Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren!
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Mit großer Anteilnahme und Bewegung hat das ganze deutsche Volk die Nachricht von der Bergwerkskatastrophe vernommen, die sich in den Morgenstunden des 22. Februar in einem Zwickauer Bergwerk ereignet hat. Ihr sind über 120 Bergleute zum Opfer gefallen. Ich habe namens des Deutschen Bundestages über Presse und Rundfunk - eine andere Möglichkeit hatte ich nicht den Hinterbliebenen unsere tiefe Anteilnahme zum Ausdruck gebracht. Den Verletzten wünschen wir baldige Genesung.
Wenige Tage später ereignete sich eine der größten Naturkatastrophen unseres Jahrhunderts. Die Stadt Agadir hat aufgehört zu bestehen. Tausende von Menschen wurden getötet; eine große Zahl Verletzter ist zu beklagen. Ich habe Seiner Majestät dem König von Marokko namens des Hauses die Anteilnahme des Deutschen Bundestages ausgesprochen.
Dieses Haus gedenkt heute weiter dreier seiner Mitglieder: Philipp Wehr, Dr. Hermann Lindrath und Dr. Paul Leverkuehn.
Am 20. Februar verstarb nach schwerer Krankheit unser Kollege Philipp Wehr. Er wurde 1906 in München geboren. Nach der Handwerkslehre schloß er sich der Sozialistischen Arbeiterjugend an. Bald danach trat er in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein. 1930 wurde er Vorsitzender des Ortsvereins der SPD in Eberswalde und Leiter des Unterbezirks Oberbarnim-Uckermark der Sozialistischen Arbeiterjugend.
Nach dem Zusammenbruch 1945 stellte sich Philipp Wehr in den Dienst des Wiederaufbaues unseres Vaterlandes. 1947 wurde er in die erste Stadtverordnetenversammlung Bremerhavens gewählt. Von 1951 bis 1955 verwaltete er als ehrenamtlicher Stadtrat das Dezernat Gesundheitswesen in Bremerhaven.
Philipp Wehr war seit 1952 Mitglied dieses Hauses. Er vertrat den Wahlkreis Bremerhaven/BremenNord. Er war Mitglied des Wirtschaftsausschusses, des Außenhandelsausschusses und des Beirats für handelspolitische Vereinbarungen.
Am 27. Februar verstarb der Bundesminister für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes, das Mitglied des Hauses Dr. Hermann Lindrath. Hermann Lindrath wurde 1896 in Eisleben geboren. Er nahm als Kriegsfreiwilliger am ersten Weltkrieg teil und studierte nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft Rechts- und Staatswissenschaften. Er bekleidete leitende Posten im Bankwesen und später bei der Stadt Halle.
1945 begann er seine öffentliche Wirksamkeit als Stadtkämmerer der Stadt Halle, mußte aber diesen Platz wegen politischen Drucks durch die sowjetischen Behörden bald wieder verlassen. An der Universität Halle lehrte er lange Jahre Steuerrecht. Von 1928 bis 1933 war Hermann Lindrath Mitglied der Deutschen Volkspartei. Im Jahre 1951 mußte er die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands verlassen, nachdem er mehrmals verhaftet worden war.
Er gehörte dem Bundesparteivorstand der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, dem Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank und dem Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung an. Zum Bundestag gehörte der Kollege Lindrath seit 1953. Er vertrat den Wahlkreis Mannheim-Land und war Mitglied des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, bis er im Oktober 1957 zum Bundesminister für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes ernannt wurde.
Am 1. März verstarb nach schwerer Krankheit unser Kollege Dr. Paul Leverkuehn. Paul Leverkuehn wurde 1893 in Lübeck geboren. In den Jahren von 1920 bis 1930 war er insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika zeitweilig im Dienst der Reichsregierung, zeitweilig privat tätig. Von 1930 bis 1939 war Leverkuehn Rechtsanwalt in Berlin.
Während des zweiten Weltkrieges war er als Konsul in Täbris und später im deutschen Generalkonsulat in Istanbul tätig. Nach 1945 trat Dr. Leverkuehn, der sich nach dem Kriege in Hamburg niedergelassen hat, besonders als Verteidiger hervor. Seit 1949 war er Vorsitzender des Landesverbandes Hamburg der Europa-Union und des Instituts für Asienkunde. Von 1951 bis 1953 war er Mitglied der Deutschen Delegation bei den Londoner Schuldenverhandlungen. Dem Bundestag gehörte unser Kollege Leverkuehn seit 1953 an. Er war Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Außenhandelsausschusses. Er gehörte der
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Beratenden Versammlung des Europarats und der Versammlung der Westeuropäischen Union an.
Ich spreche den Hinterbliebenen unserer hochverdienten Kollegen Wehr, Lindrath und Leverkuehn und den Fraktionen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands die herzliche Anteilnahme des Hauses aus.
Sie haben sich zum Gedenken der Opfer und unserer Kollegen erhoben. Ich danke Ihnen.
Glückwünsche zum Geburtstag spreche ich aus: Frau Kollegin Engländer am 12. Februar,
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Herrn Kollegen Worms am 23. Februar
({2})
und Herrn Kollegen Dr. Baron Manteuffel-Szoege am 7. März.
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Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert um die Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes - Drucksachen 1327 und 1635 -, ferner um die Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung einer Ergänzungsabgabe für soziale Hilfsmaßnahmen im Kohlebergbau - Drucksache 1318 -. Zu diesem Tagesordnungspunkt wird ein Bericht des Finanzausschusses noch verteilt.
Weiter besteht interfraktionelle Übereinstimmung, daß der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Flüchtlings-Notleistunggesetzes, der unter Punkt 11 der Tagesordnung aufgeführt ist, in erster, zweiter und dritter Beratung erledigt werden soll. Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 26. Februar 1960 dem Gesetz zur Änderung der Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten aus Anlaß der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik sowie zur Einführung der Vorschriften über die Gemeinlast und weiterer sozialversidierungsrechtlicher Vorschriften im Saarland ({4})
und dem
Gesetz zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes zugestimmt.
Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau hat unter dem 25. Februar 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marx, Folger, Dr. Kreyssig, Seuffert und Genossen betr. parteipolitische Voraussetzungen für Maßnahmen der Bundesregierung ({5}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1642 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 25. Februar 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Stellenpläne bei der Bundesbahn und Bundespost ({6}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1648 verteilt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 4. März 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Dr. h. c. Dresbach, Pietscher, Meis, Dr. Eckhardt und Genossen betr. Denkschrift des Bundes Deutscher Steuerbeamten „Vorschläge zur Finanz- und Steuerreform" von Juni 1959 ({7}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1659 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 3. März 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({8}), Bading, Margulies, Dr. Schild, Geiger ({9}) und
Genossen heir. Verschmutzung der See durch Öl ({10}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1660 verteilt.
Die Fraktion der SPD hat unter dem 3. März 1960 mitgeteilt, daß sie durch die Aussprache über den Bericht der Bundesregierung betreffend antisemitische Vorfälle in der Plenarsitzung am 18. Februar 1960 ihre Große Anfrage - Drucksache 1604 - als erledigt betrachtet und sie zurückzieht.
Bei der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Dollinger, Müller-Hermann, Sühler, Dr. Besold, Gewandt, Wendelborn und Genossen betr. Kanalbauprogramm der Bundesregierung - Drucksache 1613 - wurde nach dem Manuskript versehentlich angenommen, Frau Dr. Probst habe den Antrag unterzeichnet; die Abgeordneten Demmelmeier, Dr. Franz, Fuchs, Frau Geisendörfer, Majonica, Memmel, Meyer ({11}), Schlee, Wittmann haben ihre Unterschrift unter der Kleinen Anfrage zurückgezogen.
Der Herr Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat unter dem 19. Februar 1960 auf Grund des Beschlusses des Bundestages vom 12. Juni 1959 über die Verwendung der vom Bund für das Stresemann-Ehrenmal zur Verfügung gestellten Mittel berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 1649 verteilt.
Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 18. Februar 1960 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigten Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1959 zur Kenntnis übersandt. Er liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem 21. April 1959 ein Gutachten über die Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsabteilung, der Senatsgeschäftsstellen, der Bibliothek, der Zentralkartei und des Nachschlagewerk es bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin übersandt, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem 18. Februar 1960 ein Gutachten über die Suchdiensteinrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes und der kirchlichen Wohlfahrtsverbände übersandt, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Der Herr Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat ein Gutachten über die Organisation der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Nordatlantikpakt-Organisation übersandt, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Der Abg. Dr. Menzel hat seine in der 103. Sitzung des Bundestages am 18. Februar 1960 gemäß § 36 GO abgegebene Erklärung zu dem vom Abgeordneten Brück verlesenen Schreiben des früheren Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen ergänzt; sie ist als Anlage diesem Protokoll beigefügt.
Der Herr Präsident hat im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Bericht über die Deutsche Bundesbahn - Drucksache 1602 -am 8. März gemäß § 76 Abs. 2 GO dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen federführend, dein Haushaltsausschuß und dem Wirtschaftsausschuß mitberatend überwiesen.
Wir sind übereingekommen, über das Weltflüchtlingsjahr 1959 - Punkt 1 der Tagesordnung - zu Beginn der Nachmittagssitzung zu sprechen. Wir beginnen also mit Punkt 2.
Ich rufe ,auf Punkt 2a) und b) der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes ({12});
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({13}) ({14}) ({15}) ;
Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung ({16}) ({17}) ;
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({18}) ({19}) ({20}).
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort?
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- Der Herr Berichterstatter verzichtet und verweist auf den Schriftlichen Bericht.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Damit treten wir in die zweite Lesung ein. Ich rufe den Artikel 1 auf. Hier liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor, zunächst der Änderungsantrag auf Umdruck 474 Ziffer 1. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag meiner Fraktion auf Umdruck 474 zu Artikel 1 Abs. 1 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes zu begründen. Dabei befinde ich mich in der eigenartigen Lage, die Regierung in ihrer wohlüberlegten Absicht gegen dunkle Angriffe der Fraktion der CDU/CSU zu verteidigen.
({0})
Der Herr Bundesfinanzminister hat es sich doch sicherlich überlegt, als er die Zweckbindung in Artikel 1 Abs. 1 dieses Gesetzes hineinbrachte. Er mußte einige Male vielleicht sogar über seinen eigenen Schatten springen; denn da gibt es das geheiligte Recht der Haushaltsordnung, und die Zweckbindung ist uns wie dem Herrn Bundesfinanzminister ein Anliegen. Ich meine also, daß er sich, der Herr Minister, die Zweckbindung in diesem Gesetz reiflichst überlegt hat.
Um so sonderbarer mutet es mich an, daß plötzlich nach dem Vorschlag des Finanzausschusses entgegen dem Willen und Wunsche der Regierung die durch das Straßenbaufinanzierungsgesetz aufgebrachten Mittel nicht mehr zweckgebunden sein sollen. Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Zweckbindung war doch wohlbegründet und wohlüberlegt. Ich nehme weiter an, daß sich das gesamte Haus über die Bedeutung und die Dringlichkeit des Straßenbaufinanzierungsgesetzes zur Behebung des Straßennotstandes im klaren ist.
Ich brauche wohl nicht viel darüber zu sagen, inwieweit in der Bundesrepublik ein wirklicher Straßennotstand herrscht. Ich denke nur an die ständig steigende Zahl der Unfälle. Von 1958 bis 1959 hat sich die Zahl der Verkehrstoten allein um 13,3 % erhöht. Wir haben im Jahr 14 000 Verkehrstote zu beklagen, meine Damen 'und Herren! Dabei will ich natürlich nicht sagen, daß der Tod dieser 14 000 Menschen allein auf Straßenmängel zurückzuführen ist; das ist selbstverständlich nicht der Fall. Aber immerhin sind diese 14 000 Toten ein Alarmzeichen, denn sie erinnern uns an unsere Pflicht, die Unfallziffer soweit wie möglich zu senken.
Ich möchte nicht an das jüngste Unglück erinnern - es steht uns noch allzu deutlich vor Augen -: die 14 000 Toten bei dem Erdbebenunglück in Agadir. Diese 14 000 Toten haben die Welt erschüttert. Man hat alles getan und will alles tun, um dieses schreckliche Unglück einigermaßen zu erleichtern. Und was tun wir in der Bundesrepublik angesichts der Zahl von 14 000 Verkehrstoten? Welche Mittel wenden wir auf, um die Versäumnisse der Vergangenheit auf dem Gebiete des Straßenbaues gutzumachen? Gut, uns liegt ein Gesetz vor. Wir alle freuen uns darüber und scheuen auch vor den Konsequenzen nicht zurück. Wir werden auch vieles, vieles in Kauf nehmen müssen, was wir unter normalen Umständen ablehnen müßten. Immerhin hat
sich dieses Haus bereit erklärt, ein Gesetz zu schaffen, von dem man annimmt, daß es in absehbarer Zeit - man nimmt an, daß wir zehn Jahre dazu brauchen - verwirklicht werden kann. Die Verwirklichung des ersten Teilabschnittes soll vier Jahre dauern. Die Mittel, die für diese vier Jahre bereitgestellt werden sollen, verteilen sich natürlich auf die einzelnen in Betracht kommenden Haushalte.
Der Finanzausschuß hat nun statt der in der Regierungsvorlage vorgesehenen absoluten Zweckbindung die weiche „dient"-Form in den Entwurf hineingebracht. Die Mittel dürfen in Zukunft dem Straßenbau dienen. Was heißt dieses „dienen"? Darüber ist nicht im Verkehrsausschuß - dieser war einstimmig der Meinung, daß man es bei der Zweckbindung belassen sollte -, aber im Finanzausschuß eine heftige Debatte entstanden, an deren Schluß man der Meinung war: Da hat sich ja nichts geändert. Was heißt denn dienen? Das heißt ja genausoviel wie Zweckbindung. Dienen, das ist eine Formel, die auch schon verpflichtet, also eine halbe Verpflichtung.
Mir scheint, dieses „dienen" ist eine Umschreibung der Zweckentfremdung. Denn sonst, wenn keine Gefahr bestünde, könnten Sie es doch ganz einfach bei der Zweckbindung belassen.
Wir haben in der Vergangenheit einige Erfahrungen gesammelt, die für uns heute richtungweisend sein sollten. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß der echte Straßennotstand 1955 erkannt worden ist. Damals haben wir hier im Bundestag das Verkehrsfinanzgesetz beschlossen. Warum? Weil alles erkannte, daß hier ein echter Notstand beseitigt werden müsse. Man hat damals allgemein angenommen, daß von der Annahme dieses Verkehrsfinanzgesetzes an, also von 1955 an, sämtliche Mineralölsteuern - die ja auch Zwecksteuern sind, denn sie sind ja von Anfang an erhoben worden, um dem Straßenbau zugeführt zu werden - dem Straßenbau zufließen würden.
Aber, meine Damen und Herren, weit gefehlt! Was geschah ab 1955? Ich möchte nicht sehr viele Zahlen nennen, aber einige Zahlen muß ich doch anführen, weil sie Aufschluß über die Versäumnisse der Vergangenheit geben und erkennen lassen, warum wir so darauf drängen, daß in diesem Gesetz die Zweckbindung, die die Regierungsvorlage enthielt, voll und ganz wiederhergestellt wird.
Wir haben 1955, in dem Jahr der Einführung des Straßenbauhilfsgesetzes, des Verkehrsfinanzgesetzes 1955, allein an Mineralölsteuern 1265 Millionen DM eingenommen, ausgegeben haben wir für den Straßenbau 305 Millionen DM.
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1956 haben wir 1510 Millionen DM eingenommen und 694 Millionen DM ausgegeben. 1957 haben wir 1613 Millionen DM eingenommen und 735 Millionen DM ausgegeben. 1958 haben wir 1822 Millionen DM eingenommen und 900 Millionen DM, also nicht einmal die Hälfte, ausgegeben. 1959 haben wir 2100 Millionen DM eingenommen und 1027 Millionen DM ausgegeben. Das ergibt summa
summarum, daß wir ab 1955, seit dem Inkrafttreten des Verkehrsfinanzgesetzes, allein 4659 Millionen DM zweckentfremdet haben.
Damals „dienten" auch die Mineralölsteueraufkommen dem Straßenbau. Wir hatten keine gesetzlich festgelegte Zweckbindung, aber alle nahmen an, daß nach dem Inkrafttreten des Verkehrsfinanzgesetzes die gesamten aufkommenden Mittel dem Straßenbau dienen sollten. Und heute, 1960, streiten wir uns darüber herum, ob neuerlich das Mineralölsteueraufkommen wiederum dem Straßenbau „dienen" soll.
Meine Damen und Herren, wir können die schönsten Pläne machen. Da liegt uns der Vierjahresplan der Bundesregierung vor. Er wird zunichte werden, wenn das Bundesverkehrsministerium nicht im voraus weiß, welche Mittel es zur Verfügung hat, um entsprechende Bauvorhaben einzuplanen. Das Ministerium wird dies aber niemals wissen, wenn der Bundesverkehrsminister Jahr um Jahr, jedesmal bei der neuen Haushaltsberatung, erneut um seine Mittel raufen muß, und das muß er, wenn die Mittel nicht zweckgebunden sind.
Der Finanzausschuß sagt, daß die Zweckbindung aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht möglich ist; mit der Zweckbindung könne etwas eintreten, was haushaltsmäßig nicht tunlich sei. Unter gewissen Umständen, besonders bei Notlagen, könne es zur Notwendigkeit von Vorgriffen oder Rückgriffen kommen, das sei haushaltsmäßig mit der Zweckbindung nicht möglich.
Meine Damen und Herren, ich möchte fragen, ob nicht dem einen das gleiche Recht zusteht wie dem anderen. Ich lese da, daß das Bundesverteidigungsministerium im Vorgriff auf künftige Jahre, ohne daß in irgendeiner Form eine Regelung über die Dienlichkeit oder Zweckbindung getroffen worden ist, allein 900 Millionen DM auf ein Sonderkonto für Waffenlieferung an Amerika gezahlt hat. Nun, das ist eine haushaltsrechtliche Angelegenheit, über die wir hier nicht zu entscheiden haben. Die zuständigen Stellen dieses Hauses werden sich damit noch zu beschäftigen haben.
Ich möchte diesen Fall heranziehen, um die Argumente des Finanzausschusses zu entkräften, daß mit der Zweckbindung die Gefahr gewisser Vorgriffe verbunden ist. Wir brauchen ja gar keinen Vorgriff, wir können die Mittel im Rückgriff für zukünftige Aufgaben, die anstehen, verwenden. So haben wir z. B. allein für das Jahr 1959 1,7 Milliarden DM im Haushalt stehen. Verbraucht wurden 1,027 Milliarden DM. Das ergibt eine Differenz von nahezu 670 Millionen DM. Wenn man nach dem Gesichtspunkt der Dienlichkeit verfährt, so sind diese 670 Millionen DM, auf .die man bei der Finanzierung von zukünftigen Straßenbaumaßnahmen zurückgreifen könnte, verloren; haben wir die Zweckbindung, ist der Finanzminister gezwungen, die Mittel, die nicht verplant und verbaut werden konnten, auch für die Zukunft diesen Zwecken vorzubehalten.
Es ist für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sehr schwer, das Vertrauen aufzubringen,
das man diesem Gesetz entgegenbringen muß, um I den zukünftigen Aufgaben gerecht zu werden. Wenn die Zweckbindung nicht wiederhergestellt wird, dann wird die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sich überlegen müssen, ob sie diesem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmen kann.
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Wenn Sie wirklich Straßenbau wollen und die Gefahren der Straße beseitigen helfen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu, insoweit die Regierungsvorlage wiederherzustellen, also die Zweckbindung der Straßenbaumittel vorzusehen.
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Ich erteile jetzt zunächst das Wort zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 477 Nr. 1, gleichlautend mit dem Antrag Umdruck 479. Wir werden dann über den Änderungsantrag der SPD Umdruck 474 Nr. lb noch gesondert sprechen. Zunächst zum Änderungsantrag Umdruck 474 Nr. la Herr Abgeordneter Höhne!
Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bittet um namentliche Abstimmung über ihren Antrag zu Art. 1 Abs. 1.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Aber zunächst folgt die Begründung des Änderungsantrags Um- druck 474 Nr. 1 bzw. 479 und dann die Aussprache über diese Änderungsanträge.
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen! Meine Herren! Wenn man das Straßenbaufinanzierungsgesetz vor sich liegen sieht, dann kommt einem zunächst der Gedanke: Was lange währt, wird endlich gut. Wenn man allerdings den Entwurf des Straßenbaufinanzierungsgesetzes in der nunmehr in zweiter Lesung vorliegenden Fassung betrachtet, dann muß man zu der Auffassung gelangen, daß sein ursprünglicher Inhalt in das Gegenteil verkehrt ist und daß der Gesetzentwurf nicht mehr das enthält, was wir von den Freien Demokraten hinsichtlich der Schaffung der Grundlage für den Ausbau eines leistungsfähigen Straßennetzes im Rahmen eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes erwarten. Wir haben daher auf Umdruck 477 den Antrag eingebracht, Art. 1 und Art. 2 in der Fassung der Regierungsvorlage wiederherzustellen.
Die Verkehrsteilnehmer ohne Ausnahme, nicht nur die motorisierten, sondern alle Verkehrsteilnehmer, haben einen Anspruch darauf, daß dieses Hohe Haus heute in zweiter und vermutlich auch dritter Lesung ein Straßenbaufinanzierungsgesetz verabschiedet, das die Schaffung von Straßen gewährleistet, die entsprechend dem Fortschritt der zunehmenden Motorisierung den Ansprüchen der Verkehrssicherheit und der Erhöhung der Flüssigkeit des Verkehrs gerecht werden. Denn die Straßen sind nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor,
sondern auch ein sozialer und ein gesellschaftspolitischer Faktor, und jedermann erhebt und hat den Anspruch, sie zu benutzen.
Wie aber ist das Straßenbaufinanzierungsgesetz behandelt worden? Wir von der FDP-Fraktion haben den Eindruck, daß bereits bei der Festlegung der Federführung nicht in dem Fachausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen, sondern im Finanzausschuß - die Absicht zugrunde lag, nicht ein Straßenbaufinanzierungsgesetz zu beraten. Es könnte die Absicht bestanden haben, ein Steuererhöhungsgesetz, getarnt mit dem Beinamen „Straßenbau", zu beraten. Denn der Finanzausschuß hat die Zweckbestimmung in Art. 1, den der Finanzminister sicher mit voller Absicht eingeführt haben wollte, des Inhalts, daß die Verkehrsabgaben zweckbestimmt für den Straßenbau zu verwenden sind, aufgehoben. Wenn das Straßenbaugesetz so aussieht, die Zweckbestimmung also aufgehoben ist, und wenn man gleichzeitig Erhöhungen der Mineralölsteuer und anderer Belastungen vorschlägt, dann ist das Straßenbaufinanzierungsgesetz kein Straßenbaufinanzierungsgesetz mehr.
Wir müssen über diese Punkte noch einmal ganz offen sprechen. Wenn man den Inhalt des Berichtes studiert, den der Herr Berichterstatter des federführenden Ausschusses, des Finanzausschusses, gibt, und wenn man die Begründung durchliest, muß man den Eindruck bekommen, daß nach Aufhebung der Zweckbestimmung in Art. 1 die Mehrabgaben, die nun die Deklarierung Steuern tragen - ich meine jenes Mehraufkommen von rund 1,142 Milliarden DM durch die Erhöhung der Mineralölsteuer - im Haushalt allgemein verwendet werden sollen. Wir von der FDP-Fraktion haben dafür kein Verständnis.
Herr Kollege. Höhne hat davon gesprochen - in allen deutschen Zeitungen ist in diesen Tagen von der entsetzlichen Bilanz der Verkehrsunfälle geschrieben worden -, daß wir im Jahre 1959 13 515 Verkehrstote mit über 400 000 Verkehrsverletzten zu verzeichnen hatten und daß täglich über 400 Krankenbetten mit Verkehrsverletzten belegt werden. Wenn man dann ein Straßenbaufinanzierungsgesetz berät, müßte man von diesem Hohen Hause erwarten, daß es im Bewußtsein seiner Verantwortung die Mittel, die der Verkehrsbenutzer aufbringt, auch wirklich der Zweckbestimmung entsprechend dem Straßenbau zuführt. Das ist eine ehrliche Haushaltsgebarung, und das entspricht der Klarheit und Wahrheit nicht nur bei der Haushaltsbetrachtung, sondern auch gegenüber den Verkehrsbenutzern, vor allem den motorisierten, die ja die Kosten für den Wegebau und die Straßen aufbringen sollen.
Wenn man die erste Lesung noch einmal an sich vorüberziehen läßt, stellt man fest, daß die Auffassungen darüber geteilt waren, ob das, was die Verkehrsbenutzer aufbringen, Straßenbaubeiträge oder allgemeine Deckungsmittel seien; da gingen die Auffassungen einiger Herren des Hauses auseinander. Wir von der FDP-Fraktion - wir sind ja keine Dogmatiker - sind der Auffassung, es sind Straßenbaubeiträge. Sollte allerdings dieses Hohe Haus beschließen, das Gesamtaufkommen von Mineralölsteuer, Beförderungssteueranteil, Mineralölzollanteil und Kfz-Steuer - soweit sie von den Verkehrsbenutzern aufgebracht werden - für den Straßenbau auszuweisen, dann kann es uns egal sein, ob eine Zweckbindung besteht oder nicht, dann würde es nur noch auf die Höhe der für den Straßenbau auszuweisenden Mittel ankommen.
Da allerdings erhebliche Teile der Verkehrsabgaben zweckentfremdet werden, wäre es eine Irreführung der Öffentlichkeit und, ich möchte sagen, ein staatlicher Willkürakt, wenn man diese Verkehrsabgaben nicht für den Straßenbau verwendete. Die Etikette „Straßenbau" für Steuererhöhungen zu benutzen, widerspricht der Aussage des Herrn Finanzministers Etzel, der 1957 bei seiner ersten Etatrede und seitdem wiederholt gesagt hat, daß er sich jedenfalls jeder Art von Steuererhöhungen widersetzen würde.
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Wenn man die Etikette „Straßenbau" aber benutzt, um Steuererhöhungen von mehr als 1,1 Milliarden DM zu begründen, dann möge der Herr Finanzminister Etzel oder sein Vertreter uns erklären, ob das Steuererhöhungen sind oder als was der Verkehrsbenutzer diese Belastungen der Sache nach ansehen müßte. Wir erwarten von der Regierung darüber eine klare Aussage, erwarten aber auch eine klare Aussage darüber, was die Mehrheit dieses Hauses über solche Erhöhungen denkt und welchen Charakter diese Erhöhungen tragen.
Wir beantragen die Wiederherstellung des Art. 1 in seiner ursprünglichen Form und, da der Art. 2 mit dem Art. 1 zusammenhängt, auch die Wiederherstellung des Art. 2 in seiner ursprünglichen Form. Ich muß mit dem Kollegen Höhne sagen: Auch die FDP-Fraktion ist in einer sehr eigenartigen Situation. Sie von der linken Seite und wir von der rechten Seite des Hauses sind, was die Wiederherstellung des Art. 1 in der Form der von der Bundesregierung eingebrachten Vorlage angeht, fast hätte ich gesagt: regierungstreuer als die eigenen Freunde in der Mitte des Hauses.
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Ich hoffe allerdings, daß die Damen und Herren aus der Mitte, die Mitglieder des Verkehrsausschusses sind, aber auch darüber hinaus den beiden Anträgen zustimmen und daß wir so doch eine Mehrheit finden, die Art. 1 und 2 in ihrer ursprünglichen Fassung - Zweckbestimmung der Verkehrsabgaben -wieder in das Gesetz hineinzubringen.
Nun zu den Einnahmen überhaupt! Wir von der FDP sind der Auffassung, daß keine weiteren Steuererhöhungen durchgeführt werden sollen, die den einzelnen und die Wirtschaft belasten würden. Wir laufen sonst Gefahr - ich habe hier vor einiger Zeit darüber gesprochen -, daß die Staatsverdrossenheit in Deutschland immer mehr zunimmt, nicht nur bei der Jugend, sondern auch bei all denen, die sich dann eines Tages weniger als Staatsbürger denn als Steuerbürger veranlagt sehen könnten. Auch darin liegt eine Gefahr.
Man sollte erkennen, daß die Verkehrsabgaben insgesamt ohne Erhöhungen absolut ausreichend sind, ein zusammenhängendes, leistungsfähiges Ge5664 Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode Eisenmann
Samtstraßennetz zu schaffen. Auch unter Berücksichtigung der schwächsten Baulastträger, der Kommunen, der Städte, Kreise und Gemeinden, ist das möglich. Man muß nur zur Ehrlichkeit und zur Wahrheit der Haushaltsgestaltung und zur Zweckbestimmung der Verkehrsabgaben zurückkehren. Der Herr Finanzminister hat in der ersten Lesung bei der Begründung des Gesetzentwurfs gesagt, das Verkehrsfinanzgesetz und das Verkehrsabkommen von 1955 und 1957 seien ein Torso geblieben, weil die Zweckbindung der Verkehrsabgaben damals nicht eingeführt worden sei. Der gute Wille ist damals vom Parlament erkannt worden und hat einen Niederschlag in der Hoffnung gefunden, daß etwas geschehen könne. Aber die Mitteldotierung, die durch die' Zweckbindung möglich gewesen wäre, ist damals nicht beschlossen worden. Herr Etzel sagt, in Weiterführung der Gedanken des Verkehrsfinanzgesetzes müsse man jetzt diese Zweckbindung vornehmen, um für eine entsprechende Dotierung des Verkehrshaushalts die notwendigen Deckungsmittel zu haben.
Wenn man nun etwas tiefer in den Entwurf des Straßenbaufinanzierungsgesetzes einsteigt, muß man allerdings feststellen, daß ohne Erhöhung der Verkehrsabgaben, vor allem ohne Erhöhung der Mineralölsteuer, und nach Abzug des Sockelbetrags und der Betriebsbeihilfen insgesamt doch 7,4 Milliarden DM übrigbleiben. Wenn man die 440 Millionen DM hinzunimmt, die auf Grund des Verkehrsfinanzgesetzes von 1955 den Verkehrshaushalt aus der Beförderungssteuer zufließen, haben wir - also ohne die genannten Erhöhungen - insgesamt 7,84 Milliarden DM zur Verfügung. Folgte man dem Grundgedanken der Regierungsvorlage weiter, daß im Vier-jahresplan für den Straßenbau eine Milliarde DM über den Kapitalmarkt aufgebracht werden soll, so hätte man - immer ohne Erhöhung der Mineralölsteuer und sonstiger Verkehrsabgaben - 8,84 Milliarden DM zur Verfügung. Wenn wir nun 8 Milliarden DM ausgeben wollten, so hätten wir die Möglichkeit - und das ist eine Frage, der man nachgehen muß; man muß das dann natürlich noch in die richtige Gesetzesform bringen -, den kommunalen Baulastträgern zur Lösung der innerstädtischen Verkehrsprobleme und zum Ausbau der Zubringer zu den Bundesfernstraßen, der Autobahnen, zum Ausbau des Kreisverkehrs, der Unterpflasterstraßen in den Großstädten, d. h. der Schaffung eines zweiten Weges in unseren Städten, bis zu 800 Millionen DM zusätzlich auszuweisen, und zwar immer noch ohne Erhöhung der Verkehrsabgaben.
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- Herr Kollege Müller-Hermann, diese Frage mußte kommen. Ich wußte, daß sie kam, hatte allerdings gedacht, sie würde durch den Kollegen Krammig aufgeworfen. Ich nehme an, daß er dazu noch sprechen wird; er ist ja Berichterstatter des federführenden Ausschusses, des Finanzausschusses. Aber, Herr Kollege Müller-Hermann, schließlich beraten wir hier ein Straßenbaufinanzierungsgesetz, und da geht es darum, ob wir gewillt sind, durch die Zweckbindung der Verkehrsabgaben dem Straßenbaufinanzierungsgesetz den erforderlichen materiellen Inhalt zu geben. Wir führen hier ja nicht eine Haushaltsdebatte und sprechen nicht über allgemeine Haushaltsmittel.
Sie werden nun freilich einwenden: Worin besteht der Unterschied zwischen allgemeinen Haushaltsmitteln und Straßenbaumitteln? Zu dieser Frage wäre vieles auszuführen; aber ich nehme an, daß gerade Sie, meine verehrten Damen und Herren aus der Mitte dieses Hauses, die Sie ja die §§ 1 und 2 der Regierungsvorlage aufheben wollen, eine Begründung dafür geben werden, warum Sie die Zweckbindung beseitigen und die Regierungsvorlage in dieser Weise ändern wollen.
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- Ja, ich weiß, Herr Kollege Krammig. In dem Schriftlichen Bericht steht auch, es sei die Aufgabe, über den vertikalen Finanzausgleich, also über den kommunalen Finanzausgleich der Länder, Kreise und Gemeinden die richtige Dotierung für die kommunalen Baulastträger festzulegen und die entsprechenden Mittel auszuweisen. Können Sie mir einmal sagen, wieviel Länder in Deutschland die gesamte Kfz-Steuer oder gar mehr für den Straßenbau ausgeben und welche freiwillig aus der Einsicht heraus, die ich nachher auch von Ihnen zu hören hoffe, den kommunalen Baulastträgern die materiellen Mittel zuweisen, die sie für den Ausbau ihres Straßennetzes benötigen? Leider ist im Verkehrs-Ausschuß trotz unserer Bemerkungen, vor allem der Bemerkungen unseres Kollegen Rademacher, die Frage von den Regierungsvertretern nicht beantwortet worden, ob und inwieweit man über ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern die Voraussetzung dafür schaffen kann, daß die zusätzlichen Mittel, die wir den Kommunen zugute kommen lassen wollen, auch in der Tat an die Kommunen weitergeleitet werden. Diese Frage findet auch in dem Schriftlichen Bericht und in der der zweiten Lesung zugrunde liegenden Vorlage keine Beantwortung.
In der letzten Zeit wurde viel davon gesprochen - gerade auch von Ihnen -, daß es notwendig sei, einen Beitrag zur Verkehrsintegration zu leisten. Wissen Sie denn - einige von Ihnen wissen es ganz bestimmt , daß schon bisher Deutschland unter den EWG-Staaten das Land war, in dem sowohl der gewerbliche Verkehr wie auch der Werkverkehr am höchsten belastet ist? Zu dieser Belastung unserer Verkehrsträger, die schon bisher am höchsten ist, sollen nun weitere Belastungen in Höhe von insgesamt 1,142 Milliarden DM hinzukommen. Darüber hinaus besteht für unsere Verkehrsträger noch eine weitere Schwierigkeit. Wir hoffen, daß wir heute sowohl von dem Herrn Verkehrsminister wie auch von den Angehörigen der Mitte dieses Hauses noch etwas darüber hören, wie man das Problem der Maße und Gewichte für Lastkraftwagen sinnvoll, betriebswirtschaftlich und nach europäischen Gesichtspunkten lösen will. Auf der einen Seite soll also den Verkehrsträgern eine neue Belastung auferlegt werden, während auf der andeEisenmann
ren Seite noch eine Unsicherheit hinsichtlich der Maße und Gewichte besteht. Bis jetzt hat man von Ihrer Seite nur unrentable Maße angeboten. Können Sie uns, Herr Verkehrsminister, eine Antwort geben, wie man die wichtigste Frage der Verkehrswirtschaft, nämlich die Erhaltung des gewerblichen Verkehrs und des Werkverkehrs in Deutschland, lösen will? Man kann hier wirklich nur sagen, die Dinge werden auf den Kopf gestellt, wenn man den deutschen Verkehrsbetrieben - also mittelständischen Betrieben - neue Belastungen auferlegt.
({4})
- Herr Kollege Müller-Hermann, ich habe es mir nicht ganz so einfach machen wollen wie der Herr Berichterstatter, der gesagt hat: „Lesen Sie den Bericht durch, da steht alles drin!" Das kann man natürlich auch machen.
Herr Abgeordneter, einen Augenblick! Es ist kein guter Stil, den Berichterstatter zu kritisieren. Das bitte ich möglichst zu unterlassen.
Ich nehme die Bemerkung mit Bedauern zurück.
({0})
- Herzlichen Dank, Herr Kollege Krammig.
Das ist eine Sache des Hauses; sie bezieht sich nicht auf den betreffenden Kollegen, sondern auf den Berichterstatter als einer Einrichtung des Hauses.
({0})
Zu dem Problem der Maße und Gewichte wird unser Kollege Rademacher noch sehr ausführlich sprechen. Wir freuen uns, daß bei der heutigen zweiten Lesung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes der Herr Verkehrsminister anwesend ist. Wir hoffen und erwarten, daß wir von ihm hinsichtlich der technischen Grenzdaten für Lastkraftwagen noch eine Aussage bekommen. Wir meinen nämlich, daß fast ein Junktim zwischen dem Straßenbaufinanzierungsgesetz und der Lösung des Problems der technischen Grenzdaten für Lastkraftwagen besteht. Darum erwarten wir, daß vor Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes das Problem der Maße und Gewichte für Lastkraftwagen sinnvoll gelöst wird.
Wir würden uns freuen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Mitte dieses Hauses, unserem Antrag und dem Bleichlautenden Antrag der SPDFraktion auf Wiederherstellung der Artikel 1 und 2 zustimmten. Dem Antrag des Kollegen Höhne auf namentliche Abstimmung schließe ich mich an.
({0})
Zur Begründung des Änderungsantrags der DP auf Umdruck 479 hat der Abgeordnete Dr. Preiß das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, diesen Zuruf, Herr Kollege Krammig, ernst zu nehmen. Ich brauche den vielen wertvollen Argumenten, die von meinen Herren Vorrednern für die Wiederherstellung der Regierungsvorlage bereits vorgebracht worden sind, nur wenig hinzuzufügen.
Auch die DP-Fraktion ist der Auffassung, daß die Wiederherstellung der Regierungsvorlage zweckdienlich ist. Nach eingehender Überprüfung des großen Vorhabens eines zügigen Ausbaus unseres Straßennetzes schien es uns erforderlich zu sein, daß nicht alljährlich wieder um die entsprechenden Beträge experimentiert wird. Man muß vielmehr klar über die Höhe der aufkommenden Mittel Bescheid wissen. Dadurch soll dem Verkehrsministerium bzw. dem Verkehrsminister eine Planung auf längere Sicht ermöglicht werden. Auch würde man bei der Vergabe von Großbauvorhaben einen besseren. Überblick haben und diese Vorhaben wirtschaftlicher und zweckdienlicher vergeben können.
Ich bitte Sie daher, unserem Antrag auf Umdruck 479 zuzustimmen. Er ist gleichlautend mit den Anträgen, die meine Vorredner begründet haben, und wünscht ebenfalls die Wiederherstellung des Art. 1 der Regierungsvorlage.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung der Änderungsanträge gehört. Ich eröffne nun die Aussprache darüber.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche nicht als Berichterstatter, sondern in der allgemeinen Aussprache als Angehöriger der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das will ich gleich eingangs bemerken, damit ich nicht in den Verdacht komme, die Eigenschaft eines Berichterstatters und die eines Fraktionssprechers durcheinanderzubringen.
Herr Kollege Höhne, der eingangs den Antrag der Fraktion der SPD begründet hat, die Regierungsvorlage hinsichtlich der Zweckbindung wiederherzustellen, hat den der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angehörenden Mitgliedern des Finanzausschusses dunkle Gedanken bei ihrem Antrag unterstellt, die Zweckbindung zu streichen. Nun, Herr Kollege Höhne, ich bin bei der Begründung Ihres Antrags davon ausgegangen, daß Sie edle Motive dazu veranlaßt haben. Sie sollten uns keine dunkle Absichten unterstellen.
({0})
Ich werde Ihnen diese dunklen Absichten jetzt gleich aufhellen, muß aber zunächst, um nachher in der richtigen Reihenfolge der Argumente zu bleiben, noch etwas zu Herrn Kollegen Eisenmann sagen.
5666 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode Krammig
Ich habe die Bemerkung, die der Herr Präsident
ich weiß nicht, ob ich mich jetzt geschäftsordnungsmäßig richtig ausdrücke; ich bitte um Verzeihung, wenn ich das nicht richtig sage - gerügt hat, nicht gehört. Herr Kollege Eisenmann, ich habe hier schon mehrfach während einer Aussprache als Berichterstatter gestanden.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Das ist auch kein guter Stil. Sie haben jetzt nicht als Berichterstatter das Wort.
({0})
Meine Bemerkung von vorhin war eine ganz allgemeine Bemerkung, die sich gar nicht auf Sie persönlich bezog, sondern ganz allgemein an den Stil des Hauses appellierte.
({1})
Ich möchte also bitten, von einer Replik abzusehen.
Herr Präsident, ich darf vielleicht darlegen, warum ich zu dem Schriftlichen Bericht nicht mündlich noch etwas hinzugefügt habe.
Ganz offensichtlich hat Ihnen das Haus dankend abgenommen, daß nichts mehr mündlich nachgetragen zu werden braucht.
Aber ich weiß nicht, ob ich in meiner Disposition so eingeschränkt werden darf, daß ich nicht einmal von mir aus eine Bemerkung machen darf, warum ich es für richtig gehalten habe, einen Schriftlichen Bericht vorzulegen.
Herr Abgeordneter, Sie haben jederzeit die Möglichkeit, als Berichterstatter das Wort zu nehmen. Wenn Sie sich als solcher melden, bekommen Sie anstandslos das Wort. Aber jetzt habe ich Ihnen als Abgeordneten der CDU das Wort gegeben, nicht als Berichterstatter.
Ich werde das anschließend tun, Herr Präsident.
Bitte sehr.
Ich habe, wenn ich die Antragsteller, die hier gesprochen haben, vor mir sehe, den Eindruck, daß es jetzt in diesem Hause Mode wird, daß die Verkehrspolitiker Finanzpolitik machen
({0})
und daß sich die Finanzpolitiker auf die hinteren Bänke setzen, um schamhaft ihr Haupt zu verhüllen, wenn hier über Grundsätze der Finanzpolitik gesprochen wird.
({1})
Es ist nach den vielen Debatten, die wir hier über die Zweckbindung von Steuern, über diejenigen, die die Steuern aufbringen usw., schon gehabt haben, wahrhaftig eine anstrengende Sache, nun noch einmal zu versuchen, um etwas Verständnis dafür zu werben, daß die Finanzpolitiker, die zunächst auf die Manövrierfähigkeit des Haushalts zu sehen haben, immer wieder davor warnen müssen, in ein Gesetz eine Zweckbindung für das Aufkommen aus diesem Gesetz hineinzubringen. Ich will trotzdem den Versuch unternehmen.
Zunächst einmal enthält § 29 der Reichshaushaltsordnung den Grundsatz der Non-Affektation. Das heißt doch, daß alle Steuern, sogar solche, die Ordnungscharakter haben, in erster Linie als allgemeines Deckungsmittel in den Haushalt einzufließen haben. Nur aus dieser Sicht ist es überhaupt möglich, den Haushalt nach den dringenden Bedürfnissen der Staatsaufgaben zu bedienen. Das ist ein sehr weiser Grundsatz, mit dem man nicht ohne Not brechen sollte.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?
({0})
Lieber Herr Krammig, ich bin zwar auch kein Finanzpolitiker, aber vielleicht darf ich trotzdem eine Frage stellen. Ist Ihnen bekannt, daß die Reichshaushaltsordnung in genau demselben Punkt, den Sie soeben zitierten, in dem der Grundsatz der Non-Affektation aufgestellt wird, expressis verbis sagt: „sofern nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist"? Ich möchte Sie also fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß damals, als der Grundsatz aufgestellt wurde, bereits damit gerechnet wurde, daß durch Gesetz, so wie hier, Ausnahmen vorgesehen werden könnten?
Sicher, das ist richtig. Wir wenden uns aber dagegen, daß ein solcher Ausgabeblock von 8 Milliarden D-Mark auf vier Jahre so zweckgebunden feststeht, daß die Manövrierfähigkeit des Haushalts eingeschränkt werden könnte. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt.
({0})
Nun wird hier, wenn von der Zweckbindung gesprochen wird, immer wieder argumentiert, die Kraftverkehrswirtschaft bringe die Mineralölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer, die Beförderungsteuer auf. Meine Damen und Herren, das ist ja gar nicht richtig. Die Mineralölsteuer - ({1})
- Ja, meine Damen und Herren, wenn Sie nicht zuhören wollen, dann hat es überhaupt keinen Sinn, daß wir hier debattieren. Ich sehe hier mehr Leute, die reden, als solche, die zuhören.
({2})
- Lieber Herr Blachstein, ich gehöre zu den Leuten in diesem Hause, die sich anstrengen, jeden Kollegen anzuhören, und ich habe den Wunsch, daß
die Kollegen mir mindestens so viel Entgegenkommen zeigen, daß sie es mir möglich machen, zum Hause zu sprechen.
({3})
Die Mineralölsteuer, meine Damen und Herren, wird bezahlt von den Mineralölherstellern. Sie wird im Preise auf denjenigen abgewälzt, der das Mineralölprodukt kauft. Wenn es sich um einen Mann handelt, der einen Betrieb unterhält, dann wird er, wenn er eine Leistung erbringt, auch diese Steuer, wie jeder andere, auf denjenigen weiterwälzen, der die Leistung in Anspruch nimmt. ,Da wir alle - nicht nur wir, die wir hier im Hause sitzen, sondern alle - Verkehrsleistungen in irgendeiner Form von der Kraftverkehrswirtschaft in Anspruch nehmen, sind wir ,die Steuerträger der Mineralölsteuer und niemand anders. Dem allgemeinen Wohl des Staatsbürgers ist am besten gedient, wenn die von ihm als Steuerträger aufgebrachten Steuern als allgemeines Deckungsmittel in den Haushalt fließen und nicht für bestimmte Zwecke zweckgebunden werden.
Nun, man könnte sich ,darüber unterhalten, ob eine Zweckbindung berechtigt ist im Hinblick darauf, daß dieser Gesetzentwurf vorsieht, die Mineralölsteuer für Vergaser- und für Dieselkraftstoff zu erhöhen, um zusätzliche Mittel für die Finanzierung des Straßenbau-Vierjahresprogramms zu beschaffen. Darüber kann man sich unterhalten, weil das eine zusätzliche Belastung ist, ,die nur für diesen gedachten Zweck erfolgen soll. Dieser Betrag macht aber in der Gesamtrechnung nicht mehr als 1 Milliarde DM auf ,den Vierjahreszeitraum aus. Da wir aber 7 Milliarden DM aus dem allgemeinen Aufkommen verwenden wollen, ist mindestens im Hinblick auf die 6 Milliarden DM allgemeine Deckungsmittel eine Zweckbindung nicht berechtigt.
Ich stehe überhaupt, lassen Sie mich das ganz offen sagen, meine Damen und Herren, unter dem Eindruck, daß der Bundestag selbst sich sich mißtraut,
({4})
nämlich dahingehend, ,daß er das Notwendige in den einzelnen Bundeshaushaltsplänen für die kommenden Rechnungsjahre nicht tut, was er tun müßte, um seiner Aufgabegerecht zu werden, für das allgemeine Wohl zu sorgen. Daß die FDP und die SPD in dieser Hinsicht von einem gewissen Mißtrauen gegen die Regierungsfraktionen erfüllt sind, das verstehe ich sehr wohl.
({5})
- Meine Damen und Herren, warten Sie ab, bevor Sie klatschen! - Die Regierungsfraktionen haben natürlich eine ganz andere Vorstellung von der Dringlichkeit der einzelnen Staatsaufgaben als die SPD und die FDP.
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Infolgedessen werden immer Meinungsverschiedenheiten über die Verwendung der aufkommenden Mittel bestehen. Wenn sich in den nächsten Jahren die Notwendigkeit erweisen sollte, Staatsaufgaben zu finanzieren, die wir nur dadurch finanzieren könnten, daß wir einen vielleicht entstehenden
Straßenbauboom eindämmen, dann werden wir - dessen dürfen Sie versichert sein, meine Damen und Herren Manns genug sein, trotz Zweckbindung das Erforderliche zu tun.
({7})
Alles in allem freue ich mich darüber, daß SPD und FDP die Bundesregierung in diesem Punkte gelobt haben. Aber da das Parlament eine Kontrollinstanz für die Exekutive ist, haben die Angehörigen der CDU/CSU auch das Recht, die Bundesregierung zu berichtigen.
({8})
Daher bitte ich, die Zweckbindung nicht wiederherzustellen.
({9})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe schon mehrfach als Berichterstatter feststellen müssen, daß die Mitglieder des Hauses, sicher aus Mangel an Zeit und wegen zu starker Inanspruchnahme, keine Gelegenheit hatten, Schriftliche Berichte vor Beginn der Sitzung durchzulesen. Aber es ist ja gerade der Sinn des Schriftlichen Berichts, daß man all die Gedanken niederlegt, die auch die Kollegen in die Lage versetzen sollen, darüber nachzudenken, aus welchen Gründen die Ausschüsse zu den dem Plenum vorgelegten Beschlüssen gekommen sind. Da ich zu den Leuten gehöre, die der Meinung sind, daß in diesem Hause auch mit der Zeit ökonomisch verfahren werden sollte, habe ich mir stets erlaubt, auf einen ausführlichen - „ausführlichen" darf ich unterstreichen - Schriftlichen Bericht zu verweisen, und ich möchte bitten, das in Zukunft auch zu honorieren.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Dank und mit einem Lob für den Herrn Berichterstatter beginnen. Es ist immer schön, wenn man, wie Goethe im Faust einmal sagen läßt, etwas schwarz auf weiß besitzt, das man getrost nach Hause tragen kann. Es ist sehr viel netter, wenn man das in dem gedruckten Bericht findet - ich komme darauf nachher noch zu sprechen -, als wenn man aus der Erinnerung oder einer flüchtigen Notiz feststellen muß, was der Berichterstatter gesagt hat.
Nun, Herr Kollege Krammig meinte, es seien keine dunklen Absichten, die die CDU - ich weiß nicht, ob ich berechtigt bin zu sagen: auch die CSU - in dieser Hinsicht hege, und er warf die Frage
auf, ob der Bundestag sich selbst mißtraue. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen darauf vom Standpunkt der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sofort antworte. Der Bundestag, soweit wir in Betracht kommen, mißtraut nicht sich selbst; aber er mißtraut den Finanzkünstlern der Finanzpolitik, Herr Finanzpolitiker Krammig, der CDU, vielleicht auch der CDU/CSU. Darin liegt das Mißtrauen, und darauf werden wir noch zu sprechen kommen.
({0})
Sie haben, Herr Kollege Krammig, gefragt, ob hier die Verkehrspolitiker Finanzpolitik machen. Ich möchte sagen, die Verkehrspolitiker machen Verkehrspolitik. Da Ihnen aber bekannt sein dürfte, daß man keine Verkehrspolitik machen kann ohne Finanzpolitik, liegt es im Rahmen der Verantwortung der Verkehrspolitik treibenden Bundestagsabgeordneten, sich auch über die Finanzpolitik, ihre Auswirkungen und die Frage, woher der Segen kommen soll, Gedanken zu machen. Das werden Sie nicht gut bestreiten können.
Aber nun zum Thema. Wenn ich mir so das bisherige Schicksal dieses Straßenbau-Finanzierungsgesetzes und das Schicksal des sozialdemokratischen Antrages auf Erlaß eines Verkehrsfinanzgesetzes vor Augen halte, dann denke ich an die Kursivziffern zurück, die im Haushalt 1959 enthalten waren. Wenn ich zur Qualifizierung des bisherigen Ablaufs nach einem Beispiel aus der Literatur suche, finde ich, daß mit dem Schicksal dieser Kursivziffern ein Trauerspiel in bezug auf dieses Straßenbau-Finanzierungsgesetz einsetzte. Aus dem Trauerspiel wurde im Laufe der Zeit langsam eine Komödie. Die Frage ist, ob die Komödie, deren Gipfelpunkt ,,Höcherl-Ausschuß" hieß,
({1})
heute ihre Fortsetzung findet, wenn Sie nach dem letzten - na, streng vertraulichen - Regierungsvorschlag die Zweckbindung ablehnen. Wenn Sie das tun, wird auf die Komödie eine weitere Entwicklung folgen. Wir alle, die wir ja eine sehr ernsthafte Verantwortung gerade in dieser Frage zu tragen haben, müßten uns klar darüber sein, daß dann aus der Komödie in absehbarer Zeit ein Drama werden würde, nämlich das Drama des deutschen Verkehrschaos.
Meine Damen und Herren, lassen Sie doch einmal die Zahlen einiger amtlicher Unterlagen auf sich einwirken. Die meisten von Ihnen haben Gelegenheit gehabt, das zu tun. Ich entnehme hier einer Ubersicht des Herrn Bundesministers für Finanzen eine Darstellung der Entwicklung des Bestandes an Kraftfahrzeugen ohne Mopeds. Aus einem heute morgen in der Kölner oder Bonner Rundschau - mein Leiborgan ({2})
erschienenen Bericht ist zu entnehmen, daß heute die Zahl der Mopeds etwas mehr als 2 300 000 beträgt - heute! -; die sind in der Ubersicht des Herrn Bundesfinanzministers - Ubersicht Nr. 5 in diesem
bekannten gelben Heft - nicht enthalten. Ich nenne Ihnen aber die von dem Herrn Bundesfinanzminister veröffentlichten Zahlen in bezug auf Krafträder, Personenkraftwagen usw. Für das Jahr 1960 erwartet die Bundesregierung eine Belastung des Straßenverkehrs durch 1 725 000 Krafträder, ohne die Mopeds mit 2,3 Millionen, weiterhin durch 4 035 000 Personenkraftwagen, durch 30 200 Kraftomnibusse, durch 607 000 Lastkraftwagen, durch 835 000 zulassungspflichtige Zugmaschinen, durch 42 300 Sonderkraftfahrzeuge, durch 330 000 Kraftfahrzeuganhänger, insgesamt also durch 7 604 500 Kraftfahrzeuge.
Nach der gleichen Ubersicht erwartet die Bundesregierung folgende Entwicklung - ich will die einzelnen Zahlen nicht verlesen, sondern nur die Endzahl nennen -: für 1960 rund 7 Millionen, für 1965 10 402 500 Kraftfahrzeuge aller Art.
({3})
- Ich weiß nicht, inwieweit Sie daran beteiligt sind, Herr Kollege Hermann.
({4})
Aber ich glaube, der Herr Bundesverkehrsminister, der hier neben dem Herrn Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen als einziger sachverständiger Minister anwesend ist, wird mir zugeben, daß das nicht nur eine Leistung der hohen Bundesregierung, sondern eine Gesamtleistung des deutschen Volkes ist. Und da sind wir auch dabei, nicht wahr?
({5})
Läßt man diese Zahlen, die ich soeben aus amtlichen Unterlagen bekanntgab, auf sich wirken, dann tritt einem angesichts der Situation der deutschen Straßen der ganze Ernst und die ganze Schwere der Verantwortung vor Augen, die wir als Gesetzgeber zu tragen haben. Ich scheue mich gar nicht, auszusprechen, daß ich angesichts der Bedeutung dieser Aufgabe dann eine Steuererhöhung für tragbar halte, wenn sie wirklich den deutschen Straßen in ihrer Gesamtheit zugute kommt.
