Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die 6. Sitzung des Deutschen Bundestages. Vor Eintritt in die Tagesordnung bitte ich den Herrn Schriftführer, bekanntzugeben, welche Abgeordneten krank sind und welche sich entschuldigt haben.
Lange ({0}), Schriftführer: Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach wegen Krankheit die Abgeordneten Behrisch für vier Wochen, Heiland für drei Wochen, Böhner für drei Wochen, Blachstein für zwei Wochen.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Werber, Franke, Häussler, Even, Schill ({1}), Hilbert, Finckh, Frau Dr. Weber ({2}), Dannemann, Dr. Mocker, Dr. Maier ({3}), Böhm ({4}), von Manteuffel ({5}), Hansen ({6}), Scheppmann, Maucher, Altmaier, Dr. Schellenberg, Blücher, D. Dr. Ehlers, Gerns, Neuburger, Gockeln und Wagner ({7}).
Ich nehme an, daß das Haus bereit ist, den erbetenen Urlaub zu genehmigen.
Meine Damen und Herren! Am 9. November ist Ibn Saud, König von Saudi-Arabien, verschieden.
({0})
Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, dem es beschieden war, im Laufe eines langen Lebens unter häufigem Einsatz seiner Person sein Volk zu einigen, aus mittelalterlichen Verhältnissen herauszuführen und in einem modernen Staat zu organisieren.
Der Deutsche Bundestag spricht dem Volke Saudi-Arabiens seine Teilnahme aus. - Ich danke Ihnen.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. November 1953 die Kleine Anfrage 2 der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Bundesbürgschaften für den Interzonenhandel mit Fischen - Drucksache 25 - beantwortet. Seine Antwort wird als Drucksache 49 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, im Einverständnis mit den Antragstellern soll Punkt 7 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Vorlage eines Gesetzes zur Überführung des kollektiven Wohnungseigentums und Hausbesitzes in Privateigentum ({0}),
von der Tagesordnung abgesetzt werden. - Das Haus ist damit einverstanden.
Weiter habe ich bekanntzugeben, daß offenbar eine interfraktionelle Vereinbarung getroffen worden ist, wonach die Punkte 9:
Wahl von deutschen Mitgliedern der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl,
und 10:
Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt,
ebenfalls von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen. Das ist wohl richtig?
({1})
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung: Beratung der Übersicht 1 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen ({2}).
Das Wort zu einer kurzen Erklärung hat der Abgeordnete Kahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der erste Deutsche Bundestag hat die in der Ihnen vorliegenden Übersicht Nr. 1 aufgeführten Petitionen in drei Sitzungen Ende Juli erledigt. In Anbetracht der Fülle der Arbeiten und seiner Überarbeitung war es dem Büro des Petitionsausschusses nicht mehr möglich, die heute vorgelegten Petitionen auf die Tagesordnung der letzten Sitzung des ersten Deutschen Bundestages
({0})
in Köln zu setzen. Ich bitte das Haus, zu diesem Punkt der Tagesordnung, der eigentlich auf die Tagesordnung der letzten Sitzung des ersten Deutschen Bundestages hätte gesetzt werden müssen, heute keinen Einwand zu erheben.
Ist das Haus einverstanden? - Es hat sich kein Widerspruch erhoben. Dann ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt:
Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Durchführung der Bestimmung des § 132 Abs. 2 der Geschäftsordnung ({0});
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Einsetzung von Ausschüssen ({1});
c) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung ({2}).
Hierzu habe ich dem Hause vorzuschlagen, einen Punkt 2 d einzufügen. Es muß nämlich auch im zweiten Deutschen Bundestag darüber Beschluß gefaßt werden, welche der vielen Ausschüsse sogenannte vertrauliche Ausschüsse sein sollen, also Ausschüsse, an deren Sitzungen teilzunehmen nur die in die Ausschüsse gewählten Mitglieder berechtigt sind. Ich werde den entsprechenden Beschluß nachher verlesen.
Die Drucksache zu Punkt 2 a, Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Durchführung der Bestimmung des § 132 Abs. 2 der Geschäftsordnung - Drucksache 45 -, liegt Ihnen vor. Das Wort wird hierzu nicht erbeten. Ich lasse abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Punkt 2 b, ebenfalls ein interfraktioneller Antrag, betrifft die Einsetzung von Ausschüssen, Drucksache 46. Wird das Wort erbeten?
({3})
- Das Wort hat der Abgeordnete Menzel.
Zu den 31er-Ausschüssen kommt auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung der Sozialpolitische Ausschuß hinzu.
Ich habe noch von mir aus eine Frage. Hier ist ein „Ausschuß für Besatzungsfragen" genannt. Soll das nicht heißen: „Ausschuß für Besatzungsschäden"?
({0}) Besatzungsfragen! Ist das Absicht?
({1})
Wer für Annahme der Drucksache 46 ist, den bitte ich um. ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahm fest.
Punkt 2 c, ebenfalls ein interfraktioneller A trag, betrifft die Einsetzung eines Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung. Das Wort wird nicht erbeten. Wir stimmen ab. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 47 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Nunmehr Punkt 2 d:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Beschränkung der Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit, des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen und des Ausschusses zum Schutze der Verfassung auf die stimmberechtigtes Mitglieder dieser Ausschüsse und ihre Stellvertreter.
Ich verlese den interfraktionellen Antrag, der die erforderlichen Unterschriften trägt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Gemäß § 73 Abs. 4 der Geschäftsordnung wird bestimmt, daß die Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit, des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen und des Ausschusses zum Schutze der Verfassung auf die stimmberechtigten Mitglieder dieser Ausschüsse und ihre Stellvertreter beschränkt ist.
- Wird das Wort hierzu erbeten? - Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir ab. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ({2}).;
b) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ({3});
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Weihnachtsbeihilfe ({4}).
Hier schlägt Ihnen der Ältestenrat vor, auf Begründung und Aussprache zu verzichten. Der Ältestenrat ist der Meinung, die Anträge sollten ohne weitere Aussprache an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich stelle das Einverständnis fest.
Für Punkt 3 a ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß und an den Haushaltsausschuß, für Punkt 3 b das gleiche und für Punkt 3 c Überweisung an den Haushaltsausschuß als federführenden Ausschuß und an ' den Ausschuß für Sozialpolitik beantragt. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
a) Beratung des Entwurfs einer Dritten Verordnung über Zolltarifänderungen aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ({5});
b) Beratung des Entwurfs einer Vierten Verordnung über Zolltarifänderungen aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ({6}).
({7})
Auch hier ist der Ältestenrat der Meinung, daß die beiden Entwürfe ohne Begründung und ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen werden sollten, und zwar beide Entwürfe an den Ausschuß für Außenhandelsfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Wer in diesem Sinne beschließen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers
der Finanzen betreffend Nachträgliche Mitteilung an den Bundestag von der Bestellung
eines Erbbaurechts an einem reichseigenen
Teilgrundstück des früheren Munitionsdepots
in Kiel-Dietrichsdorf ({8}).
Auch hier schlägt der Ältestenrat vor, ohne weitere Begründung und Aussprache die Drucksache an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Nunmehr rufe ich auf Punkt 6 der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Verkündung Heimkehrerentschädigungsgesetz ({9});
b) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Heimkehrergesetzes ({10});
c) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Freifahrten für Spätestheimkehrer ({11}).
Der Ältestenrat schlägt vor, ohne Beschränkung der Redezeit zu verhandeln. Das Wort zur Begründung des Antrags unter 6 a der Tagesordnung hat der Abgeordnete Schneider von der Deutschen Partei.
Schneider ({12}) ({13}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, seit wir die Kriegsgefangenen-Gedenkwoche beendet haben. Nicht nur die davon Betroffenen, ich möchte sagen: das ganze Volk stand unter dem Eindruck dieser Gedenkwoche, die mehr war als eine Gedenkwoche, die - man kann es wirklich sagen - ein Gebet der ganzen Nation war. Die Freude und Liebe, die den Heimkehrern bei ihrer Rückkehr entgegenschlug, ist noch nicht verrauscht. Die Hilfsbereitschaft einzelner Personen, der Länder, der Organisationen dauert an. Die Reden, die an die Heimkehrer im Lager Friedland zum Teil von höchsten Persönlichkeiten unseres Staates gerichtet wurden, sind noch nicht verklungen. Und doch bleibt noch etwas zurück: das Heimkehrerentschädigungsgesetz ist noch nicht verkündet. Ich anerkenne ausdrücklich die Gründe, die speziell der Herr Bundesfinanzminister vorgebracht hat. Denn wir sind uns alle darüber im klaren, daß je härter der Bundesfinanzminister ist, desto härter auch unsere Währung ist. Trotzdem handelt es sich hier um ein menschliches Problem, das nicht mit fiskalischen Gesichtspunkten gemessen werden darf und kann. Das Recht oder die moralische Verpflichtung darf nicht, erst recht nicht in diesem Hause, mit fiskalischen Maßstäben gemessen werden. Die noch in Gefangenschaft befindlichen Menschen und jene, die inzwischen heimkehren durften, haben jahrelang
Reparationsarbeit für Deutschland, oft unter Hinnahme schwerster seelischer und körperlicher Entbehrungen, geleistet. Daraus erwächst uns allen die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß diesen Menschen eine entsprechende Entschädigung wird.
Ich möchte zusammenfassen. Es ist also eine Ehrenpflicht der gesamten deutschen Nation, diesen Menschen zu helfen. Der alte Bundestag hatte das Heimkehrerentschädigungsgesetz bereits beschlossen. Die Bundesregierung hat es aus den Gründen, die ich schon angeführt habe, nicht verkündet. Der Herr Bundesfinanzminister wird sicherlich aufstehen und sagen: Machen Sie mir einen Deckungsvorschlag! Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe einen Deckungsvorschlag zu machen. Ich bin überzeugt, daß, wenn man an das deutsche Volk herantritt, ähnlich wie man es im Falle Berlin getan hat, und dazu auffordert, durch ein ähnliches Notopfer die nötige Deckung zu besorgen, das ganze deutsche Volk, das sich in der Schuld dieser Menschen fühlt - denn das ist erst wieder bei der Gedenkwoche für die Kriegsgefangenen zum Ausdruck gekommen -, diesem Rufe folgen würde.
