Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Frau Präsidentin, schön, dass Sie wieder da sind!
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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Putins Überfall auf die Ukraine zwingt uns in vielerlei Hinsicht zur Neuausrichtung unserer Politik. In den letzten vier Wochen haben wir als Bundesregierung schnell und entschlossen notwendige Entscheidungen getroffen. Aber ich sage auch: Putins Krieg kann und wird nicht dafür sorgen, dass wir unsere Haltung und unsere Werte aufgeben.
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Die neue Bundesregierung steht dafür ein, dass wir eine starke und solidarische Gesellschaft sind und bleiben – nach innen und nach außen. Gerade jetzt kommt es darauf an, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu festigen. Gerade jetzt geht es darum, dass sich alle auf soziale Sicherheit in unserem Land verlassen können. Gerade jetzt geht es darum, dass wir besonders diejenigen nicht aus dem Blick verlieren, die es auch sonst, in anderen Zeiten nicht leicht haben. Wir werden in diesen schweren Zeiten die Werte unserer sozialen Demokratie nicht preisgeben. Das ist unsere feste Überzeugung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dieser Haltung müssen wir jetzt diese Krise meistern. Und das bedeutet: Wir müssen klare Prioritäten setzen. Ich sehe es als meine Aufgabe als Arbeits- und Sozialminister an, vor allen Dingen dafür zu sorgen, dass bei all dem, was wir tun, sozialer Ausgleich herrscht. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wo notwendig, werde ich für soziale Gerechtigkeit in meinem Amt auch streiten.
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Drei Dinge gilt es jetzt anzupacken:
Erstens. Wir müssen dafür sorgen, dass auch in dieser neuen Wirtschaftskrise durch sichere Arbeitsplätze soziale Stabilität entsteht.
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Wir haben in der Pandemie den Arbeitsmarkt robust durch die Krise gebracht. Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Ich bin diesem Bundestag dankbar, dass wir es in den letzten Tagen geschafft haben, Kurzarbeitsregeln noch einmal anzupassen. Mein Ziel ist, den deutschen Arbeitsmarkt auch durch diese Krise robust zu bringen. Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen, meine Damen und Herren.
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Zweitens. Es geht darum, die sozialen und die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Wir sehen heute massive Preissteigerungen, nicht nur an der Zapfsäule, sondern bei Heizkosten, bei Stromkosten, auch bei Lebensmitteln. Wenn wir jetzt denen, die in Not sind, nicht helfen, dann verpassen wir unsere Aufgabe, dann wird es schnell kalt in unserem Land. Deshalb haben wir in den letzten Wochen Entlastungspakete auf den Weg gebracht, um Härten abzufedern – nicht mit der Gießkanne,
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sondern sozial ausgewogen: mit dem Heizkostenzuschuss, dem Kindersofortzuschlag, dem Zuschlag für Menschen in der Grundsicherung, der Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages, mit der Abschaffung der EEG-Umlage. Vorgestern Nacht hat die Koalition noch einmal eine große Schippe draufgelegt: mit weiteren Entlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Selbstständige, mit einer Energiekostenpauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt bzw. für Selbstständige als Abzug von der Steuer, mit dem Familienzuschuss in Höhe von 100 Euro für jedes Kind in Deutschland, mit der Verdoppelung der Einmalzahlung auf 200 Euro für erwachsene Leistungsberechtigte in den sozialen Grundsicherungssystemen und mit weiteren Maßnahmen zur Mobilität.
Ich sage, weil auch das ein Thema ist: Von vielen dieser Maßnahmen werden übrigens auch Rentnerinnen und Rentner profitieren. Der Zuschlag für Menschen in der Grundsicherung wird auch für Rentnerinnen und Rentner gezahlt, die in der Grundsicherung sind. Beim Heizkostenzuschuss sind 46 Prozent derjenigen, die davon profitieren werden, Rentnerinnen und Rentner. Von vielen anderen Dingen auch werden sie profitieren. Wir kümmern uns um die, die es schwer haben in dieser Zeit, und darauf kann sich jeder verlassen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Solidarität brauchen aber auch jene – und das ist mein dritter Punkt –, die jetzt als Geflüchtete bei uns Schutz suchen. Da geht es erst einmal um die akute Versorgung der Menschen. Hier leisten viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land Großartiges, als Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Ich glaube, ich spreche im Namen des gesamten Hauses, wenn ich ihnen dafür einen herzlichen Dank sage.
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Die Menschen, die vor Putins Krieg aus der Ukraine fliehen, brauchen sofortige humanitäre Hilfe, aber viele von ihnen brauchen auch eine dauerhafte Bleibeperspektive. Dafür müssen wir und werden wir einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen. Sprach- und Integrationskurse haben wir geöffnet. Aber wir brauchen auch Schul- und Kitaplätze. Wir müssen einen Weg finden, um die Qualifikationen, die viele Menschen mit sich bringen, schnell anzuerkennen. Ich werde deshalb in der kommenden Woche Wirtschaft, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Bund und Länder an einen Tisch holen, um über Arbeitsmarktintegration zu sprechen. Alle müssen jetzt an einen Tisch, alle müssen jetzt an einem Strang ziehen.
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Ich will es noch einmal sagen: Es geht in erster Linie um humanitäre Hilfe, aber es geht auch darum, für die Menschen, die die Chance haben wollen, zu arbeiten, diese Möglichkeit auch zu schaffen.
Ich sage an dieser Stelle aber auch sehr deutlich: Wir dürfen es als Gesellschaft nicht zulassen, dass in dieser Situation die Not von Geflüchteten ausgenutzt wird und sie von Scharlatanen ausgebeutet werden. Deshalb die klare Ansage: Wir müssen und werden dafür sorgen, dass die Menschen, die so viel durchlitten haben, jetzt nicht Opfer von Abzocke oder Ausbeutung – auch nicht in der Arbeitswelt – werden.
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben es in der Pandemie gesehen und erlebt: Unser Sozialstaat ist die tragende Säule für sozialen Zusammenhalt in unserem Land, für eine starke und widerstandsfähige Gesellschaft nach innen und nach außen. Deswegen sage ich ganz klar: Wir werden es nicht zulassen, dass diese Krise missbraucht wird, um den Sozialstaat zu schwächen. Ja, es ist richtig: Wir müssen und wir werden mehr in die Ausrüstung der Bundeswehr und in die äußere Sicherheit investieren – ich unterstütze das ausdrücklich –, aber wir müssen auch in die Menschen und in die soziale Sicherheit investieren. Es darf kein Entweder-oder geben.
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Wir brauchen beides: äußere Sicherheit sowie inneren und sozialen Frieden. Wir dürfen nicht Rente gegen Rüstung ausspielen in dieser Gesellschaft, und übrigens auch nicht Geflüchtete gegen Einheimische. Das ist das, was wir als widerstandsfähige Gesellschaft brauchen.
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Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir andere Aufgaben nicht vernachlässigen. Wir werden den Mindestlohn zum 1. Oktober auf 12 Euro erhöhen, damit diejenigen, die den Laden am Laufen halten, die hart arbeiten in dieser Gesellschaft, tatsächlich den Lohn bekommen, der ihnen auch zusteht.
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Deshalb ist es richtig, dass wir die Renten stabil halten, und zwar für alle Generationen. Deshalb ist es richtig, dass wir uns um das Thema Fachkräfte, um die Frage von Ausbildung und Qualifizierung kümmern, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von heute auch die Chance haben, in Zeiten des Wandels die Arbeit von morgen zu machen. Deshalb ist es richtig, dass wir für mehr Respekt und mehr soziale Sicherheit sorgen, beispielsweise mit der Einführung der Kindergrundsicherung und des neuen Bürgergeldes.
Meine Damen und Herren, die Krise zu meistern und für sozialen Fortschritt zu sorgen, das ist der gemeinsame Anspruch von SPD, Bündnis 90 und den Grünen in der Ampelkoalition.
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– Was habe ich gesagt?
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– Nein, das ist so selbstverständlich für mich: für FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
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Ich kann Ihnen das auch ernsthaft nachweisen. Ich bin Bundesfinanzminister Christian Lindner sehr, sehr dankbar, dass er schon vor dem Koalitionsausschuss deutlich gemacht hat, dass wir beispielsweise weitere Zuschläge auf die Grundsicherung brauchen. Diese Koalition findet zusammen und tut das Richtige, und dafür bin ich Ihnen als FDP besonders dankbar. – Damit habe ich diesen Fehler nun ausgebügelt.
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Meine Damen und Herren, ich will noch mal unterstreichen: Wir sind in ernsthaften Zeiten. Wir stehen vor sehr, sehr großen Herausforderungen. Wir müssen darauf achten, dass unsere Gesellschaft diese Krise widerstandsfähig übersteht. Übrigens müssen wir auch hinsichtlich der vielen Veränderungen, die nach dieser Krise stattfinden werden, Halt und Stabilität geben. Deshalb darf man wirtschaftlichen Erfolg, ökologische Vernunft und soziale Gerechtigkeit nicht gegeneinander ausspielen. Wir setzen auf digitalen Fortschritt. Wir setzen auf ökologischen Fortschritt. Aber das geht nur mit sozialem Fortschritt in Deutschland. Dafür arbeiten wir.
Herzlichen Dank.
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Der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist Stephan Stracke.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist Krieg in Europa. Dieser Krieg berührt, bewegt, erschüttert uns im Herzen. Unsere Herzen öffnen unsere Türen, um die vielen Geflüchteten willkommen zu heißen und ihnen Schutz zu bieten. Es ist beeindruckend, wie viele helfen: beim Spendensammeln, beim Transport von Hilfsgütern, in den Erstanlaufstellen oder in Gemeinschaftsunterkünften. Es sind wieder die Ehrenamtlichen, die Wohlfahrtsverbände und ‑organisationen, die hier an vorderster Front stehen und einfach anpacken. Es ist großartig. Ein herzliches Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer!
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir helfen, versorgen, organisieren. Wir bieten Schutzräume für die vielen Geflohenen. Die Mütter mit ihren Kindern, die große Zahl an Älteren oder Menschen mit Behinderungen, sie sollen und sie dürfen hier bei uns ankommen, unterkommen und sich sicher fühlen. Wir wollen gerade Kindern und Jugendlichen möglichst schnell wieder ein kleines Stück Normalität geben. Deshalb brauchen wir auch eine schnelle Integration in Kita und Schule.
Wir brauchen auch eine psychosoziale Betreuung. Denn das, was man im Krieg und auf der Flucht erlebt, ist etwas, was lange nachwirkt. Ja, denen, die können und wollen, die den Kopf frei haben, bieten wir auch Sprachkurse an. Wir bieten ihnen auch Arbeitsmarktintegration an mit einem breiten Dienstleistungs- und Förderungsangebot der Bundesagentur für Arbeit.
Wir stehen insgesamt vor einer großen humanitären Aufgabe. Das ist ein gewaltiger Kraftakt, und das gelingt nur gemeinsam: gemeinsam mit den Kommunen vor Ort, mit den Ländern und auch mit dem Bund. Der Bund muss hier seiner Verantwortung gerecht werden; denn es geht um eine faire Lastenverteilung bei den Kosten und auch bei der Verteilung der Geflüchteten auf die Länder und innerhalb der Europäischen Union. Dazu bedarf es einer systematischen und lückenlosen Registrierung. Hier ist der Bund am Zug. Er muss seiner Verantwortung auch an dieser Stelle gerecht werden.
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Der Krieg hat tiefgreifende Folgen, humanitäre und wirtschaftliche. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind immens und werden jeden Tag sichtbarer. Lieferketten brechen zusammen, und notwendige Rohstoffe fehlen. Das führt zu Produktionsstopps und zu Kurzarbeit; viele Arbeitsplätze sind bedroht. Es war notwendig und richtig, dass die Bundesregierung die Kurzarbeiterregeln erweitert; das erkennen wir ausdrücklich an. Sie haben nachgebessert bei der Zeitarbeit und auch bei der Möglichkeit, die Sozialversicherungsbeiträge wieder zu ersetzen. Jetzt, Herr Heil, müssen Sie dafür sorgen, dass die Unternehmen in diesen Bereichen tatsächlich schnell Planungssicherheit haben. Das tut not.
Die Kurzarbeit ist ein gutes, ein schnell wirksames und – das haben wir in der Pandemie gesehen – auch ein teures Instrument. Das wissen wir. Die Kurzarbeit alleine wird nicht ausreichen, um Arbeitsplätze zu schützen. Wir brauchen passgenaue Lösungen gerade für unsere energieintensiven Betriebe, die ja zum Teil schon ihre Produktion eingestellt haben. Das, was die Ampel hier beschlossen hat – Energiegeld, Einmalzahlung, Senkung der Kraftstoffsteuer –, hilft nicht weiter. All das hilft dem produzierenden Gewerbe nicht. Es ist zu wenig, und es ist zeitlich zu kurz angelegt.
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Wir brauchen eine echte Entlastung der Wirtschaft, ein Hilfspaket, das auch Überbrückungshilfen umfasst. Hier muss die Bundesregierung das Richtige und Notwendige tun, und zwar jetzt.
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Die Wirtschaft und somit auch unsere Arbeitsplätze brauchen Unterstützung. Auch die Menschen brauchen Unterstützung. Millionen sind aufs Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen, um einzukaufen, um das Familienleben zu organisieren, damit die Kinder Oma und Opa besuchen können oder damit sie am Vereinsleben wieder teilhaben können. Wir brauchen eine starke soziale Abfederung der Krise. Die beschlossenen Maßnahmen der Ampel helfen an dieser Stelle, ja, sie reichen jedoch nicht aus.
Es ist interessant, wenn man sich ansieht – das ging ja auch durch die Presse –, wie das Bundesarbeitsministerium im Vorfeld Kraftstoffrabatte oder Abschläge auf die Energiesteuer bewertet hat. Da wurde dann typischerweise gesagt: Diejenigen mit höherem Einkommen sind auch mobiler und mehr unterwegs. – Erstaunlich ist vor allem, welche Ratschläge gegeben wurden. Beispielsweise hieß es: Wenn man die entsprechenden Steuern senken würde, was kurzfristig umsetzbar wäre, würde es keinen Anreiz zum Sparen geben. Dann gab es gleich einen Rat hinterher: Man könnte ja statt 110 km/h 90 km/h fahren. – Ich bin oft im ländlichen Raum unterwegs, auf Landstraßen, auf Bundesstraßen. Ich wusste gar nicht, dass man da 110 km/h fahren darf.
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Das zeigt: Wir brauchen keine Verhaltensratschläge aus dem Haus des Bundesarbeitsministeriums, sondern wir brauchen tragfähige Vorschläge.
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Diese haben wir als Union unterbreitet. Wir brauchen spürbare Steuersenkungen bei den Energiekosten; das muss natürlich auch die Mehrwertsteuer umfassen. Es ist auch viel zu kurz gesprungen, dass Sie ihre Maßnahmen für nur drei Monate beschlossen haben.
Natürlich ist es notwendig, die Pendlerpauschale zu erhöhen, und zwar ab dem ersten Kilometer. Entlasten Sie die Bürgerinnen und Bürger. Helfen Sie den Bürgerinnen und Bürgern in dieser schweren Situation.
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Das ist das, was jetzt nottut, damit wir gut durch diese Krisensituation kommen.
Dafür steht die Union.
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Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Andreas Audretsch.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestern haben wir uns als Ampel auf das zweite große Entlastungspaket in nur wenigen Wochen verständigt. Lieber Herr Stracke – vielleicht konzentrieren Sie sich einmal auf das, was wir hier debattieren –,
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natürlich ist nicht jeder einzelne Punkt in diesem Entlastungspaket auch mein persönlicher Favorit. Ich persönlich hätte zum Beispiel die Spritpreisbremse nicht in der Form umgesetzt. Ich hätte dieses Geld lieber den Menschen mit kleinen Einkommen gegeben. Ich hätte dieses Geld lieber den Menschen in der Grundsicherung gegeben, also denjenigen, die es tatsächlich brauchen, anstatt Menschen mit großen Einkommen, die nun beim Tanken profitieren werden.
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Aber ich darf Ihnen einmal sagen: Es geht hier um etwas anderes.
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In einer solchen Situation, in einer solchen Krise, in der wir uns gerade befinden, kommt es am Ende darauf an, Kompromisse zu finden. Da kommt es am Ende darauf an, dass man Verantwortung übernimmt. Ich freue mich sehr und bin froh darüber, dass wir als Ampel das geschafft haben, dass wir gemeinsam auch dieses zweite Entlastungspaket verabschiedet haben und dass wir das jetzt gemeinsam umsetzen werden.
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100 Euro für Menschen in der Grundsicherung wegen Corona, 100 Euro für Menschen in der Grundsicherung wegen der Ukrainekrise und der daraus entstehenden Kosten, noch mal 100 Euro für jedes Kind, gerade auch für Kinder in der Grundsicherung – und darauf werden wir achten bei der Umsetzung –, dann weiter jeden Monat 20 Euro an Kinder in Armut, 270 Euro Heizkostenzuschuss und noch mal 300 Euro Energiepreispauschale für Erwerbstätige: Das ist die gezielte Unterstützung. Das ist das, was ankommt, und das ist das, was wir jetzt genau in diesem Moment brauchen.
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Hinzu kommt – und das ist mir wichtig –: Wir schaffen damit den konkreten Einstieg in ein Energiegeld. Das Konzept wird jetzt ausgearbeitet und im nächsten Jahr umgesetzt. Damit zeigen wir, dass bei uns Energieeffizienz, die Frage der Energiekostenentlastung und die Frage der Entlastung der kleinen Einkommen zusammengehören. Das schafft diese Ampel mit diesen beiden Entlastungspaketen, und das ist hervorragend so.
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Unsere Solidarität in diesen Krisenzeiten muss auch den Menschen gelten, die jetzt wegen des Kriegs in der Ukraine zu uns kommen. Wir werden diesen Menschen Schutz bieten – jeder und jedem Einzelnen. Wir werden ihnen eine Unterkunft bieten, und wir werden ihnen alles bieten, was zu einem würdigen Leben dazugehört. Und noch mehr: Wenn sie das möchten, werden wir ihnen eine Perspektive bieten und eine neue Heimat hier bei uns.
An dieser Stelle ist es wichtig, dass wir von Anfang an investieren und dass wir ausreichend Mittel für Sprachkurse zur Verfügung stellen. Dann wird es gut für alle Seiten. Denn wir brauchen diese Menschen. Wir brauchen diese Talente.
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Diese Menschen können Teil unserer Gesellschaft sein. Sie können hier wahnsinnig viel leisten. Ich sage Ihnen: Wenn wir jetzt investieren, dann wird sich das für uns alle hier in Deutschland in einigen Jahren zehnmal auszahlen. Deswegen sollten wir genau das jetzt in diesem Haushalt tun.
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Putins Angriffskrieg, die steigenden Preise, die vielen Geflüchteten, all diese Aufgaben, all diese Krisen passieren vor dem Hintergrund, dass wir immer noch mit den sozialen Fragen und den sozialen Problemen der Coronakrise kämpfen. Das Kurzarbeitergeld hat in den vergangenen Jahren massenhaft Entlassungen verhindert. In der Spitze – diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – waren über 6 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Die Bundesagentur für Arbeit hat an dieser Stelle Enormes geleistet. Ich finde, das ist ein Moment, in dem man auch mal sagen kann: Danke an die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, an die Tausenden von Leuten, die in der BA zusammengezogen wurden, um dieses Geld schnell und unkompliziert auszuzahlen! Ohne all dieses Engagement wären wir nie so gut durch die Krise gekommen.
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Wir sehen aber gleichzeitig, dass die Krisen nicht zu Ende sind und dass wir in einer Phase der großen Unsicherheit über diesen Haushalt debattieren. Deswegen ist es gut, dass ein Ergänzungshaushalt kommen wird. Angesichts der großen Aufgaben bei Geflüchteten, bei der Entlastung von Menschen, bei der weiteren Finanzierung der BA und der Kurzarbeit müssen diese ganzen Fragen im Ergänzungshaushalt anständig berücksichtigt werden. Das werden wir als Ampel umsetzen. Es ist wichtig, dass das in diesem Ergänzungshaushalt Berücksichtigung findet.
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Wir kämpfen mit Krisen. Wir kämpfen mit großen Krisen; ich habe das gerade beschrieben. Aber eines darf in dieser Phase nicht in Vergessenheit geraten: Wir dürfen nicht den Blick für die Zukunft verlieren.
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Ich sage Ihnen, was das bedeutet: Die Klimakrise wartet nicht. Wenn wir nicht aufpassen, wenn wir jetzt nicht handeln, dann wird diese Klimakrise bald zu einer Klimakatastrophe werden.
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Heute gehen Tausende Menschen, Tausende junge Leute in ganz Deutschland und auf der ganzen Welt auf die Straße, um für ein anderes Wirtschaften, ein fossilfreies Wirtschaften, einzutreten. Sie tun das mit Recht. Wir müssen darauf antworten. Das bedeutet auch, dass wir den Arbeitsmarkt transformieren.
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Schon jetzt suchen viele Unternehmen nach nachhaltigen Lieferketten, nach klimaneutraler Produktion, und das muss man mit großer Ehrlichkeit angehen. Das wird dazu führen, dass nicht jeder Job, dass nicht jeder Produktionszweig diese Umstellung überleben wird. Ja, das ist korrekt.
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Die Produktion von Verbrennungsmotoren für die Masse hat keine Zukunft; davon werden wir wegkommen müssen. Aber viele neue Jobs, viele grüne Jobs, viele nachhaltige Jobs entstehen. Menschen werden an anderer Stelle gebraucht. Sie werden in der Elektrotechnik gebraucht. Sie werden in digitalen Produktionsprozessen gebraucht. Sie werden bei Tesla in Grünheide gebraucht, bei BMW in Berlin und in München. Sie werden in Hannover bei VW gebraucht und genauso in den ganzen Zulieferbetrieben.
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Wir Grüne und wir von der Ampel treiben diesen digitalen Transformationsprozess, diesen klimaneutralen Transformationsprozess voran,
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und zwar so, dass gute Chancen für alle Menschen daraus entstehen. Das ist es, was Fortschritt ausmacht. Das ist es, was diese Koalition tut. Und genau deswegen ist es auch an der Stelle wichtig, dass wir die Bundesagentur für Arbeit jetzt nicht mit Schulden zurücklassen; denn sie wird gebraucht als zentraler Transformationsakteur für die Zukunft.
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Sie muss sich darauf konzentrieren können, dass die Pionierinnen und Pioniere Begleitung finden, die sich jetzt auf den Weg machen und sagen: Wir gehen in diese neue Zeit des Wirtschaftens, in diese neue Zeit des Wohlstandes. – Deswegen werden wir die Bundesagentur für Arbeit nicht mit Schulden zurücklassen, sondern sie anständig ausstatten, damit sie diese Aufgaben der Zukunft auch wahrnehmen kann.
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Ein letzter Punkt: Umbrüche und Chancen. Die Umbrüche, die wir haben, müssen auch in unseren anderen Projekten dazu führen, dass wir die Chancen in den Mittelpunkt stellen. Das geht, wenn wir uns endlich daranmachen, das System Hartz IV zu überwinden. Teil davon ist, das Teilhabechancengesetz zu entfristen, damit wir Langzeitarbeitslosen neue Wege in die Gesellschaft und in Arbeit bieten. Das geht aber nur, wenn wir dafür auch ausreichend Geld zur Verfügung stellen, und auch das werden wir machen.
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Dieser Haushalt ist der erste der Ampelkoalition. Lieber Herr Minister Heil, ich finde, er kann sich sehen lassen. Ich finde, es ist ein anständiger Haushalt. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. Wir werden ihn besser machen hier im Parlament, und zwar gemeinsam als Bündnis 90/Die Grünen, als FDP und als Sozialdemokratische Partei.
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die AfD-Fraktion Ulrike Schielke-Ziesing.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Heil! Meine Damen und Herren! Die Ampel ist mit großen Versprechungen angetreten. Zur Finanzierung der hehren Ziele von Klimarettung, Gleichstellung und Migrationspolitik sollten sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand. Von Priorisierung war im Koalitionsvertrag die Rede. Was damit gemeint ist, das sehen wir heute: mehr Geld fürs Klima, weniger für die Menschen.
Schon im ersten Entwurf des Bundeshaushaltes sollte am Etat für Arbeit und Soziales gespart werden, und nun, im vorliegenden zweiten Entwurf, wird noch weiter gekürzt. Konkret heißt das: 2,8 Milliarden Euro weniger will der Staat für Sozialleistungen ausgegeben, davon alleine 1,8 Milliarden Euro weniger für ALG‑II-Empfänger. Ich frage mich, was Sie zu diesem Optimismus verleitet, dass wir in Zukunft weniger Bedarf an sozialen Hilfen haben werden. Zwei Jahre Coronamisswirtschaft hat schon heute viele Betriebe und wirtschaftliche Existenzen gekostet. Viele hängen am Tropf des Kurzarbeitergeldes. Nun kommt der Krieg in der Ukraine dazu. Schon nach einem Monat sehen wir, welch verheerende Auswirkungen die Engpässe bei Benzin und Energie auf Liefer- und Produktionsketten haben. Die ersten Speditionen haben bereits aufgegeben. Viele Betriebe werden das nicht überleben.
Wir alle wissen: Die Rezession wird kommen, und der Bedarf an Sozialleistungen wird steigen, nicht sinken. Das bestätigt auch das ifo-Institut, das mit weniger Wachstum und hohen Inflationsraten rechnet, zudem mit einer deutlichen Zunahme von Kurzarbeit. Wie solide ist eine Haushaltsplanung, die das nicht berücksichtigt?
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Finanzminister Lindner hat ja angekündigt, wegen der Ukrainekrise einen Ergänzungshaushalt einzubringen. Dort werden wir dann sicher eine Erhöhung dieser Haushaltspositionen wiederfinden. Aber es ist dann doch Augenwischerei, in diesem Haushaltsentwurf zu sparen, in der Gewissheit, die fehlenden Gelder an anderer Stelle wieder einzubringen. Der Bundesrechnungshof sagt: Der Bundeshaushalt muss robust, resilient und nachhaltig gestaltet werden. -Man könnte ergänzen: auch mit Ehrlichkeit. Im aktuellen Entwurf wird der Bundesagentur für Arbeit ein Darlehen in Höhe von 1 Milliarde Euro eingeräumt. Im ersten Entwurf war noch von einem Zuschuss die Rede. Aber wir wissen doch schon heute: Das wird nicht reichen. Denn die BA hat bekanntlich keine Rücklagen mehr, und wir werden in Zukunft mit mehr statt mit weniger Kurzarbeit rechnen müssen, wohlgemerkt: das alles, bei möglichst gleichbleibenden Beiträgen. Am Ende heißt das: Aus den Krediten werden dann doch Zuschüsse. Das sollte man dann auch so benennen.
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Wesentlich bedenklicher ist aber Folgendes: Die Bundesregierung hat 2018 per Gesetz beschlossen, in den Jahren 2022 bis 2025 Sonderzahlungen von zunächst 500 Millionen Euro jährlich an die allgemeine Rentenversicherung als Finanzierungssockel zu überweisen. Im ersten Regierungsentwurf der alten Regierung finden wir diese Zahlen auch. Im aktuellen Regierungsentwurf sind sie verschwunden.
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Die Begründung aus der Kabinettsvorlage ist abenteuerlich. Dort heißt es – ich zitiere –: Laut der aktuellen Rentenschätzung wird die Beitragssatzobergrenze nach § 287a Absatz 1 SGB VI bis zum Jahre 2025 nicht überschritten. Damit entfällt die Notwendigkeit der Sonderzahlungen des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung nach § 287a SGB VI.
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Um das jetzt auch gesetzlich zu stützen, wurde im Referentenentwurf von Mittwoch dann mal eben der § 287a SGB VI aufgehoben – also: ein generelles Wegfallen des Zuschusses ab 2023 – und im Bundeshaushaltsgesetz der Zuschuss für 2022 gestrichen. So schnell geht das, wenn Wille und Geld nicht da sind. Das ist keine zukunftsorientierte Rentenpolitik; das ist Politik nach Kassenlage wie in einer Bananenrepublik.
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Herr Minister Heil, Sie haben vor drei Jahren gesagt: Die Rente ist ein „Kernversprechen des Sozialstaates“. Aber was ist aus diesem Versprechen geworden? Keine Einigung der Ampel auf eine Rentenreform, kein Sparen für die zu erwartende Rentenlücke ab 2025. Das ist keine vorausschauende Planung. Sie fahren auf Sicht.
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Gelder für neue Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag angekündigt waren, finden sich in diesem Entwurf überhaupt nicht, andere wichtige Maßnahmen wurden gekürzt. Beispielsweise beim Fonds zur Abmilderung von Härtefällen in der Rentenüberleitung. Nach vielen Jahren des Wartens fanden sich im ersten Entwurf der alten Regierung endlich 1 Milliarde Euro zum Aufbau dieses Fonds. Im zweiten Entwurf wurde der Betrag auf 500 Millionen Euro gekürzt. Diese 500 Millionen Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein und werden nicht einmal ansatzweise ausreichen. Beispielsweise beim Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, die Rentenversicherung mit einem Kapitalstock von 10 Milliarden Euro auszustatten. Darauf werden wir alle noch lange warten müssen, wenn nicht einmal zugesagte Zahlungen in Höhe von 500 Millionen Euro an die Rentenversicherung geleistet werden können.
Insgesamt ist der Haushalt, dieser Einzelplan enttäuschend. Ich stelle fest: Die Kürzungsvorgaben sind zu rigoros und die Prioritäten der Regierung falsch. Ich habe deshalb wenig Hoffnung, dass hier in den Haushaltsberatungen noch entscheidend nachgebessert werden kann.
Ich bedanke mich.
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Nächste Rednerin: für die FDP Claudia Raffelhüschen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Minister Heil! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es um den größten Etat im Bundeshaushalt, den Einzelplan 11, also Arbeit und Soziales. Kein Einzelplan ist so relevant für fiskalische Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit, die mir persönlich am Herzen liegt.
Der Einzelplan 11 ist für das laufende Jahr in einen Haushalt eingebettet, der zwischen der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg kräftig durchgeschüttelt worden ist. Ich rede von einem Haushalt, der zu mehr als der Hälfte aus Sozialausgaben einschließlich der Zuweisung an die Rentenkasse besteht. Ein Drittel unserer gesamten Wertschöpfung wird also umverteilt, und damit liegen wir weltweit mit an der Spitze.
Wie soll ich sagen? Glücklicherweise verfügen wir über die höchste Steuerquote am Bruttoinlandsprodukt in unserer Geschichte.
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Mehr Geld wurde den Menschen hierzulande noch nie über Steuern und Beiträge entzogen. Und trotz relativ zur Wirtschaftsleistung höchster Steuereinnahmen sind wir in dieser Sondersituation leider gezwungen, eine hohe Neuverschuldung einzugehen. Dabei darf es auf Dauer natürlich nicht bleiben,
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zumal wir die ganze Last der Schulden unseren Kindern aufbürden.
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Lassen Sie uns also gemeinsam so schnell wie möglich an einer nachhaltigeren Haushaltspolitik arbeiten! Denn wir können nicht deutlich mehr in Verteidigung, Infrastruktur und Energiewende investieren, ohne in allen Haushaltstiteln die Budgetansätze so zu gestalten, dass wir mit weniger Mitteln bessere Ergebnisse erzielen.
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Auch und gerade der Einzelplan 11 ist weiterhin geprägt von großen Herausforderungen, die durch die Coronapandemie ausgelöst wurden. Der Staat hat in den vergangenen Monaten an wichtigen Stellschrauben gedreht, um Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und Unternehmer zu entlasten. Das war wichtig, das war richtig. Trotzdem dürfen all diese Sonderregeln nicht zu Automatismen werden; denn was vor Corona nicht klug war, das wird durch die veränderte Lage nicht intelligenter.
Beispielsweise war der vereinfachte Zugang zum Kurzarbeitergeld während der Krise essenziell, hat viele Unternehmen vor drohender Insolvenz bewahrt und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein adäquates Einkommen gesichert. Insbesondere in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung müssen wir aber jetzt den Sinn und Zweck solcher Sonderregelungen evaluieren.
Die gute Nachricht: Zuletzt entwickelte sich der Arbeitsmarkt wieder erfolgversprechend. Die Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind im Vergleich zu den vergangenen Pandemiemonaten gesunken. Die Nachfrage nach Mitarbeitern bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Nichtsdestotrotz wirken sich Lieferengpässe und die großen Unsicherheiten durch den russischen Angriff auf die Ukraine mit noch nicht absehbaren Folgen auf unseren Arbeitsmarkt und die Sozialpolitik aus.
Deutschland hat es in den vergangenen Jahren leider versäumt, eine geregelte Einwanderung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
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Aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sicht brauchen wir diese Fachkräfte, um die Rente, die mit über 100 Millionen Euro pro Jahr durch den Bund bezuschusst wird,
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zu stabilisieren und das Sozialsystem zu entlasten. Eigentlich ist dies seit dem Pillenknick hinlänglich bekannt, also seit Jahrzehnten, wurde aber erfolgreich ignoriert. Jetzt gilt es, hier nachzubessern.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bund investiert in den Sozialstaat, und dieser wächst enorm. Lassen wir uns aber nicht täuschen. Denn so schön der steigende Etat auch klingt und so viel Gutes mit dem Geld bewirkt werden soll: Das Gesamtsystem wird umso anfälliger, wenn wir nicht strukturell nachbessern.
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Insbesondere in den großen Blöcken „Arbeitsmarkt“ und „Rente“ besteht Reformbedarf. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Bürgergeld wird erste bürokratische Entlastungen für Bürger und auch die Verwaltung bringen.
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Kollegin Raffelhüschen, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung aus der CDU/CSU-Fraktion?
Danke, nein.
Den allergrößten Reformbedarf gibt es allerdings bei der Rente. Bevor 2025 die sogenannte doppelte Haltelinie ausläuft, brauchen wir kluge Lösungen, um – da wären wir wieder bei meinen Kindern und den zukünftigen Generationen – auch ihnen eine angemessene Zukunft zu sichern; denn das wurde seit Jahren versprochen. Und das höchste Gut eines politischen Lebens ist doch die Glaubwürdigkeit, oder?
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Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Dr. Gesine Lötzsch.
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch heute Morgen muss ich meine Rede mit der Forderung beginnen: Putin muss die russische Armee aus der Ukraine abziehen, den Krieg beenden. Die Menschen in der Ukraine und überall in der Welt haben das Recht, in Frieden zu leben.
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Ich finde es falsch, dass in dieser Situation die Ausgaben für Arbeit und Soziales gekürzt werden, der Rüstungsetat aber erhöht wird. Das hat allerdings nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Das war lange vorbereitet.
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Meine Damen und Herren, die Bundesregierung geht mit diesem Haushaltsentwurf für den Einzelplan 11 von sinkenden Arbeitslosenzahlen aus. Aber in Anbetracht einer globalen Wirtschaftskrise, in Anbetracht von Kriegen und ihren Folgen ist das doch mehr als fraglich. Hier muss also vorgesorgt werden, und nicht gestrichen, meine Damen und Herren.
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Die Preisexplosionen bei Energie und Lebensmitteln bedrohen viele Menschen, besonders die, die wenig Geld haben. Deshalb fordern wir, den Mindestlohn nicht erst zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro zu erhöhen, sondern bereits zum 1. Mai. Die Menschen brauchen das Geld sofort.
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Ich weiß: Die Erhöhung des Mindestlohnes ist für die FDP kein Thema. Sie fühlt sich eher zuständig für die Verwaltung der Vermögen der Superreichen.
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Doch von SPD und Grünen erwarte ich, dass sie ein Zeichen setzen. 12 Euro pro Stunde am Tag der Arbeit – das wäre ein gutes Zeichen, meine Damen und Herren.
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Den Hartz-IV-Satz haben Sie um ganze 3 Euro angehoben. Es ist beschämend, wie Sie mit den Arbeitslosen umgehen. Für Stromkosten bekommen Arbeitslose aktuell eine Pauschale von 36 Euro pro Monat, aber derzeit zahlt man fast das Doppelte, wenn man einen Neuvertrag beim günstigsten Anbieter abschließen will.
Meine Damen und Herren, der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert einen Hartz‑IV-Satz von 678 Euro pro Monat. Diese Forderung unterstützen wir.
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Die Renten steigen im Augenblick, doch von der Erhöhung wird nicht viel übrig bleiben. Die Inflation frisst die Rentenerhöhung auf. Wir wiederholen unsere Forderung: Die Ostrenten müssen endlich angepasst werden. Das betrifft nicht nur die heutigen Rentner, sondern auch künftige, und das ist nötig.
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Meine Damen und Herren, die Rente muss auch ein Thema für die Jugend werden. Die Bundesregierung will die Rente den Risiken des Kapitalmarktes aussetzen. Aber wir wollen keine Pensionsfonds, die in Krieg, Kohle und Atomkraft investieren. Generationengerechtigkeit heißt auch, dass die heutige Jugend im Alter eine gute und saubere Rente erhalten kann.
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Kathrin Michel.
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Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister Heil! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Cesceni knjenje a knjeza! Seit Dienstag beschäftigen wir uns hier im Parlament mit dem Haushaltsentwurf in all seinen Facetten. Wir haben viele Reden gehört, Reden über einen Haushalt in herausfordernden Zeiten. Doch eines habe ich in diesen Reden vermisst, etwas, das ich angesichts der aktuellen Lage und vielfältigen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, für besonders wichtig, ja, entscheidend erachte: das Übernehmen von Verantwortung – Verantwortung für Kommendes, Verantwortung dafür, in Zeiten wie diesen einen Haushalt aufzustellen, der gerecht und gleichermaßen auskömmlich ist. Denn wir stehen vor einer entscheidenden Zeitenwende: sicherheits- und energiepolitisch, wirtschaftlich wie auch gesellschaftlich. Es sozial gerecht zu gestalten, alle mitzunehmen, das muss doch unser aller Anspruch sein.
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Jetzt ist nicht die Zeit für rückwärtsgewandte Schuldzuweisungen und Drohgebärden. Jetzt ist Zeit für kluge Entscheidungen, für konstruktive Zusammenarbeit.
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Es ist Zeit für fraktionsübergreifende Zusammenarbeit. Jetzt ist Zeit dafür, die Zeitenwende finanziell und sozial sicher zu gestalten. Und jetzt ist Zeit dafür, Verantwortung zu übernehmen. Genau dafür steht die Ampelkoalition mit unserem Bundeskanzler Olaf Scholz an ihrer Spitze.
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Im Einzelplan 11 des BMAS sind Ausgaben von über 160 Milliarden Euro vorgesehen – 160 Milliarden Euro für unseren Sozialstaat, 160 Milliarden Euro für die existenzielle Sicherheit eines jeden Einzelnen und 160 Milliarden Euro für den sozialen Frieden in Deutschland.
Eine globalisierte, sich schnell ändernde Arbeitswelt, die sich zusätzlich dem demografischen Wandel und der Digitalisierung zu stellen hat, verlangt immer wieder nach neuen Antworten. Dachten wir zu Anfang, die Bewältigung der Covid‑19-Pandemie wäre unsere größte Herausforderung in diesen Zeiten: Weit gefehlt, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Putin führt einen verabscheuungswürdigen Angriffskrieg in der Ukraine und hat sich schuldig gemacht, dass Millionen von Ukrainerinnen und Ukrainern aus ihrer Heimat flüchten müssen. Sie flüchten in ihre Nachbarländer, aber auch zu Tausenden nach Deutschland. Es liegt doch jetzt in unserer Verantwortung, auch diesen Menschen in Deutschland Sicherheit und, über den Moment hinaus gedacht, die Chance für einen Neuanfang zu bieten.
Wir gehen davon aus, dass viele der Ukrainerinnen und Ukrainer hier in Deutschland arbeiten wollen. Es sind überwiegend Frauen, die zu uns kommen, gut ausgebildet, mit Fachschulabschlüssen. Um sicherzustellen, dass sie eben nicht auf Helfertätigkeiten ausweichen müssen, sondern ihren Ausbildungen entsprechend eingesetzt werden können, ist die berufsbezogene Deutschsprachförderung zwingend notwendig.
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Bereits jetzt ist absehbar, dass die Deutschförderung nicht hinlänglich finanziert sein wird, und darum müssen wir gewährleisten, dass die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden.