Hier und da ist auch einmal über das Problem einer Konjunkturdämpfung im Straßenbau gesprochen worden. Ich weiß nicht, ob ich vorhin richtig verstanden habe, daß auch Herr Kollege Krammig die Frage aufwarf. Es war gerade sehr viel Unterhaltung auf Ihrer Seite, Herr Kollege Krammig, da konnte ich das nicht verstehen. Wenn aber das Problem der Konjunkturdämpfung bei den Beratungen der Bundesregierung, die heute stattfinden - deswegen ist der Herr Bundesfinanzminister nicht selbst erschienen -, etwa in bezug auf den Straßenbau eine Rolle spielt, dann möchte ich gleich vorsorglich erklären, daß die Sozialdemokraten nie bereit sein werden, in dieser Situation sowohl nach der Seite der Finanzierung als auch nach der Seite der Beschäftigung hin die Möglichkeit einer Konjunkturdämpfungspolitik durch die Bundesregierung anzuerkennen.
Hier handelt es sich darum, ein vom Gesetzgeber gegebenes Wort auch wirklich einzulösen. Wir
haben den Vierjahresplan verabschiedet und stehen heute vor der Frage, ob dieser Vierjahresplan durch dieses Gesetz gesichert oder durch die Änderung des Artikels 1 verraten werden soll.
({6})
Meine Damen und Herren, es ist ein deutliches Wort; ich komme darauf noch zu sprechen. Sie werden mir nicht widersprechen können.
({7})
Jedenfalls, die Beweglichkeit, die Sie plötzlich durch die Änderung des Art. 1 im Finanzausschuß der Mineralsteuererhöhung gegeben haben, beweist doch, daß ein gewisser Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist, und sie veranlaßt zu der Feststellung, daß die Mineralölsteuer, erhöht und dann zweckentfremdet, das letzte, eigentlich das untauglichste Mittel ist, die Finanzlücke zu schließen, worum sich heute der Herr Bundesfinanzminister und das Kabinett bemühen. Der Herr Bundesfinanzminister hat, wie oft hier an diesem Platze, erklärt, die Bundesregierung denke nicht an eine Steuererhöhung. „Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen." In Wirklichkeit aber ist allein schon die Änderung des Art. 1 der Versuch, die Mineralölsteuererhöhung zum Nothelfer der Bundesfinanzen in ihrer Allgemeinheit zu machen. Das ist keine legale Sache. Das ist der Beginn eines Schleichweges, der auf dem Gebiete der Bundesfinanzen unmöglich sein sollte.
({8})
- Sie können mich nachher überzeugen, ich höre gern zu, Herr Kollege Müller-Hermann.
Betrachten Sie einmal die Zahlen. Ich will Sie nicht mit den einzelnen Zahlen langweilen. In dem Falle, daß dieses Gesetz am 1. April in Kraft treten sollte, haben wir im ganzen bei einem Pfennig Erhöhung ein Minderaufkommen von 48 Millionen DM zu erwarten, eben wegen der zwei Phasen, die im Rechnungsjahr 1960 nicht wirksam werden. Kommen wir nach dem jetzt schriftlich vorliegenden, im Haushaltsausschuß bereits behandelten Antrag auf eine Erhöhung um einen weiteren Pfennig zu, dann erhöht sich das Minderaufkommen um zirka 70 Millionen DM.
Wenn Sie ,die Größenordnung, die heute schon genannt wurde und auch in dem Bericht zum Ausdruck gekommen ist, in ihrer Gänze auf sich wirken lassen und sich bemühen, einmal sehr nüchtern und sehr sachlich nicht nur an die allgemeine Verantwortung zu denken, die mit diesem Gesetz verbunden ist, sondern auch an Ihre besondere Verantwortung als Abgeordneter Ihrer Heimat, Ihres Wahlkreises oder Ihres Patenwahlkreises, kommen Sie zu dem Ergebnis - und dem wollen wir mit unserem Antrag auf namentliche Abstimmung ein bißchen eine Stütze geben -, daß es schwer sein wird, dem geänderten Art. 1 zuzustimmen.
({9})
- Im Odenwald? Ja, da ist noch einiges mehr bekannt. Sogar der Antrag Dr. Stecker ist dort bekannt. Man sieht die Dinge dort sehr nüchtern und gelassen und sagt: Wenn es für die Straßen ist, dann ja, wenn es aber für allgemeine Bundeshaushaltszwecke ist, dann nein. Das sagt man im Odenwald, Herr Kollege Dr. Stecker.
Wir Sozialdemokraten wollten etwas anderes. Wir haben Ihnen in Drucksache 1275 den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt. Der Kern dieses Gesetzentwurfs, den Sie nicht wollen, den Sie nicht mögen, den Sie gar nicht gern haben, geht auf eine gleichmäßige Zuteilung neu zu erschließender Mittel an den Bund, an die Länder und an die Gemeinden. Ich bitte den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, daß ich den § 4 Abs. 2 dieses Gesetzentwurfs hier verlese:
Aus dem verfügbaren Aufkommen des Straßenfonds werden - nach Abzug etwaiger Verpflichtungen aus § 6 dieses Gesetzes - dem Straßenbauhaushalt des Bundes 33 1/3 vom Hundert ({10}), der Länder 33 1/3 vom Hundert ({11}) und der Gemeinden 20 vom Hundert ({12}) zugewiesen. Die restlichen 13 1/3 vom Hundert stehen nach Maßgabe des § 5 Abs. 6 dieses Gesetzes alljährlich zur Schwerpunktbildung zur Verfügung ({13}).
Damit, meine Damen und Herren, könnten die Gemeinden etwas anfangen. Mit dem, was, wenn die Zeichen nicht trügen, nach diesem Gesetz übrigbleibt, können die Gemeinden bei Gott nichts Nennenswertes anfangen; sie sind, wie immer, die Letzten, die die Hunde beißen, sie sind die Dummen.
Das neue Gesetz, das hier augenblicklich zur Beratung steht, läßt jedes ernsthafte Zeichen dafür vermissen, daß man das gesamte deutsche Straßenwesen wirklich als eine Schicksalsaufgabe der Gesamtheit ansieht. Was Sie den Gemeinden geben, ist letzten Endes nicht mehr als weiße Salbe. Ein Notstand im Gemeindebereich, im Bereich der großen und der kleinen Gemeinden, wird die unausbleibliche Folge Ihrer Haltung sein.
Wir Sozialdemokraten verlangen eine angemessene Beteiligung der Gemeinden und Kreise am Aufkommen aus der Mineralölsteuer. Wir verfügen dabei über gute Verbündete. Die Bundesregierung beispielsweise hat 1957 erklärt:
Die Bundesregierung kennt die Verkehrsnot der Städte und Gemeinden und wird daher die Straßenbaumittel so einsetzen, daß ein in allen Teilen leistungsfähiges Gesamtnetz entsteht.
Man wäre beinahe versucht, einen Preis für den Beweis auszusetzen, daß mit dem heute zur Debatte und Entscheidung stehenden Gesetz dieses Ziel der Bundesregierung erreicht wird.
Der Herr Bundesverkehrsminister, der einmal in einer Ausarbeitung über die Verkehrspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1957 geschrieben hat, was ich jetzt zitieren darf, hat eigentlich ganz richtig erkannt, um was es sich handelt. Der Herr Bundesverkehrsminister hat damals ausgeführt:
Kein Staat, dessen Gebiet eine reichgegliederte Wirtschaftsstruktur aufweist und räumlich nicht sehr eng begrenzt ist, wird darauf verzichten können, auch die abgelegenen und wirtschaftlich schwachen Landesteile durch gute Verkehrseinrichtungen sowie eine ausreichende Verkehrsbedienung zu erschließen und mit den Siedlungs- und Industriezentren eng zu verknüpfen.
Ich möchte den Herrn Bundesverkehrsminister einmal auf Ehre und Gewissen fragen, ob er glaubt, daß mit dem jetzt vorliegenden Beschluß des Finanzausschusses das von ihm vor drei Jahren proklamierte Ziel wirklich erreicht werden kann.
Wie sieht denn dieser Beschluß aus, und wie sieht die Wirklichkeit aus? Befürchten Sie nicht, meine Damen und Herren, daß ich Ihnen mit großen theoretischen Erörterungen über den Begriff der Zweckbindung kommen werde. Es wäre verlockend, eine ganze Anzahl von Mitgliedern der Bundesregierung, von Sachverständigen der Bundesregierung, von Beamten im einzelnen zu zitieren. Ich will darauf verzichten. Nur zwei Tatsachen will ich einander gegenüberstellen.
In dem Entwurf der Bundesregierung, den wir - in etwas verbesserter sprachlicher Form - wieder aufgegriffen haben, heißt es:
Der auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer ist für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden.
In dem Beschluß des Finanzausschusses heißt es:
Das Aufkommen aus der Mineralölsteuer abzüglich der in Absatz 2 genannten Beträge dient nach Maßgabe des Artikels 3 dem Straßenwesen ({14}).
Es liegt auf der Hand und kann nicht bestritten werden, daß die ursprüngliche Formulierung in dem Regierungsentwurf keine Bedeutung in bezug auf die Verhaftung der hier aufkommenden Mittel zugunsten allgemeiner fiskalischer Zwecke hatte. Es war klipp und klar zu erkennen, was die Bundesregierung mit Art. 1 ihres Entwurfs wollte: was hier aufkommt, soll den Straßen zugute kommen.
Man hat diesen Gesichtspunkt aufgegeben. Ich glaube nicht, daß dies aus dem ureigensten, ursprünglichsten und freien Willen der CDU-Mitglieder des Finanzausschusses geschehen ist. Wenn wir eine zeugeneidliche Vernehmung des Herrn Bundesfinanzministers oder seines Staatssekretärs durchführten, würde sich sehr rasch ergeben, welche Einflüsse hier im Hintergrund wirksam gewesen sind. Diese Wandlungen des Art. 1 machen Geschichte, wenn sie Gesetz werden.
Meine Damen und Herren, man soll nicht mit dem Argument kommen, daß die Zweckbindung verfassungswidrig sei. Das stimmt nicht, in keiner Weise. Ich möchte hier ein Wort wiederholen, das mir dieser Tage begegnet ist: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn der Bund das Aufkommen an Steuern, über die ihm die Ertragshoheit zusteht, zu einem bestimmten Zweck bindet.
Herr Kollege Krammig, Sie haben sich vorhin so ein bißchen in die Sache mit der Non-Affektation
verliebt. Ein schönes „deutsches" Wort! Es bedarf einer Übersetzung. Man kann es am besten übersetzen, wenn man das „Non" wegläßt. „Affektation" übersetzt man am besten als den Willen zur Begünstigung eines bestimmten Zwecks. Sind wir darüber einig?
({15})
- Nein, das gehört nicht dazu, das gehört nur in Ihren Vorstellungen dazu. Was die Bundesregierung wollte, was die SPD will, was die DP will, was die FDP will und was vielleicht noch einige Damen und Herren aus Ihren Kreisen wollen, ist eben eine Zweckbindung im Sinne einer ausgesprochenen Begünstigung des Zwecks, dem dieses Gesetz dient, also des Straßenwesens.
Man kann eine Mineralölsteuererhöhung moralisch letzten Endes tatsächlich nur dann verantworten, wenn damit der Zweck erreicht wird, der der Bundesregierung von Anfang an Gott sei Dank vorgeschwebt hat. Ich bedauere nur, daß dieselbe Bundesregierung in der Zwischenzeit schwache Knie bekommen hat und nicht mehr bereit ist, zu ihrem eigenen Wort zu stehen, das sie seinerzeit sogar schriftlich in dem Gesetzentwurf gegeben hat.
Art. 1 Abs. 1 des Regierungsentwurfs enthält einen gesetzlichen Befehl. Die neue Fassung des Art. 1 Abs. 1 erlaubt die Verwendung des Mehraufkommens aus der Mineralölsteuer für allgemeine fiskalische Zwecke. Welcher Vorgang vollzieht sich hier? Wenn Sie dem Antrag der Sozialdemokraten und der FDP auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs nicht zustimmen, so eröffnen Sie mit der von mir vorgelesenen Formulierung, die ein Produkt der Meinungsbildung im Finanzausschuß darstellt, die Möglichkeit der Bedienung des allgemeinen Haushalts. Denn praktisch verhält es sich so: Sie verweisen die Entscheidung über die Bedienung des Vierjahresplans Jahr um Jahr in das Haushaltsgesetz; Sie wollen keine Bindung an das Spezialgesetz, das hier verabschiedet wird, sondern Sie wollen sich frei bewegen können. Sie wollen also - ich erinnere noch einmal an die Zahlen von vorhin - die Masse der Kraftfahrzeugbesitzer zwingen, mehr Steuern zu leisten als bisher, wollen sich aber die Entscheidung darüber vorbehalten, ob dieses Steuermehraufkommen nicht dem Zweck, dem es eigentlich zugedacht ist, nämlich dem Straßenwesen in all seinen Teilen, zugute kommt, sondern auch für den allgemeinen Finanzhaushalt verwendet werden darf.
Herr Kollege Krammig, Sie haben vorhin auf § 29 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung hingewiesen. Mein Freund, der Kollege Schmidt ({16}) hat bereits in einer Zwischenfrage klargestellt, was der § 29 Abs. 1 in Wirklichkeit besagt. Ich lese ihn im Wortlaut vor:
Alle Einnahmen des Reichs dienen als Dekkungsmittel für den gesamten Ausgabebedarfs des Reichs, soweit nicht im Haushaltsplan oder in besonderen Gesetzen etwas anderes bestimmt ist.
Die Möglichkeit, in einem Spezialgesetz etwas anderes zu bestimmen, engt also die Vorschrift in § 29 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung entsprechend ein. Daher ist es nicht notwendig, den Standpunkt der Non-Affektation zu vertreten, sondern Sie haben als Gesetzgeber die Freiheit, in dem Spezialgesetz über die Sicherung der Finanzierung des Vierjahresplans für die Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen eine Maßnahme zu treffen, wie sie das Ziel unseres besonderen Antrages, den Sie bis jetzt leider abgelehnt haben, ist.
Das System der Zweckbindung ist im Straßenbau aber wiederholt und aus ganz bestimmten Gründen anerkannt worden. Dieses System, das von verschiedenen Seiten sehr stark und warm befürwortet wird, würde die Durchführung des Vierjahresplans sichern. Wir sind mit dieser Meinung nicht allein. Ich will auf Zitate verzichten. Ich habe hier einen Artikel aus dem Wirtschaftsblatt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. Februar, der die Überschrift trägt „Der Streit um die Mineralölsteuern". Der Verfasser, Walter Hamm, schreibt genau das gleiche, was meine Fraktion im Interesse des Straßenwesens als ihre Auffassung vertritt.
Lassen Sie mich zum Schluß noch kurze Feststellungen treffen. Nach der vom Bundesminister der Finanzen im Ausschuß vorgelegten Ubersicht la über den Anteil des Kraftverkehrs und des Nicht-Kraftverkehrs am Mineralölsteueraufkommen beträgt bei Vergaserkraftstoff der Kraftfahrzeuganteil am Aufkommen des Jahres 1960 1581 Millionen von insgesamt 1639 Millionen DM; das sind 96,4 % Bei Dieselkraftstoff beträgt der Kraftfahrzeuganteil 598 Millionen von insgesamt 809 Millionen DM; das sind 73,9 % Bei den sonstigen Mineralölen entfallen von einem Gesamtaufkommen von 262 Millionen DM auf den Kraftfahrzeugsteueranteil 101 Millionen DM oder 38,5 % Wenn Sie alle diese Zahlen addieren, kommen Sie zu einem Gesamtaufkommen von 2710 Millionen DM, von denen auf die Kraftfahrzeuge 2280 Millionen DM oder 84,1 % entfallen.
Das sind Zahlen, die jedem zu denken geben sollten und Sie veranlassen sollten, unserem Antrag, das Mehraufkommen, das durch dieses neue Gesetz erschlossen werden soll, auch wirklich dem Straßenwesen zuzuführen, zuzustimmen, zumal die Regierung von Anfang an das gleiche wollte.
({17})
Das Wort hat der Abgeordnete Drachsler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz, bei dem es über viele, besonders über die wesentlichsten Punkte, quer durch die Fraktionen eine mehrheitliche Meinung zu geben scheint. Es ist dabei wohltuend, festzustellen, daß bei der Opposition - sowohl rechts, als auch links gesunde Ansätze einer erfreulichen Regierungsfreundlichkeit bestehen. Wir sind also
gar nicht so weit auseinander. Warum sollen wir dann nicht gleich vom Gemeinsamen sprechen? Von allen Seiten des Hauses wird ,die Notwendigkeit der wesentlichen Beschleunigung eines planvollen und auf lange Zeit finanziell gesicherten Straßenbaues betont. Einigkeit dürfte auch darüber bestehen, daß nur ein leistungsfähiges Gesamtstraßennetz der zunehmenden Motorisierung gerecht werden kann.
Der Kollege Eisenmann hat kritisiert, daß dieses Gesetz spät oder zu spät komme. Lieber Kollege, daran sind wir nun alle etwas schuld, denn das Gesetz wurde in den zuständigen Ausschüssen sehr gründlich und sehr ,gewissenhaft beraten. Es soll nämlich ein guter Anfang für eine neue Ara des Straßenbaues sein. Aber es kommt nicht zu spät. Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen, daß das Gesetz gerade am Beginn einer Jahreszeit verabschiedet wird, in der der Straßenbau wieder intensiv einsetzen soll, einer Jahreszeit, in der sich vor den Kfz-Zulassungsstellen die Schlangen mehren und uns an die gefährliche Motorisierung erinnern, die die praktische Veranlassung für das Gesetz ist.
Der Grundgedanke dieses Gesetzes ist, zusätzliche, über die bisherigen Aufkommen aus dem Straßenverkehr hinausgehende Mittel für einen beschleunigten und großzügigen Straßenbau durch eine zwar mäßige, aber immerhin spürbare Anhebung der Steuern zu schaffen. Die Öffentlichkeit wird für diese Neubelastung um so mehr Verständnis aufbringen, je mehr wir sie zuverlässig überzeugen können, daß diese Mittel nur für den beabsichtigten Zweck Verwendung finden. Diese neuen Verkehrsabgaben dürfen daher von den Aufwendungen für den Straßenbau nicht getrennt werden. Wir wollen den Sockelbetrag von 600 Millionen DM nicht antasten. Wir wollen hoffen, daß er im Laufe der Zeit, wie uns der Herr Finanzminister schon versichert hat, auch noch allmählich abgebaut wird. Wir haben dafür Verständnis.
Wir müssen aber um so eindringlicher auf einer rechtswirksamen Verwendungsbestimmung des nach Abzug verbleibenden Sockelbetrages bestehen. Nicht umsonst hat die Regierungsvorlage die Verwendung dieser Mittel in Art. 1 genau formuliert, indem sie deutlich besagte, sie seien für den Zweck des Straßenbaues zu verwenden. Unsere Kollegen vom Finanzausschuß - das darf ich Ihnen, Herr Kollege Ritzel, sagen haben wirklich ohne hintergründige Beeinflussung oder gar Zwang von seiten des Kabinetts frei und nach ihrem Gewissen entschieden. Es gibt sehr viele klassische Fiskalisten unter uns; das ist Ihnen bekannt. Ich habe früher geglaubt, Sie zählten auch dazu. Unsere Kollegen vom Finanzausschuß haben geglaubt, sie könnten dem gleichen Zweck durch eine etwas weichere Formulierung genauso entsprechen. Auch ich bin der Meinung, daß es vielleicht möglich wäre. Aber Vorsicht ist hier sicherlich besser, und daher trete auch ich - bei uns gibt es keinen Fraktionszwang - wie eine Reihe meiner Kollegen für eine rechtswirksame Verwendungsbestimmung dieser Mittel für den Straßenbau ein.
Das bedeutet die Wiederherstellung der Regierungsvorlage in Art. 1. Wir tun uns hier sehr leicht. Wir haben keinen Antrag stellen müssen, weil wir im vorhinein wußten, daß Sie eine gute Regierungsfreundlichkeit an den Tag legen würden. Wir wollten aber auch unsere Kollegen nicht in Gewissenskonflikte bringen und ihnen die Zeit für ihre späteren Ausführungen nicht beschneiden. Ich kann mich also bei dem Punkt „Zweckbindung" kurz fassen.
Wir werden im Laufe der Beratung der anderen Anträge und Entschließungen noch auf wichtigere Punkte dieses Gesetzes zu sprechen kommen und würden empfehlen, ohne Fraktionszwang, jeder nach seinem Gewissen und nach seiner Verantwortung, zu entscheiden. Ich für meine Person trete für die Zweckbindung ein und ich weiß, daß auch eine Reihe Kollegen das tun werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Diel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist eine dringende Notwendigkeit. Es ist dringend notwendig, weil der Straßenbau zwingend notwendig ist. Erfreulicherweise sind sich alle Fraktionen des Hohen Hauses über die Notwendigkeit des Gesetzes vollkommen einig. Meinungsverschiedenheiten gibt es nicht über das Was, Meinungsverschiedenheiten gibt es nur über das Wie.
Wenn ich mir erlaube, zu den aufgezeigten Problemen etwas zu sagen, so möchte ich mich dabei nicht auf meine Fraktion, auch nicht auf einen größeren oder kleineren Teil meiner Fraktionskollegen berufen, sondern dann möchte ich, der ich bei den Beratungen im Verkehrsausschuß und auch in anderen Ausschüssen mitgewirkt habe, einiges für mich persönlich sagen. Ich möchte es sagen - lassen Sie mich das mit der angemessenen Bescheidenheit zum Ausdruck bringen - als ein Einzelmitglied des parlamentarischen Fußvolks.
Bei der Behandlung des Gesetzes gibt es zwei Brennpunkte. Sehr eingehend ist von dem ersten gesprochen worden, weniger von dem zweiten. Die Frage der Zweckbindung hat nicht etwa einen Gegensatz zwischen der Bundesregierung und den einzelnen Fraktionen aufgezeigt, sondern es ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Finanzausschuß und anderen Ausschüssen. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß z. B. bei der Abstimmung im Verkehrsausschuß völlige 'Einheitlichkeit bestanden hat. Es bestand also nicht etwa ein Gegensatz zwischen den Fraktionen, sondern alle Mitglieder des Verkehrsausschusses waren ein und derselben Meinung. Abweichungen, die bei Beginn der Beratungen zunächst in Erscheinung getreten waren, sind im Verlauf der Debatte verschwunden, und der Beschluß war einstimmig.
Zu der Frage, ob die Bedenken, die lautgeworden sind, tatsächlich berechtigt sind, möchte ich zunächst einmal sagen, daß sie, soweit es sich um Bedenken gegen die „Verfassungsmäßigkeit" handelt, kaum aufrechtzuerhalten sind. Es ist sicher nicht
notwendig, daß ich das begründe oder die schon gegebenen Begründungen vertiefe. Die andere Frage, ob es „zweckmäßig" sei, eine Zweckbindung vorzunehmen, möchte ich unbedingt bejahen, und zwar um so mehr, als wir uns dabei ich wiederhole es - keineswegs in einem Gegensatz zur Bundesregierung befinden. Mir ist bis jetzt nicht bekanntgeworden, daß der Herr Bundesfinanzminister oder der Herr Bundesverkehrsminister die seinerzeit erarbeiteten Formulierungen zurückgezogen habe. Ich wäre dankbar für eine Erklärung, ob jetzt eine solche Absicht, sie zurückzuziehen, bei der Bundesregierung besteht. Soweit ich bis jetzt erfahren konnte, besteht sie nicht.
Es geht also darum, wie wir in diesem Kreise, meine Damen und Herren, über die „Zweckmäßigkeit" und die „Berechtigung" der Zweckbindung denken. Es ist von einigen Herren - nicht heute in dieser Debatte, sondern außerhalb des Hauses und bei früheren Debatten - geltend gemacht worden, die Steuereinkünfte gehörten in den Etat, weil auch die motorisierten Verkehrsteilnehmer verpflichtet seien, ihren Anteil zu den allgemeinen Ausgaben des Staates beizutragen. Das stimmt, meine Damen und Herren; aber das geschieht auch. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer tragen zu den allgemeinen Steuern, der Einkommensteuer, der Verkehrsteuer, der Umsatzsteuer, der Grundsteuer, der Gewerbesteuer, und was es da alles gibt, ihr vollgerütteltes Maß bei. Von dieser Seite her gibt es also keine Begründung, den motorisierten Verkehrsteilnehmern eine Sondersteuer aufzuerlegen, weil sie ihren Anteil nicht in ausreichendem Umfange bezahlt hätten.
Auf der anderen Seite, meine Damen und Herren, haben wir alle miteinander ein großes Interesse daran, den Straßenbau unter allen Umständen sicherzustellen und nicht von den Zufälligkeiten künftiger Ausgabebeschlüsse abhängig zu machen. Deshalb ist - lassen Sie mich damit diese Frage abschließen - meiner Meinung nach die Zweckbindung berechtigt.
Der zweite Punkt, über den bis jetzt nicht gesprochen worden ist, bezieht sich auf den Antrag Dr. Stecker und Genossen, den zweiten Benzinpfennig einzuführen.
({0})
- Ich darf aber schon hier darauf aufmerksam machen; das ist doch der Sinn der Aussprache, verehrter Herr Kollege. Das darf man doch wohl ruhig sagen. - Diese Erhöhung ist in mehreren Ausschüssen in verschiedenen Formen beschlossen worden. Man wollte den Verkehr aus den Städten herausbringen, ohne ihn deshalb von den Städten fernzuhalten. Die Städte sollen nicht i m , sondern a m Verkehr liegen. Darum, meine Damen und Herren, die Bleichlautenden Beschlüsse des Ausschusses für Inneres und des Verkehrsausschusses, erhöhte Zuschüsse an fremde Baulastträger vorzusehen.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter.
Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt aufpassen. Es stehen einige Änderungsanträge zu Art. 1
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Abs. 1 zur Debatte. Begründet ist von dem Urn-druck 474 nur die Ziffer la. Diskutiert wird schon seit einer Stunde auch Ziffer lb. Aber jetzt gehen wir bereits in eine Diskussion über den Art. 4. So können wir es nicht machen. Wir müssen die Diskussion über den Art. 1 allmählich abschließen und zu der namentlichen Abstimmung kommen. Dann geht die Diskussion über die nächsten Artikel weiter, wenn sie aufgerufen werden. Ich möchte bitten, daß die Redner, die sich noch gemeldet haben, danach verfahren.
Ich bin durchaus damit einverstanden, aber ich meinte, sehr verehrter Herr Präsident, wir seien noch in der Generaldebatte.
Herr Kollege, in der zweiten Lesung gibt es an sich keine Generaldebatte. Die Debatte, die wir jetzt führen, ist natürlich ihrem Wesen und ihrer Substanz nach eine klare Generaldebatte. Ich habe sie auch zugelassen. Wir müssen jedoch auch dabei Maß und Ziel halten.
Ich habe nicht die Absicht, verehrter Herr Präsident, die Aufmerksamkeit des Hauses länger in Anspruch zu nehmen, als es unbedingt sein muß. Ich werde mich erneut zu Worte melden, wenn wir über die Einzelheiten des Problems sprechen, und werde alsdann nochmals auf das zurückkommen, was ich jetzt auszuführen begonnen habe.
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Jetzt hat das Wort der Herr Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ritzel, Sie sprachen vorhin davon, daß Sie der Meinung seien, gewisse Hintergrundeinflüsse aus dem Finanzministerium hätten die Antragsteller im Finanzausschuß veranlaßt, die Zweckbindung zu beseitigen. Herr Kollege Ritzel, ich habe den Vorzug, in der Nähe Ihrer Heimat aufgewachsen zu sein. Aus dieser landsmannschaftlichen Verbundenheit heraus darf ich mir einmal ein offenes Wort erlauben. Herr Ministerialdirektor Korff, der leider hier nicht sprechen kann, der aber auf der Regierungsbank sitzt, ist mir persönlich sehr böse, daß ich mich so entschieden für die Beseitigung der Zweckbindung eingesetzt habe. Auch Herr Finanzminister Etzel ist mir deswegen böse, und Herr Staatssekretär Hettlage ist mir auch nicht freundlich gesonnen. Ich halte es deshalb für verfehlt, in diesem Zusammenhang von Hintergrundeinflüssen zu sprechen.
({0})
- Lieber Herr Kollege Ritzel, ich wollte das eigentlich gar nicht sagen - man soll ja seine Arbeit nicht sonderlich in den Vordergrund stellen -, aber Sie zwingen mich dazu: Ich bin derjenige gewesen, der am entschiedensten dafür eingetreten ist, die Zweckbindung zu beseitigen, und zwar aus dem Gedanken heraus, daß wir nicht zu einer Atomisierung des
Bundeshaushalts durch Zweckbindungen kommen dürfen. Ich habe keine andere Absicht damit verfolgt, als diesem Hause die Manövrierfähigkeit des Haushalts zu erhalten.
({1})
Wenn Sie in die Gemeinde-, Kreis- und Landesparlamente hineingehen - ich wirke zur Zeit auch in einem solchen mit -, dann hören Sie jedes Jahr bei den Reden anläßlich der Haushaltsberatung die Klage: „Was können wir denn eigentlich noch machen? Überall binden uns gesetzliche Verpflichtungen, so daß über 80, 90 und noch mehr Prozent unserer Einnahmen vorweg schon verfügt ist." Dieses Schicksal soll der Bundeshaushalt nicht erleiden. Das ist der Grund, warum wir gegen die Zweckbindung sind.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte es ganz kurz machen und den Ausführungen meines Freundes Krammig nur noch wenige Worte hinzufügen.
Herr Kollege Ritzel, Sie sprachen vorhin von einem „Verrat" am Straßenbauplan. Sie lieben starke Ausdrücke, Sie dramatisieren gern. Aber was Sie in diesem Zusammenhang sagten, darf nicht unwidersprochen bleiben.
Überlegen Sie einmal, ob das, was Sie vorhin sagten, nicht ein Verrat an dem ist, was Sie durch Jahre hindurch hier als Vorkämpfer für die Rechte dieses Parlaments immer wieder herausgestellt haben. Überlegen Sie sich bitte einmal sehr genau, was es bedeutet, wenn Sie jetzt für die Zweckbindung eintreten. Durch Jahre hindurch haben wir uns hier bemüht, die Rechte dieses Hauses auch gegenüber der Regierung aufrechtzuerhalten und sie zu stärken. Was Sie heute tun, ist genau das Entgegengesetzte.
Sie sind heute im Begriff, wenn Sie so wollen, einen kleinen Sündenfall der Regierung - ich nenne das ruhig so - in einen noch größeren des Parlaments umzuwandeln. Auch die Regierung kann irren. Ich bedaure es außerordentlich, daß sich der Herr Bundesfinanzminister einem Kabinettsbeschluß gefügt hat, der zum erstenmal die Zweckbindung einer so großen Summe vorsah.
Ich darf den Ziffern, die der Herr Kollege Krammig nannte, noch eine hinzufügen. Der Bundeshaushalt ist zu über 80 % durch Gesetze gebunden. Bei einer Summe von 42 Milliarden DM des Gesamthaushalts bleibt nur ein sehr bescheidener Spielraum von vielleicht 8 bis 10 Milliarden DM noch übrig. Auch diese 8 bis 10 Milliarden DM sind zu einem großen Teil gleichfalls für bestimmte Ausgaben - zwar nicht durch Gesetz, aber durch Herkommen und Unabweisbarkeit - gebunden. Es bleibt also nur ein ganz geringer Spielraum von einigen Milliarden D-Mark übrig. Wenn Sie jetzt
einer Zweckbindung in dieser starren Form zustimmen, dann nehmen Sie aus diesem kleinen Rest, über den Sie Verfügungsgewalt haben, noch einmal rund 2 Milliarden DM pro Jahr heraus. Davor wollte ich Sie eindringlich warnen.
Daß es Ihren Intentionen entgegenkommt, Herr Kollege Ritzel, wenn auch noch dieser Rest des Haushalts in dieser Form - ich spreche das Wort einmal aus- planwirtschaftlich gebunden wird, ist mir völlig klar. Es entspricht Ihrer Grundhaltung. Aber, meine Damen und Herren, solche Zielsetzungen entsprechen niemals der Grundhaltung der CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Ich möchte mich der Aufforderung auch an meine Freunde von der CSU schließen, sich in dieser Situation einmal die Gesamtlage vor Augen zu halten und deshalb ein wenig zurückzustecken. Wir müssen hier sehr oft zurückstecken. In dieser Frage geht es um eine Weichenstellung in der grundsätzlichen Haltung. Deswegen hielt ich mich für verpflichtet, Ihnen das hier ins Gedächtnis zurückzurufen.
({1})
Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Krammig und insbesondere die Ausführungen des Herrn Kollegen Vogel zwingen mich zu folgender Feststellung.
Noch steht der Entwurf der Bundesregierung. Aber weder .der Herr Bundesverkehrsminister noch der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums haben bis jetzt erklärt, daß die Bundesregierung an ihrem Entwurf festhält. Eine solche Erklärung, Herr Dr. Vogel, ist auch bei der Beratung des Gesetzes im Haushaltsausschuß von der Bundesregierung nicht abgegeben worden. Sie ist auch bei der Beratung des Einzelplans 12 - Verkehrsministerium - nicht abgegeben worden. Wenn je, dann ist hier die Feststellung berechtigt, daß Schweigen Zustimmung bedeutet, Zustimmung zu der Abänderung, die im Finanzausschuß vorgenommen worden ist.
Nun zur Frage der Beweglichkeit des Haushalts. Sie haben recht, etwa 80 °/o des Haushalts sind manövrierunfähig. Wollen Sie eine Manövrierfähigkeit neuer Einnahmen herbeiführen, dann tun Sie das. Wenn Sie dieses heutige Gesetz nicht „Straßenbaufinanzierungsgesetz" nennten, sondern „Gesetz über die Erhöhung der Mineralölsteuer für die Manövriermasse des Haushalts im allgemeinen", dann hätten Sie eine klare, saubere Bahn.
({0})
Aber so, Herr Dr. Vogel - ich wiederhole, was ich gesagt habe -, ist es ein Verrat an denen, die unter der Flagge „Finanzierung des Straßenbaus" zu neuen Milliardenaufwendungen gebracht werden sollen, während von Ihnen, von der CDU, in Anspruch genommen wird, hieraus eine Manövriermasse für den allgemeinen Haushalt zu gewinnen.
({1})
Das ist keine klare, keine deutliche und keine saubere Politik, sondern eine Politik auf Schleichwegen.
({2})
Herr Abgeordneter Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß gerade den letzten Ausführungen des Herrn Kollegen Ritzel auf allerschärfste widersprechen.
({0})
- Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, etwas mitzudenken; denn Sie ,müssen ja eine Entscheidung treffen. Um eine Entscheidung über ein Gesetz treffen zu können, muß man das ganze Gesetz kennen, nicht nur einen Teil oder einen Satz.
({1})
- Ja, das sagen Sie, weil Sie die Vorlage noch nicht gelesen haben.
({2})
Der Finanzausschuß hat bei der hier umstrittenen Formulierung, damit auch jeder es sofort sieht - aber Sie haben es offenbar nicht gesehen -, in diesen Satz den Kernpunkt der Vorlage hineingenommen, nämlich den Straßenbauplan. Das hat bei Ihnen offenbar noch niemand bemerkt, weil Sie es noch nicht gelesen haben.
({3})
Art. 3 Abs. 1 besagt, daß ein Straßenbauplan aufzustellen ist. Dieser Straßenbauplan soll in Abweichung von der bisherigen Haushaltsgesetzgebung nicht für ein Jahr, sondern im Rahmen des Haushaltsgesetzes, das dieser Bundestag verabschieden soll, für vier Jahre aufgestellt werden, und wir hier in diesem Hause sollen in diesem Straßenbauplan das festlegen, was wir für den Straßenbau in vier Jahren für erforderlich halten. Wird diese Feststellung irgendwie bestritten? Wir im Finanzausschuß haben gesagt: Jawohl, wir legen Wert darauf, daß dieser Bundestag einen Straßenbauplan nicht für ein Jahr, sondern, in Abweichung von unserer bisherigen Übung, für vier Jahre aufstellt. Ich frage jetzt denjenigen, der hier für die Interessen des Straßenbaus eintritt, ob durch die Festlegung eines solchen Straßenbauplanes den Interessen des Straßenbaues nicht hundertprozentig gedient werden kann.
({4})
Ich bitte, gegebenenfalls hier aufzustehen und zu sagen: Nein, ein Straßenbauplan für vier Jahre kann niemals die Erfüllung der Bedürfnisse des Straßenbaues realisieren.
Wir sagen in diesem Gesetz: Es muß ein Straßenbauplan aufgestellt werden, und zwar in der Form, in der alle Verkehrsexperten Lust und Liebe haben, hineinzupacken, was alles notwendig ist. Aber das Haus muß es beschließen. Und dann sagen wir als verantwortlicher Finanzausschuß: Im Rahmen dieses Straßenbauplanes „muß" - nicht nur „soll", wir haben sogar eine Muß-Bestimmung - das Aufkommen aus der Mineralölsteuer zur Finanzierung des Straßenbauplanes verwendet werden. Haben wir damit im Finanzausschuß etwas Unsinniges oder haben wir etwas Vernünftiges beschlossen?
({5})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
({0})
Herr Kollege Neuburger, wenn es so ist, wie Sie soeben sagten - daß die von Ihnen im Finanzausschuß beschlossene Fassung eine hundertprozentige - so haben Sie gesagt: hundertprozentige - Bedeckung der Bedürfnisse des Straßenbaues mit sich bringen würde,
({0})
weshalb stimmen Sie dann nicht der Zweckbindung zu, die doch zweifellos schon aus logischen Gründen keine 110 %ige Bedeckung der Bedürfnisse des Straßenbaues mit sich bringen, sondern offensichtlich auch nur eine hundertprozentige Bedeckung erreichen kann?
({1})
- Natürlich ist das eine Frage, Herr Kollege! Oder ist es vielleicht doch umgekehrt so, daß in Wirklichkeit die Argumente, die vor Ihnen Ihr Kollege Vogel vorgetragen hat - Manövriermasse im Haushalt - die entscheidenden Motive bei Ihnen sind?
Ich bin sehr dankbar für diese Frage, weil sie praktisch den zweiten Teil meiner Ausführungen schärfer in das Gedankenfeld rückt. - Ich habe betont: wir im Finanzausschuß haben die gesetzgeberische Möglichkeit eröffnet, einen Straßenbauplan für mehrere Jahre zu beschließen, damit diesen Straßenbauplan zum Gesetz zu machen und damit das Haus und die Bundesregierung zu verpflichten, dieses Gesetz auszuführen. Ich habe weiter die Behauptung aufgestellt, daß die Interessen des Straßenbaues in diesen Straßenbauplan hundertprozentig hineingebaut werden können. Diese Feststellung kann meines Erachtens niemand bestreiten. Mit anderen Worten, der Finanzausschuß hat den Verkehrsbedürfnissen und den Interessen des Straßenbaues keine Barriere entgegengesetzt, sondern den Weg dafür freigemacht, alle Bedürfnisse des Straßenbaues gesetzgeberisch zu realisieren.
Jetzt die zweite Frage: Warum haben wir es dann nicht bei der Regierungsvorlage belassen? Das will ich Ihnen beantworten. Niemandem, der die haushaltsrechtliche Verantwortung ernst nimmt. - und dafür sind ja, wie gesagt, primär unsere Haushaltsexperten da -, kann an einer Automatisierung des Haushalts liegen, d. h. niemand kann daran interessiert sein, Pöstchendotierungen zu schaffen, es sei denn, auf anderem Wege geht es nicht. Ich habe nachgewiesen, daß es möglich ist, den Verkehrsbedürfnissen auf anderem Wege Rechnung zu tragen. Wir wehren uns also aus allgemeinen Gründen gegen diese Automatisierung, d. h. diese Pöstchendotierung.
({0})
Nun will ich Ihnen gleich sagen, warum wir auch im konkreten praktischen Fall dagegen sind. In Art. 1 Abs. 1 der Regierungsvorlage heißt es - ich bin dafür nicht verantwortlich -: „Der auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer ...". Das ist zugleich der Antrag der FDP. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß Mineralölsteuer auf Grund des Mineralölsteuergesetzes zum Teil auf Mineralöl erhoben wird, das nicht dem Kraftverkehr dient. Ich bitte das Hohe Haus, sich folgendes zu überlegen. Stimmen Sie dem Antrag der FDP auf Wiedereinführung der Worte „auf den Kraftverkehr" zu, dann legen Sie damit fest, welche Steuern im Rahmen des Mineralölsteuergesetzes vom Kraftverkehr kommen. Ob Sie das verantworten können, obwohl Sie keinen zusätzlichen Zweck verfolgen können, wie wir ihn im Rahmen des Straßenbauplanes haben, das ist die eine Seite. Man kann es nicht.
Nun geht der Antrag der SPD, von einigen Ausnahmen abgesehen, dahin, zu sagen: Alles, was aus der Mineralölsteuer kommt, muß dem Straßenverkehr dienen. Am selben Tage aber will das Hohe Haus über die Mineralölsteuer anderweit verfügen, nämlich im Rahmen der Heizölsteuer, die ja eine Mineralölsteuer ist. Dann beschließen wir also jetzt nach Ihrem Antrag, binden die Mineralölsteuer und sagen, daß alles, was da kommt, in den Straßenbau fließt, und heute mittag beschließen wir über die Heizölsteuer und sagen dann, daß wir alles, was aus diesem Sektor kommt, in das Kästchen A dotieren! Wenn dann das Gesetz über die Heizölsteuer einen Tag vorher verkündet wird, was der Fall sein kann, hebt das später verkündete Gesetz das vorhergehende auf, und dann ist die Heizölsteuer für die gedachten Zwecke nicht mehr verfügbar!
Lassen Sie mich schließen. Alles, was der Straßenbau braucht, können Sie im Straßenbauplan festlegen. Das Gesetz sieht das vor. Aber verlassen Sie den gefährlichen Weg der Pöstchendotierungen!
({1})
Zu einer Zwischenfrage ist es zu spät, Herr Abgeordneter Rademacher. Sie können sich aber noch zu Wort melden.
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Neuburger, der Ernst Ihres Vortrages steht nach meiner persönlichen Auffassung in diametralem Gegensatz zu
den Argumenten, die Sie hier angeführt haben. Ich bin nicht der Auffassung, daß Sie recht haben, wenn Sie sagen, man könne nicht feststellen, wie groß der Anteil des Kraftverkehrs an der Mineralölsteuer sei. Sie haben doch die gleiche Vorlage wie ich. Selbst das Finanzministerium hat festgestellt, daß der Kraftverkehr insgesamt etwa 85 % der Mineralölsteuer aufbringt. Um das auszugleichen, ist in Art. 1 ein Sockelbetrag von 600 Millionen DM vorgesehen, der diesen Unterschiedsbetrag, nämlich für allgemeine Haushaltsmittel, ausweist. Das ist doch ganz klar; das kann man dort feststellen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte.
Wenn wir hier schon als Gesetzgeber tätig sind, müssen wir uns auch die Auslegung unserer Beschlüsse überlegen. Im Vordersatz des Art. 1 der Regierungsvorlage heißt es:
({0})
„Der auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer . . .". Mit anderen Worten, die nicht aus dem Kraftverkehr stammende Mineralölsteuer ist sowieso schon heraus, wenn ich das Gesetz richtig auslege.
Herr Abgeordneter Neuburger, Sie müssen sich schon bemühen, Ihre Ausführungen mit einem Fragezeichen zu versehen.
({0})
Herr Präsident! Ich habe mir erlaubt, die Bemerkungen des Herrn Kollegen Neuberger als Frage zu verstehen. Ich hatte festgestellt, daß 85 % der Mineralölsteuerabgabe vom Kraftverkehr aufgebracht werden.
Ich komme zurück zu den Bemerkungen des Herrn Kollegen Vogel. Herr Kollege Vogel, Sie haben gesagt, die Regierung habe in dieser Frage - Art. 1, Zweckbindung der Mineralölsteuer - bedauerlicherweise einen Sündenfall begangen. Wir von der FDP-Fraktion verzeihen der Regierung diesen Sündenfall sofort, wenn das der größte Sündenfall bleiben sollte, der künftig von der Regierung etwa noch begangen wird.
({0})
Sie meinten darüber hinaus, das Parlament begehe eine noch größere Sünde, wenn es die Regierungsvorlage wiederherstelle. Nun, in diesem Punkte gehen die Auffassungen, wie ich mit Erstaunen und mit Freude festgestellt habe, auch in Ihrer Fraktion auseinander. Herr Kollege Drachsler hat davon gesprochen, daß die Zweckbindung richtig sei. Herr Kollege Diel, der auch dem Verkehrsausschuß angehört - wie könnte es auch anders sein, als daß die Verkehrsfachleute für die Zweckbindung sind - hat in Ihrer Fraktion ebenfalls davon gesprochen, daß die Zweckbindung hier wiederhergestellt werden müsse.
Nun zu Ihnen, Herr Krammig. Sie haben gesagt, die Dringlichkeitsstufen der zu erfüllenden Staatsaufgaben würden von Ihrer Fraktion anders gesehen als von der FDP und der SPD. Eine konkrete Frage: haben Sie den Eindruck, daß der Straßenbau heute nicht in die höchste Dringlichkeitsstufe gehört? Wenn Sie diesen Eindruck haben, müssen Sie aber auch die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die zu erfüllende Staatsaufgabe Straßenbau, die heute vielleicht eine der größten zu gestaltenden politischen Aufgaben ist, die höchste Dringlichkeitsstufe erhält. Das ist die Frage, die Sie, Herr Kollege Krammig, beantworten müssen.
Wenn Sie schon ein Straßenbau-Finanzierungsgesetz beraten, müssen Sie dabei entweder den Straßenbau und den Vier-Jahresplan für den Straßenbau als einen wesentlichen Bestandteil der kommenden vier Haushaltspläne ansehen und die Voraussetzungen für die Dotierung und die Sicherstellung der Mittel aus den Verkehrsabgaben schaffen, oder aber - da kann ich nur mit dem Kollegen Ritzel sprechen und das wiederholen, was ich vorhin gesagt habe - dieses Straßenbau-Finanzierungsgesetz ist kein Straßenbau-Finanzierungsgesetz; es trägt nur das Etikett. Es ist ein simples Steuererhöhungsgesetz.
({1})
Die Steuererhöhungen würden sich auf insgesamt 1,4 Milliarden auswirken, wenn noch der Gedanke des Herrn Dr. Stecker zum Tragen käme. Er spricht von einem „Gemeindepfennig", was auch nur eine Tarnbezeichnung ist. Man kann doch nicht von einem Gemeindepfennig sprechen, wenn man nicht zuvor die Weiterleitung der Mittel an die Gemeinden und die Zweckbindung der Verkehrsabgaben sichergestellt hat. Wir wünschen, daß den Gemeinden als den schwächsten Baulastträgern mehr als bisher geholfen wird. Man möge aus den Beträgen - ohne Erhöhung der Mineralölsteuer -, die bei 7,4 Milliarden liegen, den die Summe von 7 Milliarden übersteigenden Betrag von 400 Millionen DM den Gemeinden in einem Anteil von 100 Millionen DM pro Jahr zuweisen. Mit der Aufnahme eines Betrages von 1 Milliarde DM über den Kapitalmarkt, wie es auch im Entwurf vorgesehen ist, erreichen Sie die volle Deckung der aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz erwachsenden Ausgaben auch ohne Erhöhung der Mineralölsteuer und der Verkehrsabgaben. Das ist der ehrliche und klare Weg. Das stellt den Straßenbau auf die oberste Rangstufe und verhindert ungerechte Steuererhöhungen, die mit dem Namen „Straßenbau" nur getarnt werden.
Wir bitten auch Sie, meine Damen und Herren aus der Mitte dieses Hauses, der Wiederherstellung der Regierungsvorlage in Artikel 1 zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur wenige Sätze zu dem Kernstück der Diskussion sagen. Herr Kollege NeuSchoettle
burger hat vorhin gemeint, der Art. 1 sei gar nicht das Entscheidende an dem Gesetz. Ich bin der Meinung, daß er in der Tat das Kernstück ist.
({0})
Herr Kollege Neuburger, der Straßenbauplan hat in diesem Gesetz nur insofern eine Bedeutung, als i m Gesetz die Voraussetzungen für seine Durchführung geschaffen werden. Über die haushaltsrechtliche Möglichkeit einer Zweckbindung sollte, glaube ich, kein Zweifel bestehen; sie ist nach § 29 der Reichshaushaltsordnung absolut möglich.
Hinzu kommt, daß es sich bei dem Gesetz um die Bewältigung eines ausgesprochenen Notstandes handelt. Niemand kann sich doch darüber im unklaren sein, daß, wenn man schon von Dringlichkeitsstufen redet, hier die Dringlichkeitsstufe I gegeben ist. Wenn man ein Gesetz macht, das den Titel „Straßenbaufinanzierungsgesetz" trägt, sollte man die Finanzierungsmöglichkeiten, die sich aus dem Gesetz ergeben, auf den Zweck beschränken und nicht andere fiskalische Zwecke damit verfolgen. Sosehr ich die Überlegung respektiere, im Haushalt müsse Beweglichkeit bestehen und man solle sich nicht allzusehr binden, hier ist für einen bestimmten Zeitraum und für einen ganz konkreten Zweck eine Notmaßnahme vorgesehen. Da müssen Sie, glaube ich, einfach über den Schatten springen und die Zweckbindung, die saubere, klare, uneingeschränkte Zweckbindung durchführen, damit das Gesetz seine Wirkung tun kann.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Theorienstreit unserer Haushalts- und Finanzexperten über das Thema Zweckbindung nicht vertiefen. Ich glaube, die Sache ist es tatsächlich nicht wert, daß wir stundenlang über diesen Punkt diskutieren.
({0})
Ganz gleich, wie die Formulierung in Art. 1 Abs. 1 lautet, wir als Parlament haben die KompetenzKompetenz und können über die Verwendung der Mittel entscheiden, wie wir es für notwendig halten, notfalls durch die Änderung einer starren Zweckbindungsformulierung im Straßenbaufinanzierungsgesetz.
Ich nehme das Wort, um einem Argument des Kollegen Ritzel mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, die vom Finanzausschuß beschlossene weichere Formulierung stelle lediglich eine fiskalische Maßnahme dar, um zusätzliche allgemeine Dekkungsmittel zu beschaffen. Für den Fall, daß die Formulierung des Finanzausschusses im Plenum angenommen wird, haben wir einen Entschließungsantrag für die dritte Lesung vorbereitet, der sehr deutlich zum Ausdruck bringen will, was der Bundestag und auch unsere Fraktion mit der Formulierung des Art. 1 Abs. 1 bezwecken. Der Entschließungsantrag lautet folgendermaßen:
Der Bundestag geht bei der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes davon aus, daß die Bundesregierung entsprechend der von der Bundesregierung vor dem Finanzausschuß des Bundestages abgegebenen Erklärung das Aufkommen aus der Mineralölsteuer mit den im Gesetz selbst enthaltenen Ausnahmen bei der Aufstellung der Haushaltspläne in vollem Umfange für die Zwecke des Straßenbaus einsetzt.
({1})
Das Wort hat der der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten uns vor Übertreibungen hüten. Ich bin der Auffassung, die ranghöchste Stelle nimmt der Straßenbau unter unseren Staatsaufgaben heute, morgen 'und übermorgen nicht ein. Da gibt es auch noch einige andere Dinge.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Neuburger hat vorhin angedeutet, bei der Formulierung des Antrags auf Umdruck 474 Ziffer la könne die Gefahr bestehen, daß man auch die Heizölsteuer in die Zweckbindung miteinbeziehe. Daran ist uns natürlich nicht gelegen. Deswegen sind wir bereit, unseren Antrag auf Umdruck 474 Ziffer la in der Weise zu ändern, daß wir den Art. 1 Abs. 1 in der Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt sehen möchten.
Lassen Sie mich nun noch eine ganz kurze Berner-kung machen. Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten noch einmal den Herrn Bundesfinanzminister zitieren. Er hat in seiner Rede am 16. Oktober vergangenen Jahres u. a. gesagt:
Die vorgeschlagene erweiterte Zweckbindung bedeutet daher nichts anderes, als daß bestimmte Ausgaben künftiger Rechnungsjahre nach der Höhe bestimmter Einnahmen zu bemessen sind.
Er sagte dann weiter:
Für den Finanzminister - und das gibt er zu liegt darin eine wesentliche Einschränkung seiner Dispositionsmöglichkeiten. Ich darf heute vielleicht noch einmal darauf hinweisen, daß, als ich bei meiner ersten Haushaltsrede von dieser Zweckbindungsmöglichkeit sprach, das damals noch als sensationell galt. Heute scheint es schon selbstverständlich zu sein.
Sehen Sie, auch für uns ist es selbstverständlich, daß man spezielle Abgaben dem Zweck zuführt, für den sie gedacht sind. Deswegen bitten wir hier um die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine ganz kurze Berner-kung! Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben gesagt, das Parlament habe die Kompetenzkompetenz, den Straßenbauhaushalt in Zukunft entsprechend zu dotieren. Dazu sind zwei kritische Bemerkungen zu machen. Erstens hat das Parlament nur die Kompetenz, den Haushalt festzusetzen, und nicht die Kompetenzkompetenz; das ist etwas anderes. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtiger ist, daß wir kein rechtes Zutrauen dazu haben, daß die Mehrheit dieses Parlaments, so wie es zur Zeit - und das wird ja noch eineinhalb .Jahre so bleiben - zusammengesetzt ist.
({0})
- Wir haben kein Zutrauen, daß dem Satz entsprechend gehandelt wird, den der sehr geschätzte Kollege Krammig soeben ausgesprochen hat, daß Sie den Straßenbau immer als in erster Dringlichkeit rangierend
({1})
- als vorrangig - betrachten würden. ({2})
- Vorrangigst? Das gibt es grammatisch nicht. Aber ich will gern glauben, Herr Krammig, daß das im Augenblick Ihre Überzeugung ist. Lieber Herr Krammig, alle Haushaltsbeschlüsse der vergangenen Jahre sprechen eindeutig dagegen, daß Sie diesen Grundsatz in der Praxis jemals befolgen werden.
({3})
Wir hatten im letzten Jahr 14 000 Tote im Straßenverkehr im wesentlichen deshalb, weil Sie sich jahrelang geweigert haben, Haushaltsbeschlüsse zu fassen, - ({4})
- Nein, Sie dürfen nicht „Pfui" sagen; ich meine es gar nicht so häßlich, wie Sie es auffassen.
({5})
Lassen Sie mich es anders ausdrücken. Wenn wir vor sechs Jahren den Straßenbauhaushalt gemeinsam wesentlich höher dotiert hätten, als es manche Seiten des Hauses damals beantragt haben und als es tatsächlich geschehen ist, dann würden wir es heute auf den Straßen wesentlich leichter haben, und wir würden auf unseren Straßen wesentlich weniger Tote haben.
({6})
- Ja, wir haben auch zuwenig Autobahnen, Herr Kollege Rösing. Ich meine nur, es ist großartig, Herr Krammig, daß heute aus dem Saulus ein Paulus wird und daß Sie soeben wörtlich sagten: Wir setzen den Straßenbau vorrangigst in unsere Vorstellungen ein.
({7})
Aber wir sind nicht sicher, daß das so bleibt. Auf Grund der Argumente, die Herr Vogel vorgetragen hat, müssen wir befürchten, daß in Zukunft, wenn es hier und da aus anderen Gründen im Bundeshaushalt kneift, der Straßenbauhaushalt derjenige sein wird, der darunter leidet.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte namens der Freien Demokratischen Partei kurz auf die letzten Ausführungen des Kollegen Krammig eingehen. Seine Bemerkung, daß es vordringlichere Aufgaben als den Straßenbau gibt, sollte eigentlich den letzten hier aufwecken, der Zweckbindung nun wirklich zuzustimmen. Wenn Sie, Herr Kollege Krammig, gesagt hätten, daß es gleichberechtigte Aufgaben gibt, hätte ich ihnen das abgenommen. Aber die nachdrückliche Feststellung macht mich doch sehr nachdenklich.
