Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert uni die
Erste Beratung des von der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes - Drucksache 1814 -.
Ist das Haus einverstanden? - Ich stelle Einverständnis fest; dann ist so beschlossen.
Es wird vorgeschlagen, diesen Gesetzentwurf ohne Begründung und ohne Aussprache an den Ausschuß für Lastenausgleich und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Nach einer zweiten interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung ferner erweitert werden um die
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Krone, Arndgen, Dr. h. c. Pferdmenges, Struve und Genossen betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ({0})
Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Es wird vorgeschlagen - und zwar ist es der Wunsch der Antragsteller -, den Antrag ohne Begründung und Aussprache an den Rechtsausschuß zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? - Ich stelle dies fest; es ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 3. Mai 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wacher, Höcherl und Genossen betr. Propagandavorträge sowjetischer Diplomaten in der Bundesrepublik ({1}) beantwortet. Sein Schreibei wird als Drucksache 1821 verteilt.
Der Herr Präsident der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat unter dem 22. April 1960 den Geschäftsbericht 1958/59 übersandt, der im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 5. Mai 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller-Hermann, Burgemeister, Dr. Dollinger, Diebäcker, Dr. Fritz, Illerhaus, Schmücker, Wieninger und Genossen betr. steuerliche Vorteile von Großbetrieben ({2}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1823 verteilt.
Der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen hat unter dem 4. Mai 1960 die Dokumentation „Die Zwangskollektivierung des selbständigen Bauernstandes in Mitteldeutschland" übersandt, die an die Mitglieder des Hauses verteilt wurde.
Wir beginnen mit der
Fragestunde ({3}).
In der Fragestunde ist diesmal nur eine einzige Frage zu beantworten. Sie gehört zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts und betrifft Auslegung des Art. 5 des Deutschland-Vertrags. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Menzel:
Worauf ist es zurückzuführen, daß, nachdem der Bundeskanzler in der 61. Sitzung des 2. Bundestages, der Berichterstatter zu dein Deutschland-Vertrag, Abgeordneter Dr. Furler, gemäß Drucksache 1200, S. 10, und der damalige Ministerialdirektor Dr. Grewe namens der Bundesregierung im Bulletin vom 10. November 1954, S. 1920, übereinstimmend erklärt haben, Artikel 5 des Deutschland-Vertrages gelte lediglich für den „Fall äußerer Bedrohung oder eines Angriffs auf die Bundesrepublik", der Herr Bundesaußenminister in der Fragestunde vom 7. April 1960 erklären ließ, daß er diese Auffassung nicht teile?
Herr Minister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel erwidere ich folgendes.
Den Text des Art. 5 des Deutschland-Vertrages kann ich als bekannt unterstellen. Der Artikel begründet ein Vorbehaltsrecht der drei Westmächte, das in dem Bericht des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Herrn Professor Dr. Furler, in der Drucksache 1000 von 1953 zutreffend definiert worden ist. Erlauben Sie mir, daß ich die entscheidenden Sätze verlese:
Die Ausübung von Notstandsrechten setzt weiterhin voraus, daß die Bundesregierung mit den drei Mächten darin übereinstimmt, daß die Umstände die Ausübung derartiger Rechte erfordern. Hierin liegt eine sehr entscheidende Begrenzung. Es zeigt sich die Tendenz, den ganzen Komplex des Notstandsrechts in die Zuständigkeit der deutschen Regierung zu verlagern.
Es wird ausdrücklich ausgesprochen, daß sich „im übrigen", also von den aus der Notlage zwingend sich ergebenden, ganz außergewöhnlichen Maßnahmen abgesehen, der Schutz der Sicherheit der Streitkräfte nach den Vorschriften des Truppenvertrages und nach deutschem Recht bestimmt.
Die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Frankreich legen es durch den Satz 1
des neuen Abs. 2 des Art. 5 in die ausschließ6382
Bundesaußenminister Dr. von Brentano
liche Entscheidungsbefugnis des Gesetzgebers der Bundesrepublik, das ganze Notstandsrecht endgültig und umfassend aufzuheben. Diese alliierten Rechte erlöschen, sobald die zuständige deutsche Behörde durch den Gesetzgeber besondere Vollmachten erhalten hat. Art und Inhalt der hier vorausgesetzten gesetzgeberischen Maßnahmen ergeben sich nicht ausschließlich aus dem Art. 5, sondern auch aus einer besonderen Erklärung, die die drei Mächte der Bundesregierung zur Interpretation des ersten Satzes des Abs. 2 des Art. 5 schriftlich abgegeben haben. Die Bundesregierung hat den Auswärtigen Ausschuß und den Rechtsausschuß hierüber umfassend unterrichtet. Der Auswärtige Ausschuß ist daher berechtigt, bei seiner Beurteilung der hier in Betracht kommenden Fragen von folgender Lage auszugehen:
Die Vollmachten müssen die zu ermächtigende Behörde in den Stand setzen, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit der Streitkräfte zu treffen. Dies setzt voraus, daß diese Behörde die Fähigkeit hat, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu begegnen. Es wird aber von den drei Mächten nur verlangt, diese Vollmacht für Fälle zu geben, in denen die öffentliche Ordnung und Sicherheit und damit die Sicherheit der ausländischen Streitkräfte auf Grund eines Angriffs oder einer äußeren Bedrohung der Bundesrepublik gefährdet ist. Besondere Situationen, die ihre Ursache in Vorgängen innerhalb der Bundesrepublik haben, brauchen nicht von der hier gesetzgeberisch zu erteilenden Ermächtigung erfaßt zu sein, so Notlagen, die durch innere Unruhen, Streiks, Wassergefahr, Seuchen etc. entstehen können. Daneben wird gefordert, daß militärische Notwendigkeiten bei der Überwachung des Post- und Fernmeldewesens berücksichtigt werden.
Diese Darstellung stimmt überein mit den Ausführungen des damaligen Ministerialdirektors Dr. Grewe, die Herr Kollege Dr. Menzel in seiner Anfrage zitiert, und auch mit den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers in der 61. Sitzung des 2. Bundestags.
Der Berichterstatter hat damals mit Recht darauf hingewiesen, daß das Vorbehaltsrecht der Alliierten im Wege der innerdeutschen Gesetzgebung abgelöst werden kann. Die besonderen Schwierigkeiten, die sich aus der Tatsache ergeben, daß dieses Notstandsgesetz eine Verfassungsänderung voraussetzt, kann ich als bekannt unterstellen. Der Berichterstatter hat aber zutreffend unter Hinweis auf die Beratungen im Auswärtigen Ausschuß und im Rechtsausschuß seinerzeit - ich habe diesen Passus hier verlesen - darauf hingewiesen, daß militärische Notwendigkeiten bei der Überwachung des Post- und Fernmeldewesens berücksichtigt werden müssen. Jede Art der Postüberprüfung und Überwachung von Fernmeldeverbindungen bedarf ebenfalls eines Gesetzes, und zwar eines Gesetzes gemäß Art. 10 GG. Ein solches Gesetz befindet sich in Vorbereitung. Es handelt sich nicht um ein verfassungsänderndes, sondern um ein einfaches Gesetz.
Diese meine Feststellung steht auch nicht in Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers, der ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß es sich in erster Linie um Vollmachten für den Fall einer Bedrohung der Bundesrepublik von außen oder eines Angriffs auf' die Bundesrepublik handele, die im Wege der innerdeutschen Gesetzgebung der Bundesregierung gegeben werden müssen.
Die Notwendigkeit, die Überprüfung des Fernmeldewesens durch ein besonderes Gesetz zu ermöglichen - eine Gesetzgebung übrigens, die es wohl in jedem Lande der Welt gibt -, besteht daneben fort. Solange ein deutsches Gesetz nicht besteht, sind die drei Westmächte auf Grund des Art. 5 berechtigt, auf diesem Gebiet in eigener Zuständigkeit die zum Schutze der Sicherheit ihrer hier stationierten Streitkräfte nach ihrem Ermessen erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. Auch auf diesen Gesichtspunkt, nämlich darauf, daß Art. 5 auch Vorbehaltsrechte enthält, deren Ausübung der Sicherheit der hier stationierten alliierten Truppen dient, hat der Herr Bundeskanzler ausdrücklich hingewiesen.
In Übereinstimmung mit dem von mir zitierten Bericht, den Herr Professor Dr. Furler abgegeben hat, verweise ich auf die damaligen Beratungen im Auswärtigen Ausschuß und im Rechtsausschuß. Ich möchte dein Fragesteller und dem Hohen Hause vorschlagen, die Diskussion über dieses Thema gegebenenfalls in diesen Ausschüssen fortzusetzen.
Keine Zusatzfrage? - Dann ist dieser Punkt erledigt.
Die nächste Fragestunde soll am Mittwoch, dem 18., und Freitag, dem 20. Mai, stattfinden. Sperrfrist für eingehende Fragen ist Freitag, der 13. Mai, 15 Uhr.
Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dittrich, Horn, Dr. Rüdel ({0}), Frau Dr. Steinbiß, Dr. Stammberger, Schneider ({1}) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen ({2}),
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({3}) ({4})
({5}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Dittrich. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem ausführlichen Bericht auf Drucksache 1769 nur einige Sätze hinzufügen. Seit 30 Jahren bemühen sich die Gesetzgeber des Reiches und des Bundes um ein einheitliches Apothekengesetz. Alle drei Bundestage hatten sich mit Vorlagen zu beschäftigen, ohne daß bisher daraus ein Gesetz zustande gekommen ist. Dem Hohen Hause liegt nunmehr ein Initiativantrag aus I den Reihen der Abgeordneten der CDU/CSU, der
l FDP und der DP vor. Der Entwurf des Arzneimittelgesetzes, den die SPD eingebracht hat, enthält bezüglich der Apotheken Normierungen, die bei den Beratungen mit herangezogen wurden.
Lassen Sie mich wenige Grundsätze hervorheben, von denen sich der Ausschuß für Gesundheitswesen bei seinen Beratungen hat leiten lassen. Er ist zunächst von der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 deklarierten Niederlassungsfreiheit ausgegangen und hat, darauf aufbauend, seine Beschlüsse gefaßt.
Der Ausschuß für Gesundheitswesen hat sich ferner von den alten Aufgaben der in Jahrhunderten gewachsenen Apotheke leiten lassen. Das geht schon aus der Fassung des § 1 hervor, der lautet:
Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 sagt ebenfalls klar und deutlich, daß die Apotheke die berufene Abgabestelle für Arzneimittel sei. Auch diese Feststellung lag den Beratungen zugrunde.
Dem Ausschuß ist es darum gegangen, den mittelständischen Charakter der Apotheke zu wahren und das besondere Vertrauensverhältnis, das der Apotheker zur Bevölkerung hat, unter allen Umständen im Interesse einer geordneten Arzneimittelversorgung zu erhalten.
1 Der Ausschuß hat es in seiner Gesamtheit abgelehnt, die Apotheke zu einem Ausbeutungsobjekt für Kapitalgesellschaften zu machen. Er hat daran gedacht, daß den erbberechtigten Ehegatten und Kindern gewährleistet werden muß, durch eine Verpachtung in den Genuß dessen zu kommen, was der Vorgänger, der Apotheker, erarbeitet hat.
Andererseits hat der Ausschuß dem Apotheker weitgehende Pflichten auferlegt, die in den §§ 10a und 20 im einzelnen festgelegt sind. Dadurch hebt sich die Apotheke von den übrigen Gewerbebetrieben ab.
Abschließend darf ich feststellen, daß die Beschlüsse des Gesundheitsausschusses zum größten Teil einstimmig gefaßt worden sind. Ich darf im Namen des Ausschusses für Gesundheitswesen den mitberatenden Ausschüssen, dem Rechtsausschuß und dem Wirtschaftsausschuß, für die tiefgründigen Überlegungen danken. Der Ausschuß für Gesundheitswesen hat sämtliche Anregungen der mitberatenden Ausschüsse berücksichtigt. Ein herzlicher Dank gebührt auch den Herren des Innenministeriums für ihre Mitarbeit.
Ich hoffe, daß das Gesetz über das Apothekenwesen eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherstellen und damit unserer Bevölkerung zum Segen gereichen wird.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wer dem § 1 zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
§ 2! Hierzu liegt ein Änderungsantrag Umdruck 600 vor. Wer begründet ihn? - Das Wort hat der Abgeordnete Ehren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag, Umdruck 600 sieht vor, in § 2 die Nr. 4 zu streichen und folgenden Abs. 2 anzufügen:
Hat der Apotheker nach seiner Bestallung mehr als zwei Jahre lang ununterbrochen keine pharmazeutische Berufstätigkeit ausgeübt, so ist ihm die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn er im letzten Jahr vor der Antragstellung eine solche Tätigkeit mindestens sechs Monate lang wieder in einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gelegenen Apotheke ausgeübt hat.
In der Fassung des Ausschusses heißt es, daß, wer eine Apotheke betreiben will,
4. nach Erlangung der Bestallung als Apotheker die pharmazeutische Berufstätigkeit in einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gelegenen Apotheke mindestens ein Jahr lang unmittelbar vor der Antragstellung ausgeübt
haben muß. Was beinhaltet diese Fassung? Nichts anderes, als daß ein Apotheker, der sein Studium beendet, alle Examina bestanden, von der staatlichen Behörde die Bestallung, d. h. die Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs bekommen hat, durch ein Gesetz, das wir heute zu beschließen haben, in seiner Berufswahl behindert werden soll.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir dazu ein einziges Beispiel: ein Apotheker, der 10 Jahre lang in einer Apotheke treu und brav mit seinen Kollegen seine Pflicht erfüllt hat, muß plötzlich wegen irgendeines Umstands diese seine Tätigkeit unterbrechen. Wenn nun dieser Kollege für ein Jahr und einen Tag - sagen wir einmal - in die pharmazeutische Industrie überwechselt, so muß er, wenn er eine Apotheke übernehmen will, ein ganzes Jahr, ein Pflichtjahr ableisten, um wieder eine Apotheke übernehmen zu können. Das ist mit dürren Worten der Inhalt dieses Absatzes, und ich glaube, daß wir einer solchen Regelung unsere Zustimmung nicht geben können.
Mit den übrigen Antragstellern bin ich der Auffassung, daß eine solche Einschränkung gegen das Grundgesetz, das die Gleichheit aller vor dem Gesetz verlangt, verstößt. Ich bin auch überzeugt und mit mir viele Damen und Herren dieses Hauses, daß die Betroffenen ohne Zögern versuchen werden, vor dem Bundesverfassungsgericht ihren Anspruch geltend zu machen.
({0})
Ja? Ich habe nichts dagegen. Ich würde da ein bißchen vorsichtig sein.
({1})
Daß der Berichterstatter, unser Freund Dr. Dittrich, diese verfassungsrechtlichen Bedenken selber sieht, hat er in seiner schriftlichen Berichterstattung ausdrücklich angegeben. Wir haben es hier mit einer Frage zu tun, die das Grundrecht der freien Berufswahl nach Antikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes betrifft. Dieses Grundrecht darf nach einem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsatz nur dann eingeengt werden, wenn zwingende Gründe es erfordern.
Zu der Frage, ob nach der Bestallung als Apotheker, die ja schon ein praktisches Jahr in einer Apotheke voraussetzt, ein weiteres Dienstleistungsjahr absolviert werden müsse, hat der Vertreter des Bundesinnenministeriums nach dem Ausschußprotokoll über die 71. Sitzung des Gesundheitsausschusses ausdrücklich erklärt, daß alle beteiligten Ressorts eine weitere Bewährungszeit nach- der Approbation nicht für erforderlich gehalten hätten. Die Antragsteller befinden sich also in jedem Falle in der Gesellschaft von Leuten, die von der Sache zum mindesten auch etwas verstehen.
Ich mache hier auf die Folgen aufmerksam, die sich aus einer solchen gesetzlichen Regelung auch für andere Berufsstände ergeben werden. Wenn wir als Gesetzgeber konsequent bleiben wollen - und das wollen wir doch letzten Endes alle - ({2})
- Ich würde gar nicht so laut rufen, Georg!
({3})
- Ich will darauf nicht eingehen. - Mit der Annahme der Gesetzesvorlage in dieser Fassung würden wir inkonsequent sein.
({4})
- Passen Sie doch einmal gut auf!
Das ist die Pflicht dieses Hauses, Herr Abgeordneter!
({0})
Jeder Apotheker, auch derjenige, der in der pharmazeutischen Industrie tätig ist, hat doch auf Grund seiner Bestallung jederzeit das Recht, einen Apothekenbetriebsinhaber bei Krankheit oder bei Abwesenheit aus anderen Gründen in der Leitung der Apotheke zu vertreten, und ich weiß, daß das nicht selten geschieht. Schäden infolge dieser Praxis sind nicht bekannt, und Einsprüche sind nicht erhoben worden. Das heißt also, der Apotheker, der im Augenblick - nach Auffassung einzelner Damen und Herren hier - berufsfremd tätig ist, darf in einer fremden Apotheke arbeiten und seine Aufgaben erfüllen. Warum soll er es nicht in einer eigenen Apotheke dürfen?
Herr Abgeordneter,
gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, meine Damen und Herren, ich bin doch nun nicht jemand, der jeden Tag ans
Rednerpult tritt. Würden Sie nicht vielleicht gleich
Gelegenheit nehmen, Ihre Auffassung darzulegen?
({0})
Herr Abgeordneter Lange, wenn der Redner die Frage nicht zuläßt, kann ich Ihnen das Wort nicht erteilen.
Meine Damen und Herren, die in der Vorlage vorgeschlagene Regelung geht von der Behauptung aus, daß nur der fortgesetzt in der Apotheke tätige Apotheker mit der Entwicklung in fachlicher und gesetzlicher Hinsicht vertraut sei. Demgegenüber muß doch gesagt werden, daß auch die in der Industrie, bei der Bundeswehr als Sanitätsoffiziere auf Zeit oder als Wissenschaftler bei Hochschulinstituten tätigen Apotheker - diese fallen nämlich auch darunter - die Entwicklung neuer Arzneimittel und die sonstigen Fortschritte auf diesem Gebiet sowie Gesetzesänderungen in gleicher Weise verfolgen und sich mit ihnen vertraut machen wie ihre in den Apotheken tätigen Berufskollegen. Sie müssen das schon aus Gründen des Wettbewerbs, erst recht aber aus berufsethischen Gründen tun, und dem Berufsethos unterstehen doch die Apotheker aller Sparten. Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich vor dem Berufsethos aller im Dienste der Volksgesundheit stehenden Berufe einen sehr großen Respekt habe.