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Grundlage des Haushaltsentwurfs waren Prognosen, die eine Erholung des Arbeitsmarktes nach der Covid‑19-Pandemie voraussagten. Nun lässt der Krieg unsere Lieferketten stocken, Energiepreise in die Höhe schnellen, und wieder sind Arbeitsplätze in Gefahr. Darum ist es für unsere Volkswirtschaft existenziell, dass wir das Kurzarbeitergeld weiter als stabile Brücke vorhalten.
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Es ist das wirksamste Mittel, die Menschen in Arbeit zu halten und Entlassungen vorzubeugen.
Wir haben mit einem ausgewogenen Einzelplan sicherzustellen, dass das BMAS weiter so sicher und zuverlässig seinen zahlreichen Aufgaben nachgehen kann. Dazu gehört es, mittels einer gezielten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik entsprechend zu reagieren, aber auch im Besonderen vorausschauend agieren zu können. Ziel dabei ist es, dass so viele Menschen wie möglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Wir finanzieren Arbeit statt Arbeitslosigkeit.
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Wir wollen Mitbestimmung, Respekt und Sicherheit, und das gilt selbstverständlich auch für die Menschen, die neu zu uns kommen. Sie alle brauchen zur Teilhabe eine Perspektive, eine verlässliche Unterstützung, und dafür müssen wir entsprechende Beratungsangebote ausbauen.
Der Sozialstaat muss vor Lebensrisiken schützen und verlässlich bleiben. Damit der Sozialstaat leistungsfähig und verlässlich bleibt, müssen wir die nötigen Mittel klug und nachhaltig einsetzen. Ein Sparen um des Sparens willen wäre fatal und verantwortungslos.
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Wir als SPD stellen ganz klar die Menschen in den Mittelpunkt der Sache. Das, was sie für eine gute Arbeit und eine auskömmliche soziale Sicherung in verschiedenen Phasen des Lebens benötigen, stellen wir ihnen zur Verfügung.
Die Bundesagentur für Arbeit ist das zentrale Organ für den sozialen Arbeitsmarkt. In Zeiten der Coronapandemie hat die Bundesagentur mit dem Instrument der Kurzarbeit eine Brücke gebaut, sodass Arbeitsplätze erhalten werden konnten und die Volkswirtschaft nicht größeren Schaden genommen hat. Nun führt Putin Krieg, und die aktuellsten Prognosen zeigen heute, dass eine Verdopplung der Zahl der ursprünglich erwarteten Bezieher/-innen von Kurzarbeitergeld mehr als wahrscheinlich ist – eine Verdopplung, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das im vorliegenden Entwurf des Einzelplans 11 angedachte Darlehen für die Bundesagentur für Arbeit ist nicht das geeignete Mittel der Wahl.
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Es führt in Gänze zu einer Schwächung der Handlungswirksamkeit. Wir benötigen jetzt eine starke Agentur, die jederzeit in der Lage ist, angemessen und flexibel auf die sich abzeichnenden Herausforderungen zu reagieren – eine Agentur ohne Schulden.
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Helmut Schmidt sagte richtig: In der Krise zeigt sich der Charakter. – Wir stehen für den sozialen Zusammenhalt und ein solidarisches Miteinander. Diese Aufgabe steht im Mittelpunkt dieses Haushalts. Das ist unsere Verantwortung. Das ist Sicherheit im Wandel. Ich freue mich auf erfolgreiche Beratungen.
Vielen Dank und Glück auf!
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über den Haushalt „Arbeit und Soziales“ reden, können wir zu Beginn drei Dinge feststellen: Erstens. Unsere deutsche Wirtschaft und der Arbeitsmarkt sind stabil. Zweitens. Unser Sozialstaat funktioniert und ist leistungsfähig. Drittens. Es muss sich aber einiges ändern, dass das auch in Zukunft so bleibt.
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Auf diese drei Punkte möchte ich in meiner Rede kurz eingehen.
Erstens: das Thema „Arbeitsmarkt und Wirtschaft“. Sie von der Ampel halten uns immer vor, was in 16 Jahren Regierungsverantwortung alles schiefgelaufen sein soll. Wenn wir über den Haushalt Arbeit und Soziales sprechen, dann nenne ich Ihnen das Paradebeispiel, wie verantwortungsvolle Politik funktioniert: andauernder Beschäftigungszuwachs, 16 Jahre lang; 2009: 40,9 Millionen Erwerbstätige; 2019: 45,3 Millionen Erwerbstätige; die Zahl der Arbeitslosen halbiert seit 2005. Ich denke, das ist eine Bilanz, die Sie, meine Damen und Herren, erst einmal nachmachen müssen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, Arbeitsmarktpolitik funktioniert vor allem durch eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik. Deshalb kann man nur mit dem Kopf schütteln, wenn eine Ihrer ersten Maßnahmen das Aussetzen der Sanktionen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist.
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– Reden Sie, Herr Kollege Birkwald, einmal mit der Bundesagentur für Arbeit, reden Sie mit den Jobcentern vor Ort, vielleicht sollten Sie öfter auch im Wahlkreis unterwegs sein, dann merken Sie, dass Fordern und Fördern für die Menschen ein ganz wesentlicher Punkt ist.
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Verantwortungsvolle Arbeitsmarktpolitik bedeutet, vor allem in Krisenzeiten starke Zeichen zu setzen. Wir haben das in unserer Regierungsverantwortung getan. Es gab zwei große Rezessionen. Wir haben gemeinsam mit den Kollegen der SPD starke Antworten gegeben. Die FDP war sogar mit dabei beim Thema Kurzarbeitergeld in der Finanzkrise 2008/2009. 1,4 Millionen Menschen in der Finanzkrise und 6 Millionen Menschen auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie waren in Kurzarbeit. Ich denke, dass so ein Signal gesetzt wird, wie verantwortungsvolle Politik gemacht wird.
Wenn man heute auf Sie schaut, liebe Kollegen der Ampel, muss man sagen: Regierungshandeln wäre gefragt in einer weiteren großen Krise, vor der wir in Europa und auf der Welt stehen: der Ukrainekrise. Steigende Energiepreise, hohe Inflation – kraftvolles Handeln der Ampelkoalition? Fehlanzeige, liebe Kollegen!
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Ende Februar wurde das erste Entlastungspaket in Höhe von 13 Milliarden Euro angekündigt. Nicht einmal einen Monat später braucht es das zweite Entlastungspaket, weil das erste nicht aus einem Guss war. Da wurde nicht überlegt, nicht nachgedacht. So funktioniert verantwortungsvolle Politik nicht!
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Wenn man dann genauer hinschaut, erkennt man: Das ist keine Sozialpolitik aus einem Guss, sondern, Herr Heil, auch wenn Sie es anders dargestellt haben, Sozialpolitik mit der Gießkanne, und das ist nicht die Antwort, die wir in dieser Zeit brauchen. Das kritisieren alle Sozialverbände, angefangen vom VdK, die sagen, die Rentnerinnen und Rentner würden vergessen, bis hin zur Diakonie und dem bayerischen Caritasverband, die sagen, dass das alles sozial nicht ausgewogen sei. Das alles ist ein Auftrag für Sie, ein bisschen genauer hinzuschauen. Das gilt vor allem dann, wenn man wie Sie in den letzten Wochen und Monaten immer das Thema Respekt sehr groß gespielt hat.
Zu einem funktionierenden Sozialstaat gehört auch Respekt vor Leistung. Das ist in einer Zeit wie dieser auch bei den Entlastungspaketen richtig; denn das Geld, das wir hier heute ausgeben, muss auch irgendjemand erwirtschaften und verdienen.
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– „Aha!“ – Wir wissen das, Sie wahrscheinlich nicht, weil in den Entlastungspaketen kein einziges Mal Entlastungen für die Wirtschaft auftauchen. Dort, wo Arbeitsplätze entstehen und gesichert werden, gerade im energieintensiven Bereich, haben Sie das total vergessen. Deswegen bin ich ganz fest der Überzeugung, dass das nächste Entlastungspaket, das Entlastungspaket III, ganz schnell folgen muss, damit wir schlimmere Folgen und einen schweren Schaden für unser Land vermeiden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Fortschrittskoalition, Fortschritt schaut anders aus. Für uns ist gerade in dieser Zeit wichtig, dass wir Weichen neu stellen, dass wir darüber nachdenken: Wie funktioniert der Arbeitsmarkt der Zukunft? Wie funktionieren der Sozialstaat und die Sozialsysteme der Zukunft, damit sie auch weiterhin leistungsfähig sind?
Wenn man genauer in den Haushalt schaut, wird deutlich, dass Sie keine neuen Impulse setzen, beispielsweise beim Haushaltstitel „Arbeitswelt im Wandel, Fachkräftesicherung“. Unsere Wirtschaft braucht dringend neue Impulse; Frau Raffelhüschen hat das vorhin in ihrer Rede auch gesagt. Impulse fehlen aber in diesem Haushalt gerade bei diesem wichtigen Thema, in einer Wirtschaft, die mittlerweile nicht nur Fachkräftemangel hat, sondern auch Arbeitskräftemangel.
Auch beim Thema „soziale Sicherheit“ müssen wir nachdrücklich die Weichen stellen. Bei der Rente müssen wir endlich wegkommen von den Grundsatzdebatten und Antworten finden.
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– Antworten, Herr Kollege Rosemann, die wir in der letzten Legislaturperiode in einer großen Kommission erarbeitet haben. Diese Punkte müssen wir endlich in Umsetzung bringen, und dazu haben wir als Union die Zusammenarbeit angeboten. Uns ist es wichtig, ein System zukunftsfest zu machen, auf das viele Menschen in unserem Land seit Jahrzehnten vertrauen. Deswegen müssen wir da auch eine starke Antwort finden. Die Hand ist ausgestreckt, und ich glaube, hier müssen wir den Menschen in unserem Land gemeinsam eine Antwort geben.
Die Antworten sind in vielerlei Bereichen politisch motiviert; das merken wir bei der FDP. Die 10 Milliarden Euro fehlen irgendwie in diesem Haushalt. Wir wissen: Wenn wir ein kapitalgedecktes System wollen, dann müssen wir schnell anfangen. Ich bin gespannt, wie lange wir brauchen, bis wir das System dann auch einführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik brauchen starke Impulse in den nächsten Jahren. Wir als Union sind dabei, diese Impulse mit zu setzen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frank Bsirske.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen, Herr Aumer, möchte ich einfach mal einen Blick in die Dokumente der Entlastungspakete empfehlen. Manchmal verschafft Lektüre echten Erkenntnisgewinn!
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Die ökologische Transformation mit einem Mehr an sozialer Sicherheit zu verbinden, ist ein zentrales Anliegen grüner Politik. Dafür haben wir in der Koalitionsvereinbarung wichtige Akzente gesetzt für ein Bürgergeld, das das Hartz‑IV-System überwindet; für eine Kindergrundsicherung, die der Kinderarmut in unserem Land entgegenwirkt, und für eine Arbeitsmarktpolitik, die den Beschäftigten Perspektiven eröffnet.
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Das wollen wir in den kommenden Monaten weiter konkretisieren. Das hat aber auch schon in diesem Haushaltsentwurf seinen Niederschlag gefunden.
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Ich nenne beispielhaft den Kindersofortzuschlag, die Aufstockung der Weiterbildungsmittel für das Programm „Arbeitswelt im Wandel“, die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes oder auch die Fortführung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes.
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Freilich gibt es Punkte, wo in den Beratungen zum vorgelegten Entwurf nachzuarbeiten sein wird. Für das Programm „Barrierefreiheit“ müssen zusätzlich Mittel in die Finanzplanung eingestellt werden.
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Auch der Titel für den sozialen Arbeitsmarkt muss deutlich angehoben werden. Der soziale Arbeitsmarkt hat sich bewährt. Eine Mittelkürzung verbietet sich schon deshalb, weil wir die Zahl der Arbeitsplätze dort nicht verringern wollen.
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Ab dem 1. Oktober 2022 greift die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, der den meisten Arbeitsplätzen in diesem Bereich zugrunde liegt. Benötigt werden mithin mehr Mittel, und nicht weniger.
Damit aber nicht genug; sehen wir uns jetzt doch alle mit den Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine konfrontiert. Die Wachstumsannahmen werden aktuell nach unten korrigiert. Produktionsausfälle führen zu einem erneuten Anstieg der Anzahl der Kurzarbeitenden. Die Integration Hunderttausender Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und in unsere Gesellschaft stellt uns vor große Aufgaben. Ob mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen gerechnet werden kann, ist mehr als fraglich. Ein anhaltender Preisanstieg konfrontiert die privaten Haushalte ebenso wie viele Unternehmen mit hohen Belastungen.
Neben der Einarbeitung des zweiten Entlastungspaketes der Ampel verlangt all dies zwingend eine Erweiterung des Haushaltsentwurfs; denn im Gefolge des Ukrainekrieges kommen zusätzliche Aufgaben auch auf die Bundesagentur für Arbeit zu, und das in einem Maße, wie es so bis vor Kurzem überhaupt nicht absehbar war. Sprachkurse – das war bereits angesprochen worden – für die Integration der Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt sind erfolgskritisch. Dafür müssen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
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Die wünschenswerte Überführung der Geflüchteten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in das SGB II wird nicht unerhebliche Mittel erfordern. Das Gleiche gilt für die Einbeziehung der Leiharbeit in das verlängerte Kurzarbeitergeld. Hinzu kommen kann noch eine Rückerstattung von Sozialversicherungsabgaben an die Unternehmen.
All das macht es erforderlich, auch weiterhin Darlehensbeträge an die BA in einen Zuschuss umzuwandeln.
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Keine Frage: Die Folgen des Ukrainekrieges verlangen nach einer Stärkung des sozialen Zusammenhalts in unserem Land. Dabei stellen sich von Neuem auch Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. In dieser Woche ist von verschiedenen Rednerinnen und Rednern wiederholt Empörung geäußert worden mit Blick auf das Vorgehen der Mineralölkonzerne, und das sehr zu Recht. Das sind Kriegsgewinnler, Profiteure des Krieges, Konzerne, die aus der Not der Menschen und aus den Wirkungen des Krieges Extraprofite schlagen. Und ich frage Sie: Wollen wir die Extraprofite dieser Konzerne wirklich unter Welpenschutz stellen und als sakrosankt hinnehmen? Wollen wir das wirklich?
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Wollen wir das wirklich in einer Situation, wo wir staatlicherseits Milliardenkredite aufnehmen, um den Folgen dieses Krieges zu begegnen?
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Oder sollten wir nicht vielmehr das tun, was in der Vergangenheit Staaten wie die USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada und andere in Kriegs- und Krisenzeiten immer wieder getan haben
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und was jetzt in dieser Woche auch die Regierung Draghi in Italien angekündigt hat, nämlich mindestens einen Teil dieser Extraprofite mittels einer Übergewinnsteuer zugunsten der Allgemeinheit abzuschöpfen?
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Abgeordnete, wir sprechen in dieser Woche über unsere Finanzplanung und den nächsten Bundeshaushalt. Da den Blick zu weiten, macht Sinn. Es wäre ein Signal zugunsten eines Mehr an sozialer Gerechtigkeit und für eine fairere Verteilung der Lasten.
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Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Norbert Kleinwächter.
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Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt reden wir doch endlich mal über den Elefanten im Raum, und das ist die Inflation: 6 Prozent erwartet, 7 Prozent bei den Lebensmitteln, 20,8 Prozent bei der Energie, 30 Prozent bei den Kraftstoffen. Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, meine Damen und Herren. Die Inflation ist die soziale Frage, weil sie uns direkt in die Rezession und in den Verlust des Wohlstands führt.
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Meine Damen und Herren, das ist Ihre Inflation; das ist Ihre Verantwortung. Es ist kein ferner Putin und kein ferner Konzern, Herr Bsirske, sondern es ist die Europäische Zentralbank, die ohne Ende Geld druckt.
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Und es sind Ihre horrenden Steuern, mit denen Sie versuchen, die Leute zu einem gewissen Verhalten zu erziehen. Sie treiben doch die Preise mit Ihrer CO2-Steuer, mit Ihren Energiesteuern und Ihrer völlig falschen Politik. Es ist Ihre Inflation!
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Was haben Sie uns verlacht, als wir forderten, den Atomausstieg zurückzunehmen, um bezahlbare Energie zu haben, oder die Energiesteuern zu senken, illegale Migranten zurückzuweisen, damit der Wohnraum nicht exorbitant teuer wird, keinen Lockdown zu machen, damit die Wirtschaft entsprechende Mittel hat, oder aus dem Euro auszusteigen, weil die EZB ohne Ende Geld druckt und Politik gegen den Bürger macht.
Meine Damen und Herren, die Geldmenge hat sich seit Einführung des Euro fast verdreifacht. Fragen Sie mal die Leute, ob sie jetzt dreimal so viel verdienen! Dreimal so viel bezahlen tun sie ganz sicher, und da vergeht ihnen das Lachen, wenn sie nicht mehr wissen, wie sie für ihre Kinder die Kleidung kaufen sollen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, wie sie noch heizen sollen. Und was kriegen die Leute dafür? Sie kriegen Hohn und Spott, unter anderem von CDU-Minister Hauk, der forderte: 15 Grad reichen aus in einer Wohnung.
Werte Mitglieder der Regierung, es ist jetzt in Ihrer Verantwortung, zu handeln; aber dieser Verantwortung kommen Sie nicht nach, auch mit Ihrem Energiepaket nicht. Sie verteilen ein paar Almosen: 200 Euro für die Sozialhilfeempfänger, 100 Euro für die Kinder. Die Steuerpflichtigen kriegen einen Bonus von 300 Euro, von dem vielleicht noch 160 Euro übrig bleiben, und bei den Rentnern wissen Sie noch nicht recht, ob Sie die einbeziehen wollen oder nicht. Vielleicht reichen da ja Pullover und eine warme Decke.
Meine Damen und Herren, die AfD hat Ihnen schon vor Monaten Vorschläge unterbreitet, wie diese Härten abzumildern sind. Neben dem Bestehen natürlich auf Geldwertstabilität bei der Währung geht es darum, den steuerlichen Grundfreibetrag nicht nur um 300 Euro, sondern um knapp 3 000 Euro zu erhöhen; denn selbstverständlich müssen wir das Existenzminium steuerfrei stellen. Wo sind wir denn in diesem Land?
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Die Regelsätze für Hartz IV und Grundsicherung müssen natürlich angepasst werden. Der Sparerpauschbetrag sollte erhöht werden. Auch die Entfernungspauschale sollten wir mit 38 Cent pro Kilometer realistisch gestalten. Aber das alles machen Sie nicht. Sie halten an CO2-Steuern, EEG-Umlage und dem Gebäudeenergiegesetz fest. All das müsste für eine Zeit ausgesetzt werden – auch die Mehrwertsteuer auf Energie, Treibstoffe und Lebensmittel –, um die Folgen der Inflation abzumildern.
Aber nichts davon findet sich in Ihrem Haushaltsentwurf. Sie sparen ausgerechnet bei der Integration Schwerbehinderter in den Arbeitsmarkt. Da gehen Sie von 606 Millionen Euro auf 519 Millionen Euro zurück – das ist eine Schande für sich –, damit Sie 1,5 Millionen Euro für die G‑7-Präsidentschaft haben, 1,5 Millionen Euro für einen freiwilligen Beitrag für die internationale Arbeitsagentur, 345 Millionen Euro für die Deutschsprachförderung und 7 Millionen Euro für ein ganz neues Programm: „Unsere Arbeit: Unsere Vielfalt. Initiative für betriebliche Demokratiekompetenz“. Da lernt vermutlich dann der integrationswillige Migrant, dass die AfD doof und Fridays for Future antirassistisch sei.
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Werte Kollegen von der FDP, Herr Fricke – Sie sind ja auch da – hat uns aufgefordert, Posten zu nennen, wo wir Einsparungen vornehmen können. Ich gebe Ihnen mal einen Tipp. Das sind Posten, wo man Ausgaben hat, aber keine Einnahmen, zum Beispiel bei den ganzen europäischen Fonds: ESF, EGF, EHAP. Da haben wir 85 Millionen Euro Ausgaben im Haushalt stehen und null Einnahmen. Sparen fängt man am besten damit an, dass man nichts sinnlos verschleudert, meine Damen und Herren.
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Eine Zahl in diesem Haushalt gibt mir noch Rätsel auf. Ich frage mich, wie Sie dazu kommen, bei all diesen Inflationseffekten – Armut, Arbeitslosigkeit nach Ihren Covid-Lockdowns, Lieferkettenprobleme, Ukrainekrieg, Millionen Kriegsflüchtlinge – den Ansatz für die Grundsicherung und die Kosten von Unterkunft und Heizung von 45 Milliarden Euro auf 40 Milliarden Euro zu senken. Ich habe mich gefragt: Haben Sie sich verrechnet? Das kann eigentlich nicht sein. Haben Sie uns verladen und bringen das alles erst im Nachtragshaushalt? Das wäre ziemlich wenig von einer Serviceregierung, liebe FDP, was ich doch von Ihnen erwarte.
Dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen – es kann ja nur das sein –: Sicherlich wird Nancy Faeser endlich mal die Hunderttausenden illegalen Migranten abschieben, die bei uns hartzen.
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Dann stimmen auch die Zahlen in der Grundsicherung wieder. Ich danke Ihnen, werte Kollegen der SPD und Grünen, dass Sie diesen wichtigen Schritt für die Bundesrepublik Deutschland mit uns zusammen gehen werden. Ich freue mich auf die parlamentarische Begleitung dieses wichtigen Schrittes und Prozesses.
Haben Sie herzlichen Dank.
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Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Pascal Kober.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Angriff Putins auf die Ukraine geht auch nicht spurlos am Politikbereich „Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik“ vorbei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist erschütternd, mit welcher Ruchlosigkeit und mit welcher Brutalität Wladimir Putin die Menschen in der Ukraine aus ihrer sozialen Existenz regelrecht in die Flucht hinausbombt. So werden die kommenden Wochen und Monate auch im Bereich „Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik“ wesentlich davon geprägt sein, wie wir die Wehrhaftigkeit unserer freiheitlichen Demokratie, wie wir die Wehrhaftigkeit eines völkerrechtlich gebundenen Staates, einer völkerrechtlich gebundenen Welt auch sozialpolitisch mit unterstützen, damit am Ende Putin nicht recht bekommt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Und zugleich müssen wir mitdenken, auch heute schon, dass möglicherweise die Menschen, die jetzt zu uns kommen, über einen längeren Zeitraum bei uns Schutz brauchen. Und da werden wir dafür sorgen, dass die Lebenshaltungskosten gewährleistet sind, dass Pflege und Betreuung gewährleistet sind für die Menschen, die zu uns kommen und diese Unterstützung brauchen. Vor allen Dingen müssen wir aber auch den Arbeitsmarktzugang so ermöglichen, dass die Menschen möglichst nicht unterhalb ihrer Qualifikation, sondern ihrer Qualifikation entsprechend in unserem Arbeitsmarkt Zugang finden.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ruchlosigkeit des russischen Präsidenten mag noch so groß sein, aber ich glaube, ich spreche für alle demokratischen Fraktionen in diesem Haus: Die Solidarität unseres Sozialstaates wird stärker sein, und darauf können sich die Menschen verlassen.
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Dabei ist uns allen natürlich bewusst, dass die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auch wirtschaftliche Unsicherheit zu uns bringen. Die steigenden Energiekosten – möglicherweise auch eines Tages ausfallende Energielieferungen –, abbrechende Lieferketten, allgemein steigende Preise werden ihre Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt haben. Aber auch wenn vieles schwerer werden wird, eine Zusage machen wir den Menschen in unserem Land: Wir werden trotz aller Schwierigkeiten die Ideen unseres Koalitionsvertrages in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik umsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Dabei ist uns als FDP insbesondere zweierlei wichtig: die Generationengerechtigkeit auf der einen Seite und die Chancengerechtigkeit auf der anderen Seite. Generationengerechtigkeit bedeutet, dass wir zum Beispiel im Bereich der Rentenpolitik nicht nur bis zum Ende dieser Legislaturperiode denken, sondern dass wir in Generationen denken
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und dass wir das Rentensystem auf nachhaltige Weise reformieren und für die Zukunft aufstellen.
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Dazu gehört natürlich die Aktienrente. Dazu gehört ein kapitalgedeckter Baustein zur Stabilisierung der Rentenversicherung. Dazu gehören aber auch die Ausweitung der betrieblichen Altersvorsorge und die Flexibilisierung der privaten Altersvorsorge.
Auch im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit werden wir neue Wege gehen. Den Einstieg und den Wiedereinstieg in Arbeit und in den Weg in ein selbstbestimmtes Leben werden wir ebnen, indem wir den Menschen die hierfür individuell notwendigen Bildungs- und Ausbildungsangebote machen werden. Das ist unser Anspruch: die Menschen in die Arbeit zu bringen.
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Das fängt natürlich auch bei den Grundkompetenzen an. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Lesen, Schreiben und Rechnen lernen zu dürfen – auch jenseits des Schulalters und auch wenn man es vielleicht zwei- oder dreimal im Leben noch nicht geschafft hat –, ist ein soziales Grundrecht, das für jeden in diesem Land möglich sein muss.
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Wir werden den Worten „Kein Kind darf verloren gehen“ endlich mit sozialpolitischer Substanz begegnen. Wir werden diesem Versprechen auch wirklich einen Inhalt geben, zum Beispiel mit dem digitalen Kinderchancenportal, in dem wir die Angebote der Bildung und Teilhabe für Kinder auch wirklich erreichbar und unkompliziert umsetzbar machen werden. Chancengerechtigkeit wird in diesem Land verbessert werden. Dafür steht diese Regierungskoalition.
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Wir werden die Kooperation der Jobcenter mit der Jugendhilfe ausweiten, damit junge Menschen auch schon in früheren Jahren als bisher beim Schulerfolg unterstützt werden können; denn Schulerfolg ist die Voraussetzung für Ausbildungserfolg. Ausbildungserfolg ist in vielen Fällen die Garantie dafür, dass Langzeitarbeitslosigkeit vermieden werden kann. So werden wir den Gedanken des präventiven Sozialstaates mit diesen ganz konkreten Maßnahmen umsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, ich freue mich darauf. Wir haben viel vor. Wir werden viel erreichen. Dieses Versprechen geben wir den Menschen in unserem Land.
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Susanne Ferschl.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Pandemie, Klimakrise, Inflation, Krieg, eine drohende Wirtschaftskrise – dieser Dauerkrisenmodus verschärft die soziale Ungleichheit im Land. Betroffen sind Menschen mit niedrigem Einkommen. Aber auch die Mittelschicht leidet.
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Gleichzeitig bekommt Aufrüstung Verfassungsrang. 100 Milliarden Euro als Sondervermögen für Rüstung – irre!
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Menschen im Hartz‑IV-Bezug, also auch diejenigen, die aufstocken müssen, und Rentner in Grundsicherung sind in echter finanzieller Not. Um Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, sind aus Sicht der Linken mindestens drei Sofortmaßnahmen nötig, und zwar dauerhaft und nicht nur als Einmalzahlung: eine Erhöhung der Regelsätze auf deutlich über 600 Euro,
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eine Mindestrente von 1 200 Euro als unterste Auffanglinie und eine Erhöhung des Rentenniveaus.
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In Summe würde das ungefähr 30 Milliarden Euro kosten, nicht mal ein Drittel des über Nacht bereitgestellten Sondervermögens.
Der Berater des Finanzministers, Lars Feld, hat am Dienstag bereits genau das angekündigt, was Sie ausgeschlossen haben, Herr Minister: dass zugunsten der militärischen Aufrüstung im Sozialen gespart werden muss. Letztlich sieht man das ja auch schon an der einen oder anderen Stelle: Die Sonderzahlungen des Bundes in die Rentenkasse werden in diesem Jahr nicht geleistet. Somit werden die Rücklagen geplündert.
Momentan sieht Ihr Entwurf auch noch vor, dass die Bundesagentur zum Ausgleich für ihr Defizit eben keinen Steuerzuschuss bekommt, sondern einen Kredit. Ich fordere Sie auf: Ändern Sie das, und schließen Sie Leistungskürzungen für die Beschäftigten aus!
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Kürzungen bei den Sozialleistungen sind nur auf den ersten Blick billiger. Ein starker Sozialstaat ist deutlich mehr wert, als er kostet. Deswegen sollten Sie den Haushalt nachbessern.
Vielen Dank.
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Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Dr. Martin Rosemann.
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Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fortschritt und Sicherheit sind zwei Seiten einer Medaille, und gerade Veränderungen verlangen Sicherheit. Diese Regierung, diese Ampelkoalition hat Respekt, sozialen Fortschritt und sozialen Zusammenhalt versprochen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch hier an diesem Pult folgenden Satz gesagt:
Die Bürgerinnen und Bürger müssen spüren: Jeder und jede Einzelne zählt. Mein Beitrag, meine Anstrengung wird wertgeschätzt.
Diese Ampelkoalition hält Wort: Wir werden den Mindestlohn ab dem 1. Oktober auf 12 Euro erhöhen.
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Wir sichern mit der Kurzarbeit Arbeitsplätze, und wir unterstützen private Haushalte bei den gestiegenen Energiepreisen. Gerade in Zeiten der Unsicherheit gilt: Äußere Sicherheit, innere Sicherheit und soziale Sicherheit gehören zusammen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
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Diese Krise bewältigen wir nur, wenn wir als Gesellschaft solidarisch zusammenhalten. Deshalb müssen wir weiterhin in den sozialen Zusammenhalt investieren. Wir müssen sicherstellen, dass die hohen Energiepreise nicht von den kleinen Einkommen bezahlt werden. Deswegen entlastet diese Ampelkoalition gezielt die Bürgerinnen und Bürger, die wegen der Energiepreise finanziell überfordert sind.
Wir haben zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Es sind zwei Entlastungspakete, Herr Aumer; denn dazwischen lag immerhin der Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Das erste Entlastungspaket ist ja noch vor dem Krieg verabschiedet worden. Jetzt haben wir auf die aktuelle Situation mit einem zweiten Entlastungspaket reagiert.
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Ich sage nur: Wir haben den Heizkostenzuschuss und die Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende verdoppelt. Wir haben eine Energiepreispauschale und eine Einmalzahlung für Kinder beschlossen. Damit sorgen wir dafür, dass starke Schultern nicht nur mehr leisten können, sondern auch mehr leisten werden als schwache.
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Meine Damen und Herren, die Herausforderungen der Transformation sind aber auch durch den Krieg in der Ukraine nicht weg. Ganz im Gegenteil: Das muss jetzt alles sogar sehr viel schneller gehen. Wir müssen schneller von fossilen Energien unabhängig werden. Wir müssen schneller in regenerative Energien investieren, in die Infrastruktur, aber vor allem auch in die Köpfe. Deswegen haben die Vorhaben des Koalitionsvertrags eben nichts von ihrer Aktualität und Bedeutung verloren.
Hinzu kommt die Aufgabe, Menschen, die jetzt aus der Ukraine zu uns kommen und hier Zuflucht suchen, in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei geht es zuerst mal um die Unterbringung – ein Dach über dem Kopf zu haben – und schnelle Hilfe. Dazu gehört auch die psychologische Betreuung; denn viele sind traumatisiert.
Wir müssen aber auch dafür sorgen – und wir wollen dafür sorgen –, dass diejenigen, die da zu uns kommen, dort einen Beitrag leisten können, wo unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen dringend Arbeitskräfte brauchen. Es geht um die Anerkennung von Berufsabschlüssen, es geht um Kinderbetreuung und um ausreichend Sprachkurse.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, stellen sich für den Bundeshaushalt zwei wesentliche Aufgaben:
Erstens. Wir müssen die Bundesagentur für Arbeit in die Lage versetzen, dass sie ihre Aufgaben gut bewältigen kann. Das gilt für die kurzfristigen Aufgaben, insbesondere bei der Kurzarbeit. Ich habe es angesprochen und viele Vorrednerinnen und Vorredner auch: Kurzarbeit muss weiterhin, auch in der Ukrainekrise, als Brücke über die Krise funktionieren. Kurzarbeit sichert die Existenz von Betrieben, sichert Beschäftigung und Einkommen, sichert im Übrigen auch die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung.
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Auf der anderen Seite sind es aber langfristige Aufgaben: die Fachkräftesicherung und die Bewältigung des Strukturwandels. Unser Anspruch als Ampelkoalition ist es, jede und jeden individuell in diesem Wandel zu unterstützen, durch Weiterbildung neue Perspektiven zu schaffen. Wir wollen Weiterbildungsweltmeister werden. Deshalb dürfen wir die Bundesagentur für Arbeit angesichts dieser Zukunftsaufgaben nicht mit weiteren Schulden belasten, sondern wir müssen ihr einen Zuschuss geben, damit sie entschuldet wird und diese Aufgaben angehen kann.
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Zweitens müssen wir die Jobcenter in die Lage versetzen, dass sie ihren Aufgaben nachkommen können, dass sie einen Beitrag zur Arbeitskräftesicherung und damit zur besseren Unterstützung von Langzeitarbeitslosen leisten können. Da haben wir Handlungsbedarf; denn die Zahl der Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit ist seit Beginn der Pandemie um 200 000 gestiegen. Dort haben wir Chancen, Potenziale zu heben und Menschen besser zu befähigen. Es geht darum, dass wir Teilhabe auch für Menschen organisieren, die sonst keine Perspektiven haben.
Ab dem 1. Januar 2023 wollen wir das neue Bürgergeld einführen. Auch das ist eine große Aufgabe; denn wir wollen einen Kulturwandel sicherstellen. Dabei geht es nicht nur darum, hier ein bisschen mehr Leistung und da noch ein Instrument mehr zu haben; nein, da geht es um einen Kulturwandel hin zu individueller Unterstützung auf Augenhöhe.
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Dazu kommen, meine Damen und Herren, in den nächsten Jahren die Stabilisierung der Rente, Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentnerinnen und Erwerbsminderungsrentner und ein umfassendes Programm für Barrierefreiheit.
Wir werden in den Haushaltsgesprächen darauf achten, dass all dies auch finanziert wird. Das gilt für drei Haushalte zusammen: Erstens für den Haushalt 2022, den wir heute hier beraten, zweitens vor allem auch für den Ergänzungshaushalt, für die Zusatzaufgaben im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und drittens auch für den Haushalt 2023, der bereits im Juni ins Bundeskabinett kommt. Das gilt aber auch für alle weiteren Haushalte.
Meine Damen und Herren, es geht darum, die notwendigen Mittel für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung zu stellen und in sozialen Fortschritt und sozialen Zusammenhalt zu investieren. Das werden wir als Ampel gemeinsam tun.
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Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist der Kollege Dr. Stefan Nacke, den ich ganz herzlich zu seiner ersten Rede hier im Deutschen Bundestag begrüße.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Staatsaufgaben zählen klassisch die innere und äußere Sicherheit. Wegen Putins Krieg in der Ukraine sprechen wir aktuell aus gutem Grund viel über äußere Sicherheit: über die Ausrüstung der Bundeswehr, über unsere Verteidigungsfähigkeit und das 2-Prozent-Ziel der NATO. In einer modernen, ausdifferenzierten Arbeitsgesellschaft gehört zu den zentralen Staatsfunktionen aber eben auch die soziale Sicherheit. Für soziale Sicherheit steht unser Sozialstaat. Es geht um sozialen Frieden, um Ausgleich, um Eröffnung von Lebenschancen.
Innere, äußere und soziale Sicherheit – das eine kann man nicht ohne das andere betrachten. Die Kosten, die jetzt unmittelbar aufgrund von Wirtschaftssanktionen sowie für die Versorgung von Kriegsflüchtlingen und ihre Integration in unsere Gesellschaft entstehen, setzen unseren Sozialhaushalt stark unter Druck. Die Ampel versucht das zu verschleiern, indem sie sich hinter bemühten Differenzierungen von „Kernhaushalt“, „Ergänzungshaushalt“ und „Sondervermögen“ versteckt. Die Menschen in unserem Land verdienen aber Transparenz statt Schattenhaushalte.
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Meine Damen und Herren, wir sehen nicht erst jetzt, sondern schon seit Ausbruch der Coronapandemie: Ängste lähmen. In der Bevölkerung verdrängt Zukunftsangst die Zuversicht. Sie als Bundesregierung haben eine besondere politische Verantwortung für die öffentliche Diskussion und ihre Tonalität. Es ist fahrlässig, wenn Sie in diesen schwierigen Zeiten das Vertrauen der Menschen in die Politik noch zusätzlich schwächen, wie Sie es bei der Rentenversicherung tun. Sie zögern jede auch noch so kleine Reform hinaus. Vor 100 Tagen sind Sie dynamisch angetreten; Sie wollten eine Fortschrittskoalition sein. Aber schon jetzt macht sich Lähmung breit.
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Dabei treten Sie nicht nur auf der Stelle, sondern sie legen sogar den Rückwärtsgang ein.
Auf 177 Seiten Koalitionsvertrag finde ich keine gemeinsame Idee für die Rente. Stattdessen übernehmen Sie Passagen aus der allgemeinen Prognose der Deutschen Rentenversicherung, nach der Niveau und Beitragssatzstabilität für die Dauer dieser Legislaturperiode als gesichert gelten. Aber Sie hätten weiterlesen müssen: Diese Prognosen besagen nämlich auch, dass unmittelbar nach Ende dieser Legislatur die Kurven auseinandergehen und die Haltelinien gerissen werden.
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Das können Sie doch nicht einfach ignorieren. Wo ist Ihr Konzept?
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Sie wollen unsere bewährte umlagefinanzierte Rente für den Zeitraum, in dem die Babyboomer in den Ruhestand gehen, durch Einkünfte aus dem Finanzmarkt entlasten. Ihre dafür angekündigten 10 Milliarden Euro sind aus dem Haushaltsentwurf verschwunden. Wenn Sie es ernst meinen, müssten Sie aber jetzt anfangen, einen Kapitalstock zu bilden. Davon abgesehen, ist die Verzinsung von 10 Milliarden Euro angesichts eines Jahresvolumens in der Rente von über 300 Milliarden Euro ein Hauch von nichts und macht keinen Unterschied.
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Die Union steht mit ihrer Kritik nicht allein da. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt vor einem Griff in die Rentenkasse. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel kritisiert, dass Bundesfinanzminister Lindner das Sicherheitsversprechen für die Rente einfach aufkündigt, das die Ampel noch zu Jahresende in ihrem Koalitionsvertrag gegeben hat.
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Stattdessen hat die Ampel die für die Jahre 2022 bis 2025 festgeschriebene gesetzliche jährliche Sonderzahlung von 500 Millionen Euro einfach auf null gekürzt. Ich finde das rechtswidrig. Das zerstört Vertrauen.
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Lieber Herr Heil, wenn Sie in der nächsten Zeit Ihren Koalitionsvertrag neu aushandeln müssen, weil der Ukrainekrieg auch Ihr politisches Koordinatensystem durcheinandergebracht hat, berücksichtigen Sie doch bitte das Thema Rente angemessen! Die Rente darf nicht schlechtgeredet werden. Unser umlagefinanziertes System ist gut. Es bedarf nur angesichts sich immer wieder verändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen einer stetigen Nachsteuerung. Es geht um nicht weniger als die Anerkennung der Lebensleistungen von Generationen und zugleich um das Im-Blick-Behalten der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Jüngeren.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Vertrauen in die Rente wird nur dann wachsen, wenn die verschiedenen politischen Richtungen an einem Strang ziehen; so war es unsere gute Tradition. Gerne erinnere ich an dieser Stelle an meinen leider viel zu früh verstorbenen politischen Mentor Karl Schiewerling. Die von ihm mitgeleitete Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ hat viele Themen andiskutiert. Lassen Sie uns weitere Schritte auf dieser Basis machen, frei nach Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
Vielen Dank.
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Vielen Dank für die Rede. – Sie haben auch die Redezeit eingehalten bei Ihrer ersten Rede und sogar noch ein paar Sekunden liegen lassen.
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Herzlichen Glückwunsch dazu, und alles Gute für Ihre weitere Arbeit hier im Haus!
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Der nächste Redner hat sich schon ans Pult begeben: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Markus Kurth.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, jetzt ist in dieser Debatte der Punkt gekommen, wo man die CDU/CSU mal – politisch, versteht sich – am Schlafittchen packen muss.
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Wenn Sie hier auf Ihre Erfolgsbilanz verweisen und auf verantwortungsvolle Politik hinweisen, dann muss man der Redlichkeit halber feststellen, dass in den guten Jahren zwischen der Finanzkrise und der Coronakrise – mit höchster Beschäftigung, wo die Einnahmen nur so sprudelten, sich die Sozialkassen von selbst füllten – keine Vorsorge von Ihnen betrieben worden ist.