Darüber hinaus richte ich aber auch den Appell an die Alliierten, eventuell auch ihrerseits dazu beizutragen, daß das diesen Menschen - vielfach auch durch die Schuld der Westalliierten, die damals deutsche Kriegsgefangene den Russen übergaben und deshalb heute eine moralische Verpflichtung haben - zugefügte Unrecht wiedergutgemacht wird. Ich richte den Appell an die Alliierten, auf einen Teil ihrer Besatzungskostenansprüche zu verzichten. Sie haben gehört, daß man sich anschickt, gerade jetzt erhebliche Summen abzurufen. Noch wäre es also Zeit, hier einen psychologischen Verteidigungsbeitrag zu leisten, der von unermeßlicher Tragweite für unser ganzes Volk sein könnte.
Ich appelliere aber auch an die Bundesregierung, nicht nur dem Bundestag die Forderung aufzuerlegen, zusammen mit der Forderung nach diesem Gesetz eine Deckungsvorlage vorzulegen, sondern ich erinnere auch mit allem gebotenen Respekt an die Worte des Herrn Bundeskanzlers, die er am 26. Juli 1953 anläßlich der Landesdelegiertentagung des Verbandes der Heimkehrer und Kriegsgefangenen gesprochen hat. Der Herr Bundeskanzler hat damals gesagt:
Die Besorgnisse des Bundesfinanzministers um die Währung der Bundesrepublik sind verständlich. Das letzte Wort spricht aber nicht der Bundesfinanzminister, sondern das Kabinett. Ich glaube sagen zu dürfen, daß Besorgnisse in dieser Frage nicht notwendig sind.
Wenn ich Ihnen diesen Satz zuerst vorgelesen
hätte, hätte sich die gesamte übrige Begründung
unter Umständen sogar erübrigt.
Meine Damen und Herren, es ist sehr billig, vom Dank des Vaterlandes nur zu sprechen; man muß sich diesen Dank auch etwas -kosten lassen.
({14})
Das Wort hat Staatssekretär Hartmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Vertretung von Herrn Bundesminister Schäffer darf ich zu dem Antrag auf Drucksache 6 folgendes sagen. Der Gesetzentwurf, der der
({0})
Bundesregierung noch vorliegt, wird zur Zeit im Zusammenhang mit den Beratungen über den Haushaltsplan 1954 vom Bundeskabinett beraten. Eine Deckung ist bisher noch nicht gefunden worden. Ein förmlicher Beschluß der Bundesregierung zu dem Gesetz ist noch nicht gefaßt worden.
({1})
Um aber den bedürftigen Heimkehrern sofort wirkungsvolle Hilfsmaßnahmen zu sichern, hat der Herr Bundesminister für Vertriebene im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister dem Bundeskabinett Richtlinien für die Gewährung von Darlehen zum Existenzaufbau und zur Hausratbeschaffung vorgelegt. Die Richtlinien sehen die Gewährung von Existenzaufbaudarlehen bis zur Höhe von 5000 DM und von Hausratbeschaffungsdarlehen bis zur Höhe von 1400 DM als Kann-Leistung vor. Empfängt derselbe Antragsberechtigte sowohl ein Existenzaufbau- als auch ein Hausratbeschaffungsdarlehen, so sollen beide Darlehen zusammen den Betrag von 5000 DM nicht übersteigen. Der Bundesfinanzminister ist bereit, für diesen Zweck sofort 5 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Die Richtlinien werden in der nächsten Kabinettssitzung beraten werden.
({2})
Das Wort zur Begründung des Antrages unter 6 b hat Abgeordneter Mende.
Dr. Mende ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion glaubt, daß es zweckmäßig ist, aus diesem Haus möglichst wenig Anträge etwa mit dem Wortlaut „Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen . . ." einzubringen, sondern möglichst viel Gesetzentwürfe selber dem Hause zu unterbreiten. Darum hat sie Ihnen in der Drucksache 30 eine Novelle zum Heimkehrergesetz vorgelegt. Es ist unnötig, viel Worte über die Notwendigkeit einer solchen Novelle zu machen. Das Heimkehrergesetz ist im Jahre 1950 verabschiedet worden. Es wurde dann durch eine Novelle geändert. Sein damaliger Zweck war, den Heimkehrern aus den Jahren 1949/50 möglichst schnelle Hilfe zu gewähren. Wir alle wissen, wie lückenhaft das erste Heimkehrergesetz ist, wie sehr es damals unter Zeitdruck zustande kam und wieviel an ihm verbesserungsbedürftig ist.
Nunmehr sind gottlob nach vielen Bemühungen politischer, karitativer und Verbandsstellen der Heimkehrer erneut Tausende von Heimkehrern zu uns gekommen. Wir glauben, daß diese Menschen, die nach dem 1. September 1953 gekommen sind, mehr noch als die bisherigen auf eine schnelle Hilfe Anspruch haben. Sie sind nämlich nicht, wie man annimmt, erst seit 1945, also acht Jahre aus ihrem zivilen Bereich gerissen und schweren seelischen und körperlichen Belastungen unterworfen gewesen; sie sind praktisch bereits seit 1939 außerhalb ihres zivilen Lebenskreises und ihrer Familie gewesen, so daß die erschütternde Zahl von 14 Jahren zusammenkommt, die diese Spätestheimkehrer von ihrem Zivilleben trennen. Es ist doch nicht damit getan, daß man diesen Menschen einen freudigen Empfang bereitet und daß man ihnen im Entlassungsgeld, in der Überbrückungshilfe eine erste Hilfe zuteil werden läßt. Das Problem ist, diese Menschen baldigst in ihren zivilen Lebenskreis einzugliedern, ihnen eine Berufsausbildung zu geben, soweit sie sie durch Krieg und Gefangenschaft noch nicht abschließen konnten, und ihnen vor allem bald
wieder die Möglichkeit einer Berufsausübung zu geben. Wir wissen, daß gerade bei den Heimkehrern die Arbeitslosenzahl noch erschütternd hoch ist. Daher sollen die Heimkehrer in den ersten sechs Monaten von materiellen Sorgen möglichst befreit werden. Sie sollen die Möglichkeit haben, sich auf Berufssuche zu begeben, um baldigst das zu vergessen, was hinter ihnen liegt, und neu zu beginnen. Das wollen wir ihnen durch diese Novelle erleichtern.
Die Novelle hat zum Inhalt, den nach dem 1. September 1953 Heimgekehrten für die Zeit von sechs Monaten einen monatlichen Ehrensold von 200 DM steuerfrei zu geben, der ohne Anrechnung auf die Leistungen aus der Arbeitslosenunterstützung und aus der Arbeitslosenfürsorge und unbeschadet der sonstigen Hilfen gezahlt werden soll. Das heißt: wir stellen für die Zeit von sechs Monaten die Spätestheimkehrer den Schwerstbeschädigten gleich; denn ungefähr in dieser Höhe liegt die Rente eines Schwerstbeschädigten. Die meisten der Heimkehrer sind ohnehin 50 % und mehr körperbeschädigt. Rechnet man die durch die seelische Dystrophie bedingten Schäden hinzu, so kann man für eine gewisse Zeit, für mindestens sechs Monate, diese Spätestheimkehrer ohnehin als körperlich und seelisch schwer getroffen bezeichnen. Keinen Anspruch auf jene Unterstützung sollen diejenigen Spätestheimkehrer haben, denen Ansprüche aus anderen öffentlich-rechtlichen Quellen - also Pensionsansprüche der Beamten, Ansprüche gemäß Art. 131 des Grundgesetzes - zustehen, zumindest in gleicher Höhe.
Die Deckungsfrage dürfte hier nicht die große Rolle spielen wie beim Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz. Wir haben ausgerechnet, daß bei dem derzeitigen Kreis der Haushalt mit etwa 3 bis 4 Millionen DM belastet würde. Bei einem Gesamthaushalt von 26 Milliarden DM dürfte eine solche zusätzliche Belastung von 3 bis 4 Millionen DM nicht ins Gewicht fallen. Sollten - was wir annehmen - im nächsten Jahr oder in nächster Zeit größere Transporte kommen und damit die Ausgaben erhöht werden, dann wollen wir auch das dankend für die Neueintreffenden leisten. Ich gebe sogar der Hoffnung Ausdruck, daß auch die jetzt im Rahmen der Gnadenaktionen der Hohen Kommissare und der Tätigkeit der Gnadenkommissionen aus den Gefängnissen Heimkehrenden bald in den Genuß dieser Unterstützung kommen, sofern sie nach dem Gesetz - und das dürfte meistens der Fall sein - die Spätheimkehrereigenschaft besitzen.
In diesem Zusammenhang darf ich noch auf den von meiner Kollegin Frau Dr. Ilk zu begründenden Antrag über die Gewährung von Fahrterleichterungen für die Spätheimkehrer zur Berufssuche hinweisen.
Wir glauben, mit beiden Anträgen einen Beitrag zur Eingliederung jener zu erbringen, die in den Gefangenenlagern des Ostens oder des Westens für uns alle Wiedergutmachung geleistet haben. Denn ein Volk verliert einen Krieg als Ganzes und hat daher die Pflicht, die Lasten des verlorenen Krieges möglichst gleichmäßig auf alle Schultern zu verteilen.
Ich bitte Sie, der Novelle zum Heimkehrergesetz Ihre Zustimmung zu geben. Ich bitte vor allem den morgen sich konstituierenden Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, dem dieser Gesetzentwurf überwiesen werden dürfte, so schnell zu arbeiten, daß das Gesetz baldigst verkündet werden kann und daß es für die Inkraftsetzung bei dem Stichtag des 1. September 1953 verbleibt.
