden. Hier nehmen Sie das Wort in Ihr Gesetz hinein.
Meine Damen und Herren, in vielen Fällen haben gerade diejenigen, die das begehrte Eigentum an sich ziehen wollen, bestimmt, was das „Wohl der Allgemeinheit" ist. Diese Gefahr sehen wir auch in diesem Gesetz. Hier soll die Möglichkeit geschaffen werden, zum Wohle der Allgemeinheit einem Staatsbürger sein Eigentum wegzunehmen, um es einem anderen Staatsbürger zu übertragen, zwar gegen Entschädigung; aber damit wird ja der Verstoß gegen die Grundsätze unseres staatlichen Lebens nicht geheilt. Wir haben uns schweren Herzens damit abgefunden, daß eine Enteignung zugunsten der öffentlichen Hand vorgenommen werden kann. Wir wehren uns aber dagegen, daß dies auch zugunsten Dritter möglich sein soll.
Zur Begründung wird angeführt, daß habgierige Hamsterer von Bauland dem kleinen Bürger oder Bauern die Möglichkeit vorenthalten, ein Baugrundstück zu erwerben. Wesentlich häufiger liegen die Dinge aber so, daß dem kleinen Bürger das Grundstück zugunsten großer Baugesellschaften oder gar industrieller Werke weggenommen werden soll. In einer Stadt nicht fern von hier fordert die Gemeinde allen Ernstes, daß einem Gärtner, der den väterlichen Betrieb auf eigener Scholle weiterführen will, das Grundstück enteignet wird mit dem Ziele, es einem Großunternehmen zu übereignen, und noch dazu zu einem besonders niedrigen Preise. Die vorliegende Fassung würde die Möglichkeit dazu geben.
Es wird nun der Einwand gebracht, daß ohne solche Enteignungsmöglichkeiten eine Bauplanung nicht möglich sei. Das können wir nicht anerkennen. Wenn ein Bauplan aufgestellt und genehmigt ist, können alle Grundstücke, die für Straßen, öffentliche Plätze, Häfen, Krankenhäuser usw. benötigt werden, enteignet werden. Die Durchführung des Bauplans durch Private sowohl im Wohnungsbau als auch im industriellen Bau muß sich dann durch vertragliche Abschlüsse ergeben, bei denen die Interessen beider Partner gewahrt bleiben. Daß dann an einer Stelle vorübergehend eine Baulücke bleibt, kann nicht Anlaß sein, von der Grundlage unserer Rechtsordnung abzuweichen.
Ich wiederhole: Unser Antrag - diese Kombination von Anträgen - geht dahin, die Enteignung zugunsten der öffentlichen Hand zuzulassen, nicht aber zugunsten Dritter. Jeder, der für die Erhaltung des privaten Eigentums eintritt - das behauptet doch die CDU/CSU-Fraktion ebenso wie wir -, müßte daher unserem Antrage zustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lücke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Atzenroth, was Sie hier gesagt haben, ist allerdings militanter Liberalismus im Sinne der Gründerzeit,
({0})
militanter Liberalismus im Städtebau, der uns jene Entwicklung beschert hat, an der wir heute noch kranken! Ein Berliner Wedding als Folge fehlgeleiteter Städtebaupolitik war möglich, weil man nicht respektiert hat, daß es auf dieser Welt ohne ein sozial gebundenes Eigentum einfach nicht geht. Wer Eigentum für alle will, wer für die Einrichtungen des Eigentums eintreten will, muß sicherstellen, daß im Rahmen der gemeindlichen Planung für alle gesorgt werden kann. Diese unsere Grundordnung hat in Art. 14 nicht ohne Grund die Interessen der Allgemeinheit und des einzelnen wohlabgewogen nebeneinandergestellt. Wir sind hier dabei, ein Gesetz zu machen, das allerdings an die Grundlagen dieser unserer Gesellschaftsordnung rührt, einer Gesellschaftsordnung, die das sozial gebundene Eigentum möglichst für alle will, damit Eigentum als Einrichtung erhalten bleiben kann.
({1})
Heute früh wurde in einer sehr eindrucksvollen Weise von Herrn Abgeordneten Dr. Will eine Städtebaupolitik dargestellt, die ich einer echten liberalen Städtebaupolitik gleichsetzen möchte, weil auch eine liberale Städtebaupolitik die Sozialpflichtigkeit bekennen muß. Wer Rechte im Rahmen gemeindlicher Planung in Anspruch nimmt, muß auch die Pflichten übernehmen.
({2})
Ihre Forderung, Herr Dr. Atzenroth, ohne Enteignung modernen Städtebau zu betreiben, ist Rückfall in den krassesten, in den schwärzesten Liberalismus der Vergangenheit! Wir sollten hierüber nicht weiter diskutieren.
({3})
Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soweit Herr Kollege Lücke, der hier als Abgeordneter gesprochen hat, aber das, was er gesagt hat, wohl auch als Minister vertritt, sich gegen Unterstellungen und Mißdeutungen, die in den Ausführungen des Kollegen D r. Atzenroth lagen, gewehrt hat, sind wir derselben Meinung. Wir bedauern sogar, daß die von Herrn Minister Lücke hier dargelegten Prinzipien nicht in voller Schärfe im Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben. Wir werden bei der dritten Lesung hierzu ein paar allgemeine Bemerkungen machen und bedauern in diesem Zusammenhang, Zweifel daran äußern zu müssen, ob hier wirklich dem Anliegen, das soeben mit beredten Worten vertreten worden ist, Rechnung getragen wurde.
Aber, Herr Kollege Dr. Atzenroth, wir müssen gegen die Feststellungen, die in Ihren vorherigen Erklärungen liegen, Verwahrung einlegen. Es hat nur noch das Wort vom „Bodenbolschewismus" gefehlt, dann hätten wir einen Streit gehabt, der eigentlich - nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte - unter uns längst ausgetragen sein sollte. Wir laufen nämlich Gefahr, große Worte zu sprechen und kleine Taten zu verrichten.
Herr Kollege Dr. Atzenroth, Sie bezeichnen Maßnahmen, die das selbstverständliche Korrelat der Sozialgebundenheit darstellen, als Enteignung. Sie legen die Tendenzen und Grundsätze des Grundgesetzes, vor allen Dingen des Art. 14, in einer eigenartigen Weise aus. Im Grundgesetz haben sich doch die schrecklichen Erfahrungen aus den gesellschaftspolitischen Verirrungen der letzten Jahrzehnte niedergeschlagen. Ich verstehe nicht mehr, welchen Standpunkt Sie eigentlich vertreten. Nicht zuletzt Ihre politischen Freunde haben doch im ParlamenJacobi
tarischen Rat sehr intensiv bei der Gestaltung des Art. 14 mitgewirkt. Es gibt manches Wort von Sprechern Ihrer Partei - in diesem Zusammenhang darf man den früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss zitieren -, das eindeutig zeigt, daß insoweit Ihr Liberalismus doch wohl geläutert gewesen ist.
Ich weiß nicht recht, ob Sie im Namen Ihrer Partei gesprochen haben. Ich weiß nicht recht, wie das Programm aussieht, von dem heute morgen eine Sprecherin Ihrer Partei geredet hat. Wir haben nur gemerkt, daß in der einen oder anderen Frage nicht absolute Einmütigkeit der Auffassungen zu bestehen scheint.
Wir haben hier ein Werk zu verrichten. Die sozialdemokratische Opposition muß allerdings sagen, daß die Form, wie das geschieht, sehr unzulänglich ist. Es zeigen sich aber Ansätze und es wird ein Teil von Verpflichtungen eingelöst, die uns auferlegt sind. Zumindest kann man sagen, daß das Gesetz in jedem Buchstaben in völliger Übereinstimmung mit dem Grundgesetz steht. Das Gesetz versucht, die Sozialgebundenheit des Eigentums wenigstens in einzelnen Fällen zu konkretisieren. Wer sich dagegen auflehnt, ist allerdings noch in einer Zeit befangen, in der man mit Guillotine und Einrichtungen mittelalterlicher Art arbeitete und eine sozialfremde Gesellschaftspolitik betrieb. Wenn Sie das auf sich nehmen wollen, müssen wir Sie bei dieser Auffassung allein lassen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bartels.
({0}) Das Wort hat Herr Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, mit aller Deutlichkeit herausgestellt zu haben, welchen Unterschied wir sehen zwischen dem, was Sie sozialverpflichtetes Eigentum nennen, und dem, was in diesem Gesetz als Enteignung zugunsten Dritter festgelegt werden soll. Die wohltönenden Worte von „Bodenbolschewismus" und „militantem Liberalismus" können nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie - auch Sie, Herr Minister - auf diese Unterschiede nicht eingegangen sind.
Zunächst einmal darf ich auf das dritte Wort antworten und darauf hinweisen, daß der schwarze Liberalismus in Karlsruhe verboten worden ist.
({0})
Wir sind bereit, die Enteignung soweit zu übernehmen, wie wir die soziale Verpflichtung des Eigentums anerkennen. Sie darf für die Allgemeinheit erfolgen, aber nicht zugunsten Dritter. Da hört die Sozialverpflichtung auf. Wir müssen immer abwägen, wem der größere Schaden zugefügt wird. Wir meinen, daß er dem zugefügt wird, der zugunsten irgendeines Dritten enteignet wird, bei dem gar nicht die Notwendigkeit gegeben ist, eine solche Leistung von anderen für ihn erbringen zu lassen.
Hier unterscheidet sich unsere Auffassung von Ihrer und auch von der, die der Herr Minister hier vorgetragen hat. Wir nehmen für uns in Anspruch, ebenfalls für das sozialverpflichtete Eigentum einzutreten. Aber die Übersteigerungen dieses Begriffs machen wir nicht mit.
({1})
Wollen Sie eine Frage beantworten, Herr Abgeordneter?
Ja!
Ich fürchte, daß Ihnen hier ein Mißverständnis unterlaufen ist. Glauben Sie denn nicht, daß es notwendig ist, auch für Dritte einzutreten, die im allgemeinen Interesse tätig werden, wie etwa Träger von Gemeinschaftseinrichtungen, oder die in anderer Weise für eine größere Gemeinschaft fungieren, und daß es auch da berechtigt ist, Enteignungsmaßnahmen vorzusehen?
Wenn es wirklich Träger der öffentlichen Hand sind, sind wir bereit dazu. Aber wenn es sich um andere Organisationen handelt, die danebenlaufen, glauben wir nicht, daß für sie die Enteignung zulässig sein soll.
({0})
Das Wort hat Herr Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich in den grundsätzlichen Streit nicht mehr einmischen. Aber ich muß dem Herrn Kollegen Atzenroth doch zum Vorwurf machen, daß er in Bausch und Bogen über die Enteignungsbestimmungen spricht, ohne sich wirklich die Mühe zu machen, in die Einzelheiten einzusteigen und zu sagen, was mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
({0})
Es ist gar nicht wahr, daß im Grundgesetz gesagt wird, die Enteignung sei nur zugunsten der öffentlichen Hand zulässig. Meine Partei würde einen solchen Satz überhaupt nicht anerkennen. Entscheidend ist nämlich nicht, ob da zufälligerweise eine Körperschaft öffentlichen Rechts oder eine Gemeinde begünstigt werden soll, sondern entscheidend ist, ob eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt.
({1})
Ich kann Ihnen verraten, meine Damen und Herren, daß der Begriff „Wohl der Allgemeinheit" ziemlich das Ehrwürdigste ist, was wir zur Zeit im deutschen Rechtswesen haben.
({2})
Er stammt nämlich schon aus dem preußischen Enteignungsgesetz von 1874 und ist letztlich in der
Weimarer Verfassung und auch im Grundgesetz fortgeführt worden. Er hat also gar nichts mit dem zu tun, was sich zwischen 1933 und 1945 ereignet hat. Ich glaube, es war nötig, das hier einmal festzustellen.
Herr Kollege Atzenroth hat nun leider - und er befindet sich in der Nachbarschaft gewisser Leitartikel in einer gewissen großen deutschen Zeitung ({3})
versucht, gegen die Enteignungsbestimmungen Stimmung zu machen, ohne auf die Einzelheiten einzugehen. Das ist eigentlich dem Deutschen Bundestag nicht so ganz angemessen, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Da wird also gesagt, in irgendeiner Nachbarstadt müsse ein Gärtner einem großen Industrieunternehmen weichen. Das wäre auf Grund des Bundesbaugesetzes niemals möglich. Denn in unserem Gesetz steht ausdrücklich, daß die Enteignung nur im Rahmen des Städtebaues - ich gebe es jetzt etwas abgekürzt wieder - erfolgen kann und keineswegs für industrielle .Unternehmungen. Um das tun zu können, müßten schon ganz andere Gesetze herangezogen werden. Wir haben extra in das Bundesbaugesetz eine Vorschrift aufgenommen, durch die diese Gesetze vom Bundesbaugesetz nicht betroffen werden.
Die Stimmungsmache - das möchte ich vor dem Plenum des Bundestages einmal sagen dürfen - in der Frage der Enteignung war höchst unangebracht und hat die Beratungen im Rechtsausschuß und auch im Wohnungsbauausschuß sehr ungünstig beeinflußt.
Ich bitte also, den Antrag der FPD in vollem Umfange abzulehnen. Ich will auf seine Einzelheiten jetzt gar nicht eingehen. Ich habe den Eindruck, daß er nur gestellt worden ist, um letztlich die Enteignungsbestimmungen im Bundesgesetz überhaupt aus den Angeln zu heben.
({4})
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 620 Ziffer 2. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer den §§ 96 und 96 a in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die beiden Paragraphen sind angenommen.
Zu § 97 liegen Änderungsanträge vor. Zunächst Antrag Umdruck 620 Ziffer 3.
({0})
- Der Antrag ist erledigt.
({1})
- Der Antrag der SPD ist zurückgezogen.
Das Wort zur Begründung des Antrags Umdruck 615 Ziffer 14 hat der Abgeordnete Dr. Bartels.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu § 97 Abs. 2. Schon die Rechtsprechung zum Enteignungsrecht hat den Grundsatz herausgebildet, daß vor der Inanspruchnahme von Privateigentum für ein Unternehmen des Städtebaus zunächst einmal etwa vorhandener Grundbesitz der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden muß. Wir haben diesen Grundsatz nunmehr im Gesetz verankert. Es heißt in § 97 Abs. 2:
Die Enteignung setzt voraus, daß
1. die Bereitstellung von Grundstücken, die im Rahmen der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung für das Vorhaben geeignet sind, weder aus dem Grundbesitz des Bundes, des Landes oder einer Gemeinde ({0}) noch aus dem des Antragstellers möglich und zumutbar ist,
Meine Fraktion ist der Ansicht, daß diese Vorschrift noch etwas erweitert werden muß, weil vielfach die öffentliche Hand an juristischen Personen des Privatrechts überwiegend beteiligt ist, die Grundbesitz zur Verfügung haben. Deswegen haben wir beantragt, in § 97 Abs. 2 Nr. 1 hinter dem Wort „({1})" einzufügen: „oder einer juristischen Person des Privatrechts, an der der Bund, das Land oder eine Gemeinde ({2}) allein oder gemeinsam überwiegend beteiligt sind". Ich darf ausdrücklich feststellen, daß darin wiederum das Bemühen zum Ausdruck kommt, die Grenzen des Rechtsstaats und die Grenzen zwischen Privatinteresse und öffentlichem Interesse so sorgfältig wie nur möglich zu ziehen. Ich wäre dankbar, wenn der Bundestag dieses Bemühen honorierte und unseren Antrag zu § 97 Abs. 2 Nr. 1 und 2 annähme.
Noch einige Worte zu unserem Antrag zu Nr. 2 des § 97 Abs. 2. Gemeint ist, daß jemand, der die Enteignung betreibt, zunächst etwaigen eigenen Grundbesitz als Ersatzland zur Verfügung stellen muß. Auch da kann er sich nicht etwa darauf berufen, daß er selbst keinen Grundbesitz hat, sondern er muß auch solchen Grundbesitz zur Verfügung stellen, der juristischen Personen des Privatrechts gehört, an denen er überwiegend beteiligt ist. Also auch hier wünschen wir, daß der Betroffene einen noch größeren Rechtsschutz erhält. Er soll die Garantie haben, daß alle anderen Möglichkeiten geprüft werden, bevor er das Opfer der Abgabe eines Grundstücks bringen muß.
Ich bitte Sie, beide Anträge anzunehmen.
Präisdent D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen und Herren, wird weiter das Wort gewünscht? - Nicht.
Sie haben zur Kenntnis genommen, daß die Änderungsanträge auf Umdruck 611 Ziffern 14 und 15 der Fraktion der SPD zurückgezogen sind.
Ich lasse abstimmen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 14. Wer
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse über den so geänderten § 97 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit derselben Mehrheit angenommen.
Dann kommt der § 97 a. Keine Änderungsanträge! Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und Gegenstimmen angenommen.
§ 98. Änderungsantrag der FDP auf Umdruck 620 Ziffer 5.
({3})
- Der Antrag auf Umdruck 620 Ziffer 5 ist erledigt.
§ 98 a. § 99 entfällt. Wer dem § 98 a zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -- Angenommen.
§ 100. Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 15 der CDU/CSU. Wird er begründet?
({4})
- Der Antrag ist die Konsequenz aus einer bereits angenommenen Änderung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 15 ist zurückgezogen. Der Antrag auf Umdruck 620 Ziffer 6 ist ebenfalls erledigt.
Ich stelle den § 100 in der durch die Annahme des Änderungsantrags der Fraktion der CDU/CSU geänderten Fassung zur Abstimmung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Bandzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 100 ist angenommen.
Nun die §§ 100 a, - 101, - 102 entfällt, - 103,
- 104. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmig angenommen.
§ 105. Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 16. Wird er begründet? - Herr Dr. Brecht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag stoßen wir auf ein Problem im Rahmen der Enteignung, das von einer ganz besonderen gesellschaftspolitischen Bedeutung ist. Es dreht sich hier nicht darum, daß wir so nebenbei irgendeinen Paragraphen behandeln. Hier dreht es sich vielmehr darum, ob bei dem Instrument der Enteignung, soweit es angewendet wird, eine Entschädigung gezahlt werden muß, die gleichzeitig ein preisbildender und preisbeeinflussender Faktor für die Gestaltung der Bodenpreise im ganzen sein wird.
({0})
Wir sind uns einig, daß die Enteignung nur als Ultima ratio, also als äußerstes Mittel, angewendet. werden soll und zunächst alle anderen Formen des Grundstückserwerbs und auch der Preisbeeinflussung angewendet werden müssen, bevor wir uns des Instruments der Enteignung bedienen. Wir haben Instrumente wie das Vorkaufsrecht - wobei Sie nicht allen unseren Wünschen gefolgt sind -und andere Möglichkeiten eingebaut. Nun geht es darum, ob für die Enteignung - über die wir selbst nicht mehr sprechen - auch eine Entschädigung zu leisten ist, die preisbestimmende, preisbeeinflussende, preisdrückende Wirkung hat. Was nützt Ihnen letzten Endes eine Enteignung, bei der eine Entschädigung nach dem heutigen Verkehrswert gezahlt wird, bei der Sie also alles, was in der Vergangenheit an Spekulationen, an Bodenpreissteigerungen vor sich gegangen ist, akzeptieren, legalisieren, um es dann in einer Entschädigung, die auch noch amtlich von einer Behörde festgesetzt wird, noch mit zu vergüten und anzuerkennen!
Deshalb hat die Frage, in welcher Höhe eine solche Entschädigung bei der Enteignung gezahlt wird, eine große und grundsätzliche Bedeutung. Es geht nicht darum, daß man für eine Vielzahl von Fällen Entschädigungen festsetzt, die etwa unter dein gegenwärtigen Marktwert liegen, nein, es geht darum, daß in den wenigen Fällen, in denen es zu einer Enteignung kommen kann und in denen eine Enteignung unbedingt notwendig ist, ein Instrument vorhanden ist, das psychologisch und marktwirtschaftlich auf die Preisentwicklung des Baubodens im ganzen zurückwirkt. Wenn man weiß, daß man eine Enteignung vor sich hat und auch bei der Enteignung eine Entschädigung bekommt, die einem auch das gibt, was am Markt durch den Verkehrswert zu erreichen ist, dann wird gar kein Interesse daran bestehen, der Enteignung im Wege des freihändigen Verkaufs zu entgehen. Dann ist die Enteignung nichts anderes als die behördliche Zwangsregelung eines Verkaufs, aber unter Einschluß aller Preise, die sich marktwirtschaftlich oder auch im Wege der Bodenspekulation, des Bodenwuchers und der Bodenzurückhaltung gebildet haben.
Insofern steht die Entschädigung bei der Enteignung in einem unmittelbaren, sinnvollen Zusammenhang mit der Grundsatzfrage, die heute hier gestellt ist: Soll ernsthaft mit den einzelnen Maßnahmen die Bodenspekulation und der Bodenwucher bekämpft werden, oder soll das nur für Sonntagsreden verwendet, aber nicht durch die Tat bewiesen werden?
Aus diesem Grunde beantragen wir, die vom Ausschuß vorgesehene Fassung des § 105 zu ändern. Ich gebe zu, wir haben im Ausschuß lange und sehr verantwortungsbewußt über diese große und wichtige Frage gesprochen; jeder hat sicherlich angesichts des Ernstes dieser Frage auch sehr ernste Überlegungen angestellt und ist nicht einfach darüber hinweggegangen. Sie sehen auch aus der Formulierung, daß eine Regelung herausgekommen ist, bei der man zwar noch vom Verkehrswert ausgeht, bei der man aber doch schon einsieht, daß es nicht der
jetzt vorhandene, jetzt gegebene Verkehrswert sein kann, sondern daß hier eine gewisse Korrektur notwendig ist.
Diese Korrektur in der Ausschußfassung muß sich darauf beziehen, daß gegebenenfalls auf das letzte angemessene Angebot, das vor der Stellung des Enteignungsantrages abgegeben worden ist, zurückzugehen ist: Ich bedauere nur lebhaft, daß dann in dem Schriftlichen Bericht gerade zu diesem Punkt Formulierungen gefunden worden sind, die zweifellos dazu führen werden, daß der Grundsatz, den Sie selber in § 105 Abs. 2 a eingebaut haben, wenn es einmal an die Rechtsauslegung geht, nicht mehr so angewendet wird, sondern daß versucht wird, zu Auswegen zu kommen.
Gerade diese Formulierung hat uns mit veranlaßt und uns gezwungen, bei dieser Kardinalfrage noch einmal ernsthaft zu überlegen, ob hier nicht klarere, konkretere, allerdings auch in der Preiswirkung bestimmtere Regelungen getroffen werden müssen. Wir meinen, daß dem nicht zu entgehen ist. Wir gehen gemeinsam mit Ihnen davon aus, daß die Entscheidung auf einen Verkehrswert abzustellen ist, aber nicht - und das ist der prinzipielle Unterschied - auf den Verkehrswert im Zeitpunkt der Entscheidung über die Enteignung - das ist der Verkehrswert, der sich morgen oder übermorgen ergibt -, sondern auf einen Verkehrswert, der zeitlich weit davor liegt.
Diese weit davorliegende Grenze kann nicht willkürlich gezogen werden; es muß irgendein Zeitpunkt dafür gefunden werden. Man muß vielmehr davon ausgehen, daß alle Werterhöhungen, die ') durch die Leistungen der Gemeinschaft und damit durch die Planung und die Heraushebung eines Grundstücks in einem größeren Planungskomplex entstehen, Wertbewegungen sind, die nicht auf die individuelle Leistung des zufälligen Eigentümers zurückzuführen sind. Das sind Ergebnisse, die sich aus dem gesellschaftlichen Wirken, aus der Sozialleistung um und mit diesem Grundstück herausbilden.
Wir sind deshalb der Meinung, daß für die Bemessung der Enteignungsentschädigung auf einen Tatbestand zurückzugehen ist, der zu der Zeit gegeben ist, wo das Grundstück in die Bebauungsplanung hineingenommen wird. Radikale Städtebauer, auch Städtebauer, die gar nicht Sozialdemokraten sind, sondern in Ihren Reihen stehen, vertreten immer den Standpunkt, man müsse auf den Ausgangswert der Grundstücke zurückgehen und schon die Wertsteigerung, die eintritt, während das Bauland noch Bau-Erwartungs-Land ist - da erfolgen die großen Preissteigerungen -, eliminieren; man müsse also auf einen Wert zurückgehen, der, sagen wir einmal, 100 % oder 200 % über dem landwirtschaftlichen Nutzungswert liegt. Das sagen die radikalen Städtebauer.
Wir selber hatten in den Ausschußberatungen einmal gemeint, man sollte auf den Verkehrswert zurückgehen, der unmittelbar vor der Fortsetzung des Bebauungsplans erreicht wird. Weil wir gesehen haben, daß wir mit diesem Antrag politisch-real nicht durchkamen, haben wir ihn abgewandelt und haben auf den Verkehrswert nach vollzogener Bebauungsplanung abgestellt. Das ist auch heute unsere Auffassung; denn wir meinen, was nach Festsetzung des Bebauungsplans an weiteren Wertsteigerungen kommt, ist keine individuelle Leistung mehr, sondern kommt nur durch die Leistung der Gesellschaft diesem individuellen Eigentümer zugute. Auf diese Wertsteigerung hat er bei der Entschädigung für eine Enteignung einfach kein sittliches und moralisches Anrecht.
Wir beantragen deshalb, Abs. 1 Satz 2 - die Bezugnahme auf den Verkehrswert zu einem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet, also zu einem sehr, sehr späten Zeitpunkt - zu streichen und in Abs. 1 Satz 2 andere Bestimmungen darüber zu treffen, welcher Verkehrswert jeweils maßgebend ist. Dabei möchten wir als für die Ermittlung des Verkehrswertes maßgebend unterscheiden: erstens den Zeitpunkt, wann der Bebauungsplan aufgestellt wird, also wenn es sich um ein Grundstück handelt, das im Bereich des Bebauungsplanes liegt; zweitens, wenn kein Bebauungsplan vorliegt, wenn es sich aber um eine Veränderungssperre handelt, die angeordnet ist - darüber haben wir heute morgen gesprochen -, dann den Zeitpunkt, an dem diese Veränderungssperre angeordnet wird; und drittens, wenn weder das eine noch das andere vorliegt, den Zeitpunkt, wann das Enteignungsverfahren eingeleitet wird. Ich persönlich meine, das letzte müßte das Selbstverständlichste sein, daß man nämlich nicht zuerst noch die ganzen Wertsteigerungen, die während des Enteignungsverfahrens eintreten, berücksichtigt, sondern daß man wenigstens auf den Zeitpunkt abstellt, in dem die Enteignung eingeleitet wird.
Wir sind dann außerdem gern bereit, zuzustimmen, daß das, was in der Ausschußberatung hinsichtlich der letzten Angebote weiter gefordert wurde bezüglich des für die Bestimmung des Verkehrswertes zugrunde zu legenden Termins, welcher Verkehrswert zugrunde zu legen ist, noch zusätzlich angefügt wird.
Ich möchte noch einmal zur Begründung darauf hinweisen: Wir stellen den Antrag nicht in der Erwartung und in der Annahme, daß nun uferlos und massenweise Enteignungsverfahren auf Grund dieser Preisbestimmung eingeleitet werden. Wir sind mit Ihnen der Meinung, daß die Enteignung nur die Ultima ratio sein soll. Aber wir wissen, daß nur dann, wenn eine solche Preisbestimmung bei der Entschädigung für die Enteignung vorliegt, wenigstens ein gewisser Druck nicht nur auf diese wenigen Preise, sondern auf den gesamten Bodenpreismarkt ausgeübt wird. Dann wird sich eben jeder, der Grundstücke hat oder mit dem über die Abgabe von Grundstücken verhandelt wird, sagen: wenn ich nicht zu einem angemessenen vertretbaren marktwirtschaftlichen Preis freiwillig und frei veräußere, laufe ich Gefahr, daß ein Enteignungsantrag gestellt wird, und dann werde ich in der Enteignung nicht das gleiche, sondern dann werde ich weniger bekommen, als ich in der marktwirtschaftlichen Preisbildung - sogar einschließlich Bodenspekulation, mit Bodenwucher, mit Bodenzurückhaltung - bekommen könnte.
Darum meinen wir, man sollte dieses wirklich marktwirtschaftliche Ordnungsprinzip, das in einem kleinen Bereich auf die Preise einwirkt, anwenden, um damit ein Instrument zu finden, mit dem auf den gesamten Bodenpreismarkt nicht nur theoretisch und mit Reden, sondern in der Praxis fühlbar eingewirkt werden kann.
({1})
Herr Abgeordneter Dr. Bartels!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Brecht hat sicherlich recht, wenn er sagt, daß dies hier eine Entscheidung von erheblicher politischer Bedeutung ist. Wir stimmen darin voll und ganz überein. Aber ich muß nun dieses Mal die Grenzen dessen, was meine Fraktion für richtig hält, nach der anderen Seite abstecken. Entweder haben wir ein Grundgesetz oder wir haben es nicht. Das Grundgesetz läßt Enteignung nur gegen Entschädigung zu. Es steht nirgends im Grundgesetz - und ich würde es sogar für einen ganz krassen Widerspruch gegen das Grundgesetz halten, wenn so verfahren würde -, daß die Regelung der Entschädigung im Enteignungsverfahren als marktwirtschaftliches Mittel zur Senkung von Bodenpreisen benutzt werden kann. Wenn etwas nicht geht, dann ist es das. Wir haben das in den Beratungen im Wohnungsausschuß in aller Breite und in aller Gründlichkeit erörtert.
Der SPD-Antrag schlägt doch nicht mehr und nicht weniger als ein Aufrechterhalten des Preisstopps für Grundstückseigentümer vor, die das Unglück haben, in ein Enteignungsverfahren hineingezogen zu werden. Ich glaube, wir haben alle das Gefühl, daß das nicht geht. Wir können kein Sonderrecht schaffen: dem einen belassen wir den Vorteil einer Bauplanung, und dem anderen nehmen wir den Vorteil weg, indem wir sagen: Du hast eben das Unglück, enteignet zu werden, und bekommst deshalb eine geringere Entschädigung.
Meine Damen und Herren, nun möchte ich Sie bitten, sich das folgende recht gut zu merken. Ich habe mir das Ausschußprotokoll angesehen. In dem Protokoll über die 39. Sitzung wird gesagt - es handelt sich um § 105 in der Fassung, über die wir uns jetzt unterhalten -:
Abs. 1 wird in folgender Fassung ... angenommen:
Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemißt sich nach dem Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstandes der Enteignung. Maßgebend ist der Verkehrswert des Grundstücks in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet.
