Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 34. Sitzung des Deutschen Bundestages. Ich bitte, die Namen der beurlaubten Abgeordneten zu verlesen.
Der Präsident hat für die heutige Sitzung Urlaub erteilt den Abgeordneten Schneider ({0}), Odenthal, Bals, Priebe, Dr. Horlacher, Schoettle, Funk, Dr. Wahl, Dr. Pohle ({1}), Kiesinger, Wehking, Rasner, Bazille, Dr. Arndt, Dr. Werber, Dr. Leiske, Dr. Friedensburg, Dr. Schmid ({2}), Kemmer ({3}), Kunze ({4}), Dr. Dr. h. c. Pünder, Brandt ({5}), Häussler, Dr. Reif, Dannemann, Voß, Peters, Baur ({6}), Behrisch, Finckh, Lemmer, Demmelmeier, Dr. Leverkuehn, Klingelhöfer, Diedrichsen, von Hassel, Jahn ({7}), von Bodelschwingh, Dr. Eckhardt, Dr. von Buchka, Arnholz, Dr. Mocker, Frau Dr. Schwarzhaupt, Dr. Reichstein, D. Dr. Ehlers, Seiboth, Dr. Keller, Dr. Lenz ({8}), Gockeln.
Meine Damen und Herren, die amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 15. Juni 1954 die Kleine Anfrage 58 der Fraktion der FDP betreffend GmbH.-Mäntel in der Hand des Bundes - Drucksache 505 -beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 608 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 15. Juni 1954 die Kleine Anfrage 61 der Fraktion der SPD betreffend Stillegung von Bergwerksanlagen in ObernkirchenBarsinghausen - Drucksache 516 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 609 vervielfältigt.
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 15. Juni 1954 die Kleine Anfrage 67 der Fraktion der SPD betreffend Deutsche Angehörige der französischen Fremdenlegion - Drucksache 555 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drudcsache 610 vervielfältigt.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Remontage ({0}).
Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Scheel!
Scheel ({1}), Anfragender: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gegenstand der Großen Anfrage der FDP ist hier schon einmal im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutiert worden, und zwar, als einige Abgeordnete dieses Hauses den Antrag gestellt hatten, 100 Millionen DM in den außerordentlichen Haushalt dieses Jahres einzustellen. Der damalige Antrag, 100 Millionen DM einzustellen, ist, wie Sie wissen, abgelehnt worden. Ich habe damals im Zusammenhang mit der Begründung dieses Antrags auf die noch schwebende Große Anfrage hingewiesen. Ich bin in einer etwas peinlichen Lage. Die Anfrage besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist, wenn Sie einmal die Daten vergleichen, als überholt zu betrachten. Das ist nicht unsere Schuld. Wir hätten es lieber gesehen, dieser erste Teil wäre so rechtzeitig beantwortet worden, daß sich aus der Antwort hätten Konsequenzen ziehen lassen. Diese Große Anfrage ist über drei Monate gelaufen, bevor sie ins Parlament gekommen ist. Ich habe den Eindruck, daß das nicht ganz mit den §§ 106 und 108 der Geschäftsordnung in Einklang zu bringen ist, zumal ich von einer Aussetzung der Behandlung Großer Anfragen nach § 109 der Geschäftsordnung nichts habe feststellen können.
Nun aber zum Gegenstand dieser Großen Anfrage, zur Lage der demontierten Industrien. Als 1951 der Demontagestopp kam, da bot sich ein verhältnismäßig trübes Bild. Viele Industriegruppen hatten für die Bundesrepublik vorgeleistet. Sie hatten - sogar nach sehr willkürlichen Auswahlverfahren - Reparationen übernommen, die eigentlich die Bundesregierung hätte übernehmen müssen.
Wir mußten feststellen, daß Werte in Höhe von ungefähr 6 Milliarden DM demontiert worden sind, eingerechnet für 600 Millionen DM Schiffsbeschlagnahmen. Die Demontagen verteilten sich auf alle Bereiche der Wirtschaft, aber ihr Schwerpunkt lag vor allem auf der Grundstoffindustrie, auf Chemie und auf dem Maschinenbau.
Nun hat sich der Bundestag des öfteren mit diesem Problem befaßt, und zwar sind jeweils Maßnahmen erörtert worden, die man für notwendig erachtete, um den Geschädigten zu helfen. Diese Maßnahmen sollten nicht allein im Interesse dieser Geschädigten ergriffen werden, sondern in allgemein wirtschaftspolitischem Interesse, da gerade die demontierten Betriebe meist in Bereichen liegen, in denen Engpässe bestanden, die den Wiederaufbau unserer Wirtschaft nach dem Kriege außer({2})
ordentlich erschwerten, wenn nicht zum Teil unmöglich machten.
Vornehmlich der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Bundestages hat sich verschiedentlich mit diesem Problem auseinandergesetzt. Ich habe an einer Sitzung teilgenommen, die am 2. Juli 1952 stattgefunden hat und die sich mit den Fragen der Finanzierung der Remontage eingehend befaßte. Drei Bundesminister waren anwesend: Herr Minister Schäffer, Herr Minister Erhard, Herr Minister Storch. Den damaligen Verhandlungen im Wirtschaftspolitischen Ausschuß wurde ein Wiederaufbauplan zugrunde gelegt, der von den betroffenen Industrien zusammen mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt worden war. Dieser Remontageplan sah damals einen mit 1,2 Milliarden DM errechneten Kreditbedarf vor. Der Ausschuß diskutierte darüber, welche Laufzeit dieser Plan haben solle, und man einigte sich darauf, daß er in drei Jahren - d. h. in den Jahren 1952, 1953 und 1954 - abgewickelt sein müsse. Nun stehen wir im Jahre 1954 und können eine Art von Zwischenbilanz ziehen, um festzustellen, was gegeben worden ist.
Ich darf noch erwähnen, daß 95 % des ganzen Kreditbedarfs, der damals errechnet worden ist, sich auf Grundstoff- und Exportindustrien bezogen. Nur der Rest von 5 % bezog sich auf andere Industrien. Die Wichtigkeit der Kreditgewährung ist, glaube ich, damit unterstrichen.
Bis jetzt haben wir nun rund 535 Millionen DM von diesem Kreditbedarf gedeckt, zum Teil aus zentral steuerbaren Mitteln des Bundes, aber auch aus Mitteln der Länder und durch die Investitionsanleihe. Es bliebe also noch ein Rest von rund 665 Millionen DM abzudecken, wenn wir den Wiederaufbau so durchführen wollen, wie er für dieses Jahr beabsichtigt war. Der größte Teil dieser 665 Millionen DM - mehr als 400 Millionen DM - entfällt auf die Eisen- und Stahlindustrie. Ich glaube, ich brauche nicht mehr darauf hinzuweisen, wie wichtig Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie heute sind. Ich hatte vor einigen Tagen Gelegenheit, mit einigen Kollegen des Bundestags im Rundfunk über Fragen der Montan-Union zu diskutieren. Kollege D r. Pohle von der CDU stellte auf einen Angriff des SPD-Diskussionsteilnehmers hin fest, daß die augenblickliche Lage bei Stahl und Eisen und die dadurch bedingte Lage bei der Kohle nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß ein erheblicher Mangel an Investitionen in unserer Stahl- und Eisenindustrie besteht. Die Anleihe von 100 Millionen Dollar, die die Montanbehörde aus den Vereinigten Staaten bekommen hat, bringt uns keinen Vorteil, da aus ihr keinerlei Ausschüttungen an die Eisen- und Stahlindustrie vorgenommen werden. Schon deswegen sollten wir mit allen Mitteln versuchen, auch vom Bunde aus den demontierten Betrieben in diesem Bereich weiter zu helfen; denn es fehlt bei allen Betrieben, die einen schweren Demontageschaden hatten, noch an der notwendigen Abrundung des Betriebsablaufs. Darüber hinaus haben diese Betriebe meist einen großen Prozentsatz von Eigenmitteln in den Wiederaufbau hineingesteckt. Deshalb müssen wir sie jetzt bei ihren Rationalisierungsmaßnahmen unterstützen. Wir müssen ihnen Kredite gewähren, damit sie die Möglichkeit haben, ihre Eigenmittel auf die Rationalisierung zu konzentrieren. Das erscheint gerade unter den Wettbewerbsverhältnissen im Montanbereich dringend notwendig.
Wenn allein 1600 Betriebe von den rund 2000 von der Demontage betroffenen Betrieben überhaupt noch keine Kreditmittel bekommen haben, dann, glaube ich, ist zusätzlich erwiesen, wie notwendig eine weitere Hilfe ist. Ich erinnere mich, in der damaligen Sitzung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses - ich habe daran als Gast teilgenommen - gehört zu haben, daß eine Anzahl anderer Stützungsmaßnahmen und Erleichterungen angeregt worden sind, z. B. Steuererleichterungen, Erleichterungen bei der Vermögensabgabe usw. Aber von diesen Anregungen ist wohl nichts mehr übriggeblieben. Eine Selbstfinanzierung ist heute auch kaum möglich. Auch der Kapitalmarkt gibt für Betriebe, die demontiert worden sind, nichts oder nur sehr wenig her, weil diese meist gar nicht an den Kapitalmarkt herangehen können. Sie sind überhaupt erst emissions- oder kapitalmarktfähig, wenn sie einen Minimalstand der Produktionskapazität erreicht haben. Das ist bei vielen Betrieben, vor allen Dingen denen, die noch lange Jahre nach der Demontage der Verbotsgesetzgebung unterlegen haben, noch nicht der Fall.
Ich glaube, damit dargetan zu haben, daß die wirtschaftspolitische Notwendigkeit, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, um diesen Remontage-plan zu Ende zu führen, unbedingt gegeben ist. Die Ministerien und vor allen Dingen auch die Ausschüsse haben sich nun mit der Frage befaßt. Ich muß sagen, daß das Wirtschaftsministerium sich sehr intensiv um diese Betriebe gekümmert hat, die sich in ihren Interessen durchaus verstanden sahen. Nur das Finanzministerium hat nicht immer so mitgezogen, wie man das gewünscht hätte, und darauf bezieht sich unsere Große Anfrage. Ich habe so manchmal das Gefühl gehabt, daß die beiden Ministerien bei der Betrachtung der Frage „Remontage" den Akzent etwas unterschiedlich auf dieses Wort verteilt haben. Das Wirtschaftsministerium hat so den ersten Teil, das Remontenhafte vertreten, temperamentvoll, und hat viel getan. Dagegen hatte ich den Eindruck, daß das Finanzministerium auf den letzten Teil des Wortes, auf „age", auf das etwas bedächtige und zurückhaltende Alter den größeren Wert gelegt hat. Es wäre wünschenswert, wenn auch hier eine Einheitlichkeit zustande korn-men könnte und wenn das Finanzministerium etwas mehr täte, um diesen Industriegruppen zu helfen.
Ich habe niemals verstehen können - und ich verstehe es auch jetzt noch nicht -, warum die 100 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt nicht geflossen sind, zumal man doch den Eindruck haben kann, daß für andere Zwecke, die vielleicht nicht diesen Vorrang gehabt haben, öffentliche Mittel vorhanden gewesen sind. Ich erinnere an einen Fall, wo man immerhin von seiten des Bundes mit Genehmigung des Finanzministers nicht zur Schaffung, sondern zur Erhaltung von Arbeitsplätzen Subventionen - noch nicht einmal Kredite! - von ungefähr 5770 DM per Arbeitsplatz gezahlt hat. Wenn man die Zuschüsse des betreffenden Landes hinzurechnet, dann ergeben sich fast 8000 DM, die man nur zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes an Subventionen gezahlt hat. Es handelt sich hier um Sontra. Ich will damit gar nicht sagen, daß das sozialpolitisch unnötig ist. Sie kennen unsere Stellungnahme, die dahin geht, die Beschäftigten in Sontra unter allen Umständen auf Dauer weiterzubeschäftigen. Wir haben aber den Ein({3})
druck - ich habe das auch im Wirtschaftspolitischen Ausschuß zum Ausdruck gebracht -, daß man das unter sparsamerer Verwendung öffentlicher Mittel tun kann.
Es gibt Möglichkeiten, und zwar gerade in den Fällen der Remontage, mit billigsten Mitteln Dauerarbeitsplätze zu beschaffen, die wir wahrhaftig noch nötig haben. Eine Umfrage bei Betrieben, in deren Bereich 80 Millionen DM ausgegeben worden sind - es sind ungefähr 125 Betriebe gewesen -, hat ergeben, daß man im Schnitt für die Errichtung eines Dauerarbeitsplatzes bei der Remontage nur 2700 DM benötigt. Das sollte uns ganz besonders veranlassen, diesem Problem noch größere Aufmerksamkeit zu schenken.
Gerade in den letzten Tagen habe ich davon gehört, daß es einem Konzern der öffentlichen Hand möglich gewesen ist, die Bergwerksgesellschaft Emscher-Lippe anzukaufen. Die Verhandlungen sind in der Presse bekanntgegeben worden. Solange man noch Millionenbeträge zur Ausdehnung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand ausgeben kann, erscheint es mir völlig unverständlich, daß es nicht möglich sein soll, für diejenigen Unternehmen Kredite auszuschütten, die ja doch für uns alle in der Tat erhebliche Vorleistungen erbracht haben.
Meine Damen und Herren, ich erwähnte schon, daß die Besprechung des Punktes 1 der Großen Anfrage etwas verspätet kommt; aber ich wollte doch Ihre Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt haben. Vor allen Dingen möchte ich die Ministerien - vordringlich das Wirtschaftsministerium - darum bitten, die bisherigen Maßnahmen, zentral steuerbare Mittel des Bundes für diesen Zweck einzusetzen, fortzuführen. Was bis jetzt gegeben worden ist, ist sehr dankbar aufgenommen worden und hat sich außerdem bewährt. Ich bitte darum, daß nicht etwa jetzt Schluß damit gemacht wird, weil es aktuellere Probleme geben könnte. Es ist unmöglich, den einmal anfinanzierten zusammenhängenden Plan des Wiederaufbaus unserer demontierten Industrie in der Mitte abzubrechen, vielmehr ist es notwendig, die Gesamtfinanzierung der Projekte seitens des Bundes durchzuführen, wenn möglich in dem vorgesehenen Zeitraum.
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Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat der Staatssekretär Dr. Westrick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die in der Drucksache 312 an die Bundesregierung gerichtete erste Frage muß ich zu meinem Bedauern antworten, daß der Herr Bundesminister der Finanzen angesichts des Fehlens von Erlösen aus Anleihen und infolge der angespannten Haushaltslage diesen Ansatz im außerordentlichen Haushalt 1953 nicht bedienen konnte. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Kredite, die im außerordentlichen Haushalt vorgesehen sind, und die zur Deckung des außerordentlichen Haushalts erforderlichen Anleiheerlöse mangels Auflegung einer Bundesanleihe, die zur Schonung des Kapitalmarktes unterblieben ist, nicht zur Verfügung standen.
Zu dem Gesamtproblem der Förderung volkswirtschaftlich notwendiger und hilfsbedürftiger demontagegeschädigter Unternehmen und damit auch zur Frage 2 der Drucksache 312 ist im übrigen folgendes zu sagen. Der Investitionsbedarf der demontagegeschädigten Wirtschaft und seine Deckung war und ist auch heute aus allgemeinen investitions-, konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Erwägungen ein sehr ernstes Anliegen der Bundesregierung. Der Bundesminister für Wirtschaft als der für die Investitionspolitik der Bundesregierung verantwortliche Ressortminister hat im Einvernehmen mit dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und dem Bundesminister der Finanzen ein Investitionsprogramm zur Wirtschaftsförderung 1954 entwickelt, an dem die demontagegeschädigte Wirtschaft mit einem erheblichen Prozentsatz beteiligt sein wird; er wird sich auf 20 bis 25 °/o belaufen.
Es handelt sich hierbei um ein Investitionsprogramm in der Größenordnung von 640 Millionen DM, das aus dem Zins- und Tilgungsaufkommen früher gegebener ERP-Kredite des ERP-Sondervermögens finanziert wird und zu dem weitere 20 Millionen DM Eigenmittel, und zwar Anleiheerlöse der Kreditanstalt für Wiederaufbau fließen, so daß das Programm also insgesamt 660 Millionen DM umfaßt. Bei Aufstellung der Projektempfehlungslisten, die im Augenblick in meinem Hause ausgearbeitet werden, gilt selbstverständlich der Grundsatz, daß Investitionsvorhaben der demontagegeschädigten Wirtschaft bei sonst gleichen Voraussetzungen bevorzugt zu berücksichtigen sind.
Ich darf das Hohe Haus ferner darauf hinweisen, daß das Bundesministerium für Wirtschaft mit der deutschen Versicherungswirtschaft die Durchführung von sogenannten VersicherungsinvestitionsSonderprogrammen vereinbart hat. Danach werden etwa 20 % des anlagesuchenden Kapitals der deutschen Lebensversicherungsunternehmen zur Finanzierung von Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft verfügbar. Am 5. Juni dieses Jahres hat das Bundeswirtschaftsministerium der deutschen Versicherungswirtschaft auf Grund dieser freiwilligen Vereinbarung die zweite Halbjahresprojektempfehlungsliste mit zahlreichen Kreditvorschlägen überreicht. Auf Grund der zur Finanzierung vorgeschlagenen Investitionsvorhaben wird die demontagegeschädigte Wirtschaft im Laufe dieses Jahres aus diesem gesamten Investitionsprogramm mit einem Kreditbetrag von etwa 30 Millionen DM rechnen können.
Schließlich steht das Bundesministerium für Wirtschaft mit einer Gruppe von Finanzierungsinstituten in aussichtsreichen Verhandlungen über den Abschluß eines Kreditabkommens über 100 bis 125 Millionen DM, die ausschließlich den volkswirtschaftlich förderungswürdigen und hilfsbedürftigen Unternehmen aus den Kreisen der demontagegeschädigten Wirtschaft noch in diesem Jahre zur Verfügung gestellt werden sollen.
Da die Kreditgeber ihre langfristigen Mittel mündelsicher anlegen müssen, ist allerdings in Aussicht genommen, eine globale 50%ige Bundesbürgschaft für den gesamten Kreditbetrag zu erteilen. Die Bundesregierung hält es für erforderlich, daß dieser Plan verwirklicht wird.
Auf Grund der Empfehlungen des Hohen Hauses und des Bundesrats, die demontagegeschädigte Industrie durch Bereitstellung von Bürgschaften bei der Finanzierung ihrer Investitionsvorhaben zu unterstützen, bereitet die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Aufstockung des Bürgschaftsrahmens vor, der in dem Gesetz über die
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Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft vom 27. Januar 1951 enthalten ist. Hierbei soll der bisherige Bürgschaftsrahmen von 800 Millionen DM um etwa 600 bis 700 Millionen DM aufgestockt werden, wobei für die demontagegeschädigte Wirtschaft einschließlich der eisenschaffenden Industrie ein Bürgschaftsvolumen von 300 Millionen DM von dem Aufstockungsbetrag vorgesehen ist.
Ich darf dem Hohen Hause abschließend noch in Erinnerung bringen, daß vom Bundeswirtschaftsministerium bereits im Jahre 1953 der demontagegeschädigten Wirtschaft rund 100 Millionen DM in Form von terminierten Kreditzusagen zur Verfügung gestellt worden sind. Es handelte sich hierbei um investitionspolitische Maßnahmen im Rahmen des Investitionsprogramms zur Förderung der Wirtschaft aus dem Aufkommen des ERP-Sondervermögens im Haushaltsjahr 1954 - die sogenannte Vorziehungsaktion des Zins- und Tilgungsaufkommens des ERP-Sondervermögens des Jahres 1953 -, das in den vom Kabinett und vom Bundesrat gebilligten Wirtschaftsplan 1954 des ERP-Sondervermögens Eingang gefunden hat. Sie werden sich in diesem Hohen Hause mit diesem Wirtschaftsplan in Kürze beschäftigen.
Ich hoffe, Sie ersehen aus dieser Übersicht, daß die Bundesregierung sich ernstlich bemüht hat, in Ansehung der Unmöglichkeit der Bedienung des eingangs erwähnten Postens aus dem außerordentlichen Haushalt andere Wege ausfindig zu machen, um in den Fällen echter Förderungswürdigkeit eine im Interesse der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liegende und von Ihnen sicher gebilligte Hilfe zu gewähren.
Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hat Beratung der Großen Anfrage beantragt. Der Antrag ist hinreichend unterstützt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Herrn Staatssekretärs Dr. Westrick war recht optimistisch. - Doch, Herr Staatssekretär, ich möchte Ihnen sagen: die Botschaft haben wir wohl gehört, aber uns fehlt noch so etwas der Glaube an diese Botschaft. Wir sind auf Grund der Ereignisse in der Vergangenheit etwas skeptisch geworden. Wir haben uns im Bundestag wiederholt über das Remontageproblem unterhalten. Dabei haben wir den Eindruck gewonnen, daß die Remontagekredite zu den Programmpunkten gehören, die der Bundesregierung mit der Zeit etwas lästig geworden sind und an die sie nicht mehr gern erinnert sein möchte.
Die bisherige Haltung der Bundesregierung mußte uns befremden. Es war der einstimmige Wille fast aller Fraktionen des Hohen Hauses, daß auf dem Gebiete der Remontage etwas Besonderes geschieht. Ich möchte Sie daran erinnern - das hat auch Herr Kollege Scheel heute bei der Begründung seiner Anfrage schon getan -, daß der Wirtschaftspolitische Ausschuß im Juli 1952 nahezu einstimmig Empfehlungen ausgearbeitet hat.