({0})
- Was hat der Spediteur mit dem Straßenbau zu tun?
({1})
- Meine Herren, schauen Sie sich erst einmal das Handelsgesetzbuch an, um zu wissen, was ein Spediteur ist,
({2})
und verwechseln Sie ihn nicht immer mit dem Unternehmer des Nah- und Fernverkehrs. Der Fußgänger ist auch am Straßenbau interessiert. Oder nehmen Sie mir das nicht ab?
({3})
- Na also, dann sind wir uns einig.
Ich glaube, das sollte diejenigen, die noch Zweifel haben, wirklich veranlassen, in der namentlichen Abstimmung der Zweckbindung zuzustimmen. Wollen Sie sich in Übereinstimmung mit den Ausführungen verschiedener Herren der Regierungspartei in jedem Jahr immer wieder um den für den Straßenbau bestimmten Posten im Etat herumraufen, oder wollen Sie jetzt nicht endlich einmal tabula rasa machen, damit die Verkehrspolitik so durchgeführt werden kann, wie sie Gott sei Dank auch für den Straßenbau von der Regierung nun endlich vertreten wird.
Dann möchte ich noch etwas zu den 600 Millionen DM sagen. Die 600 Millionen DM im Sockel, Herr Neuburger, sind immer - Sie können das nachlesen
- damit begründet worden, daß es sich um den Anteil handelt, der nicht vom Straßenverkehrsnutzer aufgebracht wird. Bitte, lesen Sie das nach. Daß die Zahl unrichtig ist, werden wir im Lauf der Debatte später noch behandeln; denn es geht gar nicht um 600 Millionen, sondern höchstens um 300 Millionen DM.
Ich plädiere noch einmal dafür, daß in der namentlichen Abstimmung der Zweckbindung endlich zugestimmt wird, damit auch die Bevölkerung draußen, die insgesamt am Straßenverkehr und an seiner Sicherheit Interesse hat, das Gefühl bekommt, daß die Abgaben auf einem bestimmten Gebiet auch dafür verwandt werden. Das sind ja noch lange nicht alle hier zu nennenden Abgaben; es gibt noch eine Beförderungsteuer, es gibt noch einen Importzoll. Das stellen wir gar nicht einmal zur Debatte, wir sprechen nur von der Zweckbindung der Mineralölsteuer, für die die Freie Demokratische Partei seit 1950 geworben hat.
Investitionen - ich sage es noch einmal -, die im Straßenbau unterblieben sind, sind nur unter ungeheuren Schwierigkeiten nachzuholen. Noch ist es vielleicht Zeit, das Chaos aufzuhalten.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den Ausführungen über das Straßenbaufinanzierungsgesetz ist verschiedentlich versucht worden, darzutun, daß die Straßenunfälle zum größten Teil auf die schlechten Straßen zurückzuführen sind.
({0})
Das stimmt nicht. Wenn man sich in aller Ruhe mit der Statistik über Straßenverkehrsunfälle beschäftigt, muß man feststellen - das sagen auch alle Gutachter -, daß etwa 80 bis 85 % der Straßenverkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Das Wort „Baut bessere Straßen und ihr habt die Unfälle beseitigt!" gibt ein,, schiefes Bild. Selbstverständlich wollen auch wir, daß bessere und mehr Straßen gebaut werden. Aber es sollte doch nicht der Eindruck erweckt werden, als sei in den letzten Jahren im Straßenbau nichts geschehen. Die Straßen, auf denen es in den letzten Jahren zu folgenschweren Unfällen mit drei, vier, fünf, sechs, acht und mehr Toten gekommen ist, waren immer gute Straßen, keine schlechten Straßen. So sieht es in der Praxis aus.
({1})
Um den Kollegen Krammig in Schutz zu nehmen, möchte ich folgendes sagen. Wir haben vor Monaten in Köln ein Gespräch mit der Deutschen Straßenliga geführt. Dort war u. a. der von mir sehr geschätzte Kölner Oberbürgermeister Burauen, der der Sozialdemokratischen Partei angehört, anwesend. Herr Burauen hat erklärt - und danach wurden alle ruhiger -: Machen Sie bitte einmal jemandem, der einen kranken Angehörigen hat, für den kein Krankenhausbett zur Verfügung steht, klar, daß Straßen notwendiger sind! Machen Sie jemandem, der noch seine Kinder am Nachmittag in die Schule schicken muß, klar, daß Straßen notwendiger sind als Schulen! - Herr Burauen hat noch eine ganze Menge von Dingen aufgezählt und ich muß sagen: Selbst wenn wir, die wir am
Straßenverkehr sehr interessiert sind, darüber zu befinden hätten, wäre wahrscheinlich ein Abstimmungsergebnis zutagegetreten, das ein anderes Bild hat, als man gemeinhin glaubt.
Wir sollten doch die Dinge vernünftig sehen. Wenn man quer durch die Bundesrepublik fährt, muß man doch sagen, daß im Straßenbau allerhand geschehen ist. Man sollte nicht immer mit dem Argument operieren, nur weil nicht genügend gebaut werde, passierten die schweren Unfälle. Das muß ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine. Damen und Herren! Herr Kollege Brück, ich bedaure, daß ich nicht mehr mit einer Zwischenfrage zum Zuge gekommen bin. Ich habe mich rechtzeitig gemeldet, aber anscheinend ist die technische Apparatur nicht in Ordnung. Ich wollte Sie fragen: Haben Sie mit der Bemerkung, 85 % der Straßenverkehrsunfälle seien auf menschliches Versagen zurückzuführen, sagen wollen, daß dem Straßenbau nicht die höchste Dringlichkeitsstufe zukomme, oder wollten Sie sich damit entschuldigen?
({0})
Meine Damen und Herren, im Augenblick ist es mit der Flut der Wortmeldungen zu Ende. Wir könnten uns also nunmehr der Abstimmung zuwenden, und zwar nur zu Abs. 1 des Art. 1. Oder wird vorher noch einmal das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Müller-Hermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die herausfordernden Ausführungen meines Kollegen Schmidt erfordern doch eine kurze Antwort und Richtigstellung. Herr Kollege Schmidt, wir beide haben uns sicherlich seit Jahr und Tag für einen intensiveren Straßenbau eingesetzt. Aber es geht nicht an, daß Sie der Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit den Vorwurf machen, sie hätten bewußt den Straßenbau vernachlässigt. Es hat in den vergangenen Jahren weiß Gott dringlichere Aufgaben gegeben: den Wohnungsbau, die Kriegsopferversorgung - ({0})
- Ja, meine_ Damen und Herren, wollen Sie das vielleicht bestreiten?! Was hätte man vor vier oder fünf Jahren gesagt, wenn wir mehr Mittel für den Straßenbau eingesetzt und die anderen Dinge vernachlässigt hätten?! Dann wäre von Ihrer Seite die Opposition dagegen hochgekommen.
({1})
Ein letzter Satz. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn in den letzten Jahren Mittel für den Straßenbau vielleicht nicht in genügender Höhe angesetzt gewesen sein sollten, dann ist das
nicht zuletzt auf die Maßlosigkeit Ihrer ständigen Anforderungen an den Bundeshaushalt zurückzuführen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Kollege Müller-Hermann, einen Satz zur Richtigstellung! Wenn Sie meinen, in den vergangenen Jahren seien die Mittel für den Straßenbau nicht vorhanden gewesen, befinden Sie sich im Irrtum. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß wir in den vergangenen Jahren einen ganz beachtlichen Turm - den Juliusturm - mit großen Verfügungsmöglichkeiten hatten.
({0})
Wenn Sie die Straßen hätten bauen wollen, hätten
Ihnen dafür die Mittel zur Verfügung gestanden.
({1})
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache zu Abs. 1.
Es liegen drei Anträge vor. Die Fraktion der SPD hat soeben eine Berichtigung ihres Antrags Umdruck 474 eingebracht, wonach in Art. 1 Abs. 1 die Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt werden soll. Bezüglich des Abs. 1 sind also nunmehr die Änderungsanträge Umdrucke 474, 477 und 479 gleichlautend.
Hierüber ist namentliche Abstimmung beantragt. Dieser Antrag ist hinreichend unterstützt. Wir stimmen also über den Antrag ab, in Art. 1 Abs. 1 die Regierungsvorlage wiederherzustellen.
Der Vorsitzende des Finanzausschusses bittet die Mitglieder des Finanzausschusses, ihre Stimmkarten als erste abzugeben und schnell zu einer Besprechung ins Zimmer 204 S während der Dauer der Abstimmung zu kommen.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Anträge auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage im Abs. 1 des Art. 1 bekannt. Mit Ja haben 234 Mitglieder des Hauses, mit Nein 142 gestimmt; enthalten haben sich 3; zusammen 379. Von den Berliner Abgeordneten haben 14 mit Ja, 5 mit Nein gestimmt; zusammen 19. Damit ist der Antrag angenommen.
Ja
CDU/CSU
Balkenhol Bauereisen Bauknecht Bausch
Dr. Bergmeyer Dr. Besold Bühler
Burgemeister Demmelmeier Diel
Dr. Dittrich Drachsler
Draeger Finckh
Fuchs
Funk
Gaßmann Gedat
Frau Geisendörfer Gerns
D. Dr. Gerstenmaier Glüsing ({0}) Dr. Görgen
Dr. Gossel
Hackethal Häussler Hahn
Hoogen
Huth
Dr. Huys
Josten Kemmer
Dr. Kempfler
Dr. Knorr
Kroll
Krug
Dr. Leiske
Leonhard
Lermer Menke
Meyer ({1}) Muckermann Müller-Hermann
Müser Nellen Dr. Pflaumbaum
Ruland Schlee Schulze-Pellengahr
Spies ({2}) Dr. Stecker
Stiller Struve Sühler Wacher Dr. Werber
Wieninger
Dr. Willeke Wittmer-Eigenbrodt
Dr. Zimmermann
SPD
Frau Albertz
Dr. Arndt
Auge Bach
Bading Bäumer Bals
Bauer ({3})
Baur ({4})
Bazille
Dr. Bechert
Behrendt
Behrisch
Frau Bennemann Bergmann
Berkhan
Berlin Bettgenhäuser
Frau Beyer ({5}) Blachstein
Börner
Dr. Brecht
Bruse Büttner Corterier
Cramer Dr. Deist
Dewald
Frau Döhring ({6}) Dopatka
Dröscher
drier
Eschmann
Folger Franke Dr. Frede
Frehsee Frenzel
Geiger ({7}) Geritzmann
I laage Hamacher
Hansing
Dr. Harm
Heide
Dr. Dr. Heinemann
Hellenbrock
Frau Herklotz Hermsdorf
Höcker Höhmann
Frau Dr. Hubert Hufnagel
iven ({8})
Jacobs
Jahn ({9})
Jaksch Jürgensen
Jungherz
Kalbitzer
Frau Keilhack
Frau Kettig
Killat ({10}) Kinat ({11})
Frau Kipp-Kaule
Frau Korspeter
Kraus Kriedemann
Kühn ({12})
Lange ({13})
Leber Ludwig
Lücke ({14}) Lünenstraß
Marx Matzner
Meitmann
Dr. Menzel
Merten Metter
Dr. Meyer ({15}) Meyer ({16}) Frau Meyer-Laule
Dr. Mommer
Müller ({17}) Müller ({18}) Müller ({19})
Frau Nadig
Odenthal
Ollenhauer
Peters Pohle Prennel
Priebe Pütz
Pusch Rasch Regling
Reitz Reitzner
Frau Renger
Ritzel Rhode Frau Rudoll
Ruhnke
Dr. Schäfer
Scheuren
Dr. Schmid ({20}) Schmidt ({21}) Schmitt ({22}) Schoettle
Seidel ({23})
Frau Seppi
Stierle
Sträter
Striebeck
Theis Wagner
Wegener
Wehner
Welke Welslau
Weltner ({24})
Frau Wessel
Wienand Wilhelm Wischnewski
Wittrock Zühlke
Berliner Abgeordnete
Frau Berger-Heise
Dr. Königswarter
Frau Krappe
Mattick
Neubauer
Neumann
Scharnowski
Dr. Schellenberg Schröter ({25}) Schütz ({26}) Dr. Seume
Frau Wolff ({27})
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Becker ({28})
Dr. Bucher Dr. Dahlgrün
Dr. Dehler
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Döring ({29}) Dowidat
Dürr
Eberhard Eisenmann Dr. Hoven Keller
Köhler
Dr. Kohut Kreitmeyer Kühn ({30}) Lenz ({31})
Mauk
Dr. Mende
Freiherr von Mühlen Murr
Rademacher Dr. Rutschke Schultz
Stahl
Dr. Stammberger
Dr. Starke Walter
Weber ({32}) Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Dr. Will
DP
Frau Kalinke
Logemann
Matthes
Probst ({33})
Dr. Schneider ({34}) Dr.-Ing. Seebohm
Dr. Steinmetz
Tobaben
Nein
CDU/CSU
Frau Ackermann Graf Adelmann Dr. Aigner
Arndgen
Baier ({35}) Baldauf
Dr. Bartels
Dr. Becker ({36}) Becker ({37})
Berberich Berger
Fürst von Bismarck
Frau Dr. Bleyler
Frau Blohm
von Bodelschwingh
Dr. Böhm Brand
Frau Brauksiepe
Brese
Frau Dr. Brökelschen
Dr. Burgbacher
Dr. Conring Dr. Czaja Diebäcker Dr. Dollinger
Ehren
Eichelbaum
Frau Engländer
Eplée
Dr. Even ({38}) Franzen
Dr. Frey
Dr. Fritz ({39})
Fritz ({40})
Dr. Furler Gehring Gewandt Gibbert
Giencke Dr. Götz Goldhagen Gontrum Gottesleben
Günther Dr. Hahne
Dr. von Haniel-Niethammer Harnischfeger
Dr. Heck ({41})
Heix
Dr. Hesberg
Hesemann Heye
Holla
Horn
Illerhaus Dr. Jaeger Dr. Jordan Dr. Kanka Katzer
Kirchhoff
Dr. Kliesing ({42}) Knobloch
Koch
Kraft
Krüger ({43})
Krüger ({44})
Frau Dr. Kuchtner
Kühlthau Kunst
Kuntscher Leicht
Lenz ({45})
Lenze ({46})
Leukert
von Lindeiner-Wildau
Dr. Lindenberg
Dr. Löhr
Lücke ({47})
Maier ({48})
Majonica
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Maucher
Meis
Mengelkamp
Mensing Mick
Mühlenberg
Nieberg Niederalt
Oetzel
Frau Dr. Pannhoff Pelster
Dr. h. c. Pferdmenges Dr. Philipp
Pietscher
Frau Pitz-Savelsberg Rasner
Frau Dr. Rehling
Dr. Reith
Riedel ({49})
Frau Rösch
Rösing
Dr. Rüdel ({50})
Ruf
Scheppmann
Schlick
Dr. Schmidt ({51}) Frau Schmitt ({52}) Schüttler
Schütz ({53})
Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Seffrin
Dr. Serres
Dr. Siemer
Solke
Spies ({54}) Frau Dr. Steinbiß Dr. Stoltenberg
Dr. Storm ({55})
Storm ({56}) Teriete
Dr. Toussaint Varelmann Vehar
Vogt
Dr. Wahl
Frau Dr. h. c. Weber ({57}) Weimer
Frau Welter ({58}) Wendelborn
Dr. Wilhelmi Windelen
Winkelheide Dr. Winter Worms
Wullenhaupt Dr. Zimmer
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Gradl
Hübner
Frau Dr. Maxsein
Stingl
Enthalten
CDU/CSU
Memmel
Schmücker Wehking
Wir kommen nunmehr zu Art. 2 und damit auch zu Umdruck 474 Ziffer lb. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Begründung unseres Antrages auf Umdruck 474 wird mir um so leichter, als nach dem Ergebnis der Abstimmung die Zweckbindung mit großer Mehrheit wieder in das Gesetz hineingebracht worden ist. Nachdem jetzt feststeht, daß die Gelder, die vom Kraftverkehr aufgebracht werden, für den Straßenbau verwendet werden, sollten wir bei den folgenden Bestimmungen darauf achten, daß keine Zweckentfremdung stattfindet.
Während der Entwurf in Art. 1 Abs. 1 davon spricht, daß der auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden ist -das ist die Bestimmung, um die es soeben ging -, geht er in Abs. 2 von diesem Grundsatz wieder ab, indem er unter Nr. 1 einen sogenannten Sockelbetrag von 600 Millionen DM vorsieht, der von dem jährlichen Aufkommen an Mineralölsteuer wieder abzusetzen ist.
Im Gegensatz zu den unter Nr. 2 und Nr. 3 des Abs. 2 genannten Betriebsbeihilfen und Finanzierungsbeiträgen, bei denen nach dem Verkehrsfinanzgesetz von 1955 bindende Verpflichtungen gegenüber bestimmten Gruppen von Mineralölverbrauchern vorliegen, die nicht am Straßenverkehr teilnehmen, handelt es sich bei dem Sockel von 600 Millionen DM um einen willkürlich gegriffenen Betrag.
In den Ausschußberatungen konnte uns zunächst niemand sagen, wie es zu dieser Zahl von 600 Mil5682
lionen DM jährlich, also von 2,4 Milliarden in vier Jahren, gekommen ist. Aber der Herr Bundesfinanzminister hat in der Bundestagssitzung vom 16. Oktober 1959 einige Ausführungen darüber gemacht, die es wert sind, daß wir sie uns noch einmal in die Erinnerung zurückrufen. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich einige Sätze aus den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers zitieren. Er hat erklärt:
Im Grundsatz soll künftig das gesamte Aufkommen der Mineralölsteuer, soweit es vom Kraftverkehr aufgebracht wird, für den Straßenbau verwendet werden. Ich sage: im Grundsatz, soweit es vom Straßenverkehr aufgebracht wird.
Dies würde allerdings - bereits auf das Zahlenbild des Bundeshaushaltsplans 1959 angewandt - zu einem sehr hohen Fehlbetrag im Bundeshaushalt führen, der nicht anderweitig gedeckt werden könnte. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das bei Ihrer Diskussion ganz scharf und ganz klar zu sehen. Der Gesetzentwurf muß daher - ich sage: muß - von ,den Einnahmen aus der Mineralölsteuer einen Abzug von 600 Millionen DM, den sogenannten Sockel, vorsehen, der dem Bundeshaushalt als allgemeines Deckungsmittel verbleiben muß. Ein größerer Teil dieses Betrages wird übrigens von Mineralölverbrauchern außerhalb des Kraftverkehrs aufgebracht. Da auch dieser Mineralölverbrauch ständig zunimmt, werden mit der Zeit immer geringere Anteile der den Kraftverkehr belastenden Mineralölsteuer für allgemeine Haushaltszwecke verwendet werden.
Wir haben in den Ausschüssen die Frage zu klären versucht, wie groß der Anteil, der nicht vom Kraftverkehr aufgebracht wird, tatsächlich ist. Dabei haben wir die interessante Feststellung gemacht, daß er - auf die vier Jahre des Vierjahresplanes umgerechnet - ungefähr ein gutes Drittel ausmacht, aber nicht mehr. Die Zahlen sind in der Übersicht 7 enthalten, die uns das Bundesfinanzministerium in den Ausschüssen überreicht hat. Man darf wohl annehmen, daß diese Zahlen richtig sind. Aus dieser Aufstellung geht hervor, daß in den einzelnen Jahren folgende Beträge von diesen 600 Millionen DM vom Kraftverkehr aufgebracht werden: im Jahre 1959 408 Millionen DM, im Jahre 1960 343 Millionen DM, im Jahre 1961 365 Millionen DM und im Jahre 1962 344 Millionen DM. Der Rest bis zu 600 Millionen DM ist der Teil, der nicht vom Kraftverkehr aufgebracht wird und auf den der Herr Bundesfinanzminister Anspruch erheben könnte. Das sind in diesen Jahren 192, 257, 235 und 256 Millionen DM. Insgesamt entfallen von den 2,4 Milliarden DM 1460 Millionen DM auf den Kraftverkehr, und 940 Millionen DM werden nicht vom Kraftverkehr aufgebracht. Auf diesen Betrag von 940 Millionen DM, aufgeteilt auf die vier Jahre, könnte der Herr Bundesfinanzminister Anspruch erheben.
Auf diese Beträge hätten wir auch unseren Antrag abstellen können, wenn wir hier die Forderung nach einer hundertprozentigen Zweckbindung vertreten wollten. Aber wir sehen ein, daß für das Jahr 1959, das bereits hinter uns liegt, eine solche Forderung nicht mehr zu verwirklichen ist. Auch für das Rechnungsjahr 1960, dessen Haushaltsplan bereits aufgestellt und fast zu Ende beraten ist, kämen wir mit dieser Forderung zu spät. Wir sind aber der Meinung, daß vom Rechnungsjahr 1961 an der Sockelbetrag auf die Höhe abgebaut werden sollte, die dem Anteil entspricht, der nicht vom Kraftverkehr aufgebracht wird.
Deshalb beantragen wir, an Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 -„ein Abgeltungsbetrag von sechshundert Millionen Deutsche Mark" - den Satz anzufügen: „Der Abgeltungsbetrag vermindert sich ab 1. Januar 1961 auf dreihundertfünfzig Millionen Deutsche Mark;". Mit diesem Antrag haben wir dem Herrn Finanzminister immer noch 100 Millionen DM mehr belassen als die Summe, auf die er selbst Anspruch erheben zu können glaubt.
Ich befinde mich hier übrigens in guter Gesellschaft, und zwar in der Gesellschaft eines Herrn Kollegen aus der Regierungspartei. Dieser Herr Kollege hat am 23. Mai 1959 - Herr Kollege Diel, vielleicht hören Sie jetzt mal zu! - er hört nicht - allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses einen Brief geschrieben. Darin heißt es:
Eine Konzession werden wir allerdings von dem Herrn Finanzminister fordern müssen. Daß er nämlich dem Verkehr das beläßt, was vom Verkehr kommt. Er wird auch ohne den sogenannten Sockelbetrag auskommen können, jedenfalls auskommen müssen. Als äußerstes wird man meines Erachtens konzedieren können, daß dieser Sockel derart abgebaut wird, daß er 1960 noch 400 DM,
- „DM" steht hier, aber Herr Kollege Diel meint natürlich „Millionen DM" -1961 200 DM und 1962 0 DM erhält.
Herr Kollege Diel geht also bedeutend weiter als wir in unserem Antrag. Ich glaube, Herr Kollege Diel und viele andere Herren Ihrer Fraktion werden sich insofern mit unserem Antrag befreunden und ihm zustimmen können.
Ich möchte aber auch noch einen anderen Kollegen aus der CDU-Fraktion zitieren. Herr Kollege Müller-Hermann hat ebenfalls in der Sitzung vom 16. Oktober zu dieser Frage mit folgenden Worten Stellung genommen - ich darf sie wohl auch zitieren, Herr Präsident -:
Dabei wird vielleicht auch die Frage des Abbaus des Sockels einmal diskutiert werden müssen. Aber wenn Sie schon das Thema anschneiden, Herr Dr. Bleiß,
- so sprach er damals dann bitte ich zu berücksichtigen, daß in diesem Sockel mindestens 50 % Einnahmen enthalten sind, die nicht vom Kraftverkehr aufgebracht werden, daß Sie also nicht von einem Betrag von 600 Millionen DM, sondern höchstens von einem Betrag von 300 Millionen DM ausgehen dürfen.
Ich befinde mich also hier in Übereinstimmung mit Herrn Kollegen Diel und auch mit Herrn Kollegen Müller-Hermann, wenigstens soweit die Standpunkte vor dieser Beratung zum Ausdruck gebracht wurden. Herr Müller-Hermann sprach dabei von 300 Millionen DM pro Jahr. Wir wünschen nur einen Abbau des Sockels um 250 Millionen DM auf 350 Millionen DM, und zwar nur für die beiden letzten Jahre des Vierjahresplanes, weil, wie ich schon sagte, für die Jahre 1959 und 1960 die Zeit vorüber ist.
Alle Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr, soweit er Kraftfahrzeuge betrifft, werden die Belastungen aus diesem Gesetz - denn um Belastungen handelt es sich - gern und um so lieber auf sich nehmen, wenn sie die Gewißheit haben, daß jede von ihnen aufgebrachte Mark dem Straßenverkehr zugute kommt.
Meine Damen und Herren! Viele von Ihnen haben in Einzelgesprächen in ihren Wahlkreisen mit den in Frage kommenden Gruppen von Kraftfahrern und Kraftverkehrsunternehmen den Standpunkt vertreten: „Was der Kraftverkehr aufbringt, soll auch dem Straßenbau zugute kommen." Hier haben Sie nun die Gelegenheit, zu beweisen, daß zwischen Versprechungen und der Abstimmung im Bundestag kein Unterschied gemacht werden kann.
Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag auf Umdruck 474 Ziffer lb Ihre Zustimmung zu geben.
({0})
Das Wort hat der Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Frage des Herrn Abgeordneten Cramer nach den Gründen für diesen 600Millionen-Betrag im Sockel beantworten. Der 600Millionen-Betrag, Herr Abgeordneter, ist gewählt worden, weil er ungefähr dem entsprach, was in den vergangenen Jahren, gemessen am damaligen Aufkommen der Mineralölsteuer, für Straßenbauzwecke verwendet worden ist. Man wollte also nicht ein Abfallen dieses Betrages hinnehmen. Deswegen 600 Millionen DM.
Ich darf gleich hinzufügen: Selbstverständlich haben wir bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs auch geprüft, ob dieser Sockelbetrag von 600 Millionen DM nicht etwa stufenweise vermindert werden könnte bis auf den Anteil, der nicht vom Kraftverkehr aufgebracht wird. Da würden wir uns in der Tendenz sogar treffen. Wir haben davon absehen müssen, in das Gesetz selbst schon einen solchen Vorschlag einzubauen, weil wir angesichts der Finanzentwicklung und der Haushaltslage auf diesen Betrag von 600 Millionen DM nicht von vornherein verzichten wollten. Im laufenden Finanzjahr 1959 wird der Sockelbetrag schon nicht mehr voll ausgeführt. Wenn es die Finanzierung des Vierjahresplanes für den Straßenbau erfordern sollte - etwa weil keine außerordentlichen Deckungsmittel vorhanden sind -, einen Mehrbedarf aus dem ordentlichen Haushalt zu decken, um das Gesamtprogramm über vier Jahre zu erfüllen, werden wir bei jeder Haushaltsaufstellung prüfen, ob und inwieweit dieser Sockelbetrag von 600 Millionen DM wirklich benötigt wird oder durch zusätzliche Straßenbauleistungen verringert werden kann. Einen gesetzlichen Zwang allerdings in dieser Richtung jetzt im Gesetz festzulegen, würden wir für unerwünscht halten.
Ich wäre deshalb dankbar, wenn an der Regierungsvorlage festgehalten werden könnte.
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Behandlung der Zweckbindung habe ich schon einige Andeutungen über die grundsätzliche Frage gemacht, ob ein Betrag von 600 Millionen DM als Sockelbetrag berechtigt ist. Die eingehenden Untersuchungen im Ausschuß für Verkehrswesen haben einwandfrei bewiesen, daß die ursprüngliche Begründung - heute liest man es etwas anders - aus dem Hause des Bundesfinanzministeriums nicht stimmt, wonach 600 Millionen an Mineralölsteuer nicht vom Straßenverkehr aufgebracht werden. Der Antrag der Sozialdemokratischen Partei entspricht in etwa der Realität. Darum wird, auch mit Rücksicht auf die Erfüllung des Haushaltsplans 1959 und 1960, trotz unserer grundsätzlichen Bezweiflung der Berechtigung die Freie Demokratische Partei an 1959 und 1960 nicht rühren, sondern den Antrag der SPD unterstützen.
Aber, Herr Staatssekretär Hettlage, es ist nun einmal so, daß sich dieses Hohe Haus auf Grund von langjährigen Erfahrungen nicht mit Versprechungen von der Regierungsbank zufrieden geben kann; ich hoffe, das gilt auch für die CDU/CSU. Wir sind der Meinung, daß die Legislative, die die Entscheidung hat, von vornherein durch klare Beschlüsse festlegen sollte, was auch in den kommenden Jahren dem Straßenbauetat zugeführt werden soll und was aus berechtigten Gründen für den allgemeinen Haushalt einbehalten werden darf.
Im übrigen ist ja nicht ganz unbekannt, wie auch die Beratungen im Verkehrsausschuß und im Finanzausschuß ergeben haben - das Finanzministerium hat uns hier freundlicherweise unterstützt -, daß schon im Jahre 1959 aus der Mineralölsteuer etwa 400 Millionen DM mehr aufgekommen sind, als im Ansatz vorgesehen war. Ich bitte, auch das zu berücksichtigen. Wir sind darüber sehr erfreut, insbesondere im Hinblick darauf, daß der Kapitalmarkt, auf dem 1 Milliarde innerhalb von vier Jahren untergebracht werden soll, vielleicht mit der Zeit etwas schwierig wird. Wir wären sehr froh darüber, daß infolge des immer mehr steigenden Straßenverkehrs und des dadurch immer höher werdenden Aufkommens an Mineralölsteuer nur noch wegen eines kleinen Betrages der Anleihemarkt in Angenommen werden muß.
Um es noch einmal zu sagen: auch die FDP ist der Meinung, daß man erst von 1961 an die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Zahl gesetzlich
stipulieren sollte. Wir finden, daß das hier in sehr loyaler Weise formuliert worden ist, und darum werden wir dem Antrag der SPD zustimmen.
Herr Präsident, vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang sagen, daß die Abstimmung wohl etwas schwierig wird; denn auf Umdruck 477 hat die FDP den Antrag gestellt, den Art. 1, der auch diese Frage einschließt, in seiner Gänze wiederherzustellen. Wenn wir nun aber zunächst über den Antrag der SPD abstimmen, wird sich die Sache automatisch regeln, so daß der Änderungsantrag der FDP bestehenbleiben kann.
Ich darf das Geschäftsordnungsmäßige gleich aufgreifen. Der Änderungsantrag der FDP ist, was den Abs. 1 betrifft, angenommen worden. Ist er für Abs. 2 noch wichtig? Bleibt Ihr Antrag bestehen?
({0})
- Sie sind also dafür, zuerst über den Antrag der SPD abzustimmen. Gut!
Herr Abgeordneter Müller-Hermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cramer war so freundlich, mich zu zitieren. Ich stehe durchaus zu meinen Ausführungen vom Oktober des vergangenen Jahres, als ich sagte, daß der sogenannte Sockelbetrag nicht mit 600 Millionen DM, sondern mit rund 300 Millionen DM angegeben werden sollte. Das entspricht den Tatsachen, weil nur 300 Millionen DM „zweckentfremdet" sind, obwohl sie vom Kraftverkehr aufgebracht werden.
Ich schließe mich voll und ganz den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Hettlage an, daß es bei der gegenwärtigen Haushaltssituation untragbar wäre, über die bisher vorgesehenen Beträge hinaus dem Straßenbau auch noch diesen Zusatzbetrag zuzuführen. Wir sollten auch in diesem Punkte Maß halten. Das Fernziel bleibt, auch den Sockelbetrag mit der Zeit dem Straßenbau zuzuführen. Ich glaube, daß die Zeit dafür nicht reif ist und daß die jetzt zur Verfügung stehenden Mittel ausreichen, um die Aufgaben im Straßenbau so zu bewältigen, wie es uns allen vorschwebt. Ich bitte daher das Hohe Haus, den Antrag der SPD und der FDP abzulehnen.
({0})
Herr Abgeordneter Cramer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben gesagt, Sie stünden noch zu Ihren Worten vom Oktober 1959. Aber in der zweiten Hälfte Ihrer kurzen Rede haben Sie dem Herrn Staatssekretär recht gegeben,
({0})
noch nicht im Jahre 1961 zu beginnen. Wir meinen, im Jahre 1961 kann man wirklich darüber reden, ob dieser Sockel nicht auf den tatsächlichen Betrag, der vom Kraftfahrwesen nicht aufgebracht wird, herabgemindert werden sollte.
In all den Verhandlungen ist uns immer wieder gesagt worden und wird uns auch jetzt wieder gesagt, daß es fraglich sei, ob die Anleihe in Höhe von 1 Milliarde DM in den nächsten Jahren auf dem Kapitalmarkt unterzubringen sein wird. Wir werden also wahrscheinlich nicht die vollen 8400 Millionen DM zur Verfügung haben, sondern wir werden mindestens einen Teil des Mehraufkommens aus den verschiedensten Steuerquellen verwenden müssen, damit wir die Auflegung einer Anleihe umgehen können. Es wird also noch nicht einmal für den Betrag einer ganzen Milliarde D-Mark langen. Deshalb sollten wir wenigstens die Möglichkeiten nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Dazu gehört auf jeden Fall die Herabsetzung des Sockelbetrages auf den tatsächlich zu rechtfertigenden Teil. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem Antrag - die beantragte Regelung soll erst ab 1961 Gültigkeit haben - Ihre Zustimmung zu geben.
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache zu Absatz 2.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD Umdruck 474 Ziffer 1 Buchstabe b. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis ist nicht klar festzustellen. Ich bitte diejenigen, die zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zu den Anträgen Umdruck 477 und Umdruck 479. Danach soll Absatz 2 der Regierungsvorlage wiederhergestellt werden. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich glaube, wir müssen auch hier noch einmal abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Das Ergebnis der Abstimmung ist zweifelhaft. Wir müssen auszählen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es haben mit Ja 184 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 133, enthalten haben sich 2 Abgeordnete. Der Antrag ist angenommen.
Damit ist Art. 1 durchbehandelt. Ich darf nun noch über Art. 1 als Ganzes mit den nunmehr beschlossenen zahlreichen Änderungen abstimmen lassen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; Art. 1 ist angenommen.
Ich rufe auf Art. 2 und dazu den Antrag der FDP auf Umdruck 477 Ziffer 2. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Rademacher.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP zu Art. 2 ist nichts weiter als die logische Folge der Annahme der Zweckbindung. Die Fassung der Regierungsvorlage, die von einer Zweckbindung ausgeht, soll wiederhergestellt werden. Ich bitte um Zustimmung.
Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 477 Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, Art. 2 in der Fassung der Regierungsvorlage wiederherzustellen, also für Art. 2 eine andere Fassung als die Ausschußfassung zu wählen, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Damit ist für Art. 2 die Formulierung der Regierungsvorlage gewählt worden.
Ich rufe auf den Art. 3. Änderungsanträge sind nicht gestellt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Art. 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Art. 3 ist angenommen.
Nunmehr rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 474 Ziffer 2 auf, nach dem hinter Art. 3 ein neuer Art. 3a eingefügt werden soll. Das Wort hat der Abgeordnete Höhne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Drachsler, wir sind bei Art. 3. Wir möchten, daß ein Art. 3a eingefügt wird, der die Änderung des Bundesfernstraßengesetzes bezweckt.
Zu diesem Antrag ist folgendes zu sagen. Auch Sie wissen sicherlich über die Finanzlage der kleinen und mittleren Gemeinden Bescheid. Sie wissen, daß bisher an den Kosten von Ortsdurchfahrten und Ortsumgehungen, die im Zuge des Bundesfernstraßenbaues notwendig geworden sind, die Gemeinden mit einem Drittel, das Land mit einem Drittel und zu einem Drittel der Bund beteiligt waren. Nach der Neuregelung durch das Gesetz, das wir heute behandeln, soll der Bund mit drei, das Land mit zwei und sollen die Gemeinden mit einem Sechstel der für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Kosten belastet werden.
Ich meine, daß die Gemeinden von diesen ihnen eigentlich gar nicht zumutbaren Aufgaben entlastet werden sollten. Sie wissen, welche Maßnahmen die Gemeinden durchzuführen haben, um ihr gemeindliches Leben aufrechtzuerhalten. Da gibt es den Krankenhausbau, da gibt es den Schulhausbau, da gibt es die Abwässerbeseitigung, Kanalisation, Wasserleitungsbau und was sonst noch mehr. Niemand wird bestreiten können, daß sich die Kleingemeinden bis zu 20 000 Einwohnern, von denen ich spreche, in erheblichen Finanzschwierigkeiten befinden. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Gemeinden zu entlasten. Das Gesetz enthält in dieser Hinsicht einiges, und es wird noch einiges dazukommen.
Uns liegt der Antrag der CDU/CSU vor, in dem der zweite Pfennig für die Gemeinden verlangt
wird. Darüber wird nachher noch etwas zu sagen sein. Ich bedauere nur, daß dieser Antrag nicht schon vorher behandelt worden ist. Wäre das geschehen, so wäre, glaube ich, mehr Verständnis für unser Anliegen vorhanden.
Im Hinblick auf das, was uns heute noch bevorsteht, möchte ich an Sie jetzt schon appellieren: Haben Sie ein Herz für die Gemeinden bis zu 20 000 Einwohnern, die sowieso in sehr schwierigen finanziellen Verhältnissen leben! Belasten wir die Gemeinden nicht mit Aufgaben, die ihnen in ihrer Sicht eigentlich gar nicht zumutbar sind! So sehr die Verkehrsentlastung innerhalb der Gemeinden zu begrüßen ist, ist es dennoch eine Härte, wenn wir den Gemeinden die Kosten dafür, wenn auch nur zum Teil, aufbürden. Der moderne Verkehr spielt sich nicht nur auf Bundesstraßen und Autobahnen ab, er geht über alle Wege, ob sie Bund, Land, Kreis oder Gemeinde bauen und bezahlen müssen. Angesichts dieser besonderen Belastungen, die der moderne Verkehr den Gemeinden auferlegt, sollten wir ihnen einige Sonderlasten abnehmen.
Deshalb ersuchen wir um Annahme unseres Antrags, einen Art. 3a zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes einzufügen, wonach den Gemeinden das ihnen nunmehr auferlegte Sechstel erlassen wird und der Bund vier statt drei Sechstel trägt. Die künftige Regelung würde also so aussehen: Bei dem Bau von Gemeindeumgehungs- und Gemeindedurchfahrtsstraßen übernehmen, soweit es sich um Bundesstraßen handelt, das Land zwei und der Bund vier Sechstel der Lasten.
Ich bitte Sie, diesem Antrag stattzugeben. Sie tun damit einiges, um den in so großer Not befindlichen finanzschwachen Gemeinden zu helfen.
({0})
Das Wort hat der Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für den Bundesfinanzminister zu dem Antrag der SPD eine kurze Bemerkung in formeller und materieller Beziehung machen.
In formeller Beziehung würden wir bitten, diese Änderung eines anderen Gesetzes, nämlich des Bundesfernstraßengesetzes, nicht in das Straßenbaufinanzierungsgesetz aufzunehmen. Die Bundesregierung - federführend ist der Bundesverkehrsminister-beabsichtigt, das Bundesfernstraßengesetz in mehreren Punkten zu ändern. Unter den Punkten, die geändert werden sollen, wird auch die Heraufsetzung der Einwohnergrenze für die Gemeinden sein, bei denen die Ortsdurchfahrten ganz vom Bund zu unterhalten und auszubauen sind.
Auch die Bundesregierung ist materiell der Meinung, daß die heutige Einwohnergrenze von 9000 für die Abgrenzung der Straßenbaulast bei Ortsdurchfahrten zu niedrig ist. Sie beabsichtigt - soDr. Hettlage
wohl Bundesverkehrsminister wie Bundesfinanzminister -, die Einwohnergrenze heraufzusetzen, vielleicht auf etwa 20 000 Einwohner gegenüber bisher 9000 Einwohner. Der Finanzminister hat ausgerechnet, was das kosten würde. Durch eine solche Heraufsetzung der Einwohnergrenze auf 20 000 würden die Ortsdurchfahrten in 183 Gemeinden neu in die Straßenbaulast des Bundes kommen. Das würde nach heutigen Schätzungen für Unterhaltung und Ausbau der Ortsdurchfahrten einen jährlichen Mehraufwand von etwa 10 bis 15 Millionen DM ausmachen. Dieser Betrag wäre für den Finanzminister kein Grund, einer solchen Heraufsetzung der Einwohnergrenze zu widersprechen.
Ich kann meine Ausführungen dahin zusammenfassen, daß der Antrag in der Tendenz und vielleicht auch in der Abgrenzung der Einwohnerzahl einer Initiative der Bundesregierung zuvorkommt, daß wir auf der anderen Seite aber ungern einen Teil der Neuordnung des Bundesfernstraßengesetzes hier isoliert vorweggenommen sehen.
Das Wort hat der Abgeordnete Höhne.
Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Initiative des Bundesfinanzministeriums, das Bundesfernstraßengesetz künftig in diesem Sinne zu ändern. Aber es erhebt sich doch die Frage, wielange das dauert. Wir haben keine Gewähr, daß in absehbarer Zeit eine Änderung in der Richtung dieses Antrags erfolgt, und bitten deshalb nach wie vor, diesem Antrag stattzugeben. Da der durch diesen Antrag bedingte Mehraufwand nach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs in der Größenordnung von 10 Millionen DM liegt, kann darin wirklich kein Hinderungsgrund liegen, den Antrag anzunehmen.
Wir wollen jetzt zwar nicht über die echten und die unechten Beträge sprechen, die in dem uns zu diesem Gesetz vorgelegten Material enthalten sind. Aber wir wissen, daß diese Zahlen äußerst niedrig gegriffen sind. Die Zahlen, die die Industrien, die Ölfirmen usw., vorgelegt haben, sehen ganz anders aus, und diese haben auch ihre Erfahrungen hinsichtlich der Höhe des Aufkommens. Ich bin also der Meinung - und ich bitte Sie, sich dieser Meinung anzuschließen -, daß angesichts der niedrig gehaltenen Schätzungen ein Mehrbetrag von 10 Millionen DM, mit denen wir den betroffenen Gemeinden eine große Hilfe leisten würden, kein Grund zur Ablehnung dieses Antrags sein kann. Ich bitte Sie noch einmal dringend, dem Antrag stattzugeben.
({0})
- Darüber reden wir noch.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU ist ebenfalls der Meinung, daß aus rechtssystematischen Gründen eine Änderung des
Bundesfernstraßengesetzes an dieser Stelle nicht beschlossen werden sollte. Wir möchten auch, daß die Bundesregierung alsbald den angekündigten Gesetzentwurf zum Bundesfernstraßengesetz einbringt und in diesem die Grenze für die gemeindlichen Baulastträger heraufsetzt.
Noch lieber allerdings ist uns, wenn das Problem dadurch gelöst wird, daß für diese Gemeinden Umgehungsstraßen gebaut werden. Man soll allerdings das Problem auch nicht überschätzen: es handelt sich um insgesamt 183 Gemeinden oder Städte, und für 75 von ihnen ist schon eine Umgehungsstraße geplant.
Ich möchte also darum bitten, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Höhne, ich bitte Sie, folgendermaßen zu prozedieren. Grundsätzlich sind wir von der FDP mit Ihnen der Auffassung, daß etwas für die Gemeinden bis 20 000 Einwohner geschehen muß. Wir schlagen Ihnen vor, für die dritte Lesung einen Entschließungsantrag vorzubereiten, der eine Frist setzt, bis zu der dem Anliegen im Bundesfernstraßengesetz entsprochen werden muß. Vielleicht kann der Herr Verkehrsminister gleich sagen, inwieweit auf Grund eines Entschließungsantrages unserer Bitte entsprochen werden kann. Wir bitten Sie, das zu überprüfen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Änderungsentwurf zum Bundesfernstraßengesetz ist bei uns fertig und geht jetzt in die Ressortbesprechungen. Ich möchte annehmen, daß wir ihn noch vor der Sommerpause mindestens im Bundesrat einbringen können. Da nicht so sehr viel daran geändert zu werden braucht, bin ich mit dem Herrn Kollegen Bleiß dahin einig, daß wir die Angelegenheit so bereinigen können, daß der Entwurf wahrscheinlich vor der Beratung des Haushalts 1961 in der zweiten und dritten Lesung verabschiedet werden kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben soeben aus dem Munde des Herrn Bundesverkehrsministers vernommen, daß die Änderung des Bundesfernstraßengesetzes bis zur Sommerpause fertiggestellt sein wird, daß wir noch vor Verabschiedung des Haushalts 1961 über die Vorlage beraten und die entsprechenden Mittel dann auch für diese 183 Gemeinden. bereitgestellt werden.
Unter dem Eindruck dieser Zusicherung ziehen 1 wir unseren Antrag zurück.
Der Antrag ist zurückgezogen. Damit entfällt hierüber die weitere Beratung.
Wir kommen nunmehr zu Art. 4. Es ist wohl der Artikel, zu dem die meisten Änderungsanträge gestellt sind. Ich schlage Ihnen vor, daß zunächst sämtliche Änderungsanträge begründet werden und die Diskussion darüber verbunden wird.
({0})
- Die Mittagspause war ursprünglich von 13 Uhr bis 15 Uhr vorgesehen. Dann machen wir jetzt bis 15 Uhr Mittagspause?
({1})
- Ist das die allgemeine Meinung? ({2})
Vorher darf ich noch festhalten, daß die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD vorschlagen, den Punkt 24 von der Tagesordnung abzusetzen. Erhebt sich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist Punkt 24 abgesetzt.
Die Sitzung wird bis 14.30 Uhr unterbrochen.
({3})
Wir nehmen die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Ich darf zunächst einen neuen Kollegen, den Herrn Abgeordneten Rollmann, der für den verstorbenen Herrn Kollegen Leverkuehn eingetreten ist, in unserer Mitte begrüßen.
({0})
Ich wünsche ihm eine gute, gesegnete Mitarbeit.
Vereinbarungsgemäß wird jetzt Punkt 1 der gedruckten Tagesordnung behandelt:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ({1}) über den Antrag der Abgeordneten Paul, Schütz ({2}) und Genossen
betr. Weltflüchtlingsjahr 1959 ({3}).
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Jaksch. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag, der von Vertretern aller Parteien dieses Hauses unterzeichnet ist, bringt ein großes humanitäres Anliegen zum Ausdruck. Er knüpft an die Entschließung 167 des Europarates an, worin unter Hinweis auf das von den Vereinten Nationen beschlossene Weltflüchtlingsjahr die europäischen Länder, Parlamente und Regierungen aufgefordert werden, einen Beitrag zu den von den Vereinten Nationen geplanten Hilfsmaßnahmen zu leisten. Der Antrag enthält ein Ersuchen an die Bundesregierung, „den von den Vereinten Nationen und dem Flüchtlingsausschuß der Beratenden Versammlung des Europarates ausgearbeiteten Plänen für ein Weltflüchtlingsjahr 1959
die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken und ! entsprechende Maßnahmen für eine erfolgversprechende Durchführung dieser Pläne in der Bundesrepublik zu treffen."
Meine Damen und Herren, dieser Antrag betrifft einen Gegenstand von weltweiter Bedeutung. Er bringt einen Beschluß der Vereinten Nationen in Erinnerung, der im Zeichen des Weltflüchtlingsjahres die Hilfsbereitschaft von 55 Nationen auf den Plan rief. Bei dieser Aktion ist die Rassenschranke durchbrochen worden, denn es nehmen die Mitgliedstaaten der UNO in Europa, Nord- und Südamerika, Asien und Afrika daran teil. Bedauerlicherweise hat sich der Ostblock davon ferngehalten; Jugoslawien versagte seine Mitwirkung jedoch nicht.
Das Weltflüchtlingsjahr war als eine Großoffensive der Menschlichkeit gegen die unverschuldete Not der Heimatlosen in allen Teilen der Welt gedacht. Es sind immerhin 60 Millionen Menschen, welche seit dem zweiten Weltkriege von diesem harten Schicksal betroffen wurden. Niemand gebe sich der Täuschung hin, daß der grausame Vorgang der gewaltsamen Entwurzelung ganzer Volksteile nur den umstrittenen Grenzzonen dieses Planeten vorbehalten wäre. Die Flüchtlinge sind stets die Sturmvögel gewesen, die dem Vormarsch der Unmenschlichkeit voraneilten und damit auch die Gefährdung der Seßhaften ankündigten.
Dies ist das Zeitalter der großen Flüchtlingsströme, die seit dem ersten Weltkriege viele Millionen Menschen aus ihrer Heimat fortgerissen haben und die auch das Antlitz Europas veränderten. Von alters her ist der Mensch, der von den Heimstätten seines friedlichen Schaffens weichen muß, der Hilfe der Mitmenschen bedürftig. Flüchtlingsschicksal heißt, daß Frauen und Kinder, Alte und Kranke den Unbilden der Witterung ausgesetzt sind und daß den Händen der Gesunden die Werkzeuge fehlen, mit denen sie für ihre Familien Obdach und Nahrung zu schaffen gewohnt waren. Diese Dinge sind im geteilten Deutschland weitgehend entdramatisiert worden, ja geradezu normalisiert . . . Doch wir sollten der Zeiten nicht vergessen, da wir fast als ganze Nation auf der Flucht waren, auf der Flucht aus gebombten Großstädten, auf der Flucht vor drohender Verfolgung und Gefangenschaft oder fortgetrieben von verblendeten Siegern, von Haus und Hof.
Meine Damen und Herren, das Weltflüchtlingsjahr wird im ersten Halbjahr 1960 zu Ende gehen. Damit ist auch an uns die Frage gestellt, inwieweit es uns in der Bundesrepublik gelungen ist, mit der Parole einer Weltflüchtlingshilfe die Schallmauer der allgemeinen Gleichgültigkeit zu durchbrechen. Diese Frage soll auch von der Tribüne dieses Hohen Hauses aus einen Widerhall finden; denn sie geht uns alle an. Sie wendet sich mit der gleichen Dringlichkeit an die Landtage unserer Bundesländer, an die Kreistage und Gemeindeparlamente, an die Aufsichtsräte der Banken und Aktiengesellschaften, an jede kirchliche Gemeinde und an jede Gewerkschaftsgruppe im Lande.
Es wäre ein vermessenes Unterfangen, wenn ich versuchen wollte, der menschlichen und sittlichen Bedeutung dieser Fragestellung mit den dürren Worten einer formalen Berichterstattung gerecht zu werden. Hier steht vielmehr zur Erörterung, inwieweit die Bürger der Bundesrepublik fähig und willens sind, den allgemeingültigen Gesetzen der menschlichen Hilfsbereitschaft im Zusammenwirken mit anderen Völkern und Kontinenten Genüge zu tun.
Im Rahmen einer solchen Betrachtungsweise ist es meine Aufgabe, dem Hohen Hause "die einmütige Auffassung des außenpolitischen Ausschusses zu unterbreiten, daß wir uns aus Gründen der Ehre und des Ansehens der Bundesrepublik mit den bisherigen enttäuschenden Sammelergebnissen nicht zufriedengeben dürfen.
({0})
Es wird Sache des Sprechers der Bundesregierung sein, uns gegebenenfalls in dieser Aussprache die neuesten Ergebnisse mitzuteilen.
Zu Jahresbeginn lag ein Zwischenergebnis von etwa 21/2 Millionen DM vor. Eine Million DM floß aus einer Spende der Bundesregierung; dazu kommen noch einige größere Privatspenden. Als Ertrag einer in allen Bundesländern durchgeführten Spendenaktion sind also insgesamt 11/2 Millionen DM aufgekommen.
Ein solches Ergebnis kann einer Kommentierung von der parlamentarischen Tribüne nicht entzogen werden. Ich möchte dazu einige Bemerkungen machen, möchte aber vermeiden, die Gutgesinnten zu entmutigen, die im Lande draußen ihre Pflicht getan haben. Es scheint mir eine unzulässige Verallgemeinerung zu sein, wenn so oft behauptet wird, daß alle Bundesbürger von der Krankheit der Herzensträgheit befallen seien. Man muß in Betracht ziehen, daß Zwangssammeleien im Dritten Reich den Sinn für spontane Hilfsbereitschaft weithin gelähmt haben. Hinzu kommt noch, daß die Erscheinungen der letzten fünfzehn Jahre in Westdeutschland zu einer gewissen - nennen wir es ruhig so - Flüchtlingsmüdigkeit geführt haben. Der Flüchtlingsstrom aus den unfreien Teilen Deutschlands ist leider eine Alltagserscheinung geworden. Mit Recht darf der Bürger der Bundesrepublik annehmen, daß die damit verbundenen Aufgaben die Möglichkeiten einer privaten Hilfeleistung weit übersteigen und nur mit den Mitteln einer sachkundigen staatlichen Betreuung bewältigt werden können.
Diese Erklärungen sind jedoch keine Antwort auf die akuten Notstandsprobleme der Welt. Andere Völker waren nicht so glücklich, so viele Möglichkeiten der Selbsthilfe zu besitzen, wie sie uns in Westdeutschland selbst nach der Katastrophe von 1945 noch geblieben sind. Außerdem sollten wir nicht vergessen, in welchem Ausmaße uns eine großzügig gewährte Auslandshilfe - ich denke nur an den Marshall-Plan - die Voraussetzungen für eine tatkräftige Selbsthilfe geschaffen haben.
({1})
Eine erfreuliche Tatsache ist es, daß sich Millionen deutscher Menschen mit dem harten Schicksal des Ausgebombtwerdens, der Kriegsgefangenschaft, der Vertreibung und der schrittweisen Heimatberaubung in Mitteldeutschland tapfer herumgeschlagen haben. Wir dürfen seither wieder mit dem Gefühl neuer Bewährung unter die Völker gehen. Ebensosehr sollten wir jedoch die Gefahr erkennen, daß wir nachträglich der Selbstbemitleidung verfallen und übersehen könnten, wie die losgebrochene Lawine der Unmenschlichkeit auch in anderen Ländern und Zonen millionenfach ihre Opfer fordert. Wir können unsere Ohren nicht vor den Seufzern verstopfen, die aus der Trostlosigkeit der Flüchtlingslager im arabischen Wüstensand zu uns herüberklingen. Wir können weder das Elend von Millionen entwurzelter Menschen in Indien und Pakistan noch die tragischen Flüchtlingszahlen in Vietnam, Hongkong und Korea übersehen.
Ich will das Hohe Haus nicht mit Einzelheiten befassen. Aber manchmal verirren sich Berichte darüber auch in unsere bundesrepublikanische Presse, wie jene Reportage in der „Welt" vom 21. Dezember des Vorjahres über die Situation in Hongkong, von der gesagt wurde, daß diese Stadt durch den unaufhörlichen Zustrom chinesischer Flüchtlinge bereits aus ihren Nähten platzt.
Wir müssen jedoch einmal den Ursachen unserer Scheu nachgehen, solche Zustände in Augenschein zu nehmen. Vielleicht ist es die Angst, daß uns die geschauten Bilder nicht mehr loslassen und uns in unserer Selbstbezogenheit stören würden. In anderen Ländern hat die Berührung mit den Flüchtlingsproblemen der Welt die Herzen junger Menschen gerührt und uralte Samariterinstinkte wieder in ihnen geweckt. Die Jugend ganzer amerikanischer Universitäten ist aufgestanden, um den Verdammten dieser Erde ein wenig Liebe, Hilfe und Hoffnung darzubringen. Ich möchte gern einmal in deutschen Landen dem Ebenbild des jungen amerikanischen Arztes Dr. Tom Jooley begegnen, der abwechselnd als guter Samariter bei den Flüchtlingen in Vietnam weilt oder in seiner Heimat predigend von Ort zu Ort zieht, um die Mittel für diese Liebestätigkeit aufzubringen. Auch die Studenten der Universität von Oslo haben sich im Weltflüchtlingsjahr bereitgefunden, ihren Nebenverdienst aus manueller Tagesbeschäftigung für dieses Hilfswerk zu spenden und dafür auch einen Teil ihrer Freizeit zu opfern.