So der Beschluß des Ausschusses. Nun lese ich Ihnen den einleitenden Satz ganz vor. Er lautet:
Abs. 1
- das ist der eben verlesene Text wird in folgender Fassung mit allen gegen eine Stimme des Vorsitzers
- es war damals nicht der Kollege Hesberg -angenommen:..
Der Ausschuß hat damals diese Lösung einstimmig erarbeitet, und wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht.
Auch der zweite Punkt - daß jemand, der enteignet wird, nicht mehr bekommen soll, als er auch bei freihändiger Veräußerung zu zumutbaren Badingungen hätte bekommen können - hat uns sehr intensiv beschäftigt. Wir, einschließlich unserer Freunde von der SPD, haben sehr genau geprüft, ob das gerecht und richtig ist. Ich meine, wenn wir damals diese Lösung gefunden haben, sollten wir dabei bleiben. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, die hier zur Diskussion steht, ist immerhin so wichtig, daß ich auch vom Standpunkt meiner Fraktion aus das Nötige dazu sagen möchte. Ich verstehe durchaus das Anliegen der SPD, die der Meinung ist, man solle aus der Enteignung kein Geschäft machen können; darum geht es wohl. Aber wenn irgendwo, dann scheinen mir hier marktwirtschaftliche Prinzipien nicht außer acht gelassen werden zu dürfen. Man kann in einer solchen Situation, in der sich der Enteignete befindet, nicht verlangen, daß das Preisniveau, das in seiner Nachbarschaft allgemein gegeben ist, zurückgeschraubt wird etwa auf den Zeitpunkt der Festsetzung des Bebauungsplans, der immerhin schon sehr weit zurückliegen kann.
Ich bin vermessen genug, zu glauben, daß das Gesetz, das wir heute beschließen sollen, nicht ganz ohne Bedeutung ist. Damit will ich sagen, ich kann mir denken, daß die Verkehrswerte der Grundstücke nicht ins Uferlose und nicht in alle Ewigkeit steigen, sondern daß auch hier einmal eine Umkehr eintreten kann.
Nur als ein Beispiel will ich die Preisentwicklung des Bodenmarktes etwa in der Umgebung von München betrachten. Dort werden nun heute für den Quadratmeter 100 DM und darüber verlangt, während diese Grundstücke vor fünf, sechs Jahren noch nicht den zehnten Teil und noch weniger gekostet haben. Aus einer solchen Entwicklung ergibt sich die Notwendigkeit, Preisspekulationen - hier gebrauche ich den Ausdruck einmal - entgegenzutreten. Das ist ja wohl der Sinn dieses Gesetzes, und ich habe die Hoffnung, daß das Gesetz, das wir beschließen, in dieser Richtung erfolgreich sein wird. Das gilt nicht für alle darin vorgesehenen Maßnahmen darüber werden wir heute noch sprechen aber doch für eine Reihe, etwa den Wegfall des Preisstopps und die Fälligmachung der AnliegerDr. Will
beiträge, die dahin führen werden, daß wir zu einer Preisminderung kommen.
Herr Kollege Brecht, Sie gehen davon aus, daß unter allen Umständen der Wert eines Grundstücks im Augenblick der Entscheidung über die Enteignung höher sein wird als bei Festsetzung des Bebauungsplanes. Diese Auffassung vermag ich nicht zu teilen. Ich bin der Meinung, daß wir das Gesetz nicht umsonst machen; wäre es anders, brauchten wir es überhaupt nicht zu machen. Aber dann muß ich, in diesem Falle vom Standpunkt der liberalen Marktwirtschaft aus, sagen, daß eine Beeinträchtigung des Marktes, wie auch mein Herr Vorredner gerade gesagt hat, einfach nicht zulässig ist. Das würde auch nach meiner Auffassung ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein. Wir müssen also schon zusehen, daß wir die Verkehrswerte im ganzen herunterbringen, jedenfalls von einer Steigerung zurückhalten. Wir dürfen aber hier nicht besondere Enteignungsverkehrswerte schaffen; das würde in der Tat zu Folgerungen führen, die mit unseren rechtsstaatlichen und in diesem Falle mit liberalen Auffassungen nicht vereinbar sind.
Aus diesem Grunde wird meine Fraktion den Antrag der SPD ablehnen.
Keine weiteren Wortmeldungen? Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag der SPD Umdruck 611 Ziffer 16 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf die §§ 105 bis 117 in der Ausschußfassung. - § 118 entfällt. - Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird. - Keine Wortmeldungen!
Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen!
Ich rufe auf § 118 a. Dazu Änderungsantrag der Fraktion der DP Umdruck 618 Ziffer 4.
({0})
- Das ist also ein Irrtum auf dem Umdruck, es gibt keinen Änderungsantrag zu § 118 a.
Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen! Wer § 118 a zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Angenommen!
Ich rufe auf die §§ 120 bis 127, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wird das Wort zu diesen Paragraphen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Paragraphen sind angenommen.
Es folgt § 128. Hierzu ein Änderungsantrag der CDU/CSU Umdruck 615 Ziffer 16. Wird der Antrag begründet?
({1})
- Keine Begründung! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit.
Wer dem § 128 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen!
Ich rufe sodann auf die §§ 129 bis 137. Dazu keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Paragraphen sind angenommen.
Die §§ 138 bis 145 entfallen.
Zu § 146 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 615 Ziffer 17 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordneter Stiller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe im Auftrage der Fraktion der CDU/CSU den Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 17. In § 146 Abs. 3 heißt es: „Der Eigentümer hat sein Grundstück mit der von der Gemeinde festgesetzten Nummer zu versehen." Es geht hier also um die Hausnummernschilder. Wir möchten der Klarheit wegen diesen Abs. 3 durch den Satz ergänzen: „Im übrigen gelten die landesrechtlichen Vorschriften." Wenn diese Ergänzung nicht erfolgte, könnte man folgern, daß der Bundesgesetzgeber eine abschließende Regelung der Materie getroffen habe, und das würde dann dem Landesgesetzgeber verwehren, Einzelheiten über die Ausführung und Anbringung der Hausnummern festzulegen, z. B. vorzuschreiben, daß beleuchtete Hausnummern in der Innenstadt angebracht werden, usw. Diese Ergänzung soll klarstellen, daß die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften in Kraft bleiben und neue erlassen werden können, schließt aber den Erlaß selbständiger gemeinderechtlicher Regelungen aus. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Wer 'dem Antrag Umdruck 615 Ziffer 17 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen angenommen.
Wer dem § 146 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 146 ist in der geänderten Fassung angenommen.
Es folgt der Zweite Abschnitt. Hier haben wir eine Reihe von Änderungsanträgen zu § 147. Ich rufe zunächst auf den Antrag Umdruck 611 Ziffer 17, einen Änderungsantrag der Fraktion der SPD.
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- Der Antrag Umdruck 611 Ziffer 17 wird zurückgezogen.
Zu dem Antrag Umdruck 618 Ziffer 5, Änderungsantrag der Fraktion der DP, hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, gleich den Antrag unter Ziffer 6 mitbegründen zu dürfen, weil er praktisch nur eine Konsequenz der eventuellen Annahme des Änderungsantrages zu § 147 Abs. 1 wäre. Allerdings ist auch hier ein Schreibfehler. Es muß nicht heißen „§ 150 Abs. 1", sondern „§ 150 a Abs. 1".
Der Sinn des Antrages unserer Fraktion ist, die Regierungsvorlage in diesem Punkt wiederherzustellen. Auch die Regierungsvorlage sah einen Erschließungsbeitrag von höchstens 75 % des tatsächlichen Aufwandes vor. Auch in dem Antrag hier muß es heißen „des tatsächlichen Aufwandes" und nicht „des tatsächlichen, anderweitig nicht gedeckten Aufwandes". Das Problem ist heute offensichtlich schon in verschiedenen Anträgen angeschnitten worden. Auch nach dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion sollen aus der ursprünglichen Ausschußfassung die Worte „vollständigen oder teilweisen" gestrichen werden. Soweit deckt sich unser Antrag schon einmal mit diesem Antrag. Weiter haben die Abgeordneten der CSU beantragt, statt 25 % wenigstens 10 % zu nehmen. Wir würden hilfsweise natürlich auch dem CSU-Antrag zustimmen.
Aber hier geht es um ein Prinzip, meine Damen und Herren, ein Prinzip, das auch die Regierungsvorlage enthielt, daß nämlich nicht alle durch die Herstellung von Straßen, Beleuchtungs- und Versorgungseinrichtungen usw. entstehenden Kosten, also der Erschließungsaufwand, unmittelbar den Grundstückseigentümern oder den Gebäuden angelastet werden können, auch nicht etwa von dort aus in einer gerechten Art und Weise umgelegt werden können.
Ich darf nur einmal ein Beispiel anführen. Zweifellos haben heutzutage auch andere als etwa nur Hauseigentümer Autos. Da in der Bundesrepublik schon auf weniger als 10 Personen ein Kraftfahrzeug entfällt, ist das ganz eindeutig. Straßenkosten und Abnutzungsaufwand werden zweifellos von einer Fülle von Menschen verursacht. Es wäre keine gerechte Belastung, wenn man die. vollständigen Kosten entweder auf den Eigentümer, der sein Grundstück selber nutzt, oder auf die Mieter, die in einem solchen Gebäude wohnen, umlegte. Es ließe sich ja auch für eine Reihe von anderen Beispielen anführen, aber das eine dürfte schon genügt haben, um darzutun, aus welchen Überlegungen die Regierungsvorlage und wohl auch die anderen Anträge so formuliert waren, daß sie - darin decken sich unsere Auffassungen mit den Ihrigen, meine Damen und Herren von der CDU, wieder - nicht die vollständige oder teilweise, sondern nur noch die nicht anderweitig gedeckte Erschließungsbeitragslast vorsehen. Die nicht anderweitig gedeckte könnte natürlich nur 5 % oder nach dem CSU-Antrag nur 10 % ausmachen. Wir jedoch glauben, daß im Interesse der Mieter und der Eigenheimbesitzer eine 25prozentige, anderweitig eben zu deckende Erschließungslast eine billige und mit der Regierungsvorlage voll übereinstimmende Forderung ist. Wir bitten deshalb um Annahme unseres Antrages.
Herr Abgeordneter Stiller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe jetzt den Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 615 Ziffer 18 a. Wir schlagen vor, in Abs. 1 des § 147 die Worte „vollständigen oder teilweisen" zu streichen. Zur Begründung möchte ich anführen, daß wir einen Antrag zu § 150 a, den ich jetzt gleich mitbegründe, stellen, wonach von dem beitragsfähigen Erschließungsaufwand von den Gemeinden mindestens 10 % selbst getragen werden müssen.
Zur Klarstellung schlagen wir unter 18 b ferner vor, Abs. 2 Nr. 2 des § 147 anders zu fassen. Es geht hier um die Sammelstraßen. Im Entwurf des Ausschusses heißt es nur „Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete". Wir möchten diesen Begriff erläutern und daher hinzusetzen:
Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind.
Dieser Vorschlag ist nur redaktioneller Art.
Nun noch einige Worte zu Ziffer 20 des Antrags Umdruck 615, den ich ebenfalls begründen möchte. Wir möchten - es handelt sich um § 150 a - den beitragsfähigen Erschließungsaufwand um 10 % ermäßigt sehen. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, soll in Zukunft der Erschließungsbeitrag sofort nach vollzogener Erschließung vom Grundeigentümer eingefordert werden können. Es könnte der Fall eintreten, daß manche Gemeinden zu erschließungsfreudig würden, wenn sie selber kein Risiko mehr auf sich zu nehmen brauchten, wenn sie also all das, was dem Eigentümer an Erschließungsaufwand zur Last fiele, vom Eigentümer einfordern könnten. Deshalb glauben wir, daß es besser ist, wenn die Gemeinden etwas beteiligt werden. Wir sind der Meinung, daß 90 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands genügen. Wir betrachten dies als ein Regulativ gegen zuviel Erschließung.
Ich bitte Sie also, unseren Änderungsanträgen auf Umdruck 615 Ziffer 18 und Ziffer 20 zuzustimmen.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei Umdruck 618 Ziffer 5 abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Änderungsantrag Umdruck 618 Ziffer 5 ist abgelehnt.
Ich rufe auf den Antrag Umdruck 615 Ziffer 18 a und Ziffer 18b. Kann zusammen darüber abgestimmt werden?
({0})
Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Änderungsanträge Umdruck 615 Ziffer 18 a und 18 b sind angenommen.
Nun kommt der Änderungsantrag der Abgeordneten Höcherl, Dr. Dollinger, Frau Dr. Kuchtner,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wacher und Genossen auf Umdruck 621 Ziffer 3 Bitte, Herr Abgeordneter Stiller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe jetzt einen Antrag, der nicht von der Fraktion der CDU/CSU, sondern von Abgeordneten aus dieser Fraktion gestellt wurde. Wir beantragen, Nr. 3 des Abs. 2 in § 147 zu streichen, wo davon die Rede ist, daß auch Parkflächen und Grünanlagen zu den Erschließungsanlagen gehören. Wir sind der Meinung, daß es sehr schwierig sein wird, zwischen Parkflächen zu unterscheiden, die für den Eigentümer bestimmt sind, der Erschließungsbeiträge zu zahlen hat, und solchen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind. Das gleiche gilt für die Grünanlagen, bei denen eine Trennung ebenfalls sehr schwierig sein wird.
Ich bitte Sie, unserem Antrage zuzustimmen.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen!
Wer dem Änderungsantrag der Abgeordneten Höcherl, Dr. Dollinger, Frau Dr. Kuchtner, Wacher und Genossen Umdruck 621 Ziffer 3 zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den geänderten § 147. Wer dem § 147 in der geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Die §§ 148 und 149 entfallen.
Zu § 150 liegt auf Umdruck 611 Ziffer 18 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wird er begründet?
({0})
- Keine Begründung. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldung.
Wer dem Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 18 zustimmen will, den bitte ich urn ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit.
({1})
- Bezweifeln Sie das? Dann werden wir es noch einmal versuchen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 18 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Nun kommen wir zu dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 19. Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Stiller das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach § 150 Abs. 1 Ziffer 2 umfaßt der Erschließungsaufwand die Kosten für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlagen einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung. Wir beantragen auf Umdruck 615 Ziffer 19, vorzusehen, daß die Länder bestimmen können, daß die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.
({0})
Wir möchten es den Ländern überlassen, diese Bestimmung zu treffen. Es gibt nämlich soundso viele Länder, die bisher die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht eingeschlossen haben.
({1})
Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Hauffe!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte das Hohe Haus, diesen Antrag auf Ergänzung abzulehnen, weil die Vorschrift einfach nicht praktikabel wäre.
({0})
Herr Abgeordneter Eilers!
Meine Damen und Herren! Die Beleuchtungskosten sind bei den Erschließungsanlagen ganz erheblich. Wenn wir schon einen modernen Städtebau planen, sollten wir von vornherein die Verhältnisse so klar und eindeutig wie nur irgend möglich regeln. Auch ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.
Hat der Berichterstatter dazu etwas zu sagen?
({0})
- Nicht! Also Abstimmung, meine Damen und Herren.
Wer dem Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion Umdruck 615 Ziffer 19 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! -({1})
- Nein, wir machen noch keinen Hammelsprung; wir stimmen erst einmal durch Erheben ab. Meine Damen und Herren, die Abstimmung muß wiederholt werden. Wer für den Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 19 ist, den bitte ich, sich zu erheben.
- Gegenprobe! - Ich halte das für eine Minderheit. Aber was sagt der Vorstand?
({2})
- Dann sehen wir überhaupt nichts mehr. Also: Wer enthält sich der Stimme?
({3})
Meine Damen und Herren, ich halte das erste für die Mehrheit, aber es ist nicht sicher. Hammelsprung! Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich gebe das Ergebnis der Auszahlung bekannt. Für den Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 19 haben 178, dagegen 134 Mitglieder des Hauses ge stimmt; enthalten haben sich 3. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 150 in der so geänderten Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen.
§ 150 a! Der Änderungsantrag auf Umdruck 618 Ziffer 6 ist bereits begründet. Wird dazu das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Ich lasse über den Antrag auf Umdruck 618 Ziffer 6 abstimmen. Ich mache darauf aufmerksam, daß dieser Antrag gegenüber dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611 Ziffer 19 der weitergehende ist.
({4})
- Herr Abgeordneter Dr. Brecht, ist der Antrag zurückgezogen?
({5})
- Der Antrag auf Umdruck 611 Ziffer 19 ist zurückgezogen.
Abgestimmt wird über den Änderungsantrag der Fraktion der DP auf Umdruck 618 Ziffer 6.
({6})
- Der Antrag ist erledigt und ist deshalb zurückgezogen; es wird nicht darüber abgestimmt.
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 20. Wird der Antrag begründet? - Keine Begründung! Wird das Wort gewünscht? Keine Wortmeldungen! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Anzahl von Gegenstimmen angenommen.
Jetzt kommt der § 150 a in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der § 150 a ist in der geänderten Fassung angenommen.
Jetzt kommen die §* 151 a, - 151 b, - 151 c. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen!
§ 154. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor, zunächst auf Umdruck 615 Ziffer 21 ein Änderungsantrag der CDU/CSU. Wird der Antrag begründet?
- Auf Begründung wird verzichtet. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einzelnen Gegenstimmen angenommen!
Umdruck 616, Änderungsantrag der Fraktion der FDP. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter von Mühlen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie, daß ich zu diesem Paragraphen noch kurz das Wort ergreife. Er scheint mir aber grundsätzlich bedeutsam zu sein. In den Werkstuben der Referenten tut man sich offenbar manchmal schwer, die Grundsätze der Regierungspartei mit den Entwürfen in Einklang zu bringen.
Ein Beispiel dafür bietet nach unserer Ansicht der § 154, in Verbindung damit der § 211 a mit dem dort eingeschalteten § 12 a des Grundsteuergesetzes. Der Gesetzentwurf geht grundsätzlich darauf aus, die Baulandbeschaffung zu erleichtern und damit auch den Erwerb von Eigentum für breitere Schichten zu begünstigen. Er bietet aber in diesen Paragraphen unserer Ansicht nach gleichzeitig die Handhabe, einer ganzen Gruppe von bürgerlichen Betrieben an den Lebensnerv zu greifen. Um es gleich konkret zu sagen: es handelt sich um die landwirtschaftlichen, die gärtnerischen und die Weinbaubetriebe.
Unsere beiden Anträge laufen darauf hinaus, diese Gruppe bürgerlicher Betriebe von der Beitragspflicht zu der Baulanderschließung und von der Grundsteuer C zu befreien. Die Gründe dafür sind naheliegend. Am stärksten wird die Gartenbauwirtschaft von diesem Gesetz betroffen. Ungefähr 60 % der gegenwärtig in der Bundesrepublik vorhandenen rund 37 000 Gartenbaubetriebe werden sofort von diesem Gesetz erfaßt und damit in doppelter Weise schwer belastet. Die erste Belastung ist eine einmalige Abgabe in Form des Beitrages zu der Baulanderschließung. Eine Anzahl der Gärtnereibetriebe - ich spreche hier nicht vom Grünen Tisch aus; denn ich komme aus einem Heimatkreis, in dem die Gärtnereibetriebe in die Hunderte gehen - kann eine solche einmalige Belastung nur sehr schwer, manchmal überhaupt nicht verkraften; sie geht in vielen Fällen an die letzten Kapitalreserven. Ich bitte Sie, auch nicht zu vergessen, daß gerade die Gärtnereibetriebe sehr witterungsgebunden und damit in gleicher Weise von Klima, Jahreszeiten, Ernte oder Mißernte abhängig sind wie die Landwirtschaft.
Das zweite ist eine Dauerbelastung in Form der Baulandsteuer, die in vielen Fällen das Zehnfache, ja mehr als das Zehnfache ausmacht. Ihnen allen sind wohl von dem Zentralverband der Gärtnereibetriebe Zahlen zugegangen. Gehen Sie nicht ohne weiteres darüber hinweg!
Sie greifen die großen Beispiele heraus, aber gerade die Mittelbetriebe, die hier nicht so stark zum Ausdruck kommen, sind noch gefährdeter. Ich weiß das aus eigener Anschauung in meiner Heimat.
({0})
Wir sind verpflichtet, ernsthaft darüber nachzudenken, ob den Mittelbetrieben und dieser ganzen Schicht nicht durch eine Befreiung von den beiden Abgaben geholfen werden muß, damit eine bürgerliche Erwerbsgruppe erhalten bleibt, um die es doch eigentlich auch der Mehrheitspartei gehen sollte.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der sehr entscheidend ist: gerade der Landwirtschaft und den GärtnereiFreiherr von Mühlen
betrieben wird bereits durch die Umstellung, die durch die Maßnahmen zur Zusammenarbeit in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft notwendig geworden ist, eine große Belastung auferlegt. Die vorgesehene Beschleunigung der Anwendung des EWG-Vertrages wird diese Belastung noch verstärken. Dem Gartenbau sind schon wegen der Liberalisierung der meisten gärtnerischen Erzeugnisse sowie wegen der handelsvertraglichen Besserungsklauseln für sämtliche nichtliberalisierten gärtnerischen Erzeugnisse große Vorausleistungen auferlegt worden. Diese Leistungen sind von den Gärtnereibetrieben auch erbracht worden.
Von der Fraktion der SPD liegt ein Antrag vor, der in dieselbe Richtung geht. Das gleiche gilt für einen von verschiedenen Abgeordneten unterzeichneten Antrag der CDU/CSU. Ich möchte hier alle Fraktionen, auch die der Regierungsparteien bitten, die Frage noch einmal zu überlegen. Es sollte nicht schwerfallen, einem Grundsatz zum Durchbruch zu verhelfen, den Ihre Regierung am 29. Oktober 1957 aufgestellt hat und auf den sie sich verpflichtet hat. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wenige Sätze zitieren:
Die soziologische Struktur unseres Volkes hat sich infolge des Verlusts zweier Kriege, der neueren Wirtschaftsmethoden und des technischen Fortschritts stark geändert. Weite Schichten der Bevölkerung, die der Mittelklasse angehören, bedürfen der Sorge des Staates. Sie sind hinter anderen Schichten zurückgeblieben. Wir brauchen aus staatspolitischen und aus kulturpolitischen Gründen unbedingt eine gesunde mittlere Schicht ... Wir brauchen unabhängige, mittlere und kleine Existenzen im Handwerk, Handel und Gewerbe. Dafür soll das Wirtschaftsministerium sorgen.
Ich glaube nicht, daß sich das Wohnungsbauministerium von diesem Aufruf dispensiert fühlt. Ich möchte Sie bitten, zu überlegen, ob es nicht gut ist, dafür einzutreten, daß dieser Grundsatz, der von der Regierung verkündet worden ist, nun auch wirklich im Bundesbaugesetz seinen Niederschlag findet, und nicht die Anträge, die seitens FDP, CDU und SPD hierzu vorliegen, wert sind, im Rahmen dieses Gesetzes berücksichtigt zu werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Baier.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf in Erwiderung auf die Begründung des Antrags der FDP gleich den Antrag Umdruck 615 Ziffer 22 begründen, der sich mit der gleichen Materie befaßt. Die Vorlagen des Bundesbaugesetzes sehen generell die Fälligkeit der Erschließungskosten vor, wenn im Bebauungsplan ein bestimmtes Gebiet als Bauland ausgewiesen ist. Nun hat uns gerade in den letzten Tagen sowohl mündlich als auch durch Telegramme der Gartenbaubesitz seine Sorgen dazu, die soeben geschildert wurden, mitgeteilt. Diese Sorgen scheinen mir etwas zu groß dargetan zu sein; denn nicht alles, was im Bereich des Bebauungsplanes liegt, ist ja gleich Bauland, so daß auch gleich die Erschließungskosten fällig würden. Wir sollten etwas darauf vertrauen, daß die Gemeinderäte bei der Aufstellung der Bebauungspläne gerade Gärtnereien - schon im Hinblick auf die notwendigen Grünflächen im Stadtkern - berücksichtigen und nicht deren Grundstücke als Bauland auswerfen werden.
Trotzdem sind wir bereit, dem Gartenbaubetrieb soweit als möglich einen besonderen Schutz angedeihen zu lassen. Wir haben deshalb in unserem Antrag Umdruck 615 Ziffer 22 vorgesehen, daß die Erschließungskosten - ich glaube, das ist die Hauptlast, die die Gärtner auf Grund des Bundesbaugesetzes treffen wird - gestundet werden können, solange das Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Gartenbaubetriebes notwendig ist. Ich bitte lediglich, noch zu vermerken, daß dieser Antrag nicht als Abs. 6 dem § 159 angefügt werden soll, sondern als Abs. 4 a. Dann würde Abs. 5 folgen, der - darauf möchte ich noch hinweisen - die Härtefälle regelt. Ich denke insbesondere an landschaftlich genutzte Grundstücke, bei denen auf Grund dieses Absatzes in Einzelfällen von der Erhebung der Erschließungskosten abgesehen werden kann, wenn sie eine unbillige Härte bedeutet. Dieser Absatz soll in seiner vollen Geltung bestehenbleiben und Anwendung finden.
Ich bitte Sie deshalb, den Antrag der FDP abzulehnen und unserem Antrag Umdruck 615 Ziffer 22 zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, das im Augenblick erörtert wird, bedarf eigentlich weder einer Regelung nach dem FDP-Antrag noch nach dem Antrag, den die CDU vorlegt, es sei denn, wir entschlössen uns in diesem Hause endgültig dazu, den Grundsatz zu vertreten, jedes Gesetz müsse so perfektionistisch geschaffen werden, wie es nur denkbar ist. Die Berücksichtigung von besonderen Härten, die hier angestrebt wird, ist durch § 159 Abs. 5 in vollem Umfange, und zwar nicht nur für eine bestimmte Wirtschafts- oder Berufsgruppe, sondern allgemein, gewährleistet. Wir haben bei den Ausschußberatungen immer wieder gesagt: wir wollen schließlich auch auf eine vernünftige Praxis vertrauen. Wenn es hier darum ginge, diese oder jene möglicherweise bedrohte Gruppe zu schützen, wenn echte Sorgen kämen, würden wir dafür Verständnis haben. Aber wenn man die Materialien und die Unterlagen einmal prüft, wenn man von dem Gedanken ausgeht, der uns in den Ausschußberatungen bewogen hat, dann kann eine solche Sorge gar nicht obwalten. Hier reichen die Härtebestimmungen des Abs. 5 aus. Es ist immer gefährlich, einer bestimmten Gruppe eine Sonderstellung zu geben; denn selbst unter den Betroffenen kann es sehr erhebliche wirtschaftliche Unterschiede geben. Es soll sogar schon einmal einen Gärtnereibetrieb gegeben haben,
dem es wirtschaftlich ausgezeichnet ging. Deshalb kann man nicht generell sagen, daß wegen dieser oder jener Betätigung in jedem Falle Ausnahmebestimmungen angebracht sind. Weder der FDP-Antrag noch der CDU-Antrag scheinen uns erforderlich zu sein. Ich bitte, beide Anträge abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß manches von dem, was der Kollege Jacobi soeben ausgeführt hat, unterschrieben werden könnte, insbesondere seine Warnung vor einer allzu perfektionistischen Ausgestaltung der Gesetze. Aber der Wunsch, der an den Bundestag herangetragen worden ist, ist wahrscheinlich gerade erst dadurch geweckt worden, daß in den Vorschriften über die Baulandsteuer ganz bestimmte Ausnahmen für die landwirtschaftlich, gärtnerisch oder von Weinbaubetrieben genutzten Grundstücken festgelegt worden sind.
({0})
- Na ja, da ist das ganze Gesetz befristet. Aber an der einen Stelle hat man es getan, und an einer anderen Stelle läßt man es weg!
({1})
- Das mag richtig sein; aber es erhebt sich dann bekanntlich immer die Frage, warum der Gesetzgeber an der einen Stelle ausdrücklich etwas dazu gesagt hat und warum er es an der anderen Stelle nicht getan hat. Deswegen möchte ich hier schon einmal dem Perfektionismus Raum geben und an dieser Stelle oder in diesem Rahmen des Erschließungsaufwands für dasselbe Petitum eintreten.
Nun liegen uns zwei Anträge vor; sie sind soeben begründet worden. Der eine ist ein Antrag der Fraktion der FDP. Ich glaube, darüber, daß diese Angelegenheit in den § 154 nicht hineinpaßt, ist sehr schnell Einmütigkeit zu erzielen. Sie paßt in der Tat nur in den § 159. Ich glaube, dazu ist nichts weiter auszuführen. Aber wenn es nun gilt, sich für eine der beiden beantragten Fassungen zu entscheiden, möchte ich zu erwägen geben, daß nach dem FDP-Antrag nur Grundstücke freigestellt werden sollen, die vom Grundstückseigentümer im landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betrieb genutzt werden. Das heißt also, daß sämtliche Grundstücke, die im Pachtbetrieb bewirtschaftet werden - der doch gerade in der Umgebung von Städten ziemlich häufig anzutreffen ist; er ist auch in § 211 a berücksichtigt worden -, hier herausfallen würden. Der Kollege von der FDP wird uns nicht böse sein, wenn wir die Fassung nach den Anträgen der CDU oder der DP vorziehen.
Ich habe den CDU- und den DP-Antrag miteinander verglichen. In den DP-Antrag ist genau derselbe Wortlaut aufgenommen worden, der in dem Paragraphen über die Baulandsteuer verwendet worden ist. Es ist lediglich eingefügt worden, daß die Erschließungskosten nur gestundet oder freigestellt werden sollen, soweit sie über das Maß der
gärtnerischen, weinbaumäßigen oder Landwirtschaftlichen Nutzung hinausgehen. Ich glaube, daß an und für sich nur das berechtigt ist, denn eine völlige Freistellung scheint mir gar nicht einmal angemessen zu sein.
Zum zweiten glaube ich, daß es doch notwendig ist, nicht nur von „erwerbsgärtnerisch" zu sprechen, es sei denn, es könnte mir jemand zwingend nachweisen, daß auch die landwirtschaftliche und die Nutzung im Weinbau als „erwerbsgärtnerische Nutzung" bezeichnet werden. Wenn das nicht der Fall ist und wenn man auch nichts anderes will als das, was der Ausschuß im § 211 a formuliert hat, schlage ich vor, die gleiche Formulierung zu nehmen. Ansonsten decken sich unsere Anträge ohnehin in vollem Umfange.
