Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Durch interfraktionelle Vereinbarung ist die heutige Tagesordnung um die folgenden Punkte erweitert worden: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs ({0}) - Drucksache 1460 -, Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen, Drucksache 1602; sodann: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({1}), Drucksachen 1601, 1427; sodann: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Entschließungen der 43. Konferenz der Interparlamentarischen Union, Drucksachen 1613, 926. Ich schlage Ihnen vor, diese Punkte am Ende der heutigen Tagesordnung zu behandeln.
Durch interfraktionelle Vereinbarung abgesetzt sind Punkt 9: zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Amtszeit von Richtern und des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, und Punkt 11: erste Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg, Dr. Krone und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Gesetz über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren ({3}) ({4}).
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Senator Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Fischgesetz hat die gesetzgebenden Körperschaften in zwei Legislaturperioden nahezu drei Jahre lang beschäftigt und war auf der Tagesordnung von nicht weniger als drei Sitzungen des Vermittlungsausschusses. Wenn ich als Berichterstatter Ihnen heute empfehle, den Ihnen vorliegenden Vermittlungsvorschlag anzunehmen, so geschieht das in der Hoffnung, daß ich damit die letzte Phase für das Zustandekommen dieses Gesetzes einleite. Der Vermittlungsvorschlag erscheint angesichts des verhältnismäßig kurzen Gesetzes auf den ersten Blick recht umfangreich. Er berücksichtigt zum großen Teil diejenigen Anregungen, die für den Bundesrat Anlaß waren, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Keiner der Änderungsvorschläge ist jedoch derart, daß durch ihn die sorgfältig abgewogene Grundkonzeption des Gesetzes betroffen würde.
Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen zunächst eine Neufassung des § 2 Abs. 2 des Gesetzes vor. Diese Bestimmung sah in der von diesem Hohen Hause verabschiedeten Fassung vor, daß die Unternehmer der Fischerei mit ihren Abnehmern langfristige Vereinbarungen über die Lieferung und Abnahme des Fangergebnisses jeweils einer Fangperiode abschließen sollten. Der Bundesrat hatte die Streichung dieser Vorschrift erstrebt, weil er besorgt war, daß derartige Absprachen mittelbar zu einer kartellmäßigen Preisbeeinflussung ohne ausreichende Kontrollmöglichkeiten führen würden. Der Vermittlungsausschuß hat gemeint, den Besorgnissen des Bundesrates dadurch hinreichend i Rechnung zu tragen, daß er die bisherige Soll-Vorschrift in eine Kann-Vorschrift umwandelt und gleichzeitig dem Absatz einen neuen Satz hinzufügt, in dem gesagt wird, daß Rechtsvorschriften gegen Wettbewerbsbeschränkungen unberührt bleiben.
Weiter schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor, den § 2 durch einen neuen, dritten Absatz zu ergänzen, der die Pflicht für die Hochsee- und Heringsfischerei konstituiert, beabsichtigte Anlandungen, die veräußert werden sollen, rechtzeitig in den Anlandungshäfen zu melden. In beschränktem Umfange ergab sich eine derartige Pflicht schon mittelbar aus dem § 13 Abs. 1 Ziffer 4 der bisherigen Fassung des Gesetzes. Die vorgeschlagene Erweiterung der Pflicht erscheint dem Vermittlungsausschuß schon im Interesse der Vollständigkeit der Marktübersicht notwendig.
Verschiedene Änderungswünsche betreffen den im Fischgesetz vorgesehenen Beirat für Stützungsmaßnahmen und bezwecken zusammengenommen, die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums zu sichern. Einmal soll die Zahl der Mitglieder auf 17 beschränkt werden, während es bisher 22 waren. Zum anderen soll der Unterschied zwischen den Mitgliedern mit beschließender und beratender Stimme beseitigt werden. Alle Mitglieder des Beirates werden damit gleichgestellt.
Der Vorschlag zu § 6 Abs. 5 ist sachlich bedeutsam. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Verwendung der Beiträge, die zur Förderung des Fischabsatzes erhoben werden. Diese Bestimmungen sollten im Benehmen mit den
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Küstenländern getroffen werden. Da aber die Verwendung der Gelder alle Länder berührt, schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor, zu bestimmen, auch die übrigen Länder zu beteiligen.
Zu der bisherigen Fassung des § 9 macht Ihnen der Vermittlungsausschuß zwei Änderungsvorschläge. Der erste Vorschlag, das Wort „Fischwirtschaft" durch das Wort „Fischerei" zu ersetzen, hat nur klarstellende Bedeutung. Der zweite Vorschlag ist sachlich gewichtiger. Die bisherige Fassung dieser Vorschrift gibt dem Bundesernährungsminister die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen über die Qualitätsüberwachung. Diese Fassung kann zu Schwierigkeiten führen, weil der Entwurf keine materiellen Normen über die Qualität von Fischen und Fischwaren enthält. Es bedarf daher einer besonderen Vorschrift, die besondere Güteanforderungen ermöglicht. Deswegen schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor, die Worte „über die Qualitätsüberwachung" durch den neuen Halbsatz „über die Mindestanforderungen an die Güte von Fischen und Fischwaren, die für den menschlichen Genuß in den Verkehr gebracht werden," zu ersetzen.
Die weiteren Änderungsvorschläge, meine Damen und Herren, die in der Drucksache unter den Ziffern 5 bis 8 aufgeführt sind, betreffen lediglich die sogenannten Allgemeinen Bestimmungen des Gesetzentwurfs und damit die Vorschriften über die technische Ausführung des Gesetzes und die Sanktionen. Insoweit mag es genügen, wenn ich mich auf die Ihnen vorliegende Drucksache beziehe.
Gemäß § 10 Abs. 3 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuß schließlich beschlossen, daß in beiden Häusern über die Änderungsvorschläge gemeinsam abgestimmt werden soll.
Ich bitte Sie dementsprechend, den gesamten Vermittlungsvorschlag anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Gemäß dem Antrag des Vermittlungsausschusses ist über den Bericht auf Drucksache 1578 gemeinsam abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen zwei Stimmen angenommen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts ({1}) ({2}).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Seidl ({3}).
Seidl ({4}) ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat am 14. Juni 1955 das Gesetz über die Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts - Erstes Bundesmietengesetz - beschlossen. Der Bundesrat hat am 24. Juni 1955 den Beschluß gefaßt, den Vermittlungsausschuß mit dem Ziel anzurufen, in acht Punkten eine Änderung des Gesetzes zu erreichen. Von diesen acht Anrufungspunkten waren vier von größerer Bedeutung, während die anderen vier Änderungsvorschläge lediglich redaktionelle Änderungen - in der Hauptsache Anpassungen an die vorhergehend vorgeschlagenen Änderungen - bezweckten.
Das Verlangen des Bundesrats betraf im wesentlichen die Streichung der §§ 3, 8 und 9 sowie eine Änderung der §§ 15 und 17 und eine Änderung der in § 45 enthaltenen Berlin-Klausel.
Zunächst zu § 3. In ihm wurde nach der Fassung des Bundestages die Möglichkeit gegeben, für preisgebundenen Wohnraum, also solchen, der bis 31. Dezember 1949 bezugsfertig war, eine höhere Miete als die preisrechtlich zulässige zu vereinbaren, um damit die Grundsätze der Vertragsfreiheit für das Mietrecht in wenn auch sehr beschränktem Umfange wiederherzustellen. Soweit diese frei vereinbarte Erhöhung 10 % der preisrechtlich zulässigen Miete nicht übersteigt, sollte sie für die Dauer dieses Mietverhältnisses als genehmigt gelten. Das war die sogenannte Bagatellklausel. Darüber hinaus waren aber einer Erhöhung schon nach dieser Fassung Grenzen gesetzt. Der Mieter konnte auch bei einer frei vereinbarten Miete gegen Mieten, die über 10 % bis zu 33 1/3 % erhöht wurden, die Unwirksamkeit innerhalb eines Jahres geltend machen, was dann auch nach § 30 die Rückforderung des Mehrbetrages zur Folge gehabt hätte. Er konnte weiter gegen Vereinbarungen einer Erhöhung über 33 1/3 % hinaus die Unwirksamkeit ohne Frist geltend machen, - die sogenannte Wucherklausel. Zum Schluß war in Abs. 6 dieses Paragraphen die Unabdingbarkeit bei Geltendmachung der Unwirksamkeit vorgesehen.
Zu § 3 hatte der Bundesrat bereits beim ersten Durchgang erhebliche Bedenken angemeldet und sie mit rechtspolitischen, wohnungs- und preispolitischen Erwägungen begründet. Auch durch die Neufassung sah er sie nicht im wesentlichen beseitigt, und er glaubte, auch in diesen verschiedenen Klauseln einen genügenden Schutz nicht sehen zu können. Besondere Bedenken äußerte der Bundesrat vor allem auch wegen der Rückwirkung dieser Bestimmung für den Fall der Geltendmachung der Unwirksamkeit.
Der Vermittlungsausschuß kam nach eingehender Aussprache zu der Ansicht, daß an dem Grundsatz, wenigstens mit einem kleinen Schritt die Vertragsfreiheit durch Schaffung der Möglichkeit freier Mietpreisvereinbarungen wiederherzustellen, festgehalten werden sollte, um so mehr, als auf Grund des § 13 des Gesetzes eine höhere Miete als die Richtsatzmiete plus örtlich zugelassene Zuschläge nicht zulässig sei. Dazu erblicken der Bundestag und die Bundesregierung gerade in dieser Bestimmung ein Kernproblem der ganzen Vorlage. Um den Bedenken des Bundesrates in noch größerem Umfange Rechnung zu tragen, wurde vorgeschlagen, den Paragraphen neu so zu fassen, wie er Ihnen in der Drucksache 1579 vorliegt. Dabei wurde zunächst die sogenannte Bagatellklausel fallen gelassen, und damit wurden auch die Bedenken einiger Länder ausgeräumt, daß die Klausel auch gegen eine öffentliche Stelle angewendet werden könne, die für die Mietzahlung aufkommen muß. Der Mieter oder auch eine öffentliche Stelle kann also nunmehr innerhalb von Jahresfrist j e d e Vereinbarung über eine Mieterhöhung bis zu 33 1/3 % anfechten. Eine Erhöhung über 33 1/3 % hinaus ist unwirksam, braucht also nicht einmal mehr angefochten zu werden.
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Weiter wurde den Bedenken des Bundesrates gegen die Rückwirkung dadurch Rechnung getragen, daß nunmehr erst vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monates an die fiktive Genehmigung entfällt und an Stelle der bisherigen Miete die preisrechtlich zulässige, mindestens aber die Kostenvergleichsmiete zu zahlen ist. Damit dürfte auch den Bedenken des Bundesrates Rechnung getragen sein, daß ein finanzkräftigerer Mieter arglistig durch ein höheres Angebot einen schwächeren bei der Bewerbung ausschließt, obwohl er schon vorhat, sich später auf die Unwirksamkeit zu berufen.
Der Vermittlungsausschuß kam aus diesen Gründen zu der Überzeugung, Ihnen mit der Neuf as-sung dieses § 3 einen brauchbaren Vermittlungsvorschlag gemacht zu haben.
Die §§ 8 und 9 behandeln die sogenannte Kostenvergleichsmiete. Mit diesen Bestimmungen wird angestrebt, daß der Vermieter wenigstens die zu seiner Kostendeckung erforderliche Miete erhalten soll. Wenn sich also nach Durchführung aller zulässigen Mieterhöhungen ein Mietpreis ergibt, der die Betriebs-, Instandhaltungs-, Verwaltungskosten sowie das Mietausfallwagnis nicht deckt, so kann eine sogenannte Kostenvergleichsmiete errechnet werden. Hierbei werden entsprechend dem § 9 die Kosten des Jahres 1936 denen im Jahre 1955 gegenübergestellt. Auch hier war eine Bagatellklausel eingebaut, d. h. eine Kostenvergleichsmiete sollte dann nicht durch Anrufung der Preisbehörde durchgesetzt werden können, wenn sie nicht mehr als 2 % über der zulässigen Miete lag. Diese Bestimmungen für die Kostenvergleichsmiete haben vor allem Bedeutung für den einfachen Zwischenkriegswohnungsbau, also für den in den Jahren 1924 bis 1938 und hier insbesondere in den Jahren 1927 bis 1929 gebauten Wohnraum, bei dem wegen der besonders hohen Baukosten mit einer nochmaligen 10%igen Pauschal-Erhöhung die Kosten nicht gedeckt sind.
Da diese Tatsachen von allen Seiten anerkannt wurden und deshalb schon früher der Vorschlag gemacht worden war, die Miete für diesen Wohnraum allgemein pauschal um 15 % zu erhöhen - ein Vorschlag, der aber vom Bundesrat wie vom Bundestag abgelehnt worden war -, glaubte der Vermittlungsausschuß, an der Bestimmung festhalten zu sollen.
Um aber dem Hauptbedenken des Bundesrates, nämlich daß dadurch eine Mehrbelastung der Preisbehörden und Verwaltungsbehörden eintreten würde, noch mehr Rechnung zu tragen, kam man zu dem sehr entscheidenden Entschluß, die Bagatellgrenze von 2 auf 5 % heraufzusetzen. Innerhalb dieser Grenze ist also wohl eine freiwillige Vereinbarung der Kostenmiete möglich, nicht aber eine Durchsetzbarkeit bei der Preisbehörde. Der Vermittlungsausschuß ging dabei von folgenden Erwägungen aus. Die Kostenvergleichsmiete muß der Vermieter, der sie geltend macht, mit exakten Zahlen belegen, die kaum von einer Seite bestritten werden können. Dadurch werden wohl schon viele Fälle durch eine freiwillige Vereinbarung, die nach dem erhalten gebliebenen § 3 nunmehr möglich ist, erledigt. Die Kostenvergleichsmiete ist aber auch für die Preisbehörde wesentlich leichter zu errechnen, als dies bisher nach der Verordnung PR 71/51 der Fall ist. Zudem werden die Preisbehörden gerade durch die Heraufsetzung der Bagatellgrenze nunmehr in einem verhältnismäßig geringen Maße in Anspruch genommen werden. Im Falle der Streichung dieser Bestimmung hätte man dagegen befürchten müssen, daß gerade von den Eigentümern solchen Wohnraums derartige Anträge gestellt worden wären, die dann die Preisbehörden noch mehr beschäftigt hätten. Auf Grund dieser Überlegungen glaubt der Vermittlungsausschuß, Ihnen auch mit dieser Änderung des § 8 einen annehmbaren Vermittlungsvorschlag gemacht zu haben.
§ 14 bringt lediglich die Neufassung entsprechend der bisherigen Änderung.
Die §§ 15 und 17 betreffen die Mietbeihilfen. Unbestritten waren hier einmal die Tatsache, daß Mietbeihilfen gewährt werden sollen, und zum andern der Kreis der Empfänger. Meinungsverschiedenheiten bestanden lediglich über die Höhe der benötigten Mittel und über die Aufbringung durch Bund und Länder. Zu § 15 hatte der Bundesrat beantragt, eine Begrenzung für den Zeitraum von drei Jahren einzuführen, während er zu § 17 beantragt hatte, diesen Zeitraum zu streichen.
Im Vermittlungsausschuß herrschte Einigkeit darüber, daß die Grenze in beiden Paragraphen erhalten bleiben soll. Der Rechtsanspruch auf die Gewährung von Beihilfen ist erhalten geblieben, weil die bisherige Fassung aufrechterhalten wurde, wenigstens für diesen Zeitraum. Bei den Mietbeihilfen ging man davon aus, daß die Regelung für die Kriegsfolgenhilfeempfänger im Vierten Überleitungsgesetz erfolgt sei, wogegen für die Sowjetzonenflüchtlinge nach wie vor mit dem Bund gesondert abgerechnet wird, so daß Beihilfen lediglich für den neu hinzugekommenen Personenkreis in Betracht kommen sollen, nämlich für die sogenannten Weihnachtshilfeempfänger, d. h. Personen, deren Einkommen zwischen 100 und 110 % der Fürsorgerichtsätze liegen. Da aber für die hierzu benötigten Mittel keine klaren Unterlagen, sondern auch nur Schätzungen vorlagen, Schätzungen, die, wie immer, weit auseinandergingen, glaubt der Vermittlungsausschuß, mit der Neueinfügung eines Abs. 3, der auch die Zustimmung des Bundesfinanzministers gefunden hat, einen brauchbaren Vermittlungsvorschlag gemacht zu haben. Danach erhält ein Land, das nachweist, daß die ihm nach Abs. 2 pauschal geleisteten Beträge des Bundes nicht ausreichen, um 50 % der vorgeschriebenen Mindestleistungen für den genannten Personenkreis, also die Weihnachtshilfeempfänger, aufbringen zu können, diesen Fehlbetrag vom Bund ersetzt. Damit dürften sowohl die Wünsche des Bundes als auch - durch eine im Rücken stehende Ausgleichsverpflichtung des Bundes - die Wünsche der Länder berücksichtigt und auch dieser Vorschlag annehmbar geworden sein.
Zu § 45, der sogenannten Berlin-Klausel, hatte schon der Bundestag vorgeschlagen, das Gesetz nur in bestimmten Abschnitten auf Berlin zu erstrecken; denn für Berlin sollte nur die einfache 10%ige Pauschalerhöhung möglich sein. Berlin hatte darüber hinaus noch verlangt, daß die Erstreckung nicht in diesem Gesetz, sondern erst auf Grund einer Rechtsverordnung der Bundesregierung erfolgen solle, die aber erst dann erlassen werden sollte, wenn die wirtschaftliche und soziale Lage Berlins dies zulasse und Berlin dieses Gesetz gemäß Art. 87 Abs. 2 seiner Verfassung in Kraft setze.
Dieser Vorschlag war nicht durchführbar. Er wäre durch verschiedene andere Abänderungsvor({7})
schläge, die ebenfalls von Berlin gemacht wurden, vielleicht durchführbar geworden; aber die Durchführung wäre schwierig gewesen, und es hätte Unsicherheit bestanden, weil eine Anfechtung dieser Verordnung gerade wegen der Begründung mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage Berlins möglich gewesen wäre.
Um einerseits alle diese verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Bedenken auszuschließen, andererseits aber Berlin entgegenzukommen, ist der Vermittlungsausschuß zu der Auffassung gekommen, die Fassung des Bundestages beizubehalten, jedoch in § 45 Abs. 2 Satz 1 die Frist von einem Monat, die nach dem Dritten Überleitungsgesetz für Berlin gilt, anstatt bis zum 31. März 1956 bis zum 31. Dezember 1956 zu verlängern.
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Man glaubte, nachdem jetzt nach eigenen Berichten die Lage, .wie sie 1952 im Bundesgebiet bestand, im Jahre 1954 auch in Berlin erreicht war und nachdem bereits 1952 im Bundesgebiet die erste Mieterhöhung vorgenommen wurde, nunmehr auch Berlin diese Erhöhung zumuten zu können, allerdings mit der Einschränkung des Hinausschiebens des Inkrafttretens bis Dezember 1956.
Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, über diese Änderungsvorschläge gemeinsam abstimmen zu lassen, weil er glaubt, daß diese Bestimmungen zusammen ein Ganzes bilden.
Namens des Vermittlungsausschusses darf ich Sie bitten, diesem Gesetz im ganzen, wie es nunmehr vom Vermittlungsausschuß beschlossen wurde, Ihre Zustimmung zu geben, damit dieses Gesetz, das Bundestag und Bundesrat schon seit langem beschäftigt, in Kraft treten kann.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, über den Bericht des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 1579 ist gemeinsame Abstimmung vorgeschlagen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Große Anfrage der Fraktionen der DP, GB/ BHE betreffend Ziviler Luftverkehr ({0}).
Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat der Abgeordnete Schneider ({1}).
Schneider ({2}) ({3}), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es zutiefst, daß die Große Anfrage, die die Deutsche Partei gemeinsam mit dem Gesamtdeutschen Block/BHE Anfang dieses Jahres gestellt hatte, erst nach einem halben Jahr auf der Tagesordnung des Hauses steht. Ich bedauere es weniger der Sache wegen als grundsätzlich, weil wichtige Dinge nach Möglichkeit hier auch verhandelt werden sollten. Wir haben es leider schon wiederholt erlebt, daß aktuelle Fragen dadurch, daß sie hier nicht rechtzeitig behandelt wurden, entsprechend an Aktualität und an Aufmerksamkeit verloren.
Beim totalen Zusammenbruch 1945 mußte auch die Luftfahrt mit dran glauben. Sie wissen, daß die Alliierten damals hinter ihren kämpfenden Truppen her Stäbe von Menschen sandten, die dafür sorgen sollten, daß die Erkenntnisse der deutschen Luftfahrt den Alliierten zugute kämen. Wohl kaum in einem anderen Wirtschaftssektor ist in einem derartigen Umfang demontiert und abtransportiert worden wie gerade auf dem Sektor der Luftfahrt.
Inzwischen ist Deutschland fast zehn Jahre lang von der Luftfahrt der Welt ausgeschlossen .gewesen, und speziell die technische Entwicklung hat einen ganz enormen Aufschwung genommen, so daß man heute, wenn man sich mit den Dingen beschäftigt oder auch einmal ins Ausland kommt, feststellen muß, welch gewaltigen Vorsprung das Ausland gewonnen hat.
Die Luftfahrt ist darüber hinaus in unserer schnellebigen Zeit zu einem Verkehrs- und Wirtschaftsfaktor geworden, der einfach nicht mehr wegzudenken ist und der - das kann ohne Übertreibung gesagt werden - ständig an Bedeutung gewinnt. Sie ist ein Faktor einmal - bedauerlich, aber nicht zu ändern - in militärischer Hinsicht; sie ist aber auch in wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Hinsicht von allergrößter Bedeutung. Daß das so ist, zeigt auch die Tatsache, daß, nachdem wir innerhalb der alliierten Gesetze die Freigabe auf den verschiedensten Gebieten, beispielsweise dem des Schiffbaues, erlangen konnten, uns dies auf dem Gebiete der Luftfahrt bis zur Ratifizierung der Westverträge nicht möglich war. Es kann sich bei der Behandlung der Großen Anfrage hier natürlich nur darum drehen, daß wir uns über die zivile Luftfahrt unterhalten und am Rande auch über die Sportluftfahrt, jedoch nicht über die Militärluftfahrt.
Ich möchte vorab auch noch darauf hinweisen, daß neben dem rein Materiellen in der Luftfahrt schlechthin auch noch ein großes Stück Ideelles steckt. Viele von Ihnen werden vielleicht wissen, daß der, wenn ich einmal so sagen darf, Korpsgeist innerhalb der Luftfahrt ähnlich ist wie in der Marine; und abgesehen davon, daß die Luftfahrt auch eine gewisse Menschenbildung, eine gewisse Formung des Menschen herbeizuführen vermag, ist sie letzten Endes auch ein Stück Weltfrieden, eben weil sie imstande ist, mit großer Geschwindigkeit und zu jeder Tages- und Nachtzeit die Kontinente zu überbrücken.
Mit der Wiedererlangung der Lufthoheit war es notwendig, zahlreiche Maßnahmen zu treffen, und zwar in verfassungsrechtlicher Hinsicht die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern zu klären und darüber hinaus die Forschung in Gang zu setzen, die Technik, das Prüfwesen, die Flugsicherung usw. Gerade dem letzteren Sektor kommt eine ganz besondere Bedeutung zu, da die Vielzahl. der Luftfahrzeuge, die sich heutzutage im Raum bewegen, und die Geschwindigkeiten es erforderlich machen, daß auf allergrößte Sicherheit Wert gelegt wird.
Es war dann natürlich außerdem erforderlich, die Bodenorganisation entsprechend vorzubereiten. Hier verdient die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen ein Wort der Anerkennung und des Dankes. Aber auch Bund und
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Länder haben inzwischen das Ihrige dazu getan, daß sowohl die deutschen wie die ausländischen Flugverkehrsgesellschaften und teilweise auch die Sportfliegerei zu ihrem Rechte kommen können.
Wenn wir aber schon einmal dabei sind, einen Dank auszusprechen, dann möchte ich nicht versäumen, auch jenen Forschern, Ingenieuren und Technikern zu danken, die sich unbeirrt von den Zeitläuften wieder ans Werk begeben haben und inzwischen beachtliche Leistungen erzielen konnten, und danken möchte ich von dieser Stelle aus auch dem Staatssekretär Professor Brandt von Nordrhein-Westfalen, der bekanntlich sein ganzes Herz an die Luftfahrt gehängt hat und der mit einer enormen Vitalität in den verflossenen Jahren wirken konnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn von Luftfahrt die Rede ist, dann denkt jeder Mensch draußen natürlich zuallererst an die Deutsche Lufthansa; und es ist vielleicht mehr als eine Reminiszenz, wenn man in dem Zusammenhange noch einmal zurückdenkt an die Gablentz, Köhl, Fitzmaurice, Hünefeld usw.
Es ist eine glückliche Fügung, daß die Vorbereitungsarbeiten des Bundesverkehrsministeriums, das ja schon lange vor der Ratifizierung der Westverträge immer wieder nachdrücklich die Rück- gabe der deutschen Lufthoheit gefordert hatte, daß alle diese vorausschauenden Maßnahmen praktisch mit dem Tage zusammenfielen, an dem uns die Lufthoheit selbst zurückgegeben wurde. Daß dies ein umfangreiches Stück Arbeit war, wird niemand bestreiten wollen. Man muß den Umfang dieser Arbeit ermessen können, wenn man weiß, daß beispielsweise die ausländischen Fluggesellschaften im Jahre 1954 in Deutschland allein 2 1/2 Millionen Fluggäste befördert haben. Was das bezüglich des Maschinenparks, der Organisation, des Service usw. für Anforderungen stellt, kann sich jeder selbst denken, und Sie werden auch verstehen, daß unter diesen Umständen die Lufthansa, die mit einem verhältnismäßig kleinen Maschinenpark beginnen muß, es nicht leicht hat, sich in diesem internationalen Felde zu behaupten. Trotzdem kann heute schon festgestellt werden, daß sie einen glücklichen Start hatte und daß die Entwicklung erfreulich vorangeht.
An dieser Stelle muß aber auch.. ausgesprochen werden, daß das Verständnis des Haushaltsausschusses dieses Bundestages erheblich mit dazu beigetragen hat, daß die Maßnahmen bezüglich der Luftfahrt und speziell der Aufbau der Deutschen Lufthansa so vorangetrieben werden konnten, daß wir heute wieder eine international anerkannte Gesellschaft betreiben können.
In der Zwischenzeit ist nun eine vielfältige Kritik an der Lufthansa geübt worden, wie es natürlich in solchen Fällen nicht ausbleibt. Insonderheit paßt es vielen nicht, daß die staatliche Beteiligung an diesem Unternehmen so groß ist - bekanntlich beträgt sie 85 0/o - und daß sich die Wirtschaft selbst nur sehr schwach beteiligt hat. In der Wirtschaft wird ja ausschließlich mit ganz nüchternen Zahlen gerechnet, und da das Geschäft offenbar noch nicht genug abwirft, interessiert man sich leider Gottes zuwenig für diesen Komplex. Ich möchte deswegen von dieser Stelle aus, was ich schon einmal getan habe, die Hoffnung und die Erwartung aussprechen, daß sich die deutsche Wirtschaft mehr, als es bisher der Fall gewesen ist, in dieser Hinsicht engagiert.
Kritik ist auch am Maschinenpark der Deutschen Lufthansa geübt worden. Ich will es hier ganz offen aussprechen, daß man der Deutschen Lufthansa von verschiedener Seite den Vorwurf macht, sie habe beim Kauf zumindest ihrer zweimotorigen Flugzeuge nicht das richtige Material gewählt. Meine Damen und Herren, es muß hier klar ausgesprochen werden, daß man zu der Zeit, als die damalige Luftag, der Vorläufer der Lufthansa, sich mit der Frage des künftigen Maschinenparks der Fluggesellschaft befaßte, von dem alten und obersten Grundsatz der Deutschen Lufthansa ausging, daß nämlich im Luftverkehr in allererster Linie Sicherheit für den Menschen zu fordern sei. Gerade die Deutsche Lufthansa kann es sich nicht erlauben, speziell auf diesem Gebiet etwa zu versagen.
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Es lag deswegen nahe, daß man als viermotorige Maschine die Super-Constellation anschaffte, die ja unbestritten ein ausgezeichnetes Flugzeug ist, wobei die Kritiker, die auch das benörgeln, bedenken sollten, daß wir, wenn sich der Vorstand der Lufthansa damals für die britischen Comet-Düsenflugzeuge entschieden hätte, wahrscheinlich dieselben bedauerlichen Vorkommnisse erlebt hätten, wie die Briten sie erleben mußten, die ja in der ganzen Welt Aufsehen erregten und Anteilnahme erweckten. Bezüglich der viermotorigen Clipper ist also zweifelsohne die richtige Entscheidung gefallen, als man ein wirtschaftlich erprobtes Flugzeug in Dienst stellte. Bei den zweimotorigen Flugzeugen des Typs Convair 340 liegen die Dinge so, daß auch hier die Lufthansa von ihrem Prinzip „Sicherheit zuerst" nicht abgehen konnte, und es muß mit Deutlichkeit gesagt werden, daß diejenigen Kritiker, die behaupten, es hätte damals schon das britische Propeller-Turbinen-Flugzeug Vickers Viscount bestellt werden müssen, ebenfalls mit ihrer Kritik nicht am rechten Platz sind, da dieses Flugzeug zu der Zeit, als diese Fragen zu erörtern waren, noch nicht als so verkehrssicher gelten konnte, wie es gefordert werden mußte.
