Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 7/4/1957

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung. Ichhabe zunächst mitzuteilen, daß nach einer interfraktionellen Vereinbarung die Punkte 61 und 63 bis 69 von der Tagesordnung abgesetzt worden sind. Ich rufe auf Punkt 9 der gedruckten Tagesordnung, die Ihnen vorliegt: Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ({0}); Schriftlicher . Bericht des Ausschusses fur Wirtschaftspolitik ({1}) ({2}) Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann, ich erteile Ihnen das Wort.

Dr. Karl Hoffmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000940, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da interfraktionell vereinbart worden ist, Ida wir uns in der dritten Lesung des Kartellgesetzes auf verhältnismäßig kurze Erklärungen beschränken wollen, möchte ich mich damit begnügen, mitzuteilen, daß die Fraktion der Freien Demokraten trotz erheblicher Bedenken .beschlossen hat, dem Kartellgesetzentwurf in der gestern in zweiter Beratung beschlossenen Fassung zuzustimmen. Wir tun das nicht, weil wir etwa der Meinung sind, daß dieser Gesetzentwurf die Voraussetzungen erfüllt, das zu sein, was der Herr Bundeswirtschaftsminister einmal ein Grundgesetz der Sozialen Marktwirtschaft genannt hat. Davon kann gar keine Rede sein, zumal es gestern in der zweiten Beratung nicht gelungen ist, auch nur die unangenehmsten, empfindlichsten Beschränkungen des Prinzips der Verbotsgesetzgebung wieder zu beseitigen. Es ist begreiflich, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister bei der Behandlung des Gesetzes geneigt war, viele Kompromisse 'hinzunehmen; denn es ist psychologisch verständlich, daß es für ihn außerordentlich peinlich gewesen wäre, wenn dieser Gesetzentwurf, um den nun schon ein siebenjähriger Krieg geführt worden ist, in der zweiten Legislaturperiode des Bundestages wiederum nicht über die Runden zu bringen gewiesen wäre. Aber es bleibt nun einmal die Tatsache bestehen, daß diese Vorlage, so wie sie jetzt beschlossen werden soll, gegenüber dier ursprünglichen Konzeption dies Regierungsentwurfs außerordentlich stark de({0}) naturiert ist. Man kann allenfalls sagen, daß es sich hier um einen, wenn auch hÖchst unvollkommenen Anfang einer gesetzlichen Sicherung des Wettbewerbs handelt. Wir haben gestern immerhin mit lebhaf ter Interesse davon Kenntnis genommen, daß der Abgeordnete Dr. Erhard nach der +ausgezeichneten Rede unseres Kollegen Professor Böhm bei der Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 57 Abs. 4 mit diem Team gestimmt hat, dem er es zu verdanken hat, daß wenigstens das Prinzip der Verbotsgesetzgebung in diesem Gesetz gerettet worden ist. ({1}) Meine Damen und Herren, wir haben in der Fraktion lange geprüft, was überwiegt: die Bedenken gegen die starke Verwässerung des Gesetzentwurfs ioder der 'Gedanke daran, daß hier immerhin ein Anfang zu einer Kartellgesetzgebung gemacht wird, die man später ergänzen und verbessern kann. Wir haben uns dabei überlegt, daß zwar das geltende Recht, das alliierte Recht, das Bundesrecht geworden ist, ,dem Grundsatz der Verbotsgesetzgebung - dem wir zuneigen - besser als dieser Gesetzentwurf entspricht, daß aber auf der anderen Seite die bisherige Rechtslage deshalb unbefriedigend ist, weil ,die organisatorischen Voraussetzungen dafür fehlen, dieses Verbotsprinzip auch wirklich durchzusetzen. Insofern bedeutet dieser Gesetzentwurf unserer Auffassung nach doch einen gewissen Fortschritt, weil wir in Gestalt der Kartellbehörden, insbesondere des Bundeskartellamts, nun die Apparatur schaffen, die uns die Möglichkeit gibt, gestützt auf Erfahrungen, die mit diesem Gesetzentwurf gemacht werden, in Zukunft zu Verbesserungen zu kommen. Wir haben deshalb auch so .großen Wert darauf gelegt, daß sich die Arbeit des Bundeskartellamtes möglichst großer Publizität erfreut. Sie haben ja gestern auch unseren Antrag angenommen, wonach dier Bericht, den die Kartellbehörde alljährlich zu veröffentlichen hat, durch die Bundesregierung auch diesem Hause vorgelegt werden muß. Das Haus wird dann zu prüfen haben, welche Maßnahmen, eventuell auch welche Novellierungen des Gesetzes auf Grund der Erfahrungen der Kartellbehörde erforderlich erscheinen. Wir Freien Demokratenstimmen also dem Gesetz in der vorliegenden Fassung nicht deshalb zu, weil wir es für befriedigend halten, sondern weil wir in ihm eine Chance sehen, durch spätere Novellierung zu einem wirklich brauchbaren Grundgesetz der Wettbewerbswirtschaft zu gelangen. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Stegner.

Artur Stegner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002228, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hoffmann hat uns an die Zeiten erinnert, wo der Herr Bundeswirtschaftsminister das vorliegende Gesetz als die Magna Charta, als das Grundgesetz der deutschen Wirtschaft gepriesen hat. Wir haben gestern aus seinem Munde nichts mehr dergleichen gehört. Wir haben eigentlich gar nichts gehört. Nun, ich kann das auch verstehen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie während der zweiten Lesung dieser „Magna Charta" zu beobachten, und ich habe eigentlich Ihr traditionell so beliebtes optimistischfröhliches Gesicht vermißt. ({0}) Ich habe mehr nachdenkliche Züge in Ihrem Gesicht wahrgenommen. ({1}) In der Tat, die Freude, die sonst ein Vater bei der Geburt seines Kindes empfindet, haben Sie nicht empfinden können, ({2}) weil es sich ja gar nicht um Ihr eigenes Kind, sondern höchstens um Ihr Adoptivkind oder Stiefkind handeln kann. ({3}) Meine politischen Freunde und ich haben damals Ihren recht klaren Verbotsentwurf, wie ihn der Regierungsentwurf darstellte, begrüßt. Selbst derjenige, der sich mit dem Kartellgesetz nie beschäftigt hat, merkt ja bei der Gegenüberstellung von Regierungsentwurf und Ausschußfassung, daß es selten einen Entwurf in diesem Hause gegeben hat, auf den der Ausschuß so starken Einfluß ausgeübt und an dem er so starke Änderungen vorgenommen hat. ({4}) - Herr Hellwig, ich darf einen kleinen Augenblick unterbrechen. Diesen Vorwurf hat mir Herr Illerhaus gestern schon gemacht. Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, daß es in diesem Hause große und kleine Fraktionen gibt. Herr Hellwig, Sie haben das große Glück, der größten Fraktion anzugehören - ich meine das nicht politisch, sondern organisatorisch! ({5}) Infolgedessen haben Sie den Vorzug, daß die CDU in jedem großen Ausschuß mit 10 bis 12 Ihrer Kollegen vertreten ist. Selbst wenn also die Hälfte der Kollegen ausfällt, haben Sie noch genug Arbeitsspielraum. Ich habe den Nachteil - organisatorisch wiederum -, ({6}) einer kleinen Fraktion anzugehören. ({7}) - Ja, einer ganz kleinen! Aber es haben auch schon andere klein angefangen. ({8}) Ich habe also den Nachteil, organisatorisch meinetwegen der kleinsten Fraktion dieses Hauses anzugehören. Bei uns muß bei der Fülle der Ausschüsse - über deren Notwendigkeit man ja auch streiten kann - ein Kollege fünf bis sechs Ausschüsse wahrnehmen. Es dürfte auch Ihnen nicht entgangen sein, daß die Termine der Ausschüsse am Mittwoch und Donnerstag jeder Woche weitgehend zusammenfallen. Da ergibt sich eben für ({9}) uns die Notwendigkeit, an Ausschußberatungen von sehr langer Dauer wie bei dem Kartellgesetz - ({10}) - Ja, wir haben wichtigere Sachen gehabt; das zeigt das Ergebnis Ihrer Beratungen. ({11}) Außerdem: wenn Sie mir schon sagen, wir hätten im Ausschuß mitarbeiten sollen, dann frage ich mich, warum denn die hochmögenden Mitglieder des Wirtschaftsausschusses ihre Debatte in Kleinform gestern noch einmal nachgeholt haben. Wenn im Ausschuß alles so glatt gegangen wäre, wäre das doch hier nicht mehr notwendig gewesen. Im übrigen ist das Recht einer Fraktion, hier im Plenum ihre Meinung zu äußern, völlig unbestritten, ob sie nun an den Ausschußarbeiten teilnehmen konnte oder nicht. Ich darf jetzt noch einige wenige Worte zur Sache sagen. Das Verbotsprinzip des Herrn Bundeswirtschaftsministers ist durch die Arbeit des Ausschusses so weit aufgeweicht und, ich möchte beinahe sagen: durchlöchert worden, ({12}) daß es sich sehr weit dem Mißbrauchsprinzip in strenger Form nähert. Es ist gewissermaßen ein Überkompromiß zwischen den beiden möglichen Prinzipien der Gesetzgebung getroffen worden. Ich muß sagen, sosehr der Herr Bundeswirtschaftsminister früher exakt für das Verbotsprinzip eingetreten ist, so sehr habe ich volles Verständnis, daß er gestern nichts gesagt hat; denn ihm ist heute wahrscheinlich die etwas aufgelockerte Form eines strengen Mißbrauchsprinzips im Rahmen seiner Ordnung doch etwas lieber als sein eigener Entwurf. Die Dinge haben sich also etwas gewandelt; demgemäß mußte sich auch die Stellung des Herrn Bundeswirtschaftsministers ein wenig wandeln. Das ist aber verständlich und liegt in der Materie begründet. Die gestrige Debatte hat jedem, der hören konnte, in sehr aufschlußreicher Weise die kritischen Punkte dieses Gesetzes deutlich aufgezeigt. Nachdem nunmehr zu den drei vorher erlaubten Kartellen noch das Rabatt- und das Konventionenkartell getreten sind, haben wir, wie gesagt, eine Art abgewandeltes Mißbrauchsprinzip. Ich möchte jetzt nicht die Einzelheiten betrachten; dazu war gestern genügend Gelegenheit. Aber ich möchte nochmals mit ein paar Worten auf die Preisbindung der zweiten Hand zurückkommen, weil hier in Verbindung mit dem Rabattkartell eine mögliche Art neuer Kartelle entstehen kann, die auch vom Kartellamt schwer zu erfassen sein dürfte. Ich habe gestern nach den Worten des Kollegen Dr. Hellwig um so weniger verstanden, warum sich das Haus so gegen die Preisbindung der zweiten Hand wehrt. Ich konnte Ihnen gestern schon sagen, daß sich außerhalb der Konsumgenossenschaften auch auf dem freien Markt eine sehr große Reihe Unternehmen gebildet haben - wie eben die Warenhäuser, die Filialgeschäfte, die Einheitspreisgeschäfte, die freiwilligen Handelsketten und die Versandgeschäfte -, die sich der Preisbindung der zweiten Hand entziehen. Praktisch bestätigte das auch Herr Dr. Hellwig, indem er das österreichische Beispiel anzog und sagte: Wenn man die Preisbindung der zweiten Hand anmeldepflichtig macht, bleibt zum Schluß nur ganz wenig an Preisbindung der zweiten Hand übrig. Die logische Folgerung, Herr Dr. Hellwig, wäre doch, wenn man schon ein „fortschrittliches" Gesetz machen will, nun auch den Schnitt zu vollziehen, indem man sagt- Wenn praktisch von der Preisbindung der zweiten Hand nichts übrig bleibt, dann stellen wir uns in Gottes Namen auf den Boden der Preisempfehlung der zweiten Hand; denn für die paar Leute, die zum Schluß übrigbleiben, braucht man doch nicht ein ganzes Prinzip aufrechtzuerhalten, von dem ich überzeugt bin, daß es nicht mehr zeitgemäß ist. Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde sind bei den Überlegungen - und wir haben uns trotz der Nichtbeteiligung an der Ausschußarbeit von uns aus sehr gründlich mit der Materie befaßt, wir haben die Ausschußberatungen verfolgt - zu dem Ergebnis gekommen, daß die Auswirkung des Gesetzes nicht voll zu übersehen ist. Wenn Sie sich z. B. mit dem Echo, das Sie draußen bezüglich dier Arbeit dies Kartellamtes hören, etwas näher 'befassen, stellen Sie merkwürdigerweise zwei ganz verschiedene Meinungen fest. Die Kreise um das Bundeswirtschaftsministerium sagen: „Man wird mit diesem Kartellamt 'im Sinne eines Verbotsprinzips arbeiten können." Aber alle die, für die die Kartelle wichtige Wirtschaftselemente sind - und es gibt ja solche Kreise sehr zahlreich in Deutschland -, sagen: „Das Gesetz ist nicht schädlich, und das Bundeskartellamt wird an der vorhandenen Situation nicht allzu viel ändern." Sie sehen also: es ist noch gar nicht zu übersehen, welche Stellung das Bundeskartellamt einnehmen wird. Leider ist eines schon zu übersehen, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister voraussichtlich in einer großzügigen Leitung seiner Wirtschaftspolitik doch erheblich eingeschränkt wird, nachdem besonders unsere Anträge zu § 3 und § 5 auf Umdruck 1272 abgelehnt worden sind. Wir hatten vor, die Stellung des Wirtschaftsministers zu stärken. Sie ist aber 'abgeschwächt. Man wird also nun dieses Wechselspiel 'einmal in der Praxis sehen müssen, wolbei das Verfahrensrecht nicht gerade sehr einfach ist. Herr Hellwig hat gestern mehrfach darauf hingewiesen, daß sehr strenge Verfahrensvorschriften bestehen und die Beweislast einmal auf der einen und einmal auf der anderen Seite liegt; im Berufungsfalle kommt die Einschaltung der Oberlandesgerichte hinzu. Das sind alles Fakten, mit denen wir in Deutschland noch nicht gearbeitet haben, und parallele Beobachtungen etwa in den Vereinigten Staaten zeigen, daß die Entwicklung durchaus in Richtungen laufen kann, die man heute nicht übersieht. Mit anderen Worten: Es ist noch sehr fraglich, wie sich das Instrument des Bundeskartellamtes in der gesamten Wirtschaftspolitik auswirken wird. Meine Freunde und ich sind rein von der Erwägung ausgegangen: Dient dieses Gesetz-das ja eine langfristige Wirkung haben soll; uns klang eben noch :so etwas von der „Magna Charta" im Ohr - dem Verbraucher und dient es gerade dem kleineren Einzelhandel, der es sehr schwer haben wird, dem Zuge der Zeit 'in dier Technisierung, in dier Rationalisierung, in der Modernisierung seines ({13}) Verteilerbetriebes zu entsprechen? Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß gerade die Preisbindung ,der zweiten Hand und ähnliche Bindungen eine moderne Entwicklung im Einzelhandel erschweren werden; und wir sind zweitens zu dem Ergebnis gekommen, daß die starken Durchbrechungen des Verbotsprinzips dem Verbraucher nicht dienen. Da wir nicht die Gewißheit haben, daß das Gesetz in der vorliegenden Fassung unseren Wünschen gerecht wird, wird meine Fraktion dem Gesetz als Ganzem die Zustimmung nicht erteilen. ({14})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellwig.

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens 'der Fraktionen der Regierungskoalition habe ich folgende Erklärung zur dritten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen abzugeben. Das nunmehrige 'Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen stellt den ersten Schritt zu einer neuen deutschen Gesetzgebung auf diesem Gebiete dar. Das frühere deutsche Wettbewerbsrecht ist bis auf wenige 'Sondergesetze in ,der totalen Zwangswirtschaft der Kriegs- und Nachkriegsjahre untergegangen. An seine Stelle war das Besatzungsrecht getreten. Unter Führung von CDU/ CSU erfolgte in Zusammenarbeit mit weiteren Koalitionsparteien im Frankfurter Verwaltungsrat und im Wirtschaftsrat der Übergang von ,der Zwangswirtschaft zu den Grundsätzen einer marktwirtschaftlichen Ordnung, die seither unter dem Namen ,,Soziale Marktwirtschaft" das wirtschaftspolitische Pragramm der Regierungskoalition bestimmt hat. Wesentliche Ordnungselemente der sozialen Marktwirtschaft sollten ein echter Leistungswettbewerb und eine unabhängige Monopolkontrolle sein. Die Düsseldorfer Leitsätze brachten 1949 erstmalig diese Grundsätze als ein die CDU/CSU verpflichtendes Programm zum Ausdruck. Diese Leitsätze stellten die Wettbewerbswirtschaft auch unter das Erfordernis, in Wirtschaft und Gesellschaft das machtverteilende Prinzip anzuwenden. Sie gipfelten in den Forderungen: Wer frei sein will, muß sich dem Wettbewerb unterwerfen und darauf verzichten, Macht auf dem Markt zu erstreben. Wer Macht auf dem Markt besitzt, d. h. wer nicht durch Wettbewerb kontrolliert ist, darf nicht frei sein. ({0}) Die Ausarbeitung und Verabschiedung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat sich - das soll nicht bestritten werden - lange hingezogen. Daraus kann weder der Regierung noch den Regierungsparteien ein Vorwurf gemacht werden. ({1}) Da es sich um Neuland handelte, auf dem deutsche Erfahrungen mit einer umfassenden Verbots- und Kontrollregelung noch nicht vorlagen, ist auch unter denen, die eine scharfe Gesetzgebung wünschten, in den letzten Jahren wiederholt die Meinung über ,die konkreten Einzelbestimmungen geändert worden. Verglichen mit einer jahrzehntealten Gesetzgebung, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung in den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Erörterung bis zur Verabschiedung des Gesetzes in der Bundesrepublik nicht als ungebührlich zeitraubend anzusehen. Die Ausgangspunkte der verschiedenen Entwürfe wareneinander zum Teil diametral entgegengesetzt. In den Schlagworten „Verbotsprinzip gegen Mißbrauchsprinzip" kam dieserGegensatz vereinfacht zum Ausdruck, obgleich die Kenner ,der Materie wußten, daß bei der unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeit des Wettbewerbsprinzips 'in einer hochindustrialisierten Gesellschaft eine solche Schematisierung nicht möglich ist. So war es Aufgabe der parlamentarischen Beratung, eine dem Wettbewerb als Ordnungsprinzip im Ganzen dienende Synthese zwischen verschiedenen Verbots- und Aufsichtserfordernissen zu finden, ohne jedoch durch .ein Übermaß von Aufsehern über den einzelnen Wirtschaftsteilnehmer dessen Freiheit über Gebühr zu beeinträchtigen. Es bestand zeitweise die ernste Gefahr, daß durch ein Übermaß von Meldepflichten und durch Überspannung von in ,der Praxis doch undurchführbaren Verboten das Gegenteil einer wirksamen, von Bagatell- und Denunziationsfällen .freigehaltenen Kartell- und Monopolaufsicht bewirkt werde. Die jetzt gefundene Lösung läßt nach mehreren Seiten Wünsche offen. Es trifft aber keineswegs zu, daß durch die Hereinnahme von Ausnahmen eine sogenannte Durchlöcherung oder Durchbrechung oder, wie man sagt, Aufweichung oder Verwässerung der restriktiven Grundtendenz eingetreten sei. Das Gegenteil ist richtig. Bei einem Vergleich des jetzigen Gesetzentwurfs mit den Regierungsvorlagen, den Beschlüssen des Bundesrates, den Stellungnahmen der Bundesregierung dazu und mit den Beschlüssen des Ausschusses .für Wirtschaftspolitik im 1. Bundestag ergibt sich vielmehr, daß keine Ausnahme neu hinzugekommen ist, die nicht in irgendeiner der früheren Beratungsphasen bereits vorgesehen war. Dagegen wurden gegenüber den früheren Vorlagen und Beratungsphasen die Bestimmungen über Anmeldung und Veröffentlichung der Anträge sowie über die Verfahren vor der Kartellbehörde verschärft. Schließlich wurde in größtem Umfang die öffentliche Behandlung derartiger Ausnahmeanträge unter Hinzuziehung der betroffenen Kreise "sichergestellt, so daß von einer ,,Kartellwillkür" etwa ,durch Inanspruchnahme der Erlaubnismöglichkeiten dieses Gesetzes wirklich nicht mehr gesprochen werden sollte. Die Wirtschaft wird hier ein 'hohes Maß von Selbstdisziplin aufzubringen haben, wenn sie überhaupt von den Ausnahmemöglichkeiten und den mit ihnen verbundenen Verfahrensvorschriften 'Gebrauch machen will. Die Bestimmungen über die Mißbrauchsaufsicht wurden im 'Gesetz weiter verschärft. Nicht nur Monopole, sondern nunmehr auch die sogenannten Oligopole wurden der Mißbrauchsaufsicht unterstellt. Der Ermessungsspielraum der Kartellbehörde für ihre Entscheidungen wurde in vielen Fällen erheblich ausgedehnt. Diese Ausdehnung des Ermessungsspielraums aber hat nicht nur die bei der Kartellbehörde liegende Verantwortung 'erheblich erhöht, sondern zugleich notwendig gemacht, als Rechtsschutz für 'den durch Ermessensentscheidungen der Kartellbehörde Betroffenen 'die Möglichkeit einer ausreichenden gerichtlichen Nachprüfung vorzusehen. Bei der Frage, ob eine letzten Endes politische Zweckmäßigkeit den Vorrang gegenüber dem verfassungsrechtlich zugesicherten Rechtsschutz für den einzelnen genießen ({2}) soll, wurde ein Kompromiß gefunden, der die wirtschaftspolitische Gesamtverantwortung des Bundesministers für Wirtschaft, dem das 'Bundeskartellamt untersteht, nicht aufhebt. Wer den Wettbewerb als Ordnungsprinzip bejaht - und das wollen vor allem die Fraktionen der Regierungskoalition hier zum Ausdruck bringen -, kann dieses Gesetz nur als einen Anfang ansehen. Ihm müssen weitere gesetzliche Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz dies lauteren Wettbewerbs und zur Anpassung des Gesellschafts- und Steuerrechts, des Gewerberechts und der Gewerbeförderungsmethoden an die Erfordernisse einer echten Wettbewerbswirtschaft folgen. Die Fraktionen Bier Regierungsparteien stimmen dem Gesetzentwurf zu. ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001261, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben. Die sozialdemokratische Fraktion sieht seit Jahren die erste Aufgabe eines Kartellgesetzes darin, den Wettbewerb überall dort wirksam zu machen, wo dies im Interesse der Gesamtwirtschaft und der Verbraucher möglich ist. Durch die Freistellung des Rabattkartells und der Preisbindung 'der zweiten Hand vom Verbotsgrundsatz ist dies vereitelt worden. ({0}) Die zweite, mindestens ebenso wichtige Aufgabe bleibt es nach Ansicht der SPD, in Zukunft zuverlässig dort einen Machtmißbrauch zu verhindern, wo er durch Wettbewerb nicht verhindert werden kann, und gleichzeitig die so unterschiedlichen Chancen der Starken und Schwachen am Markt auszugleichen. Nach der jetzt vorliegenden Fassung des Gesetzes bleibt auch diese Aufgabe ungelöst. Die SPD-Fraktion hat im 1. und 2. Bundestag versucht, der vom Bundeswirtschaftsminister seit Jahren in der Öffentlichkeit und auch in Wahlversammlungen verkündeten Forderung nach Freiheit in der Wirtschaft und nach Leistungswettbewerb in diesem Gesetz gegen 'die Mehrheit seiner eigenen Fraktion zum Durchbruch zu verhelfen. ({1}) Die SPD 'hat sich weiterbemüht, dien Gesetzentwurf zu verbessern und zu ergänzen. Niemand, der sachkundig und ehrlich die Bemühungen der SPD-Fraktion im Bundestag beobachtet hat, kann bestreiten, daß d'as so isst, wenn es auch noch so verlockend sein mag, das jetzt in Wahlreden zu tun. Wir sind allerdings nichtüberrascht, daß die Regierungskoalition nunmehr auch in der Wettbewerbspolitik ihr früher so oft propagiertes Konzept vom freien Wettbewerb verlassen 'hat. Heute steht fest, daß die CDU/CSU-Fraktion auch in der Kartellpolitik ,durch ihren Industrieflügel beherrscht wird. ({2}) Der Herr Bundeswirtschaftsminister Professor Erhard hat ohne ernsthaften Widerstand alle Verschlechterungen seines Gesetzentwurfs hingenommen. ({3}) Gestern im Bundestag ist Herr Professor Erhard dem kartellfreundichen Industrieflügel seiner Partei mit keinem Wort entgegengetreten. ({4}) Er trägt damit ein hohes Maß an Mitverantwortung für die Preisgabe seiner wettbewerbswirtschaftlichen Konzeption. Damit wird der schon bei den Zollvorlagen deutlich gewordene Weg fortgesetzt, alle feierlich verkündeten Grundsätze einer freien Wettbewerbswirtschaft den Gruppeninteressen des Industrieflügels der CDU/CSU zu opfern. ({5}) Wir bedauern diese Entwicklung aufrichtig. In der vorliegenden Fassung ist das Kartellgesetz keinesfalls das Grundgesetz einer freien Marktwirtschaft. Es gibt vielmehr den Weg für Kartelle und 'andere Wettbewerbsbeschränkungen in einem noch nicht übersehbaren Umfang frei. ({6}) Das Kartellgesetz soll 'am 1. Januar 1958 in Kraft treten. Die SPD-Fraktion wird im 3. Bundestag alle möglichen Schritte tun, um 'das Kartellgesetz noch vor seinem Inkrafttreten so zu verändern, ,daß es die Interessen der schwächeren Wirtschaftspartner und der Verbraucher wirksamer schützt, als es die in so vielen Abhängigkeiten verstrickte Bundesregierung vermag. Das vorliegende Gesetz muß die SPD-Fraktion ablehnen. ({7})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister. ({0})

Dr. Ludwig Erhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000486

Herr Präsident! Meine Dannen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, eine lange Rede zu halten, aber ich habe einiges richtigzustellen. Ich glaube, daß ich meine Haltung zu Wettbewerbsfragen schon früher deutlich gemacht habe, als das von seiten Ihrer Partei geschehen ist. ({0}) Was z. B. die Zollvorlagen anlangt, so darf ich mach einmal dar auf hinweisen, ,daß der Einsatz der Zollpolitik als Mittel der Marktpolitik nicht Ihre, sondern meine Erfindung ist. ({1}) Im übrigen, meine Damen ,und Herren, mache ich aus meinem Herzen gar keine Mördergrube. ({2}) Meine Konzeption von dem Kartellgesetz, wie sie ja auch in der Regierungsvorlage zum Ausdruck gekommen ist, deckt sich ganz bestimmt nicht völlig mit der jetzt erarbeiteten Lösung. Aber - ich bitte Sie! - Wir leben in einer Demokratie. ({3}) Natürlich wäre Mir die Taube in der Hand auch lieber als der Spatz auf dem Dach. Aber da das im allgemeinen nicht erreichbar ist, vertrete ich den Standpunkt, daß das Kartellgesetz auch so, wie es heute ,aussieht, mit allen Mängeln und Unzulänglichkeiten - vielleicht konnte der Anfang gar nicht ({4}) anders sein -, wie mir international immer wieder bestätigt wird, das fortschrittlichste und modernste Kartellgesetz der Welt ist. ({5}) Es ist ein Anfang, und ich bin überzeugt, daß dieses heutige Kartellgesetz nicht das ist, das in Deutschland einmal als letzte Form gelten wird. Aber dieses Kartellgesetz und der Geist, der aus ihm spricht, hat auch - und das ist wieder das deutsche Verdienst - in den Wettbewerbsregeln des Gemeinsamen Markts seinen Niederschlag gefunden. Wir können füglich annehmen, daß dieser Geist einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung beialler Unzulänglichkeit in den Anfängen allmählich über Deutschland hinausgreifend die 'Grundlage einer Wettbewerbspolitik auf breiter internationaler Ebene abgeben wird. Darum sollten wir, so meine ich, bei der Verabschiedung dieses Gesetzes nicht nur trüben und negativen Gedanken nachhängen, sondern atuch das Positive erkennen. Wir sind auf einem neuen Wege in einer neuen Richtung, und zwar nicht nur für Deutschland, sondern für die ,freie Welt. ({6})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001261, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen 'und Herren! Ich möchte zu der Erklärung des Herrn Bundeswirtschaftsministers nur eins sagen. Es ist zweifellos richtig, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister die Beschränkungen der wirtschaftlichen Freiheit zu einem früheren Zeitpunkt beseitigt hat, als wir das vertreten ihaben. Das ist unzweideutig so. Aber, meine Damen und Herren, diese Unterschiede in der Auffassung waren in der Marktlage begründet. Wir haben uns zu einer völligen Freigabe des Wettbewerbs erst entschließen können, als die Kräfte am Markt ausgeglichen waren, ({0}) als die Stellung des Verbrauchers gefestigt war. ({1}) Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat die Schranken bereits zu einem Zeitpunkt fallenlassen, als der Verbraucher noch dem Hersteller und Verteiler ausgeliefert war. Das war der fundamentale Unterschied. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellwig.