Sie beantragen die Überweisung an den Ausschuß?
Dr. Mende ({0}), Antragsteller: Ja!
Das Wort zur Begründung des Antrags unter Punkt 6 c - Freifahrten für Spätestheimkehrer - hat Frau Abgeordnete Dr. Ilk.
Frau Dr. Ilk ({0}), Antragstellerin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es ist mir eine besondere Freude, daß mein erster Antrag, den ich heute vertreten darf, die Begünstigung einer Personengruppe vorsieht, für die ich auch im ersten Bundestag meinen ersten Antrag gestellt habe. Bei dem damaligen Antrag handelte es sich darum, die Fürsorgekosten für die Familien der Heimkehrer niederzuschlagen.
Wenn ich nun mit meiner Fraktion beantrage, daß man den Heimkehrern mindestens je drei kostenfreie Hin- und Rückfahrten gewähren soll, so weiß ich, daß vielleicht der eine oder andere von Ihnen sagen wird, die Bundesbahn habe erfreulicherweise schon ein großes Entgegenkommen gezeigt, indem sie eine Fahrpreisermäßigung von 75 % innerhalb zweier Monate gewähre, und damit sei unser Antrag hinfällig. Aber wenn Sie sich einmal die großen Entfernungen in unserem Land ansehen und bedenken, wie gering doch am Anfang noch die Einnahmen der meisten unserer Heimkehrer sind, insbesondere wenn sie Heimatvertriebene sind, die vielleicht ihre Familien oder Frauen in Bayern haben, deren Eltern aber oben in Norddeutschland wohnen, dann werden Sie doch zugeben, daß auch die 25 % für den Heimkehrer, der seine Eltern besuchen will, noch eine große Belastung bedeuten. Dasselbe gilt auch, wenn der Heimkehrer z. B. in eine Gegend entlassen wird, in der er wenig Chancen hat, eine Stellung zu finden, weil es ein industriearmes Land ist. Er muß nun wiederholte Male vielleicht von Bayern nach Nordrhein-Westfalen hinauffahren, um sich dort irgendeine Stellung zu suchen. Dann ist es für den Heimkehrer schon eine große pekuniäre Belastung, wenn er heute auch die 25 % bezahlen muß. Für die Bundesbahn hingegen dürfte dieser Betrag bei der leider noch geringen Zahl der Heimkehrer nicht ins Gewicht fallen.
Ich bitte daher, unserem Antrag stattzugeben und zu beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dahin zu wirken, daß für alle ab 1. September 1953 aus der Kriegsgefangenschaft Heimgekehrten und noch Heimkehrenden gegen Vorlage einer Bescheinigung ihrer zuständigen Betreuungsstelle kostenfrei mindestens je drei Hin- und Rückfahrten auf den Verkehrsmitteln der Bundesbahn und Bundespost gewährt werden.
Ich glaube, daß damit eine, wenn auch kleine, so doch immerhin wirkungsvolle Hilfe für den einzelnen geleistet werden kann. Ich bitte um Ihre Zustimmung bzw. Überweisung an den Ausschuß.
({1})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Vertriebene.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn teilt mir auf Anfrage mit, daß jeder Spätheimkehrer, der nach dem 1. Juli 1953 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden ist, auf Wunsch eine Bescheinigung erhält, die ihn berechtigt, für beliebige Reisen während einer Dauer von zwei Monaten nur ein Viertel des gewöhnlichen Fahrpreises dritter Klasse zu zahlen und die zweite Klasse ohne Nachzahlung zu benutzen; lediglich bei zuschlagpflichtigen Zügen ist der volle Zuschlag zu zahlen. Die Bescheinigungen werden vom Bahnhof des Wohnorts gegen Vorlage des Entlassungsscheins ausgestellt. Der Entlassungstag darf allerdings nicht länger als sechs Monate zurückliegen.
Diese Regelung der Deutschen Bundesbahn ist für die Heimkehrer viel vorteilhafter als die in dem Antrag gewünschte.
Ich bemühe mich, eine ähnliche Regelung im Bereiche des Verkehrs der Bundespost zu erreichen.
Die Antragstellerin hat nun allerdings unterdessen mehr gefordert. Dieses eine Viertel wird die Bundesbahn wohl immer verlangen. Für die Zahlung dieses einen Viertels müßten also andere Mittel herangezogen werden. Ich nehme an, daß die Antragstellerin den Sinn ihres Antrags durch diese Regelung erfüllt sieht, und bitte um eine entsprechende Erklärung.
Frau Abgeordnete Ilk, wollen Sie eine Erklärung abgeben? - Ich erteile Ihnen das Wort.
Frau Dr. Ilk ({0}), Antragstellerin: Ich halte meinen Antrag nach wie vor aufrecht, über die Regelung hinaus, die die Bundesbahn getroffen hat, zusätzlich drei Freifahrten zu gewähren.
Ich gestatte mir, auf meine vorhergegangenen Ausführungen hinzuweisen und Sie nochmals auf folgendes aufmerksam zu machen. Ich bin der Ansicht, daß die Kosten für eine lange Fahrt eines Heimkehrers, z. B. von Bayern nach Norddeutschland, auch bei der Ermäßigung bis zu einem Viertel für ihn noch relativ hoch sind, für die Bundesbahn aber mit Rücksicht auf den großen Etat nicht so beachtlich sind, daß eine wesentliche Belastung entsteht.
Einen entsprechenden Antrag hatten wir schon vor der Publizierung des Erlasses der Bundesbahn besprochen; wir haben ihn dann, nachdem durch die Erklärung der Bundesbahn die ursprüngliche Grundlage weggefallen war, geändert und ihn auf die Gewährung dieser drei Freifahrten beschränkt. Ich war also ursprünglich auch der Meinung, daß wir weitergehen müßten; aber wir haben uns, nachdem die Bundesbahn diese Erklärung abgegeben hat, auf diese drei Freifahrten beschränkt. Dieser Antrag, daß die Bundesbahn über den derzeitigen Erlaß hinaus diese drei Freifahrten genehmigt, ist, glaube ich, nicht unbillig. Ich weiß nicht, Herr Bundesminister, ob Ihnen damit erschöpfend geantwortet ist.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Vertriebene.
Ich darf der Antragstellerin antworten, daß ich mich bemühen werde, die Dinge bei der Bundesbahn in diesem Sinne zu regeln. Aber im Neinfalle würde ich die erste Regelung immer noch für günstiger halten.
({0})
Ich eröffne die allgemeine Aussprache, und zwar zu den Punkten 6 a, 6 b und 6 c gemeinsam. Das Wort hat der Abgeordnete Merten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sollte sich eigentlich darüber freuen, daß gleich in einer der ersten Sitzungen des Bundestags ein so großes Interesse des Gesetzgebers für die Heimkehrer feststellbar ist und wir gleich in der ersten Arbeitssitzung drei Vorlagen zu beraten haben, die sich mit den Angelegenheiten der Heimkehrer und der ehemaligen Kriegsgefangenen beschäftigen. Aber diese Freude wird außerordentlich stark getrübt, wenn man sich einmal den Antrag der Deutschen Partei ansieht; denn in diesem Antrag wird die Bundesregierung ersucht, ein Gesetz zu verkünden, das der alte Bundestag vor vielen Monaten beschlossen hat, ein Gesetz, auf das die Heimkehrer jahrelang gewartet haben, ein Gesetz, auf das auch. der Bundestag immer und immer wieder hingewiesen hat.
Wenn ich mich recht erinnere, ist es wohl einmalig in der Geschichte dieses Hauses, daß der Gesetzgeber sich in dieser Form mit einem von ihm bereits längst verabschiedeten Gesetz noch einmal befassen muß.
({0})
Ich erinnere daran: es war eine überwältigende Mehrheit dieses Hauses, die dieses Gesetz über die Entschädigung der ehemaligen Kriegsgefangenen beschlossen hat. Wir haben das damals begrüßt, weil so diese Frage aus der Sphäre des Wahlkampfes herausgenommen . wurde und die berechtigten Befürchtungen vieler Menschen dadurch gegenstandslos wurden, daß nun die ,Frage der Entschädigung der ehemaligen Kriegsgefangenen zum Gegenstand des Wahlkampfes werden könnte.
Nach der Zustimmung des Bundesrats zu diesem Gesetz war dem Art. 78 des Grundgesetzes Genüge getan, und nun hätte jedermann mit Recht erwarten können, daß dieses Gesetz ausgefertigt und verkündet würde. Das ist nicht geschehen. Die Bundesregierung hat sich nicht auf Art. 113 des Grundgesetzes berufen. Sie hat diesem Gesetz ihre Zustimmung nicht ausdrücklich versagt. Sie kann sie wohl auch gar nicht ausdrücklich versagen, weil ja der laufende Haushaltsplan durch dieses Gesetz so gut wie überhaupt nicht belastet wird und für die folgenden Haushaltsjahre die Möglichkeit einer Deckung für die voraussichtlichen Ausgaben nach diesem Gesetz hätte gefunden werden können. Der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums hat ja auch darauf hingewiesen, daß man zur Zeit den Haushalt berät, daß man versuchen wolle, im Rahmen dieser Beratungen eine Deckung für die voraussichtlichen Ausgaben nach diesem Gesetz zu schaffen. Der Herr Kollege Schneider hat in seiner Begründung einige Deckungsvorschläge gemacht. Ich weiß nicht, ob er sie selbst ernst genommen hat. Ich bin aber der Überzeugung, daß sie im Hause nicht ernst genommen worden sind und wohl auch gar nicht ernst genommen werden konnten.