Es steht mir nicht zu, meine Damen und Herren, über diese Dinge nach dem rauschenden Karneval des Jahres 1960 eine Fastenpredigt zu halten. Doch ich möchte diese Betrachtungen mit einer Bitte an die jungen Menschen in unseren Betrieben, an unseren Schulen und Universitäten abschließen. Es ist dies die Bitte an diese jungen Menschen in der Bundesrepublik, sie mögen die Tugend der tätigen Menschlichkeit nicht der Jugend anderer Länder überlassen.
({2})
Mein Bericht wäre nicht vollständig, wenn ich nicht abschließend erwähnen würde, daß mit dem Weltflüchtlingsjahr auch große Hilfsaktionen unseJaksch
rer Kirchen parallel laufen. Wir haben kürzlich mit Freude zur Kenntnis nehmen können, daß die Aktion der evangelischen Kirche „Brot für die Welt" bisher 14 Millionen D-Mark eingetragen hat. Vom Fastenopfer der deutschen Katholiken für die Aktion „Gegen Hunger und Krankheit" wird erwartet, so lesen wir, daß es wenigstens 35 Millionen D-Mark einbringen wird. Wir hören ferner, daß auch die deutschen Konsumgesellschaften ihre Mitarbeiter zu einer großen Hilfsaktion für die unterentwickelten Länder aufgerufen haben. Ich möchte dazu sagen: Hut ab vor dieser Hilfstätigkeit! Hut ab vor jedem Stück spontaner Hilfsbereitschaft für die Notleidenden der Welt!
Worauf es jedoch in dieser Sache ankommt, meine Damen und Herren, ist etwas Besonderes. Lassen Sie mich dies mit voller Offenheit von der Tribüne dieses Hauses aussprechen.
Die Bundesrepublik ist in Gefahr, mit ihren Leistungen anläßlich des Weltflüchtlingsjahres weitaus schlechter abzuschneiden als einige sogenannte kleine Nationen in Europa.
({3})
Ich zitiere hierzu nur ein Beispiel, und zwar folgenden kurzen Bericht aus Norwegen: Der norwegische Flüchtlingsrat hat beschlossen, zur Unterstützung der in österreichischen Lagern lebenden Flüchtlinge 3,2 Millionen Kronen zur Verfügung zu stellen; die in Hongkong lebenden Flüchtlinge erhalten 1,6 Millionen Kronen, die algerischen Flüchtlinge 1 Million Kronen usw. Bei dieser Spendensammlung in Norwegen sind bisher mehr als 10 Millionen norwegische Kronen aufgebracht worden. Bitte vergleichen Sie dieses Ergebnis mit den bisherigen Sammlungsergebnissen in der Bundesrepublik! Sie ersehen daraus, meine Damen und Herren, daß uns hier ein Land mit kaum 4 Millionen Einwohnern das im Kriege manches erlitten hat und das wirtschaftlich durchaus nicht auf Rosen gebettet ist, nicht nur mit seiner absoluten Leistung übertrifft, sondern auch mit der klugen Zweckmäßigkeit des Einsatzes der gesamten Mittel beispielgebend vorangeht. Wahrscheinlich wäre auch in der Bundesrepublik das Resultat besser gewesen, wenn von vornherein klargestellt worden wäre, daß wir im Weltflüchtlingsjahr unseren Beitrag zur Bekämpfung der Flüchtlingsnot in anderen Ländern zu leisten haben. Außerdem verfügen wir als das größte Flüchtlingsland der Welt über die meisten Erfahrungen auf dem Gebiete der praktischen Hilfeleistung. Wir haben in unseren Länderflüchtlingsverwaltungen ausgezeichnete Fachleute für Lagerbetreuung, Umsiedlungsaktionen, Existenzaufbau, Industrialisierung, Bauernsiedlung usw. Es wären also durchaus die Voraussetzungen dafür gegeben, einige Modellösungen in den Schwerpunkten des Weltflüchtlingselends ins Auge zu fassen und damit auch dem praktischen Sinn der Spender in Deutschland sichtbare Zielpunkte zu geben. Ich darf noch erwähnen, daß in diesen Tagen, von Hessen ausgehend, eine Länderinitiative vielleicht dazu beitragen wird, die Vorstellungen der Bundesregierung in dieser Frage zu ergänzen.
Abschließend darf ich im Rahmen meiner Berichterstattung noch klarstellen, daß der vorliegende Antrag in erster Linie dahin zielt, das Verständnis aller Bürger und aller Verantwortungsträger in der Bundesrepublik für die weltweiten humanitären Verpflichtungen eines Kulturvolkes zu stärken. Dem deutschen Volke fehlt es nach meiner Überzeugung nicht so sehr an gutem Willen wie an der Fähigkeit, seine Kräfte auf bestimmte symbolhafte Leistungen zu konzentrieren. In England ist es dem Lord-Mayor von London vorbehalten, über Hilfsaktionen gesamtstaatlichen Ausmaßes zu befinden und dann mit dem ganzen Gewicht seines hohen Amtes an das Land zu appellieren. Wenn der Lord-Mayor von London über den Rundfunk einen Aufruf für eine bestimmte karitative Aktion verkündet, dann weiß jeder Engländer: Hier bin ich persönlich aufgerufen, hier stehen die Ehre und das Ansehen meines Landes auf dem Spiele.
Wir sind im gespaltenen Deutschland noch nicht so weit, uns eine einheitliche moralische Befehlsgewalt dieser Art geben zu können, Darum möchte ich meinen Bericht mit einer Bitte an die formativen Kräfte unseres öffentlichen Gewissens ausklingen lassen, mit einer Bitte an die Rundfunkintendanten, an die Gestalter des Fernsehens, an die Dirigenten der großen und kleinen Zeitungen und Zeitschriften, an die Erzieher unserer Jugend in Schulen und Universitäten. Die Bitte geht dahin, einmal ernsthaft darüber nachzudenken, warum uns in dem zweitstärksten Exportland der Welt bisher nicht gelingen wollte, was in Norwegen oder Schweden ohne weiteres gelingt, nämlich die Integration des guten Willens der Bürger auf große humanitäre Leistungen hin. Meine Damen und Herren, wir sollten es gemeinsam als eine Ehrensache der Bundesrepublik betrachten, durch vervielfachte Anstrengungen in den nächsten Monaten unseren Beitrag zum Weltflüchtlingsjahr zu einem moralischen Erfolg des gesamten Deutschlands zu machen.
Ich bitte das Hohe Haus, den vorliegenden Antrag anzunehmen.
({4})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die Aussprache ist eröffnet. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schütz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat dargelegt, wie es zu dem Beschluß der Generalversammlung der UNO und zur Entschließung der Beratenden Versammlung kam, ein Weltflüchtlingsjahr zu proklamieren. Ich möchte ergänzend zu diesem Bericht darauf verweisen, daß die Bundesrepublik Deutschland es als ihren besonderen Beitrag ansieht, dafür zu sorgen, daß in diesem Weltflüchtlingsjahr die Lager der ausländischen Flüchtlinge, der sogenannten „Heimatlosen Ausländer", möglichst geräumt werden. Dazu werden nicht nur deutsche Mittel verwendet. Vielmehr will uns Herr Lindt, der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, mit ansehnlichen Mitteln dabei helfen. Wir sollten uns besonders in unserem Lande zuSchütz ({0})
nächst. der nichtdeutschen Flüchtlinge annehmen und das als Beitrag auf den großen Opfertisch zum Weltflüchtlingsjahr hinlegen.
Als ich in diesem Hause 1950 zum ersten Male sprechen durfte - und zwar anläßlich der Verabschiedung des ersten Haushalts des Bundesvertriebenenministers -, habe ich mir erlaubt, mit einem herzlichen Wort des Dankes an jene zu beginnen, die, bevor es einen Bundesgesetzgeber gab, den Vertriebenen und Flüchtlingen in unserem Lande geholfen haben, die vielen einzelnen, die Gemeinden und Landkreise, die Länder, die Kirchen, die Gewerkschaften, die Arbeitgeberverbände, die Wohlfahrtsverbände. Lassen Sie mich heute ein anderes Wort sagen. Wir alle wissen, daß wir in unserem Lande mit dem Problem, das uns die 9 Millionen Vertriebenen und. die fast 3 Millionen politischen Flüchtlinge aufgegeben haben, nicht restlos fertig geworden sind. Immerhin ist in dem europäischen Flüchtlingsland Nr. 1 manches geschehen, um das uns andere Flüchtlingsländer innerhalb und außerhalb Europas beneiden.
({1})
Der Aufruf zum Weltflüchtlingsjahr allerdings hat in unserem Lande leider nicht das Echo gefunden, das er gerade hier verdient hätte. Das bisherige Sammelergebnis hat der Berichterstatter schon erwähnt. Mit 13/4 Millionen DM ist es sehr bescheiden. In der Bundesrepublik Deutschland leben - ich wiederhole es - 9 Millionen Vertriebene und 3 Millionen Flüchtlinge. Dieser Personenkreis, diese 12 Millionen Menschen, wissen doch - so möchte man meinen - bei Gott, was Vertreibung und Flucht bedeuten. Wenn von diesen 12 Millionen Menschen nur der Kreis, der in Arbeit und Verdienst steht, pro Mann wenigstens 1 DM auf den Opferteller gelegt hätte, müßte das Ergebnis unserer Sammlungen doch ein Vielfaches dessen sein, was die Sammlungen bisher erbracht haben.
Ich möchte von der Tribüne dieses Hohen Hauses gerade diesen Personenkreis besonders ansprechen. Die Flüchtlinge und Vertriebenen des europäischen Flüchtlingslandes Nr. 1 sollten sich besonders aufgerufen fühlen, sich an die Spitze des Opferganges für ihre im wahrsten Sinne des Wortes hungernden Schicksalsgenossen in den Flüchtlingsländern der Welt zu stellen.
Auch alle anderen Deutschen stehen der Welt gegenüber in einer schweren Dankesschuld. Nach dem Zusammenbruch des tyrannischen Systems in unserem Vaterlande und nach der unabwendbaren militärischen Niederlage begannen die Flüchtlingsströme sich über Deutschland zu ergießen. Wir waren - ach, wir haben es schon vergessen - wirklich ein Land des Hungers und zahlreicher anderer Nöte geworden. Die Welt, zumal die freie Welt, hat uns damals die helfende Hand gereicht. Jetzt ruft diese gleiche Welt uns. Sollen wir uns denn diesem Anruf der Welt verschließen? Wir sollten uns alle ohne Ausnahme von dem Aufruf zum Weltflüchtlingsjahr angesprochen fühlen.
Der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen - ich darf es mit noch ein paar Worten
ergänzen -: wir wollen nicht verschweigen, daß unter dem Gedanken des Kampfes gegen Hunger und Not in der Welt die beiden Kirchen im vergangenen Jahr bis heute fast 50 Millionen DM gesammelt haben, von denen, wie ich mir habe sagen lassen, ein gutes Drittel von beiden Kirchen in die Brennpunkte der Flüchtlingsnot geleitet worden ist.
({2})
Das ist eine imposante Leistung. Wir sollten uns an ihr ein Beispiel nehmen und sollten sie allenthalben fördern und mit dem Blickpunkt auf das Weltflüchtlingsjahr wiederholen und vergrößern.
({3})
Für die Lagerräumung in unserem Lande selbst - das darf ich auch erwähnen - haben die deutschen Ordinariate im Zeichen des Weltflüchtlingsjahres zum Zwecke der Restfinanzierung für den Wohnungsbau im letzten Jahr 7,5 Millionen DM zur Erleichterung der Schuldenaufnahme und für Bürgschaften ausgegeben. Auf evangelischer Seite sind über die Siedlungswerke des Hilfswerks der evangelischen Kirchen in Deutschland Hilfen im gleichen Ausmaß für den gleichen Zweck mit dem Blick auf das Weltflüchtlingsjahr gewährt worden.
Meine Freunde von der CDU/CSU-Fraktion werden selbstverständlich mit einer inneren Bewegung und Anteilnahme für den Antrag des Auswärtigen Ausschusses stimmen. Sie werden jede Aktion unterstützen, durch die im Zeichen des Weltflüchtlingsjahres an die deutsche Hilfsbereitschaft appelliert wird.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem ausgezeichneten Bericht des Berichterstatters des Auswärtigen Ausschusses war wohl das Bedauern in diesem Hause allgemein, daß die gute Sache des Weltflüchtlingsjahres bisher kein hinreichendes Echo in der Bundesrepublik gefunden hat.
Es ist beschämend für uns alle, daß andere Länder, die nicht die leidvollen Erfahrungen des Flüchtlingsschicksals mitzumachen hatten, die Bundesrepublik hierin weitaus übertroffen haben. In England z. B. stehen bereits jetzt 20 Millionen DM zur Verfügung, also fast zehnmal soviel wie bei uns, In Osterreich hat eine einzige Wiener Bank mit einem Federstrich 100 000 Schilling bewilligt. Von Norwegen hat der Berichterstatter schon Beispiele gebracht. Von Schweden und von manchem anderen Lande in Europa ließen sich ergänzende anführen. Wenn die Nachrichten stimmen, hat sogar Jugoslawien einen Betrag von 6,7 Millionen DM für die algerischen Flüchtlinge in Tunis und Marokko zur Verfügung gestellt.
({0})
Sicher haben wir alle nicht genug getan. Wir haben jedoch im Europarat oft über das Weltflüchtlingsjahr gesprochen und dabei konstruktive VorPaul
schlage vorgelegt. Ich bedauere es, daß wir erst heute Gelegenheit haben, von der Tribüne des Bundestages zu einem Antrag Stellung zu nehmen, der bereits im Juni des vergangenen Jahres vorgelegt worden ist.
Wieso kommt es, daß bei uns der Aufruf zum Weltflüchtlingsjahr ein so geringes Echo gefunden hat? Meine Damen und Herren, ich bedauere, daß ich jetzt einige kritische Anmerkungen machen muß, die ich mir wahrhaftig im Interesse der Sache lieber erspart hätte. Das Ministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte ist bereits am 21. Januar des vergangenen Jahres von der Bundesregierung beauftragt worden, das Vorhaben im Rahmen des Weltflüchtlingsjahres federführend zu betreuen. Wir Deutsche sind in der Welt als Meister der Organisationskunst bekannt. Was in diesem Falle geleistet wurde, bestätigt, daß es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Ich muß das harte Wort anwenden: es ist dilettantisch vorgegangen worden. Es scheint mir, als habe es vor Inangriffnahme der Arbeit keinen ernsthaften Plan gegeben. Wie wäre es sonst möglich, daß die Länder nicht beraten worden sind und den Sinn des Weltflüchtlingsjahres nicht verstanden haben? Wie wäre es sonst möglich, daß in einzelnen Ländern - ich habe es in Baden-Württemberg selbst erlebt - die Sammlung im Oktober durchgeführt wurde, während die repräsentative Kundgebung mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen und den Vertretern aller Spitzenverbände, die an humanitären Angelegenheiten interessiert sind, im Dezember stattfand? Das bedeutet doch, daß man eine Aktion von hinten her aufzieht.
Gibt es denn in dem ganzen Ministerium keinen einzigen Menschen, der von Organisation eine Ahnung hat? Man hätte doch - so meine ich - zunächst einmal mit den Banken, mit den industriellen Verbänden, mit den Gewerkschaften, also mit jenen verhandeln müssen, die die großen Beiträge leisten können. Dann wäre man mit einer Erfolgsmeldung herausgekommen, und dann hätte der Sammelaufruf sicherlich auch bei den Massen des deutschen Volkes ein stärkeres Echo gefunden, als es der Fall war.
Wie der Berichterstatter schon ausgeführt hat, fehlte auch die Zielsetzung, die Zweckbestimmung. Warum wurde nicht gesagt: Wir sammeln für die Flüchtlinge in Pakistan, für konkrete Projekte? Warum wurde nicht gesagt: Wir sammeln für die Flüchtlinge in den arabischen Teilen des Nahen Ostens, für die Flüchtlinge in Algerien usw. usw.? Das läßt sich heute schwer nachholen. Unser einziger Trost bleibt ein Rückgriff auf die Mittel des Staates, über die wir hier mit zu verfügen haben. Meine Fraktion hat die Absicht, bei der Behandlung des entsprechenden Haushalts die Aufstockung des in Kap. 26 02 Tit. 607 vorgesehenen Betrages von 1 Million auf 5 Millionen DM zu beantragen. Ich hoffe sehr, daß sich die Fraktionen des Hohen Hauses mit Rücksicht auf das Verständnis, das das Weltflüchtlingsjahr in dieser Debatte bisher gefunden hat, über einen gemeinsamen Schritt verständigen können.
Wir sprechen heute so viel von der Gefährdung der Welt durch die totalitären Ideen. Vergessen wir nicht, daß Elend und Not der beste Nährboden für Aktionen sind, die wir abgewehrt wissen wollen.
Ich las in einem Schreiben, daß 3 Millionen Arbeitslose in Kalkutta Chruschtschow, als er kürzlich in dieser Stadt eintraf, einen triumphalen Empfang bereitet haben und daß davon 2 Millionen Flüchtlinge ohne Arbeit und Wohnung waren. Ich glaube es nicht nötig zu haben, zu diesem Punkt mehr zu sagen.
Unsere Hilfe hat auch einen politischen Sinn, den wir nicht vergessen dürfen. Allein der Gedanke der Humanität, von dem sich die Vereinten Nationen bei der Beschlußfassung über das Weltflüchtlingsjahr leiten ließen, hat schon einen tiefen Sinn. Menschlichkeit ist jederzeit ein Protest gegen die Unmenschlichkeit.
({1})
Wir können unseren Kampf um die Freiheit in Europa und in der Welt auf diese Weise besser führen als durch manchen tönenden Aufruf, der nur zu Papier gebracht ist.
Wir stimmen dem vorliegenden Antrag zu mit dem Vorbehalt, den ich angekündigt habe, daß bei der Haushaltsberatung die Leistungen der Bundesrepublik erhöht werden müssen. Es muß der Beweis erbracht werden, daß die Solidarität der Tat bei uns kein leeres Wort ist.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Antrag des Ausschusses geht dahin, den Antrag Drucksache 1180 unverändert anzunehmen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir fahren in der Beratung des Punktes 2, a und b, der gedruckten Tagesordnung mit dem Schriftlichen Bericht Drucksache 1616 fort. Wir kommen jetzt zu Art. 4. Dazu liegen die Änderungsanträge Umdruck 476 Ziffer 1, Umdruck 486, Umdruck 487 Ziffer 1 und Umdruck 488 Ziffer 1 vor. Zur Begründung des Antrags Umdruck 476 hat der Abgeordnete Dr. Stecker das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion Umdruck 476 ist mit seiner Zahlenskala nicht ohne weiteres verständlich; ,das ist bei einer Finanzvorlage ja nicht so ungewöhnlich.
Praktisch wollen die Antragsteller, daß die verschiedenen Positionen des Mineralölsteuergesetzes so geändert werden, daß die Steuer für Vergaserkraftstoff gegenüber der vom Finanzausschuß verabschiedeten Fassung um einen weiteren Pfennig je Liter angehoben wird. Das Aufkommen aus diesem
Pfennig soll - das besagt eine Entschließung, die dann in der dritten Lesung zu verabschieden wäre - zur Verstärkung der Bundeszuschüsse an kommunale Straßenbaulastträger verwandt werden.
Der Antrag zielt darauf ab, zwei schwache Stellen des Entwurfs zu verstärken. Einmal soll er den für das Vierjahresprogramm verbleibenden Kreditbedarf einengen, und zum zweiten soll er die zu schwache Dotierung für Unterhaltung und Bau der kommunalen Straßen ausgleichen.
Ich beginne mit dem zweiten. Zunächst muß ich ein paar Worte zur Bedeutung der kommunalen Straßen vorausschicken. Während Bund und Länder 83 600 km Straßen zu unterhalten haben, stehen in der Obhut der Landkreise und Gemeinden - ohne die reinen Wohnstraßen - 269 000 km, also mehr als das Dreifache. Von 24 000 kreisangehörigen Gemeinden sind 12 600, also mehr als die Hälfte, unmittelbar an das Kreisstraßennetz angeschlossen. 8 Millionen Menschen in der Bundesrepublik sind vom Straßenverkehr nur über Kreisstraßen und Gemeindeverbindungswege zu erreichen.
Auch von den Ausgaben für den Straßenbau her gesehen kann man die Bedeutung des kommunalen Straßenwesens erkennen. Von den 3076 Millionen DM, die im Jahre 1957 von den verschiedenen Körperschaften an Eigenausgaben für den Straßenbau ausgegeben worden sind, entfielen auf die Kommunen 50 %, auf den Bund 24 % und auf die Länder 26 %.Trotz dieser enormen Leistungen empfindet jeder Verkehrsteilnehmer die Zustände gerade auf den kommunalen Straßen als nicht erträglich. Den sprichwörtlichen Verstopfungen in den Innenstraßen der Städte und Gemeinden steht der mangelhafte Ausbauzustand der Kreis- und Gemeindeverbindungswege gegenüber. 76 % der Kreisstraßen haben nur leichte Decken. Nur 40 % haben einen normalen Unterbau, und 60 % haben Fahrbahnbreiten unter 4,50 m.
Ich darf auch kurz auf die Unfallstatistik eingehen, die ausweist, daß im Jahre 1956 45 % aller Verkehrsunfälle sich auf Kreis- und Gemeindestraßen ereignet haben. Im übrigen stellen Untersuchungen des Deutschen Städtetages fest, daß die Unfallhäufigkeit auf den Straßen in den Städten, die nicht reine Durchgangsstraßen sind, also reine Kommunalstraßen sind, genauso hoch ist wie auf den Durchgangsstraßen. 80 % der Verkehrsunfälle ereignen sich in den Ortslagen der Städte und Gemeinden.
Nun kann man natürlich sagen, daß die Lösung dieses Problems in erster Linie aus den kommunalen Einnahmen zu finanzieren sei und daß sie in zweiter Linie eine Sache des kommunalen Finanzausgleichs der Länder sei. Das ist sicher richtig. Ich bin auch der Meinung, daß die Kommunen noch erhebliche weitere Anstrengungen machen müssen, um ihr Straßennetz aus eigenen Mitteln zu verbessern. Ich sehe auch die kommunale Finanzlage nicht als so schlecht an, wie sie manchmal dargestellt wird, wenn man global darüber spricht. Immerhin ist 1959 das Steueraufkommen in den Gemeinden gegenüber dem Vorjahr um 17,7 % gestiegen.
Ich bin auch der Meinung, daß die Länder in der Lage sind, im kommunalen Finanzausgleich noch mehr für die kommunalen Straßen zu tun. Aber das alles darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Kommunen den gigantischen Investitionsbedarf, dem sie sich im Straßenbau gegenübersehen, ohne eigene spezielle Verkehrseinnahmen nicht decken können.
Das sagt Ihnen schon eine Zahl. Wenn die Kommunen in den nächsten vier Jahren mit dem Vierjahresprogramm des Bundes in dem bisherigen Verhältnis Schritt halten wollen, müßten sie zusätzlich jährlich 1,5 Milliarden DM in die Straßen investieren. Das erscheint völlig ausgeschlossen.
Nun bietet der Entwurf des Vierjahresplanes schon einiges: durch den verstärkten Ausbau der Umgehungsstraßen, durch die vorgesehene Höherstufungsaktion und auch durch die Erhöhung der Zuschüsse für fremde Baulastträger, die wir jetzt schon vorliegen haben; aber eine Lösung des Problems ist das nicht. Deshalb haben alle mit der Beratung des Gesetzentwurfs befaßten Ausschüsse eine erhebliche Erhöhung der Mittel für kommunale Straßen vorgeschlagen. Die Höhe wird von den Ausschüssen mit etwa 400 Millionen DM für den Vierjahreszeitraum angegeben.
Nun ergibt sich folgendes Dilemma: Schon das jetzt vorgesehene Bauprogramm erfordert einen Anleihebedarf von rund 800 Millionen DM. Dieser Bedarf erhöht sich, wenn wir die kommunalen Wünsche und Bedürfnisse erfüllen, auf 1,2 Milliarden DM. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der Bund eine solche Straßenbauanleihe neben seinen übrigen Bedürfnissen in den kommenden Jahren nicht wird unterbringen können. Es ist auch haushaltsrechtlich bedenklich und in keinem Lande üblich, solche laufenden Ausgaben auf dem Straßenbausektor im außerordentlichen Haushalt zu finanzieren.
Bei nüchterner Betrachtung bleibt also nur folgende Alternative: Entweder eine Verkürzung des jetzigen Programms - wobei dann die Kommunen sicherlich als die schwächsten Glieder in der Kette leer ausgehen würden - oder eine Erhöhung der Einnahmen. In dieser Erkenntnis hat der Haushaltsausschuß, da er eine Verkürzung des Programms für nicht vertretbar hielt, einstimmig vorgeschlagen, die Benzinsteuer um einen weiteren Pfennig zu erhöhen und gleichzeitig die Rangfolge so zu ändern, daß das Aufkommen aus dieser Pfennigabgabe unabhängig von dem übrigen Programm den kommunalen Baulastträgern zugute kommen soll.
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Dabei soll es sich entsprechend dem Gutachten des Bundesjustizministeriums um diejenigen Kreis- und Gemeindestraßen handeln, die zum Bundesfernstraßennetz in Beziehung stehen.
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Natürlich kann man Bedenken gegen die Steuererhöhung hegen. Auch mir sind Steuersenkungen lieber. Aber wenn der Steuerzahler oder der Verbraucher unmittelbar ein Äquivalent in der Form
besserer Straßen bekommt, und zwar derjenigen Straßen, die er in seiner Gemeinde täglich benutzt, dann will mir das Opfer erträglich erscheinen. Es ist auch nicht so, daß die Gelegenheit der Senkung der Benzinpreise dazu benutzt worden ist, mit dem Fiskus in die Lücke einzusteigen. Bereits der Referentenentwurf sah eine Erhöhung der Benzinsteuer um 2 Pf vor, und seitdem ist der Gemeindepfennig nicht mehr aus der Diskussion verschwunden. Im übrigen kann man zu dem Zeitpunkt der Benzinpreissenkung sicher allerhand sagen: Meines Erachtens hätte er schon sehr viel eher kommen können und müssen, und meines Erachtens steckt auch jetzt noch einiges darin.
Schließlich noch ein Wort zur Konjunkturpolitik. Die breite Streuung der Arbeiten in die Kommunen und die Einschaltung kleinerer und mittlerer Unternehmungen beim gemeindlichen Straßenbau scheinen mir ein geeigneter Weg, unerwünschte Konjunkturüberhitzungen zu vermeiden.
Beim Straßenverkehr ist das Entscheidende der Flächenverkehr. Wir brauchen ein in allen Teilen voll funktionsfähiges Straßennetz. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir Zusätzliches für die Kommunen tun.
Ich bitte daher namens der CDU/CSU-Fraktion, dem Änderungsantrag zuzustimmen.
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Ich darf wohl Übereinstimmung im Hause darüber feststellen, daß wir I jetzt nur die Anträge besprechen, die zu Art. 4 Nr. 3 gestellt worden sind. Wir kommen dann schneller zur Abstimmung und zu einer besseren Ubersicht.
Jetzt ist also nur noch der Antrag Umdruck 487 Ziffer 1 zu begründen. Herr Abgeordneter Rademacher hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin zwar nicht der Initiator dieses Antrages - der Kollege ist im Augenblick nicht im Raum -, aber ich möchte kurz klarmachen, worum es geht. Es geht darum, daß die vorgesehene Erhöhung für Petroleum ausfällt. Sie wissen, was dieser Brennstoff für Bauernhöfe, für Siedlungen und vieles andere zu bedeuten hat. Wenn wir den Entwurf in unveränderter Form annähmen, würde sich eine Erhöhung von 7 Pfennig pro Liter ergeben.
Ich bitte daher, den Antrag, dessen Auswirkungen übrigens insgesamt fiskalisch nicht zu Buche schlagen, anzunehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst zu Ziffer 1 des Antrags Umdruck 487! Herr Kollege Rademacher, Ihrem Antrag stimmen wir zu, weil wir in dem, was Sie wollen, eine wesentliche Erleichterung für diejenigen sehen, die heute noch auf Petroleum angewiesen sind.
Zu dem Antrag der CDU/CSU, der von Herrn Dr. Stecker begründet worden ist, möchte ich eine Reihe von Fragen stellen. Herr Dr. Stecker, Sie verlangen einen zweiten Pfennig, den sogenannten Gemeindepfennig. Wir sind bereit, diesem Gemeindepfennig zuzustimmen, wenn wir durch eine Erklärung von Ihnen die Gewißheit haben, daß diese zusätzlichen Mittel auch effektiv und zweckgebunden den Gemeinden zugeführt werden.
Erlauben Sie mir, daß ich dazu einige Sätze sage. Nach der Begründung, wie sie sich aus der Drucksache 1247 ergibt, und weiter nach der Zusammenstellung, wie sie sich aus dem Schriftlichen Bericht ergibt, den Sie, Herr Kollege Krammig, erstattet haben, ist der Gesamtbedarf des Vierjahresplans in Höhe von 8 Milliarden DM zunächst einmal aus dem bisherigen Aufkommen gedeckt; denn das Aufkommen ist mit 8449 Millionen DM ausgewiesen. Außerdem sind dadurch die zusätzlichen 400 Millionen DM für die Gemeinden gedeckt, eine Ausgabe, die wir im Verkehrsausschuß beschlossen haben, also eine Aufstockung der Mittel von 60 Millionen DM auf 460 Millionen DM. Drittens wären damit die 70 Millionen DM für den Ausbau der Radwege gedeckt, die wir ebenfalls im Ausschuß beschlossen haben. Das würde also bedeuten, daß insgesamt 8470 Millionen DM Ausgaben durch das steuerliche Aufkommen gedeckt sind unter der Voraussetzung, daß die 1 Milliarde DM Anleihemittel, die in Ihrem Finanzvoranschlag enthalten sind, vom Kapitalmarkt auch wirklich aufgenommen werden.
Ich möchte Sie nun fragen - wenn wir bei dieser Milliarde DM Anleihefinanzierung bleiben -, welche Positionen Sie nach der Begründung weiter aufstocken wollen. Soll es bedeuten, daß über die 460 Millionen DM hinaus, die für die Gemeinden beschlossen sind, das Aufkommen aus dem Gemeindepfennig zweckgebunden wird? Wenn ja, dann ist das ein vernünftiger Vorschlag. Einem solchen vernünftigen Vorschlag würden wir zustimmen, um den Gemeinden zu helfen. Aber lassen Sie mich nun die ketzerische Frage stellen: Soll der Gemeindepfennig etwa dazu dienen, den Betrag der Anleihe, die in dem Vierjahresplan vorgesehen ist, zu vermindern? Ich meine das so, daß ein zusätzlicher Gemeindepfennig nur beantragt wird, damit man den Kapitalmarkt nicht so stark in Anspruch zu nehmen braucht? Einer solchen Entwicklung wollen wir keineswegs Vorschub leisten. Wir wünschen von dem Herrn Staatssekretär eine Erklärung, daß diese Mittel zusätzlich zweckgebunden werden für die Gemeinden. Von dieser Erklärung des Herrn Staatssekretärs machen wir unsere Entscheidung abhängig.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Fragen des Herrn Abgeordneten gleich beantworten und mit ein paar Bemerkungen auch zu den Ausführungen Stellung
nehmen, die der Abgeordnete Stecker zur Begründung des Antrages gemacht hat.
Die Zahlen für das Vierjahresprogramm der Bundesregierung für den Straßenbau, die wir der Begründung mitgegeben haben, werden durch einige Umstände abgeändert, die sich teils aus der Beratung im Ausschuß, teils aus den Initiativanträgen ergeben, über die noch keine endgültige Klarheit besteht; das gilt insbesondere von den Anträgen auf Ausdehnung der Betriebsbeihilfen, durch die natürlich das Aufkommen der Mineralölsteuer für den Straßenbau verringert würde.
Ich will die Zahlen nicht im einzelnen vortragen. Unter Berücksichtigung dessen, was im Ausschuß beschlossen worden ist und sich vielleicht noch aus Anträgen an Minderung des Straßenbauanteils der Mineralölsteuer ergeben wird, kommen wir zu einer Haushaltsdeckungsmöglichkeit mit erhöhten Steuern nach den jetzigen Schätzungen in den vier .Jahren auf rund 7,1 Milliarden DM. Dazu träte die Kreditermächtigung. Von dieser werden wir, soweit man die Dinge vorhersehen kann, wohl hinsichtlich einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung Gebrauch machen können. Ob wir von dieser Kreditermächtigung für Straßenbauzwecke durch echte Anleihen Gebrauch machen können, ist offen. Niemand kann heute vorhersagen, was im Jahre 1961 oder im Jahre 1962 hier möglich sein wird. Sicherlich werden im Jahre 1960 keine Anleihen für Straßenbauzwecke aufgenommen werden können. Es sind auch im Bundeshaushaltsplan keine Kredite zur Finanzierung des Straßenbauprogramms vorgesehen. Wir haben also, Herr Abgeordneter Stecker, tatsächlich eine Lücke in dem Programm mit etwa 600 bis 700 Millionen DM, über deren Deckung im Augenblick noch nichts gesagt werden kann.
Herr Abgeordneter Dr. Bleiß, es ist nicht beabsichtigt, wenn zusätzlich ein Gemeindepfennig beschlossen werden sollte, ihn zur Schließung der erwähnten Deckungslücke heranzuziehen. Anders ausgedrückt: wenn wir in den Jahren 1961 oder 1962 keine Anleihen aufnehmen könnten, aber im Haushaltsplan eine Teildeckung des Straßenbauprogramms durch Anleihemittel vorgesehen wäre, hätten wir das Straßenbauprogramm des Bundes mangels Deckungsmöglichkeiten vielleicht zu strekken, würden jedoch nicht ausweichen in die Ersatzdeckungsmöglichkeit durch das um den Gemeindepfennig vermehrte Mineralölsteueraufkommen. Auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Zweckbindung würde das Aufkommen aus diesem Pfennig entsprechend dem Entschließungsentwurf anteilig zur zusätzlichen Bereitstellung von Bundesmitteln für Zuschüsse an Gemeinden verwendet werden. Dabei würde der Ansatz im Haushaltsplan dafür entsprechend verstärkt werden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Krammig als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Sie völlig klar sehen, um was es geht, wenn über den Umdruck 487 Ziffer 1 abgestimmt wird, mochte ich Ihnen sagen, daß das Mineralölsteuergesetz in § 2 unter Nr. 1 in Abs. 1 Buchstabe c enthält: „Mittelschwere Öle 14 DM pro 100 kg." Diese 14 DM sollen nach der Vorlage auf 22,75 DM erhöht werden.
Hinter diesen mittelschweren Ölen verbirgt sich, wie von Herrn Kollegen Rademacher richtig gesagt worden ist, im wesentlichen das Leuchtpetroleum, das aber auch als Traktortreibstoff mitverwendet wird. Es läßt sich sehr gut mit Gasöl mischen. Ich möchte keineswegs den Anreiz geben, das in Zukunft bei Ihren Dieselfahrzeugen zu tun; aber es ist eine Tatsache, daß das Leuchtpetroleum in dieser Weise verwendet wird. Infolgedessen muß der Steuersatz für Leuchtpetroleum auch dem Steuersatz für Gasöl folgen, weil wir sonst Steuerhinterziehungen Tür und Tor öffnen würden. Dieser Gesichtspunkt hat den Finanzausschuß veranlaßt, insoweit der Regierungsvorlage zu folgen.
Zu den Schätzungen, die Herr Kollege Bleiß eben kurz kritisch beleuchtet hat, darf ich sagen, daß hier natürlich noch einige Prämissen drinstecken, die noch nicht realisiert sind. Ich bin bei der Aufstellung in der Spalte 4 der Anlage 5 im Bericht zu Drucksache 1616, 1617 davon ausgegangen, daß die Ankündigung der Bundesregierung der Beseitigung der Mineralölsondersteuersätze unter Berücksichtigung von Beihilfen für die inländische Hydrierung nunmehr auch verwirklicht würde. Insofern stecken natürlich in den Zahlen 117 Millionen und 228 Millionen noch einige Unbekannte, weil man nicht weiß, ob der Gesetzentwurf, der zum Abbau der Hydrierpräferenzen erforderlich ist, rechtzeitig während der Laufzeit dieses Gesetzes kommt.
Ich persönlich bin der Auffassung - auch das geht aus dem Schriftlichen Bericht hervor -, daß das Mineralölsteueraufkommen weit höher liegen Wird, als die Schätzungsunterlagen, die uns vorgelegt worden sind, ausweisen, wenn wir den ganzen Zeitraum übersehen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Drachsler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Auskunft des Herrn Staatssekretärs wird dieser Gemeindepfennig ausschließlich für die Gemeinden verwendet werden. In der heutigen Debatte wurde schon einmal die Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 erwähnt, in der es heißt: „Die Bundesregierung kennt die Verkehrsnot der Gemeinden und Gemeindeverbände und will daher das Aufkommen aus dem Verkehr" - sinngemäß heißt es so - „so aufteilen, daß auch die Gemeinden mit ihren Verkehrsaufgaben fertig werden." Dieser zweite Pfennig, der Gemeindepfennig genannt ist, soll diesen Aufgaben dienen. Das ist der Sinn des Antrags.
Der Grundgedanke des Gesetzes ist die Erstellung eines leistungsfähigen Gesamtstraßennetzes. Das Gesetz sieht also die Einheit der Straßen vor. Der Bund belastet durch dieses Gesetz die Bewohner der Gemeinden und Dörfer genauso wie diejenigen, die an den Autobahnen und in den VerDrachsler
kehrszentren wohnen. Daher ist er unserer Meinung nach auch verpflichtet, diesen Bewohnern fernab von den Verkehrszentren für die neuen Belastungen eine Gegenleistung in Form von guten Straßen zu gewähren. Der Gemeindepfennig soll neben den bisherigen Hilfen an die Gemeinden, die das Gesetz erfreulicherweise vorsieht, vornehmlich dem Ausbau von Gemeinde- und Kreisstraßen dienen, die in einer Zubringerbeziehung zu dem übergeordneten Verkehrsnetz - also zu Fernstraßen und Autobahnen - stehen.
Während der Beratungen über die Hilfen an die Gemeinden tauchten immer wieder verfassungsrechtliche Bedenken auf. Die in unserem Antrag geforderten Hilfen können aber durchaus im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen und unter Wahrung der Rechte der föderativen Gliederung des Staates gewährt werden. Bedenken von seiten des Bundesrates, wie sie in der ersten Lesung zum Teil aufgetreten sind, werden nicht befürchtet. Diese Mittel können über den bisherigen Titel „Fremde Baulastträger" gegeben werden.
Der Gemeindepfennig soll ein Anfang der Hilfen an die Gemeinden sein. Er soll dem Bund die Möglichkeit geben, seine Verpflichtungen gegenüber den Gliedstaaten zu erfüllen, die sich in besonderen Notlagen befinden. Solche Verpflichtungen hat der Bund nicht nur bei staatspolitisch wichtigen Aufgaben wie dem Wohnungsbau, der Durchführung des Bundesjugendplanes und dem Grünen Plan. Eine wichtige Verpflichtung des Bundes ist heute und vor allem in Zukunft die Behebung der Verkehrsnot in den Gemeinden. Das Fernziel - ich habe das schon bei der ersten Lesung gesagt - für den bundesdeutschen Straßenbau muß sein: eine gute Straße bis ins kleinste Dorf. Nur durch eine leistungsfähige Einheit der Straßen können wir den Verkehrsaufgaben gerecht werden. Die Gemeinden müssen allerdings rechtzeitig baureife Pläne einreichen. Dann können diese Hilfen auch gewährt werden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben zu unserem Bedauern feststellen müssen, daß der 8-MilliardenPlan, wie der Herr Staatssekretär Hettlage dem Hohen Hause mitgeteilt hat, eine Lücke von 6- bis 700 Millionen DM aufweist. Das ist immerhin eine sehr betrübliche Feststellung, Herr Staatssekretär, die wir hier haben zur Kenntnis nehmen müssen. Darüber werden wir noch zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen haben.
Jetzt geht es um den Gemeindepfennig. Ich hätte Sie gern noch einmal, um alle Irrtümer auszuschließen - in Finanzfragen muß ja volle Klarheit herrschen -, folgendes gefragt: Es handelt sich doch um einen Pfennig, der zusätzlich den Gemeinden zugute kommen soll?
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In der Begründung zu dem Entwurf eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes - Drucksache 1247 - ist auf Seite 6 in dem Verteilerplan zunächst ein Betrag von 60 Millionen DM aufgeführt. Außerdem ist beschlossen worden, diesen Betrag um 400 Millionen DM auf 460 Millionen DM zu erhöhen. Das würde also nach dem jetzigen Stand der Dinge bedeuten, daß den Gemeinden als Baulastträgern 460 Millionen DM zugewiesen werden. Außerdem -und nur so habe ich ihre Ausführungen aufgefaßt - kommt der Ertrag aus der Erhebung des zusätzlichen Pfennigs, die Herr Stecker beantragt hat, zu den 460 Millionen DM hinzu. Der Haushaltstitel erhöht sich also auch noch um diesen zweckgebundenen Betrag. Das wäre die Zusage, die wir von Ihnen verlangen müssen; andernfalls kann man in dem Sinne nicht mehr von einem typischen Gemeindepfennig sprechen. 460 Millionen waren bisher unbestritten. Hinzu kommen also noch die Beträge, die sich aus dem zweiten Pfennig ergeben. Ich hätte Sie gern um eine Klarstellung gebeten.
Das Wort hat der Abgeordnete Diel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen, die Herr Staatssekretär Dr. Hettlage gemacht hat, scheint mir die Situation völlig klar zu sein. Es handelt sich bei dem vorliegenden Antrag um einen wörtlich wiederholten Beschluß des Haushaltsausschusses. Dieser Beschluß des Haushaltsausschusses bezieht sich auf vorangehende, im Ausschuß für Inneres und im Ausschuß für Verkehr einstimmig gefaßte Beschlüsse,
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- im Ausschuß für Inneres und im Ausschuß für Verkehr gefaßte Beschlüsse.
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Der Beschluß bezieht sich auf Baumaßnahmen zur Ermöglichung von Anschlußstücken an Autobahnen und von autobahnähnlichen Fernstraßen. Diese Formulierung ist nachher allgemeiner gefaßt worden; man hat gesagt: im Anschluß an Fernstraßen. Das finden Sie auch in dem Entschließungsantrag Dr. Stecker und Genossen, der Ihnen vorliegt und wo es heißt: „die mit dem Bundesfernstraßennetz in Verbindung stehen"!
Die Ausführungen, die Herr Staatssekretär Dr. Hettlage gemacht hat, Herr Kollege Bleiß, besagen, wenn Worte einen Sinn haben sollen, daß dieser Betrag aus dem zweiten Benzinpfennig nicht verwandt werden soll, um das Anleihebedürfnis des Staates abzulösen. Herr Staatssekretär, ich habe das doch wohl recht verstanden? Ich habe es dahin verstanden, daß, wenn es so sein wird, wie man es erhofft, der Finanzierungsbetrag einschließlich der Milliarde Anleihe in vollem Umfange aufkommt, daß also dann zusätzlich der Gemeindepfennig hinzutritt, der dem besagten Zweck dienen soll. Wenn sich wider Erwarten herausstellt, daß die Summen, die man erwartet, nicht restlos aufkommen, würde
das 4-Jahresprogramm etwas gestreckt werden müssen. Das Gesamtprogramm, aber nicht das Programm hinsichtlich der Anschlußstücke. - Ich darf fragen, Herr Staatssekretär Dr. Hettlage, ob ich so richtig verstanden habe. Ich nehme an, daß es so ist, und ich nehme an, daß auf Grund dessen irgendwelche Bedenken in diesem Hohen Hause nicht mehr beistehen.
Ich möchte auch meinerseits bitten, dem Antrag Dr. Stecker und Genossen zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Meine Damen und Herren! Ich möchte die Frage des Herrn Abgeordneten Bleiß nach der Höhe der Beträge beantworten, die bei einem etwaigen zusätzlichen Gemeindepfennig für Bundeszuschüsse an Gemeinden für Straßenzwecke zur Verfügung stehen. Herr Abgeordneter Dr. Bleiß, damit eine klare Antwort gegeben werden kann, würde ich Sie bitten, gelegentlich den Entwurf des Bundeshaushaltsplans für 1960 zur Hand zu nehmen. Dort finden Sie in einer Anlage zum Einzelplan der Bundesfernstraßen eine Ubersicht über die Zuschüsse an fremde Baulastträger. Diese Zuschüsse an fremde Baulastträger sind für die vier Jahre des Straßenbauplans dort vorgeschätzt, und zwar für 1960 insgesamt mit 96 Millionen DM, für 1961 mit 98,3 Millionen DM, für 1962 mit 109,5 Millionen DM. Diese Beträge sind bisher auf Grund einer Verbesserung um 60 Millionen nur für diese Bundeszuschüsse an Gemeinden geschätzt. Zu diesen Beträgen würde das Aufkommen aus dem Gemeindepfennig hinzukommen. Der Gemeindepfennig würde nach dem heutigen Mineralölsteuerverbrauch ein Mehraufkommen von rund 212 Millionen DM in dem restlichen Planzeitraum erbringen. Dieser Betrag würde zu den im Haushaltsplan genannten Beträgen hinzukommen.
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- Praktisch drei Jahre.
Das Wort hat der Abgeordnete Eberhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich auf den Umdruck 487 kurz zurückkomme; ich war bei der Besprechung dieses Antrags nicht im Saal.
Mir wurde berichtet, daß der von mir sehr verehrte Kollege Krammig darauf hingewiesen hat, daß Petroleum mit anderen Treibstoffen gemixt werden kann. Das ist zweifellos richtig. Daran habe ich auch gedacht. Aber dem könnte man dadurch vorbeugen, daß man in die Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung eine Bremse einbaut, indem man derartige Mischungen belastet, und darüber hinaus in § 5 Abs. 2 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung eine Ziffer 2c mit folgendem Wortlaut einfügt: „Dieselkraftstoff auf Grundlage
von Petroleum und Gasöl." Dadurch würde man dem begegnen, was der Kollege Krammig durchaus mit Recht befürchtet hat.
Ziffer 2 meines Antrags scheint nicht klar verstanden worden zu sein. Wenn die Steuererhöhung damit begründet wird, daß der Seebohmsche Straßenbauplan auf diese Weise verwirklicht werden kann, muß nach meiner Auffassung gleichzeitig mit dem Auslaufen dieses Planes auch das Gesetz als solches außer Kraft gesetzt werden. Das ist der Zweck meines Antrags unter Ziffer 2.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere, daß ich das Haus noch einmal aufhalten muß; aber Herr Kollege Eberhard ist nicht dagewesen, als wir über diese Dinge sprachen. Es geht ja nicht darum, daß im Rahmen des Gesetzes Mischungen durchgeführt werden, sondern darum, daß Mischungen außerhalb des Gesetzes erfolgen. Diejenigen, die die Absicht haben, ,die Mineralölsteuer dadurch zu sparen, daß sie Leuchtpetroleum mit Gasöl mischen, um es dann irgendwie als Kraftstoff zu verwenden, werden doch nicht zur Zollbehörde gehen und eine Nachsteuer anmelden. Darum müssen wir dafür sorgen, daß der Steuersatz genauso angehoben wird wie beim Gasöl, sonst öffnen wir der Hinterziehung Tür und Tor.
Der Abgeordnete Bleiß hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, ich möchte nur noch einmal folgendes feststellen. Für den 8-Milliarden-Straßenbauplan fehlen 6- bis 700 Millionen DM. Wenn diese durch Anleihen am Kapitalmarkt nicht aufgebracht werden - und das war Ihren Worten zu entnehmen -, werden dadurch die Gemeinden besonders ins Hintertreffen geraten. Nur um den Gemeinden etwas zu helfen, haben Sie den Gemeindepfennig, den zweiten Pfennig beantragt. Wir haben große Sorgen wegen der Ausstatlung der Gemeinden mit genügenden Mitteln, und wir müssen hier mit Bedauern feststellen, daß der 8-Milliarden-Plan finanziell nicht gedeckt ist. Aus der Sorge um die Gemeinden werden wir dem zweiten Pfennig, dem Gemeindepfennig zustimmen.
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Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Eisenmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Begriff „Gemeindepfennig", der hier geprägt worden ist, soll sicher zum Ausdruck bringen, daß der Antragsteller Gemeindefreundliches tun möchte.
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- Na ja, Herr Oberkreisdirektor, wir sind zum Teil auch in Selbstverwaltungsorganen tätig, nicht hauptamtlich, aber ehrenamtlich, und dienen der gleichen Sache. Wir alle in diesem Hause wissen sehr wohl um die Finanznot der Gemeinden, Herr Kollege Krammig, und wir von der FDP sind der Auffassung, daß für den gemeindlichen Straßenbau mehr getan werden muß. Wir sind uns insgesamt nur noch nicht darüber einig, woher die Deckungsmittel kommen sollen. Der Herr Staatssekretär hat gerade gesagt„ daß ein Mehrbetrag von rund 210 Millionen DM aufkommen könne, während wir jetzt schon 7,1 Milliarden DM im Haushalt haben. Es ist also nach der Aussage des Herrn Staatssekretärs jetzt bereits ein 7 Milliarden übersteigender Betrag von 300 Millionen DM vorhanden. Ich nehme an, Herr Staatssekretär, Sie haben bei der Angabe dieser Zahlen die Schätzungen aus dem Frühjahr 1958 oder dem Frühjahr 1959 zugrunde gelegt; denn nach den letzten Schätzungen vom November 1959 ist bis einschließlich 1962 aus der Mineralölsteuer bereits ein überschießender Betrag von rund 392 Millionen DM zu erwarten. Das ist die Aussage, die dem Verkehrsausschuß gegenüber aus Ihrem Hause gemacht worden ist. Herr Kollege Diel, wir haben damals im Verkehrsausschuß gesagt: Wenn wir das 1960 bereits haben und ein überschießender Betrag von 392 Millionen DM selbst vom Finanzministerium zugegeben wird, wollen wir diesen auf 400 Millionen DM aufrunden und einen Gesamtbetrag von 460 Millionen DM für die kommunalen Baulastträger ausweisen.
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- Herr Kollege, hier liegt doch ein Straßenbaufinanzierungsgesetz vor, in dem eindeutig gesagt wird, daß 7 Milliarden DM allein aus den ordentlichen Einnahmen des Straßenverkehrs aufgebracht werden sollen.
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Weiterhin haben Sie gesagt und darauf berufe
ich mich nach wie vor -, 1 Milliarde DM solle aus dem Kapitalmarkt aufgebracht werden.
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Dazu kommt, Herr Kollege Höcherl - das muß auch noch gesagt werden -, daß wir entsprechend dem Verkehrsfinanzgesetz für den Straßenbau eine Reserve in Höhe von 440 Millionen DM haben, die aus dem Beförderungssteueranteil fließen. Sie können also nicht sagen, Sie hätten diese Mittel nicht. Die Deckungsmittel, Herr Kollege Dr. Stecker, liegen, auch ohne Erhöhung der Verkehrsabgaben und ohne daß Sie den Kommunen zuwenig zukommen lassen, in Gestalt dieser ordentlichen Finanzmittel hier vor.
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Herr Kollege Eisenmann, sind Sie immer noch der optimistischen Auffassung, daß für die Zwecke des Straßenbaus 1 Milliarde DM auf dem Kapitalmarkt beschafft werden kann?
Herr Kollege Müller-Hermann, vielleicht geben Sie hier eine Erklärung dazu, warum das nicht möglich
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sein sollte. Wir wollen hier nicht über die Investitionspolitik der Bundesregierung streiten. Ich nehme an, daß in aller Kürze in diesem Hause interessante Ausführungen über die allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung öffentlicher Investitionsvorhaben gemacht werden und daß die Herren Haushaltsexperten aller Seiten sich dabei entscheidend einschalten werden, und zwar zusammen mit den Steuer- und Wirtschaftsexperten. Es wird hier sicher zu einer hochinteressanten Debatte kommen. Ich könnte mir vorstellen, daß einigen Herren dieses Hohen Hauses Überraschungen bevorstehen, wenn man ihnen sagt, welche Zuflüsse über die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer in dem laufenden Jahr mehr gekommen sind, als die Regierung geschätzt hatte.
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Wir von der FDP können dieser Erhöhung, diesem „Gemeindepfennig" nicht zustimmen, weil die Deckung für die kommunalen Baulastträger auch ohne diese Erhöhung, ohne diese schöne Benennung „Gemeindepfennig" vorhanden ist. Aus diesem Grunde, Herr Kollege Stecker, sind wir der Auffassung: Hilfe für die Gemeinden? - Ja!, aber nicht Mehrbelastung, sondern Ausnutzung der vorhandenen Finanzmittel zur Deckung dieser Vorhaben für die Kommunen.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte zu Art. 4 Ziffer 3 ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zur Abstimmung liegt vor Antrag Umdruck 476 Ziffer 1. In Verbindung damit steht der Antrag Umdruck 487 Ziffer 1. Ich mache darauf aufmerksam, daß unter den Buchstaben a) bis i) des Umdrucks 476 eine Reihe von Buchstaben, d), e) und f), keine Änderung der Beschlüsse des Ausschusses darstellen, so daß wir nur über die Buchstaben a), b) und c), ferner über die Buchstaben g), h) und i) des Antrags Umdruck 476 abzustimmen brauchen. Wir müssen aber wegen des Antrages Umdruck 487 Ziffer 1 bei Buchstabe d) dann noch eine Spezialabstimmung vornehmen.
Aus dem Antrag Umdruck 476 rufe ich nunmehr auf Ziffer 1 Nr. 3a). Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich rufe jetzt auf Ziffer 1 Nr. 3b des Antrags Umdruck 476. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 1 Nr. 3c). Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Vizepräsident Dr. Becker
Über die Buchstaben d, e und f brauche ich nach dem vorhin Gesagten nicht abstimmen zu lassen.
Ich rufe auf den Antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 487 Ziffer 1, nach dem der Buchstabe d in Art. 4 Nr. 3 gestrichen werden soll. Wer diesem Streichungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Ergebnis ist zweifelhaft. Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Ich bitte diejenigen, die für den Streichungsantrag stimmen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Präsidium ist sich nicht einig. Wir kommen zur Auszählung.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es sind insgesamt 316 Stimmen abgegeben worden. Davon sind 4 Enthaltungen, 136 Ja- und 176 NeinStimmen. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 476 Ziffer 1 zu Buchstabe g, für den die Zahl von 27,10 vorgeschlagen wird. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich mache darauf aufmerksam, daß die Stimme desjenigen, der nicht auf seinem Platz sitzt, sondern im Hintergrund steht, bei der Abstimmung nicht mitgerechnet werden kann. Der Antrag ist angenommen.
Wir fahren in der Abstimmung über den Antrag Umdruck 476 fort und kommen zu Buchstabe h, in dem eine Erhöhung der Zahl auf 15,50 vorgesehen ist. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sage noch einmal, wer im Hintergrund steht, wird nicht mitgezählt. Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den letzten Buchstaben des Antrags Umdruck 476 Ziffer 1, über Buchstabe i, der eine Erhöhung auf 19,75 vorsieht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Also wer im Hintergrund steht, wird nicht mitgezählt, sage ich noch einmal!