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Ausführungen des Kollegen Kurlbaum ist am Anfang ein großes Fragezeichen gewesen; diese Stelle ist fast überhört worden. Er hat gesagt, daß die SPD für den Wettbewerb nur dort eintritt, wo er möglich ist. Er hat uns aber nicht gesagt, wie sie ihn begrenzt und wo sie 'ihn begrenzt und welche Formen der Wirtschaftspolitik und der Ordnung dort eintreten sollen. Das ist etwas, was wir in unserem Gesetzentwurf durch die Aufsicht und Kontrolle der Kartellbehörde versucht haben. Sie sind uns also diese Antwort schuldig geblieben. Aber nun eine persönliche Bemerkung. Ich darf das Hohe Haus um Nachsicht bitten, daß ich hier eine persönliche Bemerkung machen muß, nachdem der Herr Kollege Kurlbaum von dem Industrieflügel der CDU-Fraktion gesprochen hat. ({0}) Meine Damen und Herren, es wird keinem Ihrer Fraktion in diesem Hause ein Vorwurf gemacht, wenn er etwa auf Grund seiner beruflichen Verbindung mit Konsumgenossenschaften, Gemeinwirtschaftsbanken oder mit den Gewerkschaften hier auftritt, sondern er wird immer als Abgeordneter respektiert. ({1}) Ich glaube, daß meine Bemühungen, einen Kompromiß auch mit den Änderungswünschen Ihrer Fraktion herbeizuführen, unter .allen Umständen gewürdigt werden sollten und nicht Anspielungen auf meine Person rechtfertigen. Ihr Fraktionsgeschäftsführer Dr. M e n z e 1 hat vor zwei Tagen in einer unwahren Behauptung gegenüber der Presse diese gegen meine Person gezielten Anspielungen unterstrichen. Ich habe diese Behauptung des Kollegen Dr. Menzel mit einem Dementi zurückweisen müssen, weil sie völlig frei erfunden war. Das ist die Methode: Wenn dieser Partei und Fraktion etwas nicht gefällt, versucht man, den anderen zu diffamieren, indem man ihn als Interessenvertreter hinstellt. ({2}) Noch ein Wort zu dem Thema SPD und Marktwirtschaft. Man fühlt sich hier an den kleinen Vers Goethes von dem Spitz erinnert. Ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen; ich darf ihn Ihnen sagen: Es will der Spitz aus unserm Stall uns immerfort begleiten; doch seines Bellens lauter Schall beweist nur, daß w i r reiten. Das wollen wir auch weiter besorgen. ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht um das Wort gebeten, um mich mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister auseinanderzusetzen. Das habe ich in früheren Zeiten, in denen wir gemeinsam Verantwortung für schwerwiegende Entschlüsse tragen mußten, öfter und mit Vergnügen getan. Nachdem er mit seinem Namen - mindestens mit seinem Namen; ich weiß nicht, wer sonst noch dahintersteckt - in der Presse den Sozialdemokraten bescheinigt hat, daß ihnen die sittliche Reife fehle, an öffentlichen Angelegenheiten verantwortlich teilzunehmen, kann ich mir kaum vorstellen, daß es irgendeine Darlegung, irgendeine Behauptung, irgendeine Unterstellung des Bundeswirtschaftsministers gibt, mit der sich auseinanderzusetzen einer von unserer Seite noch das Bedürfnis haben kann. ({0}) Ich will nur dem Herrn Kollegen Hellwig etwas sagen, weil er den Vers vom Spitz zitiert hat. Was mein Freund Kurlbaum gesagt hat, stimmt. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich schon zum freien Wettbewerb bekannt, als das nach unserer Meinung noch nicht zu verantworten war. Er hatte die Freundlichkeit, mich in seiner Wahlillustrierten zu apostrophieren, von der wir heute zum Unterschied von vielen anderen Editionen seitens der Regierung und seitens der Regierungsparteien in der „Welt" lesen können, daß sie aus Mitteln des Bundespresse- und Informationsamtes bezahlt worden ist. Die „Welt" ist keine sozialdemokratische Zeitung. Ich bin auch heute noch der Meinung, daß, wenn lebenswichtige Waren Mangelwaren sind, man sich um die Verwendung und Verteilung dieser Mangelwaren kümmern muß. In einer belagerten Festung kann man nun einmal die Ratten nicht versteigern. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das Wettbewerb genannt, was in Wirklichkeit eine Versteigerung gewiesen ist. Mindestens werden es ihm diejenigen danken, die zwar mit allen anderen Staatsbürgern zusammen eines schönen Tages mit 40 DM angefangen haben, sich aber schon wenige Monate nach Schaffung der neuen Währung mit dem guten Geld als die ersten D-Mark-Millionäre präsentieren konnten. Es gibt eben Unterschiede in der Wirtschaftsgesinnung. Ich glaube, wir haben deutlich gemacht, wo für uns diese Unterschiede liegen, Herr Kollege Hellwig. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat der Abgeordnete Deist.

Dr. Heinrich Deist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000367, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß auf eine Bemerkung des Herrn Kollegen Hellwig zurückkommen. Er hat versucht, unsere Erklärung - nach den Vorgängen in der CDU ist eine solche Haltung an sich verständlich - als unglaubwürdig hinzustellen, weil wir davon gesprochen haben, daß wir den Wettbewerb so weit stützen wollen, als er möglich ist. Gerade darin besteht der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Wir wollen den Wettbewerb dort stützen, wo er möglich ist. Sie tun so, als ob Sie Wettbewerb selbst dort herstellen und wirksam machen könnten, wo er in Wirklichkeit in der modernen Wirtschaft nicht mehr vorhanden ist. Darum möchten wir klarstellen, daß z. B. dort, wo Herr Duttweiler kommen muß, um die deutschen Benzinpreise zu senken, Wettbewerb eben nicht mehr möglich ist und daher wirksame Bestimmungen gegen einen Mißbrauch der Preisbindung zweiter Hand geschaffen werden müßten, die Sie verweigern. ({0}) Was soll Ihre Frage, welche Mittel wir hätten? Als wenn wir nicht in den Sitzungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses und hier im Parlament unsere Vorstellungen von einem wirksamen Wettbewerbsgesetz, das Sie verhindert haben, sehr deutlich gemacht hätten! Darum wollten wir auch klarmachen, daß z. B. auf dem Gebiet der Kühlschränke - früher haben wir denselben Fall bei den Radiogeräten gehabt - eine so starke private Macht wie Herr Neckermann auftreten mußte, um dafür zu sorgen, daß die Preise heruntergingen. Dies würden und wollen Sie mit Ihrer starken Preisbindung der zweiten Hand verhindern. Es ist doch eine realistische Aussage, wenn wir sagen: Wir wollen den Wettbewerb wirklich nur dort, wo er möglich ist. Aber wir machen keinem vor, daß überall, wo in der Wirtschaft Kartelle und Monopole herrschen, wirklich Wettbewerb sein könnte, und geben ihnen dann nicht mit gesetzlichen Bestimmungen den Weg frei. Darum scheint mir die von uns gewählte Formulierung die einzige zu sein, die den Tatsachen gerecht wird. Dann ein zweites, Herr Kollege Hellwig. Wir haben in unserer Erklärung festgestellt, daß sich in der CDU starke wirtschaftliche Kräfte der Industrie durchgesetzt haben, um das Kartellgesetz so zu gestalten, wie es heute hier vorliegt. Wenn Sie unsere Erklärung genau gelesen haben, werden Sie gesehen haben, daß wir es vermieden haben, persönliche Diffamierungen damit zu verbinden. Darin unterscheiden wir uns von sehr maßgeblichen Mitgliedern Ihrer Fraktion bis zur höchsten Spitze. ({1}) Denn wir lieben es nicht, mit persönlichen Verleumdungen zu arbeiten. Aber Sie können uns nicht verwehren - jedenfalls werden wir uns dieses Recht nicht nehmen lassen -, darzulegen, wie die Struktur Ihrer Partei heute soziologisch aussieht und wer letzten Endes in ihr bestimmt und seinen entscheidenden Einfluß ausübt. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Dr. Deist, ich habe die Erklärung Ihrer Fraktion, vorgetragen von Herrn Kollegen Kurlbaum, nicht isolieren können von einer mit Unwahrheiten gespickten Erklärung Ihres parlamentarischen Geschäftsführers über eine Interessentenbeeinflussung bei mir, die vorgestern herausgegeben worden ist. Ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich beides zusammensehen mußte. ({0})

Dr. Heinrich Deist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000367, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Hellwig, wir setzen uns hier mit der Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion im Bundestag auseinander. Es ist nach meinem Empfinden sehr bezeichnend, daß Sie in dieser Form reagiert und sich persönlich getroffen gefühlt haben. ({0}) Ich darf eine dritte Bemerkung machen. Sie betrifft den Herrn Bundeswirtschaftsminister. Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben für sich in Anspruch genommen, Sie hätten Ihre Haltung zum Kartellgesetz und zur Freiheit in der Wirtschaft doch zur Genüge deutlich gemacht. Ich will nicht darüber sprechen, ob Ihr Verhalten sowohl im zuständigen Bundestagsausschuß als auch hier im Bundestag gestern und heute - so lange, bis die Erklärungen 'der Fraktionen abgegeben waren - wirklich geeignet war, in der Öffentlichkeit Ihre Haltung deutlich zu machen. Aber abgesehen davon - und das ist der Unterschied zwischen Ihrer Politik und unserer Politik -: es kommt nicht darauf an, daß Sie eine Auffassung deutlich machen, sondern darauf, daß Sie in der harten Wirklichkeit nach ihr handeln. ({1}) ({2}) Das vermissen wir in Ihrer Haltung ebenso wie bei der Zollvorlage auch bei der Kartellpolitik. In jedem Falle haben Sie 'vor der Öffentlichkeit sehr deutlich und sehr laut von ,den wettbewerbswirtschaftlichen Mitteln gesprochen, und dann, wenn es darauf ankam, haben Sie nichts Entscheidendes getan, um diese von Ihnen verkündeten Grundsätze in der Praxis, im Parlament durchzusetzen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, gestatten Sie dem Kollegen Ehren eine Zwischenfrage?

Dr. Heinrich Deist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000367, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gern!

Hermann Ehren (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000444, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Deist, sind Sie nicht der Auffassung, daß die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten mid in den Vorständen unserer Großindustrie denselben Einfluß haben wie die Herren, die Sie als die angeblich alleinigen Vertreter der Industrie hinstellen?

Dr. Heinrich Deist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000367, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es ist sehr schwierig, auf eine so vielschichtige Frage jetzt eine kurze Antwort zu erteilen. Ich möchte jedenfalls eine Antwort geben, die Sie vielleicht zum Nachdenken veranlaßt. Ich habe im Ahlener Programm etwas vom „machtverteilenden Prinzip" gelesen. Meinen Sie nicht, daß die Eingliederung von Arbeitnehmervertretern in die Aufsichtsräte ein solches machtverteilendes Prinzip darstellt und daher ,geeignet ist, sicherzustellen, daß die Machtstellung dieser Unternehmungen am Markt nicht überwuchert? Die Praxis der Mitbestimmung in der Eisen- und Kohleindustrie bestätigt diese Auffassung. Dadurch ist verhindert morden, daß diese Industriegruppen ihre Macht im gleichen Umfang ausnützen können, wie z. B. die Ölgesellschaften es heute tun. ({0}) Ich glaube, die Herren der CDU, die in den ersten Reihen sitzen, sind durchaus befriedigt über die Antwort, die ich auf die Frage nach der Mitbestimmung bei Eisen und Kohle gegeben habe. Was haben wir in der Erklärung der CDU/CSU-Fraktion und was haben wir gestern alles über Freiheit und darüber, was die Kartellbehörde alles sehen und erfahren muß, wo sie eingreifen muß, gehört! Und was haben wir doch die ganzen Jahre hindurch an Versuchen erlebt, die Einsichts- und Eingriffsmöglichkeiten der Kartellbehörde auf ein Minimum zu beschränken! Dias ist das Entscheidende für uns, die wir Wert darauf legen, daß auch nach den Wahlen noch 'die Möglichkeit zu einer sauberen Politik gegeben ist: In einer gut funktionierenden Demokratie dürfen Worte und Taten nicht so auseinanderklaffen wie bei Ihnen. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wünscht noch jemand das Wort? - Das ist offenbar nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen also gleich zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als einem Ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen. Wir haben nun noch abzustimmen über die Ziffern 2 und 3 des Ausschußantrages, die Gesetzentwürfe Drucksachen 1253 und 1269 sowie die zu den 'Gesetzentwürfen eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Dias Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Professor Böhm.

Dr. Franz Böhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000215, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es handelt sich hier um den Antrag, den von mir und meinen Freunden in diesem Hohen Hause eingebrachten Gesetzesantrag für 'erledigt zu erklären. Ich möchte Sie bitten, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben, und will mit ganz kurzen Worten begründen, warum ich Ihnen vorschlage, den von mir und meinen Freunden eingereichten Gesetzesantrag für erledigt zu erklären. Der Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist nur zu einem Teil in dem von Ihnen angenommenen Gesetz berücksichtigt und verwertet worden. Das von mir geplante Gesetz war anders aufgebaut und hatte bis zu einem gewissen Gnade auch einen anderen Inhalt. Der Hauptunterschied bestand darin, daß nach diesem 'Gesetzesantrag die Erlaubnis für Kartelle aufs äußerste beschränkt werden sollte, und zwar nur für den Fall, daß nachgewiesen ist, 'daß der Wettbewerb auf diesem Markte so sehr gestört ist, daß der Wettbewerb selbst die Wirtschaft nicht in Ordnung zu bringen vermag, und nur dann, wenn diejenigen, die das Kartell haben wollen, nachweisen, daß es keine bessere Möglichkeit gibt, diesen gestörten Wettbewerb zu ersetzen, als ausgerechnet ein Kartell. Dias jetzt angenommene Gesetz beruht bei seiner Ausnahmegewährung auf einem anderen .Gedanken. Der Gedanke, daß Kartelle nur da genehmigt werden sollten, wo der Wettbewerb nicht funktioniert, ist weit in den Hintergrund getreten. Das jetzige Gesetz schätzt die Vorteile einiger wirtschaftlicher Möglichkeiten wie z. B. der Rationalisierung oder der schonenden und rücksichtsvollen Anpassung an Strukturkrisen oder der Exportförderung sehr hoch ein; so hoch, daß es um dieser Ziele willen dle Nachteile einer Kartellisierung rund einer Monopolisierung, einer Freiheitseinbuße und einer Einbuße an Elastizität der Volkswirtschaft in Kauf zu nehmen willens ist. In diesen Fällen opfert das Gesetz in einem gewissen Grade den Wettbewerb, und zwar auch da, wo der Wettbewerb ungefähr so funktioniert, wie er funktionieren sollte. Wenn sich solche Ausnahmen in einem bescheidenen Rahmen halten, dann lassen sie sich wirtschaftspolitisch und rechtspolitisch verantworten und 'bedeuten auch keine ernsthafte Gefahr für den Wettbewerb und für die Freiheit im ganzen. Diese Gefahr wird natürlich größer, wenn die Zahl der Ausnahmetatbestände zunimmt und selbst sehr bedenkliche Arten von Wettbewerbsbeschränkungen Wie etwa das Rabattkartell oder die vertikalen Ausschließlichkeitsverträge des § 13 privilegiert werden. Hier ist aber eines zu bedenken, was am heutigen Tag schon gesagt worden ist. Jedes bedeutende Gesetz, durch das sehr starke und an sich durchaus verständliche und berechtigte Interessen in Mitleidenschaft gezogen werden, ist in einem freien Staatswesen notwendig ein Kompromiß, namentlich dann, wenn ein neuer Weg beschritten und mit einer andersartigen Rechtstradition gebrochen ({0}) wird. Hier muß man von dean Satz ausgehen, daß Rom nicht an einem Tage erbaut worden ist. Ein Gesetz wie idas vorliegende kann in seiner Ausgestaltung und Anwendung nur ein Werk der Jahre, der Jahrzehnte, der Generationen sein. Schon der Grundgedanke bedarf einer längeren Zeit, um in seiner ganzen Bedeutung erfaßt zu werden, um Volkstümlichkeit zu gewinnen, um ins Rechtsbewußtsein des Volkes, um in den politischen und sozialen Stil einzugehen. Das vorliegende Gesetz ist ein Kompromiß. Keine der miteinander ringenden Tendenzen hat sich rein oder auch nur dominierend durchgesetzt. Dias Verbotsprinzip z. B. ist nur fragmentarisch verwirklicht. Dias gleiche gilt aber auch für das Mißlrauchsprinzip. Ja, sogar das reine Kartellierungsprinzip ohne Möglichkeit der Bekämpfung des Mißbrauchs ist an einigen Stellen vorgesehen. Es wird einige Zielt vergehen, bis hier durch Rechtsgebrauch einigermaßen Klarheit geschaffen ist. Dias Gesetz ist außerdem im ganzen recht kompliziert geworden, und zwar sowohl im materiellen Teil als auch im Verfahrensteil. Die Kartellbehörde ist mit viel mehr Aufgaben belastet worden, als wir alle gewünscht haben. Die gewisenhafte Sorge um ein Höchstmaß von Rechtstaatlichkeit hat dazu geführt, daß Versuche, das Verfahren zu venschleppen, in bedenklichem Maße begünstigt, ja sogar nahegelegt werden. Aber die Hauptfrage, meine Damen und Herren, von deren Beantwortung die Annahme abhängig gemacht werden mußte und auch gemacht worden ist, ist die Frage, ob das Kartellgesetz, durch das der hier zu. erörternde Gesetzesantrag verdrängt worden ist, wenigstens einen erfolgreichen Start für den Ausbau biete. Diese Frage aber möchte ich im Unterschied zu sehr vielen skeptischen Stimmen, die heute lautgeworden sind, mit wohlbegründeter Zuversicht bejahen. Dieses Gesetz rückt zum erstenmal in unserer modernen deutschen Wirtschaftsgeschichte die Frage des Wettbewerbsschutzes und die Problematik der Bildung von privater wirtschaftlicher Macht ins Zentrum unseres gesellschaftlichen und politischen Bewußtseins. Es betont einen Gedanken, der seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts bei uns in Deutschland arg vernachlässigt worden ist, einen Gedanken, der für unsere soziale und politische Ordnung viel bedeutsamer ist, als wir heute im allgemeinen glauben. Das 'Gesetz hat das Zeug in sich, das Interesse der breitesten Schichten an unserer Wirtschaftsordnung zu aktivieren und zu elektrisieren. Das ist eine Grundvoraussetzung, wenn es gelingen soll, das Aufbauwerk und die Anwendung des Gesetzes in erfolgversprechende Bahnen zu lenken. Es wäre zu wünschen, daß die Anteilnahme an dem Ausbau bei uns auf die Dauer zu einer Art von Nationalsport würde. Die Zuversicht, daß das jetzt angenommene Gesetz einen guten Startbedeutet, diese Zuversicht, um deretwegen ich bitte, den Ausschußantrag anzunehmen, daß der Gesetzesantrag, den meine Freunde und ich eingebracht haben, für erledigt erklärt wird, schöpfe ich aus zwei Erfahrungen, einmal aus den Erfahrungen mit der Kartellverordnung 1923. Das war ein sehr mattes Gesetz und hat doch schon sehr bald die Wirkung gehabt, daß die Frage der Machtminimalisierung und des Wettbewerbs ins öffentliche Bewußtsein gerückt worden ist. Diese sehr _erfolgversprechende Änderung im öffentlichen Klima, wie sie etwa in dem Anfang der dreißiger Jahre eintrat, wurde dann ,allerdings durch die Ereignisse des Dritten Reiches veridrängt, unid sie blieb bis zum Tage der Währungsreform im Jahre 1948 verdrängt. Die zweite Erfahrung, die mich zu dieser Zuversicht ermutigt, sind die Beratungen, die in unserem Ausschuß selbst 21/4 Jahre lang stattgefunden haben. Wenn irgendwann und irgendwo sich die Wahrheit bestätigt hat, daß eine sachlich geführte, intensive Diskussion zwischen sehr verschiedenen Standpunkten zu einem produktiven Ergebnis führt, dann war es in diesen Verhandlungen. Ich glaube, daß in dem Augenblick, in dem dieses Gesetz in Kraft treten wird - 'das wird ja erst nach einiger Zeit sein -, eine Diskussion, die etwa auf die 'Gesamtbevölkerung übergreifen sollte - und das hoffe ich -, dieselben klärenden Wirkungen haben wird wie die Diskussionen in der Vergangenheit. Für .den weiteren Verlauf der Dinge wird sehr viel davon abhängen, weiche Teile ides Gesetzes sich bewähren und Erfolg haben und welche Teile des Gesetzes zu Mißerfolgen führen. Wir werden in Zukunft die Wettbewerbsmärkte genauer betrachten und wir werden in Zukunft die Märkte, auf denen Kartelle und marktbeeinflussende Unternehmen bestimmend sind, sorgfältiger beobachten. Welche Folgen z. B. daraus entstehen, daß das Gesetz die Rabattkartelle und !die Gegenseitigkeitsverträge des § 13 so überaus wohlwollend behandelt hat, wird sich im Laufe der nächsten zehn Jahre sehr 'deutlich zeigen. Das wird zu einem großen Tell von dem Verhallten der kartellierten oder mit Exklusivverträgen arbeitenden Wirtschaff und Konzerne selbst abhängen. Dias Ziel völliger Machtverhütung und völliger Inkraftsetzung von Wettbewerb kann kein Kartellgesetz der Welt erreichen. Zu elementar ist das Bedürfnis insbesondere großer Unternehmen, solcher Unternehmen, die langfristige Wirtschaftspläne verwirklichen wollen, sich ihre Absatzmärkte zu reservieren, und zu vielgestaltig ist der Kreis der privatrechtlichen Möglichkeiten, die eine freie Verfassung ihren Bürgern gewährt und zur Verfügung stellt, als .daß sich nicht immer wieder .auf bestimmten Märkten ein recht beträchtlicher Grad von Macht befestigen könnte. Das Ziel eines Kartellgesetzes ;kann vernünftigerweise nur sein, das erreichbare Optimum von Wettbewerb und das erreichbare Minimum von wirtschaftlicher Macht zu sichern. ({1}) In dem Unterschied zwischen diesem erreichbaren und demjenigen Zustand, der entsteht, wenn man überhaupt nichts tut, sondern die Dringe treiben läßt, besteht der Segen eines guten Kartellgesetzes. Das vorliegende Gesetz ist noch wett davon entfernt, dieses Optimum zu bieten. Aber es ist noch weiter von jenem anderen Extrem der Tatenlosigkeit und der Indifferenz entfernt. Es muß unser Ziel sein, in Zukunft uns immer mehr dem erreichbaren Optimum anzunähern. Dieses Gesetz gibt dafür den Startschruß. Aus diesem Grunde, weil schon während der Ausschußverhandlungen in mir ;die Überzeugung befestigt war, daß .dieses Gesetz mit ollen steinen ({2}) Mängeln ein erfolgversprechender Startschuß sein wird, habe ich nicht ohne Bedauern, aber doch ohne Verzweiflung dem von mir selbst eingebrachten Gesetzentwurf Valet gesagt. ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Antrag unter Ziffer 2 a, den von den Abgeordneten Höcherl, Stücklen, Seidl ({0}), Dr. Dollinger und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - Drucksache 1253 - für erledigt zu erklären. Wer diesem Antrag zustimmen will, den- bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Nun Ziffer 2 b! Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wenn auch Professor Böhm jetzt festgestellt hat, daß er seinem Entwurf Valet gesagt hat, so erbitte ich doch für die zweite Beratung dieses Entwurfs - denn so muß ja, geschäftsordnungsmäßig ein Gesetzentwurf erledigt werden - getrennte Abstimmung, und zwar bitte ich, die §§ 1, 2, 3 und 4 bei der Abstimmung zusammenzufassen und danach die restlichen Paragraphen dieses Gesetzes zusammen zur Abstimmung aufzurufen. Ich bitte deshalb um die Abstimmung in dieser Form, weil wir gestern schon und auch heute morgen in der Beratung unserer grundsätzlichen Auffassung Ausdruck gegeben haben und nun auch in der Form der Abstimmung noch einmal unsere Auffassung dokumentieren wollen, nämlich wie wir über Kartelle und Monopole denken. Ich bitte den Herrn Präsidenten, entsprechend zu verfahren.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird hierzu das Wort gewünscht? - Es ist der Antrag gestellt worden, in die zweite Beratung des Entwurfs Drucksache 1269 einzutreten. Dieser Antrag entspricht der Geschäftsordnung, nach der ein Gesetzentwurf mindestens in zwei Beratungen kommen muß. Wird er in der zweiten abgelehnt, ist es zu Ende. Wir hätten auch bei der Drucksache 1253 ähnlich verfahren sollen; aber ich nehme an, daß die Antragsteller ihren Antrag schon vorher zurückgezogen hatten. Entsprechend dem eben gestellten Antrag rufe ich nun die §§ i bis 4 des Entwurfs Drucksache 1269 auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; abgelehnt. Überschrift. 5 bis 31, - Einleitung und Überschrift. -Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen abgelehnt. Der Antrag Drucksache 1269 ist also in zweiter Beratung abgelehnt und damit erledigt. Ziffer 3: Der Ausschuß beantragt, die zu den Gesetzentwürfen eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung zu Nr. 1 für erledigt zu erklären. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Umdruck 1290, der Ihnen vorliegt. Das Wort -hat der Abgeordnete Hellwig.

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Regierungsvorlage war die Ausnahme für bestimmte Verträge im Bereich der öffentlichen Versorgung mit Energie und Wasser so formuliert, daß der Bundesminister für Wirtschaft diese Ausnahmen vom Kartellgesetz nur bis zu einer gesetzlichen Regelung der Wettbewerbsverhältnisse in der öffentlichen Versorgung mit Energie und Wasser durch Rechtsverordnung bestimmen konnte. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat diese Einschränkung - die Befristung bis zu einer gesetzlichen Regelung der Wettbewerbsverhältnisse in der öffentlichen Versorgung mit Energie und Wasser - gestrichen, weil er der Meinung war, daß ein Appell an die Bundesregierung, die gesetzliche Regelung möglichst bald einzuleiten und eine Vorlage dem Hause zuzuleiten, nicht in diesem Gesetz ausgesprochen werden könne. Der Ausschuß war aber der Meinung, zum Ausdruck bringen zu sollen, daß er die Regelung, wie sie jetzt im § 77 enthalten ist, nicht als eine definitive Regelung für die Energie- und Wasserwirtschaft ansieht. Das ist von dem Herrn Berichterstatter Kollegen Lange in seinem Bericht zu diesem Teil ausdrücklich hervorgehoben worden. Um der Meinung des Hauses in noch stärkerem Maße Ausdruck zu geben, haben eine Reihe von Kollegen eine Entschließung beantragt, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, im Hinblick darauf, daß die Regelung in § 77 des Kartellgesetzes nur einen vorläufigen Charakter haben kann, tunlichst bald eine gesetzliche Regelung der Wettbewerbsverhältnisse in der öffentlichen Versorgung mit Energie und Wasser vorzulegen. Ich darf Ihnen zu dem vorliegenden Antrag noch eine kleine redaktionelle Änderung vortragen. In der siebten Zeile ist hinter dem Wort „Wasser" einzufügen „im Rahmen eines allgemeinen Energiewirtschaftsgesetzes und eines Wasserwirtschaftsgesetzes". Da diese redaktionelle Einschiebung mit Kollegen verschiedener Fraktionen besprochen worden ist, darf ich annehmen, daß das Haus darüber abstimmen kann, ohne daß diese Änderung schriftlich vorliegt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001261, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind bereit, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen, allerdings nur unter der Bedingung, daß die vom Herrn Kollegen Hellwig angegebene Änderung Platz greift. Ich möchte nur der Bezeichnung „kleine redaktionelle Änderung" widersprechen. Für uns ist .das keine kleine redaktionelle Änderung, sondern nach unserer Auffassung bedarf die Energiewirtschaft einer allgemeinen Neuregelung durch ein neues Energiewirtschaftsgesetz. Das ist das Entscheidende. Aus der bisherigen Formulierung des Antrags könnte der Eindruck entstehen, als sei die Regelung der Wettbewerbsverhältnisse, wie sie jetzt im Gesetz enthalten ist, besonders renovierungsbedürftig und als solle ausschließlich diese geändert werden. Im übrigen isst nach Meinung der SPD-Fraktion die Energiewirtschaft nicht der einzige Bereich, der durch ein Sondergesetz ergänzend geregelt wenden muß; das Bedürfnis nach einem neuen, modernen Gesetz über das Kreditwesen und einem Versicherungsaufsichtsgesetz ist mindestens ebenso stark wie das nach einem neuen Energiewirtschaftsgesetz.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen? - Liegen nicht vor. Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag ,Umdruck 1290 in der geänderten Fassung, die Herr Kollege Hellwig vorgeschlagen hat. Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Meine Damen und Herren, ich gebe nunmehr bekannt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Punkte aufgerufen werden. Als Punkt 2 der heutigen Tagesordnung wird aufgerufen die Nr. 10 der gedruckten Tagesordnung, als Punkt 3 die Nr. 18 der gedruckten Tagesordnung, als Punkt 4 die Nr. 12, als Punkt 5 die Nr. 13, als Punkt 6 die Nr. 16, als Punkt 7 die Nr. 15, als Punkt 8 die Nr. 17. Ich hoffe, daß wir heute alle diese Punkte erledigen werden. Herr Abgeordneter Dr. Menzel hat das Wort zur Abgabe einer persönlichen Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung.