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Wo könnten wir heute stehen, wenn Sie in der letzten Wahlperiode, als das Qualifizierungschancengesetz kam, nicht im Bremserhäuschen gestanden hätten und wir zum Beispiel bei der Weiterbildung mutigere Schritte gemacht hätten!
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Das wäre doch möglich gewesen.
Als in der letzten Wahlperiode das Teilhabechancengesetz, der soziale Arbeitsmarkt kam – was wir sehr unterstützt haben als Bündnis 90/Die Grünen –, da waren es doch Sie, die das befristet haben und dadurch für Planungsunsicherheit bei den Jobcentern gesorgt haben. Das war keine verantwortungsvolle Politik.
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Als die Grundrente – die von der Systematik her ja durchaus unserer Garantierente entsprach – eingeführt wurde, waren es vorwiegend Sie, die das Ganze bürokratisiert, aufgehalten und intransparent gestaltet haben.
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All die Möglichkeiten, die in der Regierungszeit lagen, die Sie hatten – als es gut lief –, haben Sie verspielt.
Und da, wo Sie in Verantwortung sind, betreiben Sie das Spiel ja weiter. Ich finde es geradezu unfassbar, dass Markus Söder in Bayern immer noch an den Abstandsregeln für die Windräder festhält.
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Das müssen Sie sich einmal vorstellen, in dieser Situation!
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– Herr Frei, das passt durchaus zum Thema; denn der Ausbau der Erneuerbaren ist wirtschaftspolitisch sinnvoll, gerade bei Windkraft. Er ist sicherheitspolitisch sinnvoll, wie wir wissen, klimapolitisch sowieso, und hat einen Effekt auf den Arbeitsmarkt.
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Es ist wirklich pflichtvergessen und verantwortungslos, was Sie an dieser Stelle hier betreiben.
Darum lassen wir von der Ampelkoalition uns hier überhaupt nichts von Ihnen sagen,
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was mangelnde Verantwortungsübernahme anbelangt. Von Ihnen, Herr Stracke – von der CSU, von der Partei von Herrn Söder –, lassen wir uns hier doch nicht vorhalten,
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wir müssten nicht noch mehr machen, das Entlastungspaket falle nicht groß genug aus, wie Sie gesagt haben. Und das sagt jemand, der noch bis vor sechs Monaten sozialpolitisch im Bremserhäuschen gesessen hat! Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Silke Launert.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, also die finanziellen Mittel, die der Haushalt für das Arbeitsministerium vorsieht. Ich will das betonen, weil in so einer Debatte immer ein bisschen in Vergessenheit gerät, was eigentlich der Tagesordnungspunkt ist. Deshalb sollten wir vielleicht noch ein bisschen mehr zum Haushalt sagen.
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Das gilt natürlich insbesondere für mich als die zuständige Haushälterin für diesen Bereich.
Ich weiß, dass es nicht gerne gehört wird, wenn jemand mit Zahlen kommt, wo man doch nur Gutes tun will. Aber ich sage Ihnen eins: Es hängt zusammen. Man kann nur Gutes tun, wenn man vorher auch vernünftig, langfristig, gut plant und mit dem Geld sinnvoll umgeht. – Das weiß jede Familie, und das gilt auch für den Staat.
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Beim Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales handelt es sich um den größten Einzelhaushalt; er umfasst über 160 Milliarden Euro. Der vorliegende Haushaltsentwurf wurde uns erst Anfang letzter Woche zugeschickt; es ist der zweite Entwurf dieses Einzelplans. Es kamen noch Veränderungen, weil die Coronamaßnahmen teurer werden und jetzt auch noch der Krieg hinzukommt. Der Haushalt ist deswegen eigentlich schon nicht mehr haltbar; diese 160 Milliarden Euro – das kann man schon jetzt ablesen – werden nicht ansatzweise das sein, was letztlich verabschiedet werden wird.
Warum ist das so? Von den großen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg ist schon gesprochen worden. Die Verteuerungen bei Öl und Gas werden für die Betriebe zu erheblichen Nachteilen führen und Kurzarbeit erforderlich machen. Das wird dazu führen, dass der Staat die Bundesagentur für Arbeit durch Zuschüsse unterstützen muss. Daneben werden Kosten durch mehr Arbeitslosigkeit entstehen. Im Rahmen der Flüchtlingswelle brauchen wir erhebliche Steigerungen bei den Sprachschulungen. Langfristig werden auch im Sozialbereich Kosten entstehen; am Anfang übernehmen diese Kosten ja noch die Kommunen. Das heißt, es ist absehbar – das sind Riesenbeträge –, dass ein Ergänzungshaushalt, den wir nicht kennen, kommen muss. Ich hoffe, wir sehen ihn bald. Das zeigt, mit welcher Farce wir es hier zu tun haben.
Aber das reicht nicht, es geht weiter: Gestern, einen Tag vor der Debatte, hören wir dann von dem Maßnahmenpaket.
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Ich begrüße das Paket in der Sache. Es ist gut, dass endlich was passiert. Seit Wochen, ja seit Monaten wird dafür gekämpft. Und nun kommt endlich was.
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Allerdings ist es uns gegenüber schon eine Frechheit, wenn Sie damit einen Tag vor der Debatte kommen. Wir reden also über einen in dreifacher Hinsicht völlig überholten Haushalt von 160 Milliarden Euro, der nicht mehr ansatzweise das widerspiegelt, um was es in Wahrheit geht.
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Dieser Haushalt hat mit den Grundsätzen, wie man sich fair verhält, eigentlich nichts mehr zu tun. Das wundert mich besonders bei der FDP. Nicht nur, dass bei dem rückständigen, schon in dreifacher Hinsicht überholten Haushalt etwa 100 Milliarden Euro auf Kredit vorgesehen waren, es kommen noch 100 Milliarden Euro zusätzlich, und das, obwohl man vorher schon 60 Milliarden Euro an der Schuldenbremse vorbeigemogelt hat, indem man sie in den Energie- und Klimafonds umgeleitet hat – nicht nur das, nein, Sie machen solche Spielchen auch noch kurz vor Schluss.
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Wir wissen überhaupt nicht richtig, worüber wir reden.
Von der FDP haben wir uns hier vier Jahre lang Vorträge anhören müssen über Haushaltswahrheit und ‑klarheit und Generationengerechtigkeit.
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Ist das alles jetzt vergessen? Der Wahlkampf, wie ist er geführt worden? Alles vergessen.
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Vielleicht wollen Sie mal hören, was in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag steht – was haben wir denn da? –:
Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent … dauerhaft sichern.
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Sie wissen es selbst, es war klar geregelt. Jetzt wollen Sie § 287a SGB VI von heute auf morgen, schnell, schnell abschaffen, 500 Millionen, die jedes Jahr, von 2022 bis 2025, als Sonderzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung fließen sollten.
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Da regen sich Ihre eigenen DGB-Vorstände auf. Das ist ein unglaublicher Griff in die Rentenkasse!
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Diese Summe hat man einfach, von heute auf morgen, eingespart. Diese halbe Milliarde – über vier Jahre 2 Milliarden – war ein wertvoller Beitrag zur Stabilisierung der Beiträge. Jetzt ist das einfach rausgeflogen. Dazu findet sich hier im Entwurf – nichts.
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Noch einmal der Koalitionsvertrag – wortwörtlich –:
Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro zuführen.
Stammt der Koalitionsvertrag nicht vom Dezember? Also, im Dezember hat man versprochen, 2022 für einen Kapitalstock – es geht um die Ergänzung der aktienunterstützten Rente – 10 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln zuzuführen.
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Was finden wir im Entwurf? Nichts. Nichts. Wieder mal nichts.
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Was wir hier erleben, ist wirklich alles andere als eine klare, wahre, seriöse, generationengerechte Haushaltsplanung – es ist ein Desaster. Und es wird so weitergehen. Herr Lindner hat sich noch über Herrn Scholz lustig gemacht – jetzt ist er selber der Schuldenkönig. Aber es wird uns auch noch in Europa teuer zu stehen kommen, wenn wir selbst nicht mal ansatzweise die Kriterien erfüllen, die wir eigentlich wieder in Kraft setzen wollen.
Meine Oma, eine sehr lebenserfahrene – leider auch kriegserfahrene – Frau, hat gesagt: Ich habe nicht immer alles verstanden, und nicht jeder Wunsch von mir ist erfüllt worden; aber unter den Schwarzen ist es uns immer besser gegangen.
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Und sie hat noch etwas gesagt: Die Linken versprechen alles und halten – nichts.
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Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Rasha Nasr.
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Werte Kollegin Launert, ich glaube, diese Rede hat noch einmal deutlich gezeigt, warum es richtig ist, dass jetzt eine neue Regierungsmehrheit in diesem Land die Verantwortung übernimmt.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Eltern sind 1986 aus Syrien in die DDR gekommen, um ihr Studium der Architektur an der TU Dresden zu beenden. Als dann die Wiedervereinigung kam, haben sie sich dazu entschieden, hierzubleiben, um sich, meinem Bruder und später dann auch mir eine bessere Perspektive bieten zu können. Meine Eltern haben ihre Heimat damals freiwillig verlassen. Sie haben sich hier mühselig eine Existenz aufgebaut und hatten dabei nicht immer nur Glück. Aber Glück – seien wir ehrlich – entscheidet leider immer noch viel zu häufig darüber, wer in diesem Land etwas werden kann.
In den letzten Jahren sind immer mehr Menschen nicht freiwillig zu uns gekommen, sondern wurden dazu gezwungen. Wenn Menschen ihre Heimat verlieren, dann ist es unsere oberste Pflicht, ihnen Schutz und Zuflucht zu gewähren.
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Wenn diese Menschen dann bei uns sind – egal ob sie geflüchtet sind oder aus welchem Grund sie sich dazu entschieden haben, zu uns zu kommen –, dann ist es doch auch unsere oberste Pflicht, ihnen alle Chancen zu geben, sich hier eine eigene Perspektive aufzubauen.
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An dieser Stelle will ich kurz auf die Situation in der Ukraine zu sprechen kommen. Mittlerweile vier Wochen dauert dieser grausame Krieg an. Mir persönlich macht es Mut, dass wir nicht nur in unserer Härte gegenüber Putin, sondern auch in unserem Mitgefühl gegenüber den Menschen in der Ukraine vereint sind. Dieses Mitgefühl, das lässt sich auch politisch erkennen. Deswegen hoffe ich inständig, dass das jetzt der Moment ist, in dem wir unseren Umgang mit Flucht, Migration und Integration auch und vor allem in unseren Arbeitsmarkt grundlegend überdenken.
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Seit Dezember letzten Jahres und dem ersten Entwurf für unseren Haushalt sind noch einmal über 10 Millionen Euro zusätzlich für den Bereich Fachkräftesicherung im Einzelplan 11 festgehalten. Das ist gut so; denn für große Zukunftsaufgaben müssen auch große Zukunftsinvestitionen getätigt werden. Ich zitiere an dieser Stelle mit Erlaubnis der Präsidentin den Staatssekretär im Bundesinnenministerium Özdemir, der letztens treffend formuliert hat: Wir müssen aufhören, den Leuten zu sagen: „Du musst gehen, weil …“, sondern müssen anfangen, zu sagen: „Du kannst bleiben, wenn …“ – Wir, werte Kolleginnen und Kollegen, sind hier in der Bringpflicht; denn Integration in den Arbeitsmarkt ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit.
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Lassen Sie uns Zuwanderung doch bitte endlich auch als Chance erkennen! Denn wir sind doch schon längst ein Einwanderungsland, meine sehr verehrten Damen und Herren. Punkt! Wir sind angewiesen auf die klugen Köpfe aus nah und fern, und dabei meine ich nicht nur jene, die bereits mit Hochschulabschluss oder Doktortitel zu uns kommen, sondern auch jene, die als Fachkräfte aus so vielen Bereichen jetzt schon gar nicht mehr wegzudenken sind.
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Ohne unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland geht es nicht mehr. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen. Dabei müssen wir aber auch darauf achten, dass das Spiel nach unseren Regeln läuft. Dazu gehören unter anderem ordentliche Arbeitsbedingungen und vor allem eine faire Entlohnung von mindestens 12 Euro die Stunde, am besten aber nach Tarif.
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Und: Wir müssen an diese Bürokratiemonster ran. Das haben wir auch als Koalition festgehalten; denn wer spitze bleiben will, der muss sich auch bewegen.
Also: Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass der deutsche Arbeitsmarkt auch in Zukunft attraktiv bleibt und noch besser wird – sowohl für unsere eigenen Leute als auch für die vielen klugen Köpfe, die als Fachkräfte zu uns kommen, auf die wir angewiesen sind und perspektivisch noch stärker angewiesen sein werden! Schließlich: Lassen Sie uns dafür kämpfen, dass eben nicht mehr Glück darüber entscheidet, wer was werden kann, sondern dass in diesem wunderbaren Land alle alles werden können! Die Ampel ist bereit dafür.
Vielen Dank.
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Damit endet die Aussprache zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Einzelplan 11.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete und Zuhörende!
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Am Dienstag war ich mit Rabbiner Teichtal in einer Flüchtlingsunterkunft am Ku’damm. Dort haben jüdische Waisenkinder und jüdische Frauen mit ihren Kindern aus der Ukraine eine Bleibe gefunden. Sie alle stammen aus Odessa. Mich hat beeindruckt, mit welcher Herzlichkeit sie dort betreut werden. Das jüngste Kind war gerade einmal acht Wochen alt. Es hat noch ein ganzes Leben vor sich. Es ist jetzt in Sicherheit.
Gestern war ich gemeinsam mit der Vorsitzenden von SOS-Kinderdorf Deutschland, Frau Professorin Dr. Schutter, in einem SOS-Kinderdorf und habe dort mit ukrainischen Frauen und ihren Kindern gesprochen. Einerseits habe ich ihren Schmerz, ihre Traumatisierung durch den Krieg und die dramatische Flucht gespürt, andererseits aber auch die Erleichterung, nun hier in Sicherheit zu sein. Die Hoffnung begann in dem Moment, als sie am Bahnhof in Berlin einen Mitarbeiter mit SOS-Kinderdorf-Weste sahen.
Für diese Hoffnung, in Sicherheit zu sein und hier schnell und unbürokratisch aufgenommen zu werden, danke ich stellvertretend allen, die sich haupt- und ehrenamtlich engagieren, SOS-Kinderdorf und Herrn Rabbiner Teichtal. Es ist großartig; denn hier wird ganz schnell geholfen. Sie mindern Leid, und sie geben Hoffnung.
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Das Bundesfamilienministerium hilft ganz konkret. Wir stehen bereit, die Koordinierung für die evakuierten Waisenhäuser zu übernehmen. Mir ist es sehr wichtig, dass wir für diese Kinder, die ohne Eltern sind und die so viel Leid und Tod erlebt haben, so viel Geborgenheit und Stabilität wie möglich schaffen. Dazu gehört, dass sie in ihren vertrauten Gruppen zusammenbleiben können und dass sie nicht von ihren Betreuerinnen und Betreuern getrennt werden.
Das Konzept für die Koordinierungsstelle liegt vor, und wir haben starke Partner/-innen an unserer Seite. Die Koordinierungsstelle soll Ordnung schaffen und Anlaufstelle sein. Wir schauen genau hin, was diese Menschen jetzt brauchen, die aus der Ukraine zu uns kommen.
Dazu zählt auch der entschlossene Kampf gegen skrupellose Menschenhändler, Zuhälter und Sexualstraftäter, die die verzweifelte Lage von Frauen und Kindern ausnutzen wollen.
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Unsere Expertinnen und Experten vom Koordinierungskreis gegen Menschenhandel, vom Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ und von der Hotline des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs arbeiten Seite an Seite mit den Polizeibehörden.
Es gibt psychosoziale Unterstützung. Unsere bewährten Sprach- und Integrationskurse, beispielsweise diejenigen für Mütter mit gleichzeitiger Kinderbetreuung, stehen all jenen zur Seite, damit diese ersten Schritte der Integration, des Spracherwerbs und der Teilhabe jetzt schnell und unbürokratisch begonnen werden können.
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Sehr geehrte Abgeordnete, der Einzelplan 17, den wir heute einbringen, steht für Hilfe, Förderung und Unterstützung für alle Kinder und ihre Familien in der Bundesrepublik. Der größte Posten finanziert die bekannteste und beliebteste Familienleistung in Deutschland: das Elterngeld. Dafür stehen 7,73 Milliarden Euro zur Verfügung. Es hilft Müttern und Vätern, Beruf und Familie noch besser zu vereinbaren. Zuletzt haben 42 Prozent der Väter Elterngeld in Anspruch genommen, mit einer durchschnittlichen Bezugsdauer von 3,7 Monaten. Das ist eine sehr gute Entwicklung, und darauf wollen wir weiter aufbauen.
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Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung aus der AfD-Fraktion?
Nein, ich möchte meinen Haushalt vortragen. Danke.
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Wir werden Familien weiter entlasten mit dem Aufbau einer Kindergrundsicherung. Damit das in seiner Komplexität gut funktioniert, gibt es unter unserer Leitung eine interministerielle Arbeitsgruppe. Kurzfristig entlasten wir von Juli an bedürftige Familien mit dem Sofortzuschlag. Damit gibt es zusätzlich 20 Euro pro Kind pro Monat beim Kinderzuschlag. Ich bin sehr froh, dass auch geflüchtete Kinder aus der Ukraine diesen Kindersofortzuschlag bekommen.
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Die Bundesregierung unterstützt Familien auf vielfältige Weise, zum Beispiel durch das erste Entlastungspaket; denn natürlich hilft es Familien auch, wenn es einen Heizkostenzuschuss oder Kurzarbeitergeld gibt. Aber auch mit dem zweiten Entlastungspaket helfen wir Familien: durch einen Einmalbonus von 100 Euro pro Kind – zusätzlich zum Kindergeld – und weiteren 100 Euro für alle, die Sozialleistungen beziehen. Das ist ein wichtiges Plus im Geldbeutel für Familien in der aktuellen Lage.
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Wir bleiben dabei nicht stehen. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“, für das wir 272 Millionen Euro bereitstellen. Wir stellen aber natürlich auch wichtige Mittel zur Verfügung, um die Gleichberechtigung voranzutreiben, um Frauen vor Gewalt zu schützen, um Kinder vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch zu schützen, um queere Menschen zu stärken, um Transmenschen, die von Anfeindungen betroffen sind, zu stärken. Und wir werden die Seniorinnen und Senioren unter anderem durch den DigitalPakt Alter stärken und die Situation von Pflegebedürftigen verbessern. Daneben haben wir eine Strategie gegen Einsamkeit gestartet. Es gilt auch, die Folgen von Corona im Blick zu behalten.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Folgen des Ukrainekrieges fordern entschlossenes Handeln für Waisenkinder, für unbegleitete Minderjährige, für Frauen, für über 60‑Jährige, und ein besonderes Augenmerk gilt den hochbetagten Holocaustüberlebenden.
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Ich will, dass sie alle einen sicheren Hafen in Deutschland haben. Das ist unsere Verantwortung. Mehr als das: Das ist unsere humanitäre Verpflichtung!
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Für mich ist aber auch klar: Es gibt keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse.
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Eng damit verknüpft ist unser entschlossenes Engagement gegen Rassismus, gegen Antiziganismus, gegen Antisemitismus mit den Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.
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Meine Damen und Herren, nie war es wichtiger als jetzt, entschlossen für die Demokratie und demokratische Werte einzutreten – in Deutschland, aber auch international. Als Jugendministerin stehe ich dafür, dass die junge Generation in einer vielfältigen Demokratie, geprägt von Solidarität und Respekt, aufwachsen kann.
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Wir alle haben es in der Hand. Wir alle sind gefragt, für diese demokratischen Werte einzutreten.
Danke schön.
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Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Silvia Breher.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Spiegel, Ihre Koalition hat ein Zukunftsjahrzehnt versprochen.
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Aber wo ist Ihr Zukunftsjahrzehnt für die Familien und vor allen Dingen für die junge Generation, für unsere Kinder?
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Dieser Haushalt, den Sie in dieser Woche vorstellen, ist vor allen Dingen eins: ein Vertrag zulasten Dritter, ein Vertrag auf Kosten unserer Kinder.
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Und deshalb müsste doch zumindest mehr drin sein für unsere Kinder.
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Der Haushalt des BMFSFJ lag beim Amtsantritt von Angela Merkel bei 4,5 Milliarden Euro und hat sich in ihrer Regierungszeit bis 2021 auf 13,2 Milliarden Euro fast verdreifacht. Jetzt sind wir im Jahr 2022, nach zwei Jahren Corona, inmitten der größten Flüchtlingskrise. Der Blick auf Familie, auf Frauen, Kinder und Jugendliche ist so wichtig wie nie zuvor. Und jetzt kommen Sie, Frau Ministerin Spiegel! Der Etat Ihres Hauses sinkt, und zwar um etwa eine halbe Milliarde auf 12,6 Milliarden Euro. Sie haben eine Zeitenwende versprochen. Wir haben uns das etwas anders vorgestellt.
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Frau Breher, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Nein, das können wir am Schluss machen.
Keine Zwischenfrage!
Lassen Sie uns nun bitte aktuell und konkret werden: Frau Ministerin Spiegel, Bundesfamilienministerin, wo sind Sie?
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Wo sind Sie gewesen für all die geflüchteten Frauen und Kinder aus der Ukraine?
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Sie halten hier heute eine empathische Rede. Sie fordern Schutz für die Kinder und die Frauen ein. Sie fordern ein entschlossenes Handeln ein. Aber wochenlang – dreieinhalb Wochen, bis zu einem öffentlichen Pressetermin am Dienstag – haben wir von Ihnen zum Thema „Frauen und Kinder aus der Ukraine“ nichts gehört.
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Sie stellen Fragen, Sie fordern ein; aber Sie sind in der Bundesregierung, und von Ihnen hätte ich Antworten erwartet. Wie wollen Sie den Schutz der Frauen und Kinder vor Zwangsprostitution und Ausbeutung sicherstellen? Welche Angebote zur Traumabewältigung schaffen Sie? Wie sollen die ukrainischen Kinder integriert werden? Und vor allen Dingen: Wo finde ich diese Ideen in Ihrem Haushalt? Da sind sie nämlich an keiner einzigen Stelle hinterlegt.
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Aber auch sonst haben Sie den Familien viel versprochen. Ihr Koalitionsvertrag ist eine große Wunschliste. Und auch Sie haben im Januar hier eine Reihe von Ideen vorgestellt. Die finde ich aber auch mit einer Lupe in Ihrem Haushalt nicht. Bei Ihnen in der Koalition stehen die Familien einfach an letzter Stelle.
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Im Januar haben Sie prioritär die Reform des Elterngeldes angekündigt: eine zweiwöchige bezahlte Freistellung nach der Geburt, Elterngeld für Pflegeeltern. In Ihrem Haushalt ist nichts dafür eingestellt.
Und dann Ihr großes Versprechen: die Kindergrundsicherung. Aus dem Sofortzuschlag haben Sie das sofort gestrichen; es kommt erst im Sommer, und 20 Euro sind übrig geblieben. Sie richten für die eigentliche Kindergrundsicherung einen Arbeitskreis ein und wollen sie in dieser Legislatur schaffen.
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Wir haben uns die Eckwerte angeschaut: Weder in Ihrem Haushalt noch in dem Haushalt des BMAS sind Eckwerte für die Kindergrundsicherung hinterlegt – an keiner einzigen Stelle.
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Und was ist mit einem weiteren Investitionsprogramm für den Ausbau der Kinderbetreuung? Wir als Union haben eine schriftliche Frage gestellt. Sie haben geantwortet, Sie würden ein Konzept ausarbeiten. Aber warum ist dann ein weiteres Investitionsprogramm für den Ausbau der Kinderbetreuung weder im Haushalt 2022 noch in der langfristigen Finanzplanung Ihres Hauses enthalten? Die Antragsfrist für das aus unserer Regierungszeit stammende fünfte Investitionsprogramm läuft Mitte dieses Jahres aus. Diese Bundesregierung stellt für den Ausbau der Kinderbetreuung im Haushalt also kein Geld zur Verfügung.
Und wo wir schon beim Thema sind: Sie haben versprochen, das Gute-KiTa-Gesetz, das Ende dieses Jahres ausläuft, in ein Qualitätsentwicklungsgesetz fortzuentwickeln. Nur – und, ja, Sie ahnen es schon, liebe Kolleginnen und Kollegen der Länder; achten Sie mal genau darauf –: In den Eckwerten für das Jahr 2023 finden sich keine Mittel für ein Gute-KiTa-Gesetz. Eine Fortführung des Gute-KiTa-Gesetzes sieht Ihr Haushalt nicht vor.
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In Ihrer Rede loben Sie das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Ja, das Programm ist richtig, das Programm ist wichtig, und es ist gut. Es ist nämlich von uns.
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Es ist unser Coronaaufholprogramm 2021/2022 mit insgesamt 2 Milliarden Euro, aufgelegt von der alten Bundesregierung, das Sie jetzt fortfinanzieren.
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Frau Ministerin, in Ihrer Rede im Januar haben Sie ein neues Zukunftspaket „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ angekündigt. Und was finden wir in den Eckwerten für 2023? 50 Millionen Euro – gegenüber 2 Milliarden Euro für 2021/2022. Da erspare ich uns jetzt jeden Kommentar.
Ich muss Ihnen sagen, liebe Koalitionäre, liebe Frau Ministerin: Ich kann jetzt verstehen, weswegen Sie noch nicht bei uns im Ausschuss gewesen sind. Ihre Vorhaben für 2022 – und wir haben jetzt immerhin schon Ende März – sind im Haushalt nämlich einfach nicht hinterlegt.
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Sie halten Ihre Versprechen nicht; „leider“ muss ich aus Sicht der Familien an dieser Stelle sagen. Wir hoffen, dass Sie dort erheblich nachbessern werden, damit Sie Ihre Versprechen halten können.
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Elisabeth Kaiser.
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– Entschuldigung, aber Frau Kaiser hat jetzt am Rednerpult überwiegend das Wort.
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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Seit zwei Jahren befinden wir uns in einer Pandemie. Wir alle spüren die Auswirkungen und sind coronamüde. Besonders gelitten haben in dieser Zeit Kinder, Familien, ältere und pflegebedürftige Menschen und die sie Pflegenden.
Zu dieser Jahrhundertherausforderung Corona kommt eine zweite Krise, die wir bis Februar nicht für möglich hielten: ein Angriffskrieg auf die Ukraine, ein Krieg in Europa, verbunden mit unheimlicher Zerstörung, Tausenden Toten, Vertreibung und Flucht. Klar ist: Wir stehen an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer, und wir helfen den Geflüchteten. Wir werden dafür sorgen, dass wir vor allen Dingen Frauen und Kinder, ältere und kranke Menschen, die zu uns kommen, unkompliziert und schnell aufnehmen.
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Wir wollen gemeinsam mit den Ländern und Kommunen dafür sorgen, dass sie sich bei uns von den schlimmen Erlebnissen in ihrer Heimat und von der Flucht erholen können und eine Unterkunft finden, in der sie sich sicher und geborgen fühlen können.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen in diesem Jahr nicht nur mit den Folgen der Gesundheitskrise, sondern auch mit den Folgen des Krieges in der Ukraine umgehen. Deshalb ist es umso wichtiger, für Stabilität sowie innere und soziale Sicherheit zu sorgen. Das tun wir als Ampelkoalition mit diesem Haushalt.
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Wir werden dazu beitragen, die Folgen der Pandemie abzufedern. Mit dem Ergänzungshaushalt werden wir auf die Auswirkungen des Ukrainekrieges und die steigenden Energiepreise reagieren. Die beschlossenen Entlastungspakete werden sich darin wiederfinden.
Klar ist aber auch, dass wir die Ziele dieser Koalition dabei nicht aus dem Blick verlieren. Wir wollen unser Land in eine gute Zukunft führen. Deshalb investieren wir in Familien, Kinder und Jugendliche. Wir investieren in Gleichberechtigung und Schutz für Frauen und Kinder, in Unterstützung für ältere Menschen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir wollen, dass jede und jeder in Deutschland, die es ihr Zuhause nennen, an unserer Demokratie teilhaben und sich sicher fühlen können.
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12,7 Milliarden Euro ist der Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend schwer. Ich möchte anhand einiger Punkte verdeutlichen, wie die Koalition auf die aktuellen Herausforderungen reagiert.
Dazu möchte ich zunächst auf diejenigen aufmerksam machen, die in den letzten zwei Jahren viel zu wenig gehört wurden: Kinder und Jugendliche. In der Pandemie haben sie besonders gelitten, aber von ihnen hat man am wenigsten gehört. Deshalb ist es richtig, dass wir sie mit diesem Haushalt besonders in den Fokus nehmen. Wir wollen ihnen die Möglichkeit bieten, Versäumtes nachzuholen,
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Lernlücken zu schließen, und sie unterstützen, in ihr soziales Leben zurückzufinden. Dafür statten wir das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ mit mehr als 272 Millionen Euro aus.
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Damit finanzieren wir unter anderem Lernangebote sowie Sport- und Freizeitaktivitäten.
Mit Blick auf die Coronapandemie und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Kinder bin ich sehr froh, dass wir Programme wie „Sprach-Kitas“ und „Kita-Einstieg“ in diesem Jahr auf stärkerem Niveau fördern wollen. Besonders Kinder aus bildungsfernen Familien und Familien mit Migrationshintergrund profitieren von den zusätzlichen Fachpädagoginnen und ‑pädagogen in den Kitas. Ich bin davon überzeugt, dass wir hier an der richtigen Stelle Geld in die Hand nehmen, nicht nur, weil ich einige dieser Einrichtungen in Thüringen besuchen konnte, sondern auch, weil ich davon überzeugt bin, dass Sprache das wichtigste Tor zur gesellschaftlichen Teilhabe ist.
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Auch an anderer Stelle unterstützen wir die Förderung von Kindern und Jugendlichen haushalterisch. Wir wollen die Mittel des Kinder- und Jugendplans erhöhen, das wichtigste Förderinstrument auf Bundesebene im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Mit den mehr als 30 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln unterstützen wir die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Schutz, Förderung und Beteiligung für einen gleichberechtigten Zusammenhalt. Lebendig wird diese Förderung durch enge Kooperation mit Ländern, Kommunen und den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe. Als Mitglied der Naturfreunde Thüringen, der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Thüringen, aber eben auch als Schwester eines Sozialarbeiters in meiner Heimatstadt Gera weiß ich, wie wichtig diese Förderung ist und wie sehr sie vor Ort gebraucht wird.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein mir persönlich sehr wichtiges Anliegen ansprechen, das auch die Ministerin betont hat, nämlich die Demokratieförderung. Die Zivilgesellschaft ist ein unverzichtbarer Teil unserer Demokratie und unserer Kommunen. Wir wollen den Menschen den Rücken stärken, die für unsere Demokratie Gesicht und Mut zeigen; denn sie füllen die Städte und Gemeinden mit Leben.
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Für die Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie ist für 2022 die Rekordsumme von mehr als 183 Millionen Euro eingestellt, davon allein 165,5 Millionen Euro für das Programm „Demokratie leben!“. Das sind 15 Millionen Euro mehr im Vergleich zum letzten Jahr. Damit ist das Programm „Demokratie leben!“ die wesentlichste Unterstützung der Zivilgesellschaft in der Demokratieförderung.
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Mit dem Programm stärken und helfen wir allen Menschen, die sich tagtäglich für unsere Demokratie einsetzen und sich mutig rechtsextremen und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenstellen. Dieses Engagement ist nicht selbstverständlich; und dafür möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich Danke sagen. Danke Ihnen und euch für euren Einsatz!
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Ich freue mich wirklich sehr, dass die Bundesministerinnen Nancy Faeser und Anne Spiegel noch in diesem Jahr gemeinsam das Demokratiefördergesetz vorstellen wollen, mit dem das Engagement der Zivilgesellschaft auf eine verlässliche und planbare Basis gestellt wird.
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Genau das sind die Signale an die hier Engagierten. Ich bin mir sicher und arbeite gerne daran mit, dass dieses Grundlagengesetz nachhaltig wirkt.
An dieser Stelle möchte ich auch die zusätzlichen Mittel für die Deutsche Stiftung für Ehrenamt und Engagement erwähnen. Die noch relativ junge Stiftung ist mit dem Anspruch angetreten, das Ehrenamt und Engagement vor allem in den strukturschwachen und ländlichen Räumen zu unterstützen. Als Thüringerin muss ich leider sagen, dass ihr Förderschwerpunkt damit immer noch vor allem in den ostdeutschen Bundesländern liegt.
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Dass die Stiftung ihrem Anspruch gerecht geworden ist – –
Frau Kollegin, einen Moment. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt aber auch ein bisschen misslich, Nebendiskussionen zu führen.
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– Vielleicht lassen wir erst mal die Rednerin reden. Und dann können Sie ja auch in Ihren Debattenbeiträgen noch darauf eingehen.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich war bei der Stiftung für Ehrenamt und Engagement und möchte sagen, dass die Stiftung ihrem Anspruch gerecht geworden ist. Das kann ich aus eigener Erfahrung als lokale Abgeordnete sagen, aber eben auch als Mitglied im Stiftungsrat. Auch auf den Krieg in der Ukraine hat sie schnell reagiert, online Informationen veröffentlicht, sowohl für Hilfesuchende als auch für Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen wollen. Damit die Stiftung auch zukünftig Engagement in all seiner Breite unterstützen kann, ist es wichtig, sie auch weiterhin auskömmlich zu finanzieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in diesem Haushalt noch viel Gutes und Wichtiges, was ich wegen der Redezeit nur noch schlaglichtartig nennen kann. Erwähnt sei, dass wir Maßnahmen für den Schutz vor Gewalt für Frauen und Kinder sichern und stärken. Wir stärken die Bundestiftung Gleichstellung, geben den Freiwilligendiensten Planungssicherheit und unterstützen die Wohlfahrtsverbände bei ihrer wichtigen Arbeit.
Mit dem Kindersofortzuschlag sorgen wir dafür, dass 2,9 Millionen armutsgefährdete Kinder und Jugendliche bessere Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe haben, und gleichzeitig gehen wir damit den ersten Schritt in eine Kindergrundsicherung.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind in diesem Jahr meine ersten Haushaltsberatungen und hinsichtlich der aktuellen Situation in Europa sicherlich auch keine einfachen. Wenn wir aber von Fortschritt in Deutschland reden, dann ist es mir wichtig, dass wir alle Menschen einbeziehen, die in diesem Land leben. In Zeiten des schnellen Wandels und der Veränderung wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit geben. Der vorliegende Haushalt ist für uns Abgeordnete dafür eine gute Grundlage, aber sicher auch immer verbesserungswürdig. Deshalb freue ich mich auf die weiteren Beratungen.
Ich danke Ihnen.
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Vielen Dank. – Bei dieser Gelegenheit grüße ich Sie natürlich auch.
Als nächster Redner bekommt für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Martin Reichardt das Wort.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der diesjährige Haushalt wird erstmals in erheblichem Maße von Feministen verantwortet.
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Feministische Familienpolitik steht im Zeichen des Spiegelismus. Der Spiegelismus ist die Endstufe des feministischen Egoismus
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und erlebte einen traurigen Höhepunkt während der Flutkatastrophe im Ahrtal, als feministischem Egoismus auch Menschenleben in großer Zahl zum Opfer fielen, meine Damen und Herren. Ihr Motto, Frau Spiegel: Wen scheren die Toten? Hauptsache, das Image stimmt!
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Der Spiegelismus führt, wie Sie, Frau Spiegel, zeigen, in eine Täter-Opfer-Umkehr, die jede Kritik in eine Ungerechtigkeit gegen die eigene Person umdeutet. Der Spiegelismus verhindert, dass Sie, Frau Ministerin, durch Rücktritt wenigstens Reste von Anstand zeigen.
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Sie aber kleben an Ihrem Stuhl als Schandmal Ihres Charakters und als Katastrophe für Familien.
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In feministischer Nabelschau ist es nicht verwunderlich, dass die demografische Katastrophe keine Erwähnung im Haushalt findet und auch keine geburtenfördernde Politik stattfindet,
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obwohl die demografische Katastrophe mit einem Bestandsverlust der einheimischen Bevölkerung von 25 Prozent von Generation zu Generation unser Land und unsere Sozialsysteme existenziell bedroht, meine Damen und Herren!
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Die großen Posten dieses Haushalts – Elterngeld: 7,7 Milliarden Euro, Kinderzuschlag: 1,37 Milliarden Euro, Unterhaltsvorschuss: 1 Milliarde Euro – bleiben nahezu unverändert. Politisch bleibt es aber bei der linken Tradition, kümmerlichste Initiativen mit klingenden Namen zu versehen. Aktuellstes Beispiel: der Kindersofortzuschlag von 20 Euro im Monat – das sind einige Liter Diesel, die Sie da spendieren –, der mit der Bezeichnung „Kinderverhöhnungszuschlag“ sicherlich besser beschrieben worden wäre.
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Aber auch hier sorgt der Spiegelismus mit der Wirtschaftspolitik des als guten Feministen bekannten Herrn Habeck für ganz neue Perversionen. Feministen haben durch gewaltige Teuerungsraten bei Lebensmitteln, Energie, Kraftstoffen die Existenznot ärmerer Familien und auch von Frauen dramatisch verschärft; und das gilt es hier festzustellen.
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Herr Habeck schuf so die Grundlage, auf der sich der feministische Egoismus der Ministerin erneut entfalten kann.
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Familien in Not bilden nämlich für diesen Egoismus nur ein Bühnenbild, wie es auch schon die Ereignisse im Ahrtal gebildet haben. Warum? Frau Spiegel, Sie wissen ganz genau, dass weder die jetzt angekündigten mickrigen Entlastungen noch die geplante Kindergrundsicherung und schon gar nicht der Kindersofortzuschlag die Folgen feministischer Politik und die daraus entstandene Teuerungswelle für die Menschen auch nur annähernd ausgleichen können.
({10})
Diese Wahrheit aber verschweigen Sie den Menschen. Sie verschweigen sie deshalb, weil Sie sich insbesondere für die Kindergrundsicherung dereinst noch als Retterin der Armen und Unterstützerin feiern lassen wollen. Das ist unehrlich.
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Und Ihr Motto lautet letzten Endes wieder: Wen schert die Verarmung von Kindern und Familien? Hauptsache, mein Image stimmt!
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Zur feministischen Imagepflege zählen auch Millionen von Euro, die in Bund und Ländern für Gleichstellungspropaganda ausgegeben werden. Was wurde nicht hier im Plenum schon alles verkündet? Feministische Politik sichert ein friedliches Zusammenleben. Feministische Politik sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit. Frauen können alles. Das Patriarchat und die Männer sind schuld an aller Ungleichheit, allem Zwist und allen Malaisen, meine Damen und Herren.
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Dass es aber die Politik ausgewiesener Feministen ist, die Armut von Familien und damit auch von Frauen hervorbringt,
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wird ebenso verschwiegen wie die Tatsache, dass es eine feministische Verteidigungsministerin und Außenministerin sind, die, nachdem ihre Parteien das Militär seit Jahrzehnten verhöhnt haben, jetzt plötzlich bei Lockheed Martin shoppen gehen wollen und dort sogar Atombomber einkaufen möchten, meine Damen und Herren.
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Und um das alles zu finanzieren, hat man nicht etwa die Kreditkarte mitgenommen, sondern man hat sich ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro in die Tasche gesteckt, meine Damen und Herren.
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Wenn wir uns das feministische Motto hier ansehen, dann können wir Folgendes festhalten: Was stören uns Armut und Atomkrieg? Hauptsache, das Image stimmt! – Das war so, und das bleibt so.
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Am Schluss, meine Damen und Herren, müssen nur noch alle Kritiker dieses ganzen Irrsinns mundtot gemacht werden, und das geschieht durch die massive Förderung des sogenannten Kampfes gegen rechts.
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Jeder, der heute dem Irrsinn der feminismusgesteuerten Ampel widerspricht,
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wird mit Totschlagbegriffen diffamiert: Klimaleugner, Coronaleugner, frauenfeindlich, transfeindlich, ausländerfeindlich. Neuerdings in Mode: Putin-Versteher. Und der Dauerbrenner: rechtsextrem.
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Das sind die Schlagworte, mit denen Sie andere Meinungen kaputtmachen, meine Damen und Herren.
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Und dann gilt der Mensch eben als rechts und fällt dem Oppositionsbekämpfungsprogramm zum Opfer, das mit 165 Millionen Euro ausgestattet ist und verlogenerweise „Demokratie leben!“ heißt, meine Damen und Herren.