Wir werden uns stets für den Fortschritt in der Pharmazeutik einsetzen und unsere Zustimmung geben, wenn eine Erweiterung und Vertiefung der Ausbildung für notwendig erachtet wird. Einmal muß die Berufsausbildung aber doch abgeschlossen sein; das ist mit der Bestallung der Fall. Was für andere Berufe, z. B. für Rechtsanwälte und, Frau Dr. Steinbiß, auch für die Ärzte gilt, das muß letzten Endes auch für den Apothekerberuf gelten.
({0})
Nach der Berufsausbildung muß es in der freien Entscheidung des einzelnen liegen, in welcher Form er von seinem Berufsrecht Gebrauch macht, das ihm der Staat garantiert. Wohin kämen wie denn, wenn wir diese Eigenverantwortung, die wir doch von jedem Stand verlangen müssen, abschafften und die Entscheidung durch gesetzliche Bestimmung in die Hand des Staates legten? Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich jemand für längere Zeit berufsfremd betätigt. Damit auch in einem solchen Falle der notwendige Schutz für die Gesundheit der Bevölkerung gegeben ist, sehen wir in unserem Antrag eine erneute Einarbeitung in einer Apotheke für die Dauer von sechs Monaten vor.
Wir bitten, unserem Änderungsantrag stattzugeben.
Meine Damen und Herren, in diesem Apothekengesetz scheint alles Mögliche zu liegen, was Leidenschaften erregen kann. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß 20 Änderungsanträge vorliegen. Wenn wir sie alle
Vizepräsident Dr. Schmid
so temperamentvoll behandeln, werden wir heute sehr linge tagen müssen.
Herr Abgeordneter Dr. Dittrich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte bitten, den Änderungsantrag der Abgeordneten Ehren und Genossen abzulehnen. Ich kann mich bei meinen Ausführungen kurz fassen.
Herr Kollege Ehren, Sie wünschen eine Modifikation der Zeit der Ausbildung. Sie handeln hier eigentlich inkonsequent. Sie behaupten, es liege eine Verfassungswidrigkeit vor. In Ihrem Antrag sprechen Sie aber davon, daß derjenige, der ununterbrochen zwei Jahre lang keine pharmazeutische Berufstätigkeit ausgeübt hat, wieder ein halbes Jahr lang im Geltungsbereich dieses Gesetzes in einer Apotheke tätig gewesen sein muß. Sie dürfen also nicht sagen, daß die ursprüngliche Bestimmung verfassungswidrig sei; andernfalls handeln Sie bei Ihrem Antrag nicht folgerichtig.
Der Rechtsausschuß hat die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Nr. 4 bejaht. Er hat die Bedenken, die Sie vorgebracht haben, Herr Ehren, nicht geäußert.
Der Mehrheit des Gesundheitsausschusses ging es um folgendes. Wegen der Schwierigkeit der Materie, vor allem im Hinblick auf die Abgabebestimmungen für starkwirkende Arzneimittel, aber auch im Hinblick auf komplizierte Arzneikörper soll auch derjenige, der die Approbation bereits hat, noch ein Jahr lang in einer Apotheke tätig sein, damit er den großen Pflichten, die ein Apotheker hat, auch nachkommen kann.
Ich bitte deshalb, den Antrag der Abgeordneten Ehren und Genossen abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kanka.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, den Antrag auf Umdruck 600 in zwei Teile zu teilen. Nehmen Sie den Teil, in dem es heißt: „In § 2 wird die Nr. 4 gestrichen", als ersten Teil, und betrachten Sie den Teil, nach dem noch ein Abs. 2 angefügt werden soll, als eine Art Zusatzantrag.
In erster Linie bin ich der Meinung: § 2 Nr. 4 soll gestrichen werden. Das ist die Vorschrift, die von dem bereits bestallten Apotheker verlangt, daß er noch ein Jahr Dienst tut, bevor er selbständig eine Apotheke betreiben kann. Diese Vorschrift ist absolut unnötig, und der Gesetzgeber soll sich unnötiger Vorschriften nach Möglichkeit enthalten. Die Vorschrift ist deshalb unnötig, weil der bestallte Apotheker bereits eine hinreichende praktische Erfahrung hat. Er hat zwei Jahre Praktikantentätigkeit, er hat dann drei Jahre Studium, während derer er meistens noch in der Apotheke tätig ist, und vor allem hat er nach der ausdrücklichen Bestimmung der Bestallungsordnungen nach vollendetem Studium und nach abgelegtem Staatsexamen noch ein Jahr lang in einer Apotheke zu dienen,
bevor er überhaupt die Bestallung erhält. Warum dann noch ein weiteres Jahr der Ausbildung zum selbständigen Apotheker als Riegel vorschieben?
Die Bestimmung, wie sie in diesem Entwurf vorgeschlagen wird, ist also absolut überflüssig. Herr Kollege Ehren hat bereits darauf hingewiesen, daß in der 71. Sitzung des Gesundheitsausschusses auch von Regierungsseite gesagt wurde, daß alle beteiligten Ressorts eine weitere Bewährungszeit nach der Approbation nicht für erforderlich halten.
Nur für den Fall, daß die restlose Streichung der Nr. 4 dem einen oder anderen von Ihnen Beschwerden bereiten sollte, ist hilfsweise, gewissermaßen als Trostpflästerchen, die Anfügung eines Abs. 2 vorgeschlagen worden, der vorschreibt, daß ein Apotheker, der nach erreichter Bestallung eine Zeit lang berufsfremd war, eine Zeit lang - da genügen aber drei Monate - sozusagen wieder „das Schwimmen" zu lernen hat, bevor er wieder eine Apotheke betreiben darf.
Meine Damen und Herren! Unsere Gesetze werden in Ausschüssen bearbeitet, in denen die Spezialisten sitzen. Diese Spezialisten sind sehr ehrenwerte Leute, und sie sind für die Gesetzgebung absolut notwendig. Sie haben aber manchmal den Fehler, daß sie die Nase allzu nahe am Gegenstand haben und daß sie dann die großen Gesichtspunkte, unter denen die Gesetzgebung zu stehen hat, vernachlässigen.
Eines der Hauptprinzipien des Gesetzgebers sollte sein, die Gesetze möglichst kurz und bündig zu machen und alles Unnötige aus den Gesetzen wegzulassen.
({0})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Hubert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß ist in seinem Entwurf schon unter die Zeit heruntergegangen, die sowohl im SPD-Entwurf wie in dem Entwurf der Kollegen Dittrich und Genossen vorgesehen war, in denen noch nach erfolgter Approbation eine zweijährige Tätigkeit in einer Apotheke vor Errichtung einer Apotheke verlangt wurde.
Ich glaube, es ist doch ein Unterschied, ob man die Apothekertätigkeit selbständig, als Betriebsleiter aufnimmt oder ob man in einem pharmazeutischen Betrieb oder vertretungsweise in einer Apotheke tätig ist. Auch in meiner Fraktion gehen die Meinungen hierüber auseinander; auch in meiner Fraktion gibt es Kollegen, die dem Antrage der Herren Ehren und Kanka ihre Zustimmung geben möchten. Aber das gesundheitliche Anliegen, das wir im Ausschuß gehabt haben und das ich hier noch einmal kurz begründen möchte, Herr Ehren, wird durch Ihren Antrag in keiner Weise erfüllt. Für uns handelt es sich im wesentlichen darum, daß heute sehr viele Apotheker jahrelang in die pharmazeutische Industrie gehen. Sie üben dort eine Tätigkeit aus, die ganz einseitig auf die Forschung oder auf die Herstellung eines bestimmten
Medikaments ausgerichtet ist. Bei der heutigen schnellen Entwicklung in der pharmazeutischen Industrie ist es, gerade weil der Apotheker in der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ein wichtiger Partner auch des Arztes ist, notwendig, daß er sich dann noch einmal in einem Apothekenbetrieb neu orientiert, wenn eine solche Zwischenzeit durchaus pharmazeutischer, aber einseitiger pharmazeutischer Tätigkeit vorgelegen hat.
Aus diesem Grunde ist es unser Anliegen, dieses eine Jahr vorzusehen. Ich darf in diesem Zusammenhang einmal auf meinen Beruf hinweisen, Wir haben z. B. für die Kassenzulassung der Ärzte besondere Auflagen, und ich bin der Überzeugung, daß wir, wenn wir jetzt nach dem Urteil des Verfassungsgerichts alle Ärzte zulassen werden, für die Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit auch noch andere Voraussetzungen - z. B. in Gestalt von Assistentenjahren fordern werden, als wenn jemand Assistent einer Klinik wird. Ich glaube, Herr Ehren, daß andere Heil-Berufe hier folgen werden. Ich möchte jedenfalls bitten, den Antrag abzulehnen und es bei der Ausschußfassung, die wir uns eingehend überlegt haben, zu lassen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade durch die Ausführungen meiner Vorrednerin ist ganz deutlich geworden, welch grundsätzliche Bedeutung dieser Antrag hat. Hier wird präjudiziell für alle freien Berufe festgelegt, daß derjenige, der nach Abschluß seiner wissenschaftlichen Ausbildung gelegentlich einmal berufsfremd gewesen ist, neue Stufen beschreiten muß. Das hat grundsätzliche Bedeutung, wie Sie schon angedeutet haben, demnächst für den Arzt ich würde das absolut ablehnen -, dann aber selbstverständlich auch für den Anwalt, für den Wirtschaftsprüfer usw. Unser ganzes Berufsrecht beruhte bisher auf dem Grundsatz, daß man nach abgeschlossener wissenschaftlicher und praktischer Ausbildung für seine Fortbildung selbst verantwortlich ist.
({0})
An diesem Grundsatz dürfen wir meines Erachtens nicht rütteln lassen. Deshalb bin ich unter allen Umständen für die Streichung der Ziffer 4.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stammberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst nachdrücklich gegen die Behauptung verwahren, es handle sich hier um eine Existenzklausel oder um eine Wettbewerbsklausel, oder es sei im Ausschuß in irgendeiner Weise versucht worden, gewisse Dinge durchzusetzen, was Sie, Herr Kollege Kanka,
glaubten durchblicken lassen zu müssen. Wir haben im Ausschuß nur einen Apotheker, und dieser hat sich in dieser Frage bewußt zurückgehalten; er hat nämlich hierzu nicht gesprochen. Alle anderen aber, Herr Kollege Kanka, sind an dieser Sache völlig uninteressiert.
Was es uns völlig unmöglich macht, Ihrem Antrag zuzustimmen - ich hin ganz deutlich, Herr Kollege Kanka -, ist die getrennte Abstimmung, bei der von vornherein die Gefahr besteht, daß das überhaupt gestrichen wird. Denn, Herr Kollege Kanka, was versteht man unter „pharmazeutischer Berufstätigkeit"? Falls es ein verantwortlicher Herstellungsleiter im Sinne des kommenden Arzneimittelgesetzes ist, läßt sich darüber reden. Wenn aber einer in der Werbeabteilung gesessen oder Aufträge gesammelt hat, ist das pharmazeutische Berufstätigkeit, die ihn nach einer langen Unterbrechung der eigentlichen Apothekertätigkeit angesichts der permanenten Weiterentwicklung des Arzneimittelmarktes befähigt, wieder eine Apotheke selbstverantwortlich zu führen, wie ihm das in § 1 dieses Gesetzes auferlegt wird? Ich bin nicht dieser Überzeugung. Aus diesem Grunde lehnen wir den Antrag ab.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen; ich schließe die Aussprache über den Antrag.
Meine Damen und Herren, es ist beantragt, die Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 600 zu teilen. Der erste Teil würde lauten: „In § 2 wird die Nr. 4 gestrichen". Danach wäre über den zweiten Teil abzustimmen: „Folgender Abs. 2 wird angefügt " Ist das Haus sich darüber klar? -Dann stimmen wir zunächst über den ersten Teil des Antrags ab. Damit kein Zweifel besteht, lese ich ihn noch einmal vor: „In § 2 wird die Nr. 4 gestrichen". Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Es bestehen Unklarheiten. Ich bitte, durch Erheben noch einmal abzustimmen. Wer dafür ist, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Das erste war klar die Mehrheit; Nummer 4 ist also gestrichen.
Nun lasse ich über die zweite Hälfte des Antrages abstimmen.
({0})
- Nein, er erübrigt sich nicht; er hat einen selbständigen Inhalt. Besteht Klarheit, worüber jetzt abgestimmt wird? Abgestimmt wird über die zweite Hälfte des Antrages:
Hat der Apotheker nach seiner Bestallung mehr als zwei Jahre lang ununterbrochen . . ., so ist ihm die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn er im letzten Jahr vor der Antragstellung eine solche Tätigkeit mindestens sechs Monate lang wieder in einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gelegenen Apotheke ausgeübt hat.
({1})
Vizepräsident Dr. Schmid
- Zur Abstimmung? Wir sind in der Abstimmung.
({2})
- Bitte!
Ich hatte den Antrag Kanka so verstanden, daß Nummer 4 ersatzlos gestrichen werden soll, daß es überhaupt keines Ersatzes in dieser Form bedarf.
({0})
Jedenfalls war das der Sinn meiner Ausführungen.
Herr Abgeordneter, solange der Antrag vorliegt, muß ich darüber abstimmen lassen. Wenn er zurückgezogen wird - ({0})
Wir sind in der Abstimmung und müssen schon darüber abstimmen.
({1})
- Sie sind nicht allein Antragsteller, Herr Kanka. Wird der Antrag zurückgezogen?
({2})
- Meine Damen und Herren, Herr über den Antrag sind die Antragsteller, und die Antragsteller heißen Ehren - Herr Ehren - ziehen Sie zurück? -,
({3})
Dr. Kanka?
({4})
Dr. Bergmeyer? - Harnischfeger? - Dr. Schmidt
({5})? - Caspers? - Dr. Elbrächter? Krüger? - Oetzel? - Wullenhaupt? Meine Damen und Herren, es tut mir leid, aber ich muß die Antragsteller fragen. Wenn auch nur e i n Antragsteller den Antrag aufrechterhält, muß ich abstimmen lassen. In der zweiten Beratung kann jeder einzelne Abgeordnete einen Antrag stellen. Wenn also zehn Herren und Damen den Antrag gestellt haben und nur drei sagen, sie zögen ihn zurück, kann ich nicht feststellen, daß alle Antragsteller den Antrag zurückgezogen hätten. In gewissen Fällen ist Abwesenheit unter Umständen ein Vorteil. - Herr Abgeordneter Könen, zur Abstimmung?
({6})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer den Antrag liest, weiß, daß trotz der Abstimmung in zwei Teilen das eine zum anderen gehört. Wenn Sie hier so manipulieren, täuschen Sie denjenigen, der vorher abgestimmt hat.
({0})
Herr Abgeordneter Kanka zur Abstimmung!
Meine Anregung ging
dahin, principaliter über die bedingungslose Streichung abzustimmen. Sie war aber verbunden mit dem Eventualantrag, über die Streichung mit dem Zusatz abzustimmen. Ich muß nun auch sagen, ich hielte es nicht für fair, wenn wir jetzt den Eventualantrag fallen ließen. Ich möchte ihn also für meinen Teil doch aufrechterhalten, weil ich glaube, daß der eine oder andere dem Hauptantrag in der Erwartung zugestimmt hat, daß dann der Eventualantrag durchgeht. Ich bin der Meinung, wir sollten auch über den Eventualantrag abstimmen. Ich will ihn hiermit formell stellen, abgesehen davon daß auch einige Unterzeichner des Antrags ihn nicht zurückgenommen haben, weil sie nicht da sind.
Der Text des Antrages ist ganz klar: Nach dem Wort „gestrichen" kommt ein Semikolon. Dann heißt es weiter: „folgender Absatz 2 wird angefügt:".
Ich lasse abstimmen. Wer dem zweiten Teil des Antrages zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die zweite Hälfte des Antrages ist angenommen.
Ich lasse nunmehr über den § 2 in der neuen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und einigen wenigen Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 4, - 5, - 6, - 7, - und 8. Wer diesen Bestimmungen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Bei wenigen Gegenstimmen angenommen.
§ 9. Hier liegt ein Änderungsantrag vor auf Umdruck 604 Ziffer 1. Er lautet:
Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 9 wird gestrichen.
Herr Abgeordneter Dr. Kanka begründet den Antrag. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 9, dessen Streichung beantragt wurde, heißt es:
Mehrere Personen zusammen können eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis.
Ich bin der Auffassung, daß mit dieser Bestimmung wiederum in absolut unnötiger Weise in die Befugnis der dem Recht Unterworfenen eingegriffen wird, ihre rechtlichen Beziehungen zueinander frei zu gestalten. Wir sollten durch die Gesetze nicht allzu stark reglementierend in das Rechtsleben eingreifen, wie es sich im Zeichen der Vertragsfreiheit unsere Bürger selbst gestalten können.
Nach dem § 9 in der hier vorliegenden Form steht zwei oder drei Apothekern, die sich zum gemeinsamen Betrieb einer Apotheke zusammenschließen wollen, für den Zusammenschluß nur die Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der offenen Handelsgesellschaft zur Verfügung. Das ist,
um es noch einmal zu sagen, ein viel zu weitgehender Eingriff in die Vertragsfreiheit derer, die auf die Idee kommen, gemeinsam eine Apotheke zu betreiben.
({0})
- Lassen Sie mich meine Gedanken ausführen, dann fragen Sie mich.