Dr. Walter Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während ich wiegen anderweitiger Verhandlungen nicht im Plenarsitzungssaal sein konnte, hat Herr Kollege Dr. Hellwig, wie ich soeben aus dem Schreibmaschinendurchschlag seiner Erklärung entnehme, u. a. folgendes erklärt: Ihr Fraktionsgeschäftsführer Dr. Menzel hat vor zwei Tagen in einer unwahren Behauptung gegenüber der Presse diese gegen meine Person gezielten Anspielungen unterstrichen. Ich habe diese Behauptung des Kollegen Dr. Menzel mit einem Dementi zurückweisen müssen, weil sie vellig frei erfunden war. Das ist die Methode: Wenn dieser Partei und Fraktion etwas nicht gefällt, versucht man, den anderen zu diffamieren, lindem man ihn als Interessenvertreter hinstellt. Wegen dieses letzten Satzes sehe ich mich gezwungen, eine kurze Erklärung ¡abzugeben, weil - wobei ich nicht weiß, ob Herr Dr. Hellwig das so gemeint hat - man daraus entnehmen könnte, daß Herr Kollege Dr. Hellwig meint, ich hätte ihn diffamieren wollen. Ich möchte hierzu folgendes feststellen. Es ist richtig, daß ich, nachdem die Grundgesetzänderung an der Stimmenthaltung eines großen Teils :der CDU-Fraktion gescheitert war, eine Pressekonferenz abgehalten habe. Ich habe aber weder in dieser Pressekonferenz noch bei einer anderen Gelegenheit behauptet, daß Herr Kollege Dr. Hellwig mit Herrn Menne verhandelt und - was Sie unterstellt haben - daß er infolge dieser Verhandlungen sich anders verhalten habe als in dien Vorbesprechungen. Ich habe vielmehr gegenüber der Presse zunächst wiederholt, was ich namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hier bei der Debatte über die Grundgesetzänderung ausgeführt habe, nämlich - ohne damals 'allerdings Ihren Namen hier zu nennen, Herr Dr. -, daß wir vor allem bedauerten, daß auch Vertreter der Fraktion, die an den Verhandlungen teilgenommen und den Vereinbarungen zugestimmt haben, eine weiße Karte abgegeben hätten. Ich habe zweitens darauf hingewiesen, daß ein sehr bekannter Vertreter der Schwerchemie im Hause gewesen sei, daß er auch von CDU-Abgeordneten gesucht worden sei und daß wir den Verdacht hätten, daß ein Teil der .Gründe der Stimmenthaltungen, d. h. ein Teil der Gründe, warum man das vereinbarte Kompromiß nachträglich brach, mit darin liege, daß Herr Menne sich mit seinen Wünschen durchgesetzt habe. Ich hatte gar keine Veranlassung, Sie mit Herrn Menne in Verbindung zu bringen, weil mir das von keiner Seite mitgeteilt worden ist. Ich bitte aber auch, Herr Kollege Hellwig, ehe Sie mich der Diffamierung bezichtigen, mich vorher zu fragen. Der Brief, der mir gestern von Ihnen zuging, wäre heute sowieso beantwortet worden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Hellwig.

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Dr. Menzel dankbar, daß er hier vor diesem Hause feststellt, die meine Person betreffende Behauptung, in der der Besuch des Herrn Menne in diesem Hause mit meiner Haltung bei der Abstimmung über die Grundgesetzänderung in Verbindung gebracht wird, nicht gemacht zu haben. Ich habe Sie, Herr Dr. Menzel, gebeten, für ,eine Richtigstellung gegenüber dem Kreis Sorge zu tragen, dem ,gegenüber die zuwindest so aufgefaßte Behauptung gemacht worden ist. Denn merkwürdigerweise haben übereinstimmend die „Stuttgarter Nachrichten" und der Westdeutsche Rundfunk die Nachricht ganz eindeutig in der Form gebracht, daß der Besuch ides Herrn Dr. Menne - so sei von Ihnen erklärt worden - vor der Abstimmung bei mir beobachtet worden sei; und der Westdeutsche Rundfunk hat sogar noch in indirekter Rede beigefügt - das müßte also doch auf Ihre Erklärung zurückgehen -, ¡daß es sich hier um ein Beispiel des politischen Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht handele. ({0}) - Herr Dr. Menzel, damit ist aber doch ganz offen zugegeben, daß der Zusammenhang zeitlich offenbar so ,berichtet wurde, daß sich diese Schlußfolgerung dem Hörer aufgedrängt hat. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die jetzige Erklärung auch gegenüber denen, die Ihre Erklärung mißverstanden haben, zum Ausdruck ;brächten. Herr Menne selbst hat gestern bereits ein Dementi herausgebracht, das dann ja auch von Ihnen berücksichtigt werden müßte. Er hat gesagt, daß er zwar in diesem Hause gewesen sei, aber mit niemandem über diese Fragen gesprochen, sondern in ganz anderen Fragen mit irgendwelchen anderen Ressorts zu tun gehabt habe. ({1}) Ich bitte Sie, diese Richtigstellung bei nächster Gelegenheit auch gegenüber dem gleichen Kreis auszusprechen, idem gegenüber Sie die irreführende Behauptung gemacht haben. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Dr. Menzel, es handelt sich um die Abgabe von Erklärungen. Ich kann hier keine Zwischenfragen zulassen. ({0}) - Ich kann Ihnen das Wort zur Abgabe einer Erklärung geben. - Bitte!

Dr. Walter Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere sehr, daß Herr Kollege Hellwig zum Schluß wieder von irreführenden Ausführungen meinerseits gesprochen hat. Sie sollten mir glauben, daß das stimmt, was ich Ihnen vorhin erklärt habe. Ich habe mich - das scheint Ihnen gar nicht aufgegangen zu sein, Herr Dr. Hellwig - vor allem dagegen gewehrt, daß Sie diesen Vorgang benutzen, 'um mir eine Diffamierung zu unterstellen Dagegen möchte ich mich ausdrücklich verwahren. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dieser Punkt ist erledigt. Als Punkt 2 der heutigen Tagesordnung rufe ich den Punkt 10 der Ihnen gedruckt vorliegenden Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1957/58 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft ({0}) ({1}) a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 ({3}) der Geschäftsordnung ({4}); b) Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({5}) ({6}). ({7}) Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Horlacher. Ich erteile ihm das Wort. Dr. Horlacher ({8}), Berichterstatter: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Mündliche Bericht liegt Ihnen gedruckt vor. Ich möchte dazu nur bemerken, daß die vom Ausschuß angenommenen Anträge bezüglich Erhöhung der Reports und bezüglich der Einzelerhöhungen der Brotgetreidepreise usw. in die Preistabellen eingearbeitet sind. Sie können das selber nachlesen, und ich brauche nicht näher darauf einzugehen. Weiterhin habe ich folgende kurzen Bemerkungen zu machen. Wir leben zur Zeit bezüglich der Getreidepreise in einem gesetzlosen Zustand; denn das alte Getreidepreisgesetz ist zum 1. Juli außer Kraft getreten. Wir haben es im Ausschuß alle miteinander bedauert, daß die Vorlage erst so spät an uns herankam. Der Bundesrat, hat die Vorlage schon vor längerer Zeit erledigt, sie kam dann erst verspätet an den Bundestag heran, und wir konnten uns erst am 27. Mai mit ihr beschäftigen. Damals haben wir uns in einer allgemeinen Aussprache für die Erhöhung der Reports ausgesprochen, und zwar aus folgendem Grund: die beteiligten Wirtschaftskreise sollten in die Lage versetzt werden, die Einfuhr- und Vorratsstelle zu il entlasten, damit die beteiligten Wirtschaftskreise entsprechend höhere Einlagerungen vornehmen konnten. Dies war die allgemeine Auffassung. Dabei kann an manchen Dingen noch wesentliche Kritik geübt werden. Der Ausschuß hat dann in einer weiteren Sitzung am 24. Juni zu dem Gesamtgesetz Stellung genommen. Am 27. Mai war das nicht möglich, weil der Ausschuß den Wunsch hatte, daß der Herr Bundesernährungsminister an den Beratungen teilnimmt. Die Sitzung, an der der Bundesernährungsminister teilnahm, fand also am 24. Juni statt. Hier ein kurzer Überblick über den Ablauf dieser Sitzung. Ein Änderungsantrag, die Getreidepreise einschließlich Saatgut um 20 DM zu erhöhen, wurde mit Mehrheit abgelehnt. Ebenfalls mit Mehrheit abgelehnt wurde ein Antrag, die Preise sämtlicher Getreidearten einschließlich Saat-, Futter- und Industriegetreide um 10 DM zu erhöhen. Es wurde dann der Antrag, die Mindest- und Höchstpreise pro Tonne für Brotgetreide, Braugerste und Saatgetreide um 10 DM pro Doppelzentner zu erhöhen, einstimmig angenommen. Der Erhöhung der Reports gemäß Vorschlag des Bundesrats von 27 auf 40 DM hatte der Ausschuß bereits am 27. Mai einstimmig zugestimmt. Das wurde nochmals bestätigt. Dem Vorschlag, bei Saatgetreide die Spanne der Höchstzuschläge zu erhöhen, wurde nicht gefolgt, da nach Ansicht der Mehrheit die Gefahr besteht, daß dadurch das organische Preisgefüge zerrissen wird. Das sind die wesentlichen Ergebnisse, mehr brauche ich momentan nicht zu sagen. Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Gesetzentwurf, so wie er jetzt vorliegt, und damit der Erhöhung der Reports und der Mindest- und Höchstpreise für Braugerste, Saatgetreide, Weizen, Roggen und Sommergerste um 10 DM pro Tonne zuzustimmen. ({9})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf § 1. Dazu ist ein Änderungsantrag auf Umdruck 1262 Ziffer 1 angekündigt. - Das Wort hat der Abgeordnete Hepp. Hepp ({0}): Meine Damen und Herren! Ich möchte mein Bedauern vorausschicken, daß dies immerhin doch bedeutungsvolle Gesetz über die Getreidebewirtschaftung und die Preisfestsetzung in völliger Abwesenheit der Vertreter des zuständigen Bundesernährungsministeriums beraten wird. Ich hoffe, daß das nur eine Panne ist, aber wir sollten doch zum Ausdruck bringen, daß wir ein Recht darauf haben, daß bei der Beratung so wichtiger Dinge der Bundesernährungsminister zugegen ist. ({1}) Ich kann mich dem Herrn Kollegen Dr. Horlacher nur anschließen, der bedauert hat, daß wir erst so spät in die Beratung dieses Gesetzes eintreten. Es ist richtig, wir haben seit dem 1. Juli dieses Jahres auf diesem Gebiet einen völlig gesetzlosen Zustand, und es wäre für die Juristen dieses Hauses interessant, einmal festzustellen, was für praktische Folgerungen sich aus dieser Tatsache in bezug auf ({2}) die Getreidebewirtschaftung und die Preisfestsetzung ergeben. Wir haben also einmal alle. Veranlassung, das Gesetz möglichst schnell zu verabschieden und zum zweiten zu bedauern, daß der Bundestag nicht schon sehr viel früher in der Lage war, sich mit diesem Gesetz zu beschäftigen, so daß es vor dem 30. Juni dieses Jahres hätte verabschiedet werden können. Denken Sie daran, daß die Vorlage praktisch eine Wiederholung der Vorlage des Jahres 1955/56 bedeutet. Man muß sich fragen, ob es nötig war, daß der Herr Bundesernährungsminister mit seiner Vorlage so viel Zeit brauchte. Im übrigen lagen auch die Ergebnisse des Grünen Berichts vor, aus denen Schlußfolgerungen für eventuell erforderlich werdende Preiskorrekturen gezogen werden konnten. Beides ist vom Bundesernährungsministerium, dessen Vertreter nicht anwesend sind, nicht erfolgt. Die Vorlage ist noch später eingebracht worden als in den vergangenen Jahren. So stehen wir vor der Situation, daß wir zu Beginn des Juli ein Gesetz verabschieden, das schon längst wirksam sein sollte, im übrigen zu seiner Wirksamkeit auch noch der Verkündung bedarf. Es werden also weitere Tage hingehen, bis wir eine gesetzliche Grundlage haben, mit deren Hilfe die Getreidepreise in Ordnung gebracht werden können. Wir haben diese Bedenken schon im Ausschuß zum Ausdruck gebracht. Das führte dazu, daß, da der Herr Minister nicht anwesend war, der Ausschuß beschloß, von einer Behandlung der Getreidepreise abzusehen, solange der Minister nicht zur Stelle ist, und zunächst nur in die Erörterung der Reports einzutreten. Das hat der Ausschuß alsdann getan. Wir haben im Ausschuß einen Antrag vorgelegt und haben diesen Antrag auch heute wieder eingebracht, der darauf abzielt, die Preise für sämtliche Getreidearten um 20 DM je Tonne zu erhöhen. Was hier zunächst die Auswirkungen für die Entwicklung des Brotgetreidepreises betrifft, so darf ich folgendes sagen, um die Öffentlichkeit von vornherein vor erschreckenden Bildern zu bewahren. Es ist eine Faustzahl, daß aus einem Zentner Brotgetreide 33 ,Brote zu 3 Pfund, also 99 Pfund Brot gebacken werden. Eine Erhöhung des Preises beispielsweise für Brotgetreide um 1 DM würde also zur Folge haben, daß der Brotpreis je Pfund um etwa 1 Pf erhöht würde. Ich bitte Sie, selber zu überlegen, ob eine derartige Verteuerung der Öffentlichkeit gegenüber verantwortet werden kann oder nicht. Wir glauben, daß sie getragen werden kann, das um so mehr, nachdem sich der Bundesfinanzminister in der bekannten Vorlage des Haushaltsausschusses entschlossen hat, in einer allerdings noch etwas unklaren Form zumindest die Brotpreiserhöhung von 10 DM je Tonne durch Subventionen abzufangen. Wir gehen mit den Beschlüssen des Ausschusses auch in einem anderen Punkt nicht konform. Der Ausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Preiserhöhung für Getreide um 10 DM je Tonne nicht auf das Futtergetreide ausgedehnt werden soll. Wir bedauern das; denn damit hat sich die Mehrheit des Ausschusses einer Erkenntnis verschlossen, die sich für uns alle aus der Bildung des Kartoffelpreises und des Schweinepreises in den letzten Jahren ergibt. Ich darf mich hier auf die Ausführungen berufen, die das Bundesernährungsministerium in seiner die Beschlüsse des Bundesrates ablehnenden Stellungnahme dargetan hat. Das Ministerium weist hier mit vollem Recht auf die Zusammenhänge zwischen den Preisen für die eben genannten Getreidearten und der Preisbildung für Kartoffeln sowie schließlich auch der Preisbildung für Schweine hin. Wir. bedauern es, daß der Ausschuß nicht die Konsequenz daraus gezogen hat. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß eine gewisse Differenzierung zwischen den Preisen für Brotgetreide und den Preisen für Futtergetreide vorhanden sein muß. Wir glauben aber, daß die Differenzierung, die schon im alten Preisgesetz vorhanden war und die im gleichen Ausmaß bei einer gleichmäßigen Preisanhebung für alle Getreidearten auch im neuen Preisgesetz sich auswirkt, völlig ausreichend ist. Ich darf noch auf die Bedeutung verweisen, die der Frage der Getreidepreise bei uns zukommt. Ich weiß, daß vielfach die Frage der Förderung der Veredelungswirtschaft im Vordergrund steht, und das mit vollem Recht. Aber dies sollte nicht etwa dazu führen, daß eine gerechte Entwicklung der Getreidepreise verhindert wird. Nach den agrarstatistischen Arbeitsunterlagen des Statistischen Bundesamts für das Wirtschaftsjahr 1956/57 betrugen die Indizes für die pflanzlichen Erzeugnisse bei einem Stand von 100 im Jahre 1949/50 im Jahre 1955/56 nur 156, die für tierische Erzeugnisse jedoch 198. Sie sehen also, daß es durchaus gerechtfertigt ist, die Preise für das Getreide keineswegs zu vernachlässigen, denn der Getreidebau in Deutschland ist schon eine bedeutungsvolle Angelegenheit. Ich darf nur darauf hinweisen, daß nach dem gleichen statistischen Zahlenwerk der Wert des in Deutschland erzeugten Getreides 1729 Millionen DM ausmachte gegenüber einem Wert der Kartoffelerzeugung von 1219 Millionen DM und der Zuckerrübenerzeugung von nur 585 Millionen DM. Wir sind der Meinung, daß die Beschlüsse des Ausschusses eine Vernachlässigung eines wichtigen Zweiges in der Landwirtschaft bedeuten und daß diese Vernachlässigung vermieden werden sollte. Darum haben wir auf Umdruck 1262 den Antrag gestellt, im Gegensatz zu den Beschlüssen des Bundesrats die Preise für sämtliche Getreidearten um 20 DM je Tonne zu erhöhen. ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich über die Verwunderung des Kollegen Horlacher darüber, daß wir erst so spät, längst nach Ablauf der Frist, hier das Getreidepreisgesetz beraten. Das machen wir doch in jedem Jahr so. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, ist es uns in den sieben Jahren, in denen es eine Getreidemarktordnung gibt, nur ein einziges Mal gelungen, mit dem Getreidepreisgesetz zum vorgeschriebenen Termin herauszukommen, und das, obwohl wir eigentlich in jedem Jahre immer wieder die gleiche Drucksache bekommen; es stehen nur eine andere Nummer und ein anderes Datum darauf. Die Entschlußkraft, die dahintersitzt, ist natürlich außerordentlich bemerkenswert. Aber dafür sollten Sie dann loyalerweise, schon weil es Ihre eigene Regierung ist, hier nicht die Regierung anzapfen - vor allen Dingen, wenn die Regierung bzw. der Minister nicht. da ist -, sondern sich auch ein bißchen selber an die Brust schlagen. ({0}) Das Getreidepreisgesetz wird ohne Rücksicht auf irgendwelche Marktlage, sondern nur unter Berücksichtigung der deutschen agrarpolitischen Gesichtspunkte von uns verabschiedet. Wir haben mit unserem Getreidepreisgesetz die deutschen Getreidepreise vom Weltmarktpreis völlig losgelöst und sie auf ein eigenes Geleise gesetzt. Meine Fraktion hat aus diesem Grund einmal beantragt, das Getreidepreisgesetz bereits im September zu verabschieden, schon damit der Erzeuger weiß, was er zu erwarten hat, und damit er sich in seiner Anbauplanung darauf einrichten kann. Das haben Sie abgelehnt. Deswegen ist die Regierung auch bei ihrer Gewohnheit geblieben, mit der wir uns heute auseinanderzusetzen haben. Ich will nichts zu dem Antrag sagen, den Herr Kollege Hepp soeben begründet hat. Ich möchte nur einen Wunsch meiner Fraktion aussprechen. Wir sind hier sozusagen die legale Opposition, und es ist für uns natürlich ein bißchen peinlich, wenn die, wenn ich so sagen darf, illegale Opposition mehr bietet; das bringt uns in einige Verlegenheit. Wir möchten also dem Wunsche Ausdruck geben - nachdem eine Fraktion der Regierungskoalition so viel mehr geboten hat, und das noch ohne Rück, sickt auf den Wahlkampf -, aus berufenem Munde der Regierung, soweit vorhanden - sie ist immer noch nicht vorhanden -, oder aus den Reihen der Koalition selbst hierzu eine klare Meinung zu hören. Nun zum aufgerufenen § 1. Meine Damen und Herren, der Ernährungsausschuß - das ist hier schon gesagt worden - hat sich entschlossen, sowohl die Preise wie auch die sogenannten Reports, d. h. die monatlichen Zuschläge zur Abdeckung der Lagerkosten und der mit der Lagerung verbundenen Finanzierungskosten zu erhöhen. Gleichzeitig ist aber auch beschlossen worden - ich sage das mit so viel Nachdruck, weil es in diesem Gesetz nicht steht, und ich weiß nicht, ob es da hineingehört -, diese Preiserhöhung, die sonst vom Verbraucher im Brotpreis, zumindest soweit es sich um Brotgetreide handelt, getragen werden müßte, durch eine Subvention aus Bundesmitteln abzufangen. Im Haushaltsausschuß hat eine Beratung darüber stattgefunden, und der Finanzminister hat eine Erklärung abgegeben. Weil diese ganze Sache auf, wie mir scheint, etwas unsicheren Füßen steht, ist es doppelt und dreifach notwendig, daß von dieser Stelle aus allen, die es angeht, gesagt wird: es handelt sich hier nicht um eine Preiserhöhung, die der Verbraucher zahlen soll, sondern um eine Maßnahme zum Ausgleich von Dingen, die, was die Preise angeht, die Landwirtschaft interessieren, und diese Maßnahme soll eben in einer Subventionierung bestehen. Da das nicht im Gesetz steht, muß es hier so nachdrücklich gesagt werden. Eine Bemerkung insbesondere zu der Erhöhung der Reports. Wir haben es von dieser Stelle aus oft beklagt, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle Jahre hindurch - und in jedem Jahre schlimmer - für die Überlagerung des 'deutschen Getreides in Anspruch genommen worden ist, dafür in jedem Jahr mehr Steuermittel ausgegeben worden sind und der Einfluß der Verwaltung, 'der Bürokratie auf dieses Geschäft, das wahrlich Handel und Genossenschaften allein machen sollten, größer geworden ist. Wir begrüßen es, daß man jetzt die Reports erhöht hat. Wir knüpfen daran allerdings die Erwartung, daß 'die Regierung dafür sorgt - und sie hat im Getreidegesetz jede Handhabe, die erforderlich ist -, daß das, was hier über die Subventionen ausgegeben wird, bei der Einfuhr- und Vorratsstelle dadurch gespart wird, daß man sie zum mindesten für bestimmte Zeiten und bestimmte Kreise schließt, damit dieser trostlose Mißbrauch der Marktordnung endlich einmal aufhört, der darin besteht, daß Leute Getreide von Bauern aufnehmen, es für eine Weile an die Einfuhr- und Vorratsstelle verkaufen, sich dann ihre Lagerräume, ihre Transportmittel usw. von der Einfuhr-und Vorratsstelle, d. h. von den Steuerzahlern, bezahlen lassen, daß niemand sie fragt, warum sie das eigentlich tun, und daß sie dabei ihre volle Spanne garantiert und ausgezahlt bekommen. Das ist ein sehr risikoloses und sehr bequemes Geschäft. Diese Erwartung sollten wir im Hinblick auf die Mittel, die dafür aufgewendet werden, alle haben. Sie wissen ja, wer in unserem Land alles Steuern zahlt. Es sind nicht nur die reichen, sondern auch die armen Leute. Wenn sie Brot kaufen, müssen sie Umsatzsteuer zahlen und was es an „guten" Erfindungen und Einrichtungen auf diesem Gebiet sonst noch gibt. Jetzt ist aber auch der letzte Vorwand zur Deckung dieses Mißbrauchs der Marktordnung ausgeräumt. Ich sage noch einmal: mindestens meine Fraktion knüpft an diesen Beschluß die Erwartung, daß sich die Regierung jetzt zu entscheidenden Taten aufschwingt. Wir haben uns viele Jahre nicht die Zeit zu einer gründlichen Auswertung der Erfahrungen mit unserer Getreidemarktordnung genommen. Oder vielmehr man hat sie uns nicht gelassen. Der konkrete sozialdemokratische Gesetzentwurf, der sich hiermit befaßt, ist im Bundestag nicht 'erledigt worden. Es war keine Zeit dazu, nicht wahr?! Einmal kommen wir an den Punkt - ich bin der Überzeugung, wir stehen schon mit der Nase vor diesem Punkt -, an dem wir uns mit den Erfahrungen unserer Getreidewirtschaft wirklich auseinandersetzen müssen. Wir möchten nicht, daß man damit so lange wartet, bis die Ausentan dersetzung gleichbedeutend ist mit einem Fiasko der Marktordnung. Die Landwirtschaft braucht nämlich die Marktordnung, und wir möchten sie richt am Mißbrauch zugrunde gehen lassen. Noch einmal also: Durch Beschluß des 26. Ausschusses ist eine Veränderung in den Preisen vorgenommen worden. Die Veränderung bedeutet praktisch eine Erhöhung der Getreidepreise und der Reports. Diese Erhöhung soll durch Subventionen aufgefangen werden. Es ist die Pflicht der Regierung, nachdem sie sich durch den Vertreter des Bundesfinanzministers und den Vertreter des Bundesernährungsministers im Haushaltsausschuß mit diesem Verfahren ausdrücklich einverstanden erklärt hat, nun dafür zu sorgen, daß die Mittel, die zur Abdeckung der hier entstehenden Mehrkosten erforderlich sind, die beteiligten Kreise so schnell erreichen, daß niemand sie vorzulegen braucht. Sonst haben die Betreffenden, während der Bundestag in Ferien oder vielmehr im Wahlkampf ist, schwer darunter zu leiden, daß sie nicht mehr wissen, an wen sie sich wenden können. Wir haben in diesem Bereich sehr schlechte Erfahrungen gemacht: Ich will hier einmal ausdrücklich die Mehlsubventionierung nennen. Es ist den Mühlen nicht erlaubt worden, sich im Wege der Konvention um höhere Mehlpreise zu bemühen. Wir wissen alle, daß der Mehlpreis bei gleichem ({1}) Getreidepreis heute noch niedriger ist als vor wenigen Jahren. Den Mühlenbesitzern ist gesagt worden, das werde durch eine Subvention ausgeglichen. Aber der Herr Bundesfinanzminister ist in dieser Frage offenbar auf beiden Ohren taub, und diese Zusage wird nicht gehalten. Dadurch entstehen in weiten Kreisen der Mühlenwirtschaft - und hier haben wir es nicht nur mit großen Mühlenbesitzern, sondern auch mit kleinen Leute zu tun - außerordentlich große Schwierigkeiten. Es macht - lassen Sie mich das der Regierungskoalition sagen - einen sehr schlechten Eindruck, wenn die Regierung nicht einmal solche Versprechungen hält, die mit verhältnismäßig geringen Mitteln gehalten werden können. Daß sie große Versprechungen nicht hält, dafür haben wir alles Verständnis; das ist zu teuer oder wird ihr aus irgendwelchen Gründen nicht erlaubt. Aber die kleinen Versprechen sollte sie doch halten und sollte die Folgen für die Nichteinhaltung nicht andere tragen lassen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.