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Das feministische Motto lautet in diesem Zusammenhang: Wer an unserem Image kratzt, der muss eben weg!
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Heinz Rudolf Kunze hat einmal gesagt: Traut keinem Sänger! – Ich rufe Ihnen zu: Traut keinem Feministen und seiner Politik! Denn wer männlichen Chauvinismus zu Recht kritisiert, muss es eben auch mit feministischem tun,
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auch wenn er von Frau Ministerin Spiegel kommt.
Vielen Dank.
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Herr Abgeordneter Reichardt, die harte Auseinandersetzung in der Sache ist absolut angebracht und ist hier ja auch gewollt. Ich muss aber noch mal ganz auf den Anfang Ihrer Rede zurückkommen. Ich denke, dass man Opfer von solchen schweren Ereignissen wie der Flutkatastrophe hier nicht instrumentalisieren sollte, um die eigene Meinung rüberzubringen. Ich sage Ihnen das jetzt.
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– Ja, Sie können sich das ja auch mal anhören.
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– Ich habe Sie auf etwas aufmerksam gemacht, und Sie können ja vielleicht mal drei Sekunden darüber nachdenken.
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– Und wenn Sie bitte Ihre Maske wieder aufsetzen würden.
Als nächste Rednerin in dieser Debatte bekommt Claudia Raffelhüschen für die FDP das Wort.
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– Es ist ja erfreulich, dass alle so wach sind. Aber jetzt hören wir der Rednerin, Frau Raffelhüschen zu.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es hier schon mehrmals gesagt, werde es aber gerne nochmals wiederholen: Auf meiner politischen Agenda steht das Wohl unserer Kinder ganz oben.
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Sie und die folgenden Generationen sollen nicht wie Sisyphos vor einem Schuldenberg stehen, den wir – teils aus Not, teils aus Bequemlichkeit – aufgehäuft haben, sondern sie sollen in jeder Hinsicht, auch wirtschaftlich, die nötigen Freiräume haben, sich zu entwickeln und ihre persönlichen Lebensziele zu erreichen. Das und genau das ist Nachhaltigkeit im haushaltsrechtlichen Kontext.
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Zum Einzelplan 17 passt das natürlich ganz hervorragend. Nirgends geht es so um die Zukunft unseres Landes wie hier. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Das klingt ziemlich banal und abgedroschen – ja, man muss es aber immer wiederholen –, aber das macht es nicht weniger richtig oder relevant.
Fakt ist: Die Coronapandemie hat die globalen Probleme auf geradezu schwindelerregende Weise verschärft. Fakt ist aber auch, dass die Pandemie in Deutschland auf ein extrem reiches, gut entwickeltes Land getroffen ist und wir vieles besser überstanden haben als andere Länder. Dennoch sind auch bei uns große und – man muss es leider so sagen – vermeidbare Schäden entstanden: finanzielle, materielle, gesundheitliche und seelische. Und die Hauptleidtragenden waren aus meiner Sicht die Frauen, Familien und insbesondere die Kinder.
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Niemandem wurde so viel zugemutet wie ihnen, und das, obwohl in der Entwicklung eines Kindes ein Jahr, geschweige denn zwei oder drei Jahre buchstäblich Welten sind, in denen so unglaublich viel passiert und die sich nicht mal eben so nachholen lassen wie ein Urlaub, ein Projekt oder eine Fortbildung, über deren Ausfall wir als Erwachsene uns schon genug geärgert haben.
Nachdem wir nun also über zwei Jahre lang durchaus zu Recht von Kindern und Familien Solidarität und Opfer gefordert haben – und diese Opfer wurden weit überwiegend mit großem Verständnis und toller Disziplin gebracht –, ist es nun an der Zeit, ihnen eine ganze Menge zurückzugeben und die Kinder wieder in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu stellen:
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mit unkomplizierter Unterstützung, mit einem wertschätzenden Blick auf das, was Familien sind und für unsere Gesellschaft leisten, und natürlich auch mit Haushaltsmitteln. Ich bin daher sehr froh, dass im Regierungsentwurf für unseren Einzelplan noch einmal 272 Millionen Euro zusätzliche Mittel im Corona-Aufholprogramm stehen, von denen der größte Teil Kindern, Jugendlichen und Familien zugutekommt.
Und auch wenn es mitunter fast schon negativ dargestellt wird, dass der Großteil des Einzelplans 17 in gesetzlichen Leistungen gebunden und daher nicht so flexibel einsetzbar ist, muss man doch festhalten, dass diese gesetzlichen Leistungen wie Elterngeld oder Kinderzuschlag eine ganze Menge bewirken und gerade auch während der Pandemie für Millionen Familien unverzichtbare Hilfen waren und finanzielle Stabilität bedeuten.
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Denn dass ein ganz normales Familienleben auch im 21. Jahrhundert und sogar in Europa keine Selbstverständlichkeit ist, wurde uns jetzt durch den Krieg in der Ukraine nochmals ganz brutal vor Augen geführt. Die Bilder von zurückbleibenden Vätern und ihren flüchtenden Frauen und Kindern sind nicht zu ertragen. Viele von ihnen suchen bei uns in Deutschland Schutz und finden ihn glücklicherweise auch. Die Hilfsbereitschaft der ehrenamtlichen Helfer ist beeindruckend, aber sie alleine wird nicht ausreichen. Auch Bund und Länder sind gefragt, um diese neue zusätzliche große Aufgabe im Bereich der Familienpolitik zu stemmen.
Es ist daher in jeder Hinsicht richtig, dass wir im Regierungsentwurf wieder mehr als 12,5 Milliarden Euro für den Einzelplan 17 vorsehen. Die Aufgaben in diesem Bereich sind gigantisch, und die Ausgaben sind Investitionen in die Zukunft unserer Familien und unseres sozialen Zusammenlebens in all seinen Facetten.
Vielen Dank.
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Vielen Dank. – Als nächste Rednerin in dieser Debatte folgt Dr. Gesine Lötzsch für Die Linke.
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedes fünfte Kind in Deutschland gilt als armutsgefährdet – so die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage meiner Fraktion. Das sind fast 3 Millionen Kinder und Jugendliche in unserem reichen Land. Das ist beschämend! Das diskriminiert und mindert Lebenschancen. So darf das nicht weitergehen!
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Und das ist nicht nur zutiefst ungerecht, sondern schadet der gesamten Gesellschaft; denn große soziale Unterschiede sind schlecht für die Entwicklungschancen der gesamten Gesellschaft. Daran muss man immer wieder erinnern.
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Frau Ministerin Spiegel, Sie sprachen über die Kindergrundsicherung. Ich kann Ihnen nur sagen: Es eilt! – Wenn die Bundesregierung bzw. die Koalition mit Unterstützung der Union quasi über Nacht ein „Sondervermögen Aufrüstung“ in Höhe von 100 Milliarden Euro beschließen kann, dann muss es doch auch möglich sein, innerhalb eines Jahres die Kindergrundsicherung zu verabschieden, meine Damen und Herren.
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Die Diakonie hat berechnet, dass Kinder in der Grundsicherung monatlich 78 Euro zu wenig erhalten. Das fehlt für Essen, für Kleidung, für Freizeitaktivitäten; und das ist ungerecht.
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Nun sollen die Kinder 20 Euro im Monat zusätzlich bekommen; der Finanzminister war nicht bereit, ihnen mehr zuzugestehen. Sie, Frau Spiegel, dürfen sich nicht weiter vom Finanzminister von der FDP über den Tisch ziehen lassen. Ein guter Plan wäre, dass der Haushaltsausschuss jetzt die Arbeit macht: Bis zur zweiten Lesung 78 Euro für jedes Kind! Das wäre doch ein gutes Ziel, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
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Stellen Sie sich doch einmal drei Minuten lang vor: Aus dem „Sondervermögen Aufrüstung“ wird ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro gegen Kinderarmut; dann wären diese 78 Euro natürlich überhaupt kein Problem. Beim Kampf gegen die Kinderarmut müssen Sie deutlich nachlegen. Da haben Sie unsere volle Unterstützung, Frau Ministerin!
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Der Haushalt für Ihr Ministerium umfasst nach dem Plan 12,6 Milliarden Euro. Eine Vergleichszahl: Für die Atombomber F-35 sollen 15 Milliarden Euro ausgegeben werden – mehr als für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zusammen in einem Jahr. Ich glaube, dieses Geld, diese 15 Milliarden Euro, wären viel besser in einem Ministerium angelegt, das sich für Familien, für Jugend, für Frauen einsetzt. Diese Änderung muss unbedingt erfolgen, meine Damen und Herren!
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Und wenn schon das Grundgesetz geändert werden soll, dann kann ich alle nur auffordern, endlich eine 30 Jahre alte Forderung ins Grundgesetz zu schreiben, nämlich: Kinderrechte ins Grundgesetz!
Vielen Dank.
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Es folgt der Abgeordnete Bruno Hönel für Bündnis 90/Die Grünen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anne Spiegel! Frau Breher, dass Sie hier tendenziös von einer dreiwöchigen Auszeit oder Abwesenheit der Ministerin sprechen, dass Sie diese Debatte instrumentalisieren für diesen Popanz, obwohl Sie wissen, dass die Ministerin drei Wochen an Corona erkrankt war, dass sie Long Covid hat wie Millionen Menschen in diesem Land, das ist an Respektlosigkeit und Schamlosigkeit nicht zu überbieten. Wäre ich in Ihrer Fraktion, ich würde mich schämen für diese Schamlosigkeit. Schämen Sie sich, Frau Breher!
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Liebe Anne Spiegel, ich freue mich, dass du wieder hier bei uns bist. Ich freue mich, dass wir jetzt gemeinsam für eine konstruktive, für eine ziel- und lösungsorientierte Gesellschafts- und Familienpolitik kämpfen können.
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Ich freue mich, dass wir Schluss machen können mit all den Altlasten, die Sie uns hinterlassen haben. Das gehen wir an, liebe Anne Spiegel!
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition hat sich im Bereich der Gesellschafts- und Familienpolitik viel vorgenommen und erste Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht.
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Der § 219a wird aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
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Die Ministerin hat das auf den Weg gebracht, und das ist so überfällig. Endlich machen wir Schluss mit diesem gesellschaftspolitischen Unrecht!
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Aber ich möchte nun noch einmal an das anknüpfen, was auch die Ministerin schon gesagt hat: Die Menschen in der Ukraine gehen aktuell durch die Hölle. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, zu helfen, jetzt, wo die Not so groß ist, im Angesicht der russischen Aggression. Ich bin der Ministerin dankbar, dass sie sich dieser Aufgabe entschlossen stellt und viele spezifische Hilfsangebote auf den Weg bringt
({6})
wie die zum Schutz alleinreisender Frauen, wie die zum Schutz Schwangerer, wie die für Waisenkinder oder eben auch die Evakuierung von pflegebedürftigen Holocaustüberlebenden. Das ist so wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen!
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Deutschland ist in der Verantwortung. Deutschland stellt sich seiner Verantwortung. Wir helfen den Menschen in der Not. Es ist wichtig, dass wir versuchen, so schnell wie es irgendwie geht, ein Stück Normalität für die Schutzsuchenden zurückzugewinnen, dass wir gemeinsam organisieren, dass insbesondere die Kinder in Schulen und Kitas gehen können.
Für uns alle, für die Kommunen, für die Länder, für den Bund ist das jetzt eine große Kraftanstrengung, die wir gemeinsam vollbringen werden. Dabei ändert sich die Lage so dynamisch, dass ich es für richtig finde, dass ich es für die richtige Entscheidung halte, dass die Bundesregierung hier einen Ergänzungshaushalt auflegt, der einen Teil dieser Kraftanstrengung abbilden wird.
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Gerade vor dem Hintergrund, dass so viele Familien und Kinder zu uns kommen, ist der Kita- und Ganztagsausbau so ungemein wichtig. Ich werbe dafür, dass wir ein Sofortprogramm hierzu in den Ergänzungshaushalt aufnehmen.
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Der bereits vorliegende Entwurf für den Etat des BMFSFJ weist mit 12,58 Milliarden Euro zusätzliche 147 Millionen Euro im Vergleich zum ersten Regierungsentwurf der Vorgängerregierung auf. Das sind 147 Millionen Euro zusätzlich für Familien, für die Jugend, für die Gleichberechtigung. Dieses Geld ist gut angelegt, liebe Kolleginnen und Kollegen!
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Der mit 86 Prozent größte Teil des Etats ist für die gesetzlichen Leistungen vorgesehen, allen voran das Elterngeld. Dieses Instrument wird gut angenommen und trägt maßgeblich zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Aber wir werden es noch besser machen, indem wir es vereinfachen, indem wir es digitalisieren und indem wir die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung stärken.
({11})
Auch im Programmbereich ist dieser Regierungsentwurf ein guter erster Aufschlag für das parlamentarische Verfahren. Ich möchte insbesondere auf die Erhöhung des Ansatzes für das Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ verweisen. Die Mittel hierfür wurden deutlich aufgestockt, und zwar auf 272 Millionen Euro. Gerade nach Corona brauchen Kinder, Jugendliche und Familien weiterhin unsere Unterstützung, und diese Unterstützung bekommen sie von dieser Bundesregierung.
({12})
Das BMFSFJ unter Anne Spiegel steht für unsere lebendige Demokratie, für Vielfalt und für eine moderne Gesellschaft. Deswegen ist es gut, dass wir den Ansatz für Demokratieförderung und Extremismusprävention auf 184 Millionen Euro aufstocken, dass wir das Erfolgsprogramm „Demokratie leben!“ um 15 Millionen Euro ausbauen und dass das Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“ um 18 Millionen Euro verstärkt wird.
({13})
All das sind Investitionen, die unsere Demokratie noch wehrhafter machen, die früh ansetzen und damit besonders wirkungsvoll sind.
Angesichts der multiplen Herausforderungen, vor denen wir stehen, muss ich anmerken, dass ich mich sehr gefreut habe über das klare Bekenntnis von Finanzminister Christian Lindner zur Kindergrundsicherung am Dienstag dieser Woche. Mit der Kindergrundsicherung werden wir Kinderarmut bekämpfen. Das ist eines der Probleme unserer Zeit. Denn wir alle wissen, dass sich Armut reproduziert und dass das Aufstiegsversprechen oft nicht mehr als eine Floskel ist. Deswegen ist die Kindergrundsicherung ein so wichtiges Projekt dieser Ampelkoalition. Wir wollen Chancengerechtigkeit für unsere Kleinsten und nicht weniger als das, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Lassen Sie mich abschließend bemerken, dass natürlich nicht alle unserer gesellschaftspolitischen Vorhaben schon jetzt etatreif sind, aber das schmälert nicht ihre Bedeutsamkeit und auch nicht unsere Entschlossenheit, den Koalitionsvertrag in diesem Bereich vollumfänglich umzusetzen.
Anführen will ich neben der Kindergrundsicherung auch die Familienpflegezeit und die Frauenhausfinanzierung, um nur einige der wichtigen Projekte in der Zuständigkeit der Ministerin anzuführen. Das sind dringend nötige Vorhaben für die Chancen- und Generationengerechtigkeit. Wir werden sie gemeinsam umsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herzlichen Dank.
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Vielen Dank. – Als nächster Redner erhält das Wort Gero Storjohann für die CDU/CSU-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, was ich verbrochen habe, dass man die zweite Silbe meines Namens immer betont. Ich glaube, das kommt aus dem Russischen. Also, die Betonung ist Storjohann. Das gebe ich hiermit einmal zu Protokoll.
Lieber Herr Abgeordneter Storjohann, Sie haben jetzt das Wort.
Perfekt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Entwurf für das Haushaltsgesetz 2022 liegt auf dem Tisch. Er spiegelt aber nicht im Ansatz die angekündigten familienpolitischen Vorhaben der Ampelkoalition wider. Der Kollege Hönel hat das eben entsprechend ausgeführt.
Der Entwurf des Gesamthaushalts ist insgesamt unsolide. Ein Nachtragshaushalt ist bereits in Planung.
({0})
Sondervermögen, Nebenhaushalte und eine deutliche Erhöhung der Verschuldung – das ist nicht nachhaltig. Ich erinnere mich noch an viele Reden von Christian Lindner hier, der das alles früher gegeißelt hat. Diese enorme Verschuldung ist generationenungerecht.
({1})
Der Einzelplan 17 beläuft sich nur noch auf 12,6 Milliarden Euro. Das ist eine etwas geringere Summe als in den Jahren zuvor.
({2})
Das macht 3 Prozent des Kernhaushaltes aus. Der Großteil dieses Haushaltes sind Mittel für gesetzliche Leistungen für Familien, zum Beispiel für das Elterngeld oder den Kinderzuschlag.
({3})
Ja, in manchen Titeln steigen die Ansätze um kleine Beträge.
Aber was macht die Regierung überhaupt in der Familienpolitik? Wo setzt sie Schwerpunkte? Wo werden neue familienpolitische Entscheidungen getroffen? Es gehört ja zur Wahrheit, dass viele familienpolitische Schwerpunkte nicht in Ihrem Ressort, Frau Ministerin Spiegel, entschieden werden, beispielsweise die Einführung einer Verantwortungsgemeinschaft, die Abschaffung des § 219a StGB oder auch das steuerliche Kindergeld; denn Familienpolitik ist immer auch Bildungspolitik, Rechtspolitik, Steuer- und Finanzpolitik. Diese Punkte schlagen daher auch nicht finanziell bei Ihnen im Haushalt zu Buche. Das heißt im Endeffekt, dass die Entscheidungen darüber, wie Familien leben, wahrgenommen und unterstützt werden, immer weniger in Ihrem Ressort getroffen werden, Frau Ministerin. Ist das in Ihrem Sinne? Müssen Sie das nicht ändern?
Das Ministerium trägt den Namen „Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“. Familien stehen ganz vorne, und Sie sollten das auch so repräsentieren; denn ohne Familie ist kein Staat zu machen. Ein Staat kann nicht funktionieren, wenn Familien nicht funktionieren.
({4})
Was brauchen Familien, und welche Familien wollen wir mit unserer Politik insgesamt unterstützen? Wie soll Familienpolitik zielgenau und effektiv sein? Wenn der Familienbegriff letzten Endes unbestimmt ist und nahezu beliebig wird, was heißt das? Dann ist es nur noch ein Aspekt der Sozialpolitik.
({5})
Wir als Union wollen, dass es den Familien gut geht, allen Familien, allen Mitgliedern einer Familie. Wir wissen, dass die Familien oft erheblichen Belastungen ausgesetzt sind, gerade jetzt vor dem Hintergrund steigender Preise und der Krise um den Krieg in der Ukraine.
Unsere Aufgabe als Politiker muss es deshalb sein, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, Wahlfreiheit zu ermöglichen und Mut zu machen, sich für Familie, für Verbindlichkeit und auch für Kinder zu entscheiden, aber ohne Ideologie und ohne Bevormundung.
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Die Aufgabe des Staates ist der besondere Schutz von Ehe und Familie und ihre Unterstützung, so jedenfalls unsere Auffassung. Der Staat hilft den Eltern, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen, und den erwachsenen Kindern, sich um ihre Eltern zu kümmern. Der Staat kann nicht lieben. Er gehört nicht an den Küchentisch. Aber er kümmert sich im eigenen Interesse. Er setzt die Rahmenbedingungen für Infrastruktur, für Zeit und für Geld.
Wenn Sie planen, insbesondere wirtschaftlich schwächere Familien mehr zu unterstützen, dann findet das selbstverständlich unsere Zustimmung. Aber in den Haushaltsberatungen hier findet sich davon nichts. Was ist mit allen anderen Familien und ihren Kindern? Wie stehen Sie zur Höhe des Kindergeldes und der Kinderfreibeträge? Wir fordern eine Überprüfung und Anpassung der Besteuerung und der Versicherungsbeiträge von Familien.
({7})
Familien brauchen auch eine Infrastruktur. Fest steht, dass sich immer weniger Familien für drei oder mehr Kinder entscheiden. Warum? Sind Kinder bei uns nicht wirklich willkommen? Sind sie eine Last, ein Armutsrisiko, ein Grund für Einschränkungen? Kinder sind ein Geschenk und Familien mit Kindern ein Gewinn für die Gesellschaft. Ist die unterstützende Infrastruktur dafür unzureichend?
Wir als Union haben in der letzten Legislaturperiode beispielsweise bei der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder einen guten Grundstein
({8})
zusammen mit der SPD gelegt. Jetzt heißt es aber, weiterhin mit zusätzlichen Finanzhilfen den Kommunen Hilfestellung dabei zu geben, Betreuungsangebote zu schaffen und aus Kitas gute Kitas zu machen.
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Familien brauchen aber auch eines, und das ist Zeit. Sie brauchen eine flexiblere Zeiteinteilung für beide Elternteile. Das fängt bei familienfreundlichen Arbeitszeiten an, geht über Modelle beim Elterngeld und Homeoffice-Möglichkeiten und hört bei der Förderung von haushaltsnahen Dienstleistungen nicht auf. Von einer Neugestaltung beim Elterngeld oder auch nur einer ernsthaften Ausweitung der Partnermonate fehlt auch in diesem Haushalt jede Spur.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie sehen, ist nicht nur die Liste der Versprechen in den Wahlprogrammen und im Koalitionsvertrag der Ampel lang, auch die berechtigten Wünsche und Bedürfnisse der Familien sind zahlreich. Die CDU/CSU-Fraktion erwartet, dass Sie noch erheblich nacharbeiten, so wie Sie das hier angekündigt haben; denn Ihr Haushaltsentwurf ist nicht optimal.
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Es folgt für die SPD-Fraktion die Kollegin Josephine Ortleb.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Anne Spiegel! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es fühlt sich toll an, nach längerer Zeit wieder hier zu sein. Nach der Geburt meines Sohnes haben mich unendlich viele Glückwünsche erreicht. Ich möchte die Chance nutzen, an dieser Stelle Danke dafür zu sagen.
({0})
Gemeinsam mit meinem Sohn, der hoffentlich in meinem Büro gerade gut schläft, lerne ich den Parlamentsalltag noch mal mit ganz anderen Augen kennen. Für mich ist das hier relativ gut zu vereinbaren und zu organisieren, viel besser als für Millionen von Frauen, die sich fragen, wie sie Arbeit, Familie und einfach das Leben unter einen Hut bekommen sollen.
Umso verletzender muss es für diese Millionen von Frauen sein, wenn hier im Hause immer wieder – und wir haben es auf besonders widerliche Art heute schon gehört – behauptet wird, die Gleichberechtigung sei doch längst schon erreicht,
({1})
wir bräuchten keine Kampagnen, keine Quoten, keine Frauenförderung mehr, wir seien doch alle gleich. – So die Theorie. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, was nützt uns Frauen die Theorie, wenn wir in der Praxis auf so viele Hürden stoßen?
({2})
Theoretisch können wir Frauen Führungspositionen übernehmen, aber praktisch kriegt die Beförderung dann doch der männliche Kollege. Theoretisch wollen wir uns politisch engagieren, aber praktisch sind Abendtermine mit Kindern kaum machbar. Theoretisch sollte es keinen Unterschied machen, welches Geschlecht man hat, wie man aussieht oder wen man liebt, aber praktisch macht es eben doch einen Unterschied. Es reicht uns nicht, theoretisch gleichberechtigt zu sein, wenn am Ende unser Kontostand geringer ist und unsere Renten kleiner sind.
({3})
Deswegen brauchen wir einen Haushalt, der Frauen in Deutschland stärkt, einen Haushalt, der Hürden abbaut, und einen Haushalt, der alle sieht. Ein Beispiel dafür sind für mich vor allen Dingen auch die Mittel, die für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingestellt sind, die mit ihrer Arbeit den Menschen wirklich Mut macht, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Diese Arbeit sollten wir künftig finanziell stärken.
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Ganz besonders freut es mich außerdem, dass wir die Bundesstiftung für Gleichstellung wachsen lassen. Da geht aus meiner Sicht auch noch mehr.
({5})
Auch die vielen Frauenverbände und Frauenorganisationen müssen wir unterstützen; denn ihre Expertise für gute Gleichstellungspolitik ist von unschätzbarem Wert.
({6})
Trotz der aktuellen Herausforderungen werden die finanziellen Mittel, die wir noch in der letzten Vorhabenplanung angestoßen haben, so jetzt auch kommen. Denn auch in Krisenzeiten dürfen mutige, große Schritte in Richtung einer gerechteren Zukunft nicht fehlen.
({7})
Deswegen ist der Einzelplan 17 so wichtig, und ich freue mich auf die Beratung mit den Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen auf die Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Elisabeth Kaiser.
Klar ist: Was nicht passieren darf, ist ein Rückwärtssalto in alte Rollenmuster. Unsere Aufgabe als Parlamentarier/-innen ist es deshalb, Frauen zu stärken und ihnen zu zeigen: Wir sehen euch. Wir sehen eure Leistung. Wir sehen eure Erschöpfung, und wir greifen euch unter die Arme. Wir kümmern uns darum, dass ihr nicht an den Herd gedrängt werdet, wenn ihr das gar nicht wollt. Wir schaffen die rechtlichen Rahmenbedingungen, damit aus der Theorie endlich Praxis wird.
({8})
Wir geben euch die Sicherheit, um über euer Leben selbst zu bestimmen.
Politisch heißt das für uns als SPD-Fraktion: Wir müssen Gleichstellung in allen Gesetzgebungsbereichen denken. Deswegen freue ich mich auf den Gleichstellungscheck und darüber, dass wir die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie weiterführen.
({9})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Haushaltsentwurf haben wir die Chance, politisch endlich da hinzukommen, wo die Gesellschaft längst ist und die konservativen Parteien – das haben wir in der letzten Legislaturperiode echt erlebt – hier im Haus leider nie waren. Die Botschaft, die am Ende von diesem Haushalt an die Frauen in Deutschland ausgehen muss, ist: Jetzt erst recht. Wir kämpfen für euch, und wir kämpfen für den Fortschritt.
Vielen Dank.
({10})
Das Wort erhält die Abgeordnete der AfD-Fraktion Ulrike Schielke-Ziesing.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Eigentlich gehört die Familie, die Kernzelle unserer Gesellschaft, an die erste Stelle. Ich sage „eigentlich“; denn wenn man sich anschaut, wie Ihr Haushalt aufgestellt ist, kann man sagen, dass Sie und Ihre Regierung die Wertschätzung der Familien in Deutschland nicht so hoch ansetzen – eher im Gegenteil.
({0})
Ein Minus von 630 Millionen Euro gegenüber 2021 – das sind die nackten Zahlen. Das ist ein Minus von 630 Millionen Euro in Zeiten, in denen viele Familien die von Ihnen verursachten Kostenexplosionen ausbaden müssen. Ich spreche von Benzinpreisen, die jenseits aller Vorstellungen liegen, und von der Kostenexplosion bei Strom und Heizung. Ein Durchschnittshaushalt kann dieses Jahr mit einer Preissteigerung von 2 000 Euro rechnen. Und das alles ist erst der Anfang. Es wird noch schlimmer. Das ist das Resultat Ihrer Politik, der Politik der Altparteien der letzten Jahre.
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Der vorgeschlagene Haushalt liest sich wie ein schlechter Scherz für die Familien. Statt die Familien für die bereits bestehende und auf uns zukommende Krise zu wappnen und finanziell zu entlasten, werden völlig falsche Anreize gesetzt. Auf der einen Seite gibt es nämlich den Geldsegen, den millionenfachen Geldsegen für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Das klingt alles auf dem Papier schön. Mehr Demokratie fördern: toll. Dahinter verstecken sich dann aber vielfach fragwürdige Organisationen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung, deren Vorsitzende eine ehemalige inoffizielle Stasimitarbeiterin war.
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Für solche Organisationen sind immerhin 183 Millionen Euro vorgesehen, ein Plus von satten 33 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Und das mitten in der Krise! So was muss man sich leisten wollen. Wir von der AfD sagen hierzu ganz klar: Nein.
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Wenn Sie sparen wollen, dann wäre es angebracht, beispielsweise unserem Antrag zu folgen, um das Kindergeld für im Ausland lebende Kinder endlich zu indexieren. Es kann doch nicht sein, dass ein Kind, das in Rumänien oder Polen aufwächst, mit dem gleichen Kindergeld ausgestattet wird wie eines, das in München lebt. Das, meine Damen und Herren, ist ungerecht. Das Kindergeld soll nicht das Einkommen ersetzen bzw. einen Anreiz für Sozialtourismus darstellen. Das erkannte bereits der alte Chef der SPD, Sigmar Gabriel, 2016, also kurz vor seinem politischen Aus, und forderte genau das, was wir als AfD schon länger fordern. So macht es übrigens auch Österreich.
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Wo kürzen Sie stattdessen? Richtig: bei den Schwächsten der Schwachen, bei den Beiträgen zu den Jugendwerken zum Teil um mehr als die Hälfte.
Auch bei der Fachkräfteoffensive wurde ebenso um 50 Millionen Euro gekürzt bzw. das Programm läuft jetzt aus. Haben wir etwa keinen Fachkräftemangel mehr? Hat die Offensive denn ihre Ziele erreicht? Eher nicht, wenn man sich die Arbeitsmarktlage anschaut. Wieder wurde Geld verbrannt – für nichts.
Und wo wir schon beim Geldverbrennen sind, müssen wir auch über den Unterhaltsvorschuss sprechen. An sich – da sind wir uns hoffentlich alle einig – ist das eine wichtige Aufgabe des Sozialstaates. Kinder sollen nicht auf ihren Unterhaltsansprüchen sitzen bleiben, nur weil ein Elternteil sich weigert, zu zahlen. Nur, der Staat sollte dieses Geld dann aber auch von diesen Eltern wiederholen. Der Bundesrechnungshof und auch der Rechnungsprüfungsausschuss haben hier das Ministerium schon mehrmals angemahnt, aber ich sehe immer noch keine Fortschritte. 1 Milliarde Euro wird ausgegeben. Eingetrieben werden lediglich 150 Millionen Euro bzw. 15 Prozent. Der Bund macht hier also 850 Millionen Euro Minus im Jahr. Das ist Geld, das anderswo fehlt. Das kann doch nicht sein.
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Ich fasse zusammen: Ihre Politik ist es, die dazu beiträgt, dass sich immer weniger Menschen für eine Familiengründung entscheiden. Statt eine Politik zu machen, die die Familien entlastet, legen Sie diesen noch zusätzlich Steine in den Weg. Freuen dürfen sich lediglich Ihre Parteikollegen. So einen Haushalt können wir als AfD nicht mittragen. Wir werden in den Haushaltsberatungen sehen, ob Sie offen für sinnvolle Vorschläge sind.
Ich bedanke mich.
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Das Wort erhält für die FDP-Fraktion der Kollege Matthias Seestern-Pauly.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zu oft wurden in der Vergangenheit die Interessen von Familien, Kindern und Jugendlichen zurückgestellt, und die Coronapandemie hat die Situation für viele noch einmal deutlich verschärft. Hinzu kommt nun die wirklich dramatische Situation der ukrainischen Familien und Kinder, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen. Wir müssen die Schutzsuchenden schnellstmöglich versorgen und integrieren und die Kinder in unsere Schulen und Kitas aufnehmen. Ja, das stellt den Bund und auch die Länder, vor allem aber unsere Fachkräfte in den Einrichtungen, denen ich an dieser Stelle von Herzen Danke sagen möchte, vor riesige Herausforderungen.
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Wir alle wissen, dass die Schulen und die Kitas schon in der Coronapandemie stark belastet wurden und es nun zusätzlich werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist deshalb auch richtig, dass wir mit dem von der Ampelkoalition eingebrachten Haushalt erste neue Schwerpunkte für die Zukunft setzen. Dazu gehört natürlich auch, dass das Volumen dieses Haushalts, den wir nun vorlegen, knapp eine halbe Milliarde Euro über dem des Haushalts liegt, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, den Sie noch mit eingebracht haben, und das setzt sich in der mittelfristigen Finanzplanung so fort. Das vielleicht zur Erinnerung.
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Damit und mit dem angekündigten Ergänzungshaushalt zeigen wir, dass sich in der Familienpolitik nun etwas ändern wird und wir auch in neuen Krisen handlungsfähig sind. Lassen Sie mich kurz auf einige wenige Aspekte eingehen:
Erstens. Ich begrüße es sehr, dass die Mittel für den Kinder- und Jugendplan steigen und auch die Frühen Hilfen weiter gestärkt werden.
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Zweitens: Stichwort „Sprachkitas“. Auch hier werden die Mittel deutlich erhöht, und das ist auch richtig so; denn Sprache ist der Schlüssel zur Integration und Teilhabe.
Drittens: Stichwort „Engagement und Ehrenamt“. Wir alle wissen, wie wichtig Ehrenamt für unsere Gesellschaft ist. Deshalb werden wir mit diesem Haushalt Programme fördern, die sich hierauf konzentrieren. Gerade in der aktuellen Zeit werbe ich für das Programm „Menschen stärken Menschen“, das sich bewährt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gestärkt hat. Deshalb ist es auch richtig, dass wir dieses Programm nun mit zusätzlichen Mitteln ausstatten.
Viertens: Stichwort „Elterngeld“. Auch hier gibt es eine weiterhin positive Entwicklung; jedoch haben wir uns im Koalitionsvertrag unter anderem bei den Partnermonaten noch mehr vorgenommen. Auch muss das Elterngeld weiter vereinfacht und digitalisiert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen: Bereits nach kurzer Zeit machen wir viele Schritte in die richtige Richtung. Aber klar ist auch, dass wir gerade erst am Anfang und noch lange nicht am Ziel sind.
Abschließend – und das ist mir ein persönliches Anliegen nach dieser Debatte – möchte ich noch zwei Sätze sagen; ich mache es auch wirklich kurz. Ich bin jetzt seit vier Jahren im Bereich FSFJ unterwegs. Dass Herr Reichardt mit seiner Polemik die Debatte regelmäßig nach unten zieht, ist nichts Neues. Wir sollten uns aber – und das bitte ich jetzt wirklich als Appell zu verstehen – darüber Gedanken machen – jeder, der sich angesprochen fühlt –, ob es richtig ist, mit billigen Anwürfen das Niveau so zu senken.
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– Mit Ihnen rede ich gerade gar nicht, Herr Reichardt.
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Es geht uns im Endeffekt um die Familien, um die Kinder und um die Jugendlichen. Das sollte unser Schwerpunkt sein.
Herzlichen Dank.
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Jeder mag hier um hohes Niveau ringen; da sind wir sehr dafür. – Die Chance dafür bekommt als Nächste Heidi Reichinnek für Die Linke.
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Kein Problem! Das ist doch ein guter Start. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Ministerin! Ich habe in den letzten sechs Jahren mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Und deswegen bin ich schockiert, dass der vorliegende Haushalt als einzige Neuerung einen mangelhaften Kindersofortzuschlag bietet, für den sich die Kolleginnen und Kollegen der Ampel aber umso kräftiger auf die Schulter klopfen.
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Den Kindersofortzuschlag bekommen 2,9 Millionen Kinder im Leistungsbezug – prinzipiell eine gute Sache. Aber weder kommt der Zuschlag sofort – er kommt nämlich erst im Juli –, noch wird er dem im Gesetzentwurf genannten Ziel gerecht, dazu beizutragen – ich zitiere –, „die Lebensumstände und Chancen der Kinder zu verbessern“. Wie auch, bei einer Höhe von 20 Euro? Das gleicht doch nicht mal die aktuellen Preissteigerungen und coronabedingten Mehrbedarfe aus, von der grundlegenden Problematik der Kinderarmut ganz zu schweigen.
20 Euro – wie kommt man auf diesen Betrag? Zuerst hörte man aus dem grünen Familienministerium von lächerlichen 25 Euro. Da dachte man sich: Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.
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Aber dann kam das SPD-geführte Arbeitsministerium und konterte mit erbärmlichen 10 Euro. Das haben Sie vielleicht vergessen; aber ich lasse Sie es nicht vergessen.
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Ist das der Respekt, den Sie auf die Wahlplakate gekleistert haben? Jetzt sind wir bei 20 Euro.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sozialverbände hatten für einen wirksamen Sofortzuschlag eine Zahlung von mindestens 78 Euro gefordert. Wurde das überhaupt diskutiert? Wurden die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien berücksichtigt oder in vorauseilendem Gehorsam nur die der FDP?
Zwar werden mal eben über Nacht 100 Milliarden Euro für Aufrüstung aus dem Boden gestampft; für den Kindersofortzuschlag gibt es aber nur rund 380 Millionen, nicht mal 0,4 Prozent des Sondervermögens, das es für Rheinmetall gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Sofortzuschlag ist respektlos!
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Mehr noch: Ich ahne, was das für die Höhe einer zukünftigen Kindergrundsicherung bedeutet. Bürokratieabbau, das traue ich der FDP-Regierung durchaus zu.
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Aber um Kinder aus der Armut zu holen, braucht es schlicht und ergreifend mehr Geld: für gesundes Essen, für warme Kleidung, für Teilhabe.
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Und wo wäre das Geld besser angelegt als bei unseren Kindern?
Frau Ministerin, ich freue mich, dass Sie wieder gesund sind. Ich weiß: Auch Sie wollen einen höheren Kindersofortzuschlag, auch Sie wollen eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient hat. Also setzen Sie sich in der Regierung dafür ein! Sie haben uns an Ihrer Seite.
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Als nächster Redner erhält für die SPD-Fraktion der Kollege Erik von Malottki das Wort.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Seit dem 24. Februar 2022 ist unsere Welt eine andere. Wir haben in den letzten Wochen hier in diesem Haus zu Recht viel über Waffenlieferungen und Sanktionen gesprochen. Jetzt müssen wir über Familien und Kinder sprechen, die zu uns fliehen. Wir müssen den Kindern aus der Ukraine schnell einen Platz in unseren Kindertagesstätten bieten, und wir müssen die Ehrenamtlichen unterstützen, die mit so viel Kraft helfen, egal ob am Berliner Hauptbahnhof oder in Ueckermünde.
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Was müssen wir dafür tun?
Erstens. Wir brauchen Sofortmaßnahmen für unsere Kindertagesstätten. Wer den Familien aus der Ukraine eine Perspektive geben will, muss jetzt die Kitas vorbereiten und für ausreichend Kitapersonal sorgen. Wir benötigen in einem ersten Schritt niedrigschwellige Angebote, um die Kinder an die Kitas heranzuführen. Dafür können wir erfolgreiche Programme wie „Kita-Einstieg“ und „Griffbereit“ nutzen. In einem zweiten Schritt werden wir die Kinder, die übrigens einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz haben, in unsere Kitas aufnehmen. Hierfür müssen wir mehr Personal bereitstellen.
Wir müssen schnell handeln. Wir brauchen eine schnelle Anerkennung ukrainischer Abschlüsse für Erzieher/-innen, zusätzliche Mittel, damit angehende Erzieher/-innen in den Kitas unterstützen können, zusätzliche Plätze für den Freiwilligendienst in Kindertagesstätten, eine Verantwortungsgemeinschaft Personalgewinnung aus Bund, Ländern, Kommunen, Trägern und Gewerkschaften.
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Und wir brauchen endlich die Schulgeldfreiheit in ganz Deutschland. Niemand im Land kann verstehen, dass gerade in der jetzigen Situation junge Menschen immer noch Geld zahlen müssen, damit sie Erzieher/-innen werden können.
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Zweitens. Wir müssen die Ehrenamtlichen in Deutschland unterstützen. Wir sehen seit Wochen, wie ehrenamtliche Helferinnen und Helfer Unglaubliches für die ankommenden Geflüchteten leisten. Unzählige Initiativen, Vereine und Einzelpersonen helfen ganz praktisch, stellen Wohnraum zur Verfügung und spenden. Ich möchte mich dafür auch im Namen der SPD- Fraktion ganz herzlich bei ihnen bedanken.
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Die Ehrenamtlichen in Deutschland sind das Rückgrat unserer Zivilgesellschaft. Die Bürgerinnen und Bürger wollen aktiv sein, sie wollen helfen. Unsere Aufgabe als Bund ist es, dafür zu sorgen, dass sie bei diesem Engagement nicht alleine gelassen werden.
Für viele Vereine und Initiativen ist die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt ein wichtiger Partner. Der Start der Stiftungsarbeit während der Coronapandemie war alles andere als einfach. Alleine 2020 wurden über 12 500 Anträge bearbeitet. Die Vereine haben das Achtfache des Budgets von 20 Millionen Euro beantragt. Das Achtfache! Es ist eindeutig: Der Bedarf ist wesentlich höher als das Budget der Stiftung. Deswegen stellen wir 10 Millionen Euro mehr zur Verfügung.