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Gegenprobe! - Angenommen. Damit haben wir Art. 4 Ziffer 3 erledigt.
Zu Art. 4 Ziffer 4 liegen keine Änderungsanträge vor. - Angenommen.
Zu Art. 5 liegt der Antrag Umdruck 486 vor, dem § 8 einen neuen Absatz 6 anzufügen.-Das Wort hat der Antragsteller, der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In § 8 Abs. 3 Satz 4 des Mineralölsteuergesetzes in der Fassung vom 5. Dezember 1957 war folgende Ermächtigung enthalten:
Der Bundesminister der Finanzen kann in besonders gelagerten Einzelfällen diese Steuerbegünstigung im Verwaltungswege gewähren, und zwar zu Versuchszwecken auch ohne die Einschränkung des Satzes 3.
Durch diese Bestimmung war der Bundesfinanzminister ermächtigt, eine Steuerbegünstigung auch dann
zu gewähren, wenn Mineralöl als Treibstoff oder
zum Schmieren zu Versuchszwecken verwendet wurde. In § 8 in der Fassung der Ausschußvorlage ist diese Ermächtigungsvorschrift nicht mehr enthalten. Hierdurch ist die nach der alten Fassung des Gesetzes gegebene Möglichkeit fortgefallen, technisch-wissenschaftliche Untersuchungen zur Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren und Verbrennungsturbinen zu erleichtern. Um wieder die Möglichkeit zu schaffen, für diesen Zweck mineralölsteuerbefreite Treibstoffe zu verwenden, ist von mir der Änderungsantrag Umdruck 486 vorgelegt worden. Ich bitte, dem Bundesminister der Finanzen durch Annahme dieses Antrags die Möglichkeit zu verschaffen, in diesen Fällen künftig wie bisher von der Erhebung der Steuer Abstand zu nehmen.
Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 486. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zum Antrag Umdruck 488 Nr. 1. Hier wird beantragt, in Art. 4 eine Nr. 5a einzufügen, nach der § 9 des Mineralölsteuergesetzes eine neue Fassung erhalten soll. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Eckhardt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 9 des geltenden Mineralölsteuergesetzes heißt es, bei wirtschaftlichem Bedürfnis könne zugelassen werden, daß Mineralöl unversteuert gelagert werde, wenn das Steuerlager dem Großhandel usw. diene. Die mit dem Änderungsantrag 488 beantragte Fassung sieht die Gewährung eines Antragsrechtes auf die Zulassung zu dieser Steuervergünstigung vor. Steuerliche Interessen werden insofern nicht berührt, als nach der Durchführungsbestimmung zum Mineralölsteuergesetz das Hauptzollamt auf jeden Fall die Zulassung widerrufen kann, wenn Steuerbelange gefährdet werden. Es handelt sich um ein Anliegen speziell der mittleren und kleineren Unternehmungen der Mineralölwirtschaft, um ein mittelständisches Anliegen also. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 488 Nr. 1 - Schaffung einer neuen Nr. 5a in Art. 4 - zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist angenommen.
Weitere Änderungsanträge zu Art. 4 liegen nicht vor. Wer nunmehr dem Art. 4 in der durch die bisherige Beschlußfassung geänderten Form im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe, - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Art. 5 auf. Hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wer dem Art. 5 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das
Vizepräsident Dr. Becker
Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Auf Umdruck 488a ist unter Ziffer 2 beantragt, einen Art. 5a mit der Überschrift „Steuererstattung" einzufügen. Antragsteller sind die Kollegen Dr. Eckhardt, Krammig, Dr. Dollinger und Genossen. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Eckhardt hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag, einen Art. 5a in die Vorlage einzufügen, handelt es sich um eine Ergänzung zu den Bestimmungen, die die Vorlage bereits enthält. Bedingte Steuerschulden für die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 der alten Fassung des Mineralölsteuergesetzes genannten Waren fallen beim Inkrafttreten dieses Gesetzes weg. Das sagt Art. 5. Der Art. 6 sagt:
Die von der Steuererhöhung nach Artikel 4 betroffenen Mineralöle, für die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes eine unbedingte Steuerschuld besteht oder Mineralölsteuer bereits entrichtet worden ist, unterliegen einer Nachsteuer.
Es ist infolgedessen nicht mehr als recht und billig, für Bestände von Erzeugnissen der Nummern 2712 und 2713-A bis C des Zolltarifs - um diese Waren handelt es sich hier, also Vaselin, Paraffin, Petrolatum aus Erdöl, Schieferöl, Wachs und dergleichen - eine Steuererstattung dann zuzulassen, wenn bereits eine unbedingte Steuerschuld entstanden ist, Bestände dieser Erzeugnisse aber noch vorrätig sind. Die Verkäuflichkeit dieser Bestände wäre sonst ernstlich gefährdet. Auch hierbei handelt es sich um den Schutz und die Förderung der mittleren und kleineren Unternehmungen der Mineralölwirtschaft. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Zu diesem Antrag bitte ich eine kurze Bemerkung machen zu dürfen. Wir verstehen völlig die Absichten, aus denen der Antrag gestellt worden ist: Zur Förderung der mittleren und kleineren Unternehmen. Dennoch muß das Bundesfinanzministerium Bedenken dagegen anmelden. Für die fraglichen Mineralwachse soll danach ein kompliziertes Steuererstattungsverfahren eingerichtet werden. Der Gesamtbetrag dafür beträgt jährlich etwa 3,5 Millionen DM. Es ist eine große Verwaltungsarbeit damit verbunden. Es ist auch nicht recht einzusehen, warum bis zum letzten kleinsten Umsatz, der nur geringe Beträge erfaßt, eine solche Steuererstattung vorgenommen werden soll. Wenigstens sollte erwogen werden, gewisse Mindestmengen festzusetzen, die Voraussetzung für einen solchen Steuererstattungsantrag wären.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Frage an den Herrn Staatssekretär: Wären Sie bereit, großzügig - ich unterstreiche: großzügig - von § 131 der Reichsabgabenordnung Gebrauch zu machen? Dann könnten wir auf diese Ergänzung verzichten. Nach unseren Erfahrungen wird aber nicht großzügig, sondern sehr kleinlich von § 131 RAO Gebrauch gemacht. Infolgedessen muß dafür gesorgt werden, daß insbesondere den kleinen Handelsunternehmen, die noch auf solchen Beständen sitzen, die Steuer, die darin enthalten ist, zurückvergütet wird, weil sie sonst, nachdem die Steuerbefreiung generell ausgesprochen worden ist, mit den Großunternehmen im Absatz dieser Erzeugnisse überhaupt nicht mehr konkurrieren können.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Krammig, das Finanzministerium wird auf der Rechtsgrundlage des § 131 der Abgabenordnung die von Ihnen gewünschte Wirkung anstreben. Ich bin überzeugt, daß sich ein rechtlich zulässiger Weg im Rahmen dieser Bestimmung finden wird.
({0})
- Wir werden großzügig verfahren.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 488 Ziffer 2. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zu Art. 6. Hierzu liegt ein Antrag auf Umdruck 476 Ziffer 2 vor. Den Antrag haben gestellt die Abgeordneten Dr. Stecker, Dr. Vogel, Drachsler und die Fraktion der CDU/CSU. Wird das Wort gewünscht? ({0})
Wird noch weiter das Wort hierzu gewünscht? - Das ist auch nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 476 Ziffer 2. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Wer dem Art. 6 in der so beschlossenen Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den Art. 7. Hierzu liegen Änderungsanträge auf Umdruck 474 Ziffer 3 und Umdruck 475 vor. Wird der Antrag Umdruck 474 Ziffer 3 begründet? - Herr Abgeordneter Wittrock hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf den sozialdemokratischen Antrag Umdruck 474 Ziffer 3 lenken, der mit dem Antrag Umdruck 475 übereinstimmt, einem Antrag des Abgeordneten MüllerHermann und einiger anderer Mitglieder der CDU/ CSU-Fraktion.
Es handelt sich hierbei um folgendes. Wir sind der Auffassung, daß die öffentlichen Verkehrsbetriebe von der erhöhten Mineralölsteuer freigestellt werden sollten. Wir glauben, daß weitere finanzielle Belastungen für diese öffentlichen Verkehrsbetriebe unzumutbar sind. Wir wissen alle, wie schmal die finanzielle Decke gerade dieser Unternehmen ist, und wir meinen, eine jede finanzielle Mehrbelastung muß angesichts der schmalen Decke, die dort besteht, zu Tariferhöhungen oder mindestens zu der akuten Gefahr führen, daß es Tariferhöhungen gibt.
({0})
- Wenn Sie meinen, das gebe es sowieso - das haben Sie hier soeben eingeworfen -, hat dieses Hohe Haus in verstärktem Maße die Verpflichtung, alles zu tun, um derartige zusätzliche finanzielle Belastungen zu vermeiden, damit das Maß etwaiger Tariferhöhungen reduziert wird, ja damit sie möglichst unterbleiben. Wir müssen uns darüber im klaren sein: eine jede Tariferhöhung bei den öffentlichen Verkehrsunternehmungen belastet unmittelbar die Einkommensbezieher, welche nicht mit dem Kraftfahrzeug durch die Gegend fahren, weil sie eben kein Kraftfahrzeug haben. Sie können sich also an den fünf Fingern abzählen, welche Einkommenskreise durch eine derartige Maßnahme eine Schmälerung ihres Einkommens zu verzeichnen haben. Nebenbei bemerkt, Sie sollten gerade im Hinblick auf die allgemeinen Bestrebungen, daß die öffentliche Hand hier dampfend wirken muß, dem Antrag nähertreten. Ich darf Sie namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion darum bitten, dem hier gestellten Antrag auf Freistellung der öffentlichen Verkehrsbetriebe zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann. Ich bitte freundlichst, sich auch darüber auszusprechen, ob Sie die beiden Anträge als völlig identisch ansehen, obgleich sie im Wortlaut etwas voneinander abweichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge sind in der Sache identisch. In der Formulierung des Antrags der Abgeordneten aus den Reihen der CDU-Fraktion müßte „Ziffer 3" gestrichen werden, dann wäre die Identität mit dem SPD-Antrag vorhanden.
Nun zur Sache selbst. Unser Wunsch, daß die im Linienverkehr eingesetzten Kraftomnibusse von der Anhebung der Mineralölsteuer freigestellt werden, hat einen mehr sachlichen und einen mehr politischen Grund. Zu dem sachlichen kann ich mich auf das beziehen, was mein verehrter Vorredner gesagt
hat. Die wirtschaftliche Lage der Personenverkehrsunternehmen ist bereits jetzt außerordentlich angespannt. Jede zusätzliche Mehrbelastung bringt diese Unternehmen in Schwierigkeiten. Es kommt hinzu, daß die Betriebsleistungen dieser Unternehmen überwiegend auf Kommunalstraßen erbracht werden; Bundesstraßen werden kaum benutzt. Schon durch die bisherige Fassung des Straßenbaufinanzierungsgesetzentwurfs werden die kommunalen Verkehrsbetriebe dadurch begünstigt, daß bei der Kraftfahrzeugsteuer eine gewisse Ermäßigung vorgesehen ist, die allerdings, soweit es sich um die kommunalen Omnibusbetriebe handelt, nur mit etwa 1,5 Millionen DM jährlich zu veranschlagen ist, während sich die zusätzliche Belastung aus der Mineralölsteuer in einer Größenordnung von 10 Millionen DM bewegt. Es müßten also zusätzlich 81/2 Millionen DM verkraftet werden. Ich glaube, daß wir alles daransetzen müssen, nicht durch eine Tarifanhebung eine zusätzliche Abwanderung zum Individualverkehr auszulösen.
Nun zu dem mehr politischen Argument. Dazu möchte ich mich auf ein Fernschreiben beziehen, das die Fraktionen dieses Hauses und außerdem einige Abgeordnete persönlich heute vom Bundesvorstand des DGB erhalten haben, worin mit Entrüstung - das Wort „Entrüstung" kommt darin vor - von der geplanten Steuererhöhung gesprochen wird. In diesem Fernschreiben steht der sachlich durchaus berechtigte Satz:
Der DGB hebt hervor, daß der Omnibuslinienverkehr für das Straßensystem nicht belastend, sondern entlastend wirkt.
Das ist ein Satz, dem ich voll und ganz zustimmen kann. Dann kommt allerdings ein Satz, den ich hier mit Genehmigung des Herrn Präsidenten auch verlesen möchte und der mich außerordentlich bedenklich stimmt:
Eine solche Maßnahme
- die wir bei Annahme der vorliegenden Fassung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes beschließen würden würde zum Signal für Fahrpreiserhöhungen
und somit zu einer weiteren Abwanderung von
Fahrgästen auf den Individualverkehr werden.
Ich möchte vor aller Öffentlichkeit meine Bedenken dagegen anmelden, daß diese Steuererhöhungen jetzt als „Signal" für Tarifanhebungen hingestellt werden. Ich sagte, daß sich die Mehrbelastungen so etwa um 8,5 Millionen DM bewegen, während sich die zusätzlichen Lohnforderungen, die von der ÖTV gestellt worden sind - das möchte ich gerade auch an die Adresse des Deutschen Gewerkschaftsbundes sagen -, in einer Größenordnung von etwa 200 Millionen DM allein für die kommunalen Verkehrsbetriebe bewegen.
({0})
Ich glaube, daß hier die Relationen etwas verkannt sind. Schon damit nicht nachher die Rollen vertauscht werden und die Schuld für etwaige Tarifanhebungen im öffentlichen Personenverkehr dem Hohen Hause aufgebürdet wird, möchte ich Sie bitMüller-Hermann
ten, die kommunalen Betriebe, soweit sie im Linienverkehr tätig sind, von dieser Anhebung der Mineralölsteuer freizustellen.
Wenn ich den Herrn Kollegen soeben richtig verstanden habe, ist er damit einverstanden, daß es unter Ziffer 3 entsprechend dem Antrag der SPD geführt wird, nicht unter Ziffer 4. Darf ich weiter fragen, ob die beiden Antragsteller sich auch darin einig sind, daß es inhaltlich dasselbe ist, ob Einsatz der Fahrzeuge oder Betrieb gesagt wird. Meiner Ansicht nach ist es dasselbe. Aber ich hätte das gerne von den Antragstellern bestätigt.
({0})
- Bedenken wogegen, gegen Betrieb oder Einsatz?
- Dann müssen wir uns auf eine bestimmte Formulierung einigen. Sagen Sie doch Betrieb! Meiner Ansicht nach ist das weitergehend als Einsatz.
({1})
- Herr Kollege Müller-Hermann, sind Sie einverstanden, daß wir in dem Antrag das Wort „Betrieb" nehmen und daß es unter Ziffer 4a läuft? - Einverständnis, gut.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Herren Antragsteller haben ihren Wunsch damit begründet, daß die Verkehrsbetriebe, die der Personenbeförderung im Linienverkehr dienen, von der erhöhten Mineralölbesteuerung ausgenommen werden möchten. Dazu bliebe dann nur das Mittel von Betriebsbeihilfen. Das Bundesfinanzministerium hat Verständnis für das Ziel, ist aber der Meinung, daß dieses Ziel auf diesem Wege besser nicht angestrebt werden sollte. Ich werde mir erlauben, einen anderen Weg dafür vorzuschlagen.
Von dieser Steuererstattung, von dieser neuen Subvention in der Form einer Betriebsbeihilfe, würden insgesamt 2350 Unternehmen erfaßt werden. Der größere Teil sind etwa 2000 Privatunternehmen. Das Schwergewicht der Verkehrsleistungen liegt bei den öffentlichen Verkehrsunternehmen. Der Aufwand für die Betriebsbeihilfen würde sich auf etwa 10 bis 11 Millionen DM belaufen; davon entfallen auf die öffentlichen Verkehrsbetriebe rund 8 Millionen DM. Wir würden eine ganz erhebliche Kontrollarbeit durch die Dienststellen der Zollverwaltung bei all diesen zahlreichen Verkehrsunternehmen leisten müssen, und wir müßten bei jedem dieser 2350 Unternehmen feststellen, inwieweit der betreffende Wagen im Linienverkehr oder im Gelegenheitsverkehr gelaufen ist. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß das eine wesentliche Verwaltungserschwernis bedeuten würde.
Wir haben weiter zu bedenken, daß, wenn diesen Verkehrsbetrieben neue Subventionen gezahlt werden würden, diese ja zu Lasten des Straßenbauanteils gingen. Diese Mittel würden dem Straßenbau entzogen sein.
Um die öffentlichen und auch die privaten Kraftomnibusse im Linienverkehr von der Auswirkung der Steuererhöhung teilweise zu befreien, ist an einer anderen Stelle ein Ausgleich vorgesehen. Die Kraftfahrzeugsteuer ist für diese Unternehmen um ein Viertel gesenkt worden. Die Senkung der Kraftfahrzeugsteuer um ein Viertel macht ungefähr 6 Millionen DM aus. Nach unserer Auffassung würde es also rechnerisch möglich sein, die Kraftfahrzeugsteuer für diesen Fahrzeugkreis statt um ein Viertel auf die Hälfte zu ermäßigen. Wenn das geschähe, käme rechnerisch genau dasselbe heraus, und wir ersparen den ganzen Verwaltungsaufwand, der .für diese neue Subvention, für diese Betriebsbeihilfen notwendig wäre.
Ich bin nicht befugt, hier Anträge zu stellen, möchte aber anheimgeben, diese Anregung aufzunehmen und den Ausgleich für diese Verkehrsunternehmen des Linienverkehrs bei der Kraftfahrzeugsteuer zu suchen.
({0})
Herr Abgeordneter Wittrock hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur Sache nur noch darauf hinweisen, daß die Kontrolle, die hier ins Feld geführt wurde, im einzelnen gar nicht durch die Behörden der Finanzverwaltung durchgeführt wird; sie wird vielmehr von den kommunalen Stellen selber durchgeführt. Die Verkehrsbetriebe haben die Meldungen an die Behörden der Finanzverwaltung zu erstatten, und zwar auf Grund der Einzelergebnisse, die bei den kommunalen Verkehrsbetrieben, bei denen es sich um öffentliche Institutionen handelt, zusammengestellt worden sind.
Mit wenigen Worten möchte ich noch auf eine Bemerkung des Herrn Kollegen Müller-Hermann eingehen. Dabei möchte ich davon Abstand nehmen, die Debatte zu diesem Punkt zu vertiefen oder ihr gar eine Schärfe zu geben. Wir halten es für deplaciert, daß im Zusammenhang mit diesen sachlichen Erörterungen polemische Erwägungen über tarifpolitische und arbeitsrechtliche Fragen angestellt werden. So etwas lehnen wir ab. Wir sind der Auffassung, daß diese Dinge mit der sachlichen Entscheidung, vor der wir stehen, gar nichts zu tun haben. Wir leisten der Sache einen schlechten Dienst, wenn in dieser Weise ein polemischer Akzent - etwa gegen den Deutschen Gewerkschaftsbund - in die Debatte eingeführt wird. Nur aus dieser Erwägung nehmen wir davon Abstand, uns im einzelnen mit diesen Ausführungen auseinanderzusetzen. Hier geht es ausschließlich um die Entscheidung der Sache, die in dem Antrag und in der Vorlage des Ausschusses behandelt wird.
5702 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Müller-Hermann, Rösing und Genossen wird zurückgezogen. Wir werden entsprechend der Anregung von Herrn Staatssekretär Hettlage einen Änderungsantrag zum Art. 8 einbringen.
Ich möchte noch etwas zu der letzten Bemerkung des Herrn Kollegen Wittrock sagen. Ich habe die Dinge völlig sachlich dargestellt. Es geht bei den im Linienverkehr eingesetzten Betrieben um eine zusätzliche Steuerbelastung von - rund gerechnet - 8 Millionen DM. Unter Bezugnahme auf diese Tatsache wird in dem Telegramm des DGB von einem Signal für Fahrpreiserhöhungen gesprochen. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Bewilligung der Lohnforderungen der ÖTV, über die man so oder so denken kann, bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben einen Betrag von etwa 200 Millionen DM erfordern würde. Ich meine, daß in diesem Hinweis nicht eine Polemik, sondern lediglich eine sachliche Feststellung enthalten ist. Diese Bemerkung werden Sie mir, glaube ich, nicht verwehren können.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Sie haben gehört, daß der Änderungsantrag Umdruck 475 Ziffer 1 zurückgezogen worden ist. Wir haben jetzt nur noch über den Änderungsantrag Umdruck 474 Ziffer 3a abzustimmen. Nachdem der eine Antrag hinfällig geworden ist, stimmen wir also nur über die in dem Antrag der SPD-Fraktion enthaltene Formulierung ab. Wer dem Antrag auf Umdruck 474 Ziffer 3a zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Zu Art. 7 liegt ferner der Antrag Umdruck 474 Ziffer 3b vor. Bisher lag auch der Antrag Umdruck 475 Ziffer 2 vor.
({0})
- Jawohl, er ist zurückgenommen. Es liegt also nur noch der Antrag Umdruck 474 Ziffer 3b vor. Sind die Antragsteller damit einverstanden, daß er sachlich für erledigt erklärt wird?
({1}) - Dann fällt er weg.
({2})
- Da sind wir einig.
Ich stelle den Artikel 7 in der Fassung, die er nun bekommen hat, zur Abstimmung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf den Änderungsantrag Umdruck 473. Er sieht vor, daß nach Artikel 7 ein Artikel 7a eingefügt wird. Wird der Antrag begründet? - Bitte, Herr Kollege Wacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erhöhung der Mineralölsteuer trifft den Werkfernverkehr in den Zonenrand- und Frachthilfegebieten härter als anderswo. Lange Anfahrtstrecken zu den Industriezentren bringen eine weit höhere Belastung.
Dieser Situation hat das Verkehrsfinanzgesetz, das wir im Jahre 1955 behandelt haben, bereits Rechnung getragen, nämlich insofern, als der Werkfernverkehr nur mit 50 % der Beförderungsteuer belegt wurde.
In genau wörtlicher Übernahme der Voraussetzungen des Verkehrsfinanzgesetzes wird daher beantragt, auch die Belastung aus dem vorliegenden Gesetz auf 50 %, d. h. auf 2 Pfennig je Liter bei Diesel, zu begrenzen.
Durch Berechnung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs pro Tonnenkilometer Nutzlast ergibt sich die Möglichkeit, die bei der Beförderungsteuer ohnehin zu erhebenden Nutzlastwerte durch eine sehr einfache Multiplikation zu errechnen, so daß kein Verwaltungsmehraufwand erforderlich ist.
Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Antrage zuzustimmen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hilfe für die Zonenrandgebiete ist für uns eine maßgebliche Begründung. Wir stimmen dem Antrag zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion schließt sich dem Antragsteller an. Wir sind der Meinung, daß der Antrag richtig ist und daß für das Zonenrandgebiet noch Entscheidendes getan werden sollte.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen hierzu nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrage Umdruck 473, insbesondere auch der Ziffer 3, die ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Art. 8 auf. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wer dem Art. 8 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf Art. 9 und Art. 10. Änderungsanträge liegen hierzu nicht vor. Ich nehme an, daß das Haus mit der gemeinsamen Erledigung dieser Artikel einverstanden ist. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den Artikeln 9 und 10 in der
Vizepräsident Dr. Becker
Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf Art. 12. Hierzu liegt auf Umdruck 490 ein Änderungsantrag des Kollegen Dr. Bleiß vor. - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Umdruck 490 ist die Konsequenz der Anträge, die wir zu Art. 1 Abs. 1 und 2 und zu Art. 2 angenommen haben. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Ich darf annehmen, daß das Wort nicht weiter gewünscht wird.
({0})
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr Art. 13 auf. Anträge hierzu liegen nicht vor. Wer dem Art. 13 in der Fassung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Art. 14 auf. Hierzu liegt auf Umdruck 487 Ziffer 2 ein Antrag Eberhard und Genossen vor. Wird der Antrag begründet? - Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das Wort hat der Herr Minister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Eberhard hat zur Begründung dieses Antrages vorhin ausgeführt, daß am 31. Dezember 1963 der Vierjahresplan beendet sei und infolgedessen weitere Mittel zu seiner Durchführung nicht benötigt würden. Herr Kollege Eberhard hat leider vergessen, daß die Mittel des Vierjahresplanes nur ein Drittel der des Gesamtausbauplanes darstellen, der 1957 Gesetz geworden ist. Infolgedessen müssen natürlich diese Mittel weiterlaufen, bis der gesamte 1957 Gesetz gewordene Ausbauplan durchgeführt ist. Ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.
({0})
Der Antrag wird zurückgezogen. Wir brauchen also nicht mehr darüber abzustimmen.
Wer dem Art. 14 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Handzeichen zu geben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung erledigt.
Wir kommen nunmehr zur Dritten Beratung.
Ich eröffne die Generaldebatte. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs ist ein wesentlicher Antrag der sozialdemokratischen Fraktion angenommen worden. Wir haben damit die Wiederherstellung der Regierungsvorlage erreichen können, d. h. die Zweckbindung ist mit Ausnahme eines Abgeltungsbetrages von jährlich 600 Millionen DM gesichert. Nachdem dieser Antrag Ihre Zustimmung gefunden hat, stimmen wir dem Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache 1616 zu, weil wir im Straßenbau einen echten Notstand zu verzeichnen haben, der von Jahr zu Jahr bedrohlicher wird. In verschiedenen Großstädten droht dieser Notstand im Straßenbau zu bestimmten Hauptverkehrszeiten zu einer Verkehrskatastrophe auszuwachsen.
Wir sind der Meinung, daß das vorliegende Gesetz im Endergebnis, wenn auch durch erhebliche steuerliche Mehrbelastungen, die Mittel für den Ausbau wenigstens eines Teiles unseres Straßennetzes, nämlich der Bundesfernstraßen, verstärkt. Nur diese Gesichtspunkte veranlassen uns, dem Entwurf zuzustimmen, der nach unserer Überzeugung den Notstand in unserem gesamten Straßennetz leider nicht beseitigen wird.
Hierin unterscheiden sich die Konzeption der CDU und die Konzeption der SPD in bezug auf den Straßenbau. Der Entwurf der Bundesregierung und damit der Entwurf der CDU will im wesentlichen nur den Ausbau der Bundesfernstraßen und hat dafür einen umfangreichen Finanzierungsvorschlag vorgelegt. Auf diese Linie ist der ganze Entwurf zugeschnitten, denn die neue Belastung, die sich für den motorisierten Straßenverkehr ergibt, verteilt sich in der Weise, daß der Anteil des Bundes an dem Aufkommen etwa vier- bis fünfmal höher ist als der Anteil, der den Ländern aus dem Aufkommen zufließt. Wenn man dabei berücksichtigt, daß die Landstraßen I. und II. Ordnung etwa die vierfache Länge der Bundesfernstraßen haben, ergibt sich immerhin ein etwas merkwürdiges Verhältnis: Der Bund erhält vier Fünftel des Mehraufkommens aus den Steuererhöhungen, obwohl der Bund, gemessen an der Gesamtlänge der Straßen, nur etwa ein Fünftel dieser Straßen zu betreuen hat.
Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, daß es nicht nur darauf ankommt, das Bundesfernstraßennetz auszubauen. Unser Anliegen ist es, daß das gesamte Straßennetz, also auch die Landstraßen I. und II. Ordnung, ausgebaut wird, und zwar unter bevorzugter Beseitigung der Hauptgefahrenpunkte in den Großstädten. Der motorisierte Straßenbenutzer will ja nicht nur auf den Bundesfernstraßen, sondern auf allen Straßen das Gefühl der Sicherheit haben.
Die Unterschiedlichkeiten in den Straßenbaukonzeptionen der CDU und der SPD haben sich auch in der Verfahrensweise niedergeschlagen. Wir haben unsere Gedanken zu dem Straßenbau und zu dem
Ausbau unseres Gesamtstraßennetzes in einem eigenen Entwurf niedergelegt. Ich bin der Meinung, wenn man eine vernünftige Regelung mit den Ländern angestrebt hätte, wenn man sie vorher angestrebt hätte, hätte man' auch hinsichtlich einer gemeinsamen Verteilung des steuerlichen Aufkommens zu einer Einigung mit den Ländern kommen können. Wir wollten also durch ein vorheriges Abkommen mit den Ländern eine gerechte Verteilung des gesamten Aufkommens an spezifischen Verkehrssteuern herbeiführen. In der Regierungsvorlage ist diese Einigung mit den Ländern auf unbestimmte Zeit nach der Verabschiedung des Gesetzes verlegt worden. Ich glaube nicht, daß eine vorherige Einigung mit den Ländern von Ihnen gewollt war. Wenn man eine solche Einigung mit den Ländern nicht will und wenn man, wie ich glaube, auch keinen Ausbau des gesamten Straßensystems will, findet sich immer eine Reihe von Gründen, die man zusammentragen kann, um einen Straßenfonds als verfassungswidrig hinzustellen. Sie sagen zwar, der Straßenfonds der Sozialdemokratischen Partei sei ein Wunschtraum, aber ich bin der Meinung, er hat einen absolut realen Wert. Es fragt sich nur, ob man eine positive Einstellung zu dem Ausbau des Gesamtstraßennetzes hat oder nicht.
Der Vierjahresplan, so wie er von der Bundesregierung vorgelegt wird, bleibt also in bezug auf den Ausbau des Gesamtstraßennetzes Stückwerk. Die Länder - das ergibt sich auch eindeutig aus der Stellungnahme des Bundesrates - werden nicht in der Lage sein, wesentlich mehr als bisher für den Ausbau der Landstraßen I. Ordnung aufzubringen. Das bedeutet, daß der Ausbau der Landstraßen I. Ordnung auch Für die nächste absehbare Zeit hinter dem Erfordernis der Motorisierung zurückbleiben wird. Darin sehen wir eine bedenkliche Schwäche der Gesamtkonstruktion eines Vierjahresplans.
Die Bundesregierung hat außerdem in ihrem Gesetz auch in bestimmte Kompetenzen der Länder eingegriffen. Die Bundesregierung empfiehlt, daß die Länder ihrerseits erhebliche Beträge an die Gemeinden und Gemeindeverbände weitergeben. Die Bundesregierung macht ihre Zuwendungen davon abhängig. Auch das ist zweifellos ein Eingriff in die Kompetenz der Länder.
Als zweites ergibt sich aus der Regierungsvorlage der Tatbestand, daß der Bund die Länder anhält, nach Inkrafttreten des Gesetzes aus dem Steueraufkommen des Jahres 1960, das in den Länderhaushalten längst verplant ist, das vielleicht schon ausgegeben ist, noch erhebliche Beträge an die Gemeindeverbände weiterzugeben. Meine Damen und Herren, wenn das keinen massiven Eingriff in die Haushaltsrechnung der Länder bedeutet oder wenn Sie etwa einen solchen massiven Eingriff in Abrede stellen wollen, dann bin ich der Meinung, daß wir eine verschiedene Sprache reden. Sie werden nicht bestreiten können, daß die Regierungsvorlage den Ausbau der Landstraßen I. Ordnung nicht nur nicht fördert, sondern daß diese Straßenkategorie in einer groben Weise vernachlässigt wird.
Nach bedenklicher ist die Tatsache, daß der Regierungsentwurf keine Mittel für die Entballung des Stadtkernverkehrs vorsieht. Heute morgen ist schon angedeutet worden, daß zu bestimmten Hauptverkehrszeiten im Stadtkernvarkehr der Großstädte Stockungen entstehen, gleichgültig, ob es sich um Frankfurt, München, Düsseldorf oder andere Großstädte handelt. Was hier zu den Hauptverkehrszeiten vorgeht, das muß man schlechthin als eine Verkehrskatastrophe bezeichnen. Wir hatten in unserem Entwurf für einen solchen speziellen Zweck eine bestimmte Schwerpunktreserve vorgesehen. Im Regierungsentwurf sind für eine Beseitigung gerade dieser Engpässe in den Großstädten überhaupt keine Mittel vorhanden.
Lassen Sie mich angesichts der vorgerückten Stunde nur noch wenige Sätze zu einigen anderen Punkten sagen. Die in der Begründung der Regierungsvorlage vorgesehene Hilfe für die Gemeinden kann nur wirksam werden, wenn die Verwaltungsabkommen mit den Ländern geschlossen werden. Eine gesetzliche Bindung, solche Verwaltungsabkommen abzuschließen, besteht nicht. Ich möchte Sie nun fragen: wer gibt eine Garantie dafür, ob und wann sich die Bundesregierung entschließt, solche Abkommen abzuschließen, wer sagt uns, welche Bedingungen sie stellen wird, welche Bemessungsgrundlagen sie anwenden wird. Wer kann uns eine Garantie dafür geben, daß die Bedingungen, die die Bundesregierung stellt, von den Ländern überhaupt akzeptiert werden!
Auch nach Verabschiedung des Gesetzes sind eine ganze Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, wenn die Hilfe für die Gemeinden überhaupt effektiv werden soll. In dem Gesetz sind für die Gemeinden, je nachdem, welchen Ansatz man machen darf, etwa 865 Millionen DM bis 1,3 Milliarden DM vorgesehen. Aber keine Gemeinde weiß heute, in welchem Ausmaß sie daran teilhaben kann, in welchem Ausmaß sie ihre Planung und ihre Vorbereitungen treffen darf. Ich bin der Meinung, daß hier eine bedeutsame Schwäche des Gesetzes vorhanden ist. Die Abkommen mit den Ländern hängen in der Luft.
Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht. Wir werden die Bundesregierung bitten, uns bis zu einem bestimmten Termin, nämlich bis zum 30. September dieses Jahres, Bericht darüber zu erstatten, ob sie überhaupt schon Abkommen abgeschlossen hat und mit welchem Inhalt und unter welchen Bedingungen diese Abkommen zustande gekommen sind.
Lassen Sie mich noch einige Sätze zu dem 8-Milliarden-Programm der Bundesregierung sagen. Der Deutschland-Union-Dienst hat gestern zu dem Straßenbaufinanzierungsgesetz Stellung genommen und verkündet, daß in den Jahren 1959 bis 1962 8 Milliarden DM für den Straßenbau ausgegeben werden sollen. Wir haben heute zu unserem Bedauern von dem Herrn Staatssekretär Hettlage hören müssen, daß diese 8 Milliarden DM nicht gedeckt sind und daß effektiv eine Finanzierungslücke von 700 Millionen DM vorhanden ist, selbst wenn man die MögDr. Bleiß
lichkeiten, mittelfristige Kredite aufzunehmen, miteinbezieht. Effektiv stehen also insgesamt nur 7,3 Milliarden DM zur Verfügung. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in diesen 7,3 Milliarden DM rund 300 Millionen DM Kreditrückzahlungen und Zinsverpflichtungen enthalten sind, so daß nur noch 7 Milliarden DM übrigbleiben.
Hinzu kommt, daß von den vier Jahren, für die der Plan vorgesehen ist, ein Jahr, nämlich das Jahr 1959, bereits abgelaufen ist. Im abgelaufenen Jahr haben Sie nicht die verplanten 1,7 Milliarden DM, sondern nur 1,2 Milliarden DM ausgegeben. Sie sind also hinter dem Ansatz um 500 Millionen DM zurückgeblieben.
In dem demnächst beginnenden Haushaltsjahr sind nach dem Vierjahresplan etwa 2 Milliarden DM auszugeben. Im Haushalt selbst sind nur 1,8 Milliarden DM enthalten. Also auch hier fehlen 200 Millionen DM.
In den überschaubaren ersten beiden Jahren des Vierjahresplans bleiben Sie also um 700 Millionen DM hinter dem vorgesehenen Ansatz zurück. Wenn ich auch diese 700 Millionen noch von den 7 Milliarden abziehe, bleibt von dem 8-Milliarden-Plan noch ein Torso von 6,3 Milliarden DM übrig. Ich möchte diese Zahlen hier nur einmal zur Richtigstellung nennen, damit Sie nicht immer nach außen hin verkünden: Wir werden in !den nächsten Jahren bis 1962 8 Milliarden DM für den Straßenbau aufwenden. Das ist nach Lage der Dinge nicht drin.
Aus einer Unterhaltung, die kürzlich der Herr Bundeskanzler mit dem Herrn Bundesfinanzminister führte, ist uns bekanntgeworden, daß bestimmte Mehranforderungen, die auf den Haushalt zukommen, die Kürzung bei anderen Einzelplänen erforderlich machen. Wenn die Informationen, die wir bekommen haben, richtig sind, ist hierbei insbesondere an eine Kürzung des Verkehrshaushaltes gedacht. Ich möchte den Herrn Bundesfinanzminister oder Herrn Staatssekretär Hettlage fragen: entsprechen diese Informationen den Tatsachen? Herr Staatssekretär, können Sie uns verbindliche Angaben darüber machen, ob und welche Kürzungen im Verkehrshaushalt für das Rumpfjahr 1960 geplant sind? Ich wäre Ihnen für eine möglichst konkrete Auskunft sehr dankbar.
Es ist also eine Tatsache, daß der Vierjahresplan der Bundesregierung in den ersten beiden Teilabschnitten nicht erfüllt ist. Wie der dritte Teilabschnitt aussehen wird, darüber werden wir uns unterhalten, sobald Ihr Haushalt für 1961 dem Hause vorliegt. Ich habe Befürchtungen, daß die vorgesehene Größenordnung von 2150 Millionen DM von Ihnen nicht voll bedient werden wird.
Wenn man aus all diesen Überlegungen, zu denen der Regierungsentwurf zwingt, den Schluß zieht, muß man zu dem Ergebnis kommen, daß in dem Vierjahresplan der Bundesregierung die Landstraßen I. Ordnung bewußt vernachlässigt worden sind, muß man zu der Überzeugung kommen, daß die Hilfe für die Gemeinden und Gemeindeverbände völlig in der Luft hängt, daß die Hilfe davon abhängt, mit welcher Intensität und mit welchem
guten Willen auf beiden Seiten diese Verwaltungsabkommen geschlossen werden. Zwangsläufig muß man auch zu dem Schluß kommen, daß für die Beseitigung der chaotischen Verkehrszustände in den Großstädten überhaupt nichts getan worden ist, daß der Vierjahresplan in der Hauptsache auf den Ausbau der Bundesfernstraßen zugeschnitten ist. Allerdings sieht er dafür gewisse Verbesserungen vor. Diese - und nur diese -Überlegung bestimmt uns, trotz schwerster Bedenken der Vorlage der Bundesregierung zuzustimmen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch eines sagen. Wir werden uns mit dieser Regelung des Straßenbaus nicht zufriedengeben. Es kann nicht darauf ankommen, nur die Bundesfernstraßen auszubauen, sondern es ist unsere Aufgabe, für den Ausbau des gesamten Straßennetzes zu sorgen. Deswegen werden wir für die Straßenbaukonzeption, die wir auch in diesem Hohen Hause vorgetragen haben, weiterkämpfen.
Wir werden schon bei der Beratung des Haushalts für das Jahr 1960 einige Anträge zur Behebung der gefährlichen Notstände einbringen, die sich heute in den Großstädten immer wieder sehr deutlich zeigen. Wir werden Ihnen einige Überlegungen zum Ausbau des zweiten Weges in den Großstädten vortragen und Sie insbesondere um Ihre Unterstützung bei den Bemühungen bitten, den Stadtkernverkehr in den Großstädten dadurch zu enthalten, daß man verstärkte Mittel für den Bau von Untergrundbahnen und von Unterpflasterstraßenbahnen bewilligt. Ich bin der Meinung, auf diese Gesichtspunkte werden wir in der Zukunft unser besonderes Augenmerk richten müssen.
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- Selbstverständlich, Herr Kollege Müller-Hermann! Ich hatte mir erlaubt, Sie darauf hinzuweisen, daß es zweifellos möglich gewesen wäre, mit den Ländern zu einer Einigung zu kommen, wenn man sich nur die Mühe gemacht hätte, vorher derartige Gespräche zu beginnen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich die Länder der vernünftigen Einsicht in die Notwendigkeit eines Ausbaus des gesamten Straßensystems verschlossen hätten.
Ich wiederhole, die Überlegung, daß wenigstens auf dem Gebiet der Bundesstraßen etwas getan werden muß, veranlaßt uns, der Gesetzesvorlage unsere Zustimmung zu geben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen! Meine Herren! Die lange Straßenbaufinanzierungs-Debatte geht ihrem Ende entgegen, und wenn ich recht informiert bin, wird sich eine nicht weniger lebhafte Debatte über das hochinteressante Problem der Längen, Maße und Gewichte anschließen.
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Ich nehme an, PS ist für uns alle sehr interessant, welche Bemerkungen der Kerr Verkehrsminister gerade zu dieser Frage, die auch das Straßenbaufinanzierungsgesetz tangiert, zu machen hat.
Wir haben heute in sehr eingehenden Ausführungen das Straßenbaufinanzierungsgesetz behandelt, und die Sprecher der FDP-Fraktion haben ihre Bemerkungen hinsichtlich der Dringlichkeitsstufen für ein leistungsfähiges Gesamtstraßennetz klar vorgetragen. Wir sind der Auffassung, daß ein leistungsfähiges Gesamtstraßennetz unentbehrlich ist, daß der Straßenbau in die höchste Dringlichkeitsstufe gehört und daß alle Straßen in der Dringlichkeit ihres Ausbaus unter den gleichen Gesichtspunkten gesehen werden müssen. Ich habe allerdings auch darüber gesprochen - und wir sind froh, daß sich eine Mehrheit dafür gefunden hat -, daß man eine Zweckbindung der Straßenbaumittel vornehmen muß, und ich habe darüber gesprochen, daß man auch beim Straßenbaufinanzierungsgesetz zur Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zurückfinden muß.
Wir sind nach wie vor der Auffassung - und das Zahlenmaterial, das durch die Angaben des Bundesfinanzministeriums erhärtet wird, besagt das eindeutig -, daß das Straßenbaufinanzierungsgesetz ohne Abstriche erfüllt werden kann, und zwar bei Beachtung aller gegebenen Möglichkeiten auch ohne die vorgesehenen Steuererhöhungen. Wir sind der Meinung, daß es unkonsequent ist, wenn der Verkehrsnutzer zweimal zur Bezahlung der gleichen Sache gezwungen wird. Die Erhöhung für Dieselkraftstoff und Vergaserkraftstoff um 4 bzw. 1 Pfennig halten wir, da das Gesamtvolumen zur Deckung des im Straßenbaufinanzierungsgesetz vorgesehenen Bedarfs ohne Erhöhung der Verkehrsabgaben ausreicht, nicht für richtig. Wir müssen dieser Erhöhung widersprechen, wie wir es bisher getan haben. Wenn diese Erhöhungen Gesetz werden, muß der Verkehrsnutzer doppelt bezahlen; er muß 1,142 Milliarden DM mehr zahlen, als für die Durchführung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes notwendig wäre. Weil wir glauben, daß es eine staatliche Willkür wäre, diese Doppelbelastung vorzunehmen, können wir dem Straßenbaufinanzierungsgesetz insgesamt nicht zustimmen. Wir von der FDP finden es unerträglich, daß man den Begriff Straßenbau nur als Etikette verwendet, um Steuererhöhungen von über 1 Milliarde DM zu beschließen und den Verkehrsnutzer für diese Steuererhöhungen den Kopf herhalten zu lassen.
Aus diesen Gründen müssen wir von der FDPFraktion zu unserem Bedauern dem Straßenbaufinanzierungsgesetz in dieser Form unsere Zustimmung verweigern.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg eine kurze technische Bemerkung zu dem Änderungsantrag Umdruck 488. Herr Präsident, ich mache darauf aufmerksam, daß in dem Umdruck ein Schreibfehler
enthalten ist. Es muß heißen: „Auf Antrag ist zuzulassen, daß Mineralöl unversteuert gelagert wird, . . .".
Ich habe davon Notiz genommen.
Danke sehr!
Zur Sache selbst! Eine Zeitschrift hat dieser Tage die Formulierung gebraucht, der 9. März werde mit der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes als ein historisches Datum in die Geschichte des Straßenbaues eingehen. Ich halte nichts von solchen Übertreibungen oder Überbewertungen, aber ich glaube, daß wir mit der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes einen sehr wichtigen Schritt voran zur Lösung eines zweifellos allgemeinen und sehr schwierigen Problems machen. Ich bin nicht so pessimistisch wie Kollege Dr. Bleiß, der glaubt, daß das Ziel, das wir uns gesteckt haben, nicht realisiert werden werde. Ich bezweifle, daß der Kapitalmarkt den Betrag ergeben wird, den wir in das Programm eingesetzt haben, nämlich 1 Milliarde DM. Aber ich glaube, daß der Motorisierungszuwachs beim Bund und bei den Ländern zu höheren Mehreinnahmen führen wird, als man geschätzt hat, so daß wir auf jeden Fall davon ausgehen können, daß das 8-Milliarden-Programm erfüllt werden kann. Ich habe sogar den Optimismus, daß wir die Zahl überschreiten werden. Dieser Motorisierungszuwachs ist der Ausfluß einer erstaunlich anmutenden, mitunter auch etwas beängstigenden Entwicklung unseres Lebensstandards.
Ich möchte noch einmal zum Ausdruck bringen: gerade die Tatsache, daß den Zuwachs an. Kraftwagen auf unseren Straßen in den letzten Jahren in zunehmendem Maße - in einem erstaunlichen Maße - die Arbeitnehmerschaft stellt, beweist, wie mir scheint, die Richtigkeit unserer allgemeinen Bundes- und der Wirtschaftspolitik. Wir wollen uns aber davor hüten, anzunehmen, daß sich die erschütternde Zahl von über 13 000 Verkehrstoten im letzten Jahr allein durch eine Verstärkung des Straßenbaues verringern wird. Neben der Intensivierung des Straßenbaues muß zweifellos eine noch viel stärkere Verkehrserziehung stehen und ein immer erneuter Appell an alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhter Disziplin und Wachsamkeit. Anders werden wir nicht zu einer Herabsetzung der Zahl der Verkehrstoten und Verkehrsverletzten kommen.
Am Schluß dieser Debatte drei kurze Bemerkungen! Wir haben den Mut aufgebracht - und die Bundesregierung hat es von sich aus auch getan -, mit dem Straßenbaufinanzierungsgesetz den Verkehrsteilnehmern gewisse neue, zusätzliche Lasten zuzumuten. Wir glauben aber, daß sich diese neuen Belastungen in einem zumutbaren Rahmen halten und daß die finanziellen Opfer, die zusätzlich gebracht werden sollen, letzten Endes den Verkehrsteilnehmern direkt oder indirekt wieder zugute kommen werden. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur, daß wir Wert darauf legen, daß geMüller-Hermann
rade der Schwerlastverkehr, der erheblich mehr belastet wird, über eine Neuregelung der Abmessungenfrage in den Stand gesetzt werden dürfte, selber zuzugeben, daß die neuen Belastungen zumutbar sind.
Ein leiser Appell - ich mache das mit aller Vorsicht - sei an dieser Stelle auch an die Mineralölgesellschaften gerichtet, sich noch einmal Gedanken darüber zu machen, ob in einigen Preisen nicht doch noch gewisse Spannen enthalten sind, die die Belastung des Steuerzahlers geringer werden lassen könnten, als das vielleicht auf den ersten Blick vermutet wird.
({0})
Das zweite Problem, das ich hier noch einmal anschneiden muß, gerade auch nach den Ausführungen des Kollegen Dr. Bleiß, ist das der anderen Baulastträger, der Länder, Kreise und Gemeinden. Wir haben uns in allen Beratungsgremien - das gleiche gilt für die Bundesregierung - doch immer wieder sorgfältig Gedanken darüber gemacht, wie wir auch die anderen Baulastträger bei der Lösung ihrer Probleme unterstützen können. Wir wollen nicht vergessen, daß wir auf Grund des Motorisierungszuwachses und auch durch erhöhte Kraftfahrzeugsteuern den Ländern nicht unerhebliche Mehreinnahmen von jährlich mindestens 160 bis 170 Millionen DM vermitteln. Wir können nur die Erwartung ausdrücken - wir haben keine Zuständigkeit, uns in die Haushaltsgebarung der Länder einzumengen -, daß diese Mittel auch effektiv dem Straßenbau wieder zugeführt werden, und zwar nicht nur dem Straßenbau der Länder, sondern auch dem Straßenbau der Kreise und der Gemeinden.
Ich muß in diesem Zusammenhang auch noch erwähnen, daß bei den Ländern die Mehreinnahmen im Steuerjahr 1959 über den Vorausschätzungen bei 1,4 Milliarden DM liegen, bei den Gemeinden bei 900 Millionen DM, wozu noch zusätzliche Einnahmen in nicht unerheblichem Umfange aus der Vermögensteuer ab 1. Januar 1960 kommen. Wir wollen also doch nicht so tun, als sei bloß der Bund in der Lage, seine Verkehrsprobleme und Straßenbauprobleme zu lösen, und als seien die anderen die Geplagten, die mit ihren Problemen allein nicht fertig werden könnten. Ich lasse es durchaus offen - der Entschließungsantrag, den wir zur dritten Lesung eingebracht haben, beschäftigt sich mit dieser Frage -, ob speziell die Städte auf die Dauer mit ihren Verkehrsproblemen allein fertig werden können.
Aber das eine muß doch auch wieder einmal festgestellt werden: Die Länder, Kreise und Gemeinden und in diesem Falle auch die Opposition hier im Hause appellieren immer wieder an die Gebe- und Spendefreudigkeit des Bundes, während auf der anderen Seite die Länder und in einem gewissen Umfange auch die Kreise und Gemeinden eifrigst über ihre Kompetenzen wachen und es nicht gerne sehen - und mit allen Mitteln verhindern -, wenn der Bund etwa auch nur andeutungsweise den Versuch macht, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen. Hier klafft also ein gewisser Widerspruch. Aber wenn es ums Geld geht, ist der Bund ein gern gesehener Gast.
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In dem einen Punkt sind wir uns wohl alle einig: Mit der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes ist das Problem des Straßenbaues in seiner Gesamtheit noch nicht bewältigt. Das Gesetz ist ein erster, vielleicht auch ein zweiter Schritt, wenn wir das Verkehrsfinanzgesetz 1955 mit berücksichtigen. Aber wir haben den Wunsch, daß die Bundesregierung bereits jetzt die Vorarbeiten für das Vierjahres-Anschlußprogramm in Angriff nimmt, das 1962 für die darauffolgenden Jahre in Kraft treten soll. Wir haben die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag, der Ihnen allen vorliegt, gebeten, gerade im Hinblick auf das Anschlußprogramm und im Hinblick darauf, daß es rechtzeitig vorbereitet werden muß, drei Fragen zu prüfen:
Zum ersten: Welcher Motorisierungszuwachs ist im Laufe von zehn Jahren nach sorgfältigen Analysen zu erwarten?
Zum zweiten: Welche Auswirkungen ergeben sich daraus für den überörtlichen Verkehr, der in erster Linie zur Zuständigkeit des Bundes gehört? Welche Vorschläge können und müssen gemacht werden, damit eventuell noch vorhandene Engpässe im Straßenbau beseitigt werden, und welche Probleme technischer, finanzieller und rechtlicher Art sind dabei zu berücksichtigen?
Und zum dritten - damit komme ich zu dem,
was Herr Dr. Bleiß angeschnitten hat -: Welche Entwicklung ist beim innerörtlichen Verkehr zu erwarten? Sind die Baulastträger bei der Zumessung der ihnen nach dem Grundgesetz zustehenden Verantwortung und im Rahmen der ihnen finanziell zustehenden Möglichkeiten in der Lage, ihre Probleme zu bewältigen? Wenn das nicht der Fall sein sollte, welche Vorschläge können gemacht werden, um mit dem Problem fertig zu werden? Welche verfassungsrechtlichen, haushaltsrechtlichen und privatrechtlichen Probleme sind dabei zu erwarten und wie können sie gelöst werden?
Wir machen mit diesem Entschließungsentwurf keine Vorschläge, aber wir halten es für unbedingt notwendig, daß diese auf uns zukommenden Probleme insbesondere auch im kommunalen Bereich rechtzeitig erkannt und analysiert werden und daß entsprechende Vorschläge ausgearbeitet werden, damit in der nächsten Legislaturperiode ohne allzu große Verzögerung das Anschlußprogramm durchberaten und sichergestellt werden kann.
Zum Abschluß kann ich nur noch einmal versichern, daß wir uns nach unserer Auffassung mit der Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes auf dem richtigen Wege befinden. Wir haben hier ein Gesetz verabschiedet, das wichtigen allgemeinen Bedürfnissen entspricht und auch von der öffentlichen Meinung, wie ich glaube, gut aufgenommen wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich zu den Ausführungen des Herrn Müller-Hermann noch einige Zusätze mache und mich insbesondere mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Bleiß beschäftige. Herr Kollege Bleiß, wir haben doch im Verkehrsausschuß immer so nett zusammengearbeitet und in einer wirklich objektiven Weise alle Verkehrsprobleme betrachtet und erwogen und unsere Entscheidungen getroffen. Ich verstehe gar nicht, daß Sie jetzt in der dritten Lesung das glücklich zustande gekommene Straßenbaufinanzierungsgesetz so schlecht und pessimistisch benoten. Ich habe nicht verstanden, daß Sie gesagt haben, die Landstraßen I. Ordnung seien bewußt vernachlässigt worden. Ich habe nicht verstanden, daß Sie gesagt haben, die Hilfe für die Gemeinden liege völlig in der Luft und für die Beseitigung des Verkehrschaos in den Städten sei überhaupt nichts getan worden.
Herr Kollege Bleiß, Sie wissen doch genauso gut wie ich, daß man die Gesamtfinanzierungen für den Straßenbau sehen muß, also nicht nur das betrachten darf, was der Bund tut, sondern auch hinzunehmen muß, was die Länder tun. Außerdem müssen wir überlegen, ob das, was jetzt beschlossen ist, konjunkturell und kapazitätsmäßig überhaupt bewältigt werden kann. Sie müssen aber auch unterscheiden zwischen dem, was die Länder für die Landstraßen I. und II. Ordnung und für die Gemeinde- und Kreisstraßen zu leisten haben, und dem, was andererseits der Bund zu tun hat. Sie haben nämlich gesagt, der Bund - ebenso der CDU/CSU-Antrag - beschäftige sich nur mit den Bundesfernstraßen und mit den Autobahnen. Herr Kollege, das ist zunächst seine alleinige Aufgabe, die Bundesstraßen und die Bundesautobahnen zu finanzieren. Der Bund tut aber Zusätzliches. Herr Kollege Bleiß, das wissen Sie ganz genau. Der Bund gibt nämlich Geld über das hinaus, was er bisher an Zuschüssen für die Gemeinden gegeben hat, nämlich für Ortsdurchfahrten, für Ortsumgehungen und für Zuschüsse an Gemeinden mit über 9000 Einwohnern. Wir haben diese Zuschußmöglichkeiten heute noch erweitert, so daß auch Zuschüsse für gemeindliche und Kreisstraßen gegeben werden können, die zum Bundesfernstraßennetz in unmittelbarer Beziehung stehen. Sie können also nicht behaupten, daß die Hilfe des Bundes gegenüber den Gemeinden in der Luft hänge, noch dazu, wo Sie Ihre Zustimmung dazu gegeben haben, daß der sogenannte Gemeindepfennig heute Inhalt unseres Gesetzes geworden ist.