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Preusker kann ich mich verhältnismäßig kurz fassen. Ich erkläre im Namen der Antragsteller, daß wir mit seinen Änderungsvorschlägen einverstanden sind. Wir sind damit einverstanden, daß nunmehr über diese Formulierung abgestimmt wird.
Jedoch muß ich noch einige wenige Ausführungen zu dem machen, was Herr Kollege Jacobi gesagt hat. Herr Kollege Jacobi, vielleicht gibt es unter den insgesamt 28 500 gärtnerischen Betrieben, die davon betroffen werden, irgendwo einen Betrieb, der sich das leisten könnte. Ich darf ihnen einige Beispiele sagen; wir haben es für einige Betriebe ausgerechnet. Ein gärtnerischer Betrieb in Karlsruhe, der in der Zukunft von sehr viel Straßenfläche begrenzt sein würde, ein Betrieb, der bisher durch Wege ausreichend erschlossen ist, der Wasserleitung hat, der Strom hat, der alles hat, was er braucht, um seinen gärtnerischen Betrieb aufrechtzuerhalten, an dessen Grundstück entlang aber nun eine Straße gebaut wird, würde nach diesem Gesetz, wenn man dort nicht willens ist, dieses Gebiet auszuklammern. 87 700 DM zu zahlen haben.
({0})
- Er ist nach dem neuen Bauplan bereits im Baugebiet drin und müßte ,das bezahlen. Ich könnte Ihnen viele Dutzende von solchen Fällen aufführen. Ich glaube, es gibt nicht nur einen Betrieb, der so betroffen wird, sondern Hunderte und Tausende. Ich darf Ihnen sagen, daß bereits 60 % der selbständigen erwerbsgärtnerischen Betriebe im Baugebiet liegen und daß diese Bestimmungen den Tod der meisten dieser Kleinbetriebe bedeuten würden. Ich glaube, das wollen auch Sie von der SPD nicht.
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Das Wort hat der Abgeordnete Hauffe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß allen hier gestellten Anträgen widersprechen, denn in § 159 Abs. 5 sind die Dinge ausreichend geregelt. Hier heißt es nämlich:
Im Einzelfall kann die Gemeinde auch von der Erhebung des Erschließungsbeitrages ganz oder teilweise absehen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist.
Die Entscheidung, ob es eine unbillige Härte ist oder nicht, liegt bei der Gemeinde. Ich glaube, es ist niemand besser imstande, zu beurteilen, ob es sich um eine unbillige Härte handelt oder nicht, als die Gemeinde selbst; denn die Gemeinde ist an der Erhaltung der Betriebe und gerade der mittelständischen Betriebe interessiert.
Nun ein paar Worte zu der Art der Begründung. Herr Dr. Preusker hat plötzlich sein Herz für die Pächter entdeckt. Ich wäre froh gewesen, wenn Herr Dr. Preusker auch bei der Beratung des Geschäftsraummietengesetz ein Herz für die Pächter gehabt hätte. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, daß diese Erinnerung aufkommt.
Ein weiteres! Einer der Gründe für dieses Gesetz und vielleicht der stärkste, den es überhaupt gibt, ist der, daß dieses Gesetz Bauland an den Markt bringen soll. Die CDU hat einen Änderungsantrag eingebracht, der an und für sich im ersten Augenblick plausibel erscheint, nämlich daß man die gärtnerischen Betriebe von der sofortigen Erhebung der Erschließungskosten ausnehmen und diese Kosten stunden soll. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß Sie selber hier entgegen Ihrer eigenen Begründung einen Antrag stellen. Wenn man überhaupt an die Frage der unbilligen Härten herangehen will, kommt ein Erlaß in einem solchen Falle nicht in Betracht. Denn der Erlaß würde praktisch Spekulationen begünstigen. Es heißt ja, zugrunde gelegt wird der augenblickliche Wert, durch die Erschließung wird der Wert gesteigert, und im Verkaufsfalle zahlt der Käufer die Erschließungskosten, weil sie nämlich im neuen Baulandpreis enthalten sind. Aber, meine Herren von der CDU, Sie sagen ja selbst, diese Maßnahmen sollen Bauland auf den Markt bringen. Es ist möglich, daß sich nach der Meinung der Gemeinde dieses Gelände für die augenblickliche Nutzung nicht mehr eignet, daß das Gelände deswegen erschlossen wird und Bauland wird. Dann ist keine Begründung für einen Erlaß gegeben, und wir können nicht von Bundesseite her diese Dinge durch Erlaßvorschriften von vornherein ausnehmen. Die Verantwortung müssen wir der Gemeinde überlassen. Der Bundesgesetzgeber gibt im § 159 Abs. 5 der Gemeinde die Möglichkeit, überall dort zugunsten des Betroffenen zu handeln, wo es notwendig ist.
Ich möchte deshalb dafür plädieren, bei dem Abs. 5 des § 159 zu bleiben und etwas mehr Vertrauen zu den gewählten kommunalpolitischen Einrichtungen, zur kommunalen Selbstverwaltung zu haben.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Heren! In der Vorlage ist das, worüber hier gesprochen wird, geregelt, auch im Sinne derer, die hier verschiedene Anträge gestellt haben, um gerade dem Anliegen der Erwerbsgärtnereien Rechnung zu tragen.
Verehrter Herr Kollege Mauk. Ihr Karlsruher Beispiel stimmt nicht. Bei der Schwierigkeit dieser Materie nehme ich es gar nicht übel, daß hier Mißverständnisse entstanden sind. Das Beispiel trifft nur dann zu, wenn aus dieser Gärtnerei im Bebauungsplan Land als bebauungsfähig ausgewiesen worden ist und nun die Straße gebaut wird, nicht aber dann, wenn die Gärtnerei Gärtnerei bleibt. Dann zahlt sie diese Kosten nicht.
Ich würde deshalb bitten, dem Antrag der CDU/ CSU zuzustimmen, möchte jedoch dringend bitten, den weiter gehenden Anträgen des Herrn Abgeordneten Dr. Preusker und der FDP nicht zu entsprechen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es droht immer ein Streit darüber, welcher Antrag der weitergehende ist. Nach dem CDU/ CSU-Antrag sollen doch, so scheint mir, generell bei sämtlichen erwerbsgärtnerisch genutzten Grundstücken - wobei offenbleibt, ob die Weinbaubetriebe und die landwirtschaftlichen Betriebe dabei mitberücksichtigt sind oder nicht - die Beiträge so lange gestundet werden können, wie das Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes genutzt werden muß, während es hier in dem An- trag, der dem § 211 a nachgebildet ist, ausdrücklich genauso eingeschränkt wurde: „wenn der Eigentümer auf den Betrieb als Erwerbsgrundlage angewiesen ist". Das ist also identisch. Jetzt geht es aber noch weiter in der Einschränkung: „und ihm eine Veräußerung oder anderweitige Nutzung des Grundstücks im Interesse der Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Betriebes nicht zuzumuten ist". Ich vermute, daß das auch nach dem, was Herr Kollege Hauffe gerade ausführte, eine Einschränkung darstellt. Dort, wo man etwas als Bauland ausgewiesen hat, was im Augenblick noch landwirtschaftlich oder gärtnerisch oder im Rahmen eines Weinbaubetriebes genutzt wird, kommt eine Freistellung oder Stundung nur in Betracht, soweit es - das ist die auch bei Ihnen genannte Voraussetzung - die Sicherung der Wirtschaftlichkeit oder der Erwerbsgrundlage erfordert und - das kommt hinzu - eine Veräußerung nicht zuzumuten ist. Es kann also durchaus sein, daß das bei ruhiger und sachlicher Prüfung nicht unbedingt bejaht zu werden braucht und daß ein Teil durchaus als Bauland genutzt werden kann und dann auch nach meiner Überzeugung entsprechend der Festsetzung in dem Plan genutzt und mit Erschließungsbeiträgen belegt werden sollte.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bading.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind in der Diskussion ein bißchen mit den Paragraphen durcheinandergekommen, weil wir gleichzeitig Anträge der DP und der FDP zu § 159 behandelt haben.
Auch einige Kollegen meiner Fraktion haben sich erlaubt, einen Änderungsantrag zu stellen. Ich darf ihn kurz begründen. Es handelt sich um den Antrag Umdruck 610 ({0}). Die Antragsteller möchten erreichen, daß Gärtnereien nicht zu den Erschließungsbeiträgen herangezogen werden, solange das Land noch gärtnerisch genutzt wird. Selbstverständlich - darin stimme ich mit meinem Kollegen Hauffe und auch mit meinem Kollegen Jacobi vollkommen überein - darf das nicht eine absolute Vorschrift sein. Vielmehr muß es der einzelnen Gemeindevertretung überlassen bleiben, ob sie die betreffenden Grundstücke von den Erschließungsbeiträgen freistellt. Ich möchte hier darauf verzichten, grundsätzliche Ausführungen darüber zu machen, welchen Wert Gärtnereien und Grünland in den Stadthaugebieten haben. Ich glaube, das ist allgemein bekannt. Ich möchte Sie lediglich bitten, den Antrag Umdruck 610 ({1}) anzunehmen und die anderen Anträge abzulehnen.
Herr Abgeordneter Mauk.
Ich möchte nur das eine fetstellen: Wenn wir heute die Entscheidung nicht treffen, meine Kolleginnen und Kollegen, dann verlegen wir diese meines Erachtens politische Entscheidung in die einzelnen Gemeindeparlamente.
({0})
Ich glaube, es ist wesentlich einfacher, wenn wir diese politische Entscheidung heute treffen.
({1})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wenn ich vorhin richtig verstanden habe, ist der Antrag der Fraktion der FDP Umdruck 616 zugunsten eines Antrags der Fraktion der Deutschen Partei zu einem späteren Paragraphen zurückgezogen. - Das ist der Fall.
Dann kann ich über § 154 in der Ausschußfassung mit der vorhin beschlossenen Änderung abstimmen lassen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Die §§ 155 und 156 entfallen.
Ich rufe auf § 157. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu § 159. Die Anträge Umdruck 610 ({0}) Ziffer 1, 618 Ziffer 7 und 615 Ziffer 22 sind,
soweit ich mich erinnere, bereits begründet. Wird noch das Wort gewünscht? - Nicht.
Wir stimmen zunächst ab über den Änderungsantrag Umdruck 610 ({1}) Ziffer 1 der Abgeordneten Bading und Genossen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit, abgelehnt.
Nach dem Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 22 der Fraktion der CDU/CSU soll ein Abs. 4 a eingefügt werden.
({2})
- Ist das der gleiche Antrag wie von der DP?
({3})
- Nach beiden Anträgen soll ein Abs. 4 a eingefügt werden. Gut, dann nehme ich den Antrag der DP zuerst.
Also Antrag Umdruck 618 Ziffer 7 der Fraktion der Deutschen Partei. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite war die Mehrheit, abgelehnt.
Es folgt der Änderungsantrag der CDU/CSU Umdruck 615 Ziffer 22. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit, angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über § 159 mit der soeben beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Angenommen.
Da § 160 entfällt, kommen wir zu §§ 161, 161 a, 161 b, 161 c, 161 d, 161 e und 162. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit, angenommen.
Ich rufe auf die §§ 162 a - 163 entfällt -, 164, 165, 166, 167, 168 bis 173 - 174 entfällt -, 175, 175 a. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Die §§ 176 und 177 entfallen.
Ich rufe auf §§ 177 a und 178. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Angenommen.
§§ 179 und 180 entfallen.
Ich rufe auf § 181. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Die §§ 182 bis 185 entfallen. Ich komme zu § 186. Dazu liegt vor der Antrag Umdruck 615 Ziffer 23. Wer begründet den Antrag?
({4})
- Auf Begründung wird verzichtet. Wird das Wort sonst gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag Umdruck 615 Ziffer 23 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Zahlreiche Enthaltungen. Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wer § 186 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe § 187 mit Umdruck 615 Ziffer 24 auf. Soll Begründung erfolgen? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort gewünscht? - Das ist auch nicht der Fall. Wer Ziffer 24 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Angenommen.
Ich lasse über § 187 mit der soeben beschlossenen Änderung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 188 auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
§ 189 entfällt, ebenso die §§ 190, 191 und 192.
Ich rufe die §§ 193 und 194 auf. Das Wort wird nicht gewünscht. - Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
§ 195 entfällt. Ich rufe § 195 a mit Umdruck 615 Ziffer 25 auf. Wird eine Begründung gewünscht?
({5})
- Es wird verzichtet. Wird sonst das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 25 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Wer § 195 a mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe § 196 auf. § 197 entfällt. Dann rufe ich noch die §§ 198, 199 und 200 auf. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich komme zu § 201 und dem Umdruck 611 Ziffer 20. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Es handelt sich um den Antrag der SPD. Wird er begründet? - Sie verzichten. Wird sonst das Wort gewünscht? - - Herr Dr. Arndt, wollen Sie sich zu Ziffer 20 oder zu Ziffer 21 melden?
({6})
- Wir sind erst bei 20, § 201 und Umdruck 611 Ziffer 20!
({7})
- Es wird behauptet, es sei dasselbe. Ergreifen Sie das Wort und begründen Sie gleich beide Änderungsanträge; dann kommen wir zügiger voran!
({8})
- Wenn das sachlich dasselbe ist, ja, sonst nicht! Das muß ich Ihrem Urteil überlassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Augenblick möchte ich nur zu den Änderungsanträgen Ziffer 20 und 21 sprechen; beide begehren nur eine redaktionelle Korrektur. Nach dem Sprachgebrauch ist von hauptamtlichen Richtern zu sprechen - so wird es auch im Richtergesetz stehen - und nicht von beamteten Richtern, zumal das Grundgesetz zwischen Richtern und Beamten unterscheidet. Aus diesem Grunde bitten wir, dem allgemeinen Sprachgebrauch der Gesetze zu folgen und zu sagen: zwei hauptamtliche Richter.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 611' Ziffer 20 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
Wer § 201 mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
Ich rufe § 202 auf. Wird das Wort gewünscht? -Das ist nicht ,der Fall. Wer dem aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, ,den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Angenommen.
Ich rufe § 203 mit Umdruck 622 und Umdruck 615 Ziffer 26 auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Winter!
Meine Damen und Herren! In ,dem Paragraphen, um den es sich jetzt dreht, wird die Zivilprozeßordnung ganz allgemein für anwendbar erklärt, auch auf das Verfahren vor den Baulandkammern. In der Zivilprozeßordnung ist die Bestimmung enthalten, daß sich beim Landgericht und beim Oberlandesgericht jeder von einem Anwalt vertreten lassen muß. Das gilt nach der Zivilprozeßordnung auch für den Vater Staat und für alle Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Davon soll hier eine Ausnahme gemacht werden. Hier soll das Prinzip auf dem ,die ganze Zivilprozeßordnung aufgebaut ist, durchbrochen werden. Es ist mir gesagt worden, das sei in bestimmten Aufbaugesetzen einiger Länder schon so gewesen. Das kann mich nicht davon abhalten, hier den Antrag
zu stellen, daß auch für ,das Verfahren vor den Baulandkammern an der Zivilprozeßordnung nichts geändert wird. Ich bitte also, den letzten Satz des Abs. 3 zu streichen.
Daß nach dem CDU/CSU-Antrag eine Ausnahme von der Regelung über die Zulassung der Anwälte für den Fall gemacht wird, daß die Baulandkammern an einem Landgericht für mehrere Bezirke errichtet werden, steht auf einem anderen Blatt. Das muß so beschlossen werden, weil das Ganze sonst nicht komplett wäre. Auch die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Ausnahme, daß einer, der in dem Verfahren keinen Antrag stellen will, natürlich keinen Anwalt braucht, kann getrost stehenbleiben. Hier handelt es sich nicht um einen Verstoß gegen das Prinzip.
Ich darf Sie also bitten, entsprechend unserem Antrag auf Umdruck 622 den letzten Satz des Abs. 3 des § 203 zu streichen.
Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winter und Genossen auf Umdruck 622 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem Antrag der CDU/CSU auf Umdruck 615 Ziffer 26 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wer dem § 203 mit der soeben beschlossenen
Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe die §§ 204, - 205, - 205 a, - 206, -207, - 208 auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe den § 208 a zusammen mit dem Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 21 auf, den der Herr Abgeordnete Arndt vorhin begründet hat. Das Wort wird nicht mehr begehrt. Wer dem Antrag auf Umdruck 611 Ziffer 21 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Wer dem § 208 a mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
Ich rufe den § 209 zusammen mit dem Änderungsantrag Umdruck 611 Ziffer 22 auf. Soll der Änderungsantrag begründet werden? - Herr Abgeordneter Dr. Arndt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen die Vorschrift in der Fassung der Regierungsvorlage waren verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben. Die Regierungsvorlage sah vor, daß über die Revision das Oberlandesgericht in besonderer Besetzung zu entscheiden hat, und zwar in einer besonderen Besetzung, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts als zulässig anzusehen war. Der Ausschuß hat diese Bestimmung geändert und hat an die Stelle des Oberlandesgerichts den Bundesgerichtshof gesetzt. Infolgedessen ist es notwendig, die Vorschriften des Grundgesetzes zu wahren, die für die Bundesgerichte zwingend sind. Der § 209 in seiner neuen Fassung, die der Ausschuß beschlossen hat, entspricht nicht dem Bonner Grundgesetz; er ist verfassungswidrig.
Abgesehen davon, daß es schon eine bedenkliche Gesetzgebung ist, bei den Bundesgerichten besondere Senate gesetzlich zu bestimmen - ein Senat für Landwirtschaftssachen, ein Senat für Baulandsachen, ein Kartellsenat und ähnliches; davon wollen wir einmal absehen, das ist eine rechtspolitische Frage -, ist es so, daß die Bundesrichter nach dem Grundgesetz an bestimmte Bundesgerichte berufen werden. Sie sind nicht untereinander austauschbar. Das liegt daran, daß nach dem Grundgesetz die Kreationsorgane, die Instanzen, die zur Berufung eines Bundesrichters bestimmt sind, unterschiedlich sind. Es werden die Bundesrichter für je ein bestimmtes Bundesgericht durch einen dafür zuständigen Bundesminister berufen, zusammen mit dem Richterwahlausschuß, der sich nach dem Grundgesetz zwingend für jedes der fünf oberen Bundesgerichte ändert. Also es ist ein anderer Richterwahlausschuß, der an den Bundesgerichtshof beruft, als der Richterwahlausschuß, der an das Bundesverwaltungsgericht beruft. Infolgedessen kann ein Gesetz nicht bestimmen, daß ein an das Bundesverwaltungsgericht berufener Bundesrichter beim Bundesgerichtshof mitwirkt und umgekehrt. Diese Richter hier, die vom Bundesverwaltungsgericht aus am Bundesgerichtshof im Senat für Baulandsachen mitwirken sollen, sind nicht verfassungsgerecht an den Bundesgerichtshof berufen. Der Senat, in diesem Falle als Senat für Baulandsachen des Bundesgerichtshofes, würde nicht verfassungsgerecht besetzt sein. Eine Verfassungsbeschwerde wegen Ungesetzlichkeit des Richters müßte Erfolg haben. Es hat keinen Sinn, daß der Bundestag ein solches Gesetz beschließt.
Hinzu kommt, daß auch der andere Absatz in jener Vorschrift nicht verfassungsgerecht ist. Dort heißt es, daß die Richter des Bundesverwaltungsgerichts, die beiden, die jeweils im Senat für Baulandsachen des Bundesgerichtshofes mitwirken sollen, für drei Jahre vom Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts abgeordnet werden. Nun ist die Lage so, daß das Bundesverwaltungsgericht seinen gesetzlichen Sitz in Berlin hat. Der Bundesgerichtshof hat seinen gesetzlichen Sitz in Karlsruhe. Das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts ist angesichts der verfassungsmäßig verbürgten Unversetzbarkeit der Richter nicht befugt, einen Bundesrichter von Berlin nach Karlsruhe zu versetzen, es sei denn, er stimme zu. Es ist aber hier nicht vorgesehen, daß die Zustimmung erforderlich ist. Hiernach könnte das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts beschließen, einen Bundesrichter des Bundesverwaltungsgerichts für drei Jahre nach Karlsruhe an den Bundes6476
gerichtshof zu versetzen. Das ist mit einer zwingenden Vorschrift des Bonner Grundgesetzes unvereinbar.
Ich möchte deshalb dringend abraten, hier gelegentlich eines solchen Gesetzes die Gerichtsorganisation durcheinanderzubringen und zwingende Vorschriften des Bonner Grundgesetzes zu verletzen. Wir haben vorgeschlagen, dem § 209 die sehr einfache Fassung zu geben, daß über die Revision der Bundesgerichtshof entscheidet.
Der politische Gedanke des, wie ich sagen muß, mißglückten Entwurfs ist ja doch wohl anscheinend der, daß den Bundesrichtern am Bundesgerichtshof nicht zugetraut wird, über Fragen des öffentlichen Rechts, über Baufragen, Bescheid zu wissen und entscheiden zu können. Nun, ich glaube nicht, daß ein solches Mißtrauen gegenüber den Bundesrichtern des Bundesgerichtshofes irgendwie begründet sein könnte. Der Bundesgerichtshof hat auch sonst vielfache Fragen des öffentlichen Rechts zu entscheiden, und es ist ganz selbstverständlich, daß diejenigen Richter, die nach dem Geschäftsplan des Bundesgerichtshofes in diesem Senat tätig sein werden, sich die erforderliche Sachkunde vorher und in ihrer Praxis erwerben.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, von der verfassungsrechtlich nicht zulässigen oder mindestens in höchstem Maße bedenklichen Vorschrift des Ausschusses Abstand zu nehmen und schlicht zu bestimmen, daß über die Revision der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bartels.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Änderungsantrag der SPD abzulehnen. Ich darf mit dem letzten anfangen. Die Frage, wie die Revisionsinstanz in Baulandsachen, aber auch in einem Prozeß, der sich aus einem Umlegungsverfahren ergeben kann, besetzt sein soll, ist im Rechtsausschuß und auch im Wohnungsausschuß sehr eingehend beraten worden. Es bestand Einigkeit darüber, daß die sachliche Lösung, die nun vorgeschlagen wird, unbedingt gut ist. Von den Anhängern dieser Lösung ist durchaus nicht etwa gesagt worden, den Richtern beim Bundesgerichtshof sei keine Kenntnis des öffentlichen Rechts zuzutrauen, sondern es ist etwas anderes gesagt worden: Die Bedeutung der Handhabung des Bundesbaugesetzes mache es zwingend nötig, widersprechende Ergebnisse bei Verwaltungsgerichten und bei den ordentlichen Gerichten zu verhindern. Es ist bisher leider vorgekommen, daß ein und dieselbe Rechtsfrage vom Bundesverwaltungsgericht anders beurteilt wurde als vom Bundesgerichtshof. Es ist ohne weiteres einzusehen, daß das in Zukunft vermieden werden soll.
Es kommt hinzu, daß nun einmal die Richter des Bundesverwaltungsgerichts, eben weil sie sich auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts betätigen, eine besondere Erfahrung auf diesem Gebiet mitbringen. Deshalb war sich der Rechtsausschuß in Übereinstimmung mit dem Wohnungsausschuß darüber
einig, daß diese Regelung unbedingt zweckmäßig ist.
Allerdings haben die Angehörigen des Bundesgerichtshofs selbst sich gegen diese Regelung ausgesprochen. Aber ich glaube, das kann für den Deutschen Bundestag allein kein Grund sein, diese Regelung wieder umzuwerfen.
Verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie heute Herr Kollege Dr. Arndt vorträgt, sind im Rechtsausschuß nicht geltend gemacht worden. Ich habe bis heute auch nicht gehört, daß etwa das Bundesjustizministerium sich die Auffassung des Herrn Kollegen Dr. Arndt zu eigen macht; sonst wäre sie heute sicherlich auch von seiten des Justizministeriums vorgetragen worden.
Nun muß ich in aller Bescheidenheit versuchen, auch zu den verfassungsrechtlichen Bedenken selbst etwas zu sagen. Ich sage „in aller Bescheidenheit", weil ich persönlich über diese Dinge natürlich nicht so im Bilde bin wie Herr Kollege Dr. Arndt. Mir scheint eis auf folgendes anzukommen.
Herr Kollege Dr. Arndt beruft sich auf die Art. 95 und 96 des Grundgesetzes und meint, die verschiedene Bestellung der Richter des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts schließe es aus, Richter beider Gerichte zu einem entscheidenden Gremium zusammenzufassen. Die aus Art. 96 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 95 Abs. 3 hergeleiteten Bedenken halte ich nicht für gerechtfertigt. Die beiden Artikel bestimmen, daß über die Berufung der Richter der oberen Bundesgerichte der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet. Der Richterwahlausschuß ist aus den jeweils zuständigen Landesministern und einer gleichen Anzahl gewählter Mitglieder zusammengesetzt. Ziel dieser Richterwahl durch ein besonderes Gremium ist es, die Berufung in das Richteramt bei den höchsten Gerichten von allen sachfremden Einflüssen unabhängig zu machen, namentlich auch eine Beeinflussung durch die Exekutive weitgehend auszuschalten. Dieses Ziel wird durch die vorgesehene Bildung eines Baulandsenats beim Bundesgerichtshof, der aus Richtern der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht, in keiner Weise beeinträchtigt.
Auch die Aufgaben und Rechte des Richterwahlausschusses - es gibt also nicht etwa zwei Richterwahlausschüsse, sondern nur einen, und nur die beamteten Mitglieder sind jeweils verschiedene-werden nicht geschmälert. Der Baulandsenat soll sich ja aus Richtern zusammensetzen, die bereits vom Wahlausschuß in ihr Amt als Richter eines oberen Bundesgerichts berufen worden sind. Die Mitglieder des Bundesgerichtshofs sind ordnungsgemäß durch den Richterwahlausschuß in der für die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständigen Besetzung berufen, und die an die Baulandsenate abzuordnenden Richter des Bundesverwaltungsgerichts sind durch den Richterwahlausschuß gewählt, der für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist, wobei Mitglieder kraft Amtes die Innenminister der Länder sind. Es findet auch nicht etwa eine Versetzung der Richter des Bundesverwaltungsgerichtes an den BundesgerichtsDr. Bartels
hof statt. Wenn das der Fall wäre, läge allerdings ein Verstoß gegen Art. 96 vor. Das ist aber nicht der Fall. Die betreffenden Richter bleiben vielmehr weiter Richter des Bundesverwaltungsgerichts, und zwar nicht nur dem Namen, sondern auch ihrer Funktion nach. Von einer Versetzung an den Bundesgerichtshof kann also keine Rede sein.
Die vorgesehene Bestimmung eines Richters des Bundesverwaltungsgerichtes zur Mitwirkung beim Bundesgerichtshof hat nämlich nur eine simultane, also eine gleichzeitige Tätigkeit beim Bundesgerichtshof zur Folge. Sie bedeutet nicht, daß der betreffende Richter aus dem Bundesverwaltungsgericht ausscheidet. Aus Art. 96 des Grundgesetzes und der Regelung der Richterwahl durch das Richterwahlgesetz vom 25. August 1950 ist auch nicht zu folgern, daß ein gewählter Bundesrichter ausschließlich an dem oberen Bundesgericht tätig werden darf, für das er vom zuständigen Richterwahlausschuß berufen worden ist. Wäre das vom Grundgesetz beabsichtigt gewesen, so wäre das sicher eindeutig bestimmt worden.
Die Möglichkeit, daß Richter eines bestimmten Gerichtszweiges auch in einem anderen Gerichtszweig mittätig werden, gibt es schon lange. Sie ist weder vom Gerichtsverfassungsgesetz ausgeschlossen noch sonst jemals ernstlich in Zweifel gezogen. Die Rechtmäßigkeit und Zulässigkeit einer solchen Mitwirkung bei einem anderen Gerichtszweig ist vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anläßlich seiner Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Baulandkammern und -senate nach dem Baulandbeschaffungsgesetz ausgesprochen worden.
In dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Februar 1956 ist hierzu gesagt, daß die Beschäftigung von Zivilrichtern in den Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte, wie sie in den süddeutschen Verwaltungsgerichtsgesetzen vorgesehen war, den betreffenden Richtern nicht den Charakter als Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit und die Fähigkeit zur weiteren Judikatur nehme. Das muß auch für den umgekehrten Fall gelten.
Durch die Mitwirkung der Richter des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen des Baulandsenates des Bundesgerichtshofs wird ihre Fähigkeit, weiterhin als Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit beim Bundesverwaltungsgericht zu fungieren und damit gemäß ihrer Berufung durch den zuständigen Richterwahlausschuß tätig zu sein, nicht aufgehoben. Ich glaube also nach alle dem, daß die verfassungsrechtlichen Bedenken des Herrn Kollegen Arndt nicht begründet sind. Weil aber die Lösung sicherlich - darüber waren sich beide Ausschüsse einig - zweckmäßig ist, bitte ich, den Antrag der SPD abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den Antrag der SPD, den der Herr Kollege Arndt begründet hat. Ich will the verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen
nicht vertiefen, sondern nur betonen, daß wir es auch rechtspolitisch nicht für zweckmäßig halten, daß in zunehmendem Maße solche gemischten Senate geschaffen werden. Ich glaube, mich daran erinnern zu können, daß auch im Rechtsausschuß auf die Frage, ob sich die gemischten Senate bei den Oberlandesgerichten bewährt haben, doch nur sehr zögernd eine bejahende Antwort erfolgt ist.
({0})
Freilich will ich nicht unterstellen, daß man den Richtern des Bundesgerichtshofs nicht zutraut, daß sie diese Aufgaben bewältigen. Aber ich halte es jedenfalls nicht für erforderlich, daß wir einen solchen gemischten Senat bilden. Der Bundesgerichtshof hat sich doch sehr häufig mit öffentlich-rechtlichen Vorfragen zu befassen. Er wird dazu auch in diesen Fällen imstande sein.