Die Vielfalt des Geräts, das die Deutsche Lufthansa zu beschaffen hatte, machte es natürlich erforderlich, auch dafür die notwendige Bodenorganisation, die Werft etc. zu schaffen, was ebenfalls in hervorragendem Umfang gelungen ist. Es würde mich interessieren, vielleicht durch den Herrn Verkehrsminister des näheren zu erfahren, wie die künftige Planung der Deutschen Lufthansa ist, die bekanntlich zur Zeit mit vier Super-Constellation, acht Convair 340 und einigen Douglas DC 3 fliegt, gerade im Hinblick darauf, daß die interkontinentalen Verkehre von Europa nach Übersee diejenigen sind, die, ich will einmal sagen, das meiste Geld bringen. Es ist für denjenigen, der sich mit den Dingen beschäftigt, bekannt, daß die europäischen Dienste praktisch aller Fluggesellschaften Zuschußbetriebe sind oder daß sie allenfalls mit plus minus null abzuschließen vermögen und daß das Geschäft im interkontinentalen Verkehr liegt. Es wäre deswegen erfreulich, wenn die Deutsche Lufthansa - und ich vermag vielleicht einen kleinen Vorschlag dazu im Verlauf meiner weiteren Ausführungen zu machen - mit Hilfe dieses Hauses in den Stand versetzt würde, schneller als ursprünglich vorgesehen in den Besitz eines größeren Maschinenparks gerade viermotoriger Maschinen zu gelangen. Im übrigen appelliere ich damit keineswegs an die Bewilligungsfreudigkeit des Parlaments, wie es immer so schön heißt; denn
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wir sind uns alle darüber im klaren, daß die Aufgaben, die auf uns zukommen, - ({7})
- Doch, Herr Dr. Bucerius, ich tue es bestimmt nicht. Ich werde Ihnen einen Vorschlag machen, der uns nicht viel Geld kostet und den Sie vielleicht wenigstens erwägen können. Es gehört ja auf der anderen Seite auch gerade in der Luftfahrt neben dem Geld ein gewisser Optimismus und Glaube an die Sache dazu.
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Auch das wird von vielen Kritikern bestritten, die eben nur das Geschäftliche sehen wollen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß es so ist. Der Lufthansa fehlen praktisch - vielleicht kann der Herr Minister auch darüber Auskunft geben - 100 Millionen DM, damit sie noch schneller rentabel werden kann, als das in dem festgelegten Plan vorgesehen ist. Wie wäre es, wenn man einmal erwöge, ob eine Zinsverbilligung seitens des Bundes gegeben werden könnte. Man könnte viele kleinere Aktien unterbringen und die Zinsbeihilfe vom Bund bekommen. Das wäre ein verhältnismäßig billiger Weg, wenn man beispielsweise 4 % annähme; aber dieser Weg könnte einen großen Effekt zeitigen.
Weiter würde mich interessieren, vom Herrn Verkehrsminister etwas über die Ausbildung des Personals, das ja sehr zahlreich ist, zu erfahren. In diesem Zusammenhang muß von dieser Stelle aus gesagt werden, daß sowohl amerikanische wie britische Fluggesellschaften das Wiedererscheinen der Lufthansa aufs herzlichste begrüßten und sie wirklich aufrichtig in ihren Kreis aufgenommen haben. Wir werden es immer dankbar vermerken müssen, daß sich die amerikanische Fluggesellschaft Trans-World-Airlines und die British-EuropeanAirways dazu bereitgefunden haben, eine Anzahl Piloten für die Dauer eines Jahres zur Verfügung zu stellen, damit die Lufthansa-Piloten eine entsprechende Umschulung erfahren können. Es ist vielleicht auch politisch ein erfreuliches Zeichen, daß uns hier Amerikaner und Briten in dieser hervorragenden Weise entgegengekommen sind. Ich hatte inzwischen selbst Gelegenheit - und mit mir einige Kollegen des Hauses -, auf Flügen mit der Deutschen Lufthansa die Flugzeuge und den Service an Bord kennenzulernen. Ich habe dabei den Eindruck gewonnen, daß die Lufthansa durchaus in der Lage ist, mit der Konkurrenz der übrigen Gesellschaften Schritt zu halten, wenn ich auch manchmal das Gefühl hatte, Herr Minister, daß speziell die Stewardessen nebst dem Küchenpersonal doch in einer ganz erheblichen Weise beansprucht werden. Natürlich ist es für die Gesellschaft bei ihrer derzeitigen finanziellen Lage sehr schwierig, hier Erleichterungen zu schaffen. Trotzdem müßte dies einer der ersten Punkte sein, der besondere Beachtung findet.
Die Kritiker der Deutschen Lufthansa und der Luftfahrt überhaupt haben es auch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß es unrentabel sei, wenn alle europäischen Nationen ihre eigenen Luftfahrtgesellschaften betrieben, und daß hier so wie auf anderen Gebieten eine Integration notwendig sei. Ich glaube, der Herr Minister wird in der Lage sein - jedenfalls sind mir entsprechende Berichte bekannt - darzulegen, daß solche Bestrebungen deutscherseits und auch auf ausländischer Seite bestehen, daß sie aber natürlich nur zum Erfolg führen können, wenn die Bereitwilligkeit bei allen oder jedenfalls bei den großen und führenden Luftverkehrsgesellschaften in Europa vorhanden ist. Es ist aber eine erwiesene Tatsache, daß das nicht der Fall ist. Das hat seinen Grund in vielerlei Dingen, beispielsweise in der Unterschiedlichkeit der Maschinenparks, in den Beteiligungen privaterseits, staatlicherseits usw. usw. Man ist im Gespräch, aber es ist eine Utopie, zu glauben, daß etwa die europäische Luftverkehrsgesellschaft schon im Kommen sei.
Ich möchte nun noch einige Worte zu den internationalen Abkommen sagen. Ich möchte nicht in den Verdacht kommen, daß ich das Bundesverkehrsministerium von dieser Stelle aus unbedingt immer lobe. Aber hier verdient die Abteilung Luftfahrt des Bundesverkehrsministeriums wirklich ein Lob dafür, daß es ihr gelungen ist, gerade in der letzten Zeit einige wichtige Luftfahrtabkommen zu schließen. Sie alle haben in der Presse von den Bestrebungen gelesen, mit den Amerikanern zu einem Agreement zu kommen, das den Deutschen zweifellos gewisse Vorteile einräumt, die auf der anderen Seite aber dadurch wettgemacht werden, daß die amerikanischen wie auch andere europäische und außereuropäische Fluggesellschaften kraft alliierten Gesetzes seit 1945 das Recht haben, in Deutschland hin und her zu fliegen, wie es ihnen beliebt. Die Presse hat die Weigerung der Amerikaner, dieses Abkommen zu ratifizieren, vielfach in einer leider sehr unfreundlichen Weise kommentiert. Ich bedaure das, weil dadurch der Sache nicht gedient wird. Es liegt nicht in jedem Falle sofort die Schuld beim Bundesverkehrsministerium, wenn einmal etwas nicht klappt; und hier waren es ganz reale geschäftliche Gründe, die die amerikanischen Luftverkehrsgesellschaften bewogen, sich gegen das vorgesehene Abkommen zu stemmen. Inzwischen haben Sie ja alle die erfreuliche Nachricht vernehmen können, daß trotz des Einspruchs der amerikanischen Luftverkehrsgesellschaften, unter denen sich so gewaltige wie die Pan American Airways und andere befinden, dieses Abkommen hat ratifiziert werden können, was uns auf der einen Seite in den Stand versetzt, nach Austral-Asien, an die Karibische See, nach beiden Küsten Amerikas usw. zu fliegen, wozu wir auf der anderen Seite zur Zeit aber leider auch wieder nicht imstande sind, da wir im Augenblick noch nicht über den entsprechenden Maschinenpark verfügen. Dies ist neben der Frage der schnelleren Erreichung der Rentabilität der Deutschen Lufthansa vielleicht mit ein Anlaß für das Parlament, zu überlegen, ob man nicht doch durch geeignete Maßnahmen die Rentabilität unter allen Umständen schneller sicherstellen kann. - So viel zur Lufthansa.
Ich möchte andererseits nicht in den Verdacht geraten, daß ich hier einseitig der Deutschen Lufthansa das Wort rede. Es ist notwendig und erwünscht, daß auch andere private Luftverkehrsgesellschaften - allerdings in nicht zu großer Zahl - ihr Geschäft in Westdeutschland betreiben. Ich kann darauf verweisen, daß auch nach dem ersten Weltkrieg zahlreiche solche Gründungen erfolgt sind. Es waren, glaube ich, nicht weniger als 60, von denen nach wenigen Jahren nicht mehr als 2 übriggeblieben waren. Es wäre ein Jammer, wenn auch jetzt wieder, nachdem der Luftverkehr freigegeben ist, volkswirtschaftliches Vermögen in dieser unnötigen Weise verplempert würde. Es ist daher erforderlich, daß die Deutsche Lufthansa einerseits
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und das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium andererseits, soweit sie dazu in der Lage sind, ihren Einfluß in dieser Richtung geltend machen. Wir müssen natürlich damit rechnen, daß gewisse Gesellschaften, die von vornherein vielleicht nicht so gut fundiert sind, trotzdem das Wagnis unternehmen. Auf jeden Fall würde auch auf diesem Gebiet die Konkurrenz das Geschäft heben. Deswegen begrüßen es meine Freunde und ich, wenn Bestrebungen bestehen, sowohl für den Personen- wie insbesondere auch für den Fracht- und Zubringerverkehr private Gesellschaften zu gründen und sie am Geschäft partizipieren zu lassen.
Nur ein Wort zur Sportluftfahrt am Rande. Hier handelt es sich natürlich ganz besonders um ideelle Werte, die ich im einzelnen nicht darzulegen brauche. Jedenfalls sind die Flieger eine verschworene Gemeinschaft, gleichgültig, ob es sich um Segeloder Motorsportflieger handelt. Wir hatten gerade am vergangenen Sonntag in Bremen die Möglichkeit, am Luftfahrertag teilzunehmen, und haben dort die erfreuliche Aufwärtsentwicklung feststellen können, die nicht zuletzt den Bemühungen des deutschen Aero-Clubs, der Förderung und Würdigung verdient, zu verdanken ist.
Nun lassen Sie mich bitte noch ein Wort zur Industrie sagen. Auf diesem Sektor ist es sehr still. Obgleich die Maschinen der Hansa und auch einiger anderer Gesellschaften schon fliegen, rührt sich in Sachen Luftfahrtindustrie nur wenig. Ich gestehe ehrlich, daß ich über den allerneuesten, d. h. den Stand der Dinge, wie er heute morgen ist, noch nicht unterrichtet bin, weil es zeitlich nicht möglich war. Aber ich habe doch das Gefühl, daß die bisherigen Versuche des Bundesverbandes der deutschen Luftfahrtindustrie nicht die Resonanz gefunden haben, die man ihnen wünschen müßte. Wir verfügen in zweierlei Hinsicht noch über eine erhebliche Kapazität. Das ist einmal eine ideelle Kapazität; das sind die Namen der einzelnen Firmen wie Junkers, Arado, Siebel, Dornier, Heinkel, Messerschmitt usw. Auf der anderen Seite verfügt ein Teil dieser Firmen nach der Demontage, und abgesehen von ihrem Berg von Schulden, den sie zumeist haben - was aber auf besondere Umstände zurückzuführen ist -, noch über eine ausreichende Zahl von Hallen, Gebäuden, Flugflächen usw.
Es war bei der Luftfahrt ein eigen Ding insofern, als der Staat, der im verflossenen Kriege Flugzeuge bestellte, diese über die Luftfahrtbank finanzieren ließ. So stehen wir heute vor der Tatsache, daß die Forderungen der deutschen Luftfahrtindustrie an das Reich etwa 700 bis 800 Millionen DM betragen und daß die Verschuldung der deutschen Luftfahrtindustrie bei den Banken etwa 500 Millionen DM beträgt. Bei dieser Sachlage ist es ein Unding, daß die deutsche Luftfahrtindustrie ohne jede Starthilfe von selbst wieder in Gang kommen kann, da jede Mark, die ihr zuflösse, sofort konfisziert würde. Hier muß endlich ein Ausweg gefunden werden. Die Vorsprachen beim Bundeswirtschaftsministerium und beim Bundesfinanzministerium sind häufig genug erfolgt. Es muß jetzt nach Mitteln und Wegen gesucht werden, damit auch für die Luftfahrtindustrie der Start freigegeben werden kann. Während zahlreiche Zweige der Wirtschaft durch die Abschreibungsmöglichkeiten der letzten Jahre die Gelegenheit erhalten haben, ihre Werke wieder aufzubauen und damit Arbeitsplätze zu schaffen, kann man im Falle der Luftfahrt, wie einmal ein bekannter Mann der Luftfahrt in den letzten Jahren sehr richtig sagte, wirklich vom Spätheimkehrer der Wirtschaft sprechen. Nach unseren und nach meinen Feststellungen scheint es im Augenblick nicht möglich zu sein, der Luftfahrtindustrie eine staatliche Starthilfe zu geben. Aber darüber wird liebenswürdigerweise der Herr Bundeswirtschaftsminister und vielleicht auch der Herr Bundesfinanzminister etwas sagen.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Luftfahrtinaustrie in ihrer Gesamtheit eine wirklich gewaltige volkswirtschaftlinche Bedeutung zukommt. Es ist für Sie gewiß von Interesse, zu erfahren, daß - wenn auch zu berücksichtigen ist, daß die Briten und Amerikaner einen erheblichen Teil ihrer Produktion in die Wehrmacht geben-die amerikanische Luftfahrtindustrie mehr Arbeitnehmer beschättigt als z. B. die amerikanische Autoindustrie. Die Luftfahrtindustrie ist darüber hinaus, wenn man auf dem Weltmarkt etwas anzubieten vermag, auch ein gewaltiger Devisenbringer. Ich bin überzeugt, daß diejenigen Konstrukteure, die nicht zu denen gehören, die ins Ausland verschleppt wurden und noch nicht zurückkehren konnten oder die ausgewandert sind, weil sie in Deutschland zehn Jahre lang keine Möglichkeit sahen, wieder zum Zuge zu kommen, uns noch so viel zu geben vermögen, daß auch Deutschland sicherlich wieder seinen Platz im Außenhandel mit Flugzeugen einnehmen kann und wird. Ganz abgesehen davon ist die Luftfahrtindustrie mit derart vielen Zweigen von Zulieferindustrien verbunden, daß hier, selbst wenn man nur ein Volumen von einer Milliarde Mark im Jahre ansetzt, eine erhebliche Produktionssteigerung und eine erhebliche Neuschaffung von Arbeitsplätzen herauskäme. Ich weiß nicht, welche Absprachen der Bundesverband der deutschen Luftfahrtindustrie beispielsweise mit der Dienststelle Blank getroffen hat. Es wird vielleicht auch nicht Sache dieser Stunde sein, hier darüber zu sprechen. Auf der anderen Seite steht fest, daß selbst die Reparatur, Erneuerung und Ergänzung der uns jetzt von ausländischer Seite zur Verfügung zu stellenden Maschinen und ein eventueller Lizenzbau kleinerer Flugzeuge sowie die Ausstattung von Firmen, Sportvereinen usw. mit Privat- und Reiseflugzeugen die deutsche Luftfahrtindustrie zumindest in den Stand versetzen würden, zu starten und sich auch gut am Leben zu erhalten.
Es sollte von vornherein darauf gesehen werden, daß die Militärluftfahrt nicht, wie es in der verflossenen Luftwaffe der Fall war, ihre Reparaturen in eigener Regie ausführt, sondern daß diese Reparaturen der Privatwirtschaft zugute kommen. Ich weiß vom Bundesverband der deutschen Luftfahrtindustrie, daß, obgleich in den zehn Jahren, die ins Land gegangen sind, zahlreiche Fachkräfte und Spezialarbeiter in andere Berufszweige abgewandert sind, doch noch ein solcher Stamm vorhanden ist, daß es möglich wäre, eine Industrie in Gang zu setzen.
Der Bundesverband der deutschen Luftfahrtindustrie ist sich auch darüber im klaren, daß es unmöglich ist, sämtliche klassischen Firmen staatlicherseits zu unterstützen, um sie alle miteinander und nebeneinander wieder in Gang zu setzen. Es ist im Bundesverband der deutschen Luftfahrtindustrie Gott sei Dank die Einsicht vorhanden - und man hat sich auch schon sehr eingehend darüber unterhal({10})
ten und auch weitgehend darüber geeinigt -, daß ein solcher Start nur im großen Rahmen stattfinden kann, so daß viele dieser Firmen gezwungen sind, zusammenzugehen und gemeinsame Sache zu machen.
Meine Damen und Herren, damit möchte ich meinen Vortrag beenden. Ich hoffe, daß der Herr Bundesverkehrsminister und auch der Herr Bundeswirtschaftsminister uns in ausreichendem Maße über die gestellten Fragen aufzuklären vermögen. Ich möchte es nicht versäumen, Sie zum Schluß noch einmal sehr nachdrücklich gerade auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Luftfahrtindustrie aufmerksam zu machen, auf die Deutschland ebensowenig verzichten kann, wie es irgendein europäisches oder außereuropäisches Land heute kann oder auch nur zu tun gedenkt.
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Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage gibt die dankbar begrüßte Gelegenheit, dem Hohen Hause über die Maßnahmen zu berichten, die bereits in den vergangenen Jahren in der Vorbereitung für einen deutschen Luftverkehr getroffen wurden, und zugleich zu Fragen Stellung zu nehmen, die sich für die Zukunft ergeben.
Die aus dem Januar stammende Anfrage hat zunächst nach den Vorbereitungen für die Aufnahme eines deutschen Luftverkehrs gefragt. Inzwischen ist glücklicherweise der Dienst der Deutschen Lufthansa in Europa und, wie ich als Teilnehmer an einem der ersten Flüge nach New York aus eigenem Erleben berichten kann, auch über den Nordatlantik aufgenommen worden.
Der zweite Teil der Anfrage, der sich auf die Luftfahrtpolitik der Bundesregierung nach der Ratifizierung der Pariser Verträge bezieht, wird von mir behandelt werden.
Für die Beantwortung des dritten Punktes, der die deutsche Luftfahrtindustrie betrifft, ist der Herr Bundesminister für Wirtschaft zuständig.
Ich bedaure, daß die Antwort auf die Große Anfrage erst heute erfolgen kann. Ich hätte sie gern schon früher gegeben. Die neue Deutsche Lufthansa hat Mitte Mai mit vier Flugzeugen des Musters Convair 340 den planmäßigen kommerziellen Verkehr auf den internationalen Linien nach London, Paris und Madrid aufgenommen. Vorangegangen waren ab 1. März ein Übungsflugverkehr im Bundesgebiet, ab 1. April ein planmäßiger Dienst auf diesen innerdeutschen Strecken und ab Mitte April Übungsflüge nach England, Frankreich und Spanien. Am 8. Juni konnten die ersten der vier Flugzeuge des Musters Lockheed Super Constellation zum ersten planmäßigen kommerziellen Flug nach New York starten, nachdem auch über dem Nordatlantik einige Einführungsflüge stattgefunden hatten.
Die Regierungen der Staaten, deren Gebiet von der Lufthansa angeflogen oder überflogen wird, erteilten uns rechtzeitig die erforderlichen Genehmigungen. Ich darf den Regierungen dieser Staaten für ihre Bereitschaft und für ihr teilweise sehr rasches Handeln, zugleich aber auch dem inzwischen aufgelösten Zivilen Luftamt der alliierten Hohen Kommission, dessen Mitglieder jetzt die zivilen Luftattachés ihrer Botschaften sind, für die verständnisvolle Vermittlung unserer Wünsche herzlich danken.
Seit dem 5. Mai ist die Bundesrepublik endlich wieder im Besitz ihrer vollen Lufthoheit, lediglich eingeschränkt durch gewisse unvermeidliche Sonderbestimmungen für den Luftverkehr mit Berlin. Die volle Lufthoheit, das spricht sich so leicht aus, aber wir sollten auch heute das Bild nicht vergessen, das sich uns vor zehn Jahren darbot. Wir sollten an die Zeit nach 1945 denken, als es überhaupt verboten war, von einer deutschen Luftfahrt zu sprechen, ja auch nur an sie zu denken, von einer Arbeit für die deutsche Luftfahrt ganz zu schweigen. Selbst ein kühner Optimist hätte wohl in jener Zeit des Abkommens von Potsdam, des Morgenthau-Plans, des Sparta-Plans und ähnlicher Dokumente nicht zu glauben gewagt, daß heute die Möglichkeit bestehen würde, dem Hohen Hause über den Wiederaufbau der deutschen zivilen Luftfahrt zu berichten.
Die Schwierigkeiten, die es nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg zu überwinden galt, waren wesentlich größer als nach 1918. Nach 1945 wurde bewußt alles zerstört und beseitigt, was noch entfernt an eine deutsche zivile Luftfahrt erinnern konnte und was einen Wiederaufbau hätte erleichtern können. Die Proklamation Nr. 2 der Besatzungsmächte vorn 20. September 1945 verbot Herstellung, Besitz und Betrieb von Luftfahrzeugen aller Art durch deutsche Staatsbürger.
Erst sechs Jahre später wurde dieses allumfassende Gebot gemildert, als 1951 auf das ständige Drängen der Bundesregierung wenigstens der ' Segelflug und der Freiballonsport von ihren Fesseln befreit wurden. Zu diesem Zeitpunkt, im August 1951, entstand auch die Luftfahrtabteilung des Bundesministeriums für Verkehr. Seitdem begann man auf alliierter Seite, Verwaltungsaufgaben der Luftfahrt weitgehend deutschen Stellen zu übertragen.
Die Bundesregierung hat in dieser ganzen Zeit unbeirrt den Standpunkt vertreten, daß es für das Gedeihen der deutschen Wirtschaft und des Verkehrs unerläßlich notwendig sei, über einen eigenen deutschen Luftverkehr zu verfügen. Wenn nicht selten die Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit gleichgesetzt wird nur mit der Möglichkeit zur Wiederaufnahme eines Luftverkehrs unter deutscher Flagge und daneben mit der Erfüllung der Sehnsucht der deutschen Motorsportflieger, wieder zu fliegen, dann ist dies doch nur eine recht oberflächliche Betrachtungsweise. Denn Voraussetzung für den Luftverkehr und für den Luftsport ist, daß auf allen Gebieten der Verwaltung der Luftfahrt die notwendigen Maßnahmen und Sicherungen getroffen sind. Das gilt für die nationale Gesetzgebung in der Bundesrepublik ebenso wie für die internationalen Vereinbarungen, für die Verwaltung beim Bund und bei den Ländern, für die Flugsicherung, für Forschung, Technik und Prüfwesen. Nur wenn auf allen diesen Gebieten Klarheit und Ordnung herrschen, können die Flugzeuge ruhig und sicher ihre Bahn ziehen.
Ich darf mit Befriedigung feststellen, daß sich die Übernahme der Lufthoheit praktisch reibungslos abgewickelt hat. Wenn dies möglich war, so ist es zwei Tatsachen zuzuschreiben: Überall wurde
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mit Hingabe und Verantwortungsbewußtsein gearbeitet, und alles war rechtzeitig vorbereitet, um in Gang gesetzt zu werden; rechtzeitig, also nicht zu früh und nicht zu spät.
Zu diesen Vorbereitungsarbeiten gehörte eine Fülle von gesetzgeberischen Maßnahmen. Das deutsche Luftrecht, das im wesentlichen in dem Luftverkehrsgesetz und in der Verordnung über Luftverkehr, beide aus 1936, seinen Niederschlag gefunden hatte, ist, soweit es nicht in einzelnen Vorschriften dem Grundgesetz widerspricht, nicht aufgehoben. Aber es bedarf aus staatsrechtlichen Gründen einer weitgehenden Neugestaltung und bedarf zudem zahlreicher Änderungen, weil in den vergangenen 19 Jahren auf flugtechnischem Gebiet gewaltige Fortschritte erreicht wurden.
Das Schwergewicht der Arbeit lag nach den gegebenen Möglichkeiten zunächst in der Flugsicherung. In verhältnismäßig kurzer Zeit konnten hier die haushaltsmäßigen und gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Durch das Gesetz vom 23. März 1952 wurde die Bundesanstalt für Flugsicherung mit dem Sitz in Frankfurt am Main errichtet. Ihr wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1953 die Flugsicherung in der Bundesrepublik übertragen. Als weitere Bundesoberbehörde wurde durch das am 4. Dezember 1954 in Kraft getretene Gesetz das Luftfahrtbundesamt geschaffen, das seit dem 1. Februar 1955 in Braunschweig arbeitet.
Hatten in der Flugsicherung die Alliierten bereits wichtige Vorarbeit geleistet, so mußte auf dem Gebiet der Prüfung und Zulassung des Luftfahrtgerätes infolge der Zerstörung aller früheren Prüf- und Forschungsstellen eine ganz neue Organisation aufgebaut werden. Die gefundene Lösung, 1 nämlich Prüfung durch die vom Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates anerkannten nichtstaatlichen Prüfstellen, im wesentlichen wissenschaftliche Institute, und Zulassung durch das Luftfahrtbundesamt als obere Bundes-. behörde, dürfte den Interessen aller Beteiligten gerecht werden und die Verkehrssicherheit des Gerätes nach menschlichem Ermessen gewährleisten. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten stehen unmittelbar der praktischen Prüfung zur Verfügung, und umgekehrt erhält die Wissenschaft. neue Anregungen aus ihrer Prüfarbeit. Das Luftfahrtbundesamt erteilt die Prüferlaubnis an die Prüfer, führt die Luftfahrzeugrolle, sammelt Nachrichten über die Zulassungs- und Erlaubnisscheine für Luftfahrer und Luftfahrtgerät und ist als Leitstelle für Flugunfalluntersuchungen und für den Such- und Rettungsdienst tätig.
Weitere Maßnahmen gesetzgeberischer Art betrafen erstens die Prüfung ausländischen Luftfahrtgerätes. Da mit der Herstellung von Luftfahrtgerät in der Bundesrepublik noch nicht gerechnet werden konnte, wurde in einer Prüfordnung vom 19. August 1953 zunächst die Möglichkeit vorgesehen, ausländisches Gerät in einem erleichterten Verfahren zu prüfen und dabei ausländische Bau- und Prüfvorschriften anzuerkennen. Diese Regelung bewährte sich im Zuge der Lieferung ausländischer Flugzeuge an die Deutsche Lufthansa.
Zweitens. Die Kennzeichnung der Luftfahrtgeräte, die Erteilung von Eintragungs- und Zulassungsscheinen und Lufttüchtigkeitszeugnissen ist in einer Verordnung vom 9. November 1954 geregelt worden.
Drittens. Die Prüfung der Luftfahrer erfolgt auf Grund der Verordnung vom 21. Juni 1955. Diese regelt die Erteilung von Tätigkeitserlaubnissen an das Luftfahrtpersonal und paßt die alten Vorschriften aus dem Jahre 1936 den Richtlinien und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-organisation - ICAO - an. Die neue Prüfordnung ermöglicht die Anerkennung von Luftfahrerscheinen, die von Deutschen im Ausland erworben wurden, und regelt, in welchem Umfange Inhaber früherer deutscher Luftfahrerscheine unter erleichterten Bedingungen neue Erlaubnisscheine erwerben können.
Außer diesen Arbeiten wurden auch Ergänzungen und Änderungen des Luftfahrtrechts vorbereitet, die sich u. a. auf die Ausgestaltung der Bauschutzbereiche auf den Flughäfen, auf das Genehmigungsverfahren von Luftfahrtunternehmen und auf eine Luftfahrtstatistik beziehen. Bekanntlich berührt das Grundgesetz für die Bundesrepublik den Luftverkehr nur in dem Art. 73. Danach hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über den Luftverkehr. Weitere ausdrückliche Bestimmungen über den Luftverkehr enthält das Grundgesetz nicht. Für die Luftfahrtverwaltung kommen daher die allgemeinen Vorschriften, insbesondere der Art. 129, zur Anwendung. Nach Art. 129 ist die Zuständigkeit zur Vornahme von Verwaltungsakten auf Grund des Luftverkehrsgesetzes und der Verordnung über den Luftverkehr auf die nunmehr sachlich zuständigen Stellen übergegangen. Zwischen Bund und Ländern besteht unbeschadet der Möglichkeit einer künftigen gesetzlichen oder grundgesetzlichen Regelung keine Meinungsverschiedenheit über die Frage, welche Stellen als zuständig anzusehen sind. Dementsprechend wurde schon vor der endgültigen gesetzlichen Festlegung der Zuständigkeiten, nämlich bereits im Februar 1953, zwischen dem Bund und den Ländern eine Vereinbarung getroffen, die entsprechend den veränderten staatsrechtlichen Verhältnissen die Verwaltungsbefugnisse vorläufig gegenseitig abgrenzt und dem Bund vor allem die Aufgaben mit überregionalem Charakter vorbehält. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde von den Ländern die Notwendigkeit der Zusammenfassung der flugtechnischen Aufgaben beim Bund, insbesondere bei der Schaffung der Bundesanstalt für Flugsicherung und des Luftfahrtbundesamtes bejaht. Angesichts der guten Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern auf allen Gebieten der Luftfahrt habe ich keine Zweifel, daß sich die Vereinbarung auch künftig bewähren wird.