Dr. Michael Horlacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000957, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit Engelszungen reden - was ich infolge der Natur meiner Verhältnisse leider nicht kann -, ({0}) um den Kollegen Kriedemann von dem zu überzeugen, was Wirklichkeit ist. Ich lade ihn herzlich ein, einmal selber im August, September oder Oktober die Getreideläger der genossenschaftlichen Lagerhäuser zu besichtigen. Dann würde er feststellen, daß die Dinge in Wirklichkeit ganz anders aussehen, als sie hier geschildert werden. Wir sind bereit, Getreide aufzunehmen. Wieweit? Soweit wir Lagerraum haben! Wir nehmen auch dazu noch Lager am in Miete, wenn wir solchen bekommen. Aber darüber hinaus können wir nichts tun. Es ist nun einmal die Gepflogenheit der Landwirtschaft geworden, daß sie das Getreide nach der Ernte rascher abstößt, als es früher der Fall gewesen ist. Aus unseren Ermittlungen hat sich ergeben, daß in den letzten Jahren 83 % der Brotgetreideernte bis zum Dezember des jeweiligen Jahres abgeliefert worden, d. h. aus den Händen des Bauern in die Hände der Genossenschaften und des Handels gegangen sind. Es handelt sich um ein saisonweises Stoßgeschäft, wobei eine große Anlieferungsquote zu bewältigen ist, während später, im Februar, März, April und in den nachfolgenden Monaten die Tätigkeit eine ganz andere ist. Während dieser späteren Monate muß dafür gesorgt werden, daß mit dem Überschuß der Läger der an anderer Stelle entstehende Bedarf gedeckt wird. Das ist die Lage. Aber wir wollen uns darüber nicht die Köpfe heiß reden. Ich möchte die Hitze nur zum Anlaß nehmen, zu wünschen, daß sie da ist, wenn unsere Getreideernte eingebracht wird, damit wir endlich einmal unsere Ruhe haben mit den Abzügen wegen Feuchtigkeit. Ich möchte bei dieser Gelegenheit diesen Wunsch anbringen, da die Regierung ja nicht in der Lage ist, auf diesem Gebiet mit der Durchführungsverordnung Wesentliches zu ändern. Das ist eine Frage, die wir auch noch behandeln müssen. Was die Ausführungen des Kollegen Hepp anlangt, so möchte ich dazu sagen: ich bin ihm durchaus dankbar dafür, daß er die Bedeutung des Getreideanbaues in den Vordergrund geschoben hat. Wenn einer im Grünland wohnt, meint er, es gebe bloß Grünland, und wenn einer woanders wohnt, es gebe bloß das, was er dort sieht. In Wirklichkeit muß jeder von dem leben, was wächst. Es gibt die Getreideanbaugebiete genauso, wie es die Grünlandgebiete gibt. Deswegen ist der Ertrag aus dem Getreide für viele Gebiete genauso wichtig wie der Ertrag aus der Viehwirtschaft oder aus sonstigen Erzeugnissen der Landwirtschaft. - Das so nebenbei. Eine Reform der Getreidebewirtschaftung ist deswegen schon ein Problem, Herr Kollege Kriedemann, mit dem wir uns einmal beschäftigen müssen; damit sind wir einverstanden. Was wir jetzt durch den Einbau der Reports und die Erhöhung um 10 DM bei Brotgetreide verbessert haben, möchte ich Ihnen einmal bekanntgeben, damit es draußen nicht heißt, wir schlechten Hunde hätten die 10 DM weitere Erhöhung abgelehnt, und damit wir nicht die Prügel dafür beziehen, daß wir angeblich so unvernünftig sind, das nicht zu tun. Dabei sind wir vernünftig. Wir gehen momentan nicht weiter, als es nach der jetzigen Lage möglich ist, um nicht das Ganze zu gefährden. Nehmen Sie mal die Tabelle auf der zweiten Seite der Zusammenstellung in dem Ausschußbericht. Da sehen Sie folgende Veränderungen. Ich halte mich jetzt nur an das Preisgebiet I bei Roggen. Für die anderen Preisgebiete ist die Sache analog. Da haben wir im September in dem Preisgebiet I Preise von 376 bis 394 DM pro Tonne, während wir nach dem alten Schema 363 bis 381 DM pro Tonne hatten. Im Oktober haben wir 381 bis 400 DM pro Tonne für Roggen, während wir im Oktober vorigen Jahres noch 367 bis 386 DM hatten. Im November haben wir jetzt 386 bis 403 DM, dagegen im November vorigen Jahres 372 bis 389 DM. Und so geht das weiter. Sie sehen also, das sind wesentliche Erhöhungen, wenn wir die Reports und die 10 DM zusammenrechnen. Sodann habe ich schon im Ausschuß ausgeführt, daß eine allgemeine Ordnung im Getreideschema sein muß. Aber man soll uns auch nicht täuschen, man soll nicht behaupten, daß der Wegfall der Erhöhung des Preises für Futtergetreide eine wesentliche Verschlechterung bedeute. Das ist nicht der Fall. Im übrigen sind die Ansichten der Landwirtschaft geteilt, je nachdem ob sie Futtergetreide erzeugen oder beziehen. Da hat es noch immer gewisse Differenzen gegeben, und zu einem einheitlichen Standpunkt ist es da nie gekommen. Wir haben immer etwas ausgeglichen. Nur um das ganze Schema beim Getreide zu halten, ist eine gewisse organische Behandlung notwendig. Was sollen denn die 10 DM noch viel an Ertrag erbringen? Bei Futter- und Industriegetreide sind ja die Spannen ganz anders als bei Brotgetreide. Bei Brotgetreide sind die Spannen zwischen Höchst- und Mindestpreisen um 20 DM herum. Bei Futtergetreide handelt es sich um einen Unterschied von 350 bis 390 DM, bei Industriegerste von 375 bis 400 DM, bei Futterhafer von 300 bis 365 DM, bei Industriehafer von 315 bis 375 DM. Je nach der Tendenz auf dem Futtergetreidemarkt bewegen sich die Preise mehr in der Mitte. Es hat sich gezeigt, daß die Preise für Futtergetreide nicht wie die für Brotgetreide auf der unteren Linie - je nach der Marktlage - liegen. Sie liegen meistens ({1}) etwas darüber. Deswegen können wir dafür eintreten, daß auch für Braugerste, die in Süddeutschland auf den kleinbäuerlichen Betrieben und bei den schlechteren Bodenverhältnissen wächst, die 10 DM Erhöhung wie für Brotgetreide gezahlt werden; das ist ja selbstverständlich. Ich bin den übrigen Landwirten dankbar, daß sie dem gefolgt sind. Nun kommt der innere Zwang, dem wir unterliegen. Wir könnten das ganze Gesetz nicht in Kraft setzen, wenn der Haushaltsausschuß nicht den entsprechenden Beschluß gefaßt hätte. Hier ist immerhin eine Überbrückung notwendig. Dafür sind 52 Millionen DM erforderlich. Wir wollen nicht davon reden, auf welchem Wege das geschieht; das Geld für die Überbrückung soll aus den Mitteln des Haushalts entnommen werden. Die Überbrückung, ganz gleichgültig, wie Sie das nennen mögen, ist notwendig - Herr Kollege Kriedemann, da sind wir uns doch einig -, damit keine Änderungen in den Brotpreisen eintreten. ({2}) - Das ist auch in Ordnung. Aber hier entsteht eine große Gefahr. Der Haushaltsausschuß hat die Forderung auf 52 Millionen DM für die Erhöhung um 10 DM nicht allein für Brotgetreide, sondern für sämtliche Getreidearten gerade noch schlucken können. Das macht allein bei Brotgetreide, wenn wir um weitere 10 DM erhöhen, 38 Millionen DM aus; wenn wir diese Stützung auf das ganze Getreide ausdehnen, würde das ungefähr 50 bis 55 Millionen DM ausmachen. Das wäre eine Gefährdung der gesamten Getreidepreisvorlage, und das können wir nicht verantworten. Wir fühlen uns dafür verantwortlich, daß das neue Getreidepreisgesetz mit den nicht unwesentlichen Verbesserungen so rasch wie möglich in Kraft gesetzt wird. Wir verzichten auf alle weitergehenden Anträge, damit wir das, was wir unseren Landwirten nach der jetzigen Vorlage geben können, nicht gefährden. Meine Damen und Herren, meine verehrten Bauern und Gesinnungsgenossen, lehnt diese Agitationsanträge ab, sie sind nicht mehr wert! ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Herr Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Dr. h. c. Heinrich Lübke (Minister:in)

Politiker ID: 11001385

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ernährungsausschuß und Haushaltsausschuß haben der Vorlage zugestimmt. Ich nehme deshalb an, daß irgendwelche Schwierigkeiten hier im Hause nicht entstehen. Ich möchte aber zu den Anregungen, den Anträgen und den Anfragen, die gestellt worden sind, noch kurz Stellung nehmen. Zunächst zur Aufnahme von Getreide. Das wind uns auch dann, wenn wir besseres Erntewetter als in den vorigen Jahren bekommen, Schwierigkeiten machen. Denn die Läger der Einfuhr- und Vorratsstelle sind voller als in den vorigen Jahren, weil wir in drei Jahren hintereinander sehr schlechtes, nasses Wetter gehabt haben und schon aus diesem Grunde einen höheren Anfall auch bei der Einfuhr-und Vorratsstelle haben. Wir haben nun, um die Schwierigkeiten zu vermindern, auch 'darauf hingewirkt, daß sich Genossenschaften und Handel mit Unterstützung unseres Hauses neue Lagerräume schaffen. Wir hoffen, daß sie in ,diesem Jahr für die neue Ernte bereits mit etwa 60 bis 80 000 t neuem Lagerraum antreten können. Das wird ,die Situation etwas erleichtern. Ansammlungen für das kommende Jahr sollen durch die Erhöhung der Reports von 27 DM ,auf 40 DM pro Tonne verhindert werden. Auch das ist einstimmig im Ernährungs- und im Haushaltsausschuß gebilligt worden. Ich hätte ja die Mittel es sind eigene Mittel unseres Hauses - dafür nicht angeboten, wenn mir nicht vor allen Dingen daran gelegen wäre, die Ansammlung von Getreide in unserer Einfuhr- und Vorratsstelle in der Zukunft unbedingt zu vermeiden. ({0}) Ich würde jeden vernünftigen Weg mitgehen, der dazu führt, daß eine weitere Belastung der Einfuhr- und Vorratsstelle vermieden wird. Darum ist es richtig - die Richtlinien für die Abwicklung sind bereits vorbereitet -, daß wirr uns in den nächsten Wochen, vielleicht schon in der nächsten Woche, soweit der eine oder andere daran interessiert ist, mit den Richtlinien beschäftigten. Jedenfalls würde ich die Erfindungsgabe jedes einzelnen von Ihnen ansprechen, dazu etwas Positives beizutragen. Ich möchte ausdrücklich auf alle Vorschläge hinweisen, die darauf hinauslaufen, die in der Einfuhr- und Vorratsstelle vorhandenen Getreidemengen zu vermindern, aber nicht weiter als bis zu den vorgeschriebenen Vorratsmengen, die im Interesse der Verbraucher sowieso notwendig sind. Dann die Frage: Werden die Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen? Die Mittel werden zunächst aus unserem Haushalt gegeben und werden, soweit es sich nicht um die Reports handelt, vom Bundesfinanzminister wieder abgelöst werden. Wie das geschieht, ob auf Grund vorhandener Haushaltsmittel, aus Ersparnissen oder im Vorgriff auf das nächste Jahr, das haben Finanzminister und Haushaltsausschuß zu entscheiden. Jedenfalls werden die Mittel zur Verfügung stehen. Daran wird die Abwicklung nicht scheitern. Es bleibt noch die Frage der Mühlensubvention. Die Zahlungen für ,die Mehlsubvention sind in den letzten drei Monaten nicht pünktlich geleistet worden. Das Kabinett hat sich in ,seiner letzten Sitzung damit beschäftigt, und der Finanzminister hat zugesagt, die Auszahlung kurzfristig vorzunehmen. Ich will hoffen, daß diese Zusage auch wirklich kurzfristig eingehalten wird; denn die Müller haben lange genug auf diese Auszahlungen warten müssen. Die Unruhe, die heute im Lager der Müller, und zwar der großen wie der kleinen, besteht, ist leider Gottes berechtigt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt nicht die Zeit, die so lange versäumte gründliche Debatte über unsere Getreidepolitik und die Handhabung unserer Marktordnung zu führen oder nachzuholen. Ich will auch gar nicht den Versuch dazu machen. Die Tatsache, daß wir auf Vorräten sitzen, von denen man nicht so recht weiß, wie man sie wieder loswerden soll, ist soeben mit dem nassen Sommer erklärt worden. Vieleicht hat auch ein bißchen der ({0}) Umtand dazu beigetragen, daß es einfacher war, den nassen, verregneten, ausgewachsenen Roggen als Brotgetreide in die Einfuhr- und Vorratsstelle hineinzubringen, als sich rechtzeitig mit dem Finanzminister über die tatsächliche :Höhe der Ernteschäden auseinanderzusetzen. Wir haben das damals sehr bedauert, weil wir finden, daß ,auch dieses Verfahren, so bequem es tauf den ersten Blick sein mag, zum Schluß zu Lasten der Marktordnung selbst geht. Ich will auch nicht mit Engelszungen zu reden versuchen. Herr Kollege Horlacher spricht aus den Erfahrungen eines dier größten Getreidehandelsunternehmungen. Es möge niemand glauben, daß ich das in einer kritisierenden Weise sage. Solche Unternehmungen gibt es, und sie sind notwendig. Es .ist vollkommen legal, sich in dieser Richtung zu bemühen. Ich respektiere auch, daß es gewisse Interessenlagen gibt. Für diejenigen, die sich in seiner oder in einer ähnlichen Position befunden haben oder befinden, ist nun einmal die Verbindung mit der Einfuhr- und Vorratsstelle eine wesentliche Erleichterung dier Abwicklung der Geschäfte, als es etwa der Wettbewerb vor der Mühle gewesen wäre. Deswegen haben sie das ja auch gemacht. Nur müssen sich die Herren gefallen lassen, daß ihnen hin und wieder einmal einer in die Karten guckt, manchmal auch einer, der natürlich nicht so viel wie der Herr Kollege Horlacher, aber immerhin soviel wie ich davon versteht. Herr Kollege Horlacher ist ein fairer und angenehmer Kollege. Er wird nicht bestreiten, daß ich 1m allgemeinen nicht die Gewohnheit habe, so nachdrücklich von Sachen zu reden, von denen ich nichts verstehe, wie hier bei Getreide, wo ich öfter unter Beweis gestellt habe, daß ich davon einiges verstehe. Ich wünsche dem 'Herrn Minister viel Glück bei seinen Bemühungen, nun unter Berufung auf die Erhöhung der Reports eine weitere Überschwemmung dier Einfuhr- und Vorratsstelle zu verhindern. Ich möchte noch eimal sagen: er hat dazu alle Instrumente in dier Hand: die Regulierung der Einfuhr und die Festsetzung des Beimischungsverhältnisses von Auslandsgetreide zum Inlandsgetreide. Es gibt zur Ausräumung sogenannter toter Winkel Frachtenzuschüsse usw. ({1}) Er kann dafür sorgen, daß die deutsche Ernte, die ja restlos hier verbraucht wird, zügig Absatz findet. Er braucht nur - dies ist allerdings die Voraussetzung dafür, daß Erfolg hat - diejenigen, die es ,angeht, dazu zu zwingen, sich nun wirklich selber um ihr Geschäft, und zwar für ihre eigene Rechnung zu kümmern, nachdem wir ihnen durch die Erhöhung der Reports aus öffentlichen Mitteln einen so großen Beitrag leisten. Ich habe vorhin um eine Antwort oder eine Stellungnahme der Regierung oder einer der Koalitionsparteien zu den Anträgen aus der Koalition gebeten. Herr Horlacher hat uns geantwortet, indem er gesagt hat, daß man solche Agitationsanträge natürlich ablehnen solle. Wir haben uns immer - und mir scheint, mit verhältnismäßig großem Erfolg - darum bemüht, zwischen Agrarpolitik und Agitation zu unterscheiden, obwohl das offenbar ganz besonders schwierig ist; denn ich kenne eine ganze Menge Leute, für die gerade Agrarpolitik nur aus Agitation besteht. Ich halte es für einen bemerkenswerten Fortschritt - wenn er auch sozusagen im letzten Moment dieses 2. Bundestages erfolgt -, daß diese Anträge von Herrn Horlacher so deutlich als „Agitationsanträge" bezeichnet worden sind. Wie wir uns dazu verhalten, haben wir im Ausschuß gezeigt. Wir haben gar keine Veranlassung, uns hier etwa anders zu benehmen. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Hepp. Hepp ({0}): Meine Damen und Herren! Ich hatte bei meinen ersten Ausführungen die Absicht, nur das Notwendigste zu sagen. Ich glaube, das, was ich über die Erhöhung der Getreidepreise in dem bekannten Ausmaß hier auszuführen hatte, dürfte Herrn Horlacher nicht zu jener Antwort veranlassen, die er uns gegeben hat. Herr Kollege Horlacher, ich muß mich jetzt im wesentlichen mit Ihren Ausführungen beschäftigen; da darf ich doch noch einiges zu dem Tatbestand beitragen. Sie haben gestern unsere Anträge - Sie gebrauchten das Wort - „mit Begeisterung" abgelehnt. Nun, Herr Horlacher, die Öffentlichkeit draußen hat ausdrücklich von dieser Form der Behandlung agrarpolitischer Anträge Kenntnis genommen und wird Ihnen das Wort von der „Begeisterung", mit der Sie agrarpolitische Anträge ablehnen, schon in der nötigen Form honorieren. Immerhin, Sie haben heute diesen Ausdruck nicht verwendet, aber Sie haben ein anderes, wenig schönes Wort gebracht. Sie haben von „Agitationsanträgen" gesprochen. Meine Herren, wenn Sie etwas überrascht darüber sind, daß diese Anträge erst so spät im Ausschuß gestellt worden sind, kann ich nur erklären: es ist doch nicht unsere Schuld, daß wir uns so spät mit dem Getreidepreisgesetz zu beschäftigen hatten! Der Minister ist doch schließlich dafür verantwortlich, daß das Gesetz dem Bundestag erst so spät vorgelegt worden ist und daß sich der Ausschuß erst so spät damit beschäftigen konnte. Bitte, sehen Sie sich doch die Daten an! Im März dieses Jahres ist dieses Getreidepreisgesetz - das gegenüber dem des vorigen Jahres nichts Neues brachte - dem Bundesrat zugegangen. Der Bundesrat hat es noch im gleichen Monat behandelt und die bekannten Änderungen beschlossen. Erst im Mai hat es das Bundeskabinett für richtig gehalten, dem Bundestag die neue Vorlage zuzuschicken. Es ist also nicht unsere Schuld, wenn wir uns in so knapper Zeit mit diesen Dingen beschäftigen müssen, sondern die Schuld liegt doch auf einer ganz anderen Seite. Ich bleibe dabei, daß wir bestrebt sein müssen, auch bei dieser Getreidepreiserhöhung die Preise für Brotgetreide und Futtergetreide in ein richtiges Verhältnis zu bringen, und daß es falsch ist, nur eine Anhebung der Brotgetreidepreise vorzunehmen. Ich darf mich zum Zeugnis schließlich auf das berufen, Herr Horlacher, was die Bundesregierung - und sicherlich ist doch das Ministerium von Herrn Dr. Lübke für die Formulierung verantwortlich gewesen - zu der Ablehung der Vorschläge des Bundesrates ausgeführt hat. Es heißt da: ({1}) Namentlich die vom Bundesrat gewünschte Preiserhöhung für Roggen, die ohne eine gleichzeitige Preiserhöhung für Futtergetreide stattfinden soll, würde zweifellos zu einer noch stärkeren Belastung der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel führen. Die Erzeuger würden vermehrt Roggen auf den Markt bringen und billiges Futtergetreide zukaufen. Der Überschuß aus der inländischen Marktanlieferung über den inländischen Bedarf würde sich weiter vergrößern Die Mehranlieferung müßte im Hinblick auf die Interventionspflicht von der Einfuhr- und Vorratsstelle aufgenommen werden. Das sagt das Ministerium des Herrn Lübke. Sicherlich wird Herr Minister Dr. Lübke auch heute noch das verantworten, was als Stellungnahme zu den Vorschlägen des Bundesrats ausgeführt worden ist. Dann noch einiges zu der notwendigen Erhöhung der Getreidepreise über das Maß hinaus, das vom Bundesrat und später auch vom Ernährungsausschuß des Bundestages beschlossen worden ist. Ich habe hier vor mir liegen den Bericht über die Lage der Landwirtschaft, den Grünen Bericht vom 13. Februar 1957. Es wäre wirklich interessant, wenn wir nicht nur vor der Verabschiedung des Grünen Plans, sondern auch noch später bei Behandlung agrarpolitischer Fragen einen Blick in diesen Bericht würfen. Da sehen Sie auf Seite 89 auch noch schön in Farbe dargestellt, daß die Aufwendungen der Betriebe von Nr. 5 bis Nr. 15 - das sind die Hackfrucht-Getreidebaubetriebe mit den Futterbaubetrieben, die Getreide-Hackfruchtbaubetriebe. die Hackfrucht- Getreidebaubetriebe unter 800 DM Einheitswert ie n landwirtschaftlicher Nutzfläche 0 usw. - nur noch zu 70 bis 80% gedeckt werden. Das ist doch der Beweis dafür - ich glaube, niemand kann das widerlegen, was hier ausgeführt worden ist -, daß diese Betriebe mit einer Unterbilanz arbeiten. Unser Antrag will nichts anderes, als dem Gesamtziel des Grünen Plans dienen, nämlich das Mißverhältnis zwischen Einnahme und Ausgabe, zwischen Ertrag und Aufwand wieder in Ordnung zu bringen. Auf der nächsten Seite des Grünen Berichts 1957 finden Sie die Aufstellung: Deckung des Vergleichslohnes und Verzinsung des Betriebskapitals. Sie sehen hier wiederum, daß die gleichen Betriebe, die von der Regelung der Getreidepreise in stärkstem Maße betroffen werden, im Vergleichslohn nicht voll gedeckt werden und keine Kapitalverzinsung aufweisen. Schließlich möchte ich mich noch auf ein Schreiben des Deutschen Bauernverbandes berufen, das ja allen Herren zugegangen ist. Unser Antrag auf Erhöhung des Preises um 20 DM stand fest, bevor wir dieses Schreiben bekamen. Wir nehmen keine Aufträge von irgendwelchen Verbänden entgegen. Ich sage aber ebenso offen: wir freuen uns, wenn wir in den Verbänden und in deren Einsicht eine Unterstützung unseres eigenen agrarpolitischen Wollens in diesem Hause finden. Und was steht denn da anderes drin als eine ganz klare Begründung der Notwendigkeit, sämtliche Getreidepreise um 20 DM je Doppelzentner aufzustocken. Das ist das, was wir wollen; nicht mehr, aber auch nicht weniger. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.

Dr. Michael Horlacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000957, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehr-' ten Damen und Herren! Da heißt es, ich soll hier nicht mehr reden; aber es hat schon seine Bewandtnis, wenn ich etwas sage. Ich bin durchaus nicht bereit, mich als den krummen Hund hinstellen zu lassen, den andere für ihre Zwecke mißbrauchen können. Herr Kollege Hepp weiß genau, was auch ich weiß: ({0}) Wenn wir in diesem Augenblick - darauf kommt es an - zu weitgehende Anträge stellen, gefährden Wir die gesamte Vorlage, weil wir für die Mehrausgaben unter allen Umständen die Zustimmung des Haushaltsausschusses benötigen. Wir sind hier in einer Zwangslage; wir können nicht anders. Wir sind genauso wenig schuld wie die anderen. Wir haben aber die Verpflichtung, das Gesetz mit den möglichen Verbesserungen jetzt so rasch wie möglich zu verabschieden. Daher müssen wir aus Pflichtbewußtsein und mit Rücksicht auf unsere Landwirtschaft das ablehnen, was das ganze Werk gefährden könnte.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zu den §§ 1 und 2 noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck 1262 der Fraktion der DP ({0}), der unter Ziffer 1 Änderungen in den §§ 1 und 2 vorsieht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich lasse abstimmen über die §§ 1 und 2 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen. Ich rufe den § 3 auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen. Ich rufe auf § 4, dazu Umdruck 1262 Ziffer 2. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer der Ziffer 2 des Umdrucks 1262 - Änderungsantrag der Fraktion der DP({1}) - zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir stimmen ab über § 4 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 4 ist in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe auf die §§ 5, - 6, - 7, - 8, - 9, -10, - 11, - Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Bestimmungen, Einleitung und Überschrift sind angenommen. Meine Damen und Herren, ich komme zur dritten Beratung und eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. ({2}) Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Einstimmig angenommen. Ich lasse über Nr. 2 des Ausschußantrages abstimmen, also über den Antrag, den Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 3356 für durch die vorangegangene Beschlußfassung erledigt zu erklären. Widerspruch erfolgt wahrscheinlich nicht. - Dann ist so beschlossen. Ich komme nunmehr nach interfraktioneller Vereinbarung zu Punkt 12 der gedruckten Tagesordnung: Dritte Beratung des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({3}); a) Bericht des Haushaltsausschusses ({4}) gemäß § 96 ({5}) der Geschäftsordnung ({6}); b) Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung ({7}). ({8}) ({9}) - Zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Krammig das Wort.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie aus Drucksache 3717 ersehen, konnte der Haushaltsausschuß für die Beschlüsse der zweiten Beratung keine Deckung Änderungsantrag Nun liegt Ihnen auf Umdruck 1287 ein Änderungsantrag vor, der die strittigen Beschlüsse der zweiten Lesung, die Gegenstand der Finanzvorlage nach § 96 ({0}) der Geschäftsordnung waren, wieder rückgängig machen möchte. Ich würde nun der Ökonomie wegen vorschlagen, daß wir zunächst über diesen Änderungsantrag Umdruck 1287, der die beiden Beschlüsse rückgängig machen will, abstimmen. Dann brauchten wir die Frage der Deckung nicht mehr zu behandeln. Sollte der Antrag Umdruck 1287 abgelehnt werden, müßte, da der Haushaltsausschuß in Drucksache 3717 keinen Deckungsvorschlag machen konnte, aus dem Haus heraus ein Deckungsvorschlag gemacht werden. Das hätte aber nach § 96 ({1}) Abs. 3 der Geschäftsordnung zur Folge, daß der Gesetzentwurf erneut an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen werden muß. Damit würde unter Umständen die Verabschiedung des Gesetzes überhaupt gefährdet. Wir sind uns aber in, der großen Mehrheit in diesem Hause darüber einig, daß zum mindesten das Gesetz nach den Beschlüssen des Ausschusses mit den wenigen kleineren Verbesserungen, die haushaltswirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen, verabschiedet werden sollte. Deswegen schlage ich vor, zunächst über den Antrag Umdruck 1287 zu verhandeln und abzustimmen - bei Annahme dieses Antrages wäre die Deckungsfrage erledigt - und über die Deckungsfrage, wenn der Antrag nicht angenommen werden sollte, erst nachher zu sprechen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Dr. Gülich.