Herr Kollege Bartels führt noch als Argument an, daß diese Rechtsfigur der Rechtsvereinheitlichung diene und eine Zersplitterung der Rechtsprechung zwischen verschiedenen Gerichtsbarkeiten verhindere. Ich glaube, das ist Aufgabe entweder des Obersten Bundesgerichtes, daß das Grundgesetz in Art. 95 vorsieht, oder des gemeinsamen Senats, der nach dem bereits vorliegenden neuen Entwurf der Bundesregierung gebildet werden soll und für den sich wirklich etwas sagen läßt, wenn er an die Stelle des Obersten Bundesgerichtes treten soll. Wir bitten also, diesem Antrag der SPD zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einwendungen des Herrn Kollegen Bartels sind keineswegs zutreffend.
Erstens. Zuweilen schläft auch Homer. Auch der Rechtsausschuß kann nicht immer alle Verfassungsfragen sehen. Diese Verfassungsfrage ist im Rechtsausschuß überhaupt nicht behandelt, sie ist erst nachträglich entdeckt worden. Das ist kein Vorwurf gegen uns. So etwas kann durchaus geschehen.
Um divergierende Entscheidungen zu vermeiden, ist dieser Senat in der Zusammensetzung nicht notwendig. Wir haben ja bereits eine Vorlage, nach der gemeinsame Senate aller Bundesgerichte gebildet werden sollen, um Abweichungen zwischen den fünf oberen Bundesgerichten zu vermeiden.
Nach der Stellungnahme des nicht vertretenen Bundesministeriums der Justiz zu fragen, Herr Kollege Bartels, ist, entschuldigen Sie, nicht ganz fair. Sie wissen, wie man dort denkt, ich weiß, wie man dort denkt, aber wir beide dürfen es nicht sagen, und vielleicht darf auch das Ministerium es nicht sagen; denn federführend ist ja ein anderes Ministerium.
Nun das Entscheidende: es stimmt nicht, daß es nur einen Richterwahlausschuß gibt; es gibt fünf verschiedene Richterwahlausschüsse. Wir haben - Sie waren damals nicht dabei-in einer schwierigen Kampfabstimmung, in namentlicher Abstimmung, im 1. Bundestag durchgesetzt, daß wenigstens die
vom Bundestag gewählten Mitglieder in allen Richterwahlausschüssen die gleichen bleiben. Aber die Landesminister wechseln, und man kann keine Identität behaupten, wenn nach grundgesetzlicher Bestimmung jeweils andere Landesminister mitwirken müssen. Ich möchte einmal erleben, was geschähe, wenn sich der Richterwahlausschuß in der Zusammensetzung mit zehn Finanzministern erlaubte, Richter an das Bundesverwaltungsgericht oder an den Bundesgerichtshof wählen zu wollen, ob sich das dann die dafür zuständigen Landesminister gefallen ließen und ob das vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte.
Man mag darüber streiten, ob die Bestimmung im Grundgesetz sinnvoll ist oder nicht, ob sie zweckmäßig ist oder nicht; aber das Grundgesetz sagt, daß für die fünf von ihm eingesetzten verschiedenen oberen Bundesgerichte je ein anders zusammengesetzter Richterwahlausschuß zuständig ist, also die Berufungszuständigkeit wechselt. Infolgedessen sind die Verwaltungsrichter nicht verfassungsgerecht an den Bundesgerichtshof berufen. Das können Sie sich abzählen, wie zwei mal zwei vier ist. Sie werden beim Bundesverfassungsgericht scheitern. Es hat doch gar keinen Sinn, daß sich dieses Haus in Karlsruhe Backpfeifen holt.
Zum zweiten: Wie können Sie sagen, daß es keine Versetzung ist, wenn das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts beschließt, einen Richter aus Berlin für drei Jahre an ein anderes Gericht, an einen anderen Ort, nach Karlsruhe, abzuordnen? Das ist der eklatante Fall einer Versetzung, der mit der Unversetzbarkeit der Richter nicht vereinbar ist und den Sie hier nicht in der Weise regeln können, daß das Präsidium eine Versetzungsbefugnis über Richter bekommt. Dabei würde es noch nicht einmal von Bedeutung sein, ob das eine simultane Tätigkeit ist oder nicht. Die Tätigkeit in dem Baulandsenat wird eine vollamtliche Tätigkeit in den drei Jahren sein, und das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts hat keine Befugnis, einen Richter an ein anderes Gericht durch einfachen Beschluß zu versetzen. Sie können nicht einfach die deutsche Gerichtsorganisation und die Grundgesetzvorschriften bei Gelegenheit einer Spezialgesetzgebung auf den Kopf stellen.
({0})
Herr Abgeordneter Dr. Arndt, ich glaube Sie doch darauf aufmerksam machen zu müssen, daß der Ausdruck „Backpfeifen" für Urteile des höchsten Gerichts, auch wenn sie Beschlüsse dieses Hauses aufheben, nicht ganz adäquat ist.
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 611 Ziffer 22 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zu § 209 mit der soeben beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte
ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich rufe auf § 210. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
§ 211 entfällt.
Wir kommen zu § 211 a. Hierzu liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 611 Ziffer 23, 621 Ziffern 4 a und b, 618 Ziffern 8 a und b, 610 Ziffer 2, 615 Ziffer 27, 621 Ziffer 5 vor. Ich nehme an, daß diese Anträge der Reihe nach begründet werden sollen.
Zu Antrag Umdruck 611 Ziffer 23 Herr Abgeordneter Dr. Brecht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns nun einige Stunden mit zum Teil sehr wesentlichen, zum Teil nicht immer sehr wesentlichen Paragraphen dieses Bundesbaugesetzes beschäftigt, das ja in den Ausschüssen sehr eingehend beraten worden ist. Und wir kommen eigentlich erst jetzt bei dem § 211 a zu dem zentralen Problem dieses Gesetzes. Wir kommen dabei überhaupt zu dem politischen Anliegen, das mit diesem Gesetz verbunden ist.
In der Propagandaschrift oder in der allgemeinen Orientierungsschrift über das Gesetz, die uns zugegangen ist, ist schon herausgestellt, daß das Gesetz zwei Aufgaben hat, einmal die baurechtlichen Ordnungen, die Bodenordnung, die planungsrechtlichen Bestimmungen zu treffen, dann aber vor allem die Aufgabe, den Baulandmarkt aufzulockern und dafür zu sorgen, daß in stärkerem Maße Bauland angeboten wird und daß wir zu einem angemessenen Bodenpreis kommen. Es ist nicht klar und eindeutig gesagt, daß das Gesetz die Aufgabe hat, das zu sein, was wir seit zehn Jahren in der Bundesrepublik brauchen, nämlich eine wirksame und anwendbare Waffe gegen die Bodenspekulation, gegen den Bodenwucher und gegen die Bodenpreissteigerung.
({0})
Um dieses zentrale Problem handelt es sich in dem
§ 211 a, so harmlos er nach außen aussehen mag.
Es wird also meine Aufgabe sein - und Sie müssen sich dazu noch ein bißchen Zeit geben -, einmal zur Baulandsteuer zu sprechen, die ja auf einen Vorschlag Ihrerseits zurückzuführen ist, und zum anderen weitere Maßnahmen zu begründen, die von meinen Freunden bewußt und eindeutig zur Überwindung der Bodenspekulation, des Bodenwuchers und der Bodenzurückhaltung vorgeschlagen werden.
Wir sollten uns zu Beginn schon darüber klar sein, daß das ganze Bundesbaugesetz uns in den planungsmäßigen Teilen dies oder jenes nützt, daß es uns aber nichts nützt in der politischen Aufgabe und in der Aufgabe, die wir in unserer Innenpolitik mit an vordringlichster Stelle zu lösen haben, wenn wir nicht endlich etwas Wirksames, etwas Durchgreifendes gegen die Bodenspekulation unternehmen. Seit 40 Jahren wird dieses Problem bei uns zu lösen verDr. Brecht
sucht, und niemand hat es bisher gemeistert und bewältigt.
Schon vor 1914 sind Ansätze gemacht worden. Später hat man versucht, ein Reichsbaugesetz oder ein Reichsstädtebaugesetz zu schaffen. Dann hat man zu Zwangsmaßnahmen gegriffen und den Grundstückspreisstopp eingeführt, aber interessanterweise den Grundstückspreisstopp in völliger Koppelung mit dem Ertragsstopp, nämlich dem Mietenstopp. Später hat man dann zwar einen Teil des Grundstückspreisstopps gelockert, aber man hat auch einen Teil des Mietpreisstopps gelockert und damit sind die Dinge weitgehend auseinandergekommen.
Man hat dann nach 1945 eine ganze Reihe von Versuchen unternommen, die - ich habe es vorhin schon gesagt - noch von einem anderen Geist, einer anderen sozialen Einstellung und einem anderen Bekenntnis zur Sozialpflichtigkeit ausgingen, als es heute der Fall ist. Ich denke dabei an jene intensiven und sehr sorgsam und sehr verantwortungsbewußten Beratungen in Lemgo zurück, in denen die Entwürfe zu den Aufbaugesetzen der Länder gestaltet worden sind.
Sie alle wissen, wie viele Vorschläge, die nicht verwirklicht worden sind, gemacht worden sind und wieviel geistiger Aufwand getrieben worden ist, um diesem Problem, diesem gesellschaftspolitischen Anliegen der Bodenspekulation und der Bodenpreissteigerung zu begegnen. Wir können in einem solchen Augenblick nicht ohne weiteres an den Dingen vorbeigehen, ohne etwa an Namen wie Henry George oder Adolf Damaschke oder an andere zu erinnern, ohne auch an die Idee der Bodenreform zu erinnern, die einmal auch in Ihren Kreisen und bei Ihnen Anhänger hatte, bei Ihnen Hoffnungen und Erwartungen erweckte, weil man glaubte, von dieser Seite aus einen großen Teil dieser gesellschaftlichen Aufgabe, dieses zentralen gesellschaftlichen Phänomens lösen zu können.
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Ich habe mir gestern abend noch einmal das Buch von Professor Nell-Breuning „Gesellschaft und Wirtschaft" vorgenommen, gewissermaßen zur geistigen Vorbereitung der heutigen Diskussion. Es geht ja nicht um einige Formulierungen von Paragraphen; es geht um gesellschaftliche Ordnungsprinzipien, die wir gegen die Bodenspekulation und gegen den Bodenwucher ansetzen wollen. Ich war überrascht, wie alle diese nach 1945 geschriebenen Beiträge von Professor Nell-Breuning auf das Ziel zugehen: Es muß etwas Durchgreifendes geschehen, und man kann nicht mit Halbheiten an die Lösung des Problems der Bodenspekulationen herankommen.
Was tun wir? Wir haben jetzt einige Dinge in das Bundesbaugesetz eingefügt, von denen man in Reden und Erklärungen sagt, das sei nun die große Lösung des Problems, mit dem sei alles getan, man brauche jetzt nur noch das Bundesbaugesetz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen, dann brauche es nur noch durchgeführt zu werden, und all das, was wir bisher bei der Bodenspekulation, beim Bodenwucher und bei der Bodenpreissteigerung zu beklagen
gehabt hätten, breche zusammen, und wir kämen zum gerechten, ,angemessenen Preis. Seid doch ruhig, sagt man, wir tun wirklich etwas Durchgreifendes.
Und was ist das? Es ist zunächst - anerkannt auch von uns und von uns mit gemacht - die zeitliche Vorziehung der Erschließungsbeiträge. Aber das ist keine Maßnahme, um die Bodenspekulation und Preissteigerung zu überwinden, sondern ist doch nur etwas, um den Gemeinden frühzeitiger das zu geben., was sie in der Erschließung tatsächlich investieren.
Dann haben wir die Enteignung. Aber als wir vorhin beantragten, daß Sie das Recht der Enteignung für eine Preisbeeinflussung im Sinne einer bodenordnenden und bodenpolitischen Maßnahme mit benutzen sollten, da haben Sie versagt und haben uns die Gefolgschaft verweigert. Sie sind bei § 105 nicht auf eine Preisgestaltung gegangen, die wirklich einen Druck auf die Bodenpreise ausüben würde und bodenreformerische Ziele mit ersetzen würde. Das Instrument der Enteignung, so wertvoll es hätte sein und werden können, ist für bodenreformerische Maßnahmen von Ihnen nicht angewendet worden.
Wir haben das Vorkaufsrecht. Sie haben auch hier nicht all den Wünschen entsprochen. Wir haben schließlich die Durchleuchtung, die Transparentmachung des Bodenmarktes. Das sind alles Maßnahmen, die gut und nett und schön sind und die auch gewisse Wirkungen haben, die aber niemals zum zentralen Problem durchstoßen, nämlich zur echten Bekämpfung und Überwindung der Bodenspekulation und des Bodenpreiswuchers. Wir meinen eben, daß all das nicht genügt.
Als wir das sagten und darlegten, war auch Ihre Auffassung: Jawohl, da müssen wir etwas anderes machen. Dann wurde dieses Instrument der Baulandsteuer konstruiert. Da möchte ich zunächst einmal für alle Fälle darauf hinweisen, daß die Berufung auf das sogenannte Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates fehlgeht.
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Denn in diesem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates - ich hoffe, daß Sie es alle zur Vorbereitung der heutigen Diskussion gelesen haben - steht nämlich: Die der Baulandsteuer zugrunde liegenden Einheitswerte müssen den wirklichen Grundstückswerten entsprechen und in verhältnismäßig kurzen Abständen im Einvernehmen mit den Planungsbehörden und mit den Schätzstellen den Bodenmarktverhältnissen angepaßt werden.
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Dieses zentrale Anliegen des Wissenschaftlichen Beirates für die Baulandsteuer haben Sie sehr elegant übergangen, Sie haben es nämlich überhaupt nicht angewendet. Statt dessen haben Sie hier jetzt eine Steuer aufgepfropft, von der Sie wahrscheinlich bei genauem Durchdenken selbst nicht annehmen, daß sie von bodenordnerischer oder gar bodenpreisgestaltender und bodenpreisbeeinflussender Wirkung wäre.
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Was machen Sie? Diese Baulandsteuer behält entgegen der Auffassung des Wissenschaftlichen Beirates die Einheitswerte von 1935 bei und setzt lediglich die Steuermeßzahl von 5 vom Tausend auf 20 vom Tausend, also auf das Vierfache, fest, aber ausgehend von dem Einheitswert des Jahres 1935. Das wird draußen immer verschwiegen.
Ich möchte Sie einmal hören, wenn hier oben jemand von uns aufträte und sagte: Wir machen es jetzt genauso, die Lohnsteuer zahlen wir ab morgen - denn aus dem Einheitswert von 1935 wird die Steuer bezahlt - nicht aus dem Einkommen von 1960, sondern wir legen das Einkommen von 1935 zugrunde! - Das gleiche wird fortgesetzt bei den Einheitswerten getan und damit also auch bei der Besteuerung und nunmehr auch bei dieser Baulandsteuer.
Wir wissen ganz genau, und Sie alle wissen es: das Vierfache der steuerlichen Belastung ist eine Mehrbelastung, die dem Vielfachen an der Wert
und Preissteigerung überhaupt nicht gerecht wird.
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Unsere Preissteigerungen, unsere Steigerungen der Bodenwerte, aber namentlich der Preise - man darf gar nicht immer nur von Bodenwerten reden, sondern man kann nur von Preisen sprechen - gehen nicht nur über das Vierfache hinaus, nicht nur über das Zehn- und Zwanzigfache hinaus. Der Herr Minister hat uns in den Ausschußberatungen selbst ein Beispiel gegeben, in dem die heutigen Werte über das Zweihundertfünfzigfache des Einheitswertes hinausgehen, auf Grund dessen bisher die Steuer gezahlt wird. Auf dieser falschen Wertbasis soll nun auch die Baulandsteuer entrichtet werden. Das ist ein schönes Geschäft, daß lediglich der vierfache Betrag der Steuer zu zahlen ist, aber der Wert das Zehn-, das Zwanzig-, das Dreißig-, das Fünfzigfache ausmacht und dieses Vielfache bei einem Verkauf verdient wird.
Sie haben ferner in diese Konstruktion einer Baulandsteuer - ich will sie gar nicht in den Details bringen - eine ganze Anzahl von Ausnahmen hineingebracht. Indutsrie und Gewerbe sind ausgenommen, die Landwirtschaft ist zu einem großen Teil ausgenommen. Sie haben die Bestimmung darin, daß da, wo keine starke Wohnsiedlungstätigkeit ist, die Baulandsteuer nicht erhoben werden kann.
Sie haben dann vor allem eines gebracht: die Baulandsteuer wird überhaupt nur auf dem Gelände erhoben, das erschlossen ist, so daß nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des tatsächlichen Baulandes, das für die Baulandpreisbildung in Frage kommt, durch die Steuer erfaßt wird. Wir wissen doch alle ganz genau, daß die Bodenpreise draußen im Bauerwartungsland, bevor das Bauland so weit ist, gebildet werden und daß dort die großen Steigerungen liegen. Dieses Gelände aber schließen Sie von der Baulandsteuer überhaupt aus, wenn es nicht bereits erschlossen ist; diese ist meist nicht der Fall.
Oder aber Sie geben die Möglichkeit - das haben Praktiker bereits ausgerechnet -, daß jemand, der ein großes Grundstück hat, das an einer
Straße liegt, der neuen Steuer dadurch entgeht, daß er das Gelände parzelliert; denn dann braucht er die Baulandsteuer mit dem Vierfachen aus dem alten Einheitswert nur für einen schmalen Streifen zu zahlen; alles, was dahinter liegt, ist unerschlossenes Bauland und damit von der Baulandsteuer frei.
Sie haben andere Ausnahmen. Sie haben also keine Einheitlichkeit, sondern eine sehr unterschiedliche Heranziehung der Grundeigentümer zur Baulandsteuer. Nur wenige Grundbesitzer kommen in Frage, keineswegs alle - wahrscheinlich gerade nur die Kleinen, die es am schwersten und härtesten trifft, nicht aber die Großen. Diese Ungleichheit führt Sie dann wieder dazu, daß Sie erst eine komplizierte Rückvergütung für den Fall vorsehen müssen, daß das Grundstück doch inzwischen bebaut wird.
Wir hatten anfangs einmal geglaubt, wir könnten bei diesem Instrument der Baulandsteuer mit Ihnen mitgehen und könnten gemeinsam mit Ihnen eine Konstruktion finden, weil uns das Anliegen, nämlich die Bodenspekulation und den Bodenwucher zu bekämpfen, wirklich naheging und das Problem nach unserer Meinung dringend der Lösung bedurfte. Aber alle unsere Anträge, die ja nur darauf abzielten, die Baulandsteuer zu einem wirklich sinnvollen Instrument zu machen, gingen in Ihren Ablehnungen unter; Sie blieben bei dem Vierfachen, obwohl Sie wußten, daß die Werte das Zwanzig-, Dreißigfache und mehr ausmachen.
Dann sind die vielen Kritiken von anderer Seite gekommen, die wir uns gar nicht unbedingt zu eigen machen: von Nell-Breuning, von dem Bund der Steuerzahler, von dieser und jener Gruppe, vom Zentralverband der Haus- und Grundbesitzer usw. Wir meinen aber, die zentrale Frage ist und bleibt einfach: Ist die Baulandsteuer so, wie Sie sie vorsehen, ein wirkliches Instrument, eine wirkliche Waffe gegen die Bodenspekulation, oder ist sie es nicht?
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Wenn sie es nicht ist, dann muß man nach einer echten Lösung suchen.
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Sie werden zugeben: die Baulandsteuer bringt eine gewisse Belastung für einige Grundstücke, bei weitem nicht für alle Baulandgrundstücke, für die entscheidende Gruppe der Grundstücke, wo die Baulandpreise steigen, überhaupt nicht; sie belastet in erster Linie die Grundbesitzer, die Kleingrundstücke von altersher ererbt oder für ihre künftige Bautätigkeit erworben haben, nicht aber die großen Grundstücksbesitzer. Die Baulandsteuer - und das ist das entscheidende - versucht aber auch nicht im mindesten, die Bodenpreissteigerung abzuschöpfen, sie tut nichts, gar nichts, daß die Nutznießer der Bodenpreissteigerungen von ihren Gewinnen - weder von den künftigen noch von den in der Vergangenheit erzielten - etwas hergeben müssen. Das aber ist das Zentralproblem. Man kann an der Bodenspekulation nicht vorbeigehen, indem man sagt: Jetzt legen wir schnell etwas mehr Steuern darauf, dann wird es schon klappen, und dann
haben wir ein gesellschaftspolitisches Alibi und können wieder beruhigt sein.
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Nein, Sie kommen nicht darum herum, eine Maßnahme zu treffen, die erstens die Bodengewinne der Vergangenheit, der letzten zehn Jahre irgendwie erfaßt und die zweitens sicherstellt, daß auch die Bodenpreissteigerungen der Zukunft, die vor uns stehen, wenigstens teilweise erfaßt werden.
Ein Wort zu den Bodenpreissteigerungen der Vergangenheit! Meine Damen und Herren, die alten Bodenreformer unter Ihnen, die einmal dem Bund Deutscher Bodenreformer angehörten oder vielleicht durch Damaschke mit veranlaßt wurden, politisch zu denken und zu handeln, wissen noch ganz genau, was der Ausdruck „Schöneberger Millionenbauern" bedeutete.
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Das waren diejenigen, die seinerzeit bei dem sprunghaften Aufschwung Berlins in den siebziger und achtziger Jahren Millionengewinne aus dem Verkauf ihres landwirtschaftlichen Bodens erzielten. Meine Damen und Herren, was in den letzten zehn Jahren in der Bundesrepublik an Bodenspekulation geschehen ist, was an Vermögensbildungen aus Bodenspekulation und Bodengewinnen erfolgt ist, das ist ein Vielfaches dessen, was man damals, noch von einer anderen Sicht aus, den Schöneberger Millionenbauern vorgeworfen hat.
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Ich stimme Ihnen vollkommen zu, Herr Haberland war ein Waisenknabe gegen das, was wir in den letzten zehn Jahren in der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Bodenspekulation und der Bodengewinne erlebt haben.
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Das ist wirklich eine ernsthafte Frage. Man kommt nicht einfach nur mit ein paar Ausführungen zu Paragraphen um dieses gesellschaftspolitische Problem herum.
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Die Baulandsteuer löst dieses Problem nicht. Sie belastet vorwiegend oder nur die Kleinen. Sie belastet sie ungleichmäßig. Sie schafft Verwaltungskosten, die gar nicht notwendig sind. Sie ist nicht systemgerecht. Deshalb kommen wir zu dem Ergebnis, die Baulandsteuer abzulehnen, und zwar vor allem deshalb, weil sie kein Mittel darstellt, um die zurückbiegende Wertsteigerung zu erfassen oder für ,die künftige Wertsteigerung eine Barriere zu bilden.
Vorhin hat Herr Dr. Will, dessen Argumentation mir heute sonst sehr große Freude gemacht hat, gesagt, man müsse damit rechnen, daß die jetzigen Bodenpreise durch dieses Gesetz einmal gestoppt würden. Man soll nicht prophezeien. Aber ich möchte Ihnen aus meiner Kenntnis der Zusammenhänge sagen: wenn wir am nächsten Dienstag das Mietsteigerungsgesetz annehmen - und Sie werden
es ja durchsetzen - und damit zu Mietsteigerungen kommen, die über die Kostendeckung hinausgehen, dann muß das zwangsläufig zu einer neuen Periode steigender Bodenpreise und steigender Grundrenten führen.
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Ich habe dem Herrn Wohnungsbauminister schon einmal gesagt - aber ich glaube, er hat nicht ganz begriffen, wie ernst ich es meinte -, was für eine tragische Persönlichkeit er ist. Denn unzweifelhaft will er ernsthaft - oder idealistisch oder romantisch; das ist ganz gleichgültig - gegen die Bodenpreissteigerung, gegen den Bodenwucher vorgehen. Er wird aber leider mit seinem Gesetz, weil er die Mietsteigerungen nicht auf die Kostendeckung begrenzt, sondern darüber hinausgeht, zum großen Antreiber neuer kommender Bodenpreissteigerung werden.
Gerade weil wir wissen, daß wir in eine Sphäre neuer Bodenpreissteigerungen kommen, müssen wir heute in letzter Stunde Barrieren aufrichten, um dieses soziale Übel, dieses soziale Unrecht der unverdienten Wertsteigerung zu vermeiden. Deshalb wollen wir nicht nur die Baulandsteuer aus diesen oder jenen formalen Gründen ablehnen. Wir haben Ihnen vielmehr so wie im Ausschuß auch heute aus unserer gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus Vorschläge zu Maßnahmen unterbreitet, die unseres Erachtens allein geeignet sind, die Bodenspekulation einzudämmen.
Es sind früher schon zahlreiche andere Vorschläge gemacht warden. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, wenn Sie heute noch bereit sind, mit uns auf die Grundlage des Kommissionsentwurfs des 2. Bundestages zurückzugehen, dem auch Ihr Herr Minister Lücke seinerzeit zugestimmt und den er mit unterschrieben hat, sind wir sofort bereit, von unseren jetzigen Vorschlägen abzugehen und auf den alten Kommissionsentwurf zurückzugreifen, um auf diesem Wege zu einer Abschöpfung der Bodenpreissteigerung zu kommen. Oder wenn Sie nur auf den Lubahnschen Grundrentenentwurf zurückkommen wollen, - wir lassen darüber mit uns reden. Aber es muß etwas gegen die Bodenspekulation geschehen. Mit diesem Pflästerchen einer Baulandsteuer können wir uns nicht zufrieden geben und nicht damit nach Hause gehen. Darum kämpfen wir bis zum letzten an dieser Stelle und in diesem Augenblick um Maßnahmen, die endlich wirklich und durchgreifend die Bodenspekulation und den Bodenpreiswucher eindämmen und zurückdrängen, auch im Interesse der stärkeren Förderung des Eigenheimbaues, nicht nur der anderen städtebaulichne Entwicklungen.
Wir schlagen Ihnen an Stelle der Baulandsteuer, die wir ablehnen, folgende Maßnahmen vor. Das einfachste Mittel ist, zunächst den Wert des Grund und Bodens wieder so festzustellen, wie er heute ist, nämlich die Einheitswerte nach den Verkehrswerten des Jahres 1960 neu festzusetzen und nicht mehr die alten Werte von 1935 beizubehalten, über die inzwischen ein Krieg, eine Inflation, eine Um6482
stellung und eine völlige Umgestaltung unserer ganzen Wirtschaftsverhältnisse hinweggegangen sind. Die Werte von heute müßten in einem ganz einfachen Verfahren als Einheitswerte festgesetzt werden. Der nicht durchgeführte Entwurf eines neuen Bewertungsgesetzes hat gerade zu der Bewertung der unbebauten Grundstücke nur ganz wenige Bestimmungen. Das bedeutet, daß die Festsetzung neuer Einheitswerte gar keine verwaltungsmäßige Komplikation ist. Die verwaltungsmäßige Aufgabe ist dabei auf jeden Fall wesentlich geringer als diejenige, die Sie bei Ihrer Baulandsteuer erst erbringen müssen.
Sobald wir die heutigen tatsächlichen Verkehrswerte haben, soll die Besteuerung auf 10 vom Tausend gesetzt werden, so wie es vor dem Kriege bis 1939 gewesen ist. Das beantragen wir. Damit hat man dann die gleichmäßige Besteuerung aller, nicht nur einiger weniger. Dann muß man nicht erst fragen: Ist das ein bebautes Grundstück im Sinne des Erschließungsbegriffs von § 211 a, oder ist die Erschließung anders, oder ist das ein Grundstück in einem Wohnsiedlungsgebiet? Alle unbebauten Grundstücke würden gleichmäßig neubewertet nach den Prinzipien der Verkehrswerte und der Einheitswerte und normal mit einem Steuersatz von 10 vom Tausend besteuert.
Damit wäre aber nur etwas geschaffen, um die Bodenpreissteigerung vielleicht etwas einzudämmen oder zu drücken, aber noch nichts, um die Bodenwertsteigerungen der Vergangenheit abzuschöpfen 1 und um die kommenden Bodenwertsteigerungen, die vor uns stehen, zu bremsen und abzudrosseln. Deshalb schlagen wir zusätzlich vor - ich will nicht die einzelnen Paragraphen anführen, sondern jetzt nur zum Prinzip sprechen , daß nun eine Abschöpfung vorgenommen wird, daß sie an die laufende Besteuerung angeschlossen wird. Das gilt einmal hinsichtlich der vergangenen Werte, indem man die doppelten Einheitswerte von 1935 mit den neuen Werten von 1960 vergleicht und aus der Differenz dieser beiden Werte - ganz einfach zu ermitteln von jedem Lehrling - eine besondere Besteuerung mit 25 vom Tausend Steuermeßbetrag vornimmt. Damit würden zwar nicht die gesamten Bodengewinne, aber ein Teil der Bodengewinne der Vergangenheit mit einer Abgabe belastet.
Noch wichtiger als diese Abschöpfung aus der Vergangenheit ist die Aufrichtung einer Barriere für die Zukunft. Wir sagen: Auch für die Zukunft werden Bodenwertsteigerungen, dargestellt am Prinzip des steuerlichen Einheitswertes, zu einer Sonderbelastung herangezogen. Wenn Sie diese Grundstücke vielleicht im Jahre 1965 oder 1966 neu-bewerten, würde wiederum die Differenz der Werte zwischen 1960 und 1965 mit einer solchen besonderen, zusätzlichen Grundsteuer von 25 vom Tausend belastet werden.
Beides würde einen wirklichen Druck auf die Bodenpreise ausüben, weil sich jeder sagen muß: Es hat keinen Zweck, daß ich irrsinnig in die Bodenspekulation hineingehe, weil ein großer Teil dieser Bodenpreissteigerung weggenommen wird.
Aber wenn Ihnen der Vorschlag mit den 25 vom Tausend zu gering ist und wenn Sie vielleicht heute abend Herrn Professor Nell-Breuning in seinem Buch „Gesellschaft und Wirtschaft" nachlesen und zur vollen oder einer höheren Belastung kommen wollen, so sind wir auch mit einer Erhöhung des von uns vorgeschlagenen Satzes einverstanden. Herr Professor Nell-Breuning sagt zu diesem und auch seinem gesellschaftspolitischen Anliegen: Nichts anderes kann die Zuwachsrente erfassen als eine volle oder nahezu volle Abschöpfung dieses Zuwachses. Wir sind bereit, da mitzugehen. Diese 25 vom Tausend sollen nichts Endgültiges und Letztliches sein. Wenn Sie glauben, unseren Weg beschreiten zu können, bitte, dann wollen wir gern auch über einen höheren Steuersatz mit Ihnen reden, um im Sinne von Herrn Professor Nell-Breuning und der Sozialkritik, die er an der Bodenspekulation in aller Schärfe geübt hat, zu einem Ergebnis zu kommen.