Ähnliche Vereinbarungen wurden auch auf dem Gebiete der Unfalluntersuchung und des Such- und Rettungsdienstes abgeschlossen. Die Luftaufsicht wurde dahin geregelt, daß sie ohne Bildung einer der früheren Luftpolizei entsprechenden besonderen Organisation durch Organe wahrgenommen wird, die von den Ländern auf den Flughäfen und Landeplätzen bestellt werden. Zur Verbesserung und Vereinheitlichung des Abfertigungsverfahrens wurden Richtlinien ausgearbeitet, die ein enges Zusammenarbeiten zwischen den mit der Luftaufsicht betrauten Personen und den Dienststellen der Flugsicherung und des Wetterdienstes gewährleisten.
Zur Regelung des Ein- und Ausflugs von Luftfahrzeugen im Bereich der Bundesrepublik wurde mit dem Alliierten Zivilen Luftfahrtamt vor seiner
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Auflösung eine Übergangsregelung vereinbart, die in Kürze durch eine Regelung abgelöst werden wird, die dem deutschen Recht entspricht und gleichzeitig den Richtlinien der ICAO Rechnung trägt.
Ich habe gebeten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich heute doch noch einmal der Verhältnisse zu erinnern, die vor zehn Jahren bei uns auf dem Luftfahrtgebiet herrschten. 1945 waren der einzig verbliebene und tatsächlich allein wieder in Erscheinung tretende Bestand der deutschen Luftfahrt unsere deutschen Verkehrsflughäfen. Auch sie, weitgehend durch Kriegszerstörungen in der Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, waren beschlagnahmt und standen zunächst unter rein alliierter Verwaltung. Um gemeinsam die deutschen Interessen zu vertreten, entschlossen sich die Flughafeneigentümer 1947 zu einer losen Zusammenarbeit, aus der 1950 die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen entstanden ist. Es muß anerkannt werden, daß diese ADV von Anfang an ein aktiver Helfer des Luftverkehrs gewesen ist, daß sie sich also nicht damit begnügte, brauchbare Landeplätze zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt durch die Arbeit der ADV konnte es frühzeitig erreicht werden, daß die Verwaltungsbefugnisse auf den deutschen Flughäfen mehr und mehr in deutsche Hände übergingen.
Daß die deutschen Flughäfen schnell wieder wachsende Bedeutung gewannen, war angesichts ihrer Lage im Herzen Europas nur natürlich. Denn ein planmäßiger internationaler Luftverkehr kann auf diese deutschen Flughäfen nicht verzichten. Ihre Anlagen und Einrichtungen müssen aber den steigenden flugtechnischen Ansprüchen genügen. So haben die Städte, die Länder und der Bund seit ' 1950 rund 100 Millionen DM zum Ausbau und zur laufenden Verbesserung der Flughäfen zur Verfügung gestellt.
Als Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengungen verfügt die Bundesrepublik nach Fertigstellung des Verkehrsflughafens Nürnberg im Frühjahr dieses Jahres über neun gutausgebaute Verkehrsflughäfen, zu denen Berlin als zehnter tritt. Die Anlagen dieser Häfen sind dem internationalen ICAO-Standard angepaßt. Wir verfügen über vier Häfen der ICAO-Klasse B mit Grundlängen der Startbahnen über 2150 m, über vier Häfen der Klasse C mit Grundlängen der Startbahnen von 1800 m und über zwei Häfen der Klasse D mit Grundlängen der Startbahnen von 1500 m.
Mit großer Sorge muß ich aber feststellen, daß noch immer einige der Verkehrsflughäfen gleichzeitig von militärischen Einheiten der Alliierten benutzt werden. Bei dieser Verquickung von ziviler und militärischer Luftfahrt - ich habe darauf schon oft hingewiesen - besteht nicht nur dauernd eine schwere gegenseitige Gefährdung, sondern auch die Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit des zivilen Luftverkehrs wird teilweise empfindlich gestört. Ich möchte hoffen und wünschen, daß es den gemeinsamen Bestrebungen gelingt, diese Verflechtungen zu lösen und unsere Verkehrsflughäfen ausschließlich der zivilen Luftfahrt zur Verfügung zu stellen.
Die in der Bundesrepublik und in Berlin zur Zeit betriebenen zehn Verkehrsflughäfen sind notwendig; aber sie sind auch ausreichend, um den gegenwärtigen Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft nach einem planmäßigen Luftverkehr in befriedigendem Maße Rechnung zu tragen. Der erst in den Anfängen steckende Hubschrauberverkehr bleibt dabei außer Betracht.
Die Zahl der Verkehrsflughäfen muß begrenzt sein. Denn nach verkehrswirtschaftlichen Erkenntnissen sollen Verkehrsflughäfen in Europa im allgemeinen nicht weniger als 250 km voneinander entfernt liegen, da sonst das Verkehrsaufkommen im Verhältnis zu den hohen notwendigen Aufwendungen zu gering wäre.
Die Verkehrsflughäfen müssen jedoch, abgesehen von der Beseitigung von Kriegsschäden, im Hinblick auf den zunehmenden zivilen Luftverkehr und auf besondere Eigenschaften der Flugzeuge-ich denke dabei an die Entwicklung der Turboprop- und der Turbinenflugzeuge - für den zivilen Luftverkehr weiter ausgebaut werden. Das gilt nicht nur für die Start- und Landebahnen, sondern ebenso für sonstige Einrichtungen der Flughäfen. Allerdings werden auch die Flugzeugkonstrukteure mehr als bisher auf die technische Entwicklungsmöglichkeit der Verkehrsflughäfen Rücksicht nehmen müssen, namentlich hinsichtlich der Anforderungen, die sie an die Längen der Start- und Landebahnen stellen. Das ist nicht nur aus finanziellen Gründen für die Verkehrsflughäfen, sondern auch wegen der sonst unvermeidlichen weiteren Inanspruchnahme von Gelände beträchtlichen Ausmaßes notwendig. Flughäfen und Landeplätze für Hubschrauber werden in größerer Zahl erst geschaffen werden können, wenn dieses Verkehrsmittel technisch weiter vervollkommnet ist und in einigen Jahren seine wirtschaftliche Reife erlangt hat, so daß es dann steigende Bedeutung im Zubringerverkehr zu den großen Verkehrsflughäfen und im Nahverkehr zwischen großen Städten gewinnen kann. Während Ausbau und Betrieb einer Anzahl von Flughäfen mit internationalem Luftverkehr durch den Bund auch künftig finanziell gefördert werden sollen, ist eine derartige Unterstützung durch den Bund für Hubschrauberlandegelände nicht beabsichtigt. In dieser Hinsicht ist es Aufgabe der Länder und Gemeinden, wie bisher schon in Köln, Bonn und Duisburg, ihre etwa vorhandenen Interessen finanziell zu untermauern.
Abschließend zu diesem Kapitel zwei Vergleichszahlen. Im Jahre 1950 wurden in der Bundesrepublik und in Berlin 654 000 Fluggäste abgefertigt. Im Jahre 1954 waren es 2 414 000. Das bedeutet in dieser kurzen Zeit eine Steigerung um 270 %.
Entsprechend der Lage der Verkehrsflughäfen und der Einteilung Westdeutschlands in Besatzungszonen fanden wir bei der Übernahme der Flugsicherung in deutsche Verwaltung im Jahre 1953 eine sehr unterschiedliche Bodenorganisation und eine Flugsicherung vor, die teils von zivilen, teils von militärischen Dienststellen der Alliierten wahrgenommen wurde. Dabei herrschten die militärischen Gesichtspunkte vor. Seitdem ist von deutscher Seite alles getan worden, um die Flugsicherung im Bundesgebiet dem internationalen Standard anzugleichen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, zunächst die Funknavigations-, Schlechtwetterlande- und Fernmeldeeinrichtungen den Richtlinien und Empfehlungen der ICAO anzupassen. Heute schon besitzen wir in der Bundesrepublik ein einheitlich aufgebautes Luftstraßennetz mit Kontrollzonen für die Verkehrsflughäfen, ausgerüstet mit den international gebräuchlichen Flugsicherungseinrichtungen. So ist die Sicherheit gegen Zusam({2})
menstöße entsprechend dem heutigen Luftverkehrsbetrieb und der gegenwärtigen Verkehrsdisziplin der Luftfahrzeugführer nach menschlichem Ermessen gewährleistet. Wir dürfen sagen, daß sich der Flugsicherungsbetrieb seit der Übernahme in deutsche Hände eingespielt hat und daß ernstere Beanstandungen erfreulicherweise bisher nicht eingetreten sind. Den Flugsicherungsaufgaben voll gerecht zu werden, bleibt aber deshalb für die Zukunft sehr schwierig, weil der zivile Luftverkehr ständig anwächst und außerdem in zunehmendem Maße gegenüber den alliierten nud den kommenden deutschen Luftwaffenverbänden abgegrenzt werden muß.
Ein weiterer Ausbau dieses Luftstraßennetzes wird in den nächsten Jahren sicher nicht zu umgehen sein, und zwar infolge des zu erwartenden Anstiegs des zivilen Luftverkehrs und infolge des Einsatzes von Turboprop-, von Düsenflugzeugen und von Hubschraubern. Noch nicht ausreichend ausgebaut sind die derzeitigen Einrichtungen unserer Flugsicherung, um einen guten wirtschaftlichen Verkehrsfluß ohne Wartezeiten auf und im Luftraum über den Flughäfen zu erzielen. Hier besteht noch ein echter Nachholbedarf, hauptsächlich dadurch verursacht, daß vor der Übernahme der Flugsicherung in deutsche Verwaltung keine Möglichkeit gegeben war, Radargeräte für die Flugsicherung in der Bundesrepublik herstellen zu lassen oder im Ausland zu erwerben. Noch in diesem Jahr werden auf den Flughäfen Frankfurt am Main und Hamburg Landeradaranlagen modernster Bauweise aus amerikanischer Fertigung in Betrieb genommen. Weitere Flughäfen sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre mit Landeradaranlagen deu t-scher Herkunft ausgerüstet werden. Ferner ist es notwendig, Radaranlagen für die Flugsicherung auf den Luftstraßen zu errichten und die Verfahren zur Anzeige und zur Überwachung im Flugsicherungsdienst zur Kontrolle der Bewegungsvorgänge im Luftraum zu verbessern. Ziel unserer Flugsicherung muß sein sichere Landung auf Flughäfen bei aufliegenden Wolken und bei Horizontalsicht Null und sicherer und pünktlicher Streckenverkehr auf und außerhalb der Luftstraßen bis zu einer Verkehrsdichte, die von den Flughäfen aufgenommen werden kann. Hierzu wird es noch großer Anstrengungen und materieller Aufwendungen bedürfen. Es dürfte wohl nicht zu bestreiten sein, daß die Bundesrepublik ein erstklassiges Flugsicherungssystem besitzen muß, das den eben genannten Anforderungen des Luftverkehrs voll gerecht wird. Forschung, Entwicklung und Industrie werden eng mit der Flugsicherung zusammenarbeiten müssen, um diese Aufgaben zu lösen. Ihre Dringlichkeit wird dabei von der Frage der Zunahme des gesamten Luftverkehrs in den kommenden Jahren abhängen. Zwar sind die Notwendigkeiten des planmäßigen zivilen Luftverkehrs einigermaßen vorauszusehen, jedoch ist das Ausmaß der Zunahme des militärischen Luftverkehrs, der ja den gleichen Luftraum benutzt, noch nicht bekannt. Der Flugsicherung muß es in den kommenden Jahren gelingen, Geräte und Einrichtungen zu schaffen, die es ermöglichen, unabhängig von der Zunahme des militärischen Luftverkehrs den zivilen Luftverkehr ohne Wartezeiten regelmäßig und sicher durchzuführen.
Auf dem Gebiet der Luftfahrttechnik sind das Prüfwesen, die Zulassung von Luftfahrtgerät und die Forschung Aufgaben, die durch den Bundesminister für Verkehr betreut werden. Über Prüfwesen und Zulassung habe ich im wesentlichen schon berichtet und habe jetzt noch über den Wiederaufbau der deutschen Luftfahrtforschung kurz zu berichten.
Für Forschung und Geräteentwicklung konnte nach 1945 infolge der bestehenden Verbote nichts getan werden. Fachwissenschaftler und fachtechnisches Personal wanderten in andere Berufe ab, besonders hochwertige Kräfte gingen in das Ausland, Nachwuchskräfte fehlten praktisch ganz. Nachdem aber im Jahre 1952 die Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt als Zusammenschluß namhafter Wissenschaftler neu gegründet war und durch die private Initiative der interessierten Wissenschaftler mit Unterstützung der Länder einige der alten Luftfahrtforschungsvereine wieder auflebten, nachdem ferner in der Luftfahrtabteilung des Bundesministeriums für Verkehr die notwendige organisatorische Grundlage geschaffen war, hat auch der Bund die Luftfahrtforschung nachdrücklich gefördert. Heute sind wieder folgende Forschungsanstalten tätig: die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, früher in Berlin, jetzt in Essen-Mülheim, mit ihren Instituten in Mülheim, Aachen, Garmisch und Bonn; die Deutsche Forschungsanstalt für Luftfahrt in Braunschweig; die Aerodynamische Versuchsanstalt in Göttingen; die Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug, jetzt in München; das Flugfunkforschungsinstitut Oberpfaffenhofen in München, das in die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt eingegliedert wird. Dieser Anstalt und dem neuentstandenen Institut für Physik der Strahlantriebe in Stuttgart und der Deutschen Studiengemeinschaft Hubschrauber in Stuttgart, darüber hinaus einigen Privatinstituten, Einzelforschern und den akademischen Fliegergruppen, den Akafliegs, hat das Bundesverkehrsministerium in den beiden letzten Jahren eine große Zahl von Forschungsaufträgen erteilen können. Diese Forschungsaufträge dienen bestimmten Zwecken zur baldigen praktischen Verwertung, während Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die die Luftfahrtforschung durch besondere Schwerpunktprogramme unterstützt hat, vorzugsweise für die Grundlagenforschung eingesetzt werden.
Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien der Länder, die ihrerseits erhebliche Mittel für die Einrichtung der Forschungsanstalten zur Verfügung gestellt haben und auch die Kosten für ihren allgemeinen Unterhalt zu wesentlichen Teilen tragen, ist sehr befriedigend. Es darf festgestellt werden, daß alle beteiligten Ressorts und Verbände einmütig an einer zweckmäßigen Koordinierung der so vielseitigen Luftfahrtforschung arbeiten, selbstverständlich unter Vermeidung jeder Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Arbeit.
Von besonderer Bedeutung ist es, daß dem einzelnen Forscher die in aller Welt durchgeführten Arbeiten seines Spezialgebietes zugänglich gemacht werden, damit er diese Ergebnisse für seine eigene Arbeit ausnutzen und Doppelarbeit vermeiden kann. Daher wurde mit Mitteln des Bundes und der Länder eine Zentralstelle für Dokumentation der Luftfahrt in München eingerichtet, die für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt und die Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt gemeinsam arbeitet und von ihnen betreut wird.
Ohne Zweifel sind die bisher der Luftfahrtforschung durch die öffentliche Hand zur Ver({3})
fügung gestellten Mittel gegenüber den Aufwendungen, die andere Staaten für die gleichen Zwecke machen, noch sehr gering, ja übermäßig bescheiden. Trotz dieser geringen Mittel hat der Neuaufbau der Luftfahrtforschung unter Berücksichtigung der gegebenen Möglichkeiten gute Fortschritte gemacht. Um aber den Anschluß an das Ausland wiederzugewinnen, wird es in den kommenden Jahren notwendig sein, die Fürsorge für die Luftfahrtforschung wesentlich zu verstärken. Große Sorge bereitet uns dabei der Mangel an qualifizierten Fachwissenschaftlern und Fachingenieuren. Mit einer Rückkehr aus den in andere Berufe und in das Ausland abgewanderten Menschen kann nur in bescheidenem Umfang gerechnet werden. Grundlegend wird dieses Problem nur durch eine sehr sorgfältig vorbereitete Planung zur Heranbildung von Nachwuchskräften zu lösen sein. All dies, meine verehrten Damen und Herren, war notwendig, um die Voraussetzungen für eine deutsche Zivilluftfahrt zu schaffen, aber auch als Voraussetzung für die Stellung der Bundesrepublik in der Gesamtheit der internationalen zivilen Luftfahrt.
Der Aufbau der deutschen Zivilluftfahrtverwaltung durfte natürlich nicht ausgerichtet sein allein auf den Betrieb der neuen Deutschen Lufthansa oder auf den rein deutschen Motorflug überhaupt. Vielmehr war davon auszugehen, daß heute rund 30 ausländische Luftverkehrsgesellschaften planmäßige Flugstrecken nach dem Bundesgebiet und über seine Grenzen hinaus betreiben. Es war der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Bundesrepublik immer mehr zur Drehscheibe einer sich ständig steigernden zwischenstaatlichen und interkontinentalen Handelsluftfahrt wird. Den daraus entstehenden Aufgaben mußte der Aufbau der deutschen Luftfahrtverwaltung entsprechen, unabhängig von den Bedürfnissen eines eigenen deutschen Luftverkehrs.
Die Deutsche Lufthansa unterhält, wie Sie wissen, zur Zeit mit den vier Flugzeugen des Musters Convair 340 folgende Flugverbindungen: vierzehnmal wöchentlich nach London, dreimal wöchentlich nach Paris, zweimal wöchentlich nach Madrid. Dieser Flugplan, der natürlich manche berechtigten Wünsche offenläßt, hat die Billigung aller interessierten Stellen, insbesondere auch der Länder, gefunden.
Daneben verfügt die Lufthansa über drei Flugzeuge des Musters DC 3, die dort eingesetzt werden sollen, wo sich im europäischen Verkehr besondere Lücken zeigen und wo sich lohnende Zubringeraufgaben zu den interkontinentalen Diensten ergeben.
Die vier Flugzeuge des Musters Lockheed-SuperConstellation stehen im planmäßigen Flugliniendienst auf der Nordatlantikstrecke nach New York, der bedeutendsten Ader des Weltluftverkehrsnetzes. Wenn es auch das ernste Anliegen der Lufthansa sein wird, die echten Luftverkehrsbedürfnisse der deutschen Wirtschaft innerhalb des Bundesgebietes und des europäischen Kontinents zu befriedigen, so ist andererseits nicht zu verkennen, daß die wesentliche Aufgabe des Flugzeugs in der Überbrückung weiter Entfernungen liegt. Erst hier tritt sein entscheidender Vorteil gegenüber den erdgebundenen und wassergebundenen Verkehrsmitteln, nämlich seine Schnelligkeit, voll in Erscheinung, und daher ergeben sich bei diesen Diensten auch die größten ökonomischen Erfolgsaussichten. Deshalb soll die Lufthansa in der zweiten Ausbaustufe ihre Überseeflotte von vier auf acht Super-Constellation erweitern, um damit vom nächsten Jahre ab den Dienst nach New York von jetzt vier- bis sechsmal auf sieben- bis zehnmal wöchentlich - jeweils entsprechend der Reisezeit - zu verdichten und darüber hinaus eine Linie nach Südamerika, nämlich nach Rio de Janeiro und Buenos Aires, zweimal wöchentlich zu fliegen und ferner den Luftverkehr mit dem Nahen Osten bis Teheran in ihr Netz aufzunehmen.
Der 1951 eingesetzte Vorbereitungsausschuß für Luftverkehr hatte als Minimum für einen erfolgversprechenden Überseedienst 12 Flugzeuge angenommen. Dabei war er - das wird gelegentlich in der öffentlichen Diskussion übersehen - von der Kapazität des Flugzeugmusters Douglas DC 6 ausgegangen. Inzwischen sind die Flugleistungen je Einheit weiter verbessert worden. Heute entspricht der Transportwert von neun Super-Constellation dem von 12 DC 6-Flugzeugen. Der Kalkulation des Vorbereitungsausschusses würde also bei einem Einsatz von acht Super-Constellation, wie ab 1956 möglich, nahezu entsprochen werden.
Da nach internationaler Erfahrung die Überseedienste den Luftverkehrsgesellschaften Überschüsse abwerfen, während die innereuropäischen Strecken häufig Zuschüsse erfordern, erscheinen für die Lufthansa - mit einem geringen Verkehr innerhalb Europas und einem relativ starken Verkehr nach Übersee auf den hauptbenutzten Strecken - die Aussichten, nach einer verhältnismäßig kurzen Anlaufzeit ihre Ausgaben aus eigenen Einnahnahmen ohne Beihilfen der öffentlichen Hand dekken zu können, durchaus günstig. Die Ertragsrechnungen der alten Lufthansa können hier nicht zum Vergleich herangezogen werden. Seit 1939 sind mehr als anderthalb Jahrzehnte vergangen, und in dieser Zeit ist die mögliche Eigenwirtschaftlichkeit von Luftverkehrsunternehmungen bei sorgfältiger Planung erkannt und bewiesen. Die letzten Bilanzen vieler Luftverkehrsgesellschaften geben darüber Auskunft.
Natürlich liegen in allen Vorausberechnungen gewisse Unsicherheitsfaktoren. Wenn man aber, wie wir es getan haben, auf Grund der internationalen Erkenntnisse und Erfahrungen die Erwartungen auf einen Erfolg in Form nur eines Minimums einsetzt, so erscheint das Risiko begrenzt. Auf Grund sehr vorsichtiger Kalkulationen wird die Lufthansa nach Abschluß der zweiten Aufbaustufe im Betriebsjahr 1958 mit einem Park von sieben Flugzeugen für den Europadienst und von acht Super-Constellation für den interkontinentalen Dienst zu einer ausgeglichenen Ertragsrechnung kommen können. Voraussetzung für dieses erhoffte wirtschaftliche Ergebnis ist allerdings, daß man der Lufthansa gestattet, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu arbeiten, und sie nicht zwingt, unrentable Linien zu betreiben.
Der Investitions-Kapitalbedarf bei einer Flottengröße von 4 Convair 340-, 3 DC 3- und 8 Super Constellation-Flugzeugen beläuft sich auf 136 Millionen DM. Er soll durch Eigenkapital des Unternehmens in Höhe von 50 Millionen DM, durch verdiente Abschreibungen in Höhe von rund 45 Millionen DM, durch Bundesmittel in Höhe von rund 26 Millionen DM und durch Darlehen in Höhe von rund 15 Millionen DM gedeckt werden.
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Die Auswahl des Fluggeräts wurde allein nach technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Sie steht ja in erster Linie in der Verantwortung der Organe der Gesellschaft. Die besondere Lage der deutschen Luftverkehrsgesellschaft ist gekennzeichnet durch die Notwendigkeit eines Neuaufbaus der gesamten technischen Organisation und einer Schulung des Personals von Grund auf, ferner durch die Forderung, Anschluß zu finden an die Erfahrungen ausländischer Luftverkehrsgesellschaften, die in der Nachkriegszeit ihren Flugbetrieb auf einen hohen technischen Stand bringen konnten. Wir mußten sozusagen auf einen Zug aufspringen, der sich in voller Fahrt befindet, und konnten nicht auf dem Bahnsteig einsteigen. Daher durften wir nur Flugzeugmuster auswählen, die zur Zeit der Bestellung bereits bewiesen hatten, daß bei ihnen das technische Risiko auf ein möglichst geringes Maß herabgesetzt war. Also konnten nur völlig erprobte Flugzeuge mit genügend langem Einsatz und Bewährung im Luftverkehr in Auftrag gegeben werden. Daß die zukunftsträchtige Entwicklung der Propellerturbinen- und der Strahlturbinen-Verkehrsflugzeuge von uns und von der Lufthansa mit höchster Aufmerksamkeit verfolgt wird, ist selbstverständlich. Die Deckung des ersten Bedarfs an Fluggerät für den deutschen Luftverkehr bedeutet keinesfalls eine Festlegung oder eine einseitige Bindung in irgendeiner Beziehung, sowohl was die Flugzeugmuster, als auch was die Antriebsart oder das Ursprungsland angeht. Bei der Auswahl des Fluggeräts gab also der Grundsatz: „Sicherheit zuerst" den Ausschlag.
Ebenso wurde auch in der personellen Hinsicht verfahren. Fliegerisches Personal der Lufthansa wurde in England und in den Vereinigten Staaten ausgebildet, Stationspersonal erhielt seine Schulung in Betrieben ausländischer Unternehmen. Damit man ganz sicher geht, sitzen in der Anfangszeit am ersten Steuer der Lufthansa-Flugzeuge Kapitäne, die von der British-European Airways und von den amerikanischen Trans World Airlines zur Verfügung gestellt wurden, während deutsche Flugzeugführer als Co-Piloten fliegen. Dieser der Lufthansa gewährten Starthilfe der genannten Gesellschaften werden wir uns stets dankbar erinnern.
Seit Dezember 1953 laufen eigene Ausbildungsprogramme der Lufthansa. Sie sehen, wie früh wir anfangen mußten, um wenigstens über die notwendigen Co-Piloten zu verfügen. Anfangs begann sie am Linktrainer am Boden, später wurde sie im fliegenden Flugzeug fortgesetzt. In den bisher durchgeführten Kursen wurden 24 Flugzeugführer und 15 Flugingenieure ausgebildet. In der Schulung befinden sich zur Zeit 61 Flugzeugführer und 13 Flugingenieure.
Angesichts der kleinen Flotte der Lufthansa erscheinen diese Zahlen vielleicht hoch. Dabei ist aber zu bedenken, daß zu jedem Convair-Flugzeug zwei und zu jeder Super Constellation drei Besatzungen gehören. Jedes Flugzeug muß - selbstverständlich unter Einhaltung der von der Sicherheit diktierten Höchstgrenze - möglichst intensiv ausgenutzt werden, also fliegen. Nur das fliegende Flugzeug kann Geld verdienen. Die Zahl der Flugstunden des fliegenden Personals muß aber aus sozialen und Sicherheitsgründen beschränkt sein. Der Dienst erfordert physisch und psychisch einen sehr hohen persönlichen Einsatz. Die Schonung solch hochwertiger Kräfte zur Erhaltung ihrer Arbeitskraft ist nicht nur aus menschlichen und sozialen Gründen, sondern ebenso im wohlverstandenen Interesse der Luftverkehrsgesellschaft erforderlich.
Die Ausbildung des Lufthansapersonals ist in Hamburg konzentriert. Hier ist unter der großzügigen Förderung durch die Bürgerschaft und den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, für die wir sehr dankbar sind, eine technische Basis entstanden, die zu den schönsten und vor allem zweckmäßigsten Werften in der Welt zählen dürfte.
Damit lassen Sie mich, meine Damen und Herren, meine Antwort auf die Große Anfrage nach den Vorbereitungen für einen deutschen Luftverkehr schließen, die ich durch einen Bericht über schon Erreichtes und noch Geplantes ergänzen durfte.
Lassen Sie mich nun noch einiges zu der Frage nach der Luftfahrtpolitik sagen, welche die Bundesregierung zu verfolgen gedenkt.
Zunächst ein Wort zu einem Problem, das auch in diesem Hohen Hause schon behandelt worden ist, nämlich zu der Frage, weshalb es noch nicht zur Gründung einer europäischen Luftverkehrsgesellschaft gekommen ist. Seit zwei Jahrzehnten ist von den verschiedensten Seiten versucht worden, einen Zusammenschluß der Luftverkehrsunternehmen, sei es mit, sei es ohne übergeordnete internationale Behörde, herbeizuführen, um eine unrationelle Konkurrenz im Luftverkehr auszuschalten. Alle Bemühungen in dieser Richtung, insbesondere des Völkerbundes in den 30er Jahren, der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, der ICAO, seit 1944 und des Europarates - ich denke z. B. an den sogenannten Sforza-Plan von 1951 - hatten keinen Erfolg.
In der Straßburger ICAO-Konferenz 1954 zur Koordinierung des europäischen Luftverkehrs, in der die Bundesrepublik erstmals gleichberechtigt vertreten war, konnten wir ein Interesse an der Bildung einer europäischen Luftverkehrsgesellschaft im Sinne der Entschließung des Bundestages vom 23. Juni 1953 leider nicht feststellen. Abgesehen davon, daß schon die Bestrebungen der Bundesregierung, diesen Punkt auf die Tagesordnung der Konferenz zu bringen, nicht durchdrangen, war man, als die Frage anderweit doch zur Erörterung kam, weithin der Auffassung, der bisherige Wettbewerb solle in geregelter Form aufrechterhalten bleiben, weil nur er die Möglichkeit für laufende Verbesserungen und für eine Befriedigung des Bedarfs biete. Bei der immer noch stürmischen technischen Weiterentwicklung auf allen Gebieten der Luftfahrt befürchtete man vielfach, bei zu engen Bindungen gegenüber Entwicklungen in Großbritannien, in den Vereinigten Staaten und auch in Rußland ins Hintertreffen zu geraten. Diese Ansicht wird auch von dem gemeinsamen Luftfahrtstudienbüro der sechs größten europäischen Luftverkehrsgesellschaften in Brüssel geteilt.
Gegen eine europäische Luftverkehrsgesellschaft ist weiter angeführt worden die zu große Verschiedenartigkeit der zu vereinigenden nationalen Gesellschaften, und zwar nicht nur in ihren Verkehrszielen und in ihrem Fluggerät, sondern auch in der Struktur ihres Kapitals, das sich in unterschiedlicher Zusammensetzung teils in öffentlicher Hand, teils in Privatbesitz befindet.