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Für mich steht fest: Die Stiftung ist unser wichtigstes Instrument, um das Ehrenamt in Deutschland schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam in den nächsten Wochen prüfen, welche zusätzlichen Aufgaben die Stiftung bei der Unterstützung der ehrenamtlichen Hilfe für Familien aus der Ukraine übernehmen kann.
Liebe Frau Ministerin Spiegel, in dieser schwierigen Situation arbeiten Sie daran, das Ehrenamt und die Kindertagesstätten zu unterstützen und gut vorzubereiten. In diesen Haushaltsverhandlungen übernehmen wir als Abgeordnete gemeinsam mit Ihnen Verantwortung. Ich verspreche Ihnen und ich verspreche allen Bürgerinnen und Bürgern: Wir werden in den nächsten Wochen alles dafür tun, damit die zu uns fliehenden Familien gut und sicher bei uns ankommen.
Danke schön.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor genau zwei Jahren beschloss der Deutsche Bundestag umfangreiche Hilfspakete, um die negativen Folgen der Coronapandemie abzumildern – eine einzigartige Neuverschuldung in Höhe von 156 Milliarden Euro. Sie applaudierten hier im Hohen Hause den Heldinnen und Helden des Alltags, die das Leben im ersten Lockdown mit ihrer systemrelevanten Arbeit aufrechterhielten. Aber wo stehen wir heute, nach zwei Jahren in der Pandemie?
Als Lehrerin sehe ich Kinder mit großen Lernrückständen. Als Mutter sehe ich Familien, die auch heute noch mit den Belastungen durch Quarantäne und den eigenen Beruf am Limit sind. Als Tochter sehe ich Seniorinnen und Senioren, die zum Teil noch immer isoliert leben. Und als Krankenschwester sehe ich Pflegende, die sich immer noch für ihre Patienten aufopfern.
Heute, genau zwei Jahre später, liegt uns der Einzelplan 17 des Bundeshaushaltes vor, der bereits 147 Millionen Euro mehr enthält als noch der erste Regierungsentwurf im letzten Jahr. Das ist im Gesamten zwar nur ein winziger Zuwachs, freut mich aber dennoch sehr für jede einzelne Empfängerin und jeden einzelnen Empfänger. Denn eines ist sicher: Jeder der insgesamt 12,6 Milliarden Euro, der zur Unterstützung unserer Familien, Seniorinnen und Senioren, Frauen und Jugendlichen ausgegeben wird, ist gut investiertes Geld.
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Sicher ist aber auch, dass es zur Stärkung und Förderung unserer Gesellschaft immer mehr Mittel sein könnten. Lassen Sie uns das Augenmerk also weniger auf die Zahlen und dafür mehr auf den Inhalt und die geplanten Maßnahmen und deren Wirksamkeit lenken. Oder konkreter gesagt: Lassen Sie uns auf den Nichtinhalt und die fehlenden Maßnahmen und deren nötige Wirksamkeit schauen.
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Denn eines fällt mir besonders auf: Eine Zielgruppe – das ist auch heute deutlich geworden – wird vom für sie zuständigen Ressort häufig nur der Vollständigkeit halber erwähnt, meine Damen und Herren: die Seniorinnen und Senioren. Das ist schwer nachvollziehbar, wenn wir bedenken, dass diese Menschen unsere Eltern, unsere Großeltern, ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, Lehrerinnen und Lehrer oder Erzieherinnen und Erzieher sind, Frauen und Männer, die uns geprägt haben, denen unser Land seinen heutigen Wohlstand verdankt und die – ich erwähnte es eingangs – wichtige soziale Strukturen dauerhaft verloren haben.
Einsamkeit, ihre Auswirkung und der Umgang mit ihr bestimmten in den letzten Jahren zu Recht die öffentliche Diskussion. Deswegen erklären Sie mir und allen Betroffenen bitte, warum dieses gesellschaftlich bedeutende Problem zwar in fast allen Regierungsprogrammen prominent mit einer Forderung nach einer umfassenden Strategie zu finden war, im Koalitionsvertrag dann aber bis in die Aufzählungen wegverhandelt wurde.
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In Ihrem Einzelplan hilft dann auch die Suchfunktion nicht weiter. Wie eigentlich bei allen Vorhaben aus Ihrer Wunschliste namens „Mehr Fortschritt wagen“ sucht man die Umsetzung vergebens. Immerhin ist Ihr Ziel, „die Rolle der älteren Generation zu stärken und deren wertvolles Erfahrungswissen in die Gesellschaft einzubringen. Langfristig soll ihre Rolle innerhalb unserer Gesellschaft – hin zu einem Leitbild des aktiven Alters – neu definiert werden.“ Eine sehr lobenswerte Absicht.
Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung suchte ich dann aber auf den folgenden 113 Seiten des Einzelplans 17 erfolglos. Dabei benötigen gerade langfristige Vorhaben hin zu einem gesellschaftlichen Wandel viel Zeit, die Sie nicht verlieren sollten. Also worauf warten Sie? Die Union war in den letzten Legislaturen und insbesondere während der Coronapandemie eine starke Stimme der älteren Generation. Von unseren umfangreichen Positionspapieren können Sie sich bei Ihrer Arbeit sehr gern inspirieren lassen.
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Auch die von uns initiierte Förderung der Mehrgenerationenhäuser legte schon vor Jahren den Grundstein für Ihren Wunsch nach einem neuen Leitbild, und davon konnte ich mich in meinem Wahlkreis bereits persönlich überzeugen.
Ein ebenso bedeutendes Element sozialer Teilhabe aller Generationen ist das seit 60 Jahren bewährte Erfolgsmodell des Freiwilligendienstes. Er stärkt den Zusammenhalt in der Gesellschaft zwischen den Generationen und bereichert das ganze weitere Leben der engagierten Jugendlichen. Selbstverständlich hat die Union dieses Engagement als unverzichtbare Investition in die Zukunft der sozialen Berufe in der letzten Legislatur als Schwerpunkt mit zusätzlich 65 Millionen Euro unterstützt. Mit großer Sorge musste ich feststellen, dass Sie diesen Wert offenbar weniger bedeutend einschätzen. Wie sonst erklären Sie die faktische Kürzung der Fördermittel ab 2024?
Planungssicherheit ist für gewachsene Strukturen eine wichtige Basis und Grundvoraussetzung. Mittel können nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn sie auch durch Verpflichtungsermächtigungen in den Folgejahren abgesichert werden, und wenn die Verstetigung nicht jetzt aufgegriffen wird, ist es langfristig zu spät. Ausgedünnte Strukturen sind bei andauerndem Fachkräftemangel kaum wieder aufzubauen. Das Signal, das Sie hier setzen, ist für die motivierten Jugendlichen und die beteiligten Einrichtungen eine schwere Herabwürdigung.
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Zu guter Letzt ist es mir ein Herzensanliegen, hier und heute für die dauerhafte Förderung der UN Women Deutschland zu werben. Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages wurde mir die Ehre zuteil, zur 66. Sitzung der UN-Frauenrechtskommission nach New York zu reisen. Vor Ort konnte ich mich von der anspruchsvollen und erfolgreichen Arbeit unserer deutschen UN Women überzeugen, und ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich für die ausgezeichnete inhaltliche, organisatorische und sehr persönliche Begleitung bedanken.
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Bedauerlicherweise beträgt der deutsche Beitrag an UN Women im zweiten Regierungsentwurf des BMZ 5 Millionen Euro weniger als 2021. In Anbetracht der aktuellen weltpolitischen Lage und besonders im Hinblick auf die vielen geflüchteten Frauen halte ich das Engagement der UN Women für wichtiger denn je und die geringe Aufstockung des zuständigen Ressorts für ein völlig falsches Zeichen. Ich bitte Sie also, liebe Ampelfraktionen, die Entscheidung in den anstehenden Beratungen zu korrigieren und die derzeit unbeständige Projektförderung in unserem Etat in eine auf Dauer angelegte, gesicherte Finanzierung zu überführen.
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Vielen Dank.
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Es folgt für die FDP-Fraktion die Kollegin Gyde Jensen.
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Bezug zu Putins Angriffskrieg gegen die freie, souveräne, europäische Ukraine in dieser Haushaltswoche oft gehört, und auch ich werde diesen Bezug herstellen. Denn wenn wir über den Haushalt debattieren, dann reden wir natürlich über unsere politische To-do-Liste für dieses Jahr.
Auf dieser To-do-Liste steht für uns als Parlament, unserer Verantwortung gerecht zu werden, alles in unserer Macht Stehende dafür zu tun, um die Ukrainerinnen und Ukrainer zu unterstützen, und zwar die, die gerade mit allem, was sie haben, ihr Land verteidigen, und die, die von Putins Bomben in die Flucht getrieben wurden und weiterhin werden. Diese Bundesregierung hat quer über alle Ressorts genau diese Verantwortung angenommen und hat sie verstanden. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich.
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Gleichzeitig hat die Koalition mit dem Entlastungspaket gestern deutlich gemacht: Wir tragen die Verantwortung, aber wir sehen auch, was Menschen, was Familien in Deutschland an die Belastungsgrenze bringt. Rund 250 000 Ukrainer/-innen sind inzwischen in Deutschland angekommen, vor allem Frauen und viele, viele Kinder. Das erfordert eine ganz besondere Form der Schutzpflicht, die unser Land hat und der sie nachkommen muss. Das muss und das wird sich in der Art der Hilfen widerspiegeln, die wir leisten, und zwar auch in der Unterbringung.
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Die Ukrainerinnen, die hier ankommen, sie sind schockiert, sie sind verzweifelt, sie sind möglicherweise traumatisiert. Aber: Sie sind nicht gebrochen. Sie sind stolz, und sie haben ihre Heimat nicht aufgegeben, und sie werden sie nicht aufgeben. Unser Job ist es nicht, sie zu bemuttern. Unser Job ist es, ihnen zu ermöglichen, ihren Beitrag zu leisten, den Beitrag, den sie leisten möchten: im Bereich Kindergarten, im Bereich Kinderbetreuung, als Lehrerinnen, als Betreuerinnen in den Schulen. Unser Job ist es, bereitzustehen, wenn sie für sich Unterstützung brauchen, wenn sie für ihre Kinder Unterstützung brauchen.
So sehen wir im Übrigen auch Familienpolitik, so sehen wir Frauenpolitik ganz grundsätzlich: Wir befähigen, wir bevormunden nicht. Wir stärken, wir betüdeln nicht.
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Bei allen Ansätzen ist unser Credo, dass wir Programme, die nicht funktionieren, einer ehrlichen Bestandsaufnahme unterziehen, und Programme, bei denen wir wissen, dass sie funktionieren, noch besser machen und noch besser ausstatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Ihre Regierungszeit ist nur wenige Monate her. Ich kann mich noch sehr gut an meine Oppositionszeit erinnern. Unser Credo war immer, einen Haushaltstitel zu finden, bei dem man kürzen konnte, um einen anderen zu erhöhen; denn der Euro – Otto Fricke sagt es in der Schlussrunde – kann nur einmal ausgegeben werden. Wenn Sie hier in jeder Debatte immer nur mehr, mehr, mehr fordern, wo ist dann Ihr Anspruch an diese ordentliche Haushaltspolitik, die Sie auch immer eingefordert haben? Ich frage mich das ganz ehrlich.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Koalition wird nicht zulassen – das hat sie sich versprochen –, dass diese Krisen, eine Pandemie oder auch ein abscheulicher Krieg, Lebenschancen zerstören. Kinder und Jugendliche, egal wo sie herkommen, egal wo in Deutschland sie aufwachsen, müssen Lebensträume träumen, müssen Lebensträume verwirklichen können. Ich bin sehr dankbar, dass unsere Bundesfamilienministerin mit unserer Bundesbildungsministerin bei diesem Anliegen an einem Strang zieht. Ich bin sehr froh über die starke Allianz für echte Chancengerechtigkeit und bedanke mich an dieser Stelle dafür.
Herzlichen Dank.
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Es folgt für die SPD-Fraktion der Kollege Felix Döring.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Parlament wird ja gern als die Herzkammer der Demokratie bezeichnet. Aber ebenso wie das menschliche Herz nicht allein dazu imstande wäre, einen Körper am Leben zu halten, so wäre es auch vermessen, zu glauben, dass wir hier im Hohen Hause die Einzigen sind, die an unserer Demokratie arbeiten; denn das machen auch noch ganz viele andere Menschen in diesem Land.
Die DGB-Jugend beispielsweise fährt regelmäßig raus – an die Berufsschulen, in die Betriebe –, macht wichtige Aufklärungsarbeit über Mitbestimmung, ermuntert dazu, sich einzubringen, sich zu engagieren, sich zu organisieren, und das auch mit Mitteln, die wir über den Kinder- und Jugendplan zur Verfügung stellen, meine Damen und Herren.
Wo wir gerade beim Thema sind: Noch bis Ende Mai finden Wahlen zu den Betriebsräten statt, auch zu den Jugendauszubildendenvertretungen. Meine herzliche Bitte an alle, die hier gerade zuhören und wählen können, ist: Nehmen Sie dieses Recht wahr, setzen Sie ein Zeichen für betriebliche Mitbestimmung, über die wir in den letzten Jahren schon manches erreichen konnten, und nehmen Sie an den Wahlen teil.
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Meine Damen und Herren, unsere Jugendverbände waren und sind von der Pandemie stark gebeutelt. Sie leisten trotzdem Großartiges. Es ist deswegen richtig und wichtig, dass wir die Mittel für den Kinder- und Jugendplan auch über das Coronaaufholpaket massiv aufstocken und so die nötigen Voraussetzungen für ihre richtige und wichtige Arbeit schaffen.
Dann haben wir noch einen Posten Demokratieförderung vorgesehen. Was verbirgt sich dahinter? In meinem Wahlkreis gibt es beispielsweise eine sogenannte Partnerschaft für Demokratie. Da haben Jugendliche eine Satzung für eine Kinder- und Jugendvertretung erarbeitet. Die haben sich zusammengesetzt, haben sich Gedanken darüber gemacht, was da rein soll, haben das Ganze auch politisch durchgesetzt. Das hat jetzt den schönen Effekt, dass die Perspektive, die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen auf der kommunalen Ebene Eingang findet in die Entscheidungen, die dort getroffen werden. Meine Damen und Herren, das ist gelebte Demokratie. Und genau so heißt auch dieses Programm: „Demokratie leben!“ Es ist richtig und wichtig, dass wir die Mittel entsprechend aufstocken.
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Ebenso wie das menschliche Herz für die Durchblutung bis in die Fingerspitzen, bis in die Zehenspitzen sorgt, so sorgen wir mit dem vorliegenden Haushalt für eine finanzielle Durchblutung unserer demokratischen Strukturen. Darauf können wir stolz sein.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Es folgt für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Paul Lehrieder.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Werte, geschätzte Frau Ministerin Spiegel! Beim Blick auf die Regierungsbank muss ich ein Kompliment aussprechen, Frau Ministerin Spiegel: Sie haben heute Morgen alles richtig gemacht. Beim Blick in den Spiegel haben Sie sich für eine Kleidung entschieden, die der Großen Koalition entspricht. Das ist für eine Familienministerin absolut angemessen.
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Meine Damen und Herren, Schwarz-Rot – – Das müsst ihr jetzt aushalten, ihr Freunde von den Grünen, von der FDP; da sehe ich ein Gemurmel bei den kleineren Parteien.
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– Zu Ihnen komme ich noch. Halten Sie mal schön die Füße still.
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Das Elterngeld – 7,7 Milliarden Euro; Frau Ministerin Spiegel, Sie haben es angesprochen – wurde eingeführt – wer weiß es noch? – 2007 von einer Ministerin von der Leyen. Also unter einer CDU-Ministerin wurde das Elterngeld eingeführt, einer der größten Haushaltsposten bei uns jetzt im Familienetat, eines der größten Erfolgsmodelle. Und Sie, Herr Kollege Hönel,
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haben selbst zugestehen müssen, dass das Elterngeld gut angenommen wird. Gleichzeitig sprechen Sie von Altlasten der bisherigen Regierung. Sie müssen sich jetzt schon mal entscheiden, was stimmt und was nicht stimmt.
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Sie können das mit dem Elterngeld nicht wissen. Aber neben Ihnen sitzt die Frau Haßelmann. Die ist damals mit mir in den Bundestag eingezogen. Die hat das alles – –
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– Nein, über Ihre Klamotten will ich heute nicht reden. Das kommt das nächste Mal. Wenn Sie was Schwarzes tragen, Frau Haßelmann, dann können wir drüber sprechen. Nein. – Fragen Sie Ihre Kollegin Haßelmann, fragen Sie die Staatssekretärin Ekin Deligöz, wie damals das Elterngeld eingeführt wurde unter Uschi von der Leyen.
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Wie gesagt, das war ein großes Erfolgsmodell.
Wenn ich jetzt auf die Regierungsbank schaue, fällt mir noch was auf. Ich sehe direkt hinter der Ministerin – gerade unterhalten sie sich – die Staatssekretärin Ekin Deligöz und den Herrn Staatssekretär Sven Lehmann. Es ist nach dem Aufgabenverteilungsplan in einem Ministerium tatsächlich so, dass bei Ausfall einer Ministerin sehr tüchtige Staatssekretärinnen und Staatssekretäre die Aufgaben einer Ministerin übernehmen können.
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Also, ich kenne Frau Deligöz schon seit Jahren aus dem Familienausschuss. Sie wäre durchaus auch in der Lage, uns die Vorhabenplanung des Ministeriums im Ausschuss mal darzulegen, wenn tatsächlich der Frau Ministerin wieder mal was dazwischenkommen sollte. Geben Sie es der Ekin Deligöz; die kann das auch. Ihnen wünsche ich natürlich alles Gute zur Genesung, natürlich viel Gesundheit und dass das Coronavirus Sie nicht wieder packt. Gut.
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Noch was zum Elterngeld. Das Elterngeld – Herr Hönel, Sie haben es vorhin angesprochen; zu Ihrer Information, man kann ja bei einer Plenardebatte immer auch noch was dazulernen –,
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das kann mittlerweile auch digital beantragt werden. Da möchte ich ausdrücklich noch mal drauf hinweisen.
Der Haushalt des Familienministeriums ist allein in den Jahren 2017 bis 2022 von 9,5 Milliarden Euro auf 12,6 Milliarden Euro angewachsen. Das heißt, in Zeiten der Großen Koalition wurde der Haushalt um immerhin über 3 Milliarden Euro erhöht. Das war eine Erfolgszeit für Familien. Ich bitte die jetzige Koalition, die Ampel, dieses Erfolgsmodell der Großen Koalition vernünftig fortzuentwickeln. Wir werden Sie dabei selbstverständlich entsprechend begleiten.
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Der Einzelplan ist mit 12,6 Milliarden Euro – ich habe drauf hingewiesen – natürlich eher ein kleinerer. Frau Kollegin Launert hat vorhin für das BMAS ausgeführt, dass da der Haushalt 160 Milliarden Euro beträgt. Wir haben 12,6 Milliarden Euro, also weniger als 10 Prozent des BMAS-Haushaltes. Allerdings ist er nach meinem Dafürhalten natürlich der gesellschaftlich wichtigste Haushalt. Von diesen angestrebten 12,6 Milliarden Euro sind 86 Prozent durch gesetzlich bzw. vertraglich festgeschriebene Leistungen kaum disponibel. Nutzen Sie bitte das bestehende Instrumentarium, Frau Ministerin, und verbessern Sie es, wo es sein muss; aber blasen Sie bitte nicht den bereits immens großen Bereich der gesetzlich bzw. vertraglich festgeschriebenen Leistungen auf. Das Parlament soll entscheiden, wie die Mittel der Steuerzahler eingesetzt werden. Kollegen haben früher immer mal gesagt: Nicht eine Regierung hält sich ein Parlament, sondern ein Parlament hält sich eine Regierung. – Die Regierungskontrolle ist durch das Parlament gewährleistet
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und natürlich zuallererst durch das vornehmste Recht, das Haushaltsrecht, lieber Kollege Mattfeldt.
Das heißt, wie schon gesagt, wenn wir freiwillige Leistungen, wenn wir Maßnahmen – Stichwort: „Demokratie leben!“ – jetzt als gesetzlich vorgegebene Maßnahmen festschreiben, dann sind sie natürlich der Gestaltungsbefugnis des Parlaments weitestgehend entzogen. Auch das muss uns klar sein bei allen Diskussionen, die wir im nächsten Jahr zu dem Demokratiefördergesetz gemeinsam mit Ihnen hier im Plenum führen werden.
Gerade im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit wäre ebendieses Aufbauschen verantwortungslos. Ich will auf eins hinweisen: Schulden von heute sind die Steuern von morgen. – Das geht insbesondere an die Kollegen von der FDP. Bitte gehen Sie auf Ihren Finanzminister, Christian Lindner, noch mal zu,
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und versuchen Sie möglichst, einen nicht zu schuldenträchtigen Haushalt auf den Weg zu bringen. Kollege Fricke wird nachher darüber sprechen und uns erzählen, wie wir solide Haushalte hinbekommen können. Vor einem halben Jahr hat es die FDP noch gewusst. Ich hoffe, Sie werden es wieder lernen.
In dem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende und gute Haushaltsberatungen. Liebe Frau Ministerin, ich hoffe, dass wir uns in ein paar Monaten auch zu anderen Themen noch loben können. Alles Gute und Gottes Segen!
Schönen Dank.
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Ich ahne, dass wir uns noch darüber unterhalten werden, ob Kleiderfarben genannt werden können. Das ist vielleicht bei Frauen eher ein Thema, weil die Herren oft nur dunkle Anzüge tragen. Da kann man nicht so viel zu sagen.
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Als nächste Rednerin erhält das Wort Jasmina Hostert für die SPD-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kinder- und Familienpolitik ist für unsere SPD-Fraktion ein Herzstück unseres politischen Handelns.
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Seit Jahren kämpfen wir für einen effektiven Kinderschutz und für die Stärkung der Kinderrechte, für bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dafür, jedem Kind die gleichen Chancen auf Bildung, Teilhabe und sozialen Aufstieg zu geben.
Wir haben bereits einiges erreicht, und ich freue mich, dass wir in dieser progressiven Koalition unseren familienpolitischen Zielen weiter näherkommen werden. Wir legen einen besonderen Schwerpunkt auf das Elterngeld. Warum? Weil Familienzeit wertvoll und wichtig ist. Weil wir wollen, dass sich auch Väter stärker an der Betreuung ihrer Kinder beteiligen.
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Ich bin froh, dass sich mein Mann – dank Elternzeit und Elterngeld – um unseren vier Monate alten Sohn kümmert, während ich hier zu Ihnen spreche.
({2})
Dass Kinderbetreuung nur Frauensache ist, muss endlich der Vergangenheit angehören.
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Weitere Schwerpunkte im Haushalt sind das Kindergeld, der Kinderzuschlag und der Unterhaltsvorschuss. Mit dem Unterhaltsvorschuss springt der Staat ein und unterstützt Kinder von Alleinerziehenden. Das ist gut und richtig; denn das Geld wird dringend gebraucht. Aber es ist doch skandalös und nicht hinnehmbar, dass viele Unterhaltspflichtige keinen Unterhalt für ihre Kinder bezahlen und sich so aus ihrer Verantwortung stehlen.
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Wir packen auch den Ausbau der Ganztagsbetreuung an. Wenn Kinder in der Schule ein warmes Mittagessen erhalten, bei ihren Hausaufgaben betreut werden und gemeinsam spielen – kurzum: wenn alle Kinder gute Bildungs- und Betreuungsangebote von Anfang an erhalten –, haben sie die besten Entwicklungschancen.
Ich möchte noch kurz auf ein Thema eingehen, das mir sehr am Herzen liegt: der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die finanziellen Mittel für den Kampf gegen sexualisierte Gewalt entsprechend im Haushalt hinterlegt werden; denn wir wollen noch entschiedener gegen Missbrauch und Kinderpornografie vorgehen. Wir wollen diese Themen aus der Tabuzone holen und das Schweigen brechen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Haushalt geben wir Sicherheit im Wandel; denn in Kinder und Jugendliche zu investieren, heißt, in unsere Zukunft zu investieren. Packen wir es also an!
Vielen Dank.
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Herzlichen Dank. – Zum Abschluss dieses Einzelplans erhält das Wort die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier.
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Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin Spiegel, mir ist es ziemlich wurscht, was Sie heute angezogen haben; denn ich denke, wir alle miteinander, insbesondere die Frauen, sollten uns nicht auf Äußerlichkeiten reduzieren lassen – aber bitte schön.
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Ich habe mir vorgenommen, den Schlusspunkt im Feld „Familie, Frauen, Jugend und Seniorinnen und Senioren“ bei einem Blick auf die Seniorinnen und Senioren zu setzen. Liebe Anne Janssen – dieser Koalitionsvertrag ist ja kein Fortsetzungsroman; und so lang ist er auch nicht –, ich finde den Absatz zu Seniorinnen und Senioren schon sehr gehaltvoll.
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Ich freue mich, diese Dinge in den nächsten Jahren umsetzen zu können.
Wenn ich schon bei Ihnen bin, liebe Kollegin: Wir waren zusammen mit Ulle Schauws und Nicole Bauer in New York bei der UN-Frauenrechtskommission. Es war wirklich sehr erhellend, dort das Thema Klimawandel mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit über mehrere Tage zu betrachten. Heute kommt das Abschlussprotokoll. Ich freue mich außerordentlich, dass die Union endlich auch dafür ist, UN Women finanziell prima auszustatten. Dem schließen wir uns sehr gerne an.
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Jetzt wieder zu den Seniorinnen und Senioren. Es ist ja so, dass die 16,4 Prozent über 60-Jährigen hier im Parlament nicht mit anderen alten Menschen in Deutschland vergleichbar sind. Das fängt beim Einkommen an und hört bei Fragen der Einsamkeit noch lange nicht auf. Ich freue mich, dass wir Sozialverbände – die AWO, die Malteser und andere – haben, die die Themen „Wie geht es den Alten in unserer Gesellschaft?“ und „Einsamkeit und Teilhabe“ aktiv angehen. Das stärkt den Sozialstaat, und es stärkt auch die Demokratie bei uns.
Insbesondere Ältere sind auf Unterstützung angewiesen, um aus der sozialen Isolation herauszukommen. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen hat dazu festgestellt, dass das Einsamkeitsempfinden 2020 deutlich höher war als in den Jahren 2014 und 2017, und 2020 war erst das erste Jahr der Pandemie, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da muss man noch tüchtig etwas machen; denn wir wissen: Soziale Kontakte sind der Schlüssel zu Gesundheit und zu Wohlbefinden.
Ich hatte kürzlich in meiner Bürger- und Bürgerinnensprechstunde einen Anruf von einem alten Mann, der mir gesagt hat, ich sei seit vier Tagen der erste Mensch, mit dem er rede. Entsprechend lang hat dieses Gespräch gedauert. Wir müssen gucken, dass die Leute rauskommen, dass sie unter Leute kommen, dass sie dabei sind. Insbesondere bei den über 80-Jährigen ist das noch mal ein ganz spannendes Thema.
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Jetzt habe ich mit dem Blick auf die Klamotten meine Redezeit vertrödelt, deshalb jetzt zum Schluss: Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen. Ich freue mich, dass unsere Elisabeth Kaiser alles für diesen Einzelplan geben wird. Vielen Dank dafür, Elisabeth. Ich freue mich mit der SPD-Fraktion auf die gemeinsame Arbeit mit Ihnen, liebe Frau Ministerin. Wir hoffen sehr, dass Sie bald wieder vollständig gesund sind.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Vielen Dank, Leni Breymaier. – Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen mir nicht vor.
Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! „Schlussrunde“ heißt, Resümee dieser Woche zu ziehen. Dabei fallen mir zwei Dinge auf. Diese Koalition hat es innerhalb des halben Jahres geschafft, sich schlagkräftig zu formieren, beim Haushalt dafür zu sorgen, die Realitäten anzuerkennen, und gleichzeitig auf das, was an neuen Dingen auf uns zukommt, zu reagieren. Das ist etwas, was man dieser Koalition nicht zugetraut hat; aber ich bin stolz darauf, dass wir das bis hierhin geschafft haben, auch wenn jetzt die Arbeit im Ausschuss beginnt.
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Wenn ich auf die eigentlich einzig ernstzunehmende Opposition und gleichzeitig auf dieses schöne Sonnenwetter draußen schaue, fällt mir nur Herwig Mitteregger mit dem Liedtext „Immer mehr, immer mehr, immer mehr“ von 1985 ein.
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Wenn ich nämlich sehe, was hier passiert ist, dann muss ich wirklich sagen: Wir wollen im parlamentarischen Diskurs doch die Diskussion mit Ihnen über Ihre Inhalte, über Ihre Ideen, um unsere – wie wir meinen – besseren Ideen mit Ihren zu messen und dann zu einer Entscheidung zu kommen. Dazu müsste von Ihnen etwas kommen. Daher habe ich mein Büro mal gebeten, in jeder Rede von Ihnen zu gucken, wo von Ihnen mehr gefordert wird. Ich habe gedacht, ich bekomme ein DIN-A4-Blatt. Ich kann Ihnen mal zeigen, was ich alles von Ihnen zu lesen bekommen habe,
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und das ist nur das bis zum Donnerstag und heute zu den beiden Debatten über „Arbeit und Soziales“ und „Familie“.
Man kann immer sagen: „immer mehr, immer mehr, immer mehr“; aber wir müssen uns doch jetzt auf das konzentrieren, was in einer sozialen Marktwirtschaft wirklich notwendig ist.
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Da kann man in Debatten doch nicht einfach nur sagen: „Wir ermöglichen jetzt neue, zusätzliche Sozialleistungen“, ohne zu überlegen, wie sie ins System passen. Was machen Sie noch? Sie fordern die Verlängerung oder die Neueinführung von Subventionen. Oder Sie sagen so schofelige Dinge wie heute in der Familiendebatte: „Zu den Ukraineflüchtlingen finde ich nichts im Haushalt“. Ja, natürlich finde ich nichts im Haushalt. Das ist doch klar. Das wird doch durch den Ergänzungshaushalt erfolgen.
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Deswegen ist meine Bitte an die Union: Resümieren Sie noch mal, was Sie diese Woche gemacht haben. Am Anfang erzählte Herr Merz: „Sie machen ja nichts beim Haushalt, das ist ja katastrophal“, und danach sagten alle: „Nee, wir müssen noch mehr ausgeben“.
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Das Problem bei Ihnen ist doch: Wenn es nach Ihnen ginge, gäbe es nicht nur den notwendigen Ergänzungshaushalt wegen der Ukrainekrise, sondern dann gäbe es noch einen zweiten Ergänzungs-CDU/CSU-Haushalt. Das werden wir mit Sicherheit nicht machen.
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Dann möchte ich noch etwas sagen: Wir wollen den Diskurs mit Ihnen, ein Ringen um das Bessere; das ist doch das, was Demokratie ausmacht. Aber ich habe mal den Test gemacht: Wenn Sie auf Facebook sagten, was aus Ihrer Sicht schlecht ist, dann habe ich immer darunter geschrieben: „Ja, was sind denn Ihre Vorschläge?“
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Wissen Sie, was fast bei allen Abgeordneten die Antwort war? „Ja, die muss die Regierung vorlegen.“ Nein, jetzt sind wir im Parlament und diskutieren den Haushalt. Es ist Ihre Aufgabe, Sie müssen das tun; das ist die einzige Notwendigkeit.
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Und weil mich der Justizminister darum gebeten hat, sage ich frei nach Shakespeares Hamlet, zweiter Akt, zweite Szene: Es ist zwar Wahnsinn, doch Ihre Methode gefällt mir nicht.
Herzlichen Dank.
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Als nächster Redner erhält für die CDU/CSU-Fraktion – es ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag – Yannick Bury das Wort.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind am Ende der Haushaltswoche. Wir haben diese Woche intensiv über den Haushaltsentwurf, über die Finanzplanung und, ja, auch über die Rekordschulden, die Sie als Bundesregierung planen, diskutiert. Es sind technische, zahlenbasierte Debatten. Das gehört sich so als Haushälter; das ist ja auch richtig in einer Haushaltswoche.
Gestatten Sie mir aber, dass ich unsere Debatte zum Ende dieser Haushaltswoche um eine ganz persönliche Perspektive ergänze. Vor 17 Tagen bin ich zum ersten Mal Vater geworden,
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und nicht nur ich; an diesem Tag sind in unserem Land etwa 2 000 Menschen Mütter oder Väter geworden. Wenn man in diesen Tagen eine Familie gründet, während wir alle die Bilder der flüchtenden Familien aus der Ukraine sehen, dann bekommt das, worüber wir diese Woche hier diskutiert haben, dann bekommt das Wort „Zeitenwende“, aber auch dieser Haushalt und die Finanzplanung – beides wird ja die Grundlage der Politik nicht nur in diesem, sondern auch in den kommenden Jahren sein – eine andere Bedeutung.
Es bekommt eine andere Bedeutung aus zwei Gründen: erstens, weil wir heute vor allem anderen eine Antwort auf die Frage geben müssen, ob und wie wir Freiheit und Sicherheit in Europa dauerhaft sichern, und zwar nicht nur für unsere Generation, nicht nur in den nächsten vier Jahren, sondern auch für unsere Kinder und für kommende Generationen.
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Zweitens stehen wir gleichzeitig vor der Herausforderung, das zu tun, ohne dabei heute so viele Schulden aufzutürmen, dass wir der nächsten Generation schon jetzt alle Handlungsmöglichkeiten nehmen, auf kommende Herausforderungen überhaupt noch reagieren zu können.
Diese beiden Kriterien zusammenzubringen – Freiheit und Sicherheit auf der einen Seite dauerhaft zu sichern und auf der anderen Seite finanzielle Handlungsmöglichkeiten für kommende Generationen offenzuhalten –, das ist es, was generationengerechte Haushaltspolitik in diesen Tagen definiert. Denn wir stehen nicht nur für die nächsten vier Jahre in der Verantwortung, sondern für kommende Generationen.
Herr Minister Lindner, auf die Herausforderung, diesen Spagat zu meistern, geben Ihr Haushaltsentwurf und Ihre Finanzplanung bisher noch keine überzeugende Antwort. Diese Verantwortung übernehmen Sie bisher noch nicht.
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Das ist auch der Grund, warum wir Bedingungen stellen, die für uns erfüllt sein müssen, damit wir beispielweise dem „Sondervermögen Bundeswehr“ zustimmen. Diese Bedingungen stellen wir nicht als Selbstzweck auf, sondern um sicherzustellen, dass dieses Geld wirklich da ankommt, wo unsere Freiheit verteidigt wird, nämlich bei der Bundeswehr, und zwar nicht nur in den nächsten vier Jahren, sondern dauerhaft. Denn es geht nicht nur um unsere Freiheit heute, es geht auch um Freiheit und Sicherheit für die nächste Generation.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auch der Grund, warum wir von Ihnen einfordern, dass Sie im Haushalt und in der Finanzplanung Prioritäten – die richtigen Prioritäten – setzen, anstatt Ihre Politik der nächsten Jahre maßgeblich über Schulden und über Sondervermögen zu finanzieren. Auch diese Forderung ist kein Selbstzweck; denn mit den Schulden, die Sie in diesem Jahr planen, werden alleine durch die damit verbundenen Tilgungsverpflichtungen die Spielräume der Schuldenbremse für die nächsten 30 Jahre quasi komplett aufgebraucht. Dass Sie kurzfristig nicht richtig priorisieren wollen, führt mittelfristig dazu, dass beispielsweise für die Stabilisierung der Sozialsysteme ab 2025 so gut wie kein finanzieller Spielraum mehr bleibt. Das ist eine Finanzpolitik, die mehr bis zum Ende der Wahlperiode denkt als an kommende Generationen. Das ist eine Finanzpolitik, die den kommenden Generationen finanzielle Handlungsmöglichkeiten nimmt.
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In den letzten Tagen wurde an dieser Stelle oft gesagt, ein solider Haushalt sei kein Wert an sich. Dem will ich hier entschieden widersprechen: Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein solider Haushalt ist ein Wert an sich,
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weil ein solider Haushalt heute darüber entscheidet, ob die nächste Generation für neue Herausforderungen überhaupt noch Handlungsmöglichkeiten haben wird. Ein solider Haushalt Deutschlands ist ein Wert an sich, weil er entscheidend für die Stabilität in Europa ist. Nichts brauchen wir in diesen Tagen mehr als ein stabiles Europa: für unsere heutige Generation, aber vor allem auch, um der nächsten Generation, unseren Kindern, ein stabiles Europa zu hinterlassen.
Darum, meine Damen und Herren, freue ich mich auf die nun anstehenden Haushaltsberatungen im Ausschuss. Wir werden uns dafür einsetzen und Ihnen, Herr Minister, da auch Druck machen, dass aus diesem Entwurf doch noch eine solidere Haushaltspolitik wird, die nicht nur vordergründig, sondern auch tatsächlich Freiheit und Sicherheit absichert und gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft lässt, und das nicht nur für heute, sondern auch für die nächste Generation – für meinen Sohn, aber auch für jedes andere Kind, das in diesen Tagen zur Welt kommt und für das wir auch mit diesem Haushalt Verantwortung tragen. In den aktuellen Tagen vermutlich mehr denn je.
Vielen Dank.
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Das Wort erhält für die SPD-Fraktion der Kollege Kevin Kühnert.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich will mir gerne mal die beiden Schwerpunkte vornehmen, die Sie gerade namens Ihrer Fraktion hier dargestellt haben, und möchte mal überprüfen, ob Sie diesen in dieser Haushaltswoche und darum herum eigentlich gerecht geworden sind.
Erster Punkt. Ich habe jetzt verstanden, dass es um Solidität in der Haushaltspolitik geht: nicht zu viele Schulden machen, an die nächsten Generationen denken. Ich kriege das nicht ganz überein mit Ihrer Zustimmung dazu – und darin unterstützen Sie uns ja ausdrücklich –, das Sondervermögen über 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr auf den Weg zu bringen. Sie haben uns neben der sehr langen und beeindruckenden Liste, die der Kollege Fricke eben hier gezeigt hat, unter anderem auch abverlangt, alleine im Einzelplan 14 noch mal 25 Milliarden Euro zusätzlich bei der Truppe obendrauf zu packen.
Sie haben noch in der alten Regierung dem ersten Regierungsentwurf zum Kernhaushalt selbst mit einer Nettoneuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro zugestimmt und wollen jetzt nichts mehr davon wissen. Allein dieses Versprechen halten Sie mit dem, was Sie hier einfordern, mit den Positionen, die Sie diese Woche eingenommen haben, selber schon nicht ein; da müssten Sie sich entscheiden.
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Der zweite Punkt ist die Sicherheit und Unabhängigkeit in schwierigen Zeiten auf unserem Kontinent, wo Krieg in der Ukraine tobt und droht, einen ganzen Kontinent zu erfassen. Ich kann das nicht damit übereinbringen, dass Ihre Fraktion ja weiterhin – außer, ich habe irgendwas verpasst – gegen den Nachtragshaushalt und damit auch 60 Milliarden Euro für mehr Unabhängigkeit, die beispielsweise durch die Privatwirtschaft in Deutschland in energiepolitischer Hinsicht herzustellen ist, klagen will.
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Wenn Ihnen das mit der Sicherheit, die wir, wie wir ja in diesen Tagen sehen, im energiepolitischen Bereich in besonderer Weise herausarbeiten müssen, so wichtig wäre, dann wäre Ihr Platz nicht hier vorne am Pult, um die Fraktionen der Koalition dazu anzurufen. Ihr Platz müsste in Nordrhein-Westfalen sein, um Ihren Parteifreund Herrn Wüst darauf hinzuweisen, dass es aber mal so was von letztes Jahrhundert ist, in diesem Moment, wo wir über energiepolitische Unabhängigkeit sprechen, immer noch an Abstandsregeln von 1 000 Metern für Windkraftanlagen festzuhalten.
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Das ist doch ein Stück aus dem Tollhaus, was Sie da präsentieren. 1 000 Meter Abstand! Sie bauen in Nordrhein-Westfalen nur noch ein Viertel von dem,
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was gebaut wurde, bevor Sie die Landesregierung dort übernommen haben.
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Oder Sie wären im Saarland, wo die Antwort des Ministerpräsidenten auf steigende Energiepreise und die Angst der Leute vor einer Energieabhängigkeit von Herrn Putin lautet,
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sich in einem Selfievideo als Verantwortlicher vor die Zapfsäule zu stellen.