Der Ausschuß hat damals empfohlen, daß etwa 218 Millionen DM an Mitteln des Bundes für die Remontagekredite zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Empfehlungen, die damals der Wirtschaftspolitische Ausschuß übereinstimmend ausgearbeitet hat, haben im Bundeskabinett eine sehr geringe Gegenliebe gefunden. Man hat damals den Betrag zunächst halbiert, nach unten abgerundet und in den außerordentlichen Haushalt von 1953 nur noch 100 Millionen DM eingestellt, jene 100 Millionen DM, von denen in der Großen Anfrage der FDP die Rede ist.
Aber auch diese 100 Millionen DM sind praktisch ein Erinnerungsposten geblieben. Im laufenden Haushaltsjahr hat der Herr Bundesfinanzminister daraus die Konsequenz gezogen und die Remontagefinanzierung überhaupt nicht mehr berücksichtigt.
Wir können diese Methode der Erledigung von Empfehlungen, die der Wirtschaftspolitische Ausschuß gegeben hat, nicht gutheißen. Wir können sie besonders deswegen nicht gutheißen, weil es sich bei dem Remontageproblem nicht nur .um ein Problem der Stahlindustrie oder des Landes Nordrhein-Westfalen handelt, sondern weil von der Demontage alle Länder der Bundesrepublik betroffen worden sind und die Demontage sich auf die verschiedensten Gewerbezweige erstreckt hat.
Nach einer Zusammenstellung des Bundeswirtschaftsministeriums entfielen 1952 von den 243 vorliegenden Anträgen nur 32 auf die Eisen- und Stahlerzeugung und nur 53 auf das Land Nordrhein-Westfalen. Der Zahl nach wesentlich stärker beteiligt sind die Zonengrenzländer, Niedersachsen, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein. Der Bund hätte, Herr Staatssekretär, eine gute Chance gehabt, den wirtschaftsschwachen Ländern zu helfen, Ländern, in denen die Betriebe mittlerer Größe vorherrschend sind. Es ist feststehende Meinung, daß man mit dem relativ geringen Aufwand von etwa einem Drittel des üblichen Aufwandes auf dem Wege der Remontage neue Dauerarbeitsplätze hätte schaffen können und vor allen Dingen, Herr Staatssekretär, daß man der industriellen Ost-West-Verlagerung hätte entgegenwirken können. Diese Chance ist von der Bundesregierung nicht genutzt worden. Wir haben heute erneut Veranlassung, zu beklagen, daß die gefährliche Tendenz der Abwanderung der Betriebe nach dem Westen entweder von der Bundesregierung überhaupt nicht erkannt oder daß ihr nicht in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird.
Nun ein Wort zu der Bundesbürgschaft. Der Herr Finanzminister hat während der Haushaltsdebatte einen Betrag von 200 Millionen DM genannt, die als Bundesbürgschaft zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Bürgschaften sind zweifellos ein Hilfsmittel der Finanzierung, und sie sind für den Bund ein sehr bequemes Finanzinstrument. Bei der augenblicklichen Situation müssen aber für bürgschaftsgesicherte Kredite hohe Zinsen gezahlt werden, Zinssätze, die viele Betriebe nicht aufbringen können. Ein treffendes Beispiel dafür sind die 25 Millionen DM, die von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zur Verfügung gestellt worden sind, aber zu einem Zinssatz, der so hoch ist, daß die notleidenden Betriebe von dem Angebot keinen Gebrauch machen konnten. Wir haben auch wiederholt die Erfahrung gemacht, daß die Ausfallbürgschaft des Bundes von den Kreditbanken nicht immer als ein geeignetes Mittel der bankmäßigen Sicherheit angesehen wird. Deshalb glaube ich, daß Bundesbürgschaften kein echter und kein voller Ersatz für Remontagekredite sind.
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Wir Sozialdemokraten können uns aus den von mir dargelegten Gründen mit der Haltung der Bundesregierung in der Remontagefrage nicht einverstanden erklären. Wir können sie nicht billigen. Wir sind auch von den Ausführungen, die der Herr Staatssekretär heute zu diesem Fragenkomplex gemacht hat, nicht voll befriedigt. Denn, Herr Staatssekretär, 1952 ist der echte Remontagekreditbedarf mit 1,2 Milliarden DM ermittelt worden. Sie sprechen heute von einem Gesamtprogramm - aus Bundesmitteln - von zunächst 640 Millionen, davon aber nur 20 %, nämlich insgesamt 128 Millionen DM für die remontagekreditbedürftigen Betriebe. Das sind etwa 10 % des 1952 festgestellten effektiven Bedarfs.
Meine Damen und Herren! Aus diesen Gründen glauben wir, daß sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß - als zuständiger Fachausschuß - nochmals mit der gesamten Materie beschäftigen muß. Wir sollten es daher nicht bei der heutigen Diskussion über die Große Anfrage der FDP bewenden lassen.
Es ist zweifellos möglich, daß ein erheblicher Teil des damaligen Remontagebedarfs inzwischen von der Wirtschaft selbst getragen wurde. Aber darüber dürfen wir nicht die Betriebe vergessen und vernachlässigen, die einen Wiederaufbau aus eigener Kraft noch nicht haben finanzieren können und die - bisher jedenfalls - vergeblich auf die Hilfe des Bundes gewartet haben.
Bei einer erneuten Überprüfung im Wirtschaftsausschuß werden wir auch dafür zu sorgen haben, daß insbesondere die mittleren Betriebe bevorzugt und die Kredite langfristig und zinsverbilligt gegeben werden.
Das, meine Damen und Herren, sind kurz zusammengefaßt die Argumente, die wir heute zur Remontage vorzutragen haben. Wir haben, um eine nochmalige Behandlung im Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu ermöglichen, einen Antrag in Umdruck 124*) vorgelegt. Wir bitten darin, daß dem Bundestag baldmöglichst ein Plan zur Deckung des noch vorhandenen echten Remontage-Kreditbedarfs vorgelegt wird.
Ich bitte Sie darum, unserem Antrag zuzustimmen und den Antrag dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu überweisen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Sabaß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen der Herren Vorredner ist es notwendig, dem Hohen Hause einige Ergänzungen mitzuteilen, die für die Behandlung des Problems im Wirtschaftspolitischen Ausschuß, an den die Anfrage zu überweisen die SPD eben vorgeschlagen hat, zu beachten sind.
1. Der Schaden der deutschen Wirtschaft durch Demontagen beträgt nach dem Stichtag der Entnahme der Maschinen und Werke 5,4 Milliarden DM und erhöht sich durch die Verluste, die im deutschen Schiffbau durch Demontagen entstanden sind, um weitere 600 Millionen DM auf rund 6 Milliarden DM.
*) Siehe Anlage 1.
2. Es ist hier von den Herren Vorrednern verschiedentlich darauf hingewiesen worden, daß der Wirtschaftspolitische Ausschuß des 1. Bundestages sich am 2. Juli 1952 sehr eingehend mit dem Problem beschäftigt hat. Herr Kollege Dr. Bleiß hat in einem anderen Zusammenhang erklärt, er sei von den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium nicht ganz befriedigt und habe die Empfindung, daß die Frage der Remontage-Kredite dem Bundeswirtschaftsministerium etwas lästig sei. Ich darf daher auf den Gang der Verhandlungen vom 2. Juli 1952 verweisen und gerade Sie, Herr Kollege Dr. Bleiß, daran erinnern, daß der verstorbene Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen, Herr Professor Nölting, sich ganz ausgezeichnet, mit viel Liebe und Energie für die demontagegeschädigten Betriebe eingesetzt und in seinem Lande, das am meisten von der Demontage nach dem Kriege geschädigt wurde, unserer Meinung nach alles getan hat, was nur menschenmöglich war.
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3. Dann hat Herr Kollege Scheel in seinen Ausführungen die Betätigung der öffentlichen Hand anklingen lassen und den Fall Hibernia/EmscherLippe erwähnt. Wir möchten dazu nicht Stellung nehmen, da sich im Augenblick der Haushaltsausschuß des Hohen Hauses noch mit dem Problem beschäftigt und beschäftigen wird.
4. Es ist aber in den Ausführungen auch des Herrn Staatssekretärs für die Zukunft nicht ganz eindeutig zum Ausdruck gekommen, welche Erfolge die verschiedenen vorgesehenen Maßnahmen für die demontagegeschädigte Wirtschaft haben werden und haben können. Hierzu haben wir eine Bitte. Wir verhandeln im Augenblick mit dem Bundesfinanzministerium, an das sich ja ein großer Teil dieser Anfrage praktisch richtet, über das Kriegsfolgenschlußgesetz und möchten daher das Bundesfinanzministerium bitten, daß in diesen Verhandlungen schon in der Regierung dem Problem der demontagegeschädigten Betriebe besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird und daß auch das Bundeswirtschaftsministerium sich dafür einsetzen möge, daß die demontagegeschädigten Betriebe eine besondere Berücksichtigung im Gesetz selbst oder bei einer späteren Regelung finden.
5. Herr Kollege Dr. Bleiß hat sich über die finanziellen Wünsche der demontagegeschädigten Betriebe hinsichtlich ihrer schnellen Inbetriebnahme geäußert. Hier dürfen wir doch feststellen, daß in erster Linie der Bundesfinanzminister zuständig ist. Wir hätten es begrüßt, wenn auch er zu dieser Frage eingehend Stellung genommen hätte.
6. Zum Schluß darf ich hier im Namen meiner Fraktion mitteilen, daß wir dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Überweisung der Anfrage an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß zur nochmaligen Behandlung des ganzen Problems zustimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Samwer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Remontage hat nicht nur eine wirtschafts-, sondern auch eine sozialpolitische Bedeutung. Gerade deshalb halten wir es für dringend notwendig, daß dieses Problem
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nicht nur vom Bundeswirtschaftsministerium, sondern auch von seiten des Bundesfinanzministeriums sehr ernst behandelt wird. Ich habe, woran ich erinnern darf, gelegentlich der Beratung des Wirtschaftshaushalts dieses Jahres nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die im außerordentlichen Etat 1953 eingesetzten 100 Millionen nicht mit einem Pfennig bedient worden sind. Das ist sehr bedauerlich. Wenn wir uns die Darstellung des Bundesministers der Finanzen Drucksache 567 - Ausgaben aus Anleihemitteln im außerordentlichen Haushalt 1953 - ansehen, dann haben wir doch den Eindruck, daß hier Posten aufgeführt worden sind, die zweifellos nicht so wichtig waren wie die Beschaffung von .Remontagekrediten. Ich habe schon damals die Notwendigkeit betont, die Frage zu überprüfen, wie der Bundestag grundsätzlich stärkeren Einfluß auf die Bedienung des außerordentlichen Etats erhalten kann. Wenn das Hohe Haus es für notwendig hält, 100 Millionen in einem Jahr für eine ganz bestimmte wichtige Sache auszugeben, dann sollte es nach meiner Ansicht ausgeschlossen sein, daß dieser Etatposten nicht mit einem einzigen Pfennig bedacht wird. Hier gilt es zu klären, wieweit sich das Hohe Haus gegenüber dem Herrn Bundesfinanzminister durchsetzen kann.
Der Herr Staatssekretär Dr. Westrick hat nachdrücklich betont, daß es ein ernstes Anliegen der Bundesregierung sei, die Remontagefrage zu lösen. Damit ist der Punkt 2 der Anfrage der Freien Demokraten beantwortet. Auf die Beantwortung des Punktes 1 warte ich allerdings noch. Ich habe bedauert, daß bisher kein Vertreter des Bundesfinanzministeriums da ist, denn hier ist der Bundeswirtschaftsminister wahrscheinlich überfragt.
Wenn ich Herrn Staatssekretär Dr. Westrick recht verstanden habe, so sehen die verschiedenen Maßnahmen, die sich das Bundeswirtschaftsministerium für 1954 für die Remontage erdacht hat, wohl einen Betrag von 160 bis 200 Millionen vor. Daneben soll ja auch noch die sonstige förderungswürdige Wirtschaft bedacht werden. Außerdem kommt noch die globale Bürgschaftsaufstockung mit etwa 300 Millionen in Betracht. Das letztere ist recht illusorisch; denn die demontagegeschädigte Industrie muß ja erst wieder eine Grundlage in ihrem Aufbau hinter sich gebracht haben, ehe sie überhaupt bankkreditwürdig im normalen Sinne wird. Hier läßt sich nur etwas erreichen, wenn bereits Erweiterungskredite notwendig sind. Heute befinden sich leider noch etwas mehr als 50 % der demontagegeschädigten Industrie in einem so schlechten Zustand, daß wir erst einmal die Grundlage neu schaffen müssen. Ich bitte deshalb den Herrn Bundeswirtschaftsminister und seinen Staatssekretär, die das Problem richtig sehen, im Jahre 1954 alles zu tun, um den Aufbau der demontagegeschädigten Industrie so stark wie möglich zu fördern; denn hinter dieser Industrie stehen viele Tausende von Familien, die wieder in sichere Arbeit kommen und damit ihr Brot verdienen können, wenn wir unsere nationale Pflicht tun.
({1})
Das Wort hat nochmals der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zum Wort gemeldet, um einen falschen Zungenschlag zu berichtigen, der anscheinend dem Herrn Kollegen
Sabaß unterlaufen ist. Herr Kollege Sabaß, Sie haben meinen verstorbenen Parteifreund Erik Nölting erwähnt. Wir müssen, glaube ich, alle dankbar anerkennen, daß Herr Professor Nölting zuerst und in vorderster Linie den Kampf gegen die Demontage geführt hat. Wir wissen auch, daß gerade Herr Professor Nölting sich später in hartnäckiger Weise für eine umfangreiche Remontagekreditfinanzierung eingesetzt hat. Aber ich glaube, Sie haben zu erwähnen vergessen - und das war ja gerade der Gegenstand meiner Ausführungen-, daß die Bemühungen des verstorbenen Professors Nölting auf den Widerstand der Bundesregierung im allgemeinen und des Bundesfinanzministers im besonderen gestoßen sind. Denn in Zusammenarbeit mit Herrn Professor Nölting ist doch damals das Remontageprogramm aufgestellt worden, und der Bundesfinanzminister hat es unterlassen, die dafür erforderlichen Mittel bereitzustellen. Das hätten Sie erwähnen müssen.
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Als Vertreter der Bundesregierung hat das Wort Herr Staatssekretär Dr. Westrick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich noch ein paar Worte zu dem sage, was insbesondere von Herrn Abgeordneten Dr. Bleiß hier dargestellt worden ist. Aus seinen Worten klingt die trennende Sorge um die Behebung aller der Schäden, die durch die Demontage eingetreten sind. Ich bitte Sie sicher zu sein, daß uns in gleichem Maße diese Sorge bedrückt.
Ich glaube nun um Ihre Nachsicht bitten zu müssen, wenn vielleich meine Ausführungen nicht jene Klarheit gehabt haben, die ich ihnen gerne gegeben hätte. Ich habe den Eindruck, daß Herr Abgeordneter BleIß das eine oder andere mißverstanden hat. Gerade die Zahlen sind es, die uns hier in erster Linie interessieren. Das gleiche Maß an gutem Willen in dieser Sache billigen wir uns ja ohnehin alle gegenseitig zu. Herr Dr. Bleiß meinte, daß wir für das Jahr 1954 den Betrag von etwa 120 Millionen DM, also etwa 10 % jenes Kreditbedarfs von 1,2 Milliarden DM, der seinerzeit ermittelt war, in Aussicht gestellt hätten. Es hat ganz gewiß an dem Mangel an Deutlichkeit meiner Ausführungen gelegen, wenn diese Interpretation möglich war. Es ist aber doch eben ein Irrtum, und ich darf ihn deswegen richtigstellen.
Wir werden im Jahre 1954 - ich hoffe, daß es nicht zu optimistisch ist, und ich bemühe mich immer, ein sehr realistisch denkender Mann zu sein - aus dem „Investitionsprogramm zur Wirtschaftsförderung", das insgesamt 660 Millionen DM ausmachen wird, etwa 20 bis 25 Prozent zur Verfügung stellen. Das sind 130 bis 154 Millionen.
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- Haben Sie noch eine Sekunde Geduld. - Dann habe ich Ihnen vorgetragen, daß wir ein Abkommen haben mit einer Gruppe von Finanzierungsinstituten; ihre Zusage lautet über 125 Millionen DM.
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- Ja, nur für Demontagegeschädigte. - Wir werden an das Hohe Haus herantreten - das
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habe ich in dem Zusammenhang erwähnt -, um die Aufstockung des Bürgschaftsrahmens zu bekommen. Diese Finanzierungsinstitutsgruppe erbittet nämlich hierfür eine 50%ige Bürgschaft. Ich habe eben dargetan, daß wir es für zweckmäßig, ja für notwendig halten, die Bürgschaft in dem Maße zu erweitern.
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- Das sind aber Mittel, die der demontagegeschädigten Industrie zugeführt werden. Ich komme auch darauf zurück, Herr Abgeordneter. - Das sind also weitere 125 Millionen.
Darüber hinaus haben wir mit der Versicherungswirtschaft ein Abkommen, wonach der demontagegeschädigten Industrie nach meiner Meinung - pessimistisch gerechnet - 30 Millionen zur Verfügung gestellt werden. Wenn ich die drei Positionen addiere, dann komme ich auf eine Zahl zwischen 286 und 306 Millionen. Ich darf es vielleicht der Einfachheit halber auf 300 Millionen abrunden.
Nun ruft eben Herr Abgeordneter Dr. Bleiß dazwischen, das seien aber keine Mittel, die vom Bunde zur Verfügung gestellt werden. Das ist richtig, wenn damit Haushaltsmittel gemeint sind. Die Knappheit unserer Haushaltslage brauche ich Ihnen nicht zu verdeutschen, die kennen Sie ganz gewiß besser als ich. Aber den Zwischenruf möchte ich doch zum Anlaß nehmen, um ein paar Jahre zurückzugreifen.
Der Kreditbedarf der demontagegeschädigten Industrie ist uns von der Notgemeinschaft mit 1,2 Milliarden angegeben. Wir haben ihn sogar auf 1,7 Milliarden geschätzt, - den Kreditbedarf selbstverständlich, nicht den Schaden selbst. Von diesen 1,7 Milliarden sind bis zum 31. Dezember 1953 gedeckt 1 Milliarde 170 Millionen.
({4})
Dann verbleibt ein Restkreditbedarf von 530 Millionen. Wenn Sie sich die zahlen einmal vormerken wollen: 530 Millionen verbleibender Kreditbedarf und die Möglichkeiten, die mir doch realistisch zu sein scheinen - ich gebe zu, kleine Abweichungen nach oben oder unten sind möglich, aber sie sind doch im allgemeinen nicht etwa als übertrieben optimistisch zu bezeichnen -, die wir für das Jahr 1954 Ihnen aufgezeigt haben. Sie belaufen sich auf etwa 300 Millionen, so daß dann von einem Gesamtkreditbedarf von 1,7 Milliarden rund 200 Millionen nicht gedeckt übrigbleiben.
Meine Damen und Herren, daß die große demontagegeschädigte Wirtschaft den Wunsch und auch die Möglichkeit hat, noch größere Kreditbeträge zu verkraften, ist selbstverständlich. Von 1,7 Milliarden einschließlich der Möglichkeiten des Jahres 1954 werden also rund 1,5 Milliarden gedeckt sein. Da darf man doch wohl der Bundesregierung attestieren, daß bei der Vielfalt der drängenden und großen Aufgaben, die sie in diesen Nachkriegsjahren zu leisten hatte, die demontagegeschädigte Wirtschaft nicht etwa eine stiefmütterliche Behandlung erfahren hat.
Ich frage das Hohe Haus, ob noch das Wort gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache über die Große Anfrage. Es liegt Ihnen vor der Umdruck 124, Antrag der Fraktion der SPD. Der Antrag wurde bereits begründet. Die Antragsteller haben beantragt, diesen Antrag dem Ausschuß für
Wirtschaftspolitik zu überweisen. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({2}) ({3}).
({4})
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Hoogen.
Hoogen ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts ist federführend dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und mitberatend dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen worden. Beide Ausschüsse sind bei ihren Beratungen zu überwiegend gleichen Ergebnissen gelangt. Nur in einigen Punkten haben sich geringfügige Meinungsverschiedenheiten ergeben, auf die ich im Laufe meiner Berichterstattung bei den entsprechenden Paragraphen hinweisen werde.
Der Rechtsausschuß hat sich in erster Linie mit der Frage befaßt, ob angesichts der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt noch ein Bedürfnis für die Beibehaltung eines selbständigen Wirtschaftsstrafrechts bestehe. Er hat aber die Frage aus folgenden Erwägungen bejaht. Auf zahlreichen Sondergebieten des Wirtschaftsrechts im Bereich der landwirtschaftlichen Marktordnung und der Preisregelung bestehen noch materielle Rechtsvorschriften, die nach dem Willen der gesetzgebenden Körperschaften über den 30. Juni 1954, den Tag des Auslaufens des geltenden Wirtschaftsstrafgesetzes, hinaus fortgelten sollen. Diesen Vorschriften wurde nach bisherigem Recht strafrechtlicher Schutz durch das Wirtschaftsstrafgesetz gewährt. Um zu vermeiden, daß sie mit dem Wegfall des Gesetzes ihre Durchführbarkeit und damit auch ihre Wirksamkeit in der Praxis verlieren würden, erscheint es unerläßlich, einen brauchbaren Ersatz zu schaffen. Insoweit bestand im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht Einmütigkeit.