Herr Kollege Bleiß, Sie haben sicher auch nicht überhört, was der Herr Staatssekretär erklärt hat: obwohl noch eine Lücke von 600 bis 700 Millionen DM da sei, sei nicht beabsichtigt, den Gemeindepfennig zur Deckung der Lücke heranzuziehen. Der Gemeindepfennig findet also nach den Bekundungen des Herrn Staatssekretärs für die Gemeinden Verwendung. So habe ich die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs verstanden.
Sie meinten, Herr Kollege Bleiß, es sei bei diesem Plan alles so hoffnungslos, es hänge alles in der Luft, man habe bewußt nichts getan. Ja, Herr Kollege Bleiß, wir sollten doch glücklich sein, daß wir endlich einen Vierjahresplan haben und daß er durch unser gemeinsames Zusammenstehen gut fundiert ist, weil die Mittel zweckgebunden sind, so daß kein Haushaltsausschuß und niemand mehr die Mittel für andere Zwecke als für den Straßenbau verwenden kann. Das ist doch das, was wir uns alle gewünscht haben. Das ist in seiner Gänze erreicht worden.
Sie wissen auch ganz genau, Herr Kollege Bleiß, daß mit dem Vierjahresplan noch mehr erreicht worden ist, daß nämlich nun die Planung auf lange Sicht erfolgen kann und daß auch die Straßenbaufirmen nun mehr Mittel investieren können. Mit diesem Gesetz, das wir hoffentlich in vier Jahren noch erweitern können, setzen wir einen Anfang auch für die weitere Rationalisierung, die im Straßenbau möglich ist, weil man, wie gesagt, nicht mehr bloß für ein Jahr, sondern für vier Jahre planen kann.
Ich glaube, wenn man all das zusammenfaßt und bedenkt, daß wir in gemeinsamem Bestreben weitere zusätzliche Mittel errungen haben, kann man sagen: Es ist wirklich das Bestmögliche erreicht.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Besold, Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Hilfe für die Gemeinden so lange in der Luft hängt, bis die Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern abgeschlossen sind? Das ist das, was ich ausgeführt habe. Und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß nach dem Straßenbaufinanzierungsgesetz durch die Dispositionen, die zugunsten der Gemeindeverbände getroffen werden, für die Länder zum Ausbau der Landstraßen I. Ordnung keine zusätzlichen Mittel vorhanden sind?
Herr Kollege Bleiß, richtig, Sie sagen, es hängt von den Verwaltungsabkommen mit den Ländern ab, daß hier nun das gesamte Straßenbaufinanzierungsgesetz zur Wirkung kommt. und Sie haben bekrittelt, daß diese Abkommen nicht vorher von der Bundesregierung mit den Ländern abgesprochen worden sind. Ja, Herr Kollege Bleiß, das ist nun ein Weg, über den man Zweifel haben kann. Ich weiß nicht, ob man mit den Ländern schon vorher Verhandlungen führen und Abmachungen treffen kann, wenn man noch gar nicht weiß, was der Bundestag schließlich beschließen wird. Ich muß doch wissen, was der Bundestag endgültig beschließt, ich muß wissen, welche Mittel zur Verfügung stehen, um dann mit den Ländern zu verhandeln. Herr Kollege Bleiß, ich habe so viel Vertrauen zu dem Verhältnis zwischen Bund und Ländern - das zeitweise allerdings getrübt ist -, daß auf diesem Gebiet eine vernünftige Lösung zuDr. Besold
stunde kommt, weil diese Frage sowohl dem Bund als auch den Ländern wirklich auf den Nägeln brennt.
({0})
Wir haben in diesem Gesetz eine Bestimmung, durch die eine elastische Handhabung möglich ist. - Herr Kollege Bleiß, das wissen Sie auch. - Im Ausschuß habe ich den Herrn Staatssekretär - oder war es jemand anders? - gefragt, ob es möglich ist, Mittel, die nicht verbaut oder angefordert werden, woandershin zu verlagern. Diese Verlagerungsmöglichkeit ist durch die Bestimmungen des Gesetzes - ich glaube, durch Art. 3 oder 4, ich weiß es jetzt nicht genau - in weitem Maß gegeben. Ich habe die Antwort erhalten, daß Gelder, die nicht angefordert werden, eventuell sogar in ein anderes Land verlegt werden können.
Herr Kollege Bleiß, wenn hier Zuschüsse vom Bund gegeben werden, so hängt das immer noch davon ab - das wissen wir auch -, daß die Gemeinden und die Länder ihrerseits Zuschüsse geben.
Wenn man der Auffassung ist - die Sie vertreten -, gegen das Verkehrschaos werde nichts getan, und wenn die Notwendigkeiten andererseits derart groß sind, dann ist, glaube ich, das Bedürfnis sowohl bei den Gemeinden als auch bei den Ländern sehr groß, diese Hilfe des Bundes in Anspruch zu nehmen und die Verwaltungsabkommen so zu treffen, daß die chaotischen Zustände beseitigt werden. Diese Zustände können also mit Hilfe der Mittel des Bundes beseitigt werden.
({1})
- Das wollen wir hoffen. Das ist aber wegen der Bestimmungen des Grundgesetzes gar nicht anders möglich, und es ist vielleicht auch gut so. Ich glaube immer noch, daß von den kleineren Räumen, den Ländern, aus die Notwendigkeiten besser übersehen werden können. Soviel ich höre, ist die Zusammenarbeit, Herr Kollege Bleiß, zwischen Bund und Ländern, die sich auf die allmähliche Errichtung eines einheitlichen Straßennetzes über den ganzen Bund hinweg richtet, gut, in einzelnen Ländern sogar sehr gut. Ich möchte nur wünschen, daß diejenigen Länder, die diese Möglichkeiten der Absprachen und der Ausschöpfung der Hilfen des Bundes bisher noch nicht genutzt haben, sie sehr eifrig nutzen und daß vielleicht dadurch die Gelder, die von einzelnen Ländern und Gemeinden nicht angefordert werden, eben dorthin gegeben werden, wo diese Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Ich bin also der Auffassung, daß wir dieses Straßenbaufinanzierungsgesetz mit einer sehr großen Genugtuung über die Bühne ziehen lassen können. Herr Kollege Bleiß, Sie wissen genauso gut wie ich, daß im vorigen Jahr 1,2 Milliarden DM verbaut worden sind und daß diese Summe jetzt sprungartig auf 1,8 Milliarden DM im Jahr steigt. Wir müssen alle Anstrengungen machen, dieses Volumen auszuschöpfen und die verfügbaren Gelder zu benutzen, wozu noch die Mittel der Gemeinden und der Länder kommen. Das erfordert die Anspannung aller Kräfte. Seien wir froh, daß wir nicht mit einer noch größeren Kapazität anfangen müssen, sondern
auf Grund der Erfolge, die wir errungen haben, langsam hineinwachsen! Ich bin überzeugt, daß eine noch weitere Erhöhung der Mittel möglich ist und daß Ihre letzten Sorgen, Herr Kollege Bleiß, beseitigt werden.
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Herr Kollege Besold, werden Sie sich Abstrichen am Verkehrshaushalt - für den Fall, daß sie von der Bundesregierung vorgenommen werden - widersetzen?
Herr Kollege Bleiß, wir haben heute in Art. 1 beschlossen, daß die Mittel zweckgebunden sind. Zweckbindung heißt, daß der Haushaltsausschuß nicht mehr jedes Jahr diese Mittel genehmigen muß; das wäre bei der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung der Fall gewesen. Jetzt ist die Verwendung dieser Mittel für vier Jahre fest beschlossen, ohne daß der Haushaltsausschuß irgendwelche Abstriche vornehmen kann. Das ist meine persönliche Meinung; ich glaube, sie ist richtig.
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Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf eine Sache eingehen, die weder hier im Plenum noch in den Ausschüssen behandelt und auch im Schriftlichen Bericht nicht erwähnt worden ist. In seiner Stellungnahme beim ersten Durchgang hat der Bundesrat unter Ziffer III folgendes gesagt:
Die Bundesregierung wird gebeten, zu prüfen, wie die wettbewerbsmäßigen Schwierigkeiten, die sich aus der Erhöhung der Kosten für die Seehäfen und peripheren Gebiete ergeben, ausgeglichen werden können.
Auf die peripheren Gebiete sind wir teilweise mit dem Antrag eingegangen, der sich mit den Zonenrandgebieten und den Frachthilfegebieten befaßt hat.
Zu der Stellungnahme hat die Bundesregierung folgendes gesagt:
Die Bundesregierung wird prüfen, ob die vorgesehenen Steuererhöhungen nachteilige Folgen für die Wettbewerbslage der Seehäfen und der Randgebiete zur Folge haben und wie diese ausgeglichen werden können. Sie weist aber schon jetzt darauf hin, daß nach dem Straßenbauplan ein beträchtlicher Teil der zusätzlichen Mittel für die Verbesserung der Zufahrten nach den Seehäfen und den peripheren Gebieten vorgesehen ist. Dadurch wird die Wettbewerbslage dieser Gebiete verbessert.
Wir haben im Interesse der deutschen Seehäfen davon Abstand genommen, einen besonderen Antrag oder eine Entschließung einzubringen, weil wir inzwischen aus einem der beteiligten Küstenländer gehört haben, daß bezüglich eines anderen Steuergebietes entsprechende Verhandlungen zwischen
den Ländern und dem Bund angelaufen sind. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, worum es eigentlich geht.
Man hat festgestellt, daß in immer stärkerem Maße der LKW-Verkehr - natürlich neben dem Binnenschiffahrtsverkehr - den deutschen Seehäfen starke Konkurrenz macht. Das hängt damit zusammen, daß wir in der Bundesrepublik eine Festpreisregelung haben - wie das in Zukunft sein wird, darüber unterhalten wir uns demnächst im Zusammenhang mit dem Bericht des Brand-Ausschusses -, daß aber die Benelux-Länder, insbesondere Holland, keine Preisregelung für die Kraftwagen haben. Infolgedessen kann nicht nur theoretisch, sondern leider auch praktisch die Fracht von der Grenze mit Null angesetzt werden. Man begnügt sich dann mit den Festtarifen, die in der Bundesrepublik bestehen. Ich bringe das unabhängig von der Stellungnahme des Bundesrates noch einmal zur Sprache. Es darf in dieser Debatte nicht untergehen, sondern muß festgehalten werden.
Nun möchte ich noch einige kurze Ergänzungen zu den Ausführungen meines Kollegen Eisenmann bringen. Die SPD-Fraktion hat einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Bundesregierung ersucht wird, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. September 1960 einen Bericht über die zwischen dem Bund und den Ländern getroffenen Verwaltungsabkommen betreffend Straßenbaufinanzierungshilfe zugunsten kommunaler Baulastträger vorzulegen. Es geht nicht nur um dieses Problem, sondern gleichzeitig auch um folgendes. Sie haben jetzt die Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer beschlossen; dieser Beschluß wird wahrscheinlich in der dritten Lesung bestätigt werden. Nun geht es darum, daß die Länder die Beträge aus der Kraftfahrzeugsteuer, die ihnen auf Grund eines Bundesgesetzes zufließen, voll und ganz verbauen und verplanen.
Ich habe im Verkehrsausschuß darauf hingewiesen, daß das Gesetz in der Form, in der es von der Bundesregierung eingebracht worden ist, ein Kuriosum darstellt. Im ersten Teil befaßt man sich nackt und bloß mit den Erhöhungen. Lediglich in der Begründung sagt man: „Für die Länder ist soundso viel und für die kommunalen Baulastträger soundso viel vorgesehen." Ich bedauere sehr, daß der erste Beschluß des Verkehrsausschusses nicht realisiert worden ist, in dem wir einstimmig gefordert haben: Verhandelt erst einmal mit den Ländern. Herr Besold, Ihre Angabe, daß man ja noch nicht gewußt habe, sticht nicht. Es ging um eine Erhöhung, es ging um die Zweckbindung. Infolgedessen hätte man grundsätzlich mit den Ländern verhandeln können, um von Land zu Land zu einem Verwaltungsabkommen zu gelangen. Das ist leider nicht geschehen; und, meine Damen und Herren - darf ich mich etwas bayrisch ausdrücken -: Sie wissen ja, welche Gefahren immer im Nachtarocken bestehen. Ich fürchte also, daß jetzt die Verhandlungen mit den Ländern nicht ganz so leicht sein werden. - Aber das ist leider eine Angelegenheit der Vergangenheit.
Herr Müller-Hermann, glaube ich, hat etwa zum Ausdruck gebracht: ob nicht die großen und auch die mittleren Mineralölgesellschaften in der Lage sind, nun noch wieder einen Teil der Erhöhung aufzufangen. Meine Damen und Herren, das ist eine gefährliche Aussage. Wir leben in einer sogenannten sozialen Marktwirtschaft. In dieser Marktwirtschaft hat sich durch die Entwicklung des freien Marktes eine gewisse Bewegung auf dem Mineralölmarkt eingespielt und durchgesetzt. Aber müssen die Leute nicht ständig annehmen: „In demselben Augenblick, wo der Markt in Bewegung kommt und wir um einige Pfennige billiger werden, kommt der Vater Staat, wie hier in diesem Falle, und nimmt uns das wieder weg"? Das ist ohnehin, glaube ich, bei diesem Gesetz gegenüber der Öffentlichkeit eine sehr schlechte Situation, die Sie alle zu vertreten haben.
Meine Damen und Herren! Wenn mein Kollege Eisenmann für die FDP die Annahme des Gesetzes auch in der dritten Lesung abgelehnt hat, so war das vielleicht ein wenig kurz und lapidar. Aber wir wollten Sie in dieser Sache nicht mehr lange aufhalten. Wir können ganz klar beweisen - und wir werden das auch in unserem Pressedienst tun -, daß, insbesondere nachdem die Zweckbindungen beschlossen sind, genügend Mittel vorhanden sind, um den Vierjahresplan durchzuführen; ob nun mit einer langfristigen Anleihe oder, wie der Herr Staatssekretär gesagt hat, mit einer Öffa-Anleihe, kurz- und mittelfristig. Im übrigen stehen wir hier ja in bester Gesellschaft, nämlich mit dem Bund der Steuerzahler, der auch unter Angabe von Zahlen diese Dinge gesagt hat. Wir haben also genügend Gründe für unseren Standpunkt. Wir werden uns wahrscheinlich gegen den Vorwurf wehren müssen, die FDP habe abgelehnt und infolgedessen werde der Straßenbau wieder gehindert. Das ist alles unrichtig, das darf ich im voraus feststellen. Auf Grund der Zweckbindung werden nunmehr wahrscheinlich so viel Mittel aufkommen, daß es von jetzt an unter Umständen schwierig sein dürfte, sie überhaupt alle zu verplanen und zu verbauen.
Ich darf am Ende feststellen - und darin stimmen wir wieder überein -: es ist für uns eine große Genugtuung, daß es endlich gelungen ist, für alle Abgaben der Mineralölsteuer die Zweckbindung durchzuführen.
({0})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor; die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Wir gehen zur Einzelberatung über. Es liegt ein einziger Änderungsantrag - zu Artikel 8 - vor.*) Ich weiß nicht, ob er schon im Umdruck verteilt ist. - Ich werde ihn verlesen. Der Antrag lautet:
Artikel 8 wird wie folgt geändert:
1. In Nummer 1 wird die Zahl „22,50" durch die Zahl „11,25" ersetzt.
*) siehe Anlage 22
Vizepräsident Dr. Schmid
2. Nummer 2 erhält folgende Fassung:
2. In Absatz 2
a) erhalten die Nummern 1 und 2 folgende Fassung:
„1. um 25 vom Hundert des Betrages, der sich nach Absatz 1 Nr. 5 ergibt,
für Sattelanhänger;
2. um 50 vom Hundert des Betrages, der sich nach Absatz 1 Nr. 5 ergibt,
für Kraftomnibusse, die überwiegend im Linienverkehr verwendet werden.
b) werden in Nummer 3 Buchstabe a hinter den Worten „für Kraftfahrzeug-Anhänger" die Worte „zur Durchführung von Schwer- und Großraumtransporten" eingefügt.
Der Antrag trägt 17 Unterschriften, die zwar nicht leserlich sind, aber offenbar von Mitgliedern des Hauses stammen; er ist also ordnungsgemäß eingereicht.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich um den Antrag, den Herr Staatssekretär Hettlage angeregt hat, nachdem der Antrag auf Rückerstattung hei Anhebung der Mineralölsteuer für LinienverkehrOmnibusbetriebe eingebracht worden war. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag zuzustimmen. Er sieht vor, daß statt der Rückerstattung die Kraftfahrzeugsteuer für die entsprechenden Omnibusse nicht, wie im Gesetz ursprünglich vorgesehen, um 25, sondern um 50 % ermäßigt wird.
Das Wort hat der Abgeordete Bleiß.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stimmen Ihrem Antrag zu. obwohl das Verfahren ein bißchen schwierig ist. Bei dem anderen Vorschlag auf Herausnahme aus der Steuererhöhung hatten wir das selbst in der Hand. Jetzt sind wir von der Zustimmung des Bundesrates abhängig. Wir wollen hoffen, daß der Bundesrat keine Schwierigkeiten macht.
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Auch die FDP-Fraktion stimmt dem Antrag Müller-Hermann und Genossen zu.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Wir haben nunmehr die Entschließungsanträge zu behandeln. Der Entschließungsantrag Umdruck 489 ist als gegenstandslos von den Antragstellern zurückgezogen worden. Wir haben also nur noch drei Entschließungsanträge: Umdruck 478, Umdruck 480 und Umdruck 484.
Zunächst der Antrag Umdruck 478. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Antrag Umdruck 480. Wird das Wort gewünscht?
- Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, den Entschließungsantrag dem Ausschuß für Verkehr zu überweisen. Es handelt sich hier um die Erstattung von Berichten. Wir sollten im Ausschuß über die Einzelheiten der Entschließung sprechen.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Es ist Ausschußüberweisung beantragt. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme; der Antrag Umdruck 480 ist dem Ausschuß für Verkehr überwiesen.
Antrag Umdruck 484. Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab. Wer dem Antrag zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
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- Eine Enthaltung. Ich bitte um Entschuldigung, Herr Krammig; ich habe Sie zunächst übersehen.
Damit ist Punkt 2a erledigt.
Wir haben noch Punkt 2b zu behandeln. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 1275, Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung, ist im Finanzausschuß abgelehnt worden. Wir können uns mit dem entsprechenden Antrag des Ausschusses an das Plenum nicht einverstanden erklären. Ich habe im Verlauf der dritten Lesung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes schon die Gründe darlegen dürfen, die uns bewogen haben, einen eigenen Gesetzesantrag einzubringen.
Wir sind der Meinung, daß es nicht nur darauf ankommt, die Bundesstraßen bevorzugt auszubauen, sondern auch darauf, das gesamte Straßennetz vernünftig auszubauen. Man hat sich in der Begrün5712
dung der Ablehnung u. a. auf ein Gutachten des Justizministeriums bezogen, das das Datum des 20. Februar 1957 trägt. Ich darf darauf hinweisen, daß die Vorlage der SPD das Datum des 7. Oktober 1959 trägt, daß wir also eine völlig veränderte Drucksache vorgelegt haben, auf die das ursprüngliche Gutachten des Bundesjustizministeriums nicht anwendbar ist. Die Verfassungswidrigkeit, die ursprünglich herausgestellt wurde, ist dadurch beseitigt worden, daß wir beantragt haben, im Wege des Abkommens mit den Ländern verfassungsrechtliche Schwierigkeiten auszuräumen.
Nach Lage der Dinge hat es keinen Sinn, noch einmal auf die einzelnen Bestimmungen zu sprechen zu kommen. Sie werden nicht den Wunsch haben, noch darüber zu diskutieren. Wir werden bei nächster Gelegenheit auf unsere Vorstellungen, wie sie in der Drucksache 1275 ihren Niederschlag gefunden haben, zurückkommen und werden entsprechende Anträge bei der Beratung der Haushalte für das kommende Jahr stellen.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten lehnen den Antrag des Finanzausschusses - Drucksache 1617 - ab.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bleiß, es scheint Ihnen entgangen zu sein, daß in der Anlage 1 des Berichts zu Drucksache 1617 eingangs steht, daß dieses Gutachten - Aufzeichnung der Leitsätze - unter Berücksichtigung des Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1959, Drucksache 1275 der 3. Wahlperiode - das ist Ihr Antrag, der jetzt zur Behandlung steht -, revidiert worden ist. In diesen Leitsätzen kommt das Bundesjustizministerium - nicht ich, ich habe das nur übernommen - zu dem Ergebnis, daß auch der geänderte Entwurf verfassungswidrig sei.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten in die zweite Lesung ein. Wünscht der Antragsteller, daß ich jeden Paragraphen einzeln aufrufe? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich auf die §§ 1 bis 12, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag der Fraktion der SPD ist in zweiter Beratung abgelehnt. Eine weitere Beratung findet unter diesen Umständen nicht statt.
Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt. Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abmessung für Lastfahrzeuge ({0}).
Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 21. März 1956 hat der Herr Bundesverkehrsminister mit Zustimmung des Bundesrats
eine Verordnung zur Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung erlassen, die nach unserer Auffassung zu den unglücklichsten Maßnahmen zu zählen ist, die zur Regelung des Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern Schiene und Straße getroffen worden sind. Über die Vorgeschichte dieser merkwürdigen Verordnung wollen wir heute nicht mehr sprechen. Wir wollen nicht mehr darüber polemisieren. Sie ist allen Fachleuten hinreichend bekannt und seinerzeit auch ausgiebig in der Fachpresse diskutiert worden. Zweck der Verordnung vom 21. März war, durch eine wesentliche Beschränkung des Laderaums der schweren Lastzüge eine Rückverlagerung von Frachtvolumen von der Straße auf die Schiene zu erzwingen. Man hoffte damals, daß die Bundesbahn durch eine staatlich beeinflußte Mengenkonjunktur von selbst, jedenfalls ohne eine wesentliche staatliche Hilfe, gesunden könne. Solche und ähnliche Überlegungen waren falsch. Die Unwirtschaftlichkeit der Bundesbahn geht ursächlich nicht auf den Güterverkehr, sondern auf ungenügende Kapitalausstattung und auf übermäßige politische Belastungen zurück.
In der Öffentlichkeit wurde die Verordnung vom 21. März damit begründet, daß der mit einer 10-Tonnen-Antriebsachse ausgerüstete Lastzug die Straßendecke übermäßig beschädige. Dieses Argument ist durch Untersuchungen und Feststellungen auf der Versuchsstrecke bei Lahr ad absurdum geführt worden. Die Lahrer Untersuchungen haben bewiesen, daß die 10-Tonnen-Achse in ihren Auswirkungen auf die Straßendecke nicht schädlicher ist als die 8-Tonnen-Achse und daß man durch straßenschonende Bauweise die Gefahr, daß Straßendecken zerstört werden, wesentlich vermindern kann. Nicht uninteressant scheint uns zu sein, daß in den Fällen, in denen der Bund selbst eine größere Anzahl von Lkws bestellt hat, der Einbau der 10-Tonnen-Achsen vorgeschrieben wurde.
Die vielfachen Erkenntnisse haben den Herrn Bundesverkehrsminister bewogen, von der Straßendeckengefährdung auf die Verkehrssicherheit umzuschalten. Wie steht es mit der Verkehrssicherheit? Niemand von uns möchte die überlangen und die überschweren Lastwagen länger auf den Straßen sehen. Es wäre nur zu wünschen, wenn die Verkehrsüberwachung hinsichtlich der Maße, Gewichte und der Fahrgeschwindigkeit etwas gründlicher wäre, als es bisher der Fall war. Das gilt auch für ausländische Fahrzeuge im Durchgangsverkehr, die unsere Straßen ja nur abnutzen. Je länger aber eine vernünftige Regelung der Maße und Gewichte hinausgeschoben wird, desto länger gefährden eben die übermäßig langen und die übermäßig schweren Züge die Verkehrssicherheit. Wenn das Bundesverkehrsministerium gehofft hat, daß sich eine von Anbeginn an schiefe Verordnung durchsetzen werde, wenn man nur das nötige Beharrungsvermögen aufbringt, dann hat sich der Herr Bundesverkehrsminister auch hierin getäuscht.
Der von ihm propagierte 14-Meter-Zug ist niemals salonfähig geworden. Die Kraftfahrzeugindustrie hat sich geweigert, den sogenannten SeebohmTyp in Serie herzustellen, weil sie selbst von der
Unwirtschaftlichkeit eines solchen Lastzuges überzeugt war. Das Straßenverkehrsgewerbe hat sich geweigert, diese Typen zu bestellen, weil mit einer solchen Umstellung eine tiefgreifende Existenzgefährdung bei nahezu 80 000 mittelständischen Betrieben verbunden gewesen wäre.
Wir Sozialdemokraten wissen, daß bei unseren heutigen Straßenverhältnissen und bei der Wettbewerbslage in der Verkehrswirtschaft die Zulassung einer nur beschränkten Zahl von Lastzügen vertretbar erscheint. Aber deshalb bekennen wir uns auch zum geregelten Wettbewerb in der Verkehrswirtschaft. Wir verfolgen mit einiger Skepsis und mit einiger Sorge die Auflockerungsversuche, die von verschiedenen Stellen gemacht worden sind. Wir bekennen uns zu einem geregelten Wettbewerb in der Verkehrswirtschaft, aber wir wünschen, daß vernünftige Lastwageneinheiten den Flächenverkehr bedienen.
Das Tauziehen um die Maße und Gewichte dauert jetzt vier Jahre. Wir alle kennen den Wirbel um die Lastzuglänge. Der Herr Bundeskanzler hat dem Straßenverkehrsgewerbe Versprechungen gemacht, die er nicht einhalten wird. Der Höcherl-Ausschuß hat sich monatelang vergeblich um einen Kompromiß bemüht. Allen Bemühungen hat der Herr Bunverkehrsminister seine negative Beharrlichkeit entgegengesetzt, und er ist in dieser negativen Beharrlichkeit bisher immer Sieger geblieben.
Die seit Jahren latente Ungewißheit hat eine vernünftige Ersatzbeschaffung verhindert. Dieser latenten Ungewißheit haben wir es zu verdanken, daß heute noch so viele erneuerungsbedürftige Fahrzeuge in Betrieb gehalten werden, die wegen der Materialübermüdung eine ernste Gefahr für die Verkehrssicherheit bedeuten.
Diese ernsten Beweggründe haben uns veranlaßt, die Große Anfrage einzubringen. Wir fragen:
Ist die Bundesregierung bereit, die seit langer Zeit anhaltende Ungewißheit über Maße und Gewichte für Lastkraftwagen und Anhänger endlich zu beseitigen und beschleunigt eine internationale Regelung anzustreben, die eine Benachteiligung des deutschen Güterkraftverkehrs ausschließt?
Es ist als sicher anzunehmen, daß die Bundesregierung nachher antworten wird, daß sich die internationale Verkehrsministerkonferenz mit diesen Fragen beschäftige, daß sie gerade heute in Paris tage und daß auf dieser Tagung insbesondere über die Länge verhandelt werde. Die Bundesregierung wird sicher sagen, daß es richtiger gewesen wäre, das Ergebnis dieser Besprechungen abzuwarten. - Meine Damen und Herren, es steht völlig dahin, ob sich die Verkehrsminister heute einigen werden. Die Besprechungen laufen schon geraume Zeit, und das Tempo war keineswegs immer so zügig, wie es wünschenswert gewesen wäre. Wenn unsere Große Anfrage dazu beitragen würde, das Tempo der internationalen Besprechungen wesentlich zu beschleunigen, wäre schon einiges erreicht.
Zweitens sind wir der Meinung, daß die Frage der Maße und Gewichte im Bundestag zur Sprache
kommen muß, bevor der Herr Bundesverkehrsminister neue Längenmaße, und zwar diesmal mit einer internationalen Bindung, vereinbart, die wiederum nicht dem Gesetz der wirtschaftlichen Vernunft entsprechen. Wir fragen deshalb in unserer zweiten Frage:
Ist die Bundesregierung bereit, die neuen Abmessungen der Lastzüge in der Weise festzulegen, daß eine Nutzlast bis zu 20 t möglich ist?
Wir stellen diese Frage, weil im Malderez-Ausschuß eine Lastzuglänge von 151/2 m vorgeschlagen wurde und weil zu lesen war, daß hinsichtlich der Länge Übereinstimmung zwischen der Bundesrepublik, Frankreich, Belgien und Luxemburg bestand, daß sich aber andere Länder, die auf dem Verkehrssektor in besonders scharfem Wettbewerb mit uns stehen, mit diesem Vorschlag nicht einverstanden erklärt haben.
Wir sind der Meinung, daß sich mit einer Gesamtlänge von nur 151/2 m selbst unter Berücksichtigung aller technischen Fortschritte kein vernünftiger, für den Flächenverkehr geeigneter Lastzug herstellen läßt, und wir halten es für dringend erforderlich, daß der Herr Bundesverkehrsminister vorher den Rat der Konstrukteure und der Techniker einholt. Wir können uns eine wenn auch abgewandelte Auflage der Verordnung vom 21. März 1956 rein wirtschaftlich einfach nicht mehr leisten. Die Zentralarbeitsgemeinschaft für das Verkehrsgewerbe hat in einem Telegramm an den Herrn Bundeskanzler darauf hingewiesen, daß eine Lastzuglänge von 16,5 m an der äußersten Grenze der Tragfähigkeit liege. Ich nehme an, Herr Bundesverkehrsminister, daß das Telegramm Ihnen zuständigkeitshalber zugeleitet wurde, und ich würde es dankbar begrüßen, wenn Sie in der Beantwortung unserer Großen Anfrage hierzu Stellung nähmen.
Meine Damen und Herren, die jahrelange Verschleppung einer vernünftigen Regelung der Maße und Gewichte für Schwerlastfahrzeuge macht es notwendig, die Auslauffristen für die im Verkehr befindlichen Lastzüge, Omnibusse und Anhänger über den 30. Juni dieses Jahres hinaus zu verlängern. Wir fragen die Bundesregierung, welche Zeitspanne sie für angemessen hält, innerhalb deren eine ordnungsgemäße Erneuerung der Fahrzeuge sichergestellt werden kann. Wir fragen die Bundesregierung, welche Zeitspanne sie für angemessen hält, bei der eine Benachteiligung des deutschen Güterkraftverkehrs im internationalen Wettbewerb verhütet werden kann.
Für die innerdeutschen Verhältnisse bitten wir um Klarstellung, ob die von dem Herrn Bundesverkehrsminister inzwischen vorbereitete Verlängerung der Auslauffrist bis zum 31. März des nächsten Jahres ausreicht, um den heute im Verkehr befindlichen Fahrzeugpark zu ersetzen, und welche Auswirkungen sich hieraus für die Kraftfahrzeugindustrie ergeben.
Herr Bundesverkehrsminister, ist nicht zu befürchten, daß bis zum 31. März des nächsten Jahres ein Run auf die neuen Typen einsetzen wird, der die Kraftfahrzeugindustrie zur Überbeschäftigung zwingt, und daß nach einem solchen Stoßgeschäft,
wenn der gesamte Bedarf gedeckt ist, die Aufträge bis nahezu auf den Nullpunkt absinken? Herr Bundesverkehrsminister, wäre es nicht richtiger, die Auslauffristen vielleicht nach Baujahren zu staffeln?
Ich wollte Sie weiter fragen: Wie verhält es sich mit den internationalen Vereinbarungen? Herr Bundesverkehrsminister, hat man im Malderez-Ausschuß nicht davon gesprochen, daß die Auslauf- bzw. Übergangsfristen mindestens fünf Jahre betragen müßten? Würde das, so frage ich Sie, etwa bedeuten, daß im grenzüberschreitenden Verkehr überlange und überschwere ausländische Fahrzeuge weiterhin unsere Straßen befahren dürfen?
Gleichzeitig wollte ich Sie fragen, Herr Bundesverkehrsminister: Welche Konsequenzen ergeben sich letztlich, wenn sich einige westeuropäische Länder überhaupt weigern, internationalen Vereinbarungen beizutreten?
Meine Damen und Herren, unsere letzte Frage umfaßt einen Tatbestand, der gegeben ist, wenn sich die Neuordnung der Maße und Gewichte, gleichviel aus welchen Gründen, weiter verzögert, wenn sich also Regierungskoalition und Bundesverkehrsministerium nicht einigen, - ein Schauspiel, das wir uns schon seit zwei Jahren mit ansehen dürfen. Speziell auf diesen Tatbestand abgestellt fragen wir die Bundesregierung, ob sie „aus Gründen der VerMaße und Gewichte Lastkraftwagen und Anhänger kehrssicherheit bereit ist, bis zum Inkrafttreten neuer neu zuzulassen, die nach Maßgabe bisheriger Ausnahmegenehmigungen - in ihren Abmessungen und Höchstgewichten über die in der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung ({0}) vom 21. März 1956 hinausgehen".
Meine Damen und Herren, wir werfen alle diese Fragen heute und hier auf, um uns Klarheit darüber zu verschaffen, wie und wann das leidige Kapitel der deutschen Verkehrspolitik in Fragen der Maße und Gewichte endlich vernünftig zum Abschluß gebracht werden kann. Wir sehen ihren Ausführungen darüber mit Interesse entgegen.
({1})
Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat der Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die an die Bundesregierung gerichtete Große Anfrage kann ich namens der Bundesregierung nur so beantworten, wie es von der Bundesregierung festgelegt ist.
Zu Frage 1:
Ist die Bundesregierung bereit, die seit langer Zeit anhaltende Ungewißheit über Maße und Gewichte für Lastkraftwagen und Anhänger endlich zu beseitigen und beschleunigt eine internationale Regelung anzustreben, die eine Benachteiligung des deutschen Güterkraftververkehrs ausschließt?
Die mit Billigung der Bundesregierung und mit I Zustimmung des Bundesrates vom Bundesminister für Verkehr erlassene Verordnung vom 21. März 1956 hat eine rechtsverbindliche Neuordnung der Abmessungen und Gewichte der Straßenfahrzeuge geschaffen. Durch diese Verordnung sind zur Förderung der Verkehrssicherheit, das Verkehrsflusses und zur Einsparung von nicht vertretbaren Straßenbau- und -unterhaltungskosten - aber nicht zur Regelung des Wettbewerbs - die Abmessungen und Gewichte auf folgende Werte herabgesetzt worden:
Einzelachse 8 t
Länge des Sattelkraftfahrzeuges . . 13 m
Länge des Lastzugs . . . . . . . 14 m
Gesamtgewicht beider Fahrzeugarten . 24 t.
Durch ausreichende Auslauffristen sollte eine Umstellung der Produktion ermöglicht und wirtschaftlicher Schaden der Fahrzeughalter vermieden werden. Angesichts der immer stärker werdenden Verflechtung des europäischen Straßengüterverkehrs ist der Bundesminister für Verkehr, ausgehend von dieser Grundlage, bereits seit 1955 bemüht gewesen, im Rahmen der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister eine möglichst umfassende europäische Regelung mindestens für den grenzüberschreitenden Verkehr zu erreichen. Ein Sonderausschuß unter Vorsitz des Generalsekretärs des belgischen Verkehrsministeriums, Malderez, wurde mit den Vorarbeiten beauftragt.
In der entscheidenden Frage der maximalen Achslast konnte eine Übereinstimmung der Auffassungen lange nicht erzielt werden, da ein überwiegender Teil der europäischen Staaten zuerst die Ergebnisse der umfassenden Straßenbelastungsversuche in den Vereinigten Staaten abwarten wollte. Gegen die Übernahme der Versuchsergebnisse des Maryland-Road-Testes 1950 und des Washo-Testes 1954 waren Bedenken erhoben worden. Die Vereinigten Staaten haben 1957 eine neue, umfassende, über 20 Mill. Dollar erfordernde Versuchsreihe, den Aasho-Test im Staate Illinois, begonnen, deren abschließende Ergebnisse erst 1961 vorliegen werden. Die Europäische Verkehrsministerkonferenz hatte daher im Sommer 1958 die Entscheidung dieser Frage bis zur Vorlage und Prüfung der Versuchsergebnisse des Aasho-Testes zunächst vertagt.
Auf Initiative des luxemburgischen Verkehrsministers und des Bundesministers für Verkehr faßte jedoch der Ministerrat im Herbst des gleichen Jahres in London wegen der besonders großen Dringlichkeit der zu lösenden Fragen den Beschluß, den Sonderausschuß mit der Fortsetzung seiner Arbeit und Untersuchungen zu beauftragen. Insbesondere sollte er prüfen, ob die bisherigen Erfahrungen mit den im Genfer Abkommen von 1949 empfohlenen Grenzwerten nicht Veranlassung geben würden, eine Verminderung dieser Daten in Erwägung zu ziehen. Die Bundesregierung hatte wiederholt ihren Standpunkt dahin festgelegt, daß sie zur Vermeidung von Diskriminierungen des deutschen Güterkraftverkehrs und wegen der Lage der Bundesrepublik als Transitland nicht imstande ist, einen Unterschied der Abmessungen zwischen
Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm grenzüberschreitendem und Binnenverkehr zu machen. Sie erklärte daher wiederholt, daß sie bereit ist, eine europäische Lösung für den grenzüberschreitenden Verkehr auch ihrem Binnenverkehr zugrunde zu legen und die bestehenden Regelungen, soweit sie entgegenstehen sollten, anzupassen.
Die Erfahrungen aus den eingehenden Verhandlungen der letzten Jahre hatten gezeigt, daß wegen der großen Verschiedenheit der Interessenlage der europäischen Länder und der großen Unterschiede bezüglich des Ausbauzustandes und der geographischen Voraussetzungen des Straßennetzes eine multilaterale, alle Länder umfassende Einigung nur unter Überwindung sehr großer Schwierigkeiten erreichbar ist.
Bei dieser Sachlage mußte der Versuch gemacht werden, zunächst unter den Ländern in der Mitte Europas durch einen Kompromiß eine Einigung über die Abmessungen im grenzüberschreitenden Verkehr zu erreichen; denn wenn in den Ländern in der Mitte Europas Fahrzeuge größerer Abmessungen, als sie zwischen ihnen vereinbart sind, die Grenzen nicht überschreiten dürfen, ist in den im Norden und Süden angrenzenden Ländern das Halten solcher größeren Fahrzeuge kaum mehr von Interesse. Es werden dann auch in diesen Ländern die Abmessungen der grenzüberschreitenden und der im Binnenverkehr zugelassenen Fahrzeuge, die heute vielfach verschieden sind, sich angleichen.
Daher wurden in den letzten Monaten zur Vorbereitung weiterer Verhandlungen im Rahmen der Europäischen Verkehrsministerkonferenz Besprechungen zwischen dem französischen und dem deutschen Verkehrsminister aufgenommen. Sie schienen auch deshalb besonders bedeutsam, weil diese beiden Länder in Europa die größten Unterschiede bei den zugelassenen Achslasten aufweisen. In Frankreich sind für die Einzelachse maximal 13 t, für die Doppelachse maximal 21 t, in der Bundesrepublik nach der geltenden Verordnung von 1956 dagegen 8 t bzw. 12 t zugelassen. Außerdem sind in Frankreich und in der Bundesrepublik wesentlich mehr als zwei Drittel der kontinentalen europäischen Kraftfahrzeugindustrie ansässig. Bei den Verhandlungen konnte bei sehr erheblichem Entgegenkommen beider Länder in allen wesentlichen Fragen eine volle Übereinstimmung erzielt werden, so daß folgende gemeinsame Vorschläge über die Abmessungen grenzüberschreitender Nutzkraftfahrzeuge Anfang Februar dem Ausschuß unter Vorsitz des Herrn Malderez und dem Ausschuß der Stellvertreter der Europäischen Verkehrsminister unterbreitet werden konnten:
Einzelachse ... 10 t,
Doppelachse . . . . . . . . . . 16 t, Länge des Sattelkraftfahrzeugs . . . 15 m, Länge des Lastzugs . . . . . . . 15,50m, Gesamtgewicht beider Fahrzeugarten 32 t.
Diesem Kompromiß sind inzwischen Belgien und Luxemburg beigetreten, so daß also zwischen den vier Ländern in der Mitte Europas eine Einigung erzielt werden konnte. Heute verhandelt der Stellvertreter-Ausschuß der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister über den Beitritt weiterer Länder
zu dieser Absprache. Ich erhalte soeben die Nachricht, daß die Verhandlungen noch andauern und daß die Vertreter der Länder Türkei und Spanien ihre Bereitschaft erklärt haben, der Viererlösung beizutreten.
Die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich haben mit diesem Kompromiß im Interesse einer gemeinsamen europäischen Regelung erhebliche Opfer gebracht. Diese Zugeständnisse, mit denen wir bei der stürmisch fortschreitenden Motorisierung an die Grenze dessen gegangen sind, was die Verkehrsdichte unserer Straßen und die Verkehrssicherheit in Zukunft ertragen werden, wurden nur unter Zurückstellung von Bedenken gemacht, da die Straßenbaulastträger, insbesondere die Länder, Kreise und Gemeinden, mit zusätzlichen Kosten zu rechnen haben. Die Ergebnisse des Aasho-Testes werden zeigen müssen, inwieweit ihnen durch die Gestaltung der Vorschriften für straßenschonende Bauweise und durch zusätzliche steuerliche Maßnahmen Rechnung zu tragen ist. Auch werden die Straßenbaulastträger vielleicht in stärkerem Maße, als es bisher geschieht, von der Möglichkeit Gebrauch machen müssen, Straßenzüge, besonders auch Brücken, die wegen ihrer Bauart einen Verkehr mit so schweren Fahrzeugen nicht gestatten, bis zu einem entsprechenden Ausbau zu sperren.
Zu Frage 2:
Ist die Bundesregierung bereit, die neuen Abmessungen der Lastzüge in der Weise festzulegen, daß eine Nutzlast bis zu 20 t möglich ist?
Ich habe bereits dargelegt, welche technischen Grenzdaten für den künftigen nationalen und internationalen Verkehr ins Auge gefaßt sind. Das da- nach zulässige Gesamtgewicht von 32 t gestattet jedenfalls bei einem großen Teil der vom Güterkraftverkehr beförderten Güter eine Nutzlast von 20 t. Dies wird in zunehmendem Maße der Fall sein, wenn die Automobilindustrie in noch größerem Umfange als bisher zur Leichtbauweise übergeht.
Zu Frage 3:
Ist die Bundesregierung bereit, die mit dem 30. Juni 1960 endende Auslauffrist für die im Verkehr befindlichen Lastkraftwagen, Omnibusse und Anhänger um eine angemessene Zeitspanne zu verlängern?
Die Bundesregierung hat eine Verordnung vorbereitet, durch die die Weiterverwendung der der Verordnung vom 21. März 1956 nicht entsprechenden Lastkraftfahrzeuge und Anhänger über den 30. Juni 1960 hinaus ermöglicht werden soll. Diese Ausnahmeregelung gilt nicht für das Verbot des Mitführens von Omnibusanhängern. Für diese Fahrzeuge ist bereits in § 32a der Verordnung vom 21. März 1956 eine besondere Übergangsregelung getroffen worden. Danach können in dringenden Bedarfsfällen im Linienverkehr, insbesondere im Berufsverkehr, Ausnahmen bis zu einer Zuglänge von 18 m zugelassen werden.
Die Verordnung soll am 1. Juli 1960 in Kraft treten; sie liegt nach Erörterung mit den obersten Landesverkehrsbehörden zur Zeit dem BundesBundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm
minister der Justiz zur Prüfung der Rechtsförmlichkeit vor.
Zu Frage 4:
Ist die Bundesregierung aus Gründen der Verkehrssicherheit bereit, bis zum Inkrafttreten neuer Maße und Gewichte Lastkraftwagen und Anhänger neu zuzulassen, die - nach Maßgabe bisheriger Ausnahmegenehmigungen - in ihren Abmessungen und Höchstgewichten über die in der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung ({0}) vom 21. März 1956 hinausgehen?
Dem Wunsch, die Fahrzeughalter möglichst bald in die Lage zu versetzen, Fahrzeuge mit größeren Abmessungen und höheren Achslasten und Gesamtgewichten anzuschaffen, als dies zur Zeit erlaubt ist, wird am wirksamsten dadurch Rechnung getragen, daß die vorgesehene Änderungsverordnung zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung die neuen Abmessungen und Gewichte sobald wie möglich, spätestens am 1. Juli 1960, in Kraft setzt. Entsprechende Vorlagen für die Bundesregierung und für den Bundesrat sind in Vorbereitung.
({1})
Wird ein Aussprache gewünscht? - Die Fraktion der SPD wünscht eine Aussprache; der Antrag ist genügend unterstützt. Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man als Abgeordneter, der sich in diesem Hause seit 1949 bemüht hat, Verkehrspolitik zu treiben, wenn man als Vorsitzender eines deutschen Spediteurverbandes - ehrenamtlich, wohlverstanden! - und auch als ehrenamtlicher Vorsitzender der internationalen Spediteurorganisation und schließlich noch als Spediteur selbst - jetzt bedaure ich, daß Herr Krammig nicht da ist; sonst hätte ich ihm gleich erzählt, daß das etwas anderes als Lastwagenunternehmer ist - sich mit dem Thema „Maße und Gewichte" von Lastkraftwagen zu befassen hat, dann bedarf es einiger Beherrschung, dieses Thema, nachdem es nun sechs oder sieben Jahre zur Debatte steht, noch mit parlamentarischer Sachlichkeit abzuhandeln.
Sie werden es aber trotzdem tun?!
Ich werde es trotzdem tun, wie immer, Herr Präsident.
Meine Damen und Herren, eigentlich hatte ich die Absicht, hier ein Paket von ein Meter Höhe auf den Tisch zu legen, um Ihnen einmal zu zeigen, was in den sechs oder sieben Jahren an Akten und Drucksachen in dieser Frage zustande gekommen ist, ohne daß es zu einer vernünftigen europäischen Lösung der Frage bisher kommen konnte. Der Herr Bundesverkehrsminister weiß natürlich sehr genau,
daß mindestens ich in diesem Hause genau darüber unterrichtet bin, was sieben Jahre lang vor und hinter den Kulissen - teilweise nicht immer mit sehr schönen Methoden, aber das habe ich bei anderer Gelegenheit gesagt, ich werde es hier nicht tun - zu diesem Thema unternommen worden ist.
Die Einigung in Europa ist wegen der divergierenden Meinung der europäischen Länder bis heute leider nicht zustande gekommen. Ich muß mir draußen immer wieder sagen lassen, nicht von den Behörden - die haben ihre eigene Meinung -, sondern von den Vertretern der Automobilindustrie, der Wirtschaft, des Werkverkehrs, des gewerblichen Verkehrs: Diese europäische Einigung ist doch nur deswegen nicht zustande gekommen, weil ihr in der Bundesrepublik - euer Bundesverkehrsministerium, eure Bundesregierung - sie nicht wollt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, glauben Sie mir, für den, der viele Jahre auf internationalem Parkett zu operieren gewohnt ist, ist das leider manchmal eine höchst peinliche Situation, besonders für denjenigen, der sich dann noch bemüht, sein eigenes Land in Schutz zu nehmen und zu verteidigen.
Es ist auch nicht so - darf ich das Ihnen und damit der Öffentlichkeit noch einmal vor Augen halten -, daß in all den Jahren nichts geschehen ist. Das Thema der endgültigen Regelung der Straßentransportverkehrs-Größen ist schon zehn Jahre alt. Als wir 1949 hier begannen, waren - um meinen verstorbenen Kollegen Freiherrn von Rechenberg seligen Angedenkens noch einmal zu zitieren - die Biester, hat er gesagt, 22 m lang und hatten zwei Anhänger. Wir haben dann - übrigens immer im loyalen Einverständnis mit den Betroffenen - den zweiten Anhänger abgeschafft, wir sind auf 20 m gekommen, und wir haben uns später an die europäische Regelung oder an die Genfer Konvention geklammert, die von der deutschen Bundesregierung ja in sehr starkem Maße beeinflußt worden ist. Darauf hat man sich allmählich eingestellt. Man hat gesagt: Wir müssen uns auf diese 18 m mit der entsprechenden Verringerung einstellen. Dann kam diese überraschende Verfügung vom März 1956, von der der Herr Bundesverkehrsminister soeben selber zugegeben hat, daß sie im europäischen Rahmen einfach nicht durchzuführen und nicht zu halten ist. Er hat auch gesagt, daß man keine doppelte Ordnung in einem Lande wie der Bundesrepublik schaffen kann, wo der Durchgangsverkehr eine sehr entscheidende Rolle spielt. Aber die Verfügung ist gekommen.
Was war die Folge? Es wird immer so schrecklich viel von der Sicherheit gesprochen. Ganz glaube ich das ja nicht, meine Damen und Herren, daß bei diesen Dingen nur die Sicherheit die entscheidende Rolle spielt. Ich komme vielleicht im Laufe meiner Ausführungen noch einmal darauf zu sprechen. Die Forderung nach Sicherheit wird in der Debatte ja immer in den Vordergrund gestellt. Wir haben auch volles Verständnis dafür. Sicherheit ist das Thema Nummer eins. Bei 14 000 Verkehrstoten in der Bundesrepublik haben wir die moralische VerpflichRademacher
tung, uns die Fragen der Sicherheit anzunehmen. Aber nun frage ich Sie: Ist das eine Sicherheit, wenn man es jahrelang sowohl dem Werkverkehr, also der direkt verladenden Wirtschaft, als auch dem gewerblichen Verkehr wegen der ungeklärten Situation unmöglich macht, neue Fahrzeuge anzuschaffen, die den Forderungen nach Sicherheit mehr entsprechen? Denn keiner weiß ja, was er machen soll. So hat man nun errechnet - ich hoffe, daß es stimmt; man muß solche Zahlen eben hinnehmen -, daß sich ein Bedarf von 2 Milliarden DM für die notwendige Erneuerung aufgestaut hat.
Es kommt folgendes hinzu, meine Damen und Herren. Die Betriebe, die etwas erwirtschaften - und das ist ja noch immer nicht ganz verboten, daß man einen Gewinn erwirtschaftet -. müssen diese Überschüsse zum Steueramt tragen, denn sie sind nicht in der Lage, entsprechend abzuschreiben, erstens, weil sie das alte Material abgeschrieben haben, und zweitens, weil sie neues Material, wie ich soeben ausführen durfte, nicht beschaffen konnten.
Darum ist es, glaube ich, höchste Zeit, daß wir zu einer europäischen Regelung kommen, Die FDP begrüßt daher die Große Anfrage, die die sozialdemokratische Fraktion vorgelegt hat. Darf ich mich aber mal mit dem Punkt 2 dieser Großen Anfrage einen Augenblick befassen:
Ist die Bundesregierung bereit, die neuen Abmessungen der Lastzüge in der Weise festzulegen, daß eine Nutzlast bis zu 20 t möglich ist?
Verzeihen Sie, meine Herren von der SPD, Sie haben ja auch einige Fachleute in Ihren Reihen, ich bedauere, daß Sie diese Frage 2 so haben durchlaufen lassen. 20 t sind ja nicht 20 t. Jetzt wird die Sache nämlich ganz amüsant und auch hochinteressant. Auf ein Fahrzeug mit 15,50 m, wie es der Herr Bundesverkehrsminister als Kompromiß hier eben vorgeschlagen hat, können Sie natürlich 20 t Eisen, Schrauben, Muttern, Kies, Steine, und was weiß ich, laden; aber das sind doch gerade die Güter, die nach einer Erklärung der Bundesregierung über die Verkehrspolitik nach Möglichkeit auf die Schiene gebracht werden sollten, während der Straße das eigentliche Kaufmannsgut überlassen bleiben sollte, dieses Kaufmannsgut, das aber zwei-, drei-, vier-oder fünfmal messend ist; einige Damen und Herren werden verstehen, was ich meine. Das bedeutet natürlich, daß man bei einem solchen Fahrzeug je nach der Art der Ware, ob es Baumwolle ist oder Tabak, Trockenfrüchte, Reifen, oder was es auch immer sein mag, nur 12, 13, 14 oder 15 t laden kann. Also, mit der allgemeinen Aufforderung, ein Fahrzeug zuzulassen, das 20 t laden kann, ist es leider nicht getan.
Auf der anderen Seite, meine Damen und Herren, sind wir, wie wir alle hoffen, im Zeitalter einer sich anbahnenden Zusammenarbeit zwischen Schiene und Straße. Ich bin sehr froh darüber, daß es durch direkte Verhandlungen auch meines Verbandes mit dem Vorstand der Bundesbahn möglich war, eine recht erfreuliche Einigung über den ,,Huckepackverkehr" zu treffen. Für diesen Verkehr braucht
man aber ganz bestimmte Fahrzeuge. Für diese besonders von der Bundesbahn konstruierten Wagen allerdings - das gebe ich zu - wird der vom Bundesverkehrsminister angestrebte Sattelschlepper mit 15 m Länge durchaus das Idealinstrument sein. Aber man soll sich nichts vormachen, meine Damen und Herren, es wird ein kleiner Prozentsatz sein, der umgesetzt werden kann. Alles andere entspricht nicht der Realität und den tatsächlichen Verhältnissen im Verkehrsablauf. Wenn Sie aber zu einer weiteren Kooperation mit der Bundesbahn kommen wollen, dann braucht man doch auch auf der Straße ein etwa adäquates Gefäß, das dem Normalwagen der Deutschen Bundesbahn entspricht, und das ist der 20-t-Wagen, der nicht nur 20 t Kies, Steine usw. fahren kann, sondern 20 t allgemeines Gut.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich praktisch vor: Wenn man den Flächenverkehr in stärkerem Maße auf die Straße bringen will - das ist vollkommen richtig, aber nicht durch die Peitsche des Gesetzgebers, wie ich es immer gesagt habe, sondern durch eine freiwillige Vereinbarung muß es geschehen -, zieht man entsprechend Fernverkehre ab. Denn es kommt den Leuten ja schließlich nur darauf an, ihr Brot auf irgendeine Weise, auf eine ordentliche Weise zu verdienen. Aber wenn Sie dann nicht das entsprechende Gefäß haben, daß Sie mit 20 t einen normalen Wagen in einem Rutsch beladen oder entladen können, ist die Situation natürlich wieder sehr erschwert. Es würde mich sehr interessieren, was ,die anderen Verkehrspraktiker zu dieser meiner Auffassung meinen.
Das Idealgefäß des Herrn Bundesverkehrsministers ist der Sattelschlepper mit den 15 m. 15 m sollen es jetzt sein. Ich bin kein Techniker, ich weiß nur, wie der Verkehr abläuft und was man dort zu tun hat. Aber man muß ein wenig auch den Leuten glauben, die mit technischen Daten kommen und sagen: Das ist alles andere als das Idealinstrument im deutschen Straßenverkehr. 15 m in einer Länge ist schon ein erheblicher Brocken, und stellen Sie sich einmal praktisch vor, wie sich das so mit der Spurgeschichte usw. in den kleinen Städten, besonders auch hier am Rhein, auswirkt!
Und noch etwas anderes, meine Damen und Herren. Erfreulicherweise ist es heute allgemeine Auffassung, daß die großen Lastzüge - das habe ich immer unterstützt und ist auch meine Überzeugung - in den Kern einer Stadt einfach nicht mehr hineingehören. Sie haben ihre Arbeit vor den Toren zu beenden. Das schließt nicht aus, daß man gewisse Abladungen in den frühen Morgenstunden, wenn noch kein Ortsverkehr vorhanden ist, oder nachts vornimmt. So hat sich auch der Verkehr praktisch abgewickelt.
