Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/19/1954

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 20. Sitzung des 2. Deutschen Bundestags und bitte um Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.

Alfred Burgemeister (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000309

Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Ehren für sieben Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Frenzel für vier Wochen wegen Krankheit, Abgeordneter Platner für drei Wochen wegen Krankheit. Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für die heutige Sitzung den Abgeordneten Dr. Horlacher, Dr. Hoffmann, Dr. Oesterle, Schlick, Metzger, Thieme, Dr. Gleissner ({0}), Jacobi, Dr. Lütkens, Mensing, Even, Dr. Hesberg, Frau Dr. Schwarzhaupt, Dr. Werber, Kalbitzer, Dr. Weber ({1}), Rasner, Höfler, Finckh, Graf von Spreti, Maucher, Jacobs, Dr. Mende, Dr. Vogel, Frau Dietz, Kiesinger, Dr. Lenz, Lemmer, D. Dr. Gerstenmaier, Dr. von Merkatz, Haasler, Massoth, Gockeln, Frau Vietje, Dr. Mommer, Kühn ({2}), D. Dr. Ehlers, Brandt ({3}), Brese und Keuning.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich nehme an, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs über eine Woche hinaus einverstanden ist. Ich habe heute Geburtstagsglückwünsche auszusprechen zum 73. Geburtstag am 17. März der Frau Abgeordneten Dr. Weber ({0}) ({1}) und zum 63. Geburtstag am heutigen Tage Herrn Abgeordneten Meitmann. ({2}) Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 15. März 1954 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 30. Juni 1953 den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1953 übersandt. Der Nachtrag liegt im Archiv zur Kenntnisnahme aus. Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich bekanntgeben, daß eine interfraktionelle Vereinbarung darüber vorliegt, daß der unter Punkt 1 aufgeführte Gesetzentwurf zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes heute in allen drei Lesungen behandelt werden soll. Ich bitte, falls Widerspruch erfolgt, diesen jetzt anzumelden. - Das ist nicht der Fall; damit ist gemäß § 26 Abs. 3 und § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Verbindung der drei Lesungen beschlossen. ({3}) Ich komme damit zu Punkt 1 der Tagesordnung: Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes ({4}). Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Ich schließe die erste Beratung. Ich rufe die zweite Beratung auf: Einziger Paragraph, Einleitung und Überschrift. Wer dem aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit. Ich schließe die zweite Beratung. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Einziger Paragraph, Einleitung und Überschrift. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit. Ich komme zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die dem Gesetz als Ganzem zustimmen wollen, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes ({5}). Eine Aussprache findet nicht statt. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - sowie an den Ausschuß für Geld und Kredit vorgesehen. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen. Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen, des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Regelung der Forderungen der Französischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland und des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über die Regelung der Forderungen des Fürstentums Liechtenstein an die Bundesrepublik Deutschland ({6}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({7}) ({8}). ({9}) Der Schriftliche Bericht des Abgeordneten Seuffert liegt Ihnen vor*). Soll darüber hinaus *) Siehe Anlage 1 Seite 708 eine mündliche Ergänzung gegeben werden? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertretern der Gläubiger und Garantiemächte über die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für gewisse österreichische Auslandsanleihen gemäß Drucksache 64 in der Änderung der Drucksache 298. Ich rufe auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift und bitte diejenigen, die zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Ich komme zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Schlußabstimmung entfällt gemäß § 88 Satz 4 der Geschäftsordnung. Ich komme zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Regelung der Forderungen der Französischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland. Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift und bitte um das Handzeichen der Zustimmung. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Ich komme zur dritten Beratung. Ich rufe auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift und bitte um das Zeichen der Zustimmung. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Schlußabstimmung entfällt gemäß § 88 Satz 4 der Geschäftsordnung. Ich komme zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein über die Regelung der Forderungen des Fürstentums Liechtenstein an die Bundesrepublik Deutschland. Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift und bitte um das Zeichen der Zustimmung. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift und bitte um das Zeichen der Zustimmung. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Schlußabstimmung entfällt gemäß § 88 Satz 4 der Geschäftsordnung. Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Besoldungsrechts ({10}). Begründung und Aussprache sind nicht vorgesehen. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist also beschlossen. Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Personalvertretungen in den öffent({11}) lichen Verwaltungen und Betrieben ({12}) ({13}). Das Wort zur Begründung hat der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Gesetzentwurfs, den ich im Namen der Bundesregierung heute hier einzubringen die Ehre habe, wird man nur dann richtig würdigen können, wenn man ihn als einen Teil eines größeren Ganzen ansieht. Dem 1. Bundestag war die Aufgabe gestellt, das Problem der Mitbestimmung gesetzgeberisch in seinen Grundzügen zu lösen. Alle diejenigen von Ihnen, die diese großen und dramatischen Auseinandersetzungen miterlebt haben, werden bestätigen können, daß das Betriebsverfassungsgesetz und das Kohle-Eisen-Mitbestimmungsgesetz zu den markantesten und gewichtigsten Kapiteln der ersten Gesetzgebungsperiode dieses Hauses gehört haben. Sie werden Marksteine in der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte bleiben. Ich will hier nicht davon sprechen, ob jeder Akt dieser früheren Gesetzgebung in den Augen aller als voll befriedigend angesehen werden kann. Das, was dem einen Teil zu weit zu gehen schien, genügte dem anderen nicht. Das pflegt häufiger so zu sein. Wenn ich aber einmal den Gesetzgeber als die Komponente aus den verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Kraftfeldern ansehen darf, auf denen sich das Ringen um die Gestaltung des Mitbestimmungsproblems abgespielt hat, dann wird man wohl aus allen Lagern anerkennen müssen, daß mindestens die Linie, die das Betriebsverfassungsgesetz vorgezeichnet hat, maßvoll und reformerisch zugleich ist. Dieses Gesetz bewährt sich seit beinahe 1 1/2 Jahren in der Praxis, und wir hoffen, daß es sich zum Wohle aller weiter bewähren möge. Wir sind uns alle klar darüber, daß das Personalvertretungsgesetz, mit dem sich das Hohe Haus in den kommenden Wochen beschäftigen wird, nichts anderes sein kann als die Abrundung des großen Gesetzgebungswerkes, das unsere Vorgänger in den ersten vier Jahren geschaffen haben. Dieses Gesetz soll für mehr als 2 Millionen Arbeiter, Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst gelten, während der Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes mehr als 13 1/2 Millionen private Arbeitnehmer umschließt. Ich darf daran erinnern, daß der erste Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes schon im Juli 1952 eingebracht und vom 1. Bundestag am 10. September 1952 behandelt worden ist. Als ein Mitglied