Das ist der Sinn und Inhalt unserer Vorschläge. Sie sind in eine Paragraphenform gebracht worden. In den Ausschußberatungen haben wir es zum Teil mit anderen Worten und nach Leitsätzen vorgetragen. Aber auch diese Leitsätze allein schon sind leider von Ihnen hart und unerbittlich abgelehnt worden. Wir glauben, daß jetzt eine Form gefunden ist, die keine Grundgesetzänderung erforderlich macht. Wir sind zu einer Grundgesetzänderung bereit, wenn Sie auf den Kommissionsentwurf zurückgehen. Aber wenn Sie es nicht tun, dann ist auf diesem neu vorgeschlagenen Wege keine Grundgesetzänderung erforderlich. Hier haben wir ein Instrument, mit dem endlich etwas Wirksames gegen Bodenspekulation, gegen den Bodenwucher und die ständige Preistreiberei unternommen wird.
Wir sind uns der gesellschaftspolitischen Bedeutung dieses zentralen sozialpolitischen Anliegens in unserer Gesellschaft bewußt. Wir beantragen deshalb, über diesen Antrag der SPD zu § 211 a und die folgenden Bestimmungen, in denen Ihnen wirksame Mittel gegen die Bodenspekulation und den unverdienten Wertzuwachs an die Hand gegeben werden, namentlich abzustimmen. Wir möchten feststellen, wer für eine Bekämpfung der Bodenspekulation im Sinne dieser Anträge ist und wer glaubt, daß die Bodenpreisentwicklung im marktwirtschaftlichen oder im freiliberalen Sinne weiterlaufen soll. Wir wollen wissen, wer an den Problemen nicht vorbeigeht und wer sich diese Aufgabe der Gesellschaftsordnung in unserer Zeit stellt. Für Ihre Bewältigung ist es allerhöchste Zeit!
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns ist mit den Anträgen, die die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei vorgelegt hat, eine ganz andere Konstruktion als die im Regierungsentwurf mit der Baulandsteuer enthaltene vorgeschlagen worden. Ich hatte, weil ich um 19 Uhr den Herrn Präsidenten ablösen muß, an und für sich nur vor, zu unseren Anträgen Stellung zu nehmen.
Nur das will ich im folgenden tun. Aber ein paar ganz kurze Bemerkungen muß ich doch wohl zu den Ausführungen des Kollegen Brecht machen, um den Standpunkt unserer Fraktion darzulegen.
Es ist sicher richtig, daß die Einheitsbewertung des Grund und Bodens mit der wirklichen Entwicklung der Werte in der Nachkriegszeit nicht mehr im Einklang steht und daß es dringend geboten ist, diese neuzeitliche Bewertung des bebauten und unbebauten Grundvermögens sobald wie möglich herbeizuführen, um überhaupt wieder zu einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung des Vermögens in den einzelnen Erscheinungsformen zu kommen. Ich glaube, darüber sollte zunächst eine einheitliche Auffasung bestehen, schon um Verzerrungen innerhalb der steuerlichen Belastung der einzelnen Vermögen - ob Wertpapiervermögen, Grundvermögen oder welch andere Form auch immer - wieder auszuschalten.
Die Vorstellung aber, daß man mit Hilfe der steuerlichen Belastung in der Lage wäre, einer spekulativen Übersteigerung auf dem Gebiete des Grundstückverkehrs wirksam zu begegnen, wage ich nach allen bisherigen Erfahrungen gründlich zu bezweifeln. Gibt es genügend Grundstücke, genügend Angebote im Verhältnis zur Nachfrage, so daß man zu dem, was man normalerweise den Käufermarkt nennt, auch auf diesem Sektor - örtlich oder allgemein - kommt, werden Sie jeweils den Käufer auch die Preiseinschätzung für den Grund und Boden vornehmen lassen, und dann werden Steuern, die Sie irgendwie auferlegen, niemals vom Verkäufer abgewälzt werden können; dann müssen sie effektiv dort getragen werden. Dann sind sie aber auch gar nicht nötig, um irgend etwas im Sinne Ihres Anliegens zu verhindern, weil das dann gar nicht eintreten kann. Sind dagegen örtliche oder allgemeine Verkäufermärkte da, dann entsteht wie wir es ja in dieser Nachkriegsperiode als ein schweres Schicksal erlebt haben, weil in dieses klein gewordene Gebiet der Bundesrepublik Deutschland über 14 Millionen Menschen zusätzlich hineingepreßt wurden, ein reiner Verkäufermarkt.
Dort, wo diese Entwicklung auf dem Kulminationspunkt ist, werden Sie mit, ich möchte einmal sagen, quasi marktwirtschaftlichen Mitteln - und dazu gehören auch steuerliche Mittel - keinesfalls erreichen, daß die Erscheinungen einer Übersteigerung spekulativer Art verschwinden. Hier ist dann ein echter Notstand gegeben, dem in der Tat nur der Staat mit Zwangsmaßnahmen beikommen kann. Sobald diese extreme Notlage nicht mehr gegeben ist, würde jede steuerliche oder ähnliche Maßnahme doch nur eine Wirkung haben können: die Steuer würde beim Verkäufermarkt immer auf den Käufer überwälzt werden. Sie würden damit gar nichts anderes erreichen, als das Preisniveau noch mehr in die Höhe zu treiben. Der Verkäufer würde die Marktlage ausnutzen und einen entsprechend hohen Preis fordern. Hinzu käme dann noch ein stiller Teilhaber, der Staat, der auch seine Taschen füllen würde.
Wir ringen mit Ihnen darum, diese Probleme zu lösen. Sie sind aber nur zu bewältigen, indem man möglichst schnell versucht, das Angebot hervorzulocken und an den Markt zu bringen. Das wirksamste Mittel, um zusätzliches Angebot an den Markt zu bringen, ist im Grunde genommen immer noch ,das gewesen, den Anreiz zum Verkaufen zu fördern. Man muß also die künstlichen Barrieren beseitigen, die im Augenblick noch vorhanden sind. Heute, im Jahre 1960, hält man für unbebaute Grundstücke noch einen künstlichen Preisstopp auf der Basis der Stopppreise von 1936 aufrecht. Es kann deshalb einen Grundstücksverkehr nur geben, wenn sich ein Teil der Leute über die Vorschriften hinwegsetzt und zu Maßnahmen und Methoden greift, die gegen das Gesetz, gegen den Preisstopp sind, die also eine glatte Gesetzes- oder Verbotsdurchbrechung darstellen. Auf der anderen Seite gibt es aber Menschen - das dürfte in unserem Volke immer noch eine große Anzahl sein -, die sagen: „Um Gottes willen, ich möchte nicht plötzlich bestraft werden, weil ich etwas getan habe, was ich nicht tun durfte; also verkaufe ich so lange nicht, wie mir so etwas völlig Unsinniges und Unmögliches zugemutet wird." Wenn Sie jetzt den unwirklichen Preisstopp beseitigen, dann wirkt das - davon bin ich felsenfest überzeugt - wesentlich mehr im Sinne des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage als die Maßnahme, die in diesem Gesetz vorgesehen ist.
Ich darf also sagen: Wir unterstützen gern das Vorhaben, möglichst schnell eine neue Einheitsbewertung herbeizuführen. Das ist nämlich zur Wiederherstellung des richtigen Verhältnisses zwischen den einzelnen Vermögensanlagen unerläßlich. Dadurch wird auch derjenige, der Grundbesitz hat, in der richtigen Weise belastet. Auf der anderen Seite sind wir aber dafür, den Preisstopp, diese unwirkliche Maßnahme, so schnell wie möglich zu beseitigen. Dieses Instrument ist nach unserer Meinung nicht geeignet - darin gebe ich Ihnen recht -, die Probleme zu lösen.
Wir haben einen Antrag dazu gestellt. Das an und für sich untaugliche Instrument soll nach dem, was von der Regierung gesagt worden ist, dazu dienen, den unrealistischen Preisstopp zu beseitigen. In unserem Änderungsantrag Umdruck 618 Ziffer 8 beantragen wir unter Buchstabe a, in § 211 Nr. 1 Buchstabe a den Satz 2 des § 12 a Abs. 2 zu streichen. In diesem Satz 2 wird nämlich zu dieser nicht für wirksam gehaltenen Baulandsteuer noch eine Progression vorgesehen, die auf 25 vom Tausend nach Ablauf von zwei Jahren und auf 30 vom Tausend nach weiteren zwei Jahren ansteigen soll.
Meine Damen und Herren, alles spricht dafür, daß wir den Kulminationspunkt des Wohnungsmangels nun wirklich Gott sei Dank nach dem Bau von über 5 Millionen neuen Wohnungen weit hinter uns haben, und es ist abzusehen, daß dieser Mangel - es ist ein müßiger Streit: wann - endgültig beseitigt ist. Das ist ja auch immer eine Frage der Marktordnung, in die ich den ganzen Wohnungsmarkt hineinstelle. Aber wenn es so ist, dann ist sicher damit zu rechnen, daß in drei oder vier Jahren die Marktsättigung erreicht ist.
Ich darf an ein Wort von Herrn Kollegen Brecht anknüpfen. Er sagte, wenn Sie jetzt in der nächsten Woche Mietsteigerungen für den Haus- und Grundbesitz beschließen, werden Sie erleben, daß ein neuer Bau-Boom loslegt.
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Wodurch sollte denn sonst die gesteigerte Nachfrage nach Grundstücken entstehen, wenn nicht Leute darauf bauen wollten? In den erhöhten Erträgen steckt mehr drin. Wenn das noch beschleunigt wird - und daß es beschleunigt wird, ist auch meine Überzeugung -, kommen wir um so eher an diesen Sättigungspunkt heran.
Dann aber haben Sie mit der Progression folgendes erreicht. In dem Augenblick, wo sich die Bundesregierung hinstellen und sagen muß: Die Sättigung ist erreicht, wir haben es geschafft, jeder hat seine Wohnung, wird derjenige, der dann nach dem Sinn dieses Paragraphen nicht baut, unter eine erhöhte Progression gestellt. Ich glaube, was wir zumindest erreichen müßten - und darum unser Antrag -, um nicht plötzlich vor einer seltsamen Situation zu stehen, ist die Beseitigung dieser Progression.
Das zweite - ich darf das gleich jetzt noch mit begründen ist, daß wir bei § 12 b wünschen, daß für die Trümmergrundstücke noch eine weitere Frist bis zum 31. 12. 1964 eingeräumt wird, so daß hier erst vom 1. Januar 1965 ab die Erfassung erfolgt.
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- Herr Kollege Mick, ich darf einmal folgendes sagen, und das berührt, glaube ich, das entscheidende Anliegen. Es gibt zwei Kategorien von Menschen, die nicht haben wiederaufbauen können. Die einen sind diejenigen, die wegen des Nichtvorhandenseins dieses Baugesetzes unter alle möglichen Bausperren und nicht geregelte Planungen gefallen sind und nicht bauen konnten, aber wenn das Gesetz in Kraft getreten ist in absehbarer Zeit, wenn nämlich die entsprechenden Planungen durchgeführt worden sind -, anfangen können. Das wird sich aber sicherlich bis 1964 hinziehen. Die zweite Gruppe von Menschen - das können Ihnen gerade die Bausparkassen bestätigen bilden die weniger Begüterten, die seit Jahr und Tag ihre kleinen Scherflein aufeinandertürmen, weil sie es nicht auf einmal fertiggekriegt haben, das alles schon wieder durchzuziehen. Diese beiden Gruppen, die nicht bauen konnten - die eine, weil das Baugesetz nicht existierte, die andere, weil sie nicht auf der Sonnenseite des Daseins stand -, treffen Sie auf alle Fälle härter als jemand anderen. Deswegen hier noch einmal für Menschen, die sicher nicht aus bösem Willen nicht an den Wiederaufbau gegangen sind, sondern es nicht konnten, diese Ausnahmegenehmigung!
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Das Wort hat der Abgeordnete Stiller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe den Antrag Umdruck 621 Ziffer 4 Buchstaben a bis d.
Unter Buchstabe a beantragen wir, . in § 12 a des Grundsteuergesetzes Satz 3 zu streichen. Dieser Satz 3 betrifft die Baulandbesteuerung der Grundstücke, die nicht in einem Bebauungsplan ausgewiesen sind, sondern außerhalb eines Bebauungsplanes liegen. Herr Dr. Brecht hat soeben ausgeführt, er glaube, daß die Baulandsteuer unwirksam sein werde. Wir sind anderer Meinung. Die Baulandsteuer wird zusammen mit allen anderen Maßnahmen, die im Bundesbaugesetz vorgesehen sind, einen Baulandmarkt schaffen. Damit dieses Ziel schnell ereicht wird, möchten wir, daß die Baulandbesteuerung auch verwaltungstechnisch leicht durchzuführen ist. Die Baulandsteuer soll ja das Bauland nur dort auf den Markt bringen, wo es benötigt wild. In den Gebieten aber, in denen kein Bebauungsplan aufgestellt ist, besteht keine Baulandnot. Deshalb unser Antrag, in § 12 a Abs. 1 den Satz 3 zu streichen, so daß die Baulandsteuer nur für die Grundstücke erhoben wird, die innerhalb eines Bebauungsplanes liegen.
Unter Buchstabe b beantragen wir, dem Satz 4 des § 12 a Abs. 1 eine andere Fassung zu geben. Satz 4 nimmt die Grundstücke, die in einem Bebauungsplan als reines Industrie- oder Gewerbegebiet festgesetzt sind, von der Baulandsteuer aus. Nicht ausgenommen von der Baulandsteuer sind danach jedoch die Vorratsgrundstücke des Handwerks und des Gewerbes, die in Wohngebieten oder in gemischt genutzten Gebieten liegen. Wir halten dies für eine ungerechtfertigte Schlechterstellung der Vorratsgrundstücke des Handwerks und des Gewerbes. Deshalb beantragen wir, den Satz 4 so zu fassen, daß auch das notwendige Vorratsgelände von Gewerbebetrieben von der Baulandsteuer ausgenommen ist.
Der Buchstabe c ist eine Folge unseres Antrags unter Buchstabe b.
Der Antrag unter Buchstabe d betrifft Abs. 6 des § 12 a. Danach sind landwirtschaftlich genutzte Grundstücke unter bestimmten Voraussetzungen für eine gewisse Zeit, höchstens für 5 Jahre, von der Baulandsteuer befreit. Wir beantragen, dem Abs. 6 eine andere Fassung zu geben, so daß Grundstücke, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören und die der Bewirtschafter eines Betriebes ganz oder teilweise als Erwerbsgrundlage benötigt, aus der Baulandsteuer herausgenommen werden.
Nachdem Sie die Belastung dieser Grundstücke mit Erschließungsbeiträgen beschlossen haben, ist es meiner Meinung nach notwendig, daß man derartigen Grundeigentümern entgegenkommt; denn die Belastung mit Erschließungskosten wird oft in die Tausende gehen, wird oft sehr hohe Beträge erfordern, die die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und die Gärtnereibetriebe nicht aufbringen können. Deshalb bitte ich Sie, unsere Anträge auf Umdruck 621 Ziffer 4 Buchstaben a bis d anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird die Baulandsteuer ablehnen. Sie wird sie ablehnen, weil sie sie in der uns augenblicklich vorliegenden Form für ein untaugliches Mittel hält. Es ist nicht so, daß wir nun etwa die Mitglieder des Hauses in schwarze und weiße Schafe teilen können, in die schwarzen, die die Grundstückspekulanten verteidigen wollen, und in die weißen, die gegen die Bodenspekulation sind. Die Dinge sind doch wesentlich anders. Ich glaube nicht, daß es in diesem Hause irgend jemanden gibt, der die Sozialpflichtigkeit von Grund und Boden bestreitet.
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Uns kommt es jetzt auf folgendes an: Wir haben eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, von denen wir hoffen, daß sie möglichst schnell in Kraft treten und sich bewähren. Das erste wird sein, daß der Preisstopp fällt. Es gibt Fachleute genug, die der Meinung sind, daß schon diese Maßnahme eine große Reihe von Grundeigentümern veranlassen wird, sich von ihrem Grundbesitz zu trennen, wenn sie nicht befürchten müssen, daß sie entweder einen völlig unzeitgemäßen Preis, nämlich den Stopppreis, bekommen oder daß sie im Falle eines Schwarzmarktpreises mit oder ohne Gerichtsurteil nachher den Überpreis zurückgeben müssen. Solche Fälle haben wir doch gehabt; es gibt ja auch Gerichtsurteile. Kein Zweifel, daß hier ein Reservoir von Grundstücken vorhanden ist, die angeboten werden, wenn ein freier Marktpreis nach Wegfall der Preisbestimmungen vereinbart und gezahlt werden kann.
Dann sind heute - ich brauche nicht alles zu wiederholen, was schon gesagt worden ist - weitere Maßnahmen vereinbart worden, die verhältnismäßig weitgehen und sicherlich einen nicht unerheblichen Einfluß auf den Baulandmarkt ausüben werden. Wir haben außerdem in diesem Gesetz vorgesehen, daß es in Zukunft für Grundstücksgeschäfte Gutachterstellen geben soll. Ähnlich wie etwa jemand, der ein Automobil verkaufen will, sich bei einer Schätzstelle unterrichten lassen kann, welchen Wert sein gebrauchter Wagen ungefähr hat, wird auf dem Baulandmarkt, hauptsächlich natürlich für den Käufer, die Möglichkeit gegeben, sich zu informieren, welcher Wert tatsächlich angezeigt und angemessen ist und was eine Wucherforderung ist. Diese und einige andere Bestimmungen werden zweifellos eine nützliche Wirkung haben.
Im übrigen möchte ich der Überzeugung Ausdruck geben, daß wir auf dem Gebiet, über das wir hier beraten, noch lange nicht am Ende sind. Herr Dr. Brecht, Sie finden meine Fraktion und besonders mich bei allen Maßnahmen an Ihrer Seite, die dazu bestimmt sind, die unvertretbaren Mißbräuche, wie sie gerade am Baulandmarkt herrschen, zu beseitigen. Wir sollten aber das gegenwärtig vorliegende Gesetz nicht durch eine erneute Behandlung der sehr schwierigen Materie hinauszögern. Wir alle sind uns darüber einig, daß die eigentliche Crux, der eigentliche Mangel, unter dem wir leiden, darin
liegt, daß wir noch die alte Einheitsbewertung aus dem Jahre 1935 haben. Warum wir inzwischen keine neue haben, wissen wir alle. Wir kennen auch die Gründe, weswegen die Schaffung neuer Einheitswerte vor der nächsten Bundestagswahl zweifellos nicht mehr aktuell ist. Aber man darf doch hoffen, daß wir in einer nahen Zukunft, man kann wohl mit wenigen Jahren rechnen, zu einem neuem Hauptfeststellungstermin für die Einheitswerte kommen, und dann werden die Sorgen, die Sie und wir haben, zu einem großen Teil beseitigt. Sie haben das selber auch schon gesagt.
Ich möchte meinen, daß wir diese Fragen, die nun seit Jahrzehnten nicht geregelt werden konnten, ruhig noch einige Jahre zurückstellen können; denn alles wird in diesem Bundesbaugesetz ohnehin nicht geregelt werden. Wir werden noch ein zweites Baugesetz oder Bewertungsgesetz oder was es sonst sein mag, bekommen, in dem diese Fragen in einer, wie ich hoffe, nahen Zukunft geregelt werden. Ich halte es aber nicht für zweckmäßig, nun das ganze Bundesbaugesetz durch sehr weitgehende Vorschläge, wie Sie sie augenscheinlich vorgebracht haben, zu gefährden.
Ich wiederhole: Wir lehnen die Baulandsteuer, die Grundsteuer C, in der gegenwärtigen Form ab. Sie ist ja schon sehr verwässert worden. Wir wissen alle, daß sie überhaupt nur in den Bezirken erhoben werden soll, in denen nachweislich ein Baulandbedarf auf lange Zeit hinaus nicht gedeckt werden kann. Wir wissen, daß über 90 % der Kreise wahrscheinlich überhaupt nicht davon betroffen werden, sondern nur wenige Ballungsgebiete.
Mir scheint die Frage der Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses augenblicklich nicht mehr aktuell zu sein. Meine Fraktion ist der Auffassung, daß man diese Frage zurückstellen und zunächst die Wirkung der anderen Maßnahmen abwarten soll. In naher Zukunft werden wir uns erneut den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie wir zu einer sinnvollen Regelung kommen.
({1})
Herr Abgeordneter Bading zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 610 Ziffer 2!
Sie haben bereits gehört, daß ein Antrag meiner Fraktion vorliegt, den § 211 a abzulehnen. Man weiß jedoch nicht, ob die Mehrheit des Hauses den berechtigten Wünschen meiner Fraktion entsprechen wird. Aus diesem Grunde haben sich einige Abgeordnete meiner Fraktion entschlossen, einen weiteren Antrag einzubringen, der Ihnen mit Umdruck 610 Ziffer 2 vorliegt.
Wie ich schon zu § 159 Abs. 5 ausgeführt habe, sind wir in starker Sorge um die Gärtnereibetriebe. Nach Abs. 8 des vorgesehenen § 12 a des Grundsteuergesetzes werden gärtnerisch genutzte Grundstücke nicht mehr als gärtnerisches Vermögen nach dem Ertragswert, sondern als Grundvermögen bewertet. Hierdurch wird, wenn es sich um kleinere Gemeinden handelt, die steuerliche Belastung etwa
verdreifacht bis verfünffacht; in größeren Gemeinden ist es wahrscheinlich noch bedeutend mehr.
Von sachverständiger Seite ist mir eine Ausarbeitung zugeleitet worden, in der die Belastung solcher Fälle errechnet worden ist. Danach würde z. B. bei einem Betrieb in München eine Grundsteuererhöhung von 330 DM auf 3465 DM eintreten. Das ist natürlich eine außerordentlich starke Belastung für die gärtnerischen Betriebe.
Ich habe bereits dargelegt, daß die Allgemeinheit nicht daran interessiert ist, daß alle gärtnerischen Betriebe aus den Vorstädten möglichst verdrängt werden. Solange das Grundstück gärtnerisch genutzt wird - und daran hat die Allgemeinheit aus verschiedenen Gründen ein Interesse -, sollte man die Betriebe von dieser erhöhten Belastung befreien.
Ich bitte Sie deshalb für den Fall, daß Sie den Antrag der SPD ablehnen, meinem Antrag zuzustimmen.
Zu begründen wäre dann noch der Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 615 Ziffer 27. Aber ich glaube, er bedarf keiner besonderen Begründung; das ist erledigt.
Das Wort hat der Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Herrn Abgeordneten Brecht war der Bedeutung des Anliegens, das heute mit zur Beratung ansteht, angemessen. Wer die heutigen Beratungen aufmerksam verfolgt hat, hat etwas festgestellt, was diesen Bundestag ehrt. Eine Materie, die politisch spröde und schwierig ist, wurde in einer guten Atmosphäre beraten. Herr Dr. Brecht - er ist im Moment nicht hier - nannte mich eine „tragische Figur". Er hat das nicht abwertend gemeint; er hat mich vielmehr eine „tragische Figur" genannt im Hinblick darauf, ,daß das, was wir hier vorhaben und was ich Ihnen zur Annahme vorschlage, fehlschlagen könnte.
Meine Damen und Herren, ich wäre glücklich, wenn es in den letzten 40 Jahren, in denen in Deutschland um diese Frage gerungen wurde, vor mir eine „tragische Figur" gegeben hätte, die dem Reichstag solche Gesetze zur Annahme vorgeschlagen hätte.
({0})
Niemand weiß so sehr wie ich, daß die gesamte Gesellschaftspolitik unseres Volkes seit der Gründerzeit entscheidend daran krankt, daß wir kein geordnetes Bau- und Bodenrecht haben, daß es möglich war, mit dem Gut Boden Schindluder zu treiben, daß man es nicht wagte, eine Ordnung herbeizuführen, die heute von allen Parteien, bis auf wenige extreme Äußerungen, auf Grund der „Sozialpflichtigkeit des Grund und Bodens" verlangt wurde.
Man mag in diesem Augenblick ruhig den Gedanken aussprechen - erlauben Sie es mir, weil ich diesen Gedanken in Hunderten von Besprechungen, Besichtigungen und Erlebnissen der letzten 10, 15 Jahre verfolgt habe -: Wie wäre es z. B. in unserem Volke geworden, wenn wir diesen Schritt 1880, 1900, 1920, 1925 getan hätten, den wir heute tun? Dieses Parlament unternimmt es tatsächlich mit Ernst und Sachkenntnis, das individuelle persönliche Eigentum gegen die Interessen des Gemeinwohls abzuwägen, und zwar auch durch Paragraphen.
Die Philosophen, die Gelehrten, die Politiker - und es gibt hochverdiente Männer unter ihnen, die auch noch unter uns leben - haben mir bis zur Stunde eins nicht gegeben: ein Rezept, das auch meiner Vorstellung entspräche, ein Rezept, das sich in Übereinstimmung mit unserer Grundordnung praktisch durchsetzen ließe. Herr Dr. Brecht, bei der Beratung dieser Vorlage, die mit großem Ernst geführt wurde - und Ihre Rede war von großem Ernst getragen -, haben wir doch gespürt, daß wir z. B. die notwendige Korrektur der Einheitswerte nicht haben, daß wir z. B., um Ihre Vorschläge durchzusetzen, eine Grundgesetzänderung brauchten und viele andere Dinge mehr.
({1})
Unabhängig davon habe ich deshalb bei der Amtsübernahme, Herr Dr. Brecht, namhafte, führende Wissenschaftler, unter ihnen den jetzigen Staatssekretär Professor Ernst, der damals den Vorsitz führte, gebeten, uns nach Abwägung aller Denkbilder zu dieser Frage eine Lösung zu zeigen, die praktikabel gestaltet werden könnte. Sie liegt Ihnen vor. Ich gebe Ihnen zu, Herr Dr. Brecht, daß die Diskussion um die Baulandsteuer - ich müßte als Minister den echten Titel nennen: um die Grundsteuer C - in der Öffentlichkeit oft so geführt wurde - es mag am Titel gelegen haben -, als ob damit ein Allheilrezept angeboten werde. Das ist die Grundsteuer C nicht. Sie ist es insonderheit nicht mehr -wenn sie es überhaupt wäre - nach den Beratungen. Diese Bestimmung stand unter einem solchen politischen Druck, und es wurde so gezupft und gerupft an ihr, daß nicht viel von ihr übrig geblieben ist. Herr Dr. Will, der doch wirklich ausgezeichnet mitarbeitet, sagt: Streichen wir sie, und Herr Dr. Preusker hat nicht viel an ihr gelassen. Viele Kompromisse mußten geschlossen werden, und nun wollen Sie, die SPD, diese Bestimmung streichen.
Meine Damen und Herren, wenn nur die Baulandsteuer C in der jetzigen Form in der Vorlage wäre, würde ich nicht vor Sie hintreten. Dann würde sich kein Wort lohnen. Aber hier wird ergänzend zu den übrigen Maßnahmen ein Weg beschritten, der zu dem Ziele führt - und zwar nach Abbau des Preisstopps -, einen funktionsfähigen Baulandmarkt zu bekommen.
({2})
Ich bin nun wirklich der Meinung von Herrn Dr. Will, daß das nicht der letzte Akt auf dem Wege ist. Wo steht es denn, daß mit den Flüchtlingen, die hier sind, Schluß ist? In dieser angespannten Lage, in der unser Volk leben muß, müssen wir damit rechnen, daß noch mehr Deutsche vertrieben werden. Unsere Aufgabe im Bundesgebiet ist es, eigen
Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode Bundesminister Lücke
tumspolitisch und städtebaulich dafür zu sorgen, daß diese Menschen, nachdem sie Heimat und Obdach verloren haben, bei uns nicht nur die Freiheit finden, sondern auch das Eigentum. Darum brauchen wir dieses Gesetz jetzt so notwendig. Ich gebe es offen zu, Herr Dr. Brecht und meine Damen und Herren, daß das, was die Presse unter dem Arbeitstitel „Lücke-Plan" geschrieben hat, allerdings dieses Bundesbaugesetz voraussetzt, dazu den schrittweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft, Einführung eines sozialen Mietrechts, um dann auf dieser neuen Basis vorwärtszukommen.
Ich richte deshalb an die sozialdemokratische Fraktion die eindringliche Bitte - nachdem die Freien Demokraten die Baulandsteuer ablehnen und die DP nur noch mit halbem Herzen dabei ist -, jetzt nicht etwas zu tun, was mir ein weiser Mann von einem Kind sagte: Es war irgendwo Kinderkommunion gewesen, und das Kind hatte die goldene Uhr nicht bekommen; er hatte ihm nur eine silberne gegeben. Das Kind sagte: die nehme ich nicht. Meine Damen und Herren, die goldene Uhr zur Lösung dieser Frage wurde uns versagt.
({3})
- Wenn Sie mir das verschaffen, Herr Dr. Brecht, steht hier ein Minister, der in dieser Richtung vorangeht.
({4})
Aber ich möchte in unserer politischen Lage nicht noch einmal 40 Jahre experimentieren. Ich brauche Lösungen, Herr Dr. Brecht, und wenn es auch nicht die silberne Uhr sein sollte - sie ist es -, dann ist dieses Gesetz ein gutgehender Wecker, der die Bodenspekulanten, die es gibt, aus dem Schlaf aufscheucht.
({5})
Wer nach den Sternen greift und nicht weiß, daß wir dem Schwerkraftgesetz unterliegen, macht keine reale Politik. Ich bitte Sie dringend, im Sinne der heutigen ausgezeichneten Beratungen die Vorlage in der Fassung anzunehmen, wie sie Ihnen der Ausschuß mit den Korrekturen, die Berlin betreffen, vorgelegt hat. Ich bitte, alle anderen Anträge abzulehnen. Herr Dr. Brecht, Ihrer Fraktion, unserer Fraktion, dem Bundestag und auch der Regierung bleibt allerdings die Aufgabe, auf dem Weg weiter voranzuschreiten.
Ich nenne jetzt einen Namen. Ich tue es sonst nicht gern. Ich tue es, um diesen Mann zu ehren. Ich nenne Johannes L u b a h n,
({6})
einen Mann, der wie Dr. Nicolaus Ehlen-Velbert noch mit Damaschke zusammen war. Ich glaube, es gibt keinen Abgeordneten, der diese verdienten Männer nicht kennt.