Ich möchte Sie bitten, sich einmal folgenden Fall aus der Praxis zu überlegen. Denn es hat ja keinen Zweck, daß wir uns hier theoretisch unterhalten; wir sollten sehen, wie sich unsere Gesetze in der Praxis auswirken. Folgendes Beispiel also: Da sind zwei Apotheker, die sich zum Betrieb einer Apotheke in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft zusammengeschlossen haben. Sie haben einen Gesellschaftsvertrag geschlossen, in dem sie das vorgesehen haben, was in solchen Verträgen über die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft meistens vorgesehen ist, daß nämlich der Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft nicht auflösen soll. Nachdem der Vertrag geschlossen ist, stirbt einer der Apotheker. Nach dem allgemein geltenden Recht, nämlich nach § 139 des Handelsgesetzbuches, können die Erben des verstorbenen Apothekers sagen: Wir wollen in der Gesellschaft bleiben, aber nicht mit der unbeschränkten Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters, sondern mit der auf die Kommanditeinlage beschränkten Haftung des Kommanditisten. Das steht für das Recht der offenen Handelsgesellschaft in § 139 HGB klar und deutlich drin.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, im Augenblick noch nicht.
Ich sehe nicht ein, warum wir für den Fall, den ich soeben dargestellt habe und der sich im Leben Tag für Tag ereignen kann, den Erben des verstorbenen Gesellschafters die Rechtswohltat nehmen sollen, nur noch kommanditistisch, nämlich mit der Einlage, zu haften.
Jetzt, Herr Dittrich!
Herr Kanka, wollen Sie, wenn Sie den § 9 ersatzlos streichen wollen, das Betreiben einer Apotheke auch durch eine Aktiengesellschaft zulassen?
Nein, ich will es nicht zulassen.
({0})
Im übrigen, Herr Dittrich, würde sogar dies gar nicht schaden. Es genügt, daß der Gesetzgeber vorschreibt - das will ich ganz allgemein sagen -, daß die verantwortliche Leitung einer Apotheke in den Händen eines mit gehöriger Bestallung versehenen Mannes liegt.
({1})
- Wenn Ihnen die Streichung nicht gefällt, kann ich nur sagen: mir gefällt dieser viel zu weitgehende Antrag nicht; stellen Sie einen Kompromißantrag, dann lassen wir mit uns darüber reden. Aber diese Beschränkung ist nach meinem Gefühl sogar grundgesetzwidrig; sie ist zumindest rechtspolitisch in keiner Weise zu vertreten.
Herr Abgeordneter Rüdel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Schwerpunkte liegen in dem .Apothekengesetz. Der eine ist der, daß der Apotheker seine Apotheke selbst führen soll und, wenn er dazu nicht in der Lage ist, sie verpachten muß. Der zweite Schwerpunkt liegt darin, daß eine Apotheke, wenn sie in Form einer Gesellschaft geführt werden soll, nur in der Form einer bürgerlichen oder Handelsgesellschaft geführt werden kann, wobei jeder Gesellschafter approbierter Apotheker sein muß. Wenn diese Bestimmung wegfällt, so wie es der Antrag von Herrn Kanka bezweckt, ist die Bahn dafür geebnet, daß auch Aktiengesellschaften Apotheken betreiben können. Wer in England war, weiß, daß allein die Firma Boots in London über 500 Apotheken besitzt.
({0})
Dieselben Verhältnisse haben wir in anderen Ländern. Wenn wir diese entscheidende Grenze verlassen, werden wir in kurzer Zeit auch in Deutschland diese Entwicklung haben. In einer deutschen Zeitung stand vor noch nicht langer Zeit die Anzeige einer ausländischen Firma, die deutsche Apotheker suchte, wahrscheinlich in der Absicht, zu gegebener Zeit eine derartige Verkaufsorganisation aufzumachen.
Meine Damen und Herren, wenn Ihnen die Erhaltung des Mittelstandes am Herzen liegt - und ich bin davon überzeugt -, können Sie diesem Änderungsantrag nicht stattgeben. Ich möchte Sie dringend bitten, den Antrag abzulehnen.
Herr Abgeordneter Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am abwegigsten, Herr Kollege Kanka, ist ein Antrag auf ersatzlose Streichung. Sie sagen, Sie seien bereit, auch eine juristische Person als zulässige Institution in Kauf zu nehmen, die eine Apotheke betreibt. Herr Kollege Kanka, ob das aus dem Gesetz herausgelesen werden kann, ist sehr zweifelhaft; denn das Gesetz geht von der persönlichen Verantwortung des Apothekers aus. Eine juristische Person kann im Sinne der übrigen Vorschriften des Apothekengesetzes wohl kaum eine persönliche Verantwortung übernehmen und die Apotheke „persönlich" betreiben. Bei einer ersatzlosen Streichung würde also eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstehen, so daß man einem derartigen Antrag nicht nähertreten kann.
Zum zweiten. Herr Kollege Kanka, Sie haben den § 139 des Handelsgesetzbuches meines Erachtens irrtümlich ausgelegt. Sie haben hier nämlich die Auffassung vertreten, wenn im Gesellschaftsvertrag festgelegt sei, daß die offene Handelsgesellschaft nicht durch den Tod aufgelöst werden soll, dann verwandele sich ,die offene Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft.
({0})
- So habe ich Sie aber verstanden. - Wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, daß im Falle des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt werden kann, kann jeder Erbe sein Verbleiben nach § 139 des Handelsgesetzbuches davon abhängig machen, daß ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Herr Kollege Kanka, das ist nach dem Apothekengesetz. das die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft verbietet, einfach nicht zulässig. Der Erbe hat dieses Recht nicht.
Wir haben uns im Rechtsausschuß sehr eingehend damit befaßt, welche Rechtsformen wir für das Betreiben einer Apotheke zulassen sollen, und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß wir nach der Gesamtkonzeption der übrigen Vorschriften des Gesetzentwurfs nur Rechtsformen wählen können, welche die persönliche Verantwortung, die Eigenverantwortung - dieser Terminus wird im Gesetz gebraucht - aller Gesellschafter gewährleisten.
Bei der Kommanditgesellschaft, verehrter Herr Kollege Kanka, hat der Kommanditist keine Geschäftsführungsfunktionen. Er kann also nicht in eigener Verantwortung die Apotheke betreiben. Der Typus des Kommanditisten widerspricht damit der diesem Gesetzentwurf zugrunde liegenden Vorstellung über die persönliche Verantwortung und die Eigenverantwortung des Apothekers.
Auf' Grund dieser durchaus vertretbaren Auffassung ist der Ausschuß zu der Überzeugung gekommen, daß die Kommanditgesellschaft als mögliche Gesellschaftsform im Apothekenrecht ausgeschlossen werden sollte.
({1})
Herr Abgeordneter Dr. Kanka!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren Vorredner haben geglaubt, meinem Antrag begegnen zu können, indem sie das Gespenst der Aktiengesellschaft als der Inhaberin von Apotheken, und zwar gleich von 500 Apotheken, an die Wand gemalt haben. Mit dieser Einrichtung will auch ich nichts zu tun haben. Mit meinem Antrag auf Streichung des § 9 verfolge ich nicht die Absicht, den Weg für solche Aktiengesellschaften zu öffnen.
({0})
- Moment, ich öffne ihn nicht. Sie müssen Ihren
Antrag, den Sie hier so warmblütig vertreten, in
seiner Ganzheit und in allen seinen Bestimmungen lesen; dann werden Sie beispielsweise feststellen, daß Sie in § 17 eine Beschränkung in der Errichtung von Zweigstellen - das wären ja alle Filialen der Aktiengesellschaft - eingebaut haben. Ich sage durchaus ja zu der Regelung, die dahin geht: Ein Apotheker - eine Apotheke, und auch zur persönlich verantwortlichen Leitung durch den Apotheker. Das ist aber, wenn wir § 9 streichen, durchaus noch drin, weil das Verbot der Unterhaltung mehrerer Apotheken in einer Hand bereits im § 17 des Gesetzes enthalten ist. Wenn es Ihnen nicht klar genug ist, meine Damen und Herren, setze ich mich gerne mit Ihnen an den Tisch und mache das im Gesetz noch klarer. Ich wende mich aber dagegen, daß Sie die zwei oder mehreren Apotheker, die sich zusammentun, zwingen wollen, entweder die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht oder die offene Handelsgesellschaft zu bilden, und daß Sie hei diesem Vertrag über die offene Handelsgesellschaft das in aller Regel übliche Verbleiben der Erben des verstorbenen Gesellschafters der offenen Handelsgesellschaft als Kommanditisten auf diesem Wege verhauen wollen. Das ist gesetzlich nicht zu verantworten, Daher habe ich beantragt, § 9 zu streichen. Sie brauchen keine Sorge wegen der Aktiengesellschaft zu haben; das Gesetz steht ihr bereits entgegen.
({1})
Herr Abgeordneter Dr. Stammberger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Kanka, es ist nicht notwendig, daß wir uns noch einmal zusammensetzen. Wir haben uns ja nicht nur im Gesundheitsausschuß, sondern insbesondere im Rechtsausschuß, an dessen Beratungen Sie teilgenommen haben, über dieses Problem sehr eingehend unterhalten, und Sie sind auch dort mit Ihrer Ansicht ganz allein geblieben.
Herr Kollege Kanka, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht: Sie eröffnen den Weg für die Kapitalgesellschaften, wenn Sie den § 9 streichen, und wir wollen das nicht.
({0})
In Ihrer Begründung, die Sie einigen Kollegen des Hohen Hauses zugeschickt haben, um Unterschriften für Ihren Antrag zu gewinnen - außer Ihnen hat ja nur noch Herr Ehren unterschrieben -, schreiben Sie immer wieder, man müsse die Rechtsform insbesondere der Kommanditgesellschaft eröffnen. Herr Kollege Kanka, ich sage Ihnen ganz offen: ich habe diesen Standpunkt im Gesundheitsausschuß auch vertreten, und zwar genau bis zu den Beratungen des Rechtsausschusses. Aber ich habe mich im Rechtsausschuß von den Ausführungen des Herrn Kollegen Wittrock - der sie ja vorhin hier wiederholt hat - überzeugen lassen, daß man eben die Kommanditgesellschaft nicht hineinnehmen kann, weil der Kommanditist nicht die nach diesem Gesetz notwendige Verantwortung tragen kann. Aus diesem Grunde bin auch ich bei den Beratungen
des Rechtsausschusses davon abgekommen, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich dieser meiner jetzigen Meinung anschließen könnten.
({1})
Herr Abgeordneter Lange!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den hier genannten Gründen gegen den Antrag Kanka noch ein Argument hinzufügen. Herr Kanka, Sie kennen doch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958. In diesem Urteil wird von der Niederlassungsfreiheit gesprochen. Jetzt möchte ich einmal sehen, wie Sie außer an die Person gebundenen Rechtsformen, die also die uneingeschränkte Verantwortlichkeit des sich niederlassenden, de approbierten Apothekers enthalten, noch andere Rechtsformen zulassen können. Sie stellen sich damit nämlich nach meiner Überzeugung gegen den Tenor des Urteils, und ich glaube, der Gesetzgeber ist an den Spruch des Bundesverfassungsgerichts auch insoweit gebunden. Auch aus diesem Grunde sollten wir den Antrag Kanka ablehnen.
Herr Abgeordneter Ehren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe meine Unterschrift unter den Antrag in der Eigenverantwortung, die ich als Abgeordneter habe, vollzogen. Ich habe mich aber doch von den Argumenten, die von den verschiedenen Seiten des Hauses vorgetragen worden sind, überzeugen lassen. Ich ziehe meine Unterschrift unter den Antrag zurück.
({0})
Herr Dr. Kanka, Sie halten Ihre Unterschrift aufrecht?
({0})
- Dann wollen wir abstimmen. Wer dem Antrag Umdruck 604 Ziffer 1 stattgegeben wissen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. - 3 Stimmen. Gegenprobe! - Das ist offenbar die Mehrheit.
({1}) Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über § 9 ab. Wer dem Paragraphen in der Fassung des Ausschusses zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe § 10 auf. Dazu liegen drei Änderungsanträge vor: auf Umdruck 586 ({2}), Umdruck 604 und Umdruck 607. Ich glaube, der Reihenfolge nach wäre zunächst der Antrag Umdruck 586 ({3}) zu behandeln. - Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mit der gebotenen Kürze zur Begründung einiger Ziffern des Antrags Umdruck 586 ({0}) folgendes ausführen.
Wir wünschen zunächst eine Änderung des Abs. 1. In Nr. 1 soll die Möglichkeit der Verpachtung eindeutig dahingehend beschränkt werden, daß ein Erlaubnisinhaber nur verpachten kann, wenn ein in seiner Person liegender wichtiger Grund das vertretbar erscheinen läßt. Der Gesetzentwurf geht ja von der Grundkonzeption aus - ich habe das bereits vorhin ausgeführt -, daß aus einer gesundheitspolitischen Überlegung die Eigenverantwortlichkeit und das Selbstbetreiben einer Apotheke durch einen Apotheker gewährleistet sein sollen. Das bedeutet praktisch, daß der Gesetzgeber es als gesetzespolitisch unerwünscht ansehen muß, daß Apotheken in einem Pachtverhältnis betrieben werden. Das Betreiben einer Apotheke in einem Pachtverhältnis kann also nur Ausnahmecharakter besitzen. Aus dem Bericht des Herrn Kollegen Dr. Dittrich geht hervor, daß auch der Entwurf von dieser Vorstellung ausgeht.
Übrigens darf ich hier - es ist keine Spitze gegen den Kollegen Dr. Dittrich - eine grundsätzliche Bemerkung einschalten, die einmal gemacht werden sollte. Wir sollten in diesem Hause nicht zu der Praxis übergehen, daß ein Antragsteller oder Erstunterzeichner eines Antrags gleichzeitig Berichterstatter für das Plenum ist. Wir alle sollten in Zukunft darauf achten, daß eine Personenidentität von Erstunterzeichner eines Antrags und Berichterstatter aus Gründen der Optik vermieden wird. Wie gesagt, das ist keine persönliche Spitze, sondern eine grundsätzliche Bemerkung, die ich hier doch machen wollte.
Der Entwurf betrachtet also die Verpachtung von Apotheken als Ausnahme. Aus dieser Erwägung meinen wir, wir sollten die Verpachtungsmöglichkeit in der in dem Antrag vorgeschlagenen Form auf den Fall beschränken, daß ein wichtiger Grund vorliegt, - abgesehen von den übrigen Gründen, die der Gesetzentwurf als zulässige Verpachtungsgründe vorsieht.
Zum zweiten begehren wir eine Streichung von Abs. 1 Nr. 4. Das Problem ist etwas schwieriger. Um das Problem deutlich zu machen, darf ich darauf hinweisen, daß die Nr. 4 folgenden Hintergrund hat. Der Inhaber eines früheren Realrechtes soll auf Grund dieses Rechtes, das im Grundbuch eingetragen ist, die Möglichkeit haben, die Apotheke zu verpachten. Das hatte in früheren Zeiten seinen guten Sinn. Denn in früheren Zeiten konnte in der Nachbarschaft des Inhabers eines solchen dinglichen Rechtes keine Apotheke errichtet werden. Damals war ein solches dingliches Recht tatsächlich etwas wert. Daraus ergab sich eine kleine Monopolstellung für einen ganz bestimmten Bezirk. Aus diesem Grunde war der Inhaber eines solchen Realrechtes wahrscheinlich ein gemachter Mann, denn er konnte einen guten Pachtvertrag abschließen. Heute ist das ganz anders. Heute können auf Grund der Niederlassungsfreiheit in der Umgebung des Inhabers eines solchen Realrechtes ohne weiteres andere Apotheken aufgemacht werden; dagegen kann kein Mensch etwas tun. Das bedeutet im praktischen Ergebnis, daß das im Grundbuch eingetragene Realrecht keine materielle Substanz mehr besitzt. Es
gibt dem Inhaber dieses Rechtes nicht mehr die Position, die er früher innehatte. Sein Recht ist gewissermaßen eingetrocknet, und zwar auf Grund des Grundgesetzes. Ich möchte beinahe sagen, es handelt sich um eine arglistige Täuschung gegenüber dem Inhaber eines solchen Realrechtes, wenn wir in ihm auf Grund einer Entscheidung des Gesetzgebers den Eindruck erwecken, als sei sein Recht noch etwas wert. Dieser irrige Eindruck wird durch die Nr. 4 erweckt.
Im übrigen ist die Nr. 4 in ihrer jetzigen Fassung schlecht formuliert; denn man könnte auf die Idee kommen, daß es neben dem gemäß § 1 zum Betreiben einer Apotheke Berechtigten noch andere zum Betreiben der Apotheke Berechtigte gibt. Das ist natürlich irrig. Die Formulierung der Nr. 4 ist mit § 1 Abs. 2 nicht hinreichend abgestimmt worden. Wir schlagen deshalb vor, die Nr. 4 zu streichen.
Schließlich darf ich Sie darum bitten, dem Abs. 2 den in unserem Änderungsantrag vorgeschlagenen Satz anzufügen. Der Wortlaut liegt Ihnen vor. Der Zusatz soll noch einmal eindeutig unterstreichen, daß, falls es wirklich ausnahmsweise zu einem Pachtverhältnis kommt, die Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Pächters im Rahmen des Möglichen ausdrücklich sichergestellt sind.
Weil ein solcher Pachtvertrag eine Ausnahmesituation schafft, die nicht der Gesamtkonzeption des Gesetzes entspricht, meinen wir, daß er einer Überwachung bedarf. Deshalb schlagen wir die Formulierung vor: „der Vertrag bedarf der Genehmigung der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde".
Ich bitte Sie, den drei von mir begründeten Anträgen zuzustimmen.
({1})
Ich rule auf den Änderungsantrag Umdruck 607. Wer begründet ihn? - Herr Dr. Kanka!
Herr Präsident, gestatten Sie mir, daß ich zugleich auch die anderen von mir unterschriebenen Anträge zu § 10 mit begründe?
Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine persönliche Bemerkung vorausschicken. Mein sehr geehrter Herr Kollege Stammberger hat vorhin angedeutet, daß ich irgend etwas angedeutet hätte, was sich auf die Motive der Antragsteller beziehe. Das stimmt nicht. Wenn er das Protokoll liest, wird er sehen, daß ich mich solcher Anspielungen und Andeutungen, wie er sie mir unterstellt hat, strikt enthalten habe. Ich sehe dazu auch keinerlei Anlaß.
Aber mir ist vor der heutigen Verhandlung gesagt worden, daß man vermute, ich oder meine Frau hätte vielleicht ein besonderes persönliches Interesse. Es ist schrecklich, daß so etwas in diesem Parlament von einem Menschen vermutet wird, der zur Sache Anträge stellen will. Das ist schrecklich,
und ich kann denen, die diesen Verdacht gehabt
haben, nur sagen: Sie können absolut beruhigt sein.
Ich vertrete hier zwei nicht vorhandene Verbände. Der eine ist der Verband derer, die gerne eine Apotheke gründen wollen. Dieser Verband ist nicht vorhanden, aber an das Interesse derjenigen, die eine Apotheke gründen oder übernehmen wollen, habe ich bei meinem Antrag gedacht, die Nr. 4 des § 2 zu streichen.
Der andere nicht vorhandene Verband, den ich vertrete, ist der der Witwen und Waisen von Apothekern; die haben sich nämlich noch nicht zusammengeschlossen und haben noch keine Lobbyisten hierhergeschickt. Aber ich glaube, der Gesetzgeber und auch jemand, der nichts anderes tut, als in diesem Amte der Gesetzgebung seine Pflicht zu erfüllen, an einem sauberen Gesetz mitzuarbeiten, hat die Verpflichtung, das Gesetz auch im Blick auf diese durchaus berechtigten Interessen hin nachzuprüfen.
({0})
Das wollte ich allen denen sagen, die mit dem Verdacht im Herzen herumgegangen sind: Da kommt so ein Rechtsanwalt und Abgeordneter, der gar nicht im Gesundheitsausschuß ist, hierher und macht sich hier für gewisse Reformvorschläge warm; der muß doch ein persönliches Interesse haben. Solche Verdächtigungen wollen wir in diesem Hause nicht mehr aussprechen.
({1})
Nun zur Sache. Ich habe meine Zweifel daran, ob es richtig ist, das Recht, eine Apotheke zu verpachten, so zu reglementieren, wie es in § 10 geschehen ist. Ich bin der Auffassung, der Gesetzgeber sollte dieses Recht nur dahin näher bestimmen, daß die Person des Pächters die Garantie dafür bieten muß, daß er die Apotheke ordentlich, legaliter, sauber und anständig führt. Wir sollten dagegen über die Gründe, aus denen die Verpachtung erfolgen kann, keine reglementierenden Vorschriften in das Gesetz einbauen. Ich bin aber mit meinen Anträgen gar nicht so weit gegangen, ihre Streichung zu beantragen.
Ich habe mich auf das Prinzip, das in § 10 in der Fassung des Ausschusses seinen Niederschlag gefunden hat, einmal eingestellt und habe mir die einzelnen Vorschriften des § 10 daraufhin angesehen, ob man sie wirklich mit gutem Gewissen mit dem sehr weitgehenden Inhalt, den sie zur Zeit haben, verantworten kann. Da bin ich zuerst auf die Nr. 2 in § 10 Abs. 1 gestoßen. In Nr. 2 heißt es, daß die Verpachtung einer Apotheke nur in folgenden Fällen zulässig sei:
2. nach dem Tode eines Erlaubnisinhabers durch seine erbberechtigten Kinder bis zu dem Zeitpunkt, in dem das jüngste der Kinder das 23. Lebensjahr vollendet. Ergreift eines dieser Kinder vor Vollendung des 23. Lebenjahres den Apothekerberuf, so kann die Frist auf Antrag verlängert werden, bis es in seiner Person die Voraus-
setzungen für die Erteilung der Erlaubnis erfüllen kann;
Ein Gespräch, das ich gestern abend in diesem Hohen Hause hatte, hat mich ,auf den Gedanken gebracht: Ist der Gesetzgeber bei der Feinmechanik, die da getrieben wird - und wenn Feinmechanik getrieben und zuviel in das Gesetz hineingeschrieben wird, läuft man natürlich Gefahr, daß man etwas Anfechtbares hineinschreibt, je mehr einer schreibt, um so mehr Anfechtbares kann er von sich geben -, auf dem richtigen Wege? Es heißt hier „erbberechtigte Kinder". Es sollte eigentlich heißen - und das bitte ich Sie nun ernstlich zu überlegen - nicht „Kinder", sondern „Abkömmlinge", so daß auch beispielsweise die Enkel erfaßt werden. Auch da will ich nicht theoretisieren, sondern will Ihnen einen praktischen Fall nennen. Seit Generationen ist eine Apotheke in den Händen einer und derselben Familie. Der Großvater hat sie zur Zeit inne und leitet sie. Der Sohn, der auch Apotheker war, ist im Weltkrieg Nr. 2 gefallen; er ist nicht mehr da. Aber es sind Enkel da, und einer von den Enkeln will Apotheker werden. Der will den Apothekerberuf ergreifen, hat bereits das Abitur gemacht, ist schon in der Praktikantenzeit. Inzwischen stirbt der Großvater. Dann ist nach dieser Gesetzesbestimmung, weil sie nur auf das Eltern-Kind-Verhältnis abgestellt ist, die Verpachtung nicht zulässig. Das aber ist Unrecht. Deswegen meine ich, daß wir in Nr. 2 statt Kinder „Abkömmlinge" setzen sollten.
Der andere Punkt, bei dem ich meine, daß man in der Feinmechanik, wie sie im Gesundheitsausschuß I) getrieben worden ist, etwas zu weit gegangen ist, ist Nr. 3. Da heißt es, daß Verpachtung zulässig sei durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten bis zu dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung. Warum, meine Damen und Herren, bis zum Zeitpunkt der Wiederverheiratung? Stellen Sie sich wiederum einen praktischen Fall vor. Der Apotheker stirbt; er hinterläßt als seine gesetzlichen Erben seine Witwe und zwei oder drei Kinder. Diese Erbengemeinschaft verpachtet die Apotheke. Dann kommt irgend jemand, der kein Apotheker ist, und will die Witwe heiraten, ein Bundestagsabgeordneter
({2})
oder ein Regierungsrat oder sonst jemand, der mit der Apotheke nichts zu tun hat. Dann soll der Pachtvertrag, wie er geschlossen worden ist, nicht mehr möglich sein!? Die Witwe kann dann nicht mehr als Verpächterin tätig werden.
Meine Damen und Herren, diese Vorschrift, die das Schließen einer neuen Ehe mit der Folge der Unfähigkeit verbindet, als Verpächterin aufzutreten, ist eine jener zahlreichen Vorschriften, die die „Onkelehen" begünstigen.
({3})
Zu einer solchen Begünstigung besteht keinerlei praktischer Anlaß. Lassen Sie ruhig die Witwe mit den Kindern den Regierungsrat oder den Bundestagsabgeordneten heiraten und die Apotheke weiter einem Pächter verpachtet bleiben.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, den Anträgen zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3, die ich vorgebracht habe, zu entsprechen.
Nun zu den Anträgen der SPD! Die SPD beantragt, im § 10 Abs. 1 die Nr. 4 zu streichen. Ich halte diese Streichung für unzulässig. Man greift, wenn man diese Nr. 4 nicht in das Gesetz aufnimmt, in die Rechte der Realapotheken ein. Das läuft auf eine partielle Enteignung hinaus. Ich glaube, wir dürfen das nicht machen. Wir liefern nur noch einen weiteren Grund für die Beanstandung dieses Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht, wenn wir eine solche Vorschrift, die, wie mir scheint, auf Grund des überkommenen Rechtszustandes notwendig ist, streichen.
Die Stellungnahme zu den übrigen Anträgen möchte ich Herrn Stammberger und den anderen Herren überlassen. Ich persönlich möchte mich nur für meine „Geisteskinder" mit besonderer Wärme einsetzen, nämlich dafür, daß in § 10 Abs. 1 Nr. 2 jeweils das Wort „Kinder" durch das Wort „Abkömmlinge" ersetzt und daß in § 10 Abs. 1 Nr. 3 die Bestimmung über die Wiederverheiratung gestrichen wird.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dittrich als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fülle der Anträge ist so groß, daß man sich konzentrieren muß und für die einzelnen Änderungsanträge nur Empfehlungen und Ratschläge geben kann.
Ich darf mich zunächst mit den Änderungsanträgen der SPD-Fraktion zu § 10 beschäftigen.
Die SPD beantragt zunächst, daß in § 10 Abs. 1 Nr. 1 hinter den Worten „wenn und solange der Verpächter im Besitz der Erlaubnis ist" noch der Halbsatz eingefügt wird: „und die Apotheke aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund nicht selbst betreiben kann". Meine Damen und Herren, ich bin Jurist und habe einige Bedenken. Ich frage mich, welches diese wichtigen Gründe sein mögen, die in der Person des Apothekers liegen und aus denen er die Apotheke nicht selbst soll betreiben können. Ich befürchte, daß die Rechtsprechung hier wieder eine große Anzahl von Entscheidungen treffen muß. Wenn mich die SPD-Fraktion in dieser Hinsicht aber beruhigen kann, wenn man hier gewichtige Gründe für die Einfügung dieses Halbsatzes hat, könnten wir dem, glaube ich, zustimmen.
Zu dem Antrag, in § 10 Abs. 1 die Nr. 4 zu streichen, darf ich folgendes sagen. Herr Kanka, das, was Sie hinsichtlich dieses Änderungsantrages hier ausgeführt haben, scheint mir neben der Sache zu liegen. Ich möchte einen grundlegenden Irrtum bei Ihnen, Herr Kanka, richtigstellen. Die Abwertung der Realrechte ist nicht ein Ergebnis unserer Gesetzgebungsarbeit, sondern ein Ergebnis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, welches besagt, daß die Niederlassungsfreiheit gegeben ist. Das ist das Entscheidende bei dieser Frage. Wir haben im RechtsDr. Dittrich
ausschuß bereits die Bedenken angemeldet, die wir in dieser Richtung haben. Wir erwecken bei diesen Privilegierten die falsche Vorstellung, als ob ihr Recht noch etwas wert sei, was namentlich auch in steuerlicher Hinsicht gewisse Konsequenzen habe.
Ich würde deshalb empfehlen, den § 10 so anzunehmen, wie es der Kollege Wittrock empfohlen hat, d. h. also mit der Maßgabe, den Abs. 1 Nr. 4 zu streichen.
Zu dem Antrag auf Umdruck 586 ({0}) Ziffer 1 c) darf ich folgendes ausführen. Es mag richtig sein, dem § 10 Abs. 2 folgenden Zusatz zu geben:
Der Pachtvertrag darf die berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit des pachtenden Apothekers nicht beeinträchtigen;
Hiergegen ist nichts einzuwenden. Bedenken sind aber gegen den zweiten Halbsatz einzuwenden, der lautet:
der Vertrag bedarf der Genehmigung der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde.
Die Bedenken sind aus zwei Gründen zu erheben. Einmal muß die Behörde, die hier die Erlaubnis erteilen soll, im Falle der Verpachtung ohnedies schon den Pachtvertrag zur Hand nehmen und muß überprüfen, ob er im Einklang mit den Bestimmungen dieses Gesetzes steht. Zum anderen glaube ich, daß man durch die beantragte Bestimmung dem Pachtvertrag eine öffentlich-rechtliche Bedeutung beimißt, die gar nicht vorliegen kann. Bei diesen Pachtverträgen handelt es sich doch um zivilrechtliche Verträge. Dabei sollten wir es belassen.
Ich bitte deshalb, sehr verehrter Herr Präsident, zunächst nur über den ersten Halbsatz des Antrags auf Umdruck 586 ({1}) Ziffer lc abstimmen zu lassen und dann über den ganzen Antrag.
Wenn ich Sie recht verstanden habe, meinen Sie den Satz bis zum Semikolon.
Die Abstimmung über den Satz nach dem Beistrich bitte ich zunächst auszusetzen.
Also nach dem Wort „beeinträchtigen".
Ja, über den Satz, der nach dem Wort „beeinträchtigen" folgt, bitte ich getrennt abstimmen zu lassen.
Nun zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Kanka! Herr Kollege Kanka, ich pflichte Ihnen bei, wenn Sie sagen, daß persönliche Verhältnisse eines Abgeordneten - insbesondere der Besitz irgendeines Rechtes durch ihn selber oder seine Frau - hier in diesem Parlament keine Rolle spielen sollten. Das ist Übung des Hauses. Keiner von uns, ich glaube, auch nicht der Kollege Stammberger, der hierzu sicher selber Stellung nehmen wird, hat ihnen unterstellt, Sie hätten aus persönlichen Motiven heraus hier Änderungsanträge gestellt. Wir sehen aus den beiden Anträgen, die Ihre Unterschrift fragen, nämlich aus den Anträgen auf den Umdrucken 604 und 607, daß Sie sich, obwohl Sie nicht im Gesundheitsausschuß an dieser Materie mitgearbeitet haben, mit diesen Fragen sehr sorgfältig beschäftigt haben. Deshalb ist es unsere Pflicht, uns ebenso sorgfältig mit Ihren Anträgen zu beschäftigen.
Ich darf zunächst einmal den Antrag auf Umdruck 607 behandeln. Nach diesem Antrag soll das Wort „Abkömmlinge" an die Stelle des Wortes „Kinder" gesetzt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein wichtiger Gedanke, der in diesem Gesetz in besonderer Weise herausgehoben wird, ist der, daß die Apotheke grundsätzlich in die Hand eines Apothekers gehört. Davon sollte man nur in besonderen Fällen, in einer ganz eng umgrenzten Zahl von Fällen, eine Ausnahme machen und eine Verpachtung der Apotheke zulassen. Hier haben wir gedacht an den Apotheker, der nicht mehr in der Lage ist, seine Apotheke selber zu führen, an den Ehegatten und an die Kinder. Würden wir dem Antrage Umdruck 607 zustimmen, also die Abkömmlinge insgesamt hineinnehmen und ihnen die Möglichkeit der Verpachtung geben, so würde, befürchte ich, der Kreis der Verpachtungsberechtigten oder Verpachtungsverpflichteten, der eng begrenzt bleiben sollte, zu sehr ausgeweitet, weil dann, Herr Kanka, gegebenenfalls auch noch der Urenkel die Möglichkeit der Verpachtung hätte.
({0})
Ich bitte deshalb, den Änderungsantrag Umdruck 607, der von den Herren Kollegen Dr. Kanka und Jahn ({1}) unterzeichnet ist, abzulehnen. Er widerspricht meines Erachtens dem Grundsatz, daß der Kreis derer, die verpachten können, eng begrenzt sein muß.
Das Zweite, Herr Kanka, ist die Frage der Verpachtung durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten. Herr Kollege Kanka strebt mit diesem Antrag an, daß eine Witwe auch dann, wenn sie sich wieder verehelicht, die Möglichkeit einer Verpachtung haben soll. Wir meinen, daß das nicht gut ist, aus dem Grundsatz heraus, den ich herausgearbeitet habe: daß man auch hier der Witwe den Genuß der Arbeit ihres Mannes oder dem Ehegatten den Genuß der Arbeit der Frau nur solange belassen sollte, solange sie nicht wieder verehelicht sind. Jedenfalls waren das unsere Vorstellungen im Ausschuß.
Ich darf deshalb bitten, dem Änderungsantrag Umdruck 604 der Kollegen Ehren und Dr. Kanka und dem Antrag Umdruck 607 der Kollegen Jahn ({2}) und Dr. Kanka ihre Zustimmung zu versagen.
Das Wort hat der Abgeordnete Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Berichterstatters, des Herrn Kollegen Dr. Dittrich, ermöglichen es mir, mich sehr kurz zu fassen, zumal ich es auch nicht für angebracht halte, die zweite Lesung im
Plenum zu einer Wiederholung der Ausschußberatungen zu machen.
({0})
Ich kann mich dem Grundsatz anschließen - und Ich hoffe, die meisten unter uns -, den Herr Kollegen Dittrich hier aufgestellt hat: Die Apotheke gehört in die Hand des Apothekers. Oder noch genauer: Es gehört in die Hand eines Apothekers eine Apotheke und nicht mehr. Oder noch genauer - und da darf ich Sie ergänzen, Herr Kollege Dittrich -: Die Apotheke gehört in die Hand eines freien, unabhängigen und selbstverantwortlichen Apothekers.
({1})
Darum haben wir - und da stimmen wir ja im Grundsatz überein - die Verpachtungsmöglichkeit eingeschränkt, womit wir nichts anderes tun als das, was bei anderen freien Berufen - und der Apothekerberuf ist ja infolge der Niederlassungsfreiheit zu einem freien, wenn auch staatlich geregelten und gebundenen Beruf geworden - als ungeschriebenes Recht selbstverständlich ist. Weder der Rechtsanwalt noch der Arzt dürfen, ohne ihre Berufsgrundsätze zu verletzen, ihre Praxis verpachten. Es gibt bei der Apotheke gewisse Ausnahmen deshalb, weil der Apotheker in stärkerem Maße als andere freie Berufe auf einen Inbegriff von Sachkapital angewiesen ist. Darum ist es angemessen, gewisse soziale und familiäre - insbesondere familiäre - Erwägungen und Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das ist hier durch § 10 geschehen. Darüber hinauszugehen, wie es der Antrag Kanka-Jahn verlangt, ist nicht gerechtfertigt; darin stimme ich dem Herrn Berichterstatter zu. Meine Freunde werden den Antrag Kanka ablehnen, denn er eröffnet einen kaum beschränkbaren Zeitraum, weil zu den Abkömmlingen ja Enkel und Urenkel gehören können. In der Regel werden übrigens nach dem bürgerlichen Recht Enkel und Urenkel ohnehin durch die Kinder vom gesetzlichen Erbrecht ausgeschlossen sein.