des 1. Bundestages habe ich es immer sehr bedauert, daß es damals nicht mehr möglich gewesen ist, die Ausschußberatungen vor Ablauf der 1. Legislaturperiode aufzunehmen. Es hat sich seinerzeit gezeigt, daß gegen Ende der 1. Legislaturperiode die Beanspruchung der Ausschüsse und der für ihre Arbeit verantwortlichen Vorsitzenden so gewachsen war, daß der Schlußstein in dem Mitbestimmungsgebäude nicht mehr gesetzt werden konnte. Die derzeitige Bundesregierung ist am 20. Oktober ins Amt gekommen. Sie hat sich von Anfang an bemüht, dem Hohen Haus den Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes so schnell wie möglich zuzuleiten. Dabei standen wir vor der Frage, ob es zwingende Gründe gäbe, die dafür gesprochen hätten, das ganze Thema neu aufzurollen und es etwa aus der Kabinettsebene wieder auf die der Ressorts, der Referenten, der Verbände und auf die Länderebene zu verweisen. Solche zwingenden Gründe waren nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegeben. Es überwog das Interesse daran, daß sich das Hohe Haus möglichst schnell mit diesem Gesetz befassen sollte. Dafür sprachen in erster Linie die Absicht, die Mitbestimmung als ein Ganzes aufzufassen und als ein Ganzes abschließend zu regeln, in zweiter Linie die Notwendigkeit der Rechtseinheitlichkeit in der Bundesrepublik. Denn nichts, meine Damen und Herren, klammert ein Volk, ungeachtet seiner staatlichen Rechtsform, im einzelnen stärker zusammen als ein gemeinsames Recht und das Bewußtsein eines gemeinsamen Rechts. ({0}) Es bestand die Sorge, daß, falls der Bund zu lange zögerte, seine Verpflichtung zur Rechtsetzung auf diesem Gebiete zu erfüllen, einzelne Länder sich veranlaßt sehen könnten, Zwischenlösungen zu schaffen, die das Bedürfnis nach einer in den Grundzügen übereinstimmenden Gesetzgebung beeinträchtigt hätten. Schließlich war zu bedenken, daß die Amtsdauer der Personalvertretungen im öffentlichen Dienst, die - bereits einmal verlängert - Ende dieses Monats ausgelaufen wäre, nicht ohne Schaden unbegrenzt verlängert werden konnte. Wir alle wissen, wie problematisch es ist, Vertretungsgremien ohne Rücksicht auf ihre Bewährung und ohne Rücksicht auf den Willen derjenigen, die durch sie vertreten werden, durch Verlängerung im Amte zu halten. Das ist ein Behelf, von dem nur sparsam Gebrauch gemacht werden darf. Ich glaube, daß wir in der Verlängerung der Amtsdauer der Personalvertretungen bis zum Ende dieses Jahres schon an die Grenze des hier Möglichen gegangen sind. Ich übergehe die Verzögerung, die diese Vorlage dadurch erlitten hat, daß wir sie, obwohl unverändert, entgegen unserer ursprünglichen Auffassung doch noch einmal dem Bundesrat haben vorlegen müssen. Alle Gesichtspunkte, die von vornherein für die größtmögliche Beschleunigung gesprochen haben, gelten auch noch heute: Das Kontrollratsgesetz Nr. 22, das für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes gilt, stellt nur eine unzulängliche Regelung dar; in der privaten Wirtschaft ist die umfassende Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes längst in Kraft; die Uneinheitlichkeit hinsichtlich der Bildung und der Befugnisse der Personalvertretung im öffentlichen Dienst mußte beseitigt werden; die Grundzüge der Personalvertretung für den öffentlichen Dienst durften und dürfen sich von der Regelung der privaten Wirtschaft nicht weiter entfernen, als es die besonderen Aufgaben des öffentlichen Dienstes zwingend vorschreiben. Der Entwurf nun, meine Damen und Herren, der Ihnen heute vorliegt, weicht in den prinzipiellen Fragen nicht von der ersten Vorlage aus dem Juli 1952 ab. Einiges von der Kritik, die damals geäußert worden ist, ist heute überholt. Die damals offene Frage, ob der öffentliche Dienst in das Personalvertretungsgesetz einbezogen werden sollte, ist durch den § 88 des Betriebsverfassungsgesetzes bereits endgültig zugunsten eines besonderen Gesetzes entschieden. Wenn damals auf das Kontrollratsgesetz Nr. 22 als eine angeblich einheitliche Regelung hingewiesen wurde, so ist der Streit über diese Frage inzwischen müßig geworden. Aber auch beim Kontrollratsgesetz war nicht unbestritten, ob es auf Beamte überhaupt anwendbar sei. ({1}) Der Art. 130 der Weimarer Verfassung und das Betriebsrätegesetz von 1920 zogen zwischen Beamten und Arbeitnehmern einen Trennungsstrich. Die Beamten sollten eine besondere Vertretung erhalten und galten zunächst nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsrätegesetzes. Die Bundesregierung hat vor Jahren den Standpunkt vertreten und hält daran fest, daß sich die Personalvertretungen mit innerbetrieblichen oder inner-behördlichen Fragen befassen sollen und daß der Trennungsstrich daher folgerichtig nach Betrieben gezogen werden muß, d. h. Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen grundsätzlich mit Beamten zusammen in einer gemeinsamen Personalvertretung die gemeinsamen Angelegenheiten der Angehörigen einer Dienststelle oder eines Betriebes regeln. Diese Zusammenfassung wird auch dadurch gerechtfertigt, daß die Verhältnisse im Staat und in der Wirtschaft verschieden sind. Das gilt für die Arbeiter und Angestellten und insbesondere für die Beamten. Schon das Arbeitsverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst unterscheidet sich von dem privaten Arbeitnehmerverhältnis. Im öffentlichen Dienst gilt das Gelöbnis, es gelten verschärfte Bestimmungen über Bestechung und Geheimnisverrat. Es gelten besondere Strafbestimmungen bei Beschäftigung mit Beamtenangelegenheiten. Und was die Beamten anlangt, so liegt ihnen eine besondere Treue- und eine besondere Gehorsamspflicht ob. Diese Grundauffassung hat folgerichtig dazu geführt, auch die öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz einzubeziehen. Nur öffentliche Betriebe mit privater Rechtsform fallen unter das Betriebsverfassungsgesetz. Öffentliche Betriebe des Bundes haben - an der Beschäftigtenzahl gemessen - überwiegend keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie werden regelmäßig von einer öffentlichen Verwaltung als Regiebetriebe geführt. Die Einbeziehung der öffentlichen Betriebe in das Personalvertretungsgesetz ist nicht unbestritten geblieben. Im 1. Bundestag sind Bedenken dagegen geäußert worden, Betriebe und Verwaltungen von großer Verschiedenheit, wie z. B. die Justizverwaltung einerseits und einen Rangierbahnhof andererseits, demselben Gesetz zu unterstellen. ({2}) - Ich höre zu meiner Freude, daß der Herr Kollege Rümmele, der das, was ich hier gerade vortrage, im 1. Bundestag geäußert hat, heute daran festhält, obwohl ich sagen möchte, Herr Kollege Rümmele: es ist keine uneingeschränkte Freude. - Es ist aber zu bedenken, daß die wirtschaftlichen und ein großer Teil der personalrechtlichen Entscheidungen, so z. B. alle beamtenrechtlichen Entscheidungen, für die Regiebetriebe in den übergeordneten Verwaltungsinstanzen und letztlich vom Minister getroffen werden. Was seine Verantwortlichkeit anlangt, so kann nicht danach unterschieden werden und wird nicht danach unterschieden, ob sein Geschäftsbereich große Betriebe umfaßt oder nicht. Das zeigt ein Blick auf die Ressorts des Verkehrs und der Post einerseits und der Justiz andererseits. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in einigen kurzen Bemerkungen zur Frage der Bildung der Personalvertretungen Stellung nehmen. Das hier umstrittene Prinzip ist die Frage der Gruppenwahl. Es wird immer wieder die Behauptung aufgestellt, daß das neue Gesetz einen Rückschritt gegenüber dem Betriebsrätegesetz von 1920 bedeute. Das trifft nicht zu. Das Betriebsrätegesetz kannte vielmehr innerhalb des Betriebsrats Arbeiter- und Angestelltenräte. Arbeiter und Angestellte wählten ihre Vertretungen getrennt. Eine gemeinsame Wahl fand nur statt, wenn jede Gruppe dies vorher mit Zweidrittelmehrheit beschlossen hatte. Die damaligen Bestimmungen - und dieser Gesichtspunkt wird leider in der Diskussion der neueren Zeit übersehen - begünstigten die Gruppenwahl wesentlich stärker als der Regierungsentwurf, denn dieser sieht die gemeinsame Wahl schon dann vor, wenn in den einzelnen Gruppen vorher mit einfacher Mehrheit so beschlossen worden ist. Das Betriebsrätegesetz von 1920 sprach überdies, wie ich das bereits erwähnt habe, von besonderen Beamtenvertretungen. In der Frage der Gruppenwahl ist sich nun die Bundesregierung mit dem Bundesrat nicht einig. Sie wissen, daß der Bundesrat sich für gemeinsame Wahlen ausgesprochen hat und die Gruppenwahl nur dann zulassen will, wenn eine Gruppe es beschließt. Es ist richtig, daß nach 1945 die Gemeinschaftswahl im Vordergrund stand. Ich darf aber darauf hinweisen, daß verschiedene Landesarbeitsgerichte dahin entschieden haben, daß nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 die Gruppenwahl die einzige demokratische Form sei. Sie war auch im bayerischen Betriebsrätegesetz als Regelfall vorgesehen. Wenn die Bundesregierung an der Gruppenwahl festhält, so aus der Erwägung, daß die Rechte der Minderheiten unter allen Umständen gewahrt werden müssen. Lassen Sie mich dafür einige Beispiele anführen. Es gibt im öffentlichen Dienst Dienststellen mit vielen Beamten und Angestellten, aber nur wenigen Arbeitern, z. B. die Bundesbehörden selbst. Andererseits haben wir Betriebe mit vielen Arbeitern und nur wenigen Beamten als Aufsichtskräften, z. B. große Dienststellen der Betriebsverwaltungen. In beiden Fällen - und ich unterstreiche: in beiden Fällen - muß vermieden werden, daß die Minderheit eine Vertretung erhält, die nicht ihren eigenen Wünschen entspricht. Mir ist in diesen Tagen ein Aufsatz mit der merkwürdigen Frage zu Gesicht gekommen, wer denn die Minderheit einer Gruppe schütze, die nicht für Gruppenwahl, sondern für Gemeinschaftswahl eintrete. ({3}) Es mag sein, daß man den Schutz der Minderheit noch stärker ausbauen könnte, als die Regierungsvorlage es vorsieht. Man wird es aber schwerlich so einrichten dürfen, daß die Minderheit einer Gruppe der Mehrheit dieser Gruppe ihren Willen aufzwingen kann. Der Beamtenbund hat besondere Beamtenvertretungen gefordert, weil spezifisch beamtenrechtliche Fragen zu behandeln seien, deren Regelung beamtenrechtliche Grundkenntnisse und Vertrautheit mit der besonderen inneren Einstellung der Beamten zum Staat voraussetze. Das Lt sicher richtig. Es gilt aber umgekehrt auch für reine Arbeitnehmerangelegenheiten. Es scheint mir daher eine angemessene Erwägung zu sein, wenn der Regierungsentwurf Gruppenentscheidungen für die Angelegenheiten vorsieht, die eine Gruppe allein berühren. Die meisten Angelegenheiten aber sind gemeinsam. Deshalb sollte es keine getrennte Personalvertretung geben. Aber da für die Einrichtung der ({4}) Gruppenentscheidung objektive Merkmale bestimmend sind, nämlich Sachkunde und spezifische Interessen der Gruppen, kann die Frage, ob eine Gruppenentscheidung stattfinden soll, nicht, wie der Bundesrat es tun möchte, von der subjektiven Entschließung der betroffenen Gruppe des Personalrats abhängig gemacht werden. Die Personalvertretung soll eine echte Repräsentation der Belegschaft sein. Nun wissen wir und Sie alle aus den Kämpfen um das Wahlgesetz, daß die Meinungen darüber, was eine echte Repräsentation ist, auseinandergehen. Man wird hier, wie mir scheint, zwischen der Repräsentation im politischen Leben überhaupt und zwischen der Repräsentation in einem gegliederten Betrieb unterscheiden können und müssen. Deswegen werden für die Wahl der Personalvertretung die Grundsätze der Verhältniswahl vorgeschlagen, wie es das Betriebsverfassungsgesetz und das Betriebsrätegesetz von 1920 vorsehen. Der Unterschied zwischen einer Personalvertretung und einer politischen Vertretung liegt darin, daß die Parlamente tragfähige und regierungsfähige Mehrheiten brauchen, während die Verhältniswahl auch dem letzten Mann im Betrieb seine Vertretung verschafft. So viel zu den Grundsätzen der Gruppenwahl und der Verhältniswahl. Der Bundesrat möchte auch im Rahmen der Personalvertretung den Grundsatz der Persönlichkeitswahl nicht vernachlässigt sehen. Die Bundesregierung teilt diesen Standpunkt. Sie sieht jedoch zwischen einer Verhältniswahl in den Betrieben und der Wahl von Persönlichkeiten keinen unüberbrückbaren Gegensatz. Dem Wunsch nach Persönlichkeitswahl kann durch eine Wahlordnung entsprochen werden, die innerhalb einer Liste den 3 Bewerber mit der höchsten Stimmenzahl zum Zuge kommen läßt. Da die Bewerber zu einem großen Teil innerhalb ihrer Betriebe bekannt sind, stehen der Verwirklichung dieses Grundsatzes keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen. Es ist nun von der Opposition gesagt worden, der Regierungsentwurf bleibe weit hinter dem Betriebsrätegesetz von 1920 zurück. Auf diese allgemeine Behauptung möchte ich zunächst mit einer allgemeinen Feststellung antworten: Die neuere Entwicklung des Mitbestimmungsrechts hat den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften Befugnisse gebracht, die weit über das hinausgehen, was vor 1933 gegolten hat. In keinem anderen Land der Welt findet sich eine Parallele zu einer so umfassenden gesetzlichen Regelung dieser Rechte, wie sie in der Bundesrepublik verwirklicht sind. Nach dem Betriebsrätegesetz von 1920 hatten die Betriebsräte in den sozialen Angelegenheiten nur das Recht der Beratung oder Mitwirkung, aber keine Mitbestimmung. In personellen Fragen hatten sie nur das Recht, mit dem Arbeitgeber allgemeine Richtlinien über die Einstellung von Arbeitnehmern zu vereinbaren. Über die Einstellung des einzelnen Arbeitnehmers entschied der Arbeitgeber allein. Sie waren in wirtschaftlichen Fragen auf das Recht beschränkt, die Betriebsleitung durch Rat zu unterstützen, und hatten ein gewisses Recht auf Information. Demgegenüber bringt der Regierungsentwurf in allen Fragen, die die Bediensteten berühren, eine Beteiligung, und zwar a) eine Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer, b) Dienstvereinbarungen in den wichtigsten sozialen Fragen und schließlich c) eine Mitwirkung oder Anhörung in Angelegenheiten der Beamten sowie in arbeitstechnischen und betriebsorganisatorischen Fragen. Ich glaube, alle Beteiligten sollten sich darin einig sein, daß es zwischen dem öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft Unterschiede gibt, die eine gleichmäßige und übereinstimmende Regelung der Beteiligung nicht zulassen. Das, was man den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit zu nennen gewohnt ist - wobei ich einmal ganz offenlasse, ob dieser Gegensatz in der alten Form überhaupt noch besteht -, gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Der öffentliche Dienst braucht auch keine „Demokratisierung der Verwaltung", weil der Behördenleiter keine „autoritäre" Stellung hat. Der Behördenleiter ist vielmehr gegenüber seiner vorgesetzten Behörde verantwortlich, von ihrer Weisung abhängig und letztlich über seinen Minister parlamentarisch gebunden und kontrolliert. Alle letzten Entscheidungen liegen im öffentlichen Dienst beim Parlament oder der entsprechenden Vertretungskörperschaft. Die Personalvertretung kann nicht in die Verantwortung der Behördenspitze gegenüber dem Parlament oder der Vertretungskörperschaft eingreifen. Ich muß es daher als abwegig bezeichnen, wenn man die Dinge so darstellt, als ob für den öffentlichen Dienst ein „Ausnahmegesetz" geschaffen würde. Auf eine Besonderheit möchte ich jedoch hinweisen. Es ist eine Besonderheit, die für kasernierte Verbände notwendig ist. Es bedarf keiner Erörterung, daß die Erhaltung der Einsatzfähigkeit solcher Verbände die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften dieses Gesetzes ausschließt. Im Grundsatz jedoch soll das Gesetz auch für diese Verbände gelten. Die Bundesregierung hat sich in diesem Punkt dem Vorschlag des Bundesrats angeschlossen. Ich möchte noch einige Worte zu den Fragen der Stufen-Personalräte und der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sagen. Die Bundesregierung hält es nicht für richtig, Stufen-Personalräte nach