Es gibt aber andere Möglichkeiten, die ernst genommen werden müssen. Ich erinnere einmal an die Differenz, die zwischen den im Bundeshaushalt veranschlagten Kosten für die EVG in Höhe von 950 Millionen DM monatlich und den tatsächlich zur Zeit zu zahlenden Besatzungskosten in Höhe von 600 Millionen DM monatlich besteht. Hier ist also eine Monatsdifferenz schon größer als der gesamte Jahresbedarf für -dieses Gesetz. Ich erinnere weiter daran, daß im Bundeshaushalt eine Menge Beträge stehen, die auf Schätzungen beruhen, sowohl auf der Einnahmeseite als auch auf der Ausgabenseite, daß alle diese Schätzungen immerhin eine gewisse Toleranz nach oben und unten haben und daß die Beträge, die nach diesem Gesetz erforderlich werden, nur einen kleinen Prozentsatz ausmachen undinnerhalb dieser Toleranzen liegen.
Aber wie dem auch sei, es ist sehr viel Zeit verstrichen, in der man sich diese Dinge hätte überlegen können. Diese ganze Zeit scheint mir ziemlich nutzlos verstrichen zu sein. Denn man hätte in dieser Zeit mehr als ausreichend die Grundlagen dieses Gesetzes klären, seine voraussichtlichen Kosten ausrechnen und nach Deckungsmöglichkeiten suchen können. Dieses Gesetz ist bis jetzt nicht verkündet worden, und die Bundesregierung hat offiziell keine Verlautbarung darüber herausgegeben. Sie hat auch dem Bundestag heute zum erstenmal darüber Auskunft gegeben, wie sie sich den Fortgang der Dinge denkt. Ich glaube, daß man hier eine gewisse Nichtachtung des Gesetzgebers feststellen kann, die auf keinen Fall einen guten Eindruck hinterlassen kann.
({1})
Die Sache gewinnt einen. Reiz noch dadurch, meine Damen und Herren, daß es ausgerechnet eine Koalitionspartei ist, die den Bundestag in dieser Sache anruft, obwohl sie durch zwei Minister im alten und im neuen Bundeskabinett vertreten ist und vertreten war und dadurch zweifellos im Bundeskabinett hätte eine Entscheidung herbeiführen können.
({2})
Das ist ihr offensichtlich nicht geglückt, und wir
sind gern bereit, meine Herren von der Deutschen
Partei, Ihnen hier im Bundestag die dafür nötige
Hilfe zuteil werden zu lassen. Aber wir sind dazu
nicht etwa Ihretwegen bereit, sondern deshalb,
weil wir die besondere Lage der ehemaligen
Kriegsgefangenen sehen, und ihnen zuliebe halten
wir es für dringend erforderlich, etwas zu tun.
({3})
Denken Sie einmal zurück, sofern Sie noch im alten Bundestag gesessen haben! Dann werden Sie sich erinnern, daß wir uns schon am 20. Juni 1951 mit dieser Frage befaßt haben, daß wir uns im Jahre 1952 im Rahmen der Tagesordnung sechsmal mit ihr befassen mußten und daß im Jahre 1953 dieser Punkt ebenfalls sechsmal auf der Tagesordnung gestanden hat. Noch am 11. April dieses Jahres hat der Herr Bundesminister für Arbeit von Verhandlungen über dieses Gesetz berichtet.
Nachdem die Bundesregierung dem Ersuchen des Hauses nicht Rechnung getragen hatte, war es schließlich notwendig geworden, einen Gesetzentwurf aus dem Hause heraus vorzulegen. Dieses von uns vorgelegte und hier verabschiedete Gesetz enthielt ja nur Mindestforderungen, und es ist keineswegs so, daß nun etwa alle Heimkehrer außerordentlich beglückt und begeistert über dieses Gesetz gewesen wären. Wir mußten nämlich sehr viele Hoffnungen der Heimkehrer enttäuschen, und nach Abschluß der noch erforderlichen Untersuchungen und Feststellungen sollte auch eine Erweiterung dieses Gesetzes erfolgen. Auch diese an dieser Stelle wiederholt betonte Tatsache hat anscheinend bei der Bundesregierung keinen Eindruck gemacht.
Vor vier Wochen waren die Vertreter der Heimkehrer Deutschlands hier in Bonn versammelt, und rund 1000 Delegierte aus allen Teilen des Bundesgebiets richteten die Forderung an den neuen
({4})
Bundestag, daß das Entschädigungsgesetz nun endlich verkündet werde. Ich erlaube mir, diese Forderung an den Bundestag weiterzugeben an die, die es angeht, nämlich an die Bundesregierung; denn der Bundestag hat seine Pflicht getan. Möge nun auch die Bundesregierung ihres Amtes walten!
({5})
Von dem Herrn Kollegen Mende und auch von Herrn Kollegen Schneider ist auf die Kriegsgefangenen-Gedenkwoche Bezug genommen worden. Sie ist uns allen noch in lebendiger Erinnerung, und besonders ein Ereignis jener Woche scheint mir geradezu symbolische Bedeutung für diesen Punkt der Tagesordnung zu haben, die Tatsache nämlich, daß die deutsche Jugend bei ihrer Gedenkstafette für die deutschen Kriegsgefangenen einen Bogen um den Sitz der Bundesregierung machen mußte.
({6})
Ich sage deshalb symbolisch, weil es fast den Anschein hat, als wolle man sowohl von der Existenz ungelöster Probleme der Kriegsgefangenen wie auch von den bestehenden Nöten der Heimkehrer möglichst wenig Kenntnis nehmen und möglichst selten an sie erinnert werden.
({7})
Seit Ende September sind nun erfreulicherweise wieder größere Transporte eingetroffen. Männer und Frauen aus der Sowjetunion sind zu uns gekommen, auf die wir sehnlichst gewartet haben und um die wir uns viele Jahre gesorgt haben. Die Freude der Heimat war verständlicherweise übermächtig, und erfreulich - das muß festgestellt werden - war die Hilfsbereitschaft, die diesen Menschen gegenüber plötzlich lebendig wurde. Die Länder, die Kommunalverwaltungen, die Organisationen der freien Wohlfahrtspflege, private Stellen aller Art haben sich überboten, tatkräftige Hilfe zu leisten. Hätte es eine schönere Gelegenheit geben können, frage ich, diese allgemeine Hilfsbereitschaft gleichsam zu krönen, indem man nun endlich das Entschädigungsgesetz verkündet hätte?
({8})
Nichts dergleichen ist geschehen.
Es ist die Rede davon, daß man die finanziellen Auswirkungen prüfen müsse. Es ist auch die Rede von einer Gefährdung der Währung und vielem anderen gewesen. Ich habe einmal in den Zeitungen zurückgeblättert, die vor der Bundestagswahl erschienen sind, und habe da einige interessante Erklärungen gefunden, insbesondere eine, die der Herr Bundesfinanzminister abgegeben hat. Einen Tag oder zwei Tage vor der Wahl gab er bekannt, daß er von der Möglichkeit der Deckung der erforderlichen Ausgaben überzeugt sei und daß er eine entsprechende Vorlage machen wolle.
({9})
Es kann sein, meine Damen und Herren, daß dem
Berichterstatter hier ein Irrtum unterlaufen ist und
daß es gar nicht der Bundesfinanzminister Schäffer, sondern der Bundestagskandidat Schäffer
gewesen ist, der diese Erklärung abgegeben hat.
({10})
Aber auch der Bundeskanzler - das ist hier bereits erwähnt worden - hat ganz eindeutige Zusagen in dieser Richtung gemacht.
Wir haben über die Notwendigkeit dieses Gesetzes hier so oft und so eingehend diskutiert, daß darauf heute nicht mehr eingegangen zu werden
braucht. Ich erinnere mich, wie feierlich die zuletzt zurückgekehrten Kriegsgefangenen in Friedland begrüßt worden sind. Sie konnten mit Recht erwarten, daß den Reden, die dort gehalten wurden, nun auch die Taten unverzüglich folgen würden. Wenn man aber diese Heimkehrer jetzt aufsucht -- und ich habe mir erlaubt, das zu tun -, dann steht man oft vor erschütternden Tatsachen. Der Aufbau einer selbständigen Existenz, die Beschaffung von Arbeit und von Wohnraum, stößt für viele von ihnen auf unüberwindliche Schwierigkeiten, die ohne weiteres zu beheben wären, wenn das Entschädigungsgesetz in Kraft getreten wäre.
Der Herr Staatssekretär hat uns Trost zuzusprechen versucht, indem er auf Richtlinien hinwies, die demnächst im Bundeskabinett beraten werden sollen und die für den Existenzaufbau und' für die Hausratsentschädigung Beträge bis zu 5000 DM vorsehen. Insgesamt will er dafür fünf Millionen DM zur Verfügung stellen. Meine Damen und Herren! Ich 'war erschrocken, als ich diese Summe hörte, nicht wegen ihrer Größe, sondern wegen ihrer kümmerlichen Kleinheit. Der Herr Bundesarbeitsminister hat hier an dieser Stelle im ersten Bundestag erklärt, daß ihm für diese Zwecke 10 Millionen DM zur Verfügung stünden. Der Herr Bundesfinanzminister hat im Ausschuß für Kriegsopferfragen erklärt, daß er 20 Millionen DM zur Verfügung zu stellen bereit sei. In einer der letzten Sitzungen hat er diesen Betrag auf 40 Millionen erhöht.
({11})
Und heute hören wir etwas von 5 Millionen, einem Betrag, der ' ein Tropfen auf den heißen Stein ist, der noch nicht einmal ausreichen würde, um die Kosten der Ergänzung des Heimkehrergesetzes zu bezahlen, deren Notwendigkeit Herr Kollege Mende vorhin begründet hat.
Ja, meine Damen 'und Herren, selbst die im Heimkehrergesetz vorgesehenen Hilfsmaßnahmen - das Gesetz ist lange in Kraft - werden ja nicht in dem Ausmaß durchgeführt, wie es notwendig ist. Sie werden insbesondere von den unteren Verwaltungsbehörden oft einfach - man kann es nicht anders nennen - sabotiert. Oder wie soll man es sonst bezeichnen, was ich jetzt gerade feststellen konnte, daß zwei Dutzend kranke Rußlandheimkehrer seit vier bis sechs Wochen in einer Spezialklinik sitzen und die Krankenkasse für diese Männer bis zum heutigen Tage auch noch nicht einen einzigen Pfennig bezahlt hat, obwohl die Verpflichtungen in § 23 des Heimkehrergesetzes niedergelegt sind? Kann man es diesen Männern übelnehmen, daß sie einen gewaltigen Unterschied zwischen den Reden in Friedland und der mangelhaften Betreuung in der Heimat feststellen?