Nun nur noch eins. Herr Kollege Dittrich hatte zu dem Änderungsantrag meiner Fraktion die Frage, was denn ein in der Person liegender wichtiger Grund sei. Ich glaube, der wichtige Grund ist je nach der Zielrichtung des Gesetzes ein so feststehender Begriff im Recht und in der Rechtsprechung, daß dagegen keine Bedenken erhoben werden können. Wenn man die Bestimmung ohne diese Einfügung läßt, lautet sie schlechthin: „Die Verpachtung einer Apotheke ist nur in folgenden Fällen zulässig: 1. wenn und solange der Verpächter im Besitz der Erlaubnis ist". Das würde es jedem Apotheker, der eine Apotheke hat, ermöglichen, nach Willkür und Laune diese Apotheke zu verpachten; er selbst begibt sich dann auf Großwildjagd in Afrika, oder er macht irgend etwas anderes, und an seiner Stelle ist ein Apotheker tätig, der nicht unserem Leitbild des eigenverantwortlichen, freien und unabhängigen Apothekers entspricht. Denn das wissen wir alle aus der Erfahrung, daß der Pächter nicht die Stellung des - ich sage es einmal etwas unjuristisch - Eigentümers hat.
Es muß also schon irgendeine Rechtfertigung finden, daß die Apotheke ausnahmsweise verpachtet wird, und deshalb muß die Zulässigkeit der Verpachtung darauf beschränkt werden, daß in der Person des verpachtenden Apothekers ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist z. B. eine längere Erkrankung. Das kann auch darin liegen, daß der verpachtende Apotheker in den Staatsdienst berufen wird. Er wird etwa als Sachbearbeiter in ein Innenministerium berufen, bedingt sich ein Jahr aus, um zu sehen, ob es ihm zusagt, in die Staatsverwaltung überzugehen, und für dieses eine Jahr will er seine Apotheke verpachten. So ist eine ganze Reihe evidenter Gründe denkbar, die einen in der Person liegenden wichtigen Grund geben. Es muß aber eine Rechtfertigung haben, daß man abweicht.
Ich glaube also gar nicht, daß es dabei zu irgendwelchen großen und schwierigen Streitigkeiten kommen kann. Unsere Einfügung liegt genau in der Linie dessen, was Sie, Herr Kollege Dittrich, schon als Berichterstatter ausgeführt haben, worin sich die Fraktionen im großen und ganzen einig sind und was der Zielrichtung des Gesetzes entspricht.
Nun hatten Sie noch Bedenken dagegen, daß der Vertrag der Genehmigung der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde bedarf. Ich kann das Bedenken nicht einsehen. Sie selber haben ausgeführt, daß diese Behörde den Vertrag ohnehin in die Hand bekommen und überprüfen muß. Sie sieht ihn also. Warum soll sie nicht eine Genehmigungsbefugnis haben, zumal uns daran liegt, daß es eine Instanz gibt, die im Interesse der Zielrichtung dieses Gesetzes: Schutz der öffentlichen Gesundheitsfürsorge und der öffentlichen Heilmittelversorgung, darauf achtet, daß durch den Pachtvertrag die berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit des pachtenden Apothekers nicht beeinträchtigt werden darf? Dieser Satz wäre lediglich ein Programm, wenn es nicht eine Stelle gäbe, die eine gewisse Mitverantwortung trüge. Wir wären Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie auch diesem Zusatz Ihre Zustimmung geben könnten, daß ein solcher Vertrag dann der Genehmigung der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde bedarf, damit regelmäßig die Gewähr dafür geboten ist, daß Apotheken nur in sinnvoller Weise verpachtet werden und das Leitbild des Apothekers als eines unabhängig, frei und selbstverantwortlich seinen Beruf Ausübenden, der nicht einem Verpächter Rechenschaft schuldig sein soll, so weitgehend und so ideal wie möglich durchgeführt werden kann.
({2})
Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß der Vorsitzende des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen den Ausschuß auf 11 Uhr zu einer sehr kurzen Sitzung einberufen hat.
Herr Abgeordneter Stammberger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst, um bei der Terminologie des Herrn Kollegen Kanka zu
bleiben, gewissermaßen als Innungsobermeister der Feinmechaniker des Gesundheitsausschusses
({0})
kurz zu der Feststellung Stellung nehmen, es sei vielleicht nicht ganz zweckmäßig gewesen, gerade den Herrn Kollegen Dr. Dittrich als Berichterstatter einzusetzen. Herr Kollege Wittrock, Sie haben im Grundsatz natürlich völlig recht. Wir sollten das nicht zur Übung werden lassen. Ich will aber kurz darlegen, warum es so gekommen ist. Wir haben ganz im Sinne der Intentionen der SPD Arzneimittel- und Apothekenrecht als eine Einheit ansehen wollen, und da wir Frau Kollegin Hubert einstimmig als Berichterstatterin für das Arzneimittelgesetz bestellt haben, haben wir ebenso einstimmig den Kollegen Dittrich als Berichterstatter für das Apothekengesetz bestellt. Wir wären sonst auch in Schwierigkeiten gekommen; denn jeder im Gesundheitsausschuß hatte einen der beiden vorliegenden Anträge mitunterschrieben, den Antrag der SPD oder den Antrag der Mitglieder des Gesundheitsausschusses, der außerdem noch eingebracht worden ist.
Nun zu Ihnen, Herr Kollege Kanka. Ich bescheinige Ihnen gern, daß Sie gar keine bösen Absichten haben. Bescheinigen wir uns gegenseitig, daß wir reine, unschuldsvolle Engel sind, Herr Kollege Kanka.
({1})
Das hat Herr Dr. Kanka nicht gesagt.
({0})
Nein, ich wollte es ihm auch nur nahelegen, Herr Präsident.
Herr Kollege Kanka, es ist nicht notwendig, daß Sie sich nun zum besonderen Fürsprecher der Witwen und Waisen aufschwingen. Die Witwen und Waisen haben sehr gute Fürsprecher in der Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen deutscher Apotheker gehabt. Ich möchte bewußt von Fürsprechern und gerade hier nicht von Lobbyisten sprechen. Ich für meine Person möchte Ihrem Antrag auf Umdruck 607 hinsichtlich der Ersetzung des Wortes „Kinder" durch „Abkömmlinge" zustimmen. Ich kann mich aber nicht mit Ihrem Antrag hinsichtlich der Erweiterung des Witwenrechts bis zu einem Zeitpunkt, wo die Witwe gar keine Witwe mehr ist, Herr Kollege Kanka, einverstanden erklären. Es handelt sich um ein Witwenrecht, und alle Ansprüche, die die Witwe hat, aus der Beamtenpension, aus der Kriegsopferversorgung und aus unendlich vielen Dingen mehr, erlöschen nun einmal, wenn sie keine Witwe mehr ist, weil sie sich wieder verheiratet. Wir sollten hier aus Gründen, die Herr Kollege Dr. Arndt bereits vorgetragen hat, auch in diesem Punkt konsequent sein.
Nun zu den Änderungsanträgen der SPD. Dem Änderungsantrag zu Abs. 1 Nr. 1 werden wir zustimmen. Wir werden auch dem Streichungsantrag zu Abs. 1 Nr. 4 zustimmen. Ich hatte mich bereits bei den Beratungen des Rechtsausschusses - auf
eine Empfehlung des Rechtsausschusses ist diese Nummer ja zurückzuführen - der Stimme enthalten, und zwar aus folgendem Grunde. Es ist vorhin - ich glaube, es war Herr Kollege Dr. Dittrich gesagt worden, das Bundesverfassungsgericht habe diese Rechte aufgehoben. Das stimmt nicht. Die Rechte sind heute noch existent. Sie sind nur durch die Aufhebung der Bedürfnisprüfung ihres Seltenheitswertes und damit ihres wirtschaftlichen Wertes beraubt worden.
({0})
- Aber das Bundesverfassungsgericht hat es festgestellt. Sie sind heute praktisch auf Null abzuschreiben; denn ihren Wert haben sie dadurch verloren, daß sie eben keinen Seltenheitswert mehr haben. Wie ich vorhin sagte, kann man im Nachbarhaus oder im Hause gegenüber auch eine Apotheke errichten ohne Rücksicht auf die Bedürfnisfrage, und das wirkt sich auf die Möglichkeit der wirtschaftlichen Verwertung, sei es durch Verkauf, Verpachtung, Vermietung oder sonst aus.
Ich habe Bedenken dagegen, daß wir den Versuch machen, diese Rechte in irgendeiner Form künstlich wieder aufzumöbeln. Ich habe bereits bei den Beratungen des Rechtsausschusses darauf hingewiesen, daß dann wahrscheinlich sehr schnell der Fiskus kommen wird und dafür etwas haben will. Meine Damen und Herren, wir kennen ja den Staat. Ich habe recht gehabt: Bei den Vermögenssteuerrichtlinien 1g60, die die Bundesregierung inzwischen vorgelegt hat und über die der Bundesrat gerade heute zu entscheiden hat, ist derartiges bereits vorgesehen. Hier wird bereits ein fiktiver Wert unterstellt, der in der Praxis gar nicht mehr vorhanden ist, seitdem dieses Urteil erging. Ich bin aus diesem Grunde der Meinung, wir tun den Realrechtsbesitzern nur einen Gefallen, wenn wir diese Vorschrift wieder herausstreichen.
Nun zu dem letzten Änderungsantrag der SPD zu
10 Abs. 2. Hier vertrete ich, Herr Kollege Dr. Arndt, die Meinung des Herrn Kollegen Dr. Dittrich. Auch ich möchte namens meiner Fraktion bitten, daß wir über die beiden Halbsätze getrennt abstimmen. Dem ersten Halbsatz stimmen wir zu, den zweiten halte ich nicht für erforderlich.
Herr Kollege Dr. Arndt, es ist doch so, daß der Pächter der Erlaubnis bedarf. Die zuständige Behörde, die ihm die Erlaubnis zu erteilen hat, prüft die Voraussetzungen. Bei einem Pächter müssen dann neben den Voraussetzungen des § 2 und den sachlichen Voraussetzungen der Apothekenbetriebsordnung auch noch die Voraussetzungen des § 10 überprüft werden, nämlich einmal die Voraussetzungen des Abs. 1 und zum zweiten, wenn wir den Antrag der SPD mit dem ersten Halbsatz annehmen, auch noch die Voraussetzungen des Abs. 2. Entweder findet die Genehmigungsbehörde, die die Erlaubnis erteilt, kein Haar in der Suppe; dann genehmigt sie den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis. Damit ist auch der Pachtvertrag genehmigt. Oder aber die Behörde sagt: Die Voraussetzungen liegen nicht vor, hier wird geknebelt; oder hier sind grund6396
sätzlich gar keine Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 zu einer Verpachtung gegeben, also müssen wir den Antrag ablehnen. Damit ist auch der Pachtvertrag abgelehnt.
Ich habe das Gefühl, hier wird ein weiterer Verwaltungsakt konstruiert. Sie meinen es bestimmt gut. Ich will Ihnen nichts unterschieben. Aber hier wird ein weiterer Verwaltungsakt konstruiert, den wir uns ersparen können.
({1})
Die Genehmigung oder Ablehnung des Pachtvertrages ist in der Genehmigung oder Ablehnung des Gesuches auf Erteilung der Erlaubnis enthalten. Daher bitte ich Sie, getrennt über diesen Änderungsantrag der SPD abzustimmen und den zweiten Halbsatz abzulehnen.
Herr Abgeordneter Dr. Arndt wünscht noch das Wort; ich erteile es ihm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es so wäre, wie Sie sagen, Herr Kollege Stammberger, würde es in der Tat des Zusatzes gar nicht bedürfen. Aber bisher ist aus dem Gesetz nicht ersichtlich, daß die Erlaubniserteilung auch davon abhängig gemacht werden kann, daß der Pachtvertrag dein Gesetz entspricht.
({0})
Was heißt Landesgesetzgebung? Wir machen doch hier das Apothekengesetz, also müssen wir in irgendeiner Form, wenn wir uns in der Sache einig sind - vielleicht ist das bis zur dritten Lesung möglich -, irgendeine Formulierung finden, die das klarstellt, was wir offensichtlich alle wollen, Sie, Herr Kollege Dr. Dittrich, und wir, daß nämlich bei der Erlaubniserteilung an den Pächter auch geprüft wird, ob sein Pachtvertrag den Erfordernissen des Apothekengesetzes entspricht. Darüber sind wir offensichtlich einig, mehr wollen wir auch nicht.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag auf Umdruck 586 ({0}) Ziffer la, der die Änderung der Ziffer 1 des § 10 nach der Ausschußvorlage vorsieht. Besteht Klarheit über den Gegenstand der Abstimmung? - Wer dem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Der Änderungsantrag ist angenommen.
Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag Jahn ({1}), Dr. Kanka auf Umdruck 607, statt „Kinder" „Abkömmlinge" zu setzen. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Wir wollen zur Klarheit noch einmal abstimmen lassen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag auf Umdruck 604 Ziffer 2. Wer dem Antrag zustimmen
will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe!
- Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag auf Umdruck 586 ({2}) Ziffer 1 b, Absatz 1 Nummer 4 zu streichen. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben, - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen und bei einer Enthaltung angenommen!
Nunmehr stimmen wir über den Änderungsantrag Umdruck 586 ({3}) Ziffer lc erster Halbsatz ab, der bis zu dem Wort ,,beeinträchtigen" geht. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen zu dem zweiten Halbsatz, der beginnt mit „der Vertrag bedarf". Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; abgelehnt.
Wer § 10 in der neuen Fassung zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist § 10 in der geänderten Fassung angenommen.
§ 10a! Hierzu liegt der Änderungsantrag Umdruck 586 ({4}) Ziffer 2 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Lange.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der voraufgegangenen Debatte ist schon von allen Seiten dieses Hauses deutlich gemacht worden, daß wir den selbstverantwortlichen und uneingeschränkt selbständig handelnden Apotheker als Leiter einer Apotheke haben wollen, durch den im Zweifelsfall das vorhandene Apothekengehäuse erst zur Apotheke wird. Erst in Verbindung mit ihm entsteht nach dem Gesetz und nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus den Räumen, Einrichtungen usw. die Apotheke.
Herr Präsident, Sie gestatten, daß ich auch gleich die Ziffer 3 des Antrags mitbegründe. Uns kommt es bei unseren Anträgen unter Ziffer 2 und 3 darauf an, daß der Apotheker in keiner Weise durch Verträge mit Lieferanten in seiner Entscheidungsfreiheit in seiner Apotheke, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in einem gewissen Sinn ein Gewerbebetrieb besonderer Art ist, eingeschränkt wird. Man kann das, so glauben wir, nicht nur gelten lassen hinsichtlich der Arzneimittel, sondern muß das auf das ganze Warensortiment der Apotheke erstrecken. Es geht nicht an, daß sich der Apotheker, wie es im Falle der Begrenzung auf Arzneimittel der Fall wäre, nur auf einem bestimmten Sektor seines Verkaufssortiments jeglicher Einschränkung und Bindung enthält, sich aber auf anderen Gebieten seines Warensortiments solche Einschränkungen gefallen läßt. Wir sollten den Apotheker in seinem Geschäftsgebaren nicht zu einem schizophrenen Wesen machen.
Uns kommt es also darauf an, daß hier keinerlei Beeinträchtigung entsteht. Deshalb haben wir hinter das Wort „Arzneimittel" die Worte gesetzt: „oder andere Erzeugnisse".
Lange ({0})
Über andere Erzeugnisse könnte nämlich unter Umständen eine Einschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Apothekers Platz greifen. Das möchten wir verhindern, und zwar auch aus dem Grunde; hier beziehe ich mich auf das, was Herr Kanka vorgetragen hat. Ein Apotheker, der zur Eröffnung einer Apotheke oder ihrer besseren Fundierung Kredit aufnehmen muß, darf nicht in seiner Entscheidungsfreiheit dadurch eingeschränkt werden, daß mit den Kreditbedingungen andere Bedingungen gekoppelt werden. Der Kredit kann ihm von jemand gegeben werden, der nicht aus der Arzneimittelbranche kommt, der aber andere, vielleicht in einem losen Zusammenhang mit Arzneimitteln stehende Erzeugnisse hat; ich meine hier die bewußten anderen Erzeugnisse.
Wir wollen solche vertraglichen Einschränkungen verhindern und die Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit des Apothekers sichern. Es sollen nicht irgendwelche, die am Markt stärker sind, den Apotheker unter Druck nehmen und einengen können. Daraus ergibt sich logischerweise, was wir zu § 10c vorschlagen, daß nämlich Rechtsgeschäfte, die gegen § 10a - ich erinnere an die Worte „verleiten lassen" - oder gegen § 10b verstoßen oder mit einem Verstoß gegen diese Vorschriften in Zusammenhang stehen, die also formal nichtselbständige Rechtsgeschäfte zu sein brauchen, sondern Teilrechtsgeschäfte sein können, nichtig sind.
Hier geht es also einfach um etwas, was man in einem anderen Zusammenhang schon einmal gewollt hat, was man nicht zur Gänze hat durchsetzen können. Es geht darum, die freie Entscheidung des einzelnen Berufsausübenden gegen von außen kommende Beeinflussung zu schützen. Um nicht mehr geht es. Aber das ist im Grunde genommen bedeutsam, weil nämlich nur auf diese Art und Weise die Unabhängigkeit des Apothekers und der Apotheke als des Instruments der Arzneimittelversorgung - so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt - aufrechterhalten bleiben kann.
Aus diesem Grunde stellen wir unseren Antrag, und aus diesem Grunde bitten wir, ihm zuzustimmen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stammberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lange, wir sind uns im Grundsatz völlig einig. Letzten Endes beruht die jetzige Formulierung der Ausschußfassung ja auf dem Grundgedanken des § 58 des SPD-Entwurfs. Aus wohlerwogenen Gründen haben wir ihn im Gesundheitsausschuß aber etwas geändert, und ich bin der Meinung, wir sollten es dabei belassen, und zwar aus zwei Gründen.