Art von Instanzenzügen aufzubauen. Alle Personalräte sollen vielmehr gleichrangig sein, auch wenn sie einer vorgesetzten Verwaltungsbehörde angehören. Denn Entscheidungen, bei denen Personalräte mitzuwirken haben, werden nach organisatorischen Grundsätzen unter Umständen von verschiedenen Instanzen getroffen. Dementsprechend soll der Personalrat mitwirken, der bei der Behörde besteht, die von der Entscheidung betroffen wird. Die Bundesregierung hält auch daran fest, daß Streitigkeiten aus diesem Gesetz vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden. Das Personalvertretungsrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes ist Bundesdienstrecht. Den Kern des Verwaltungspersonals bilden die Beamten. Ihr Recht ist öffentliches Recht. Die Mitwirkung der entsprechenden Vertretungen bezieht sich auf Verwaltungsakte der Behörden. Auch hierbei handelt es sich um öffentliches Recht. Ich begrüße es, daß sich auch der Bundesrat nunmehr dieser Auffassung angeschlossen hat. Eine Meinungsverschiedenheit besteht jedoch zwischen Bundesregierung und Bundesrat, und zwar in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit. Sie wissen bereits oder Sie werden es noch erfahren, daß der Bundesrat eine sehr weite Auffassung hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit hat. In diesem Falle beruft er sich auf Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes. Es ist aber durchaus ({5}) fraglich, ob es sich bei § 82 des Regierungsentwurfs überhaupt um einen Fall der Ausführung eines Bundesgesetzes durch die Länder als eigene Angelegenheit handelt. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, läge eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht vor, weil § 82 des Regierungsentwurfs weder die Einrichtung von Landesbehörden fordert noch ein Tätigwerden der Länder im Sinne eines Verwaltungsverfahrens auslöst. Der Bundesrat hat nun aber auch vorgeschlagen, den Ländern völlige Freiheit bei der Gestaltung des Personalvertretungsrechts zu lassen. Ich habe bereits eingangs gesagt, daß das Bedürfnis der Rechtseinheitlichkeit insbesondere auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Sozialrechts eine der unverzichtbaren Klammern unseres staatlichen Gefüges darstellt. Die Bundesregierung vertritt daher übereinstimmend mit den Wünschen der Gewerkschaften, wie ich mich freue, sagen zu können, die Auffassung, daß Rahmenvorschriften grundsätzlich notwendig sind. Die Einheitlichkeit gerade des Dienstrechts im öffentlichen Dienst bindet Bund, Länder und Gemeinden für ihre gemeinsame Aufgabe fest zusammen. Die weitgehende Übereinstimmung in den grundsätzlichen Fragen ist deshalb gerade hier ein staatspolitisches Erfordernis ersten Ranges. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß die von ihr vorgeschlagenen Bestimmungen das Mindestmaß dessen sind, was zur Wahrung der Einheitlichkeit erforderlich ist. Ich möchte abschließend dem Wunsch und der Hoffnung Ausdruck geben, daß es dem Hohen Hause gelingen wird, diese wichtige Vorlage zügig zu verabschieden. Die vornehmste Aufgabe unserer Gesetzgebungsarbeit ist die Wahrung des inneren Friedens. Der innere Frieden ist bedroht, solange wichtige Teilgebiete unserer Wirtschafts- und Sozialverfassung ungeklärt und umstritten sind. Die Verabschiedung dieser Vorlage wird, wie ich hoffe, dem inneren Frieden dienen. ({6})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause wiederholt eine Diskussion des Problems erlebt, das uns nun auch heute wiederum beschäftigt. Ich darf an die Auseinandersetzungen um das Betriebsverfassungsgesetz und an die Diskussionen mit den beteiligten Kreisen, ich darf auch an die erste Lesung des Personalvertretungsgesetzes im September des vergangenen Jahres erinnern. Der Herr Bundesminister des Innern hat schon darauf hingewiesen, daß es in der ersten Legislaturperiode nicht mehr möglich war, auch dieses Stück des Mitbestimmungsrechtes im Bundestag zu verabschieden. Er hat auf die Gründe hingewiesen. Ich weiß, daß man zum Schluß der ersten Legislaturperiode noch versuchte, dieses Gesetz zu verabschieden. Dann wäre aber nicht die Möglichkeit gegeben gewesen, die verschiedenen Probleme, die in dem Gesetz enthalten sind, eingehend zu diskutieren. Zweifellos wäre die Verabschiedung zu dem damaligen Zeitpunkt für die Sache nicht gut gewesen. In der ersten Legislaturperiode ist eingehend darüber diskutiert worden, ob es zweckmäßig sei, das Problem in einem besonderen Gesetz zu regeln, oder ob man die Regelung in das allgemeine Betriebsverfassungsrecht einbeziehen solle. Ich glaube, es ist abwegig, diesen Streit heute fortzusetzen, da ja durch die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes eine Entscheidung erfolgt ist. Die Bedeutung dieses Gesetzes mag daran erkennbar sein, daß nach Verabschiedung des Gesetzes eine beträchtliche Zahl von Arbeitern, Angestellten und Beamten den in ihm getroffenen Regelungen unterstellt sein wird. Rund 900 000 Bundesbedienstete sind vorhanden. Auch die indirekte Wirkung eines solchen Gesetzes auf die Landesbediensteten, die Bediensteten der Gemeinden und die der nicht bundesunmittelbaren Körperschaften muß noch beachtet werden. Aber ich glaube, rein zahlenmäßig, mit dem Blick allein auf die Beschäftigtenziffern, ist die Bedeutung des Gesetzes, das zur Diskussion steht, nicht zu erfassen. Ich möchte sagen, im Rahmen der ganzen Mitbestimmungsprobleme soll dieses Gesetz mit dazu helfen, auch im öffentlichen Dienst von einem Untertanenverhältnis zu einem echten Mitarbeiterverhältnis zu kommen. ({0}) Das soll wohl letztlich der Sinn dieser gesetzlichen Regelung sein. Ich will damit nicht sagen, daß nun noch allüberall Situationen vorhanden sind, die nicht der Zeit entsprechen, aber da und dort wird es notwendig sein, daß auch im öffentlichen Dienst ein etwas frischerer Wind weht und daß man hier - sagen wir es ruhig - zu etwas zeitgemäßeren Auffassungen kommt. ({1}) Niemand verkennt, daß wir im öffentlichen Dienst eine Sondersituation haben. Die Dinge können nicht genau so wie in der privaten Wirtschaft betrachtet und behandelt werden. Ich glaube wohl feststellen zu dürfen, daß ganz allgemein der Grundsatz bejaht wird, daß der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst dort eine Grenze gesetzt ist, wo das Recht parlamentarischer Körperschaften beginnt. Das ist wohl eine allgemeine Auffassung, und das erleichtert uns zweifellos die Diskussion über das ganze Problem. Allerdings wird zu prüfen sein - auch der Herr Bundesinnenminister hat das Problem eben angeschnitten -, ob nicht bestimmte Differenzierungen zwischen den Hoheitsverwaltungen einerseits und Regiebetrieben andererseits auch eine gewisse Differenzierung im Gesetz erforderlich machen. ({2}) Bei der Diskussion des ganzen Fragenkomplexes in der vergangenen Zeit haben sich einige Grund' herauskristallisiert. Wir haben gerade von uns aus wiederholt auf diese Grundsätze hingewiesen. Einer von ihnen ist: Für den öffentlichen Dienst soll kein schlechteres, sondern ein passenderes Recht geschaffen werden. Schon in der ersten Diskussion des Problems vor wenigen Jahren in den Ausschüssen des Bundestages, als es um das Betriebsverfassungsgesetz ging, hat der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ritter von Lex, diese Auffassung vertreten. Weiterhin ist der Grundsatz aufgestellt worden, daß Abweichungen vom Betriebsverfassungsgesetz nur dort erfolgen sollen, wo sie auf Grund der besonderen Situation des öffentlichen Dienstes notwendig sind. Und ein dritter Grundsatz scheint mir wesentlich zu sein. Er lautet: Wo der Behördenleiter allein das Recht auf Entscheidung hat, muß ({3}) er sich gleichermaßen wie der Unternehmer in der Privatwirtschaft ein Mitwirkungs- oder ein Mitbestimmungsrecht gefallen lassen. ({4}) Nun ist zu prüfen, ob bei dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf diese Grundsätze, die ich eben angedeutet habe, beachtet worden sind. Das ist bei den organisatorischen Bestimmungen zweifellos