Dr. Wilhelm Gülich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich .glaube nicht, daß wir dein Beschluß des Bundestages der vorigen Woche auf geschäftsordnungsmäßigem Wege abwürgen können. Es ist durchaus strittig, ob es sich materiell rum eine Finanzvorlage gemäß § 96 der Geschäftsordnung handelt. Die Ausfallsberechnung des Bundesfinanzministeriums - Umsatzsteuerermäßigung auf Bücher und bestimmte Arten von Zeitschriften - ergab zunächst 40 Millionen DM. Dann wurde sie auf meine kritischen Anmerkungen im Haushaltsausschuß auf 30 Millionen DM reduziert. Nach der Sitzung ides Haushaltsausschusses hat das Bundesfinanzministerium ohne Auftrag noch einmal gerechnet. Das Ergebnis ist die jetzige Vorlage vom 3. Juli, die den Ausfall erneut niedriger, nämlich auf 25 Millionen DM beziffert. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler kommt in seinen Berechnungen .auf maximal rund 17 Milllionen DM. Ich bin der Meinung, daß innerhalb eines Umsatzsteueraufkommens, das mit 121/2 Milliarden DM veranschlagt ist, eine Summe von 17 oder meinetwegen auch 25 Millionen DM - die aber nicht praktisch wird - gar nicht ins Gewicht fällt. Besser ausgedrückt: die Schwankungen innerhalb der einzelnen Sparten der Umsatzsteuer sind auf den verschiedensten Lebensbereichen so erheblich, daß der Berechnung als solcher gar nicht solches Gewicht zukommt. Die Finanzpolitischen Mitteilungen vom 3. Juli bringen aus der Feder ides Chefs der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums, Ministerialdirektor Dr. Vialon, eine interessante Bewertung de's § 96 GO: § 96 ({0}) der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hat in mancher Hinsicht erfolgreich wirken, Idle große Ausgabenflut aber nicht bremsen können. Immer offenkundiger wird, daß die neue Vorschrift sich ausgezeichnet zur Tötung unerwünschter kleiner und mittlerer Anliegen eignet, vor den großen politischen Entscheidungen aber kapitulieren muß. Darum handelt es 'ich hier. Es sollte aus dem Antrag der Kollegen Kroll und Genossen eine Finanzvorlage gemacht werden, obwohl bei viel größeren Posten kein Ruf nach § 96 gehört werden konnte. Herr Kollege Krammig glaubt, daß die Vorlage gegebenenfalls erneut an den Haushaltsausschuß zu überweisen ist; dies scheint mir nicht richtig zu sein. Vielmehr scheint es mir angesichts des kulturpolitischen Anliegens, das ich in der vorigen Woche begründet habe, angesichts der Tatsache, daß es sich finanziell um eine Bagatelle handelt, richtig zu sein, den Antrag des Kollegen Krammig abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich würde Ihnen vorschlagen, daß wir diese Geschäftsordnungsauseinandersetzung möglichst verkürzen. Die Angelegenheit ist nämlich, glaube ich, auch auf eine (andere Weise lösbar. Wenn wir in die normale Behandlung de's Gesetzes eintreten, werden wir sowieso zuerst über den Antrag auf Umdruck 1287 abzustimmen 'haben, weil er der einzige Änderungsantrag ist. Wird er angenommen, erübrigt sich alle Diskussion über eine Deckung. Wird er nicht angenommen, können wir uns limmer noch mit der 'Deckung befassen. Zur Geschäftsordnung 'hat zunächst der Herr Abgeordnete Miessner das Wort.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damon und Herren! Ich glaube, der Vorschlag des Herrn Präsidenten führt uns wirklich am schnellsten zum Ziel. Ich möchte ihn unterstützen. Im übrigen schließe ich mich den Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Gülich, an. Es geht nicht an - und das ist der Grund, weswegen ich hier namens meiner Fraktion das Wort ergreife -, in Fällen von verhältnismäßig geringer finanzdieller Bedeutung ein Anliegen der Mehrheit des Hausse - denn schließlich sind die Bestimmungen über die Rundfunkgebühren und über die Bücher in zweiter Lesung von der Mehrheit des Hauses so in den Gesetzentwurf eingefügt worden - dadurch beiseite zu schieben, daß man in dieser Weise von § 96 der Geschäftsordnung Gebrauch macht. Das führt zu einer unumschränkten Diktatur des Bundesfinanzministeriums, das natürlich jederzeit in der Lage ist, durch einzelne Abgeordnete dieses Hauses hier den Einwand nach § 96 zu erheben. Herr Kol-. lege Krammig, Sie haben das Haus jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß womöglich das ganze Gesetz entfällt, wenn es bei diesen Bestimmungen bleibt. Darauf muß ich allerdings antworten: dafür tragen dann diejenigen die Verantwortung, die sich dazu hergegeben haben, im Namen des Bundesfinanzministers den Antrag als Finanzvorlage in der letzten Sitzung einzubringen. Meine Damen und Herren, es geht nicht an, daß man vor der Drohung: „Dann geht das ganze Gesetz schief" jedesmal zurückschreckt. Dann können wir im Grunde nicht ein einziges Mal eine Bestimmung gegen den Willen des Bundesfinanzministers beschließen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegen uns vor der Änderungsantrag Umdruck 1287 und ein Bericht des Haushaltsausschusses auf Drucksache 3717. Für viele Abgeordnete wird sicherlich bei 'der Entscheidung über den Antrag auf Umdruck 1287 die Frage eine Rolle spielen, ob das Haus geneigt ist, idem Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache 3717 beizutreten oder nicht. Darüber muß Beschluß gefaßt werden. Nach § 96 ({0}) der Geschäftsordnung hat sich der Haushaltsausschuß über die haushaltsmäßigen Auswirkungen einer Vorlage zu äußern. Der Haushaltsausschuß gibt uns hier an, daß eine Mindereinnahme in Höhe von soundso viel zu erwarten sei. Ob das ein Grund ist, eine haushaltsmäßige Auswirkung anzunehmen, unterliegt der Beschlußfassung dieses Hauses. Die Frage, die wir hier zu entscheiden haben, ist also, ob wir die Beschlußfassung über den Bericht des Haushaltsausschusses vor der Beschlußfassung über den Änderungantrag Umdruck 1287 vornehmen oder, was meines Erachtens genauso geht, ob wir zuerst über den Änderungsantrag Umdruck 1287 beschließen, wobei in der Diskussion dieser Anträge die Gesichtspunkte der Haushaltslage praktisch bereits auch berührt werden müssen, und dann einen Beschluß über den Bericht ides Haushaltsausschusses Drucksache 3717 nur in dem Falle fassen, daß der Änderungsantrag Umdruck 1287 abgelehnt werden sollte.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, in § 96 ({0}) heißt es: Kann der Haushaltsausschuß einen Deckungsvorschlag nicht machen, - das ist offensichtlich hier der Fall dann wird die Vorlage dem Bundestag vorgelegt, der nach Begründung durch einen Antragsteller lediglich über die Möglichkeit einer Deckung berät und beschließt. Die geschäftsordnungsmäßig einfachste Möglichkeit, zu beraten unid zu beschließen - ob sie politisch zweckmäßig ist, ist eine ganz andere Frage; das habe ich nicht zu entscheiden -, ist natürlich, die anstößigen Bestimmungen, die angeblich einen Mehraufwand hervorrufen, zu beseitigen. Das ist beantragt. Ich glaube, wenn wir darüber abgestimmt haben, sehen wir klarer. ({1}) - Gut, dann sind wir darüber einig, daß wir zuerst über den Änderungsantrag Umdruck 1287 - ich werde Art. 1 aufrufen - abstimmen. ({2}) - Zuerst debattieren und dann abstimmen? Gut, dann treten wir in die Aussprache zu Art. 1 unid dem Änderungsantrag Umdruck 1287 ein. - Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht eine Sachdebatte eröffnen, sondern nur ganz kurz darauf hinweisen, daß sowohl die Frage der Freistellung der Rundfunkgebühren von der Umsatzsteuer als auch die Frage der Freistellung von Büchern und Zeitschriften - zunächst ganz allgemein und dann eingeschränkt auf Fachzeitschriften - Gegenstand von Erörterungen im Unterausschuß „Umsatzsteuer" gewesen ist. Der Unterausschuß „Umsatzsteuer", der sich insgesamt etwa zwei Jahre lang umverschiedene gesetzgeberische Vorhaben bemüht hat, hat diese Fragen sehr eingehend geprüft und ist zu einem ablehnenden Vorschlag an den Finanz- unid Steuerausschuß gekommen. Der Finanz- und Steuerausschuß ist in seiner Mehrheit idem Vorschlag des Unterausschusses beigetreten. Erst als der Gesetzentwurf hier zur Beratung stand, wurden diese neuen Anträge - das Recht, solche zu stellen, ist niemandem in diesem Hause verwehrt - eingebracht. Damit wurde die Vorlage eine Finanzvorlage. Wäre der amtierende Präsident damals entsprechend der Geschäftsordnung verfahren, hätten diese Anträge nach ihrem Aufruf nach § 96 ({0}) der Geschäftsordnung sofort dem Haushaltsausschuß überwiesen werden müssen. Herr Kollege Dr. Miessner, es handelte sich bei meiner Intervention damals bei der zweiten Lesung gar nicht darum, einen Auftrag des Herrn Bundesfinanzministers zu erfüllen, sondern darum, der Geschäftsordnung dieses Hauses gerecht zu werden. Wenn wir uns nicht an unsere uns selbst gegebene Geschäftsordnung halten wollen, haben wir meines Erachtens das Recht verloren, hier zu arbeiten. Darum ist es damals gegangen. Nun stehen wir vor folgender Situation. Es ist richtig, daß das Bundesfinanzministerium, zumal da der Antrag betreffend Bücher unid Fachzeit({1}) schriften noch einmal umformuliert worden. ist, die Berechnungen erneut überprüft hat. Dabei hat sich gegenüber dem zuerst angenommenen Einnahmeausfall eine Verminderung um 5 Millionen DM ergeben. Nach wie vor bleibt aber die Tatsache bestehen, daß bei Aufrechterhaltung der Beschlüsse aus der zweiten Lesung der Gesamtausfall insgesamt 40 Millionen DM ausmacht. Ich war auch vom Haushaltsausschuß beauftragt, diese Berichtigung hier bekanntzugeben. Ich muß sie vorwegnehmen, weil zunächst über Umdruck 1287 gesprochen wird. Nur aus diesen Gründen - nicht weil wir den Anliegen dieser beiden Anträge aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen könnten -, nur um die Verabschiedung des Neunten Gesetzes nicht zu gefährden, stellen wir den Streichungsantrag. Denn die im Entwurf des Neunten Gesetzes ansonsten enthaltenen Bestimmungen scheinen uns von so großer wirtschaftlicher Bedeutung zu sein, daß es nicht verantwortet werden kann, das Gesetz an diesen beiden Anträgen scheitern zu lassen. Deswegen - und nur deswegen - bitte ich Sie, dem Antrag Umdruck 1287 zuzustimmen. .({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.

Dr. Wilhelm Gülich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen nicht um die Frage herum, ob das Haus seinen Beschluß von der vorigen Woche, daß es sich nicht um eine Finanzvorlage handelt, aufrechterhalten will oder ob es jetzt die Geschäftsordnung 'bemühen will. ({0}) - Bitte schön!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zu einer Zwischenfrage hat der Abgeordnete Krammig!

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Professor Dr. Gülich, ist Ihnen denn entgangen, daß das Haus seinen Beschluß, es handele sich nicht um eine Finanzvorlage, am darauffolgenden Tage auf interfraktionell gefaßten Beschluß des Ältestenrates revidiert und die Beschlüsse der zweiten Lesung als Finanzvorlage an den Haushaltsausschuß überwiesen hat?

Dr. Wilhelm Gülich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es ist mir nicht entgangen, daß dank Ihrer rührigen Aktivität am nächsten Tage ({0}) - ja, voll anerkannt! - die Sache nochmals an den Haushaltsausschuß überwiesen worden ist. Ich habe auch nichts dagegen eingewendet. Nun hat der Haushaltsausschuß- mit Mehrheit den Charakter der Finanzvorlage bejaht. Auf wie schwachen Füßen die Sache steht, geht schon daraus hervor, daß während der Haushaltsausschußsitzung auf Grund meiner Kritik der Leiter der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums in seinen Schätzungen unsicher wurde und mit ihnen erheblich herabging und daß er in einer nach der Sitzung des Haushaltsausschusses angestellten neuen Ausfallberechnung wiederum heruntergegangen ist, nunmehr auf 25 Millionen DM. In dieser neuen Ausfallberechnung stecken aber wiederum eine Reihe von Unklarheiten. Z. B. wird beim Musikalienhandel eine Zuwachsrate von 306/o angenommen; dabei ist die Frage nicht geklärt, ob die Schallplatten im Umsatz des Musikalienhandels drin sind, und anderes mehr. Es ist eine Ausfallberechnung auf unsicherer Basis, während die Ausfallberechnung des Börsenvereins deutscher Buchhändler augenscheinlich sicherere Grundlagen hat. Der Börsenverein kommt zu dem Ergebnis, daß es sich um maximal 17,1 Millionen DM handeln würde. Ich wiederhole: Der § 96 der Geschäftsordnung wird strapaziert, wo man will, und er wird gar nicht angewendet, wenn sogenannte große politische Entscheidungen vorliegen ({1}) oder wenn Standpunkte großer Interessenten ausschlaggebend sind. Der Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen hat darauf hingewiesen, daß nicht alle europäischen Länder die Umsatzsteuerbefreiung für Bücher hätten; er hat insbesondere die Schweiz angeführt. Nach der Debatte habe ich dann in der „Neuen Zürcher Zeitung" gelesen, daß die Schweiz gerade dabei ist, die Umsatzsteuer für Bücher zu beseitigen - ja, Herr Bundesfinanzminister -, weil sie die große kulturpolitische Bedeutung des Problems erfaßt hat. Angesichts einer so wichtigen Frage wollen wir uns hier so kleinlich zeigen? Herr Kollege Krammig, die neuen Ausfallberechnungen des Bundesfinanzministeriums haben nichts mit einer unklaren Fassung des Antrags zu tun. Der Antrag sah und sieht vor, Bücher überhaupt und Fachzeitschriften nach Maßgabe einer Rechtsverordnung zu befreien. Ich habe dem Bundesfinanzministerium meine guten Dienste bei der Ausarbeitung einer solchen Rechtsverordnung angeboten. Es ist nämlich nicht gleichgültig, was in die Verordnung aufgenommen wird und was nicht. Daß ich Interessent bin, wird niemand behaupten. ({2}) - Das habe ich nicht gesagt, Herr Kollege! ({3}) - Ich habe gesagt: wir haben genug Vorlagen hier im Hause behandelt, bei denen es um Hunderte von Millionen ging, wo nicht behauptet worden ist, sie seien ihrem Charakter nach eine Finanzvorlage ({4}) - jawohl! - und daß große Interessentenwünsche ausschlaggebend gewesen sind. Das habe ich nicht zu bedauern und nicht zurückzunehmen. ({5}) Ich bitte also dringend, den Antrag Umdruck 1287 abzulehnen, damit es bei dem Beschluß, den das Haus in der vorigen Woche mit Mehrheit gefaßt hat, verbleiben kann.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.

Dr. Max Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000130, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu der Frage der Anwendung des § 96 der Geschäftsordnung sprechen. Diese Frage ist in den letzten Tagen und Wochen hier schon mehrfach angeklungen. Ich glaube, daß wir uns darüber mal grundsätzlich klarwerden sollten. Es gibt eine Möglichkeit, den § 96 in einer anderen Form zu einer viel besseren Anwendung zu bringen. Wir haben das gelernt, als wir uns vor einigen Jahren auf der Grundlage einer europäischen Verfassung darüber Gedanken gemacht haben. Aber am drittletzten Tage dieser Session darüber zu sprechen würde zu weit führen. Also zunächst einmal zum § 96. Ich bin der Meinung, die Regierung hat niemals das Recht, sich auf den § 96 zu berufen; denn er ist ein Teil der Geschäftsordnung. Wenn die Regierung ihrerseits finanzielle Einwendungen erheben möchte, soll sie mit Art. 113 des Grundgesetzes arbeiten. Das ist dann offen und klar. ({0}) Ich gehöre mit zu den Initiatoren des früheren § 96. Der Gedanke war folgender: Für konkrete Einzelvorlagen, die finanzielle Aufwendungen außerhalb des Haushalts für das laufende Geschäftsjahr bringen, sollte eine Bremse eingebaut werden. Aber es war niemals beabsichtigt, daß, wenn das Haus irgendwelche Steuergesetze berät, Anträge auf Herabsetzung von Steuern oder auf andere Gestaltung des Steuerrechts überhaupt dadurch sollten abgebremst werden können, daß man sagt, dadurch entstehen Mindereinnahmen. Sie können höchstens folgendes sagen: Vielleicht tritt für das laufende Geschäftsjahr eine Minderung ein. Aber Sie können mit dem Hinweis auf diesen Paragraphen der Geschäftsordnung niemals die Fortbildung des Steuerrechts in diesem Hause unterbinden, sondern es gilt der Steuersatz, der beschlossen wird. Wenn der Einwand richtig sein sollte, daß ein Steuergesetz nicht in das laufende Etatjahr eingreifen darf, dann darf es bestimmt vom 1. April kommenden Jahres an eingreifen. Das ist sicher, und das möchte ich einmal festgestellt haben. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Krammig hat hier vorgetragen, die Verabschiedung der Umsatzsteuernovelle sei gefährdet, wenn der Antrag Umdruck 1287 nicht angenommen würde, weil die Vorlage dann noch einmal an den Haushaltsausschuß kommen müßte. Ich möchte dem mit allem Nachdruck widersprechen; so ist die Lage nicht. Diesem Haus liegt ein Bericht des Haushaltsausschusses vor, welcher nach der Geschäftsordnung vorgeschrieben ist. Über diesen Bericht müßte abgestimmt werden; denn es ist doch in keiner Verfassung und auch sonst nirgends vorgesehen, daß in irgendeiner Sachfrage ein Ausschuß das Plenum binden kann. Wir werden also über diesen Bericht gegebenenfalls abzustimmen und festzustellen haben, ob auf Grund der Daten, die uns der Haushaltsausschuß gibt, eine Veränderung der Haushaltslage gegeben ist. Im übrigen möchte ich mich grundsätzlich den Ausführungen meiner Vorredner, insbesondere denen des Kollegen Becker, anschließen. Niemals ist daran gedacht worden, Anträge innerhalb einer Gesamtsteuernovelle, ob sie nun am Gesamtergebnis geringe Änderungen nach oben oder nach unten bringen, nach § 96 der Geschäftsordnung zu behandeln. Dies zur Geschäftsordnungs- und Rechtslage. Wie ich vorhin schon sagte, meine Damen und Herren, werden wir bei der Beratung des Antrags Umdruck 1287 den Bericht des Haushaltsausschusses und die Haushaltslage in die Diskussion einbeziehen müssen. Zu der Frage der Rundfunkgebühren berichtet Ihnen der Haushaltsausschuß auf Grund von Schätzungen des Bundesfinanzministeriums, es werde sich eine Mindereinnahme in Höhe von 15 Millionen DM ergeben. Zunächst: Das Plenum wird zu entscheiden haben, ob bei einer Steuer im Volumen von jährlich insgesamt 12,5 Milliarden DM eine Verminderung um schätzungsweise 15 oder 20 bis 30 Millionen DM - das gilt für die Bücher - für die Haushaltslage überhaupt eine Rolle spielen kann. Was die 15 Millionen DM Umsatzsteuer auf Rundfunkgebühren anlangt, so wird bei der Berechnung - das stelle ich nach den Verhandlungen im Haushaltsausschuß fest - die Versteuerung auch des Postanteils an den Rundfunkgebühren ins Auge gefaßt, also des Anteils, der den Rundfunkanstalten überhaupt nicht zufließt. ({0}) - Das ist eben die Frage, die sollten wir gerade durch die in der zweiten Lesung beschlossene Gesetzesänderung klarstellen. Auch der Postanteil soll hier besteuert werden. Es ist weiterhin allgemein bekannt, daß diese Steuern gestundet sind und mindestens bis zur Entscheidung in Rechtsmittelverfahren gestundet bleiben. Wann diese Entscheidung erfolgt, ist noch gar nicht abzusehen. Diese Steuern können also schon aus diesem Grunde auf die Haushaltslage dieses Jahres keinen Einfluß haben. ({1}) Und schließlich: auch wenn die Rechtsmittelverfahren zugunsten des Bundesfinanzministeriums ausgehen sollten, ist durchaus nicht beabsichtigt, diese Steuern einzuziehen. Das Bundesfinanzministerium hat wiederholt erklärt, es denke nicht im Ernst daran, diese Steuern zu erheben, vielmehr wolle es sie nur als Verrechnungsposten für den mit den Ländern abzuschließenden Vertrag über die Rundfunkanstalten in Vorrat haben. Ich bin der Ansicht, daß es nicht notwendig ist, im Hinblick auf solche Vertragsverhandlungen Steuerprozesse zu führen und Beträge - Millionenbeträge - jahrelang auf Sperrkonto zu halten. Der Bundestag und die deutschen Landtage, die den Vertrag zu genehmigen -haben werden, haben genug Gedächtnis, um bei der Abfassung des Vertrages auch ohne solche bürokratischen Vormerkungen zu wissen, was richtig und was gerecht ist. Man sollte sich daran erinnern, daß die Welt nicht nur von Bürokraten regiert wird. Ich bitte, den Antrag Umdruck 1287 abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Becker haben in mir die Erinnerung an die Situation wachgerufen, die wir in den letzten Tagen bis gestern spätnachmittag im Haushaltsausschuß gehabt haben. Der Haushaltsausschuß ist durch die Anwendung des von der Regierung ersatzweise für den Art. 113 des Grundgesetzes gesteuerten § 96 ({0}) der Geschäftsordnung - wie ich es gestern im Haushaltsausschuß ausgesprochen habe und ein anderer Kollege noch vor mir - zu einer Art von Scharfrichter geworden. Es ist nicht der Sinn der Bestimmung des § 96 ({1}), den Haushaltsausschuß in diese Lage zu drängen. Herr Kollege Krammig, es ist völlig verfehlt, den § 96 Abs. 3 bei einer Steuernovelle zur Anwendung zu bringen. Dieser Gedanke ist bei der Schaffung des § 96 ({2}) niemals in Erwägung gezogen worden. Der entscheidende Anwendungsfall ist vielmehr der, daß, wenn im Rahmen eines bereits verabschiedeten Haushalts für eine neue Vorlage in einer speziellen Angelegenheit Mittel erforderlich sind, geprüft werden muß, ob diese Mittel vorhanden sind oder eine Deckung beschafft werden kann. Bei einer Steuernovelle ist die Situation grundanders. ({3}) Ich möchte das, was Herr Professor Gülich gesagt hat, an Hand eines Beispiels unterstreichen. Das Hohe Haus hat sich dieser Tage etwas geleistet, was diejenigen, die für den § 96 ({4})" so begeistert sind, eigentlich in Schrecken versetzen müßte. Dem Hohen Haus lag der Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet des Verkehrsrechts - Drucksache 2768 - vor, Stichwort „Verkehrssünderkartei". Aufwand: etwa 1,2 Millionen DM. Die Vorlage wurde von dem Herrn Präsidenten des Bundestages nach Beratung im Ältestenrat auf Grund Beschlusses des Plenums gemäß § 96 ({5}) dem Haushaltsausschuß zugewiesen. Das Haus hat sich darüber hinweggesetzt und hat die Vorlage verabschiedet, ohne die Stellungnahme des Haushaltsausschusses abzuwarten. Es gibt Dinge - Herr Professor Gülich hat zu Recht zitiert, was Herr Ministerialdirektor Dr. Vialon in der neuesten Nummer des Bulletins ausgeführt hat -, die allzu peinlich darauf hindeuten, daß der § 96 ({6}) einerseits dazu dient, unangenehme Vorlagen zu töten, und andererseits nicht angewandt wird, wenn es sich um angenehme Vorlagen handelt. ({7}) Ich darf Sie bei dieser Gelegenheit noch auf etwas Weiteres aufmerksam machen. Heute oder morgen kommen wir vielleicht noch zu dem Bericht Drucksache 3719. Das ist ein Bericht des Haushaltsausschusses betreffend die Neuregelung im Bereich des Art. 131 des Grundgesetzes, auch ein Fall der Auseinandersetzungen um die Interpretation des § 96 ({8}). Diese Vorschrift bedarf dringend einer Bereinigung und Überarbeitung. In striktem Gegensatz zu der Entstehungsgeschichte des § 96 ({9}) und zu seinem Wortlaut wird der Versuch gemacht, die Kompetenz des Haushaltsausschusses in Fragen des § 96 ({10}) auch auf kommende Jahre auszudehnen. Meine Damen und Herren, schlagen Sie einmal an Ihre Brust und fragen Sie sich, wieviel Vorlagen mit Millionen- und Milliardenaufwendungen dieses Hohe Haus verabschiedet hat, ohne die Frage der Auswirkungen auf kommende Haushaltsjahre nach § 96 ({11}) zu stellen! ({12}) Ich bin durchaus objektiv und stelle fest, daß die Frage der Ausdehnung eines neuen § 96 in Form einer vermehrten und gesteigerten Verpflichtung zur Prüfung der Auswirkungen auf die Haushalte kommender Jahre eine sehr ernste Auseinandersetzung erfordert. Sie ist um so mehr erforderlich, als die Politik der Bundesregierung praktisch zu einer Versteinerung des Haushalts geführt hat; er hat kaum noch eine nennenswerte Beweglichkeit aufzuweisen. Aber Sie sollten eine solche Bagatellsache - ich bedauere, daß ich in dem betreffenden Augenblick im Haushaltsausschuß nicht anwesend war - nicht dazu benutzen, den § 96 Abs. 3 in einer Weise zu strapazieren, die sich weder mit dem Wortlaut noch mit dem Geist der betreffenden Materie vereinbaren läßt. ({13})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Strapazierung des § 96 geht sehr weit. Wir haben es in den letzten Monaten im Finanz- und Steuerausschuß mehr und mehr erlebt, daß dann, wenn es dem Finanzministerium nicht recht war, daß sich für irgendeine Bestimmung eine Mehrheit gefunden hatte, noch in der Ausschußsitzung die Methode der Einschaltung des Haushaltsausschusses 'angewandt wurde mit dem Ziel, die ganze Sache über § 96 zu torpedieren. ({0}) Ich möchte namens meiner Fraktion ausdrücklich gegen diese Methode protestieren. Im vorliegenden 'Fall müssen wir unterscheiden die Frage 'der Steuerpflicht für Rundfunkgebühren und für Bucher und Zeitschriften. Bei den Büchern und Zeitschriften isst es unibestritten, daß sie zur Zeit der Besteuerung unterliegen. Hier müßte man also mit einem Umsatzsteuerausfall rechnen. Dennoch hatte sich die Mehrheit entschlossen, hier eine Sonderregelung zu treffen. Bei der Umsatzsteuer für die Rundfunkgebühren ist die Rechtslage aber ganz anders. Hier handelt es sich - denken Sie an die Debatte von vor einigen Tagen - um eine noch offene Rechtsfrage, und der Bundestag wollte sie in dieser Lage so oder so entscheiden. Es handelt sich um die nach dem deutschen Recht bisher nicht klar entschiedene Frage, ob 'es sich bei den Gebühren des Rundfunks um öffentliche Gebühren im eigentlichen Sinne handelt. Sind es öffentliche Gebühren, dann sind sie ohnehin schon umsatzsteuerfrei, sind sie es nicht, dann sind sie steuerpflichtig. Wie gesagt, gerade diese Frage ist bisher noch nicht entschieden. Es ist durchaus denkbar, daß 'in einer letzten Entscheidung die Steuerfreiheit der Rundfunkgebüh({1}) ren festgestellt wird. Dann, meine Damen und Herren, kann von einem Ausfall überhaupt nicht die Rede sein. Ich bestreite, daß das Bundesfinanzministerium berechtigt war, für die völlig zweifelhafte Umsatzsteuer für Rundfunkgebühren einen geschätzten Betrag auf der Einnahmeseite des Haushalts innerhalb des Aufkommens von 12 1/2 Milliarden einzusetzen. Ich bezweifle auch, daß das igeschehen ist. Die Frage ist so offen unid so ungeklärt, daß man eine Einnahme nicht ordnungsmäßig schätzen kann, und eine unsichere Steuereinnahme hätte man in die Schätzung gar nicht mit einbeziehen dürfen. Ich möchte daher anregen, die beiden Fragen auf jeden Fall getrennt zu behandeln. Soweit es sich um die Rundfunkgebühren handelt, ist es überhaupt keine Finanzvorlage, weil wegen dier unsicheren Rechtslage keine Schätzung vorgenommen und daher auch nichts eingeplant werden konnte. Bei den Büchern unid Zeitschriften allerdings handelt es sich um einen Ausfall von 30 Millionen DM. Ich bitte namens der Fraktion der FDP, den Antrag der CDU auf Umdruck 1287 in beiden Punkten abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte nicht unnötig aufhalten. Daß der § 96 ({0}) der Geschäftsordnung revisionsbedürftig ist, darüber sind wir uns alle einig. Wenn er sich aber nur auf Ausgabeerhähungen, dagegen nicht auf Einnahmeminderungen erstrecken soll, dann weiß ich nicht, ob er überhaupt noch einen Sinn hat. Der Gedanke, daß § 96 ({1}) sich nicht auf Einnahmeminderungen beziehen soll, ist mir nie gekommen. Bisher war ich immer der Meinung, daß es eine Balance zwischen Einnahmen- und Ausgabenseite des Haushalts geben muß. Wenn Sie auf der Einnahmeseite etwas abstreichen, balancieren die Dinge nicht mehr. Infolgedessen muß sich dier § 96 ({2}) wohl auch auf Einnahmeminderungen beziehen. Aber, wie gesagt, das können wir ja mal in einem Ausschuß und an einem anderen Tag klären. Verzeihen Sie das offene Wort von mir: Dieser § 96 ({3}) ist das typische Beispiel eines faulen Kompromisses und sonst gar nichts. Wir stehen aber vor der Tatsache, daß heute der § 96 (({4}) für uns gilt. Danach ergibt sich: Der Haushaltsausschuß macht keinen Deckungsvorschlag; kommt aus der Mitte des Hauses ein Dekkungsvorschlag, so geht die Vorlage an den Haushaltsausschuß zurück, der dann nach Abs. 3 darüber beschließt, ob die Sache in Ordnung geht. Ich habe schon eingangs gesagt, daß wir damit das Gesetz gefährden würden. Herr Kollege Dr. 'Miessner, ein Wort zu Ihrer Stellungnahme wegen dier Rundfunkgebühren. Ich verstehe nicht, daß ausgerechnet die FDP, die doch sonst immer der Meinung isst, daß, wenn irgendwo ein echter Wettbewerb vorliegt, die Leistungen auch entsprechend umsatzsteuerpflichtig sein sollen, gerade den Rundfunk hinsichtlich der Gebühren von der Umsatzsteuer freistellen will. - Und nun bitte ich Sie, Ihre Frage an mich stellen.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Krammig, sind wir darüber einig, -

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Moment, das Wort erteile ich. Zuerst ist der Abgeordnete Miessner mit seiner Frage dran.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Krammig, Sie haben - „leider" für Sie - nicht das Recht, mich von dort aus zu fragen; aber ich habe das Recht, Sie von hier aus zu fragen. Ich richte die Frage an Sie, Herr Krammig: Wie wollen Sie über meinen Einwand hinwegkommen, daß es sich bei den Rundfunkgebühren um eine völlig offene Rechtsfrage handelt, um eine Frage, die so strittig ist, daß man dafür keine Einnahmeschätzungen in den Haushaltsentwurf überne'hm'en durfte? Die 15 Millionen DM, die hier nachträglich errechnet worden sind, sind doch. bisher in den 121/2 Milliarden DM gar nicht dringewesen. Was meinen Sie dazu, Herr Krammig?

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dr. Miessner, wir kommen ja beide aus der Finanzverwaltung. Wir sollten daher eigentlich etwas von der Reichskassenordnung verstehen und wissen, daß auch gestundete Steuern im Soll stehen. Wenn .der Anschlag im Haushalt auf der Einnahmeseite das Soll darstellt, müssen die 15 Millionen DM darin enthalten sein.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Seuffert zu einer Frage.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Krammig, sind wir darüber einig, daß über die Frage, ob unter den gegebenen Verhältnissen eine Deckungsvorlage notwendig und eine haushaltsmäßige Auswirkung gegeben ist, nicht der Haushaltsausschuß, sondern dieses Haus nach Bericht ides Haushaltsausschusses entscheidet?

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Seuffertt, nach dem Willen dieses Hauses steht in § 96 ({0}) der Geschäftsordnung, daß, wenn der Haushaltsausschuß einen Deckungsvorschlag nicht macht, ein solcher aber aus der Mitte des Hauses eingebracht wird, die Sache erneut an den Haushaltsausschuß zurückgeht. Wenn ‘danach der Haushaltsausschuß berichtet, kann das Haus seinen Deckunrgsvorschlag akzeptieren. Wenn es das nicht tut, fällt die Vorlage unter den Tisch. Das steht in Abs. 3. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Abgeordnete Seuffert. Seuffert ({0}),: Herr Kollege Krammig, ist es richtig, daß der Haushaltsausschuß einen Bericht vorgelegt hat, über den dieses Haus Beschluß zu fassen hat? Ist es ferner richtig, daß sich der Haushaltsausschuß nach § 96 ({1}) über die haushaltsmäßigen Auswirkungen der Vorlage zu äußern hat und daß das Haus auf diese Äußerung hin über das, was zu geschehen habe, 'Beschluß zu fassen hat?

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, das ist richtig. Wenn die Drucksache 3717 aufgerufen worden wäre, Herr Kollege Seuffert, dann hätte ich als Berichterstatter ganz .klar dargelegt, warum der Haushaltsausschuß zu seinem Beschluß gekommen ist. Da diese Drucksache nichtaufgerufen ist und dia ich die Damen und Herren nicht länger aufhalten wollte, ({0}) bin ich nicht darauf eingegangen, warum der Haushaltsausschuß keinen Deckungsvorschlag macht. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.