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Das zeugt von Hilflosigkeit, das bringt keine Zustimmung in der Bevölkerung.
Deswegen sinken die Umfragewerte, deswegen wird das kein schöner Wahlsonntag. Deswegen nehmen Sie alle – Ihr Vorsitzender, Ihr Generalsekretär – diese Woche keine Wahlkampftermine im Saarland mehr wahr.
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Da kann man zwar frei nach Harald Juhnke sagen: „Keine Termine und leicht einen sitzen“. Man hat dann ein schönes freies Wochenende, aber leider keinen schönen Wahlabend am Sonntag, meine Damen und Herren von der Unionsfraktion.
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Das, was Sie dort, wo Sie in Verantwortung sind, machen, geht einfach an der Zeit vorbei.
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Was wir gemacht haben in dieser Woche, und zwar für den ländlichen Raum gleichermaßen wie für die Großstädterinnen und Großstädter, Herr Kollege, ist, ein zweites Entlastungspaket im Umfang von gut 20 Milliarden Euro – nach dem ersten im Umfang von gut 15 Milliarden Euro – auf den Weg zu bringen. Jetzt sagen Sie mir mal, welche Maßnahmen daraus arrogant oder schlecht ausdifferenziert wären.
Abschaffung der EEG-Umlage per 1. Juli 2022 – das hatten Sie auch immer gefordert –; Erhöhung der Pendlerpauschale rückwirkend zum 1. Januar 2022; Heizkostenzuschuss – 230 Euro für Azubis und für BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger, 270 Euro für Singlehaushalte, 350 Euro für Paare, 70 Euro obendrauf für jede weitere Person im Haushalt –; eine Einmalzahlung – nicht nur die 100 Euro aus dem ersten Paket, sondern jetzt verdoppelt – in Höhe von 200 Euro für Bedürftige aus Haushalten, die Transferleistungen beziehen; ein Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro pro Monat für Kinder in Armut in Deutschland, bis wir die Kindergrundsicherung auf den Weg gebracht haben; Erhöhung des Grundfreibetrags; Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags; Mindestlohn von 12 Euro per 1. Oktober dieses Jahres für Millionen Menschen in Deutschland; Verlängerungen der Regelungen zum Kurzarbeitergeld in der Pandemie; das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz, um auch die Unternehmen sicher durch diese Pandemie und die Kriegssituation in der Ukraine mit all ihren wirtschaftlichen Auswirkungen zu bringen; Energiepauschale in Höhe von 300 Euro für alle erwerbstätigen Menschen in Deutschland; Einmalbonus in Höhe von 100 Euro für jedes Kind; drei Monate Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe und die 9‑Euro-Flat für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland:
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Jetzt sagen Sie mir bitte, wer hier ausgelassen wurde, wessen Lebenswirklichkeit hier am Ende nicht gesehen wurde. Das möchte ich mal wirklich gerne benannt haben.
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Das ist die Unterstützung, die diese Bundesregierung bis hierhin leistet, um Deutschland durch diese Phase zu bringen.
Was Ihnen anscheinend immer noch nicht klar geworden ist: Herr Putin verfolgt genau vier Ziele bei der Spaltung, die er vorantreiben will.
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Das eine war der Spaltungsversuch gegenüber der Gesellschaft innerhalb der Ukraine selbst. Das ist ihm misslungen. Die russischen Truppen treffen nicht auf Menschen in der Ukraine, die befreit werden wollen, sondern auf Menschen, die Widerstand leisten. Das ist der erste Fail, den er sich geleistet hat.
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Das Zweite, was er versucht hat hinzubekommen, ist, die Europäische Union zu spalten. Das ist ihm nicht gelungen. Die Europäische Union – gerade auch unter der Koordinierung der Innenministerin, die im Moment die Aufnahme der Flüchtlinge organisiert – ist nicht gespalten.
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Das Dritte war der Versuch, die NATO und das westliche Bündnis zu spalten. Das ist nicht gelungen.
Und das Vierte – das dürfen wir alle nicht vergessen –
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ist der Versuch, sozialpolitisch diese Gesellschaft auseinanderzutreiben. Zur besten Sendezeit wird den Menschen in Russland im Moment in ihrem Staatsfernsehen erzählt, in Deutschland gebe es auf den Straßen Ausschreitungen und Großdemonstrationen, weil hier angeblich alles durch die Decke gehen würde. Wir wissen und sehen: Das ist nicht der Fall. – Aber diese Regierung und diese Koalition tragen eben auch dazu bei, dass es dabei bleibt, meine Damen und Herren.
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Sie können sich darüber mokieren und aufregen; aber es ist genau die Entlastung, die die Menschen in Deutschland jetzt brauchen.
Weil ich den Namen „Schröder“ eben gerade gehört habe: Jeder hat in diesen Zeiten sein Päckchen zu tragen, das ist in jeder Partei der Fall. Mit Blick auf die Kollegen der Linken und in Erwartung ihres nächsten Redebeitrages glaube ich, dass manche in diesen Tagen vielleicht überlegen sollten, ob es immer noch der richtige Zeitpunkt ist, um für Hans Modrow ein kleines Kabuff in der Parteizentrale bereitzuhalten, von wo aus er wirklich absurde Thesen über diesen Krieg in der Ukraine verbreiten kann. Ich halte das für unangemessen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen,
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aber bei euch sind es mittlerweile viele Päckchen geworden. Man könnte denken, in drei Wochen ist nicht Ostern, sondern Weihnachten. Das ist eine traurige Nachricht.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Beratungen in dieser Woche. Ich bedanke mich bei den Koalitionspartnern und bei den Mitgliedern in der Regierung für die harte Arbeit daran, dass wir die Menschen durch diese Pandemie, aber auch durch diese Kriegssituation hindurch begleiten. Das ist die Handschrift dieser Ampelkoalition. Ich bin stolz darauf, dass wir das nach kaum mehr als 100 Tagen in dieser Regierung so gut gemeinsam hinbekommen. Vielen Dank dafür!
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Als nächster Redner erhält für die AfD-Fraktion Peter Boehringer das Wort.
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Frau Präsidentin! Über der ganzen Haushaltswoche schwebte das neue Lauterbach-Diktum „Wir werden ab jetzt immer im Ausnahmezustand sein“. In nur einem Haushaltsjahr werden über 10 Milliarden Euro für Coronatests ausgegeben und sogar noch mehr für Impfungen mit mRNA-Impfstoffen, die Masseninfektionen in keinerlei Weise verringern; derzeit sind es gut 150 000 Menschen und Infektionen jeden Tag. Kann das der Grund dafür sein, dass sich das Budget des Gesundheitsministers für Öffentlichkeitsarbeit, sprich: für Impfwerbung, vervierzigfacht? Nur ein schlechtes Produkt muss derart teuer vermarktet oder gar mit Zwang aufgenötigt werden. Hätten wir einen guten Impfstoff gegen ein wirklich gefährliches Virus, gäbe es einen Schwarzmarkt für Impfstoff und keine Gesetze für eine Impfpflicht.
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Der Bundestag wird zudem über Nebenhaushalte immer weiter entmachtet. Das „Sondervermögen Bundeswehr“ wird technisch womöglich die Blaupause für Positionen in Milliardenhöhe, die künftig „neben der Schuldenbremse“ stehen. Das war ein Zitat des Finanzministers, das treffender bedeutet: Sie stehen neben dem Bundeshaushalt.
So kann man auch mal eben 200 Milliarden Euro fürs Klima versprechen über ein Klima-und-Transformations-Sondervermögen, das bereits über sehr hohe Rücklagen verfügt und nun trotzdem auf Pump nochmals Milliarden Euro an Neuzuweisungen bekommen soll. Der Klimafonds kann dann langjährig ohne Rücksicht auf die Schuldenbremse etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr ausgeben; das ist mehr als ein Zehntel des Bundeshaushalts. 40 Milliarden Euro entsprechen 205 Arbeitsstunden – also jedes Jahr ein ganzer Monat –, die jeder Einkommensteuerzahler zur Erwirtschaftung der Mittel für die sogenannte Energiewende wird malochen müssen. Und das ist noch nicht einmal der gesamte Frondienst. Wahnsinn!
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Das „Sondervermögen Bundeswehr“ bringt haushalterisch – ich betone: haushalterisch – gleich mehrere Dammbrüche. Richtig wäre es natürlich, alle Verteidigungsausgaben entsprechend dem Grundsatz der Jährigkeit regulär im Kernhaushalt einzustellen. Im vorliegenden Entwurf des Bundeswehrsondervermögensgesetzes steht jedoch – Zitat –:
Eine Veranschlagung der Ausgaben im Bundeshaushalt ist wegen … des mehrjährigen Umsetzungszeitraums nicht sinnvoll.
Nun, sehr viele Haushaltsvorhaben sind überjährig. Unser Instrumentarium enthält genau dafür die Werkzeuge der überjährigen Verpflichtungsermächtigungen und der Übertragbarkeit von Mitteln in die Folgejahre. Es geht also auch ohne Sondervermögen.
Dann ist die präzedenzlose Absicherung per Grundgesetzänderung zu nennen. Präzedenzlos, noch nie dagewesen! Eine durch künftige Bundestage nur noch mit Zweidrittelmehrheit änderbare Haushaltsposition ist meines Erachtens verfassungsrechtlich hoch bedenklich.
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Soll das nun die Vorlage für neue Ausnahmesituationen werden: andere Kriege, weitere Pandemien, neue Jahrhundertherausforderungen, weitere existenzielle Zeitenwenden, weitere Nebenhaushalte ab jetzt jährlich wiederkehrend? Der Kernhaushalt spiegelt dann nur noch einen Teil der Wirklichkeit. Genau darauf laufen wir zu.
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Das Sondervermögen bekommt sogar eine eigene Kreditermächtigung. Das ist ein Rückfall in die Zeit vor der Schuldenbremse, also 2009 und früher. Mangels Tilgungsplan findet die Tilgung des Sondervermögens am Sankt-Nimmerleins-Tag statt. Erinnern wir uns an dieser Stelle kurz an den FDP-Antrag 19/10616 mit dem Titel „Schuldenbremse stärken …“:
Daher muss künftig ein verbindlicher Tilgungsplan über die Dauer eines Konjunkturzyklus … auch für notsituative Extraschulden festgelegt werden.
– Tempi passati – lange vergangene Zeiten der FDP.
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Und dann erinnern wir uns an den EU-ropäischen Nebenhaushalt „Next Generation EU“, der 2021 unter dem Vorwand „Corona“ etabliert wurde. Schon 2022 soll nun der nächste EU-Schuldenfonds kommen, dieses Mal angeblich zur Deckung von Kriegsfolgen. Nur ein Jahr später also bereits das nächste einmalige, temporäre EU-Gemeinschaftsschuldenprogramm. Draghi gab dem Baby sogar schon einen Namen: „Resilienzfonds“ soll er heißen.
Ich sagte hier im Haus am 25. Februar 2021 – das war eigentlich fast prophetisch –:
Formell wird der Bundestag bei „Next Generation EU“ in Form einer sogenannten begrenzten Einzelermächtigung beteiligt … Eine solche Einzelermächtigung ist
– bei 800 Milliarden Euro –
ein schlechter Witz und ein Dammbruch. Wenn dieser Damm einmal gebrochen ist, dann wird Brüssel immer wieder riesige begrenzte Einzelsummen zulasten deutscher Bonität aufnehmen und sie großzügig nach Südeuropa und Frankreich umverteilen.
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Der heutige Vorschlag stellt das Haushaltsrecht des Bundestages gemäß Artikel 110 Grundgesetz zur Disposition. – Meine Worte vor einem Jahr. Genau dort stehen wir jetzt wieder, nur ein Jahr später.
Dazu kam vorgestern noch diese Meldung: Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU wollen noch in dieser Woche einen weiteren Wiederaufbaufonds auf den Weg bringen. – All das erfährt der Bundestag aus der Zeitung! Die Bundesregierung hat uns im Ausschuss keine Auskunft gegeben, obwohl EU-Ratspräsident Michel dazu feststellt – Zitat –: Die Ansichten der EU-Mitgliedstaaten zum Fonds unterscheiden sich nicht im Geringsten. – Also auch nicht die des deutschen Finanzministers. Da schrillen alle Alarmglocken! Denn was Michel, Macron und Draghi wollen, ist ja bekannt, alle wissen es – nur der Deutsche Bundestag soll es noch nicht wissen –: nur haften und zahlen sollen die Deutschen dafür, billionenschwer; wir sollen unter Notstandsvorwand heimlich in die illegale Transfer- und Haftungsunion geführt werden.
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So wird faktisch eine europäische Souveränität begründet – was ja hier inzwischen ganz offen ausgesprochen wird –, was aber per Definition eine Abschaffung der deutschen Souveränität bedeutet
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und damit eindeutig verfassungswidrig ist.
Unser Versprechen dazu lautet – damit komme ich zum Schluss –: Sowohl beim Haushaltsnotstand als auch bei der Impfpflicht auf Basis des dauerhaften pandemischen Ausnahmezustands à la Lauterbach halten wir es mit Willy Brandt:
Wer … mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden
– zur Verteidigung –
der Demokratie finden.
Auch das: Lange ist es her, SPD!
Vielen Dank.
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Als nächster Redner erhält für Bündnis 90/Die Grünen Sven-Christian Kindler das Wort.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir stehen am Ende der ersten Haushaltswoche mit einer intensiven ersten Lesung zum Haushalt 2022. Ich finde, es hat sich in dieser Woche, nach etwas mehr als 100 Tagen neuer Regierung, noch einmal sehr gut gezeigt, insbesondere gestern: Diese Koalition ist handlungsfähig und stellt sich entschlossen den Krisen, die wir gerade erleben.
({0})
Wir haben einen Haushalt vorgelegt, mit dem wir auf zentrale Krisen eingehen: auf die Coronapandemie, auf die Klimakrise. Und jetzt haben wir eine schreckliche neue Krise mitten in Europa. Ich wundere mich schon über die Kritik der Union an dem parlamentarischen bzw. Regierungsverfahren zum Haushalt. Es ist doch völlig klar, dass wir auf diesen russischen Angriffskrieg jetzt im weiteren Verfahren reagieren müssen und noch einiges ändern müssen im Etat. Deswegen ist es richtig, dass diese Regierung noch einen Ergänzungshaushalt vorlegen wird.
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Das ist notwendig; denn wir stellen diesen Haushalt in einer der schwersten Krisen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg auf, es ist der größte Landkrieg in Europa seit 1945. Natürlich können wir und die Regierung jetzt noch nicht wissen, was wir in den nächsten Tagen alles finanzieren müssen. Wir haben heute den 25. März 2022 – das ist der 30. Tag des Krieges –, und wir wissen noch nicht konkret, was wir alles finanzieren müssen. Aber wir wissen sehr konkret: Wir werden nicht tatenlos zusehen, wir werden nicht Business as usual machen. Wir werden entschlossen handeln und das, was notwendig ist, auch konkret finanzieren.
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Das ist das Entscheidende für diese Koalition: Wir packen diese Krisen entschlossen an, und wir lassen die vielen Menschen, die jetzt auch zu uns vor diesem schrecklichen Krieg fliehen, nicht allein; wir lassen sie nicht im Stich.
Wir lassen aber auch die Bürgerinnen und Bürger hier in Deutschland angesichts der Preissteigerungen bei den fossilen Energien nicht im Stich; wir unterstützen Unternehmen und Selbstständige jetzt konkret. Deswegen hatte diese Koalition ein erstes Entlastungspaket vorgelegt. Und jetzt legen wir sogar ein zweites gerechtes Entlastungspaket vor; und das verbinden wir konkret mit Energieeffizienz und mit einer beschleunigten Verringerung der Abhängigkeit vom Import fossiler Energien; das ist genau richtig. Wir verbinden Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, wir spielen sie nicht gegeneinander aus, wie die Union es macht, sondern denken beides zusammen in dieser Koalition.
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Jetzt habe ich Unkenrufe aus der Union gehört, unter anderem von Herrn Dobrindt, aber auch von anderen: Dann steigt aber doch die Neuverschuldung. – Ja, Sherlock, das ist richtig,
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die Neuverschuldung wird steigen an der Stelle. Aber was ist denn die Alternative?
Nichts machen ist auch keine Alternative. Das haben Sie auch nicht gefordert. Das heißt aber, Sie müssen dann auch konkrete Vorschläge machen, wie man das solide finanzieren will. Haben Sie in dieser Woche hier konkrete Einsparvorschläge gebracht? Wir haben sie nicht gehört von Ihnen. Haben Sie konkrete Vorschläge für eine gerechtere Steuerpolitik gemacht? Habe ich auch nicht gehört. Im Gegenteil: Otto Fricke hat ja die lange Liste hier gerade präsentiert, was Sie alles an Mehrausgaben gefordert haben. Sie haben konkret weitere deutlichere Steuersenkungen gefordert – ohne Sinn und Verstand –, die übrigens zum Teil europarechtswidrig sind. Da will ich mal konkret sagen: So geht keine seriöse Finanzpolitik.
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Man kann nicht die Aufnahme neuer Kredite hier kritisieren, gleichzeitig strukturelle hohe Steuersenkungen fordern und dafür keine Gegenfinanzierung anbieten. Man kann die Prinzipien von Logik und Mathematik nicht außer Kraft setzen, liebe Union; das ist eine Voodoo-Finanzpolitik, die Sie hier im Bundestag machen.
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Für uns heißt das ganz klar: Wir machen keine Haushalts- und Finanzpolitik, die sich nur starr an ideologischen Kennziffern orientiert, sondern wir betrachten die Realität; das zeichnet diese Koalition aus. Wir handeln und finanzieren das Notwendige – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir werden in diese Krise nicht hineinsparen, sondern mit einer aktiven Finanzpolitik antworten.
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Ich glaube übrigens, dass wir durch diesen Angriffskrieg von Wladimir Putin gegen die Ukraine auch finanziell vor ganz neuen Herausforderungen in Europa stehen. Der Bundeskanzler hat zu Recht von einer Zeitenwende gesprochen. Das betrifft extrem viele Bereiche in Deutschland und in Europa. Eine Zeitenwende heißt nicht, dass nach ein paar Monaten alles wieder vorbei ist; sie vollzieht sich längerfristig. Wir sehen schon jetzt, welche massiven wirtschaftlichen und sozialen Folgen das auch für unsere Gesellschaften hat. Viele Menschen kommen zu uns, denen wir hier Zuflucht und Integration anbieten wollen. Wir haben in der Ukraine und den Nachbarländern eine dramatische humanitäre Lage. Dieser Krieg ist eine ganz große Bedrohung der Ernährungssicherheit weltweit. Klar ist für uns: Wir müssen diese Herausforderungen jetzt angehen. Deswegen werden wir im Ergänzungshaushalt auch konkret reagieren und das Notwendige, was wir jetzt brauchen, finanzieren.
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Ich will aber auch noch auf einen anderen Punkt hinaus: Die Folgen, von denen ich gerade gesprochen habe, werden am 31. Dezember 2022 nicht einfach vorbei sein; es wird nicht alles wieder so sein wie vorher, wie der Status quo, die Normalität davor. Ich traue mir angesichts der Pandemie und des schrecklichen Krieges und seiner Folgen aktuell keine Prognose zu, ob wir in Deutschland und Europa im nächsten Jahr wieder zu einem finanziellen Normalzustand kommen werden. Die Europäische Kommission hat aktuell klar gesagt, dass sie – zu Recht – überlegt, die Ausweichklausel für den Stabilitäts- und Wachstumspakt auch 2023 wieder zu ziehen. Es kann daher in der Realität sehr gut sein, dass wir auch in Deutschland 2023 wieder die Notfallregel der Schuldenbremse ziehen müssen. Ich sage sehr konkret: Niemand hier wünscht sich das; denn das bedeutet, dass wir weiterhin in einer krisenbedingten Notfalllage sind. Aber wenn es so sein wird, dass wir weiterhin in einer Notlage sind, dann müssen wir auch entsprechend handeln und entschlossen das finanzieren, was notwendig ist.
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Nach der ersten Haushaltswoche hier im Bundestag geht auch unsere Arbeit hier im Parlament los. Wir haben mit dem ersten Regierungsentwurf eine sehr gute Grundlage. Wir werden einen Ergänzungshaushalt vorlegen. Wir werden diesen Entwurf nutzen, um ihn im konkreten parlamentarischen Verfahren zu verbessern.
Ich will auf einen Punkt noch einmal hinweisen: Wenn wir zu Recht viel Geld zur Verfügung stellen, dann werden wir als Bundestag auch darauf achten, dass das Geld wirksam und effizient eingesetzt wird. Die einzelnen Häuser müssen mit dem Geld auch sinnvoll umgehen; das werden wir im Haushaltsausschuss konkret kontrollieren.
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Ich freue mich auf die Beratungen, auch mit der demokratischen Opposition. Wir stehen in diesen Zeiten vor großen Herausforderungen. Das werden sehr intensive Wochen und Monate für uns werden. Lassen Sie uns dabei sehr gut zusammenarbeiten.
Vielen Dank.
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Das Wort erhält für die Fraktion Die Linke Janine Wissler.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind bestürzt über die Bilder aus der Ukraine: zerstörte Wohnhäuser; Millionen Menschen auf der Flucht; Familien, die auseinandergerissen werden; Verletzte und Tote. Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein Verbrechen und durch nichts zu rechtfertigen.
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Russland muss die Kampfhandlungen sofort einstellen und die Truppen zurückziehen! Die Linke lehnt Krieg als Mittel der Politik entschieden ab.
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Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die um ihr Leben fürchten. Und unsere Solidarität gilt den Menschen in Russland, die gegen Putins Kriegskurs protestieren trotz Repression und Polizeigewalt. Ihr Protest ist der Schlüssel für ein anderes Russland.
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Unser Dank gilt den Menschen, die Geflüchtete versorgen. Es ist gut, dass die Staaten der Europäischen Union Geflüchtete aufnehmen, auch die, die das bisher nicht getan haben. Aber das muss für alle Menschen gelten, die vor Bomben und Krieg fliehen, auch für die Menschen im belarussisch-polnischen Grenzgebiet; auch sie brauchen Hilfe und keine Zäune und illegalen Pushbacks.
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In einem friedenspolitischen Appell haben sich über 600 Prominente gegen das geplante 100‑Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr ausgesprochen. Eine massive Hochrüstung der Bundeswehr hilft den Menschen in der Ukraine nicht.
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Schon jetzt übersteigen die Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten die russischen um das fast 20-Fache.
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Ein neues Wettrüsten macht diese Welt nicht sicherer – ganz im Gegenteil.
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Und auch das vielbeschworene Bild von der kaputtgesparten Bundeswehr stimmt doch einfach nicht. Der Verteidigungshaushalt ist seit 2014 um 40 Prozent gestiegen – auf 50 Milliarden Euro jährlich. Ja, viel Geld versickert durch dubiose Beraterverträge und ein Beschaffungswesen, bei dem die Rüstungsindustrie die Preise selbst festlegt. Aber das Problem löst man doch nicht, indem man noch mehr Geld in dieses schwarze Loch steckt.
({7})
Würden Ihre Pläne umgesetzt, würde fast jeder fünfte Euro im Bundeshaushalt für Militär ausgegeben werden. Und dann wollen Sie die Aufrüstung auch noch im Grundgesetz festschreiben. Sie bekäme damit Verfassungsrang. Was für ein Irrsinn!
({8})
Bei den Rüstungskonzernen knallen die Sektkorken. Die Aktienkurse schießen in die Höhe. Das zeigt doch: Es geht eben nicht nur um warme Unterwäsche für die Truppe. Nein, es geht um bewaffnete Drohnen.
({9})
Es geht um atomwaffenfähige Tarnkappenjets.
({10})
Und ausgerechnet eine grüne Außenministerin plädiert jetzt für nukleare Abschreckung. Dabei war es doch ein Fehler, dass die Abrüstungsverträge der Vergangenheit gekündigt
({11})
oder gar nicht erst unterzeichnet wurden. Sicherheit und Frieden wird es doch nicht geben durch noch mehr Waffen auf dieser Welt.
({12})
Meine Damen und Herren, die Ukraine ist einer der größten Weizenexporteure.
({13})
Schon jetzt gibt es massive Preissteigerungen, Hungersnöte drohen – auch durch die Klimakrise. Und in dieser Situation kürzt die Ampel die Mittel für die Hungerbekämpfung,
({14})
und das ist fatal.
({15})
Ja, es gibt sie auch: die Krisengewinner, die, die profitieren von steigenden Energie- und Benzinpreisen. Ein Großteil der Preissteigerungen verbleibt bei den Mineralölkonzernen. Dort müsste man ansetzen, wenn man Verbraucher schützen will.
({16})
Auch bei RWE und EON stiegen die Gewinne deutlich
({17})
auf Kosten der Verbraucher. Höchste Zeit für die Wiedereinführung der staatlichen Strompreisaufsicht! Darüber sollten wir reden,
({18})
auch um die Energiewende endlich voranzubringen.
An dieser Stelle sei nur mal angemerkt, dass unser neuer Gaslieferant Katar nicht nur die Menschenrechte mit Füßen tritt,
({19})
sondern auch beteiligt war am Krieg gegen den Jemen, in dem mehr als 300 000 Menschen im Jemen gestorben sind.
({20})
Was bitte hat das mit wertebasierter Außenpolitik zu tun?
({21})
Kurzfristig brauchen wir zielgerichtete Entlastungen für Menschen mit geringen und durchschnittlichen Einkommen. Aber die Entlastung muss vom Einkommen abhängen und nicht von der Größe und dem Spritverbrauch des Autos. Ihr Entlastungspaket ist nicht nachhaltig. Es ist sozial unausgewogen, wenn die alleinerziehende Verkäuferin genauso viel bekommt wie der Einkommensmillionär. Am gleichen Tag kündigt der Gesundheitsminister, der noch im Wahlkampf für die Bürgerversicherung geworben hat, auch noch steigende Krankenkassenbeiträge an.
Ja, die Senkung der ÖPNV-Fahrpreise: Das ist richtig. Aber ich frage Sie: Warum denn nur für drei Monate? Die größte Belastung für viele Menschen sind übrigens die Mieten. Da haben wir vom Finanzminister noch nie den Vorschlag gehört, dass es da Rabatte geben müsste,
({22})
weil im Bereich der Mieten Preisdeckelungen aus Sicht der FDP ja bekanntlich Teufelszeug sind.
Meine Damen und Herren, der Haushalt zeigt Ihre Prioritäten. Die versprochene Kindergrundsicherung findet im Haushalt ebenso wenig statt wie Verbesserungen bei Hartz IV. Der Kampf gegen Kinderarmut wurde vertagt. 100 Milliarden Euro fürs Militär über Nacht, 1 Milliarde für den Pflegebonus für die Pflegekräfte! Wo ist denn das 100‑Milliarden-Programm für Bildung, für Krankenhäuser, für ÖPNV, für Digitalisierung?
({23})
Die riesigen Herausforderungen des Klimaschutzes werden wir doch gar nicht stemmen können, wenn man die Schuldenbremse beibehält, meine Damen und Herren.
({24})
Deshalb – letzter Satz, Frau Präsidentin –: Wenn das Grundgesetz schon geändert wird, dann sollten wir doch keine Schattenhaushalte im Grundgesetz festschreiben, sondern dann sollten wir die Schuldenbremse abschaffen.
({25})
Und natürlich brauchen wir endlich eine gerechte Steuerreform, um hohe Vermögen stärker zu besteuern und die soziale Ungleichheit zu mindern.
Dieser vorliegende Haushaltsentwurf wird den Krisen unserer Zeit und den großen Versprechen der Ampel von Fortschritt und Respekt leider in keinster Weise gerecht.
({26})
Vielen Dank.
({27})
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Haushaltswoche intensiv verfolgt. Eine der schönsten Nachrichten dieser Woche stammt vom Kollegen Bury, der hier eben erklärt hat, er sei unlängst Vater geworden. Herzlichen Glückwunsch dazu!
({0})
Er hat diese schöne Nachricht zum Anlass genommen, ein Plädoyer zu halten für Generationengerechtigkeit und solide Haushalte. Sie haben das getan in quantitativer Hinsicht. Diese Überzeugung teile ich. Deshalb hat sich die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag auch in aller Klarheit zur Schuldenbremse des Grundgesetzes bekannt.
({1})
Zur Generationengerechtigkeit, Kollege Bury, gehört aber nicht nur eine quantitative Betrachtung der Staatsfinanzen, sondern auch eine qualitative Betrachtung
({2})
der öffentlichen Haushalte. Diese Koalition hält die Eckwerte der Vorgängerregierung von 99,7 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme ein.
({3})
Aber wir tun mehr für die Bildung, wir tun mehr für den sozialen Ausgleich, wir investieren mehr in Infrastruktur,
({4})
und wir sichern die Überlebenschancen der Menschheit durch Anstrengungen beim Klimaschutz.
({5})
Und das macht den Unterschied aus. Wir stellen uns der quantitativen und der qualitativen Konsolidierung unserer Staatsfinanzen.
({6})
Jetzt haben Sie vielfach Bezug genommen auf das Sondervermögen zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit. Gerade wurde es im Zusammenhang mit dem Wort „Schattenhaushalt“ verwendet. Frau Kollegin, ein Sondervermögen, das im Grundgesetz steht, steht alles andere als im Schatten. Noch mehr Öffentlichkeit als eine verfassungsrechtliche Absicherung im Grundgesetz ist schier gar nicht vorstellbar.
({7})
Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie sprechen jetzt immer von der Solidität der Haushalte und von Rekordverschuldung
({8})
durch diese zusätzlichen 100 Milliarden. Kolleginnen und Kollegen, ich rate Ihnen davon ab, dies so fortzusetzen.
({9})
Die 100 Milliarden Euro des Sondervermögens sind ja nur notwendig, weil über viele Jahre die Bundeswehr vernachlässigt wurde.
({10})
Wer angesichts dieses Sondervermögens die Solidität der Bundesregierung infrage stellt, der muss zugleich erklären, dass er selbst unsolide mit der Bundeswehr umgegangen ist.
({11})
Ich bitte Sie also um Zustimmung und auch um eine konstruktive Begleitung unserer Arbeit hier.
Die Koalition hat ein zweites Entlastungspaket beschlossen; ein erstes gab es bereits, ein zweites habe ich hier angekündigt. Seine Eckpunkte sind nun bekannt. Es gibt einen Steuerrabatt beim Sprit. Ich habe in den Zeitungen gelesen, dass in dem Zusammenhang von einer Gießkanne gesprochen worden ist. Die Wahrheit ist, dass in der ganzen Breite die Menschen von steigenden Energiepreisen betroffen sind. Sie zahlen darüber in der ganzen Breite übrigens auch Steuersätze nach Menge oder auf den Umsatz. Deshalb ist es natürlich auch gerechtfertigt, befristet die ganze Breite der Gesellschaft zu entlasten; denn auf ihren Schultern stehen wir alle.
({12})
Es wird eine Energiepauschale als steuerlichen Zuschuss für alle steuerpflichtigen Erwerbstätigen in Höhe von 300 Euro geben. Das soll eine spürbare Entlastung sein, gerade angesichts der steigenden Energiepreise. Wir berücksichtigen dabei die individuelle Leistungsfähigkeit, weil wir nämlich den Steuertarif der Lohn- und Einkommensteuer nutzen, um diese Energiepauschale gerecht zu verteilen.
({13})
Es ist der politische Wille der Koalition, dass damit die Menschen auch wirklich spürbar entlastet werden. Deshalb halte ich es für richtig, dass wir auf die Sozialversicherungspflicht bei dieser Energiepauschale verzichten, damit wir wirklich eine spürbare Entlastung erreichen.
({14})
Der Familienbonus, eine Einmalzahlung für Grundsicherungsempfänger und vor allen Dingen zusätzliche Investitionen in die Energieeffizienz kommen hinzu.
Für das Jahr 2022 rechne ich mit Haushaltsfolgen in Höhe von 17 Milliarden Euro, also etwa in der Größenordnung des ersten Entlastungspakets. Wenn Sie seitens der CDU/CSU mehr fordern, dann habe ich dafür Verständnis. Mehr fordern kann man immer, aber wer fordert, muss zugleich sagen, wie er es finanziert. Was Sie nicht tun können, ist, auf der einen Seite Verschuldung zu kritisieren und auf der anderen Seite immer nur nach „mehr und schneller“ zu rufen.
({15})
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Das zweite Entlastungspaket wird Teil des Ergänzungshaushaltes sein. Ich beabsichtige, das Bundeskabinett am 27. April 2022 mit diesem Ergänzungshaushalt zu befassen. Es soll Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg enthalten. Es ist transparent, dass deshalb auch ein Ergänzungshaushalt vorgelegt wird, damit das Parlament prüfen kann, ob es wirklich nur Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewältigung der Folgen des Ukrainekrieges sind. Die Maßnahmen sollen nach meinem Vorschlag im Einzelplan 16 etatisiert werden und genügen damit den Ansprüchen an Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit.
Vielen Dank.
({16})
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Florian Oßner das Wort.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn bitte erst mal ein paar Worte zu meinen Vorrednern verlieren. Auf den Herrn Bundesfinanzminister gehe ich dann separat noch mal intensiver ein.
Die SPD beginnt die Schlussrunde zum Haushalt hier heute damit, Wahlkampf für die SPD Nordrhein-Westfalens zu machen.
({0})
Die FDP nutzt ihre gesamte Redezeit heute ausschließlich zum Oppositionsbashing. Kein Wort zum aktuellen Haushalt, nur Oppositionsbashing!
({1})
Und der Grünenvertreter spricht von der Klimakrise und fordert von uns Lösungen für diesen Haushalt ein. Wie hilflos, liebe Ampelkoalitionäre, ist das denn!
({2})
Der Haushaltsentwurf des Bundesfinanzministers, der auf den Haushalt einging – das möchte ich in diesem Zusammenhang lobend erwähnen –,
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mutet uns als Haushälter doch einiges zu. Statt einer – im übertragenen Sinne – Kinderüberraschung ist es eine Lindner-Überraschung geworden. Aber leider enthält dieses Überraschungsei weder Spannung noch Spiel noch Schokolade, sondern stattdessen Schulden, Schieflagen und Schattenhaushalte.
({4})
Dieser Haushalt ist und bleibt eine Wundertüte, und für uns als Parlamentarier – da wir nicht wissen, was noch alles auf uns zukommt – ist es in der Tat wirklich schwierig. Bereits jetzt wurden sogenannte Ergänzungshaushalte angekündigt. So sieht wahrlich keine vertrauenswürdige Finanzpolitik aus.
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Anspruch und Wirklichkeit sind bei den vorgelegten Zahlen unvereinbar.
Erstes Beispiel. Als Grundlage für die Berechnung der Einnahmen- und Ausgabenseite wurde ein Wirtschaftswachstum von sage und schreibe 3,6 Prozent unterstellt, beim privaten Konsum sogar ein Anstieg um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie diese ungemein optimistischen Zahlen jetzt noch begründbar sind – auch vor dem Hintergrund des schrecklichen Ukrainekriegs –, bleibt ein Geheimnis des Finanzministeriums. Seriöse Haushaltspolitik geht definitiv anders.
({6})
Zweites Beispiel. Die Arbeitslosenquote soll von 5,7 Prozent auf 5,1 Prozent sinken, was 425 000 zusätzliche Beschäftigte in Deutschland bedeuten würde.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich würde mich sehr darüber freuen; allein, der Glaube daran fehlt mir.
Zudem sollen die Steuereinnahmen um 19 Milliarden Euro höher sein als in 2021. Beim besten Willen: Wir dürfen uns die Zahlen nicht einfach schönrechnen, liebe Ampel.
({7})
Rund 200 Milliarden Euro neue Schulden werden damit den zukünftigen Generationen jetzt schon aufs Auge gedrückt. Gigantisch! Und da sind die Ergänzungshaushalte noch gar nicht dabei.
Sie dürfen nun aber nicht denken, das Schuldenmachen wäre damit heuer abgefrühstückt. Der Bundesfinanzminister betont ja gebetsmühlenartig, wie soeben geschehen, dass er ab 2023 die Schuldenbremse wieder einhalten möchte. Wie der Begriff bereits sagt, ist es eine Schuldenbremse und keine Schuldenvermeidung. Also plant die Ampel in der mittelfristigen Finanzplanung bereits jetzt weitere 42,6 Milliarden Euro zusätzliche Schulden bis 2026. 60 Milliarden Euro on top wurden bereits rückwirkend in das letzte Jahr verbucht – im Nachtragshaushalt 2021.
Für uns als CDU/CSU ist das verfassungswidrig. Wer, bitteschön, soll das alles noch bezahlen, liebe rot-grün-gelbe Bundesregierung?
({8})
Aber damit noch nicht genug! Die Tilgungen werden deutlich später beginnen, statt in 2023 – auf die Generationengerechtigkeit ist mein Kollege Yannick Bury schon eingegangen – nun in 2028, und sie werden gestreckt bis 2058, also 16 Jahre länger als ursprünglich geplant. Ab 2028 müssen also jedes Jahr trotz auf 31 Jahre gestreckter Tilgung über 11 Milliarden Euro pro Jahr zurückbezahlt werden, was die Investitionsmöglichkeiten in der Zukunft massiv einschränkt.
({9})
Apropos Investitionen: Vollmundig wurde verkündet, das Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen sei nun angebrochen. Wir als CDU/CSU haben in den letzten Jahren die Investitionen von 28 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro jährlich anwachsen lassen. Bis 2026 soll das nun auf diesem Niveau verbleiben. Inflationsbereinigt sinken die Investitionen damit im Zeitverlauf sogar. Also wirklich, liebe Ampel: Mehr Etikettenschwindel geht nicht!
({10})
Neben all diesen Faktoren bringt der Haushalt noch immense Risiken im Sozialbereich: Sonderzahlungen an die Rentenversicherung werden eingestellt, die Mittel für die Kosten der Unterkunft und das Arbeitslosengeld werden runtergefahren, und der gesamte Gesundheitsbereich ist coronabedingt massiv in Schieflage geraten.
({11})
Deshalb: Risikovorsorge seitens des Bundesfinanzministers? Fehlanzeige! Es wird einfach so getan, als gäbe es all diese Probleme nicht. Herr Minister, Sie gefährden damit massiv die Stabilität unserer Sozialversicherungssysteme.
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Die veranschlagten knapp 458 Milliarden Euro werden bei Weitem nicht die hungrigen Ampelkoalitionäre mit all ihren Wünschen stillen, und es werden zudem die falschen Prioritäten gesetzt.
Außerdem spiegelt der Regierungsentwurf auch nicht die Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land wider. Während der Mittelstand aufgrund der hohen Energiepreise absäuft, beschließt die Ampel eine mehr als fragwürdige Energiepauschale, die am Ende keinem hilft und nur Bürokratie verursacht. Deutschland braucht keine Mogelpackung und darf nicht mehr Schlusslicht Europas sein, wenn es um die steuerlichen Entlastungen geht.
({13})
Ich darf abschließend zusammenfassen: keine Reserven in der mittelfristigen Finanzplanung, keine Risikovorsorge, keine ehrlichen Prognosegrundlagen, unüberschaubare Schuldenmacherei und zu geringe Investitionen in die Zukunft. Also ein Haushalt, der das Papier nicht wert ist, auf dem er gedruckt wurde.
({14})
Herzliches „Vergelts Gott!“ fürs Zuhören.
({15})
Das Wort hat die Kollegin Bettina Hagedorn für die SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Kommen wir zurück zur Sachebene.
({0})
– Lieber Herr Kollege Oßner, um es denen zu sagen, die es nicht wissen: Ich bin seit 20 Jahren im Haushaltsausschuss.
({1})
Das ist heute das 21. Mal, dass ich in der Schlussrunde einer ersten Lesung eines Bundeshaushaltes bin, und ich dachte, ich hätte schon alles erlebt. Diese Lesung hat mir gezeigt: Nein, das ist nicht so.
Weil das so ist, lieber Kollege Oßner, kann ich mich auch sehr lebhaft an drei Große Koalitionen erinnern, wo ich mit den Kolleginnen und Kollegen der Union im Haushaltsausschuss besser zusammengearbeitet habe, als das manche in der Öffentlichkeit wahrhaben wollten. Und weil das so ist, bin ich bitter von Ihnen enttäuscht, nicht nur von Ihrer Rede jetzt, sondern leider von fast allen Debattenbeiträgen in dieser Woche. Um zu erkennen, dass das, was Sie hier die ganze Woche mantraartig vortragen, die Quadratur des Kreises bedeutet, „da reicht Grundschule Sauerland vierte Klasse, die vier Grundrechenarten“, hätte unser alter Chef Franz Müntefering gesagt.