geschehen. Aber bei der materiellen Gestaltung des Rechts in diesem Gesetz bestehen noch manche Lücken, ({5}) und manche berechtigte Wünsche sind noch nicht erfüllt worden. ({6}) Ich will es mit einigen Hinweisen deutlich machen. Es sollen nur Hinweise sein, weil ja heute nicht die Möglichkeit besteht, das Gesetz in allen Details zu diskutieren. In § 9 beispielsweise ist eine Bestimmung eingefügt worden, nach der das aktive Wahlrecht nur solche Personen haben sollen, die mindestens drei Monate im öffentlichen Dienst stehen. Eine derartige Regelung haben wir im Betriebsverfassungsgesetz nicht. Wohl haben wir bestimmte Voraussetzungen für das passive Wahlrecht verlangt. Sie sind auch in diesem Gesetz enthalten, und ich halte sie für notwendig; dagegen habe ich keine Bedenken. Aber ich halte es nicht für notwendig, daß man das aktive Wahlrecht an eine längere Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bindet. § 30 besagt - es geht da um den Vorsitz im Personalrat -, daß eines der Mitglieder Beamter sein muß, ein anderes Angestellter bzw. Arbeiter. Ich glaube, es besteht kein Anlaß, hier eine Gruppe besonders hervorzuheben. ({7}) Es genügt vollkommen, wenn man im Gesetz sagt, daß die Vorsitzenden nicht der gleichen Gruppe angehören sollen. Wir wissen ja aus der Praxis, daß es Verwaltungen gibt, bei denen die Zahl der Beamten sehr niedrig ist. Da würde eine solche Bestimmung doch eine nicht berechtigte Differenziertheit in der Wertung bedeuten. In der Diskussion bzw. in den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers ist noch ein anderer Punkt angeschnitten worden, nämlich die Frage, wer in bestimmten Streitfällen entscheiden soll. Die Regierungsvorlage sieht hier vor, daß für diese Streitfälle der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden soll. Nach den Ländergesetzen unterstanden diese Fragen bisher der Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit. Gegen die hier vorgeschlagene Regelung haben wir gewisse Bedenken, und zwar Bedenken praktischer Art. Es besteht hier nämlich die Gefahr einer Zweigleisigkeit der Arbeitsrechtsprechung. Daran aber können wir nicht interessiert sein. Wir haben durch das Arbeitsgerichtsgesetz wiederum die drei Instanzen in der Arbeitsgerichtsbarkeit geschaffen. Dadurch haben wir dafür Sorge getragen, daß die Rechtsprechung hier in Ordnung geht. Ich glaube nicht, daß die Verwaltungsgerichte in diesem Fragenkomplex sonderliche Erfahrung haben. Jedenfalls läßt sich nicht bestreiten, daß die größere Erfahrung bei den Arbeitsgerichten vorliegt. Ich habe, wie gesagt, die Sorge, daß die Rechtsprechung sich zersplittert und voneinander abweichende Entscheidungen trifft. ({8}) Lassen Sie mich nun etwas sagen zu dem Problem der Gruppenwahlen und der Verhältniswahlen. Ich stimme hier den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers zu und sage in aller Offenheit: ich halte es auch nicht für möglich, dieses Problem anders zu regeln als im Betriebsverfassungsgesetz. Was wir bei der Diskussion des Betriebsverfassungsgesetzes zu dieser Frage gesagt haben, gilt noch heute. Wir möchten wirklich die Garantie dafür geschaffen wissen, daß jede Gruppe im Personalrat durch Personen vertreten wird, die das Vertrauen der Gruppe haben. Das ist der Sinn dieser Regelung. Zu dem Einwand, diese Regelung führe dazu, die Menschen im Betrieb aufzuspalten, möchte ich nur sagen: diese Kritik wäre dann berechtigt, wenn wir besondere Gruppenräte schafften. Das wollen wir aber nicht. Wir wollen den gemeinsamen Personalrat, der sich dann aus den Angehörigen der einzelnen Gruppen zusammensetzt. Eine Bestimmung des Gesetzes birgt allerdings die Gefahr in sich, daß es auf Umwegen unter Umständen doch zum Gruppenrat kommen kann. Im Satz 2 des § 36 heißt es: Bei Angelegenheiten, die lediglich die Angehörigen einer Gruppe betreffen, sind nur ihre Vertreter zur Beschlußfassung berufen. Der Herr Bundesinnenminister hat versucht, diese Bestimmung noch näher zu begründen. Ich sage: ich habe Bedenken, weil ich glaube, daß hier unter Umständen das erreicht wird, was wir nicht wollen: daß Wir praktisch dann doch weitgehend zu Gruppenräten kommen, wenn alle die Detailfragen nur immer in dem engeren Kreis der Gruppe zur Diskussion stehen. Zur Frage des Verhältniswahlrechts möchte ich folgendes sagen. Was wir wünschen, haben wir bei der Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes zum Ausdruck gebracht. Wir wollen es auch hier wieder zum Ausdruck bringen. Es ist dies, daß die Personalvertretung ein echtes Spiegelbild der Belegschaft darstellen soll. Das ist für uns das Entscheidende, und das kann eben nur durch das Verhältniswahlrecht sichergestellt werden. Sonst besteht die Gefahr, daß eine Mehrheitsgruppe eine Minderheitsgruppe ausschaltet, ein Zustand, den wir nicht wünschen, den wir auch nicht für glücklich halten. Nun sind, um zu einigen anderen materiellen Bestimmungen des Gesetzes zu kommen, in dem Gesetzentwurf verschiedene Stufen der Beteiligung der Bediensteten an bestimmten Entscheidungen festgelegt worden: das Recht zur Anhörung, ein Mitwirkungsrecht und ein Mitbestimmungsrecht. Auch hier bin ich der Auffassung, daß wir zu einer weitgehenden Anpassung an die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes kommen müssen. Ich habe nicht den Eindruck, daß hier schon das letzte geschehen ist. Bei aller Anerkennung der Sondersituation im öffentlichen Dienst muß doch zum Ausdruck gebracht werden, daß hier noch eine weitergehende Anpassung an das Betriebsverfassungsgesetz möglich ist. Ich darf daran erinnern, daß einige der im § 65 angeführten Tatbestände nicht nur ein Anhörungsrecht, sondern ein Mitbestimmungsrecht rechtfertigen; ich darf daran erinnern, daß im § 69 andere Tatbestände enthalten sind, bei denen man das Anhörungsrecht durch ein Mitwirkungsrecht ablösen kann, um nur einmal einige Beispiele zu nennen. Lassen Sie mich noch auf ein letztes Anliegen hinweisen. Es scheint mir notwendig zu sein, zu ({9}) prüfen, ob nicht bestimmte Vorschriften über das Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Fragen aus dem Betriebsverfassungsgesetz auch hier Anwendung finden können. Ich denke an die Vorschriften in den §§ 67 bis 75 des Betriebsverfassungsgesetzes bzw. ihre Anwendung auf Regiebetriebe. Warum sollte nicht auch in solchen Betrieben ein Wirtschaftsausschuß gemäß den Bestimmungen des § 67 des Betriebsverfassungsgesetzes gute Dienste leisten können, um auch hier alle Kräfte zum größtmöglichen Erfolg für beide Teile einzuschalten. Es wäre auch zu überlegen, ob nicht die Bestimmungen des § 72 des Betriebsverfassungsgesetzes, bei denen es um die Sicherung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer geht, eine Anwendung auf die Regiebetriebe finden können. Ich sage noch einmal, die Gründe, die für eine derartige Regelung im Betriebsverfassungsgesetz sprechen, gelten meines Erachtens auch für die Regiebetriebe. Ich möchte zum Schluß kommen. Ich darf feststellen, daß der Gesetzentwurf eine Grundlage für die Beratung des Problems bietet. In den Ausschußverhandlungen muß der Versuch gemacht werden, die Lücken auszufüllen. Auch ich möchte dem Wunsche Ausdruck geben, daß eine baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfs möglich ist. Namens meiner Fraktion beantrage ich, die Drucksache 160 ({10}) den Ausschüssen für Arbeit und Beamtenrecht - gleichberechtigt - zu überweisen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Beratungen in einem aus diesen Ausschüssen gebildeten Unterausschuß erfolgen. Das bedeutet eine Abweichung von der Geschäftsordnung; aber es ist nur die Übernahme der Praxis, die wir im 1. Deutschen Bundestag geübt haben. Diese Regelung erscheint uns zweckmäßig, weil beide Ausschüsse Entscheidendes zu dem ganzen Problemkreis zu sagen haben. Es ist schlecht abzuwägen, wo das größere Gewicht liegen soll. Deswegen bitte ich, diesem Vorschlag zu entsprechen. ({11})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Kühn.