Ich glaube, daß eine solche Behandlung der Heimkehrerangelegenheiten genau so nachlässig ist wie das Versäumnis des Bundesinnenministeriums, das in der vergangenen Legislaturperiode 18 Monate lang nicht in der Lage war, die im Gesetz vorgesehenen Richtlinien zu § 9 a des Heimkehrergesetzes zu erlassen, so daß der Gesetzgeber gezwungen war, das bei der Novelle zum Gesetz selber zu tun. Es sind wiederum drei Monate vergangen seit 'der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Heimkehrergesetzes, und noch immer fehlen die näheren Bestimmungen des Bundesinnenministers zu § 23 b, so daß die Erholungs- und Gesundheitsfürsorge
({12})
für die Heimkehrer in den Ländern auf allergrößte Schwierigkeiten stößt.
Alle diese Dinge sind weniger wegen der fiskalischen Seite als aus politischen Gründen zu bedauern. Der Bundestag hat sich immer wieder einmütig dazu bekannt, daß den Heimkehrern geholfen wird, und hat diesem Willen durch die Verabschiedung der Gesetze Ausdruck gegeben. Diesem Willen muß nun aber auch in der Ausführung der Gesetze Rechnung getragen werden!
Meine Damen und Herren, von meinen Vorrednern ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die fiskalischen Gesichtspunkte nicht im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen dürfen. Abgesehen davon sind die Aufwendungen für die Heimkehrer ohnedies nicht überwältigend. Es waren im Jahre 1950 noch 75 Millionen DM, die ausgegeben wurden, im Jahre 1951 waren es nicht mehr ganz 21 Millionen DM, 1952 noch nicht einmal 12 Millionen DM und in den ersten beiden Monaten des laufenden Haushaltsjahres etwas über 1 Million DM, und man hat mit diesen Beträgen eben viele Fragen der Arbeit und der Wohnung nicht lösen können. Das Entschädigungsgesetz hätte gerade in seinem zweiten Teil hier in Tausenden von Härtefällen Hilfe bringen können, eine Hilfe, die mit den 5 Millionen DM, von denen wir vorhin gehört haben, nicht gebracht werden kann. Die einseitigen fiskalischen Überlegungen stellen zu sehr das Geld und den ausgeglichenen Haushalt in den Mittelpunkt und vergessen darüber zu leicht den Menschen. Um den Menschen aber geht es, denn er steht im Mittelpunkt unserer Gesetzgebung, und er ist der Träger dieses Staates. Das kann er aber nur sein, wenn er das Gefühl hat, daß ihm Gerechtigkeit widerfährt. Es ist daher eine politische Frage, daß den ehemaligen Kriegsgefangenen die Anerkennung zuteil wird, die sie auf Grund ihrer für das ganze Volk vollbrachten Leistung nun einmal zu beanspruchen haben. Der Glaube und das Vertrauen dieser Männer darf auf keinen Fall gefährdet werden.
Wir haben in der Kriegsgefangenen-Gedenkwoche die Rückkehr der Gefangenen gefordert. Wir haben das in der Hoffnung getan, daß es zum letztenmal geschehen muß, weil im nächsten Jahr dann alle Kriegsgefangenen zurückgekehrt sein werden. Wir geben auch der Hoffnung Ausdruck, daß die im Augenblick unterbrochenen Entlassungen aus der Sowjetunion bald wieder einsetzen, und ich glaube, es würde diese Entlassungen ohne jeden Zweifel erleichtern, wenn die englischen und amerikanischen Nachrichtendienste in Friedland der Sowjetunion nicht allzu deutlich zeigen würden, wie wertvoll ihr die Heimkehrer als Nachrichtenquelle sind.
({13})
Wir aber haben die Pflicht, zu zeigen, wie wertvoll uns diese Heimkehrer als Glieder unserer Gemeinschaft sind,
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indem wir alles, aber auch wirklich alles unternehmen, um ihre soziale und wirtschaftliche Eingliederung zu fördern.
Diesem Zweck sollen wohl auch die in den Drucksachen 30 und 41 niedergelegten Anträge der FDP dienen. Über den zuletzt genannten Antrag auf Gewährung von Freifahrten ist bereits gesprochen worden. Wir werden uns im Interesse der Heimkehrer an einer schnellen und positiven Erledigung dieser Anträge beteiligen, denn wir stehen auf dem Standpunkt - den wir auch der Bundesregierung zur Beherzigung außerordentlich empfehlen möchten -: Doppelt hilft, wer schnell hilft!
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Das Wort hat der Abgeordnete Euler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens meiner politischen Freunde möchte ich erklären, daß wir das Verhalten der Regierung zum Heimkehrerentschädigungsgesetz in keiner Weise zu billigen vermögen.
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Das Heimkehrerentschädigungsgesetz ist in diesem Hause mit einer sehr starken Mehrheit verabschiedet worden, nachdem vorher schon seit langer Zeit Versuche schwebten, ein Gesetz des Inhalts, wie es dann verabschiedet wurde, zum Tragen zu bringen. Wir haben damals bereits gegenüber den Einwänden der Regierung hinsichtlich der finanziellen Deckung zum Ausdruck gebracht - und zwar wurde das sowohl von den Regierungsparteien wie von der Opposition gesagt -, daß dieses Gesetz nach seinem Charakter außerhalb der, ich möchte sagen, strengen Erwägungen der Deckung deshalb zu stehen habe, weil es sich um eine Dankesschuld der Nation gegenüber Trägern eines ganz besonders schweren Schicksals handle.
({1})
Gerade auch die Regierungsparteien haben bei der Verabschiedung des Gesetzes zum Ausdruck gebracht, daß dieses Gesetz unter allen Umständen aus ethischen Motiven zur schnellen Verwirklichung gebracht werden muß, weil wir gegenüber den Heimkehrern eine starke Verpflichtung fühlen. Nachdem während des Wahlkampfes nicht nur die Abgeordneten der Regierungsparteien, sondern auch die Kabinettsmitglieder - der Bundeskanzler und der Finanzminister voran - erklärt haben, daß dieses Gesetz verwirklicht werden solle, geht es nicht an, sein Inkrafttreten nun weiter hinauszuschieben. Die Deckungserwägungen des Herrn Finanzministers sind schon deswegen abwegig, weil das Gesetz eine Verwirklichungsdauer von sieben Jahren hat. Das heißt, die Entschädigung soll in sieben jährlichen Teilstücken sichergestellt werden. Überdies ist bei der Grundentscheidung über die Verwirklichung des Gesetzes ohnehin noch nicht abzusehen, inwieweit in den folgenden Jahren, im zweiten, im dritten, im vierten Jahr usw., Deckungsschwierigkeiten entstehen werden. Diese Deckungsschwierigkeiten müssen Jahr für Jahr überwunden werden aus dem Willen heraus, den Heimkehrern jenes Maß von Entschädigung zuteil werden zu lassen, das sämtliche Parteien bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes als minimal bezeichnet haben.
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Bei den Lesungen des Gesetzes ist von allen Seiten zum Ausdruck gebracht worden, daß die Heimkehrer einen sehr anerkennenswerten Akt der Selbstbeschränkung vollzogen haben, indem sie durch ihre Verbände erklärt haben, mit dieser Entschädigung einverstanden zu sein. Wir haben gerade auch dieserhalb den Heimkehrern und ihren Organisationen von dieser Stelle aus den allgemeinen Dank bekundet.
Nach all diesen Vorgängen sollte sich der Bundestag nun in dem Willen einig sein, durch ein erneutes
({3})
nachdrückliches Votum der Regierung unmißverständlich zu machen, daß es in dieser Frage keine andere Entscheidungsmöglichkeit gibt, als nun dem Gesetz die Verwirklichung zuteil werden zu lassen, deren bisherige Hinausschiebung ohnehin kein Verständnis wecken konnte.
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Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt den Entschluß der Bundesregierung, den Heimkehrern, die nach dem 1. September zurückgekehrt sind, einen Betrag von 5 Millionen DM für Hausrat und Existenzaufbau zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, Herr Kollege Merten ist einem Irrtum unterlegen, wenn er diese Summe auf das Heimkehrerentschädigungsgesetz bezog; denn hierbei dreht es sich um eine Sondermaßnahme der Bundesregierung ausschließlich für die Heimkehrer, die nach dem 1. September dieses Jahres zurückgekehrt sind. Wir drücken die Hoffnung aus, daß die Bundesregierung zusätzliche Mittel für diesen speziellen Zweck zur Verfügung stellen wird, wenn sich die Notwendigkeit dafür ergibt.
({0})
Meine Fraktion hat seinerzeit dem Heimkehrerentschädigungsgesetz mit einer sehr großen Mehrheit zugestimmt. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie dem Beschluß des Parlaments Rechnung trägt, damit in der Öffentlichkeit und unter den Heimkehrern kein Zweifel auftauchen kann, daß das Parlament und die Regierung sich ihrer Verpflichtung gegenüber den Heimkehrern stets bewußt sind.
({1})
Ich möchte aber gegenüber der Polemik der Opposition einmal feststellen, daß die Kritik reichlich verfrüht ist;
({2})
denn in diesem Haushaltsjahr sind ja aus dem Entschädigungsgesetz keinerlei Zahlungen zu leisten. Es dreht sich vielmehr darum, daß bestimmte Beträge in den Haushalt des Jahres 1954 eingebaut werden. Sie wissen ja, daß die Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz auf fünf Jahre verteilt werden sollen.