Ich will einmal darauf exemplifizieren, meine Damen und Herren, die Sie mir erfreulicherweise so aufmerksam zuhören, wie das in den Seehäfen praktisch so vor sich geht. Wenn Sie für Bremen oder Hamburg Ladungen haben, wird es gewähnlich aus praktischen Gründen so gemacht, daß die Hälfte der anfallenden Güter, die für den Ortsumsatz bestimmt sind, auf den Anhänger, und das, was ans
Schiff in den Freihafen geht, auf den Motorwagen verladen wird. Stellen Sie sich das einmal in der Praxis mit diesem Ungetüm Sattelschlepper vor! Das ist unmöglich. Der muß teilweise entladen werden. In den Freihafen kann er bekanntlich nicht hinein; Sie wissen, daß das aus zolltechnischen Gründen usw. nicht geht. - So versuche ich, Ihnen mit Ruhe und Besonnenheit immer wieder klarzumachen, wie sich diese Dinge in der Praxis entwickeln.
Nun hat der Herr Bundesverkehrsminister gesagt, das habe überhaupt nichts mit Wettbewerb zu tun, sondern sei nur eine Frage der Sicherheit. Nun frage ich mich, der ich von Herzen der Deutschen Bundesbahn alles Gute wünsche und hoffe, daß sie über die Vorschläge des Brand-Ausschusses endlich wieder in einer modernen Form - darauf kommt es an; vergangene Dinge kann man nicht wiederholen - blüht und gedeiht, wie kommt es denn, daß man sich in den Häusern der europäischen Bahnen so stark einbildet, von der übermäßigen Verkürzung und Einschränkung der Straßentransportgefäße hänge sozusagen die Gesundung der Bahnen ab? Es ist ja so gewesen, daß Herr Professor Oeftering, der erste Präsident der Deutschen Bundesbahn, für alle europäischen Bahnen - er ist in diesem Jahr Präsident der UIC, das ist die internationale Eisenbahnvereinigung - einen Brief an die europäischen Verkehrsminister mit dem Ersuchen geschrieben hat, unter gar keinen Umständen von dieser Regelung abzugehen, wie sie hier in Deutschland im März 1956 eingeführt wurde.
Von dem Herrn Bundesverkehrsminister wurde gesagt, daß man erst einmal den in den Vereinigten Staaten durchgeführten Aasho-Test abwarten sollte. Der Verkehrsausschuß des Bundestages ist damals zu einer Schlußbesprechung in Lahr gewesen und hat sich mit diesen Ergebnissen befaßt. Sehen Sie bitte noch einmal die Schlußklauseln in diesem Gutachten an und lesen Sie bitte, was darin trotz aller gegenteiligen Meldungen und Behauptungen steht, die aus dem Bundesverkehrsministerium gekommen sind.
Vom Verkehrsausschuß wurden dann noch einige Fragen gestellt. Mit aller Deutlichkeit wurde folgendes festgestellt. Es ist gleichgültig, ob die Acht-
oder die Zehn-Tonnen-Achse kommt; die deutschen Straßen müssen in gleicher Weise und in gleicher Stärke ausgebaut werden.
Der Herr Verkehrsminister hat vor Jahren im Ausschuß gesagt: Ein einziger Wagen mit einer Zehn-Tonnen-Antriebsachse genügt schon, um eine Straße kaputtzufahren. Vielleicht hat er da an die Raupenschlepper der Bundeswehr gedacht; ich weiß es nicht. Ich habe schon beobachtet, wie sie leider die deutschen Straßen schädigen. Das hat gar nichts mit einer grundsätzlichen Einstellung zur Verteidigung zu tun. Ich wollte das nur einmal feststellen. Ich weiß, daß die Bundeswehr inzwischen die ZehnTonnen-Antriebsachse gebraucht. Man weiß ja auch, daß die Zehn-Tonnen-Antriebsachse bei Omnibussen schon vorhanden ist. Darum habe ich eigentlich nicht verstanden, warum der Herr Bundesverkehrsminister sich so lange und so zähe gegen die ZehnTonnen-Antriebsachse gewehrt hat, bis er jetzt plötzlich - hier ist dann aus einem Saulus ein Paulus geworden -, um überhaupt mit den Franzosen und den Benelux-Leuten zu irgendeinem Akkord zu kommen, die Zehn-Tonnen-Antriebsachse zugestanden hat.
Auseinander sind wir jetzt wegen der Länge. Die FDP hat weiß Gott alles versucht, um zu einem vernünftigen Kompromiß zu kommen. Vor dem Erlaß der Verordnung von März 1956 ist die Sache im Verkehrsausschuß behandelt worden. Da sind wir von der FDP, die wir für die Genfer Konvention waren - wir sind im Prinzip auch heute noch dafür -, unterlegen, und es ist ein Antrag der SPD angenommen worden, in dem 16 m gefordert worden sind. Aber wie ist es mit der Stärke dieses Hauses, mit der Kraft unserer Legislative? Es ist einfach kolossal und erstaunlich: Der Herr Bundesverkehrsminister, der den Ausschuß mit dieser Frage befaßt hat, hat sich darum nachher überhaupt nicht gekümmert, sondern hat die Verordnung herausgegeben, in der 14 m vorgeschrieben waren. Heute kämpft die Wirtschaft - der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Industrie- und Handelstag unterstützen das - um ein vernünftiges Maß.
Wir haben damals auch noch versucht, der SPD ein wenig entgegenzukommen. Nach einer Rücksprache, die ich selber mit einem großen Automobilwerk gehabt habe, haben wir einen Kompromißantrag eingebracht: 17 m, 9-t-Antriebsachse. Und noch vor einem Jahr habe ich gesagt: „Herr Dr. Seebohm, nun geben Sie doch endlich einmal nach, damit wir diese Sache vom Tisch bekommen. Nehmen Sie doch wenigstens diesen Kompromiß an." Ich bin zwar von den Interessenten beschimpft worden, weil ich von der Genfer Konvention abgegangen bin; aber man muß ja auch den Mut haben, einige Dinge im Interesse der Gesamtlösung auf sich zu nehmen, und das habe ich durchaus getan.
Wir haben dann, um den Leuten wenigstens d i e Möglichkeit zu geben, auch aus Sicherheitsgründen, einen Antrag gestellt, die Auslauffristen um zwei Jahre zu verlängern. Es hieß dann plötzlich - und, meine Herren von der CDU/CSU, die Sie auch so aufmerksam zuhören, darüber sind wir wirklich sehr glücklich gewesen -: „Nun hat die größte Regierungspartei, die letzten Endes die Entscheidung in der Hand hat, sich bereit erklärt, diese Dinge unter ihre Fittiche zu nehmen." Der Name Höcherl - entschuldigen Sie - war damals ganz groß im Kurs, nicht zuletzt bei den Verkehrsverbänden, die alle gedacht haben: „Nun haben wir also den Retter des Vaterlandes." Wir von der FDP haben daraufhin im Ausschuß loyalerweise gesagt: „Warten wir also; warten wir, die werden es schon zurechtkriegen." Aber, meine Damen und Herren, ich habe Ihnen ja schon gesagt, ich kenne das Spiel vor und hinter den Kulissen; ich bin nicht sehr optimistisch gewesen.
Heute stehen wir immer noch vor einer ungeklärten Situation. Wenn heute in Paris über diese Dinge verhandelt wird - auch wir haben, nebenbei gesagt, natürlich unsere Verbindungsleute in Paris
sitzen, die die Verhandlungen, so wie in der Vergangenheit, sehr genau beobachten - und es beispielsweise über eine Länge von 16,50 m nicht zu einer Einigung kommen sollte, dann, meine Damen und Herren, liegt das nicht an einem anderen europäischen Land; dann, die Versicherung darf ich Ihnen geben, liegt das ausschließlich an dem Widerstand des Vertreters der Bundesrepublik, der sicherlich mit einer ganz bestimmten Marschroute auf den Weg gegangen ist. Und dann bleibt eben wahrscheinlich nichts anderes mehr übrig, als doch noch auf eine Initiative von der hochverehrten CDU/CSU zu warten, die endlich zu einer vernünftigen und selbstverständlichen europäischen Regelung führt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in zwei Punkten jetzt abschließen.
Das erste ist die Geißelung der letzten von den Gegnern einer europäischen Regelung angewandten Methode. Diese Plakataktion: „Auf ein Wort, Herr Minister! Auf ein Wort, Herr Staatssekretär! Auf ein Wort, Herr Bundestagsabgeordneter!" war doch wohl das Unglaublichste, was seit Bestehen dieses Hauses überhaupt passiert ist. Dabei hat man noch obendrein den Namen eines Verbandes - nicht eines Verkehrsverbandes - mißbraucht, so daß dieser nun berechtigterweise Strafanzeige erstattet hat. Was sind das für Methoden! Ich will nur hoffen, daß der Herr Bundesverkehrsminister und seine verehrten Mitarbeiter diese Sache nicht etwa begrüßt haben, sondern daß sie auch im Interesse der Demokratie von solchen Methoden abrücken.
Meine Damen und Herren, darf ich einmal an einem Beispiel abschließend den grotesken Zustand in bezug auf Maße und Gewichte ganz kurz darstellen. Der Herr Bundesverkehrsminister läßt die alten Wagen auslaufen. Das ist vernünftig; wir müssen ja leider immer noch von der Verordnung vom März 1956 ausgehen. Den Berlinern hat er schon die Ausnahmegenehmigung zugesagt; aus begreiflichen Gründen. Das Saargebiet braucht eine lange Anfangsfrist. Wenn Sie, Herr Bundesverkehrsminister, an 14 oder 15 m festhalten und in Paris keine Einigung zustande kommt, so lassen Sie sich sagen, das Ausland läßt sich das einfach nicht gefallen. Ich bin sogar der Meinung, daß diese Dinge nicht allein von den Verkehrs- und Wirtschaftsressorts der umhegenden Länder behandelt werden werden, sondern daß das eine Frage des Auswärtigen Ämter werden wird, die erklären werden: Uns können Sie zum mindesten die Durchfuhr durch die Bundesrepublik nicht verbieten. Dann haben Sie den weiteren Zustand: Diskriminierung der eigenen Wagen und Zulassung der ausländischen. Ich weiß, man kann gegen diese Dinge theoretisch alles mögliche setzen; aber in der Praxis wird es so kommen.
Darf ich also nochmals die Hoffnung aussprechen, daß sich der Herr Bundesverkehrsminister sozusagen den letzten Stoß geben läßt. Parlamentarische Demokratie bedeutet ja, durch Reden zu überzeugen. Es geht noch um einen Meter, allenfalls geht es um 50 cm, obgleich wir von der FDP glauben, daß die europäische Lösung nach der Genfer Konvention die richtige ist und sowieso eines Tages
wiederkommen wird. Dann haben wir es endlich vom Tisch, und ein großer Aufwand von über sieben Jahren ist dann nicht umsonst vertan.
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Das Wort hat der Abgeordnete Haage.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man über die Frage der Maße und Gewichte spricht, ist es, glaube ich, erforderlich, daß man sich über die historische Entwicklung des Lastkraftwagens eine gewisse Übersicht verschafft. Im Jahre 1937 war der Lastkraftwagen bei einer Länge von 22 m, mit 35 t und einer Nutzachsbelastung von 8 t mit zwei Anhängern bestückt. Dieses Gewicht wurde im Jahre 1951 durch den Herrn Bundesverkehrsminister - ich darf das betonen - auf 40 t heraufgesetzt. Damals wäre berefits Gelegenheit gewesen, die Genfer Konvention zu akzeptieren. Dann hätten wir Frieden unter den Verkehrsbeteiligten, und die Leute könnten so disponieren, wie es beim ordentlichen Kaufmann der Fall ist.
Als dann im Jahre 1956 die sogenannte Seebohmsche Verordnung kam, war das lediglich der Ausfluß einer gewissen Konzeptionslosigkeit innerhalb des Verkehrs. Gestatten Sie mir deshalb, daß ich auf die Angelegenheit besonders aufmerksam mache. Nachdem der Herr Bundesverkehrsminister durch seine Verordnung von 1956 die Kapazität radikal um 40 % vermindert hat, hätte man zumindest erhoffen können, daß er sich von den Beteiligten und von der Industrie darüber beraten läßt, daß hier eine wirtschaftliche Schwierigkeit entsteht, die für keinen der Betriebe überwindbar erscheint.
Es hat den Anschein, daß Sie, Herr Bundesverkehrsminister, nur mehr mit der Länge ringen. Nachdem Italien und Holland, wenigstens nach meinen Informationen, absolut nicht geneigt sind, Ihre Vorschläge zu akzeptieren, sich aber innerhalb der EWG bewegen, kann man doch annehmen, daß Sie sich, von dieser Warte aus gesehen, eines Kompromisses bedienen. Ich möchte gern heute von Ihnen hören, ob das, was über die CDU/CSU in der Presse gestanden hat, daß sie sich in etwa auf 16,50 m geeinigt habe, auch von Ihrem Hause vertreten wird. Ich persönlich bin der Auffassung, für Kaufmannsgüter reicht diese Länge nicht. Aber das mag meine persönliche Meinung sein; das brauchen Sie nicht zu akzeptieren. Es wird nur eines zur Folge haben. Je kürzer der Lastwagen ist, desto mehr drängen Sie ihn zum Schwerverkehr und desto ungesunder ist dieser Schwerverkehr im Verhältnis zur Rentabilität - wenn man dies mitbetrachten darf - der Bundesbahn.
Ich darf also die herzliche Bitte aussprechen, daß Sie, Herr Bundesverkehrsminister, das im einzelnen doch noch einer Korrektur unterziehen. Ich möchte das wirklich in freundlicher Weise anbringen. Bitte glauben Sie nicht, ich wolle Sie in dieser Hinsicht bevormunden.
Zum anderen wollen wir die jetzt bestehenden Maße einmal beleuchten. Jetzt steht es so, daß
Frankreich eine Einzelachse von 13 t, eine Doppelachse von 21 t. eine Länge von 18 m und einen Sattel von 14 m hat. Ich sagte, daß bei Sattelschleppern eine Länge von 14 m zulässig ist. Ich bin glücklich darüber, daß es nicht 15 oder 15,5 m sind. Wenn Sie nämlich in unserem Oberland oder im Münsterland bei den gefahrvollen Strecken hohe Lasten auf einen Sattelschlepper bürden, ist die Sicherheit einfach nicht mehr garantiert. In diesem Falle geben die Techniker dem Zug den Vorzug. Das haben sie uns bestätigt und das hätten sie auch Ihnen bestätigt - man kann ja auch die Techniker bestellen, aber ich nehme nicht an, daß Sie daß tun würden wenigstens bestätigen das die Techniker, die fair urteilen. Wenn das schon der Fall ist, muß man loyalerweise die eineinhalb Meter Zuggabel und die zweieinhalb Meter Führerhaus einkalkulieren. Erst dahinter beginnt der Laderaum und die Kapazität.
Belgien hat eine Einzelachse von 13 t, eine Doppelachse von 20 t, Italien hat eine Einzelachse von 10 t, eine Doppelachse von 14 t, Luxemburg hat eine Einzelachse von 13 t und eine Doppelachse von 20 t - in der Länge jeweils bis zu 18 m bis auf Belgien mit 22 m. Daraus mag man ersehen, daß man sich Gedanken darüber macht, der Genfer Konvention näherzukommen. Bezüglich des Gesamtgewichts der Lastfahrzeuge haben wir folgende Situation: in Frankreich 35 t, Sattelschlepper 35 t, Italien 32 t, Sattelschlepper 28 bis 32 t, Belgien 32 t, Luxemburg 40 t ohne Sattel. Daraus kann man sich ein Bild machen, daß wir der Genfer Konvention schon viel nähergekommen wären, wenn Sie sich, Herr Bundesverkehrsminister, im Jahre 1956 hätten entschließen können, diese Genfer Konvention zu akzeptieren. Dann ginge der Streit zwischen den EWG-Staaten heute lediglich um den Achsdruck der Antriebsachse. Es dürfte aber bekannt sein, daß die Festlegung des Höchstdruckes für die Antriebsachse nur deshalb erforderlich ist, um die Verkehrssicherheit zu fördern, nämlich in bezug auf die Bremswirkung.
In Ergänzung dieser statistischen Ubersicht ist zum besseren Verständnis der Gesamtsituation und bestimmter, sich nicht nur aus dem betroffenen Verkehrsgewerbe erhebender Widerstände, etwa der Automobilindustrie, darauf hinzuweisen, daß alle EWG-Länder mit Ausnahme der Bundesrepublik die internationale Genfer Konvention inzwischen unterzeichnet haben. Dem Zusatzabkommen - Art. 23 - sind diese Länder ebenfalls beigetreten. Die Bundesrepublik hat sich ganz offensichtlich mit dem Bekenntnis zur europäischen Integration auf den Lippen in eine Isolation begeben; dadurch wird sie in dieser bedeutsamen wirtschaftspolitischen Frage dem europäischen Gedanken in keiner Weise gerecht werden können.
Erst der im Jahre 1956 einsetzende Widerstand gegen Ihre Verordnung, der speziell in den EWGLändern festgestellt wurde - und hier ist wiederum Frankreich zu erwähnen, nämlich die französische Handelskammer, die Automobilindustrie und ebenso die internationalen Verkehrsverbände -, hat es ermöglicht, in der Bundesrepublik ein Gespräch über normale Abmessungen und Gewichte
in Gang zu bringen. Das Ausland war in dem Bemühen, die Verordnung vom Jahre 1956 über die Abmessungen und Gewichte der Nutzkraftfahrzeuge wieder zu Fall zu bringen, führend. Allein das sollte uns veranlassen, mit gutem Willen gegenüber unseren EWG-Partnern zu operieren. Ich darf mir erlauben, eine holländische Wirtschaftszeitung zu zitieren, die vor einem Jahr geschrieben hat: Deutschland versucht, uns zu bevormunden, und zwar in bezug auf die Maße und Gewichte. Das allein genügt, um zu beweisen, welche Beweglichkeit wir als Deutsche gegenüber unseren Partnern in ,der EWG und den Nachbarstaaten haben müssen. Wir würden es begrüßen, wenn der Herr Bundesverkehrsminister sein Haus oder seine Vertreter anwiese, bei internationalen Besprechungen dementsprechend zu verfahren.
Aus diesem Grunde, Herr Bundesverkehrsminister, hat die Sozialdemokratische Partei schon im Jahre 1956 eine Verkehrstagung abgehalten und sich außer mit den Maßen und Gewichten auch mit der Notwendigkeit der Straßenbauten innerhalb des Bundesgebietes beschäftigt. Schon damals wurde bei uns beschlossen, daß ein 28-Tonnen-Zug mit einer 8-Tonnen-Achse und mit 16 m Länge als Kompromiß möglich wäre. Dabei wurde ausdrücklich festgestellt: Sollte es zu einer europäischen Einigung kommen, wird sich unsere Fraktion selbstverständlich dem fügen und ihre Zustimmung erteilen.
Herr Müller-Hermann, für Sie und Ihre Fraktion wäre das eigentlich der Anlaß gewesen zu sagen: Unser Bundesverkehrsminister hat anscheinend innerhalb ,der EWG nicht den richtigen Fühler gehabt. Wir von der CDU/CSU wollen ,dafür sorgen, daß die mittelständischen Betriebe, auf die nämlich dieses Chaos zukommt, geschützt werden. Wir wollen dafür sorgen, daß im Wege des Kompromisses eine Lösung gefunden wird.
Sie erinnern sich vielleicht: wir haben im Verkehrsausschuß vor gut einem Jahr darüber gesprochen, .als der Antrag Rademacher zur Debatte stand, man möge sich nach den Weihnachtsfeiertagen darüber einigen, ob es nicht möglich sei, einen interfraktionellen Antrag zu stellen. Wären wir diesen Weg gegangen, hätten wir heute wesentlich mehr Gehör gefunden, und auch der Bundesverkehrsminister könnte sich den allgemeinen Wünschen nicht mehr entziehen. Aber, wie gesagt, es wurde der Höcherl-Ausschuß gegründet. In der Zeitung stand, er werde sich mit der Frage der Maße und Gewichte sehr ernst auseinandersetzen. Die Konsequenz war lediglich, daß er sich über das Straßenbaufinanzierungsgesetz in der Form auseinandergesetzt hat, daß die neue Besteuerung der Kraftfahrzeuge wiederum auf ,diese Betriebe zukommt, ohne daß sie ihre Existenzsicherung überhaupt gewährleistet wissen.
Ich habe wirklich die Bitte, daß auch Sie, meine Herren von der CDU/CSU, sich ernstlich bemühen, hier schnellstens Abhilfe zu schaffen. Warum schnellstens? Es ist den Betrieben seit langer Zeit nicht mehr möglich, Neuanschaffungen zu machen weil die Produktion ausgelaufen ist. Es entstehen
- ich bitte, mich nicht falsch zu verstehen - Scheingewinne, weil die Abschreibungsquoten sinken und plötzlich am Tage X keine Abschreibungsmöglichkeiten mehr vorhanden sind. Ich habe in diesem Zusammenhang eine große Bitte an den Finanzminister. Es ist bis jetzt nicht möglich gewesen, eine Ersatzbeschaffung nach den Gewichten vorzunehmen, die eventuell in internationalem oder europäischem Rahmen oder in den EWG-Staaten Anerkennung finden. Deshalb sollte man den Betrieben die Möglichkeit bieten, eine Rücklage zu bilden, selbstverständlich unter der Voraussetzung, daß gewisse Auflagen erfüllt werden. Damit meine ich, es könnte eine Rücklage in der Form gestattet werden, daß die Betriebe die Rücklage einstweilen steuerfrei erhalten; diese würde lediglich dann einer nachträglichen Besteuerung unterliegen, wenn sie nicht zur Neuanschaffung von Fahrzeugen Verwendung gefunden hat. Mit gutem Willen könnte man hier gewissen Mittelstandsbetrieben eine wirkliche Hilfe zukommen lassen. Bei den Transportunternehmen handelt es sich immerhin um rund 80 000 Betriebe, wenn man die Nahverkehrsbetriebe miteinbezieht.
Ich persönlich sehe, wenn hier nichts getan wird, die Gefahr der Vernichtung auf viele Betriebe zukommen. Wie wir hören, glaubt der Herr Bundesverkehrsminister dieses Abkommen Mitte des Jahres unter Dach und Fach zu haben. Ich glaube, daß dann einige Betriebe, weil ihnen der Gewinn aus dem Jahre 1959 schon zu 50 % weggesteuert ist, vor so großen Schwierigkeiten finanzieller Art stehen werden, daß sie nicht mehr in der Lage sind, sich ein Fahrzeug anzuschaffen. Ich denke hier vor allem an die Betriebe mit einem oder mit zwei Fahrzeugen. Ich glaube, keiner von uns im Hause möchte sich dem Vorwurf aussetzen, wir seien daran schuld, daß diese mittelständischen Existenzen zugrunde gerichtet worden seien. Deshalb dieser Wunsch an das Bundesfinanzministerium. Ich hoffe, daß der Herr Staatssekretär eine Möglichkeit findet, in dieser Richtung mit den Berufsorganisationen zu verhandeln, damit hier wenigstens in etwa Abhilfe geschaffen werden kann.
Zur Länge ist folgendes zu sagen. Die Länge ist am meisten umstritten, weil man, wenn man schon von einer Nutzlast von 20 t ausgeht, natürlich auch eine gewisse Ladekapazität, einen gewissen Laderaum braucht. Dieser Laderaum füllt sich in Quadratmetern und öffnet sich in Kubikmetern. Der Ladekubikmeter ist nun einmal für das Kaufmannsgut der wichtigste Faktor. Auf Wunsch des Bundesverkehrsministers haben sich die Betriebe damals allmählich umgestellt und sich von dem Massengut getrennt. Die Organisationen haben hier mitgewirkt.
Und nun kommt plötzlich das Kuriosum: Wenn man diesen Lastzug - Herr Dr. Seebohm, darf ich das sagen - auf 151/2 m Länge verkürzt, haben Sie die Gewißheit, daß Kaufmannsgüter zum großen Teil nicht mehr befördert werden. Dann haben Sie aber ebenso die Gewißheit, daß die Massentransporte zunehmen und die Unruhe unter den Verkehrsträgern erheblich wächst. Dann wird der Konkurrenzkampf, den wir alle nicht wollen und dem
wir Einhalt gebieten sollten, erst recht aufblühen. Ich bin der Meinung, wir alle sind dafür verantwortlich, daß eine Koordinierung der Verkehrsträger schnellstens erreicht wird. Ich glaube, bei einigermaßen gutem Willen aller Beteiligten wird es mit Ihrer Mithilfe auch einmal den Tag X geben, an dem uns diese Koordinierung gelingen wird.
Eines darf man vielleicht noch sagen. Herr Bundesverkehrsminister, Sie haben anläßlich einer Besprechung gesagt: Gewicht kostet Geld, Länge kostet Blut. Wenn dem so ist, hätte man sehr viel Blutvergießen vermeiden können, wenn man im Jahre 1951 den Genfer Abmachungen beigetreten wäre. Dann hätten wir einmal schon wesentlich kürzere Lastzüge, wir hätten einheitlich ausgerichtete Lastzüge, vor allem wären dann aber laufend im Turnus Neuanschaffungen möglich gewesen. Dann hätten die Unternehmer nicht ständig in der Gefahr gelebt, daß ihnen eine Veralterung oder ein sonstiger Mangel ihres Fahrzeuges nachgewiesen wurde, der dessen Verkehrssicherheit beeinträchtigte. Daß wir heute Fahrzeuge im Verkehr haben, die sieben Jahre alt sind, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß das Thema Maße und Gewichte seit 1956 im Gespräch ist, daß kein Unternehmer, weder in der verladenden Wirtschaft noch in der Industrie, wußte, was eigentlich kommt, und daß keinerlei Anschaffungen getätigt wurden. Aus diesen Gründen besteht heute ein ungeheurer Nachholbedarf.
Deshalb möchte ich Sie bitten, sich mindestens in der Auslaufzeit großzügig zu zeigen. Bereits mein Kollege Dr. Bleiß hat gesagt, man könne das Auslaufen nach dem Baujahr staffeln. Ich bitte, daß Sie sich in der Staffelung der Auslaufzeit nach dem Anschaffungsjahr großzügig zeigen, damit der Nachholbedarf ohne finanzielle Schwierigkeiten der einzelnen Betriebe überhaupt gedeckt werden kann. Das sind natürlich Probleme. Ihre Lösung darf ich wohl Ihnen überlassen. Ich habe die Lösung lediglich angeregt.
Ich möchte noch ein Letztes sagen, Herr Bundesverkehrsminister, ich befürchte, daß wir, wenn wir die Maße und Gewichte für alle Fahrzeuge allgemein und einheitlich - ganz gleich, wie - festsetzen, mit den Ausnahmegenehmigungen nicht mehr fertig werden, z. B. bei Trägertransporten, z. B. für solche Fahrzeuge, die Ruderboote, Regattaboote usw. befördern. Hier sollte man vielleicht - das ist ein Vorschlag von mir - bei Fahrzeugen mit einem Mindestgesamtgewicht von 20 t eine größere Länge gestatten, damit diese Fahrzeuge, auch die Doppelstöcker, die Ihren schönen Pkw transportieren, in die Lage versetzt werden zu fahren bzw. damit diese Existenzen nicht zugrunde gerichtet werden. Denn auf diesem Gebiet haben sich verschiedene Leute spezialisiert. Ich glaube, es wäre wirklich an der Zeit, daß auch diese Menschen einigermaßen Frieden bekommen, damit sie vor allen Dingen für ihre Zukunft sicher disponieren können.
Ich habe mich wohl ungefähr ähnlich loyal verhalten wie der Kollege Rademacher. Es wäre ein Paket von Vorwürfen vorzubringen, aber das würde
zu weit führen, und wir würden uns dann gegenseitig schon in der Auseinandersetzung entfremden. All das tut nicht gut. Ich bin absolut nicht der Meinung, daß dies notwendig ist.
Ich darf zum Schluß sagen: Herr Bundesverkehrsminister, nehmen Sie diese Sache ernst und beharren Sie in der internationalen Verkehrsministerkonferenz - da darf ich Sie leicht verdächtigen - nicht nur auf Ihrer Meinung! Wollen auch Sie, Herr Kollege Müller-Hermann und einige Kollegen aus Ihrer Fraktion, die da und dort bei verschiedenen Anlässen immer für die EWG bzw. für die Genfer Konvention eingetreten sind und sich auch dabei sichtlich sehr stark an diese Ausführungen geklammert haben, bitte Ihr Möglichstes zu einer Lösung beitragen, vor allen Dingen was die Länge betrifft - über das Gesamtgewicht und über den Achsdruck wird, glaube ich, gar nicht mehr gestritten -, damit ein gewisses Mißtrauen ausgeräumt wird.
Jetzt sind Sie an der Reihe, Herr Kollege MüllerHermann. Vielleicht wissen Sie Besseres zu berichten.
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Das Wort hat der Abgeordnete Schneider ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Die Fraktion der Deutschen Partei hat der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD mit Befriedigung entnommen, daß sich bereits gute Erfolge der Verhandlungen des Bundesministers für Verkehr über eine europäische Lösung der Abmessungen und Gewichte ergeben haben. Sie begrüßt die Einigung der vier Länder in der Mitte Europas über diese schwierige Frage. Die bisherigen Ergebniss lassen hoffen, daß sich weitere Länder dieser Abmachung anschließen werden, zumal gerade heute zwei weitere Länder in Europa ihre Bereitschaft zu einem solchen Abkommen bekundet haben.
Zwar werden die weiteren Verhandlungen über eine einheitliche Regelung in den EWG-Ländern oder in einem größeren europäischen Raum nicht ohne Schwierigkeiten ihren Fortgang nehmen. Die Interessenunterschiede zwischen den Transitländern einerseits und den Ländern in Randlage andererseits sind zu groß, als daß bei den künftigen Verhandlungen mit dem leichten Zustandekommen von Ergebnissen gerechnet werden könnte. Eine wesentliche Voraussetzung für einen aussichtsreichen Fortgang der Verhandlungen scheint es meiner Fraktion zu sein, den Bundesminister für Verkehr bei seinen Bemühungen um eine europäische Regelung dieses schwierigen Problems nicht durch einen bindenden Beschluß des Hohen Hauses einzuengen und damit die deutsche Verhandlungsbasis zu schwächen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, daß sich die Diskussion über das Thema Längen in der bisher freundschaftlichen und loyalen Atmosphäre und mit der entsprechenden Kürze abwickelt. Denn unsere Freunde von Kohle und Heizöl warten bereits darauf, das Podium besetzen zu können.
Wir bedauern etwas den Termin, zu dem in diesem Hohen Hause die Debatte über das Thema der Abmessungen und Gewichte geführt wird, weil heute die Stellvertreter der europäischen Verkehrsminister in Paris verhandeln und wir gegenüber dem Herrn Bundesverkehrsminister im Wort sind, bis zu diesen Verhandlungen keine eigene Initiative zu ergreifen.
Nun zu den Ausführungen der Vertreter der SPD, der Herren Kollegen Bleiß und Haage! Ich möchte noch einmal festhalten, daß Sie sich heute als Fraktion zu den 28 t Gesamtgewicht, zu den 16 m Länge und zu den 8 t Achslast bekannt haben. Denn entschuldigen Sie, daß ich das sage - wir müssen manchmal unter dem Eindruck stehen, daß Sie gegenüber den mehr straßengewerblich orientierten Kreisen eine etwas andere Sprache als gegenüber der Bundesbahn führen. Ich nehme an, daß ich Sie richtig verstanden habe. - Herr Kollege Haage, wollen Sie eine Frage stellen? - Bitte!
Herr Kollege Müller-Hermann, ich habe gesagt, daß damals unsere Fraktion bzw. der Parteivorstand eine Verkehrstagung abgehalten habe, weil er der Meinung gewesen sei, daß die Abmessungen in der Seebohmschen Verordnung nicht unseren Vorstellungen entsprächen. Ich habe unterstrichen, daß sich die SPD-Fraktion einer internationalen Vereinbarung jederzeit anschließen würde.
Herr Kollege Haage, wir befinden uns schon wieder auf dem Weg der Annäherung. Denn wir sind der Auffassung, daß das leidige Thema der Abmessungen und Gewichte längst vom Tisch hätte sein können und müssen, wenn von allen Seiten immer ein Kompromiß auf einer vernünftigen Mittellinie angestrebt worden wäre. Wir haben vor einigen Jahren im Verkehrsausschuß einen Beschluß gefaßt, der in der Verordnung der Bundesregierung vom Jahre 1956 leider nicht berücksichtigt worden ist. Aus unseren Reihen sind Bedenken gegen diese Verordnung erhoben worden, in erster Linie deshalb, weil diese Verordnung von den entsprechenden Regelungen in anderen europäischen Staaten abwich. Wir sind auch heute noch der Auffassung, es muß der Versuch gemacht werden, über diese Frage eine Verständigung auf möglichst breiter Basis in möglichst vielen europäischen Ländern zu finden.
Ich möchte dabei gegenüber dem Herrn Bundesverkehrsminister dankbar anerkennen, daß wir in den Gesprächen der vergangenen Wochen über
zwei wesentliche Punkte eine Verständigung erreicht haben, und zwar in der Frage des Ausdrucks und in der Frage des Gesamtgewichts. Zur Diskussion steht ausschließlich noch die Frage der Längen. Dabei denken wir nicht nur an die Lastzüge und Lastkraftwagen, sondern im Hinblick auf den Personennahverkehr in den Städten auch an die Omnibusse. Wir sind der Auffassung, daß sich die Gelenkbusse mit einer Gesamtlänge von 16,50 m in den letzten Jahren in der Praxis außerordentlich bewährt haben und daß man gleiches Recht für alle schaffen muß. Man kann nicht den Omnibus und den Lastkraftwagen, was die Länge betrifft, ungleichmäßig behandeln.
Wir sind, glaube ich, alle in diesem Hause einig darüber, daß die Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit, die Gesichtspunkte der Straßenschonung, aber auch die Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit gleichmäßig berücksichtigt werden müssen. Was die Wirtschaftlichkeit betrifft, so hat gerade die technische Entwicklung wesentliche Erleichterungen und neue Möglichkeiten geschaffen, auch in bezug auf die Länge der Lastzüge; ich erinnere nur an den Unterflurmotor.
Aber - da hat sich in den letzten Jahren immer eine gewisse Meinungsverschiedenheit abgezeichnet - das Thema der Abmessungen und Gewichte der Lastkraftwagen ist nicht nur ein rein technisches Problem, sondern es ist, wie sich auch in der Straßenbaudebatte immer wieder gezeigt hat, auch mit ein wirtschaftspolitisches Problem. Deswegen können wir nicht der These beitreten, daß der Bundestag, das Parlament, in dieser Frage unter keinen Umständen mitspracheberechtigt sei.
Ich kann zum Abschluß ganz kurz die Meinung vortragen, auf die wir uns in der Fraktion, soweit das möglich war, verständigt haben. Wir wünschen erstens eine europäische Regelung, wir werden uns jeder europäischen Regelung anschließen und sie unterstützen. Zum zweiten! Wir verstehen unter einer europäischen Regelung nicht eine Verständigung unter vier europäischen Staaten, sondern eine Verständigung entweder im Rahmen der sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder im Rahmen der Europäischen Verkehrsministerkonferenz. Zum dritten legen wir Wert darauf, daß auch bei den zukünftigen Beratungen der Rat und die Meinung des Parlaments bzw. der zuständigen Ausschüsse eingeholt wird. Zum vierten! Über die Frage, wie die endgültige Länge der Lastzüge aussehen soll, gehen auch in den Reihen meiner eigenen Fraktion die Meinungen auseinander. Ein Teil ist der Auffassung, man müsse bei der Genfer Konvention bleiben und die Länge von 18 m befürworten - eine Meinung, die ich auf Grund der technischen Entwicklung nicht teile -, und es gibt andere, die den bisherigen Anregungen des Bundesverkehrsministers zuneigen, auf einer Basis von 15,50 m eine Verständigung zu suchen. Ich glaube - das ist eine Meinung, die weithin in unserer Fraktion vertreten wird -, daß auch hier der Kompromiß in der Mitte liegen dürfte, sowohl was die nationale, als auch was die internationale Ebene angeht, und daß dieser Kompromiß etwa - man soll
da nicht mit dem Zentimetermaß messen - bei 16,50 m liegen dürfte.
Worauf wir Wert legen, ist, daß so schnell wie möglich Klarheit in dieser Frage geschaffen wird, sowohl im Interesse der Produzenten, als auch im Interesse der Konsumenten und nicht zuletzt im Interesse der Verkehrssicherheit. Denn wir können es uns gerade mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit nicht leisten, daß die großen Kästen und die alten Schlitten noch lange Zeit auf den deutschen Straßen hin- und hergefahren werden. Wir müssen schnellstens die Möglichkeit eröffnen, daß die Ersatzbeschaffungen vorgenommen werden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Diel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß gestehen, daß ich den bisherigen Ablauf der Debatte mit einer gewissen Sorge verfolgt habe. Ich gehöre genauso wie viele andere zu denen, welche eine europäische Regelung wünschen und deshalb auch den Wunsch haben, daß diese europäische Regelung möglichst nicht verbaut wird.
Bei diesem Problem handelt es sich nicht nur um die Meinung und den, sagen wir einmal, „Ukas" des Herrn Bundesverkehrsministers, sondern dabei spielen auch noch einige andere Stellen mit. Wir haben in unserem Bund eine Bundesverfassung, welche die Zuständigkeiten der einzelnen Stellen genau regelt. Wir haben neben dem Bundestag einen Bundesrat, wir haben neben dem Bund die Länder. Davon hat bis jetzt nur Herr Kollege Müller-Hermann andeutungsweise gesprochen.
Einem großen Teil des Hauses wird bekannt sein, daß ich für meine Person mich mit dem Problem der Maße und Gewichte in den letzten Jahren, seitdem ich die Ehre habe, diesem Hohen Hause anzugehören, genauso lebhaft befaßt habe wie eine Reihe von Kollegen, welche dem Problem durch ihre Berufstätigkeit unmittelbar verbunden sind. Es wird Ihnen auch bekannt sein, daß ich persönlich eine gute Verbindung zu den kommunalen Spitzenverbänden, dem Landkreistag, dem Landgemeindetag, dem Städtebund und Städtetag, habe und darüber hinaus eine lebhafte Verbindung mit den verschiedenen Landesvertretungen gehabt habe. Ich darf mir also schmeicheln, daß ich die Meinung dieser Organisationen und Verbände einigermaßen kenne und daß ich auch einigermaßen darüber im Bilde bin, wie die Meinungen sich in der Zwischenzeit entwickelt haben.
Ohne zu sehr ins einzelne gehen zu wollen, möchte ich doch dringend empfehlen, bei dem Zusammenspiel der Kräfte und bei der Herbeiführung einer endgültigen Verständigung die Meinung der kommunalen Verbände und der Länder nicht außer Betracht zu lassen. Soweit ich unterrichtet bin, ist die vorläufige Verständigung, die der Herr Bundesverkehrsminister zunächst einmal im Rahmen von vier Ländern herbeigeführt hat, auf starke Be5724
denken innerhalb der von mir genannten Kreise gestoßen. Ich bin noch nicht hundertprozentig davon überzeugt, daß der Herr Bundesverkehrsminister, wenn er das, was einstweilen unter Vieren vereinbart ist, realisiert, mit dem Bundesrat einig wird. Ich würde es bedauern, wenn durch eine etwas einseitige Beeinflussung der Dinge ein Zustand geschaffen würde, der die europäische Einigung, die auch ich will, erschwert oder vielleicht sogar verhindert.
Es ist so viel von der Genfer Konvention geredet worden. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um Empfehlungen. Diese Genfer Empfehlungen haben zweierlei zum Gegenstand, erstens die so oft genannten Maße, zweitens eine Neuklassifizierung der Straßen in allen Ländern.
In dem Zusammenhang ist bereits in der Vergangenheit darüber debattiert worden, in welcher Art man in Bundesdeutschland Straßen auswählen könne, um den internationalen Verkehr quer durch Deutschland nach allen Richtungen sicherzustellen. Ich habe darüber einiges gehört. Ich habe gehört, daß man im Bundesverkehrsministerium Ermittlungen angestellt hat. Über ein endgültiges Ergebnis bin ich nicht unterrichtet. Ich bitte aber auch nach dieser Richtung sich zu vergewissern, ob wir bei der Vereinbarung von Maßen, die über den seither festgelegten liegen, zu einer europäischen Regelung kommen können. Innerhalb der Fraktion der CDU/CSU gibt es allerdings nicht nur eine Meinung für 15,50 m oder höher, sondern es gibt auch eine Meinung, die im Hinblick auf die Forderungen der Spitzenverbände und Länder, so wie sie seither waren, gegen die Aufhebung der Verordnung Bedenken hat.
Wir müssen versuchen, zu einer Vereinbarung mit den anderen Ländern und zu einer europäischen Regelung zu kommen. Wir bitten den Herrn Bundesverkehrsminister, nach dieser Richtung zu tun, was er kann. Wir können ihn dabei aber nicht vorbelasten. Wenn wir einen Unterhändler nach Paris schicken, dem wir vorher Hände und Füße binden, erscheint es mir zweifelhaft, ob das erwartete Ergebnis erzielt werden kann.
({0})
- Das ist meine Meinung und ich darf sie wohl sagen.
({1})
Meine Damen und Herren, ich würde dringend bitten, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Wenn wir wirklich alle die europäische Regelung wollen, dürfen wir nicht unnötigweise Klötze in den Weg legen.
({2})
Meine Damen und Herren, jeder Abgeordnete hat das Recht, sich zum Wort zu melden. Herr Abgeordneter Diel hat das getan. Ich habe ihm das Wort erteilt. Er hat gesagt, was er glaubte sagen zu sollen. Das war sein gutes Recht.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte nicht unnötig verlängern und nur eine Frage an den Herrn Bundesverkehrsminister wiederholen. Herr Bundesverkehrsminister, sind Sie in der Lage, eine Stellungnahme zu dein Telegramm abzugeben, das die Zentralarbeitsgemeinschaft des Straßenverkehrsgewerbes an den Herrn Bundeskanzler gerichtet hat?
Das Wort hat der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, die Anfrage von Herrn Kollegen Bleiß verneinen zu müssen; die Unterlage ist mir nicht bekannt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Bundesverkehrsminister, darf ich präzisieren. In dem Telegramm war darauf hingewiesen worden, daß eine Lastzuglänge von 16,5 m das Äußerste wäre, was das Gewerbe vertragen, ,d. h. verkraften könne. Sind Sie in der Lage, zu diesem Längenmaß Stellung zu nehmen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich dazu Stellung nehmen wollte, müßte ich eine längere Rede" halten, um die Sache zu begründen. Ich glaube, das ist jetzt nicht der Zeitpunkt; denn wir befinden uns bezüglich der Frage der Länge im internationalen Gespräch, und ich möchte, solange wir da keine endgültige Klarheit haben, keine Entscheidung von mir aus ex cathedra geben. Daß die Zentralarbeitsgemeinschaft des Straßenverkehrsgewerbes eine möglichst große Länge wünscht, dafür habe ich volles Verständnis; aber daß diese Auffassung nicht unbedingt überall vertreten wird, werden Sie auch verstehen.
Gestatten Sie dem Abgeordneten Schneider ({0}) eine Zwischenfrage?
Darf ich Ihre erste Antwort auf die Frage des Kollegen Bleiß so auslegen, daß sich das Verkehrsgewerbe an die falsche Adresse gewandt hat?
Jedenfalls hat die ZAV sich nicht an den Bundesminister für Verkehr gewandt.
Herr Abgeordneter Haage, zu einer Zwischenfrage!
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß man, falls ein Abkommen über die von Ihnen gewünschten Größen nur mit zwei oder drei Staaten möglich ist, den deutschen Unternehmern, die in die anderen Randstaaten zu fahren haben, nämlich Dänemark, Holland und Italien, dieselben Maße gestattet wie den Italienern, den Holländern und den Dänen?
Herr Kollege Haage, ich bin der Meinung, daß in Deutschland nur die Maße gestattet werden, die den deutschen Unternehmern gestattet werden.
({0}) - Allen Unternehmern.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Große Anfrage erledigt.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert. - Das wird Ihnen aber nun Präsident Preusker sagen.
({0})
Die Tagesordnung wird erweitert um die Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes - Drucksachen 1327 und 1635 - und um die Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung einer Ergänzungsabgabe für soziale Hilfsmaßnahmen im Kohlebergbau - Drucksache 1318 -. Der Bericht des Finanzausschusses zu dem zweiten Tagesordnungspunkt ist bereits verteilt, Drucksache 1668.
Weiter darf ich ankündigen: Es ist eine interfraktionelle Übereinstimmung darüber erzielt worden, auch noch den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Flüchtlingsnotleistungsgesetzes, der unter Punkt 11 der Tagesordnung aufgeführt ist, in allen drei Lesungen zu erledigen. Ich hoffe, daß das Haus damit einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe also nunmehr auf die
Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes. Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({0})
und die
Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung einer Ergänzungsabgabe für soziale Hilfsmaßnahmen im Kohlebergbau. Mündlicher Bericht des Finanzausschusses ({1}).
Die Berichte des Ausschusses liegen Ihnen vor, Berichterstatterin ist in beiden Fällen Frau Abgeordnete Beyer. Ich erteile ihr das Wort als Berichterstatterin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zuerst auf meinen Schriftlichen Bericht Drucksache 1635 verweisen, zu dem ich, wie der Herr Präsident bereits sagte, noch einige ergänzende Ausführungen machen möchte.
Im Bericht ist der Antrag der SPD-Fraktion Drucksache 1318 nicht besonders erwähnt. Aus dem Titel wie aus der Begründung des Antrags ist erkennbar, daß es der SPD-Fraktion darauf ankam, die zusätzlichen sozialen Hilfsmaßnahmen für den Kohlenbergbau auf tragfähige Schichten abzuwälzen, um damit u. a., wie es in der Begründung weiter heißt, einen kleinen Bruchteil der in den vergangenen Jahren durchgeführten ungerechtfertigten Körperschaftsteuersenkungen wieder rückgängig zu machen.
Der Antrag ist im Ausschuß beraten worden und wurde bereits in der ersten Lesung durch einen Mehrheitsbeschluß des Ausschusses abgelehnt.
Nachdem der Finanzausschuß in seiner Sitzung vom 18. Februar 1960 die im Schriftlichen Bericht Drucksache 1635 wiedergegebenen Beschlüsse gefaßt hatte und mit Mehrheit einen Steuersatz von 30 DM für schweres und mittleres Heizöl und 10 DM für leichtes Heizöl festgelegt hatte, hat der Finanzausschuß in seiner heutigen Sitzung vom 9. März 1960 mit Mehrheit den Antrag der SPD Drucksache 1318 auf Erhebung einer Ergänzungsabgabe bei der Körperschaftsteuer zur Deckung der noch zu treffenden Maßnahmen abgelehnt.
Des weiteren habe ich dem Hause die Stellungnahme des Haushaltsausschusses bekanntzugeben, der sich am 8. März 1960 mit der zur Beratung anstehenden Vorlage beschäftigt hat. Nach Mitteilung des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses an den Vorsitzenden des Finanzausschusses hat der Haushaltsausschuß dem Gesetzentwurf in der vom Finanzausschuß vorgelegten Fassung zugestimmt. Zu dem auf Seite 4 des Schriftlichen Berichtes wiedergegebenen Entschließungsantrag schlägt der Haushaltsausschuß vor, die letzten Worte des Abschnitts I - „und Reihenfolge" - zu streichen. Es soll damit eine zu enge Bindung vermieden werden. Bundesregierung und Parlament sollen die Freiheit haben, die Dringlichkeit der Maßnahmen im einzelnen zu prüfen.
Außerdem ist der Haushaltsausschuß der Auffassung, daß grundsätzlich die Möglichkeit bestehen sollte, einen Teil der Mittel auch für die Knappschaftsversicherung vorzusehen, da deren steigende Ausgaben mittelbar auch auf die Umstellungen im Steinkohlenbergbau zurückzuführen seien.
Alle Beschlüsse des Haushaltsausschusses sind mit Mehrheit gefaßt worden. Der Finanzausschuß hat davon abgesehen, diese Beschlüsse aufzugreifen. Ich bitte daher die Mitglieder des Hauses um Kenntnisnahme.
Gleichzeitig darf ich noch einmal die Bitte wiederholen, die ich unter Abschnitt V meines Schriftlichen Berichtes namens des Finanzausschusses ausgesprochen habe, dem Gesetzentwurf in der vorn
Frau Beyer ({0})
Finanzausschuß vorgeschlagenen Fassung sowie der damit verbundenen Entschließung zuzustimmen.
({1})
Vizepräsident fl r. Preusker: Ich danke der Frau Berichterstatterin und rufe in der zweiten Beratung den Art. 1 auf. Dazu liegen Änderungsanträge auf Umdruck 481, Umdruck 482 Ziffer 1 und Umdruck 485 vor. Wird der Änderungsantrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 481 begründet? - Herr Abgeordneter Atzenroth, bitte!
Meine Damen und Herren! Wir beraten ein Gesetz, nach dem im Laufe von drei Jahren Steuern in Höhe von mindestens 1 Milliarde DM aufkommen sollen; es handelt sich also nicht um ein kleines, x-beliebiges Gesetz. Darum ist es außerordentlich bedauerlich, daß wir ein solch schwerwiegendes Gesetz bei Nacht und Nebel
({0})
in eineinhalb Stunden hier verabschieden sollen, ganz am Schluß der heutigen Tagesordnung, ohne daß eine wirklich ausführliche und eingehende Aussprache möglich sein wird.
({1})
- Es ist Viertel vor acht; wollen Sie bis 11 Uhr tagen? Wir sind dazu bereit, aber Sie wollen doch um 9 Uhr Schluß machen.
({2})
Es ist ferner zu beanstanden, daß wir von gewissen Beschlüssen einzelner Ausschüsse erst jetzt in diesem Augenblick Kenntnis erhalten, und weiter, daß keiner der zuständigen Herren Minister persönlich anwesend ist. Das gehörte sich bei einem so schwerwiegenden Gesetz; denn die Herren Minister haben uns hier Rede und Antwort zu stehen.
({3})
Darüber hinaus handelt es sich um ein Gesetz, bei dessen Formulierung der gesunde menschliche Sprachgebrauch weitgehend ausgeschaltet worden ist. Sie werden mir das wahrscheinlich nicht so ohne weiteres abnehmen. Aber wenn ich Ihnen nachher einzelne Dinge hier vorführe, werden Sie wohl feststellen, daß von den 520 Abgeordneten des Deutschen Bundestages mindestens 500 gewisse Formulierungen einfach nicht verstehen und gar nicht kennen.
({4})
- Vor vier Stunden habe ich auch noch dazu gezählt; da haben Sie recht. Aber ich habe diese letzten vier Stunden dazu benutzt, mich über diese schwierigen Fragen zu informieren. Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so gegangen ist; ich habe daran einige Zweifel.
Diese Ausführungen mußte ich machen, um die Zurückziehung unseres Antrags auf Umdruck 481 zu begründen. Wir sind von der falschen Voraussetzung ausgegangen, daß die Einfügung des Wortes „Flüssiggase" eine zusätzliche Erschwerung bedeuten würde. Das ist nicht der Fall. Das habe ich aber erst erfahren, als ich mit den zuständigen Ministerialbeamten sprach. Im Wirtschaftsausschuß ist über diese Frage überhaupt nicht gesprochen worden.
({5})
- Aber der Wirtschaftsausschuß war mitbeteiligt. Im Finanzausschuß ist darüber auch nur in der abgekürzten Form gesprochen worden, indem gesagt wurde, daß man die Rechtsverordnung hier mit einbauen möge.
({6})
- Das ist ein Irrtum. Das hat damit gar nichts zu tun. Auch Ihre Vertreter sind nicht darüber im Bilde, was das Wort „Flüssigkeitsgas" hier zu bedeuten hat. Vielleicht einige Spezialisten aus der Finanzverwaltung; aber sonst niemand. - Herr Kollege Krammig, ich nehme Sie aus; Sie werden das wahrscheinlich wissen; aber die meisten Ihrer Kollegen ebensowenig wie ich. Solche Gesetze sollten wir nicht machen.
Wir haben uns also davon überzeugen lassen, daß die Streichung des Wortes „Flüssigkeitsgase" nicht in dem von uns beabsichtigten Sinne liegt.
(
„Flüssiggase"!)
Sie kennen ja unsere Absicht; Sie wissen, daß wir diese Heizölsteuer nicht wollen. Infolgedessen wollen wir natürlich noch weniger eine Erweiterung dieser Steuer.
Ich ziehe also den Antrag Umdruck 481 zurück und begründe den Antrag Umdruck 482. Sie finden auch da in dem Gesetz nicht das, was wir in unserer normalen Sprache bei diesem Gesetz immer unterstellen, nämlich „leichtes Heizöl" und „schweres Heizöl"; im Gesetz sind komplizierte Worte und komplizierte Wortgebilde enthalten, die dem normalen Leser die Lektüre dieses Gesetzes außerordentlich schwer machen.
Sie wissen, unser Ziel ist die Ablehnung der Heizölsteuer. Unser Antrag Umdruck 482 begnügt sich damit, wenigstens das leichte Heizöl aus der Besteuerung herauszunehmen, und ich hoffe, mindestens darin eine Zustimmung von ihrer Fraktion zu haben.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seuffert?
({0})
Herr Kollege Atzenroth, glauben Sie nicht, daß Ihr Antrag Umdruck 482 nicht das erreicht, was Sie wollen - Streichung der Steuer für Gasöl, sogenanntes leichtes Heizöl -, sondern im Gegenteil erreicht, daß auch für dieses leichte Heizöl die Steuer auf 3 DM pro Tonne erhöht wird?
Herr Seuffert, Sie haben völlig recht.
({0})
Aber ich bitte all die Kollegen, die hier lachen, sich doch einmal zu überlegen: Verstehen Sie denn die Formulierung? Wir sind doch keine Fachleute. - Aber Herr Müser, Sie wollen die Formulierung verstehen?
({1})
Herr Abgeordneter Atzenroth, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Seuffert?
({0})
Herr Kollege Atzenroth, darf ich Ihnen die Formulierung vorschlagen,
({0})
nämlich in Ihrem Antrag, statt das Gasöl zu streichen, zu sagen: „Gasöl zum Steuersatz von 0 DM"?
Ich habe dem Hohen Hause eine Änderung des Antrags Umdruck 482 vorzulegen; die Formulierung werde ich in einem Änderungsantrag zu unserem Antrag dem Herrn Präsidenten vorlegen. Die Änderung beinhaltet eindeutig und unter Verwendung des normalen Sprachgebrauchs, das leichte Heizöl aus der Besteuerung herauszunehmen. Ich wiederhole: dazu müßten wir in allererster Linie die Unterstützung eines Ihrer Kollegen bekommen, nämlich des Kollegen, der am 4. November sehr drastisch gesagt hat: „Es kann gar keinen Zweifel darüber geben, daß die Heizölsteuer, so wie sie vorgeschlagen ist, ein ganz abscheulicher Wechselbalg ist." So scharf will ich mich nicht ausdrücken. Aber wer das gesagt hat, der muß mindestens die Besteuerung des leichten Heizöls ablehnen. Ich hoffe, daß wir auf diese Weise mit unserem Antrag doch noch zum Zuge kommen werden.
({0})
Das leichte Heizöl - ich habe das in der ersten Lesung ausführlich erklärt - wird zum großen Teil für Haushaltungen verwendet. Wenn man auf der einen Seite für die Beheizung von Haushalten eine besondere Hilfe im Kohlepreis gewährt, kann man nicht auf der andern Seite diese zusätzliche Besteuerung schaffen.