Walther Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001246, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es seinerzeit außerordentlich bedauert, daß der 1. Bundestag das Personalvertretungsgesetz nicht mehr hat verabschieden können. Sie werden sich daran erinnern, daß wir noch in letzter Minute alle Anstrengungen gemacht haben, um den Entwurf in die nötige Form zu gießen. Nachdem der 1. Bundestag bereits im Jahre 1952 mit dem Betriebsverfassungsgesetz für die Arbeitnehmer der freien Wirtschaft das Mitbestimmungsrecht geregelt und gleichzeitig entschieden hatte, daß die Regelung der Personalvertretung bei den öffentlichen Behörden und Betrieben in einem besonderen Gesetz erfolgen solle, hatten wir den ersten Entwurf vorgelegt bekommen. In der seinerzeitigen ersten Lesung konnte aber auch nur eine grundsätzliche Stellungnahme erfolgen. Für die Fraktion der Freien Demokraten habe ich damals zum Ausdruck gebracht, daß wir dem Gesetzentwurf in den Grundsätzen zustimmen. Auch heute möchte ich gleich am Anfang meiner Ausführungen sagen, daß unsere Zustimmung zu den Grundzügen des Entwurfs unverändert ist. Ich habe mich außerordentlich über die Begründung gefreut, die der Herr Bundesinnenminister heute noch einmal zu dem Gesetzentwurf gegeben hat. Auch ihr stimmen wir in den Grundzügen zu. Ich möchte nur mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß es seit dem Zusammentritt des 2. Bundestages sechs Monate gedauert hat, bis der Gesetzentwurf dem Ausschuß zur Beratung überwiesen werden kann. Die Gründe dafür haben wir vorhin gehört. Nachdem wir die Wahlperiode der Betriebsräte bis zum 31. März dieses Jahres verlängert hatten, hatte ich mir allerdings eingebildet, daß wir es fertigbrächten, den Gesetzentwurf bis dahin zu verabschieden. Nun, es ist nicht gelungen. Ich möchte immerhin noch einmal betonen, daß wir den Entwurf begrüßen, der vor allem dem Umstand Rechnung trägt, daß die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft wesentlich anders geartet sind als die Beziehungen im öffentlichen Dienst. Die Problematik und die sich aus ihr ergebenden wesentlichen sachlichen Erfordernisse für die gesetzliche Regelung sind nun einmal doch völlig andere. In der freien Wirtschaft steht neben den Mitwirkungsrechten in sozialen und personellen Fragen, gegen die wirklich nichts zu sagen ist, die wirtschaftliche Mitbestimmung im Vordergrund, also die Teilnahme der Betriebsangehörigen an wirtschaftlichen Entscheidungen, die geeignet sind, ihren Arbeitsplatz und letzten Endes ihre Existenz maßgeblich zu beeinflussen. Hierbei wird das Bestimmungsrecht des Eigentümers im Betrieb beschränkt, - ideengeschichtlich eine Folgewirkung des Räteprinzips, mit dem die Väter der Weimarer Verfassung zugleich mit der politischen Demokratisierung eine Art Wirtschaftsdemokratie schaffen wollten. Damals hatte das Beamtentum den Wunsch - und es ist dann auch so geschehen -, aus dem verfassungsrechtlichen Rätesystem herausgehalten zu werden. Sie wissen, daß die Weimarer Verfassung eine Vertretung der Beamten gewährleistet hat. Aber es ist niemals zu einer gesetzlichen Regelung gekommen, sondern man hat im Wege von Erlassen eine zur damaligen Zeit durchaus befriedigende Regelung gefunden. Kein Zweifel, daß es sich hier um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes handelt. Es ist wichtig, dieses gerade in diesem Zusammenhang festzustellen. Während die inzwischen erfüllte Forderung nach Mitbestimmungsrecht in der Privatwirtschaft einen Teil der Auseinandersetzung, des Spannungsverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit darstellt, steht der Angehörige des öffentlichen Dienstes nicht dem privaten Kapital, sondern einem öffentlichen Dienstherrn als Organ des Staates und damit der Volksgesamtheit gegenüber. Hier ist der Sinn der Mitbestimmung der Ausgleich von Spannungen, die sich aus einem anderen Grunde, etwa aus dem Über- und Unterordnungsverhältnis, ergeben. Ein Mitspracherecht des Verwaltungsangehörigen bei Entscheidungen auf sozialem und personellem Gebiet ist notwendig. Dieses Mitspracherecht, das den Beteiligten gesetzlich gewährleistet wird, soll ihnen das Gefühl echter Mitarbeiterschaft geben. Wirtschaftliche Mitbestimmung scheidet im öffentlichen Dienst wesensmäßig aus. Eine Mitwirkung der Verwaltungsangehörigen bei den öffentlichen Aufgaben ihrer Behörde oder Dienststelle wäre mit ihrer Funktion der Vollziehung der Gesetze und der Weisungen der Regierung, ja mit dem Wesen der parlamentarischen Demokratie unvereinbar. Ich habe damals in der ersten Lesung auch zu diesem Thema eingehend gesprochen. ({0}) Besteht aber ein Verfassungsanspruch, wie ich vorhin sagte, auf Beamtenvertretung, so soll dies nunmehr auch für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst gelten, die selbstverständlich nach wie vor in ihrem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis bleiben. Wenn aber von anderer Seite für alle öffentlichen Bediensteten gefordert wird, bei der Regelung der Personalvertretungen arbeitsrechtliche Prinzipien anzuwenden, so lehnen wir dies ab. Bei den Beamten, die doch dem öffentlichen Dienst das charakteristische Gepräge geben, handelt es sich nun einmal nicht um Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Als Träger einer Verfassungsfunktion sind sie durch ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis dem Staat verbunden und, da ihre Rechtsstellung gesetzlich geregelt ist, dem sozialen Kräftespiel der Lohnbildung und des Arbeitskampfes entrückt. Mit Rücksicht auf ihre Rechtsstellung und auf die Bedeutung der Personalräte für innerdienstliche Entscheidungen ist die Materie dem öffentlichen Recht und nicht dem Arbeitsrecht zuzuzählen. Daher ist auch die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für solche Rechtsstreitigkeiten vorgesehen. Die Vermischung von öffentlichem und privatem Recht muß unter allen Umständen vermieden werden. Sie würde zweifellos zu schwer lösbaren Konflikten führen. Die zu lösende, sicherlich schwere Aufgabe ergibt sich durch die Zusammenfassung dreier rechtlich und sozial differenzierter und in ihrer Größe sehr verschiedener Gruppen in ganz verschieden zusammengesetzten Dienststellen meine Herren Vorredner haben dieses Problem bereits angesprochen -, die nun in gemeinsamen Personalräten zusammengeschlossen werden sollen. Daraus folgt aber zwingend die Notwendigkeit einer getrennten Wahl der Vertreter einzelner Gruppen, um die Majorisierung der schwächeren Gruppe, der Minderheit, auszuschließen. Auch