({3})
Es wird sich also bei der Beratung des nächsten Haushaltsplans - die Bundesregierung ist zur Zeit mit dieser Beratung beschäftigt - darum handeln, wie wir die 200 Millionen DM für den im Heimkehrerentschädigungsgesetz vorgesehenen Zweck zur Verfügung stellen und gegebenenfalls einen Ausgleich erreichen können oder wo wir Streichungen vornehmen sollten, um diesem speziellen Zweck zu dienen. Ich glaube also, daß die Kritik, die hier an der Regierung geübt worden ist, weil das Gesetz noch nicht verkündet ist, zumindest verfrüht ist.
({4})
Ich sagte, daß meine Fraktion dem Heimkehrerentschädigungsgesetz ihre Zustimmung gegeben hat. Ich selbst habe auch bei den vorbereitenden Arbeiten mitgewirkt. Aber ich halte es doch für notwendig, einmal darauf hinzuweisen, daß wir - und ich glaube, dieser Vorwurf gilt sowohl für den Ausschuß, der sich damit beschäftigt hat, wie auch für den Bundestag selbst - in einer fahrlässig-leichtsinnigen Weise ein Gesetz beschlossen haben, für das ein längerer Zeitraum der Beratung unbedingt notwendig gewesen wäre.
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- Ich möchte daran erinnern, meine Damen und Herren, daß wir dieses sehr einschneidende Gesetz letzten Endes in ein oder zwei Nachtsitzungen erledigt haben.
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Ich möchte ausdrücklich betonen, daß wir dem Grundgedanken der Heimkehrerentschädigung unsere volle Unterstützung geben
({7})
und uns im Parlament wie bei der Bundesregierung dafür verwenden werden, daß dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz Rechnung getragen wird.
({8})
Vielleicht ist es aber doch ganz gut, daß wir zu Beginn unserer parlamentarischen Arbeit auch einmal auf diese von mir angedeuteten Nebenerscheinungen zu sprechen kommen und uns gewisse Punkte zur Richtschnur für unsere zukünftige Arbeit machen.
({9})
Dabei möchte ich vor allem auf zwei Punkte hinweisen. Ich glaube, wir müssen uns bei unserer zukünftigen Arbeit im Bundestag davor hüten, ein Wettrennen um die Popularität auf Staatskosten zu veranstalten.
({10})
Wir müssen uns davor hüten, wenn Bedenken wegen der Durchführung von Gesetzen oder der Verwirklichung von Wünschen auftauchen, demjenigen, der diese Bedenken vorträgt, den guten Willen abzustreiten.
({11})
Darüber hinaus aber müssen wir uns bei unserer Arbeit davor hüten, dem allzu starken Druck von Interessenorganisationen nachzugeben.
({12})
Wir müssen uns unter allen Umständen unsere Unabhängigkeit auch gegenüber den Interessenorganisationen bewahren.
({13})
Auch mit der Heimkehrerorganisation wollen wir
durchaus eine vernünftige und gute Zusammenarbeit, aber die Unabhängigkeit der Entscheidung
müssen wir uns unter allen Umständen bewahren.
({14})
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen meiner Herren Vorredner, insbesondere der Herren Kollegen Merten und Müller-Hermann, veranlassen mich, hier noch einmal das Wort zu nehmen. Diese Ausführungen können nicht in allen Punkten unwidersprochen bleiben. Wenn Herr Kollege Merten gesagt hat, wir nähmen meine Vorschläge hinsichtlich der Deckung der Ausgaben für dieses Gesetz selbst nicht ernst, so möchte ich ihm versichern, daß das nicht zutrifft. Wir nehmen diese Vorschläge durchaus ernst. Darüber hinaus ergibt sich aber die Möglichkeit, bei den bevorstehenden Etatberatun({0})
gen dafür zu sorgen, daß dafür auch haushaltsmäßig die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.
Wenn ich diesen Antrag eingebracht habe und vor diesem Hause dazu spreche, dann darf ich Ihnen offen gestehen, daß es mir nicht - wie Herr Kollege Müller-Hermann hier gesagt hat - darauf ankommt, ein Wettrennen um Popularität auf Staatskosten zu veranstalten, sondern daß es mir als ehemaligem Soldaten Ehre und Verpflichtung ist, hier für meine Kameraden, die so schwer gelitten haben, einzutreten.
({1})
- Verzeihung, Herr Kollege, Sie können gleich auch eine Rede halten. - Wir sind darüber hinaus als Regierungsfraktion durchaus auch in der Lage, einmal unseren eigenen Ministern die Meinung zu sagen. Auch das möchte ich hier klipp und klar feststellen. Wenn die SPD als Opposition in diesem Hause uns dabei unterstützen will, dieses Gesetz Wirklichkeit werden zu lassen, dann kann es sich selbstverständlich nur darum handeln, dieses Gesetz für die Heimgekehrten Wirklichkeit werden zu lassen und nicht etwa für uns.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Kollege Müller-Hermann hat darüber hinaus davon gesprochen, der verflossene Bundestag habe, als er dieses Gesetz beschloß, verfrüht und übereilt gehandelt. Dem möchte ich mit allem Nachdruck widersprechen. Ich habe zwar nicht die Ehre gehabt, dem verflossenen Bundestag anzugehören, aber ich habe sehr aufmerksam die Arbeit in diesem Hause verfolgt, und ich habe mich davon überzeugen können, daß, weil die menschliche Berechtigung und die moralische Verpflichtung erkannt wurden, auf allen Seiten der sachliche Wille bestand, dieses Gesetz Wirklichkeit werden zu lassen. Es ist auch nicht fahrlässig und leichtfertig gehandelt worden.
({2})
Meine Damen und Herren, auch für andere Zwecke, die ich hier im einzelnen nicht erläutern möchte, sind noch im verflossenen Jahr der letzten Legislaturperiode Mittel bereitgestellt worden, bei denen seitens des Bundesfinanzministeriums nicht so nachdrücklich gefragt wurde, woher die Deckung kommen sollte. Ich verzichte darauf, das hier spezifiziert zu sagen; aber Sie werden wohl alle wissen, was ich meine.
({3})
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, daß ich zum Abschluß folgendes sage. Der ehemalige deutsche Soldat hat - verzeihen Sie, wenn ich das so klar und offen sage - jahrelang im Dreck gelegen, er hat jahrelang seine Knochen hingehalten, er hat jahrelang seine Wassersuppe geschlürft, und er hat jahrelang hinter Stacheldraht gesessen. Deswegen haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, über fiskalische Gesichtspunkte hinweg dieses Gesetz zu verkünden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Petersen.
Meine Damen und Herren! Das außerordentlich schwere Schicksal der Heimkehrer und Kriegsgefangenen sollte uns bewegen, die Regelung der Sorge für diese Menschen außerhalb jeder Parteipolitik zu stellen. Das hat der erste Bundestag getan, indem er mit einer sehr starken Mehrheit das Heimkehrergesetz beschlossen hat. Leider, das müssen wir feststellen, hat die Bundesregierung die Konsequenzen aus diesem mit großer Mehrheit beschlossenen Gesetz bisher nicht gezogen und die Verkündung hinausgezögert. Die Argumentation, eine fiskalische Deckung für dieses Gesetz sei nicht vorhanden, können wir nicht anerkennen. Ich möchte mich den Ausführungen der Kollegen Schneider und Mende anschließen, daß diese Gesichtspunkte hier, wo es sich um die Einhaltung einer Ehrenpflicht des gesamten deutschen Volkes gegenüber den so besonders schwer geprüften Menschen handelt, nicht in Betracht gezogen werden können.
Andererseits möchte ich für meine Freunde vom Gesamtdeutschen Block/BHE unterstreichen, daß die Forderung, die Regelung der Heimkehrerfragen außerhalb jeder Parteipolitik zu stellen, aber auch für folgende Gesichtspunkte gilt. Bei der Einbringung von Anträgen und Vorlagen sollte doch versucht werden, eine vorherige Abklärung und Abstimmung der Auffassungen der Parteien zu erreichen und nicht - wie von Herrn Müller-Hermann gesagt wurde - einen gewissen Wettlauf anzutreten. Wir glauben, daß es das Anliegen aller Parteien ist, diesen Menschen so schnell und so wirksam wie möglich zu helfen, und daß es deshalb für uns besser gewesen wäre, wenn die Antragsteller eine Abklärung mit allen Parteien getroffen hätten. Wir wären dann wahrscheinlich viel schneller zu einem Ergebnis gekommen.
Was die sachliche Seite anlangt, so wird die Begründung, die der Abgeordnete Mende für die Notwendigkeit dieser Vorlage gegeben hat, vom Gesamtdeutschen B1ock/BHE voll unterstützt. Wir haben zu dieser Frage nichts wesentlich anderes zu sagen, als bereits gesagt wurde. Deshalb kann ich mich auf kurze Ausführungen beschränken.
Es steht außer Zweifel, daß das alte Heimkehrergesetz den Menschen, denen es helfen will, keinesfalls ein sorgenfreies Leben und eine sorgenfreie Zukunft gesichert hat. Es wird vielmehr Aufgabe dieses Bundestages sein, durch Ergänzungsgesetze und Novellen dafür zu sorgen, daß diese Menschen für ihren ungeheuren Einsatz mit Leib und Leben wirklich den Dank des Vaterlandes erhalten. In diesem Sinne darf ich für die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE erklären, daß wir diesen Vorlagen zustimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Euler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mich nicht noch einmal zu Wort gemeldet, wenn nicht in den Ausführungen des Herrn Kollegen Müller -Hermann einige Töne aufgeklungen wären, die im Zusammenhang gerade mit diesem Thema besser unterblieben wären. Denn dieses Hohe Haus hat keinerlei Anlaß, sich gerade im Zusammenhang mit dem Heimkehrerentschädigungsgesetz irgendeiner Übereilung oder irgendeines leichtsinnigen Verhaltens zu zeihen. Ich muß die Vorwürfe, die der Kollege Müller-Hermann glaubte aussprechen zu müssen, mit großer Entschiedenheit zurückweisen, jedenfalls was das Verhalten und die Aktivität der Freien Demokraten auf dem Gebiete der Heimkehrerentschädigung anlangt.