Einmal spricht Ihr jetziger Antrag vom Verleitenlassen durch Angebote oder Gewährung von Vorteilen. Meine Damen und Herren, ich will Ihnen einmal sagen, wie das in der Praxis aussieht. Da geht jemand in die Apotheke und verlangt schlechthin
ein Schmerzmittel, kein bestimmtes Medikament, ( sondern eben ein Schmerzmittel. Er überläßt dem Apotheker die Wahl. Dieser gibt ihm etwas, woran der Apotheker einen Groschen mehr verdient als an einem anderen Mittel. Da läßt er sich eben verleiten durch die Gewährung eines Vorteils, weil er dieses bestimmte Medikament anbietet. Herr Kollege, ist es wirklich erforderlich, dies zu regeln? Das war der erste Grund.
Der zweite Grund ist folgender. Ich verstehe völlig das von Ihnen gewollte Verbot der Beschränkung des Warensortiments bei Arzneimitteln, und ich billige es. Es hat einen sehr guten Grund. Es soll nämlich im Sinne einer geordneten Arzneimittelversorgung verhindert werden, daß dem Patienten nicht alle notwendigen oder zumindest gewünschten Arzneimittel zur Verfügung stehen, weil sich der Apotheker in irgendeiner Form gebunden hat. Ich bin aber der Meinung, daß diese Beschränkung bei den Mitteln, bei dem Warensortiment, das heute in der Apotheke auch neben dem eigentlichen Arzneimittelsortiment geführt wird, nicht angebracht ist; ob nun Zahnbürsten oder Zahnpasta, Seife, Parfüm oder was weiß ich, was es in den einzelnen Apotheken in mehr oder weniger schöner Form zu kaufen gibt, Beschränkungen unterliegen oder nicht, ist aus gesundheitspolitischen Gründen nun wirklich nicht von Bedeutung. Die bedeutenden Pflichten, die wir dem Apotheker aus Gründen, in denen wir auch völlig übereinstimmen, auferlegen, sollten wir nicht in einer Art und Weise ausdehnen, daß der Apotheker allzusehr eingeschränkt wird.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, daß infolge des Wegfalls der Bedürfnisprüfung durch den Spruch des Bundesverfassungsgerichts oder, wie Sie sagen, durch die Bundesverfassung und auch jetzt durch unser Gesetz der Apotheker notgedrungen einem Existenzkampf ausgesetzt wird, nicht nur einem Kampf der Apotheker untereinander, sondern auch einem Kampf mit anderen Berufsgruppen, insbesondere den Drogerien. Wir sollten den Apotheker nicht mehr beengen, als es aus gesundheitspolitischen Gründen erforderlich ist. Andere Erzeugnisse als Arzneimittel in die Beschränkung hineinzunehmen erscheint mir zumindest gesundheitspolitisch nicht erforderlich.
Aus diesem Grunde bitte ich namens meiner Fraktion, den Änderungsantrag des SPD abzulehnen.
Herr Abgeordneter Lange!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es mag richtig sein, Herr Kollege Stammberger, daß für den zweiten Teil - andere Erzeugnisse - keine gesundheitspolitischen Argumente unmittelbar sprechen. Auf der anderen Seite, Herr Stammberger, würde ich Sie aber herzlich darum bitten, hier nicht nur gesundheitspolitische Argumente in Betracht zu ziehen, sondern auch wirtschaftspolitische. Es ist doch nicht einzusehen, warum jemand sich in seinem Warensortiment durch Individualvertrag dahin einschränken soll,
Lange ({0})
daß er nur - um Ihre Beispiele zu benutzen, Herr Stammberger- ein bestimmtes Fabrikat von Zahnbürsten, Seifen oder Parfüms führt. Das halte ich für völlig unerträglich, und ich würde Ihnen empfehlen, Herr Stammberger, sich einmal sehr genau den Bericht des Kartellamtes darüber anzusehen, was es mit diesen Individualverträgen auf sich hat, ehe Sie sich endgültig dafür entscheiden, unseren Antrag abzulehnen. Hier haben wir eine Möglichkeit, jemanden von solchen Einschränkungen freizustellen.
({1})
- Moment, wir kommen sowieso noch zu einer Auseinandersetzung über einige Fragen auf Grund des Kartellamtsberichts. Hier geht es darum, die Apotheke und den Apotheker von solchen Einschränkungen freizuhalten. Letzten Endes ist es ja auch bei den anderen Erzeugnissen der Apotheker, der diesen Vertrag schließt, der ihn im Grunde genommen einschränkt. Da kann man doch nicht den Apotheker zu einem gespaltenen Wesen machen wollen: auf der einen Seite ist er Apotheker, auf der anderen Seite ist er Kaufmann schlechthin. Damit eröffnen Sie nämlich die Möglichkeit, die Sie angeblich nicht wollen. Besser gesagt: Sie behandeln den Apotheker und die Apotheke in einem Sinn, in dem Sie sie angeblich nicht behandeln wollen. Sie behandeln die Apotheke nämlich so wie - jetzt drücke ich es einmal ganz überspitzt aus - einen Arzneimittelkramladen.
({2})
- Ich sage, ich drücke es ganz überspitzt aus; woanders nennt man so etwas Drugstore. Das soll ja hier nicht gewollt sein. Aber die Apotheke und den Apotheker bringen Sie dadurch, daß Sie zwar unseren § 58 übernommen, aber geändert übernommen haben - wir haben ihn hier restlos wiederhergestellt -, in diese Verlegenheit. Es erfolgt eine teilweise Knebelung, und die wollen wir nicht.
Nun zu den von Ihnen genannten Vorteilen, Herr Stammberger! Es hat keinen Zweck, hier mit Groschen zu operieren. Der Groschen ist für das Geschäft des Apothekers nicht das „Anbieten von Vorteilen", sondern hier geht es um handfeste Dinge, nämlich um Kreditgeschäfte und ähnliche Sachen, die man unter diesen Umständen, nach der Fassung des Beschlusses des Gesundheitsausschusses, auch machen kann. Dem wünschen wir vorzubeugen. Außerdem würde sich kein Richter finden, der, wie es ein Anwalt hier getan hat - Sie sind es doch, soweit ich mich erinnere -, wie es also dieser Anwalt, der Kollege Stammberger, hier getan hat, in dem Verkauf eines bestimmten Arzneimittels, das einen Groschen teurer als ein anderes ist, das „Anbieten eines Vorteils" sieht. Ich glaube, damit kommen Sie nicht durch. Das sollte man nicht verniedlichen.
Ich bitte Sie, der Änderung aus den angeführten Gründen zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dittrich als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir halten die Ausschußfassung für eine genügende Sicherung nach dieser Richtung. Ich beziehe mich auf die Ausführungen meines Kollegen Dr. Stammberger. Meine Fraktion wird den Änderungsantrag der SPD ablehnen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen ab über den Antrag Umdruck 586 ({0}) Ziffer 2 zu § 10 a. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Jetzt stimmen wir über die §§ 10a und 10b in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
§ 10c. Ist der Änderungsantrag Umdruck 586 ({1}) Ziffer 3 schon begründet? - Dann können wir über ihn abstimmen. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Damit ist auch § 10c beschlossen.
Dann § 13! Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 604 Ziffer 3 vor. Wer begründet ihn? - Herr Dr. Kanka hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind in einer neuen Ära des Apothekenbetriebsrechts. Diese neue Ara des Apothekenbetriebsrechts ist dadurch gekennzeichnet, daß wir die Niederlassungsfreiheit haben, daß wir nicht mehr die Apotheken haben, die nur kraft Konzession oder kraft Privilegs betrieben werden können. Das war die alte Ära des Apothekenbetriebs-rechts, die im Zeichen der Konzession, der Privilegien stand, im Zeichen eines bestimmten Numerus clausus, praktisch gesehen, und unter der Vorschrift, daß neue Apotheken nur errichtet werden durften, wenn die Bedürfnisfrage bejaht wurde.
Aber schon damals war vorgesehen, daß die Hinterbliebenen eines Apothekers die freie Befugnis haben sollten, zu bestimmen, ob die Apotheke künftighin durch einen verantwortlichen Verwalter oder ob sie durch einen Pächter geführt werden sollte. Das war also die Regelung in einer Zeit des stark reglementierten Apothekenbetriebsrechts; damals bestand die Freiheit der Wahl zwischen Verwaltung und Verpachtung.
An diesem im Zeichen einer gewissen relativen Freiheit bestehenden Zustand ist eine Änderung durch ein Gesetz vom 13. Dezember 1935 eingetreten, ein Gesetz also, das während des „Dritten Reiches" erlassen worden ist und das die bis dahin bestehende Freiheit der Entscheidung, ob man verwalten lassen oder verpachten wollte, ausgeschlossen hat! Es ist der Apothekenverpachtungszwang eingeführt worden. Nur für eine Übergangszeit von sechs Monaten ,sollte das Recht, einen Verwalter zu bestellen, fortgelten.
Die gesetzliche Regelung des Jahres 1935 hatte aber an sich, in der damaligen Rechtslage keinen
schlechten Grund. Ich will sie darum nicht schon deshalb, weil sie 1935 getroffen worden ist, „madig" machen. Der Grund lag darin: Wir hatten damals nur eine beschränkte Zahl von Apotheken. Nicht jeder konnte eine Apotheke aufmachen. Infolgedessen hatten wir eine ganze Anzahl von angestellten Apothekern, „Ersten Herren", wie sie heißen, oder Provisoren, die 50, 55, 60 Jahre alt wurden und immer noch in der „Knechtschaft" des Angestelltenverhältnisses leben mußten und unter Umständen von den Apothekenerben bei Abschluß von Verwalterverträgen sehr unter Druck gesetzt wurden.
({0})
- Einen Augenblick, Frau Kollegin! Ich möchte Sie bitten, Distanz von dem Gesetz zu nehmen und auf die allgemeine Rechtslage zu schauen. Denn die allgemeine Rechtslage, die im Jahre 1935 den Apothekenverpachtungszwang innerlich gerechtfertigt hat - aus sozialpolitischen Gründen, auch aus wirtschaftspolitischen und sogar aus gesundheitspolitischen Gründen -, hat sich jetzt grundlegend geändert. Jetzt ist es ja nicht mehr so, daß der angestellte Apotheker 50, 60 oder 70 Jahre alt werden muß, bis einer wegstirbt, der im Fettnäpfchen der Konzession oder des Privilegs sitzt, sondern er kann, wenn er die Voraussetzungen des § 2 erfüllt, jederzeit, schon im jugendlichen Alter, etwa mit 27 Jahren, seine Apotheke aufmachen. Die Situation, die im Jahre 1935 aus sozialpolitischen und rechtspolitischen Gründen das Gebot der Apothekenverpachtung, den Verpachtungszwang, gerechtfertigt hat, besteht jetzt nicht mehr.
Der Gesetzgeber soll nach dem alten Rezept verfahren, möglichst wenig Verbote zu servieren. Der Gesetzgeber soll sparsam sein; denn wenn er allzu viel verbietet, erreicht er damit nur, daß die Verbote umgangen werden, und der Gesetzgeber soll die dem Recht Unterworfenen nicht allzu stark in Versuchung führen. Keine unnötigen Verbote, und deshalb wieder die Freiheit, so wie sie auch schon früher bestanden hat, wo sie nicht am Platze war! Aber jetzt ist sie am Platze: Freiheit für die Erben und den, den sie auserwählen wollen als den verantwortlichen Leiter des Apothekenbetriebes, Freiheit für die Gestaltung des Rechtsverhältnisses, ob als Verpachtung oder als Verwaltervertrag! Streichung des § 13!
Herr Abgeordneter Dr. Dittrich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der Kollegen Ehren und Dr. Kanka rüttelt an einem Grundprinzip unserer Arbeiten. Herr Kollege Dr. Kanka will nach dem Tode des Erlaubnisinhabers den Erben der Apotheke das Recht geben, die Apotheke verwalten zu lassen.
Ich bitte Sie, einmal zu überlegen, daß keiner der Erben unter der Voraussetzung, daß sie nicht Apotheker sind, jemals daran denken wird, die Apotheke abzugeben oder zu verpachten, sondern daß
jeder bestrebt sein wird, die Apotheke zu behalten, sie verwalten zu lassen und daraus möglichst große Gewinne zu erzielen.
Der Herr Kollege Kanka hat sich vorhin als der Interessenvertreter eines noch nicht bestehenden Verbandes bezeichnet, eines Verbandes derjenigen, die noch keine Apotheke besitzen, aber gern eine gründen wollen. Jetzt kommt er mit einem Antrag, der den Mitgliedern dieses „Verbandes" jede Möglichkeit nimmt, in Zukunft jemals eine eigene Apotheke zu erhalten.
({0})
Seien wir uns doch darüber klar, daß sich die Zahl der Apotheken auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht beliebig vergrößern läßt. Einmal ist Schluß mit der Vergrößerung der Zahl der Apotheken, weil sonst eine wirtschaftliche Gefährdung eintreten und die Arzneimittelversorgung nicht mehr richtig gewährleistet werden könnte.
Uns kommt es noch auf ein Zweites an, und das ist der Grund, weshalb wir den Antrag Kanka ablehnen. Die Erben, die eine Apotheke verwalten lassen, stellen nicht in erster Linie auf die gesundheitspolitischen Maßnahmen, sondern auf wirtschaftliche Gesichtspunkte ab. Mit einer Annahme des Antrags Umdruck 6C4 würde die ganze Arbeit an dem Gesetzentwurf ad absurdum geführt. Aus diesen Gründen müssen wir den Antrag ablehnen.
Herr Dr. Rüdel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kanka ist von etwas falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er meinte, daß das seinerzeitige Pachtgesetz für die Apotheken von dem Konzessionssystem abhängig gewesen sei. Dem ist nicht so. Es war eine Forderung des Apothekerstandes seit vielen Jahren vor Verkündung des Gesetzes, daß ein solches Pachtgesetz herauskommt. Denn bisher waren die Verhältnisse so, daß der Apotheker, der eine Apotheke verwaltete - und praktisch wurde früher nicht verpachtet -, von der Witwe oder von irgendwelchen berufsfremden Menschen abhängig war, und diese Witwe redete dauernd in den Betrieb der Apotheke hinein; sie verlangte sehr viel Nutzen und ließ dem Verwalter nicht die Freiheit, die man von einem solchen Unternehmer verlangen muß.
Wie schon Herr Kollege Arndt sagte, soll der Apotheker frei und selbständig sein. Das kann er nur sein, wenn er als Pächter ein freier Unternehmer im Rahmen des Pachtgesetzes ist. Auch ich möchte bitten, diesen Antrag abzulehnen.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Dann schließe ich die Beratung über den Antrag Umdruck 604 Ziffer 3. Wer diesem Antrag zustimmen will, dem Antrag Kanka, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Vizepräsident Dr. Schmid
Wir stimmen ab über die §§ 13, 15, 16 und 17 in der Ausschußfassung. Wer diesen Fassungen zustimmen will, der möge die Hand erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme bei einer Enthaltung.
Es liegt ein Antrag vor auf Umdruck 586 ({0}) Ziffer 4, einen neuen § 17a einzufügen. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Striebeck.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem Ihnen mit Umdruck 586 ({0}) vorgelegten und von mir zu begründenden Antrag der SPD handelt es sich darum, eine Regelung zu ermöglichen für den Fall, daß irgendwo und irgendwann in der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ein Notstand eintritt. Ein solcher Notstand ist schon in dem bereits verabschiedeten § 17 angesprochen. Es heißt dort, daß bei Vorliegen eines Notstandes infolge Fehlens einer Apotheke die Behörde dem Inhaber einer nahe gelegenen Apotheke auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Zweigapotheke erteilen kann, wenn dieser die dafür vorgeschriebenen Räume und Einrichtungen nachweist. Hier wird also vorausgesetzt, daß sich immer ein Apotheker findet, der bereit ist, in einem solchen Ort eine Zweigapotheke zu errichten. Ich glaube aber nicht, daß man das unter allen Umständen und für alle Fälle voraussetzen kann. Wir wissen doch, daß viele Umstände einen Apotheker veranlassen können, das mögliche Risiko nicht einzugehen.
Für uns ergibt sich deshalb die Frage, was geschehen soll, wenn sich kein Apotheker findet, der bereit ist, selbstverantwortlich in einem solchen Notstandsgebiet eine Apotheke oder eine Zweigapotheke zu betreiben. Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, daß in jedem Falle und unter allen Umständen die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gesichert werden muß, falls sich ein Notstand ergibt, wie er hier angesprochen worden ist. Aus diesem Grunde beantragen wir, daß ein neuer § 17a eingefügt wird, der besagt, daß die zuständige Behörde die Möglichkeit hat, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke unter Leitung eines von ihr anzustellenden Apothekers zu erteilen, wenn sich sechs Monate nach öffentlicher Bekanntmachung eines Notstandes ergibt, daß von anderer Seite ein Antrag auf Betrieb einer Apotheke oder einer Zweigapotheke nicht gestellt worden ist. Vorbedingung ist natürlich, daß die nach diesem Gesetz vorgeschriebenen Räume und Einrichtungen nachgewiesen werden und daß der anzustellende Apotheker die Voraussetzungen des § 2 dieses Gesetzes erfüllt.
Unser Antrag bezweckt also eine vorsorgliche Regelung für den Notfall. Ich darf die Damen und Herren des Hauses bitten, diesem Antrag der SPD-Fraktion zuzustimmen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dittrich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Dichte des Apothekennetzes in der Bundesrepublik wird der Fall, für den der von der SPD beantragte § 17a gedacht ist, mit größter Wahrscheinlichkeit nicht praktisch werden. Wir wollen jedoch auch für diesen Fall Vorsorge treffen und stimmen daher diesem SPD-Antrag zu.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen! Wir stimmen ab. Wer dem Antrag auf Umdruck 586 ({0}) Ziffer 4 zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Nunmehr stimmen wir ab über die §§ 18, 18a und 18b in der Ausschußfassung. Wer ihnen zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Zu § 20 liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor, die Sie auf .dem Umdruck 586 ({1}) unter Ziffer 5 finden. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe auf die Erlaubnis des Herrn Präsidenten, .daß ich die Begründung der Anträge unter Ziffer 5 und Ziffer 6 des Umdrucks 586 ({0}) zusammenfasse.