Jeder weiß von Johannes Lubahn. Was bewegte ihn? Daß ohne eine vernünftige Lösung der Bodenfrage alles, was wir als Gesellschaftspolitik betreiben wollen, Stückwerk bleibt. Uns hier ist der Weg
aufgegeben, praktikable Lösungen zu finden. Wir haben den Versuch unternommen, und ich bin überzeugt: wenn wir auf Grund der heutigen Debatte fortfahren, dn diesem Sinne zu arbeiten und Verbesserungen auszudenken, wird es uns eines guten Tages gelingen, diese Gretchenfrage der Sozialordnung recht zu lösen.
Ich bitte Sie dsehalb um Annahme und bitte die sozialdemokratische Fraktion dringend, der Baulandsteuer zuzustimmen oder sich wenigstens der Stimme zu enthalten, damit es nicht der FDP gelingt, sie zum Fall zu bringen.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt ein Wort von Fontane: „Man bringt es nicht weit bei fehlendem Sinn für Feierlichkeit." Diesen Sinn habe ich nicht, und insofern werden meine Worte gegenüber dem berechtigten und ethisch unterbauten Pathos des Herrn Ministers sehr absinken.
({0})
Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um eine Novelle zum Grundsteuergesetz, und deshalb ist es wohl nicht so ganz abwegig. diese Dinge einmal von steuerlichen Gesichtspunkten zu sehen.
Ich bin grundsätzlich - ich habe hier kein Amt, sondern nur eine Meinung - Gegner der sogenannten Ordnungsteuern, trotz Herrn Professor Gerloff aus Frankfurt am Main. Steuern haben für mich nach alten klassischen Gesichtspunkten Geld zu erbringen. Wie sie ausgegeben werden, ist eine Angelegenheit politischer Entschlüsse auf der Ausgabenseite des Haushalts. Diese Steuer ist in ihrem Aufkommen nirgends kalkuliert worden. Sie ist deshalb auch finanzausgleichsmäßig nicht zu honorieren. Ich bezweifle aber auch, daß sie die Ordnung auf dem Wohnungsmarkt schaffen wird, die man von ihr erwartet.
Was uns nottut, ist, daß wir bei den Steuerwerten der Grundsteuer wieder zur Ehrlichkeit kommen, d. h. zu modernen Einheitswerten. Wir wissen auch - das hat keiner vorgebracht, die Opposition ist ja so nett und freundlich -, wie es gekommen ist, daß diese Schaffung ehrlicher Einheitswerte hinausgezögert worden ist. Ich habe mir seinerzeit die Freiheit genommen, das in einem Aufsatz in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" darzulegen. Ich möchte es nicht wiederholen, denn ich möchte in 'diesem Sinne nicht unnötigen Beifall von der Opposition haben. Aber Sie können es mir nicht übelnehmen, Herr Minister Lücke: Als Steuerpolitiker, als Kameralist im alten Sinne muß ich diese Baulandsteuer ablehnen, weil sie keine echte Steuer ist, sondern ein dirigistisches Element, von dessen dirigistischer Kraft ich mir nichts verspreche. Finanzausgleichsmäßig ist sie nicht zu honorieren. Wahrscheinlich wird sie dort anfallen, wo schon genügend autonome Gemeindesteuern anfallen, aber
nicht in den Gebieten der Landgemeinden und sonstwo, wo Steuerzuflüsse notwendig wären. - Ich erwarte von dem Hohen Hause keinen Beifall.
({1})
Das Wort hat der Bundesminister Lücke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich meinem früheren Chef, Landrat August Dresbach, jetzt widerspreche, dann deshalb: Sie mögen steuersystematisch recht haben, Herr Dresbach, aber einen Beitrag dazu, wie wir mit der Frage der Schaffung gerechter Baulandpreise fertig werden, haben Sie nicht liefern können. Sie werden verstehen, daß ich unsere Freunde dringend bitte, Ihrem Vorschlag nicht zu folgen.
({0})
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Rednerliste angekommen. Wir haben nun über die Anträge abzustimmen.
({0})
- Es ist also - ich muß annehmen, daß das Verlangen hinreichend unterstützt ist - für alle Anträge namentliche Abstimmung verlangt worden. Ich darf bitten, daß Sie sofort das ganze Haus mobilisieren, damit wir die Abstimmungen trotzdem möglichst schnell erledigen.
Zunächst stimmen wir in namentlicher Abstimmung ab über den Antrag, den die Fraktion der SPD auf Umdruck 611 unter Ziffer 23 vorgelegt hat; es ist der Antrag, den der Abgeordnete Dr. Brecht soeben begründet hat.
({1})
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen eine immerhin erfreuliche Mitteilung machen. Der Antrag des Kollegen Dr. Bartels ist modifiziert worden; eine weitere namentliche Abstimmung wird nur für die Schlußabstimmung über den Paragraphen 211 a in der endgültigen Fassung beantragt.
Ich glaube, wir können in der Zwischenzeit bis zur Feststellung des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung über den Antrag Umdruck 611 Ziffer 23 schon den Rest der zweiten Lesung durchführen; es liegen kaum mehr Änderungsanträge vor. Zudem handelt es sich um eine ganz andere Materie. Ich rufe auf den Dreizehnten Teil, Übergangs- und Schlußvorschriften.
§ 212, - § 213, - § 213 a, - § 214, - § 215, - § 216, - § 217, - § 218, - § 219 entfällt -, § 220, - § 220 a, - § 221, - § 221 a und § 221 b. -- Zu diesen soeben aufgerufenen Paragraphen liegen mir weder Wortmeldungen nach Änderungsanträge vor. Wer also den §§ 212 bis 221 b - Dreizehnter Teil, Übergangs- und Schlußvorschriften - zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen; soweit ich sehe, einstimmig.
Zu § 222 liegt auf Umdruck 615 Ziffer 28 noch ein Änderungsantrag vor. Ich glaube, daß er keiner Begründung bedarf; es handelt sich um eine rein redaktionelle Änderung. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Wer dem so geänderten § 222 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
§ 223 entfällt. - § 224. Keine Wortmeldungen, keine Änderungsanträge. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
§ 225. Dazu liegt auf Umdruck 615 Ziffer 29 ein Änderungsantrag vor. Ich glaube, daß ich § 226, der das Inkrafttreten betrifft, sowie den Antrag Umdruck 615 Ziffer 30 mit aufrufen kann, falls eine Begründung gewünscht wird. - Das ist nicht notwendig. Dann lasse ich also über den Änderungsantrag Umdruck 615 Ziffer 29 abstimmen.
({2})
Also über die Buchstaben a bas c kann gemeinsam abgestimmt werden?
({3})
Wer den Buchstaben a bis c der Ziffer 29 des Umdrucks 615 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist, glaube ich, einstimmig beschlossen.
Es folgt Buchstabe d:
Das Land Bayern kann zu § 7 Abs. 3 und § 15 weitergehende Versagungsgründe festlegen.
Wer diesem Antrag unter Buchstabe d der Ziffer 29 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen und bei Enthaltungen angenommen.
Nun rufe ich den letzten vorliegenden Änderungsantrag auf Umdruck 615 Ziffer 30 - Inkrafttreten - auf. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.
Ich darf die beiden Paragraphen in der geänderten Fassung in der zweiten Beratung aufrufen. Wer den §§ 225 und 226 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich darf zurückkehren zu der Abstimmung zu dem Komplex § 211 a. Die namentliche Abstimmung über die Änderungsanträge der SPD hat ergeben: Es
Vizepräsident Dr. Preusker
haben mit Ja gestimmt: uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete 126, Berliner Abgeordnete 10, mit Nein: 235 uneingeschränkt Stimmberechtigte, Berliner Abgeordnete 7; enthalten haben sich 3, so daß der Antrag der Fraktion der SPD in namentlicher Abstimmung abgelehnt worden ist.
Ja Lohmar
Ludwig
SPD Lücke ({4})
Frau Albertz Lünenstraß
Dr. Arndt Marx
Bach Matzner
Bading Meitmann
Bäumer Dr. Menzel
Bals Merten
Bauer ({5}) Metter
Baur ({6}) Meyer ({7})
Bazille Frau Meyer-Laule
Dr. Bechert Dr. Mommer
Behrendt Müller ({8})
Behrisch Müller ({9})
Frau Bennemann Müller ({10})
Berlin Odenthal
Bettgenhäuser Ollenhauer
Frau Beyer ({11}) Paul
Dr. Bleiß Pöhler
Börner Prennel
Dr. Brecht Priebe
Bruse Pütz
Büttner Pusch
Cramer Regling
Dr. Deist Reitz
Dewald
Diekmann Reitzner
Frau Döhring ({12}) Rhode
Faller Frau Rudoll
Felder Ruhnke
Folger Dr. Schäfer
Franke Frau Schanzenbach
Dr. Frede Scheuren
Frehsee Schmidt ({13})
Frenzel Schmitt ({14})
Geritzmann Schoettle
Haage Schröder ({15})
Hamacher Seidel ({16})
Dr. Harm Frau Seppi
Hauffe Seuffert
Heide Striebeck
Heiland Frau Strobel
Hellenbrock Dr. Tamblé
Hermsdorf Theil ({17})
Herold Theis ({18})
Höcker Wagner
Höhmann Wegener
Höhne Wehner
Hörauf Welke
Frau Dr. Hubert Welslau
Hufnagel Weltner ({19})
Jacobi Frau Wessel
Jacobs Wilhelm
Jahn ({20}) Wischnewski
Jürgensen Wittrock
Junghans Zühlke
Kalbitzer
Frau Keilhack
Frau
Keuning Berliner Abgeordnete
Killat ({21})
Kinat ({22}) Dr. Königswarter
Frau Kipp-Kaule Frau Krappe
Könen ({23}) Mattick
Koenen ({24}) Neumann
Frau Korspeter Scharnowski
Kraus Dr. Schellenberg
Kriedemann Schröter ({25})
Kurlbaum Schütz ({26})
Lange ({27}) Dr. Seume
Lantermann Frau Wolff ({28})
Nein Dr. Höck ({29})
Horn
CDU/CSU Huth
Frau Ackermann Dr. Huys
Graf Adelmann Dr. Jaeger
Dr. Aigner Jahn ({30})
Dr. Jordan
Arndgen
Josten
Baier ({31})
Dr. Kanka
Baldauf
Kemmer
Balkenhol
Dr. Dr. Kempfler
r. Bartels
Kirchhoff
Dr. Barzel
Kisters
Bauereisen
Dr. Kliesing ({32})
Bauknecht
Dr. Becker ({33}) Knobloch
Becker ({34}) Dr. Knorr
Berberich Koch
Berger Kramel
Dr. Besold Krammig
Blank Kroll
Frau Dr. Bleyler Krüger ({35})
Blöcker Krug
Frau Blohm Frau Dr. Kuchtner
von Bodelschwingh Kunst
Dr. Böhm Kuntscher
Brand Lang ({36})
Frau Dr. Brökelschen Leicht
Brück Dr. Leiske
Dr. Bucerius Lenze ({37})
Bühler Leonhard
Burgemeister Lermer
Caspers Leukert
Dr. Conring von Lindeiner-Wildau
Dr. Czaja Lücke ({38})
Demmelmeier Lulay
Deringer Maier ({39})
Diebäcker Majonica
Dr. Dollinger Dr. Baron Manteuffel-Szoege
Drachsler Dr. Martin
Draeger Maucher
Dr. Dresbach Meis
Ehren Memmel
Eichelbaum Mengelkamp
Dr. Elbrächter Menke
Frau Engländer Meyer ({40})
Enk Muckermann
Eplée Mühlenberg
Dr. Even ({41}) Müller-Hermann
Dr. Franz Müser
Franzen Nellen
Dr. Frey Nieberg
Dr. Fritz ({42}) Niederalt
Fritz ({43}) Frau Niggemeyer
Fuchs Dr. Dr. Oberländer
Frau Dr. Gantenberg Oetzel
Gaßmann Frau Dr. Pannhoff
Gehring Dr. Pflaumbaum
Gerns Dr. Philipp
D. Dr. Gerstenmaier Frau Pitz-Savelsberg
Gewandt Frau Dr. Probst
Gibbert Frau Dr. Rehling
Giencke Dr. Reinhard
Dr. Gleissner ({44}) Dr. Reith
Glüsing ({45}) Richarts
Dr. Götz Riedel ({46})
Goldhagen Frau Rösch
Gontrum Rösing
Dr. Gossel Rollmann
Gottesleben Dr. Rüdel ({47})
Freiherr zu Guttenberg Ruf
Hackethal Ruland
Häussler Scharnberg
Dr. Hahne Scheppmann
Dr. von Haniel-Niethammer Schlee
Harnischfeger Schlick
Dr. Hauser Dr. Schmidt ({48})
Heix Frau Schmitt ({49})
Dr. Hesberg Schmücker
Hesemann Schneider ({50})
Heye Schüttler
Hilbert Schütz ({51})
Höcherl Schulze-Pellengahr
Frau Dr. Schwarzhaupt FDP
Dr. Schwörer Dr. Bucher
Dr. Seffrin Dr. Dahlgrün
Seidl ({52})
Dr. Serres Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Siebel Dürr
Dr. Siemer Eilers ({53})
Simpfendörfer Eisenmann
Spies ({54}) Frau Friese-Korn
Spies ({55}) Keller
Stauch Dr. Kohut
Dr. Stecker Kreitmeyer
Frau Dr. Steinbiß Lenz ({56})
Stiller Mauk
Dr. Stoltenberg Dr. Miessner
Dr. Storm ({57}) Mischnick
Storm ({58}) Freiherr von Mühlen
Struve Murr
Sühler Rademacher
Teriete Dr. Rutschke
Unertl Dr. Schneider ({59})
Varelmann Dr. Stammberger
Vehar Walter
Frau Vietje Weber ({60})
Vogt Zoglmann
Wacher
Dr. Wahl Berliner Abgeordnete
Frau Dr. h. c. Weber ({61})
Dr. Weber ({62}) Frau Dr. Dr. h. c. Lüders
Wehking Dr. Will
Weimer
Wendelborn DP
Wieninger Frau Kalinke
Dr. Willecke Logemann
Windelen Dr. Preiß
Winkelheide Dr. Preusker
Dr. Winter Probst ({63})
Wittmann Dr. Schneider ({64})
Wittmer-Eigenbrodt Dr. Schranz
Worms Dr. Steinmetz
Wullenhaupt Tobaben
Dr. Zimmer
Enthalten
Berliner Abgeordnete CDU/CSU
Benda Bausch
Dr. Gradl Mick
Hübner
Dr. Krone SPD
Stingl Seither
Jetzt kämen wir zur Abstimmung über die sonstigen Anträge, zu denen keine namentliche Abstimmung mehr gefordert worden ist. Es handelt sich zunächst um den Antrag zu § 211 a auf Umdruck 621 Ziffer 4 a, der von dem Abgeordneten Stiller begründet worden ist: „In Abs. 1 wird Satz 3 gestrichen." Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Umdruck 621 Ziffer 4 b: In Abs. 1 erhält Satz 4 eine neue Fassung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Umdruck 618 Ziffer 8 a, den ich als Abgeordneter begründet habe. Ich darf bitten, wer dem zuzustimmen wünscht, das Handzeichen zu geben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei sehr vielen Gegenstimmen abgelehnt!
Wir kommen zu Umdruck 621 Ziffer 4 Buchstabe c, mit dem beantragt wird, den Abs. 5 zu ändern. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit dem gleichen Stimmverhältnis wie eben abgelehnt.
Ich glaube, der Abgeordnete Bading wird zustimmen, daß wir in diesem Zusammenhang über seinen an und für sich zu Abs. 9 gestellten, aber der Sache nach hierher gehörenden Antrag mit abstimmen.
Wir kommen zum Antrag der Fraktion der FDP Umdruck 617 zu Abs. 6. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Die Mehrheit war zweifellos dagegen; der Antrag ist abgelehnt.
Dann fast die gleiche Materie auf Umdruck 621 Ziffer 4 Buchstabe d! Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit ebenfalls abgelehnt.
Dann kommen wir zum Antrag des Kollegen Bading auf Umdruck 610 ({65}) Ziffer 2. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit abgelehnt!
Jetzt kommen wir zu Umdruck 618 Ziffer 8 Buchstabe b, bei § 12b einzufügen: „vom Rechnungsjahr 1965 ab". Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit abgelehnt!
Dann liegt auf Umdruck 615 Ziffer 27 ein Antrag vor, nach dem der § 12 b des Grundsteuergesetzes einen Abs. 2 erhalten soll. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
({66})
- Es ist ein Antrag der CDU/CSU.
({67})
- Herr Abgeordneter Jacobi, wir sind zur Zeit in der Abstimmung und nicht bei der Wahl.
Wer gegen den Antrag zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Auf Umdruck 621 Ziffer 5 liegt ein Antrag der Abgeordneten Höcherl, Dr. Dollinger usw. vor. Danach soll § 211 a Nr. 1 Buchstabe b gestrichen werden. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir müssen nun in namentlicher Abstimmung über § 211 a in der durch die vorhergehenden Abstimmungen geänderten Fassung abstimmen. Ich darf die Damen und Herren Schriftführer bitten, die Stimmkarten einzusammeln.
({68})
Ich darf inzwischen darauf hinweisen, daß gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung die dritte
Deutscher Bundestag - 3 Wahlperiode Vizepräsident Dr. Preusker
Lesung des Gesetzentwurfs am Freitag stattfindet. Mit Rücksicht auf die Zeitpläne einzelner besonders beteiligter Abgeordneter wird der Gegenstand am Freitag nicht vor 10 Uhr aufgerufen werden.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Es haben insgesamt 362 uneingeschränkt stimmberechtigte und 17 Berliner Abgeordnete ihre Stimmen abgegeben. Davon haben mit Ja 184 uneingeschränkt stimmberechtigte und 5 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 171 und 12 Berliner Abgeordnete. Der Stimme haben sich 7 Abgeordnete enthalten. Damit ist § 211 a in zweiter Beratung angenommen.
({69})
Ja Dr. Gossel
Gottesleben
CDU/CSU Günther
Freiherr zu Guttenberg
Frau Ackermann Hackethal
Graf Adelmann Häussler
Dr. Aigner Dr. Hahne
Arndgen Dr. von Haniel-Niethammer
Baier ({70}) Harnischfeger
Baldauf Dr. Hauser
Balkenhol Dr. Heck ({71})
Dr. Bartels Heix
Bauereisen Dr. Hesberg
Bauknecht Hesemann
Bausch Heye
Dr. Becker ({72}) Hilbert
Becker ({73}) Höcherl
Dr. Bergmeyer Dr. Höck ({74})
Blank Horn
Frau Dr. Bleyler Huth
Blöcker Dr. Huys
Frau Blohm Jahn ({75})
von Bodelschwingh Dr. Jordan
Dr. Böhm Josten
Brand Dr. Kanka
Frau Dr. Brökelschen Kirchhoff
Brück Kisters
Dr. Bucerius Dr. Kliesing ({76})
Bühler Knobloch
Burgemeister Dr. Knorr
Caspers Koch
Dr. Czaja Kramel
Demmelmeier Krammig
Deringer Kroll
Diebäcker Krüger ({77})
Dr. Dollinger Krug
Drachsler Kunst
Draeger Kuntscher
Ehren Lang ({78})
Eichelbaum Leicht
Dr. Elbrächter Dr. Leiske
Frau Engländer Lenze ({79})
Enk Leonhard
Eplée Lermer
Dr. Even ({80}) Leukert
Dr. Franz Lücke ({81})
Franzen Maier ({82})
Dr. Fritz ({83}) Majonica
Fuchs Dr. Baron Manteuffel-Szoege
Funk Maucher
Frau Dr. Gantenberg Meis
Gaßmann Mengelkamp
Gerns Meyer ({84})
D. Dr. Gerstenmaier Mick
Gewandt Muckermann
Gibbert Mühlenberg
Giencke Müller-Hermann
Dr. Gleissner ({85}) Nellen
Glüsing ({86}) Nieberg
Dr. Götz Niederalt
Goldhagen Frau Niggemeyer
Gontrum Dr. Dr. Oberländer
Oetzel Dr. Dresbach
Dr. Pflaumbaum Gehring
Dr. Philipp Dr. Jaeger
Frau Pitz-Savelsberg Kemmer
Frau Dr. Probst Dr. Kempfler
Frau Dr. Rehling Frau Dr. Kuchtner
Dr. Reinhard von Lindeiner-Wildau
Dr. Reith Memmel
Richarts Menke
Riedel ({87}) Frau Dr. Pannhoff
Frau Rösch Schlee
Rösing Schulze-Pellengahr
Rollmann Dr. Siemer
Dr. Rüdel ({88}) Struve
Ruf Wacher
Ruland
Scharnberg SPD
Scheppmann
Schlick Frau Albertz
Dr. Schmidt ({89}) Dr. Arndt
Frau Schmitt ({90}) Bach
Schmücker Bading
Schneider ({91}) Bäumer
Schüttler Bals
Schütz ({92}) Bauer ({93})
Frau Dr. Schwarzhaupt Baur ({94})
Dr. Schwörer Bazille
Dr, Seffrin Dr. Bechert
Seidl ({95}) Behrendt
Dr. Serres Behrisch
Siebel Frau Bennemann
Simpfendörfer Berlin
Spies ({96}) Bettgenhäuser
Spies ({97}) Frau Beyer ({98})
Stauch Dr. Bleiß
Dr. Stecker 'Rimer
Frau Dr. Steinbiß Dr. Brecht
Stiller Bruse
Dr. Stoltenberg Büttner
Storch Cramer
Dr. Storm ({99}) Dr. Deist
Storm ({100}) Dewald
Sühler Diekmann
Teriete Frau Döhring ({101})
Unertl Faller
Varelmann Felder
Vehar Folger
Vogt Franke
Dr. Wahl Frehsee
Dr. Weber ({102}) Frenzel
Weimer Geritzmann
Wendelborn Haage
Wieninger Hamacher
Dr. Willecke Dr. Harm
Windelen Hauffe
Winkelheide Heide
Dr. Winter Heiland
Wittmann Hellenbrock
Wittmer-Eigenbrodt Hermsdorf
Worms Herold
Wullenhaupt Höcker
Dr. Zimmer Höhmann
Höhne Hörauf
Berliner Abgeordnete Frau Dr. Hubert
Hufnagel
Benda Jacobi
Dr. Gradl Jacobs
Hübner Jahn ({103})
Dr. Krone Jürgensen
Stingl Junghans
Frau Keilhack
FDP Frau Kettig
Keuning
Murr Killat ({104})
Kinat ({105})
Frau Kipp-Kaule
Nein. Könen ({106})
Koenen ({107})
CDU/CSU Frau Korspeter
Kraus
Dr. Besold Kriedemann
Dr. Conring Kurlbaum
Lange ({108}) Mattick
Lantermann Neumann
Lohmar Scharnowski
Ludwig Dr. Schellenberg
Lücke ({109}) Schröter ({110})
Lünenstraß Schütz ({111})
Marx Dr. Seume
Matzner Frau Wolff ({112})
Meitmann
Dr. Menzel FDP
Merten
Metter Dr. Bucher
Meyer ({113}) Dr. Dahlgrün
Frau Meyer-Laule Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Dr. Mommer Dürr
Müller ({114}) Eilers ({115})
Müller ({116}) Eisenmann
Müller ({117}) Frau Friese-Korn
Odenthal Keller
Ollenhauer Dr. Kohut
Paul Kreitmeyer
Pöhler Lenz ({118})
Pohle Mauk
Prennel Dr. Miessner
Priebe Mischnick
Pütz Freiherr von Mühlen
Pusch Rademacher
Regling Dr. Rutschke
Reitz Dr. Schneider ({119})
Reitzner Dr. Stammberger
Frau Renger Walter
Rhode Weber ({120})
Frau Rudoll 'Zoglmann
Ruhnke
Dr. Schäfer
Frau Berliner Abgeordnete
Frau Schanzenbach g
Scheuren Frau Dr. Dr. h. c. Lüders
Schmidt ({121}) Dr. Will
Schmitt ({122})
Schoettle DP
Schröder ({123}) Logemann
Seidel ({124}) Probst ({125})
Seither Dr. Schneider ({126})
Frau Seppi Dr. Schranz
Seuffert Dr. Steinmetz
Striebeck Tobaben
Frau Strobel
Dr. Tamblé
Theil ({127})
Theis ({128}) Enthalten
Wagner
Wegener CDU/CSU
Wehner
Welke Dr. Barzel
Welslau Berberich
Weltner ({129}) Fritz ({130})
Frau Wessel Lulay
Wilhelm Wehking
Wischnewski
Wittrock SPD
Zühlke
Altmaier Dr. Frede
Berliner Abgeordnete
DP
Dr. Königswarter
Frau Krappe Dr. Preusker
Es bleibt uns jetzt noch übrig, in der zweiten Beratung der Einleitung und Überschrift dieses Gesetzes die Zustimmung zu geben. Wer dies zu tun beabsichtigt - meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen; sonst kann ich keine Abstimmung durchführen -, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Einleitung und Überschrift sind mit Mehrheit bei zahlreichen Enthaltungen in zweiter Beratung angenommen.
Ich sagte eben bereits, daß die dritte Beratung erst am Freitagmorgen um 10 Uhr stattfinden wird. Damit ist die heutige Beratung des Punktes 3 der Tagesordnung abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts ({131}) ({132}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen ({133}) ({134}).
Als Berichterstatter bitte Herr Abgeordneter Bals.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beabsichtige nicht, ,die Beratungen durch einen langen mündlichen Bericht hinauszuzögern. Der vorgelegte Schriftliche Bericht Drucksache 1825 bedarf jedoch einiger redaktioneller Änderungen und Ergänzungen.
Im Schriftlichen Bericht ist auf Seite 6 in der 2. Spalte unter „Zu § 26" in Zeile 5 das Wort „nur" zu streichen.
Im Gesetzestext ist auf Seite 22 in § 25 a Abs. 1 letzte Zeile hinter dem Wort „oder" das Wort „sich" einzufügen.
Im Gesetzestext muß es auf Seite 24 in § 27 e Abs. 1 letzter Satz richtig heißen „Überleitung von Ansprüchen" statt „Überleistung von Ansprüchen".
In Artikel II, Änderung des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, muß auf Seite 37 unter Nr. 5 in § 41 Abs. 1 Satz 1 zwischen den Worten „tatsächlich" und „rechtlich" das Wort „oder" durch das Wort „und" ersetzt werden.
Im übrigen darf ich auf den Schriftlichen Bericht verweisen.
({0})
Meine Damen und Herren, Sie haben den zusätzlichen Bericht des Herrn Berichterstatters gehört.
Ich eröffne die zweite Beratung und rufe auf Art. I § 1. Hierzu liegt vor der Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 619 ({0}) Ziffer 1. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Rutschke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Kreisen der Kriegsopfer ist immer darüber Klage geführt worden, daß in bezug auf die sogenannte anlagebedingten Leiden ungerechte Entscheidungen gefällt werden, Ein Mann, der als gesunder Mensch eingezogen worden, im Kriege gewesen und nach einigen Jahren als dienstunfähig entlassen worden ist, wird wenig Verständnis für die Entscheidung des ärztlichen Gutachterdienstes haben, daß er dieses Leiden ohnehin, auch ohne Kriegsdienst, bekommen hätte. Er wird immer wieder darauf hinweisen, daß er als gesunder
Mensch in den Krieg gegangen und mit Gesundheitsschäden zurückgekommen ist. Wie begründet unser Antrag ist, erkennt man auch daran, daß in Bezug auf anlagebedingte Leiden eine große Zahl von Sozialgerichtsverfahren anhängig gemacht worden sind, ,die erhebliches Geld kosten.
Wir Freien Demokraten wollen nicht Personen Renten gewähren, die keinen Anspruch darauf haben. Aber auf der anderen Seite ist zu bedenken, daß heute dem Beschädigten die Beweislast obliegt. Er muß beweisen, daß das in der Kriegszeit entstandene Leiden, das ihn belastet, in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Krieg steht. Wir fordern mit unserem Antrag nur die Umkehrung der Beweislast, lassen aber selbstverständlich den Entlastungsbeweis des Staates zu. Wenn der zeitliche Zusammenhang zwischen Leiden und Kriegsdienst gegeben ist, sollte der Staat den Gegenbeweis führen, wenn die wissenschaftliche ärztliche Erkenntnis ergibt, daß dieses Leiden mit Wahrscheinlichkeit auch ohne Kriegsdienst entstanden wäre.
Wenn bei der SPD Bedenken gegen die Worte „in dem gleichen Umfang" bestehen, sind wir gern bereit, sie zu streichen, um auf jeden Fall auch Ihren Gedankengängen, meine Damen und Herren von der SPD, entgegenzukommen; aber die Beweislast soll den Staat und nicht den einzelnen treffen. Das ist auch deswegen gerechtfertigt, weil nun einmal derjenige, der seine Gesundheit im Kriege eingebüßt hat, der Schwächere gegenüber dem Staat ist, der wirtschaftlich und auch in anderer Hinsicht der Stärkere ist.
Ich bitte Sie daher, unserem Antrage zuzustimmen. Falls Sie von der SPD dazu noch Stellung nehmen, bin ich auch gern bereit, die Worte „in dem gleichen Umfang" zu streichen, wenn damit eine Annahme dieses Eventualantrags verbürgt wäre.
Das Wort hat der Abgeordnete Pohle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Kriegsopferausschuß dieses Problem sehr eingehend behandelt und dazu eine Menge Sachverständiger, darunter Professoren, Doktoren und Juristen, gehört. Wir hatten in dem SPD-Antrag an und für sich dasselbe Anliegen, sind dann aber durch die Fülle der Tatsachen, die uns dort vorgetragen worden sind, zu der Erkenntnis gekommen, daß wir vielleicht nicht ganz richtig liegen und das Tor für einen Zustrom öffnen würden, den auch wir nicht beabsichtigten.
Es wurde uns von allen Sachverständigen übereinstimmend gesagt, daß mit der jetzt im Gesetz enthaltenen Fassung, die praktisch darauf hinausläuft, daß im Härteausgleich geholfen werden kann, Verwaltung, Ärzteschaft und Wissenschaft etwas anfangen könnten.
So wie der Antrag im Augenblick vorliegt, habe ich Hemmungen, meinen politischen Freunden zu empfehlen, ihm zuzustimmen. Wenn Sie Ihren Antrag noch verändern wollen, bin ich gern bereit, in der dritten Lesung noch einmal dazu Stellung zu nehmen.