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Für die Notwendigkeit einer wirksameren inter -nationalen Zusammenarbeit der Staaten und der Luftverkehrsgesellschaften zeigte sich auf der Straßburger Konferenz dagegen stärkstes Interesse. Zur weiteren gedeihlichen Entwicklung des europäischen Luftverkehrs wurde die Europäische Zivilluftfahrt-Kommission gegründet, die zu ihrer ersten Sitzung im November 1955 in Straßburg zusammentreten wird. Hier wird die Bundesrepublik aktiv und intensiv mitarbeiten. Die Deutsche Lufthansa ihrerseits wird sich dem Brüsseler Studienbüro anschließen, abgesehen von ihrer kürzlich erfolgten Aufnahme in die International Air Transport Association, die sogenannte IATA, die privatwirtschaftliche Vereinigung der Luftverkehrsgesellschaften, das Gegenstück zu der bereits gekennzeichneten ICAO, deren Mitglieder die Staaten sind.
Diese beiden Wege bieten zur Zeit die besten Möglichkeiten, mit denen wir einem sinnvollen Zusammengehen der verschiedenen Luftverkehrsunternehmen in Europa näherkommen können. Dabei sollte nicht verkannt werden, daß man nach dem heutigen Stand der Technik ein europäischer Luftverkehr für sich allein überhaupt nicht wirtschaftlich zu gestalten ist. Eine Integrierung allein für ein europäisches Streckennetz wäre daher wenig zweckvoll und böte keine befriedigenden wirtschaftlichen Aussichten. Um zu einer besseren Zusammenarbeit der europäischen Luftverkehrsgesellschaften und zu einer besseren Wirtschaftlichkeit zu gelangen, ist es nötig, zu erkennen, daß sich diese Zusammenarbeit nicht nur auf den Verkehr innerhalb Europas beschränken darf, sondern sich auch auf den interkontinentalen Verkehr von und nach Europa ausdehnen muß. Diese Möglichkeit sollte in der Tat genau untersucht werden. Gerade dazu ist die Europäische Zivilluftfahrt-Kommission geeignet. Vielleicht bieten sich aber auch noch andere Wege dadurch an, daß einige europäische Luftverkehrsgesellschaften gleicher Struktur mit gleichen Verkehrsinteressen und mit gleicher technischer Ausstattung Wege suchen und finden, um sich enger zusammenzuschließen.
Ich erinnere an Abkommen, die zwischen unserer Lufthansa und den beiden großen britischen Luftverkehrsgesellschaften seit 1954 und mit der Air France seit 1955 bestehen und die sehr ausbaufähig sind. Mit Pool-Verträgen, sei es auf einzelnen Verkehrslinien, sei es für bestimmte Verkehrsgebiete, läßt sich ein gutes Stück des Weges zu einer Zusammenfassung des Luftverkehrs zurücklegen. Gerade nachdem wir die Lufthoheit zurückerhalten haben, stehen wir all diesen Bestrebungen noch aufgeschlossener gegenüber. Eine Zusammenfassung des europäischen Luftverkehrs, wie sie uns vorschwebt, muß aber, um erfolgreich zu sein - ich darf dies nochmals ausdrücklich unterstreichen -, nicht nur den innereuropäischen Luftverkehr, sondern den gesamten von europäischen Luftverkehrsunternehmungen betriebenen Luftverkehr in Europa sowie von und nach Europa einschließen. Damit wir zu diesem Ziel gelangen, scheint es mir notwendig, eine Periode immer enger werdender Zusammenarbeit der Staaten und der Luftverkehrsgesellschaften vorzuschalten.
Wie ich schon erwähnen durfte, ist die Bundesrepublik durch die Pariser Verträge zum Beitritt in die ICAO verpflichtet, jener weltweiten Organisation, die 1944 durch das Abkommen von Chicago geschaffen wurde und der heute 66 Staaten angehören. Dieser Verpflichtung, verankert in dem „Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen", ist die Bundesrepublik insoweit bereits nachgekommen, als sie in der ICAO-Versammlung am 9. Juni dieses Jahres einen Aufnahmeantrag stellte, der in einer betont freundschaftlichen Atmosphäre mit 51 Stimmen bei 52 Stimmberechtigten unter einer Stimmenthaltung angenommen wurde. Nunmehr bedarf es noch der Zustimmung der UNO in ihrer Generalversammlung im kommenden Oktober. Hierzu ist nur einfache Stimmenmehrheit notwendig, so daß an einem zustimmenden Beschluß nicht zu zweifeln sein wird.
Der Beitritt zu der ICAO war auch vom Standpunkt der Bundesrepublik aus eine unbedingte Notwendigkeit; denn er schafft die staatsrechtlichen Grundlagen für eine Betätigung der Bundesrepublik im internationalen Luftverkehr. Materiell und zeitlich waren dabei einige Schwierigkeiten zu überwinden. Einmal mußte der Möglichkeit vorgebeugt werden, daß gewisse Staaten Einspruch gegen die Aufnahme der Bundesrepublik einlegen. Zum anderen war große Eile geboten, da die Hauptversammlung der ICAO nur alle zwei Jahre stattfindet und die Zeitspanne zwischen der Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit am 5. Mai und der nächsten Hauptversammlung in Montreal Anfang Juni 1955 nur recht knapp war. Beide Klippen konnten umfahren werden dank unserer sehr intensiv betriebenen Vorbereitungen und dank der besonderen Unterstützung durch die Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs.
Während der ICAO und der Europäischen Luftfahrt-Kommission die Aufstellung allgemein gültiger Grundsätze für Betrieb und Verkehr zufällt, ist der Austausch von Verkehrsrechten, d. h. die Genehmigung zur Aufnahme des Luftverkehrs zwischen den einzelnen Staaten, zweiseitigen Abkommen vorbehalten. Auch die Bundesrepublik wird nunmehr nach der Wiedererlangung ihrer Souveränität solche Abkommen in verhältnismäßig großer Zahl abzuschließen haben. Das ideale Ziel der ICAO, die Staaten noch enger aneinander zu binden und das System der bilateralen Abkommen durch ein allgemeines multilaterales Abkommen über den Austausch von Verkehrsrechten zu ersetzen, hat sich bisher nicht verwirklichen lassen. Aber die weitere Entwicklung deutet in diese Richtung, und wir werden uns intensiv bemühen, dieses Ziel bald zu erreichen.
Die Bundesrepublik hat offiziell über ein Luftverkehrsabkommen bisher mit den Vereinigten Staaten von Amerika und mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland verhandelt. Die informellen Vorbesprechungen mit Frankreich sind so weit gediehen, daß im Grunde nur noch ein formaler Abschluß fehlt. Weitgehend vorbereitet sind Abkommen mit Belgien und der Schweiz. Informelle Vorbesprechungen wurden ferner eingeleitet mit den skandinavischen Staaten, mit Island, Irland, Finnland, den Niederlanden, Spanien, Brasilien und Australien.
Diese Staatsverträge bedürfen in der Bundesrepublik der Ratifizierung durch die gesetzgebenden Körperschaften. Das Hohe Haus wird sich daher eingehend mit ihnen zu beschäftigen haben. In den anderen Staaten ist dies zum Teil nicht der
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Fall. In den Verträgen werden im wesentlichen geregelt: das Prinzip des Austausches von Verkehrsrechten bei einer gleichmäßigen und gerechten Behandlung der beiderseitigen Luftverkehrsunternehmen, die Tariffragen, die Zollfragen bei Ein- und Ausflug, die gegenseitige Anerkennung von Lufttüchtigkeitszeugnissen der Flugzeuge und von Befähigungszeugnissen der Besatzungen, der künftige Meinungsaustausch über die Luftfahrtbeziehungen, die Möglichkeit einer Konsultation und die Einsetzung eines Schiedsgerichts bei Meinungsverschiedenheiten.
Die Staatsverträge werden ergänzt durch einen diplomatischen Notenwechsel über die Fluglinien im einzelnen, die von den Luftverkehrsunternehmen der beiden Staaten betrieben werden dürfen. Diese Liste der Fluglinien enthält also den Niederschlag der gegenseitig eingeräumten Rechte zu Landungen im Staatsgebiet des Partners und zum Durchflug durch den über seinem Staatsgebiet befindlichen Luftraum; denn dieser Luftraum gehört zu dem jeweiligen Hoheitsgebiet. Landungen in dem Gebiet des anderen Staates sind natürlich nur dann wirklich interessant, wenn sie mit dem Recht verknüpft sind, Fluggäste, Fracht und Post aus allen Häfen der betreffenden Fluglinie abzusetzen und nach allen Häfen dieser Linie aufzunehmen.
Da ein multilaterales Luftverkehrsabkommen bisher nicht besteht, sind bereits sehr viele bilaterale Abkommen zwischen den Handelsluftfahrt treibenden Staaten abgeschlossen worden. Oft haben diese Verhandlungen monatelang gedauert, manche wurden ohne positives Ergebnis abgebrochen. Für die Bundesrepublik ist die Ausgangslage bei diesen Verhandlungen insofern gewiß nicht einfach, als die anderen Staaten sich bereits viele Verkehrsrechte gegenseitig gewährt haben und man auf die Einschaltung der Bundesrepublik in dieses System nicht gerade gewartet hat. Es war also auch hier geboten, sehr frühzeitig Fühlung aufzunehmen und abklärende Vorverhandlungen durchzuführen.
Am wichtigsten erschien der Abschluß von Abkommen mit den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Frankreich. Bei der Festlegung der Verkehrsrechte handelt es sich nicht etwa nur darum, diejenigen Rechte zu erwerben, die sofort ausgeübt werden können; vielmehr muß hier auf weite Sicht geplant werden, um der Gefahr zu begegnen, daß der Partner bestimmte Rechte später anderweitig in einer Weise vergibt, welche die Erfüllung unserer eigenen Wünsche ausschließen würde.
Zu dem Ergebnis der bisherigen Verhandlungen darf ich zusammenfassend sagen, daß es gelungen ist, für die Bundesrepublik die bedeutenden Luftstraßen der Welt zu erschließen. Ich darf diese erfreuliche Feststellung durch eine knappe Skizze dessen, was bisher erreicht worden ist, belegen.
Das Abkommen mit den Vereinigten Staaten ist am Donnerstag der vorigen Woche in Washington so, wie es von den beiden Delegationen vereinbart worden war, unverändert unterzeichnet worden. Sie wissen, daß es nach seiner Paraphierung durch die Leiter der beiden Delegationen nochmals eingehend durch die verantwortlichen amerikanischen Behörden geprüft worden ist. Einige amerikanische Unternehmen hatten mit dem Hinweis Einspruch erhoben, die der Bundesrepublik eingeräumten Rechte seien weitergehend als die an andere Staaten gewährten Rechte. Daraufhin hatten Kreise des amerikanischen Senats den Wunsch nach einer Überprüfung geäußert. Die Verhandlungen waren also keineswegs gescheitert, wie manche annehmen zu müssen glaubten, sondern es hatte sich lediglich die Unterzeichnung des Abkommens verzögert. Wir zweifelten nicht, daß unterzeichnet werden würde, weil wir der Überzeugung waren und sind, daß das Abkommen den Interessen sowohl der Vereinigten Staaten wie der Bundesrepublik gleichermaßen 'Rechnung trägt und in durchaus fairer Weise einen Ausgleich zwischen den Verkehrsrechten der amerikanischen Unternehmen im Bundesgebiet und des deutschen Luftverkehrs in den Vereinigten Staaten darstellt.
Der deutsche Luftverkehr hat durch dieses Abkommen das Recht zu folgenden Linien erworben:
1. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach Boston, New York und Philadelphia, also zur nordamerikanischen Ostküste, und darüber hinaus von den USA über Flughäfen in der karibischen See nach Südamerika;
2. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach Chicago - eine im Hinblick auf den hohen Anteil deutschstämmiger Bevölkerung in diesem Raum luftverkehrswirtschaftlich für uns recht interessante Strecke -;
3. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach San Francisco oder Los Angeles, wobei die Bundesrepublik zu einem späteren Zeitpunkt die Wahl des Endpunktes treffen kann; diese Strecke zur nordamerikanischen Westküste kann auch über das Polgebiet geführt werden.
Diesem Abkommen mit den USA folgt nun das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, das wir in der letzten Woche in London abgeschlossen haben. Ich freue mich, sagen zu können, daß das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von dem Geist einer kameradschaftlichen Zusammenarbeit getragen wird, demselben Geist, aus dem die frühere Vereinbarung der beiden britischen Luftverkehrsgesellschaften BOAC und BEA mit der Deutschen Lufthansa entstanden ist.
Der deutsche Luftverkehr erhält hier das Recht zum Betrieb folgender Strecken:
1. vom Bundesgebiet über Zwischenlandepunkte nach London, Manchester, Glasgow und Edinburgh sowie über Manchester nach Dublin, der Hauptstadt Irlands;
2. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze und über Manchester nach Kanada und den Vereinigten Staaten; hier findet sich die Ergänzung zu den Rechten, die uns die Vereinigten Staaten gewährt haben.
Dasselbe gilt von der nächsten Strecke, die vom Bundesgebiet über Südwesteuropa, die Azoren und die Bahama-Inseln nach Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Peru geflogen werden kann. Diese Strecke nach Mittelamerika und dem Nordteil von Südamerika ist also in Zusammenhang mit dem Luftverkehr nach den USA zu werten.
Das weitere traditionelle Ziel der deutschen Handelsluftfahrt, der Ferne Osten, wird uns durch eine Strecke erschlossen mit der Linienführung vom Bundesgebiet über Süd- und Südosteuropa, Ägypten oder die Türkei, den Mittleren Osten, Pakistan und Indien nach Kalkutta. Hier gabelt sich
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die Strecke; der eine Strang kann über Bangkok und Hongkong nach Japan führen, der andere über Ceylon und Singapore nach Indonesien, Australien und Australasien. Wesentlich war hier die Gewährung von Verkehrsrechten durch das Vereinigte Königreich für Landungen in Hongkong und Singapore.
Schließlich erhält der deutsche Luftverkehr das Recht auf Strecken nach der Südafrikanischen Union. Diese können sowohl entlang der afrikanischen Ostküste über Nairobi als auch entlang der Westküste des Schwarzen Erdteils über Kano oder Lagos in Nigeria geführt werden.
Die Unterzeichnung des Abkommens wird voraussichtlich nächste Woche erfolgen.
Die Besprechungen mit Frankreich lassen als Ergebnis eine Abrundung und Ergänzung der genannten Strecken erkennen. Abgesehen von dem Nachbarschaftsverkehr zwischen deutschen und französischen Flughäfen stehen hier für den deutschen Luftverkehr die wichtigsten Durchflug- und Landerechte auf den Strecken nach Nord-, Mittel-und Südamerika sowie nach Südafrika in Aussicht.
In einer überraschend kurzen Zeit konnten also dank rechtzeitig eingeleiteter Vorbereitungen die wichtigsten luftverkehrspolitischen Probleme in einer die Interessen der Bundesrepublik voll befriedigenden Weise gelöst werden. Dies gibt unserer Lufthansa die Voraussetzungen für neue Planungen, die ohne Sicherung der Rechtslage im luftleeren Raum gestanden hätten. Davon hängt auch die zukünftige Materialpolitik ab. Die Organe der Lufthansa, insbesondere auch ihr technischer Ausschuß unter dem Vorsitz von Professor Brandt, sind mit diesen Untersuchungen beschäftigt. Bevor sie uns ihre Auffassung dargelegt haben, möchte auch ich mich noch zurückhalten. - Finanziell sieht es so aus, daß wir in den nächsten Jahren noch weitere 100 Millionen DM investieren möchten, aber möglichst nicht zu Lasten des Haushalts. Auch dieses Probelm wird von den Organen der Lufthansa zur Zeit eingehend bearbeitet.
Bis zu dem Wirksamwerden von zweiseitigen Luftverkehrsabkommen behalten die das Bundesgebiet anfliegenden ausländischen Luftverkehrsgesellschaften ihre durch das ehemalige Civil Aviation Board erteilten Verkehrsrechte, und zwar ab 5. Mai 1955 auf ein Jahr, längstens auf zwei Jahre, sofern Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen begonnen haben, jedoch noch nicht beendet worden sind. Diese ebenfalls in dem Überleitungsvertrag enthaltene Regelung zugunsten von rund 30 ausländischen Unternehmen hat ihre Berechtigung in dem Wunsch aller Beteiligten, nicht etwa am Tage der deutschen Lufthoheit über dem Bundesgebiet mehr oder weniger ein Vakuum entstehen zu lassen. Es wäre ebensowenig sinnvoll gewesen, hätte man die bestehenden Konzessionen der ausländischen Gesellschaften erlöschen lassen und anschließend nur ein beschränktes Verkehrsvolumen bewilligt. In beiden Fällen wäre unsere Wirtschaft betroffen worden. Denn da die deutsche Lufthansa das Schwergewicht auf die interkontinentalen Flugdienste legt, wird sie auf Jahre hinaus den Luftverkehr über dem Bundesgebiet nicht in einem Umfang übernehmen können, in dem er im Interesse der deutschen Wirtschaft durchzuführen ist.
Die Bundesregierung wird daher auf der internationalen Ebene eine möglichst freiheitliche Luftverkehrspolitik betreiben, ausgehend von den echten Verkehrsbedürfnissen, dabei allerdings unter voller Aufrechterhaltung der deutschen Ansprüche auf Verkehrsrechte.
Bei der Vergabe von Verkehrsrechten an Luftverkehrsgesellschaften des Auslandes wird in jedem Fall sorgfältig geprüft werden, ob die beantragte Strecke der Befriedigung eines echten Verkehrsbedürfnisses dienen würde. Wird diese Frage bejaht, so neigen wir grundsätzlich dazu, für diese Strecke uneingeschränkte Verkehrsrechte zu gewähren, um die verfügbaren Kapazitäten voll auszunutzen.
Einer besonderen Regelung bedarf der sogenannte Kabotageverkehr, also Beförderungen zwischen zwei Flughäfen innerhalb des Bundesgebiets. Das Recht auf Kabotageverkehr wird in Zukunft ausländischen Gesellschaften in der Bundesrepublik grundsätzlich nicht mehr gewährt werden. Dieses Verfahren entspricht einer allgemeinen internationalen Übung. Das schließt allerdings nicht aus, daß in Einzelfällen solche Rechte ausnahmsweise dann gewährt werden können, wenn es den deutschen Verkehrsinteressen entspricht.
Man darf wohl sagen, daß sich die neue Lufthansa erfreulicherweise in völliger Harmonie in die Symphonie der völkerverbindenden Handelsluftfahrt eingefügt hat.
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Von vornherein war es ihr Bestreben, auch in der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit anderen Luftverkehrsgesellschaften das Erbe der alten Lufthansa anzutreten. Es erwies sich, daß das Wiedererscheinen deutscher Verkehrsflugzeuge von den ausländischen Luftverkehrswirtschaften als eine Selbstverständlichkeit angesehen wurde und daß man zu einer Zusammenarbeit von vornherein bereit war. Bisher schon sind Vereinbarungen der Lufthansa mit den beiden britischen Gesellschaften BEA und BOAC sowie mit der Air France zustande gekommen, welche die sinnvolle Eingliederung der deutschen Kräfte irr den internationalen Luftverkehr fördern. Ein Poolabkommen zwischen der Air France und der Lufthansa ist geschlossen, weitere Poolabkommen mit der BEA und der spanischen Luftverkehrsgesellschaft Iberia stehen vor der Unterzeichnung.
Damit habe ich die Frage nach der künftigen Luftfahrtpolitik beantwortet, soweit sie nach dem Ausland hin in Erscheinung tritt. Innerhalb unserer deutschen Luftverkehrsorganisation ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, daß neben der deutschen Lufthansa weitere Unternehmen ihren Betrieb aufnehmen. Wir werden aber dafür zu sorgen haben, daß ein unrationelles Nebeneinander vermieden wird. Die Entwicklung nach dem ersten Weltkrieg, von der Herr Schneider schon sprach, darf sich nicht wiederholen, als es zeitweise wohl rund 60 Luftverkehrsunternehmen in Deutschland gab. Was war damals die Folge? Vier Jahre nach Kriegsende waren nur noch zwei Unternehmen vorhanden, Aerolloyd und Junkers; die anderen hatten ihre Selbständigkeit aufgeben oder ihren Betrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten überhaupt einstellen müssen.
Die jetzt im Bundesgebiet tätigen Firmen, die Charterflüge, Rund- und Reklameflüge durchführen, sind im Grunde Maklerunternehmen, die aus({9})
ländisches Fluggerät gemietet haben. Es sind also noch keine Luftfahrtunternehmen im Sinne des deutschen Luftverkehrsgesetzes und der Verordnung über den Luftverkehr. Wer künftig mittels eigener oder fremder Luftfahrzeuge Personen oder Sachen gewerblich befördern will, also als echtes Luftfahrtunternehmen tätig sein will, muß die hierfür erforderliche Genehmigung nach § 11 des Luftverkehrsgesetzes bei der zuständigen obersten Landesbehörde beantragen. Fluglinien, deren Betrieb über ein Land der Bundesrepublik hinausgeht, genehmigt der Bundesminister für Verkehr im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden. Im Interesse eines geordneten Wiederaufbaus des deutschen Luftverkehrs wird es notwendig sein, bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit und insbesondere der technischen Grundlagen der Betriebe einen strengen Maßstab anzulegen. Außerdem muß darauf geachtet werden, daß durch das Entstehen solcher Unternehmen die sinnvolle Gestaltung des Verkehrs in seiner Gesamtheit, das sich ergänzende Zusammenwirken aller Verkehrsträger, nicht gestört wird.
Damit bin ich am Schluß.
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Ich bin dankbar, daß mir Gelegenheit gegeben wurde, dem Hohen Hause über die Fragen zu berichten, deren Bedeutung für das deutsche Volk ständig stärkeres Gewicht gewinnt. Ich darf abschließend feststellen: Mit dem 5. Mai 1955 sind die Fesseln gefallen, die unserem Verkehr zu Wasser und zu Luft in Potsdam angelegt wurden.
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Der deutsche Verkehr ist in allen seinen Sparten wieder frei, und ein berechtigtes Anliegen des deutschen Volkes ist damit erfüllt.
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Ich erteile das Wort dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zur Beantwortung des Punktes 3 der Großen Anfrage.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche Luftfahrtindustrie ist nach dem zweiten Weltkrieg vollständig demontiert worden. Von den Alliierten wurde ihr die Betätigung nicht nur auf dem militärischen Sektor, sondern auch auf dem Gebiet des zivilen Flugzeugbaus verboten. Das Gesetz der Alliierten Hohen Kommission Nr. 24 machte keinerlei Unterschied zwischen der Herstellung von Jagd- und Bombenflugzeugen einerseits und Transportflugzeugen oder selbst kleinen Sport-und Segelflugzeugen andererseits.
Nach dem das AHK-Gesetz Nr. 24 abändernden AHK-Gesetz Nr. 61 wurde seit dem 26. Juli 1951 der Bau von Segelflugzeugen wieder gestattet. Die Voraussetzungen für den Wiederaufbau einer deutschen Luftfahrtindustrie wurden aber damit noch nicht wieder gesetzt. Sie sind vielmehr erst am 5. Mai 1955 durch den Wegfall der AHK-Gesetze Nrn. 24 und 61 mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge und in deren Rahmen geschaffen worden.
Im Rahmen der Pariser Verträge gelten auf dem Gebiete der Luftfahrtindustrie gegenwärtig die in dem Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle enthaltenen deutschen Verzichte auf die Herstellung von Bombenflugzeugen für strategische
Zwecke und von ferngelenkten Geschossen. Ferngelenkte Geschosse dürfen in der Bundesrepublik nicht hergestellt werden, wenn sie gewisse Abmessungen und Leistungen überschreiten. Darüber hinaus unterliegen die eigentlichen Kampfflugzeuge, Flugzeugzellen, die eigens und ausschließlich für Kampfflugzeuge bestimmt sind, sowie die Strahl- und Propellerturbinen und Raketentriebwerke für militärische Verwendungszwecke und alle ferngelenkten Geschosse gemäß der Anlage IV zum Protokoll Nr. III einer mengenmäßigen Lagerkontrolle durch das Rüstungskontrollamt der Westeuropäischen Union. Aber hier liegt keine Besonderheit gegenüber der deutschen Industrie vor, sondern das ist eine allgemeine Bindung für alle Länder der Union.
Nach Art. 26 Abs. 2 des Grundgesetzes dürfen zur Kriegführung bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Bei Auslegung dieser Bestimmung des Grundgesetzes ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Flugmotoren und Flugzeuge ohne Bewaffnung oder besondere Einrichtungen zur Aufnahme der Bewaffnung nicht unter den Begriff der zur Kriegführung bestimmten Waffen fallen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß eine deutsche Luftfahrtindustrie für die deutsche Volkswirtschaft wünschenswert, ja notwendig ist. Die Luftfahrtindustrie ist in den letzten Jahrzehnten ein Schrittmacher des technischen Fortschritts gewesen. Deutschland ermangelt seit 10 Jahren des Impulses dieser Industrie, den es aber dringend benötigt, wenn es auf längere Sicht technisch nicht ins Hintertreffen geraten soll.
Durch die vorerwähnten Produktionsverbote ist die Luftfahrtindustrie ganz besonders benachteiligt worden. 1945 wurden zwar auch andere Industriezweige von Verboten betroffen, z. B. bestimmte Teile der Werkzeugmaschinenindustrie und des Schiffbaus. Aber hier blieben immer noch die Herstellung gewisser Werkzeugmaschinen und die Reparatur von Schiffen sowie der Neubau kleinerer Schiffe erlaubt, während das Verbot der Luftfahrtindustrie vollständig war. Die, Verbote für die genannten Industriezweige sind schon vor langer Zeit wieder gefallen, und so konnten diese Industrien auch am Wiederaufbau der Wirtschaft teilhaben und ihre Kriegs- und Demontageverluste zum größten Teil wieder ausgleichen. Nicht so der Luftfahrzeugbau, der erst jetzt wieder aktiver Teil der deutschen Wirtschaft werden kann und den man deshalb nicht mit Unrecht den „Spätheimkehrer der deutschen Wirtschaft" genannt hat.
Der Wiederaufbau dieser Industrie soll sich in privatwirtschaftlichen Formen vollziehen. Ansatzpunkte für ihre Entwicklung sind gegeben durch noch vorhandene Fabrikationsanlagen sowie Führungskräfte auf dem Gebiete der Fertigung und Entwicklung. Teilweise stehen auch kapitalkräftige Gruppen hinter den an einem Wiederaufbau interessierten Betrieben.
Die Auftragsaussichten für die wiedererstehende Industrie beruhen auf einem Bedarf an Schul- und Sportflugzeugen, der sich in bereits jetzt vorliegenden Importaufträgen widerspiegelt. Daneben wird sich auch ein Markt für kleine und mittlere Reise- und Transportflugzeuge ergeben. Es ist zu erwarten, daß vor allem deutsche Exportfirmen hier als Hauptabnehmer auftreten werden. In diesem Zusammenhang ist z. B. aufschlußreich, daß es in den
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USA zur Zeit etwa 21 500 Privatflugzeuge gibt, denen nur 1300 Flugzeuge für den regulären Linienverkehr gegenüberstehen.
Wir wissen natürlich, daß die Fertigung von modernen Großverkehrsflugzeugen für den interkontinentalen Luftverkehr Probleme stellt, die nicht einfach zu lösen sind. Die Herstellung solcher Flugzeuge wird daher bis auf weiteres nicht in Betracht kommen.
Der schnelle Fortschritt der Luftfahrttechnik während der letzten 15 Jahre hat seinen Ursprung eindeutig in den militärischen Forderungen. Die USA haben ihren Vorsprung vor den anderen Ländern im Bau von schnellen Großverkehrsflugzeugen der Tatsache zuzuschreiben, daß sie sich im zweiten Weltkrieg auf den Bau von Großbombern spezialisieren mußten. In allen Ländern spielt die Fertigung für die Luftstreitkräfte die Hauptrolle im Programm der Luftfahrtindustrie. Es wird also auch in der Bundesrepublik weitgehend von den Aufträgen des Verteidigungsministeriums abhängen, in welchem Umfang die deutsche Luftfahrtindustrie wieder aufgebaut werden kann. Die mutmaßlich in Frage kommenden Stückzahlen dürften den Aufbau einiger Firmen rechtfertigen.
Die Bundesregierung hält eine Zusammenarbeit mit unseren westeuropäischen Verbündeten auf diesem Sektor für wirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Sie erwartet jedoch, daß sich eine solche Zusammenarbeit nicht auf Lieferangebote des Auslandes beschränkt, sondern daß es zu einer echten Arbeitsteilung kommt, bei der jeweils beide Teile Gebende und Nehmende sind.
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, auf dem Gebiet der Luftfahrtindustrie selbst unternehmerisch tätig zu werden, sondern will dieses Feld der Privatindustrie überlassen. Dieser gedenkt sie allerdings jede Unterstützung zu gewähren, die möglich ist und im Rahmen der Marktwirtschaft sinnvoll erscheint. Insbesondere wird hier an Remontagekredite und andere Investitionskredite gedacht, wie sie in den vergangenen Jahren auch anderen Industriezweigen gewährt wurden. Die Bundesregierung beurteilt also die Möglichkeit, eine leistungsfähige deutsche Luftfahrzeugindustrie wieder aufzubauen, positiv. Tempo und Ausmaß eines solchen Aufbaues werden im wesentlichen von den Aufträgen abhängen, die diese Industrie zu erwarten hat.