Auf der einen Seite stellen Sie immer neue Forderungen – jetzt gerade wieder Steuersenkungen; Otto Fricke kann seine Liste noch ein bisschen verlängern –, auf der anderen Seite fordern Sie Mehrausgaben, machen keine Kürzungsvorschläge, wollen natürlich keine Steuererhöhung, auch nicht bei den Reichen, sondern Steuerentlastung. Das Ganze ist natürlich unsolide. Dass Sie dann gegenüber uns und dem Finanzminister einen unsoliden Haushalt bemängeln,
({2})
das ist geradezu absurd.
({3})
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Ampelregierung ist schon in den Koalitionsverhandlungen in dem Bewusstsein gestartet, dass wir große Krisen zu schultern haben, deren Bewältigung, lieber Kollege Bury, eben so wichtig für die nächste Generation ist. Man kann Krisen meistens nicht bewältigen, indem man in sie hineinspart, sondern man muss schon investieren, um den Kindern eine gute Zukunft mit einer guten Infrastruktur zu ermöglichen. Die Bewältigung der Klimakrise, des Klimawandels ist eine ganz große, zentrale Aufgabe dieser Ampelregierung, zu der wir uns bekennen. Auf der anderen Seite haben wir eine zweijährige Coronapandemie, von der wir hofften – hofften! –, dass wir sie bald bewältigen würden
({4})
dank guter Impfstoffe und auch dank guter Prognosen, was unsere wirtschaftliche Entwicklung anbelangt. Und dann folgte jetzt am 24. Februar der Überfall Putins auf die Ukraine mit heute noch gar nicht absehbaren Folgen. Wir wissen nicht, wie lange der Krieg dauert. Wir wissen nicht, wie viele Tote, wie viele Opfer, wie viele Flüchtlinge er bringen wird. Und wir wissen auch nicht, was dieser Krieg mit der Wirtschaft, nicht nur in Europa und in Deutschland, sondern in der ganzen Welt, macht.
Alle, die mal Haushaltspolitik gemacht haben, wissen, dass dies Einfluss auf die Eckdaten hat, nämlich die Prognosen, wie viele Steuern wir wohl einnehmen werden, wie viele Sozialbeiträge wohl eingezahlt werden, wie viel wir für Kurzarbeitergeld und andere Dinge ausgeben müssen, die uns immer – auch in der Großen Koalition – gut durch die Krisen gebracht haben. Wir haben das gemeinsam gemacht.
({5})
Und das, was wir gemeinsam gemacht haben, kritisieren Sie heute. Das ist komplett geschichtsvergessen.
({6})
Weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es ausgesprochen klug, dass diese Regierung verabredet hat, jetzt einen ersten Entwurf vorzulegen, den Herr Merz hier deswegen verspottet hat, weil er „Kernhaushalt“ genannt wurde. In Wahrheit ist es aber so. Und es ist für die Regierung auch alternativlos,
({7})
wenn sie uns als Parlament so früh wie möglich in die Haushaltsberatungen miteinbeziehen will. Darum war es richtig, dass die Regierung nach ihren Beratungen, ihren Ressortgesprächen, die ja schon abgeschlossen waren, als der Ukrainekrieg begann, uns diesen Haushalt vorgelegt hat. Wir haben ihn diese Woche debattiert. Beschämend ist aber, dass viele Rednerinnen und Redner der CDU/CSU der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut haben – das ist noch eine harmlose Formulierung; man könnte auch sagen: belogen haben –, indem sie kritisiert haben, was in diesem Haushalt alles noch nicht drinsteht.
({8})
Kann es ja auch gar nicht, weil es ja einen Ergänzungshaushalt gibt! Am 27. April werden wir uns, wie der Minister gerade gesagt hat, damit befassen. Wir Haushälter – Herr Oßner, Sie sind doch nicht erst seit gestern im Haushaltsausschuss,
({9})
Sie wissen es doch – werden bis zur Bereinigungssitzung am 19. Mai diese Haushalte zusammenführen, wir werden sie verändern; denn das ist das Budgetrecht des Parlamentes.
({10})
Wir werden auch den 100‑Milliarden-Topf für die Bundeswehr beraten. Wir werden dafür sorgen, dass es starke parlamentarische Rechte bei den Entscheidungen und der Kontrolle über diesen Etat gibt. Das ist in Anbetracht der Krisen und der Herausforderungen, vor denen wir stehen, eine sehr angemessene, eine verantwortungsvolle Arbeit.
Und wissen Sie was? Statt das zu kritisieren, sollten Sie lieber was dazu sagen: Was ist eigentlich Ihre Rolle in einer solchen Krise? Was erwarten die Menschen von Ihnen? Sie erwarten von Ihnen, dass Sie konstruktiv mitmachen. Ich würde mir wünschen, dass Sie dazu zurückkommen.
Vielen Dank.
({11})
Huch! Ich habe Wasser verschüttet.
Einen kleinen Moment bitte noch! Wir müssen hier vorne etwas reparieren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sie haben vollkommen recht: Wir müssen hier vorne was reparieren, nämlich den Haushalt. – Frau Kollegin Hagedorn, ich bin jetzt weit davon entfernt, Herrn Kollegen Oßner zu verteidigen; aber wenn Sie eine Rede, die einfach nur die Realität beschreibt, enttäuscht,
({0})
dann zeigt das einfach nur, dass Ihr Haushalt reinste Träumerei ist und ganz weit weg von der Realität. Sie werden leider auch von mir enttäuscht sein; denn auch ich will Ihnen den Spiegel der Realität vorhalten.
({1})
Die Bundesregierung träumt. Die Bundesregierung träumt, dass man mit feministischer Außenpolitik die Welt verbessern könne, Deutschland allein den Klimawandel bekämpfen könne, dass die Europäische Union für die Bürger arbeite und dass ein 100-Milliarden-Sonderetat für die Bundeswehr uns sofort verteidigungsfähig mache. Aber ich will Ihnen da reinen Wein einschenken, liebe Damen und Herren. Die Wirklichkeit ist: Ein F-35-Kampfjet wird halt nicht morgen geliefert werden, und Soldaten entstehen auch nicht per Mausklick. Die Europäische Union arbeitet auch nicht für uns, sondern nimmt unser Geld, verteilt es um. Die Projekte der Europäischen Union scheitern regelmäßig, ihre Fonds sind ineffektiv, und ihre Geldpolitik führt zur Inflation und zu den großen Problemen, die wir jetzt gerade haben, die uns alle arm machen.
({2})
Und die Wirklichkeit ist: Während Fridays-for-Future-Kinder da draußen demonstrieren, denen Sie einreden, sie sterben im Klimawandel, wenn jetzt nicht sofort irgendwas passiert, verkaufen Sie gerade deren Zukunft in alle Ewigkeit.
({3})
14,7 Billionen Euro beträgt die implizite Staatsschuld schon heute. Und Sie verschenken immer weiter. Sie machen Schulden, Schulden, Schulden, die die junge Generation bezahlen soll, eine junge Generation, die arbeiten wird und nichts davon hat, die erwirtschaftet und nichts davon hat, die einen adipösen Haushalt finanziert und nichts davon hat. Deswegen rufe ich an dieser Stelle den Kindern und Jugendlichen zu: Wir kämpfen hier für eure Zukunft,
({4})
für eine stabile Gesellschaft mit einem stabilen Wohlstand, den diese Regierung aus SPD, aus FDP und aus Grünen grundlos verschenkt.
({5})
Das Opfer auch dieser Regierung ist die Rechtsstaatlichkeit. Regeln gelten einfach nicht mehr. Die Maastricht-Kriterien sind längst über Bord geworfen. Und Sie trauen sich sogar, in den Haushalt wörtlich reinzuschreiben – direkt in Zahlen untereinander –: zulässige Nettokreditaufnahme 19,1 Milliarden Euro, Nettokreditaufnahme des Bundes 99,7 Milliarden Euro. – Sie schreiben damit selber rein: Wir dürfen es nicht, aber wir machen es trotzdem; es ist uns völlig egal.
Mal ganz ehrlich, Herr Lindner: Sie sind ja gerade so stolz auf diese Zahlen gewesen, weil die vorherige Bundesregierung sie offensichtlich auch schon definiert hat. Ganz ehrlich: Wenn es vorher falsch war, macht es das nicht richtiger, wenn Sie es einfach wiederholen. Konsolidierung sieht anders aus.
({6})
Weil Ihnen das alles nicht reicht, wollen Sie auch noch 100 Milliarden Euro zusätzlich haben. Das framen Sie mal eben als Sondervermögen, damit Sie am eigentlichen Haushalt vorbei Schulden aufnehmen können. Sie wollen den dauerhaften haushalterischen Ausnahmezustand, und das ist nicht in Ordnung.
({7})
Ich muss Ihnen wirklich zugestehen, dass Sie gerade dabei sind, neue psychologische Methoden für die Schuldnerberatung zu erfinden. Also, ganz ehrlich, wenn in Zukunft der überschuldete Pechvogel zum Berater kommt, kann dieser ganz legitim zu ihm sagen: Machen Sie sich keine Sorgen, Sie haben keine Schulden, Sie haben Sondervermögen.
({8})
So richtig es ist, die Bundeswehr wieder zu befähigen: Machen Sie das doch im regulären Haushalt. Stehen Sie zu Ihrer Politik. Setzen Sie Prioritäten, und bauen Sie die Kosten in den regulären Haushalt ein, statt Parallelwelten durch Sondervermögen und Ergänzungshaushalte zu erschaffen, die uns irgendwann einmal erwarten. Ich erwarte von dieser Bundesregierung, dass sie von Anfang an einen ordentlichen Haushalt vorlegt, den wir beraten können, mit Zahlen, die verlässlich sind und mit denen wir entsprechend arbeiten können.
({9})
Bei der Schuldnerberatung ist einer der ersten zentralen Punkte, dass man der Realität nicht entflieht, sondern sich ihr stellt. Die Realität ist, dass Deutschland Ausgaben abbauen muss. Die Verschuldung Deutschlands müsste nicht sein. Eine gute Bundesregierung würde nicht 36,5 Milliarden Euro an die EU zahlen, von denen wir nur die Hälfte zurückbekommen in Form unsinniger Projekte; sie würde nicht 66 Milliarden Euro in „Next Generation EU“ stecken; sie würde nicht 21 Milliarden Euro in den ESM einzahlen; sie würde keinen EU-Fonds unterstützen, und sie würde sich die ausstehenden Forderungen im Rahmen von Target2 – mittlerweile deutlich mehr als 1 Billion Euro – zurückholen.
({10})
Herr Kleinwächter, kommen Sie bitte zum Schluss.
Das werde ich tun. – Die Wahrheit ist: Das Geld ist eigentlich da, es ist nur woanders. Wir brauchen kein Sondervermögen, wir müssen auch die Schuldenregeln nicht brechen. Sie müssen aufhören, sich in die Tasche zu lügen.
Setzen Sie jetzt bitte den Punkt. Bei der dritten Aufforderung ist Schluss.
Um das mit schönen Worten zu framen: Ein anderes Wort für „Framing“ ist Tunnelblick. Ich bitte Sie, diesen Tunnelblick aufzugeben.
Vielen herzlichen Dank.
({0})
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Dr. Sebastian Schäfer das Wort.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies sind meine ersten Haushaltsverhandlungen als Mitglied dieses Hohen Hauses. Aber auch eine alte Häsin – Sie verzeiht es mir – wie die geschätzte Kollegin Bettina Hagedorn hat mir versichert, dass die Rahmenbedingungen, unter denen wir diese Verhandlungen führen, alles andere als normal sind. Wir können im Moment viele Entwicklungen nur sehr eingeschränkt überblicken. Auf ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine hoffen wir alle. Fast die ganze Welt appelliert jeden Tag eindringlich an Putin, diesen abscheulichen Überfall auf die Ukraine endlich zu stoppen und die eigenen Truppen zurückzuziehen.
({0})
Aber auch nach einem Ende der Kampfhandlungen ist die Welt eine andere. Fossile Energien und Rohstoffe werden teuer bleiben. Umso wichtiger ist, dass wir, solange wir für eine Übergangszeit noch fossile Energien benötigen, unsere Abhängigkeiten abbauen. Wirtschaftsminister Habeck hat dahin gehend in den vergangenen Wochen bemerkenswerte Erfolge erzielt.
({1})
Bei Kohle haben wir die Lieferungen aus Russland halbiert, bei Gas und Öl deutlich reduziert; das werden wir mit Hochdruck weiter vorantreiben.
({2})
Es geht um eine möglichst kurze Brücke ins postfossile Zeitalter, das diese Fortschrittskoalition entschlossen erreichen wird. Wind, Sonnenenergie und Grüner Wasserstoff werden uns in wenigen Jahren unabhängig machen. Das ist elementar, um die Klimakrise zu lösen und unseren Industriestandort zukunftsfähig und resilient zu machen.
({3})
Unsere Wirtschaft ist durch die Pandemie immer noch belastet. Viele Bürgerinnen und Bürger sind extrem verunsichert; die Allensbach-Zahlen dieser Woche zeigen das in aller Deutlichkeit. Bei der Konjunkturentwicklung sind wir mit höchster Unsicherheit konfrontiert. Wir sehen, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen deutlich reduziert haben. Das ZEW in Mannheim prognostiziert mit seinem Index zur Konjunkturerwartung in Deutschland den stärksten Rückgang seit Beginn der Umfrage im Dezember 1991. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist heute eingebrochen. Drei Viertel der Industriebetriebe beklagen Störungen in Lieferkette und Logistik; 90 Prozent fehlen Rohstoffe und Vorleistungen. In der Tendenz sind Branchen betroffen, die durch die Pandemie eher weniger belastet waren. Insofern können bestehende Instrumente wie der steuerliche Verlustrücktrag gut wirken. Auch das Kurzarbeitergeld kann helfen, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und Fachkräfte zu halten.
Es ist aber möglich, dass wir hier zusätzliche Unterstützung brauchen. Wir müssen uns klarmachen: Wir erleben einen Wohlstandsverlust. Wir werden als Staat nicht jede individuelle Belastung ausgleichen können. Deshalb sind zielgenaue Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger umso wichtiger. Das gelingt grosso modo mit dem Entlastungspaket der Ampel sehr gut. Gerade die Energiesteuerpauschale ist ein hervorragendes Instrument. Die Pauschale muss gemäß der individuellen Leistungsfähigkeit versteuert werden; der Finanzminister hat es unterstrichen. Das hilft der Zielgenauigkeit der Entlastung. Auch die Unterstützung für Familien kommt dort an, wo sie gebraucht wird. Wer, wie meine Familie, vom Kinderfreibetrag profitiert, wird nicht entlastet. Ich halte das für gerecht.
({4})
Die temporäre Energiesteuersenkung bei Kraftstoffen wird von vielen Ökonominnen und Ökonomen kritischer gesehen: nicht zielgenau und in der Wirkung regressiv; so ist die ziemlich einhellige Einschätzung. Bei der vereinbarten Reform der Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler haben wir als Ampel noch einiges zu tun, um bessere Instrumente zu entwickeln. Ich bin froh, dass wir jetzt mit Hochdruck einen Auszahlungsmechanismus für das Klimageld entwickeln. Wir dürfen das Morgen auch in dieser schwierigen Situation heute nicht aus dem Blick lassen. Nächstes Jahr können wir dann neue Wege bei der zielgenauen Entlastung gehen. Wir dürfen die soziale Frage nicht gegen den Klimaschutz ausspielen. Das verbindet uns in der Ampel.
({5})
Die Ampelregierung ist gute 100 Tage im Amt. Auf unserem Kontinent findet ein furchtbarer Angriffskrieg statt. Wir handeln als Koalition in dieser für uns alle so schweren Zeit verantwortungsbewusst. Das werden wir auch bei den Haushaltsberatungen der nächsten Wochen zeigen.
Herzlichen Dank.
({6})
Das Wort hat der Kollege Karsten Klein für die FDP-Fraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fortschrittskoalition aus SPD, Grünen und FDP legt mit dem Haushaltsentwurf 2022 den ersten Schritt zur Modernisierung unseres Landes vor. Wir investieren in Digitalisierung, in Transformation, in Klimaschutz. All das tun wir nach 16 Jahren, in denen dieses Land zunehmend verkrustet ist; deshalb ist diese Modernisierung umso wichtiger.
({0})
Wir bilden in diesem Haushaltsplan aber auch noch erhebliche Belastungen der Coronakrise ab. Allein im Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums: 26,3 Milliarden Euro. Und, Herr Bundesfinanzminister, wir tun dies alles unter Einhaltung der zuvor von der Großen Koalition geplanten Neuverschuldung in Höhe von 99,7 Milliarden Euro. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Wir modernisieren dieses Land, und wir tragen die Belastungen der Coronakrise und verschulden uns in dieser außergewöhnlichen Situation nicht mehr, als Sie geplant hatten.
({1})
Am 24. Februar hat Wladimir Putin den verbrecherischen Krieg über die Ukraine gebracht. Die Antwort dieser Bundesregierung ist auf dem Fuß gefolgt: 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, um Versäumnisse vor allem der Vergangenheit auszufinanzieren. Herr Bundesminister, Sie haben einen Ergänzungshaushalt angekündigt, in dem die Verwerfungen, Belastungen aufgrund dieses Ukrainekriegs – humanitäre Hilfe, Wirtschaftshilfen – und der Sanktionen abgebildet werden sollen. Ein Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger hat die Koalition gestern schon auf den Weg gebracht. Im nächsten Tagesordnungspunkt werden wir, Herr Minister Habeck, über die Gasspeicheranlagen sprechen. Deshalb will ich klar für uns formulieren – ich denke, ich spreche nicht nur für die Freien Demokraten, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Worin soll denn die Kritik der Union, dass wir nicht schnell und zupackend handeln, begründet sein? Ich glaube, wir setzen in dieser Woche das klare Zeichen, dass wir in dieser extremen Krisensituation sehr handlungsfähig sind.
({2})
Bei der einen oder anderen Rede, die in dieser Woche gehalten worden ist – leider auch heute bei diesem Tagesordnungspunkt –, konnte man den Eindruck haben, dass sich einige Kollegen und Kolleginnen geradezu diebisch über die Neuverschuldung freuen, dass sie jede Gelegenheit nutzen, um dieser Bundesregierung die Neuverschuldung vorzuwerfen. Ich will an der Stelle festhalten – Christian Lindner hat es schon erwähnt –: Wir haben uns zur Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist, bekannt. Wir werden das Sondervermögen über eine Grundgesetzänderung verankern. Die Schuldenbremse im Grundgesetz lässt Ausnahmesituationen zu. Deshalb werden wir die Finanzpolitik auch in Zukunft verfassungsgemäß aufsetzen. Das ist solide,
({3})
das ist vor allem seriöse Finanzpolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union; das haben Ihre Reden heute hier vermissen lassen.
({4})
Kollege Klein, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zum Schluss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten sich nicht über die Neuverschuldung freuen; vielmehr sollten Sie uns dabei unterstützen, dass wir die seriöse Haushaltspolitik, die wir mit dem eingebrachten Haushaltsentwurf betreiben, fortsetzen.
({0})
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({1})
Das Wort hat der Kollege Matthias Hauer für die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Europa tobt ein fürchterlicher Krieg, und dazu sprach Präsident Selenskyj vor wenigen Tagen hier im Deutschen Bundestag. Er sagte:
Herr Bundeskanzler Scholz! Reißen Sie diese Mauer nieder! Geben Sie Deutschland die Führung, die es verdient und auf die Ihre Nachfahren nur stolz sein können. Unterstützen Sie uns. Unterstützen Sie den Frieden. Unterstützen Sie jeden Ukrainer. Stoppen Sie den Krieg! Helfen Sie uns, ihn zu stoppen!
Dies sagte der ukrainische Präsident drei Wochen nachdem Putin den Überfall auf die gesamte Ukraine befohlen hat, mit Bombardements und Panzern, mit dem Erdboden gleichgemachten Städten, mit Millionen Vertriebenen und mit Tausenden Toten. Wir müssen uns fragen: Tut Deutschland wirklich genug, um das weitere Morden durch die russische Armee in der Ukraine zu verhindern? Präsident Selenskyj hat deutlich gesagt: Das ist nicht der Fall. – Und auch ich glaube, Deutschland muss mehr tun.
Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Regierung sind in den ersten Wochen der russischen Invasion Ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Es reicht nicht, nur symbolisch an der Seite der Ukraine zu stehen. Solidarität bedeutet starke Hilfe, und die muss jetzt her. Egal ob bei Waffenlieferungen an die Ukraine, beim Aussetzen von Nord Stream 2, beim Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System oder auch bei anderen Sanktionen, Ihre Regierung stand stets auf der Bremse.
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Es waren unsere Partner, die die Ukraine nach Kräften unterstützt haben.
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Die Ampelposition war immer: „Langsamer!“, „Weniger!“, teilweise „Gar nicht!“,
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und das, während Putin die Existenz eines ganzen Landes in Europa zu vernichten versucht.
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Es folgte zu Recht ein enormer Druck auf die Ampel aus der deutschen Öffentlichkeit und auch von unseren Partnern aus Europa und der ganzen Welt.
Bei Ihrer Regierungserklärung, Herr Bundeskanzler, haben Sie eine Zeitenwende angekündigt. Ich habe an diesem Tag wirklich gedacht: Die Zeit des Zauderns und des Zögerns ist jetzt vorbei: mit harten Sanktionen gegenüber Russland, mit 2 Prozent des BIP für die Bundeswehr, mit einem zusätzlichen 100 Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und auch mit der Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine. CDU und CSU reichen Ihnen die Hand,
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um in diesen Zeiten von Krieg und Frieden eng zusammenzuarbeiten, aber nur, wenn es Ihnen mit diesen Ankündigungen auch ernst ist. Leider rudern Sie jetzt schon zurück.
Als Präsident Selenskyj Sie, Herr Bundeskanzler, persönlich hier im Deutschen Bundestag ansprach, an Sie persönlich appellierte, da schwiegen Sie. Sie gaben ihm keine Antwort, sie wollten keine Debatte, stattdessen wurden Geburtstagsglückwünsche vorgelesen. Es war der beschämendste Moment, den ich in diesem Hohen Hause hier jemals erlebt habe.
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Was ist aus Ihren Ankündigungen geworden? Die wenigen Waffenlieferungen laufen schleppend. Liefern Sie der Ukraine endlich die Waffen, die es den tapferen Ukrainern ermöglichen, Putins Armee zu stoppen! Präsident Selenskyj hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag „Es lebe die Ukraine!“ gesagt; damit hat er seine Rede abgeschlossen. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass die Ukraine leben kann.
Auch bei der Bundeswehr bleibt die Ampel vage. Im vorgelegten Haushalt wird das 2-Prozent-Ziel eben nicht erfüllt: statt 75 Milliarden Euro nur 50 Milliarden Euro. In der mittelfristigen Finanzplanung fehlen Jahr für Jahr 25 Milliarden Euro.
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Stattdessen soll es nun ein Sondervermögen mit Grundgesetzänderung lösen. Das wollen Sie nutzen, weil Sie das 2‑Prozent-Ziel im regulären Haushalt gar nicht erreichen wollen. Zusätzlich stellen Sie nun infrage, ob das Geld überhaupt vollständig der Bundeswehr zugutekommen soll. Lassen Sie solche Tricks! Unterstützen Sie geschlossen die Bundeswehr! Dann haben Sie uns auch an Ihrer Seite.
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Bei der nächsten Aufgabe sollten Sie ebenfalls keine Zeit verlieren. Hunderttausende Menschen, vor allem Frauen und Kinder, sind derzeit aus der Ukraine auf dem Weg nach Deutschland; viele sind schon gekommen. Der Zustrom wird weiter zunehmen. Unser Land sollte diese Menschen schützen und sie mit offenen Armen empfangen. Wir dürfen unglaubliche Hilfsbereitschaft erleben. Viele Deutsche nehmen Menschen bei sich zu Hause auf, sie spenden, sie unterstützen. Hilfsorganisationen, Kirchen, private Initiativen, viele Ehrenamtler packen mit an. Diese Solidarität ist beeindruckend. Sie ist wunderbar.
Auf staatlicher Ebene sind es vor allem unsere Städte und Gemeinden, die jetzt schon vor großen Herausforderungen stehen. Dort werden die Menschen untergebracht und versorgt, dort wird die Beschulung der Kinder sichergestellt, und dort stellen sich jetzt gerade viele Fragen. Wie werden die Flüchtlinge innerhalb Deutschlands verteilt? Eine Antwort der Bundesregierung? Fehlanzeige. Wer kommt für die entstehenden Kosten auf? Antwort? Fehlanzeige. Wie schützen Sie gerade Frauen und Kinder vor Ausbeutung und Menschenhandel? Antwort? Fehlanzeige. Wie sorgen Sie für eine lückenlose Registrierung? Sie können es sich denken: Antwort? Fehlanzeige.
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Der Bund muss bei diesen Fragen handeln. Es hätte schon längst – Frau Bundesministerin Faeser ist jetzt gerade nicht da; eben war sie noch da – einen Flüchtlingsgipfel geben müssen, gerade auch unter Beteiligung der Länder und Kommunen.
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Abschließend möchte ich eines klar sagen: Für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gibt es keinerlei Rechtfertigung. Manche haben sich viel zu lange von Putin blenden lassen oder ihn sogar unterstützt; das ist bei Linksradikalen, bei Rechtsradikalen weit verbreitet und teilweise sogar in demokratischen Parteien.
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Den traurigen Tiefpunkt bildet Gerhard Schröder: ein SPD-Altkanzler als Lobbyist für russisches Gas und als oberster Kriegsverbrecherversteher, bezahlt vom deutschen Steuerzahler.
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Nein, Herr Schröder, dieser Krieg ist keine „Folge politischen Versagens“; das hat er noch gestern mit Blick auf den Westen gesagt.
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In diesem Krieg gibt es nur einen Aggressor, und das ist Putins Russland. Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, diese Aggression zu stoppen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Andreas Schwarz das Wort.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen! Lassen Sie mich mit einem Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach beginnen. Sie hat gesagt: „Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.“ Sehr geehrte Damen und Herren, der vorgelegte Bundeshaushalt beweist: Die Ampel tut, und das in nicht wirklich einfachen Zeiten, trotz vieler Herausforderungen.
Das Zahlenwerk ist schon jetzt ein Feuerwerk der guten Laune.
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Es garantiert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und macht unser starkes Land zukunftssicher. Gerade in dieser Zeit ist es daher absolut bedeutsam, zum einen Stabilität zu sichern, zum anderen aber auch Handlungsfähigkeit zu zeigen.
Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass die Zeitnahme am Pult nicht mehr funktioniert. – Frau Präsidentin, Sie haben das im Blick. Nicht, dass dann von Vorteilsnahme im Amt die Rede ist.
Der Bundeshaushalt 2022 tut genau das, was ich vorhin geschildert habe, obwohl die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine noch gar keine Berücksichtigung finden konnten. Dazu wird in Kürze ein Ergänzungshaushalt vorgelegt werden, der dann mit dem Haushaltsentwurf zusammengefügt wird, der uns gerade vorliegt und der ein Gesamtvolumen von rund 457 Milliarden Euro hat.
Die Ampelkoalition ist getragen vom Fortschrittsgedanken. Das ist eine große Chance für unser Land, und ein moderner und vor allen Dingen entschlossener Geist trägt diesen Willen der Veränderung.
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Wir werden viel Geld in die Hand nehmen und das Verkehrsnetz modernisieren, überwiegend die Schiene. Des Weiteren werden wir erhebliche finanzielle Mittel in die Digitalisierung sowie in Bildung und Forschung in unserem Land investieren; denn Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Klimaschutz ist ein zentrales Thema in diesem Haushalt. Über 200 Milliarden Euro nehmen wir bis 2026 in die Hand; das hat es noch nie gegeben.
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Warum machen wir das, meine Damen und Herren? Weil es gut ist und vor allen Dingen weil wir es können, aber auch aus Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen.
Wir stehen somit vor riesigen Herausforderungen. Die Digitalisierung und die Transformation in eine klimaneutrale Wirtschaft sind solche. Wir stehen vor einem schwierigen Wandel in den Arbeitsprozessen und müssen Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen. Die Menschen erwarten von uns Antworten, die Unternehmen Planungssicherheit. Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sollen die Gewinner dieses Wandels sein. Wir wollen weiterhin eine starke Volks- und Exportwirtschaft bleiben. Daran arbeitet diese Ampel.
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Lassen Sie mich noch drei Dinge erwähnen. Mit diesem Haushalt geben wir Sicherheit im Wandel. Innere, äußere und soziale Sicherheit sind dabei die Maxime. Im Bereich der sozialen Sicherheit haben wir bereits umfangreiche Entlastungspakete geschnürt. Ein Feuerwerk der guten Ideen hat ja Kevin Kühnert vorhin schon gezündet und gezeigt, was wir da so alles im Köcher haben. Auch das ist ein klares Signal: Wir reden nicht nur von Verantwortung; wir leben diese, und wir handeln verantwortungsvoll.
Zum Schluss. Lassen Sie mich noch etwas zur inneren und äußeren Sicherheit sagen. Thema „innere Sicherheit“: Hier spielt neben der Bundespolizei, dem THW, der Blaulichtfamilie vor allen Dingen auch der Zoll eine wichtige Rolle.
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Er nimmt mindestens die Hälfte der Bundeseinnahmen für uns ein.
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Es würde mich freuen, wenn wir den Weg mutig gemeinsam weitergehen bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit, bei der Kontrolle des Mindestlohns und bei der Geldwäschebekämpfung.
Meine Damen und Herren, Putins Angriffskrieg hat die gesamte Weltlage verändert; unsere Sicherheit ist im Wandel – eine Zeitenwende. Wir werden die Ausstattung der Bundeswehr, vor allen Dingen aber die Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten schnellstmöglich mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen modernisieren. Unsere Botschaft an die Welt: Wir haben eine wehrhafte Demokratie, und wir sind ein zuverlässiger Bündnispartner.
Ich freue mich nun auf die vielen Verhandlungen, Gespräche, neuen Erkenntnisse und einen wunderbaren Bundeshaushalt, der uns den Weg in die Zukunft zeigt.
Danke schön.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für diesen Service und die pragmatische Lösung.
Herr Hauer, ich finde, wir können in dieser Debatte ja ganz unterschiedliche Positionen abwägen; das ist alles schön und gut. Aber dass ein Vertreter der Unionsfraktion und der regierungstragenden Fraktion der letzten Jahre dieser Regierung Zögern und Zaudern bei Nord Stream 2 vorwirft, ist schon ein Stück Dreistigkeit.
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Ich kann mich daran erinnern, wie Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin mit Ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet im letzten Sommer diskutiert hat und dass er erklärt hat, warum man das nicht so dramatisch sehen sollte.
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Ich würde Ihnen an dieser Stelle einfach ein bisschen mehr Demut empfehlen; das wäre angemessen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in dieser Woche sehr viele, wie ich finde, bemerkenswerte und gute Reden von allen demokratischen Fraktionen gehört, von der Linken bis zur Union, Reden, die versucht haben, der Dramatik der Lage angemessen zu sein, die abgewogen haben, die Lösungen gesucht haben – viele gute Reden, und dann kam Friedrich Merz.
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Wenn man als Oppositionsführer der Union die erste Rede in der Generaldebatte in dieser aktuellen, dramatischen Situation hält, so viel Redezeit zur Verfügung hat wie nur wenige andere und kein Wort über das Leid in der Ukraine sagt, kein Wort über das Leid der Menschen, die aus der Ukraine hierhin fliehen,
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kein Wort über die vielen Krisen, die wir ansonsten schon haben, sondern sich ausschließlich aus parteipolitischer Motivation mit der Bundeswehr und dem Sondermögen beschäftigt, dann hat man seine Verantwortung nicht ernst genommen.
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Ich kann da nur sagen: Wenn Sie so in der Opposition agieren, dann bin ich froh, dass Sie in der Opposition sind und nicht regieren.
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Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so – und manche Rede wirkte so –, als würde die aktuelle Krisensituation, der Krieg, auf eine ansonsten vollkommen heile Welt treffen, als hätten wir ansonsten eitel Sonnenschein gehabt. Die Coronapandemie ist ja nur das offensichtlichste Krisenmoment der letzten Jahre. Eine ungebremste Klimakrise, die Krise der Biodiversität, die Krise der multilateralen Ordnung, die Krise der Demokratie – all das war doch vorher schon da. Angela Merkel hat 2016 etwas Richtiges gesagt: „Die Welt ist aus den Fugen.“ Nur, Sie haben daraus nie die Konsequenzen gezogen.
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Sie haben weitergemacht, als gäbe es kein Morgen. Dieser Bundeshaushalt ist der Haushalt, der den Hebel umlegt. Es ist der erste Bundeshaushalt seit Jahren, der die Dramatik der Situation überhaupt erst mal reflektiert,
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der das multiple Krisenszenario ernst nimmt, die richtigen Schlüsse zieht und die richtigen Prioritäten setzt, um darauf zu reagieren.
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Meine Damen und Herren, für mich war der Tiefpunkt dieser Woche das Reden vieler über die sogenannte feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Dass von der AfD dazu nur Quatsch kommt, hat mich nicht verwundert,
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wohl aber, dass aus Ihren Reihen dazu Häme und Spott kamen
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und das abgetan wurde, als wäre das irgendein Gedöns, und das von einem Oppositionsführer Friedrich Merz, der noch 1997 gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gestimmt hat.
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Sie haben sich in den letzten Jahren dahin gehend radikalisiert, dass für Sie „Feminismus“ „Gendersternchen“ heißt und ansonsten nichts, und haben all die dramatischen Situationen, die Annalena Baerbock beschrieben hat, überhaupt nicht reflektiert.
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Ich kann Ihnen nur den Hinweis geben, dass Sie damit im Jahr 2022 keinen Boden mehr gutmachen werden.
Ich habe in den ersten Wochen hier im Deutschen Bundestag eine erfahrene Kollegin gefragt:
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Waren wir 2005, als wir in die Opposition kamen, auch so albern? – Und sie hat gesagt: Wir hatten 2005, 2008, 2009 viele Krisen; da haben wir hier staatstragende Reden gehalten,
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als Opposition die Regierung gestützt in der Eurokrise, in der Wirtschaftskrise 2008. – Und Sie haben diese Woche nicht genutzt, diese Form von oppositioneller Verantwortung zu zeigen.
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Deshalb würde ich mich freuen, wenn Sie die Gelegenheit in den nächsten Wochen noch wahrnehmen.
Wir werden als Koalitionsfraktionen die Haushaltsberatungen nutzen, einen guten Entwurf noch besser zu machen. Ich freue mich auf Ihre Vorschläge, wie wir das noch besser hinbekommen können.
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Das Wort hat die Kollegin Dr. Wiebke Esdar für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben den russischen Angriffskrieg; wir stecken immer noch in der Coronapandemie, und wir haben die globale Klimakrise. Damit befinden wir uns in einem politischen und auch in einem haushalterischen Ausnahmezustand. Die Frage, die wir uns doch heute am Ende dieser ersten Haushaltswoche zu stellen haben, ist, ob wir die Antworten haben für diesen Ausnahmezustand. Wenn ich mir die Debatten der letzten Tage angucke, dann komme ich zu einem klaren Ja; wir haben die Antwort. Aber ich komme auch zu der Einschätzung, dass große Teile der Oppositionsfraktionen noch nicht so ganz verstanden haben, was wir machen. Da ich vorher in der pädagogischen Psychologie gearbeitet habe: Es gibt Oppositionsteile – das sage ich auch ganz ehrlich –, von denen ich gar nicht mehr Verständnis erwarte. Aber die Reden, die insbesondere die Kollegen der Unionsfraktion hier heute und auch im Laufe der ganzen Woche gehalten haben, vermitteln dann doch den Eindruck, dass es noch gar nicht verstanden wurde.
Wir als Haushälterinnen und Haushälter reagieren auf die Ausnahmezustände folgendermaßen:
Erstens. Es wird einen Ergänzungshaushalt geben. Dieser wird die unmittelbaren Kosten des Krieges in der Ukraine abbilden. Da geht es um humanitäre Hilfe. Da geht es um Wirtschaftshilfen. Da geht es um Entlastungspakete. Da geht es um die Kosten für die Geflüchteten, die wir untergebracht haben. Der Kollege Kevin Kühnert hat es alles schon aufgezählt. Wir haben in dieser Woche ein umfassendes Maßnahmenpaket mit Energiepreispauschale, mit Kinderbonus, mit ÖPNV-Flatrate für 9 Euro im Monat beschlossen.
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Wir haben die Menschen in den Wochen zuvor auch schon einmal im Umfang von rund 15 Milliarden Euro entlastet.
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Das heißt, wir sind gut unterwegs, was die Themen der Entlastung angeht. Wir werden im Hinblick auf den Ergänzungshaushalt noch im April darüber sprechen, was weitere Kosten angeht.
Zweitens. Mit einem Sondervermögen reagieren wir auf die schlechte Ausstattung der Bundeswehr der letzten Jahre der unionsgeführten Verteidigungsministerien.
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Das Sondervermögen errichten wir obendrauf.
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Drittens. Wir werden, meine Damen und Herren, den Klima- und Transformationsfonds weiterentwickeln, um darauf zu reagieren, dass wir eine weltweite Klimakrise haben.
Viertens. Wir werden den Kernhaushalt im Umfang von über 450 Milliarden Euro beraten.
Wir werden bei alldem inhaltlich ganz klar sagen: Innere, äußere und soziale Sicherheit gehören bei uns zusammen. Das ist die Sicherheit im Wandel, die wir bieten,
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und das ist die Sicherheit im Wandel, die wir den Menschen schuldig sind.
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Mir sind noch zwei Sachen wichtig: Das eine ist, dass wir mehr Schulden für das Sondervermögen der Bundeswehr machen. In Ausnahmesituationen müssen wir auch außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen. Langfristig werden wir aber genauso mit Hochdruck daran arbeiten, internationale Verträge und eine Friedensordnung zu bekommen. Die Friedenspolitik ist für uns gleichermaßen wichtig. Die brauchen wir auch, um die hohe Akzeptanz, die das Sondervermögen aktuell in der Bevölkerung hat, aufrechtzuerhalten. Darum werden wir uns kümmern.
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Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen: Die wichtigste Währung, die wir als Politikerinnen und Politiker haben, ist das Vertrauen der Menschen.
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Dieses Vertrauen sollten wir insbesondere dann sehr sorgsam betrachten, wenn es darum geht, wie wir die Gelder verwenden, die die Menschen erbracht haben, und zwar mit den Steuern, die sie gezahlt haben.
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Darum bin ich sicher, dass wir in den nächsten Wochen sorgfältig, intensiv und konstruktiv in der Ampelkoalition über diese vier Haushalte und die Einzelpläne beraten werden. Darauf freue ich mich. Dass wir auf eine konstruktive Opposition verzichten müssen, hat diese Woche leider auch gezeigt. Aber wir stellen dann eben unsere Mehrheiten in der Ampelkoalition.
Herzlichen Dank.
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Das Wort hat Dr. Inge Gräßle für die CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch die Damen und Herren Minister begrüßen. Ich finde es beachtlich, dass Sie hier sind. Jetzt haben wir 35 Stunden miteinander den Haushaltsentwurf debattiert. Herr Kollege Fricke, es ist der Haushaltsentwurf der Regierung und nicht der der Opposition.
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35 Stunden ungefähr saßen wir hier zusammen. Ich muss Ihnen sagen – das ist meine erste Haushaltsberatung im Deutschen Bundestag; aber ich habe schon ein paar Jahre im Landtag verbracht, und ich habe 15 Jahre im Europaparlament verbracht –: Ihr müsst hier etwas ändern. Ihr müsst anders miteinander umgehen. Das kann so nicht bleiben.
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Ich bin überrascht über die Plattitüden und die Belehrungen, die hier ganz junge Leute, die ganz, ganz, ganz unerfahren sind, den anderen geben.
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Warum tut ihr das? Ihr benehmt euch, als hättet ihr das Rad und das Schießpulver gleichzeitig erfunden.
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Im Zweifel müssen bei euch Eigenlob und Schuldzuweisungen herhalten, und das ist dann eine Haushaltsberatung.
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Ich möchte schon einmal darauf zurückkommen, was eigentlich der Kern der Kritik der Union ist. Der Kern der Kritik der Union ist, dass wir einen Haushaltsentwurf beraten, in dem alles falsch ist. Die Zahlen sind falsch. Die Einnahmen sind falsch. Die Ausgaben sind falsch. Und Sie beschäftigen uns damit, dass Sie sagen, dass das doch so sein muss.