Dr. Wilhelm Gülich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat keinen Deckungsvorschlag gemacht, weil er in keinem Fall der Beratung laufender Steuergesetze Deckungsvorschläge macht. Das ist doch der Grund. Es ist von Herrn Kollegen Dr. Becker dargelegt worden, daß das ein grundsätzlicher Unterschied ist. Es isst eine sehr formale und sachlich nicht zutreffende Betrachtung, Herr Kollege Krammig, wenn Sie sagen, wenn das Haus dem Bericht des Haushaltsausschusses nicht zustimme, müsse erneut an den Haushaltsausschuß verwiesen werden. ({0}) - Entschuldigen Sie mal! Bei der Fülle der Probleme der Auslegung können wir das, was an Auslegungsmöglichkeiten darin steckt, doch nicht jetzt im Plenum erörtern. Das soll späterhin geschehen. Es handelt sich heute darum, ob das Plenum bei einer Frage, ;bei der es sich wie bei anderen Steuergesetzen um einen minimalen Steuerausfall handelt, der vollkommen im Rahmen der 121/2 Milliarden DM des Umsatzsteuersolls bereinigt wird, seinen Beschluß von der vorigen Woche aufheben soll. ({1}) - Sie sagen: Es hat keinen Zweck. Ich bin bereit, dieselbe Resignation zu äußern: Es hat gar keinen Zweck mehr, zu verhandeln. Aber man muß doch auf Argumente antworten. Sagen Sie doch, bei welchen laufenden Steuergesetzen früher der Haushaltsausschuß in dieser Weise bemüht worden ist! ({2}) Es handelt sich um eine unzulässige Strapazierung des § 96 ({3}). ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zu einer Frage hat der Abgeordnete Krammig.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Professor Dr. Gülich, Sie können doch mich nicht dafür verantwortlich machen, daß das Haus von dem § 96 ({0}) in früheren Fällen keinen Gebrauch gemacht hat. Oder wollen Sie das?

Dr. Wilhelm Gülich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000747, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Keineswegs! Ich mache Sie nur dafür verantwortlich, daß Sie jetzt den § 96 ({0}) in einer Weise strapazieren, wie Sie das früher nicht getan haben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache zu § 1. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP ({0}) auf Umdruck 1287. Ich darf im ganzen abstimmen lassen. ({1}) - Wenn zweifelhaft ist, wie abzustimmen ist, entscheidet der Antragsteller. Antragsteller sind die Fraktionen der CDU/CSU und 'der DP ({2}). ({3}) - Sind die Antragsteller einig? ({4}) - Sie sind doch nicht Antragsteller. ({5}) - Nach der Geschäftsordnung entscheidet im Zweifel der Antragsteller. Bei Gesetzesvorlagen entscheidet allerdings das Haus. Antragsteller sind die Fraktionen der CDU/CSU und der DP ({6}). Sie wünschen gemeinsame Abstimmung, also wird gemeinsam abgestimmt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, ich muß die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Dann lasse ich über Art. 1 mit der nunmehr beschlossenen Änderung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir sind in der dritten Lesung. Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Einige Enthaltungen. Bei einigen Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen. Wir kommen nunmehr zu den weiteren Anträgen des Auschusses, und zwar zuerst zu Nr. 2, den Antrag der FDP für erledigt zu erklären. - Dazu wird das Wort nicht gewünscht, es erfolgt auch kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Unter Nr. 3 beantragt der Ausschuß, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Auch dazu wird das Wort nicht gewünscht. Widerspruch wird nicht erhoben; es ist so beschlossen. Damit kommen wir zu den Entschließungen. Drei Ergänzungsanträge sind gestellt worden. Ich glaube, wir stimmen zuerst über die beiden Anträge ab, die uns der Ausschuß vorlegt. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Erfolgt auch kein Widerspruch? - Ich darf die einstimmige Annahme der vom Ausschuß in Nr. 4 vorgeschlagenen Entschließungen feststellen. Wir stimmen jetzt über den Antrag der Abgeordneten Gibbert, Schlick, Dr. Eckhardt und Genossen auf Umdruck 1184 ab. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen. Ich komme zum nächsten Antrag, dem Änderungsantrag der Abgeordneten Lermer, Dr. Glasmeyer, Lahr, Weber ({7}) und Genossen auf Umdruck 1268. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich ({8}) um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mehrere Gegenstimmen. Enthaltungen? - Einige Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen. Nun komme ich zu dem Änderungsantrag Umdruck 1291, wonach eine Ergänzung des Antrags des Ausschusses um eine Nr. 5 gewünscht wird. ({9}) - Ich behandle diesen Änderungsantrag als selbständige Entschließung. Sie ist nur als Änderungsantrag eingebracht. So geht es am einfachsten. Wenn Sie etwas ergänzen wollen, gehen Sie bitte an das Rednerpult. Dann können alle zuhören.

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bitte, in diesem Text das Komma hinter „Fachzeitschriften" zu streichen und dafür ein Komma hinter „Büchern" zu setzen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Diese grammatikalische oder stilistische Berichtigung wird zur Kenntnis genommen und zur Grundlage der Entscheidung gemacht. ({0}) Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen. Meine Damen und Herren, damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Es ist sowieso Zeit zur Mittagspause. Interfraktionell ist beantragt, die Mittagspause bis 17 Uhr auszudehnen. Ich gebe Ihnen von dieser Vereinbarung Kenntnis. - Widerspruch erfolgt nicht. Ich unterbreche die Sitzung bis 17 Uhr. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Die Sitzung ist wieder I eröffnet. Ich rufe den Punkt 18 der gedruckten Tagesordnung auf; es ist der zweite Punkt in der heute morgen beschlossenen Reihenfolge der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, DA eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ({0}) a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 ({2}) der Geschäftsordnung ({3}); Berichterstatter: Abgeordneter Gengler b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht ({4}) ({5}); Berichterstatter: Abgeordneter Kortmann ({6}) Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Kortmann. - Ich gebe ihm das Wort. Kortmann ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Verabschiedung der wichtigen großen Beamtengesetze der letzten Jahre - Soldatenversorgungsgesetz, Personalvertretungsgesetz, Beamtenrechtsrahmengesetz, Beamtenbesldungsgesetz - legt Ihnen der Beamtenrechtsausschuß nunmehr als fünftes großes beamtenpolitisches Gesetz den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen var. Ich versage es mir, auf den Inhalt im einzelnen einzugehen, und 'verweise auf den von mir vorgelegten Schriftlichen Bericht, der in Ihren Händen wist. Aber gestatten Sie mir ein Wort zur Begründung. . Um die Bedeutung dieses Gesetzes abzumessen, darf ich darauf hinweisen, daß dieses Gesetz einen Personenkreis von schätzungsweise mindestens 11/2 Millionen Menschen umfaßt. Das Gesetz ist aus seinem Initiativanitrag entstanden, der tim Ausschuß zur Überprüfung aller wesentlichen Teile des Gesetzes Veranlassung gegeben hat. Auch ;das ist ein Beweis dafür, daß der Bundestag die Regelung dieser Fragen - wie von jeher schon - als sehr wichtig anerkennt. Ich darf mir noch einige Hinweise gestatten. Der Zweck dieser Novelle ist dle Ausfüllung von Lücken und ;die Milderung von aufgetretenen Härten bei dier Durchführung des Gesetzes. Der Kern des Problems liegt in der Regelung der Unterbringung. Diese Frage ist bisher trotz aller Bemühungen noch immer nicht befriedigend geregelt worden. Auch der Haushaltsausschuß hat hierauf schon mehrfach hingewiesen. In Verbindung damit steht das Problem der unterwertigen Beschäftigung derjenigen, die nach diesem Gesetz Unterbringungsteilnehmer sind. Für beide Aufgaben bringt der Entwurf wirksame sund mach unserer Meinung teilweise auch neue Vorschläge. Ich darf im einzelnen auf den Schriftlichen Bericht verweisen. Die Vielgestaltigkeit der Verhältnisse bei dem in das Gesetz zu Artikel 131 einbezogenen großen Personenkreis hat den Gesetzgeber bei der Behandlung auch dieser zweiten Novelle vor sehr erhebliche Schwierigkeiten gestellt. Der Ausschuß hat (bei >seiner Arbeit die volle Unterstützung der beteiligten Bundesministerien gefunden; ich darf diese Unterstützung hier dankbar hervorheben. Er war bestrebt, wesentliche Verbesserungen des Gesetzes zu erreichen und glaubt dieses Ziel auch erreicht zu haben. Daher hat der Ausschuß am 21. Juni dieses Jahres dem Entwurf dieser Novelle ;einmütig zugestimmt und schlägt dem Bundestag nurmehr ihre Annahme in der vorgelegten Fassung vor. Zugleich empfiehlt er dem ,Bundestag die Annahme der vom Ausschuß ebenfalls einstimmig angenommenen Entschließung. Ich habe die Ehre, im Namen des Beamtenrechtsausschusses um Ihre Zustimmung zu dieser Novelle zu bitten.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wünscht der Herr Berichterstatter des Haushaltsausschusses das Wort? - Herr Krammig, bitte.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Vertretung des leider verhinderten Berichterstatters des Haushaltsausschusses darf ich mich auf den Bericht Drucksache 3719 beziehen und besonders auf den zweiten Absatz hinweisen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wir treten in die Einzelberatung des Berichts Drucksache 3643 mit den dazu ergangenen beiden Nachträgen ein. Wir werden in der Reihenfolge verfahren, so daß die in den beiden Nachträgen geregelten Punkte bei den Punkten mit aufgerufen werden, zu denen sie inhaltlich gehören. Ich rufe auf Artikel I Ziffern 01 und 02. Anträge hierzu liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Dias ist nicht der Fall. Ich mache darauf aufmerksam, daß zu Ziffer 02 ein Nachtrag gehört. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Artikel I Ziffern 01 und 02 mit der Änderung durch den zweiten Nachtrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe jetzt auf die Ziffer 1 in Artikel I, Änderungen zu § 4 betreffend. Änderungsanträge liegen hierzu nicht vor, Wortmeldungen ebenfalls nicht. Die Debatte hierzu ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Ziffer 1 im Artikel I in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf Ziffer 1 a, wonach hinter § 4 die §§ 4 a und 4 b eingefügt werden sollen. Hierzu liegen Änderungsanträge auf Umdruck 1292, Ziffern 1 und 2 vor. Werden diese Anträge begründet? - Bitte, Herr Kollege Matzner.

Oskar Matzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich nicht um eine Begründung dieses Antrages. Ich weiß nicht, ob dem Herrn Präsidenten schon der Brief meiner Fraktion vorliegt, aus dem sich ergibt, daß wir unsere Unterschriften unter dem interfraktionellen Antrag, der sich hier schon auszuwirken beginnt, zurückgezogen haben. Wir stimmen für die Ausschußvorlage, werden also diesen Änderungsantrag nach Zurückziehung unserer Unterschriften ablehnen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Debatte hierzu ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 1292 Ziffer 1. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 1 ist angenommen. Ich rufe auf den Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 2. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Ihre Erklärung gilt auch hierfür, Herr Kollege Matzner? - Wortmeldungen liegen sonst nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich komme jetzt zur Abstimmung über die Ziffer 1 a, die die Änderung der §§ 4 a und 4 b umfaßt. Wer diesen Paragraphen in der durch die eben gefaßten Änderungsbeschlüsse geänderten Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ziffer 1 a ist in der sich durch die Annahme der Anträge auf Umdruck 1292 Ziffern 1 und 2 ergebenden Fassung angenommen. Ich rufe im Artikel I auf die Ziffern 2, - 3, -4, - 5, - 5 a, - 5 b, - 6, - 7, - 8, - 9, - 9 a und 9 b. - Hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich nehme an, daß Sie mit der gemeinsamen Verabschiedung dieser aufgerufenen Bestimmungen einverstanden sind. - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über die aufgerufenen Ziffern bis einschließlich 9 b. Wer diesen Ziffern in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen. Ich rufe die Ziffer 10 des Artikels I auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1292 Ziffer 3 vor. Wird dieser Antrag begründet? - Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich komme zur Abstimmung über Ziffer 10 des Artikels I in der durch die Annahme des Antrags auf Umdruck 1292 Ziffer 3 geänderten Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf die Ziffern 11, - 12, - 13, - 13 a, - 13 b, - 14, - 15 entfällt, 16. - Ich darf annehmen, daß das Haus mit der gemeinsamen Verabschiedung einverstanden ist. Es ist so beschlossen. Ich eröffne die Debatte. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den eben aufgerufenen Bestimmungen bis einschließlich Ziffer 16 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Bestimmungen sind angenommen. Ich rufe auf die Ziffer 16 a in Artikel I. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1292 Ziffer 4 vor. Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort hierzu gewünscht? - Herr Kollege Matzner hat das Wort.

Oskar Matzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich auf meine Ausführungen über die Zurückziehung unserer Unterschriften unter dem interfraktionellen Antrag und möchte jetzt dem Hause berichten, warum wir auf der Ausschußvorlage beharren. Wir sind im Ausschuß und nachträglich in interfraktionellen Besprechungen übereingekommen, im Interesse der Annahme der 2. Novelle zum 131erGesetz auf alle weiteren Anträge zu verzichten und durch Änderung der entsprechenden Paragraphen, die sich durch den ganzen interfraktionellen Antrag hindurchziehen, zu erreichen, daß die finanzielle Dauerbelastung um 100 Millionen DM verringert wird. Sie wissen, daß dieses Gesetz eine Finanzvorlage geworden ist, und Sie haben die Begründung des Haushaltsausschusses gehört. Dabei wurde ausgesprochen, daß dieses Gesetz gegenüber dem für das Jahr 1957 veranschlagten ({0}) Betrag von 200 Millionen DM in der Dauerwirkung einen Aufwand von 450 Millionen DM erfordern werde. Das sind also 250 Millionen DM mehr. Ich will nicht auf die Frage eingehen, ob auf diese Dauerbelastung des Haushalts in den kommenden Jahren der § 96 ({1}) anwendbar ist. Wir als Mitglieder des Fachausschusses wollten es dem Plenum erleichtern, der Vorlage zuzustimmen, indem wir Streichungen vorgeschlagen haben, die den Betrag von 250 Millionen DM auf 150 Millionen DM reduzieren. Das war der Zustand bis heute früh. Heûte früh erfuhren wir, daß über den im Ausschuß von der Deutschen Partei angekündigten Antrag hinaus, die Waffen-SS noch in dieses Gesetz einzubeziehen - darüber wird später zu sprechen sein -, auch die größte Fraktion dieses Hauses und die anderen Fraktionen außer der Sozialdemokratischen Partei einen interfraktionellen Antrag unterschrieben haben, der darauf hinausläuft, den Personenkreis zu erweitern. Diese Erweiterung bringt eine wesentliche Erhöhung der eben angeführten Ausgaben mit sich. Jetzt betrachten Sie bitte die Auswirkungen! Wir haben an vier entscheidenden Stellen Streichungen vorgenommen, so bei der Herabsetzung des Arbeitsfreibetrages für den in Frage kommenden Personenkreis. Wir haben darüber hinaus in sozialen Fragen einen gewaltigen Abstrich gemacht, und zwar hinsichtlich jener Witwen und Hinterbliebenen, die nach den bisherigen Grundsätzen nicht besser versorgt werden durften, als es der Dienstzeitversorgung - so heißt die Bezeichnung in diesem Fall - entspricht. Die Ruhebezüge- sind sehr niedrig. Die Kürzung bei diesem Personenkreis macht einen Betrag von 16 Millionen DM aus. Und in diesem Augenblick kommt ein Antrag, der diese Ersparnis von 16 Millionen DM zugunsten eines Personenkreises, den man auch nach dem Antrag, den wir genau geprüft. haben, gar nicht übersehen kann, wieder aufhebt. Der Bundesfinanzminister wird nun Gelegenheit haben - und dazu fordere ich ihn auf -, zu erklären, was dieser neue interfraktionelle Antrag, der von der rechten Seite des Hauses angeregt wurde, kosten wird. Wir können es uns nicht leisten, auf der einen Seite Kürzungen vorzunehmen und auf der anderen Seite einen neuen Personenkreis einzubeziehen, dessen Umfang und dessen Verhältnisse in keiner Weise geklärt sind. Ich möchte dazu bemerken, daß der Ausschuß beschlossen hat, die Frage der Waffen-SS nicht anzurühren. Der Ausschuß hat lediglich den Berichterstatter ermächtigt, zu erklären, daß der 3. Bundestag in aller Ruhe zu prüfen haben wird, inwieweit hierin soziale Ungerechtigkeiten liegen. Sie müssen also verstehen, daß wir unter diesen Umständen auf der Regierungsvorlage beharren. Es wäre ein großes Unrecht, wollten wir auf dereinen Seite kürzen und auf der anderen Seite einen neuen Personenkreis aufnehmen. Ich bitte Sie, diesen Beweggrund zu verstehen und schon mit Rücksicht auf diesen Antrag sich die Sache noch einmal gründlich zu überlegen. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird weiterhin das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Debatte über diesen Änderungsantrag zu der aufgerufenen Nr. 16 a geschlossen. Wir 'kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ich lasse die Abstimmung wiederholen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag istangenommen. Ich rufe die Nr. 16 a mit der soeben beschlossenen Änderung zur Abstimmung auf. Ich mache darauf aufmerksam, daß weitere Änderungen zu § 24 b und § 24 d in den Nachträgen enthalten sind, über die hier mit beschlossen wird. ({0}) - § 24 meinen Sie? Gut. Ich lasse dann paragraphenweise, wie es gewünscht wird, abstimmen. Aus der Nr. 16 a werden jetzt zur Abstimmung gestellt die ersten fünf Druckzeilen und dann der § 24. Wer dem zuzustimmen wünscht, und zwar mit der soeben beschlossenen Änderung, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen. Nun rufe ich den Rest der Nr. 16 a auf - hier wird wohl keine getrennte Abstimmung gewünscht -; er umfaßt die §§ 24 a, 24 b, 24 c, 24 d, 24 e, 24 f. Wer dafür ist, (den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe dann auf Nr. 16 b und Nr. 16 c - diese ist aus einem Nachtrag des Berichts - ferner die Nrn. 17, 17 a und 18, alles aus dem Art. I. Wer diesen Bestimmungen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte urn die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Bis Nr. 18 ist jetzt alles erledigt. Ich rufe Nr. 19 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1292 Ziffer 5 vor. Wird dieser Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort ewünscht? - Wortmeldunzen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen. Wir 'kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 5. Wer diesem Änderungsantrag stattzugeben wünscht, den 'bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Ich rufe nunmehr zur Abstimmung die Nr. 19 des Art. I mit ,der soeben 'beschlossenen Änderung auf und mache darauf aufmerksam, daß in Nr. 19 Buchstabe c auf Grund eines Nachtrags das dort vorgedruckte Datum „31. Dezember 1948" in „1. September 1953" geändert ist. In dieser Fassung stelle ich die Nummer zur Abstimmung. Wer dafür zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Die Nr. 19 ist mit der genannten Änderung angenommen. Ich rufe die Nr. 20 'auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1292Ziffer 6 vor. Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 6 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die ({1}) Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Ich rufe jetzt zur Abstimmung die Nr. 20 mit der soeben beschlossenen Änderung auf. Wer der Nr. 20 mit der beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den !bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe .die Nr. 21 auf. Hierzu liegt auf Umdruck 1292 Ziffer 7 ein Änderungsantrag vor. Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 7 stattzugeben wünscht, den 'bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte uni die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe jetzt zur Abstimmung die Nr. 21 mit der soeben beschlossenen Änderung auf. Wer ihr zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf die Nrn. 22, - 23, - 24, - 24 a. - Hier liegt eine Einschaltung auf 'Grund eines Nachtrags vor. Ich rufe weiter die Nr. 25 auf. Hier liegt ebenfalls eine Einschaltung vor. 'Ich rufe auf die Nm. 25 a, - 26, - 27, - 28, - 28a, - 228i b. - Hier liegt für Seite 29, unterer Teil, wieder eine Einschaltung auf Grundeines Nachtrags vor. Änderungsanträge zu den aufgerufenen Nummern bis einschließlich Nr. 28 b liegen nicht vor. Wird das Wort 'dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich nehme an, daß Sie mit gemeinsamer Verabschiedung dieser Bestimmungen einverstanden sind. - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den eben aufgerufenen Bestimmungen bis einschließlich Nr. 28 b des Art. I zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe die Nr. 29 des Art. I auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag .auf Umdruck 1292 Ziffer 8 vor. Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird ,das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 8. Ich mache darauf aufmerksam, daß er sich auch auf die Nr. 39 a und die Nr. 43.a erstreckt, so daß wir damit die späteren Abstimmungen präjudizieren. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist angenommen; er bezog sich also auch schon auf die Nr. 39 Buchstabe a und Nr. 43 a Buchstabe a. Nun rufe ich Nr. 29 auf. Wer Nr. 29 mit der soeben 'beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe Nr. 29 a auf. Hieizu liegt ein von der SPD gestellter Antrag 'auf Umdruck 1299 vor. Er ist noch nicht verteilt. Ich darf ihn vorlesen. Er lautet: Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel I Nr. 29 a Buchstabe a wird das Wort „zwanzigjährige" durch das Wort „fünfzehnjährige" ersetzt. Wird der Antrag 'begründet? - Herr Kollege Matzner, ich bitte, das Wort zu nehmen.

Oskar Matzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier müssen wir nach dem, was ich vorhin vorgetragen habe, neuerlich einsetzen. Wir sind jetzt auch nicht mehr verpflichtet, uns an die Abmachung zu halten, daß keinerlei Änderungsanträge eingebracht werden sollen, und bringen hier ein Anliegen vor, dessen Erfüllung uns seit dem Jahre 1951 immerwährend vorschwebt. Wir haben für die Angestellten des öffentlichen Dienstes seinerzeit eine 25jährige Dienstzeit gefordert. Im Ausschuß lagen jetzt Anträge vor, statt dieser 25jährigen Dienstzeit eine 15jährige Dienstzeit zu verlangen, also so wie es im Wiedergutmachungsgesetz für den öffentlichen Dienst bestimmt worden ist. Unsere einmütige Absicht im Ausschuß war, hier eine mittlere Lösung zu finden, nämlich auf 20 Jahre zu gehen, um nicht allzu große finanzielle Belastungen hervorzurufen. Nachdem Sie aber, meine Damen und Herren, ohne Rücksicht auf die finanziellen Belastungen, wie ich vorhin sagte, eine neue Gruppe in den Personenkreis hereinnehmen wollen, deren Einbeziehung jedoch im Ausschuß fast einstimmig abgelehnt wurde, 'fühlen wir uns verpflichtet, für eine Gruppe einzutreten, die die Gleichziehung weit mehr verdient hat, und für die Unkündbarkeit nur eine 15jährige Dienstzeit festzusetzen. Ich glaube, daß das ein sehr berechtigtes Anliegen ist. Ich bitte Sie, diesem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. Sie können dadurch auch zeigen, wer von diesem ganzen Personenkreis Ihnen mehr am Herzen liegt. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zur Abstimmung über den soeben begründeten Antrag Umdruck 1299, der sich auf die Nr. 29 a bezieht. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um ,die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zu Nr. 29 a in der Ausschußfassung. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß auch hier auf Grund des Nachtrags das Datum „31. Dezember 1948" in „1. September 1953" zu ändern ist. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte diejenigen, die Nr. 29 a in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, nochmals um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Nr. 29 a ist angenommen. Ich rufe auf Nr. 30 Buchstaben a bis e und mache auf die im Nachtrag zum Schriftlichen Bericht vorgesehenen Änderungen aufmerksam. Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall; ich schließe die Aussprache. Wer Nr. 30 mit den aus 'dem Nachtrag zum Schriftlichen Bericht ersichtlichen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Nummer ist angenommen. 2. ({0}) Ich rufe auf die Nrn. 30 a, - 30 b, - 30 c, -31, - 31 a, - 31 b, - 32, - 32 a, - 33, - 34, -35, - 36 und 37. - Ich mache auf die in den Nachtragsberichten enthaltenen Änderungen zu den Nm. 30 a, 35 und 36 aufmerksam. Ist das Haus damit einverstanden, daß diese Bestimmungen gemeinsam bestanden werden? - Das ist offenbar der Fall. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall; die Aussprache ist geschlossen. Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen Bestimmungen. Wer ihnen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 1288, der die Einfügung einer neuen Nr. 37 a bezweckt. Das Wort zur Begründung hat Herr Kollege Kleindinst.

Dr. Josef Ferdinand Kleindinst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte sowohl zum Buchstaben a als auch zum Buchstaben b des Antrags sprechen zu dürfen. Beide Teile dies Antrags beziehen sich auf § 67. Der Antrag unter Buchstabe a soll eine Lücke schließen, die seit dem Jahre 1953 spürbar ist. Es sollen lediglich die Polizeibeamten, die bereits ihre Dienstzeit zugerechnet ,erhalten, rauch die Beförderungen zuerkannt bekommen. In den Bescheiden wird oft darauf hingewiesen, daß dafür eine gesetzliche Grundllage notwendig ist. - Diese Vorschrift trifft nicht den Bund, sondern die Länder und die Gemeinden. Sie bezieht sich auf einen verhältnismäßig kleinen Personenkreis. Wichtiger ist der Antrag unter Buchstabe b. Im Zusammenhang hiermit hat der Herr Kollege Matzner von einer großen Erweiterung des Personenkreises gesprochen. Ich darf auf folgendes hinweisen. Der in diesem Antrag vorgesehene § 67 Abs. 3 hat nach der Absicht dier antragstellenden Fraktionen und nach der Hoffnung der von ihm betroffenen Personen keine versorgungsrechtliche Bedeutung, sondern err soll junge Leute rehabilitieren, die unter dem Zwang der seinerzeitigen Verhältnisse in jene Organisationen gekommen sind. Sie wissen ja, wie man damals bei den Aushebungen vorgegangen ist, wie man die jungen Leute aus den Schulen herausgenommen hat. Dier Trennungsstrich gegenüber den Vorgängerorganisationen wird streng gezogen. Ebenso streng ist die Beschränkung auf den rein militärischen Kriegseinsatz, und es wird wiederum darauf hingewiesen, daß alles nur nach Maßgabe der für die Berufssoldaten geltenden Vorschriften zu vollziehen ist. Bei dieser vorsichtigen Fassung der Vorschrift kann kein Bedenken bestehen, daß hier eine politische Absicht zugrunde liegt; es geht lediglich um die Rehabilitierung von jungen Leuten und auch um eine Beruhigung ihrer Eltern. Wir können uns nicht vorstellen - wir haben das sehr eingehend erwogen -, daß diese Vorschrift eine finanzielle Bedeutung größerem Ausmaß haben kann. Bitte bedenken Sie, daß in der 'Zeit von 1940 bis 1945 nach dem Soldatenrecht keine Anwartschaftsrechte erworben werden konnten, und wenn einige wenige, die in dieser Zeit Berufssoldaten geworden sind, als Spätheimkehrer zurückkehren, werden wir ihnen diese Berücksichtigung nicht versagen. Ich hebe also nochmals hervor, daß der Vorschrift des Abs. 3 nicht eine versorgungsrechtliche Absicht zugrunde liegt, sondern 'die Absicht der Rehabilitierung junger Leute, die den uniglücklichen Verhältnissen der damaligen Zeitausgesetzt waren. Ich bitte daher, dem Antrag zuzustimmen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Dr. Kleindinst meinte soeben, wenn ich ihn recht verstanden babe, daß bei Annahme dieses Antrags eine finanzielle Belastung nicht zu erwarten sei. Es handalt sich nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion eindeutig um einen Sachverhalt, der materiell erhebliche Auswirkungen haben muß, Auswirkungen, die nach § 96 ({0}) der Geschäftsordnung beurteilt werden müssen, weil sie geeignet sein können, in erheblichem Umfang auf die öffentlichen Finanzen einzuwirken. Die Annahme dieses Antrags older auch nur die Entscheidung über ihn ohne Prüfung seiner finanziellen Auswirkungen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesfinanzminister, muß dem Hause auf Grund ihrer wohl vorhandenen Unterlagen zunächst im Haushaltsausschuß Aufklärung über die erhebliche oder nicht erhebliche Auswirkung dieses Antrags geben. Es handelt sich zweifelsfrei um eine Angelegenheit, die nach § 96 ({1}) der Geschäftsordnung zu behandeln ist. Ich beantrage daher namens der sozialdemokratischen Fraktion, diesen Antrag an den Haushaltsausschuß 'zu überweisen und die Fortsetzung der Beratung dieses Antrags zu unterbrechen, bis die Stellungnahme des Haushaltsausschusses vorliegt.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Kleindinst.

Dr. Josef Ferdinand Kleindinst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unterlagen gibt es überhaupt nicht. ({0}) Es handelt sich hier um reine Schätzungen und Vermutungen. ({1}) Es steht aber fest, daß zwischen 1940 und 1945 nur ganz junge Leute in diese, ich darf sagen, halbmilitärische Tätigkeit gekommen sind, daß sie zweitens bis zum Jahre 1945 Anwartschaftsrechte als Berufssoldaten überhaupt nicht erwerben konnten und daß es sich höchstens darum handelt, daß Leute, die berufsmäßigen Dienst getan haben und als Spätheimkehrer zurückgekommen sind, als Spätheimkehrer gelten. Daß diese jungen Leute Hinterbliebene haben, ist kaum zu vermuten. Unterlagen für die Aufstellung eines Voranschlages können also nicht vorhanden sein. Ich betone nochmals, daß es hier nicht um eine Versorgungsvorschrift, sondern um eine Rehabilitierung geht. Ich möchte also dem Antrag auf Unterbrechung der 'Sitzung und Überweisung an den Haushaltsausschuß widersprechen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort gewünscht? - Herr Schoettle, bitte sehr.