({0})
Ich darf Ihnen sagen, daß wir die Prinzipien des Heimkehrerentschädigungsgesetzes nach sehr sorgfältiger Prüfung bejaht haben. Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben wohl vergessen, daß der Verabschiedung hier im Bundestag eine sehr sorgfältige Vorarbeit zwischen den Spezialisten aller Parteien dieses Hauses, der Koalitionsparteien sowohl als auch der Opposition, vorangegangen ist und daß wir das Thema der Heimkehrerentschädigung lange Monate in allen Einzelheiten vorberaten haben, ehe es schließlich eines Tages hier zur Sprache kam. Wenn Sie meinen, daß der Schlußakt hier übereilt gewesen sei, muß ich Ihnen antworten, Herr Kollege Müller-Hermann, daß der Anschein einer gewissen Übereilung des Schlußaktes nur dadurch entstanden ist, daß man sich vorher allzusehr Mühe gegeben hatte, die Austragung im Plenum zu verschieben und immer erneut zu verzögern. So sind die wahren Zusammenhänge.
Was den Inhalt des Heimkehrerentschädigungsgesetzes angeht, so hat niemals ein Zweifel darüber bestanden, daß das, was das Gesetz den Heimkehrern für die Zukunft geben will, einen außerordentlich geringen billigen Ausgleich für das Erlittene darstellt. Gerade im Zusammenhang mit dem Heimkehrerentschädigungsgesetz ist es auch verfehlt, an dieses Haus zu appellieren, daß es sich nicht in den Bann von Ansprüchen der Interessentenorganisationen begeben soll. Ich wünschte, es würden sich alle Interessentenorganisationen eine so erfreuliche Selbstbeschränkung auferlegen, wie es der Heimkehrerverband in dieser Materie getan hat.
({1})
Wenn Herr Müller-Hermann weiter sagt, die Kritik an der Regierung sei verfrüht, so muß ich doch darauf hinweisen, daß es ein wesentliches Motiv für die Verabschiedung dieses Gesetzes durch den alten Bundestag war, daß man Zeit gewinnen wollte, um inzwischen wenigstens das Feststellungsverfahren in Gang zu setzen. Wir waren uns doch im Sommer darüber im klaren, daß das Gesetz im gegenwärtigen Jahr nicht mehr zum Anlaufen kommen würde und daß es den Haushalt 1953/54 nicht belasten würde. Seine Verabschiedung noch vor dem Auseinandergehen des alten Bundestages war gerade deshalb wesentlich, weil durch das Wirksamwerden des Gesetzes das Feststellungsverfahren, das Voraussetzung für späterhin zu gewährende materielle Entschädigungen ist, überhaupt erst einmal in Gang kommen sollte. Es war von der Regierung nicht gut, den Beginn dieses Feststellungsverfahrens dadurch zu verzögern, daß sie das Gesetz bisher nicht hat wirksam werden lassen. Nach alledem muß ich unter Zurückweisung Ihrer Bemerkungen den Appell an das Haus erneuern, der Regierung ein sehr nachdrückliches Votum zu geben, daß es der Wunsch des ganzen Hauses ist, dieses Heimkehrerentschädigungsgesetz nun endlich als ein Gesetz wirksam werden zu sehen, das eine Ehrenschuld und Dankesschuld des deutschen Volkes gegenüber den Heimkehrern beinhaltet.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Pohle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß die Ausführungen des Herrn Kollegen Müller-Hermann aufs schmerzlichste bedauern, und ich weise den Vorwurf der Fahrlässigkeit in der Ausschußberatung
dieses hier zur Debatte stehenden Gesetzes aufs allerentschiedenste zurück. Fahrlässig hat in diesem Falle eine Regierung gehandelt, die ein Dreivierteljahr das Anliegen des Bundestages gekannt und es trotzdem nicht in einer Gesetzesvorlage realisiert hat!
({0})
Ich bin den Damen und Herren des Ausschusses sehr dankbar, daß sie sich, als die Bundesregierung versagte und ein Initiativgesetzentwurf vorgelegt wurde, der Mühe unterzogen, auch die Regierungsarbeit hierzu noch zusätzlich zu leisten. Wenn man die Ausschußprotokolle dieser Zeit liest und die Namen sowie die Parteizugehörigkeit der Redner zur Kenntnis nimmt, die sich intensiv an der Ausschußberatung beteiligt haben, dann stellt man fest, daß es leider nicht die Kritiker von heute gewesen sind.
({1})
Ich möchte für alle Zeiten feststellen, daß es eine einmalige Situation in der ganzen Geschichte des Kriegsopferausschusses in diesem Hause war, als die Dinge durcheinandergingen und sich immer stärker das Bestreben herauskristallisierte, das Gesetz unter allen Umständen zu verhindern, als dann gemeinsame Koalitionserklärungen abgegeben wurden und ich zum Schluß sagen mußte, daß ich sie nur noch schriftlich entgegennehmen könne, weil nach der Sitzung immer gesagt wurde, der Betreffende habe nicht das Recht gehabt, hierzu eine Erklärung im verneinenden Sinne abzugeben.
Meine Damen und Herren, man sollte nach Möglichkeit vermeiden, daß das Heimkehrerproblem in diesem Hause zerredet wird. Das Haus hat einen verfassungsmäßigen Beschluß gefaßt. Die Regierung handelt verfassungswidrig, wenn sie diesen Beschluß nicht durchführt.
({2})
Das Wort hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pohle hat ausgeführt, daß die Regierung verfassungswidrig gehandelt habe. Ich darf auf Art. 113 hinweisen, in dem es heißt, daß Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen, der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen.
({0})
In diesen Ausnahmefällen wird die Bundesregierung - ({1})
- Meine Herren, i c h spreche jetzt!
({2})
In diesen Fällen - ({3})
Meine Damen und
Herren, das Wort hat der Staatssekretär Hartmann.
({0})
In diesen Ausnahmefällen wird die Bundesregierung zum dritten verfassungsmäßigen Organ, und wenn die Bundesregierung von diesem Recht Gebrauch macht, nämlich bei d e m Haushaltsplan, in dem die Ausgaben entstehen, die Planung für diese Ausgaben vorzunehmen, handelt sie verfassungsmäßig.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur um die Ausführungen, die der Herr Staatssekretär jetzt gemacht hat, nicht unwidersprochen zu lassen, möchte ich mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß wir die Fragen des Art. 113 des Grundgesetzes im letzten Bundestag bereits einmal ausführlich besprochen haben, auch bei einer Gelegenheit, als der Herr Bundesfinanzminister - und ihm folgend eine Zeitlang das Kabinett - ein beschlossenes Gesetz nicht verkündete, weil finanzielle Bedenken bestanden. Es handelte sich damals meiner Erinnerung nach um das Gesetz über die bessere Aufwertung der privaten Rentenversicherungen. Wir haben damals von unserer Seite ausführlich dargelegt, daß Theorien, die auf diesem Wege die Bundesregierung zu einem Organ der Gesetzgebung machen wollen, nicht Platz greifen können. Wir haben darauf hingewiesen, daß der Art. 113 nicht in d. Torschriften über die Gesetzgebung steht, sondern in den Vorschriften über den Haushaltsplan und seine Abwicklung. Der Haushaltsplan ist ein Gesetz besonderer Art. Außerdem bezieht sich der Wortlaut des Art. 113 auf einen Zustand, in dem vorgeschlagene Haushaltsausgaben und beschlossene Haushaltsausgaben vorliegen müssen. Wir haben uns bereits damals darüber klarwerden müssen, daß es selbstverständlich nicht etwa einer Zustimmung der Bundesregierung bedürfen kann, wenn Haushaltsvorschläge der Regierung in den Haushaltsberatungen des Parlaments geändert werden. Es kann nicht sein, daß das Parlament etwa gehindert wäre, über Ausgabenvorschläge der Regierung hinauszugehen oder unter ihren Einnahmevorschlägen zu bleiben, wenn es sein Haushaltsrecht ausübt. Es geht ferner nicht an, daß man den Art. 113 auf Zeiträume bezieht, für die überhaupt noch keine Haushaltsvorschläge und auch keine Haushaltsgesetze vorliegen.
Was die Heimkehrerentschädigung anbelangt, so betrifft sie den Haushalt 1954. Bis heute liegen diesem Parlament noch nicht einmal Haushaltsvorschläge der Regierung für diesen Zeitraum vor, geschweige denn hat das Parlament darüber beschlossen. In diesem Stadium kann unter gar keinen Umständen davon die Rede sein, daß irgendein Zustimmungsrecht der Regierung zu solchen Gesetzen gegeben sei. Im Gegenteil, wenn das Parlament - und das hat es für gut befunden - es für richtig hält, bereits jetzt durch Gesetz festzulegen, daß gewisse Ausgaben im nächsten Haushaltsjahr geleistet und berücksichtigt werden müssen, so hat sich die Regierung danach zu richten,
hat ihren Haushalt 1954 entsprechend einzurichten und hat nicht Zustimmungsrechte in Anspruch zu nehmen.
({0})
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Kollegen Seuffert dankbar dafür, daß er die Debatte wieder in ein etwas ruhigeres Fahrwasser gebracht hat. Ich muß meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß von seinem Herrn Vorvorredner in einer so ungezwungenen Weise der Bundesregierung der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit gemacht worden ist.
({0})
Die Bundesregierung wird diese Frage mit vollem Ernst prüfen. Das Hohe Haus muß sich darüber klar sein, daß sich der Betrag, der hier zur Diskussion steht, auf nicht weniger als 200 Millionen DM für 1954 beläuft. Sie wissen, daß das Kabinett sich derzeit in sehr ernsten Beratungen über den Haushalt 1954 befindet. Im übrigen darf ich mich auf die Erklärung beziehen, die Herr Staatssekretär Hartmann im Auftrag des Herrn Bundesfinanzministers und der Bundesregierung abgegeben hat.