Bitte, ja!
Als wir nach Maßgabe des Bonner Grundgesetzes für die Niederlassungsfreiheit der Apotheker kämpften, wurde uns entgegengehalten, diese Niederlassungsfreiheit drohe in Deutschland zu Waschküchenapotheken und Drugstores, also zu Entartungserscheinungen zu führen, die das Bild der traditionellen deutschen Apotheke vernichten würden. Schon seinerzeit haben wir darauf erwidert, .daß das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz auch solche Bestimmungen würden enthalten müssen, die der Gefahr des Entstehens von Waschküchenapotheken vorbeugen. Schon damals traten wir also dafür ein, diese Bestimmungen der Apothekenbetriebsordnung in das Gesetz selber hineinzunehmen.
Die bisherige Vorlage trägt diesem Erfordernis in § 20 unter der Überschrift „Apothekenbetriebsordnung" nur insoweit Rechnung, als der Bundesminister des Innern ermächtigt wird, eine Apothekenbetriebsordnung zu erlassen. Dagegen bestehen zunächst verfassungsrechtliche Bedenken nach Art. 80 des Grundgesetzes; denn der Inhalt der Apothekenbetriebsordnung dürfte durch die allgemeine Vorschrift des § 20 kaum hinreichend bestimmt sein. Aber selbst wenn man das annehmen wollte, werden jedenfalls rechtspolitische Bedenken nicht geleugnet werden können. Es ist doch Aufgabe .des Gesetzgebers selber, wenigstens einige entscheidende Grundsätze des Apothekenbetriebsrechts in das Gesetz aufzunehmen. Dem dient unser Antrag unter Ziffer 5. Die neuen §§ 20 bis 20d sollen also Waschküchenapotheken ausschließen.
Um nur noch eines hervorzuheben: Der § 20b soll
die Verantwortlichkeit des Apothkers für seine Aufsicht über die Hilfskräfte und seine Rechtspflicht klarstellen, diese Hilfskräfte nur im Rahmen der durch die Ausbildung und Prüfung gegebenen Befugnisse tätig werden zu lassen. Unsere Vorschläge enthalten, soweit ich sehe, nichts, was nicht schon traditionell dem Apothekenbetriebsrecht in Deutschland entspricht. Es geht uns nur darum, dieses Fundamentale in das Gesetz selber aufzunehmen und lediglich die Bestimmung des Näheren, der Kleinigkeiten und der Einzelheiten der Exekutive zu überlassen. Es ist selbstverständlich: die jeweils sich wandelnden Ausführungsvorschriften darüber, ob blaue, braune oder weiße Flaschen zu verwenden sind und ob die Flaschen rund oder eckig sein müssen und welche Etiketten sie zu tragen haben, sind typische Angelegenheiten einer Ausführungsverordnung. Das gehört nicht in das Gesetz hinein. Wir bitten aber, die grundlegenden Vorschriften in das Gesetz aufzunehmen und damit auch dem Art. 80 des Grundgesetzes besser Rechnung zu tragen.
Im Zusammenhang damit steht die Ziffer 6 unseres Änderungsantrages. Es ist notwendig, die Apothekenbetriebsordnung dadurch zu sichern, daß Verstöße gegen sie als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Da erschien es uns als ein bloßes Vergessen, daß man nicht auch die §§ 10a und 10b der Ausschußfassung durch ein Ordnungswidrigkeitenrecht gesichert hat. Denn das Verbot, sich zu verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten, muß ja auch mit einer Sanktion erzwungen werden können. Dasselbe gilt
für den § 10b, wonach Inhaber und Personal von Apotheken sich mit Ärzten und anderen Heilkundigen nicht auf solche Rechtsgeschäfte einlassen dürfen, die dort ausgeschlossen sind. Ein Verstoß dagegen muß auch eine Ordnungswidrigkeit werden. Dasselbe gilt für Verstöße gegen die Apothekenbetriebsordnung, und zwar auch insoweit, als sie Bestandteil dieses Gesetzes selber wird.
Ich darf dann noch einen Schreibfehler berichtigen, der in dem Antrag Umdruck 586 ({0}) enthalten ist. Sie müssen sich also in Gedanken einen Umdruck 586 ({1}) denken. In Ziffer 6b darf es nicht heißen, daß die Bezeichnung „§ 20" durch die Bezeichnung „§ 20d" ersetzt wird. Es muß heißen, daß die Bezeichnung „§ 20" durch die Bezeichnung „§ 20 bis 20d" ersetzt wird. Alle diese Paragraphen müssen natürlich vom Ordnungswidrigkeitenrecht umfaßt werden.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dittrich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Bedenken, die der Herr Kollege Dr. Arndt hinsichtlich des im Ausschuß für Gesundheitswesen erarbeiteten § 20 ausgesprochen hat, schließen wir uns an und stimmen deshalb dem Änderungsantrag auf Umdruck 586 ({0}), der sich auf die §§ 20 bis 20d bezieht, zu.
Den Antrag unter Ziffer 6 des von der SPD eingereichten Umdrucks lehnen wir ab, weil wir glauben, daß es bei einem Verstoß gegen § 10a oder § 10b bei den zivilrechtlichen Folgen bleiben sollte. Im übrigen kann auch standesrechtlich eingegriffen werden. Es ist deshalb nicht notwendig, eine Bestrafung im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenstrafrechts anzudrohen.
Dem Antrag unter Ziffer 6b stimmen wir aus Gründen der Konsequenz zu. Wir behalten uns aber vor, im § 28 noch eine Änderung anzubringen, die uns erforderlich zu sein scheint.
Herr Abgeordneter Stammberger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns sowohl im Gesundheitsausschuß als auch im Rechtsausschuß sehr eingehend über die Frage unterhalten, ob man diese Dinge alle oder teilweise im Gesetz regeln oder ob man alles in die Rechtsverordnung, die „Apothekenbetriebsordnung" heißen soll, hineinpacken sollte. Wir sind in diesen Ausschüssen zunächst einmal zu der vorliegenden Lösung gekommen. Da aber die jetzt von der SPD vorgeschlagenen Paragraphen in etwa den Vorstellungen entsprechen, die wir von der Apothekenbetriebsordnung haben, haben wir keine Bedenken, hier zuzustimmen.
Ich möchte Ihnen, Herr Kollege Dr. Arndt, gleich noch einen weiteren Antrag ans Herz legen. Auch den § 28 Abs. müssen Sie ändern, nämlich statt „§ 20" „§ 20d" setzen. Es ist nur eine redaktionelle Änderung.
Meine Damen und Herren! Gleich meinem Kollegen Dittrich möchte ich mich gegen den Antrag aussprechen, in § 23 eine neue Ziffer „vor 1" einzufügen. Die Sanktionen, Herr Kollege Dr. Arndt, die Sie mit Recht wünschen, sind durchaus da, und zwar meines Erachtens sogar die schlimmste Sanktion, die es für den Apotheker geben kann, weit über die kleine Geldstrafe bei der Ordnungswidrigkeit hinaus. Ich darf Sie auf den § 5 Abs. 2 des Gesetzes verweisen, wonach ihm hier unter Umständen sogar die Zurücknahme der Erlaubnis droht. Ich bin überzeugt, daß sich gerade unter der Drohung dieser Sanktion jeder Apotheker hüten wird, in dieser Hinsicht gegen das Gesetz zu verstoßen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag unter Ziffer 5 des Umdrucks 586 ({0}) zustimmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einmütige Annahme fest.
§ 21a! Hierzu hat das Wort Herr Abgeordneter Schmitt ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir will als Abgeordnetem, der sich hier, ohne an den Ausschußberatungen beteiligt gewesen zu sein, an der Diskussion beteiligt, die Vorschrift des § 21a nicht ganz sinnSchmitt ({0})
voll erscheinen. Wir haben ausdrücklich die Bestimmungen über die Apothekenbetriebsordnung. Nun soll hier ein großer Teil des staatlichen Bereichs, nämlich die Bundeswehr und der Bundesgrenzschutz, von der Betriebsordnung, die so eingehend geregelt worden ist, ausgenommen werden. Das scheint mir nicht sinnvoll. Zumindest müßte doch festgestellt werden, daß die Betriebsordnung entsprechend auch für die Bundeswehr und den Bundesgrenzschutz gilt. Wenn ich den privaten Apothekern bestimmte Auflagen mache, wie sie ihre Apotheke zu gestalten haben, muß doch auch der Staat solche Auflagen für sich gelten lassen.
Da ein einzelnes Mitglied dieses Hauses die Möglichkeit hat, in zweiter Beratung Anträge zu stellen, möchte ich den Antrag auf Streichung dieser Bestimmung stellen.
Das Wort hat Herr Dr. Stammberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über Sinn, Zweck und Notwendigkeit dieser Vorschrift hat es schon im Gesundheitsausschuß Debatten gegeben. Die Bedenken wurden nicht etwa nur von Kollegen Ihrer Fraktion, sondern von Kollegen aller Fraktionen geteilt, haben also mit „Wehrfreudigkeit" oder „Wehrunfreudigkeit" gar nichts zu tun.
Der Grund, weshalb wir uns für diese Vorschrift entschieden haben und weshalb auch ich dafür plädieren möchte, sie beizubehalten, ist, daß insbesondere im Einsatz - ich denke jetzt gar nicht an kriegsmäßigen Einsatz, sondern auch an den Manövereinsatz usw. - sowohl bei der Bundeswehr wie auch beim Bundesgrenzschutz die Apotheken Bedingungen unterliegen müssen, die nicht den allgemeinen Vorschriften entsprechen können. Je mehr wir die Apothekenbetriebsordnung nunmehr, Ihrem Antrage folgend, Herr Kollege Schmitt ({0}), in das Gesetz eingebaut haben, also nicht der Regierung die Möglichkeit geben, im Verordnungswege die Dinge für den feldmäßigen Einsatz von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz etwas abzumildern, um so mehr sind wir jetzt gezwungen - das ist ein kleiner Bumerang, Herr Kollege -, diese Ausnahmebestimmung in das Gesetz aufzunehmen.
Aus diesem Grunde möchte ich Sie bitten, den Streichungsantrag des Herrn Kollegen Schmitt ({1}) - ich weiß nicht, ob er von seiner Fraktion oder nur von ihm persönlich gestellt wird - abzulehnen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Dann stimmen wir über den Antrag Schmitt ({0}) ab, der die Streichung des § 21 a wünscht. Wer mit ihm einverstanden ist, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Die überwiegende Mehrheit lehnt ab.
Wir stimmen ab über § 21a, - § 22 - und § 22a.
Wer diesen drei Bestimmungen in der Ausschußfassung zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
§ 23. Hier liegen Änderungsanträge vor. Der Änderungsantrag auf Umdruck 586 ({1}) Ziffer 6 ist schon begründet worden. Der Änderungsantrag auf Umdruck 604 Ziffer 4 ist noch zu begründen.
({2})
- Sie ziehen ihn also zurück.
Dann stimmen wir über den Änderungsantrag Umdruck 586 ({3}) Ziffer 6 ab, und zwar getrennt, zunächst über Ziffer 6a. Wer zustimmen möchte, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
6b. Wer zustimmen möchte, erhebe die Hand. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir stimmen nunmehr über § 23 in der neuen Fassung ab. Wer dem Paragraphen zustimmen will, erhebe die Hand. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 24. Hier liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 602 vor. Frau Dr. Steinbiß, wollen Sie ihn begründen? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir ab, und zwar über den Antrag Umdruck 602 Ziffer 1. Wer einverstanden ist, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung im übrigen einstimmig angenommen.
Wir stimmen ab über § 24 in der neuen Fassung und § 26. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Nunmehr § 28. Hier liegen zwei Änderungsanträge vor. Der erste befindet sich auf Umdruck 606 und der zweite auf Umdruck 602 Ziffer 2. Werden die Anträge begründet? - Sie werden nicht begründet.
Ich verstehe die Formulierung nicht ganz, Frau Dr. Steinbiß; offenbar hat sich hier ein Schreibfehler eingeschlichen. Dieses braunschweigische Gesetz kann nicht gut vom 18. Dezember 1952 sein, wenn das Änderungsgesetz vom 14. März 1951 ist. Das ist doch nicht möglich; die Zeitmaschine, die unser Leben rückwärts verlaufen läßt, haben wir noch nicht erfunden.
({4})
- 1932 offenbar. Damals gab es noch ein Land Braunschweig.
Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag Umdruck 606 ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Nunmehr der Änderungsantrag Umdruck 602 Ziffer 2. Wer dem zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir stimmen nunmehr über § 28 ab. - Bitte, Herr Dr. Dittrich.
({5})
Ich habe vorhin schon angekündigt, daß es in § 28 Absatz 2 an Stelle von „§ 20" „§ 20d" heißen muß.
({0}) - Nur „20d". Absatz 2 müßte also lauten:
Mit dem Inkrafttreten einer Verordnung nach § 20d treten die landesrechtlichen Apothekenbetriebsordnungen außer Kraft.
Nur § 20d spricht von der Apothekenbetriebsordnung; deshalb muß es hier „§ 20d" heißen.
Meine Damen und Herren, über die beiden Änderungsanträge ist abgestimmt. Wir stimmen nunmehr über § 28 ab.
({0})
- Die redaktionelle Änderung in § 28 wird zur Kenntnis genommen. Wir stimmen also ab über § 28 mit den Änderungen, die jetzt beschlossen und zur Kenntnis genommen sind. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf die §§ 29 und 30 sowie Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir können also zur dritten Beratung schreiten. Ich I rufe hiermit die
dritte Beratung
auf. In der dritten Beratung ist nur ein Änderungsantrag gestellt: Antrag Umdruck 608 der Abgeordneten Dr. Rüdel ({1}) und Genossen. Soll der Antrag begründet werden? - Bitte sehr, Herr Dr. Rüdel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein Antrag des Herrn Ehren zu § 2 Ziffer 4 angenommen worden. Da wird von pharmazeutischer Tätigkeit gesprochen. Eine pharmazeutische Tätigkeit ist sehr schwer zu umreißen. Wir schlagen den Zusatz „in einer deutschen Apotheke" vor.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Ehren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, diesen Antrag abzulehnen. Die Mehrheit des Hauses hat sich zunächst auf Vorschlag von Herrn Dr. Schmidt ({0}) für eine ersatzlose Streichung eingesetzt. Wir, die Antragsteller, sind mit dem Kompromiß einverstanden gewesen, zu sagen, daß der Apotheker, wenn er seinen Beruf längere Zeit hindurch nicht ausgeübt hat, sechs Monate lang wieder in einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes liegenden Apotheke wirken soll.
Meine sehr verehrten Freunde, das war ein Kompromiß! Wir bitten deshalb, den soeben gestellten Antrag abzulehnen. Sie haben ja selbst Ihre Zustimmung gegeben, als wir den Antrag Umdruck 600 angenommen haben!
({1})
Wird dazu noch das Wort gewüncht? - Bitte, Herr Abgeordneter Rüdel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um die dritte Lesung nicht aufzuhalten, ziehen wir den Antrag zurück.
Der Antrag der Abgeordneten Rüdel und Genossen auf Umdruck 608 ist zurückgezogen. Damit bedarf es einer Einzelberatung der Paragraphen ,dieses Gesetzes nicht mehr. Wird zur allgemeinen Aussprache noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann nur noch zur Abstimmung. Bitte, Herr Abgeordneter Lange.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion wird .diesem Gesetze zustimmen. Ich muß aber eine Einschränkung machen. Wir müssen es vom weiteren Verlauf der Beratungen des Arzneimittelgesetzes abhängig machen, ob wir zu gegebener Zeit ,dafür eintreten, daß entweder .das Gesetz über ,das Apothekenwesen wieder in das Arzneimittelgesetz eingefügt wird oder gewisse Bestimmungen dieses Gesetzes geändert werden.
Der Grundgedanke bei ,der Einbringung unseres Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln war, die Apotheken als Hersteller wie andere Herstellerbetriebe an die Erfüllung entsprechender Voraussetzungen zu binden. Wir möchten vermeiden, daß die Bestimmungen zweier Gesetze über die Ausübung des Apothekerberufs auseinanderklaffen.
Diese Einschränkung möchten wir machen und bitten das Hohe Haus, das zur Kenntnis zu nehmen. Wir bitten gleichzeitig, noch einmal zu überdenken, ob bei Abschluß der Beratung des Arzneimittelgesetzes nicht wieder ein Zusammenfügen möglich ist.
Wird weiterhin das Wort zu einer Erklärung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? - Eine Enthaltung! Das Gesetz ist angenommen.
Ich habe noch über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1769 B Nr. 2 abstimmen zu lassen. Dazu wird das Wort nicht gewünscht? - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Es ist so beschlossen.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich komme nunmehr zu Punkt 16 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes ({0}),
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) ({2})
({3}).
Der Berichterstatter des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herr Abgeordneter Dr. Reinhard, hat einen Schriftlichen Bericht vorgelegt, Drucksache 1646, Ich danke ihm für den Bericht.
Ich rufe auf in zweiter Beratung Art. 1, - 2, -3, - Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht? - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Bading!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um eine Änderung des Getreidegesetzes, die eine Ermächtigung der Bundesregierung einschließt, eine ganze Reihe von Erzeugnissen als Zwangsbeimischungen zu Mischfuttermitteln zuzulassen. Vorläufig ist hierbei aber eigentlich nur der Roggen im Spiel. Deswegen kann ich mich darauf beschränken, nur darüber einige Worte zu sagen.
Leider Gottes haben wir festzustellen, daß der Roggenverbrauch in Deutschland rückläufig ist. In den letzten acht, neun Jahren ist die Roggenvermahlung um etwa 23 % gesunken. Die Roggenproduktion hat dem nicht entsprochen, vielmehr sind die Roggenernten - von den jährlichen Schwankungen natürlich abgesehen - um etwa 13 % gestiegen.