Von mancher Seite ist nun vorgeschlagen worden, die gebotene strafrechtliche Lösung nicht in der Weise zu suchen, daß ein neues selbständiges Wirtschaftsstrafgesetz erlassen wird, sondern dergestalt, daß man in alle in Betracht kommenden einzelnen Gesetze und Rechtsverordnungen die erforderlichen Straf- und Bußgeldvorschriften als selbständige, von einem Wirtschaftsstrafgesetz unabhängige Rechtsnormen einfügt. Die Vertreter der Bundesregierung haben jedoch gegenüber diesem Vorschlag überzeugend nachgewiesen, daß die damit notwendig werdenden Gesetzesänderungen außerordentlich umfangreich und schwerfällig sein müßten und daß vor allem auch die einheitliche Grundlage für das gesamte Wirtschaftsstrafrecht verlorenginge. Nach der Meinung der überwiegenden Mehrzahl der Mitglieder des Ausschusses war es ein beachtlicher Fortschritt, daß es im alten Wirtschaftsstrafgesetz gelungen war, für alle einschlägigen Zuwiderhandlungen einheitliche materielle Grundsätze und insbesondere ein einheitliches Verfahren zu entwickeln. Daran sollte auch noch so
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lange festgehalten werden, als es einen nennenswerten Bestand an Vorschriften gibt, die der freien
wirtschaftlichen Betätigung Schranken auferlegen.
Hinzu kommt ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt. Die Schaffung selbständiger Straf- und Bußgeldvorschriften würde nicht nur eine gesetzestechnische Aufgabe sein, sondern zugleich auch eine sachliche Stellungnahme des Gesetzgebers zur gesamten Materie des geltenden Wirtschaftsrechts erfordern. Denn wenn in allen diesen Gesetzen und Verordnungen die Strafdrohungen geändert und ergänzt werden, so liegt der Gedanke nahe, daß damit zugleich eine Zustimmung zum sachlichen Inhalt der strafrechtlich nunmehr in anderer Weise geschützten Regelungen zum Ausdruck gebracht werde. Eine solche Generalbereinigung des Wirtschaftsrechts aus Anlaß des Auslaufens des Wirtschaftsstrafgesetzes würde jedoch im gegenwärtigen Zeitpunkt Bundestag und Bundesrat überfordern. Wird dagegen die strafrechtliche Regelung entsprechend der bisherigen Übung global in einem besonderen Gesetz getroffen, so besteht kein Anlaß zu der Annahme, der Gesetzgeber habe dadurch sämtliche wirtschaftsrechtlichen Vorschriften, die von dem Strafgesetz erfaßt werden, ausdrücklich bestätigen wollen. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß legte vielmehr Wert auf die ausdrückliche Feststellung, daß dies nicht der Fall sei. Er hat sich die Aufgabe gestellt, die noch in Geltung befindlichen wirtschaftspolitischen Bestimmungen im Laufe der nächsten Monate zu überprüfen und dem Hohen Hause alsdann Vorschläge zum weiteren Abbau der mit der marktwirtschaftlichen Konzeption unvereinbaren und infolge der Entwicklung entbehrlich gewordenen Maßnahmen zur Beschränkung einer freien wirtschaftlichen Betätigung zu unterbreiten.
Dem soeben erörterten strafrechtlichen Schutz von Vorschriften außerhalb des Wirtschaftsstrafgesetzes dienen die §§ 1 und 2 des Entwurfs. Deshalb hat der Ausschuß sie unverändert angenommen.
Der Bundesrat hat empfohlen, an Stelle des § 1 die Regelung des bisherigen Wirtschaftsstrafgesetzes beizubehalten und die Zuwiderhandlungen im Bereich des Wirtschaftsrechts nicht durch genaue Bezeichnung aller in Betracht kommenden Einzelvorschriften zu umschreiben, sondern es mit einer allgemeinen Blankettnorm bewenden zu lassen.
Der Ausschuß hat dem Vorschlag der Bundesregierung den Vorzug gegeben, weil dadurch die Übersichtlichkeit des Wirtschaftsstrafrechts wesentlich gefördert wird. Die Verwaltungsbehörden und Gerichte können aus der Zusammenstellung des § 1 ohne weiteres den Bestand der wirtschaftsrechtlichen Bestimmungen entnehmen, deren Verletzung nach den Regeln des Entwurfs geahndet werden soll. Der Katalog ist für die Sachgebiete der landwirtschaftlichen Marktordnung und der in der gewerblichen Wirtschaft noch bestehenden, aber weitgehend im Abbau begriffenen Lenkungsmaßnahmen erschöpfend. Wenn er in den weiteren gesetzgeberischen Arbeiten stets auf dem laufenden gehalten wird, dürfte die vorgenommene technische Neugestaltung, wie die Bundesregierung in der Begründung zu dem Entwurf mit Recht ausführt, eine fühlbare Erleichterung für die Handhabung des Wirtschaftsstrafrechts in der Praxis mit sich bringen. Gerade das hervorzuheben, war dem Ausschuß ein besonderes Anliegen.
Leider war es nicht möglich, auch im Bereich der Preisregelung, für die § 2 den strafrechtlichen Tatbestand enthält, die Methode der erschöpfenden Aufzählung aller Zuwiderhandlungen durchzuführen. Obwohl der Bestand an preisrechtlichen Vorschriften in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist, sind doch immer noch zahlreiche Gesetze und Rechtsverordnungen ganz verschiedenen Ursprungs in Kraft, die sich einer Zusammenfassung nach einheitlichen Gesichtspunkten weitgehend entziehen. Es bleibt jedoch zu hoffen, daß es im Laufe der weiteren Entwicklung gelingen wird, auch in diesem Bereich zu einem abschließenden Katalog zu kommen und damit den Umfang des gesamten strafrechtlich geschützten Wirtschaftsrechtes zu bezeichnen.
Der Wirtschaftspolitische Ausschuß hat vorgeschlagen, in § 2 des Entwurfs nur vorsätzliche Verstöße gegen Vorschriften über die Preisregelung mit Strafe oder Geldbuße zu bedrohen. Gegen die Verwirklichung dieses Vorschlags trägt der Rechtsausschuß vor allem deswegen Bedenken, weil dann die überwiegende Zahl aller Preisvorschriften für die Praxis gegenstandslos würde. Denn es wird nur außerordentlich selten gelingen, einem Preissünder vorsätzliches Verhalten nachzuweisen. Es sei nur daran erinnert, daß der Schutz des Mieters gegen unberechtigte Ausnutzung der Wohnungsnot und der Schutz der öffentlichen Haushalte gegen Überforderung bei Vergebung von Aufträgen eine entscheidende Schwächung erfahren würden, wenn das Hohe Haus dem Vorschlag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses entsprechen sollte.
Über den Rahmen der §§ 1 und 2 hinaus hat der Ausschuß eine Aufrechterhaltung selbständiger Tatbestände des Wirtschaftsstrafrechts nicht für erforderlich gehalten. Das gilt insbesondere von § 3 des Entwurfs. Die Bundesregierung hatte sich bereits in ihrem Entwurf erhebliche Zurückhaltung auferlegt und die Beseitigung zahlreicher mit der wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr vereinbarer Straf- und Bußgeldvorschriften empfohlen. Sie hat lediglich in § 3 des Entwurfs einen Tatbestand der Preisüberhöhung aufrechterhalten, der an die bisherige Vorschrift über Preistreiberei anknüpft, aber schon eine beachtliche Anpassung an die Erfordernisse einer folgerichtigen marktwirtschaftlichen Konzeption enthält. Der Ausschuß war jedoch überwiegend der Meinung, daß auch die Neufassung den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht wird. Es wurde zwar einmütig anerkannt, daß auch in einer sozialen Marktwirtschaft unangemessene Preisüberforderungen vorkommen können, die sowohl vom Standpunkt der Wirtschaftsführung wie auch im Interesse der Betroffenen mißbilligenswert und mit geeigneten wirtschaftspolitischen Maßnahmen, nicht strafrechtlichen Maßnahmen, zu bekämpfen sind. Ein schwer ab-grenzbarer und deshalb unbestimmter Straftatbestand wurde jedoch nicht als brauchbares Mittel angesehen, um in einer im wesentlichen funktionierenden marktwirtschaftlichen Ordnung d as Preisgefüge zu sichern. Abgesehen davon, daß das Vorhandensein einer solchen Strafandrohung die Bildung eines marktangemessenen Preises bisweilen verhindert, hat die Praxis der Gerichte und Verwaltungsbehörden in den letzten Jahren überzeugend bewiesen, daß eine einigermaßen gleichmäßige und der Wirtschaftslage entsprechende Anwendung der Preistreibereivorschrift nicht erreichbar ist. Es hängt im Einzelfall weitgehend
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von den subjektiven Vorstellungen oder sogar von der wirtschaftspolitischen Überzeugung des Verwaltungsbeamten oder Richters ab, ob er einen Preis als angemessen bezeichnet oder nicht. Das ist auf dem Gebiet der Strafjustiz ein unhaltbarer Zustand.
Hinzu kommt. daß die von der Bundesregierung vorgeschlagene Einschränkung der Vorschrift auf Gegenstände und Leistungen, für die ein wirksamer und freier Leistungswettbewerb nicht besteht, diese rechtsstaatlichen Bedenken noch erhöht, anstatt sie zu verringern. Wenn der Einschränkung auch ein sachlich zutreffendes Anliegen zugrunde liegt, muß doch beachtet werden, daß es außerordentlich schwierig ist, das Vorhandensein oder Fehlen eines freien und wirksamen Leistungswettbewerbs in einem gerichtlichen Verfahren festzustellen. Der Bundesrat hat mit Recht darauf hingewiesen, daß dazu eine eingehende Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse in den verschiedenen Berufen und Gewerbezweigen erforderlich wäre. Ich darf hinzufügen, daß diese Kenntnis bei Verwaltungsbehörden und insbesondere Gerichten weitgehend nicht vorhanden ist.
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Den Verwaltungsbehörden und Gerichten eine solche Beurteilung zuzumuten, würde in der Regel eine Überforderung bedeuten.
Zu berücksichtigen ist schließlich noch, daß eine so außerordentlich dehnbare und unklare Strafbestimmung die Gefahr ungerechtfertigter oder kleinlicher Beanstandungen heraufbeschwört, die erfahrungsgemäß viel Unruhe in das Wirtschaftsleben hineintragen.
Angesichts dieser schwerwiegenden Bedenken gegen eine allgemeine Preistreibereivorschrift hat sich der Ausschuß entschlossen, ganz auf sie zu verzichten. Er glaubt, dies vor allem deshalb verantworten zu können, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in den letzten Jahren so entscheidend gebessert haben, daß das mit der Strafvorschrift angestrebte Ziel im wesentlichen auch durch positive, marktkonforme Maßnahmen erreicht werden kann. Soweit die Vorschrift der Wirtschaftsverwaltung als Mittel zur Bekämpfung wettbewerbsfeindlicher Preisabreden dienen soll, ist das Wirtschaftsstrafgesetz nicht der rechte Ort, um einen solchen dem Kartellrecht angehörenden Sachverhalt zu regeln. Es wird Aufgabe des Bundestags sein, sich im Rahmen eines Kartellgesetzes mit der Frage der richtigen Behandlung von Preisvereinbarungen auseinanderzusetzen.
Schließlich hat der Ausschuß auch berücksichtigt, daß die Möglichkeit, vorübergehend im beschränkten Rahmen feste Preisbindungen einzuführen, einen brauchbaren Ausweg bietet, um unberechtigten Preisüberhöhungen wirksam entgegenzutreten. - So viel zur Frage des Verzichts auf § 3 des Entwurfs, überschrieben „Preisüberhöhung".
Über den von der Bundesregierung vorgesehenen Rahmen hinaus hat der Bundesrat die Beibehaltung weiterer strafrechtlicher Tatbestände des alten Wirtschaftsstrafgesetzes empfohlen. Der Ausschuß hat sich diesen Vorschlägen des Bundesrates nicht anschließen können.
Schließlich hat sich der Ausschuß noch mit der Frage befaßt, ob das neue Wirtschaftsstrafgesetz, das an die Stelle des am 30. Juni 1954 auslaufenden treten soll, befristet oder unbefristet sein soll. Die Vorschrift des § 24 des Entwurfs über das
Inkrafttreten hat der Ausschuß aber in zweifacher Hinsicht geändert. Da es nicht mehr möglich sein wird, die Verkündung des Gesetzes vor Auslaufen des alten Wirtschaftsstrafgesetzes zu erreichen, mußte für das Inkrafttreten der Tag nach der Verkündung vorgeschlagen werden. Die unveränderte Annahme des Regierungsentwurfs würde eine Rückwirkung des Gesetzes vorschreiben, die bei Strafbestimmungen aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig ist.
Außerdem hat der Ausschuß als Termin für das Auslaufen des Gesetzes den 31. Dezember 1955 bestimmt, um rechtzeitig überprüfen zu können, ob für die weitere Beibehaltung eines selbständigen Wirtschaftsstrafgesetzes noch ein Bedürfnis besteht. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß hat vorgeschlagen, den Termin für das Außerkrafttreten bereits auf den 31. Dezember 1954 festzusetzen, um damit die Überprüfung des gesamten Wirtschaftsrechtes schon in den nächsten Monaten zu veranlassen. Der Rechtsausschuß ist jedoch der Meinung, daß die Bundesregierung und die gesetzgebenden Körperschaften durch eine so kurze Frist vor unüberwindliche Schwierigkeiten gestellt werden würden, weil es kaum möglich sein dürfte, das weit verzweigte und wenig übersichtliche Rechtsgebiet vollständig durchzuarbeiten und gesetzgeberisch neu zu regeln.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht schlägt Ihnen deshalb vor, dem Entwurf in der aus der Ausschußvorlage ersichtlichen Fassung zuzustimmen.
({9})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Im Hinblick auf einige Wortmeldungen möchte ich darauf hinweisen, daß nach der Geschäftsordnung eine allgemeine Aussprache erst in dritter Lesung möglich ist und nunmehr die Einzelberatung der zweiten Beratung erfolgt.
Ich rufe auf die §§ 1 und 2. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die den §§ 1 und 2 zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit.
§ 3 entfällt nach der Vorlage des Ausschusses. Jedoch liegt hier der Umdruck 123*) der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei mit dem Antrag auf Einfügung eines neuen § 3 vor.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Lange.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters, des Herrn Kollegen Hoogen, gehört, daß die Fortführung des Wirtschaftsstrafgesetzes erforderlich ist, daß also weiterhin ein Wirtschaftsstrafrecht aus einer Reihe von Gründen gebraucht wird. In den Beratungen der Ausschüsse - wenigstens soweit ich das für den Wirtschaftspolitischen Ausschuß sagen kann, und das klang ja auch in den Ausführungen des Herrn Kollegen Hoogen durch -konnte man doch feststellen, daß ein Bedürfnis besteht, hinsichtlich der Vorschriften, die der § 3 enthält, im Zusammenhang mit dem Kartellgesetz oder dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ergänzende Bestimmungen zu treffen. Ich darf in
*) Siehe Anlage 2.
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diesem Zusammenhang sagen, daß das Gesetz, das uns hier vorliegt und für das wir die Wiederherstellung des § 3 in geänderter Form vorschlagen, doch ein Ergänzungsstück zu einem irgendwie zu denkenden Gesetz ist, nennen wir das dem Bundestag noch nicht vorliegende, aber vom Bundesrat verabschiedete Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Ich darf mich in diesem Zusammenhang sogar auf die Begründung beziehen, die die Regierung zu § 3 gegeben hat. Herr Hoogen hat außerdem auch gesagt, daß in der sozialen Marktwirtschaft unangemessene Preisforderungen durchaus vorkommen können. Die Regierung hat in ihrer Begründung festgestellt, daß die Prüfung, ob eine solche Vorschrift, wie sie in § 3 enthalten sein sollte, heute notwendig sei, ergeben habe, daß sie erforderlich sei, und zwar einfach deshalb, weil, wenn auf einzelnen Gebieten irgendwelche Engpässe vorübergehender Art auftreten würden, dort von uneinsichtigen Elementen volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Preise gefordert werden könnten. So die Begründung der Regierung.
Der § 3 stellt nach Ansicht der Regierung einen ganz bestimmten Schutz zur Reinhaltung des Prinzips der sozialen Marktwirtschaft und der darin vorhandenen Marktform des Wettbewerbs dar. Sie sagt dann selbst weiter:
Ein solches
- eben gekennzeichnetes Verhalten widerspricht den Grundsätzen einer freien und sozialen Marktwirtschaft und kann nicht geduldet werden.
Ich glaube, uns allen liegt daran, die Unebenheiten, die möglicherweise auftreten können, zu beseitigen bzw. ihnen zu begegnen.
Nun war man sich im Ausschuß - und das war auch in unserer Fraktion der Fall - darüber klar gewesen, daß der alte § 19, der den Tatbestand der Preistreiberei und das Eingreifen der Behörden enthielt, zu einer Reihe von Unzuträglichkeiten geführt hat. Wir haben auch im Ausschuß unsere Bereitwilligkeit erklärt - und das ist auch unsere uneingeschränkte Auffassung -, diese Unzuträglichkeiten nicht weiter in einem neuen Gesetz zu verankern. Wir haben uns im Ausschuß soweit verständigt, daß ein Eingreifen der Behörden nur dann erfolgen solle, wenn ein öffentliches Interesse ein solches Eingreifen im Falle eines Verstoßes rechtfertigt. Damit wäre der Willkür, die von den Behörden zum Teil an den Tag gelegt und über die immer wieder geklagt worden ist, eine Schranke gesetzt. Man hätte damit die Möglichkeit, diese Unzuträglichkeiten auszuräumen.
Als weiteres Bedenken tauchte immer wieder auf, daß im Falle der Preisprüfung der einzelne, gerade zur Debatte stehende Preis genannt würde. Wir sind der Meinung, daß man getrost auf die gesamte Preisgestaltung des Unternehmens Rücksicht nehmen kann. Das haben wir in unserem Vorschlag auch verankert.
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- Das wird ja die Prüfung ergeben können.
Meine Damen und Herren, wir haben darüber hinaus den Versuch gemacht - das ist auch schon im Ausschuß gesagt worden -, das Odium der Kriminalität damit von der Wirtschaft zu nehmen, daß die Verstöße nicht als Straftaten, sondern praktisch nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden sollen.
Es ist vielleicht ganz interessant, zu sehen, inwieweit man in der Vergangenheit zu praktischen Erfolgen gelangt ist. Ich habe vor mir eine Zusammenstellung der Ergebnisse preisrechtlicher Überprüfungen von Lieferungen an die Besatzungsmächte, die sich auf das Land Hessen beschränken. Da werden öffentliche Gelder verbraucht. Deshalb sollte man sich immerhin überlegen, daß man unangemessene Preise nicht dulden kann. Mit dem gegenwärtig geltenden Wucherparagraphen werden diese Dinge nicht erfaßt, denn er bezieht sich auf andere Tatbestände, auf die Tatbestände von weit überhöhten Preisen. Auch mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb kann hier nicht geholfen werden, weil dieses Tatbestände von Preisunterbietungen, also mit der Tendenz nach unten, zu treffen versucht.
Was hier an Preisüberhöhungen möglich ist, ist auch mit dem Schreiben des Wirtschaftsministers des Landes Baden-Württemberg sehr deutlich gemacht worden. Ich will mich aber nicht weiter darauf beziehen, sondern in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen.
Nunmehr komme ich darauf zurück, was mit den Preisüberprüfungen bei Lieferungen auf Grund von Besatzungsaufträgen erreicht worden ist. Ich gehe dabei in den Jahreszahlen rückwärts. Im ersten Quartal 1954 haben die Einsparungen bei Rechnungsbeträgen von rund 97 Millionen DM zirka 314 000 DM, im ganzen Jahre 1953 bei Rechnungsbeträgen von 392 Millionen DM zirka 5 300 000 DM, im zweiten Halbjahr 1952 bei Rechnungsbeträgen von rund 68 2/3 Millionen DM zirka 1 150 000 DM betragen. Nun muß man sich überlegen, daß Hessen nur etwa ein Zehntel der Bundesrepublik ausmacht. Wenn die aufgezeigte Linie eine allgemeine Gültigkeit hätte, käme man zu ganz erklecklichen Beträgen, an deren Einsparung, wie ich meine, uns einiges liegen sollte.
Wir Sozialdemokraten sind aus den genannten Gründen der Auffassung, daß, um dem Prinzip, das hier vertreten werden soll, auch mit diesem Gesetz zu einer weiteren Gültigkeit zu verhelfen, der § 3 in dieser abgewandelten Form sehr wohl Bestandteil des Gesetzes werden soll. Solange nämlich an anderen Orten, wie es Herr Kollege Hogen vorgeschlagen hat, im Kartellgesetz oder im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, solche Bestimmungen nicht enthalten sind - darüber war man sich ja im klaren, daß man dort solche Bestimmungen haben sollte -, müßte man in dem vorliegenden Gesetz diese Bestimmung aufnehmen. Man könnte sie ja, wenn entsprechende Regelungen nicht in den genannten Gesetzen Platz greifen, wieder aufheben.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Wenn die sozialdemokratische Fraktion den §§ 1 und 2 zugestimmt hat, dann hat sie - ich gestatte mir diese Bemerkung mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - in diesem Zusammenhang damit nicht ihre Zustimmung zu allen dort zitierten Gesetzen ausdrücklich festgelegt. Ich muß diese Bemerkung machen, um aus der Zustimmung zu den katalogähnlichen §§ 1 und 2 keine falschen Schlußfolgerungen aufkommen zu lassen.