meine beiden Herren Vorredner, der Herr Innenminister wie der Kollege Sabel, haben ausdrücklich betont, daß keine Majorisierung der schwächeren Gruppe geduldet werden kann. Anschließend daran ist selbstverständlich auch die gesonderte Beratung und Entscheidung der einzelnen Gruppen in den nur ihre Angehörigen betreffenden Angelegenheiten, unbeschadet der gemeinsamen Behandlung der alle Angehörigen der Dienststelle betreffenden Angelegenheiten zu fordern. Es sind Bedenken dagegen erhoben worden, ob das überhaupt möglich ist. Aber jeder, der einmal lange Zeit einer großen Behörde als Chef vorgestanden hat, weiß doch, daß es letzten Endes auf den Geist ankommt, der in einer solchen Behörde vorhanden ist. Auch der Chef muß den größten Wert darauf legen, daß die Beamten, Angestellten und Arbeiter einer Behörde wirklich an einem Strange ziehen und die Aufgaben, die ihnen übertragen sind, gemeinsam lösen. Nur durch die Einführung der Gruppenwahl ist es möglich, allen Teilen gerecht zu werden, den Beamten entsprechend dem hergebrachten Beamtenrecht besondere Organe für ihre Beamtenangelegenheiten zu schaffen, ohne die Angestellten und Arbeiter auch nur irgendwie schlechter zu stellen. Schließlich kommt es doch darauf an, daß jeder Personalrat, wie der Herr Kollege Sabel schon gesagt hat, ein wahrheitsgetreues Spiegelbild - dieser Ausdruck gibt die Dinge meines Erachtens richtig wieder - der in jeder Dienststelle vorhandenen Gruppierung darstellt und eine Majorisierung von Minderheiten ausschließt. Hiermit wird kein irgendwie geartetes Ausnahmerecht erstrebt, sondern nur das gleiche Recht für alle in einer Dienststelle oder einem öffentlich-rechtlichen Betrieb beschäftigten Gruppen. Aus den gleichen Gründen und um demokratischen Grundsätzen in jeder Beziehung gerecht zu werden, um unter allen Umständen eine Vergewaltigung der Minderheit zu vermeiden, wünschen wir auch die Verhältniswahl, gegebenenfalls - darüber wird im Ausschuß zu reden sein - auch eine modifizierte Verhältniswahl. Man kann nämlich auch eine Verhältniswahl so gestalten, daß der einzelne Wähler durchaus der einzelnen Person sein Vertrauen geben kann, die auf einer Verhältniswahlliste steht. Es kommt darauf an, ein Gesetz zu schaffen, das geeignet ist, den Arbeitsfrieden - auch das ist betont worden - und ein gutes soziales Klima, möchte ich sagen, zu gewährleisten und nicht durch Fehlkonstruktionen Störungen der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe heraufzubeschwören. Wir behalten uns selbstverständlich noch Änderungs- und Ergänzungsanträge und -vorschläge in den Ausschußberatungen vor. Zum Schluß möchte ich die Punkte, auf die wir besonderen Wert legen, noch einmal kurz zusammenfassen: 1. Wir bestehen auf der Gruppenwahl, damit nicht zahlenmäßig schwächere Gruppen von den Majoritäten beiseite geschoben werden; 2. wir wollen die Gruppenvertretung und die Gruppenentscheidung haben, damit die gesonderten Belange jeder Gruppe gebührend berücksichtigt werden; daß über gemeinsame Angelegenheiten der gesamte Personalrat zu entscheiden hat, bedarf keiner besonderen Begründung; 3. wir wollen den Gruppensprecher haben, damit Sachkenntnis und Vertrautheit mit den einzelnen Problemen gewährleistet sind und sich die Arbeit der Personalräte nicht in endlosen unfruchtbaren Debatten erschöpft; 4. wir wollen die direkte Wahl der Personalvertretungen, damit jeder Angehörige einer Verwaltung die Männer seines Vertrauens selbst bestimmen kann; 5. wir wollen die Urwahl der Personalvertretungen, damit auch bei mehrstufigen Personalvertretungen das wirkliche Bild der tatsächlichen Kräfteverteilung zum Ausdruck kommt; wir lehnen hier das Rätesystem in jeglicher Form ab; 6. wir wollen auch die Verhältniswahl, da nur diese eine wirklichkeitsgetreue Zusammensetzung der Personalvertretung garantiert und einen ausreichenden Minderheitenschutz sichert; 7. wir wollen die Mehrstufigkeit der Personalvertretungen, soweit dies dem behördlichen Verwaltungsaufbau entspricht; 8. die Sicherung der Entschließungsfreiheit durch Fernhaltung aller betriebsfremden Kräfte; wir müssen das fordern, damit das Dienstgeheimnis gewahrt bleibt und weil nur die Verwaltungsangehörigen einer Dienststelle selbst eine genaue Kenntnis der schwebenden Probleme haben; 9. unbedingte Sicherung der parteipolitischen und gewerkschaftlichen Neutralität, damit der Arbeitsfriede nicht gestört wird und der einzelne nicht zu befürchten braucht, wegen seiner politischen oder gewerkschaftlichen Einstellung Schaden zu erleiden; ({1}) 10. Schutz der Mitglieder der Personalvertretung vor dienstlicher Benachteiligung; eine Angelegenheit, die mir außerordentlich wichtig erscheint, damit jedes Mitglied des Personalrats verantwortungsbewußt, aber auch frei seine Meinung äußern kann; 11. die weitgehende Mitbestimmung in den sozialen Fragen, damit Leben, Gesundheit, Arbeitskraft des einzelnen und seiner Familie den größtmöglichen Schutz erhalten; die verantwortliche Mit wirk u n g in Personalangelegenheiten, die einerseits den einzelnen vor Rechtsbeeinträchtigung und Willkür schützt, andererseits der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Verwaltungsspitze Rechnung trägt; und schließlich 12. die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei Streitigkeiten aus dem Personalvertretungsgesetz, damit öffentlich-rechtliche Tatbestände von einem wirklich sachkundigen Gremium entschieden werden können. Lassen Sie mich dem noch anfügen, was auch vorhin bei meinen beiden Herren Vorrednern angeklungen ist. Wir wollen unter allen Umständen bundesrahmengesetzliche Bestimmungen haben. Es geht auf die Dauer doch nicht an, meine Damen und Herren, daß in beamtenrechtlicher Beziehung in den einzelnen Ländern ein starkes Abweichen von der großen Linie festzustellen ist. Wir sind der Meinung, daß man gerade auf diesem Gebiet im Wege rahmengesetzlicher Bestimmungen eine Einheitlichkeit herbeiführen sollte. Schließlich - lassen Sie mich auch das noch betonen - legen wir Wert auf eine beschleunigte Verabschiedung des Gesetzes, und was uns betrifft, so werden wir an dieser Beschleunigung mitarbeiten. Ich habe namens meiner Fraktion zu beantragen, daß entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 160 ({2}) an den Ausschuß für Beamtenrecht, federführend, und an den Ausschuß für Arbeit, mitberatend, erfolgt. Auf Grund der Geschäftsordnung glaube ich nicht, Herr Kollege Sabel, daß wir Ihrem Vorschlag zustimmen können. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Böhm ({0}).