Weitere Wortmeldungen liegen zu dem Antrag nicht vor. Ich kann dann über ihn abstimmen lassen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Darf ich noch einmal um die ablehnenden Stimmen bitten? - Ich glaube, jetzt ist es klar; der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem § 1 in der ursprünglichen Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke; er ist beschlossen.
Ich rufe auf die §§ 2, - 3, - 4, - 5, - 6, -7, - 8, - 9, - 10, - 11, - 11 a, - 12, - 13, -14 - § 15 entfällt -, 16, - 17, - 18, - 19, - 20. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Änderungsanträge sind dazu nicht gestellt.
Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Zu § 21 Abs. 1 und 3 liegt ein Änderungsantrag Umdruck 619 ({0}) Ziffer 2 Buchstaben a und b vor. Soll er begründet werden? - Auf Begründung wird verzichtet. Der Antrag liegt Ihnen vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem § 21 in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf die §§ 22 - § 23 entfällt -, 24, -25, - 25 a, - 26, - 27, - 27 a, - 27 b, - 27 c, - 27 d, - 27 e, - die §§ 28 und 29 entfallen --. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Zu § 30 liegt ein Änderungsantrag Umdruck 619 ({1}) Ziffer 3 vor. - Herr Abgeordneter Rutschke zur Begründung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten in dem von uns eingereichten Gesetzentwurf, der nach unserer Auffassung und auch nach Auffassung vieler Sachverständiger wirklich die Bezeichnung „Reformgesetzentwurf" verdiente, die individuelle Berufsschadensrente eingeführt. Wir meinen, daß der Kriegsbeschädigte, dem besonders auf wirtschaftlichem Gebiet ein besonderer Nachteil entstanden ist, einen gerechten Ausgleich erhalten sollte. In der bisherigen Form des § 30 war dieser Umstand keineswegs ausreichend berücksichtigt.
Wir sind mit unseren Anträgen im Ausschuß nicht durchgekommen. Lediglich bei den zu 100 % Beschädigten - hier ist gemäß § 30 eine Steigerung des Erwerbsminderungsgrades nicht möglich - hat sich der Ausschuß dazu entschlossen, die von uns vorgeschlagene Form des Berufsschadensausgleichs
6494 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 114. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Mai 1960
zu wählen, aber nur dem Grundsatz nach. Man hat unseren Vorschlag, den Berufsschaden zu 70 % abzugelten, nicht akzeptiert, sondern dem Beschädigten nur einen Ausgleich von 30 % des nachgewiesenen Berufsschadens zugestanden. Ferner soll nach dem Beschluß des Ausschusses der Berufsschaden bei dem zu 100 % Beschädigten erst ab 100 DM Berufsschaden abgegolten werden.
Ich bitte Sie, zu bedenken, daß ein zu 100 % Kriegsbeschädigter, der in seiner Leistungsfähigkeit, in seinem ganzen Lebensglück erheblich gemindert ist, auf vieles im Leben verzichten muß. Daß man diesem Beschädigten auch noch zumutet, 100 DM eines nachweisbaren Berufsschadens selbst zu tragen, vermag ich nicht einzusehen. Wir vertreten die Auffassung, daß ein Einkommensverlust schon von 20 DM - es handelt sich nur um die Erwerbsunfähigen - zugrunde gelegt werden sollte und daß man die obere Grenze des Berufsschadensausgleichs nicht auf 300 DM festsetzen kann, sondern erst bei 500 DM eine Grenze festlegen sollte.
Bedenken Sie bitte folgendes. Ich habe das Beispiel schon in der ersten Lesung des Gesetzes gebracht. Ein Mann, der sämtliche Finger einer Hand verloren hat und Feinmechanikermeister ist, kommt aus dem Kriege zurück und wird nun nicht mehr als Feinmechanikermeister beschäftigt, sondern findet nur noch die Anstellung als Portier. Er verdient als Portier 450 DM monatlich. Er würde heute als Feinmechanikermeister mehr als das Doppelte, mehr als 900 DM verdienen können. Man sollte sich doch wirklich bemühen, den Berufsschaden, den dieser Mann erlitten hat, auszugleichen. Ich meine, daß man auch in anderen Fällen nicht erst bei 100 DM anfangen kann, sondern von dem tatsächlich nachgewiesenen Berufsschaden ausgehen muß. Die Bestimmung, die wir Ihnen vorlegen, ist rechtlich und moralisch absolut begründet. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in diesem Fall unserem Antrag zustimmten.
({0})
Wird dazu noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Wer dem soeben begründeten Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Wer dem § 30 in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung zuzustimmen wünscht, den den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe die §§ 31 und 32 ,auf. Keine Wortmeldungen. Keine Änderungsanträge. Wer zuzustimmen wünscht, ,den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe bitte! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Zu § 33 liegt Ihnen ein Änderungsantrag auf Umdruck 619 ({0}) Ziffer 4 vor.
({1})
- Der Antrag wird zurückgezogen. Dann können wir gleich abstimmen über die §§ 33, - 33 a, - 33 b,
- 34, - 34 a entfällt, - 35, - 36, - 37, - 38, - 39 entfällt, - und 40. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Zu § 41 liegt wiederum ein Änderungsantrag auf Umdruck 619 ({2}) Ziffer 5 vor. Herr Abgeordneter Rutschke, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ,gleiche Problem liegt bei der Witwenversorgung vor. Es geht darum, den Witwen, die durch den Verlust des Ehemannes in ihrem Einkommen besonders geschädigt sind und deren Ehemänner vielleicht besonders qualifizierte Berufe hatten, einen gewissen Ausgleich für den Einkommensverlust zu geben. Wir müssen heute noch feststellen, daß wir in der Witwenversorgung - bis auf die Änderung durch den Ausschuß bezüglich der 50 Mark - eine völlige Gleichmacherei haben, ohne Rücksicht auf die Tatsache, daß der Verlust des Ehemannes unterschiedliche Einkommensverluste mit sich brachte. Wir haben ,gebeten, den Betrag von 150 DM auf 200 DM zu erhöhen. Es ist ein bescheidener Antrag, den wir stellen. Wir möchten, daß diese Gleichmacherei aufhört. Wir wollen ,der individuellen Schadensregelung damit ein Stück näherkommen.
Sie haben die Begründung des Antrages gehört. Das Wort ist weiter nicht gewünscht worden. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer dem § 41 in der ursprünglichen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe dann auf die §§ 41 a, - 42, - 43, - 44,
- 45, - 46, - 47, - 48, - 49. - Keine Änderungsanträge. Keine Wortmeldungen.
({0})
- Ich habe bereits über beide Anträge abstimmen lassen. Ich nehme aber nachträglich noch zur Kenntnis und zu Protokoll, daß der Antrag zu Buchstabe b zurückgezogen worden ist.
Wir können also nunmehr bis zu § 49 einschließlich abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Zu § 50 liegt auf Umdruck 619 ({1}) Ziffer 6 ein Änderungsantrag unter den Buchstaben a und b vor. - Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir verfolgen mit diesem ÄndeDr. Rutschke
rungsantrag die Absicht, die bisher sehr viel Unfrieden stiftende Frage der Ernährereigenschaft des gefallenen Sohnes aus diesem Gesetz herauszunehmen. Es ist eine Frage, bei der ein schlüssiger Beweis in den seltensten Fällen möglich ist. Man verführt die Kriegshinterbliebenen dazu, phantasievolle Angaben zu machen, die letztlich gar nicht nachgeprüft werden können. Wir meinen, es sollten keine Gesetze gemacht werden, in denen die Menschen überfordert werden. Der Wunsch auf Herausnahme dieser Frage aus dem Gesetz ist mir auch von vielen Beamten aus der Versorgungsverwaltung mitgeteilt worden, die mir geschrieben haben, man solle die Frage der Ernährereigenschaft nicht mehr in dieses Gesetz hineinbringen. Man überfordere auch die Verwaltung, wenn man von ihr die Nachprüfung der Ernährereigenschaft verlange.
Im übrigen entstehen daraus erhebliche Sozialgerichtsfälle, die sehr viel Geld kosten. Ich glaube, bei Abwägung der Kosten, die durch die Prozesse entstehen, und der Kosten, die durch unseren Antrag verursacht werden, in dem die Ernährereigenschaft nicht mehr gefordert wird, ist anzunehmen, daß die erforderlichen Mehraufwendungen nicht allzu groß sein werden.
Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Sie haben die Begründung des Änderungsantrages Ziffer 6 a und b Umdruck 619 ({0}) zu § 50 gehört. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer § 50 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Bei einigen Enthaltungen, soweit ich sehe, angenommen.
Ich rufe auf die §§ 51, - 52, - 52 a, -- 53, - 54, -55, - 56 bis 59 entfallen, - 60, - 60 a, - 61, - 62, - 63. - Ich rufe weiter auf die Paragraphen bis zum Schluß des Art. II und von Art. III noch die §§ 1, - 2, - 3. - Wer den aufgerufenen Paragraphen in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen.
Dann rufe ich Ziffer 7 des Änderungsantrags Umdruck 619 ({1}) auf. Hier wird die Einführung eines § 3 a gewünscht. Soll der Antrag begründet werden? -- Das ist nicht nötig. Der Umdruck liegt ihnen vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen abgelehnt.
Ich rufe auf § 4 und weiter Art. IV mit den §§ 1, 2 und 3. Wer diesen Paragraphen, zu denen keine Wortmeldungen und keine Änderungsanträge vorliegen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Dann kommen wir zu § 4. Da liegen praktisch drei Anträge vor, von denen die Anträge auf Umdruck 619 ({2}) Ziffer 8 und auf Umdruck 623 zweifellos beide gleich weit gehen; denn sie verlangen beide den 1. Januar 1960 als Termin für das Inkrafttreten. Sollen die Anträge noch begründet werden? - Bitte, Herr Abgeordneter Bals!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt Ihnen in Umdruck 623 einen Änderungsantrag vor, durch den das Inkrafttreten vom 1. Juni 1960 auf den 1.. Januar 1960 vorverlegt werden soll. Wir verzichten auf eine lange Begründung, weil wir der Meinung sind, daß darüber genug geredet und geschrieben worden ist. Die sozialdemokratische Fraktion hat bereits in der ersten Lesung sowie bei den Beratungen des Bundeshaushalts eine ausführliche Begründung gegeben.
Wir meinen, daß es für die Kriegsopfer unzuträglich ist, ihnen nach all den Versprechungen zuzumuten, daß das Gesetz erst am 1. Juni 1960 in Kraft treten soll. Das Hohe Haus hat den Kriegsopfern durch alle Fraktionen 1957 versprochen, baldigst eine Reform zu bringen. Der Herr Bundeskanzler hat selbst diese Woche noch Versprechungen, Hoffnungen geweckt,
({0})
- Hoffnungen geweckt, die offenlassen konnten, Herr Dr. Krone, daß man hier doch zu einem Kompromiß käme.
Wir bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen, und beantragen namentliche Abstimmung.
({1})
Frau Abgeordnete Dr. Probst!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu dem vorliegenden Antrag der SPD Gegenargumente im Namen der Christlich-Sozialen und Christlich-Demokratischen Union vortragen.
({0})
- Nein, ich habe gesagt: der Christlich-Sozialen und Christlich-Demokratischen Union!
Der erste Gesetzentwurf, der dem Hohen Hause von der Bundesregierung vorgelegt wurde, hatte den 1. Juni 1959 als Termin vorgesehen mit einem finanziellen Volumen von 546,5 Millionen DM. Heute liegt dem Hohen Hause zur Beschlußfassung der Entwurf des Ersten Neuordnungsgesetzes vor, das einen jährlichen Aufwand von 1244 Millionen DM umfaßt. Wenn man das Volumen des ursprünglich vorgesehenen Mehrbedarfs von rund 550 Millionen DM mit dem Ergebnis des heute Erreichten vergleicht, ergibt sich, daß der Vorteil der wesentlich erhöhten Dauerleistungen das frühere Inkrafttreten der damaligen Vorlage aufwiegt. Im Falle der ersten Vorlage würde ein Teil der Kriegsopfer vom 1. Juni 1959 bis 1. Juni 1961 Leistungsverbesserungen in der Gesamthöhe von 1100 DM erhalten. Nach dem vorliegenden Entwurf erhalten sämtliche
Kriegsopfer bis zum 1. Juni 1961 Leistungsverbesserungen in Höhe von 1,244 Milliarden DM.
Dazu kommen noch 30 Millionen DM zusätzlich, die für die Anpassung der Rentenerhöhungen des Ersten Rentenanpassungsgesetzes rückwirkend gewährt werden. Diese anrechnungsfreie Gewährung bedeutet praktisch eine rückwirkende Erhöhung der Renten für einen großen Teil der deutschen Kriegsopfer. Auch das muß gesehen werden.
Nun erhebt sich die Frage, meine Damen und Herren, ob wir die rund 200 Millionen DM, die über den Initiativantrag der 73 CDU/CSU-Abgeordneten durch die ausgezeichnete Zusammenarbeit aller Fraktionen im Kriegsopferausschuß erreicht werden konnten, als eine einmalige Leistung für eine rückwirkende Terminverschiebung geben sollen oder ob wir sie für echte Dauerleistungen, für Verbesserungen geben sollen, z. B. für eine Erhöhung der Grundrenten der Kriegerwitwen auf 100 DM,
({1})
oder für die Anpassung der Grundrenten der Beschädigten an das höhere Leistungsniveau der Saar, den Einkommensausgleich bei Kuren, die Schaffung von Schwerstbeschädigtenzulagen und die Verbesserung der Elternrenten. Das ist die Frage, vor der wir stehen. In sorgfältiger Abwägung der gegebenen Möglichkeiten sind wir zu der Überzeugung gekommen, daß den erhöhten Dauerleistungen der Vorzug zu geben ist.
({2})
Meine Damen und Herren! Die Aufwendungen des Bundeshaushalts für die Kriegsopferversorgung in Höhe von 4,5 Milliarden DM betragen mehr als 10 0/o der gesamten Bundesausgaben. Von den gesamten Mehrausgaben des Haushalts 1960 im Vergleich zu 1959 in Höhe von 2 Milliarden DM entfällt auf die Verbesserung der Kriegsopferversorgung mehr als die Hälfte. Der Deutsche Bundestag hat im Zusammenwirken mit der Bundesregierung bewußt den deutschen Kriegsopfern den weitaus größeren Anteil des höheren Volumens des Haushalts zuerkannt. Andere Personengruppen haben bewußt ihre Wünsche zurückgestellt, um den Kriegsopfern eine wesentliche Verbesserung ihrer Leistungen zu ermöglichen. Der vorliegende Entwurf ist ein eindrucksvolles Bekenntnis zur Verpflichtung des ganzen deutschen Volkes gegenüber den Opfern des Krieges. Die Kriegsopfer sind sich dessen bewußt. Sie begrüßen das vorliegende Gesetz mit seinen wesentlichen Verbesserungen. An diesem Gesetz haben alle Fraktionen gleichermaßen mitgearbeitet, und ich möchte in diesem Zusammenhang der Bundesregierung, dem Herrn Bundesfinanzminister dafür danken, daß er die Realisierung dieses Gesetzentwurfs ermöglicht hat.
({3})
Wir sind aber auch den Kriegsopfern gegenüber
verpflichtet, die Kaufkraft der Rente zu erhalten.
({4})
Das heißt, wir sind verpflichtet zum Ausgleich des
Haushalts, zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben, zur Vermeidung alles dessen, was zu einer Schwächung der Kaufkraft führen kann. Aus dieser besonderen Verpflichtung gegenüber den Opfern des Krieges und aus der Gewissensverpflichtung des Abgeordneten gegenüber dein Wohl des ganzen Volkes sehen die Abgeordneten der CDU/CSU keine Möglichkeit, einem früheren Termin als dem 1. Juni 1960 zuzustimmen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rutschke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Freien Demokraten sah von Anfang an für das Inkrafttreten des Gesetzes den 1. Januar 1960 vor. Wir haben daher auch jetzt wieder diesen Tag als Termin des Inkraftretens vorgesehen. Frau Kollegin Probst, ich weiß zwar, daß es für Sie eine schwierige Aufgabe ist, etwas zu vertreten, von dem Sie innerlich sicherlich nicht ganz überzeugt sein werden;
({0})
aber, verehrte Frau Kollegin - und wenn ich das sage, ist es nur gut für Sie gemeint - ({1})
- Das hat mit liberaler Haltung überhaupt nichts zu tun. Es handelt sich darum, die Menschen zu entschädigen, die das größte Opfer für das Vaterland gebracht haben.
({2})
Wenn Sie da mit der Konjunkturpolitik anfangen, dann muß ich Ihnen sagen, daß Sie besser daran täten, woanders anzufangen.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Pohle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sieben Novellen in diesem Hause mit bearbeitet und verabschiedet hat, dann kann man mittlerweile schon vorher Wetten abschließen, wie die Dinge ausgehen. Ich habe mit meiner Fraktion auch keine übetriebenen Hoffnungen in bezug auf den Inkraftsetzungstermin gehabt. Aber ich hatte noch auf Ihr psychologisches Verständnis gehofft und angenommen, daß Sie in etwa doch ein Entgegenkommen auf diesem Gebiet zeigen würden.
Es ist tatsächlich so, wie es Herr Bals gesagt hat. Hoffnungsgeschwellt kamen die Kriegsopfer nach der Besprechung mit dem Herrn Bundeskanzler zu mir und sagten: Er hat uns allen Hoffnung gemacht; er hat festgestellt, daß so große Ersparnisse in der Kriegsopferversorgung gemacht worden sind, und er hat sofort eine Nachprüfung veranlaßt, damit gegebenenfalls noch in der Fraktion darüber gerePohle
det werden kann, ob man einen früheren Inkraftsetzungstermin bestimmen könne.
({0})
- Ja, eben das wollte ich sagen.
Ich sehe leider auf der Regierungsbank nur den Herrn Arbeitsminister Blank sitzen. Ich sähe gern an einer Seite noch den Herr Bundesfinanzminister sitzen. Stimmt es - wir möchten das nicht nur durch die Presse erfahren -, daß der Herr Bundeskanzler den Verbandsvertretern gesagt hat, in Zukunft sollten alle Ersparnisse in der Kriegsopferversorgung für die Kriegsopferversorgung Verwendung finden? Wir möchten eine Bestätigung von diesem Platz aus.
({1})
Ich will auf die Ausführungen meiner Kollegin Frau Dr. Probst nicht mehr eingehen. Frau Dr. Probst, wir kennen uns lange genug, und in manchen Dingen haben wir zusammen etwas vollziehen können. Bei diesem Antrag hinsichtlich des früheren Inkrafttretens habe ich vergeblich, wie Jakob auf der Himmelsleiter, mit dem Engel gerungen: Du segnest mich, denn ich lasse dich nicht.
({2})
Aber es ist mir leider mißlungen.
Meine Damen und Herren, glauben Sie mir - es kommt aus ehrlichem Herzen; ich möchte wirklich nicht irgendwelchen Effekt bei der Geschichte erzielen -: Sie befrieden die Kriegsopfer, wenn Sie sich die Abstimmung hier nicht zu leicht machen.
({3})
Herr Abgeordneter Bausch, ehe ich das Wort an Sie erteile, muß ich noch fragen, ob die Antragsteller der Fraktion der DP ihren Antrag noch begründen wollen. - Das ist nicht der Fall. - Also dann Herr Abgeordneter Bausch!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns heute mit der siebenten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz zur Versorgung der Kriegsopfer zu befassen. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Jeder von uns weiß, was das bedeutet, und ist sich seiner Verantwortung bewußt. Jeder von uns wird alles tun, um auch an finanziellem Engagement das zu leisten, was irgend von einem verantwortungsbewußten Abgeordneten eingesetzt werden kann. Wir werden in bezug darauf immer verschiedene Meinungen haben. Aber wir sind bisher bei all diesen Novellen - ich lasse mich gern korrigieren, wenn ich jetzt etwas Falsches sage - so einig geworden, daß es zu einstimmigen Beschlüssen in diesem Hause kam. Ich würde es sehr begrüßen, wenn das auch jetzt der Fall wäre.
Aber was mich veranlaßt hat, das Wort zu ergreifen, ist etwas ganz anderes. Es ist das heutige
Auftreten des Herrn Rutschke von der FDP vor diesem Hohen Hause. Ich möchte in diese] Stunde nicht versäumen, daß ganze Haus darauf hinzuweisen, mit welch schlechten und niedriger Mitteln Herr Rutschke seinen Kampf um dir Kriegsopferversorgung geführt hat. Das muß hier vor diesem Haus gesagt werden.
({0})
Ich habe einer Versammlung des Verbandes dei Kriegsopfer in meinem Wahlkreis beigewohnt. E5 ging da auch um die Frage, wie man die Mittel für diese Novelle aufbringen kann. Vor tausend Kriegsopfern - etwa ein Drittel der Versammlungsbesucher waren wohl Kriegerwitwen -, hal Herr Dr. Rutschke in dieser Versammlung erklärt: Streichen Sie die Pensionen für die Bundestagsabgeordneten, die sie jetzt beschlossen haben!
({1})
Streichen Sie die neubeschlossenen Pensionen für die Bundesminister,
({2})
und dann haben Sie Geld genug zur Bezahlung dei Kriegsopfer.
({3})
Meine Damen und Herren, ich überlasse es Ihnen, sich ein Urteil zu bilden über diese Art von niedrigster Demagogie, die überhaupt ausgedacht werden kann.
({4})
Herr Abgeordneter Rutschke.
Herr Kollege Bausch, Sie haben erheblich aufgebauscht.
({0})
- Nein, das haben Sie nicht. Ich habe damals gesagt: Man macht sich zwar Gedanken darüber, wie man das Geld für alle möglichen Sachen bekommen soll; Sie wissen ja, wie es ist, wenn es sich um Pensionen für die Abgeordneten selbst handelt, die noch nicht beschlossen sind.
Sie wissen ganz genau - fragen Sie Ihre Kollegin Frau Rösch -, daß ich mich im Vorstand dagegen gewandt habe. Ich habe auch die Kriegsopferversorgung angeführt und gesagt: Wir können nicht mehr an uns tun, als wir an anderen Leuten tun wollen. Ich habe dies damals in der Versammlung gesagt. Ich brauche das jetzt nicht weiter auszuführen, aber ich bin gern bereit, es zu tun.
({1})
Herr Abgeordneter, ich darf bitten, daß Sie sich möglichst an die zur Beratung stehende Sache halten. Sie wissen, daß das, was jetzt geschieht, in der Geschäftsordnung so nicht vorgesehen ist. Ich darf Sie bitten, sich daran zu halten.
Herr Präsident, ich muß nur den Unterstellungen widersprechen, die mir gemacht werden.
Ich habe seinerzeit gesagt, daß ich es unerhört tand, daß man in derselben Sitzung, wo man die Erhöhung der Kriegsopferversorgung abgelehnt hat, die Ministerpension erhöhen wollte. Das ist eine Tatsache; das können Sie nicht abstreiten. Das habe ich gesagt und nicht mehr. Stellen Sie es nicht anders dar.
({0})
Ich gebe jetzt das Wort dem Abgeordneten Tobaben zur Begründung des Antrags der Fraktion der DP.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer mein Wunsch gewesen, nicht nur hier, sondern auch draußen, daß es uns gelingen möge, uns in dieser Frage der Kriegsopferversorgung zusammenzuraufen. Ich sage ganz offen, ich bin sehr glücklich, daß uns das sehr weitgehend gelungen ist. Ich sage auch ganz offen, daß die Ausführungen der Kollegin Frau Dr. Probst überzeugend waren. Es sind wirklich Leistungen in einer Höhe herausgeholt worden, an die viele im Anfang nicht gedacht hatten.
Ich hätte deswegen - mit meiner Fraktion habe ich lange überlegt - unseren Antrag Umdruck 625 auf Vorverlegung zum 1. April nicht mehrgebracht, wenn nicht in vielen Ländern, u. a. in Nordrhein-Westfalen, auch für die Gehaltserhöhung der Beamten der 1. April vorgesehen worden wäre. Da habe ich leider die Sorge, daß es bei den Kriegsopfern zu einer Empfindung des Zurückgesetztseins kommen könnte. Ich möchte deswegen dem Hohen Haus anheimstellen, unserem bescheidenen Antrage doch zuzustimmen.
({0})
Herr Abgeordneter Pusch!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Sache„ die soeben die Gemüter erregt hat, zur Auseinandersetzung des Kollegen Bausch mit dem Kollegen Rutschke, muß ich ein Wort sagen; ich war nämlich in der fraglichen Versammlung. Ich will nur sagen: Dem Sinne nach hat Herr Kollege Rutschke die Sache richtig dargestellt.
({0})
Die Äußerungen, die Herr Bausch hier wiedergegeben hat, sind in diesem Sinne nicht gefallen.
({1})
Was jetzt zwischen den Kollegen Pusch, Bausch und Rutschke verhandelt werden soll, gehört zweifellos in den Bereich der persönlichen Bemerkungen am Schlusse der Sitzung; es dient jetzt nicht der Förderung der Sache.
({0})
Ich stelle Ihnen anheim, Herr Kollege Bausch, sich zu diesem Zweck am Schluß der Sitzung zu melden, wenn Sie dazu Stellung nehmen wollen. Wenn Sie jetzt zur Sache sprechen wollen, gebe ich Ihnen selbstverständlich sofort das Wort. Sie können aber
nur zur Sache sprechen. Ich werde Sie sofort unterbrechen, wenn Sie auf die anderen Dinge eingehen. Ich möchte Sie deshalb lieber bitten, entsprechend der Geschäftsordnung eine persönliche Bemerkung zu formulieren.
({1})
- Ich bitte darum, sie mir schriftlich vorzulegen.
Wir fahren jetzt in der Beratung in der zweiten Lesung fort. Die Anträge zur Änderung des § 4 in Art. IV sind begründet worden. Wortmeldungen liegen nicht vor. Am weitesten geht zweifellos der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 623, als Termin den 1. Januar 1960 vorzusehen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. Das Ergebnis der Abstimmung: Es haben mit Ja 145 uneingeschränkt stimmberechtigte und 12 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 202 uneingeschränkt stimmberechtigte und 5 Berliner Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und FDP abgelehnt.
({2})
Ja Diekmann
Frau Döhring ({3}) SPD Faller
Felder
Frau Albertz Folger
Dr. Arndt Franke
Bach Dr. Frede
Bading Frehsee
Bäumer Frenzel
Bals Geritzmann
Bauer ({4}) Haage
Baur ({5}) Hamacher
Bazille Dr. Harm
Dr. Bechert Hauffe
Behrendt Heide
Behrisch Heiland
Frau Bennemann Hellenbrock
Berlin Hermsdorf
Bettgenhäuser Herold
Frau Beyer ({6}) Höcker
Dr. Bleiß Höhmann
Börner Höhne
Dr. Brecht Hörauf
Bruse Frau Dr. Hubert
Büttner Hufnagel
Corterier Jacobs
Cramer Jahn ({7})
Dr. Deist Jürgensen
Dewald Junghans
Frau Keilhack FDP
Frau Kettig
Keuning Dr. Bucher
Killat ({8}) Dr. Dahlgrün
Kinat ({9}) Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Frau Kipp-Kaule Dürr
Könen ({10}) Eilers ({11})
Koenen ({12}) Frau Friese-Korn
Frau Korspeter Keller
Kraus Dr. Kohut
Kriedemann Kreitmeyer
Kurlbaum Lenz ({13})
Lange ({14}) Dr. Mende
Lantermann Dr. Miessner
Ludwig Mischnick
Lücke ({15}) Freiherr von Mühlen
Lünenstraß Rademacher
Marx Dr. Rutschke
Matzner Dr. Schneider ({16})
Meitmann Dr. Stammberger
Dr. Menzel Walter
Merten Weber ({17})
Metter Zoglmann
Meyer ({18})
Frau Meyer-Laule Berliner Abgeordnete
Dr. Mommer
Müller ({19}) Frau Dr. Dr. h. c. Lüders
Müller ({20}) Dr. Will
Müller ({21})
Odenthal
Paul
Pöhler Nein
Pohle CDU/CSU
Prennel
Priebe Frau Ackermann
Pütz Graf Adelmann
Pusch Dr. Aigner
Regling Arndgen
Reitz Baier ({22})
Reitzner Baldauf
Frau Renger Balkenhol
Rhode Dr. Bartels
Frau Rudoll Bauereisen
Ruhnke Bauknecht
Dr. Schäfer Bausch
Frau Schanzenbach Becker ({23})
Scheuren Berberich
Schmidt ({24}) Dr. Bergmeyer
Schmitt-Vockenhausen Dr. Besold
Schoettle Blank
Schröder ({25}) Frau Dr. Bleyler
Seidel ({26}) Blöcker
Seither Frau Blohm
Frau Seppi von Bodelschwingh
Seuffert Dr. Böhm
Striebeck Brand
Frau Strobel Frau Brauksiepe
Dr. Tamble Frau Dr. Brökelschen
Theil ({27}) Brück
Theis ({28}) Dr. Bucerius
Wagner Bühler
Wegener Burgemeister
Welke Caspers
Welslau Dr. Conring
Weltner ({29}) Dr. Czaja
Frau Wessel Demmelmeier
Wilhelm Deringer
Wischnewski Diebäcker
Wittrock Dr. Dollinger
Zühlke Drachsler
Draeger
Berliner Abgeordnete Ehren
Eichelbaum
Dr. Königswarter Dr. Elbrächter
Frau Krappe Engelbrecht-Greve
Mattick Frau Engländer
Neumann Enk
Scharnowski Eplée
Dr. Schellenberg Dr. Even ({30})
Schröter ({31}) Finckh
Schütz ({32}) Dr. Franz
Dr. Seume Franzen
Frau Wolff ({33}) Dr. Fritz ({34})
Fritz ({35}) Dr. Philipp
Fuchs Frau Pitz-Savelsberg
Funk Frau Dr. Probst
Frau Dr. Gantenberg Frau Dr. Rehling
Gaßmann Dr. Reinhard
Gehring Dr. Reith
Gerns Richarts
D. Dr. Gerstenmaier Riedel ({36})
Gewandt Frau Rösch
Gibbert Rösing
Giencke Rollmann
Dr. Gleissner ({37}) Dr. Rüdel ({38})
Glüsing ({39}) Ruf
Dr. Götz Ruland
Goldhagen Scharnberg
Gontrum Scheppmann
Dr. Gossel Schlee
Gottesleben Schlick
Günther Dr. Schmidt ({40})
Freiherr zu Guttenberg Frau Schmitt ({41})
Hackethal Schmücker
Häussler Schneider ({42})
Dr. Hahne Schüttler
Harnischfeger Schütz ({43})
Dr. Hauser Schulze-Pellengahr
Heix Dr. Schwörer
Dr. Hesberg Dr. Seffrin
Hesemann Seidl ({44})
Heye Dr. Serres
Hilbert Siebel
Dr. Höck ({45}) Dr. Siemer
Huth Simpfendörfer
Dr. Huys Spies ({46})
Jahn ({47}) Spies ({48})
Dr. Jordan Stauch
Josten Dr. Stecker
Dr. Kanka Frau Dr. Steinbiß
Kemmer Stiller
Dr. Kempfler Dr. Stoltenberg
Kirchhoff Storch
Kisters Dr. Storm ({49})
Dr. Kliesing ({50}) Storm ({51})
Knobloch Struve
Dr. Knorr Sühler
Koch Teriete
Kramel Unertl
Krammig Varelmann
Kroll Vehar
Krüger ({52}) Frau Vietje
Krug Vogt
Frau Dr. Kuchtner Wacher
Kunst Dr. Wahl
Lang ({53}) Dr. Weber ({54})
Leicht Wehking
Dr. Leiske Wendelborn
Lenze ({55}) Wieninger
Leonhard Dr. Willecke
Lermer Windelen
Leukert Winkelheide
von Lindeiner-Wildau Dr. Winter
Lücke ({56}) Wittmann
Lulay Wittmer-Eigenbrodt
Maier ({57}) Worms
Majonica Wullenhaupt
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Dr. Zimmer Maucher
Meis Berliner Abgeordnete
Memmel
Mengelkamp Benda
Menke Dr. Gradl
Meyer ({58}) Hübner
Mick Dr. Krone
Muckermann Stingl
Mühlenberg
DP
Nellen
Nieberg Logemann
Niederalt Dr. Preusker
Frau Niggemeyer Probst ({59})
Oetzel Dr. Schneider ({60})
Frau Dr. Pannhoff Dr. Schranz
Dr. Pflaumbaum Tobaben
Vizepräsident Dr. Preusker
Es liegt noch ein Antrag der Fraktion der DP zur Abstimmung vor. Herr Abgeordneter Tobaben hat zur Abstimmung ums Wort gebeten.