Ich bitte also, dem im Wirtschaftspolitischen Ausschuß und nach der Berichterstattung des Kollegen Hoogen auch im Rechtsausschuß zum
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Ausdruck gekommenen, allseitig anerkannten Bedürfnis für die Zeit, in der das Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen noch nicht vorhanden ist und in der im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb entsprechende Bestimmungen nicht vorhanden sind, Rechnung zu tragen und diesem § 3, so wie wir ihn vorschlagen - mit der Abwandlung, von der wir glauben, daß sie den Einwänden, die auch wir für berechtigt halten, weitgehend Rechnung trägt -, Ihre Zustimmung zu geben.
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Wird zu § 3 noch das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Scheel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 3 ist in diesem Gesetz das, was ein solches Gesetz immer magisch an sich zu ziehen versucht, nämlich eine Generalklausel. Wir sollten alles versuchen, diese Generalklausel herauszubekommen. Der Ausschuß hat es ja auch mit der Mehrheit vorgeschlagen.
Herr Lange hat soeben geglaubt erklären zu müssen, warum für den § 3 ein Ersatz geschaffen werden sollte, und die SPD-Fraktion hat auch einen ähnlich gearteten Antrag gestellt. Wenn wir das tun, dann mißachten wir damit die Wirtschaftsordnung, der gerade der linke Teil des Hauses heute mit viel mehr Wärme gegenübersteht als früher, nämlich die Ordnung der Marktwirtschaft. In der Marktwirtschaft hat nun einmal der Preis eine sehr wichtige Funktion. Der Preis bildet sich am Markte durch Angebot und Nachfrage. Das sollten wir auf gar keinen Fall verfälschen. Greifen wir nämlich von seiten des Staates, von seiten der Bürokratie - meist durch gar nicht qualifizierte Leute - in diese Funktion des Preises ein, die sehr sinnvoll, aber auch sehr diffizil ist, dann brechen wir überhaupt dem ganzen Ordnungssystem das Rückgrat.
In den Marktordnungsgesetzen, die auf dem landwirtschaftlichen Sektor und in anderen Bereichen noch bestimmte Preisvorschriften enthalten, wird es nötig sein, soweit man solche Marktordnungsgesetze überhaupt noch behalten muß - wir wollen diese Frage ja überprüfen -, in der Zukunft jeweils Strafbestimmungen anzuhängen. Aber ein allgemeines Wirtschaftsstrafrecht in dieser Form scheint mir völlig überholt zu sein, vor allen Dingen der § 3.
Soeben ist gesagt worden, die praktischen Beispiele deuteten doch darauf hin, daß es notwendig sei, einen solchen Generalparagraphen im Gesetz zu lassen. Aus dem Lande Hessen wurde, etwa parallel zu dem, was der baden-württembergische Wirtschaftsminister gesagt hat, berichtet, welche Erfolge dort die Preisprüfung bei der Vergabe von Besatzungsaufträgen gehabt hat. Das scheint mir ein völlig falscher Akzent zu sein. Man sollte sich darum bemühen, daß in die Vergabe von Besatzungsaufträgen Ordnung hineingebracht wird und daß die öffentliche Hand Einfluß auf die Aufträge bekommt, für die sie zahlen muß. Da muß die Initiative ansetzen. Es ist klar, daß man vor Vergabe eines Auftrags das Angebot prüfen muß, genau so wie ich das Angebot prüfe, wenn ich mir eine Krawatte kaufe.
Weil wir gerade von Krawatten sprechen - die Beispiele des Wirtschaftsministers von BadenWürttemberg über Textilien haben mir ein Lächeln entlockt. Ich weiß nicht, wer die Käufer gewesen sind, die heute im Textilsektor 200 und mehr Prozent an Überpreisen anlegen. Diese Käufer, glaube ich, haben es nicht anders verdient; denn irgendwie muß auch der Käufer selber erzogen werden, die Angebote, die ihm gemacht werden, zu prüfen. Das kann nicht Aufgabe einer noch zu schaffenden oder bestehenden und abbauwürdigen Preiskontrollbehörde sein.
Vor allen Dingen die Rechtsunsicherheit, die mit den sehr weit auslegungsfähigen Begriffen, etwa der Fassung „für die ein wirksamer und freier Leistungswettbewerb nicht besteht", geschaffen würde, macht es völlig unmöglich, einen solchen Paragraphen beizubehalten. Wollen Sie es etwa einem Richter überlassen, gerichtlich festzustellen, wo ein freier Leistungswettbewerb besteht oder nicht? Es kommt hinzu, daß dieser Tatbestand fluktuierend ist. Das ist ja kein Dauertatbestand, sondern es gibt in der Wirtschaft sehr wohl immer wieder Augenblicke, in denen in bestimmten Bereichen der Wirtschaft der freie Wettbewerb zum mindesten beeinträchtigt ist. Hier können wir etwas Positives nur im Rahmen eines Gesetzes zur Herstellung des Wettbewerbs tun, indem wir alle Möglichkeiten ausnutzen, einen freien Wettbewerb in den Bereichen der gewerblichen Wirtschaft immer und zu jeder Zeit zu erhalten. Aber mit dem Strafrichter ist hier überhaupt nichts anzufangen.
In der Diskussion des Wirtschaftspolitischen Ausschusses ist mehrfach erwähnt worden, daß es doch notwendig sei, in unserem Recht den Konsumenten zu schützen. Ich habe mich darüber gewundert, daß diese Auffassung am allerstärksten von einem Kollegen der CDU-Fraktion vertreten worden ist. Es war, glaube ich, der Kollege Lenz, der geradezu darum gekämpft hat, dem Konsumenten den Schutz nicht zu nehmen. Ich weiß nicht, ob der Herr Kollege Lenz inzwischen mit seiner Fraktion solidarisch geworden ist und sich die Auffassung zu eigen gemacht hat, daß die marktwirtschaftliche Ordnung mit dem Wort „sozial" davor für den Konsumenten einen guten und ausgezeichneten Schutz bietet, daß diese ganze Wirtschaftsordnung ja ausschließlich auf den Schutz des Konsumenten ausgerichtet ist. Deswegen kann ich nicht verstehen, daß Sie zusätzlich einen Strafrichter für nötig halten.
Daß dieses Ziel, den Konsumenten zu schützen
- und zwar nicht nur den Konsumenten mit den geldlichen Fettpolstern, sondern auch den anderen, der sehr wenig auszugeben hat -, nicht nur eine Theorie ist, das haben gerade diese Konsumenten
- diese waren es doch - bei der letzten Wahl bewiesen. Ich glaube, man darf uneingeschränkt sagen, daß diese Wahl ein Votum für das Wirtschaftssystem gewesen ist, das in der Theorie wie in der Praxis für den Konsumenten eingetreten ist.
({0})
- Natürlich, das ist doch ganz klar. Sie hätten doch einen besseren Erfolg gehabt, wenn es nicht so gewesen wäre; denn Sie haben sich gegen dieses Wirtschaftssystem gewandt und sind sehr schlecht belohnt worden.
({1})
- Herr Heiland, diese Entwicklung ist ein erfreuliches Positivum. Ein Positivum ist es auch, daß
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Ihre Partei wirklich die Konsequenzen daraus gezogen hat und sich post festum zu dieser Marktwirtschaft bekannt hat.
({3})
Herr Heiland, ich darf Sie bitten, bei Zwischenbemerkungen möglichst eines der Mikrophone zu benutzen, damit auch die übrigen Damen und Herren Ihren Ausführungen folgen können.
({0})
Bei mir ist es angekommen. ({0})
- Es geht ja in erster Linie den Wirtschaftsminister an; der hat sich im Ausschuß in ähnlichem Sinne ausgesprochen.
Ich will damit noch einmal unterstreichen, daß unsere Wirtschaftsordnung einen solchen Paragraphen nicht braucht. Die letzten Zweifel können ausgeräumt werden, wenn wir ein Wettbewerbsgesetz geschaffen haben und wenn das sicherlich überholungsbedürftige Gesetz zur Verhinderung unlauteren Wettbewerbs - darunter fallen im übrigen einige Fälle, die der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg angegeben hat - verbessert ist. Daran wollen wir gern mitwirken.
Schon die ganze Terminologie hat sich etwas gebessert. Sie war in den vorhergehenden Entwürfen, die aus dem Justizministerium herauskamen, geradezu haarsträubend. Begriffe fand man darin, die man glaubte schon vergessen zu haben.
({1})
- Nein, das kam aus dem Justizministerium, Herr Dr. Greve!
({2})
- Sie wissen sicherlich genau so. gut wie ich, daß die Referentenentwürfe sowieso nicht vom Minister, sondern von einem Beamten verfaßt werden,
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der sich, wie Sie das auch tun würden, dann im Wortlaut an das alte Gesetz hält.
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- Meine Damen und Herren! Es liegt doch in der Natur der Sache, daß man sich bei der Neufassung eines alten Gesetzes an den Text dieses Gesetzes hält. Aber inzwischen hat es sich ja auch im weiteren Verlauf der Diskussion ganz erheblich verändert.
Nun noch eine Frage, die in dem Zusammenhang zu klären ist. Es ist hier mehrfach gesagt worden, es sei unmöglich, dieses Gesetz aufzuheben, und es müsse auch für die Dauer bestehen, weil die ganzen Marktordnungsgesetze eben eines generellen Strafrechts bedürften. Ich halte es für sehr wünschenswert und auch für möglich, daß an die Marktordnungsgesetze jeweils individuelle Strafbestimmungen angehängt werden; denn wir wollen auf die Dauer versuchen, die Marktordnungsgesetze in ihrer Vielzahl möglichst einzuschränken.
Zum Termin des Außerkrafttretens, der vom Rechtsausschuß für den 31. Dezember 1955 vorgesehen ist, ist zu sagen, daß mir allerdings der 31. Dezember 1954 günstiger zu sein scheint. Wir wissen, daß ein gewisser Zeitdruck erzeugt werden muß, damit die Arbeiten zum Abschluß geführt werden, die im Interesse aller - auch von allen Fraktionen anerkannt - wünschenswert erscheinen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir - diesmal nicht als Berichterstatter, sondern als Sprecher meiner Fraktion, der CDU/CSU - einige wenige Sätze in Erwiderung auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Lange.
Mit Herrn Kollegen Lange bin ich der Meinung, daß die Wucherbestimmungen des allgemeinen Strafgesetzes, also § 302 e StGB, nicht ausreichen, die von uns zugestandenen Mißhelligkeiten auf dem Gebiet des Preisrechts zu unterbinden. Wenn wir aber vorschlagen, § 3 des Gesetzentwurfs zu streichen, dann schlagen wir doch nicht gleichzeitig vor, die §§ 1 und 2 zu streichen. Im Gegenteil, ich habe als Berichterstatter vorgetragen und darf das hier auch als Sprecher meiner Fraktion wiederholen: im Rechtsausschuß bestand Einmütigkeit darüber, daß die §§ 1 und 2 bestehenbleiben sollen. Mit dem § 2 kann man die Unebenheiten auf den hier beanstandeten Gebieten beseitigen, und ich darf hinzufügen: sie werden auch beseitigt. Ich bitte Sie, den Bundesanzeiger vom 18. Dezember 1953 zur Hand zu nehmen. Dort finden Sie die Verordnung 30 aus 1953 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen. Sie kennen den Komplex, der damals geregelt worden ist. Die Bundesregierung hat also durchaus die Möglichkeit, auf den Gebieten, auf denen sich Mißstände zeigen sollten, mit solchen Verordnungen einzugreifen. Dann genießen diese Verordnungen den Schutz des § 2; und mehr, meine Damen und Herren, wollen wir nicht. Warum wir das nicht wollen, haben wir - und insoweit kann ich mich auf meinen eigenen Bericht hier berufen - bereits ausgeführt. Ich will die Gründe nicht wiederholen.
Der sicherlich in manchen Punkten verbesserte Vorschlag der SPD-Fraktion ist für uns deswegen nicht annehmbar, weil er - die SPD kommt nicht darum herum - den Begriff des unangemessenen Preises enthält. Wer einigermaßen, insbesondere aus der Praxis, mit der Materie vertraut ist, weiß, daß der Begriff des unangemessenen Preises von den Gerichten nicht definiert werden kann. Man kann ruhig sagen: soviel obere Gerichte, soviel Arten von Entscheidungen.
({0})
Ich habe eben schon darauf hingewiesen, daß man die Gerichte überfordert und sich der Gefahr aus({1})
setzt, daß die wirtschaftspolitische Konzeption des einzelnen Richters - und wir alle wissen, daß unsere Richter überhaupt keine wirtschaftspolitische, wirtschaftsrechtliche und wirtschaftliche Ausbildung haben - zum Inhalt des Urteils gemacht wird; was das aber mit Rechtssicherheit zu tun hat, weiß ich wirklich nicht. Ich darf Sie daran erinnern, daß die Väter dieses Gesetzes im Wirtschaftsrat, insbesondere auch auf seiten der sozialdemokratischen Fraktion, gerade dieses Wirtschaftsstrafgesetz damals, 1948, und 1947 das Preistreibereigesetz mit erlassen haben, um der Rechtssicherheit zu dienen, die im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit weitgehend abhanden gekommen war. Mit solchen Vorschriften wie der des § 3 dienen wir aber nicht der Rechtssicherheit, sondern der Rechtsunsicherheit.
Zu den teilweise abweichenden Vorstellungen der Herren Minister, die im Ausschuß gehört worden sind, habe ich bereits in großen Zügen Stellung genommen. Wir sind nicht der Meinung, daß es der Generalklausel - wie Herr Scheel sie mit Recht bezeichnet hat - des § 3 bedürfe. Wir sind weiterhin mit allen in diesem Hause der Meinung, daß man ungerechtfertigten Preisen beikommen sollte, aber nicht mit Hilfe von subalternen Beamten und Behörden
({2})
und Gerichten, sondern mit Hilfe der §§ 1 und 2.
Ich darf noch einen Satz anfügen. Wer in der Praxis steht und sich mit der Praxis der Preisbehörden und der Gerichte zu befassen hat, wird den Eindruck nicht los, daß man von interessierter Seite bemüht ist, unter allen Umständen hier Behörden das Leben zu erhalten, die unserer Meinung nach abgeschafft werden sollten.
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Wenn das aber so ist - und wer in der Praxis steht, weiß, daß es so ist -, sollte man sich dazu entschließen, der ersatzlosen Streichung des § 3 zuzustimmen, ohne daß man sich damit etwa der Gefahr aussetzte, daß dadurch weite Käuferschichten schutzlos gemacht würden.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Schöne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure außerordentlich, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister heute nicht anwesend ist,
({0})
und ich bedaure außerordentlich, daß Herr Staatssekretär Westrick zu seiner Vertretung nicht den Mut findet
({1})
- oder sagen wir, nicht seine Aufgabe darin sieht, einen Entwurf, der von der Bundesregierung eingebracht ist, eine Fassung, die vom Bundeswirtschaftsminister persönlich im Wirtschaftsausschuß bis zum letzten Blutstropfen verfochten worden ist, - ({2})
- Ich lese Ihnen gleich die Protokolle vor; keine Sorge! - Ich wundere mich eigentlich darüber, daß man mit einem Male die ganzen Tatbestände verzerrt,
Nun, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einige kleine Anmerkungen zu dem, was insbesondere Herr Kollege Scheel gesagt hat.
Zunächst freue ich mich darüber, daß ich mit Herrn Kollegen Scheel in einem Punkte voll und ganz übereinstimme, nämlich darin, daß erfreulicherweise der Text der neuen Vorlage erheblich besser ist als der der ersten Vorlagen, die aus dem Bundesjustizministerium herausgekommen sind. Ich freue mich darüber, denn allmählich beginnt auch das Parlament - von seiten der Regierungskoalition - mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten. Bloß hätten Sie das nicht hier sagen sollen, sondern Sie hätten es vielleicht in einem Brief an das Bundesjustizministerium oder, wenn Sie mal eine Fraktionssitzung haben, dort zum Ausdruck bringen sollen. Hier ist es sicher nicht am Platz. Aber wir stimmen darin überein.
Ein zweiter Punkt voraus: die Frage des Prozedierens bei den Besatzungsaufträgen. Herr Kollege Scheel, wir werden sicherlich genügend Gelegenheit haben, einmal über das procedere bei Besatzungsaufträgen zu sprechen. Wir müßten dazu den Bundesfinanzminister hier haben, der auch nicht da ist. Er weiß hierüber besser Bescheid als Sie und ich. Zumindest weiß auch der Wirtschaftsminister von Württemberg-Baden mehr darüber als Sie und ich. Wir sollten uns dieses Kapitel einmal gründlich vornehmen und könnten ja dann den Landesminister dazu holen.
Nun aber zu dem, was ich eigentlich sagen wollte. Es wäre besser, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister anwesend wäre. Der Bundesernährungsminister war doch vorhin da, vielleicht ergreift er noch das Wort. Ich sehe ihn im Moment nicht, aber wir können ihn vielleicht holen. Er wird gern zu seinen Aussagen im Ausschuß Stellung nehmen. Es ist bedauerlich, daß die Herren nicht anwesend sind, denn sie wissen ja schließlich besser mit der Konzeption der sogenannten sozialen Marktwirtschaft Bescheid als wir.
Ich möchte an das kleine Kolleg anschließen, das Herr Scheel über die Funktion des Preises geben zu müssen glaubte. Nun, Herr Scheel, ich darf Ihre Erinnerungen auffrischen. Bereits der Kirchenvater Augustinus hat sich um den justum pretium bemüht. Das ist ja gerade die Crux, daß man einen gerechten Preis nicht finden kann, sondern daß der Preis immer nur von demjenigen als gerecht betrachtet wird, der davon den Vorteil hat! Das hat auch - und das darf ich Herrn Hoogen sagen, damals war er allerdings wohl noch beim Zentrum ({3})
die CDU erkannt. Sie hat ja in ihrem Ahlener Programm und in ihren Düsseldorfer Leitsätzen gerade diesen Punkt besonders herausgestrichen. Außerdem fragen Sie doch bitte mal den geistigen Vater der sozialen Marktwirtschaft, Herrn Professor Müller - Armack! Herr Professor MüllerArmack sieht als eine der wesentlichsten Vorbedingungen für die soziale Marktwirtschaft die Regelung des Wettbewerbs an.
({4})
- Aber Herr Scheel! Jetzt kommt erstes Semester!
({5})
Der Preis bildet sich doch am Markt. Er ist eine
Markterscheinung, und die Parteien treten am
({6})
Markt im Wettbewerb auf, um den justum pretium zu bilden. Dasselbe, was Herr Hoogen vorhin sagte, daß das der gerechte und soziale Preis sei - ({7})
- Schön, machen wir also im Wirtschaftsausschuß ein kleines Kolleg über die Anfangsgründe der Nationalökonomie!
({8})
Sogar Müller-Armack sagt in seiner Schrift als Vertreter und als Schöpfer des Begriffs der sozialen Marktwirtschaft, daß dies gerade die Vorbedingung sei. Ich habe mich über diese Auffassung von Professor Müller-Armack außerordentlich gefreut, weil sie noch einmal die Darlegungen der Düsseldorfer Leitsätze und des Ahlener Programms erhärtete.
Nun, und dann habe ich mich weiter gefreut, daß sich sowohl der Herr Bundeswirtschaftsminister wie der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Wirtschaftsausschuß ganz klar zu dieser Vorlage bekannt haben.
({9})
- Im Rechtsausschuß ebenfalls! Ich darf Ihnen vielleicht aus dem Protokoll des Rechtsausschusses ein paar Worte des zur Zeit noch abwesenden Herrn Bundesernährungsministers vorlesen. Er hat gesagt: - ({10})
- Aha! Herr Bundesernährungsminister, Protokoll Seite 4:
Wir sind von uns aus naturgemäß an der Aufrechterhaltung der § 2 und 3 außerordentlich interessiert, ... . Daß man aber darüber hinaus gerade bei den Preistreibereiparagraphen auf dem Ernährungssektor von seiten der Verbraucher besonders empfindlich ist, werden Sie einsehen.
Das sind die Worte vom Herrn Bundesernährungsminister. In der Begründung der Bundesregierung heißt es zum § 3:
Mit Rücksicht auf die Bedenken, die in den letzten Jahren seitens der Wirtschaft gegen die Preistreibereivorschrift erhoben worden sind, hat die Bundesregierung eingehend geprüft, ob im Bereich der freigegebenen Preise auf einen Strafschutz gegen unangemessene Preisüberhöhungen ganz verzichtet werden kann.
Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß das nicht möglich ist. Dann schreibt sie weiter, es sei Tatsache, daß uneinsichtige Elemente auftreten könnten, die volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Preise forderten, und:
. . . Ein solches Verhalten widerspricht den Grundsätzen einer freien
- das gilt für Sie, Herr Scheel und sozialen Marktwirtschaft
- das gilt für Sie, meine Herren und kann nicht geduldet werden.
({11})
Wenn wir an der Regierung sind, legen wir einen Gesetzentwurf vor, den wir nachher vertreten, aber keinen Gesetzentwurf, den wir nachher selbst torpedieren.
({12})
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen nur folgendes sagen.