Es besteht also eine sehr kräftige und steigende Diskrepanz zwischen dem Verbrauch des Roggens als Nahrungsmittel und der Produktion, die zu steigenden Roggenvorräten führt. Während wir am 1. Dezember 1956 noch mit etwa 625 000 t rechnen konnten, hatten wir im Jahre 1958 1 015 000 t, am 31. Dezember 1959 1 024 000 t. Das gegenüber früheren Jahren jetzt etwas geringere Anwachsen des Roggenberges ist darauf zurückzuführen, daß die Roggenernte im letzten Jahr etwas geringer war. Bei einer guten Ernte kann man natürlich damit rechnen, daß die Roggenvorräte weiter steigen.
Die Lagerungskosten betragen etwa 60 DM je Tonne und Jahr. Das ist ein recht beträchtlicher Posten, ein unangenehmer Ausgabeposten für unsere Bundesfinanzen. Diesen Betrag von 60 DM muß man mit etwa 1 Million multiplizieren. Für die Roggenlagerung bezahlen wir also 60 Millionen DM im Jahre. Es ist daher verständlich, daß der Finanzminister und erst recht die Landwirtschaft den Wunsch auf Abtragung des Roggenberges haben. Auch vom allgemeinen wirtschaftspolitischen Standpunkt wäre das zu begrüßen.
Die strittige Frage ist aber, ob der Zwang, den Roggen als Futtermittel anderen Futtermitteln beizumischen, der richtige Weg ist. Paßt die Zwangsbeimischung überhaupt in unsere Form der Wirtschaft, ist sie marktkonform? Das ist sehr zweifelhaft. Viel gescheiter wäre es natürlich, wir würden mehr Roggenbrot essen. Das wäre aus verschiedenen Gründen besser. Aber wir können den Verbraucher nicht zwingen und wollen es auch nicht; wir können ihn höchstens anregen. Es wäre gut, wenn die Regierung in dieser Hinsicht mehr täte.
Ein zweiter Weg wäre, den Preis herabzusetzen. Wir müssen uns darüber klar sein, daß nur ein Drittel der Gesamtroggenernte von etwa 4 Millionen t vermahlen wird. Der Roggen ist somit in größerem Umfange Futtergetreide und nicht Brotgetreide. Der Roggenpreis ist daher logischerweise nicht mehr als Brotgetreidepreis, sondern als Futtergetreidepreis anzusehen. Wollen wir außerdem den Roggenanbau zurückdrängen und den Gerstenanbau fördern, so müssen wir den Roggenpreis unter den Gerstenpreis heruntersetzen. Auch aus ernährungsphysiologischen Gründen wäre das richtig; denn der physiologische Futterwert des Roggens liegt unter dem der Gerste. Läge der Roggenpreis unter dem Gerstenpreis, so würde der Roggen in der Landwirtschaft auf den Höfen, auf denen er als Erntegut anfällt, stärker verwertet. Durch die bisherige Roggenpreissenkung ist bereits erreicht worden, daß sich die Eigenverfütterung von etwa 1,5 auf 1,8 Milionen t erhöht hat.
Wenn durch ein Gesetz ein Zwang zur Beimischung von Roggen bei der Herstellung von Mischfutter festgelegt wird, wird der Roggen vom Erzeuger abgenommen und eingelagert. Die Mischfutterfabriken müssen dann den Roggen vom Einlagerer kaufen. Dieser Kreislauf des Roggens verursacht eine Verteuerung von etwa 50 DM je Tonne; davon nimmt die Einfuhr- und Vorratsstelle allein etwa 35 DM in Anspruch.
Würde der Preis des Roggens gesenkt werden, so brauchte man kein Gesetz über einen Beimischungszwang zu erlassen; denn dann würde die Landwirtschaft mehr Roggen verfüttern und die Futtermittelfabriken würden in einem der Absatzmöglichkeit entsprechenden Umfang von sich aus Roggen dem Mischfutter beigeben oder sich darauf beschränken, ein entsprechendes Ergänzungsfuttermittel herzustellen.
Eine dritte Möglichkeit wäre die, den Roggen zu exportieren. Auch diesen Weg will man nicht gehen; jedenfalls will man nicht in dem nötigen Umfang exportieren, obwohl das ein durchaus gangbarer Weg wäre. Er hätte noch den Vorteil, daß er den Staat nichts kostete. Man könnte Roggen exportieren und dafür abschöpfungsfreies Futtergetreide - Gerste, Milocorn usw. - einführen. Natürlich müßte das Exportgeschäft systematisch betrieben werden. Man kann nicht von einem Tag
zum andern große Mengen an Roggen im Ausland absetzen; aber die Möglichkeit, die Exportmenge langsam zu steigern, besteht sehr wohl.
Nach dem Willen der Mehrheit des Ernährungsausschusses soll weder der Weg des Exports noch der Weg der Preisermäßigung gegangen werden, sondern eben der Weg der Zwangsbeimischung.
In dem Bericht von Herrn Kollegen Reinhard heißt es - das Gesetz selber sagt über die Beimischungshöhe gar nichts aus, sondern überläßt die Festsetzung des Prozentsatzes der Beimischung der Regierung -, daß der gegenwärtige Roggenpreis und die beabsichtigte Beimischungshöhe keinesfalls eine Preiserhöhung des Mischfutters rechtfertigen. Dann ist mir völlig unverständlich, meine Damen und Herren, warum Sie den Antrag der Sozialdemokraten im Ernährungsausschuß abgelehnt haben, nach dem im Gesetz festgelegt werden sollte, daß der Beimischungszwang keinesfalls die Kosten der Erzeugung erhöhen und die Wettbewerbslage der Erzeuger verschlechtern dürfe. Diesen Antrag haben Sie abgelehnt und damit zugegeben, daß der Beimischungszwang eine Verteuerung des Futters zur Folge haben wird.
Warum ist das bedauerlich? Die Mischfutterfabriken mögen ihre Gründe dafür haben. Diese interessieren mich hierbei nicht. Mich interessiert lediglich, welche Folgen für die Landwirtschaft dadurch eintreten. Allgemein ist bekannt, daß unsere ganze Veredelungswirtschaft unter starker Konkurrenz steht. Durch den Beimischungszwang erschweren wir dem deutschen Bauern seine Konkurrenzstellung noch.
Wie sieht es denn aus? Dank des allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs ist der Verbrauch einer Reihe von Veredelungserzeugnissen außerordentlich stark gestiegen. Die deutsche Landwirtschaft hat an diesem Aufschwung des Verbrauchs an Veredelungserzeugnissen aber keineswegs partizipiert. Vielmehr ist durch die Agrarpolitik und Getreidepreispolitik der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien der Anteil der Belieferung der Verbraucher durch die deutsche Landwirtschaft ständig gesunken. Der Verbrauch an Schweinefleisch ist in den Jahren von 1952/53 bis 1958/59 um 33 % gestiegen, der Anteil der deutschen Landwirtschaft ist um 6 % gesunken. Der Rindfleischverbrauch ist um 60 % gestiegen, der Anteil der deutschen Landwirtschaft ist um 27 % gesunken. Der Verbrauch an Eiern ist um 70 % gestiegen, der Anteil der deutschen Landwirtschaft ist um 17 % gesunken. Bei Geflügelfleisch ist es noch stärker; hier hat die deutsche Landwirtschaft an der Verbrauchssteigerung nur in ganz geringem Umfang partizipieren können. Der Geflügelfleischverbrauch ist um 160 % gestiegen, während der Anteil der deutschen Landwirtschaft sogar um 35 % gesunken ist.
Herr Abgeordneter Bading, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
Wie glauben Sie, Herr Abgeordneter Bading, daß der Anteil der deutschen Erzeugung an dem Verbrauch von Veredelungserzeugnissen größer werden kann, wenn die Forderung Ihrer Partei erfüllt wird, die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen nicht zu behindern?
Herr Dr. Reinhard, ich verstehe Ihre Frage nicht. Erstens ist die deutsche Sozialdemokratie für die Agrarpolitik der Bundesregierung nicht verantwortlich; denn bekanntlich werden unsere Anträge immer abgelehnt. Außerdem treiben Sie eine Getreidepreispolitik, die nach unserer Auffassung eben nicht im Interesse der großen Mehrzahl der kleineren Landwirte, sondern lediglich im Interesse der am direkten Getreideverkauf beteiligten Landwirtschaft liegt.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Bading?
Ist Ihnen nicht bekannt, daß die Forderung, die ich soeben erwähnte, von Ihrer Partei öfter gestellt worden ist?
Die Frage habe ich nicht verstanden, Herr Kollege Reinhard.
Ist Ihnen nicht bekannt, daß die Forderung, die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen nicht zu behindern, von Ihrer Partei des öfteren gestellt worden ist?
Natürlich, wenn es in bestimmten Versorgungslagen notwendig war. Aber hier kommt es doch darauf an, daß in einer Periode, in der es durch die Regierungspolitik zu einer Beschränkung der Versorgung gekommen ist, ein Ausgleich gefunden wird. Es kommt auf die Grundsätze der Preispolitik an, auf das richtige Verhältnis zwischen den Preisen für das Getreide und die Futtermittel und den erreichbaren Preisen für Veredelungserzeugnisse.
Ich darf feststellen, daß der Anteil der deutschen Bauern an der Versorgung der Verbraucher mit Veredelungserzeugnissen immer stärker zurückgeht und das neue Gesetz einen weiteren Schritt auf diesem Wege bedeutet. Deswegen lehnen wir das Gesetz im Interesse der deutschen Landwirtschaft ab.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pflaumbaum.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Bading veranlassen mich, zu der Problematik, die hier ansteht, noch einiges zu sagen. Auf der einen Seite geht die Verfütterung von Mischfutter in ,dem Ausmaß in einer außergewöhnlichen Weise von Jahr zu Jahr voran. Wir sind jetzt im letzten Jahr bereits auf über 3 Millionen t Mischfutter gekommen. Das bedeutet,
daß die Hälfte der Fütterung für unsere Haustiere in .der Landwirtschaft bereits über Mischfutter läuft. Die Mischfutterhersteller haben sich bei der Herstellung ihres Mischfutters der Auffassung versagt, in ihr Mischfutter weitgehend .die deutsche Produktion einzubeziehen.
Herr Kollege Bading hat gerade das Roggenproblem angeschnitten. Hier ergibt sich die Tatsache, daß bei einem Verbrauch von 3 300 000 t Mischfutter und einem Verbrauch von fast 2 000 000 t aus dem Getreidesektor in dem Jahre 1958/59 ungefähr 15 000 t Roggen enthalten waren und in ,den letzten Jahren fast 30 000 t. Das ist ein bescheidener Anteil, der ungefähr 1 % ausmacht.
Auf der andern Seite ergibt sich die Tatsache, daß der Roggenkonsum über Brotgetreide außergewöhnlich rückgängig ist. Ich darf kurz noch einmal die Zahlen erwähnen: Wir erzeugen ungefähr 3,78 Millionen t Roggen im Jahr. Davon verbraucht die Landwirtschaft für die Aussaat 400 000 t. Es bleiben 3 400 000 t übrig. Davon verbraucht die Landwirtschaft in ihren eigenen Betrieben, den Erzeugerbetrieben, 1 700 000 t, und 1 700 000 t werden dem Markt zugeführt.
Nun müssen wir alle bemüht sein, den Roggen abzubauen, weil der Konsum von 1,7 Millionen t vor fünf, sechs Jahren auf 1,3 Millionen t zurückgegangen ist, so daß 400 000 t anstehen, die nun irgendwie den Roggenberg vermehren oder die wir zu verfüttern versuchen müssen. So ist die Problematik, und Sie teilen wohl meine Auffassung, Herr Bading.
Die Landwirtschaft ist angehalten und wird angehalten - dazu muß man die Tatsache halten, daß die Roggenprämie in den beiden letzten Jahren bereits entfallen ist -, nunmehr weniger Roggen anzubauen. Der Anbau ist gegenüber der Zeit vor vier oder fünf Jahren mit ungefähr 6% rückläufig.
Eine weitere Aufgabe: die Landwirtschaft muß dazu angehalten werden, mehr Roggen im eigenen Betrieb zu verwerten. Das ist in diesem Jahre in erheblichem Maße geschehen. Es ist damit zu rechnen, daß in diesem Jahr rund 350 000 t aus unserer Roggenernte in den bäuerlichen Betrieben verwertet werden. Darin liegen 150 000 t .aus der Ernte und 200 000 t im Rahmen des Abbaues des Roggenberges.
Daß diese Problematik nicht nur eine deutsche Problematik ist, ersieht man daraus, daß in diesen Tagen auch in Holland darüber verhandelt wird, eine Roggenbeimischung einzuführen, um den Roggenberg in Holland abzubauen. Auch dort ist der Roggenkonsum über Brotgetreide erheblich rückgängig.
Neben dem verminderten Anbau und neben dem verstärkten Verbrauch in der Futterwirtschaft der eigenen Betriebe muß aber noch ein weiterer Weg gefunden werden, um den Roggenberg zu verkleinern. Das hat auf die Frage der Beimischung geführt. Ich darf dazu noch folgendes vorausschicken. Herr Bading hat gemeint, man solle den Roggenpreis einfach herabsetzen, dann würden die Bauern wegen des niedrigen Preises mehr Roggen im eigenen Betrieb verfüttern. Ich habe noch heute morgen in einer Zeitung einen Bericht gelesen, in welchem ein bedeutender Mann der Importeurseite sich dafür ausgesprochen hat, wir sollten den Roggenpreis an den Haferpreis angleichen.
Ich darf bitten, folgendes zu bedenken. In diesen Jahren ist es in der gewerblichen und industriellen Wirtschaft erheblich bergauf gegangen. Ich darf daran erinnern, daß Löhne und Gehälter erhöht und die Einnahmen an allen Stellen vermehrt werden. Da ist es doch psychologisch völlig untragbar, angesichts der gesunkenen Preise in der Veredelungswirtschaft nun etwa von Bundes wegen durch einen Gesetzesakt den Preis herabzusetzen.
({0})
Das würden die Bauern, die schon manches nicht mehr verstanden haben, wahrscheinlich nicht mehr stillschweigend hinnehmen. Man soll Menschen, die in Not sind, nicht mehr reizen, als unbedingt notwendig ist.
Die Preisfrage steht natürlich auch beim Problem der Beimischung an. Herr Bading hat die Frage angeschnitten. Ich habe noch in den letzten Tagen gelesen, daß Herr Staatssekretär Sonnemann in mehreren Besprechungen klargemacht hat, mit der Roggenbeimischung würden sich nicht auch erhöhte Preise für die Futtermischung ergeben.
({1})
- Ich komme gleich auf den Unterschied, Herr Bading! - Ich darf aus meiner Sicht, aus meiner Kenntnis der Verhandlungen sagen, daß die Herren der Futtermittelindustrie mir darin zugestimmt haben, daß zumindest bis zur Mitte des Wirtschaftsjahres sich die Preisfrage nicht stellt. Inwieweit sie sich ergibt, bleibt abzuwarten, nachdem mit den Verordnungen eine Möglichkeit gefunden worden ist, die Preisfrage nicht besonders hochkommen zu lassen.
({2})
- Mein lieber Herr Bading, aus dieser Sicht und mit dem Hinweis auf die Gefahr, daß das abgelehnt wird, könnte man alles abtun.
({3})
- Das liegt ja drin!
({4})
- Wenn Sie den Roggenpreis auf die Haferpreisbasis hinaufführen, dann haben Sie marktkonforme Mittel, und dann, da gebe ich Ihnen recht, wird mehr Roggen verfüttert. Aber kann man das heute dem Bauerntum angesichts der gesunkenen Preise für Butter, für Geflügel, Eier usw. zumuten?
({5})
- Herr Bading, Sie sind doch ein durchaus versierter Mann. Wir kennen uns aus unserer früheren Tätigkeit. Sie wissen ganz genau, daß der Roggenpreis der Regulator für die Preise der übrigen landwirtschaftlichen Produkte ist.
({6})
Ich kenne Sie so gut, daß ich weiß, Sie glauben selbst nicht ganz, was Sie soeben gemeint haben. Ich weiß, daß Sie klüger sind und die Tatsachen kennen.
Ich habe mich darum bemüht, den Gesetzesakt zu vermeiden, und Herrn Staatssekretär Sonnemann immer wieder gesagt: Versuchen Sie es doch auf freiwilliger Grundlage! Herr Staatssekretär Sonnemann hat es, wenn ich mich nicht irre, zwei Jahre oder länger versucht. Als seine Versuche scheiterten, habe ich gesagt: das muß doch möglich sein. Ich habe die Vertreter der Futtermittelindustrie noch einmal gebeten, beim Bauernverband in meiner Gegenwart zu verhandeln. Auch diese Verhandlung ist gescheitert, weil die Futtermittelindustrie Forderungen stellte und die Importe in die Hand bekommen wollte, eine Maßnahme, die sich als nicht realisierbar erwies.
Wir stehen deshalb jetzt vor der Notwendigkeit, durch einen Gesetzesakt die Möglichkeit zu schaffen. Da das Wirtschaftsministerium und der Ernährungsausschuß zustimmen müssen, ist die Gewähr gegeben, daß das Ernährungsministerium in keiner Hinsicht etwas erläßt - auch wenn es gewünscht werden sollte -, was gegen die Interessen anderer Gebietsteile verstößt. Zum anderen ist nunmehr auch die Futtermittelindustrie mit herangezogen und kann Vorschläge unterbreiten. Ich glaube, daß das Bundesernährungsministerium auf der freiwilligen Basis einen besseren Ausgangspunkt hätte; aber die freiwillige Basis braucht nicht ohne weiteres aufgegeben zu werden. Ich habe die stille Hoffnung, daß die Futtermittelhersteller mit uns noch einen Weg finden werden, eine Möglichkeit auf freiwilliger Basis zu schaffen.
Aus diesem Grunde bitte ich Sie namens der Fraktion der CDU/CSU, dem Antrag der Fraktion der FDP zuzustimmen.
({7})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Gesetzentwurf ist angenommen.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Mittwoch, den 18. Mai 1960, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.