Erwin Schoettle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002061, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens ist keine Unterbrechung der Sitzung, sondern eine Unterbrechung der Beratung dieses Antrags verlangt worden. Zweitens sind Sie offenbar an Begriff, einen Wurf ins Dunkle zu machen. Herr Kleindinst sagte, daß keine Unterlagen vorhanden seien oder daß es schwierig sei, solche zu beschaffen. Das letzte mag nicht ganz falsch sein. Ich darf aber darauf hinweisen, daß nach einer Auskunft aus dem Bundesfinanzministerium mit einem Aufwand zwischen 10 und 20 Millionen DM gerechnet wird. Sie haben in viel kleineren Dingen den § 96 ({0}) der Geschäftsordnung bemüht. Ich warne Sie nachdrücklich vor einer Praxis: Wenn's mir gerade paßt, nehme ich einen Rechtsgrundsatz in Anspruch. Ich warne Sie nachdrücklich, diese Praxis einzuführen; sie ist leider schon in einem bestimmten Umfang eingerissen. Ich bin der Meinung, daß hier ein typischer Fall des § 96 ({1}) der Geschäftsordnung vorliegt, und bitte Sie, dem Antrag auf Unterbrechung der Beratung über diesen Punkt zuzustimmen. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Eine Zwischenfrage an die Antragsteller. Wann soll nach dem Antrag diese neugefaßte Bestimmung in Kraft treten?

Dr. Josef Ferdinand Kleindinst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Am 1. September 1957.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Also im Laufe dieses Etatsjahres. Herr Ritzel hat das Wort.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den sehr deutlichen Worten des Herrn Kollegen Schoettle, der auch aus der reichen Erfahrung des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses spricht, wäre es an sich überflüssig, noch ein Wort zur Sachlage zu sagen; aber mich nötigt die Erinnerung an das, was wir in der letzten Zeit erlebt haben, dazu. Die Art, wie mit dem § 96 ({0}) der Geschäftsordnung umgesprungen wird, die parteiliche Art der Aaswendung oder Nichtanwendung dieses Paragraphen, die Ignorierung der finanziellen Auswirkung von Anträgen, wenn es paßt, ist eine Sache, die zum Himmel schreit. So dürfen die Dinge in einem ordentlichen Haushaltsrecht unter keinen Umständen weitergehen. Sie übernehmen eine Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie nicht tragen können. ({1}) Ich frage den Herrn Bundesfinanzminister: Ist es richtig, daß, aufs Jahr bezogen, eine Ausgabe von 10 his 20 Millionen DM - ich hörte auch die Summe von 30 Millionen DM - in Frage kommt? Herr Dr. Kleindinst hat als Tag der Inkraftsetzung der beantragten Bestimmung den 1. September 1957 genannt. Will da jemand bestreiten, daß eine Einwirkung auf die augenblickliche Haushaltslage unvermeidlich ist? Es wäre nicht zu rechtfertigen, eine solche 'Behauptung aufzustellen oder aufrechtzuerhalten. Ich kann Sie dim Interesse einer ordnungsgemäßen Haushalts- und Geschäftsführung nur bitten, den Antrag dorthin zu geben, wohin ihn dier § 96 ({2}), den sich dieses Haus selbst geschaffen hat, befiehlt, d. h. an den Haushaltsausschuß. ({3})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens dier Fraktion der CDU/ CSU bitte ich bei dem gegenwärtigen Stand der Beratung um die Unterbrechung der Plenarsitzung um eine halbe Stunde.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Meine Damen und Herren, nach §§ 96 der Geschäftsordnung werden Finanzvorlagen des Bundestags nach Anhörung des Ältestenrats unmittelbar dem zuständigen Ausschuß und dem Haushaltsausschuß oder nur dem Haushaltsausschuß überwiesen. Dias ist die Regel. Ausnahmen gelten für die Beratung des Haushaltsplanes. Da ist diese Überweisung nicht nötig. Wir haben heute morgen eine Debatte gehabt, bei der die Frage erörtert worden ist, ob bei Steuergesetzen verlangt werden kann, daß eine vorhergehende Beratung des Haushaltsausschusses stattfindet. Wir haben hier kein Steuergesetz. Wir haben ein ähnliches Gesetz, nämlich ein Gesetz über die Festsetzung von Beamtengehältern. Die Frage, die ich heute morgen offengelassen habe, bleibt auch jetzt offen, nämlich ob bei der Änderung eines Steuergesetzes oder eines sonstigen Gesetzes dann, wenn die Auswirkung sich auf das laufende Etatjahr erstreckt, der § 96 .({0}) anzuwenden ist oder nicht. Aus dem eingangs verlesenen § 96 Abs. 1 leite ich für mich als zur Zeit amtierenden Präsidenten die Befugnis 'her, nach Anhörung des Ältestenrats eine Entscheidung zu fällen. Den Ältestenrat habe ich nicht gehört. Ich habe statt dessen das ganze Haus gehört. Ich will noch keine Entscheidung fällen. Ich schlage vor, um dem § 96 Genüge zu tun .und um mich von einer Entscheidung zu entbinden, die zu fällen ich aber den Mut haben würde, damit einverstanden zu sein, daß wir statt der haben Stunde Pause die Beratung dieses Gegenstandes .unterbrechen und den Haushaltsausschuß bitten, diese Frage zu prüfen und uns ,anschließend Bericht zu erstatten, daß wir zwischendurch einen anderen Punkt der Tagesordnung erledigen und dann mit der Beratung dieses Gegenstandes fortfahren. Bitte, Herr Kollege Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Haushaltsvorlage würde dieses Gesetz 'überhaupt erst werden, wenn dieser Antrag angenommen ist. Wir haben um eine Unterbrechung der Sitzung zur Beratung dieses Antrags gebeten. Bevor der Antrag angenommen ist, ist er nicht existent und kann unter keinen Umständen eine Haushaltsvorlage sein, die man dem Haushaltsausschuß überweisen könnte. Bevor die Vorlage angenommen ist, ist sie nicht parlamentsexistent. Deshalb, Herr Präsident, bitte ich um die Unterbrechung, damit über diesen Antrag erneut beraten werden kann.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Der Antrag auf Unterbrechung hat selbstverständlich den Vorrang. Ich möchte aber, damit während der Beratung innerhalb der Unterbrechung die Situation klar ist, darauf hinweisen, daß Finanzvorlagen, die dem Haushaltsausschuß vom Präsidenten nach Anhörung des Ältestenrats zur Überprüfung zu überweisen sind, Anträge und noch keine angenommenen Anträge sind. Herr Rasner hat den Antrag gestellt, die Sitzung um eine halbe Stunde zu unterbrechen, um Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Im allgemeinen ist einem solchen Wunsch, wenn er von einer großen Fraktion vorgebracht wird, stattzugeben. Ich darf annehmen, daß sich kein Widerspruch dagegen erhebt. ({0}) - Dann ist so beschlossen. Ich unterbreche die Sitzung bis 18.30 Uhr. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/ CSU möchte ich folgendes sagen. Erstens. Wir haben uns davon überzeugt, daß unser Antrag auf Einfügung der Nr. 37 a Buchstabe b) eine Finanzvorlage ist, die nach dem § 96 ({0}) unserer Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß überwiesen werden müßte. Wir sind der Auffassung, daß sie das auch bliebe, wenn man eine Bestimmung träfe, die erst den nächsten Haushalt belastet, analog zu Vorgängen, die wir in der Anwendung des § 96 ({1}) der Geschäftsordnung heute bereits zweimal in diesem Haus gehabt haben. Zweitens. Wir bedauern, daß diese Frage in diesem Bundestag nicht geregelt werden kann. Wir wissen aber, daß auch die Betroffenen; die jetzt weiter auf eine Regelung warten müssen, nicht wollen, daß um ihres Anliegens willen die ganze Vorlage scheitert, die für viele andere Kreise schwere materielle Sorgen verringern wird. Wir wissen, daß im Kreise der Betroffenen auch der Gedanke der Kameradschaft sehr lebendig ist. Eine Politik des „Alles oder nichts" ist nie gut. Weil wir wollen, daß dieser Bundestag die zweite Novelle zum 131er-Gesetz noch verabschiedet, sehen wir uns zu unserem eigenen Bedauern gezwungen, unseren Antrag unter b) zurückzuziehen. Wir sind der Meinung, daß der nächste Bundestag die Aufgabe hat, sich umfassend mit dieser Frage zu beschäftigen. Wir werden von uns aus dafür sorgen, daß dies geschieht. Unser Antrag zu a) enthält keine Finanzvorlage; wir halten ihn aufrecht. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete von Manteuffel. von Manteuffel ({0}) ({1}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei ({2}) habe ich zu erklären, daß wir auf unserem Änderungsantrag Umdruck 1288 bestehen. ({3}) Ich wäre dankbar, wenn mir die Damen und Herren eine nähere, ins einzelne gehende Begründung ersparten. Ich glaube, sowohl die Experten im Haushaltsausschuß und in den mitberatenden Ausschüssen als auch die Fraktionen sind über den Personenkreis und über das Anliegen, das vier Fraktionen, jetzt also noch drei Fraktionen hatten, unterrichtet. Wir bitten nur, den Antrag dahingehend zu ergänzen, daß in Artikel VIII, in den Schlußbestimmungen, eine neue Nr. 12 eingeführt wird, wonach der Gesetzesparagraph, der diesen Personenkreis betrifft, erst mit Wirkung vom 1. April 1958 in Kraft tritt. Ich darf den Antrag dem Herrn Präsidenten sofort übergeben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Miessner.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erkläre für einen großen Teil der Kollegen meiner Fraktion, daß wir nicht bereit sind, die Unterschrift zurückzuziehen, auch nicht für den Antrag unter Buchstabe b). Im übrigen gibt der soeben von Herrn von Manteuffel vorgebrachte Antrag den Dingen eine neue Wendung. Wenn diese Bestimmung so gefaßt wird, daß sie erst am 1. April 1958 in Kraft tritt, ist dieser Teil keine Finanzvorlage, weil dadurch das laufende Haushaltsjahr nicht betroffen wird. Ob dann im nächsten Haushaltsjahr eine Deckung dafür vorhanden ist, das festzustellen, ist Aufgabe der künftigen Regierung bzw. des Haushaltsausschusses des nächsten Bundestages. Ich bitte also, es beim Antrag Umdruck 1288 zu belassen, mit der zeitlichen Abänderung, wie sie Herr Kollege von Manteuffel soeben vorgeschlagen hat.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Zielsetzung besteht zwischen der Auffassung der CDU/CSU und der Auffassung der DP ({0}) offensichtlich überhaupt kein Unterschied. Die Fraktion der DP ({1}) will diesen Antrag zum 1. April 1958 in Kraft setzen. Wir sind der Auffassung, daß der neue Bundestag diese Frage bis dahin längst entschieden haben kann, vielleicht sogar mit einem früheren Datum. Das wird dier neue Bundestag entscheiden. Wir haben vorhin ausdrücklich erklärt, daß wir von uns ,aus dafür sorgen werden, daß dier neue Bundestag diese Frage sofort aufgreift. Wir würden damit auch das Ziel: 1. April 1958 mühelos erreichen können, ohne daß jetzt der § 96 ({2}) der Geschäftsordnung strapaziert werden muß und ohne daß die Gefahr besteht, daß wegen dieser Frage dieser Bundestag die ganze Novelle zum 131er-Gesetz nicht mehr verabschiedet. ({3})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, ich bedaure; ich habe Bedenken, ob das nach der Geschäftsordnung zulässig ist. Was in § 67 verlangt wird, nimmt den öffentlichen Haushalt auf jeden Fall in Anspruch, und der Antragsteller muß eine Deckungsvorlage bringen. Sie verweisen auf den 1. April 1958 und überlassen das dann dem künftigen Bundestag. Ich finde nicht, daß das im (Sinne des § 96 ({0}) der Geschäftsordnung ist. Ich werde nachher über den Antrag abstimmen lassen. Aber ich mache darauf aufmerksam, daß ich einstweilen starke Bedenken habe, ob das nach der Geschäftsordnung zulässig ist. Das Wort hat Herr Abgeordneter Sornik.

Dr. Paul Sornik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002194, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE habe ich zu erklären, daß wir unsere einmal gegebene Unterschrift nicht zurückziehen können.. Die Begründung für den Standpunkt eines Teiles der FDP, die Herr Kollege Miessner gegeben hat, ({0}) ist auch unsere Begründung. ({1}) Wir schließen uns also an, allerdings mit der Maßgabe, daß die beantragten Bestimmungen mit dem 1. April 1958 in Kraft treten sollen. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Miessner!

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegen Ihnen jetzt von drei Fraktionen doch immerhin Erklärungen vor, die es ermöglichen, diese Bestimmung heute anzunehmen. Ich glaube, meine Damen und Herren, Sie sind mit mir der Auffassung, daß die Frage, ob § 96 ({0}) der Geschäftsordnung bei einer Bestimmung, die erst das kommende Haushaltsjahr belastet, zur Anwendung kommt, bisher in diesem Hause noch nicht entschieden worden ist. Ich würde den Herrn Präsidenten bitten, wegen der Wichtigkeit dieser Frage und der präjudizierenden Wirkung, die sie für die Entscheidung aller künftigen Fälle hat, die Sitzung erneut auszusetzen({1}) und den Geschäftsordnungsausschuß mit dieser Frage sofort zu befassen. - Ja, meine Damen und Herren, das ist doch schließlich eine der entscheidendsten Fragen auch für die ganze Arbeit der nächsten Jahre. Denn vor dem Problem, ob man mit dem § 96 ({2}) der Geschäftsordnung auf diese Weise vorgehen kann, können wir doch jede Minute erneut stehen. Wir haben uns auch heute morgen schon darüber gestritten, und idas Problem kann schon heute abend oder morgen früh wieder auf uns zukommen. Deshalb ist, meine ich, der Antrag sachlich durchaus gerechtfertigt, in diesem Augenblick den Geschäftsordnungsausschuß damit zu befassen, damit wir auf der Grundlage seines Beschlusses Klarheit haben und weiter prozedieren können.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Miessner, ich könnte mich auf den § 128 beziehen und es dabei bewenden lassen und die Sache dann an den Haushaltsausschuß überweisen. Ich habe aber gar keine Bedenken - falls Sie das fordern -, nach § 129 den Geschäftsordnungsaus Schuß anzurufen. Nur, meine Damen und Herren, mache ich darauf aufmerksam, daß Sie damit der Vorlage im ganzen einen schlechten Dienst tun. ({0}) Denn wie soll dann diese Sache heute überhaupt noch entschieden werden? ({1}) Nun Herr Abgeordneter Matzner.

Oskar Matzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mich nicht mehr zu Wort gemeldet, wenn nicht von drei Fraktionen Erklärungen abgegeben worden wären, die sich mit der finanziellen Seite dieses Antrags beschäftigt und alle möglichen Kunststücke angewandt haben, um idas Haus zu überzeugen, daß man ihn ohne Rücküberweisung an den Haushaltsausschuß annehmen könne. Ich möchte diese drei Sprecher der Fraktionen und die drei Fraktionen fragen, wie sie dies verantworten wollen, während sie im selben Augenblick in diesem Gesetz 16 Millionen DM für Kriegsopfer streichen, die wir seinerzeit gemeinschaftlich angesetzt haben. Ich bin der Fraktion der CDU/CSU dafür dankbar, daß sie diesen Weg gegangen ist, und zwar mit Rücksicht auf das Schicksal, welches dieser Novelle beschieden gewesen wäre, wenn wir diesen Weg nicht gegangen wären. Ich verstehe aber nicht, warum man jetzt um die Frage Finanzvorlage oder nicht kämpft, wenn man auf der anderen Seite bedenkenlos 16 Millionen DM streicht. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst das Schicksal der Anträge abwarten. Wenn Ihr Antrag durchgeht, können wir uns weiter darüber unterhalten. Nur jetzt keine theoretischen Erörterungen und möglichst keine erneute Vertagung ides Plenums! Wünscht noch jemand das Wort zu den vorliegenden Anträgen? - Herr Abgeordneter von Manteuffel, Sie wollten mir noch den Text geben. ({0}) - Danke vielmals. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag auf Umdruck 1288 abstimmen, nach dem eine Nr. 37 a in Art. I eingefügt werden soll, durch die der § 67 geändert wird. Den ersten Teil dieses Antrags will die CDU/CSU auf jeden Fall aufrechterhalten. Ich lasse also zunächst über den Antrag unter a) abstimmen. Wec diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen. Ich lasse dann über den Antrag unter b) abstimmen, nach dem ein neuer Abs. 3 an § 67 angefügt werden soll. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; dieser Änderungsantrag ist abgelehnt. ({1}) Herr Abgeordneter von Manteuffel, wäre dann bei Art. VIII über Ihren Antrag abzustimmen? Oder ist der Antrag erledigt? ({2}) - Schön. Meine Damen und Herren, damit haben wir jetzt eine neue Nr. 37 a in Art I eingefügt, die die Fassung der ersten Hälfte des Antrags auf Umdruck 1288 hat. Ich rufe auf Art. I Nr. 38, - 39, - 39 a, -40, - 40 a, - 41, - 42, - 42 a, - 42 b, - 43, -43a,-44,-45,-46,-47,-48.- So welt liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Ziffern zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Art. II, Seite 51 der Vorlage. Hier liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1292 Ziffer 9 vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Keine Begründung. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung! Wer idem interfraktionellen Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 9 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das verstehe ich nicht, meine Herren, das ist doch ein interfraktioneller Antrag. Abg. Matzner: Nein, wir haben die Unterschriften zurückgezogen!) - Entschuldigen Sie. Es ist schlecht, wenn die Präsidenten sich abwechseln. Dann weiß der Nachfolger nicht, was der Vorgänger zur Kenntnis genommen hat. Jedenfalls ist der Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 9 mit Mehrheit angenommen. Wir stimmen ab über Art. II in der so geänderten Fassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angegenommen. Art. II a, Seite 55 der Vorlage, Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 10. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. - Aussprache! - Keine Wortmeldungen. Wer dem Antrag auf Umdruck 1292 Ziffer 10 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen. Wer dem Art. II a in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Art. II a ist in der so geänderten Fassung angenommen. Ich rufe auf die Art. II b, - II c - und II d. - Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Die Art. III, IV, V und VI entfallen. Art. VII! - Keine Änderungsanträge. Wird zu Art. VII das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Art VII zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Ich rufe auf Art. VII a und dazu den Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 11. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer idem Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 11 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste ist die Mehrheit; dier Änderungsantrag ist angenommen. Ich rufe Art. VII a in der so geänderten Fassung auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Ich rufe auf Art. VIII und dazu den Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 12. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst!

Dr. Josef Ferdinand Kleindinst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Art. VIII muß jetzt festgelegt werden, daß die neue Nr. 37 a erst am 1. September 1957 und nicht sofort mit der Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt. Das hängt mit den Überleitungsschwierigkeiten zusammen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Kollege Dr. Kleindinst, wenn ich Sie recht verstanden habe, soll Art. VIII Abs. 1 Nr. 10 dahin ergänzt werden, daß vor der Nr. 38 die Nr. 37 a eingefügt wird. ({0}) - Dias Haus ist damit einverstanden; es handelt sich um keine inhaltliche Änderung. Nun zunächst zum Änderungsantrag Umdruck 1292 Ziffer 12, in Art. VIII den durch den Zweiten Nachtrag eingefügten Abs. 1 a zu streichen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Wir stimmen nun über den Art. VIII mit der Korrektur ides Herrn Dr. Kleindinst und der Änderung auf Grund des angenommenen Antrags Umdruck 1292 Ziffer 12 ab. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Einleitung und Überschrift! - Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Wir treten in die dritte Lesung ein. Wird das Wart in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Herr Abgeordneter Schneider ({1})! ({2}) Schneider ({3}) ({4}): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unausgesprochen in diesem Hause ist nach, worum es sich bei dieser Vorlage wirklich gehandelt hat. Es geht um die Einbeziehung der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS in die 2. Novelle zum 131er Gesetz. Meine politischen Freunde und ich meinen damit selbstverständlich nur j ene ehemaligen Soldaten dier Waffen-SS, die sich keine ehrenrührigen Handlungen haben zuschulden kommen lassen, - ein Standpunkt, den meine Fraktion von Anbeginn an vertreten hat. Ich glaube also nur die Wahrheit zu sagen, wenn ich mit allem Freimut ausspreche, I daß es sich nicht nur darum handelt, daß durch ({5}) die Hereinnahme dieses Personenkreises der Haushalt um schätzungsweise 10 oder, wenn es hoch kommt, 20 Millionen DM mehr belastet wird -die Angaben des Herrn Finanzministers sind offenbar stark übertrieben -, sondern daß es sich letzten Endes darum handelt, diejenigen Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS, die ihre Pflicht an der Front getreu ihrem Eid genauso getan haben wie alle anderen Soldaten und die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, weiterhin nicht unter Kuratel zu stellen. Meine Freunde bedauern insbesondere, daß unser Koalitionspartner, die Christlich-Demokratische Union, uns hier ein so trostloses Bild ,geboten hat. Ich erinnere daran, daß wir gerade in den Reihen der Koalition jahrelang darum gekämpft und immer darauf gedrängt haben, daß die zweite Novelle als umfassende Regelung verabschiedet wird. Es ist kein Wunder, daß 'in der Hast der letzten Tage schlechte Gesetze herauskommen und daß solche Pannen passieren, wie es hier wieder geschehen ist. Man sollte das dann aber auch ehrlich zugeben und sollte es nicht noch unter Bezug auf diejenigen, die es .angeht, mit dem Wort der Kameradschaft verbrämen. Meine politischen Freunde von der Deutschen Partei ({6}) sind von jeher der Auffassung gewiesen, daß es mißlich ist, wenn wir unsere Staatsbürger in solche I. und II. Klasse einteilen. ({7}) Meine Freunde (befürchten, daß das eine große Gefahr für unseren Staat ist. - Es handelt sich bei dem, was ich hier gesagt habe, um das, was kommt. Wir bedauern diese Entscheidung und können mit Ihnen in dieser Stunde nur hoffen, daß der nächste Bundestag zu einer anderen Regelung kommt. Ich wollte nicht versäumt haben, diese Dinge hier einmal klarzustellen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Dr. Miessner!

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für mich persönlich vor der Schlußabstimmung folgendes erklären. Durch die Beschlüsse in der zweiten Lesung ist die Ausschußvorlage im letzten Augenblick aus rein fiskalischer Sicht zuungunsten der betroffenen Kreise erheblich verschlechtert worden. Die jetzt beschlossene Fassung bleibt in einigen wesentlichen Punkten sogar hinter dem seinerzeitigen Initiativantrag der Parteien CDU/CSU, FDP und DP, der die Unterschriften der drei Fraktionsvorsitzenden trägt, zurück. Nachdem nunmehr auch die ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS wieder herausgenommen worden sind, ({0}) ferner vorhin gerade eine ganze Reihe Verschlechterungen auf Grund des gemeinsamen Antrags verschiedener Parteien eingeführt worden sind, ({1}) und nachdem auch der Termin des Inkrafttretens entgegen wiederholten Zusagen aus Kreisen der Regierungsparteien auf den 1. September verschoben worden ist, kann ich aus Rechtsgründen dieser Rumpfnovelle nicht mehr zustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion bedauert zutiefst die Ausführungen, die eben der Kollege Schneider von der Fraktion der DP gemacht hat. ({0}) Wir lassen uns in der Fürsorge für diejenigen Soldaten, die ohne persönliches Verschulden ehrenhaft in der Waffen-SS gestanden haben, genau wie jeder andere Soldat an der Front, von keiner Fraktion, auch nicht von der Ihren, übertreffen. ({1}) Gerechtigkeit gilt für alle, und Gerechtigkeit ist unteilbar. Wenn wir jetzt diese Frage nicht geregelt, sondern sie auf den nächsten Bundestag verschoben haben, dann liegt das daran, daß wir nicht die Verabschiedung eines Gesetzes gefährdet sehen wollten, das für einen Personenkreis von über 300 000 Menschen Verbesserungen im Umfang von 300 Millionen DM bringt. Ich wiederhole außerdem, daß wir uns in dem Ziel, diese Frage bis zu dem Datum zu regeln, das Sie angegeben haben, nämlich bis zum 1. April nächsten Jahres, auch einig sind. Wir wollen aber, daß der nächste Bundestag das macht, damit dieser Bundestag diese Novelle, auf die so viele Menschen gewartet haben, noch zeitgerecht verabschieden und in Kraft setzen kann. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Sornik.

Dr. Paul Sornik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002194, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bedauern sehr, daß unser Antrag nicht angenommen wurde. Die Pression, mit der die 2. Novelle zum Gesetz nach Art. 131 beschlossen worden ist, hat dem Gesetzgebungswerk bestimmt nicht gut getan. Gerade die Fragen der 131er bedürfen sehr sorgfältiger Überlegung. Wir haben im Ausschuß gerade über die Probleme der Waffen-SS und der Staatspolizei sorgfältige Erwägungen angestellt. Die 2. Novelle zum Gesetz nach Art. 131 war in der Fassung, in der sie vom Ausschuß verabschiedet worden ist, wirklich ein großer Erfolg. Sie hat aus fiskalischen Gründen Rechtsminderungen und Rechtseinschränkungen erfahren müssen. Ich möchte nicht, daß in Zukunft bei der Behandlung des Schlußgesetzes, das möglichst zeitig in Angriff genommen werden sollte, eine gleiche Pression besteht. Der Personenkreis der 131er ist ein Kreis der Notleidenden, ein Kreis, der um Rechte ringt. Ich meine, daß der Bundestag im zwölften Jahre nach der Katastrophe zu einer Lösung kommen sollte. Wir werden der 2. Novelle zustimmen und erwarten, daß das Schlußgesetz bald, zu Anfang des ({0}) kommenden Bundestages in Angriff genommen wird. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Kühn.

Walther Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001246, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich seit 1949 mit den Problemen der 131er befaßt hat, der weiß, daß wir schon damals, als wir das Gesetz zu Art. 131 verabschiedet haben, der Meinung waren, es sei keineswegs vollkommen. Das Gesetz konnte - aus vielen Gründen, die im einzelnen anzuführen viel zu weit führen würde - nicht vollkommen sein. Aber, meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei noch am letzten Tage des 1. Bundestages eine Novelle zu diesem Gesetz nach Art. 131 durchgesetzt hat. Sie erinnern sich, daß sie nicht hier, sondern im Funkhaus in Köln verabschiedet wurde. Ich bitte, daraus zu ersehen, wie es damals gerade noch in letzter Minute gelungen ist, gewisse Verbesserungen des Gesetzes zu erreichen. Nun haben wir uns im 2. Bundestag wieder mit diesem Problem befassen müssen. Es besteht gar kein Zweifel - auch meine Herren Vorredner haben darauf hingewiesen -, wie schwierig die Situation Air die 131er in vielen Fällen noch ist. Es kann gar keine Rede davon sein, daß das Problem der 131er in jeder Weise rechtsstaatlich gelöst ist. Es wird die Aufgabe des 3. Bundestages sein, zu einem Schlußgesetz zu kommen. Sie wissen, daß wir uns Mühe gegeben haben, schon in diesem 2. Bundestag zu einem Schlußgesetz zu kommen. Aber alle möglichen widrigen Umstände haben uns daran gehindert. Gewiß haben wir versucht, die Schwierigkeiten zu meistern. Ich bedauere genau wie mein Fraktionskollege Dr. Miessner, daß wir in einigen Punkten, wie Unterbringung, Versorgung, Waffen-SS, nicht zu einer Lösung haben kommen können, die das ,ganze Haus befriedigt. Sie wissen, daß wir die FDP-Novelle zu dem Gesetz nach Art. 131 einstimmig verabschiedet haben. Das heute zu verabschiedende Gesetz hat ein (ganz anderes, recht beträchtliches finanzielles Volumen. Trotz der Mängel, die wir sehen, geben wir diesem Gesetz unsere Zustimmung, und ich möchte Sie alle bitten, dieser Novelle ebenfalls zuzustimmen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Wortmeldungen in der allgemeinen Aussprache der dritten Lesung? - Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Änderungsanträge liegen zur dritten Lesung nicht vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen 1 Stimme ist dieser Gesetzentwurf angenommen. Abstimmung über den Antrag des Ausschusses Drucksache 3643 Ziffer 2, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. - Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen. Sind Sie einverstanden, daß wir nunmehr zu Punkt 13 der Tagesordnung zurückkehren? - Herr Abgeordneter Rasner, darf ich fragen, ob Sie zur Tagesordnung sprechen wollen? ({0}) - Bitte sehr.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion beantrage ich, als nächsten Punkt den Entwurf eines Gesetzes über die Berufsausübung im Handel - Drucksache 3654 bzw. 1872 - zu beraten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Menzel.