({13})
- Hören Sie mal gut zu; ich habe vorhin auch zugehört. - Wir haben im Wirtschaftspolitischen Ausschuß seitens der SPD genau so argumentiert, wie ich es eben getan habe. Wir haben lediglich die Argumente gebracht, mit denen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, normalerweise unter der Überschrift „soziale Marktwirtschaft" hausieren gehen.
({14})
Ich habe im Ausschuß - und das werden Sie mir gerne bestätigen - wörtlich dieselben Zitate gebracht, die ich hier gebracht habe. Ich habe Herrn Erhard gefragt, ob er aus seiner Konzeption heraus diesen Paragraphen für richtig hält. Er hat mir gesagt: Ja!, und nun sehen wir, daß Sie Ihr eigenes Produkt nicht liebhaben wollen.
({15})
Deswegen haben wir uns erlaubt, diesen selben Paragraphen Ihnen in der gemeinsam im Wirtschaftspolitischen Ausschuß erarbeiteten Fassung vorzulegen. Wenn ich anmerken darf: ich persönlich habe nicht daran geglaubt, daß Sie anderen Sinnes werden würden. Aber es sollte Ihnen doch mal dokumentiert werden, wie ein Entwurf aussieht, wie eine Arbeit im Ausschuß aussieht und wie Sie dann nachher letzten Endes von Ihrer ehrlichen Konzeption, die im Entwurf steht, abrücken.
({16})
Und das müssen Sie jetzt durch die Abstimmung beweisen, meine Damen und Herren!
({17})
Wird noch das Wort gewünscht? - Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollten wir uns nur über den juristischen oder wirtschaftspolitischen Inhalt des § 3 unterhalten. Nachdem aber nunmehr schon die wissenschaftlichen Gepflogenheiten bemüht wurden und hier seminar- und kollegmäßige Vorträge gehalten werden, kann es mir nicht verwehrt werden, sowohl als Vorsitzender des Wirtschaftspolitischen Ausschusses als auch als Mitglied der CDU/CSU-Fraktion einige Dinge richtigzustellen.
Herr Dr. Schöne sagte betont, wenn die SPD an der Regierung wäre, würde sie keine Vorlage machen, die nachher im Plenum nicht angenommen wird;
({0})
sie würde sie nicht torpedieren. Ich darf das Wort „torpedieren" übersetzen. Es heißt: ablehnen und damit zu Fall bringen. Wenn Sie eine Vorlage nicht torpedieren, nicht zu Fall bringen wollen, dann müssen Sie sie annehmen; eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Ich glaube aber, daß man dann mit aller Betonung die Frage aufwerfen muß: Welche Aufgabe ist dann dem Parlament und seinen Ausschüssen zugewiesen?
({1})
({2})
Ich meine, dazu gehört in erster Linie eine sachliche Kritik der Vorlage, ganz gleich, woher sie kommt.
({3})
Wir bemühen uns objektiv, die Vorlagen der Opposition ebenso ernst zu nehmen wie die aus den Kreisen der Koalition
({4})
und von der Regierung, und wir sind bisher mit diesem Verfahren auch richtig gelaufen. Wir haben auch im vorliegenden Falle nach diesem bekannten Grundsatz gehandelt. Was heißt denn letzten Endes demokratisch-parlamentarisches System, wenn wir ohne eigene Stellungnahme nur das akzeptieren wollen, was uns von der Regierung oder von anderen Stellen vorgelegt wird?
Diese Hinweise sind doch wohl notwendig, um die hier vorgetragenen falschen Auffassungen wieder geradezurücken, nach denen wir nicht berechtigt seien,
({5})
zu den Vorlagen auch kritisch Stellung zu nehmen. Dabei behalten wir uns selbstverständlich das Recht vor, unsere Meinung aus der Erfahrung der einzelnen Abgeordneten heraus, gegebenenfalls im Gegensatz zu der Meinung, die von einem Herrn Vertreter der Regierung vorgetragen wird, zu bilden.
Auf dieser Basis sind wir an die Arbeit herangegangen, als wir das Wirtschaftsstrafrecht und damit den hier zur Diskussion stehenden § 3 behandelt haben. Dabei haben wir wirklich versucht, alle Überlegungen zu berücksichtigen, die vorgetragen wurden. Herr Abgeordneter Hoogen hat Ihnen bereits nachdrücklich gesagt, daß sowohl die in § 1 des Gesetzes aufgezählten neun Einzelgesetze als auch die nach meiner Auffassung schon sehr weitgehende globale Bestimmung des § 2 die Grundlage für ein Einschreiten der Regierung bieten. Wir sind uns in den Kreisen meiner Freunde völlig einig darüber gewesen, daß wir mit dem § 3 eine Gesetzesbestimmung gemacht hätten, die praktisch für die Schublade gewesen wäre, eine fleet in being haben wir es genannt. Man wollte - das waren auch die Worte des Herrn Bundeswirtschaftsministers, unseres Freundes Erhard - nur eine Maßnahme treffen, die gegebenenfalls einmal die Möglichkeit geben könnte, über bestimmte Dinge im wirtschaftlichen Geschehen ins Gespräch zu kommen. Wir waren der Auffassung, daß wir dazu eine gesetzliche Bestimmung wie diese nicht brauchen, daß es vielmehr dem Bundeswirtschaftsminister jederzeit möglich ist, sich mit den Kreisen der Wirtschaft entsprechend zu unterhalten und der Notwendigkeit zu entsprechen.
({6})
Wenn Sie sich aber einmal - das möchte ich aus meiner eigenen Erfahrung mit Nachdruck vortragen - in der Praxis der Vergangenheit die Fälle ansehen, die auf Grund der alten Bestimmungen des § 19, des jetzigen § 3, zur Aburteilung gekommen sind, werden Sie feststellen, daß es sich in den allermeisten Fällen um Bagatellvergehen gehandelt hat, die des Aufwandes nicht wert sind.
({7})
Ich könnte Ihnen aus den Sammlungen von Urteilen über Bußgeldbescheide und ähnliches eine Fülle von Material zur Verfügung stellen. Daraus wurde festgestellt, daß einmal für drei Apfelsinen oder
drei Zitronen oder fünf Bananen der sonst übliche I Marktpreis um 1 oder 2 Pfennig überschritten wurde. Wegen solcher Bagatellschäden wurde nicht nur der Apparat der Justizverwaltung, sondern wurden auch die Preisbehörden in Bewegung gesetzt, und darauf sind auch Bußgeldbescheide gekommen. Gerade der Hinweis auf diese Tatsache hat auch Herrn Professor Erhard bewogen, sich im Ausschuß hinsichtlich der Möglichkeit, den § 3 zu erhalten, sehr zurückhaltend zu äußern.
Wir sollten uns deshalb hier nicht Vorlesungen über volkswirtschaftliche Grundbegriffe und nationalökonomische Kollegs halten. Wir sollten einander aber auch nicht vorwerfen, auf der einen Seite seien bessere Demokraten als auf der anderen. Wir sollten vielmehr in der echten Ausübung der uns im parlamentarisch-demokratischen System übertragenen Aufgaben die Vorlagen prüfen, dann unsere Entscheidung fällen und unsere Beschlüsse fassen.
Ich bitte Sie, dem Beschluß des Wirtschaftspolischen Ausschusses, dem Beschluß des Rechtsausschusses Ihre Zustimmung zu geben, und beantrage namentliche Abstimmung.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Elbrächter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem auf die Meinung unseres allseits doch sicherlich hochverehrten Herrn Wirtschaftsministers soviel Wert gelegt wird, darf ich ganz kurz zitieren, was er im Wirtschaftspolitischen Ausschuß als seine Meinung angegeben hat. Auf Vorhalt hat er nämlich geäußert, daß auch nach seiner Ansicht die Bestimmungen der §§ 2 und 3 mit der Marktwirtschaft nicht ganz in Einklang zu 'bringen seien. Wenn wir das Wort „ganz" noch streichen, dann haben wir die echte Meinung unseres Wirtschaftsministers. Daß er als Vertreter einer Behörde die Vorlagen seines Ministeriums zu decken versucht, ist wohl verständlich.
Der § 3 ist aber nach meiner Auffassung wirklich nicht zu vertreten. Auch die noch so beredten Ausführungen unseres Kollegen Schöne können uns nicht überzeugen, daß der Preis nicht doch das gegebene Instrument ist, wie Kollege Scheel es ausgeführt hat, um nun wirklich zum gerechten Preis zu kommen. Entweder glaube ich an die echte Funktion des Preises in einem Wirtschaftssystem oder ich glaube nicht daran. Wenn ich daran glaube, muß ich vermeiden, daß der Strafrichter in dieses System eingreift, und dann muß ich konsequent sein und es auf der ganzen Linie vermeiden. Daher darf ich schon jetzt an dieser Stelle sagen, daß meine politischen Freunde nicht nur den § 3, sondern das ganze Gesetz ablehnen werden.
Ich bin überzeugt - es kam eben schon in den Ausführungen des Kollegen Naegel zum Ausdruck -, daß dieses Gesetz letzten Endes nur geschaffen worden ist, um eine Handhabe für eventuelle Notzeiten zu haben. Die Erfahrung sollte uns aber doch gelehrt haben, daß selbst in Notzeiten eine Zwangswirtschaft ein unrationelles System ist. Die Untersuchungen gerade amerikaninischer Volkswirtschaftler über unsere deutsche Kriegswirtschaft haben meiner Meinung nach überzeugend gelehrt, daß die deutsche Kriegsverwaltungswirtschaft ein unrationelles System gewesen ist. Ich glaube also, daß man auf diese Methode
({0})
ganz verzichten soll. Das Wort „unangemessen" - das klang auch schon aus den Ausführungen des Kollegen Hoogen heraus - zeigt doch, daß das letzten Endes eine Denkvorstellung der Zwangswirtschaftler ist. Also überall da, wo die Worte „unangemessener Preis" aufkreuzen, mahne ich zur Vorsicht. Wir täten gut, auf alle diese Kriterien zu verzichten.
Ich gebe selbstverständlich ebenfalls zu, daß Wucher vorkommt. Die Ministerialbürokratie hält unseren Einwänden entgegen, die Bestimmungen des Strafgesetzbuches, §§ 302 a bis e, seien nicht ausreichend. Nun, sie sind deswegen nicht ausreichend, weil sie entweder nicht ausreichend formuliert worden sind - dann haben wir also die Aufgabe, eine neue Formulierung vorzunehmen, was meines Erachtens nicht sehr schwierig sein dürfte -,
({1})
oder aber es liegt daran, daß wir doch nun praktisch seit mehreren Jahrzehnten - das muß auch einmal ausgesprochen werden - solche Wirtschaftsstrafgesetze haben - sie stammen ja schon aus dem ersten Weltkrieg - und daß diese Wucherbestimmungen eben niemals angewandt worden sind; man hat sich vielmehr gleich auf das sehr viel bequemere Instrument der Verwaltung gestützt.
Die Zahlen, die Herr Kollege Lange aus BadenWürttemberg genannt hat,
({2})
sind nicht sehr überzeugend. Wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Kollege Lange, bewegen sich die Ersparnisse, von denen Sie sprachen, in einer Größenordnung von 1 bis 3 %. Sie mögen mich berichtigen, denn es ist sehr schwer, Zahlen immer genau zu behalten. Solche absoluten Zahlen sind natürlich imponierend. Millionenbeträge von Ersparnissen, das wirkt auf den einfachen Mann. Wenn Sie dem aber einmal den Verwaltungsaufwand gegenüberstellen, der für die Kontrollen erforderlich ist, die in den meisten Fällen überdies zu nichts führen, dann, glaube ich, kommen ganz andere Millionenbeträge heraus. Wenn man also vom Gesichtspunkt der Kostenersparnis ausgeht, jenseits aller moralischen Überlegungen, wird man feststellen, daß sich nichts so schlecht auszahlt wie ein Kontrollapparat im Wirtschaftsleben.
({3})
- Nein, so ist es nicht, mein lieber Kollege vom BHE! Ich habe gerade ausgeführt, man solle dafür plädieren, daß die Bestimmungen im Strafgesetzbuch so formuliert werden, daß man sie auf die Wirtschaftstatbestände auch anwenden kann; denn es ist hier zweifellos oft ein Mißbrauch getrieben worden.
({4})
Ich meine, der Vorschlag, den Kollege Scheel wiederholt im Wirtschaftspolitischen Ausschuß gemacht hat, weist ,den richtigen Weg, nämlich überall, wo noch Marktordnungsgesetze bestehen, die Strafbestimmungen in diese Marktordnungsgesetze einzubauen. Die Argumente, die hier auch vom Berichterstatter vorgebracht worden sind und die besagen, daß das ein zu schwieriger Weg sei, sind nach meiner Überzeugung nicht einleuchtend. Herr Kollege Scheel hat im Wirtschaftspolitischen Ausschuß ironischerweise gemeint, das sei weniger eine Angelegenheit des Gesetzgebers als des
Druckers; man brauche lediglich die an und für sich vorhandenen Strafbestimmungen hineinzunehmen. Ich bin nicht der Auffassung, daß die Gesetze dadurch unleserlich würden. Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß unsere jetzigen Gesetzesfassungen sehr unleserlich sind, nicht nur für uns, sondern gerade auch für den Mann draußen. Wir berufen uns immer wieder auf den Paragraphen sowieso eines bestimmten Gesetzes, ohne ihn zu zitieren. Dadurch werden die Ausführungen oft praktisch unverständlich. Wir sollten daher in Zukunft bei Neuformulierungen darauf achten, daß die zitierten Gesetze auch wirklich in Kleindruck oder im Anhang angeführt werden.
({5})
Aber nun weiter zur Sache. Im Namen meiner Fraktion bitte ich darum, nicht nur den § 3, sondern überhaupt das ganze Gesetz abzulehnen. Ich glaube nicht, daß die Folgen so schwerwiegend sein werden, wie es befürchtet wird. Was würde sich denn wirklich ändern? Es würde sehr schnell möglich sein - und ich meine, daß dieser Druck sehr heilsam wäre -, die Strafbestimmungen in die einzelnen Marktordnungsgesetze zu übernehmen. Das wäre innerhalb kürzester Zeit möglich. Ich bin aber auch der Überzeugung, daß auf diesem Gebiet, wo die Marktordnungsgesetze und auch das Mietpreisrecht gelten, nicht etwas Wesentliches eintreten würde, was volkswirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Ich darf auch noch daran erinnern, daß vor anderthalb Jahren ähnliche Befürchtungen geäußert worden sind, als es darum ging, den Art. 3 des Grundgesetzes - es ist eine ganz andere Rechtsmaterie, ich weiß - in Kraft zu setzen. Und was hat sich ereignet? Gar nichts! Die Gerichte sind, ohne daß exakte Bestimmungen da waren, mit der Materie fertig geworden. Und gerade Sie, meine Herren von der Opposition, haben sich für diesen Standpunkt erwärmt. Ich meine also, daß genau das gleiche wie damals eintreten wird. Wenn wir jetzt das ganze Wirtschaftsstrafgesetz ,auslaufen lassen, wird sich an der gesamten Wirtschaft gar nichts ändern. Ich glaube, wir sollten endlich Schluß mit Gesetzen machen, die nicht mehr in unser Wirtschaftssystem hineinpassen und die verdient haben, daß sie das Zeitliche segnen.
({6})
Das Wort hat Herr Staatssekretär Westrick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darf ich Ihnen die Versicherung abgeben, daß nicht Mangel an Zivilcourage, wie Herr Abgeordneter Schöne meinte, mich veranlaßt hat, bisher nicht die Meinung des Bundeswirtschaftsministers vorzutragen, sondern der schuldige Respekt, den ich den Ausführungen dieses Hohen Hauses mit Selbstverständlichkeit entgegenbringe.
({0})
Es war also mein Anliegen, zunächst ausführlich anzuhören, welche Meinungen hier zum Ausdruck kamen.
({1})
- Danke schön.
Zur Sache selbst muß ich Herrn Abgeordneten Hoogen und Herrn Abgeordneten Scheel darin zustimmen, daß die Dinge, die hier im wesentlichen
({2})
in § 3 behandelt werden, eigentlich in ein Monopol-, in ein Kartellgesetz hineingehörten. Ich stimme den Rednern auch in dem zu, was die Bedeutung der Marktwirtschaft anlangt. Wir sind uns darüber klar, daß die Verbesserungen des Lebensstandards unserer Bevölkerung - Dr. Schöne ({3}): Dazu eine Frage, Herr Staatssekretär. Sie sagten, daß diese Tatbestände in einem Kartellgesetz geregelt werden könnten. Darf ich Sie um Auskunft bitten: Regelt nicht ein Kartellgesetz nur die Zusammenschlüsse von Unternehmungen, so daß es sich also nicht mit dem einzelnen Preisvergehen eines einzelnen Unternehmens befaßt?
Das Kartellgesetz hat nur einen einzigen Zweck, nämlich die Funktion eines echten Leistungswettbewerbs zu sichern.
({0})
Der § 3 dieses Gesetzes wurde von uns für zweckmäßig für diejenigen Räume und für diejenigen Zeitspannen gehalten, in denen der echte Leistungswettbewerb nicht zum Zuge kommt.
({1})
- Ich glaube, Ihnen Ihre Frage exakt beantwortet zu haben.
Ich darf sie noch einmal stellen: Wird in einem Kartellgesetz nur der Zusammenschluß von Unternehmungen geregelt? Fällt also ein Preisvergehen eines einzelnen Unternehmens nicht darunter?
Meine Damen und Herren, auf diese Frage ist ebenso exakt zu antworten: Zweck des Kartellgesetzes ist unter allen Umständen und ausschließlich die Sicherung des Wettbewerbs. Diese Zwecksicherung ist der einzige Anlaß des Gesetzes.
Dann darf ich feststellen, Herr Westrick, daß Sie von der Auffassung des Herrn Wirtschaftsministers abweichen. Er hat darauf ganz klar ja gesagt.
({0})
Meine Damen und Herren, ich glaube aber, die Tatsache, daß sich unsere Vorlage auf diejenigen Gebiete und diejenigen Zeiten beschränkt, in denen weder eine Monopolaufsicht noch ein Kartellgesetz besteht, unterstreicht deutlich, warum die Bundesregierung den § 3 für zweckmäßig gehalten hat. Es ist selbstverständlich ausschließlich dem Hause überlassen, zu den Regierungsvorlagen positiv oder negativ Stellung zu nehmen. Es oblag mir lediglich, Ihnen darzutun, welche Überlegungen das Bundeswirtschaftsministerium bewogen haben, Ihnen den § 3 zu empfehlen.
Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird versucht, den Eindruck zu erwecken, als ob der Herr Bundeswirtschaftsminister im Laufe der Debatte im Wirtschaftsausschuß zum Schluß doch weich geworden sei und als ob er nicht so recht zu dem § 3 gestanden habe. Der Herr Bundeswirtschaftsminister ist direkt vom Wirtschaftsausschuß in den Rechtsausschuß gekommen,
({0})
und im Rechtsausschuß hat er sich absolut eindeutig für den § 3 eingesetzt.
({1})
Er hat noch im einzelnen begründet, warum er sich für diesen § 3 einsetzt. Unter anderem hat er auch erklärt, daß allein die Tatsache, daß dieser § 3 bestanden habe, bewirkt habe, daß er auf die betreffenden Wirtschaftskreise einwirken konnte, daß er allein durch die Tatsache, daß er mit diesem § 3 winken konnte, Maßgebliches erreicht habe und daß er ohne diesen § 3 gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, das zu erreichen.
Ich will Ihnen auch einige Sätze aus dem Protokoll des Rechtsausschusses vorlesen, die Ihnen zeigen, daß Ihre Behauptung, der Herr Wirtschaftsminister sei in diesem Punkte schwach geworden, absolut falsch ist. Nach dem Protokoll hat der Herr Wirtschaftsminister ausgeführt:
Ich glaube, man sollte sich davor hüten, den § 3 allzusehr unter dem Blickpunkt zu betrachten, daß er ein Fremdkörper in der Marktwirtschaft sei. Es sollen nur die Auswüchse, die Schäden und nur die Einzelfälle behandelt werden. Es sollen nicht behandelt werden die großen Gebiete, die durch das Wettbewerbsgesetz und durch das Kartellgesetz erfaßt werden können.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat also sehr wohl zwischen den Funktionen, die der § 3 im einzelnen hat, und den Funktionen, die ein Wettbewerbsgesetz und ein Kartellgesetz haben, geschieden. Es geht jedenfalls nicht an und kann dem Herrn Wirtschaftsminister nicht unterstellt werden, daß er diese Funktionen vermischen will und daß er etwa die Funktion des § 3 durch ein noch nicht vorhandenes Kartellgesetz als erledigt ansehen will.
Er hat weiterhin gesagt:
Herr Kollege Lübke hat darauf hingewiesen - das wird er selber noch dokumentieren -, - und er hat es dokumentiert daß der § 3 unbedingt zur praktischen Durchführung und zur Sicherung der Marktordnungsgesetze benötigt wird. Insbesondere verwies er auf Situationen, wie sie etwa nach dem Korea-Konflikt eingetreten sind, wo sich nach seiner Meinung solche Handhaben immerhin als nützlich und sogar als unerläßlich erwiesen haben.
Das ist die Stellungnahme zweier Minister.
Nun noch ein Wort zum Herrn Kollegen Hoogen. Er hat juristisch argumentiert und hat gemeint, daß „unangemessene Entgelte" juristisch so unscharf sei, daß man den Richtern nicht zumuten könnte, mit einer solchen Definition zu arbeiten.