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Ich frage das Haus, ob es eine Beratung der Großen Anfrage wünscht. Wenn ja, bitte ich mindestens 30 Abgeordnete, das Zeichen zu geben; denn nur wenn 30 anwesende Mitglieder des Hauses es verlangen, kann ich in die Beratung der Großen Anfrage eintreten. - Die Unterstützung reicht aus. Wir treten in die Beratung ein.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der in den letzten Monaten allseitigen und meist nur zu berechtigten Kritik, die der Herr Bundesverkehrsminister in diesem Hause gefunden hat, ist es ihm vom Herzen zu gönnen, daß er heute einmal ausführlich über seine Luftverkehrspolitik sprechen konnte; denn auf diesem Gebiete sind ihm ganz zweifellos
Verdienste nicht abzusprechen. Ich bin allerdings von verschiedenen Freunden aus meiner Fraktion - und ich glaube, dabei auch die Zustimmung aus anderen Fraktionen zu haben - gebeten worden, zu sagen, daß diese Darlegungen ein wenig zu ausführlich gewesen sind, insbesondere, soweit sie sich mit der Vergangenheit beschäftigt haben. Mit der Großen Anfrage wollten die Antragsteller wissen, was in der Zukunft geschehen soll, Herr Bundesminister. Ich bin auch gebeten worden, zum Vortrag zu bringen, daß es vielleicht besser gewesen wäre, eine Rede zu halten, als eine Schreibe vorzulesen.
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Aber ich meine in allem Ernst, daß auf dem Gebiet der Luftverkehrspolitik dem Herrn Bundesverkehrsminister erhebliche Verdienste nicht abgesprochen werden können, genau so wenig wie dem vorbereitenden Ausschuß „Luftfahrt", von dem er selbst gesprochen hat, und dessen Vorsitzenden, Dr. Weigelt, und genau so wenig wie etwa seinen Mitarbeitern im Ministerium oder aber den Herren von der Deutschen Lufthansa.
Die Deutsche Lufthansa hat einen schwierigen Start gehabt. Es geht an die Nerven, wenn man jahrelang in der Klause sitzen, Pläne machen, Pläne wieder verwerfen, neue Pläne machen muß und nie an die praktische Arbeit gehen kann. Wir haben ein ähnliches Beispiel in der ehemaligen Dienststelle Blank, wo man auch vier Jahre lang verurteilt war, Pläne zu machen, um sie anschließend wieder zu verwerfen und neue Pläne zu machen. Das hat im Endergebnis infolge der offenbar damit verbundenen hohen nervlichen Belastung dazu geführt, daß man, als es soweit war, zu einem Kurzschluß in der Form des Freiwilligengesetzes gelangt ist. Wir sind also durchaus in der Lage, der Deutschen Lufthansa zu bestätigen, daß sie in derselben Situation der Nervenbelastung nicht zu einem Kurzschluß, nicht zu einem Fehlstart, sondern, soweit sich das bisher und bis heute überblicken läßt, zu einem sehr anständigen und gelungenen Start gekommen ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Bemerkungen des Kollegen Schneider beipflichten, der ausdrücklich die Materialpolitik, wie es in der Fachsprache heißt, d. h. die Auswahl der Flugzeuge durch die Deutsche Lufthansa, verteidigt und bestätigt hat. Auch wir sind der Auffassung, daß zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Entscheidungen getroffen werden mußten, eine bessere Entscheidung nicht möglich war.
Ich benutze die Gelegenheit, namens meiner politischen Freunde unser Vertrauen in die kaufmännischen und technischen Fähigkeiten des Vorstandes der Deutschen Lufthansa zum Ausdruck zu bringen. In demselben Zusammenhang muß aber erwähnt werden, daß wir mit einer gewissen Skepsis den Aufsichtsrat dieser Gesellschaft, seine Tätigkeit und seine Zusammensetzung betrachten. Wir haben den Eindruck, daß die Tätigkeit der Gesellschaft erschwert wird durch eine zu starke und zu sehr ins Detail gehende Einflußnahme von seiten des Aufsichtsrates, d. h. in Wirklichkeit von seiten der Bonner Bundesbürokratie, die diesen Aufsichtsrat bildet.
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Wir glauben, Herr Bundesminister, daß Sie sehr sorgfältig prüfen sollten, ob es nicht vermieden werden kann, daß die Deutsche Lufthansa schon zu Beginn ihrer Tätigkeit in eine Situation hinein({2})
ruscht, die eigentlich dadurch gekennzeichnet werden könnte, daß man sagt, sie sei eine Unterabteilung des Bundesverkehrsministeriums. Davon möchten wir dringend abraten.
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Man kann hier von zwei verschiedenen Extremen reden. Das eine Extrem wäre die Art und Weise, wie der Herr Bundesfinanzminister das Volkswagenwerk an der Longe zu führen beliebt. Diese Longe ist so lang und so dünn, daß man sie gar nicht mehr erkennen kann. Bei der Lufthansa haben wir umgekehrt das Gefühl, daß sie durch die Bürokratie zu stark angebunden ist.
Wir halten auch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht für glücklich. Ich bin nicht der Meinung, daß es eine richtige Sache ist, Oberstadtdirektoren von ehrgeizigen Städten mit Flughäfen in die Lufthansa zu nehmen, weil es dazu führen muß, daß man hinterher aus Prestigegründen auf die Deutsche Lufthansa Einfluß nimmt, diesen oder jenen Flughafen anzufliegen - genau so wie aus außenpolitischen Prestigegründen Einfluß genommen wird, diese oder jene außerdeutsche Stadt anzufliegen. Nichts ist bei dem Aufbau dieses deutschen Luftverkehrsunternehmens so unzweckmäßig wie etwa dies, die kaufmännischen Entscheidungen Prestigeerwägungen unterzuordnen.
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Ich glaube übrigens, daß die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht zuletzt einer der Gründe dafür war, daß es trotz aller Bemühungen bisher nicht gelungen ist, das Privatkapital in stärkerer Weise zu interessieren. Ich darf einmal das Hohe Haus und den Herrn Bundesverkehrsminister darauf hinweisen, daß es in meiner Vaterstadt, in Hamburg, für die großen öffentlichen Unternehmen und auch für die Verkehrsunternehmen - wir haben in Hamburg beispielsweise den Seehafen, den Flughafen und die Hochbahn - üblich ist, die Aufsichtsräte nicht ausschließlich mit den Beamten der Verwaltung zu besetzen, sondern zu einem Drittel mit Arbeitnehmern - das versteht sich von selbst -, zu einem Drittel mit Vertretern der Exekutive, aber zu einem Drittel auch mit Persönlichkeiten, die entweder aus dem Parlament oder aus den Branchen oder aus der Bankwelt kommen. Diese Zusammensetzung garantiert jedenfalls, daß sich in diesen Aufsichtsräten keine bürokratische Inzucht entwickeln kann.
Ich glaube, daß diese Anregung im übrigen nicht nur für den Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa, sondern vielleicht auch für die Aufsichtsräte anderer bundeseigener Unternehmungen zum mindesten der Erwägung wert wäre.
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Eine Kapitalerhöhung - davon ist in der Antwort des Herrn Bundesministers die Rede gewesen - wird in absehbarer Zeit nötig sein. Ich glaube wirklich, daß hierzu neue Wege beschritten und neue Verbindungen angeknüpft werden müssen, um privates Kapital zu interessieren. Der Bundeshaushalt wird genug strapaziert, wenn er in den nächsten Jahren, wie wir das durchaus wollen, die Zuschußbedürfnisse der Deutschen Lufthansa befriedigen muß.
Ich darf mir erlauben, zum Zuschußbedarf zwei Bemerkungen zu machen. Damit er so schnell verschwindet, wie es der Minister hofft, ist ein schrittweiser, aber zügiger Ausbau bis zur Rentabilitätsschwelle notwendig. Dieser Ausbau - das möchte ich noch einmal betonen - darf nicht durch die vorzeitige Erfüllung irgendwelcher innerdeutscher Wünsche gestört werden. Es muß zunächst einmal die Rentabilität dieser Gesellschaft erreicht sein, dann erst kann man darangehen, spezifische deutsche Verkehrswünsche zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine andere Bemerkung machen. Herr Bundesminister, es scheint sehr fraglich zu sein, ob es zweckmäßig ist, in demselben Zeitraum, in dem das Parlament jedes Jahr durchaus beträchtliche Zuschüsse an die Lufthansa zu bewilligen haben wird, auf dem Konkurrenzsektor - ich meine die große Passagierseeschiffahrt - von Bundes wegen mit noch größeren Beträgen tätig zu werden und sich zu engagieren.
Gerade als Hamburger, der ich die Entwicklung auf beiden Sektoren, sowohl auf dem Gebiet der Luftfahrt als auch auf dem der Passagierseeschifffahrt, ständig vor Augen habe, möchte ich angesichts offizieller und offiziöser Verlautbarungen, die wir in den letzten Wochen auf diesem Gebiet zur Kenntnis bekommen haben, sehr eindringlich darum bitten, sich der Gefahr bewußt zu sein, daß eine Verzettelung dazu führen kann, daß auf beiden Gebieten nichts Ganzes und Vollständiges geschaffen wird. Es kann womöglich richtiger sein, zunächst das eine zu erledigen und dann erst das andere zu beginnen.
Ich möchte zur Lufthansa noch eine Schlußbemerkung machen. Meine politischen Freunde und ich wünschen mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen, daß wir in der Zukunft keinerlei Entwicklungen von der Art sehen möchten, wie sie unmittelbar vor und nach 1933 stattgefunden haben hinsichtlich der Verknüpfung von Militärluftfahrt und Deutscher Lufthansa.
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Der Herr Bundesverkehrsminister hat mehrfach in dieser Richtung Zusagen abgegeben. Wir wünschen - das möchte ich mit allem Nachdruck auch von uns aus zum Ausdruck bringen - keinerlei Entwicklungen in jener Richtung, wie sie sich in der damaligen Zeit etwa in der Person von Herrn Erhard Milch und anderen manifestierten.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat dann weiter über die deutschen Flughäfen gesprochen. Ihm ist darin beizupflichten, daß wir deren zur Zeit durchaus genug haben. Vielleicht haben wir sogar schon einen oder zwei über den Durst. Ich will das hier nicht beurteilen. Meine Damen und Herren, es ist an die Städte die Aufforderung zu richten, keinerlei trügerische Hoffnungen an derlei Projekte zu knüpfen. Ich möchte mir an dieser Stelle auch die Einzelbemerkung gestatten, daß es im RheinRuhr-Bezirk nicht angängig ist, zwei Großflughäfen acht Flugminuten nebeneinander zu errichten, und daß man sich entscheiden muß, entweder den einen oder den anderen auszubauen. Ich sage das, obwohl ich dem Herrn Direktor des - wie heißt er so schön? - „Köln-Bonner Flughafens Wahn zu Porz" durchaus verbunden bin.
Auch der Herr Bundesverkehrsminister hat von diesem Köln-Bonner Flughafen Wahn zu Porz gesprochen und von der Belästigung durch die Militärfliegerei auf diesem Hafen, die übrigens neulich dazu geführt hat, daß der Flugplatz für eine Reihe von Tagen für zivile Zwecke überhaupt ge({7})
sperrt wurde. Diese Militärfliegerei auf dem Flughafen beschert uns ja trotz unserer Souveränität immer wieder Sturzflüge auf die Köpfe der Bewohner der vorläufigen Bundeshauptstadt, Sturzflüge, die uns in unseren Ausschußsitzungen erschrecken. Auch an dieser Stelle, Herr Minister Seebohm, sei einmal die Frage gestattet: Wie ist das denn eigentlich mit unserer Souveränität? Ist das auf diesem Gebiete genau so, wie es aus Ihrer Antwort in der vorigen Woche auf die Anfrage betreffend die Beschädigungen der Autobahnen durch alliierte Panzer hervorging, daß man nämlich sagen muß: Wir können leider bloß bitten, aber wir können die Leute da nicht wegkriegen? Ich meine, daß es nun wirklich einmal an der Zeit ist, diese Belästigung abzustellen.
Im Zusammenhang mit dem Flughafen darf ich noch auf ein anderes Problem aufmerksam machen. Der Herr Minister Seebohm sprach davon, daß die Lufthansa in die IATA, in die International Air Transport Association, aufgenommen worden ist. Die IATA hat eine Reihe von sehr wichtigen Aufgaben im internationalen Luftverkehr und hat sie verdienstvollerweise bisher auch erfüllt. Man muß aber darauf aufmerksam machen, daß die IATA ein großes und starkes internationales Preiskartell ist, in dem die amerikanischen Gesellschaften den Ton angeben und die erste Geige spielen. Man muß darauf aufmerksam machen, daß das Tarif- und Ratengefüge der IATA, das übrigens fast schon genau so kompliziert ist wie dasjenige der Deutschen Bundesbahn, ein Kunstschach fürwahr, für die Interessen der deutschen Volkswirtschaft und besonders für gewisse Gebiete des deutschen Wirtschaftsraumes außerordentlich wichtig ist und auch deshalb von der offiziellen Bundesverkehrspolitik unter die Lupe genommen werden sollte, wenngleich es sich hier um einen privatwirtschaftlichen Verband handelt.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat dann gegen Schluß seiner Rede auch von den Chartergesellschaften gesprochen, von den privaten Luftverkehrsgesellschaften, die jetzt in Deutschland wie Pilze aus dem Boden schießen. Gewiß, hinter diesen Gesellschaften stehen meist Interessen ausländischer Luftverkehrsgesellschaften, und gewiß ist gerade in bezug auf diese Chartergesellschaften - darin ist Herrn Seebohm Recht zu geben - eine besondere Sorgfalt in der technischen Aufsicht hinsichtlich der Flugsicherung notwendig. Aber insgesamt gefällt mir persönlich nicht die ablehnende Einstellung des Bundesverkehrsministeriums gegenüber diesen Gesellschaften, die bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck kommt. Daß die Deutsche Lufthansa erklärt, sie wolle in Zukunft nur mit einer dieser Bedarfsgesellschaften zusammenarbeiten, scheint durchaus angemessen und richtig. Aber das Bundesverkehrsministerium hat meines Erachtens nicht die Aufgabe, durch eine bestimmte, einseitige Handhabung des deutschen Luftverkehrsrechtes hier eine Art innerdeutschen Protektionismus zugunsten der staatlichen Gesellschaft auszuüben. Diese Gefahr ist ziemlich deutlich zu erkennen, und ich möchte davor warnen.
Herr Minister, Sie haben dann auch einige Ausführungen zum Bundesamt für Luftfahrt in Braunschweig gemacht. Ich befürchte, daß dieses Bundesamt einstweilen noch nicht arbeitsfähig ist. Ich habe den Eindruck, daß man sich dringend darum kümmern muß. Ich habe neulich aus befreundeten Kreisen gehört, daß jemand einen Antrag gestellt hat, dort ein Sportflugzeug zu begutachten, damit es zugelassen werde. Er hat in einem längeren Brief, den ich gesehen habe, eine geradezu grotesk bürokratische Antwort bekommen. Ich habe den Eindruck, daß das weniger an schlechtem Willen der dortigen Beamten lag als vielmehr daran, daß diese Anstalt noch nicht arbeitsfähig ist. Sie sollten darauf Ihr besonderes Augenmerk richten.
In diesem Zusammenhang sei auch ein Wort zu dem Problem des innerdeutschen Luftverkehrs gesagt. Ich darf Sie an einen Beschluß des Deutschen Bundestages erinnern, in dem auf Empfehlung des Gesamtdeutschen Ausschusses die Bundesregierung ersucht worden ist, Verhandlungen mit den Alliierten zu führen mit dem Ziel, daß auch der deutsche Luftverkehr die Möglichkeit bekommt, Berlin anzufliegen. Ich wäre dankbar, wenn wir - wenn nicht heute, so doch in näherer Zukunft - einmal hören könnten, wie diese Verhandlungen laufen.
Meine Damen und Herren, nur ganz kurz noch ein paar Worte zu den Fragen des internationalen Luftverkehrs und der internationalen Luftverkehrspolitik. Herr Kollege Schneider hat den Dank an die Amerikaner und an die Engländer ausgesprochen für die finanzielle Hilfe und für die Hilfe durch die Zurverfügungstellung ihrer Piloten. Man kann sich dem anschließen. Man soll allerdings nicht verkennen, daß dabei auf der anderen Seite auch sehr nüchterne und rein kaufmännische Erwägungen eine erhebliche Rolle gespielt haben, die letzten Endes auch ausschlaggebend gewesen sind für die endliche Annahme des deutschamerikanischen Luftfahrtabkommens. Denn ganz zweifellos ziehen auf Jahre hinaus die amerikanischen Luftfahrtgesellschaften aus dem Anfliegen deutscher Flughäfen sehr viel größeren Vorteil und sehr viel größere Einnahmen als die Deutsche Lufthansa aus dem Anfliegen amerikanischer Flughäfen. Die Amerikaner haben hier in der Bundesrepublik immerhin ein Verkehrsaufkommen von Hunderttausenden von Passagieren, haben hier über 100 Millionen DM Einnahmen im Jahr, und die Kabotage, die sie von hier aus treiben, erstreckt sich auf 14 Länder außer der Bundesrepublik.
Man muß aber, glaube ich, in diesem Zusammenhang das Bedauern darüber aussprechen, daß es auf dem Feld der internationalen Luftverkehrspolitik immer noch notwendig ist, zweiseitige Abkommen zu schließen, wie das richtigerweise jetzt auch die Bundesrepublik angefangen hat. Denn es gibt seit mehr als zehn Jahren internationale Vereinbarungen und Verträge, die in feierlicher Form die sogenannten „Fünf Freiheiten" des Luftverkehrs postuliert haben. Aber es geht mit diesen Verträgen und feierlichen Erklärungen so ähnlich wie mit der Havanna-Charta, daß man nämlich nach Tische besonders auf seiten der großen Staaten und hier ganz besonders auf seiten der Vereinigten Staaten das, was man vorher erklärt hat, nicht durchführt, daß man hier also in bezug auf seine eigenen Luftverkehrsgesellschaften in den nationalstaatlichen Protektionismus zurücksinkt. In Europa haben meines Wissens nur drei Staaten, nämlich Schweden, Holland und Griechenland, jenes Abkommen ratifiziert, das die Fünf Freiheiten im internationalen Luftverkehr postuliert hat. Ich wäre dankbar, wenn die Bundesverkehrspolitik in diesem Punkte genau so liberal und großzügig verfahren würde, wie das Schweden getan hat, und ich wäre weiterhin dankbar, wenn das hier erklärt werden könnte.
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Im übrigen ist dem Herrn Bundesverkehrsminister wahrscheinlich darin beizustimmen, daß eine der ersten Etappen der Zusammenarbeit auf internationalem Gebiet hier in Europa erreicht werden muß. Wenn es aber schon zunächst noch nicht zu einem Zusammenschluß der Luftverkehrsgesellschaften in Europa kommen kann, dann sollten wir klein anfangen. Und das sage ich an die Adresse der Deutschen Lufthansa und ihres Vorstandes: Dann fangen Sie doch ganz klein und schrittweise an und richten Sie nicht in jeder Stadt, jeder für sich, eigene großzügig und luxuriös eingerichtete Werbe- und Abfertigungsbüros ein. Es ist überhaupt nicht zu verstehen, daß man sogar hier in Bonn ein sehr hübsches und nettes, aber doch weiß Gott teures Büro für die Lufthansa eingerichtet hat. Kann man sich denn nicht mit der Swiss Air oder mit der KLM oder mit wem immer dahin verständigen, daß man sich gegenseitig vertritt? Es ist doch grotesk, daß man auf jedem Flughafen eine Vielzahl von Schaltern jeder einzelnen Gesellschaft sieht, alle in mehrschichtigem Wechsel mit Personal besetzt, das - wenn man die Stunden und Minuten zusammenzählt - während des ganzen Tages insgesamt nur zwei Stunden arbeitet. Auf diesem kleinen Feld sollte man einmal einen Anfang machen, zumal es vor dem Krieg auf diesem Gebiet auch eine Zusammenarbeit gegeben hat.
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- Ja, die anderen! Man muß eben mit gutem Beispiel vorangehen.
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- Das würde ich auch sagen.
Im großen und ganzen wäre auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit dem Bundesverkehrsminister Seebohm durchaus zuzustimmen.
Nun hat auch der Herr Bundeswirtschaftsminister, der leider nicht mehr unter uns ist, einige Ausführungen gemacht, die er, ganz gegen seine Gewohnheit, gleichfalls abgelesen hat, womit er insofern den Herrn Bundesverkehrsminister nachträglich etwas legitimiert hat. Zu diesen Ausführungen müssen noch einige Worte gesagt werden.
Meine Damen und Herren, der sogenannte „Spätheimkehrer Luftfahrtindustrie" - das ist so ein Wort, das ein bißchen an das Gefühl appellieren und uns weich machen soll, möglichst viel öffentliche Mittel für den Aufbau der Luftfahrtindustrie zur Verfügung zu stellen. Man muß das mit aller Skepsis und mit aller Nüchternheit betrachten. Ich freue mich, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister seine Erklärung in sehr nüchternem Stil abgegeben und gesagt hat: Wir wollen, daß das privatwirtschaftlich aufgebaut wird. - Das fasse ich so auf, daß er gemeint hat: Wir wollen nicht von Staats wegen à tout prix eine Luftfahrtindustrie wiederherstellen.
Man muß sich einmal ansehen, was in dieser Branche los ist. Da gibt es eine große Zahl von Firmen - vielleicht sind es elf oder dreizehn oder vierzehn -: Heinkel, Dornier, Messerschmitt, Focke-Wulf, Daimler-Benz, Norddeutsche Flugzeugbau, Siebel, Flick, Henschel, Weser-Flug, Bücker, Klemm, Blohm & Voss, Junkers, Maybach, BMW - vielleicht habe ich noch einige vergessen. Alle diese Firmen liegen miteinander im Widerstreit. Es ist ein toller Kampf unter. der Decke. Sie haben sich zum Teil nach außen in Arbeitsgemeinschaften zusammengetan. In Fachkreisen nennt man diese Arbeitsgemeinschaften spöttisch „Arbeitsgemeinschaften zur gegenseitigen Bespitzelung". Aber in Wirklichkeit ist es ein toller Konkurrenzkampf, und es ist ganz klar, daß von den hochgespannten Erwartungen aller dieser früheren Firmen, die zum Teil nur noch aus Firmenmänteln bestehen, nur ein allerkleinster Teil verwirklicht werden kann, wenn das Ganze einen Sinn haben soll.
Es ist allen Menschen, die sich damit beschäftigen, klar, daß, abgesehen vielleicht vom Hubschrauberbau und dem Bau von einigen Schul- und Kurierflugzeugen, wofür insgesamt zwei Werke ausreichen würden, im übrigen eine Luftfahrtindustrie nur auf der Basis öffentlicher, das heißt also auf deutsch: militärischer Aufträge möglich ist. Solange das nicht in Frage kommt - und das kommt allein aus technischen Gründen für eine Reihe von Jahren nicht in Frage -, sind alle anderen Erwartungen irreal, und man sollte hier nicht an das Gefühl appellieren, wie es jüngst einmal geschehen ist, als die Luftfahrtindustrie sich an die Abgeordneten gewandt hat.
Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Ich wiederhole, daß auf dem Felde der Luftverkehrspolitik durchaus eine Reihe von Leistungen vollbracht worden sind, die man anerkennen muß. Ich habe auf einige Gefahren hingewiesen und einige Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck gebracht. Ich darf schließen mit der Empfehlung, daß es in der Luftverkehrspolitik, auch was die Luftfahrtindustrie angeht, dann nicht schieflaufen kann und der Erfolg dann nicht ausbleiben wird, wenn alle Beteiligten, insbesondere die Bundesregierung, als obersten Grundsatz das Prinzip der absoluten kaufmännischen Nüchternheit voranstellen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Auffassungen meiner politischen Freunde über den Aufbau einer deutschen Luftfahrt decken sich in den Grundlinien völlig mit den hier von der Bundesregierung vertretenen Auffassungen, so daß ich mich sehr kurz fassen kann und zunächst einmal der Bundesregierung und vor allem speziell der Abteilung Luftfahrt im Bundesverkehrsministerium meinen Dank für die bisher geleistete Arbeit aussprechen kann.
Ich möchte hier nur einen einzigen Punkt noch einmal kurz aufgreifen. Der Herr Bundesverkehrsminister hat uns veranschaulicht, daß sich uns auf Grund der Luftverkehrsabkommen der Bundesrepublik, die jüngst geschlossen worden sind, ein weites Betätigungsfeld für eine Deutsche Lufthansa, eine deutsche Luftfahrt anbietet. Wir hörten, daß uns die Luftstrecken offen sind nach den beiden Küsten des nordamerikanischen Kontinents, nach der Karibischen See, nach Südamerika, nach dem Nahen Osten, nach Australien und nach der Südafrikanischen Union. Die Frage ist nur die, ob wir jetzt und im Laufe der nächsten Jahre mit den uns zur Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten diese Chancen werden nutzen können. Wir haben gehört, daß für den Überseedienst
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zur Zeit 4 Maschinen zur Verfügung stehen. Im nächsten Jahr werden es 8 Maschinen sein. Man kann aus Gesprächen mit Fachleuten mit Sicherheit entnehmen, daß mit 8 Maschinen nur ein kleiner Teil dieser Flugrechte wirklich wird ausgenutzt werden können, obwohl zweifellos unsere Gesamtwirtschaft ein ziemlich starkes Interesse daran hat, eigene Flugstrecken aufzubauen, zumindest zu den Schwerpunkten der Weltwirtschaft, mit denen wir in sehr intensiven Handelsbeziehungen stehen. Wir werden also meines Erachtens die Frage sehr ernsthaft noch weiter, auch in den Ausschüssen des Bundestages, durchdiskutieren müssen, wie wir zu einem Ausbau des Luftverkehrs, zu einem Ausbau der Lufthansa kommen können.
Wir wissen, daß nach sehr vorsichtigen Kalkulationen und Vorausberechnungen die Lufthansa im Jahre 1958 erstmalig zu einer ausgeglichenen Wirtschaftsrechnung wird kommen können, und es scheint mir wichtig zu sein, daß wir diese Planungen nicht durch Überforderungen irgendwelcher Art stören. Es wird also darauf ankommen, die Verkehrs- und die Materialpolitik im Luftfahrtwesen richtig zu steuern und von vornherein Vorsorge zu treffen, daß weder unrentable Strecken in Betrieb genommen noch etwa ungeeignete Maschinen in Gebrauch genommen werden.
Ein weiterer Ausbau der Lufthansa setzt selbstverständlich eine Ausweitung der Investitionen voraus. Wir können, glaube ich, auch davon ausgehen, daß der Bund seinerseits weitere Mittel und Betriebszuschüsse über das vorgesehene Maß hinaus nicht wird zur Verfügung stellen können. Ich glaube, es besteht auch kein Anlaß, daß er das tut.
Vielleicht ist es aber dem Hause doch von Interesse, zu hören, wie sich das augenblickliche Aktienkapital der Lufthansa zusammensetzt. Es beträgt 50 Millionen DM. Davon haben 85 % der Bund gestellt, 3 % das Land Nordrhein-Westfalen, 4 % die Bundesbahn, und lediglich 8 % der Mittel kommen aus der Privatwirtschaft. Mir scheint es wichtig zu sein, festzustellen, daß das Übergewicht. das zur Zeit der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen in der Lufthansa haben, auf die Dauer gesehen ein unerfreulicher Zustand ist. Wir müssen unter allen Umständen nach Mitteln und Wegen suchen. die Privatwirtschaft zu einer stärkeren Beteiligung an der Lufthansa anzuregen. Die Bedenken, die gerade in der Privatwirtschaft bestanden haben oder zum Teil auch heute noch bestehen, sind bekannt. Ich glaube, allein mit einem Appell, diese Haltung zu überprüfen, wird es wahrscheinlich nicht getan sein, obwohl sicherlich nicht nur Überlegungen des nationalen Prestiges, sondern, wie wir meinen und wie uns auch immer wieder vorgetragen wird, eine sehr nüchterne Abschätzung der ökonomischen Gegebenheiten allein bereits einen Anreiz für die Privatwirtschaft bilden sollen; ich kann nicht mehr sagen, als daß es der Fall sein soll.
Die Aufforderung, die wir an die Bundesregierung zu richten haben, ist, zu prüfen, wie zusätzlich ein Anreiz für die Privatwirtschaft gegeben werden kann, sich an dem Ausbau und an der Kapitalstellung für die Lufthansa zu beteiligen. Ich bitte doch die Bundesregierung, einmal Überlegungen dahingehend anzustellen, ob es nicht möglich ist, zumindest für die Zeit der Dividendenlosigkeit der Deutschen Lufthansa eine Zinsgarantie für Kapitalinvestitionen aus der Privatwirtschaft für die Lufthansa in Erwägung zu ziehen. Wenn diese
Zinsgarantien sich etwa in einer Größenordnung von 4 % des investierten Kapitals bewegen, werden wir damit wahrscheinlich, so meine ich, im Interesse des Steuerzahlers und auch im Interesse der Sache und nicht zuletzt im Interesse des Bundes die billigste, rentabelste Lösung gefunden haben, die Privatwirtschaft stärker als bisher auch bei der Lufthansa einzuschalten.
Meine Bitte geht daher an die Bundesregierung, diesen Gedanken in ihre Überlegungen besonders einzubeziehen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Greve.