Dr. Walter Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion schlägt vor, zunächst die Punkte 15, 16, 17 und 13 heute noch zu behandeln, und zwar aus folgenden Gründen. Die Punkte 15 und 16 umfassen das Kriegsfolgenschlußgesetz in Verbindung mit der dazu erforderlichen Einfügung eines Artikels in das Grundgesetz. Das Kriegsfolgenschlußgesetz, das wenigstens für einen Teil von Altgläubigern der früheren Reichsanleihen, der preußischen Konsols, der Reichsbahnanleihe und der Postanleihe eine Entschädigung und in anderen Fällen einen gewissen Härteausgleich bringt, ist für viele Tausende in Deutschland so dringend erforderlich, daß wir auf keinen Fall riskieren dürfen, dieses Gesetz in diesem Bundestag nicht mehr zu verabschieden. Das gilt um so mehr, als zur Grundgesetzänderung die besondere Mehrheit von 332 Ja-Stimmen erforderlich ist. Ich sage dem Hause nach den Erfahrungen der letzten Zeit nichts Neues, wenn ich betone, daß die Gefahr besteht, daß wir in den nächsten Tagen mindestens insoweit nicht mehr beschlußfähig sind. Wir bitten, heute zumindest die zweite Lesung dieser beiden Gesetze vorzunehmen, um dann auf Grund einer noch zu treffenden Vereinbarung vielleicht morgen zu einer günstigen Tageszeit unter Unterbrechung der Beratung der Verträge über Euratom und den Gemeinsamen Markt über die Grundgesetzänderung abzustimmen, um dadurch zu sichern, daß die erforderliche Anzahl der Abgeordneten da ist. Das gleiche, meine Damen und Herren, gilt für das Gesetz über die Deutsche Bundesnotenbank. Es ist endlich nach sehr vielen und schwierigen, aber erfolgreichen Verhandlungen im Ausschuß einstimmig verabschiedet worden. Auch dieses Gesetz halten wir im Interesse der Finanzpolitik und der allgemeinen Wirtschaft für vordringlicher. Wir glauben auch hier, nicht Gefahr laufen zu sollen, daß es der Bundestag nicht mehr verabschiedet. Schließlich ist auch Punkt 13 wichtig. Ich glaube, hier handelt es sich sogar um eine Terminsache, weil es um den Imkerzucker geht. Wir müssen hier vordringlich das, was uns der Ausschuß an gesetzlichen Bestimmungen vorschlägt, noch heute verabschieden: Damit wird das Gesetz über die Berufsausübung im Handel keineswegs vertagt. Wir können es auch noch in den nächsten Tagen verabschieden. Aber zunächst, meine Damen und Herren, müssen wir diejenigen Gesetze behandeln, die mit soviel Mühe in den Ausschüssen dieses Bundestages erarbeitet worden sind. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Nach dem SPD-Vorschlag sollen jetzt die Tagesordnungspunkte 15, 16, 17 und 13 behandelt werden, nach dem CDU-Vorschlag zaunächst Punkt 6. Wie soll dann nach Ihrer Meinung fortgefahren werden? ({0}) - Nein! Wie sohl da ein Präsident in diesem Hause die Dinge noch in Ordnung beieinanderhalten! Jedem Präsidenten wird eine andere Tagesordnung nahegelegt, ohne daß die mindeste Verständigung stattgefunden hat. Das ist ,unmöglich! Bei einem solchen Vierfahren ist es unmöglich, die Ministerien über das zu verstänidigen, was :behandelt wird; dazu alber sind wir verpflichtet. Man kann nicht einfach in jedem Augenblick die Tagesordnung ändern. ({1}) Also Tagesordnungspunkt 6 möchten Sie zunächst behandelt haben. Und dann? ({2}) - Und dann? ({3}) - Na, vielleicht besinnen Sie sich noch etwas. Ich lasse zunächst abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, jetzt zunächst Tagesordnungspunkt 6 - Berufsausübung im Handel - zu behandeln, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt. Dann müßte ich abstimmen lassen, ob Punkt 15 beraten werden soll. Wir hatten ,alber eigentlich verabredet, Herr Kollege Menzel, daß zunächst Punkt 13 behandelt werden sollte; so habe ich es jedenfalls von meinem Vorgänger übernommen. ({4}) - Dann ziehen Sie Ihren Antrag zugunsten der alten Ordnung zurück, damit wir wenigstens eine Ordnung hier im, Hause haben. ({5}) Ich rufe auf Punkt 13: Zweite und dritte Beratung des von dien Abgeordneten Matthes, (Richarts, Kriedemann, Mauk, Elsner, Dr. Preiß und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes ({6}),, Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({7}) ({8}). ({9}) Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Miessner. Dr. Miessner ({10}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich im wesentlichen auf meinen Schriftlichen Bericht beziehen. Ich möchte nur mit wenigen Sätzen darlegen, um was es sich handelt. Das hat einen besonderen Grund; denn an diesen Punkt wind sich vermutlich noch eine wichtigere andere Sache anschließen. Bei dem Gesetzentwurf Drucksache 3114 handelt es sich darum, die zur Fütterung von Bienen bestimmte zuckersteuerfreie Zuckermenge von 7,5 auf 10 kg Zucker pro Jahr unid Bienenvolk zu erhöhen. Im Ausschuß wurden Betrachtungen darüber angestellt, ob es sich lohne, wegen einer so kleinen finanziellen Auswirkung - sie liegt etwa bei 25 Pfennig im Jahr pro Bienenvolk - ein Gesetz zu ändern. Aber schließlich setzte sich doch die Meinung durch, daß man 'die Imker von der Entrichtung der Zuckersteuer für die Zuckermenge befreien sollte, die während des Winters an die Bienen verfüttert wird. Diese Menge soll nach Auskunft von Sachverständigen eher bei 10 als bei 7,5 kg pro Bienenvolk liegen. Der Ausschuß hat aus diesen Erwägungen der Vorlage dann auch einmütig zugestimmt. Ich möchte auch dem Hohen Hause empfehlen, die Zustimmung zu erteilen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Zweite Lesung, Art. 1, Art. 2, keine Änderungsanträge. Der Ausschuß schlägt vor - Drucksache 3632 -, einen Art. 2 a einzufügen. Widerspruch? - Das Haus ist damit einverstanden. Art. 3, Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Wir kommen zur dritten Lesung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Wir kommen zu 'den Entschließungsanträgen, zunächst Änderungsantrag Umdruck 1296 zu Umdruck 1285. Ich gebe dem Hause bekannt, daß hier einige Abgeordnete ihre Unterschriften zurückgezogen haben. Das nehmen wir ins Protokoll. - Herr Abgeordneter Seuffert, bitte sehr. Seuffert ({0})': Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen derjenigen Unterzeichner des Änderungsantrags Umdruck 1296 zu dem Entschließungsantrag, 'der anscheinend nicht begründet wird, die ihre Unterschrift nicht zurückgezogen haben - das sind insbesondere alle meine politischen Freunde -, darf ich kurz folgendes sagen. Der Entschließungsantrag Umdruck 1285 nimmt Bezug auf bestimmte Probleme des Zuckerrübenanbaus und auf eine Untersuchung, für die im Bundeshaushaltsplan bereits Mittel vorgesehen sind. Sie verlangen aber dann, daß in jedem Fall, also gleichgültig wie diese Untersuchung ausgehen sollte, die Auszahlungen der Zuckerfabriken so gestaltet werden, wie es nach einem in diesem Hause beantragten, aber nicht verabschiedeten und auch nicht mehr zur Verabschiedung kommenden Gesetzentwurf vorgesehen war. Dieser Gesetzentwurf bezog sich allerdings auf eine Senkung der Zuckersteuer, die nicht gerade die Auszahlungen ({1}) der Zuckerfabriken regelt. Aber jedermann weiß, was gemeint war. Die Entschließung in dieser Form würde entweder bedeuten, daß, da diese Gesetze nicht bestehen und nicht beschlossen werden, die Regierung zu einem gesetzwidrigen Handeln aufgerufen wird, oder sie würde den Versuch bedeuten, die Fraktionen dieses Hauses so zu binden, und zwar ohne ordnungsmäßige Gesetzesberatung, als ob sie einem solchen Gesetz zugestimmt hätten. Um das - was unserer Ansicht nach mit einer Entschließung heute nicht gemacht werden kann - richtigzustellen, sieht der Änderungsantrag vor, daß diese Aufforderung nicht beschlossen wird, sondern daß die Frage, die hier angesprochen ist, ordnungsmäßig von der Regierung geprüft wird. Ich möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß, falls der Änderungsantrag nicht angenommen wird, jedenfalls die ganz überwiegende Mehrheit meiner Fraktion der Entschließung nicht zustimmen kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine Wortmeldungen. Aber eine kleine Schwierigkeit, Herr Kollege Seuffert. Sie brauchen 15 Unterschriften. 6 sind zurückgezogen, 9 sind noch übrig; es fehlen also noch 6 Unterschriften. ({0}) - Wird dieser Änderungsantrag unterstützt? - Der Änderungsantrag wird hinreichend unterstützt; dieser Änderungsantrag ist also von mindestens 15 Abgeordneten eingebracht worden. Herr Abgeordneter Miessner, Sie wollten dazu sprechen? - Bitte sehr.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den Entschließungsantrag auf Umdruck 1285 und lehnen den Änderungsantrag auf Umdruck 1296 ab, der jetzt nur noch von der SPD unterstützt wird, nachdem die anderen Unterzeichner ihre Unterschrift zurückgezogen haben. Es geht um folgendes: Im Ausschuß ist mit Mehrheit eine Zuckersteuersenkung beschlossen worden; aber aus den heute schon mehrfach vorgebrachten haushaltsrechtlichen Gründen hat die Vorlage im Hinblick auf § 96 ({0}) der Geschäftsordnung keine Aussicht mehr, in diesem Bundestag Gesetz zu werden. An ihre Stelle soll der Entschließungsantrag auf Umdruck 1285 treten. Darum muß er so bleiben, wie er abgefaßt ist, und kann nicht die verwässerte Form des Änderungsantrags auf Umdruck 1296 haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zu einer Zwischenfrage Herr Albgeordneter Wittrock.

Karl Wittrock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, halten Sie es für rechtlich überhaupt zulässig, daß das Parlament die Regierung ersucht, so zu tun, als wäre ein Gesetz in Kraft, daß es gleichzeitig - eben durch einen solchen Beschluß -die Regierung anhält, ein bestehendes Gesetz nicht zu beachten?

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, Herr Kollege, in der Entschließung ist mit Absicht eine Fassung gewählt, die in stärkster Form den Wunsch dieses Bundestages zum Ausdruck bringt, daß die Regierung in dieser Weise handelt. Die Entschließung soll nicht - wie es ja sonst gelegentlich in solchen Fällen zu sein pflegt - ein Begräbnis 1. Klasse darstellen, sondern nach dem Willen der Antragsteller in der Tat ein echter Ersatz für die Gesetzesvorlage sein, die lediglich laus technischen Gründen nicht mehr zum Zuge kommen kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen? - Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1296, durch den der Entschließungsantrag Umdruck 1285 geändert werden soll. - Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Dias letzte ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP ({0}) auf Umdruck 1285 zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Entschließungsantrag ist angenommen. Damit, meine Damen und Herren, ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Ich muß noch ein Versäumnis nachholen. Bei dem letzten Tagesordnungspunkt - Änderungsgesetz für ,die 131er - ist in dem Antrag des Ausschusses auf dem Nachtrag zu Drucksache 3643 unter Ziffer 2 eine Entschließung vorgeschlagen, wonach der Bundesminister der Finanzen ersucht wird, ibis zum 1. November 1957 dem Haushaltsausschuß eine Anforderung der Planstellen vorzulegen, und unter Ziffer 3 beantragt, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. Ist das Haus mit dem Antrag unter diesen beiden Ziffern des Nachtrags einverstanden? - Das Haus ist einverstanden. Damit ist diese Sache erledigt. Wir kommen zurück zu unserer Tagesordnung. Es ist vereinbart, nach dem Punkt 13 den Punkt 16 zu behandeln. ({1}) - Nein, verabredet ist folgende Reihenfolge: nach Punkt 2 der heutigen Tagesordnung wird die Nr. 10 der gedruckten Tagesordnung -aufgerufen, als Punkt 3 die Nr. 18 der gedruckten Tagesordnung - das war die Sache mit den 131ern -, als Punkt 4 die Nr. 12 - ist erledigt -, als Punkt 5 die Nr. 13, als Punkt 6 die Nr. 16, als Punkt 7 die Nr. 15, als Punkt 8 die Nr. 17. Dias steht im Protokoll. Wollen wir uns daran halten? ({2}) - Dann halten wir uns daran. Das würde bedeuten, daß jetzt Nr. 16 Romart. Ich rufe also auf Punkt 16 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Artikels 139 a in das Grundgesetz ({3}); Mündlicher Bericht des Ausschusses .für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({4}). Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Gille. ({5}) Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. ({6}) ({7}) - Der Berichterstatter verzichtet. Ich ri ein der zweiten Lesung auf § 1, § 2, Einleitung und Überschrift. ({8})

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich beantrage namens der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie beantragen namentliche Abstimmung, damit das Haus voll wird. ({0}) Wollen Sie denn schon jetzt, in der zweiten Lesung, namentliche Abstimmung beantragen? ({1}) - Gut, wir können auch in der zweiten Lesung namentlich abstimmen. Wir stimmen also über §§ 1, 2, Einleitung und Überschrift namentlich ab. - Die Abstimmung ist geschlossen. - Meine Damen. und Herren, ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung *) bekannt. Es ist in der zweiten Lesung sowieso nur ein vorläufiges Ergebnis und an sich nicht von Bedeutung, aber es ist ein interessanter Test für die dritte Lesung. Mit Ja haben 330 Mitglieder des Hauses gestimmt und 15 Berliner Abgeordnete. Mit Nein haben 38 Mitglieder des Hauses gestimmt unid 2 Berliner Abgeordnete. Enthalten haben sich 10 Mitglieder des Hauses und 1 Berliner Abgeordneter. Insgesamt abgegeben: 378 Stimmen und 18 Stimmen von Berliner Abgeordneten. . Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß das Gesetz in zweiter Lesung angenommen ist. Wir kommen jetzt zur dritten Lesung. - Bitte, Herr Abgeordneter Seuffert.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! ,Meine Damen und Herren! Ich möchte Vertagung der dritten Lesung beantragen. Mir ist allerdings gesagt worden, daß einige Mitglieder des Hauses diesmal ihre Stimme irrtümlich abgegeben haben und daß man das Quorum vielleicht doch erreichen könnte. ({0}) Das könnte vielleicht in der dritten Lesung korrigiert werden. Ich bin mir aber nicht ganz im klaren, ob wir darin sichergehen können. Vielleicht können wir die dritte Lesung dies Gesetzentwurfs in diesem Augenblick zurückstellen rund jetzt zu Punkt 15 übergehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Nein, Herr Kollege Seuffert. Jetzt lassen Sie mich einmal mein Glück versuchen. Wenn ich Sie recht verstanden habe, beantragen Sie vorsichtshalber Vertagung der dritten Lesung. Nun, es liegen bei mir schon Wortmeldungen zur Abgabe von Erklärungen vor. - Wollten Sie dazu etwas sagen? ({0}) - Ja, wir machen eine dritte Lesung. 'Darin stimme ich mit Herrn Abgeordneten Seuffert überein, daß wir die Aussicht haben, ,das Quorum zu erreichen. *) Vgl. das endgültige Ergebnis S. 13304 Es fehlen zwei Stimmen. Aber es liegen schon Wortmeldungen zu Erklärungen vor. Geht aus diesen Erklärungen etwa hervor, daß sich etwas ändern würde? ({1}) - Dann muß ich abstimmen lassen. Ich kann die dritte Lesung ja nicht ohne weiteres aussetzen. Wer ist dafür, 'die dritte Lesung im Augenblick zu vertagen? - 'Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Das bedeutet: Wir treten in die dritte Lesung ein. Also: Dritte Lesung, allgemeine Aussprache. - 'Herr Abgeordneter Lindenberg!

Dr. Heinrich Lindenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001345, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Umstellung der Tagesordnung scheint doch eine Verwirrung über den Inhalt der eben in zweiter Lesung beschlossenen Verfassungsänderung eingetreten zu sein. Ich darf deshalb hierzu eine ganz kurze Erklärung abgeben. Punkt 16 der Tagesordnung steht in engem Zusammenhang mit Punkt 15. Die Verfassungsänderung soll das Kriegsfolgenschlußgesetz vorbereiten helfen. Sie wissen, daß der Verfassungsgesetzgeber in Art. 134 den Auftrag gegeben hat, das Vermögen des Reiches und seinen Übergang auf den Bund sowohl auf der Aktiv- wie auf der Passivseite zu ordnen und durch ein einfaches Bundesgesetz zu regeln. Dieses einfache Bundesgesetz ist das Kriegsfolgenschlußgesetz. Es ist nicht abzuleugnen, daß Art. 135 a materiell eine Beschränkung des Art. 14 des Grundgesetzes darstellt. Das gilt für Art. 135 a in gleicher Weise wie für Art. 134 Abs. 4 und Art. 135 Abs. 5. Es trifft aber nicht zu, daß Art. 135 a als ein Dauereingriff in das Enteignungsverbot bezeichnet werden könnte. Das ergibt sich einmal schon aus seiner rechtssystematischen Stellung im Rahmen der Schluß- und Übergangsvorschriften des Grundgesetzes, zum anderen aus der Tatsache, daß er ausdrücklich Bezug nimmt auf die in Art. 134 Abs. 4, und Art. 135 Abs. 5 vorbehaltene gesetzliche Regelung. Art. 135 a bezieht sich damit auf einen einmaligen, in der Vergangenheit liegenden historischen Tatbestand, nämlich den des Überganges der Reichsverbindlichkeiten auf den Bund. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Der Lautsprecher ist vollkommen in Ordnung. Aber die Unruhe im Saal ist weder mit guten noch mit bösen Worten zu beheben. Ich würde deshalb kurze, klare und laute Ausführungen empfehlen.

Dr. Heinrich Lindenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001345, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Anwendungsbereich des Art. 135 a ist deshalb schon jetzt genau konkretisierbar, und es besteht aus diesem Grunde kein Anlaß, etwa eine zeitliche Beschränkung der Wirksamkeit des Art. 135 a in diese Ergänzungsbestimmung einzubauen. Ich beantrage für die dritte Lesung namentliche Abstimmung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Es ist namentliche Abstimmung beantragt. - Herr Abgeordneter Seuffert!

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann für die sozialdemokratische Fraktion erklären, daß wir den Ausführungen des Herrn Kollegen Lindenberg durchaus zustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Dr. Kather!

Dr. Linus Kather (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001072, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks hat soeben in der Abstimmung geschlossen gegen die Grundgesetzänderung gestimmt und wird das auch bei der jetzt bevorstehenden Abstimmung tun. Wer unseren Änderungsantrag zu § 1 Abs. 1 gelesen hat, konnte von dieser Haltung nicht überrascht sein. Wir verlangen Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Wir wehren uns dagegen, daß nach der Ausschußfassung einfach erklärt werden soll, daß der größte Teil der Forderungen, um die es sich handelt, erlischt. Die Regierungsvorlage hatte vorgesehen, daß sie nur bis auf weiteres nicht geltend gemacht werden können. Wir sind der Meinung, daß die Bundesrepublik hier in eigener Sache entscheidet. Es erscheint uns sehr fraglich, ob man sagen kann, daß man sich selbst von Verpflichtungen loslöst, und noch fraglicher erscheint es uns, ob man sagen kann, daß Forderungen gegen das Reich nicht geltend gemacht werden können oder daß sie gar erlöschen. Genau das ist aber der Gegenstand der Verfassungsänderung. Deshalb müssen wir uns aus rechtlichen Gründen mit aller Entschiedenheit ) dagegen wenden. Ich ' möchte sogar der Meinung Ausdruck geben, daß die Verfassungsänderung gar nichts nützen würde. Sie gibt dem Bund immer noch nicht das Recht, zu dekretieren, daß Forderungen gegen das Reich erlöschen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen? - Die Aussprache ist geschlossen. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Quorum: 332 Stimmen. Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. Ich frage, olb jedermann seine Stimmkarte abgegeben hat. - Ist jemand im Saale, der seine Karte noch nicht abgegeben hat? - Die Abstimmung äst geschlossen. ({0}) Alterspräsidentin Frau Dr. Dr h. c. Lüders: Ich bitte Platz zu nehmen. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich gebe das ({0}) der namentlichen Abstimmung bekannt. Mit Ja haben 331 Mitglieder des Hauses und 15 Berliner Abgeordnete, mit Nein 39 Mitglieder des Hauses und 2 Berliner Abgeordnete *) Vgl. endgultiges Ergebnis S. 13304 gestimmt. Enthalten haben sich 7 Mitglieder des Hauses. Insgesamt sind 377 und 17 Stimmen abgegeben worden. Damit ist die Zweidrittelmehrheit nicht zustande gekommen; der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt. ({1}) - Eine Sekunde, Herr Abgeordneter Seuffert! Meine Damen und Herren, es ist mir zugeflüstert worden, bei unserer Auszählung werde manipuliert. Hier wird nicht manipuliert. Aber wir müssen genau sein bei diesen Abstimmungen. Ich habe mich selber davon überzeugt, daß jedenfalls mit der Maschine alles auf das genaueste durchgezählt worden ist und ein positives Ergebnis unmöglich zu erwarten ist. Trotzdem kann ich nur das vorläufige Ergebnis bekanntgeben. Ich kann im Augenblick nicht anders befinden, als nach diesem vorläufigen Ergebnis zu erklären, daß das Quorum und damit auch das Gesetz selbst nicht zustande gekommen ist. Nun, bitte sehr, Herr Abgeordneter Seuffert!

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß überzeugt sein, daß sich diejenigen, die jetzt gegen die Grundgesetzänderung gestimmt haben, darüber im klaren sind, daß damit eine entscheidende Bestimmung des Kriegsfolgengesetzes, nämlich die sogenannte Kommunalklausel, auf 'die viele deutsche Gemeinden so warten, gefallen ist. ({0}) Nachdem die Voraussetzung der Grundgesetzänderung nicht verwirklicht worden ist, kann das Kriegsfolgengesetz in seiner derzeitigen Fassung nicht beraten werden. Ich beantrage, es heute von der Tagesordnung abzusetzen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Dr. Kather!

Dr. Linus Kather (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001072, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Seuffert widersprechen. Vor allem muß ich darauf hinweisen, daß die Kommunalklausel ja nur der dritte Punkt dieser Verfassungsänderung war. Herr Seuffert, wenn Ihnen die Kommunalklausel so wichtig war, dann hätten Sie das Gesetz nicht mit den beiden anderen Bestimmungen belasten dürfen, die uns die Annahme völlig unmöglich gemacht haben. Ich sehe auch nicht ein, daß das Gesetz deshalb nicht verabschiedet werden kann. Wenn die Änderung einer Bestimmung erforderlich ist, so soll man sie ruhig vornehmen. Ich verwahre mich mit aller Entschiedenheit dagegen, daß unser Widerstand gegen diese Verfassungsänderung so ausgelegt wird, als seien wir gegen das Gesetz an sich. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, es ist beantragt, den Entwurf des Kriegsfolgenschlußgesetzes - Punkt 15 unserer Tagesordnung - für heute abzusetzen. Ich frage das Haus, ob es diesem Antrag zustimmen will. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handweichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist für heute abgesetzt. Wenn es morgen neu eingebracht werden soll, bitte ich, rechtzeitig vor Eintritt in die Tagesord({0}) nung zu beantragen, daß dieser Gegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wird. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Beratung nur erfolgen darf, wenn nicht fünf Mitglieder widersprechen. Ich habe mich davon überzeugt, daß ein Mitglied deis Hauses mit der blauen Karte versehentlich zu spät gekommen ist. Es hing also an dieser einzigen Karte. Aber der Präsident hat unter keinen Umständen die Freiheit, den Usus deis Hauses zu brechen. Wenn idle Abstimmung geschlossen ist und dies öffentlich erklärt ist, kann er die nachträgliche Stimmabgabe nicht mehr zulassen. ({1}) Ich bedaure, daß es an einem Mißverständnis gehangen hat. Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie sind damit einverstanden, daß ich mit Punkt 17 der Tagesordnung fortfahre: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank ({2}); a) Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) gemäß § 96 ({4}) der Geschäftsordnung ({5}); b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit ({6}) ({7}). (Berichterstatter: Abg. Seuffert ({8}) Wird auf Berichterstattung verzichtet? - Das ist der Fall. Wir treten in die zweite Lesung ein. Ich rufe auf den Ersten Abschnitt und den Zweiten Abschnitt. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Bestimmungen des Ersten und des Zweiten Abschnitts, den §§ 1 bis 11 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf: Dritter Abschnitt, - Vierter Abschnitt, - Fünfter Abschnitt, - Sechster Abschnitt, - Siebenter Abschnitt und Achter Abschnitt. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wier den Bestimmungen dier aufgerufenen Abschnitte, den §§ 12 bis 37 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Wir kommen zum Neunten Abschnitt. Ich rufe auf § 38. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer § 38 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Ich rufe auf § 39. Hierzu liegt ein interfraktioneller Änderungsantrag auf Umdruck 1295 vor. Wird das Wort dazu gewünscht? -Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1295 zustimmt, dem bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Wer § 39 in der so gänderten Fassung zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Ich rufe auf § 40. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer § 40 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Ich rufe auf § 41. Hierzu liegt der interfraktionelle Änderungsantrag Umdruck 1294 vor. Wird das Wort dazu gewünscht? - Dias ist nicht der Fall. Wier dem Antrag Umdruck 1294 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -Angenommen. Wer § 41 in der so geänderten Fassung zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Ich rufe auf die §§ 42, - 43, - 44, _- 45, -46, - 47, - Einleistung und Überschrift Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Dritte Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die allgemeine Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in der durch die Beschlüsse der zweiten Beratung geänderten Fassung in dritter Beratung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Wir stimmen ab über die Nrn. 2 und 3 des Ausschußantrags auf Drucksache 3603, die Anträge Drucksachen 1750 und 1769 sowie die zu den Gesetzentwürfen eingegangenen Eingaben für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Es ist so beschlossen. Nachdem die Tagesordnungspunkte beraten sind, über deren Behandlung Vereinbarungen bestanden hatten, wäre jetzt der Punkt erreicht, an dem neue Vorschläge für die weitere Behandlung der Tagesordnung gemacht werden könnten. - Wenn kein anderer Vorschlag gemacht wird, rufe ich auf Punkt 19: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs ({9}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({10}) ({11}). 'Berichterstatter: Abg. Dr. Elbrächter ({12}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Zweite Lesung. §§ 1, - 2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer I zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Dritte Beratung. Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetz in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu ({13}) erheben. - Gegenprobe! - Meine Damen und Herren, Sie müssen mir den Gefallen tun, sich wenigstens bei der Gegenprobe hinzusetzen, wenn Sie nicht mit Nein stimmen wollen. Gegen eine Stimme angenommen. Wir fahren fort mit Punkt 20: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Eckhardt, Lenz ({14}), Dr. Löhr und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol ({15}) ({16}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({17}) ({18}). Berichterstatter: Abg. Krammig ({19}) Der Herr Berichterstatter verzichtet. Zweite Lesung, Art. 1, - 2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Dritte Beratung. Wer diesem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Punkt 21: Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des a) Entwurfs eines Zolltarifgesetzes und des Deutschen Zolltarifs 1958 b) Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes ({20}) c) Entwurfs eines Gesetzes über die Ausfuhrzolliste ({21}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({22}) ({23}). Berichterstatter: Abg. Krammig ({24}) Bitte, Herr Kalbitzer!

Hellmut Kalbitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001057, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, da über Punkt 21 zu debattieren wäre, ihn heute abend wegen der fortgeschrittenen Zeit von der Tagesordnung abzusetzen und erst morgen zu behandeln.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ja, die Debatte ist noch nicht abgeschlossen. Wir hatten mit dieser Debatte doch schon angefangen?

Hellmut Kalbitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001057, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bei dieser Debatte waren aber nicht alle Abgeordneten im Saal. Das muß also wiederholt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Es ist Absetzung beantragt. Wer dem Antrag auf Absetzung des Punktes 21 zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Punkt 21 ist abgesetzt. Punkt 22. Ist das Haus mit dem' Aufruf einverstanden? ({0}) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes ({1}) ({2}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({3}) ({4}). Berichterstatter: Abgeordneter Krammig ({5}) Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich rufe Art. 1 auf Kein Änderungsantrag. Wer dem Art.. 1 zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Art. 2! Hier ist bei mir ein handschriftlicher Vermerk: „Diese Ermächtigung erstreckt sich nicht auf Eingangsabgaben, deren Aufkommen den Ländern zusteht." Das ist eine Ergänzung durch den Ausschuß. - Das Haus ist einverstanden mit dieser Ergänzung. Wer dem so ergänzten Art. 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Art. 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8! Keine Änderungsanträge. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Artikeln 3 bis 8, Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Dritte Beratung. Allgemeine Aussprache! - Keine Wortmeldungen. Wer in dritter Lesung dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist angenommen. Punkt 23: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({6}) über den Entwurf einer Siebzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({7}) ({8}). Berichterstatter: Abgeordneter Margulies Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Der Herr Berichterstatter verzichtet. Wer der Verordnung - §§§ 1, 2, 3, 4 - nach dem Antrag des Ausschusses unverändert nach der Vorlage zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt. ({9}) - Zur Geschäftsordnung!

Dr. Walter Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles was jetzt auf der Tagesordnung steht, erfordert umfangreiche Beratungen. Ich schlage daher vor, daß sich das Haus heute vertagt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Nun, es ist 10 Minuten vor 9. Ist das Haus einverstanden? ({0}) Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen vormittag, 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.