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Ich kann Ihnen sagen: Nein, es muss nicht sein.
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Das Europäische Parlament hätte der Kommission einstimmig über alle Parteigrenzen hinweg diesen Haushaltsentwurf zurückgegeben. So doch nicht!
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Unsere Kritik besteht doch darin, dass wir gerne einen Haushaltsentwurf hätten, mit dem wir wirklich arbeiten können. Dann sagt die Frau Kollegin Hagedorn: Kommt noch, kommt noch. – Ja, prima, es kommt noch. Aber wir wollen die Dinge einfach beurteilen können.
Wir möchten übrigens auch gut behandelt werden. Gestern hat der Herr Finanzminister vor der Tür eine Pressekonferenz gegeben und dort ein Paket mit Entlastungen erklärt. Hier nicht. Wir haben hier zusammengesessen, und hier wurde davon nicht gesprochen. Der Einzige, der ein bisschen was angedeutet hat – dafür bin ich dankbar –, war der Herr Landwirtschaftsminister. Ich habe mir diese 35 Stunden wirklich angetan. Aber so kann man doch nicht miteinander umgehen, mit uns nicht, aber mit Ihnen doch auch nicht. Was lassen Sie sich alles von Ihren eigenen Leuten gefallen? Das ist ja beängstigend.
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Es besorgt mich, dass man mit Ihnen offensichtlich alles machen kann. Herr Kollege Kindler, mit denen, mit denen man es machen kann – das sage ich Ihnen aus langjähriger Erfahrung mit Regierungen –, mit denen macht man es auch. Warum bestehen Sie nicht darauf, dass Sie anständig behandelt werden?
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Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass wir vielleicht auch besser behandelt werden.
Ich möchte noch sagen, was wir hier zum Thema Schuldenbremse gesehen haben. Die ganze Woche über hat beim Thema Schuldenbremse, Herr Finanzminister, nur die FDP geklatscht – immerhin. Aber nur mit der FDP werden Sie es nicht hinbekommen. Wir haben so viele Sollbruchstellen in diesem Haus gesehen, und wir fürchten natürlich, dass Sie der Finanzminister sein werden, der die größte Neuverschuldung ever in diesem Haus zu präsentieren hat. Genau auf diesem Weg sind wir inzwischen. Und warum sind wir auf diesem Weg? Weil der Haushaltsentwurf natürlich mitnichten konsolidiert ist, weil der Haushaltsentwurf überhaupt keine Einsparungen vorsieht. Er sieht auch überhaupt keine bessere Mittelverwendung vor. Aber ohne die geht es nicht. Dann aber zu sagen: „Jetzt müsst ihr aber mal den Vorschlag machen“, halte ich für ziemlich gewagt.
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Diese Woche war interessant. Wir haben in dieser Woche die Rückverpuppung der Ampel vom Schmetterling zur Raupe erlebt.
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Ich kann verstehen, dass man damit fertig werden muss. Aber es kann doch nicht sein, dass wir in Selbstmitleid und in Schockstarre versuchen, eine Woche hinter uns zu bringen, die eigentlich dazu da ist, miteinander und gemeinsam Lösungen zu finden.
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Wir haben das Faktum, dass die Koalition in wesentlichen Fragen keine Mehrheit hat. Das ist der Elefant im Raum, um den es geht: die fehlenden Mehrheiten. Das haben wir beim Bundeswehrfonds, und das haben wir beim Infektionsschutzgesetz. Deswegen haben wir auch genau die Probleme, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Wir haben ein Infektionsschutzgesetz, das unter seinen Möglichkeiten bleibt, und deswegen haben wir hohe Inzidenzen. Deswegen geht die Coronapandemie weiter.
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Statt einer Entideologisierung bei der Energiewende haben wir eine ideologisierte Energiewende mit dem Problem, dass wir dann Deutschland eben nicht sicher durch den Winter bringen können.
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Ich verstehe ja, dass es schwierig ist, weil da viele über ihren Schatten springen müssen. Aber eine angemessene Unterstützung der Ukraine hätte Sie und uns von der Verantwortung vor der Geschichte entlastet. Sie werden sehen, die Lesart wird sein: Wir haben den Fehler gemacht, Aggression erst möglich gemacht zu haben.
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Vor diesem Diktum der Geschichte fürchte ich mich. Ich möchte auf jeden Fall, dass wir die alten Fehler nicht noch einmal machen. – Das tut weh; ich verstehe es.
Worüber ich eigentlich sprechen möchte, ist, dass wir neue Planungs- und Genehmigungsverfahren brauchen. Wir müssen Dinge verändern in diesem Land, und da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Erneuerbare Energien ausbauen? Unbedingt. Aber dazu gehört natürlich auch der Netzausbau. Ich weiß, Herr Wirtschaftsminister – Sie sind dran –: Mehr Windmühlen sind nicht das einzige Problem. Wir haben letztes Jahr 1 Milliarde Euro an Windkraftbetreiber gezahlt, damit sie die Windmühlen abschalten. Ich meine, was nützt es denn, wenn wir mehr Windmühlen aufstellen? Wir müssen die Probleme da lösen, wo sie sind. Da, muss ich sagen, hat die unterkomplexe Problemanalyse, die ich in all diesen Tagen gehört habe, auch nicht geholfen.
Ich habe es gestern gesagt: Wir haben in Schwäbisch Gmünd versucht, eine Wasserstofftankstelle zu machen. Da müssen Gemeinden eine Regelung umsetzen, wie sie für Großanlagen geplant ist. Das ist bitter; denn für einige ist es ein großer Aufwand. Andere Länder sind da besser. Es wäre gut, wenn wir hier eine Regulatorik hätten, die den Projekten und auch einer schnellen Umsetzung der Energiewende angemessen ist.
Ich möchte schon sagen, dass wir mit dem Paket gesehen haben, dass Dinge möglich sind, die am Dienstag noch für unmöglich erklärt wurden, zum Beispiel die Entlastung an der Zapfsäule. Ich finde es gut, dass Menschen an der Zapfsäule entlastet werden. Aber, Herr Finanzminister, die Entlastung über die Lohnsteuer ist schon ein bisschen gewagt und ziemlich pfiffig; denn die Hälfte bleibt gleich bei Ihnen.
Kollegin, –
Ja, ich weiß; ich muss aufhören.
– auch auf der Ersatzuhr leuchtet auf, dass Sie tatsächlich schon über die Redezeit sind.
Entschuldigen Sie bitte.
Setzen Sie bitte jetzt den Punkt.
Ich möchte Ihnen sagen, dass wir Ihnen im Haushaltsausschuss helfen werden.
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Aber Sie müssen auch dafür sorgen, dass man Ihnen helfen kann.
Danke schön.
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Während hier alles vorbereitet wird, ein Hinweis an die glücklicherweise wieder anwesenden Besucher, aber auch all diejenigen, die uns zuhören und zusehen: Wir sind in der Schlussrunde zu den Beratungen zum Haushalt 2022, welche von Dienstagmorgen bis jetzt andauerten.
Der voraussichtlich letzte Redner in dieser Haushaltsdebatte ist nun der Kollege Dennis Rohde für die SPD-Fraktion.
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Zunächst: Im Wissen um die besondere Verantwortung meiner Fraktion sage ich Ihnen als Berichterstatter für den Einzelplan 02 – Deutscher Bundestag – die volle Unterstützung bei den Haushaltsverhandlungen zur Reparatur dieses Rednerpultes zu.
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Das war die erste Bemerkung.
Die zweite Vorbemerkung: Frau Kollegin Gräßle – das sage ich in aller Deutlichkeit –, ich glaube, die vielen jungen engagierten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus brauchen wahrlich keine Moralpredigt von Ihnen.
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– Du bist auch noch jung, Andreas.
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Wir sind am Ende der ersten Lesung dieses Haushaltes. Er geht jetzt in den Haushaltsausschuss, und wir werden dann sehr sachlich darüber zu debattieren haben, was uns vorliegt. Aber ich finde, das eine oder andere muss man hier auch noch einmal einordnen.
Ich fand es schon bemerkenswert, dass in den letzten Tagen immer wieder der Vorwurf der Rekordverschuldung, gerade seitens der Union, Richtung Ampel kam. Der Haushalt, der uns vorliegt, sieht eine Verschuldung von 99,7 Milliarden Euro vor. Der Entwurf des zweiten Nachtrags, den wir, SPD und CDU/CSU, 2020 beschlossen haben, sah eine Neuverschuldung von 217,8 Milliarden Euro vor.
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Der zweite Nachtragshaushalt 2021, verabschiedet von CDU/CSU und SPD, sah eine Neuverschuldung von 240,2 Milliarden Euro vor. Das ist jeweils doppelt so viel als das, worüber wir heute reden, und Sie machen uns das zum Vorwurf.
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Ich will Ihnen aber etwas sagen: Die Neuverschuldung damals wie heute war richtig; denn das ist unsere Antwort auf die Krise, die über unser Land kommt.
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Es ist nicht so, dass wir damit irgendwas finanzieren würden. Wir finanzieren damit den Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland. Wir finanzieren damit den Erhalt der Wirtschaftskraft in Deutschland. Das war 2020 richtig, das war 2021 richtig, und – mit Verlaub – das ist auch 2022 richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Denn die Krisen sind nicht vorbei; es sind zusätzliche dazugekommen. Ich glaube, es gab keine Rede hier im Haus, die in den letzten Tagen nicht den russischen Angriffskrieg thematisiert hat, nicht darüber gesprochen hat, dass wir eine neue Sicherheitslage in Europa haben.
Natürlich muss die Antwort dann auch sein, dass wir uns mit dem auseinandersetzen, was in Deutschland fehlt und was der Bundeswehr fehlt. Ja, der Bundeskanzler hat angekündigt, das Ausstattungsdefizit der Bundeswehr beheben zu wollen. Ich will das auch deutlich sagen: Ich habe die Rede von Herrn Dobrindt mit Verwunderung aufgenommen, der nur von Schulden gesprochen hat. Ja, das sind 100 Milliarden Euro, die wir mit Schulden finanzieren müssen. Aber was ist eigentlich die Alternative? Wollen wir uns mitten in dieser Situation nicht wehrhaft machen als Bundesrepublik Deutschland?
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Ich finde, wir müssen uns wehrhaft machen – übrigens, um uns niemals zur Wehr setzen zu müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Deswegen sage ich ganz deutlich in Ihre Richtung: Man kann jetzt, wenn es um dieses 100-Milliarden-Euro-Paket geht, ganz viel parteitaktische, parteipolitische Spielchen machen. Das kommt in der eigenen Bubble richtig gut an. Aber die Menschen in meinem Wahlkreis – ich bin mir sicher, auch in Ihren Wahlkreisen –, die haben Angst, die sorgen sich. Die sorgen sich darum, ob der Konflikt in der Ukraine auch zu uns herüberschwappt. Die sorgen sich darum, ob wir vorbereitet sind.
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Die stellen sich die Frage, ob sie morgen noch die Energiepreise bezahlen können. Ich finde: Sie erwarten zu Recht eine Antwort der Politikerinnen und Politiker im Deutschen Bundestag.
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Sie sind Teil des Deutschen Bundestages und sollten nicht alles nur für Parteitaktik nutzen.
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Es geht nicht nur um die 100 Milliarden Euro. Kevin Kühnert hat es am Anfang angesprochen: Es geht auch um die 60 Milliarden Euro für den Energie- und Klimafonds. – Natürlich können Sie klagen.
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Natürlich können Sie nach Karlsruhe gehen. Wir sind überzeugt: Die Klage wird nicht erfolgreich sein.
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Aber was haben Sie eigentlich gewonnen, wenn die Klage erfolgreich ist?
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Dann fehlen in diesem Land 60 Milliarden Euro, die für die Energieunabhängigkeit benötigt werden.
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die dafür benötigt werden, unabhängig von Russland zu werden, die für Energieeffizienz benötigt werden. Ist das eigentlich die Botschaft, die Sie in dieses Land aussenden wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen?
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Ist das eigentlich die Botschaft, die Sie senden wollen? Wir wollen das nicht. Wir stellen uns unserer Verantwortung.
Ich habe in den letzten Tagen immer wieder auch diesen einen Satz von Ihnen gehört: Schulden von heute seien die Steuern von morgen. Ich will deutlich machen: Was passiert denn, wenn wir nichts machen? Die Investitionen, die wir heute tätigen, sind vielmehr die Steuereinnahmen von morgen.
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Dafür müssen wir heute kluge Politik machen. Darum geht es, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich weiß, dass Haushälterinnen und Haushälter, wenn sie in die Verhandlungen gehen, sachlich zusammenarbeiten. Ich weiß, dass vieles, was hier gesagt wurde, nur diesem Mikrofon geschuldet ist. Ich bin mir sehr sicher, dass am Ende alle zu ihrer Verantwortung stehen, dass wir erkennen, dass wir etwas für die Bundeswehr tun müssen, und es am Ende auch tun. Ich glaube und ich bin sicher, dass alle ihre Verantwortung erkennen, dass wir etwas machen müssen, um energieunabhängig zu werden, und dass sie am Ende auch alle ihren Beitrag dazu leisten werden. Darum geht es in den nächsten Wochen. Wir müssen den Menschen in diesem Land Sicherheit in dieser Zeit des Wandels geben. Darum geht es, dafür setzen wir uns ein, und dafür bitte ich Sie alle um Ihre Mitarbeit.
Vielen Dank.
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Ich schließe die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ukrainekrise hat viele dramatische Folgen. Sie hat gefährliche Folgen für die Gasversorgung unserer Industrie, aber auch für das Wohnen, für die Frage: Haben Menschen ein warmes Dach überm Kopf?
Die vielen, vielen Geflüchteten aus der Ukraine können natürlich nicht alle in den Nachbarländern bleiben, sondern viele sind auch bei uns. Deswegen wird in diesem Gesetz auch – das ist eine Aufgabe mit hoher Dringlichkeit – für Erleichterungen beim Bau zur rechtzeitigen Fertigstellung neuer Unterkünfte gesorgt. Aber es geht natürlich auch darum, dass die Häuser, die wir längst haben, auch im nächsten Winter warm sein müssen.
Auch das ist ein ganz zentraler Bestandteil dieses Gesetzentwurfes: Wie sorgen wir dafür, dass die Gasspeicher zum nächsten Winter tatsächlich gut gefüllt sind, sodass wir guten Mutes in den Winter gehen können? Denn schon letztes Jahr haben wir gesehen, dass die Speicher, die von Gazprom-Töchtern betrieben worden sind, erstaunlich leer in den Winter gegangen sind. Russland nutzt unsere Abhängigkeit von fossilen Energien, um Druck, um massiven Druck auf uns auszuüben, und das wollen wir beenden.
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Ich glaube, wir wissen gar nicht mehr, was für ein Schatz unsere sichere Energieversorgung ist, und ich frage mich, ob wir es am Ende des übernächsten Winters immer noch nicht wissen. Mein Eindruck ist, dass der Ernst der Lage noch nicht überall erkannt ist. Auch deshalb ist dieses Gesetz so wichtig und so dringend. Es ist ein Baustein in einem großen Puzzle, das wir legen und zusammensetzen müssen, um von den fossilen Energien unabhängig zu werden und um Energiesicherheit wiederherzustellen.
Kurzfristig geht es aber eben auch darum, die Energie für den nächsten Winter bereitzustellen. Deshalb dieses Gesetz, das dafür sorgt, dass diejenigen, die die Gasspeicher nutzen, sie tatsächlich auch befüllen müssen und sie nicht strategisch gegen uns verwenden dürfen. Wir versuchen dabei, soweit es geht, auf marktliche Instrumente zurückzugreifen. Wir sagen aber: Da, wo sie nicht mehr funktionieren, greifen wir regulierend ein, weil die Sicherheit der Versorgung mit Gas im Winter das höhere Gut ist.
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Ich gehe auf ein paar weitere Änderungen ein, die wir im parlamentarischen Verfahren jetzt noch eingebracht haben.
Wichtig ist uns, dass, wenn tatsächlich der Marktgebietsverantwortliche auf Kosten der Gaskunden selbst Kapazitäten buchen muss, um die Speicher für den kommenden Winter zu befüllen, klargestellt ist, zu welchen Kosten er dies tut, nämlich zu den durchschnittlich kostengünstigsten Entgelten der letzten drei Jahre. Das bedeutet: Die Bundesnetzagentur berechnet den Durchschnitt der Auktionserlöse für jeweils ein Jahr, und das machen wir für die drei zurückliegenden Jahre. Von den so ermittelten drei Durchschnittswerten für die Einzeljahre nehmen wir das kostengünstigste Entgelt.
Wir haben aber auch noch einmal klargestellt, dass der Marktgebietsverantwortliche – das ist bei uns in Deutschland Trading Hub Europe –, der tatsächlich eine wichtige Rolle in dem Gesetz spielt, nicht derjenige ist, der entscheiden darf oder muss, sondern dass letztlich das Bundesministerium die Entscheidung trifft. Wir wollen ganz bewusst einen Entscheidungsspielraum haben. Wenn es auch im Sommer extrem hohe Gaspreise und extreme Knappheiten bei der Anlieferung von Gas geben sollte, kann das Bundesministerium die Entscheidung treffen: Na gut, dann ist es vielleicht besser, nur mit 85 Prozent Speicherstand in den Winter zu gehen. – Das ist nicht ganz so bequem, aber es ist immer noch viel bequemer als ein Embargo. Aber: Wir zahlen nicht jeden Preis, wir zahlen nicht jeden Preis für Gas an Putin.
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Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Die Lage ist ernst, und das ist natürlich nur ein Puzzlestein. Es geht darum, den Ausbau der erneuerbaren Energien auf allen Ebenen jetzt in den richtigen Turbo zu bringen. Es geht darum, Energieeffizienz voranzubringen, gerade bei den schlechtesten Gebäuden. Es gibt ganz, ganz viel zu tun. Ich freue mich, dass wir einen Puzzlestein hier und heute in diesem Plenum legen können.
Danke.
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Das Wort hat der Kollege Andreas Jung für die CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin Dr. Nestle hat gerade festgestellt: Die Lage ist ernst. – In der vorhergehenden Debatte haben einzelne Redner infrage gestellt, ob die Opposition in dieser Woche ihrer Verantwortung gerecht wird. Gestatten Sie mir dazu zwei Bemerkungen, insbesondere weil dies das einzige Gesetz ist, über das wir in dieser Woche – neben den Debatten über den Haushalt, die in weiteren Beratungen fortgesetzt werden – debattieren.
Erstens. Dass über dieses Gesetz heute abgestimmt werden kann, liegt daran, dass wir als Opposition auf die Anhörungsrechte verzichtet und damit ein beschleunigtes Verfahren ermöglicht haben.
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Zweitens. Wir werden diesem Gesetz heute auch zustimmen. Das ist die konkrete Übersetzung dessen, was wir bei der Sondersitzung vor vier Wochen allgemein erklärt haben: Wo in dieser Krise Entscheidungen notwendig sind, dort sind wir bereit, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.
Warum ist das bei diesem Gesetz notwendig? Weil wir zu Beginn dieses Winters festgestellt haben, dass die Annahme, dass der Markt es richten würde, nicht zugetroffen hat,
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weil wir zu Beginn dieses Winters historisch niedrige Füllstände hatten. Über die Gründe kann man diskutieren, und sie mögen zu einem Teil marktgetrieben sein, weil wir im Sommer sehr hohe Preise hatten und nicht wie sonst eher niedrige Preise. Da mag es sein, dass der ein oder andere das, was regulär gemacht wird, nämlich dass man im Sommer zu niedrigen Preisen einkauft, um zu höheren im Winter zu verkaufen, nicht gemacht hat. Das mag ein kleiner Teil der Erklärung sein.
Der maßgebliche Teil der Erklärung ist aber der, den Ingrid Nestle angesprochen hat: 20 Prozent unserer Gasspeicher in Deutschland stehen unter dem Einfluss von Gazprom, und dort hatten wir im Unterschied zu anderen die historisch niedrigen Füllstände. Deshalb gilt es, jetzt Konsequenzen zu ziehen.
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Die Konsequenzen müssen über dieses Gesetz hinausgehen. Ingrid Nestle hat gesagt: Es ist ein Puzzlestein. – Es müssen weitere Konsequenzen gezogen werden, die zu tun haben mit der Frage: Wie schaffen wir es, zusätzliche Kapazitäten an Gas zu bekommen? Nur dann können ja die Verpflichtungen, über die wir heute sprechen, erfüllt werden.
Wir brauchen eine größere Sensibilität für unseren Umgang mit kritischer Infrastruktur bei der Frage: Wie sind die Eigentumsverhältnisse? Wie erfolgen die Transaktionen bei kritischer Infrastruktur? An dieser Erkenntnis kommt man nicht vorbei. Wenn man sich beispielsweise den größten deutschen Gasspeicher in Rehden anschaut, der in den Jahren 2012 bis 2015 veräußert wurde: Dieser hat aktuell einen Füllstand von 1 Prozent. Wir müssen diese Diskussion weiterführen, und wir werden diese Diskussion weiterführen.
Wir halten den Weg, der jetzt beschritten wird, im Grundsatz für richtig: dass Füllstände zu bestimmten Zeiten vorgegeben werden, zum Beispiel zu Beginn des Winters im Dezember 90 Prozent. Man kann über konkrete Regelungen diskutieren, und die Diskussion muss auch weitergehen. Trotzdem ist es notwendig, dass wir jetzt entscheiden, damit die Dinge umgesetzt werden können.
Es ist richtig, dass die Verantwortung bei den Marktgebietsverantwortlichen festgemacht wird; das unterstützen wir ausdrücklich. Man kann darüber diskutieren, ob die Frage der Kostenverteilung so gelöst werden sollte, wie es jetzt gemacht wird, nämlich mit einer Umlage, oder ob ein anderer Weg gesucht werden sollte. Diese Frage haben wir diskutiert; sie haben auch die Fraktionen der Ampel diskutiert. Diese Diskussion wird sicherlich weitergehen.
Genauso kann man über die Frage diskutieren, wie weit ein Markteingriff gehen sollte, ob es notwendig ist, dass Verträge, wenn es zu einem Eingriff kommt, quasi völlig untergehen oder ob sie lediglich überbrochen werden. Das sind Fragen, die schwierig zu beantworten sind. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass in das Gesetz eine verpflichtende Evaluierung im nächsten Jahr aufgenommen wurde, damit man im Lichte der Erkenntnisse der nächsten Monate hier möglicherweise Konsequenzen ziehen kann. Auch dass dieses Gesetz befristet wurde, hat uns unsere Zustimmung erleichtert.
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Ich komme zum Ende. Ich will noch einmal betonen: Unterm Strich können wir das so mittragen. Wir sind sicher, dass die Diskussion weitergehen wird. Die Union wird diesem Gesetz zustimmen.
Vielen Dank.
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Das Wort hat der Kollege Bengt Bergt für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Dieser Freitag ist ein guter Tag für die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa und für mehr Unabhängigkeit von dem verbrecherischen Regime in Russland, meine Damen und Herren.
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Aber seien wir ehrlich: Unsere Abhängigkeit heute basiert auf den Fehlern der Vergangenheit. Im Jahr 2015 – das wurde gerade schon gesagt – hat sich der russische Gaskonzern Gazprom ganz legal den größten deutschen Erdgasspeicher in Rehden einverleibt. Über eine Tochtergesellschaft kontrolliert Russland seitdem de facto ein Fünftel der deutschen Gasspeicherkapazitäten mit dem Volumen des halben Bodensees; das muss man sich mal verdeutlichen. Die Einschätzung damals lautete: Kein Problem, die deutsche Versorgungssicherheit ist nicht gefährdet. – Doch spätestens Putins verbrecherischer Angriffskrieg hat uns knallhart vor Augen geführt, dass wir uns gewaltig getäuscht haben, und das, obwohl uns viele gewarnt hatten. Gazprom betreibt das politische Geschäft des Kreml und lässt den Rehdener Speicher praktisch leer. Von dem halben Bodensee war also nur noch ein kleiner Ententeich übrig.
Heute aber gibt die deutsche Demokratie darauf eine starke Antwort. Wo der Markt nicht mehr funktioniert, schaffen wir verbindliche Regeln, meine Damen und Herren.
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Wir werden uns genau ansehen, wer Speicherbetreiber und wer Gaslieferant ist. Beides darf nicht in einer Hand liegen. Wir werden uns im Einklang mit den neuen EU-Richtlinien zum Thema genau anschauen, welche Firmen auf den europäischen Märkten unterwegs sind. Diese Aufgabe werden wir nicht nur in Deutschland, sondern gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten der EU lösen.
Der Kern dieses Gesetzes sind die verpflichtenden Mindestfüllstände: 80 Prozent zum 1. Oktober, 90 Prozent zum 1. November und 40 Prozent zum 1. Februar. So stellen wir sicher, dass die Nachfragespitzen in den Wintermonaten ausgeglichen werden. Und das ist ein wichtiges Zeichen an die deutsche und europäische Bevölkerung: Unsere Gasspeicher werden immer so voll sein, dass unsere Energieversorgung zu jeder Zeit gewährleistet ist. In den Wohnzimmern dieser Republik soll es nicht im Winter kalt werden, und die Maschinen müssen weiterlaufen können in Deutschland.
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Es ist aber auch ein wichtiges Zeichen nach Moskau. Die deutsche Demokratie ist stark und erweist sich gerade in Krisenzeiten als handlungsfähig, schnell und flexibel, meine Damen und Herren.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir brauchen möglichst schnell Alternativen zum russischen Gas, und wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energien endlich den Turbo zünden. Das Sommerpaket wird uns dafür den Weg ebnen.
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Die Mindestfüllstände beim Gas erreichen wir mit dem Prinzip „So viel Markt wie möglich und so viel Staat wie nötig“. So müssen die Speicherbetreiber zukünftig die Einhaltung der Füllstände überwachen. Und wo die marktgesteuerte Befüllung nicht gewährleistet ist, schaffen wir neue Instrumente. Es werden strategische Optionen ausgeschrieben. So wird die Befüllung der nichtgenutzten Kapazitäten angereizt. Was die neuen Eingriffsmöglichkeiten angeht, liegt unsere Präferenz also ganz eindeutig bei den kommerziellen Methoden.
Aber die vom Wirtschaftsministerium veranlassten direkten Ankäufe von physischem Gas bleiben die Ultima Ratio. Die Balance zwischen Markt und staatlichem Eingriff ist auch der Spagat zwischen Versorgungssicherheit und möglichst großer Preisstabilität. Ich denke, da haben wir einen ziemlich guten Kompromiss gefunden, und wir werden diese Entwicklung weiter im Auge behalten. Genau darum haben wir eine zweistufige Evaluation im Gesetz verankert und das Gesetz befristet.
Um diese und um die anderen Details haben wir sehr stark gerungen, mit den Verbänden, mit dem BMWK, innerhalb der Fraktion und natürlich auch innerhalb der Ampel. Ich möchte mich ganz ausdrücklich dafür bedanken, dass wir hier zu einem guten Kompromiss gekommen sind.
Wichtig ist, dass dies ein wichtiges Zeichen an die deutsche und europäische Bevölkerung ist: Unsere Gasspeicher werden immer so voll sein, und die Demokratie in diesem Land ist stark. Wir stehen zusammen, um die Stabilität der Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa sicherzustellen.
Vielen Dank.
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Das Wort hat der Abgeordnete Steffen Kotré für die AfD-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim letzten Mal in unserer Diskussion wurde ich aufgefordert, etwas zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russen gegen die Ukraine zu sagen. Er bringt viel Leid, und dieses Leid hat die russische Regierung auf dem Gewissen, und dieser Krieg muss sofort beendet werden.
Aber das ist die eine Sache. Die andere Sache ist: Wenn wir darüber reden, müssen wir immer auch die Mitschuld des Westens betrachten. Der Westen – namentlich die USA – hat nichts dafür getan, diese Situation zu entschärfen. Im Gegenteil: Er hat sogar noch provoziert. Und wir müssten auch dazusagen, dass es Denkfabriken in den USA gibt, die sich Gedanken machen, wie Russland destabilisiert werden kann, und die sich Gedanken machen, wie gerade die Ukraine als Aufmarschgebiet dieser politischen Destabilisierung genutzt werden kann.
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Und wenn wir darüber reden, dann müssen wir eben auch über die Biowaffenlabore in der Ukraine reden, die gegen Russland gerichtet sind, und viele, viele andere Dinge.
(Bengt Bergt [SPD]: Es reicht aber jetzt! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Aber die Zeit reicht an dieser Stelle leider nicht aus.
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Kommen wir zum Gesetzentwurf und zu unserem Entschließungsantrag. Wir verstehen nicht, dass da nicht eine flexible Lösung gefunden worden ist. Uns interessiert auch nicht, wie hoch die Füllstände der Gasspeicher sind. Uns interessiert doch: Wie lang ist die Reichweite? Wir müssen doch wissen, wie viele Tage wir noch haben, wenn uns dann der Gashahn zugedreht wird. Deswegen schlagen wir als Lösung ebendiese 45‑Tage-Regel vor. Dann müssen die Versorger selber sehen, wie hoch der Füllstand ist. Das ist doch logisch; das ist doch dem Risiko angemessen. Erst 45 Tage; das soll dann natürlich im Weiteren auf 90 Tage gesteigert werden. So haben wir dann auch die entsprechende Versorgungssicherheit, meine Damen und Herren.
Aber die Versorgungssicherheit wird ja großflächig abgebaut. Jetzt hat sogar ein Gericht entschieden, dass der Braunkohletagebau Jänschwalde nicht weitergeht. Das Gericht hat sich leider zu einer Entscheidung, ja, hinreißen lassen, uns die Energieversorgung weiter abzuschnüren.
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Wir haben eigentlich gerade festgestellt, dass wir mehr Kohle brauchen.
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Wir haben gerade festgestellt, dass wir Kernenergie brauchen. Aber auch das wird von der Regierung torpediert. Wir haben gesehen, wie sie das macht. Sie macht das aus ideologischen Gründen mit Berichten, die gar keine sind, die über die richtigen Anmerkungen der Fachexperten hinweggehen, nur um nicht die sichere und zuverlässige Kernenergie hier bei uns zu halten oder wieder mit einzuführen. Aber das ist ja leider die Politik der Altparteien. Da können wir leider an dieser Stelle nichts machen. Das wird sich vermutlich so fortsetzen. Aber das müssen Sie Ihren Wählern dann erklären.
Zum Prozedere. Jetzt hat man also hier schnell noch einen artfremden Artikel angehangen an diesen Gesetzentwurf, der mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf gar nichts zu tun hat, mit der Gasversorgung. Das ist natürlich bezeichnend. Man möchte da vielleicht die erste Lesung umgehen. Aber das ist kein guter Stil.
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Das wirft auch kein gutes Licht auf die Koalition, die hier einfach der Opposition die Möglichkeit nimmt, ein bisschen länger zu diskutieren. Nein, wir haben jetzt zwei, drei Tage Zeit gehabt. Leider ist das ein schlechter Stil; aber den müssen, wie gesagt, Sie verantworten, meine Damen und Herren.
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Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Konrad Stockmeier.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ampel beweist mit diesem Gesetz zu Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen Handlungsfähigkeit. Es ist in diesen Zeiten ein gutes Signal, das aus dem Bundestag hinaus an die Bürgerinnen und Bürger gesandt wird, dass dieses Gesetz mit einer sehr breiten Mehrheit des Hauses verabschiedet wird. In diesem Sinne darf ich vonseiten der Freien Demokraten der CDU/CSU-Fraktion und auch der Fraktion der Linken für die Zusammenarbeit an dieser Stelle explizit danken.
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Denn es geht um Daseinsvorsorge für uns alle. Wer da mal wieder nicht mitmacht, spricht für sich. Mehr will ich dazu auch gar nicht sagen.
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Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen, und daraus folgt auch, diese Maßnahmen zeitlich zu begrenzen. Das gilt nicht nur für die Maßnahmen, mit denen die Ampelkoalition in dieser Woche abermals schnell auf steigende Energiepreise reagiert hat, es gilt auch für dieses Gesetz. Daher haben wir als FDP-Bundestagsfraktion besonderen Wert darauf gelegt, dass in diesem Gesetz ein Monitoring der Maßnahmen verankert wird und dass seine Gültigkeit zeitlich begrenzt ist. Denn damit, meine Damen und Herren, stellen wir sicher, dass der Bundestag als demokratisch legitimierter Gesetzgeber die Entwicklung am Gasmarkt sorgfältig verfolgen muss und dass er zum richtigen Zeitpunkt sinnvolle Anschlussregelungen treffen muss.
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In den letzten Tagen war zu lesen, dass die deutschen Aktivitäten, in der Gasversorgung von Russland unabhängig zu werden, in Brüssel verhalten aufgenommen werden. Es gibt Überlegungen, solche Aktivitäten – auch zu den Gasspeicherfragen – auf EU‑Ebene zu bündeln, um einen Überbietungswettbewerb der Mitgliedstaaten bei der Suche nach nichtrussischen Lieferanten zu verhindern.
Dazu möchte ich nicht nur als Energie-, sondern auch als überzeugter Europapolitiker Folgendes anmerken: Wir begrüßen den Deal, der sich zwischen der EU und den USA abzeichnet. Wegen der technischen Umsetzung der Speicheranforderungen ist jetzt aber Eile geboten. Deswegen können wir heute und hier nicht auf eine Entscheidung dazu auf EU‑Ebene warten. Aber das steht für uns einer engen Abstimmung in dieser Frage mit unseren Partnern in der EU keineswegs im Wege; denn wir Freien Demokraten setzen uns dezidiert dafür ein, dass die gemeinsame energiepolitische Schlagkraft der EU in Reaktion auf den verbrecherischen Angriff auf die Ukraine auch wirklich erhöht wird. Denn sosehr Putins Angriff auf die Ukraine ein Angriff auf das freiheitliche westliche Gesellschaftsmodell ist, so sehr stehen wir mit unseren Partnern zusammen, um es zu verteidigen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich in diesen bedrückenden Tagen mit einer hoffnungsstiftenden Nachricht aus der letzten Woche enden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der europäische Verband für die Zusammenarbeit der Übertragungsnetzbetreiber für Strom hat die Ukraine an das europäische Stromnetz angeschlossen.
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Es ist gelungen, diese technische Herausforderung in kürzester Zeit zu meistern. Meine Damen und Herren, es ist doch so unendlich viel mehr als eine Infrastrukturmaßnahme. Es ist eine von vielen Taten, mit denen die Heldinnen und Helden in der Ukraine, unsere Partner in der ganzen Welt und wir Frieden und Freiheit in Europa verteidigen.
Herzlichen Dank.
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Das Wort hat der Kollege Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist erpressbar, weil die Bundesregierung mit Union, SPD, FDP und Grünen jahrzehntelang Regulierung abbauten und staatliches Eigentum privatisierten.
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Deutschland ist erpressbar von Großkonzernen und Großbanken, die Spekulationsgewinne einfahren und sich in der Finanzkrise mit Steuergeldern retten lassen, erpressbar von Konzernen wie RWE, aber auch Gazprom. Es ist Zeit, diese Erpressbarkeit endlich zu beenden: mit weniger Markt und mehr Staat.
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Wenn der Staat bei privaten Firmen mit Geld einspringt, muss im Gegenzug sichergestellt sein, dass er an den Gewinnen und an den Anteilen beteiligt wird.
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Wegen des unregulierten Gasmarktes muss Deutschland im Winter zittern, ob das Gas zum Heizen und für die Industrie reicht.
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Ja, Putins aggressiver, verbrecherischer Angriff zerstört Menschenleben und ukrainische Städte. Wir verurteilen diesen Angriff aufs Schärfste.
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Russland muss diesen Angriff sofort beenden.
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Aber Putin zerstört eben auch das Vertrauen in die Zuverlässigkeit russischer Energielieferungen. Deshalb ist es unerlässlich, sicherzustellen, dass genügend Gas rechtzeitig in die Gasspeicher eingespeichert wird. Daher wird Die Linke diesen Gesetzentwurf zu Mindestfüllständen bei Gasspeichern unterstützen.
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Kolleginnen und Kollegen, auf einem Markt ohne Regeln hat der Staat keine Möglichkeiten, Wucherpreise von Spekulanten zu verhindern. Ja, die gestrigen Vorschläge der Koalition verringern die Energiearmut etwas. Aber die Konzerne kassieren weiter ab, und das ist unerträglich.
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Die Linke will die Abzocke bei Energiepreisen beenden. Wir fordern staatliche Preiskontrollen. Wir fordern Festpreise nach Herstellkosten und ein Einkassieren der Spekulationsgewinne.
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Vielen Dank.
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Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Bernhard Daldrup das Wort.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man als letzter Redner am letzten Plenartag der Woche zum letzten Tagesordnungspunkt reden muss, dann sollte man sich, glaube ich,
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etwas sputen. Das mache ich auch.
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Deswegen sage ich auch nichts mehr zu den Gasspeicheranlagen – dazu hat mein Kollege Bengt Bergt schon einiges gesagt –, sondern ich will etwas zur Änderung des Baugesetzbuches sagen. Beides hat zwar nicht unbedingt fachlich etwas miteinander zu tun, aber beides hat eine gemeinsame Ursache, nämlich den Krieg in der Ukraine.
In vielen Beiträgen in der Haushaltswoche sind die Leistungen der Kommunen, auch der vielen ehrenamtlich Engagierten hervorgehoben worden; es ist ihnen für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen gedankt worden. Aber jetzt stellt sich die Frage: Wie können wir neben Dank und Anerkennung auch tatsächlich Unterstützung leisten? Zu dem, was der Bund tatsächlich tun kann, gehört Hilfestellung beim Bau, aber auch bei den Genehmigungsverfahren. Das machen wir an dieser Stelle. Sehr viel haben die großen Städte zunächst einmal geregelt; aber das Thema ist im Grunde genommen in allen Kommunen relevant. Deswegen will ich mich auch bei allen Kommunen an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Baugesetzbuches behandelt den § 246, also die Sonderregelungen für die Genehmigung von Flüchtlingsunterkünften, um mit hohem Tempo für eine begrenzte Zeit Genehmigungen zu erteilen. Das ist fachlich eigentlich unumstritten. Es war eine Initiative des Bundesrates.
Mit Absatz 14 setzen wir eine Regelung wieder in Kraft, die eigentlich bis 2019 schon ausgelaufen war und auch jetzt wieder zeitlich befristet wird. Im Kern geht es darum, dass die höheren Verwaltungsbehörden – in den meisten Ländern sind das die Regierungspräsidien – in die Lage versetzt werden, entsprechende Voraussetzungen für den schnellen Bau von Unterkünften zu ermöglichen.
Ich sage deutlich dazu – auch als kommunalpolitischer Sprecher meiner Fraktion –: Es geht nicht darum, die kommunale Selbstverwaltung auszuhöhlen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Das wissen auch die kommunalen Spitzenverbände; deswegen bedanken sie sich auch dafür, dass wir das machen bzw. tragen es uneingeschränkt mit. Aber um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum, möglichst viele Unterkünfte in Gewerbegebieten, im Außenbereich oder sonst wo unterzubringen, sondern ganz im Gegenteil: Am besten erfolgt die Aufnahme an integrierten Stätten, in den Innenstädten, und nicht am Stadtrand oder gar in Gewerbegebieten. Aber wo es passt, kann eine dauerhafte Lösung dann auch nur durch nachholende Planung erreicht werden. Ich will das hier nicht noch mal im Detail darstellen.
Ich will aber noch einen Punkt zum Thema Unterkunft ansprechen, der über die baurechtliche Frage hinausgeht. Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch seitens des Bundes schnelle Hilfen. Beispielsweise hilft bei der Unterbringung die BImA, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die gegenwärtig 60 000 Plätze vorhält, von denen 30 000 zum jetzigen Zeitpunkt noch frei sind. Das ist eine gute Sache. Ich will auch darauf hinweisen und erwähnen, dass die KfW ihr Sofortprogramm für Förderkredite zu Negativzinsen von 250 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro erweitert hat; auch das ist eine wichtige Hilfe. Ich habe auch den dringenden Appell, dass es, wenn das nächste Treffen der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler am 7. April 2022 stattfindet, zu konkreten auch finanziellen Zusagen kommt. Das ist auch wichtig.
Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht es uns, die Änderung des Baugesetzbuches mit einzubringen. Dafür herzlichen Dank. Ich hoffe, dass er Ihre Unterstützung findet.
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