Meine Damen und Herren! Wenngleich ich auch in fast allen Punkten mit den Ausführungen meines Freundes Schmidt übereinstimme, so gibt es zwischen uns beiden doch einen Unterschied: er kommt aus Hamburg und ich komme aus Hannover. Der Flughafen Hamburg gehört nämlich zu den bisher sehr protegierten Großflughäfen Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf-Lohausen. Darüber hinaus gibt es in der Bundesrepublik ja auch noch einige andere Gebiete, in denen Flughäfen liegen, von denen heute nur sehr wenig die Rede gewesen ist. Außerdem gibt es noch jemand, der am Flugverkehr interessiert ist, nämlich den Flugpassagier, von dem bisher überhaupt noch nichts gesagt wurde und auf den in der Luftverkehrspolitik der Bundesregierung schließlich auch einige Rücksicht genommen werden muß. Der Flugzeugpassagier ist zum großen Teil derjenige, der als Angehöriger eines Unternehmens der deutschen Wirtschaft am Flugverkehr teilnimmt. Insoweit wäre es sehr wünschenswert gewesen, wenn der Herr Bundesverkehrsminister uns auch einiges über seine Luftverkehrspolitik im allgemeinen gesagt hätte.
Ich weiß, daß er bisher keinen großen Einfluß auf die Gestaltung der Verkehrspläne der nichtdeutschen Luftfahrtgesellschaften gehabt hat; aber das wird in Zukunft ja anders. Die ausländischen Luftverkehrsgesellschaften, die das deutsche Bundesgebiet bisher beflogen haben, haben die deutsche Wirtschaft, den deutschen Flugpassagier und auch zum guten Teil die deutschen Flughäfen ausschließlich aus eigenen ökonomischen Gesichtspunkten in ihre Verkehrspolitik einbezogen, und mit diesem Zustand sollte endlich Schluß gemacht werden. Das Bundesverkehrsministerium, das in Zukunft die Luftverkehrsrechte an die Deutsche Lufthansa und an die anderen Verkehrsgesellschaften, auch die ausländischen, zu vergeben haben wird, sollte meines Erachtens Wert darauf legen, daß in anderer Weise als bisher der über dem deutschen Bundesgebiet bestehende Fluglinienverkehr nicht allein zum Anschlußverkehr des internationalen Großverkehrs gemacht wird. wie es heute noch der Fall ist und wie es leider auch für die nächste Zeit wohl der Fall sein wird.
Herr Bundesminister, ich kann es verhältnismäßig kurz machen, wenn ich Sie bitte, die, wie ich glaube, Ihrem Ministerium vorliegenden Vorschläge zur Verbesserung der Luftverkehrsverhältnisse für Niedersachsen einmal in Ihre Erinnerung zu rufen, die vom Verkehrsverband Niedersachsen-Kassel eingereicht worden sind. Die darin gemach({0})
ten Ausführungen treffen zum großen Teil auch auf andere Gebiete der Bundesrepublik zu. Ich möchte Sie bitten, bei Ihrer künftigen Verkehrspolitik wirklich zu bedenken, daß es außer Hamburg, Düsseldorf-Lohausen und Frankfurt am Main noch einige andere Flughäfen mit großen Wirtschaftsräumen gibt.
Ich befinde mich nicht in Übereinstimmung mit meinem Freund Helmut Schmidt, wenn er der Auffassung ist, daß für die Lufthansa in erster Linie Fragen der Rentabilität eine Rolle spielen sollten. Ich weiß nicht, ob es überhaupt möglich ist, eine Luftverkehrsgesellschaft so rentabel zu gestalten, daß man bei ihr von einer Rentabilität sprechen kann. Nach meiner Auffassung ist beim Luftverkehr vor allem das Luftverkehrsbedürfnis der Wirtschaft und der Menschen, die sich am Luftverkehr beteiligen wollen, zu berücksichtigen; und wenn man diesen Wünschen Rechnung tragen will, muß man die Luftverkehrspolitik in ganz bestimmter Weise auf sie abstellen, und zwar anders, als es bisher von den ausländischen Luftverkehrsgesellschaften getan worden ist, auf die Sie, wie ich durchaus unterstreiche, keinen Einfluß gehabt haben. Ich möchte Sie jedoch bitten, die Politik der internationalen Luftverkehrsgesellschaften nicht fortzusetzen.
In der Denkschrift, die ich eben erwähnt habe, ist meines Erachtens mit vollem Recht gesagt worden, daß das Bundesgebiet zum Interessenfeld ausländischer Verkehrsgesellschaften geworden ist, die auf die Bedürfnisse der Bundesrepublik und des Bundesgebietes sowohl hinsichtlich der Linienführung als auch hinsichtlich der Linienbedienung einzelner Flughäfen sehr wenig Rücksicht nehmen. Es ist natürlich richtig, daß die bisherigen Verhältnisse anders waren als die, die heute schon bestehen und in Zukunft bestehen werden. Aber die Abkommen, die jetzt geschlossen werden, müssen von einer ganz bestimmten Vorstellung hinsichtlich der von uns zu betreibenden Luftverkehrspolitik ausgehen. Davon, ob diese Luftverkehrspolitik in der Wurzel richtig oder falsch ist, wird es entscheidend abhängen, ob die bilateralen Abkommen, um die es sich vorläufig nur handelt - Sie sprachen selbst von der Unmöglichkeit, multilaterale Abkommen abzuschließen -, auch unseren Verkehrsbedürfnissen auf dem Gebiet der Luftfahrt Rechnung tragen oder nicht. Wenn ich recht unterrichtet bin, werden gerade in den nächsten Monaten eine Reihe von Luftverkehrsabkommen verhandelt und abgeschlossen werden, bei denen es darauf ankommt, die ausländischen Luftverkehrsgesellschaften, wenn sie Luftverkehrsrechte auf dem Gebiete der Bundesrepublik erwerben wollen, darauf hinzuweisen, daß es ihre Pflicht ist, nicht nur diejenigen Strekken zu befliegen, die sie aus Rentabilitätsgründen allein gern befliegen möchten, sondern daß sie in ihrer Linienführung auch dem gesamten deutschen Luftverkehrsbedürfnis Rechnung zu tragen haben. das von der Deutschen Lufthansa allein nicht befriedigt werden kann. Ich mache mich keineswegs etwa zum Fürsprecher dafür, daß die Deutsche Lufthansa jeden deutschen Flughafen anfliegen soll - das ist auf absehbare Zeit praktisch nicht möglich -, aber ich bitte Sie, Herr Bundesverkehrsminister, darauf hinzuwirken, daß auf die Gestaltung des g e samt en deutschen Luftverkehrsnetzes bei der Erteilung der Rechte sowohl an die Deutsche Lufthansa als auch an die ausländischen Gesellschaften Rücksicht genommen wird, insbesondere auch gerade bei der Flugplangestaltung, daß nämlich möglichst alle Teile der deutschen Bundesrepublik angeflogen werden.
In der von mir erwähnten Denkschrift ist auch darauf hingewiesen worden, daß nur bei einer Zusammenarbeit, die schließlich ihre Wurzel in der Luftverkehrspolitik der Bundesregierung haben muß, eine vernünftige Netzplangestaltung und eine vernünftige Linienführung möglich ist, und je nachdem, wie bei uns die Luftverkehrsgesetze aussehen werden und wie sich auf Grund dieser Gesetze die Durchführung unserer luftverkehrspolitischen Maßnahmen gestaltet, wird es sich erweisen, ob den Bedürfnissen aller, die am Luftverkehr interessiert sind, Rechnung getragen wird oder nicht. Natürlich ist der Raum der Bundesrepublik zu klein; aber es geht auch nicht an, daß man nur den gesamten Weltraum zur Grundlage der Verkehrspolitik der deutschen Bundesregierung macht. Meines Erachtens wird es notwendig sein, zunächst einmal im europäischen Raum eine vernünftige Luftverkehrspolitik unter Beteiligung der Bundesrepublik möglich zu machen. Dieser Raum ist groß genug. Und wenn immer von der europäischen Wirtschaftsintegration die Rede ist, dann muß die Luftverkehrspolitik der Bundesregierung auch auf diese europäische Wirtschaftsintegration hinsichtlich der Netzplangestaltung insgesamt und der Bedienung nicht nur von drei deutschen Flughäfen, sondern von allen auch in anderen deutschen Gebieten gelegenen Flughäfen Rücksicht nehmen. Das ist die Bitte, die ich in diesem Zusammenhang noch an Sie zu richten hätte.
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Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP hatte ursprünglich nicht die Absicht, zu diesen Dingen zu sprechen; denn für uns ist es von Anfang an selbstverständlich gewesen, die Politik im Aufbau eines deutschen Luftverkehrs mit ganzem Herzen zu unterstützen. Deswegen werde ich mich auch in erster Linie mit Ausführungen der Diskussionsredner befassen, die meines Erachtens nicht unbeantwortet bleiben dürfen.
Von Anfang an ist die Frage aufgetaucht: Ist eine Lufthansa mit 8 oder 10 Apparaten überhaupt die geeignete Grundlage, auf der die europäischen und überseeischen Verkehrsbedürfnisse der Lufthansa einigermaßen befriedigt werden können? Hier allerdings möchte ich - und ich glaube, ich spreche auch im Einverständnis mit dem Herrn Bundesverkehrsminister - sehr deutlich zum Ausdruck bringen, daß, rein kaufmännisch gesehen, der Herr Bundesfinanzminister und dementsprechend auch der Haushaltsausschuß eine verkehrte Politik betreiben. Wir wissen, daß sich der Aufbau der Lufthansa für eine Reihe von Jahren mit roten Zahlen, wie man so sagt, also mit Unterbilanzen auswirkt. Aber das könnte um so eher abgebaut und könnte um so eher ausgeglichen werden, je wirtschaftlicher und vernünftiger der Aufbau etwa mit einer Größenordnung von 20 Flugzeugen vorgenommen würde. Wir erklären also, daß wir seitens der FDP den Herrn Bundesverkehrsminister in diesen Bemühungen beim Bundesfinanzminister und bei der Bundesregierung weiterhin unterstützen werden.
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Was Herr Schmidt über den Aufwand von Lufthansa-Büros gesagt hat, wollen wir in einem .gewissen Grade unterstützen. Wenn eine Organisation von vornherein mit Unterbilanzen zu Lasten des Staates, d. h. also des Steuerzahlers, arbeitet, besteht natürlich immer die Riesengefahr, daß die Tendenz vorherrscht, zu sagen, wie man im Volksmund sagt: Na, auf einen Schnaps kommt es nicht an! Ich glaube nicht, daß das die richtige Politik wäre. Man hätte vielleicht die Möglichkeit gehabt, die Lufthansa-Büros mit irgendwelchen Unternehmen zu kombinieren, die sich ohnehin mit der Luftfahrt befassen; genau wie ich bei dieser Gelegenheit erwähnen darf, Herr Bundesverkehrsminister, daß wir uns doch wohl eingehend in unseren Auslandsniederlassungen überlegen können, ob wir nicht die Deutsche Zentrale für den Fremdenverkehr, den DER, die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Lufthansa zusammenfassen können. Ich spreche nun nicht irgendeinem deutschen Kulturzentrum das Wort, aber ich bin überzeugt, daß durch eine Kombination dieser ausländischen Büros a) wesentliche Kosten eingespart werden könnten und b) vor allen Dingen auch eine größere repräsentative Wirkung für die von mir aufgezählten Institute zu erzielen ist.
Es ist auch der Vorschlag gemacht worden, der Wirtschaft eine Zinsgarantie zu bieten. Sie wissen ja, daß die Wirtschaft von dem Risiko freigestellt ist, daß sie aber auch auf der anderen Seite keinerlei Renditen zu erwarten hat. Ich bin allerdings auch der Meinung, daß die Wirtschaft sich in diesem Falle nicht so sehr von vier, fünf oder sechs Prozent Dividende bestimmen lassen sollte, sondern daß sie hier einmal Wagnis und Unternehmereigenschaft, die ja immer so herausgestellt werden, für einige Jahre der Deutschen Lufthansa zur Verfügung stellen sollte, um von vornherein dafür zu sorgen, daß der staatliche Einfluß, der anfänglich notwendig ist, um die Dinge aufzubauen, so schnell wie möglich wieder abgebaut wird. Das ist ein sehr klarer und deutlicher Appell an die deutsche Wirtschaft, in diesem Fall nicht so sehr auf den Zinsfuß zu sehen und auf das Verdienen, sondern darauf, ihre eigenen Grundsätze, die sie immer proklamiert, durch eine entsprechende Bereitschaft unter Beweis zu stellen.
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Herr Abgeordneter Greve hat natürlich - ich habe volles Verständnis dafür - für seinen Flughafen Langenhagen etwas sagen wollen - er hat das nicht so deutlich zum Ausdruck gebracht -; aber ich glaube, wir müssen die Dinge doch sehr real sehen. Man muß die Lufthansa davor bewahren, in ihrem Aufbau denselben Weg zu gehen wie die Deutsche Bundesbahn. Die macht uns so viel Schwierigkeiten mit ihren allgemeinen Verpflichtungen, was man schlechthin Gemeinwirtschaft usw. nennt. Es kann sich immer nur darum handeln, die Linienverkehre der Luftfahrt für Europa und für Übersee auf bestimmte große Lufthäfen zu konzentrieren. Das übrige muß in Form eines Zubringerdienstes gemacht werden, wobei auch die Entwicklung beim Hubschrauber mutmaßlich eine entsprechende Rolle spielen wird.
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Selbstverständlich würde ich es auch sagen! Im übrigen ist es so, daß die Hannoveraner und die Langenhagener, die meine ganze Sympathie haben, schon weil ich aus dieser Gegend stamme, Herr Greve, doch einen großen Erfolg gehabt haben. Das hat zwar nichts mit der Deutschen Lufthansa zu tun, wohl aber mit der deutschen Luftfahrtpolitik; denn Hamburg hat mehr als 60 % des Luftbrückendienstes von Berlin an Langenhagen verloren.
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- Selbstverständlich, das sage ja auch ich; das wollte ich Ihnen ja beweisen. Wirtschaftlich ist das vollkommen richtig. Obwohl es für uns in Hamburg höchst bedauerlich ist, ist es wirtschaftlich durchaus begründet. Denn die Kosten für das Flugzeug sind geringer und die Kosten für die Nachreise ebenfalls. Also insofern hat dieser Hafen auch einen ganz schönen Ausgleich gefunden.
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- Das ist auch vollkommen richtig. Ich wollte nur sagen, Herr Greve, daß Sie, wenn Sie wieder nach Hause kommen, Ihren Leuten sagen können: wir haben ja schon eine ganze Menge für Langenhagen erreicht.
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- Schön.
Ich muß auch dem Herrn Abgeordneten Schmidt eine Antwort geben. Der Herr Bundesverkehrsminister hat einmal sehr richtig gesagt, mit der deutschen Luftfahrt sei es so, daß wir auf einen fahrenden D-Zug aufzuspringen hätten, um überhaupt den Anschluß noch zu erreichen. Wenn nun der Abgeordnete Schmidt sagt, wir sollten diese eine Sache, d. h. die Luftfahrt, vorantreiben zu' Lasten des Gedankens, daß man eines Tages auch wieder an die Passagierschiffahrt herangehen muß, dann muß ich sagen, daß wir von der FDP diese Auffassung nicht unterstützen können. Hier könnte es nämlich durchaus sein, daß wir in der Passagierschiffahrt nun wirklich nicht mehr den Anschluß erreichen. Wir werden erfreulicherweise im Laufe dieses Jahres feststellen können, daß im großen ganzen die Linienschiffahrt in der Frachtschifffahrt ihren Aufbau vollzogen hat. Mutmaßlich werden wir mit Ende des Haushaltsjahres 1955/56 das Darlehensgesetz, soweit es sich um eine Unterstützung des Aufbaus der Frachtschiffahrt handelt, auslaufen lassen können. Ganz genau möchte ich mich da nicht festlegen; aber die Dinge bahnen sich entsprechend an. Dann aber ist zweifelsohne der Augenblick gekommen, dieses Darlehensgesetz in Richtung auf den Anfang - ich spreche immer nur von dem Anfang - einer deutschen Passagierschiffahrt fortzuführen. Wir können überzeugt davon sein, daß sowohl die Luftfahrt als auch die Passagierschiffahrt für den Privatreisenden und für den Geschäftsreisenden durchaus attraktiv ist. Die Tendenz geht doch zweifelsohne heute dahin, sich nicht der Strapaze zu unterwerfen, auf einer Reise beide Strecken unter Umständen in 4, 5 oder 6 Tagen mit dem Flugzeug zurückzulegen, sondern der vernünftige Mann überlegt sich heute schon: fahre ich nicht wenigstens eine Strecke mit dem Passagierschiff und die andere in der Luft.
Das ist das Wesentliche, was ich im Auftrage der FDP zu diesem Thema zu sagen habe.
Vielleicht dürfen wir den Herrn Bundesverkehrsminister noch bitten, sich ein wenig um das
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berühmte red tape zu kümmern, wie der Engländer sagt. Ich habe da einige praktische Erfahrungen gesammelt. Wenn Sie heute z. B. nach dem Fernen Osten fliegen, so müssen Sie siebenmal 6000 Meter rauf und runter und haben dann aber auch buchstäblich auf jedem Flughafen, den Sie anlaufen, ein vollkommen anderes System der Abfertigung sogar für die Transitpassagiere mit entsprechenden Untersuchungen der Gesundheitsbehörden. In Karatschi passiert es z. B., daß ein Offizier der Gesundheitsbehörde persönlich in das Flugzeug kommt. Wir erinnern uns ja alle, daß wir nach der Demobilisierung zu gewissen Demobilisierungsstellen mußten und dort symbolisch die berühmte Spritze von den Alliierten bekamen. So etwas passiert heute beispielsweise in einem Hafen wie Karatschi. Hier - sicherlich mit Takt, aber auch mit einer ganz bestimmten Zielsetzung - mit dafür zu sorgen, daß diese Bürokratie im Interesse einer Freizügigkeit im internationalen Luftverkehr abgebaut wird, auch das ist, Herr Bundesminister, eine höchst dankbare Aufgabe für Sie und für Ihre Arbeit.
Zum Schluß noch eine spezielle Angelegenheit, die die IATA-Agenten betrifft. Ich weiß nicht, wie die Dinge im Augenblick stehen. Aber wir waren hier in Deutschland sehr überrascht, daß uns, die wir nicht nur für die deutsche, sondern auch für die europäische Wirtschaft als Schrittmacher einen sehr leistungsfähigen Sammelverkehr aufgebaut haben, der also zunächst einmal für das Frachtgeschäft der Luftfahrtgesellschaften attraktiv wirkt, auf der anderen Seite der Wirtschaft große Vorteile bringt, das Civil Aviation Board in Washington erklärt hat: Derartige Tarife - wohlverstanden, meine Damen und Herren, für einen Flug von Deutschland bis nach New York - unterliegen der Genehmigung der Behörde der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich glaube, diese Auffassung ist mit der wiedergewonnenen Souveränität schlecht zu vereinbaren.
Im übrigen, Herr Minister, darf ich Ihnen weiterhin sehr viel Erfolg bei dem Aufbau der deutschen Luftfahrt wünschen. Es gibt nun einmal Dinge - genau wie die Passagierschiffahrt -, die man nicht ausschließlich von der wirtschaftlichen und materiellen Seite her beurteilen kann. Hier muß man einmal den Begriff der Flagge und des Ansehens, also den Begriff „national" im guten Sinne des Wortes - ich stehe sicher nicht im Verdacht, extreme Auffassungen zu haben -, in seiner Wertschätzung anerkennen, und man muß wissen, was es bedeutet, sowohl in der Luftfahrt als auch in der Passagierschiffahrt mit der eigenen Flagge zum Ansehen Deutschlands beitragen zu können.
({7})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung zu Punkt 3.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt ({0}).
Es soll in der ersten Lesung keine Begründung und auch keine Aussprache stattfinden. Ich schlage dem Hause vor: Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Verkehrswesen - federführend - und den Ausschuß für Rechtswesen und
Verfassungsrecht zur Mitberatung. Ist das Haus damit einverstanden?
({1})
- Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt. Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger ({2}), Elsner, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst ({3}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({4}) ({5}).
({6})
Der Herr Berichterstatter hat mich gebeten, dem Haus zu sagen, daß er seinem Schriftlichen Bericht*) nichts Wesentliches hinzuzusetzen habe, und bittet, daß das Haus auf einen weiteren mündlichen Bericht verzichtet. Ist das der Fall?
({7})
- Ich höre keinen Widerspruch.
Dann treten wir in die zweite Lesung des Gesetzentwurfs ein. Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer den soeben aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich muß noch abstimmen lassen über die Ziffer 2 des Ausschußantrages auf Drucksache 1571, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung zu Nr. 1 für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 6:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({8}) über den Antrag der Abgeordneten Morgenthaler und Genossen betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Beschränkung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen ({9}).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Moll.
Moll ({10}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Morgenthaler und Genossen betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Beschränkung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und
*) Siehe Anlage 2.
({11})
Feiertagen auf Drucksache 135, in dem die Bundesregierung ersucht wird, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Lastwagenverkehr an Sonn- und Feiertagen auf die Beförderung lebenswichtiger und lebensnotwendiger Güter beschränkt, wurde in der 14. Plenarsitzung am 11. Februar 1954 an den Ausschuß für Verkehrswesen zur weiteren Bearbeitung überwiesen. Mit Schreiben vom gleichen Tage wurde das Bundesverkehrsministerium um schriftliche Stellungnahme gebeten; es legte sie mit Schreiben vom 4. März vor. Darin heißt es, das Bundesministerium für Verkehr und die zuständigen Bundesressorts teilten die Ansicht der Antragsteller, daß bundesrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Sonntagsruhe im Straßenverkehr erforderlich seien.
Ferner wird darin die Auffassung vertreten, daß es eines Gesetzes nicht bedarf. Nach § 6 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1952 sei der Bundesminister für Verkehr befugt, Rechtsverordnungen zum Schutz der Bevölkerung vor Belästigungen im Straßenverkehr zu erlassen. Eine entsprechende Verordnung werde vorbereitet.
Weiter sei beabsichtigt, die Benutzung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern, deren zulässiges Gesamtgewicht 2 1/2 t übersteigt - mit Ausnahme von Personenfahrzeugen -, an Sonnabenden von 22 Uhr und ,an Sonntagen bis 22 Uhr zu untersagen, wenn es sich nicht um gewisse als besonders dringlich anzuerkennende Transporte handelt.
Zum Schluß der Stellungnahme wird empfehlend zum Ausdruck gebracht und als gerechtfertigt hingestellt, den in der Drucksache 135 formulierten Antrag für erledigt zu erklären, da die geplante Verordnung den Wünschen der Antragsteller entsprechen werde.
Mit Schreiben vom 11. März 1954 hat der Bundesminister für Verkehr dem Ausschuß für Verkehrswesen zur Frage der Sonntagsruhe im Straßenverkehr den Vorentwurf zu den in Vorbereitung befindlichen Bestimmungen übermittelt. Es wurde weiter mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, an den § 16 der Straßenverkehrszulassungsordnung folgenden Absatz 'anzufügen:
Mit Ausnahme von Personenfahrzeugen dürfen Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2 1/2 t und ebensolche Anhänger auf öffentlichen Straßen an Sonnabenden ab 22 Uhr, an Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen bis 22 Uhr nicht verkehren, es sei denn, daß es sich handelt a) um die Verhütung eines Notstandes oder b) um die Abwendung eines erheblichen Schadens an Gesundheit oder Eigentum oder c) um die Befriedigung landwirtschaftlicher Bedürfnisse oder d) um die termingerechte Be- und Entladung von Schiffen oder e) um Fahrten im Interzonenverkehr.
Diese Formulierung wurde den Mitgliedern des Ausschusses für Verkehrswesen, den dafür zuständigen Bundesressorts und den beteiligten Spitzenverbänden des Gewerbes übermittelt.
So legten dann erstens die Zentralarbeitsgemeinschaft des Straßenverkehrsgewerbes mit Schreiben vom 13. März 1954, zweitens die Arbeitsgemeinschaft Güterfernverkehr in Frankfurt mit Schreiben vom 23. Februar 1954, drittens der Bundesverband der Deutschen Industrie und viertens die
Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn Stellungnahmen zum Teil sehr widersprechenden Inhalts vor.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat sich erstmalig in seiner Sitzung am 16. März 1954 eingehend mit dem Antrag auf Drucksache 135 beschäftigt. In dieser Sitzung hat dann der Hauptinitiator dieses Antrags, der heute durch Krankheit verhinderte Abgeordnete Morgenthaler, den Antrag auf Drucksache 135 begründet. Nach einer längeren Aussprache konnte jedoch im Ausschuß für Verkehrswesen eine einheitliche Auffassung nicht festgestellt werden. Verschiedene Ausschußmitglieder waren auf Grund der Beratungen des Straßenverkehrsgesetzes der Ansicht, daß es nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, wenn diese Angelegenheit unter Bezugnahme auf den § 6 Nr. 3 im Wege der Rechtsverordnung geklärt werde.
In der Debatte wurden unter anderem folgende Vorschläge und Anregungen gegeben: erstens, den Katalog der vorgesehenen Rechtsverordnung des Bundesverkehrsministeriums um folgenden Buchstaben f zu erweitern: „f) um Fahrzeuge, die sich auf der Rückfahrt zum Standort befinden"; zweitens, die Regelung der Arbeit bei der Deutschen Bundesbahn an Sonn- und Feiertagen vor der Beschlußfassung zu Drucksache 135 zum Vergleich heranzuziehen; drittens, den im Schreiben des Bundesverkehrsministeriums vom 8. März angegebenen Termin, 25. März, abzuwarten und das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, dem Ausschuß für Verkehrswesen die ihm zugegangenen etwaigen Anregungen und Bedenken der angeschriebenen Bundesministerien, Verkehrsministerien, Verkehrssenatoren und Innenministerien der Länder, der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn und der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr bekanntzugeben; viertens, das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, dem Ausschuß für Verkehrswesen auch die Antworten der außer den vorgenannten Stellen 'angeschriebenen Institutionen, insbesondere des Werkverkehrs, bekanntzugeben; fünftens, das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, dem Ausschuß für Verkehrswesen die dort inzwischen eingegangene Stellungnahme der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zu unterbreiten; sechstens, das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit zu klären, in welchen allgemeinen Bereichen der Wirtschaft a) das Sonntagsarbeitsverbot erlassen und b) das Sonntagsarbeitsverbot durch arbeitsrechtliche Maßnahmen erzwungen worden sei - das Bundesverkehrsministerium sagte zu, sich mit dem Bundesministerium für Arbeit in Verbindung zu setzen und baldmöglichst die gewünschte Stellungnahme herbeizuführen -; siebtens, die Drucksache 135 bis zur Vorlage der zur Zeit noch im Bundeskabinett in Bearbeitung befindlichen Verkehrsgesetze zurückzustellen und diesen Antrag im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Neuordnung des Verkehrswesens zu beraten sowie das in der Zwischenzeit zur objektiven Urteilsfindung erforderliche Material vorzubereiten; achtens, das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, über die Regelung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen in anderen europäischen Staaten und in den USA Feststellungen zu treffen und dem Ausschuß für Verkehrswesen darüber zu berichten; neuntens, für den Lastwagenverkehr an
({12})
Sonn- und Feiertagen unter allen Umständen einebundeseinheitliche Regelung zu treffen, und zehntens, das Bundesverkehrsministerium zu ersuchen, sich im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten für eine schnelle Vorlage der beiden großen Verkehrsgesetze einzusetzen.
In einer Stellungnahme der Spitzenorganisation, der Zentralarbeitsgemeinschaft des Straßenverkehrsgewerbes, vom 19. März 1954 wird die Versicherung abgegeben, daß diese Stelle mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Wünschen der Antragsteller Rechnung tragen wolle und daher darum bitte, sowohl auf eine gesetzliche Regelung als auch auf die vom Bundesminister für Verkehr beabsichtigte Rechtsverordnung zu verzichten.
Es hat längerer Zeit bedurft - sie war wirklich erforderlich -, um die vom Ausschuß, wie vorhin skizziert, an das Bundesministerium für Verkehr herangetragenen Fragen sorgfältig zu prüfen. Der Bundesminister für Verkehr hat dann mit Schreiben vom 27. Dezember 1954 erneut wie folgt Stellung genommen:
Zu Nr. 1: Gegen die Aufnahme einer entsprechenden Anweisung als Buchstabe f) im Katalog der vorgesehenen Rechtsverordnung bestehen keine Bedenken.
Zu Nr. 2: Nach Mitteilung der Deutschen Bungessbahn verkehren in der Zeit von Sonntag 6 Uhr bis Montag 6 Uhr nur rund ein Drittel der Güterzüge des Werktagsverkehrs, und zwar ist dieser Sonntags-Güterzugverkehr nötig für die Beförderung von Milch, Fischen, leicht verderblichen Lebensmitteln, lebenden Tieren und von als eilbedürftig bezeichneten Gütern, ferner für die Koksversendung aus dem Ruhrgebiet, die keine Unterbrechung verträgt.
Zu Nr. 3. Der Bundesminister für Arbeit äußerte sich wie folgt: Das Verbot wird begrüßt, jedoch wird es für zweckmäßig gehalten, das Verbot für die Zeit von O bis 24 Uhr auszusprechen. Bestimmungen über das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern in bestimmten Zeiten sind in § 105 b der Gewerbeordnung enthalten. Diese Bestimmungen finden nach § 105 i der Gewerbeordnung in diesem Fall keine Anwendung. Dagegen fällt die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Werkfernverkehr unter das Verbot des § 105 b der Gewerbeordnung. Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften wird nach § 146 a mit Geldstrafe bedroht.