Meine Damen und Herren, nachdem ich die ganze Debatte gehört habe, möchte ich sagen: es gibt hoffentlich niemanden in diesem ganzen Hause, der glaubt, daß das Herz der Bundesregierung für die Heimkehrer weniger schlägt als das irgendeines Mitgliedes dieses Hauses.
({1})
In der Bundesregierung sitzen genug Soldaten aus beiden Kriegen, um das Schicksal der Heimkehrer gebührend würdigen zu können.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Unwillen, dem meine Ausführungen vorhin begegnet sind, scheint es mir doch gut zu sein, noch einmal ein ausgleichendes Wort zu sprechen und vor allem darauf hinzuweisen, daß wir uns meines Erachtens in diesem Hause in der Sache weitgehend einig sind. Man mag verschiedener Ansicht darüber sein, ob der vergangene Bundestag bei seinen letzten Beratungen im Ausschuß und im Plenum diesem Gesetz wirklich die Sorgfalt hat angedeihen lassen, die notwendig gewesen wäre, und ob es zweckmäßig war, eine summarische Entschädigung an die Heimkehrer zu zahlen oder die Entschädigung dort zu summieren, wo es am nötigsten ist.
({0})
Aber die Entscheidung des Parlaments ist gefallen. Daraus ergibt sich meines Erachtens für uns jetzt die Konsequenz, auf die Bundesregierung einzuwirken, auch für die Verkündung dieses Gesetzes zu sorgen.
({1})
Es ist von mir und anschließend auch von Herrn Staatssekretär Hartmann darauf hingewiesen worden, daß die Praktizierung des Gesetzes, was die
({2})
Finanzierung anbetrifft, erst bei der Aufstellung des Haushaltsplans 1954 akut wird.
({3})
Ich möchte aber doch die Bundesregierung darauf hinweisen, daß der erste Teil des Entschädigungsgesetzes ein Feststellungsgesetz ist und daß ein genauer Ansatz dafür, welche finanziellen Mittel zur Durchführung des Gesetzes bereitgestellt werden müssen, eben davon abhängt, daß diese Feststellung vorweggenommen ist. Aus diesem Grunde scheint es mir doch notwendig, den - ich glaube einmütigen - Appell des Hauses an die Bundesregierung zu richten, das Gesetz zu verkünden.
Wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung. Zu Punkt 6 a ist eine Überweisung an einen Ausschuß nicht sinnvoll. Ich stelle den Antrag zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
Zu Punkt 6 b ist Überweisung an den Haushaltsausschuß als federführenden Ausschuß beantragt, außerdem an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen. Wer für die Überweisung an diese Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Zu Punkt 6 c ist Überweisung an dieselben Ausschüsse, zusätzlich an den Ausschuß für Verkehrswesen beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Damit ist Punkt 6 erledigt.
Punkt 7 ist abgesetzt. Punkt 8:
Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates.
Hierzu liegt Ihnen nunmehr die Drucksache 53 vor. Ich kann sie jedoch verlesen für den Fall, daß sie nicht allgemein bekannt sein sollte:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Der Stellenanteil der Fraktionen für die gemäß §§ 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zur Beratenden Versammlung des Europarates vom 11. Juni 1951 ({0}) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zur Beratenden Versammlung des Europarates vom 4. August 1953 ({1}) vom Bundestag zu wählenden Vertreter und Stellvertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates wird nach dem Verfahren d'Hondt berechnet.
2. Als Vertreter und Stellvertreter werden zur Wahl vorgeschlagen:
- Soll ich die einzelnen Namen verlesen?
({2})
- Sie sind Ihnen bekannt; dann gelten die Namen als verlesen.
Wer für die Annahme des Antrags auf Drucksache 53 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkte 9 und 10 sind abgesetzt. Wir kommen zu Punkt 11:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({3}).
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. -- Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Meine Damen und Herren, ich habe noch einige Dinge bekanntzugeben, zunächst folgendes. Der Abgeordnete Dr. Gebhard Müller hat dem Herrn Präsidenten am 24. Oktober 1953 mitgeteilt, daß er sein Mandat niederlege. Die gleiche Erklärung hat der Abgeordnete Oskar Farny am 31. Oktober 1953 gegenüber dem Herrn Präsidenten abgegeben. Nach § 52 des Wahlgesetzes entscheidet über den Verlust der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag durch Verzicht der Vorstand des Bundestages. Der Herr Präsident hat mit Schreiben vom 3. November 1953 die Mitglieder des Vorstandes um Mitteilung gebeten, ob sie einem Beschluß zustimmen, daß die beiden oben genannten Herren ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag durch Verzicht verloren haben. Mit Ausnahme von drei Vorstandsmitgliedern, die sich noch nicht geäußert haben, haben sämtliche Mitglieder des Vorstandes diesem Beschluß zugestimmt. Ich gebe daher bekannt, daß die Herren Dr. Gebhard Müller und Oskar Farny auf Grund des Beschlusses des Vorstandes des Deutschen Bundestages ihre Mitgliedschaft im Bundestag durch Verzicht verloren haben.
Weiter möchte ich daran erinnern, daß sich die Ausschüsse morgen konstituieren sollen. Sie haben unter dem 10. November einen Vorschlag erhalten, aus dem sich die Zeiten ergeben, in denen den einzelnen Ausschüssen Zimmer zur Verfügung stehen. Eine Ausnahme von diesem Vorschlag soll für den Ausschuß für Wirtschaftspolitik Platz greifen, der sich unmittelbar nach dieser Sitzung im Fraktionssaal der CDU konstituieren wird.
({4})
- Der Ausschuß für Besatzungsfragen konstituiert sich also erst übernächste Woche.
Weiter habe ich um eine Ermächtigung zu bitten, nämlich darum, daß die Sitzungen, in denen sich die Ausschüsse konstituieren, von dem jeweils ältesten Auschußmitglied geleitet werden. Ist das Haus damit einverstanden?
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- Dann ist so beschlossen worden.
Die Vertretung zur Beratenden Versammlung des Europarates konstituiert sich am Donnerstag um 17 Uhr 30.
Es ist noch eine Erklärung des Abgeordneten Dr. von Brentano abzugeben, die von dem Kollegen Krone verlesen werden soll.
Das Wort hat der Abgeordnete Krone.
Meine Damen und Herren! Ich bedauere, dem Bundestag von folgender Tatsache Kenntnis geben zu müssen.
Die Behörden in Saarbrücken haben dem Mitglied des Deutschen Bundestages, meinem Fraktionskollegen Karl Walz, zum 20. November einen Ausweisungsbefehl zugestellt.
({0})
({1})
1 Dieser Ausweisungsbefehl erstreckt sich auch auf die Frau des Abgeordneten Walz und seine drei Kinder.
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Er ist begründet mit der Mitgliedschaft unseres Kollegen Walz im Deutschen Bundestag.
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Derartige Maßnahmen der Behörden in Saarbrücken sind unvereinbar mit den in der Konvention über Menschenrechte niedergelegten freiheitlichen und rechtsstaatlichen Grundsätzen.
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Sie sind weiterhin unvereinbar mit den Bemühungen der französischen Regierung und der deutschen Bundesregierung, im Wege freundschaftlicher Gespräche und Verhandlungen zwischen dem französischen und dem deutschen Volke die Grundlagen einer dauerhaften Freundschaft herzustellen und im Rahmen dieser Gespräche die Saarfrage zu klären.
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Wir legen gegen diese diskriminierenden Maßnahmen nachdrücklich Einspruch ein und bitten die Bundesregierung, alsbald geeignete Schritte einzuleiten, um die Verwirklichung der geplanten Maßnahmen zu verhindern.
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Das Wort hat der Abgeordnete Mommer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD hat mit Interesse von diesem Protest Kenntnis genommen und schließt sich ihm vollinhaltlich an. Auch in unserer Fraktion befindet sich ein Kollege, Herr Trittelvitz, der im deutschen Saargebiet geboren ist und immer dort gelebt hat und wegen seiner Wahl in den Deutschen Bundestag ausgebürgert wurde.
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„Ausgebürgert", - meine Damen und Herren, das Wort ist uns doch nur aus dem Sprachschatz des „Dritten Reiches" geläufig.
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Wir müssen aber unser Erstaunen darüber ausdrücken, daß es nur unser Kollege Erich Ollenhauer war, der anläßlich der Aussprache über die Regierungserklärung gegen die Ausbürgerung unserer beiden Kollegen Walz und Trittelvitz protestiert hat.
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Viel wichtiger noch als die Proteste hier wären Proteste, Schritte und energische Maßnahmen der Bundesregierung,
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und wir stellen die Frage: Was hat der Herr Bundeskanzler in diesen Fällen getan?
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Gerade jetzt führt er Verhandlungen über die Saarfrage, und die Saar soll europäisiert werden. Nun, meine Damen und Herren, wir haben immer betont, daß eine Europäisierung an der Saar notwendig ist. Europa heißt doch für uns das Gebiet, in dem es die Herrschaft des Rechts und die Herrschaft der Freiheit und der Menschenrechte gibt. Und die gibt es an der Saar nicht.
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Wenn der Herr Bundeskanzler jetzt Verhandlungen
über die Europäisierung führt, dann sollte er gerade für diese Art Europäisierung sorgen und alle
seine Kräfte dafür einsetzen, daß es aufhört, daß
sich hier mitten in Westeuropa eine Insel der Unfreiheit befindet, und daß diese Unfreiheit für rund
eine Million deutscher Menschen mittels der Pläne,
die jetzt verfolgt werden, nicht verewigt wird.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Tagesordnung ist erledigt.
Ich berufe die nächste, die 7. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Donnerstag, den 3. Dezember 1953, 9 Uhr 30 vormittags. Die Tagesordnung wird in einer Sitzung des Ältestenrats vom 19. November vereinbart werden.
Ich schließe die 6. Sitzung des Deutschen Bundestages.