({2})
- Er hat nicht vollkommen recht. Herr Kollege Hoogen und jeder Jurist weiß, daß es in der Juristerei eine große Zahl von Begriffen gibt, die juristisch nicht scharf formuliert werden können und die trotzdem gehandhabt werden. Denken Sie an den großen juristischen Begriff von Treu und Glauben. Auch da werden Sie sagen müssen, der Richter wird den Begriff von Treu und Glauben nach der Stellung, die er persönlich einnimmt, auslegen müssen. Es gibt keinen Zweifel - kein
({3})
Jurist wird etwas anderes behaupten -, daß der Begriff Treu und Glauben in der Juristerei unentbehrlich ist. Es gibt Begriffe, die juristisch nicht absolut scharf zu fassen, aber trotzdem notwendig sind. Der Begriff des unangemessenen Entgelts ist deutlich genug, um von einem vernünftigen Juristen, von einem vernünftigen Gericht gehandhabt werden zu können.
Die Herren Minister haben aus ihrer praktischen Erfahrung gesprochen. Ich darf Ihnen aus der praktischen Erfahrung eines Oberbürgermeisters etwas sagen. Es gibt eine große Zahl von Fällen, in denen die Menschen aus der Bevölkerung zu einem kommen und sagen: Warum tut da der Staat, warum tut da die Behörde nichts?
({4})
Wenn Sie den zuständigen Stellen den § 3 nehmen, dann haben die Behörden keine Möglichkeit mehr, die Verbraucher da, wo es notwendig ist, zu schützen. Die Bevölkerung fragt uns und Sie immer: Was tut das Parlament, was tut der Gesetzgeber, damit die Möglichkeit besteht, Auswüchse zu beseitigen und gegen Auswüchse einzutreten? Wenn Sie den § 3 beseitigen, wird keine Möglichkeit mehr bestehen, gegen Auswüchse vorzugehen. Wenn Sie den § 3 entgegen der ganz klaren Meinung Ihrer eigenen Minister, die gut und eindeutig begründet worden ist, streichen, dann haben Sie damit gegenüber der Bevölkerung eine Verantwortung übernommen, die Sie, glaube ich, bei gutem und vernünftigem Erwägen nicht übernehmen können.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Elbrächter.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Fürchten Sie nicht, daß ich
zum zweitenmal Ausführungen mache. Aber nach
den einleitenden Bemerkungen unseres Kollegen
Metzger fühle ich mich verpflichtet, wörtlich das
Kurzprotokoll des Wirtschaftspolitischen Ausschusses vom 24. Mai 1954 zu zitieren. Es heißt dort: Bundesminister für Wirtschaft, Prof. Dr. Erhard, gibt zu, daß die Bestimmungen der §§ 2 und 3 nicht ganz mit der Marktwirtschaft in Einklang zu bringen seien. Er bittet jedoch, zu berücksichtigen, daß sich der Charakter der Bestimmungen gegenüber dem bisher in Kraft befindlichen Gesetz insoweit geändert habe, als nach den geltenden Vorschriften Verstöße gegen den marktgerechten Preis geahndet würden, während nunmehr Maßnahmen, die das Zustandekommen des marktgerechten Preises verhinderten, unter Strafe gestellt werden sollten. Wenn das von der Bundesregierung vorgelegte Kartellgesetz in Kraft sei, könnte nach Ansicht des Ministers auf Bestimmungen, wie sie § 3 der Vorlage vorsehe, verzichtet werden.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellwig.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, um das es hier geht, ist, glaube ich, doch allgemein. Es ist nicht nur Angelegenheit einer Partei, und es ist nicht etwa Angelegenheit anderer Parteien, es abzulehnen. Es handelt sich darum, den zweckmäßigsten Weg zur Lösung des Problems zu finden, wie Tendenzen zu Preisüberhöhungen, die bei marktbeherrschenden Unternehmungen, bei Monopolen und bei Preisabreden auftreten, begegnet werden kann.
({0})
- Ich spreche von marktbeherrschenden Unternehmungen!
({1})
- Verzeihen Sie, das Problem des marktbeherrschenden Unternehmens wird im Kartellgesetz noch eine Behandlung finden. Aber Sie sehen, daß schon hier über den Begriff als solchen eine Diskussion entbrannt ist, die doch bestätigt, daß die Frage in Verbindung mit dem Kartellgesetz noch einer sehr genauen Durcharibeitung bedarf. Daher möchte ich namens meiner Freunde beantragen, daß der Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 123 dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik als Material überwiesen wird zur Berücksichtigung bei der Beratung des Kartellgesetzes, daß er im übrigen im Hinblick auf die jetzt zur Abstimmung stehende Vorlage abgelehnt wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gille.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem uns der Berichterstatter, Herr Hoogen, die Streichung des § 3 im Namen ,des Ausschusses vorgetragen hatte, bin ich von der Richtigkeit dieses Vorschlages durchaus überzeugt gewesen. Was aber inzwischen an Argumenten für diesen Vorschlag vorgebracht worden ist, hat mich stutzig gemacht. Ich kann eigentlich nur sagen: solche schlechte Argumente für eine gute Sache!
Für mich ist im Augenblick noch etwas völlig ungeklärt. Der § 3 ist doch ein Vorschlag der Bundesregierung, und wir haben gehört, daß dahinter die Minister für Wirtschaft und für Landwirtschaft sowie der Justiz gestanden haben. Nachdem die Streichung vorgeschlagen worden ist, haben wir von keinem Vertreter dieser Ministerien heute in diesem Hause etwas darüber gehört, wie die Regierung nunmehr zu dieser Frage steht. Das ist aber für unsere Entscheidung, möchte ich meinen, wichtig. Wir müssen klipp und klar wissen: entweder stehen die Ministerien heute noch auf dem Standpunkt, daß § 3 notwendig ist, dann mögen sie ihre Gründe darlegen; oder sie erklären, daß die Beratungen im Ausschuß sie vom Gegenteil überzeugt haben. Ich bitte also um eine 'unmißverständliche Erklärung in dieser Hinsicht. Vorher bin ich nicht in der Lage - und ich glaube, mit mir noch viele andere im Hause -, ein Urteil abzugeben.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schöne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf von der Tribüne des Hauses den Herrn Minister Lübke fragen, ob er zu dieser Sache sprechen will. ({0})
Ich nehme also an, daß er nicht sprechen will.
Ich darf daran erinnern, daß der Antrag auf Streichung des § 3 im Ausschuß bei Stimmengleichheit abgelehnt wurde. Bei späterer Beratung und absatzweiser Abstimmung wurden nach Eintreffen entsprechender Verstärkungen die Absätze 1 und 2 angenommen. Sie mögen daraus erkennen, daß eine lange und eingehende Diskussion über das Problem stattgefunden hat, so daß ein jeder mit der Materie vertraut sein dürfte.
Ich bin von dem, was der Herr Kollege Gille gesagt hat, doch beeindruckt und hätte deshalb sehr gerne eine Äußerung eines zuständigen Ministers gehabt.
({1})
- Das halten Sie nicht für notwendig? ({2})
- Vielleicht aber doch die Öffentlichkeit.
({3})
- Darf ich fragen, Herr Dr. Müller, ob Minister nicht zum Parlament gehören?
({4})
Ich möchte keine weiteren Ausführungen zur Sache machen. Nur zu der Frage, ob hier marktbeherrschende Unternehmen zugrunde gelegt sind, darf ich Herrn Hellwig darauf hinweisen, daß er bis zur Beratung des anstehenden Kartellgesetzes Gelegenheit hat, sich in der einschlägigen Literatur darüber Gewißheit zu verschaffen, was ein marktbeherrschendes Unternehmen ist. Gerade das marktbeherrschende Unternehmen ist es nämlich, das von diesem Gesetz nicht erfaßt wird, vielmehr geht es hier um das Problem bei Einzelunternehmungen. Deswegen möchte ich auch seiner freundlichen Anregung widersprechen, schon diesen Antrag dem Ausschuß als Material zu überweisen. Ich tue das auch aus dem einfachen Grunde, weil uns der Gesetzentwurf über die Kartelle noch gar nicht vorliegt. Wir wissen bis zur Stunde noch nicht, welche endgültige Fassung der 768. Entwurf haben wird. Über diese Probleme also später.
Ich darf im Namen meiner Freunde namentliche
Abstimmung über unsere Drucksache beantragen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Naegel.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, an Stelle eines Ministers zu sprechen, auch wenn es schon mal geschehen ist, sondern nur die Absicht, der Wahrheit die Ehre zu geben. Es könnte ein Mißverständnis durch die Äußerung des Abgeordneten Schöne entstehen, wir hätten im Ausschuß mit Stimmengleichheit zunächst über den § 3 beschieden und ihn damit erledigt. Damals hat nur eine Vorabstimmung darüber stattgefunden, ob man überhaupt noch in die Diskussion über § 3 eintreten wollte. Gerade von Herrn Abgeordneten Schöne ist dann aber beantragt worden, absatzweise abzustimmen.
({0})
Dazu bitte folgende Frage: Ist der Antrag vor der ersten Abstimmung oder nach der ersten Abstimmung gestellt worden?
Sie haben jedenfalls den Antrag gestellt, absatzweise abzustimmen, und diesem Antrag ist vom Ausschuß stattgegeben worden. Bei der absatzweisen Abstimmung ist dann im Wirtschaftspolitischen Ausschuß mit einer überwiegenden Mehrheit die Entscheidung gefallen, den § 3 zu streichen.
Ich möchte diese Debatte nicht verlängern, deshalb beschränke ich mich auf diese wenigen Worte. Ich glaube, das genügt. Es ist auch genug geredet worden, um die Dinge zu klären. Wir sollten jetzt zur Abstimmung kommen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
({0})
Herr Minister Lübke!
({1})
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über den Zeitpunkt, in dem ich in diese Debatte eingreifen will, muß ich ja wohl selber bestimmen können.
({0})
Der vorliegende Entwurf wurde von der Regierung in dieser Form verabschiedet. Ich habe als Regierungsmitglied für diesen Entwurf gestimmt. Daher habe ich auch heute die Pflicht, mich hier im Hause dafür einzusetzen. Ich darf Ihnen dafür einige wesentliche Gründe angeben.
Ich war für das Bestehenlassen der §§ 2 und 3. Der § 2 enthält die Strafbestimmungen für Verstöße gegen die Marktordnungsgesetze und ist somit für die Agrargesetzgebung der wichtigste. Er bleibt im Gesetz.
Die Formulierung des § 3 war im wesentlichen Aufgabe des federführenden Justizministeriums und des Wirtschaftsministeriums, weil diesen die Handhabung der Strafbestimmungen und die Preisregelung zusteht. Ich kann auf Grund meiner Erfahrung aus der Zeit der Lebensmittelbewirtschaftung und der späteren Zeit sagen, daß in den Bezirken, in denen kein regelrechter Leistungswettbewerb bestand, sehr häufig Übertretungen und Klagen der Bevölkerung vorkamen, so daß eingegriffen werden mußte. In der Regel ist schon durch Hinweis auf diesen § 3 eine Besserung der Verhältnisse erzielt worden. Im ganzen darf man sagen - da stimme ich mit den Auffassungen des Herrn Justizministers überein -, daß die vorliegende Formulierung schon seit Hammurabis Zeiten bei der praktischen Erörterung vor Gericht keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht hat. Das Bestehen des Paragraphen an sich war wesentlich wichtiger als seine Handhabung.
({1})
({2})
Wenn der Regierungsentwurf hier kritisiert wird und das Hohe Haus glaubt, etwas Besseres beschließen zu sollen, hat sich die Regierung zu beugen. Aber ich hielt mich nicht nur wegen der Aufforderung, sondern auch wegen der Debatte für verpflichtet, dazu meine Meinung zu sagen.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nun nicht mehr vor. Ich schließe die Einzelberatung zu § 3.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 123. Es ist sowohl von dem Abgeordneten Naegel, wie ich annehme, namens seiner Fraktion, als auch von dem Abgeordneten Schöne, wie ich annehme, auch namens seiner Fraktion, namentliche Abstimmung beantragt worden. Die Anträge auf namentliche Abstimmung sind hinreichend unterstützt. Wir stimmen jetzt also namentlich ab über den auf Umdruck 123 befindlichen Antrag der SPD, dem Gesetz einen neuen § 3 einzufügen. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
({0})
Meine Damen und Herren! Ich frage: sind noch Abgeordnete da, die in der namentlichen Abstimmung noch nicht abgestimmt haben? - Dann bitte ich, die Karten abzugeben. -
Ich schließe die namentliche Abstimmung. -
Meine Damen und Herren! Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung bekannt. Insgesamt wurden von stimmberechtigten Abgeordneten 346 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 130 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 194. 22 haben sich der Stimme enthalten.
Von den Berliner Abgeordneten wurden insgesamt 12 Stimmen abgegeben, davon 7 mit Ja, 4 mit Nein und 1 Enthaltung.
Damit ist der Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 123, einen neuen, geänderten § 3 in das Gesetz einzufügen, abgelehnt.
Ichrufe auf §§4,-5,-6,-7,-8,-9,10, - 11, - 12, - 13, - 14, - 15. - Wird das Wort in der Einzelberatung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Einzelberatung dieser soeben aufgerufenen Paragraphen und bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe § 16 auf. Hierzu liegt Umdruck 126 **) ein Änderungsantrag vor. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Nachdem gestern das Amnestiegesetz angenommen worden ist, insbesondere unser Änderungsantrag, ziehen wir den jetzt vorliegenden Antrag zurück, da nur noch ein Kreis übrigbleibt, den wir selbst auch nicht zu schützen die Absicht haben.
Wird, nachdem der Antrag zurückgezogen ist, weiter das Wort zu § 16 gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Einzelberatung und rufe auf § 16, - § 17, -§ 18,-§ 19, - § 20, - § 21, - § 22, - § 23 und
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 1629.
**) Siehe Anlage 3.
§ 24. Wer diesen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Wer hier zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Damit ist die zweite Beratung des Gesetzes beendet. Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache zur dritten Beratung.
Wir kommen zur Einzelberatung. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Einzelberatung.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, - ({0})
- Das Wort hat Herr Abgeordneter Kreyssig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß wir dem § 3 des Gesetzes größte Bedeutung beimessen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist geschlagen worden und in der einmaligen Lage, daß die drei maßgeblichen Minister mit ihr gemeinsam diese Schlacht verloren haben.
({0})
Wir sind nicht in der Lage, dem Gesetz zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil die §§ 1 und 2 ausreichend sind, eine Ablehnung des Gesetzes nicht auszusprechen.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Das Gesetz ist bei vielen Enthaltungen mit Mehrheit verabschiedet.
Ich rufe auf Punkt 3 der heutigen Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({1}) ({2}). ({3})
Ich erteile dem Berichterstatter, Abgeordneten Dr. Böhm, das Wort.
Dr. Böhm ({4}) ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes ({6}). Dieser Regierungsentwurf sah folgende Lösung vor. Zunächst sollte der § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes beseitigt werden, d. h. es sollte von nun an den Konsumvereinen die Belieferung von Nichtmitgliedern offenstehen. Der § 2 dieses Gesetzentwurfs bestimmte die Aufhebung des § 5 des Rabattgesetzes. Nach § 5 des Rabattgesetzes durf({7})
ten Genossenschaften und Konsumvereine nicht mehr als 3 % Rückvergütungen auszahlen. Mit dem Regierungsentwurf sollte also der frühere Rechtszustand wiederhergestellt werden, wonach den Konsumvereinen die Höhe der Rückvergütung freigestellt wurde. Zum Ausgleich dafür sollte aber laut § 3 des Regierungsentwurfs der 3 % übersteigende Gewinn, der etwa in Form von Rückvergütungen ausgezahlt werden würde, als steuerpflichtiger Gewinn angesehen werden.
Demgegenüber haben nun die beiden hauptbeteiligten Ausschüsse, der 21. Ausschuß für Wirtschaftspolitik und der 24. Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes, in einer gemeinsamen Sitzung eine andere Lösung vorgeschlagen. Ich will sie vorwegnehmen. Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf besteht in der Aufhebung des § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes, wonach den Konsumvereinen künftighin die Belieferung von Nichtmitgliedern gestattet werden soll.
Dagegen sollte in Abweichung von dem Regierungentwurf die Vorschrift beibehalten werden, daß es den Konsumvereinen nicht gestattet ist, Rückvergütungen an Mitglieder über 3 % ihres Umsatzes mit Mitgliedern auszuschütten. Dafür sollte der § 3 des Regierungsentwurfs, betreffend die Behandlung eines über die 3 % hinausgehenden Betrages an Rückvergütungen als steuerpflichtigen Gewinn, gestrichen werden.
Im einzelnen darf ich zu den Vorschlägen der beiden genannten Ausschüsse und des Rechtsausschusses folgendes vortragen. Art. I, Änderung des Genossenschaftsgesetzes, § 1 soll nach der Beschlußfassung der beiden Ausschüsse in der Form der Regierungsvorlage beibehalten werden. Dieser Paragraph bestimmt die Aufhebung des § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes und der Bestimmungen, die die Durchführung des Verbots des Nichtmitgliedergeschäfts sichern sollten; es sind die §§ 31, 152 und 153 des Genossenschaftsgesetzes.
Art. II, Änderung des Rabattgesetzes, soll nach den Empfehlungen der beiden Ausschüsse eine durch redaktionelle Änderungsvorschläge etwas modifizierte Fassung erhalten. § 2 soll - im Gegensatz zu der Zusammenstellung und dem Mündlichen Bericht, die Ihnen vorliegen - folgenden Wortlaut bekommen:
Soweit § 5 des Rabattgesetzes vom 25. November 1933 in einzelnen Ländern bereits außer Kraft getreten ist, wird in das Rabattgesetz folgender § 5 eingefügt:
§ 5
({8}) Warenrückvergütungen, die Genossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Genossenschaftsgesetzes ({9}) ihren Mitgliedern gewähren, dürfen zusammen mit Barzahlungsnachlässen im Geschäftsjahr 3 vom Hundert der mit den Mitgliedern erzielten Umsätze nicht übersteigen; Nichtmitgliedern dürfen Warenrückvergütungen nicht gewährt werden.
Es kommt nun ein zweiter Absatz hinzu:
({10}) Der Anspruch auf die Warenrückvergütung ist mit der Beschlußfassung über den Jahresabschluß fällig. Die Fälligkeit kann durch das Statut oder einen Beschluß der Generalversammlung nicht über sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres hinausgeschoben werden.
Es handelt sich hier im Vergleich zu der Ihnen vorliegenden Fassung nur um redaktionelle Verbesserungen, wenigstens ist das die Auffassung der beiden Ausschüsse gewesen. Infolgedessen empfehlen die beiden Ausschüsse die Fassung des § 2 Abs. 1 in diesen beiden Sätzen nach dem Vorschlage des Rechtsausschusses.
Abs. 2 des § 2 wird unverändert, wie er Ihnen vorliegt, vorgeschlagen, ebenso Abs. 3.
Nun hat aber der Rechtsausschuß auch noch einen vierten Absatz zu § 2 vorgeschlagen. Dieser vierte Absatz sieht vor, daß § 11 der Verordnung zur Durchführung des Rabattgesetzes vom 21. Februar 1934, Reichsgesetzblatt I Seite 120, soweit er in einzelnen Ländern noch gilt, aufgehoben wird. Diese Empfehlung des Rechtsausschusses ging nach Ansicht des Wirtschaftspolitischen Ausschusses und wohl auch des Ausschusses für Mittelstandsfragen über eine rein redaktionelle Änderung hinaus. Es handelt sich hier um eine Durchführungsverordnung, die heute nur noch in der britischen Zone und in Berlin gilt. Sie schreibt vor, daß Konsumvereine einen etwaigen die 3 %-Grenze der Rückvergütung übersteigenden Gewinn nur nach Maßgabe der Geschäftsanteile ausschütten dürfen, daß ferner der über die Rückvergütung hinaus errechnete Geschäftsanteil erst ausgezahlt werden darf, wenn das Mitglied seinen Geschäftsanteil voll eingezahlt hat, und daß entgegenstehende Satzungsbestimmungen unwirksam sind. Diese Bestimmung gilt, wie gesagt, heute nur noch in der britischen Zone und in Berlin. In allen übrigen Teilen der Bundesrepublik gilt dagegen wieder das bisherige Genossenschaftsgesetz, das es den Genossenschaften selbst überläßt, nach welchem Schlüssel sie ihre Gewinne an ihre Mitglieder verteilen wollen. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß schlägt nicht vor, diesen vom Rechtsausschuß empfohlenen Abs. 4 in den § 2 aufzunehmen. Das hat die Wirkung, daß dann, wenn der Gesetzesvorschlag so angenommen werden sollte, wie es die beiden Ausschüsse empfehlen, in einer Frage noch eine Rechtsungleichheit im Bundesgebiet übrigbleibt. Diese Rechtsungleichheit würde in dem Ihnen von den beiden Ausschüssen jetzt vorgeschlagenen Gesetze nicht beseitigt werden, sie würde noch weiterhin bestehen. Aber der Wirtschaftspolitische Ausschuß hat sich, wie gesagt, diesen Vorschlag, die Rechtsangleichung jetzt schon vorzunehmen, nicht zu eigen gemacht.