Der Bundesminister für Wirtschaft erklärte: Der Einschränkung des Straßenverkehrs an Sonn- und Feiertagen wird grundsätzlich zugestimmt, jedoch werden folgende Ergänzungen der Ausnahmen vorgeschlagen: erstens für die Beförderung leicht verderblicher Waren, die zur Versorgung der Bevölkerung dienen, zweitens für die Be- und Entladung von Eisenbahngüterwagen in Wagenmangelzeiten, drittens für dringende Terminlieferungen zur Vermeidung von Produktions- und Versorgungsschwierigkeiten, viertens für die Beendigung eines durch unvorhergesehene Ereignisse verzögerten Transports.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen erhob jedoch Bedenken: Kraftfahrzeuge des Post- und Fernmeldewesens sind von der beabsichtigten Neuregelung ausdrücklich auszunehmen, da die völlige Unterbindung des Verkehrs mit Postkraftfahrzeugen von mehr als 2 1/2 t
Gesamtgewicht von Sonnabend 22 Uhr bis Sonntag ' 22 Uhr nicht nur eine starke Verzögerung in der Beförderung der Postsendungen, sondern auch erhebliche Störungen im Gesamtablauf des Postdienstes zur Folge hätte.
Der Bundesminister der Finanzen äußerte sich: Gegen die beabsichtigte Einschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs an Sonn- und Feiertagen werden grundsätzlich keine Bedenken erhoben.
Der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hatte keine Bedenken, wenn folgende Ausnahmen zugelassen würden: a) Transport lebender Tiere, b) Versorgung von Ausstellungen, Messen und Volksfesten.
Die Stellungnahmen der einzelnen Länder waren folgende. Rheinland-Pfalz und Bremen für das Verbot, Nordrhein-Westfalen, Bayern und BadenWürttemberg nicht gegen ein Verbot; dagegen lehnen die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Hessen und Berlin ein Feiertagsfahrverbot grundsätzlich ab.
Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr kommt bei den durchgeführten Untersuchungen zu folgendem Ergebnis. Der Sonntagsgüterkraftverkehr beträgt etwa 18 % des Werktagsverkehrs.
({13})
- Im Prozentsatz gesehen, ja. Der Sonntagsverkehr liegt in den Tagesstunden, in denen sich der Hauptausflugsverkehr abspielt, prozentual niedriger als in den gleichen Werktagsstunden. Hierbei kommt anscheinend auch eine gewisse Übereinstimmung mit der Frequenz des Kirchenbesuchs zum Ausdruck. Die Zahl derjenigen Fahrten, die auch mit einem generellen Sonntagsfahrverbot nicht verhindert werden können, da sie unter die notwendigen Ausnahmen fallen, ist hoch. Eine genaue Prozentzahl läßt sich nicht ermitteln.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie nimmt wie folgt Stellung: Auf die vorgesehene Änderung sollte verzichtet werden.
Der Deutsche Industrie- und Handelstag: Die Einführung des Verbots des Lastkraftwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen wird als unzweckmäßig angesehen und daher abgelehnt.
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger: Die lebenswichtigen Belange der Presse für die notwendigen Beförderungen von Presseerzeugnissen an Sonn- und Feiertagen müssen berücksichtigt werden.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks: Die angeführten Ausnahmebestimmungen reichen nicht aus, um notwendigen Sonderfällen - Termin- und Besatzungsbauten - gerecht zu werden. Es bestehen daher große Bedenken gegen die vorgeschlagene Änderungsverordnung.
Der Verband der Landwirtschaftskammern: Mit der Neuregelung grundsätzlich einverstanden; es erscheint jedoch bedenklich, wenn der internationale Verkehr nicht gleichfalls in das Verbot einbezogen wird.
Der Verband der Automobilindustrie: Das vorgeschlagene Sonntagsfahrverbot ist praktisch nicht erforderlich, weil wirklich schwerwiegende Mißstände, die einen derartigen Eingriff rechtfertigen würden, nicht bestehen und weil auf der anderen Seite mit der Durchführung Schwierigkeiten und
({14})
Mißverhältnisse geschaffen werden, die in keinem Verhältnis zu dem erreichbaren Nutzen stehen.
Zu Punkt 5. Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr nimmt wie folgt Stellung:
Gegen die beabsichtigte Änderungsverordnung zu § 16 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung haben wir schwerste Bedenken anzumelden, und zwar 1. aus wirtschaftlichen Gründen, 2. aus sozialen Gründen.
Zu Punkt 1 erlauben wir uns zu bemerken, daß der Güterfernverkehr konzessioniert ist, und zwar werden die Konzessionen auf das Fahrzeug und den Antragsteller erteilt. Der Fernverkehrsunternehmer hat daher keine Möglichkeit, außer den konzessionierten Fahrzeugen andere Fahrzeuge für anfallende Transporte einzusetzen. Er ist daher genötigt, in seinen wirtschaftlichen Planungen über die konzessionierten Fahrzeuge so zu verfügen, daß eine Rentabilität des Betriebes gewährleistet wird. Bei diesem Tatbestand läßt es sich nicht vermeiden, insbesondere dann, wenn große Entfernungen zu überbrücken sind, daß die Fahrzeuge zwangsläufig auch am Wochenende unterwegs sind. Es läßt sich ferner nicht vermeiden, daß im Jahresdurchschnitt eine bestimmte Anzahl von Einsatztagen je Fahrzeug erreicht werden muß, sonst ist der Verkehr überhaupt nicht wirtschaftlich. Soll nun der Unternehmer gezwungen werden durch die beabsichtigte Änderungsverordnung, seine Fahrzeuge, die sich unterwegs befinden, von Samstag ab 22 Uhr bis Sonntag 22 Uhr stillzulegen, so entstehen hier ungeheure wirtschaftliche Belastungen, die nicht vertretbar sind.
({15})
Andererseits sind wir der Auffassung, daß eine solche Änderungsverordnung eine grobe Benachteiligung darstellt gegenüber anderen Verkehrszweigen.
({16})
Wir könnten uns mit der Änderungsverordnung einverstanden erklären, wenn ein Verbot ausgesprochen würde, daß ab Samstag 22 Uhr bis Sonntag 22 Uhr Fahrten vom Standort des Fahrzeuges nur durchgeführt werden können unter den in der Änderungsverordnung vorgesehenen Ausnahmen. Zu Punkt 2 erlauben wir uns zu bemerken, daß ein sehr großer Teil der Fahrzeuge am Samstag sich auf der Rückfahrt nach dem Standort des Fahrzeuges befindet. Die Abfahrt der Fahrzeuge vom Bestimmungsort zum Standort hängt naturgemäß damit zusammen, wann das Fahrzeug am Bestimmungsort für die Rückfahrt beladen wurde. Im allgemeinen dürfte die Beladung nicht im Höchstfalle um 16 Uhr abgeschlossen sein, weil auch bei den Speditionen und sonstigen Verladungsstellen auch am Samstag eine verkürzte Arbeitszeit besteht. Es würde sich also immer nur um Ausnahmefälle handeln, wenn noch Fahrzeuge bis 16 Uhr beladen werden müßten. Nun liegt es im Interesse der Unternehmer als auch der Arbeitnehmer, daß sie möglichst die Fahrt vom Bestimmungsort zum Standort so einrichten, daß sie spätestens am Sonntag im Standort eintreffen. Eine Entladung der Fahrzeuge kann an Sonntagen sowieso nicht
durchgeführt werden, jedoch haben die Kraftfahrer dann die Möglichkeit, wenigstens am Sonntag bei ihrer Familie zu sein. Würde die beabsichtigte Änderungsverordnung in der Form erlassen werden, dann wäre die bedauerliche Tatsache nicht zu vermeiden, daß in vermehrtem Maße die Fahrer sonntags fern von ihrer Familie sind, weil durch die Verordnung die Fahrzeuge außerhalb ihres Standortes festgehalten werden. Es würde also das Gegenteil davon eintreten, was die Änderungsverordnung beabsichtigt.
Der Bundesminister für Arbeit nimmt wie folgt Stellung:
Nach der Niederschrift über die neunte Sitzung des Ausschusses für Verkehrswesen am 16. 3. 1954 hat der AfV beschlossen, das Bundesministerium für Verkehr zu ersuchen, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit zu klären, „in welchen allgemeinen Bereichen der Wirtschaft a) das Sonntagsarbeitsverbot erlassen und b) das Sonntagsarbeitsverbot durch arbeitsrechtliche Maßnahmen erzwungen worden ist." Die Tätigkeit selbständiger Unternehmer ist in den Bereichen der gewerblichen Wirtschaft an Sonn-und Festtagen - abgesehen von geringen Ausnahmen, z. B. für Bäckereien und Konditoreien sowie für den Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen - nur insoweit verboten, als Arbeiten verrichtet werden, durch die die äußere Ruhe des Sonn- oder Festtags gestört wird. Dagegen besteht für die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Festtagen ein grundsätzliches Verbot, von dem nur wenige Ausnahmen zugelassen sind.
Nach dem GüKG kommen als besonders definierte Arten der Güterbeförderung auf Lastkraftwagen der Güterfernverkehr, der Güternahverkehr und der Werkverkehr in Betracht, wobei jede Güterbeförderung mit Lastkraftwagen, die nicht die besonderen Merkmale des Güterfern- und -nahverkehrs - „für andere" - aufweist, zum Werkverkehr gehört. Die Bestimmungen über das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern in gewerblichen Betrieben an Sonn- und Festtagen finden nach § 105 b u. a. auf das „Verkehrsgewerbe" keine Anwendung. Zum Verkehrsgewerbe gehört zweifellos der Güterfern- und -nahverkehr. Hier ist also nicht nur die Tätigkeit der Unternehmer, sondern auch die Beschäftigung von Arbeitnehmern zulässig. Auch im Werkverkehr wäre an Sonn- und Festtagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern zulässig, wenn er zum Verkehrsgewerbe zu rechnen wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Nach der Definition in § 40 des Güterkraftverkehrsgesetzes ist Werkverkehr jede Beförderung von Gütern für eigene Zwecke eines Unternehmers, wenn der ausgeführte Transport Nebenzweck und Hilfstätigkeit in dem auf andere Dinge gerichteten Unternehmen ist. Der Werkverkehr ist somit Bestandteil eines nicht auf Verkehr gerichteten Unternehmens und kann demnach nicht gleichzeitig Unternehmen des Verkehrsgewerbes sein. Ein Unternehmen, das Werkverkehr durchführt, kann aber auch die Ausnahme des § 105 der Gewerbeordnung nicht in Anspruch nehmen.
Auch räumlich oder organisatorisch weitgehend selbständige Transportabteilungen
({17})
eines Unternehmers können nicht zum Verkehrsgewerbe gerechnet werden, solange sie ausschließlich oder überwiegend Transporte für ihr Unternehmen durchführen.
Von dem Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen gibt es gewisse Ausnahmen, von denen der Werkverkehr ebenso wie jeder andere unter § 105 b der Gewerbeordnung fallende Betrieb bei Vorliegen der Voraussetzungen Gebrauch machen kann. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die Bestimmungen des § 105 c der Gewerbeordnung, nach denen die Bestimmungen des § 105 b z. B. keine Anwendung finden auf Arbeiten, welche in Notfällen oder im öffentlichen Interesse unverzüglich vorgenommen werden müssen, sowie auf Arbeiten, von welchen die Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebes abhängig ist oder welche zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen erforderlich sind, sofern diese Arbeiten an Werktagen nicht vorgenommen werden können.
Zu Nr. 8 der Wünsche des Ausschusses: Nach Mitteilung des Auswärtigen Amtes bestehen in den nachfolgenden Ländern keine Bestimmungen über die Einschränkung des Lastkraftwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen: Belgien, Dänemark, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden und USA. Auch in Frankreich bestehen keine gesetzlichen Einschränkungen bis auf eine Ausnahme, die sich auf eine einzige Route bezieht, auf der 3 1/2-t-Wagen an Sonn- und Feiertagen nicht fahren dürfen. In der Schweiz gibt es keine bundesgesetzliche Regelung dieser Art; die Regelung ist in den einzelnen Kantonen sehr verschieden. Weitere Stellungnahmen aus dem Ausland sind nicht zugegangen.
In seiner 41. Sitzung am 8. Februar 1955, an der wiederum auch der Initiator des Antrags Drucksache 135, Herr Kollege Morgenthaler, teilnahm, hat der Ausschuß jenen Beschluß gefaßt, den Sie bitte aus Drucksache 1215 entnehmen wollen.
Angeregt durch die Ausführungen des Herrn Bundesministers für Verkehr in Beantwortung einer von dem Kollegen Leonhard in der letzten Fragestunde gestellten Frage darf ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus den „Briefen zur Verkehrspolitik" vom 16. Juni 1954 kurz folgendes verlesen:
Die Bundestagsentscheidung über das Sonntagsfahrverbot für Lkw ist nochmals zurückgestellt worden, nachdem sie bereits für den 8. Juni vorgesehen war. Die Auffassung in parlamentarischen Kreisen ist nicht ganz einheitlich. Neuerdings hat die FDP Bedenken gegen die Regelung im Rahmen einer Rechtsverordnung vorgebracht und plädiert dafür, den Sonntagsverkehr über eine nicht näher definierte „Kostenentwicklung" zu beschränken.
Das Sonntagsfahrverbot für Lkw soll in der Straßenverkehrsordnung in einem neuen § 4a verankert werden, der etwa folgenden Wortlaut erhalten dürfte:
- und hierzu möchte ich den Herrn Bundesverkehrsminister um eine Antwort bitten -:
Fahrverbot für Kraftfahrzeuge
an Sonn- und Feiertagen
Mit Ausnahme von Personenfahrzeugen dürfen Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2500 kg und ebensolche Anhänger auf öffentlichen Straßen an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 22 Uhr nicht verkehren, es sei denn, daß dies erforderlich ist
a) zur Verhütung oder Beseitigung einer Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Menschen oder für erhebliche Sachwerte,
b) zur Befriedigung unaufschiebbarer landwirtschaftlicher Bedürfnisse,
c) zur Versorgung von Messen, Märkten oder sonstigen Großveranstaltungen mit Lebens- und Genußmitteln und Getränken, wenn wegen besonders warmer Witterung ein unvorhergesehener Bedarf entsteht,
e) zur Beförderung lebender Tiere oder lebender Pflanzen,
f) zur Versorgung der Bevölkerung mit Tageszeitungen,
g) zur termingerechten Be- oder Entladung von Eisenbahnwagen in Zeiten eines Mangels an Eisenbahnwagen der verwendeten Gattung - zur Entladung gehört die unmittelbar anschließende Abbeförderung des auf das Kraftfahrzeug oder den Anhänger übernommenen Gutes zum Ort der Einlagerung oder Verwendung -,
oder daß es sich handelt
h) um Fahrten im Post- und Fernmeldedienst,
i) um Fahrten zum Standort des Fahrzeuges,
k) um Fahrten zur Beförderung von Ein-, Aus- oder Durchfuhrgütern von und nach Seehäfen sowie von Gütern zur Ausrüstung oder Reparatur von Seeschiffen sowie
1) um Fahrten, deren Ausgangspunkt oder
Ziel außerhalb des Bundesgebietes liegt.
Es würde der Sache dienen, wenn der Herr Bundesminister für Verkehr oder sein Staatssekretär kurz bestätigen könnte, daß diese Informationen richtig sind und daß dieser Katalog in der angekündigten Rechtsverordnung erscheinen wird.
Meine Damen und Herren, ich habe einen ziemlich ausführlichen Bericht gegeben,
({18})
damit Ihnen all die Widerstände und Gegensätze, die im Ausschuß in Erscheinung getreten sind, hier für die Beurteilung und für die Beschlußfassung unterbreitet werden. Ich möchte Sie bitten - trotz all der Kataloge aus all den Stellungnahmen, die ich vorgelesen habe -, den Antrag des Ausschusses für Verkehrswesen auf Drucksache 1215 entsprechend zu beschließen.
({19})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter, möchte mir aber doch einige Bemerkungen erlauben. § 74 unserer Geschäftsordnung sagt, daß Ausschußberichte an den Bundestag über Gesetzentwürfe und Grundsatzfragen erheblichen Umfangs in der Regel schriftlich zu erstatten sind. Ich darf wohl sagen: das war ein Bericht erheblichen Umfangs. Es wäre zweckmäßiger gewesen, ihn vorher drucken zu lassen.
({0})
Außerdem bin ich der Meinung, daß er materiell über den Rahmen eines Berichts etwas hinausging; denn § 74 Abs. 2 sagt:
Die Berichte müssen die Ansichten und den Antrag des federführenden Ausschusses sowie die Stellungnahme der Minderheit . . . wiedergeben.
Aber hier wurden, wenn ich mich nicht geirrt habe, ganze Seiten lang die Stellungnahmen irgendwelcher außenstehender Interessentengruppen verlesen. Das ist nicht Inhalt eines Berichts.
({1})
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Drucksache 1215, also dem Antrag des Ausschusses, zuzustimmen wünscht, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7:
Beratung des Schriftlichen Berichts *) des Ausschusses für Verkehrswesen ({2}) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Autobahn-Hinweisschilder ({3}).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter Abgeordneten Körner.
Körner ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht soll sehr kurz sein.
({5})
Es handelt sich um den Antrag der FDP-Fraktion auf Drucksache 827, allgemein die Hinweisschilder, die Richtungszeiger für die Auffahrten zu den Autobahnen im Gegensatz zu der gelben Farbe bei den allgemeinen Fernrichtungsanzeigern in blau mit weißer Aufschrift auszuführen. Sie wissen, daß auf den Autobahnen selber die Tafeln in blauer Farbe gehalten sind. Es ist für die schnelle Orientierung des Autofahrers sehr günstig, wenn er unter dem Wust von Schildern die blauen Schilder für die Autobahnzufahrten sieht, wenn also die Schilder einheitlich durch die blaue Farbe gekennzeichnet sind.
Der Verkehrsausschuß hat sich mit dieser Frage befaßt und ist einstimmig dem Antrag der FDP-Fraktion beigetreten. Der Antrag des Ausschusses lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, in der Anlage zur Straßenverkehrs-Ordnung . . . in der Fassung vom 24. August 1953 . . .
1. unter A Ziff. I Buchstabe c Nr. 6 ({6}) folgenden neuen Absatz einzufügen:
„Wegweisertafeln, die auf Bundesautobahnen hinweisen, sind blau mit weißem Rand und tragen in weiß - gegebenenfalls mit Angabe eines Fernziels - die Aufschrift: Autobahn ({7}).",
2. unter D Ziff. III den „Wegweiser zur Autobahn" als Bild 45 aufzunehmen.
Ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag zuzustimmen.
s) Siehe Anlage 3.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Wer dem Ausschußantrag - den Sie unter B auf Drucksache 1266 sehen -, wie ihn der Herr Berichterstatter eben verlesen hat, zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins ({0}) in Gewahrsam genommen wurden ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen ({2}) ({3}).
({4})
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin, Frau Abgeordneten Korspeter.
Frau Korspeter ({5}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins ({6}) in Gewahrsam genommen wurden, geht auf zwei Anträge der CDU/CSU und der SPD zurück. Er wurde am Donnerstag, dem 7. Juli, in der 95. Sitzung des Bundestags in erster Lesung behandelt und dem Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen - federführend - und dem Kriegsopferausschuß - mitberatend - überwiesen.
Sowohl der federführende als auch der mitberatende Ausschuß traten sofort, am Freitag, dem 8. Juli, in die Beratung dieses Gesetzentwurfs ein, um ihn noch vor den Parlamentsferien in zweiter und dritter Beratung im Bundestag zu verabschieden und um dem Bundesrat Gelegenheit zu geben, in seiner Sitzung am 22. Juli gleichfalls die Verabschiedung des Gesetzes vorzunehmen.
Die Bedeutung dieses Gesetzentwurfs liegt in der Schließung einer Lücke, die in der bisherigen Versorgungsgesetzgebung für den Personenkreis, der aus politischen Gründen in Haft genommen wurde, bestand, da nach dem Bundesversorgungsgesetz Leistungen nur solchen ehemaligen Häftlingen gewährt werden können, die aus kriegsursächlichen Gründen oder durch die Besatzungsmacht inhaftiert oder festgehalten wurden.
Ich kann mich in meiner Berichterstattung verhältnismäßig kurz fassen, da der Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen sachlich kaum Änderungen vorzunehmen hatte. Lediglich im § 7 wurde eine kurze Änderung vorgeschlagen, die auch - nach zuerst aufgetretenen Bedenken des mitberatenden Ausschusses für Kriegsopferfragen - die Billigung dieses Ausschusses erfuhr.
Es handelt sich im § 7 um die Frist für die Stellung der Anträge auf Leistungen aus diesem Gesetz, die im Regierungsentwurf mit einem Jahr vorgesehen war, während im Bundesversorgungsgesetz eine Antragsfrist von zwei bzw. drei Jahren besteht. Der Ausschuß beschäftigte sich des({7})
halb eingehend mit der Frage, ob die Verkürzung der Antragsfrist auf ein Jahr in dem Gesetzentwurf vertretbar erscheint.
Wenn der Ausschuß entsprechend der Regierungsvorlage dies bejaht hat, so waren eine Reihe von Gründen dafür ausschlaggebend. Bei dem Versorgungskreis des Bundesversorgungsgesetzes handelt es sich um eine unvergleichlich größere Anzahl von Antragstellern, während der zur Zeit im Bundesgebiet befindliche Kreis der Berechtigten nach dem vorliegenden Gesetz nicht höher als 25 000 geschätzt wird. Da auch die ehemaligen Sowjetzonenhäftlinge bereits in dem Durchgangslager und auf den Flüchtlingsämtern eingehend über ihre Rechte, insbesondere auch über die Leistungen nach diesem Gesetz belehrt werden, rechnet man kaum mit einer Fristversäumnis von seiten der Antragsteller.
Da auch im Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz eine einjährige Frist gesetzt ist und da auch die Versorgungsämter, die die Leistungen nach diesem Gesetz gewähren, im Gegensatz zu der Situation bei der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes, bereits eingerichtet und deshalb in der Lage sind, den verhältnismäßig kleinen Personenkreis ohne Schwierigkeiten zu betreuen, einigte man sich darauf, die Verkürzung der Antragsfrist bestehen zu lassen.
Es erschien dem Ausschuß aber zweckmäßig, die Worte „zur Vermeidung des Ausschlusses" in § 7 Abs. 1 zu streichen, um nicht den Eindruck zu erwecken, daß bei Verstreichen der Frist jede Möglichkeit, trotzdem zum Zuge zu kommen, ausgeschlossen sei. Für Fälle unverschuldeter Fristversäumnis gilt gemäß § 7 Abs. 3 die Regelung des § 57 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes, und sofern diese Vorschrift nicht ausreichen sollte, kann über den sogenannten Härteausgleich des § 12 geholfen werden. Im übrigen waren sich aber sowohl der federführende Ausschuß als auch der mitberatende Kriegsopferausschuß darüber einig, daß sich durch die Streichung der Worte „zur Vermeidung des Ausschlusses" an dem rechtlichen Charakter der Bestimmung nichts geändert hat.
Eine weitere Debatte wurde im federführenden Ausschuß über § 9 betreffend die Anwendung der Vorschriften des Heimkehrergesetzes geführt. Es wurde die Frage erörtert, ob die Frist von sechs Monaten nach der Entlassung, innerhalb deren der Berechtigte seinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet bzw. in Berlin-West genommen haben muß, um die Vergünstigungen aus dem Heimkehrergesetz in Anspruch nehmen zu können, entsprechend der bisherigen Rechtslage aufrechterhalten bleiben soll. Der Ausschuß kam zu dem Ergebnis, daß zwar wie jede Frist auch diese die Möglichkeit von unbilligen Härten für den davon betroffenen Personenkreis einschließe, daß aber eine Verlängerung dieser Frist im Hinblick auf die Zweimonatsfrist für die Kriegsgefangenenheimkehrer nicht vertretbar sei. In besonderen Härtefällen hält der Ausschuß die Anwendung des § 12 für ausreichend und geboten.
Im übrigen schloß sich der federführende Ausschuß den zu § 1 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 und § 10 Abs. 3 gemachten Änderungsvorschlägen des Bundesrates einstimmig an. Er konnte sich jedoch nicht entschließen, dem Änderungsvorschlag zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 zuzustimmen. Bei der Gegenüberstellung im Mündlichen Bericht Drucksache 1582 ist hier ein Fehler unterlaufen, den ich zu berichtigen bitte. Dort muß die Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt werden.
Der federführende Ausschuß hat sich weiter mit der Frage befaßt, ob bei der Anwendung der Härtevorschrift des § 12 entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates im ersten Durchgang ein Benehmen mit den obersten Bundesbehörden ausreicht oder das Einvernehmen in diesen Fällen erforderlich ist. Der Ausschuß schloß sich hier einhellig der Fassung an, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates vorgeschlagen hat. Da diese Regelung auch der bisherigen Regelung im Bundesversorgungsgesetz, im Unterhaltsbeihilfegesetz und im Heimkehrergesetz entspricht, gibt der Ausschuß der Hoffnung Ausdruck, daß der Bundesrat sich mit dieser Formulierung einverstanden erklärt und das Gesetz, so wie beabsichtigt, um der Eilbedürftigkeit und der politischen Bedeutung willen am 22. Juli in der vorliegenden Fassung verabschiedet.
Der Ausschuß bittet das Hohe Haus, den Gesetzentwurf in der vorliegenden Ausschußfassung anzunehmen und den Antrag Drucksache 701 für erledigt zu erklären.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Darf ich noch eine Frage an Sie richten?
({0})
Damit es keinen Irrtum gibt: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, soll in § 2 Abs. 1 Ziffer 1 die alte Form wiederhergestellt werden?
({1}) Ich danke verbindlichst.
Wir treten ein in die zweite Beratung des Gesetzes. Ich rufe auf in der Einzelberatung die §§ 1,
- 2, wobei ich noch einmal darauf hinweisen darf, daß in Abs. 1 Ziffer 1 die Regierungsvorlage wiederhergestellt werden soll, - 3, - 4, -5, - 6, -7, - 8, - 9, - 10, - 11, - 12, - 13, - 14, - 15,
- 16, - alles in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung -, Einleitung und Überschrift.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache in der Einzelberatung. Wer den soeben aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Da Änderungsanträge zur dritten Lesung nicht vorliegen, schreite ich zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe noch auf Ziffer 2 des Ausschußantrags auf Drucksache 1582, wonach der Antrag Drucksache 701 für erledigt erklärt werden soll. Wer diesem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
({2})
Der Punkt 9 der Tagesordnung betreffend Verlängerung der Amtszeit von Richtern und des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ist heute morgen abgesetzt worden. Mir ist gesagt worden, es sei dabei von dem amtierenden Präsidenten nicht bekanntgemacht worden, daß dieser Punkt morgen als Punkt 4 auf die Tagesordnung kommt. Ich hole das hiermit nach. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 10:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 21. Dezember 1954 über die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ({3});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({4}); ({5});
({6})
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Sabaß.
Sabaß ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat Ihnen auf Drucksache 1417 den Entwurf eines Ratifikationsgesetzes zu einem Abkommen vom 21. Dezember 1954 zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland einerseits und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl andererseits vorgelegt. Hierzu liegt ein Schriftlicher Bericht *) des federführenden Ausschusses für Wirtschaftspolitik auf Drucksache 1565 vor, der in zwei Sitzungen erarbeitet wurde und dem auch der mitberatende Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten in seiner gestrigen Sitzung zugestimmt hat.
Als Berichterstatter darf ich in Ergänzung dieses Schriftlichen Berichts noch folgendes ausführen. Der § 14 des Übergangsabkommens zum Montanvertrag sieht vor, daß die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl mit den Regierungen dritter Länder, also außerhalb der Gemeinschaft, über sämtliche Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen dieser Gemeinschaft und den dritten Ländern Verhandlungen einleiten und führen können, soweit sie Kohle und Stahl betreffen. In dieser Gesetzesbestimmung ist Großbritannien ausdrücklich aufgeführt. Die Regierung von Großbritannien und Nordirland hat nämlich schon bei den Vorverhandlungen zum Abschluß des Montanvertrags vom 18. April 1951 zum Ausdruck gebracht, daß sie den Wunsch habe, in engere Verbindung mit der Gemeinschaft zu treten. Mit Rücksicht auf die Wirtschaftspolitik im gesamten Commonwealth war es ihr aber nicht möglich, dem Vertrag über die Montanunion beizutreten, so daß schon damals im § 14 des Übergangsabkommens zum Montanvertrag ein Weg gefunden worden ist, Verhandlungen über Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auf dem Gebiete von Kohle und Stahl zwischen der Gemeinschaft und Großbritannien zu führen. Das Ihnen vorliegende Abkommen ist damit in Ausführung dieser Gesetzesbestimmung die erste vertragliche Regelung zwischen der Gemeinschaft und einem drit-
*) Siehe Anlage 4. ten Land, und es ist zu wünschen, daß nach dem Vorbild dieses Abkommens weitere Abkommen zwischen der Gemeinschaft und anderen dritten Ländern abgeschlossen werden können.