Ich bitte, auch über den Antrag Umdruck 625 namentlich abzustimmen.
Wird der Antrag auf namentliche Abstimmung ausreichend unterstützt? - Das ist ohne Zweifel der Fall. Wir stimmen also auch über den Antrag der Fraktion der
DP auf Umdruck 625 namentlich ab. Das Ergebnis auch der zweiten Abstimmung liegt nunmehr vor. Mit Ja haben gestimmt 151 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 12 Berliner Abgeordnete, mit Nein 197 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 5 Berliner Abgeordnete. Der Antrag der Fraktion der DP ist damit abgelehnt.
Ja Frau Keilhack
Frau Kettig
SPD Keuning
Frau Albertz Killat ({0})
Dr. Arndt Kinat ({1})
Bach Frau Kipp-Kaule
Bading Könen ({2})
Bäumer Koenen ({3})
Bals Frau Korspeter
Bauer ({4}) Kraus
Baur ({5}) Kriedemann
Bazille Kurlbaum
Dr. Bechert Lange ({6})
Behrendt Lantermann
Behrisch Ludwig
I) Frau Bennemann Lücke ({7})
Berlin Lünenstraß
Bettgenhäuser Marx
Frau Beyer ({8}) Matzner
Dr. Bleiß Meitmann
Börner Dr. Menzel
Bruse Merten
Büttner Metter
Corterier Meyer ({9})
Cramer Frau Meyer-Laule
Dr. Deist Dr. Mommer
Dewald Müller ({10})
Diekmann Müller ({11})
Frau Döhring ({12}) Müller ({13})
Faller Odenthal
Felder Paul
Folger Peters
Franke Pöhler
Dr. Frede Pohle
Frehsee Prennel
Frenzel Priebe
Geritzmann Pütz
Haage Pusch
Hamacher Regling
Dr. Harm Reitz
Hauffe Reitzner
Heide Frau Renger
Heiland Rhode
Hellenbrock Frau Rudoll
Hermsdorf Ruhnke
Herold Dr. Schäfer
Höcker Frau Schanzenbach
Höhmann Scheuren
Höhne Schmidt ({14})
Hörauf Schmitt ({15})
Frau Dr. Hubert Schoettle
Hufnagel Schröder ({16})
Jacobs Seidel ({17})
Jahn ({18}) Seither
Jürgensen Frau Seppi
Junghans Seuffert
Striebeck Bausch
Dr. Tamble Becker ({19})
Theil ({20}) Berberich
Theis ({21}) Dr. Bergmeyer
Wagner Dr. Besold
Wegener Blank
Welke Frau Dr. Bleyler
Welslau Blöcker
Weltner ({22}) Frau Blohm
Frau Wessel von Bodelschwingh
Wilhelm Dr. Böhm
Wischnewski Brand
Wittrock Frau Brauksiepe
Zühlke Frau Dr. Brökelschen
Brück
Berliner Abgeordnete Bühler
Dr. Königswarter Burgemeister
Frau Krappe Dr. Conring
Mattick Demmelmeier
Neumann
Scharnowski DeringerSchellenberg Diebäcker
Schröter ({23}) D Draeger
Dr. Dollinger Drachsler ({24}) Drachler
Dr. Seume Ehren
Frau Wolff ({25}) Eichelbaum
Dr. Elbrächter
FDP Engelbrecht-Greve
Dr. Bucher Frau Engländer
Enk
Dr. Dahlgrün Eplée
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Even ({26})
Dürr Finckh
Eilers ({27}) Dr. Franz
Frau Friese-Korn Franzen
Keller Dr. Fritz ({28})
Dr. Kohut Fritz ({29})
Kreitmeyer Fuchs
Lenz ({30}) Funk
Dr. Mende Frau Dr. Gantenberg
Dr. Miessner Gaßmann
Mischnick Gehring
Freiherr von Mühlen Gerns
Rademacher D. Dr. Gerstenmaier
Dr. Rutschke Gewandt
Dr. Schneider ({31}) Gibbert
Dr. Stammberger Giencke
Walter Dr. Gleissner ({32})
Weber ({33}) Glüsing ({34})
Zoglmann Dr. Götz
Goldhagen
Berliner Abgeordnete Gontrum
Dr. Gossel
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Gottesleben
Dr. Will Günther
Freiherr zu Guttenberg DP Hackethal
Häussler
Logemann Dr. Hahne
Dr. Preusker Harnischfeger
Probst ({35}) Dr. Hauser
Dr. Schneider ({36}) Heix
Dr. Schranz Dr. Hesberg
Dr. Steinmetz Hesemann
Tobaben Heye
Hilbert
Dr. Höck ({37}) Huth
Nein Dr. Huys
CDU/CSU Jahn ({38})
Dr. Jordan
Frau Ackermann Josten
Graf Adelmann Dr. Kanka
Dr. Aigner Kemmer
Arndgen Dr. Kempfler
Baier ({39})
Baldauf Kirchhoff
Balkenhol Kisters
Dr. Bartels Dr. Kliesing ({40})
Bauereisen Knobloch
Bauknecht Dr. Knorr
.) Koch Schlick
Kramel Dr. Schmidt ({41})
Krammig Frau Schmitt ({42})
Kroll Schmücker
Krüger ({43}) Schneider ({44})
Krug Schüttler
Frau Dr. Kuchtner Schütz ({45})
Kunst Schulze-Pellengahr
Lang ({46}) Dr. Schwörer
Leicht Dr. Seffrin
Dr. Leiske Seidl ({47})
Lenze ({48}) Dr. Serres
Leonhard Siebel
Lermer Dr. Siemer
Leukert Simpfendörfer
von Lindeiner-Wildau Spies ({49})
Lücke ({50}) Spies ({51})
Lulay Stauch
Maier ({52}) Frau Dr. Steinbiß
Majonica Stiller
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Dr. Stoltenberg
Maucher Storch
Meis Dr. Storm ({53})
Memmel Storm ({54})
Mengelkamp Struve
Menke Sühler
Mensing Teriete
Meyer ({55}) Unertl
Mick Varelmann
Muckermann Vehar
Mühlenberg Frau Vietje
Müller-Hermann Vogt
Nellen Wacher
Nieberg Dr. Wahl
Niederalt Dr. Weber ({56})
Wehking Niggemeyer g
Oetzel Weimer
Frau Dr. Pannhoff Wendelborn
Dr. Pflaumbaum Wieninger
Dr. Philipp Dr. Willecke
Frau Pitz-Savelsberg Windelen
Frau Dr. Probst Winkelheide
Frau Dr. Rehling Dr. Winter
Dr. Reinhard Wittmann
Dr. Reith Wittmer-Eigenbrodt
Richarts Worms
Riedel ({57}) Wullenhaupt
Frau Rösch Dr. Zimmer
Rösing
Rollmann Berliner Abgeordnete
Dr. Rüdel ({58})
Ruf Benda
Ruland Dr. Gradl
Scharnberg Hübner
Scheppmann Dr. Krone
Schlee Stingl
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Art. IV in der Ihnen hier vorliegenden Fassung.
Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um
ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir haben in zweiter Beratung noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Ich darf um Ihr Handzeichen bitten. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist die zweite Beratung des Gesetzentwurfes abgeschlossen.
Ich erteile dem Abgeordneten Bals als Berichterstatter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen in § 41 Abs. 4 in der 4. Zeile „Satz 1" streichen. Es muß also heißen:
§ 33 gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß von den übrigen Einkünften im Sinne des Absatzes 2 letzter Halbsatz ...
usw.
Herr Abgeordneter Bals, bitte einen Augenblick. Ich habe gerade erst aufschlagen können, als Sie schon beim Vorlesen waren. In § 41 Abs. 4 in der 4. Zeile soll also nur „Satz 1" entfallen, so daß es heißt:
daß von den übrigen Einkünften im Sinne des
Absatzes 2 letzter Halbsatz 25 vom Hundert, .. .
({0})
- Gut, das ist eine rein redaktionelle Feststellung, die keines weiteren Beschlusses bedarf, weil es nur einen Satz gibt. Jedenfalls werde ich zur dritten Beratung sicherheitshalber den Paragraphen noch einmal in dieser Fassung verlesen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Es liegt ein einziger Änderungsantrag auf Umdruck 628 vor. Soll dieser Antrag der Fraktionen der DP und der FDP, in Art. I § 50 Abs. 1 einen Satz 2 anzufügen, noch begründet werden? - Herr Abgeordneter Tobaben!
Nur einige wenige Sätze. Es handelt sich nicht um eine sachliche Änderung des Gesetzes. Wir wollen nur Klarheit darüber schaffen, daß für die Beurteilung der Ernährereigenschaft bei Vertriebenen nicht ihre jetzige Stellung, sondern der Zeitpunkt vor der Vertreibung oder Flucht maßgebend ist. Wir haben zu dieser Klarstellung wegen der Meinungsverschiedenheiten und der unterschiedlichen Auffassungen der Sozialgerichte Anlaß.
Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Änderungsantrag zu Art. I § 50 Abs. 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, das Präsidium ist überfordert; ich muß die Abstimmung wiederholen lassen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Präsidium ist sich wiederum nicht einig. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmn wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Es hat keinen Sinn; die Abstimmung ist völlig unübersichtlich. Wir müssen auszählen. Das Ergebnis der Auszählung zeigt, daß es bei der Abstimmung wirklich nicht leicht war, die Mehrheitsverhältnisse zu beurteilen. Mit Ja haben gestimmt 163 Damen und Herren, mit Nein 142 Damen und Herren, es gab 3 Enthaltungen. Damit ist dieser Antrag auf Umdruck 628 zu § 50 in dritter Beratung angenommen.
Meine Damen und Herren, weitere Anträge liegen in der dritten Beratung nicht mehr vor. Ich habe nur noch darauf hinzuweisen, daß der Herr Bericht6502
Vizepräsident Dr. Preusker
erstatter soeben darum gebeten hat, in § 41 Abs. 4 in der vierten Zeile hinter den Worten „Absatzes 2" die Worte „Satz 1" zu streichen. Ich darf um Ihre ausdrückliche Zustimmung bitten. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist so angenommen.
Damit sind wir am Schluß der Beratung angelangt. Wird zur Abstimmung noch das Wort gewünscht? - Frau Abgeordnete Probst, zu einer Erklärung!
Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der CDU/ CSU-Fraktion zur dritten Lesung des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Kriegsopferrechts eine Erklärung abzugeben. Das Erste Gesetz zur Neuordnung verdankt seine Gestaltung der Initiative aller Fraktionen dieses Hohen Hauses, die in der Fassung des vorliegenden Entwurfs die Zustimmung der Bundesregierung gefunden hat.
In einer intensiven und vom guten Willen aller Beteiligten getragenen Zusammenarbeit unter der ausgleichenden Führung seines ersten Vorsitzenden, Herr Pohle, hat der Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen seine Aufgabe darin gesehen, die Neuordnung des Rechts der deutschen Kriegsopfer in Übereinstimmung zu bringen mit den Persönlichkeitsrechten des Grundgesetzes. Der Ausschuß ist davon ausgegangen, daß die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu I) achten und zu schützen, vorrangig gilt in den Fällen, in denen der Staat zu seinem Schutze und zum Schutze der Allgemeinheit von dem einzelnen Staatsbürger das Opfer seiner Gesundheit und damit der Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit zu fordern gezwungen ist.
Die CDU/CSU-Fraktion hat schon in ihrem Initiativgesetzentwurf, der von 72 Abgeordneten dieser Fraktion unterschrieben war, das Fundament der Neuordnung in der Verstärkung des Rechtsanspruchs der deutschen Kriegsopfer gesehen. Sie bejaht den Vorrang der Rehabilitationsmaßnahmen durch Modernisierung und Ausbau der Heilbehandlung für die Beschädigten, ihre Angehörigen und die Hinterbliebenen. Sie bejaht die Gewährung eines Einkommensausgleichs bei Kuren auch in Fällen, in denen keine Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Sie ist hier dem Antrage der sozialdemokratischen Fraktion gefolgt. Sie begrüßt die Weitergewährung der Rente während einer stationären Behandlung. Sie will die verbesserte orthopädische Versorgung und den Rechtsanspruch auf Versehrtenleibesübungen, deren Einfügung in die Fünfte Novelle des Bundesversorgungsgesetzes auf eine Initiative der CDU/CSU zurückzuführen ist.
Der Grundrente kommt nach Auffassung der CDU/ CSU-Fraktion eine zentrale Bedeutung zu. Schon im Entwurf ist die Weiche der Neuordnung gestellt worden auf das Verhältnis 1 : 1 zwischen Grund
und Ausgleichsrente. Die CDU/CSU-Fraktion hat der Erreichung dieses Zieles auch bei der Witwe, deren Rente in Zukunft 100 DM Grundrente und
100 DM Ausgleichsrente betragen wird, in voller Überzeugung zugestimmt. Im übrigen bleibt es der endgültigen Regelung der Neuordnung überlassen, das bis jetzt noch nicht Erreichte zu vollenden.
Es lag unserer Fraktion auch besonders am Herzen, die Grundrenten der Beschädigten dem höheren Leistungsniveau an der Saar anzupassen, um einen möglichst nahtlosen Übergang zu ermöglichen.
Die Unantastbarkeit der Grundrente ist nunmehr im Gesetz selbst klar und eindeutig festgelegt. Damit hat ein Anliegen des ganzen Hauses und des Bundesarbeitsministeriums seine Erfüllung gefunden.
Der Ausbau der Leistungen der sozialen Fürsorge und ihr Verbleib im Bundesversorgungsgesetz selbst bekunden klar die Vorrangstellung der Kriegsopfer und ihren Rechtsanspruch auch auf diesem Gebiet.
Die Förderung des Wohnungsbaues und der Eigentumsbildung der Kriegsopfer ist durch die Ausweitung der Kapitalisierung auf die 30- und 40 %
Beschädigten erreicht. Erreicht ist ferner die Verbesserung der Leistungen der sozialen Fürsorge für Beschädigte und Hinterbliebene.
Die CDU/CSU-Fraktion sieht in der Schwerstbeschädigtenzulage in drei Stufen und in der Verbesserung der Pflegezulage sowie in der Schaffung eines Berufsschadensausgleichs für den Erwerbsunfähigen und die Kriegerwitwe begrüßenswerte Erfolge des Ersten Neuordnungsgesetzes der Kriegsopferversorgung.
Ich darf feststellen, daß die CDU/CSU-Fraktion sich auch den Anregungen der anderen Parteien gegenüber immer aufgeschlossen verhalten hat.
Die vereinfachten Anrechnungsbestimmungen unseres Entwurfes stellen alle Berufsgruppen sowie Beschädigte und Hinterbliebene gleich und bedeuten gerade für den Mittelstand, für den Bauern, den Handwerker und den Gewerbetreibenden, eine wesentliche Verbesserung.
Ich freue mich, daß diese Vorschläge der CDU, CSU vom Bundesrat und von der SPD vollinhaltlich übernommen worden sind und unverändert Eingang in den Beschluß des Ausschusses gefunden haben.
Der Familienstand ist entsprechend der Familienpolitik der CDU/CSU stärker im Gesetz berücksichtigt. Die Kinderzuschläge sind schon ab erstem Kind auf 40 DM angehoben. Die Waisenrente ist den veränderten Verhältnissen angepaßt worden. In der Elternrente ist ein erster Schritt getan worden sowohl durch die Erhöhung der Rente wie der Zulagen bei dem Verlust mehrerer oder aller Kinder. Ebenso sind die Einkommensfreibeträge neu gestaltet und wesentlich verbessert. Die Weiterentwicklung der Neuordnung wird sich insbesondere dem Anliegen der Kriegereltern zuwenden müssen.
Wir stimmen dem vorliegenden Entwurf aus ganzem Herzen zu. Wir begrüßen das Erreichte als einen erheblichen Fortschritt auf dem Wege der Neuordnung.
Ich habe in diesem Zusammenhang das Bedürfnis, dem Personenkreis der Kriegsopfer durch ihre VerFrau Dr. Probst
treter in den Verbänden, die Besonnenheit bewiesen haben und sich ihrer Verantwortung gegenüber den demokratischen Institutionen bewußt gewesen sind, Dank zu sagen für die Unterstützung, die der Ausschuß durch die Anhörung der Vertreter der Kriegsopferverbände erfahren hat.
Lassen Sie mich in diesem Augenblick auch danken der Bundesregierung, insbesondere dem Herrn Bundeskanzler, dem Herrn Bundesfinanzminister und dem Herrn Bundesarbeitsminister, für die Aufgeschlossenheit gegenüber den Argumenten der Fraktionen dieses Hohen Hauses. Die Vorgänge um die Schaffung dieses Gesetzes sind ein Beweis für die freiheitliche Ordnung in der deutschen Bundesrepublik, die ein Gespräch zwischen Regierung und Parlament zuläßt und es in einer ausgereiften Gesetzesschöpfung fruchtbar werden läßt.
Möge dieses Gesetz dazu beitragen, den sozialen Frieden zu fördern, indem es der Gerechtigkeit dient.
({0})
Herr Abgeordneter Pohle, ebenfalls eine Erklärung zur Abstimmung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wurde vorhin aus CDU-Kreisen gefragt, ob ich mich inzwischen davon überzeugt hätte, daß die CDU kein Befehlsempfänger - der Befehle des Herrn Bundeskanzlers - sei. Ich bin nie so garstig gewesen, das anzunehmen. Ich habe noch die Illusion gehabt, daß, wenn der Herr Bundeskanzler für eine gute Sache zu überzeugen ist, auch die CDU-Fraktion noch zu überzeugen sei.
({0}) Darin bin ich leider enttäuscht worden.
({1})
Ich werde nie so etwas sagen wie das, meine Damen und Herren, was im Altertum einer gesagt haben soll: Karthago muß zerstört werden. Ich bin keineswegs bereit, zu sagen: die CDU/CSU muß zerstört werden. Meine Meinung ist, sie muß nur reduziert und gebessert werden, und dann können wir weiterreden.
({2})
Ehe ich Ihnen die Erklärung meiner Fraktion zur Kenntnis bringe, möchte ich als Vorsitzender des Kriegsopferausschusses Ihnen noch ein sehr ernstes Wort sagen. Ich muß Ihnen offen gestehen: wenn man zehn Jahre - nun sind es bald elf Jahre - in dieser Arbeit steckt, dann wird man so ruhig wie der Lazarettgehilfe Neumann, der mit seinem Fieberthermometer herumläuft, der manche Enttäuschung erleben und manche Fieber abdrängen mußte. Ich bin immer erfreut gewesen, wenn es dennoch trotz aller Gegensätzlichkeiten zu einer Meinungsbildung kam, die uns im Kriegsopferrecht voranbrachte. Aber eins möchte in aller Deutlichkeit gegenüber der Öffentlichkeit sagen: Alle diejenigen Damen und Herren in diesem Hause, die sich den Kriegsopfern verbunden fühlen, werden oftmals unangenehm von dem berührt gewesen sein, was alles in den letzten Monaten in den Zeitungen und Versammlungen über die Kriegsopfer gesagt worden ist. So, meine Damen und Herren, sollten wir das Problem nicht auffassen. Ich möchte in der Beurteilung der Gesamtsituation keine Unterscheidung machen zwischen Wohlhabenden, weniger Wohlhabenden und armen Teufeln unter den Kriegsopfern. Wenn sich ein Hirnverletzter unter den 7000 Millionären der Deutschen Bundesrepublik befinden sollte, - seine Hirnverletzung nimmt ihm die Million nicht ab, daran hat er sein ganzes Leben hindurch zu tragen.
({3})
Das sollte bei der Beurteilung der Situation nie vergessen werden. Ich richte diese Worte ganz altgemein an die Öffentlichkeit, nicht mit einem Seitenblick auf irgendeine Stelle in diesem Hause.
Nun zu dem, was ich hier für meine Fraktion noch zu erklären habe!
„Leben und Gesundheit verdienen im demokratischen Rechtsstaat nicht geringeren Schutz als privates Eigentum. Die Kriegsversehrten und Kriegshinterbliebenen haben daher Anspruch auf angemessene Entschädigung für im Kriege erlittene Verluste an Leben, Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Der soziale Rechtsstaat darf sich nicht mit dem Versuch begnügen, die Kriegsopfer vor unmittelbarer Not zu schützen. Solidarhaftung für ein gemeinsames Schicksal verlangt Ausgleich der kriegsbedingten Lasten."
Mit diesen begründenden Worten hat die SPD-Fraktion am 7. Oktober 1959 ihren Entwurf für eine Ergänzung des geltenden Kriegsopferrechts dem Bundestag unterbreitet. Sie stellte in dieser Begründung weiterhin fest, daß der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtes der Kriegsopferversorgung den Erfordernissen einer Erneuerung der Kriegsopferversorgungsgesetzgebung nicht gerecht wird. Das Einfrieren der Grundrenten der Beschädigten, Witwen und Waisen auf einen unangemessenen niedrigen Stand bedeutet, insbesondere wenn man das gestiegene und weiterhin steigende Volkseinkommen berücksichtigt, eine tatsächliche Schlechterstellung der Kriegsopfer.
Unter den gegebenen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag läßt sich nach Auffassung der Fraktion der SPD eine Änderung des Kriegsopferversorgungsrechtes, die die Bezeichnung „Reform" verdient, wohl kaum erreichen.
({4})
Im Augenblick kommt es daher darauf an, daß die Verbesserung einer Reihe von Bestimmungen des geltenden Versorgungsrechts die gröbsten Mißverhältnisse in der Verteilung der kriegsbedingten Belastungen beseitigt, um damit den Weg für eine künftige Reform zu ebnen. Diesem Zweck dient der von der SPD vorgelegte Entwurf einer Siebenten Novelle zum Bundesversorgungsgesetz.
Die Vertreter der SPD-Fraktion haben sich im Kriegsopferausschuß bemüht, entscheidende Verbesserungen des geltenden Kriegsopferrechts zu erzielen. Ob sich alle beschlossenen Verbesserungen
6504 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode
segensreich auswirken können, hängt entscheidend davon ab, daß dort, wo Rechtsverordnungen erlassen werden müssen, der Inhalt vom Geist einer wohlwollenden Auslegung und nicht von einer Sucht zur Einengung des Willens des Gesetzgebers geprägt wird.
({5})
Das Reichsversorgungsgesetz nach dem ersten Weltkrieg war eine soziale Tat. Darüber sind Jahrzehnte vergangen, und ein zweiter Weltkrieg hat Millionen neu zur Opferarmee des ersten Weltkrieges stoßen lassen. Die Hauptabteilung Kriegsopferversorgung beim Bundesministerium für Arbeit ist nach unserer Meinung leider zum erheblichen Teil im Reichsversorgungsdenken alter Prägung steckengeblieben und hat eine Scheu davor, neue soziale Tatbestände anzuerkennen und das Kriegsopferrecht reformerisch fortzuentwickeln.
({6})
Einen Schritt nach vorn bedeutet die Verbesserung der Hinterbliebenenversorgung. Unbefriedigt ist die SPD von der Lösung der Elternrentenfrage. Seit Jahren kämpft die SPD um den Wegfall der Ernährereigenschaft. Im Zweiten Neuordnungsgesetz wird der Kriegerelternfrage erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen. Die SPD-Fraktion ist jederzeit bereit, hier mit ernstem Willen eine echte Reform herbeiführen zu helfen.
Das Bundesversorgungsgesetz wird durch ein besonderes Gesetz im Saarland eingeführt werden. I) Die Kriegsopfer an der Saar sehen mit Sorge diesem Tag entgegen, da eine Reihe von Verschlechterungen des bisherigen Rechts an der Saar zu erwarten sind, wenn der Gesetzgeber nicht den Willen hat, den sozialen Besitzstand an der Saar zu wahren. Die SPD-Fraktion erklärt hiermit, daß sie die Sorgen der Kriegsopfer an der Saar zu ihren eigenen machen wird.
Wir sind ehrlich erfreut, daß in dem Gesetz das sozialdemokratische Anliegen Erfüllung gefunden hat, einen Einkommensausgleich bei Heilbehandlung zu gewähren. Sie begrüßt die Einführung einer Schwerstbeschädigtenzulage und die Erhöhung der Pflegezulage.
Nachdem das Plenum ein früheres Inkrafttreten des Gesetzes abgelehnt hat, mußte die SPD-Fraktion noch einmal prüfen, ob sie dem Gesetz dennoch die Zustimmung geben kann. Wenn sie sich trotz schwerer Bedenken zur Zustimmung entschlossen hat, dann in der Erkenntnis, daß diesem Ersten Neuordnungsgesetz in der Fortentwicklung des Kriegsopferrechts bald ein Zweites Neuordnungsgesetz folgen muß und daß sie ihre erfolgreiche Mitwirkung an dem verbesserten Gesetz nicht durch eine ablehnende Haltung entwerten möchte. Sie erklärt in dieser Stunde, daß sie wie bisher in diesem Hause mit allen verfügbaren Kräften weiterhin eine echte Neuordnung des Kriegsopferrechts anstreben und daran mit dem unabdingbaren Willen zur Hilfe mitwirken wird.
({7})
Das Wort zu einer weiteren Erklärung hat der Abgeordnete Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was dieses Gesetz an Verbesserungen bringt, hat Frau Kollegin Dr. Probst sehr ausführlich und sehr schön dargelegt. Ich brauche es also nicht so ausführlich zu tun; so schön könnte ich es ohnehin nicht.
Was wir daran vermissen, ergibt sich aus den Anträgen, die wir heute gestellt haben und die leider - bis auf einen mehr technischen Antrag - von der Mehrheit des Hauses abgelehnt worden sind. Trotzdem verkennen wir natürlich nicht, daß auch große Fortschritte darin enthalten sind, vor allem bei der Grundrente und bei der Witwenrente. Wir begrüßen auch die Erklärung, die Herr Kollege Pohle soeben abgegeben hat, daß wir uns auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung sozusagen in einer permanenten Reform befinden. Das ist ein Gebiet, wo man die Gesetzesmacherei und -änderei nicht angreifen kann. Da wir den Fortschritt, der hier erzielt worden ist, begrüßen, stimmen wir dem Gesetz trotz der Mängel, die es nach unserer Ansicht immer noch aufweist, zu.
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Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen für die Abgabe von Erklärungen vor. Ich darf damit diejenigen Damen und Herren, die dem eben beschlossenen Gesetz zur Neuordnung des Kriegsopferrechts in dritter Beratung zuzustimmen wünschen, bitten, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich danke Ihnen. Soweit ich sehe, ist dieses Gesetz einstimmig vom Deutschen Bundestag beschlossen worden.
Meine Damen und Herren, wir haben noch einige damit zusammenhängende Resolutionen zu verabschieden. Es ist einmal zu beschließen, daß die zu den Gesetzentwürfen eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären sind. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Zum zweiten ist Ihnen mit der Ausschußvorlage der Wortlaut eines Entschließungsantrags vorgelegt worden, der nun auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung heute nicht verabschiedet, vielmehr dem Ausschuß für Sozialpolitik - federführend - und dem Ausschuß für Gesundheitswesen - mitberatend - überwiesen werden soll. Wer diesen Überweisungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Ehe ich die heutige Sitzung schließe, erteile ich dem Abgeordneten Bausch das Wort zu einer Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der Kontroverse mit dem Herrn Abgeordneten Rutschke habe ich folgendes zu bemerken:
Ich halte meine hier abgegebenen Erklärungen auch nach den Ausführungen des Herrn AbgeordBausch
neten Rutschke und des Herrn Kollegen Pusch ungeteilt und in vollem Umfang aufrecht. Herr Abgeordneter Rutschke hat die Unwahrheit gesagt.
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Meine Damen und Herren! Sie haben die Erklärung gehört.
Ich habe Ihnen den Ablauf der morgigen Tagesordnung in den Anfängen kurz mitzuteilen. Es ist interfraktionell vereinbart, morgen früh um 9 Uhr
zu beginnen mit der ersten Beratung des Steueränderungsgesetzes, daran anzuschließen die Beratung des Gesetzentwurfs über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank und mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz als Punkt 3 fortzufahren.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen früh, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.