Wie ich schon erwähnte, empfehlen die beiden Ausschüsse nicht, den § 3 der Regierungsvorlage anzunehmen. Sie empfehlen vielmehr den Wegfall dieser Vorschrift. Sie besagt, daß die Konsumvereine in Zukunft beliebig hohe Rückvergütungen sollten ausschütten dürfen. Die beiden Ausschüsse dagegen empfehlen, die Rückvergütung, die ausgeschüttet werden darf, zu beschränken. Es handelt sich hier um den § 3 der Regierungsvorlage, der vorsieht, daß Rückvergütungen über 3 %, die die Genossenschaften an Mitglieder geben, insoweit nicht abgezogen werden dürfen bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz. Dieser § 3 wird überflüssig, wenn sich das Plenum dem Votum der beiden Ausschüsse anschließt, nämlich die Rückvergütung auf 3 % zu limitieren. Damit wird eine Bestimmung über die Behandlung etwa darüber hinausgehenden Gewinns ebenfalls überflüssig.
§ 4 betrifft die Geltung des Gesetzes auch in Berlin; er soll so bleiben, wie vorgesehen.
({11})
Zu § 5 empfehlen die beiden Ausschüsse eine Änderung dahin, daß dieses Gesetz am 1. Juli 1954 in Kraft tritt.
Außerdem liegen noch Entschließungen vor, die Ihnen zugegangen sind. Die erste, interfraktionelle Entschließung zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, die Frage zu prüfen, ob die Besteuerung von Einzelhandelsgeschäften und Konsumgenossenschaften Einseitigkeiten zugunsten der einen oder der anderen Seite aufweist, die mit dem Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit nicht in Einklang stehen. Über das Prüfungsergebnis ist den zuständigen Ausschüssen für Wirtschaftspolitik und für Sonderfragen des Mittelstandes zu berichten.
Eine weitere Entschließung ebenfalls aller Fraktionen dieses Hauses besagt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, das geltende Genossenschaftsrecht zu überprüfen. Die Vorarbeiten der Reform sind unverzüglich in Angriff zu nehmen. Ein Gesetzentwurf ist dem Bundestag bis zum 30. Juni 1956 vorzulegen; ein Zwischenbericht ist dem Bundestag bis zum 30. Juni 1955 zu erstatten.
Als Berichterstatter des Wirtschaftspolitischen Ausschusses empfehle ich im Namen dieses Ausschusses sowie des Ausschusses für Sonderfragen des Mittelstandes, das Gesetz in der Form, in der ich es Ihnen vorgetragen habe, anzunehmen.
({12})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und trete nunmehr in die Einzelberatung in der zweiten Lesung ein.
Ich rufe auf Art. I § 1. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Einzelberatung zu § 1. .
Ich rufe auf Art. II § 2. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Einzelberatung. - Zu § 2 hat der Berichterstatter einen Änderungsvorschlag gegenüber dem Ihnen gedruckt vorliegenden Bericht gemacht. Ich halte mich, da der Umdruck Ihnen noch nicht allen vorliegt, für verpflichtet, gemäß der Vorschrift der Geschäftsordnung zu verfahren und ihn noch einmal zu verlesen. § 2 soll danach folgende Fassung erhalten:
({0}) Soweit § 5 des Rabattgesetzes vom 25. November 1933 ({1}) in einzelnen Ländern bereits außer Kraft getreten ist, wird in das Rabattgesetz folgender § 5 eingefügt:
§ 5
({2}) Warenrückvergütungen, die Genossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Genossenschaftsgesetzes ({3}) ihren Mitgliedern gewähren, dürfen zusammen mit Barzahlungsnachlässen im Geschäftsjahr drei vom Hundert der mit den Mitgliedern erzielten Umsätze nicht übersteigen; Nichtmitgliedern dürfen Warenrückvergütungen nicht gewährt werden.
({4}) Der Anspruch auf die Warenrückvergütung ist mit der Beschlußfassung über den Jahresabschluß fällig. Die Fälligkeit kann durch das Statut oder einen Beschluß der Generalversammlung nicht über sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres hinausgeschoben werden.
Weiter soll der Abs. 2 des § 2 lauten:
Soweit § 5 des Rabattgesetzes in einzelnen Ländern noch nicht außer Kraft getreten ist, erhält er die in Absatz 1 vorgeschriebene Fassung.
Der Abs. 3 soll lauten:
In § 6 des Rabattgesetzes wird das Wort „Konsumvereine" gestrichen, soweit es nicht bereits
in 'einzelnen Ländern gestrichen worden ist.
Das wäre die Form, in der die beiden Ausschüsse durch den Mund des Herrn Berichterstatters die Neufassung dieses § 2 vorschlagen. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Einzelberatung.
Ich rufe dann weiter auf § 4 und § 5. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Einzelberatung der aufgerufenen Paragraphen und bitte die Damen und Herren, die ihnen zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einer Enthaltung mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Wer ihnen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen mit großer Mehrheit angenommen.
Damit ist die zweite Beratung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes abgeschlossen.
Ich trete in die
dritte Beratung
ein und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache in der dritten Beratung und trete in die Einzelberatung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird wohl nicht gewünscht? - Das stelle ich fest. Dann schließe ich die Einzelberatung in der dritten Beratung und komme zur Schlußabstimmung.
Wer dem Gesetz in der eben angenommenen Fassung der zweiten Lesung insgesamt zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einer Enthaltung mit großer Mehrheit in der dritten Beratung verabschiedet.
Zu dem Gesetz liegen noch zwei Entschließungsanträge vor, die in Ihren Händen sind, Umdruck 132 und Umdruck 133. Sollen sie besonders begründet werden? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme dann zur Abstimmung. Wer der Entschließung auf dem Umdruck 132 *) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit angenommen.
Wer der Entschließung Umdruck 133 **) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Soweit ich sehe,
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 5.
({5})
einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 4 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und des Verfahrensrechts ({6}) ({7}).
Das Wort hat der Herr Minister der Justiz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf des Rechtspflegergesetzes hat dem ersten Anschein nach nur Bedeutung für die innere Organisation in der Justiz. Seine Auswirkungen berühren jedoch darüber hinaus jeden Staatsbürger. Sollte der Entwurf Gesetz werden, so geht eine große Anzahl von Geschäften in der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch gesetzliche Bestimmungen vom Richter auf den Rechtspfleger über. Der Richter wird bei diesen Geschäften erst tätig werden, wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird oder wenn ihm der Rechtspfleger eine Sache wegen besonderer Schwierigkeit oder Bedeutung vorlegt.
Vor allem aber ist der Entwurf zugleich eine Zusammenfassung und der Abschluß der Arbeiten an der sogenannten Kleinen Justizreform. Diese Kleine Justizreform hat eine lange Vorgeschichte. Schon am 30. März 1906 forderte der Frankfurter Oberbürgermeister Adickes in einer berühmt gewordenen Rede im preußischen Herrenhaus die Freistellung des Richters von allen Aufgaben, die nicht der reinen Spruchtätigkeit zuzurechnen sind. Gesetzgeberischen Niederschlag fanden diese Gedanken zum erstenmal in der Zivilprozeßnovelle von 1909, die dem damals so genannten Gerichtsschreiber zwei richterliche Geschäfte zur selbständigen Erledigung übertrug. Der Gerichtsschreiber erhielt nämlich die Befugnis, die Kosten festzusetzen und den Vollstreckungsbefehl zu erteilen, d. h. Zahlungsbefehle für vollstreckbar zu erklären.
Nach dem ersten Weltkrieg bekamen die Entlastungsbestrebungen einen entscheidenden Auftrieb. Das Ansteigen der Geschäfte bei den Gerichten und die Personallage bei der Justiz führten dazu, daß der einmal eingeschlagene Weg, richterliche Geschäfte auf Urkundsbeamte zu übertragen, weiter verfolgt wurde. Das am 11. März 1921 verkündete Reichsgesetz zur Entlastung der Gerichte ist die Grundlage aller auch heute noch geltenden Entlastungsmaßnahmen. Der Reichsgesetzgeber beschränkte 'sich 'in ihm darauf, den Kreis der Geschäfte zu bezeichnen, die auf den Urkundsbeamten übertragen werden sollten. Die Durchführung der Übertragung, ihre Anordnung hinsichtlich der einzelnen Geschäfte überließ man jedoch den Landesjustizverwaltungen. Auf diese Weise ergingen in sämtlichen damaligen Ländern Entlastungsverfügungen, die im einzelnen die nunmehr von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - in der Folgezeit als Rechtspfleger bezeichnet - wahrzunehmenden Geschäfte aufführen.
Durch die Reichsentlastungsverfügung von 1943 waren die Verfügungen der Landesjustizverwaltungen auf Grund des Entlastungsgesetzes von 1921 für das gesamte Reichsgebiet im Verwaltungswege vereinheitlicht worden. Zu einer abschließenden gesetzlichen Regelung, in der die Stellung des
Rechtspflegers und sein Aufgabengebiet endgültig festgelegt worden wären, kam es jedoch bis heute noch nicht. Es ist unbestritten, daß der mit der Entlastungsgesetzgebung eingeschlagene Weg erfolgreich gewesen ist. Von keiner Seite wird bezweifelt, daß sich der Rechtspfleger in seinem bisherigen Aufgabenkreis voll bewährt hat. Das berechtigt nunmehr dazu und gibt Veranlassung, die Stellung des Rechtspflegers in der Justiz gesetzlich zu verankern.
Den ordentlichen Gerichten sind seit 1945 eine große Anzahl neuer Aufgaben zugefallen; ich brauche nur auf die Rechtsprechung über Wiedergutmachungs- und Entschädigungssachen sowie die Behandlung der Baulandsachen hinzuweisen. Auch in den alten Arbeitsgebieten ist, bedingt durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse, die Geschäftsbelastung in einem außerordentlichen Umfange angestiegen. Ich weiß nicht, ob ich Sie mit einigen Zahlen langweilen soll; aber ich glaube, es ist doch richtig, wenn ich bei der Einbringung dieses Gesetzes auf dieses Zahlenmaterial zurückgreife. So betrug z. B. die Zahl der Zivilprozesse vor den Amtsgerichten in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1948 rund 136 000, 1952 dagegen rund 345 000; in Niedersachsen 1948 rund 6 500, 1952 127 000 und 1953 115 000; in Hessen 1948 33 000, 1952 80 000, 1953 '79 000; und schließlich in Rheinland-Pfalz 1949 36 000, 1952 und 1953 dagegen je rund 50 000. Vielleicht - und es hat den Anschein - ist damit auf dem Gebiete des Zivilprozesses die Geschäftsbelastung ihrem Höhepunkt zugeführt worden; eine Vermehrung der anfallenden Streitsachen ist im letzten Jahre im allgemeinen nicht mehr eingetreten. Trotzdem aber steigen die Geschäfte in Zwangsvollstreckungssachen und auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch ständig weiter an. So gab es 1948 in Nordrhein-Westfalen 49 500 Zwangsvollstreckungssachen außer den Zwangsversteigerungen, Konkurs- und Vergleichsverfahren; 1952 waren es bereits 495 000, also eine Steigerung auf das Zehnfache. In Niedersachsen fielen 1948 17 000 Zwangsvollstreckungssachen an, dagegen 1952 172 000 - hier ist also die gleiche Bewegung festzustellen - und 1953 181 000. Für Rheinland-Pfalz lauten diese Zahlen ähnlich: 1949 rund 17 000, 1953 über 83 000. In Grundbuchsachen stieg die Zahl der Geschäfte in Niedersachsen von 258 000 im Jahre 1949 auf rund 513 000 im Jahre 1953, in Hessen von 147 000 im Jahre 1948 auf 443 000 im Jahre 1953, in Rheinland-Pfalz von 238 000 im Jahre 1949 auf 436 000 im Jahre 1953 und in Nordrhein-Westfalen von 349 000 im Jahre 1948 auf 1 048 000 im Jahre 1952. Diese Übersicht läßt sich auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch beliebig fortsetzen. Die Lage 'ist in allen Bundesländern die gleiche.
Die Folge des so gewaltigen Ansteigens der Geschäfte drückt sich in einer Überlastung der Gerichte und insbesondere der Richter aus. Wenn auch nunmehr beschränkte Möglichkeiten bestehen, neue Richterstellen zu schaffen und dadurch Abhilfe zu bringen, so muß aber vor allen Dingen darauf hingewiesen werden, daß die Zahl der Richterstellen aus anderen Gründen nicht unbegrenzt 'erhöht werden darf; denn wenn wir dem Richter eine angemessene Stellung im Staats- und Volksleben sichern und den Auftrag des Grundgesetzes, den Richterstand herauszuheben, erfüllen wollen, dann dürfen wir natürlich nicht auch gleichzeitig eine unangemessene Anzahl von Richterstellen schaffen.
({0})
Der Entwurf des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und des Verfahrensrechts, also das sogenannte Rechtspflegergesetz, das ich Ihnen heute vorzulegen die Ehre habe, hat damit zwei bedeutsame Aufgaben. Erstens soll eine möglichst große Zahl von Geschäften vom Richter auf den Rechtspfleger übertragen werden. Die Übertragung dieser Aufgaben soll nicht mehr im Wege der Verfügung der Landesjustizverwaltungen - das ist ein sehr wesentlicher Punkt -, sondern, nicht zuletzt aus rechtsstaatlichen Überlegungen, im Wege der gesetzlichen Regelung vorgenommen werden. Sie dient der Entlastung des Richters und soll angesichts der auch heute noch ständig steigenden Geschäftsbelastung der Gerichte mindestens einer weiteren Vermehrung der Zahl der Richter entgegenwirken. Zweitens soll dem Rechtspfleger eine feste Stellung in der Gerichtsverfassung gegeben werden. Ich habe mir erlaubt, darauf hinzuweisen, daß diese gesetzlich festgelegte Stellung bisher nicht vorhanden gewesen ist.
Bei der Übertragung von Geschäften auf den Rechtspfleger sind zunächst die Grenzen zu beachten, die Art. 92 des Grundgesetzes setzt. Danach ist die rechtsprechende Gewalt den Richtern anvertraut. Alle Akte der Rechtsprechung müssen dem Richter vorbehalten bleiben. Es müssen aber auch alle die Geschäfte beim Richter verbleiben, die entweder materiell, wenn auch nicht der Form nach, einer Streitentscheidung gleichstehen oder die wegen ihrer rechtlichen oder wirtschaftlichen Bedeutung und Schwierigkeit die Entscheidung durch den Richter mit seinen vorausgesetzten großen Kenntnissen erfordern.
Diese Grenzen für die Übertragung von Geschäften auf den Rechtspfleger haben ihre unmittelbare Auswirkung auf den Entwurf gehabt. Da die Tätigkeit des Richters im Zivilprozeß, in Konkurs-, Vergleichs- und Zwangsversteigerungssachen fast nur rechtsprechende Tätigkeit ist, können hier dem Rechtspfleger nur einzelne, im Entwurf genau aufgezählte Geschäfte übertragen werden. Dagegen ist es im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit möglich, ganze Gruppen von Geschäften - z. B. auf dem Gebiete des Vormundschaftswesens und des Grundbuchwesens - dem Rechtspfleger zu übertragen und im Gesetz lediglich durch Vorbehaltskataloge die Geschäfte zu bezeichnen, die weiterhin vom Richter bearbeitet werden müssen.
Für die Stellung des Rechtspflegers sind zunächst die Vorschriften des Entwurfs über die Ausbildung zum Rechtspfleger bedeutsam. Danach kann mit den Aufgaben eines Rechtspflegers nur ein Beamter betraut werden, der die Prüfung für den gehobenen Justizdienst bestanden hat. Voraussetzung für die Zulassung zu dieser Prüfung ist ein dreijähriger Vorbereitungsdienst, wobei mindestens 8 Monate auf einen fachwissenschaftlichen Lehrgang an einer Rechtspflegerschule entfallen müssen. Aber mit dem Bestehen der Prüfung entsteht noch kein Anspruch auf Beschäftigung als Rechtspfleger. Die Länder werden bei der Betrauung eines Beamten mit den Aufgaben eines Rechtspflegers eine Auswahl zu treffen haben. Eine solche Auslese wird vom Gesetzentwurf vorausgesetzt. Der Entwurf sieht vor, daß die Landesjustizverwaltungen hierfür ergänzende Vorschriften treffen, insbesondere auch den Ausbildungsgang des Rechtspflegeranwärters im einzelnen festlegen können.
Der Rechtspfleger entscheidet bei der Bearbeitung der ihm übertragenen Geschäfte selbständig. Er ist bei der Entscheidung nur dem Gesetz unterworfen. Der Entwurf spricht hier aus, was von Rechtsprechung und Wissenschaft bisher schon allgemein angenommen wurde. Aber er will auch hier zum erstenmal eine ausdrückliche Festlegung, eine gesetzliche Verankerung der sachlichen Entscheidungsfreiheit des Rechtspflegers erreichen.
Der Rechtspfleger ist damit sachlich unabhängig. Hieran ändert auch nichts, daß er in bestimmten Fällen eine Sache dem Richter zur Entscheidung vorzulegen hat. Diese Vorlagepflicht besteht insbesondere, wenn der Rechtspfleger von einer ihm bekannten Stellungnahme des Richters abweichen will. Damit wird die Einheit der Rechtsauffassung und der Rechtsanwendung in dem einzelnen Gerichtsbezirk soweit wie möglich sichergestellt. Dem gleichen Zweck dient es, wenn als Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Rechtspflegers stets die Erinnerung an den Richter gegeben ist. Der Rechtsbehelf der Erinnerung führt daneben auch dazu, daß dem Staatsbürger aus der Neuverteilung der Geschäfte zwischen Richter und Rechtspfleger keine zusätzlichen Lasten erwachsen, insbesondere daß der Richter für ihn jederzeit erreichbar und damit volksnah bleibt.
Gegen den Gesetzentwurf sind in der bisherigen Erörterung verschiedene Einwendungen erhoben worden, insbesondere, er erziele gegenüber dem bisherigen Zustand nach der Reichsentlastungsverfügung praktisch nur noch einen geringen Entlastungseffekt. Der Bundesrat hat in seinen Änderungsvorschlägen angeregt, über den Entwurf hinaus weitere Geschäfte, vor allem auf dem Gebiete des Vormundschafts- und Grundbuchwesens, auf den Rechtspfleger zu übertragen. Andererseits werden die in dem Entwurf vorgesehenen Maßnahmen als zu weitgehend angegriffen. Die Stellungnahmen der beteiligten Kreise und insbesondere die Vorschläge des Bundesrates sind von der Bundesregierung sorgfältig geprüft worden. Mit Rücksicht auf die Grenzen, die der Übertragung von Geschäften auf den Rechtspfleger durch das Grundgesetz und dadurch gesetzt sind, daß rechtlich und wirtschaftlich bedeutsame Entscheidungen dem Richter vorbehalten bleiben müssen, hält die Bundesregierung eine Übertragung weiterer Geschäfte auf den Rechtspfleger zum Teil nicht für zulässig, zum Teil aber auch nicht für zweckmäßig. Nicht richtig ist es, wenn behauptet wird, daß kaum noch ein Entlastungseffekt eintreten würde. Auch in der vorliegenden Form wird der Entwurf den Aufgabenbereich des Rechtspflegers sehr wesentlich erweitern. Ein großer Teil der dem Richter nach der Entlastungsverfügung noch vorbehaltenen Geschäfte soll auf den Rechtspfleger übergehen, so z. B. im wesentlichen die Führung des Handelsregisters B, die meisten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen, fast alle Geschäfte in Grundbuchsachen und das gesamte Mahnverfahren sowie das Aufgebotsverfahren mit Ausnahme des Aufgebotstermins und des etwa anschließenden Anfechtungsverfahrens.
Der Entwurf des Rechtspflegergesetzes beruht in erheblichem Umfange auf Vorschlägen eines Ausschusses, den die Landesjustizverwaltungen im Sommer 1951 zur Vorbereitung der Kleinen Justizreform eingesetzt haben. Wir haben Veranlassung, der Arbeit dieser Kommission besonders zu gedenken. Im November 1952 wurde der Entwurf schon
({1})
einmal im Bundestag in erster Lesung beraten. Es war dem 1. Bundestag nicht möglich, den damaligen Entwurf noch zu verabschieden. Nach dem Zusammentritt des jetzigen Hohen Hauses war eine nochmalige Behandlung im Bundesrat erforderlich, so daß erst heute wieder eine erste Lesung stattfinden kann. Sie werden es verstehen, wenn ich bei dieser Sachlage das Hohe Haus besonders darum bitte, den Entwurf in den kommenden Erörterungen als dringlich behandeln zu wollen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der ersten Lesung.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf namens der sozialdemokratischen Fraktion versichern, daß die Opposition ebenso wie die Regierung der Auffassung ist, daß eine gesetzliche Regelung der Rechtsstellung des Rechtspflegers und des Umfanges seiner Befugnisse als notwendig anzuerkennen ist. Aus dieser Erwägung kann ich mir Ausführungen zur Rechtfertigung des vorliegenden Gesetzentwurfs ersparen und möchte mich - ohne allerdings in der ersten Lesung auf Einzelheiten eingehen zu wollen - auf einige Worte der Kritik beschränken.