Bei der Beurteilung des Abkommens muß man darauf hinweisen, daß es keine materiellen Vereinbarungen, z. B. über gegenseitige Zölle, über Einfuhrkontingente usw. enthält. Die britische Regierung sah materielle Regelungen auch bei den Verhandlungen zu diesem Abkommen noch als verfrüht an und hat sich vorbehalten, solchen Verhandlungen nach näherer Prüfung später näherzutreten. Ich möchte jedoch annehmen, daß in nicht allzu ferner Zukunft auch dieser Vertrag mit materiellem Inhalt erfüllt werden kann, da sich die Handelsbeziehungen der Gemeinschaft mit Großbritannien und Nordirland seit Bestehen des Montanvertrags erheblich verstärkt haben. So hat beispielsweise das Vereinigte Königreich im Jahre 1952 nur 20 000 t Brennstoffe aus den Ländern der Gemeinschaft eingeführt, während im vergangenen Jahr die Einfuhrmenge schon 1,9 Millionen t betrug und im ersten Vierteljahr 1955 die Menge des Vorjahres schon überschritten worden ist, so daß wir für das laufende Jahr mit einer erheblich ins Gewicht fallenden weiteren Steigerung der Beziehungen auf dem Gebiet der Kohle zwischen Großbritannien und den Ländern der Gemeinschaft rechnen können. Umgekehrt ist die Ausfuhr Englands an Brennstoffen in die Länder der Montanunion von 1952 bis 1954 von 3,5 Millionen t auf 5,2 Millionen t gestiegen. Diese Zahlen zeigen Ihnen, daß das Interesse beider Vertragspartner an materiellen Regelungen wachsen muß.
Der Ständige Assoziationsrat nach Art. 1 des Ihnen vorliegenden Abkommens wird von beiden Vertragspartnern durch je vier Vertreter beschickt, wobei auf der Seite Großbritanniens je ein Vertreter dem National Coat Board und dem National Iron and Steel Board in London angehören sollen. Da die Gemeinschaft aber sechs Mitgliedstaaten hat, können neben den vier offiziellen Mitgliedern der Gemeinschaft im Assoziationsrat nach Art. 2 Abs. 2 des Abkommens auch die Vertreter jeder Regierung an den Sitzungen des Assoziationsrats teilnehmen, wenn in diesen Sitzungen besondere Fragen des eigenen Heimatlandes berührt werden. Der Assoziationsrat bildet den institutionellen Rahmen für einen laufenden Gedankenaustausch in allen Fragen von Kohle und Stahl, die von gemeinsamem Interesse für die vertragschließenden Parteien sind. Diese Fragen des gemeinsamen Interesses sind in Art. 2 Abs. 2 einzeln aufgeführt, wobei man aber dieser Aufzählung keinen Ausschließlichkeitscharakter geben sollte. Denn lediglich in Abs. 3 des Art. 6 ist festgelegt, daß Angelegenheiten, auf die der Montanvertrag keine Anwendung findet, .auch nicht Fragen von gemeinsamem Interesse im Assoziationsrat sein können. Der Assoziationsrat wird abwechselnd in London und Luxemburg tagen. Die oben genannten vier Vertreter der Gemeinschaft werden durch den Ministerrat bestellt, und die Hohe Behörde hat das Recht, sich jederzeit an diesen Verhandlungen voll zu beteiligen.
Bei den Verhandlungen über die Sitzungen des Assoziationsrats hat sich nun das Problem gestellt, wie die Stellung des Ministerrats und die Stellung der Mitgliedstaaten der Montangemein({8})
schaft in der Zusammenarbeit zwischen Montangemeinschaft und Großbritannien berücksichtigt werden können. Die Schwierigkeiten beruhten teilweise darauf, daß die Fragen gemeinsamen Interesses, die nach dem Abkommen im Assoziationsrat behandelt werden können, nach dem Montanvertrag nicht nur in das Gebiet gehören, auf dem die Hohe Behörde allein tätig werden kann, sondern auch Gebiete betreffen, für die eine Mitwirkung des Ministerrats oder gar jedes einzelnen Mitgliedstaats in der Gemeinschaft vorgeschrieben ist. Weiter ergaben sich Schwierigkeiten aus der Tatsache, daß die Mitgliedstaaten der Montangemeinschaft sich in dem Montanvertrag ihre Souveränität auf handelspolitischem Gebiet nur mit gewissen Ausnahmen ausdrücklich vorbehalten haben. Eine solche Ausnahme ist allerdings die im Übergangsabkommen zum Montanvertrag von den Mitgliedstaaten eingegangene Verpflichtung, mit Großbritannien Verhandlungen durch die Hohe Behörde führen zu lassen, wobei allerdings die Ermächtigung an die Hohe Behörde zur Führung solcher Verhandlungen von der einstimmigen Weisung des Ministerrats abhängig gemacht worden ist.
Bei dieser Rechtslage kommt es also für die Mitgliedstaaten und damit auch für uns darauf an, daß Verhandlungen in handelspolitischen Angelegenheiten im Assoziationsrat nicht schon so weit vorangetrieben werden, daß weitere Verhandlungen über materielle Vereinbarungen sich praktisch erübrigen. Es wurde daher innerhalb der Montangemeinschaft zwischen der Hohen Behörde und dem Ministerrat festgelegt, daß der Ministerrat über alle Vorgänge in dem ständig tagenden Assoziationsrat eingehend und regelmäßig unterrichtet werden muß. Damit ist sichergestellt, daß im Assoziationsrat keine Dinge behandelt werden, die in die Handelspolitik eines Mitgliedstaats der Montangemeinschaft eingreifen oder sie berühren.
Abschließend darf ich feststellen, daß das Abkommen vom 21. Dezember 1954 allerdings keine der Vertragsparteien bindet. Der im Vertrag vorgesehene ständige Assoziationsrat hat auch keine Entscheidungsbefugnis; für seine Sitzungen ist keine Form der Beschlußfassung vorgesehen. Aber auf dem Wege zu engeren Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Großbritannien und Nordirland und der Gemeinschaft für Kohle und Stahl ist das Abkommen ein Schritt vorwärts und muß daher als ein beachtlicher Erfolg auch in unseren Bemühungen zu einer weiteren Integration der Wirtschaft Westeuropas gebucht werden. Ich wiederhole daher meine Bitte an das Hohe Haus, dem Antrag im Schriftlichen Bericht des Wirtschaftspolitischen Ausschusses, Drucksache 1565, in zweiter und dritter Lesung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Lesung des Gesetzentwurfs ein. Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.
Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich trete in die
dritte Lesung
des Gesetzentwurfs ein und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem aufgerufenen Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich vom Platz. - Einstimmig angenommen.
Punkt 11 der Tagesordnung ist abgesetzt. Ich rufe auf Punkt 12:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Dritten Teiles der Reichsabgabenordnung ({0}).
Das Haus verzichtet auf Begründung und Debatte in der ersten Beratung. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Mitberatung. Ist das Haus damit einverstanden?
({1})
- Das ist der Fall; es ist so beschlossen. ({2})
- Ausschuß für Geld und Kredit noch mitberatend? Stimmt das Haus zu? - Das ist ebenfalls der Fall.
Ich rufe auf Punkt 13:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes ({3}).
Das Haus verzichtet auf Begründung und Aussprache. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Ist das Haus damit einverstanden?
({4})
- Das ist der Fall; dann ist so beschlossen. Punkt 14:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({5}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Marinegerätelagers Roffhausen bei Wilhelmshaven an die Olympia-Werke AG ({6}).
Hier liegt der Bericht des Ausschusses noch nicht vor. Wir müssen daher den Punkt heute absetzen.
Genau so ist es mit Punkt 16:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({7}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehem. Lehrlingsausbildungswerkstätten der ehem. Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven in Westerstede ({8}).
Auch da liegt der Bericht nicht vor. Wir müssen diesen Punkt heute ebenfalls absetzen.
({9})
Ich rufe dann auf Punkt 15:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({10}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung von Erbbaurechten an Teilgrundstücken des ehem. Fliegerhorstes Quakenbrück ({11}).
Ich höre, daß der Herr Berichterstatter nicht im Hause ist.
({12})
- Verzichtet das Haus auf Berichterstattung? ({13})
- Ich stelle das fest.
Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1604 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 17:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes ({14}) ({15});
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Beamtenrecht ({16}) ({17}).
({18})
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Kleindinst.
Dr. Kleindinst ({19}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um ein Gesetz, dem aus den Zweckmäßigkeitsgründen zuzustimmen ist, die in der Begründung des Gesetzentwurfs angegeben sind. Im Herbst wird uns eine Reihe von Gesetzen beschäftigen, die hier einschlägig sind. Zweitens beschäftigt den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung das Gesetz über die Vollzugsmaßnahmen polizeilicher Art, und endlich sollen noch die Erfahrungen mit dem Bundesgrenzschutz abgewartet werden. Da die Richtlinien für die Neugestaltung des Gesetzentwurfs noch nicht vorliegen, bitten die beiden Ausschüsse für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und für Beamtenrecht einstimmig, der Verlängerung dieses Gesetzes in der vorgesehenen Weise zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Lesung des Gesetzes ein. Seine Fassung finden Sie auf der Rückseite der Drucksache 1472. Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 3, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann komme ich zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Lesung beendet.
*) Siehe Anlage 5. Wir treten in die
dritte Lesung
des Gesetzes ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge Liegen nicht vor.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem aufgerufenen Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen nebst Zusatzprotokoll ({0}).
Auch hier sollte auf Begründung und Debatte in der ersten Beratung verzichtet werden. Ich habe hier einen Brief an den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Ich kann ihn bekanntgeben, weil er nämlich mit den jetzt folgenden Initiativgesetzen der SPD zusammenhängt:
Betreffend Anträge der Fraktion der SPD über Entwürfe von Initiativgesetzen zu fünf Europaratskonventionen, Tagesordnung der 98. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 14. Juli 1955, Ziffern 10 bis 14.
Der eine steht heute überhaupt gar nicht auf der Tagesordnung.
Die Bundesregierung hat schwerwiegende
- ich lese das Wichtigste vor Bedenken insbesondere auch verfassungsrechtlicher Art, daß internationale Abkommen im Wege des Initiativgesetzantrags eingebracht werden. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der damit zusammenhängenden Probleme hat sie den Wunsch, daß diese Frage dem Rechtsausschuß des Bundestages zur Beratung überwiesen wird.
Ich fasse das so auf, daß sie damit dieses Rechtsproblem nur andeuten will, und die Ausschüsse, denen wir die Gesetze überweisen, wissen das ja nun, und sie werden bei der Beratung der Gesetze auch dieses Rechtsproblem mitberaten und darüber entscheiden. Ich glaube, wir brauchen da - ({1})
- Aber bitte, Herr Mommer, wenn Sie dazu sprechen wollen? - Herr Abgeordneter Mommer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte doch einen Satz der Antwort an die Bundesregierung sagen. Diese Gesetze sowie frühere Ratifikationsgesetze zu Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation sind deshalb als Initiativgesetze eingebracht worden, weil die Bundesregierung manchmal jahrelang damit wartet,
({0})
Ratifikationsgesetze zu Konventionen einzubringen, die sie selbst unterzeichnet hat. Die Bundesregierung kann diese Rechtsfrage am besten dadurch ausschalten, daß sie nach Unterzeichnung von Konventionen in angemessener, aber doch kurzer Frist die Gesetze dem Parlament vorlegt.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Huth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Abkommen im Ältestenrat war vereinbart worden, daß keine Begründung und irgendwelche Zusatzerklärungen zu diesen Gesetzen abgegeben würden, aus dem ganz einfachen Grunde, weil die Regierung gebeten hatte, diese Gesetze abzusetzen. Ich bedaure, daß die Abmachungen hier durchbrochen worden sind, und möchte ausdrücklich erklären, daß die Regierung es abgelehnt hatte, heute zu diesen Gesetzen Stellung zu nehmen. Ich bedaure, daß wir jetzt der Überweisung an die Ausschüsse nicht zustimmen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Meine Damen und Herren, wir wollen uns doch in diesen Tagen, an denen uns ohnehin eine ganze Reihe von Problemen sehr hitzig beschäftigt, in dieser Frage, in der wir normalerweise bisher zusammengestanden sind - Ratifizierung von Konventionen, die wir schon in einer Reihe von Fällen gemeinsam auf dem Initiativwege beschlossen haben -, hier nicht plötzlich streiten.
({0})
-Einen Augenblick bitte, Herr Kollege! Die Erklärung des Kollegen Dr. Mommer ist hier nur deshalb abgegeben worden, weil ja auch nicht vereinbart worden war, daß der Herr Präsident des Hauses die Stellungnahme der Bundesregierung hierzu mit verliest.
({1})
Das war dann doch auch nicht nötig, denn das geht doch sowieso an den Rechtsausschuß. Auf diese vereinbarungswidrig abgegebene Erklärung hin mußte ein Wort der Verwahrung gegen das Verhalten der Regierung in dieser Frage gesagt werden. Darüber können wir uns im Rechtsausschuß weiter unterhalten. Ich finde wirklich nicht, daß das ein Anlaß ist, Gesetze, denen Sie wahrscheinlich später sogar zustimmen werden - denn die Konventionen sind von der Regierung unterzeichnet worden, nicht von uns -, nicht einmal an den Ausschuß zu geben. Das würde tatsächlich bedeuten, daß Sie die Mitarbeit der Opposition in den wesentlichen Fragen der Gesetzgebung und der internationalen Arbeit hier geradezu unmöglich machen.
({2})
Ich bin eigentlich sehr erstaunt, daß wir hier über diese Dinge debattieren. Herr Kollege Erler, bitte machen Sie mir keinen Vorwurf! Ich hatte leider nicht die Möglichkeit, in der letzten Ältestenratssitzung zu sein; ich kenne also das, was dort besprochen wurde, nicht. Aber die Gegenstände stehen heute auf der Tagesordnung; also muß ich nach der Praxis des Ältestenrates, da er ja kein Beschlußorgan ist, bis zum Beweis des Gegenteils annehmen, daß dort Einverständnis darüber geherrscht hat, daß die Punkte heute auf die Tagesordnung kommen. - Das zu Nummer eins.
Was diese Erklärung oder diesen Brief der Bundesregierung anlangt, so wurde er mir vom Herrn Direktor zugereicht, und es wurde gewünscht, daß sein Inhalt hier bekanntgegeben wurde.
({0})
Das geschah dann außerhalb der Vereinbarungen im Ältestenrat, aber ohne meine Schuld und auch nicht mit böser Absicht. Ich wollte das doch gesagt haben.
({1})
Ich hatte schon Punkt 18 aufgerufen und hatte vorgeschlagen, dazu nicht zu sprechen. Es wäre dann vielleicht schneller gegangen. Ich wollte ergänzend sagen, daß das Problem - nebenbei: für mich ist es keins - sowieso in den Ausschüssen geprüft werden muß.
Das Wort zu der ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen nebst Zusatzprotokoll - Drucksache 1558 - wird nicht mehr gewünscht. Ich schließe die Besprechung. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Fragen der öffentlichen Fürsorge - federführend -, an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens zur Mitberatung.
({2})
- Auch an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht?
({3})
- Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und Auswärtiger Ausschuß? Ich dachte, es wäre differenziert, denn bei den anderen Vorlagen wird dann anders verfahren. Aber ich bin gern bereit, es so zu machen.
({4})
Auswärtiger Ausschuß - mitberatend - bleibt. Muß ich nun abstimmen lassen?
({5})
- Gut! Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 1558 an den Ausschuß für öffentliche Fürsorge - federführend - und an die anderen drei Ausschüsse, die ich vorhin genannt habe - mitberatend -, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zwei Stimmen ist die Überweisung erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 19:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Kulturabkommen ({6}).
Auch hierzu soll nicht gesprochen werden. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik - federführend - und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zur Mitberatung. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; dann wird so verfahren.
Punkt 20:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen nebst Zusatzprotokoll sowie Begriffsbestimmung der Ausdrücke „Staatsangehörige" und „Gebiet" ({7}).
Auch hier soll so verfahren werden wie vorhin. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß
({8})
für Sozialpolitik - federführend - und an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 21:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen nebst Zusatzprotokoll ({9}).
Hier schlage ich dem Hause Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik - federführend - und an den Ausschuß für Kommunalpolitik - mitberatend - vor. - Das Haus ist damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung erfolgt.
Ich unterstelle, daß das Haus stillschweigend zustimmt, daß ich die Tagesordnung vollends abwickle, damit wir nicht noch einmal anzufangen brauchen. Wir haben drei Punkte zu behandeln, die das Haus heute morgen zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt hat.
Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs ({10}) ({11});
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({12}) ({13});
({14})
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin Frau Abgeordneten Strobel.
({15})
- Frau Abgeordnete Strobel verzichtet. - Das Haus ist damit einverstanden.
Wir treten in die zweite Lesung des Gesetzentwurfs ein, den Sie auf der Drucksache 1460 auf der zweiten Seite finden. Ich rufe auf: Art. 1, - 2, -3, - Einleitung und Überschrift. - Wird in der zweiten Lesung das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung.
Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln und der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig verabschiedet. Damit ist die zweite Lesung beendet.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich komme daher zur Schlußabstimmung. Wer dem aufgerufenen Gesetzentwurf im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich sich von seinem Sitz zu erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({16}) über den Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen
*) Siehe Anlage 6. ({17}) ({18}). ({19})
Ich erteile auch hier der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Strobel, das Wort.
({20})
- Das Haus verzichtet auf mündlichen Bericht. Schriftlicher Bericht**) liegt vor. Ich komme daher gleich zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Drucksache 1601 unter B finden, der lautet:
Der Bundestag wolle beschließen, dem Verordnungsentwurf - Drucksache 1427 - unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Wer diesem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den letzten Punkt der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Entschließungen der 43. Konferenz der Interparlamentarischen Union ({21}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Dr. h. c. Pünder. Ich erteile ihm das Wort.
Dr. Dr. h. c. Pünder ({22}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere außerordentlich, daß ich auf meine Wortmeldung nicht verzichten kann, da ein Schriftlicher Bericht nicht vorliegt. Erst gestern nachmittag hat das Hohe Haus die Überweisung der Drucksache 926 an den Auswärtigen Ausschuß beschlossen, und dieser hat sich noch gestern abend mit der Angelegenheit befaßt. Ich habe nun die Ehre, Ihnen mündlich die Vorschläge des Auswärtigen Ausschusses vorzutragen.
Es ist natürlich sehr mißlich, bei der ungewöhnlichen Belastung, unter der wir alle leiden, und in dieser vorgerückten Mittagsstunde eine immerhin recht wichtige Angelegenheit in Kürze mündlich darlegen zu müssen. Ich werde mich also, soweit es irgend möglich ist, auf sehr wenige Minuten beschränken.
Die Drucksache 926, die Sie ja alle vor sich liegen haben, ist schon verhältnismäßig alt; sie ist drei Vierteljahr alt. Unser verewigter Herr Präsident Dr. Ehlers hatte sie noch am 23. Oktober vorigen Jahres mit mir unterzeichnet. Es ist nach Ansicht des Ausschusses recht bedauerlich, daß sich bisher keine Gelegenheit geboten hatte, diese immerhin recht bedeutsamen Fragen der Interparlamentarischen Union hier zu behandeln. Aber da wir selber alle mit an dieser Überfülle der Arbeit, an diesem vielen Kleinholzhacken beteiligt sind, wissen wir, daß es eben nicht anders möglich war. Wir begrüßen es aber immerhin sehr, daß wenigstens vor der jetzt bevorstehenden Jahrestagung in Helsinki, Ende des kommenden Monats, die Dinge in dieser knappen Form behandelt werden können.
Da es das erstemal ist, daß der Deutsche Bundestag sich mit Fragen der Interparlamentarischen Union befaßt, ist es nach einstimmiger Auffassung des Auswärtigen Ausschusses doch erforderlich, mit
**) Siehe Anlage 7.
({23})
ganz wenigen Strichen die Bedeutung und die geschichtliche Entwicklung der Interparlamentarischen Union vor Ihnen aufzuzeigen. Es gibt so schrecklich viele internationale Organisationen, daß man leicht versucht ist, auch die Interparlamentarische Union als etwas vielleicht Überflüssiges anzusehen.
Sie ist immerhin, da sie 1889 gegründet worden ist, das älteste und ehrwürdigste Institut internationaler Zusammenarbeit, 66 Jahre alt. Es hat viele Jahrzehnte der Vorbereitung und Vorarbeit bedurft. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 war schließlich der letzte Anstoß. Im Jahre 1889, gelegentlich der Pariser Weltausstellung, wurde sie in Paris aus der Taufe gehoben. Damals waren es nur erst neun Mitglieder, neun Parlamente, darunter Frankreich, England und die Vereinigten Staaten. Aber schon bald schlossen sich viele andere an, so schon 1890 der Deutsche Reichstag der Kaiserzeit und später der Weimarer Zeit. Herr Alterspräsident Löbe, uns allen als verehrungswürdige Persönlichkeit bekannt, war viele Jahre Präsident der deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union. Die Union ist stolz darauf, daß die auf der ersten Haager Friedenskonferenz im Jahre 1899 angenommene internationale Schiedsgerichtskonvention auf ihren Vorarbeiten beruht hatte. Bisher haben 43 Jahrestagungen stattgefunden, die letzte im vorigen Jahr in Wien. Auch in Berlin haben zwei stattgefunden, in den Jahren 1908 und 1928.
Ich darf Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten ganz kurz den Art. I verlesen; denn Sie, meine verehrten Damen und Herren, sind auf Grund eines einstimmigen Beschlusses des Hohen Hauses sämtlich Mitglieder der Interparlamentarischen Union. Es ist deshalb vielleicht ganz angenehm, im Vorbeigehen schnell den Art. I der Statuten zu lesen und zu hören:
Die Interparlamentarische Union setzt sich das Ziel, die persönliche Fühlungnahme unter den Mitgliedern aller Parlamente, in denen Landesgruppen bestehen, zu fördern, diese zu gemeinsamem Vorgehen zusammenzufassen, um ihre betreffenden Staaten vor allem mittels einer allumfassenden Völkerorganisation an der Festigung und am Ausbau der demokratischen Einrichtungen wie auch an der Ausgestaltung des Friedenswerks und der Zusammenarbeit der Völker zu beteiligen. Zu diesem Zweck nimmt sie zu allen denjenigen internationalen Problemen Stellung, deren Lösung auf parlamentarischem Wege gefördert werden kann, wie sie auch jedwede Anregung vorzubringen beabsichtigt, die geeignet ist, das parlamentarische System auszubauen, seine Wirksamkeit zu verbessern und sein Ansehen zu erhöhen.
Das sind, ganz kurz, die Ziele und Zwecke der Interparlamentarischen Union. Sie hat selber natürlich die beiden Weltkriege auch nicht verhindern können - wer hat das gekonnt? -, aber sie hat die beiden Weltkriege überstanden. Sowohl nach dem ersten wie nach dem zweiten Weltkrieg ist sie gleich wieder in Tätigkeit getreten, nach dem ersten Weltkrieg 1921 in Stockholm und später, 1947, in Kairo.
Die Basis sind natürlich, wie ich vorhin sagte, die Mitglieder der angeschlossenen Parlamente.
Augenblicklich gibt es 43 solcher nationaler Gruppen: dazu gehören, wie gesagt, auch wir. Der Kreis der Beteiligten geht von Nord- und Südamerika über ganz Europa bis hin zum fernen Osten. Insgesamt sind es augenblicklich rund 6000 Parlamentarier. An der Spitze steht ein Exekutivkomitee von sieben Mitgliedern unter der Leitung des englischen Lord Stansgate, des augenblicklichen Präsidenten der IPU. Daneben gibt es einen Rat der Interparlamentarischen Union, dem je zwei Mitglieder aller Gruppen angehören. Von unserer Seite sind es unser verehrter Kollege Carlo Schmid und meine Wenigkeit.
Die Arbeitsweise der Interparlamentarischen Union! Ganz kurz: Es gibt ein Generalsekretariat in Genf, das ausgezeichnet arbeitet. An der Spitze steht der Schweizer Generalsekretär de Blonay, ein hervorragender Kenner internationaler Zusammenarbeit. Das Generalsekretariat bereitet zusammen mit dem Exekutivkomitee das Arbeitsprogramm des Jahres vor. Im Frühjahr finden alsdann stets die erforderlichen Ausschußsitzungen statt. Die Vorschläge dieser 6 Ausschüsse kommen dann im Herbst auf der Jahrestagung zur Aussprache und Abstimmung.
Die Stoßkraft der IPU, meine Damen und Herren, ist naturgemäß nicht übergroß. Die IPU ist eben auch ein Kind ihrer Zeit; ihre Wirksamkeit steht und fällt mit dem Interesse, das sie bei ihren angeschlossenen Parlamentariern findet! Diese Parlamentarier haben nach dem Statut die Verpflichtung, in ihren Kreisen und auch bei ihren Regierungen für die Entschließungen der Interparlamentarischen Union einzutreten.
Ich darf Sie nun bitten, ganz kurz mal die Drucksache 926 zur Hand zu nehmen. Sie sehen dort auf der zweiten Seite die Bezugnahme auf den Art. 5, wonach die nationalen Gruppen verpflichtet sind,
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- ich bezweifle, ob es allen bekannt ist; deshalb lese ich es vor - ihr Parlament über ihren Vorstand mit den Ergebnissen der Konferenzen zu befassen, die eine parlamentarische oder Regierungsinitiative erfordern. Darüber ist dann laufend Bericht zu erstatten.
In der Drucksache sind weiterhin die drei Entschließungen des vergangenen Jahres aufgezeichnet, die eine über die Tätigkeit der Vereinten Nationen mit einem klaren Bekenntnis zur Organisation der Vereinten Nationen; für uns besonders interessant, weil sie einen Appell an die zuständigen Organe der UNO enthält zu noch größerer Universalität und zur möglichst baldigen Aufnahme von Staaten, die der UNO noch nicht angehören. Außerdem sollen die Arbeitsmethoden der UNO verbessert werden.
Die zweite Entschließung betrifft die Rüstungsbeschränkung und die Sicherheit. Dies sind vielleicht keine ganz neuen Gedanken. Es ist aber sehr beachtlich, daß es immerhin berufene Vertreter von gut 3 Dutzend Parlamenten dieser Erde waren, vom Westen bis zum äußersten Osten, die sich in Wien auf diese Grundsätze betreffend Abrüstung, internationale Verständigung, Verbot der Atomwaffen usw. geeinigt haben.
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Die letzte Entschließung bezieht sich auf die internationalen Urheberrechtskonventionen, die ich im Drange der Zeit nicht im einzelnen behandeln kann.
Soweit mein Bericht über die Drucksache 926. Der Auswärtige Ausschuß hat mich aber gestern ausdrücklich beauftragt, darauf hinzuweisen, daß es damit an sich natürlich noch nicht getan ist. Es steht, wie ich schon vorhin sagte, die Jahrestagung in Helsinki Ende des nächsten Monats bevor. Damit können wir uns heute nicht befassen; aber andeutungsweise muß ich namens des Auswärtigen Ausschusses doch darauf hinweisen. Denn hier stehen sehr entscheidende Fragen auf der Tagesordnung, die wahl an den Grundlagen der IPU rütteln. Es dreht sich vor allem darum, ob durch Statutenänderung die Möglichkeit geschaffen werden soll, daß künftig auch sogenannte Parlamente von Oststaaten, in denen keine ordnungsmäßigen demokratischen Wahlen stattfinden, an den Arbeiten der IPU teilnehmen können. Als die IPU im Jahre 1889 gegründet wurde, war es natürlich nicht notwendig, den Begriff eines Parlamentes zu definieren, da er damals selbstverständlich war. Mittlerweile halben wir seit Hitler und seinen Nachfolgern da und dort aber einiges dazugelernt. Wir stehen in Helsinki vor der entscheidenden Frage, welche Lösung hier gefunden werden kann. Unsere Delegierten sind dort nicht Beauftragte und sind nicht an Weisungen gebunden. Aber wir wollen zuversichtlich hoffen, daß sie nur solchen Lösungen zustimmen werden, die einerseits mit den Grundsätzen wahrer Demokratie, andererseits aber auch der friedlichen Zusammenarbeit der Völker vereinbar sind.
1 Damit, meine Damen und Herren, bin ich mit meinem Bericht fertig, der, wie ich glaube, im Verhältnis zu den großen Problemen, die hier zur Debatte stehen, doch außerordentlich kurz war. Ich habe die Ehre, namens des Auswärtigen Ausschusses auf Grund seines einstimmigen Beschlusses das Hohe Haus zu bitten, dem Ihnen vorliegenden Antrag Drucksache 1613 zuzustimmen, der wie folgt lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Das Schreiben des Generalsekretärs der Interparlamentarischen Union und des Präsidenten der 43. Interparlamentarischen Konferenz vom 6. September 1954 mit Anlagen
- das ich eigens deshalb vorhin zitiert habe - wird zur Kenntnis genommen.
2. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten wird beauftragt, sich im weiteren mit dem Inhalt der hiermit vorgelegten Entschließungen der Interparlamentarischen Union zu befassen und dem Deutschen Bundestag gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen vorzulegen.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Ausschußantrag Drucksache 1613, wie ihn der Herr Berichterstatter eben verlesen hat, zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich darf noch für eine kurze Zeitspanne um Gehör bitten.
Der Haushaltsausschuß tritt heute um 15 Uhr im Zimmer A 216 zusammen, der Unterausschuß „Familienrechtsgesetz" um 14 Uhr 45 im Zimmer 206 Süd zu einer kurzen Besprechung, die FDP-Fraktion zu einer Sitzung um 15 Uhr, die DP-Fraktion ebenfalls um 15 Uhr.
Ich berufe die nächste,' die 99. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 15. Juli 1955, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.