Die Herausnahme des leichten Heizöls aus der Heizölsteuer ist also eine Forderung, die von der großen Masse der kleinen Verbraucher erhoben wird, zu denen auch ein großer Teil Ihrer Wähler zählt, meine Damen und Herren von der CDU.
({1})
Deswegen hoffe ich, daß Sie unserem Antrag, wenigstens diesen Teil aus der Heizölsteuer herauszunehmen, entsprechen werden.
Herr Abgeordneter Atzenroth, darf ich Sie bitten, mir den Änderungsantrag zu geben. - Danke sehr.
Der Änderungsantrag Umdruck 482 soll nunmehr folgendermaßen lauten:
In Artikel 1 werden in dem neugefaßten § S
Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes die Worte
- nicht, wie es jetzt heißt: „ , a) Gasöle zum Steuersatz von 1 DM, gestrichen" -,,unversteuert, Heizöle bis zum 31. März 1963
a) Gasöle zum Steuersatz von 1 DM," ersetzt durch:
„und Gasöle unversteuert, andere Schweröle und Reinigungsextrakte bis zum 31. März 1963 zum Steuersatz von 3 DM".
An Stelle des Textes, den der Ausschuß beschlossen hat, schlägt die Fraktion der FDP also folgende Fassung vor:
und Gasöle unversteuert, andere Schweröle und Reinigungsextrakte bis zum 31. März 1963 zum Steuersatz von 3 DM.
Soweit ich die Dinge übersehe, ist das in der Sache tatsächlich das, was logisch gewollt wird.
Wird dazu noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kann ich also über diesen Änderungsantrag zu Art. 1 betreffend § 8 Abs. 2 in der Ihnen soeben bekanntgegebenen geänderten Fassung des Antrags Umdruck 482 abstimmen lassen. Wer diesem geänderten Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ich glaube, die Gegenprobe hat eindeutig die Mehrheit ergeben; der Änderungsantrag ist also abgelehnt. Damit entfällt auch der ensprechend geänderte Änderungsantrag zu Art. 2, Herr Abgeordneter Atzenroth? - Gut. Der Änderungsantrag Umdruck 481 ist ohnehin zurückgezogen worden.
Jetzt haben wir noch den Änderungsantrag der Abgeordneten Krammig und Eplée auf Umdruck 485. Wird er begründet? - Herr Abgeordneter Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn mich der Herr Präsident nicht rügt, will ich Herrn Dr. Atzenroth gern die Aufklärung geben, was unter Flüssiggas zu verstehen ist. In § 2 der MineralölsteuerDurchführungsverordnung finden Sie die Begriffsbestimmung. Es handelt sich um handelsübliches Propan und Butan sowie Gemische von beiden. Das sind Flüssiggase.
Nun zu meinem Änderungsantrag. Die Begründung des Gesetzentwurfs geht davon aus, daß mit dem Gesetz keine fiskalischen Zwecke verfolgt werden. Vielmehr sei beabsichtigt, mit der zeitweisen Besteuerung des Heizöls dem Steinkohlenbergbau die Durchführung der bereits eingeleiteten Maßnahmen zu erleichtern, die zur Anpassung an die veränderte Struktur des Energiemarkts erforderlich sind, sowie diese Anpassung dadurch zu erleichtern, daß das Vordringen des Heizöls verlangsamt oder gedämpft wird. Eine Besteuerung des Heizöls erscheint daher nur insoweit folgerichtig, als Kohle und Heizöl in einem echten Wettbewerb miteinander stehen, d. h. wahlweise Einsatz finden können.
Diesem Grundsatz trägt der vorliegende Entwurf auch dadurch Rechnung, daß er z. B. Heizöle zur chemischen Umwandlung von der Besteuerung ausnimmt und auch die Steinkohlenteer-Heizöle nicht der Steuer unterwirft. Aus dem gleichen Grund wird auch an dem an anderer Stelle des Mineralölsteuergesetzes verankerten Grundsatz nicht gerüttelt, die Mineralöle, die in Herstellungsbetrieben zur Aufrechterhaltung von Herstellungsbetrieben verwendet werden, generell von der Steuer freizustellen. Diese Befreiungsvorschrift besteht, seitdem Mineralöl überhaupt besteuert wird; das ist seit dem Frühjahr 1930. Die auch heute noch zutreffende Motivierung hierfür liegt darin, daß es wirtschaftlich nicht angängig ist, ein Produktionsmittel, das zur Herstellung eines Produktes eingesetzt wird, mit der gleichen Verbrauchsteuer zu belasten wie das Produkt selbst. Das käme nämlich einer zweifachen Steuerbelastung des gleichen Produktes gleich.
Der Eigenbedarf an Energie der Raffinerien wird zum Teil durch innerhalb des Raffineriegeländes gelegene Erzeugungsanlagen gedeckt. Im Zeitalter der arbeitsteiligen Wirtschaft ist man vielenorts dazu übergegangen, sich bei der Deckung des Energiebedarfs der öffentlichen Energieerzeugungsanlagen zu bedienen. Dies insbesondere, da sich auch die Gemeinden zur Verbesserung der Konkurrenzlage ihrer Elektrizitätswerke sehr um eine solche Zusammenarbeit bemüht haben.
Ein sachlicher Grund, diese nur örtlich verlagerte Form des Eigenverbrauchs steuerlich anders zu behandeln als den Eigenverbrauch innerhalb der Raffinerien, ist nicht ersichtlich, da in beiden Fällen der Mineralölverbrauch der Deckung des Eigenbedarfs an Energie dient und es für die Besteuerung nicht entscheidend sein kann, wo der Verbrauch stattfindet, ob auf dem Raffineriegelände oder in mit den Raffinerien verbundenen und in unmittelbarer Nähe befindlichen öffentlichen Energieerzeugungsanlagen.
Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung würde außerdem zu einer beträchtlichen einseitigen Belastung der wenigen Raffinerien führen, die ihren Energiebedarf in dieser Form decken, und damit den Wettbewerb unter den deutschen Raffinerien verfälschen. Dies soll durch den vorliegenden Antrag vermieden werden, zumal ein Verwaltungsaufwand hiermit nicht verbunden ist.
Da Sie vorhin bei der Beratung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes Ihrem besonderen Wohlwollen den Gemeinden gegenüber Ausdruck verliehen haben, z. B. durch die Bewilligung eines zweiten Pfennigs Steuererhöhung beim Vergaserkraftstoff, können Sie jetzt genauso Ihr gemeindefreudiges Herz zeigen, indem Sie diesen Antrag billigen. Ich bitte also, dem Antrag auf Umdruck 485 zuzustimmen.
({0})
Hierzu hat das Wort der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere sehr, Sie bitten zu müssen, dem Antrag meines verehrten Kollegen Krammig nicht zuzustimmen. Wir haben diesen Antrag im Finanzausschuß erörtert. Er ist nach meiner Auffassung aber nicht mit der Gründlichkeit behandelt worden, die uns einen vollen Überblick über das Gesamtproblem verschafft hätte. Schon aus diesem Grunde meine ich, es wäre hier nicht geraten, dem Antrag zu folgen.
Wir haben andere Ausnahmeanträge im Finanzausschuß abgelehnt; sie sind zum Teil im Bericht erwähnt. Meines Erachtens sollten wir dieser ersten Ausnahme wehren. Es wäre die erste eigentliche Ausnahme in der Heizölsteuer. Es ist einfach nicht zu übersehen, welche Berufungsfälle hier geschaffen würden.
Abweichend vom bisherigen Prinzip der Verbrauchsteuer ist im Mineralölsteuergesetz schon der Eigenverbrauch der Raffinerien begünstigt. Ein besonderes Privileg! Man hat schon eine Tür aufgemacht. Jetzt soll in der Heizölsteuer praktisch die zweite Tür aufgemacht werden, und zwar unter einem Gesichtspunkt, der dem Verbrauchsteuerrecht bisher vollkommen fremd war, nämlich unter dem Gesichtspunkt der Mittelbarkeit, der Austauschbarkeit der Energiequellen. Heizöl wird an Fremdversorgungsunternehmen ,geliefert; die Gegenlieferung in Gestalt von Elektrizität soll hei der Raffinerie nun auch verbrauchsteuerfrei, heizölsteuerfrei sein.
Herr Kollege Krammig hat schon darauf hingewiesen, daß innerhalb des eigenen Betriebes eine Elektrizitätsversorgungsanlage schon durch die Durchführungsverordnung zum Mineralölsteuergesetz begünstigt ist. Er sagt, was der eigenen Versorgungsanlage recht ist, sollte der Fremdversorgungsanlage billig sein.
Aufs Ganze gesehen, ist das Problem wirtschaftlich nach meiner Auffassung bedeutungslos. Es handelt sich insgesamt nur um 200 000 Tonnen im Jahre. Bereits 75 % des Eigenbedarfs werden durch eigene Versorgungsanlagen gedeckt. Ich glaube nicht, sehr verehrter Herr Kollege Krammig, daß bei der Veranschlagung der Heizölsteuer auf drei Jahre jetzt irgendein Unternehmen dazu übergehen würde, die Lieferung von Heizöl an Fremdversorgungsunternehmungen in eigene Versorgungsanlagen umzusetzen. Dazu bietet schon die DreiJahres-Frist keine genügende kalkulatorische Grundlage.
Im übrigen, Herr Kollege Krammig, habe ich mich technisch dahin gehend belehren lassen, daß diese Unternehmungen, soweit sie mittelbar von Fremdversorgungsunternehmungen Energie beziehen, leicht auf Restgase, also auf Abfallprodukte ausweichen können, die nicht zu versteuern sind.
Ich bitte also, diesen Antrag nicht anzunehmen; er könnte Berufungsfälle schaffen, die nicht zu übersehen sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht im Grunde genommen gar nicht um die 6 Millionen DM, die in Rede stehen. Es geht einfach um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder in diesem Falle um die gerechte steuerliche Gleichbehandlung.
({0})
Die eine Raffinerie wird so behandelt, die andere so. Infolgedessen wird die Wettbewerbslage unter den Raffinerien verschoben, wenn man der einen die Heizölsteuer aufbürdet und die andere davon frei läßt.
Herr Kollege Dr. Schmidt hat gegen den Antrag gesprochen. Ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang doch noch auf folgendes hinweisen. Wir waren im Finanzausschuß großzügig genug, völlig davon abzusehen, die schweren Steinkohlenteeröle, die auch als Heizöle benutzt werden, erneut steuerpflichtig zu machen und der Heizölsteuer zu unterwerfen. Es dreht sich da immerhin um eine Menge von rund 500 000 Tonnen jährlich. Bei einem Steuersatz von 30 DM wären das 15 Millionen DM. Darauf haben wir verzichtet, und zwar mit der Begründung, diejenigen, die die schweren Steinkohlenteeröle verwenden, seien ja gerade Betriebe des Kohlenbergbaus. Infolgedessen entfiele der eigentliche Gedanke, der das Heizölsteuergesetz trägt, eine zusätzliche Steuerbelastung einzuführen. Wenn man das auf der einen Seite getan hat, dann muß man konsequent genug sein, mindestens die steuerliche Gleichstellung der Raffinerien herbeizuführen, die auf Fremdversorgungsanlagen angewiesen sind. So einfach, Herr Kollege Schmidt, ist es nun nicht, daß man sich auf Restgas usw. umstellt. Das erfordert enorme Investitionen; denn alle Anlagen müssen um- bzw. neugebaut werden. Dann könnte es für diese Raffinerien vielleicht sogar zweckmäßig sein, sich neue Energieerzeugungsanlagen anzuschaffen. Die kommunalen Unternehmungen, die mit diesen Abnehmern rechnen, wären die Dummen. Ich darf auf Köln, ich darf auf Hamburg verweisen.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, meine Damen und Herren, den Antrag auf Umdruck 485 anzunehmen.
Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Wer dem Antrag auf Umdruck 485 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.
Weiter liegt zu Art. 1 bisher kein Änderungsantrag vor. Dagegen liegt noch eine Wortmeldung vor. Herr Abgeordneter Kurlbaum, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion begrüßt selbstverständlich die sozialpolitischen Anpassungsmaßnahmen, die in dem Schriftlichen Bericht Drucksache 1635 unter dem Titel „Aufwendungen nach vorliegenden konkreten Regelungen" mit einer Gesamtaufwendung von 300 Millionen DM für drei Jahre aufgeführt sind und die den Bergarbeitern einen gewissen Schutz gegen die Auswirkungen der strukturellen Änderungen am Energiemarkt gewähren sollen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat aber mit Sorge zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung als einziger und unsozialster Partner im Ministerrat der Montanunion gegen die endgültige Übernahme entsprechender Bestimmungen für solche Anpassungsmaßnahmen gestimmt hat.
({0})
- Ja, bitte, orientieren Sie sich! - Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird daher die Durchführung dieser Maßnahmen durch die Bundesregierung außerordentlich sorgfältig beobachten.
In der heutigen Beratung geht es nicht um das Ausmaß und die Einzelheiten dieser Anpassungsmaßnahmen, sondern in erster Linie um ihre Finanzierung. Die Mehrheit dieses Hauses hat für die Finanzierung das sogenannte Heizölsteuergesetz vorgelegt. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat schon in der ersten Lesung mit der Drucksache 1318 einen anderen Deckungsvorschlag vorgelegt. Sie hat die Deckung in Form einer Bundesergänzungsabgabe zur Körperschaftsteuer vorgeschlagen. Grund für diesen völlig anderen Deckungsvorschlag war für ,die sozialdemokratische Fraktion insbesondere die Überlegung, daß es sich beim Kohlebergbau um eines der Hauptfundamente der gesamten deutschen Volkswirtschaft handelt. Wenn zur Erhaltung eines dieser Hauptfundamente öffentliche Mittel aufgewendet werden müssen, sollten diese Mittel von ,der ganzen Wirtschaft nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit und nicht nur von denen aufgebracht werden, die sich zufällig - meist aus guten Gründen - für die Verwendung von Heizöl entschieden haben.
Außerdem führt die Heizölsteuer dazu, daß die Gebiete in der Bundesrepublik, die weiter von den Kohlerevieren entfernt sind und deshalb erfahrungsgemäß einen überdurchschnittlichen Heizölverbrauch haben, besonders belastet werden. Das trifft z. B. für Bayern und Schleswig-Holstein zu und hat eine wirtschaftspolitisch höchst unerfreuliche Wirkung.
Dazu kommt, daß heute praktisch niemand sagen kann, wer die Heizölsteuer im Endeffekt bezahlen wird, ob der Verbraucher von Heizöl, der Verbraucher von Benzin oder der Verbraucher von Dieselöl. Das wird im wesentlichen von den großen Erdölgesellschaften, von den großen Mineralölgesellschaften entschieden werden, die es in der Hand haben, die Preise für diese drei Kuppelprodukte zu diktieren. Das hat auch Herr Professor Erhard in der ersten Lesung dieser Vorlagen im Grundsatz zugeben müssen.
Nun wird gesagt, daß die Heizölsteuer die Wettbewerbslage der Kohle verbessern werde. Meine Damen und Herren, das hat aber zur Voraussetzung, daß sich überhaupt der Heizölpreis um die Heizölsteuer erhöhen wird. Gerade das ist wegen des Charakters des Heizöls als eines Kuppelproduktes in größtem Umfang zweifelhaft. Ich erinnere daran,
daß wir vergeblich versucht haben, von den Sachverständigen der Mineralölindustrie hier irgendeine Prognose zu erhalten.
Im übrigen ist auch für leichtes Heizöl der Preis überhaupt nicht entscheidend. Für den Hausbrand sind vielmehr die Bequemlichkeit und Reinlichkeit entscheidend. Deshalb ist es Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, ja auch sehr schwergefallen, die Regierungsvorlage, die ursprünglich auch einen Steuersatz von 30 DM für das leichte Heizöl vorsah, aufrechtzuerhalten. Sie haben sich unter dem Druck der Öffentlichkeit und der allgemeinen Kritik gezwungen gesehen, von 30 auf 10 DM zurückzugehen.
Grundsätzlich läßt sich ja wohl überhaupt keine Sonderbelastung für das leichte Heizöl rechtfertigen, weil sein Preis für die Verwendung dieses Heizöls in weitem Umfang nicht maßgebend ist. Die einzige konsequente Lösung besteht darin, die Steuer für das leichte Heizöl gänzlich abzulehnen. Wir haben uns deshalb auch dazu entschlossen, den Antrag der FDP hierzu zu unterstützen.
Ich komme zu dem Schluß, daß die Heizölsteuer schon allein vom wirtschaftspolitischen Standpunkt aus ein in mehrfacher Hinsicht höchst fragwürdiges Experiment ist.
Die SPD würde selbstverständlich durchaus Maßnahmen begrüßen, die geeignet sind, das rasche Vordringen des Heizöls zu bremsen und dem Kohlenbergbau eine Atempause für den notwendigen Anpassungsprozeß zu geben. Wir befürchten
aber, daß die Bundesregierung überhaupt keine konkreten Vorstellungen über den Ablauf eines solchen notwendigen Anpassungsprozesses hat. Offensichtlich überläßt sie es dem Kohlenbergbau, selbst solche Vorstellungen zu erarbeiten, die sich naturgemäß in erster Linie nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten ohne Rücksicht auf volkswirtschaftliche und kommunalwirtschaftliche Gesichtspunkte ausrichten werden. Die Montanbehörde hat im Rahmen der Montanunion bekanntlich durchaus Möglichkeiten, z. B. die Investitionen in der Kohle wirksam zu beeinflussen.
Wir fragen daher die Bundesregierung, ob sie glaubt, daß man es sich unter diesen Umständen leisten kann, dem stärksten und mächtigsten Konkurrenten der Kohlewirtschaft, nämlich der Mineralölwirtschaft, völlig freie Hand für ihre gezielten Maßnahmen gegen den Kohlenbergbau zu lassen.
Besonders unerfreulich erscheint uns die Heizölsteuer aber unter steuerpolitischen Gesichtspunkten, und zwar deshalb, weil mindestens ein Teil dieser Steuer vom Letztverbraucher aufgebracht werden muß. Angesichts der massiven Steuerermäßigungen für hohe Einkommen und der Ermäßigung der Körperschaftsteuersätze halten wir jede weitere Erhöhung von Verbrauchsteuern für unvertretbar. Sie wissen, daß wir für die anstößigste Steuerermäßigung der letzten Jahre die schrittweise Ermäßigung der Körperschaftsteuersätze für die ausgeschütteten Gewinne halten. Seinerzeit - Sie werden sich daran erinnern - sind diese schrittweisen, sehr
erheblichen Ermäßigungen der Körperschaftsteuer für den ausgeschütteten Gewinn in der Hauptsache mit dem Argument begründet worden, man müsse zu größeren Ausschüttungen anreizen. Wie man weiß, liegt der Durchschnittsdividendensatz heute schon bei ungefähr 11 %. Da muß man sich natürlich fragen, ob ein Anreiz überhaupt noch nötig ist.
Inzwischen ist klargeworden, daß die Wirkung, die man erzielen wollte, die Vermehrung der Ausschüttungen, in keinem Verhältnis zu dem Opfer steht, das man durch die Steuerausfälle gebracht hat. Die SPD hatte seinerzeit von vornherein erhebliche Bedenken gegen die Körperschaftsteuersätze geäußert, ist aber bei der Koalition auf taube Ohren gestoßen. Diese Körperschaftsteuersenkung hat, wie heute klargeworden ist, einen entscheidenden Beitrag zu den enormen Kurssteigerungen und zu den, wie wir alle wissen, dabei entstandenen sehr hohen, größtenteils steuerfreien Gewinnen geliefert.
({1})
Die Koalition sollte daher einsehen, daß jede Gelegenheit wahrgenommen werden müßte, dieses krasse steuerliche Unrecht wiedergutzumachen.
({2})
Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang mit Genehmigung des Herrn Präsidenten ein paar Sätze vorlesen, die Herr Ernst Friedlaender - sicher kein Sozialdemokrat - im „Hamburger Abendblatt" zu diesen Steuerproblemen geschrieben hat:
Nirgendwo wird es den Reichen so leicht wie bei uns gemacht, noch wesentlich reicher zu werden. Unser ganzes Steuersystem unterstützt eher die große Kapitalsammlung als die kleine Eigentumsbildung,
({3})
- Herr Burgbacher, sehr interessant! -die freilich mit beredten Worten gepriesen wird. Die Progression bei der Einkommensteuer ist in der Bundesrepublik wesentlich geringer als in England und Amerika. Die indirekten und unsozialeren Steuern spielen eine unverhältnismäßig große Rolle verglichen mit den direkten Steuern vom Einkommen und Vermögen, und den Löwenanteil der Börsengewinne hat ein gütiger Gesetzgeber überhaupt von der Einkommensteuer befreit.
Meine Herren, ich rate Ihnen dringend, sich doch einmal mit diesem Problem zu befassen, insbesondere auch den Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion, die nicht nur die Interessen der großen Gesellschaften vertreten zu müssen glauben.
({4})
Unser Vorschlag ist auch von einem anderen Gesichtspunkt aus, nämlich vom konjunkturpolitischen Gesichtspunkt aus sehr viel besser als Ihr Dekkungsvorschlag. Unter den heutigen konjunkturellen Bedingungen ist die Erhöhung von Verbrauchsteuern in keiner Weise zu empfehlen, sondern im Gegenteil eine Bremse für die zur Zeit in der Tat überhöhte Investitionsneigung bei den großen Unternehmungen. Dazu wäre eine erhöhte BesteuKurlbaum
erung der Gewinne gerade dieser Unternehmungen am Platze. Die Körperschaften sind weitgehend identisch mit den großen Unternehmungen. Sie werden sich auch daran erinnern, daß die Bundesbank mit großer Sorge vermerkt hat, daß es bis heute von seiten der Bundesregierung an geeigneten konjunkturpolitischen Maßnahmen zur Dämpfung der Konjunktur gefehlt hat. Unser Deckungsvorschlag, meine Damen und Herren von der Koalition, verbindet in idealer Weise wirtschaftspolitische und steuerpolitische Vorteile.
({5})
Dazu kommt, daß er durchaus elastisch ist. Der Steuersatz für die Ergänzungsabgabe kann so bemessen werden, wie es für die Deckung der Aufwendungen für die sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen notwendig ist. Bei Ihrem Vorschlag ist eine solche Elastizität in diesem Maße nicht gegeben.
Wir sehen uns daher genötigt, nicht nur diesen Artikel, sondern das ganze Gesetz über die Heizölsteuer abzulehnen. Wir bitten, unserem Deckungsvorschlag, der nachher zur Abstimmung gestellt wird, zuzustimmen.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Burgbacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sehr verehrte Kollege Kurlbaum hat in einem Zwischensatz den Verdacht ausgesprochen, meine Fraktion besorge die Geschäfte der Großen.
({0})
Da die Ölgesellschaften zu den größten Kapitalgesellschaften der Welt gehören und wir gerade darüber beraten, ob wir ihnen eine Heizölsteuer auferlegen, scheint mir zumindest in dieser allgemeinen Form der Vorwurf des Kollegen Kurlbaum widerlegt.
({1})
Herr Abgeordneter Burgbacher, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Natürlich!
Herr Kollege Burgbacher, sind Sie sich nicht genau so klar darüber, wie wir auch, in welchem Umfange diese Gesellschaften die Preiserhöhung auf den Verbraucher abzuwälzen in der Lage sind?
Verehrter Herr Kollege Kurlbaum, es gibt in dieser unvollkommenen Welt keine Steuer, die nicht vom Verbraucher gezahlt wird,
({0})
keine einzige, auch nicht die, die Sie propagieren.
({1})
Nun aber ich glaube, Herr Präsident, Herr
Deist will eine Frage stellen.
({2})
Ich bitte um Entschuldigung! Gestatten Sie dem Herrn Abgeordneten Deist eine Zwischenfrage?
Ja, natürlich!
Herr Kollege Burgbacher, abgesehen von der theoretischen Möglichkeit, alle Steuern abzuwälzen: wissen Sie nicht, daß indirekte und Verbrauchssteuern normalerweise wesentlich leichter abzuwälzen sind, weil sie an sich zur Abwälzung im allgemeinen sogar ausdrücklich bestimmt sind -, als das bei Besitzsteuern der Fall ist, bei denen eine Abwälzung z. B. in einer kritischen Wirtschaftsperiode beinahe unmöglich ist, so daß tatsächlich doch ein wesentlicher Unterschied zwischen der Belastung mit direkten und mit indirekten Steuern besteht? - Ich glaube, das war ein Fragesatz.
Ich bin für die Frage dankbar, denn die Abwälzung sowohl von indirekten wie von direkten Steuern wird nicht vom Gesetz, sondern von der Marktsituation bestimmt.
({0})
Wenn der Markt es erlaubt, wird sowohl die indirekte wie die direkte Steuer abgewälzt, und wenn er es nicht erlaubt, kann sie nicht abgewälzt werden.
({1})
- Herr Abgeordneter Seuffert - - Ach so, er hat noch nicht gefragt!
({2})
Herr Kollege Burgbacher, nachdem es Ihrer Ansicht nach keine Steuer gibt, die nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden kann oder abgewälzt wird: wissen Sie einen Verbraucher, auf den ich meine Einkommensteuer abwälzen kann?
({0})
Ihre Klienten, Herr Rechtsanwalt!
({0})
Nun, meine Damen und Herren, wir beantragen die Ablehnung des Gesetzentwurfs Drucksache 1318, und zwar - ich werde mich wegen der Zeit kurz fassen - aus folgenden Gründen. Wir beraten nach unserer Meinung keine fiskalische Vorlage
({1})
und keinen Deckungsplan, sondern wir beraten eine energiepolitische Maßnahme:
({2})
dem deutschen Steinkohlenbergbau an Ruhr, Wurm und Saar eine Anpassungszeit zu geben, damit er sich auf den neuartigen Stand der Energiewirtschaft in der Bundesrepublik und im Gemeinsamen Markt ohne allzu große Härten einstellen kann.
({3})
Der Antrag unserer Kollegen von der SPD hat energiepolitisch überhaupt nicht die geringste Bedeutung und bietet absolut keinen sozialen Schutz für den deutschen Bergmann.
Wir sind der Meinung, daß die Heizölsteuer unter allen Umständen eine Bremse in der sicherlich trotzdem weitergehenden - aber langsamer weitergehenden - Entwicklung der Heizölwirtschaft bedeutet. Diese Bremse gibt eine Entlastung für die Anpassungszeit des deutschen Bergbaus. Das sind dieselben drei Jahre, die wir auch in dem sogenannten Kohlenzollgesetz mit erwiesenem Erfolg zugrunde gelegt haben.
({4})
Zweifellos werden durch die Heizölsteuer die revierfernen Gebiete stärker belastet als andere. Wir haben uns deshalb überlegt - und speziell der Kollege hat darum gekämpft, der heute hier wegen seiner Kritik an der Regierungsvorlage zitiert worden ist -, wie man diesen Interessen der revierfernen Gebiete im Rahmen des Möglichen gerecht werden könnte. Da haben sich zwei Lösungen angeboten. Die eine besteht in der Herabsetzung der Heizölsteuer für leichte Heizöle von 30 auf 10 DM je Tonne, was bekanntlich den Haushaltsverbrauchern und damit den Hausfrauen zugute kommt. Die andere Lösung besteht in der sogenannten Frachtenrückvergütung für Kohlentransporte.
Das Aufkommen der Heizölsteuer in drei Jahren dürfte etwa eine Milliarde sein. Es ist nicht rechnerisch festzulegen, weil es vom Entwicklungstempo des Öles abhängt. Die Rückvergütung für Frachten macht etwa 400 Millionen DM in diesen drei Jahren aus. Das bedeutet energiepolitisch und kohlenpolitisch zweierlei.
Durch die Heizölsteuer wird die Chance der Kohle, sich zu behaupten, vergrößert, und durch die Frachtenrückvergütung werden die revierfernen Gebiete nicht nur besonders entlastet, sondern die Kohle wird auch in diesen Gebieten wettbewerbsfähiger. Die Gesamtenergiebelastung unseres Volkes macht also nicht mehr eine Milliarde, sondern nur noch 600 Millionen DM aus.
({5})
- Ohne Rechenschieber gibt eine Milliarde weniger 400 Millionen doch 600 Millionen. Die Heizölsteuer macht eine Milliarde und die Frachtenrückvergütung 400 Millionen DM. Da die Frachtenrückvergütung auch dem Verbraucher zugute kommt, bleibt der Verbraucher per saldo mit 600 Millionen DM belastet. Lieber Freund Atzenroth, da können Sie Musik dazu machen, das stimmt!
({6})
- Lieber Herr Kollege Deist, es bleibt Ihnen, das zu beweisen. Sie lieben doch so die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird auf Heizöl eine Milliarde draufgelegt und von den Kohlenfrachten 400 Millionen DM in drei Jahren heruntergenommen. Da bleibt energiepolitisch eine Mehrbelastung von 600 Millionen DM.
({7})
- In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist die Verschiebung eine sekundäre Frage. Das ist eine privatwirtschaftliche Frage.
({8})
- Daran werde ich Sie aber erinnern, wenn Sie Ihre gesamtwirtschaftliche Erfolgsrechnung einmal wieder aufmachen!
Meine Damen und Herren, wir müssen den Gesetzentwurf Drucksache 1318 ablehnen. Dem interessanten Versuch, den der verehrte Kollege Kurlbaum gemacht hat, aus der Kohlendebatte und Heizölsteuerdebatte eine Körperschaftsteuerdebatte zu machen, folge ich nicht, weil das heute nicht auf der Tagesordnung steht.
({9})
- Sie haben Gründe gehabt, der Heizölsteuer- und der Kohlendebatte aus dem Wege zu gehen und in die Körperschaftsteuerdebatte auszuweichen.
({10})
Aber auf der Tagesordnung steht: Kohlenfrage mit Heizölsteuer. Das ist der Gegenstand unserer Beratung.
Herr Abgeordneter Burgbacher, dazu wollte Sie offenbar Herr Abgeordneter Kurlbaum noch etwas fragen.
Bitte sehr!
Herr Kollege Burgbacher, haben Sie mein Argument vergessen, daß es völlig ungewiß ist, in welcher Form die Heizölsteuer erhöhend auf den Heizölpreis wirkt, und daß wir alle erst abwarten müssen, in welcher Form sich die Mineralölindustrie für diese Steuer schadlos hält, sei es am Verbraucher von Heizöl, sei es am Verbraucher irgendeines ihrer anderen Produkte? Und sind Sie sich darüber klar, daß damit die wettbewerbspolitische Wirkung der Heizölsteuer in bezug auf den Wettbewerb mit der Kohle durchaus fragwürdig und ungewiß ist?
Nein, sie ist es nicht; denn da die Ölgesellschaften die Konkurrenten der Kohle sind, ist es völlig klar, daß Sie, wenn Sie den Ölgesellschaften durch die Heizölsteuer Geld abnehmen, auch wenn Sie es ihnen selbst und nicht dem Verbraucher abnehmen, damit die Wettbewerbskraft dieser stärksten Konkurrenten der Kohle schwächen.
({0})
- Wenn der Benzinpreis das trägt, dann können Sie das nicht ändern.
({1})
- Aber, meine Damen und Herren, wenn der Benzinpreis das trägt, bin ich für meine Person auf Grund der Hochachtung, die ich vor den Generaldirektoren dieser Gesellschaften habe, davon überzeugt, daß sie ihn mit und ohne Heizölsteuer erhöhen.
({2})
- Glauben Sie doch nicht, daß sich die Leitung dieser Ölgesellschaften durch dieses Gesetz die Tatsache, daß sie eben eine Milliarde DM aufzubringen hat, vernebeln läßt!
({3})
- Ja, in drei .Jahren. Oder wollen Sie sie erhöhen, Herr Deist?
({4})
Wir sind dafür ansprechbar.
Ja, Herr Kollege Burgbacher, dann müssen Sie auch dem Herrn Kollegen Deist eine Frage gestatten.
Herr Kollege Burgbacher, meinen Sie nicht, daß es doch richtig wäre, eine Beziehung zwischen 300 Millionen DM Mehrbelastung und dem Riesengewinn der Mineralölgesellschaften herzustellen, und daß nur diese Beziehung eine zutreffende Antwort auf die Frage geben kann?
Ja, Herr Kollege Deist, da muß ich Sie noch einmal in allem Ernst fragen: Ist Ihre Frage so aufzufassen, daß Sie die Steuer erhöht haben wollen?
({0})
- Ja, aber ich kann doch eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten. Das ist doch nicht verboten. Oder ist das verboten?
({1})
Herr Abgeordneter Burgbacher, sicherlich ist das nicht verboten, nur ist es nach der Geschäftsordnung des Hauses dem Abgeordneten Deist nicht ohne weiteres möglich, Ihnen auf Ihre Gegenfrage sofort zu antworten.
({0})
Wenn die Ölgesellschaften so kapitalstark sind, dann begreife ich überhaupt nicht, warum sich die SPD dagegen wehrt, daß man ihnen diese Heizölsteuer abnimmt, und warum die SPD statt dessen die gesamte deutsche Wirtschaft durch eine Erhöhung der Körperschaftsteuer belasten will.
({0})
Meine Damen und Herren, wir müssen weiterkommen. Ich beantrage also, den Antrag Drucksache
1318 abzulehnen, und darf mir vorbehalten, im Verlaufe der weiteren Debatte, falls es erforderlich ist, nochmals das Wort zu ergreifen, dann noch kürzer.
({1})
Meine Damen und Herren, zum Art. 1 haben wir nun offenbar die Debatte zur Drucksache 1318 vorweggenommen. Ich darf das jetzt wohl annehmen. Wir müssen aber nichtsdestoweniger erst über den Art. 1 abstimmen. Wer ihm, da keine Änderungsanträge angenommen wurden, in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; er ist angenommen.
Ich rufe den Art. 2 auf. Zu Art. 2 lag der Umdruck 482 in der geänderten Fassung vor. Nachdem dieser Änderungsantrag bei Art. 1 abgelehnt worden ist, ist er auch hier als erledigt zu betrachten. Wer dem Art. 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Er ist mit derselben Mehrheit wie Art. 1 angenommen.
Ich rufe Art. 3 auf. Dazu liegen zwei Änderungsanträge vor, einmal der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 472, die Worte „mit Zustimmung des Bundestages" zu streichen und die Worte „oder sie bis auf das Anderthalbfache erhöhen" zu ersetzen durch die Worte „oder sie für Gasöle bis auf 3,- DM, für andere Schweröle und Reinigungsextrakte bis auf 4,50 DM für 100 kg erhöhen,". Ist dazu eine Begründung notwendig? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort sonst gewünscht? - Herr Abgeordneter Starke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU möchte ich trotz der sehr vorgerückten Zeit etwas sagen. Wir haben uns eben bei dem Antrag der Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion nicht geäußert. Sie werden es mir deshalb nicht übelnehmen, wenn ich mit ein oder zwei Sätzen jetzt noch einmal darauf zurückkomme.
Die Freie Demokratische Partei steht diesem Gesetzentwurf, wie Sie wissen, ablehnend gegenüber, auch nachdem wir soeben noch die Begründung, die Herr Burgbacher mit großem Pathos gegeben hat, gehört haben. Sie steht ihm ablehnend gegenüber aus einer Haltung heraus, die wir in der dritten Lesung noch zum Ausdruck bringen werden. Wir können aus dieser Haltung heraus auch dem Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion - Erhöhung anderer Steuern - nicht zustimmen.
Das einzige, was ich hier nachtragen möchte, ist, daß wir die Heizölsteuer in der Form, wie sie von der Regierungspartei heute durchgesetzt werden wird, für so schlecht halten, daß wir eben für viele Erwägungen, die von der sozialdemokratischen Fraktion kamen, Verständnis haben. Auch wenn Sie so sehr betonen, Herr Kollege Burgbacher, daß man Kapitalgesellschaften von einer gewissen Größe an ruhig besteuern könne oder gar besteuern sollte,
sind wir der Meinung, daß das Gesetz nicht glücklich ist und daß man vieles dazu sagen kann.
Der Herr Präsident hat vorhin schon angedeutet, daß wir heute bei der Lesung eines so wichtigen Gesetzes zu so später Stunde etwas durcheinandergeraten sind. Lassen Sie mich ganz kurz noch einmal auf das kommen, was der Kollege Burgbacher vorweggenommen hat, nämlich die energiepolitischen Maßnahmen. Von den energiepolitischen Maßnahmen kamen Sie, Herr Kollege Burgbacher, dann' zu den revierfernen Gebieten. Sie wissen doch ganz genau, daß, soweit überhaupt noch der Schatten einer Hoffnung besteht, daß die Kohlefrachtsenkung kommt, sie nicht den revierfernen Gebieten, sondern allen Gebieten zugute kommen wird. Dieser Versuch seitens der CSU, hier eine Linderung für die revierfernen Gebiete herbeizuführen, ist doch gescheitert. Der Gedanke, der ursprünglich damit verbunden war, kommt in dem, was jetzt als Ausschußentschließung vorgelegt wird, nicht mehr zum Ausdruck.
Herr Kollege Starke, ist Ihnen nicht bekannt, daß in dem Begriff „revierfern" die Bemessungsgrundlage für die Frachtrückvergütung liegt, daß also die Frachtrückvergütung, die auf Grund des Montanvertrages, wie Sie richtig sagen, allen zugute kommt, in der Reviernähe Pfennige, in der Revierferne aber Markbeträge ausmacht?
Herr Burgbacher, das ist der ganz große Irrtum all derer, die niemals eine intensive Kenntnis revierferner Gebiete gehabt haben.
({0})
Das ist eine ausgesprochen zentrale Revierbetrachtung, für die ich Verständnis habe. Da ich aber zeit meines Lebens von meiner oberschlesischen Heimat bis heute in Ostbayern diese Dinge sehr genau kenne, sage ich Ihnen: Das ist gar keine Entlastung, sondern eine Maßnahme, die sehr viel hundert Millionen kostet, die die Bundesbahn ablehnt und die nicht in das System alles dessen paßt, was an verkehrspolitischen Fragen auf uns zukommt. Auf keinen Fall aber ist es eine Begünstigung der revierfernen Gebiete, auch nicht, wenn es von der CSU gemacht worden ist. Das liegt an den Kompromissen, derentwegen Sie das Gesetz noch heute abend zu so später Nachtstunde durchschleusen, anstatt ein so wichtiges Gesetz zu einer besseren Zeit zu bringen.
({1})
- Jawohl, ich weiß das. Es ist keine irgendwie geartete Vergünstigung für die revierfernen Gebiete, die man gegenüber der Belastung anerkennen könnte.
Lassen Sie mich noch einen Gedanken dazu vorbringen, der uns in Bayern, aber natürlich auch andere revierferne Gebiete beschäftigt hat. Was wollen Sie denn mit dieser Begünstigung für drei Jahre? Wollen Sie damit unternehmerische Entscheidungen über Umstellungen verschieben, auch
zum Vorteil der revierfernen Gebiete, Herr Kollege Burgbacher? Was wird dann nach den drei Jahren? Wo nehmen Sie das Geld her, wenn die Steuer, wie sie es soll, ausläuft?
Dann kommt noch folgendes hinzu. Jemand, der seinen Betrieb auf Heizöl umgestellt hat, sieht, daß der, der seinen Betrieb nicht umgestellt hat, die Kohlefrachtrückvergütung bekommt, während er auf der Heizölsteuer sitzen bleibt. Nehmen Sie es mir nicht übel, meine sehr geehrten Herren von der Regierungsbank, das ist gar nicht überlegt. Das verschlimmert noch die Konkurrenzverschiebung, Ich gebe zu, daß eine solche Verschiebung innerhalb der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht in Erscheinung tritt. Für die revierfernen Gebiete bedeutet sie in der Realität aber sehr viel. Das nur als Abschweifung; aber Sie haben das Gespräch auf diese Frage gebracht.
Aber nun zu dem, was zu Art. 3 beantragt ist. Dazu habe ich natürlich einiges zu sagen. Wir haben es in diesem Gesetz mit einer Steuer von einer bestimmten Höhe zu tun. Es ist ja nicht ohne Absicht die Bestimmung vorgesehen gewesen, daß nach Anhörung des Bundesrates - er soll Gelegenheit zur Stellungnahme haben - und mit Zustimmung des Bundestages die Steuer unter ganz bestimmten Umständen verändert werden kann. Das sollte, wie wir uns das gedacht haben, aus ähnlichen Begründungen heraus geschehen, wie Sie, Herr Kollege Burgbacher, sie heute mit großem Pathos vorgetragen haben. Wir wollten Ihnen die Gelegenheit geben, in demselben Pathos die Notwendigkeit einer Erhöhung hier vorzutragen. Wir haben nicht gewollt, daß man das Licht der Öffentlichkeit scheut und so etwas hinten herum in der Bürokratie des Bundesrates und des Bundes auskocht. Mit dieser Ermächtigung, die hier gegeben werden soll, haben Sie die Möglichkeit geschaffen, daß eine kleine Erleichterung wie etwa die Herabsetzung der Steuer für leichtes Heizöl wieder rückgängig gemacht werden kann, ohne daß die Öffentlichkeit und das Parlament das merkt. Das ist doch nicht richtig.
Sie haben sich nun in der großen Regierungspartei über diese Frage geeinigt und sind darüber sehr glücklich. Wir Freien Demokraten haben Verständnis, daß man glücklich ist, wenn man sich irgendwie in der Partei zusammengerauft hat und dann nach außen hin einig auftritt. Das gelingt nicht immer.
Sie wollen nun die Worte „mit Zustimmung des Bundestages" streichen. Es geht doch hier um eine eminente Erhöhung dieser Steuer. Ich weiß nicht, ob das nicht einen Schritt zu weit geht. Darum möchte ich, wenn schon die übrige Vorlage angenommen wird, das Hohe Haus bitten, sich wenigstens das zu überlegen und diesen letzten Schritt einer Entmannung und Entmachtung des Parlaments in einer solchen volkswirtschaftlichen Frage, wie sie diese Steuerfrage darstellt, nicht zu tun.
Herr Kollege Burgbacher, Sie sagen, das sei eine energiepolitische Maßnahme. Das ist eine Einkleidung, das ist ein Gewand. Wenn Sie dieses Gewand abziehen, dann bleibt eine Steuer übrig. Es scheint mir ein wenig zu weit zu gehen, was Sie hier dem
Parlament bieten, daß nämlich die Erhöhung der Steuer in die Hände der Bundesregierung und des Bundesrates gelegt werden soll. Ich möchte Sie bitten, sich das noch einmal zu überlegen und wenigstens diesem Antrag nicht zuzustimmen. Dann können wir nach einer gewissen Zeit - nach einem Jahr - darüber debattieren. Dann wird es nämlich für Sie nicht mehr ganz so leicht sein, zu sagen, das Gesetz werde alles gutmachen. Dann werden wir sehen, ob das Gesetz wirklich etwas Gutes gebracht hat und ob nicht manche anderen Gedanken, die dazu geäußert worden sind, auch gut waren. Dann könnte man im Parlament über diese Form der Zustimmung zu einer Erhöhung sprechen.
Es ist hier gesagt worden, es werde davon ja doch kein Gebrauch gemacht werden. Warum wird dann überhaupt eine Ermächtigung zu einer Steuererhöhung in dieser Höhe vorgesehen? Ich halte diese Form nicht für möglich, auch wenn dabei der Bundesrat eingeschaltet wird.
Lassen Sie mich nun zum Schluß bitte noch folgendes sagen. Es geht doch nicht bloß um die volkswirtschaftlichen Maßnahmen, auf die Sie sich nun einmal geeinigt haben, und es geht doch nicht nur darum, oh die Steuer so oder so hoch ist. Wir haben heute im Laufe des Tages bei einem anderen Gesetz bereits - ich erinnere an den Gemeindepfennig - mit den Stimmen der großen Regierungspartei Steuern beschlossen, die gar nicht mehr für diesen speziellen Zweck bestimmt sind; weshalb die Bindungsklausel anders formuliert werden sollte. I Wir sind auch heute noch nicht überzeugt worden, daß die Bindungsklausel für den Gemeindepfennig echt ist. Hier haben wir sie nun gar nicht; es steht im Bericht ausdrücklich: Die Frage der Zweckbestimmung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen wurde im selben Sinne wie im Straßenbaufinanzierungsgesetz entschieden. An Stelle der klassischen Zweckbindung -- was heißt: „klassische Zweckbindung"?; das war die Zweckbindung, die wirksam war - soll die Widmung der Mittel für einen bestimmten Zweck treten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nehmen Sie es mir nicht übel: Dieses Gesetz, diese „energiepolitische Maßnahme" ist in ihrem Einnahmebestandteil bei Ihnen längst zu einem der Mittel geworden, die Löcher im Etat zu stopfen, die immer größer werden,
({2})
weil Sie sich an das nicht halten, Herr Höcherl, - ({3})
Verehrter Herr Höcherl, ich will Ihnen einmal etwas sagen. Ich pflege mir über das, was ich rede, vorher Klarheit zu verschaffen, und wenn ich sage, daß Sie Ausgabenlöcher haben entstehen lassen, dann sage ich das ganz bewußt, weil von der FDP keine Anträge vorliegen; und es werden zu diesem Bundeshaushalt bis zu seiner Beratung auch keine vorliegen. Davon beißt die Maus keinen Faden ab. Wir haben uns entschlossen, dem immer dringender werdenden Wunsch der Notenbank zu folgen. Die Ausgabenpolitik der Regierung und der öffentlichen
Hand ist das Ausschlaggebende in der Wirtschaftssituation, in der wir uns augenblicklich befinden.
({4})
Jawohl, das sollen Sie sich merken, Herr
Höcherl. Wenn ich hier etwas sage, dann habe ich doch die Hoffnung, daß selbst so bedeutende und große Mitglieder dieses Hauses sich das merken. - Wir haben uns damit also festgelegt. Sie können das jetzt auch schon in vielen anderen Veröffentlichungen von uns lesen. Wir werden diesen Kurs halten. Wir haben ihn beim Straßenbaufinanzierungsgesetz gehalten. Glauben Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren: wenn wir auch noch so schöne Zwecke in der Überschrift haben - die Tatsache, daß Sie jetzt anfangen, die Steuern zu erhöhen, wird draußen nicht unbemerkt bleiben.
Also, meine sehr geehrten Damen und Herren: der Verwendungszweck ist unklar. Über den Verwendungszweck ist nicht nur im Ausschuß keine Einigkeit erzielt worden; Sie wissen es doch ganz genau - ich habe es mir heute wieder so berichten lassen -, auch in Ihrer Partei ist keine Einigkeit. Seien Sie doch froh, daß Sie heute eine Abstimmungseinigkeit haben werden, und gehen Sie nicht so weit, schlafende Hunde zu wecken, indem Sie zu weit gehen und auch noch das Erfordernis der Zustimmung des Bundestages herausstreichen. Was ist es denn, das da kommt? Wir legen es in die Hand der Regierung, neue Einnahmequellen von beachtlicher Höhe zu erschließen, ohne daß das Parlament dazu noch seine Zustimmung zu geben hat; und das in einem Moment, wo wir wissen, daß die Regierung nicht weiß, wie sie die auf Grund ihrer Ausgabenpolitik entstandenen Löcher im Etat stopfen soll.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte ich Sie noch einmal: stimmen Sie wenigstens diesem Antrage nicht zu, damit, wenn sich das Gesetz so verändern soll, daß die Steuer höher wird, wenigstens nicht die Debatte im Parlament abgeschnitten ist. Wir haben das große Bedürfnis, wenigstens in diesem Falle eine ganze Reihe von Fragen noch einmal anzuschneiden, die Sie heute, bevor sie. sich auswirken, so sehr siegesgewiß hier dargestellt haben.
({5})
Meine Damen und Herren, zur Vereinfachung der Abstimmung sollten wir, glaube ich, zunächst über den Antrag Umdruck 483 abstimmen. Es ist der soeben von Herrn Abgeordneten Starke begründete Antrag, in Art. 3 einige Worte zu streichen, also die Möglichkeit einer Erhöhung der Sätze von vornherein auszuschließen. Wer dem Antrag Umdruck 483 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; damit ist der Antrag der Fraktion der FDP Umdruck 483 abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 472, in Art. 3 die Worte „mit Zustimmung des Bundestages" zu streichen und die Worte „oder sie his auf das Anderthalbfache erhöhen"
Vizepräsident Dr. Preusker
durch die Nennung der Sätze zu ersetzen. Wer diesem Antrage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Wer dem Art. 3 in der durch Annahme des Änderungsantrags Umdruck 472 geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Art. 4, - 5, - 6, - Einleitung und Überschrift. Änderungsanträge und Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit der gleichen Mehrheit angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe den soeben in zweiter Beratung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes zur
dritten Lesung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Zu einer Erklärung zur Abstimmung erteile ich Herrn Abgeordneten Kurlbaum das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Abstimmung habe ich im Namen der SPD-Fraktion folgende Erklärung abzugeben.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt alle Maßnahmen zur Erleichterung der sozialen Schwierigkeiten, unter denen die Bergleute zu leiden haben, die von den Stillegungs- und Umstellungsmaßnahmen im Steinkohlenbergbau betroffen werden. Sie bedauert, daß die Bundesregierung gegen die Aufnahme entsprechender Bestimmungen in den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gestimmt hat und die Bundesrepublik damit mit dem Makel des unsozialsten Mitglieds der Kohle-und-Stahl-Gemeinschaft beladen hat.
({0})
Die Heizzölsteuer ist keine wirksame Maßnahme zur Eindämmung des Vordringens des Heizöls.
({1})
Alle gegenteiligen Behauptungen sind nicht stichhaltig.
({2})
Hingegen fehlen alle konstruktiven Maßnahmen, die eine volkswirtschaftlich zweckmäßige Entwicklung der Energiewirtschaft sichern könnten. Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, natürlich im Rahmen übernationaler Bemühungen, eine Energiewirtschaftspolitik zu entwickeln, durch die alle auf dem Gebiet der Energiewirtschaft notwendigen Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehören insbesondere die Anpassung des Bergbaus an die
strukturellen Veränderungen auf dem Energiemarkt, finanzielle Maßnahmen zur Ermöglichung notwendiger Rationalisierungsinvestitionen, soziale Sicherung der betroffenen Arbeitnehmer, Ansiedlung neuer Betriebe in schwer betroffenen Gebieten und Preissenkungen für Kohle, die bei der heutigen Ertragslage des Kohlebergbaus durchaus möglich sind.
({3})
Die geordnete Durchführung eines solchen Anpassungsprogramms ist nur möglich, wenn auch in der Mineralölwirtschaft eine Entwicklung der Investitionen und Preise gesichert wird, die eine geordnete Anpassung nicht unnötig stört oder gar verhindert. Die SPD-Fraktion bedauert, daß die Bundesregierung auch gegenüber dieser großen Aufgabe auf dem Gebiete der Energiewirtschaft versagt und sich darauf beschränkt, an einigen Symptomen herumzukurieren.
({4})
Die durch die Umstellung im Kohlebergbau entstehenden sozialen Kosten müssen gedeckt werden. Die Heizölsteuer ist die denkbar ungeeignetste Deckungsmaßnahme.
({5})
Im Rahmen eines Haushalts von rund 40 Milliarden DM und bei einem Steuermehraufkommen von mehr als 1,5 Milliarden DM im laufenden Rechnungsjahr kann es nicht schwierig sein, eine Dekkung für die Kosten der zu treffenden Maßnahmen zu finden. Aber wenn die Kosten schon durch eine Sondersteuer aufgebracht werden müssen, sollte dies nicht wiederum zu einer Erhöhung der in Deutschland schon weit überzogenen Verbrauchsteuern führen.
({6})
Die Sozialdemokratie bedauert, daß ihr Antrag, die Kosten durch Erhebung einer Ergänzungsabgabe auf die Körperschaftsteuer zu decken, abgelehnt worden ist. Bei Annahme des Antrags hätte ein Teil des Unrechts wiedergutgemacht werden können, das mit der starken steuerlichen Begünstigung der Aktiengesellschaften und der Aktionäre im Rahmen der letzten Steuerreform begangen wurde.
({7})
Mit den letzten Feststellungen über die Ablehnung Ihres Antrags haben Sie, Herr Abgeordneter Kurlbaum, der Entwicklung offenbar vorgegriffen.
({0})
Wird das Wort zu weiteren Erklärungen zur Abstimmung gewünscht? - Herr Abgeordneter Atzenroth!
Im Auftrage meiner Partei habe ich folgende Erklärung abzugeben. Die Fraktion der Freien Demokraten lehnt das Gesetz ab. Der Kern dieses Gesetzes geht an dem angegebenen Zweck vorbei, der Kohle zu helfen. Er dient im wesentlichen zur Beseitigung der Haushaltsschwierigkeiten. Darüber hinaus hat sich die Regierung
nunmehr noch ein Instrument geschaffen, das, gelinde gesagt, als ein Ermächtigungsgesetz bezeichnet werden kann.
({0})
Eine solche Mißachtung des Parlaments können die Freien Demokraten nicht mitmachen.
({1})
Noch weitere Erklärungen? - Herr Abgeordneter Burgbacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe eine der kürzesten Reden in diesem Parlament zu halten. Auch die CDU/CSU-Fraktion begrüßt alle Maßnahmen zum Schutze des deutschen Bergbaus und der Bergleute. Im Unterschied zur Opposition begrüßt sie sie nicht nur, sondern wird diese Maßnahmen, wie Sie jetzt sehen werden, auch beschließen.
({0})
Meine Damen und Herren, nachdem die Erklärungen zur Abstimmung abgegeben worden sind, darf ich nunmehr diejenigen, die in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes in der soeben beschlossenen Fassung zuzustimmen wünschen, bitten, sich zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Offenbar keine. Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist damit in dritter Lesung angenommen.
Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren, Platz zu nehmen; wir sind weder mit diesem Punkt der Tagesordnung noch überhaupt mit unserer heutigen Tagesordnung fertig. Wir haben noch zu entscheiden über einen Entschließungsantrag des Ausschusses mit den Ziffern I, II und III.
Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich bitte um die Enthaltungen. - Die Entschließung ist bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Damit ist Punkt a), Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes, erledigt.
Wir kommen zum Abschluß der zweiten Beratung des Entwurfs der Fraktion der SPD Drucksache 1318. Die Begründung ist, wie ich vorhin feststellen durfte, auch mit Übereinstimmung der Fraktion der SPD, bereits in den Ausführungen des Abgeordneten Kurlbaum gegeben worden. Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Damit ist - entsprechend dem Mündlichen Bericht des Ausschusses auf Drucksache 1668 - dieser Antrag vom Plenum abgelehnt und damit erledigt.
Meine Damen und Herren, wir haben noch Punkt 11 der Tagesordnung zu erledigen:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Flüchtlings-Notleistungsgesetzes ({0}).
Entsprechend einer interfraktionellen Vereinbarung soll auch die zweite und dritte Lesung noch heute stattfinden.
Ich eröffne die erste Beratung. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die erste Beratung.
Ich eröffne die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Flüchtlings-Notleistungsgesetzes. Ich rufe auf Artikel 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die dritte Beratung. Wer dem soeben in zweiter Beratung angenommenen Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Flüchtlings-Notleistungsgesetzes zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich das übersehe, einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 19. Juni 1959 zum Abkommen vom 26. August 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Regelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Reich ({1}).
Dieser Entwurf soll an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Damit ist die heutige Tagesordnung nun wirklich fast noch bis 21 Uhr abgewickelt worden, wofür ich Ihnen danke.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 11. März 1960, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.