Dieser Entwurf ist uns als eines der Justizreformgesetze vorgestellt worden. Wenn man sich aber den Entwurf und die Einzelbestimmungen des Entwurfs betrachtet, muß man sagen: es fehlt die Kühnheit und der große Wurf, die wir von einem Justizreformgesetz erwartet hätten und wünschen. Wir sind zwar der Meinung, daß der Ausgangspunkt, den dieses Gesetz wählt, logisch richtig ist. Die Grundlage für eine Verteilung der Geschäfte und damit eine Zuweisung von Geschäften an den Rechtspfleger ist Art. 92 des Grundgesetzes. Insoweit stimme ich dem Herrn Bundesminister der Justiz zu. Die Frage ist, ob die Konsequenzen aus Art. 92 des Grundgesetzes richtig gezogen worden sind. Nach der in Art. 92 festgelegten Richtlinie hat der Richter die Aufgabe, Streit zu entscheiden. Demgemäß verbleibt für den Rechtspfleger die ordnende Tätigkeit, also vornehmlich das Tätigkeitsgebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ich darf darauf hinweisen, daß die freiwillige Gerichtsbarkeit im materiellen Sinne weithin verwaltende Tätigkeit ist. Aus dieser Ausgangsüberlegung mußte sich die Konsequenz ergeben, daß generell eine Vermutung der Zuständigkeit des Rechtspflegers für das Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit und umgekehrt eine Vermutung der Zuständigkeit des Richters für das Gebiet der streitigen Gerichtsbarkeit gegeben ist.
Diese klare Linie ist nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion in dem Gesetzentwurf nicht zum Ausdruck gebracht worden. Aus dieser Linie sollte sich ergeben, daß aus dem gesamten Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit allenfalls im Wege von Einzelvorbehalten dem Richter bestimmte Aufgabengebiete überlassen bleiben. Ich verweise hier als negatives Beispiel - ich möchte auf Einzelheiten nicht eingehen - auf die Regelungen, die der Gesetzentwurf zu den Urkundssachen vorsieht. An diesem Punkt wird von der klaren Trennungslinie, die sich aus Art. 92 zwangsläufig ergibt, abgegangen. Bei den Urkundssachen ist für Einzelvorbehalte für den Richter kein Raum, sondern sollten, wie der Bundesrat es vorsieht, dem Richter allenfalls im Wege von Einzelvorbehalten bestimmte Aufgabenbereiche überlassen bleiben. Es sollte nicht, wie der Entwurf es vorsieht, eine Einzelübertragung von bestimmten Aufgabengebieten in diesem Bereich an den Rechtspfleger erfolgen.
Die Begründung des Regierungsentwurfs stützt sich bei dem Verlassen der klaren Linie, die sich aus Art. 92 des Grundgesetzes ergibt, darauf, daß bestimmte Aufgabenbereiche erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Es ist davon die Rede, daß für bestimmte Bereiche auch auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit besondere Rechtskenntnisse erforderlich sind. Wir haben den Eindruck, daß hier die Existenz des § 5 Abs. 1 Ziffer 2 völlig übersehen wird. Diese Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, bei besonderer Schwierigkeit der Rechtslage den Richter in Anspruch zu nehmen. Diese Regelung gibt Raum dafür, hier eine elastische, eine großzügige Lösung zu schaffen und auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine generelle Übertragung von bestimmten Bereichen auf den Rechtspfleger vorzusehen. Nur auf diese Weise erfolgt eine echte Entlastung des Richters, wird ein Anfangsschritt zu einer echten Justizreform getan und wird auch der Richter, indem er eben von verwaltender Tätigkeit im materiellen Sinne dieses Begriffs weitgehend freigestellt wird, in seiner Position gehoben. Nur auf diese Weise besteht die Möglichkeit, daß er zu der Persönlichkeit emporwächst, die ein Richter etwa in den angelsächsischen Staaten darstellt. Ich will nicht sagen, daß wir in absehbarer Zeit und auf Jahrzehnte hinaus diese Richterpersönlichkeiten entwickeln werden. Dazu ist die historische Entwicklung bei uns in ganz anderen Bahnen verlaufen. Aber diese Stärkung der Persönlichkeit des Richters sollte doch für uns dann, wenn wir uns über Justizreformgesetze unterhalten, ein Ziel, ein Markstein sein.
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Deshalb kann nicht das Gefühl der Ängstlichkeit maßgebend sein, wenn wir uns über die Stellung des Rechtspflegers in der künftigen Gerichtsverfassung unterhalten. Diese Ängstlichkeit tritt aber nach unserer Auffassung in dem uns vorliegenden Entwurf in einem zu starken Maße zutage.
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Wie dem auch sei, wir betrachten immerhin den vorliegenden Entwurf als eine brauchbare Grundlage für die Erörterungen im Ausschuß und werden deshalb durchaus der Überweisung in den Ausschuß zustimmen. Wir werden uns dann im Ausschuß schon bemühen, aus diesem Entwurf ein echtes Justizreformgesetz zu machen.
An dieser Stelle darf ich abschließend noch einen Wunsch äußern. Jedes echte Reformgesetz erfordert selbstverständlich Mut, Mut zu neuen Taten. Wir wissen, daß der Herr Justizminister dem Bundestage im Laufe der Legislaturperiode noch einige andere Reformgesetze vorlegen wird. Ich darf deshalb dem Herrn Bundesminister der Justiz zurufen: Herr Minister, zeigen Sie dann Mut, Mut zum Neuen, Mut zum Frischen und zum Fortschrittlichen!
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Das Wort hat der Abgeordnete Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der FDP kann auch ich erklären, daß wir der Grundlinie dieses
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Gesetzentwurfes zustimmen und daß wir durchaus das unterschreiben, was der Herr Bundesjustizminister zur Begründung angeführt hat.
Mein Herr Vorredner hat sehr beachtliche Gesichtspunkte in der Richtung angeführt, daß dieses Gesetz dazu dienen solle, Richterpersönlichkeiten heranzuziehen, also nebenbei eine Art Richtererziehungsgesetz zu sein. Ich möchte dem nicht widersprechen. Aber ich möchte nun die Sache gerade von der anderen Seite, von der Seite des Rechtsuchenden betrachten. Dogmatisch wäre es natürlich sehr klar, wenn man diese beiden Vermutungen hier hereinbringen würde: in der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Vermutung für die Zuständigkeit des Rechtspflegers, in streitigen Dingen die Vermutung für die Zuständigkeit des Richters. Für die Rechtsanwendung scheint mir aber die Abgrenzung, die hier im Entwurf getroffen worden ist, praktikabler zu sein, wenn sie auch äußerlich in den drei verschiedenen Kategorien etwas kompliziert aussieht.
Ich möchte einige Bedenken zu einzelnen Punkten anmelden, in denen mir die Übertragung von Geschäften an den Rechtspfleger zu weit zu gehen scheint. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, nur zwei Beispiele. Selbstverständlich ist es klar, daß das Mahnverfahren, die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen usw. dem Rechtspfleger übertragen werden sollen. Dagegen habe ich z. B. Bedenken, Entscheidungen im Falle des § 125 ZPO, also betreffend die Nachzahlungspflicht nach gewährtem Armenrecht, oder im Falle des § 118 a ZPO dem Rechtspfleger zu überlassen. Hier soll nach dem Entwurf der Rechtspfleger sogar befugt sein, Vergleiche zu protokollieren. Da versagt dann die Bremse, die sonst eingebaut ist, die Erinnerung; denn der Vergleich ist ja, wenn er abgeschlossen ist, unwiderruflich und nur noch unter dem Gesichtspunkt der Drohung und des Irrtums anfechtbar. Ich würde auch keine Bedenken tragen, etwa die Durchführung des Konkursverfahrens dem Rechtspfleger zu überlassen. Dagegen erscheint es mir wieder fraglich, ob man das beim Vergleichsverfahren machen kann, bei dem doch die Befugnisse des Richters sehr weitgehend sind. Im ganzen gesehen, dürfte aber der Katalog des Entwurfs immerhin eine sehr brauchbare Grundlage für die Aufteilung der Befugnisse sein.
Bedenken dagegen erwecken die Ausweitungstendenzen des Bundesrats. Der Bundesrat will sogar sämtliche Verschollenheitsangelegenheiten dem Rechtspfleger überlassen. Es handelt sich hier nicht nur um rein formale Entscheidungen, sondern um Entscheidungen, die sehr tief eingreifen. Ferner will er die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts bei Anfechtung der Ehelichkeit dem Rechtspfleger überlassen. Gerade diese Entscheidung ist aber oft für den praktischen Ausgang der Sache maßgebend, weil das Gericht ja nachher nur zu prüfen hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Vor allem ist mir der Vorschlag des Bundesrates bedenklich, die Strafverfügungen ebenfalls dem Rechtspfleger zu überlassen. Hier findet sich in der Begründung des Bundesrates der ominöse Satz:
Eine besondere juristische Vorbildung ist nicht
Voraussetzung der Richtereigenschaft im Sinne
des Art. 92 des Grundgesetzes.
Ich darf annehmen, daß der Bundesrat hierbei nicht etwa an die „Volksrichter" als Vorbild gedacht hat. Er erwähnt die Laienrichter und Arbeitsrichter.
Das Beispiel der Laienrichter zieht nicht; denn der Laienrichter entscheidet ja nicht allein, sei es als Richter für Handelssachen, sei es als Schöffe oder Geschworener, und ob es glücklich war, die Besetzung der Arbeitsgerichte mit Nichtjuristen zuzulassen, darüber kann man verschiedener Ansicht sein. Es scheint mir ein falscher Gedankengang zu sein, wenn man sagt: als Richter für den kleinen Mann genügt auch ein Nichtjurist. So kommt es, daß der kleine Mann in vielen Fällen, sei es vor dem Arbeitsgericht, sei es vor dem Rechtspfleger, sei es bei uns in Württemberg vor dem Friedensgericht - eine besonders unerfreuliche Erscheinung! -, überhaupt ohne Juristen steht. Der kapitalkräftige Mann kann sich wenigstens einen Rechtsanwalt leisten; er hat, wenn auch der Richter kein Jurist ist, doch einen Anwalt. Es ist mir also unverständlich, daß man gerade hier die Anliegen des kleinen Mannes für gering erachtet. Ich kann aus meiner Praxis als Anwalt sagen, daß der Klient es immer sehr bedauert, wenn man ihm sagen muß: „Mit einem Beleidigungsprozeß mußt du vor dem Friedensgericht Recht suchen." Ich habe es noch nie erlebt, daß jemand darauf gesagt hätte: „Das freut mich aber, daß ich ein volksnahes Gericht habe! Hier ist ein Mann ohne juristische Verbildung tätig!" Im Gegenteil, jeder möchte vor den Amtsrichter, vor den ordentlichen Richter.
Es scheint mir auch aus solchen Äußerungen, wie sie hier vom Bundesrat zur Begründung der Übertragung der Strafverfügungen auf den Rechtspfleger vorgebracht werden, noch ein gewisses Mißtrauen gegen den Richter zu sprechen, das vom „Dritten Reich" unbewußt herrührt, das aber doch, wenn man die Haltung unserer Richterschaft in dieser Zeit bedenkt, in keiner Weise gerechtfertigt ist. Ich möchte diesen Gesichtspunkt hier nicht weiter vertiefen; ich wollte ihn nur andeuten.
Namens unserer Fraktion kann ich also sagen, daß wir im großen und ganzen dem Vorschlag der Bundesregierung durchaus zustimmen können und der Verweisung in den Rechtsausschuß ebenfalls zustimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Czermak.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir vom Gesamtdeutschen Block/BHE begrüßen grundsätzlich eine bundeseinheitliche Regelung auch auf diesem Rechtsgebiet. Bei der notorischen Arbeitsüberlastung unserer Richter, besonders bei den größeren Gerichten, erscheint es unbedingt notwendig, daß sie durch Rechtspfleger, insbesondere auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, entlastet werden, damit sie zu ihrer echten richterlichen Tätigkeit kommen.
Allerdings muß dabei eine wirklich gute, ausreichende Vorbildung und Qualifikation der Rechtspfleger verlangt werden; denn nichts, meine Damen und Herren, ist gefährlicher, vor allem in der Justiz, als Halbbildung.
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Es muß daher vor allem auch die Frage der Kompetenzen der Rechtspfleger, insbesondere der Erweiterung ihrer bisherigen Aufgaben, im Rechtsausschuß gründlich erörtert werden. Im Interesse
aller Staatsbürger, aller Rechtsuchenden, einer gesicherten, geordneten Justiz sollte die letzte Ver({1})
antwortung besonders in Rechtsfragen von Bedeutung beim Volljuristen, beim Berufsrichter, liegen. An voll ausgebildetem richterlichem Nachwuchs, an den hier auch gedacht werden muß, fehlt es uns Gott sei Dank sicherlich nicht.
Bedenken, vor allem auch verfassungsrechtlicher Natur, bestehen bei § 29 - betreffend die Aufhebung von Amtsgerichten oder Umwandlung in Zweigstellen - zunächst in der Frage der Länderkompetenz, wie aus der Stellungnahme des Bundesrates ersichtlich ist. Es fragt sich überhaupt, ob diese Bestimmung in ein Rechtspflegergesetz oder nicht vielmehr in ein Gerichtsorganisationsgesetz gehört.
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Auch kann die Frage der Existenzberechtigung eines Amtsgerichts oder einer Zweigstelle nicht von der Person eines Rechtspflegers, sondern nur von der des amtierenden Richters abhängig gemacht werden.
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Meine Damen und Herren, mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit will ich auf weitere Einzelfragen in der ersten Lesung nicht eingehen. Wir werden der Überweisung an den Rechtsausschuß zustimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Platner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem Gesetzentwurf im wesentlichen zu; denn er ist ein entscheidender Schritt zur funktionellen Entlastung des Richters von subalternen Aufgaben und schafft durch Verminderung der Richterzahl die Möglichkeit, die Stellung und das Ansehen des Richters zu erhöhen. Ich unterstreiche das, was der Herr Minister der Justiz soeben hier ausgeführt hat, daß gerade nach dem Willen des Grundgesetzes der Richter der Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt sein soll. Das erfordert aber eine Erhöhung seiner Stellung. Ein Teil meiner Freunde ist allerdings der Auffassung, dieses Rechtspflegergesetz sei nicht notwendig, weil eine genügende Anzahl von juristisch ausgebildeten Kräften vorhanden sei. Aber darum geht es bei diesem Gesetz nicht. Es geht nicht darum, daß junge Juristen in Richterstellen kommen, sondern es geht hier um die entscheidende Frage der funktionellen Entlastung des Richters von rein technisch-formalen Aufgaben.
Die Auswirkung dieses Gesetzes liegt natürlich in der Länderebene. In dieser Beziehung darf am Rande der Debatte gesagt werden, daß gerade bei den Landesjustizverwaltungen eine ungeheure Arbeitsüberlastung der Richter besteht und daß diese die Qualität der Rechtsprechung nicht unerheblich beeinträchtigt; denn ein von der Arbeit gehetzter Richter kann den Feinheiten des einzelnen Streitfalles nicht in dem Maße nachgehen, wie es im Interesse der Gerechtigkeit notwendig ist, und daraus ergibt sich zwangsläufig eine relative Krise des Vertrauens zur Justiz.
Aber auch diese Frage steht mit der Grundtendenz dieses Gesetzes nicht im Zusammenhang; denn dabei handelt es sich nur um rein finanzielle Dinge: Schaffung der notwendigen Planstellen. Deshalb halte ich es für erforderlich, in diesem
Hause einmal zu sagen, daß es in einigen Ländern notwendig ist, die Justiz, finanziell gesehen, aus der Rolle des Aschenbrödels zu erlösen.
Als Grund für die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist in der öffentlichen Debatte auch angeführt worden, man wolle durch seine Verabschiedung die Rechtspflege verbilligen. Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen: wo es um die ideellen Werte von Recht und Gerechtigkeit geht, da kann der Grundsatz der Billigkeit keine Rolle spielen.
Der Herr Minister hat vorhin bereits gesagt, daß dieses Gesetz sich zwei Aufgaben stellt. Ich darf zu diesen beiden Aufgaben kurz noch einiges sagen. Zunächst die Frage der funktionellen Stellung des Rechtspflegers. Herr Kollege Wittrock von der sozialdemokratischen Fraktion hat die Frage bereits erörtert, ob nicht in diesem Gesetz der Aufgabenbereich des Richters einerseits und des Rechtspflegers andererseits grundsätzlich hätte abgegrenzt werden können. Herr Kollege Wittrock hat unter Bezugnahme auf Art. 92 des Grundgesetzes die Meinung vertreten, diese Abgrenzung könne nach der Richtung versucht werden, daß als Aufgabenbereich des Richters grundsätzlich die rechtsprechende Tätigkeit im Sinne der Streitentscheidung bezeichnet werde, andererseits als grundsätzlicher Aufgabenbereich des Rechtspflegers die rechtsordnende Tätigkeit im Bereiche der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Wir sind der Ansicht, daß diese schematische Trennung der beiden Aufgabenbereiche grundsätzlich unmöglich ist. Zwischen streitiger und freiwilliger Gerichtsbarkeit bestehen zahlreiche Übergänge. Diese beiden Gebiete lassen sich gar nicht so mit einem Strich abgrenzen, wie manche Teilnehmer an der Debatte um dieses Gesetz es sich denken. Auch im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es Streitentscheidungen.
Ganz richtig ist die Regierung im Hinblick auf die Bedürfnisse von Rechtsschutz und Rechtssicherheit hier einen Mittelweg gegangen, wie er in § 3 des Gesetzentwurfs im einzelnen aufgezeigt worden ist. Auf diesem Wege wird die Gefahr einer Verminderung der Qualität der Rechtspflege und eines Formalismus gebannt. Wenn Herr Kollege Wittrock von der Sozialdemokratischen Partei gemeint hat; daß im Hinblick auf § 5 Abs. 2 des Gesetzentwurfs eine - wenn auch flüssige - Grenzziehung zwischen den Aufgabenbereichen des Richters und des Rechtspflegers möglich sei, so muß dazu gesagt werden: Glaubt man denn etwa, daß ein Rechtspfleger, der sich nun als qualifizierter gehobener Justizbeamter fühlt, so schnell zur Vorlage eines Falles an den Richter bereit sein wird?
Wir stimmen grundsätzlich auch der Regelung des § 8 zu. Mit der Regierung sind wir der Auffassung, daß dem Rechtspfleger als Organ der Rechtspflege die Selbständigkeit bei seinen Entscheidungen gewährleistet werden muß. Aber es ist unseres Erachtens nicht angängig, dem Rechtspfleger eine Unabhängigkeit zuzugestehen, denn nach unserer Sicht ist er nicht Organ der rechtsprechenden Gewalt.
Im einzelnen darf ich noch kurz folgendes sagen. Wir stimmen der Aufgabenaufteilung- zwischen Richter und Rechtspfleger, wie der § 3 des Gesetzentwurfs sie im einzelnen zeigt, im Prinzip zu. Wir sind mit der Regierung der Auffassung, daß diese Grundlinie eingehalten werden muß, weil dem höher qualifizierten Richter einmal alle Akte
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der Rechtsprechung, ferner alle Geschäfte, die einen schwerwiegenden Eingriff in die Interessen Beteiligter darstellen, und schließlich auch Geschäfte, die den Rahmen rein technisch formaler Geschäfte überschreiten, vorbehalten bleiben müssen.
Eine Frage darf ich noch besonders behandeln. Der Bundesrat hat zum Ausdruck gebracht, daß er die ganze Beurkundungstätigkeit generell dem Rechtspfleger übertragen wissen will. Wir sind der Auffassung, daß die Beurkundungstätigkeit von demjenigen, der sie ausübt, ganz erhebliche Rechtskenntnisse fordert. Wir haben deshalb grundsätzliche Bedenken gegen eine völlige Übertragung der Beurkundung auf den Rechtspfleger. Aber am Rande der Debatte stellen wir hier die Frage: Warum beschreitet man nicht den Ausweg, ein Beurkundungsmonopol für die Notare im gesamten Bundesgebiet zu schaffen?
Meine Fraktionsfreunde werden im Ausschuß die Abgrenzung des beiderseitigen Aufgabenbereichs in den Einzelheiten noch in aller Eindringlichkeit erörtern, weil es uns notwendig erscheint, diese Grenzziehung in einzelnen Punkten zu revidieren. Aber im Prinzip begrüßen wir den Entwurf, und wir werden uns bei der Beratung im Ausschuß von den Bedürfnissen des Rechtsschutzes und der Rechtssicherheit leiten lassen; denn wir sind uns bewußt, daß es bei diesem Gesetz um sehr hohe Werte unseres Volkes geht, nämlich um Recht und Gerechtigkeit.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe daher die allgemeine Aussprache in der ersten Lesung. Es liegt vor ein Antrag auf Überweisung dieses Gesetzentwurfes an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. Ich unterstelle, daß das Haus damit
einverstanden ist. - Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, es ist die interfraktionelle Anregung an mich herangetragen worden, um auch dem einstimmigen Übereinkommen im Ältestenrat, um 13 Uhr Schluß zu machen, nachkommen zu können, die Punkte 5 und 7 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Ist das Haus damit einverstanden?
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- Das ist der Fall. Dann sind die Punkte 5 und 7 abgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Dritte Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 24. Oktober 1953 zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens ({1}) ({2}).
Es liegt eine interfraktionelle Vereinbarung darüber vor, daß weder begründet noch debattiert werden soll. Ich schließe deshalb die erste Beratung und schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. - Das Haus ist damit einverstanden. Dann ist die Überweisung beschlossen.
Bevor ich schließe, gebe ich noch bekannt, daß die Wochenpost in die Fächer des Tagungsbüros gelegt worden ist und nicht an die Heimatadresse verschickt wird.
Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste, die 35. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Donnerstag, den 24. Juni 1954, 9 Uhr, und schließe die heutige 34. Sitzung des Deutschen Bundestags.