Hans Böhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000217, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesinnenminister hat heute morgen den Gesetzentwurf über die Schaffung der Personalvertretungen begründet und hat der Begründung, die bereits schriftlich dem Entwurf beigegeben war, noch eine ganze Reihe von Argumenten hinzugefügt. Man kann mit wesentlichen Teilen, die der Herr Bundesinnenminister hier vorgebracht hat, einverstanden sein; aber eine ganze Reihe von Begründungsmomenten veranlassen mich, gerade zu diesen Ausführungen des Herrn Bundesministers einiges zu sagen. Einig gehe ich mit dem Herrn Bundesminister, wenn er sagt, daß das Personalvertretungsgesetz die logische Fortsetzung der Gesetzgebung über das Mitbestimmungsrecht sein soll und daß das Mitbestimmungsrecht im öffentlichen Dienst nicht anders geregelt werden kann als in der privaten Wirtschaft, mit Ausnahme der Bestimmungen, die im öffentlichen Dienst zwingend notwendig sind. O Die damalige Beratung im Bundestag über die Mitbestimmung hat eine ganze Reihe von Argumenten für und gegen ein eigenes Gesetz für den öffentlichen Dienst gebracht. Wenn wir den Standpunkt vertreten haben, daß das gesamte Mitbestimmungsrecht in einem einheitlichen Gesetz behandelt werden sollte, dann wollten wir mit dieser Bejahung eines einheitlichen Gesetzes die Fragen der Mitbestimmung als etwas Ganzes betrachten. Sicherlich tauchen im öffentlichen Dienst eine ganze Reihe von Problemen auf, die eine Sonderregelung in einzelnen Paragraphen erfordern. Dazu war aber unserer Auffassung nach ein solch umfangreiches Gesetz nicht notwendig, und wir hätten die Frage der Mitbestimmung auch im öffentlichen Dienst längst erledigen können. Wir sind der Auffassung, daß der Gesetzentwurf, der von der Bundesregierung vorgelegt wurde, weder dem Grundsatz gerecht wird, das Mitbestimmungsrecht im öffentlichen Dienst nicht schlechter und nicht anders zu regeln als in der privaten Wirtschaft, noch dem anderen Grundsatz, daß nur da von dem Recht, wie es im Betriebsverfassungsgesetz niedergelegt ist, abgewichen werden soll, wo es für den öffentlichen Dienst unbedingt notwendig ist. Der Herr Bundesinnenminister hat schon in seiner schriftlichen Begründung und auch heute morgen in seiner mündlichen Begründung darauf hingewiesen, daß das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsrecht in der privaten Wirtschaft geschaffen wurden und geschaffen werden sollten, um die Wirtschaftsdemokratie zu verwirklichen oder um zum mindesten in der Wirtschaft den Arbeitnehmern eine Rechtsstellung nach demokratischen Grundsätzen zu geben. Nach der schriftlichen und auch der heute morgen gegebenen mündlichen Begründung ist dazu für den öffentlichen Dienst keine Notwendigkeit gegeben. Gestatten Sie mir hierzu ein paar Worte. Wenn der Herr Bundesinnenminister sagt, daß letzten Endes im öffentlichen Dienst nicht die Notwendigkeit bestehe, die Rechtsstellung der Bediensteten nach demokratischen Grundsätzen zu regeln - denn darauf läuft es hinaus -, weil dort die letzte Entscheidung bei den Parlamenten liege, so bin ich persönlich der Meinung, daß hier Legislative und Exekutive etwas miteinander vermischt worden sind. Es gibt auch im öffentlichen Dienst eine ganze Reihe von Fragen, die nicht der Zuständigkeit der Parlamente unterliegen, sondern sowohl in Betrieben wie in Verwaltungen in eigener Zuständigkeit erledigt werden. Herr Kollege Sabel hat bereits darauf hingewiesen, wo bisher ein Behördenleiter oder ein anderer Beauftragter die letzte Entscheidung gehabt habe, müsse sich dieser leider gefallen lassen, daß für die Zukunft die Frage der Mitbestimmung etwas anders geregelt werde. Diese Ausführungen des Kollegen Sabel unterstreiche ich Wort für Wort. Ich bin der Meinung, daß es im öffentlichen Dienst eine ganze Reihe von Fällen gibt, die anders geregelt werden müssen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Wir werden uns dabei von dem Grundsatz leiten lassen müssen, daß im öffentlichen Dienst die Anwendung demokratischer Grundsätze ebenso erfolgen muß wie in der privaten Wirtschaft. Bei diesem Gesetzentwurf hat man, glaube ich, einen Grundsatz überhaupt nicht verwirklicht, und zwar den, daß öffentliche Betriebe Musterbetriebe sein sollen. ({0}) ({1}) Das sollte sich nicht nur auf innere Organisation, auf Leistung, auf Verwaltung beziehen, Musteranordnungen sollten auch davon ausgehen, daß der Staat und seine Verwaltungen in erster Linie dazu berufen sind, eine demokratische Ordnung auch in ihren Betrieben zu schaffen. ({2}) Wenn ich den Gesetzentwurf im einzelnen durchgehe, stoße ich auf eine ganze Reihe von Dingen, die meiner Meinung nach auf dem Wege der Verhandlungen in den Ausschüssen geregelt werden müssen. Ich möchte mich hier auf die drei Punkte beschränken, die der Herr Minister in seiner Begründung selbst angegeben hat und die die Mitbestimmung im Betrieb ausmachen sollen: a) die Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer, b) Dienstvereinbarungen in den wichtigsten sozialen Fragen und c) die Mitwirkung oder Anhörung in Angelegenheiten der Beamten sowie in arbeitstechnischen und betriebsorganisatorischen Fragen. Der Unbefangene, der das Gesetz nicht in seinen einzelnen Paragraphen vor sich liegen hat und nur die Begründung des Herrn Bundesinnenministers zur Kenntnis genommen hat, könnte sagen: Damit ist doch genau so wie in der privaten Wirtschaft auch im öffentlichen Dienst die Mitbestimmung garantiert. Die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer ist nur ein Anhörungsrecht, ein Mitspracherecht, und hat keineswegs die Bedeutung, daß die Mitbestimmung gewährleistet wird. Selbst da, wo die Mitbestimmung auch in personellen Angelegenheiten festgelegt ist, liegt die letzte Entscheidung beim Herrn Minister, sofern eine Einigung mit der Personalvertretung ) nicht zustande kommt. Eine grundsätzliche Regelung wird von dem Herrn Minister damit begründet, daß es sich hier um einen Punkt handle, der anders geregelt werden sollte als in der privaten Wirtschaft. Ich bin persönlich der Meinung, daß diese letzte Entscheidung des Herrn Ministers, ganz gleich, welcher Minister es ist, nicht die endgültige Garantie dafür ist, daß in den öffentlichen Betrieben alles nach demokratischen Grundsätzen geordnet wird, obwohl der Minister von sich aus den besten Willen dazu haben wird; und wir setzen bei jedem Minister diesen Willen voraus. Aber es hat Beispiele genug dafür gegeben, daß selbst der Herr Minister das Opfer des Apparats geworden ist. ({3}) Darum sind wir der Meinung, daß gerade im Apparat selbst die Frage der Mitbestimmung und der Mitwirkung unter anderen Gesichtspunkten geregelt werden muß, als das in diesem Entwurf der Fall ist. Wir werden bei der Beratung im Ausschuß Gelegenheit haben, unsere Anträge zu stellen. Eine andere Frage ist die der Dienstvereinbarungen. Der Herr Bundesminister des Innern weiß, daß diese Dienstvereinbarungen durch das Gesetz selbst ihre Begrenzung finden. Nach § 64 können Betriebsoder Dienstvereinbarungen nur da getroffen werden, wo sie zugelassen sind. In Abs. 3 von § 64 heißt es: „Durch Dienstvereinbarungen können die Befugnisse des Personalrats weder erweitert noch beschränkt werden". Es handelt sich also um Dienstvereinbarungen ohne jeden praktischen Erfolg. Ich weise hierauf aus folgendem Grunde hin. Der Herr Bundesinnenminister hat gesagt, das Kontrollratsgesetz Nr. 22 sei nur eine unzureichende Regelung des Mitbestimmungsrechts gewesen. Herr Minister, ich mache darauf aufmerksam, daß nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 22 der Abschluß von Betriebsvereinbarungen zu diesem Gesetz ein wesentlicher Bestandteil der Mitbestimmung in den Betrieben seit 1946 war. Durch Ihr Gesetz werden diese Betriebsvereinbarungen nicht mehr möglich sein; wo sie bestehen, müssen sie aufgehoben werden. Wir werden keine Möglichkeit mehr haben, gemäß den Eigenarten des Betriebes und der einzelnen Dienststelle irgendwelche Vereinbarungen zu treffen. Aber diese Betriebsvereinbarungen sind in den einzelnen Betrieben und auch in den Verwaltungen des öffentlichen Dienstes im Laufe der letzten Jahre praktisch gehandhabt worden. Wenn der Bundesrat eine Reihe von Vorschlägen zu diesem Gesetz gemacht hat, so deshalb, weil auch er mit diesen Betriebsvereinbarungen zum Kontrollratsgesetz eine ganze Reihe von guten Erfahrungen gemacht hat. Wir haben mehrere Ländergesetze, die weit über dieses Gesetz hinausgehen, weil die Mitbestimmung nicht nur im Interesse der Bediensteten, sondern auch im Interesse der Verwaltungen selbst liegt. Die Verwaltungen werden Ihnen bestätigen, daß diese Gesetze und ihre Handhabung in der Vergangenheit weder den Betriebsfrieden gefährdet noch in irgendeiner Weise die Verwaltungsbefugnis eingeschränkt oder irgendwie zu Komplikationen geführt haben. Etwas zu der Wahl selbst! Der Kollege Sabel hat mehrfach auf das Technische bei der Durchführung der Wahl hingewiesen. Ich meine, die Verhältniswahl ist sicher kein Grund, sich besonders zu erregen. Wir stehen auf dem Standpunkt: einheitliche Wahlen und einheitliche Vertretungskörper! Wir können eine ganze Reihe von Begründungen dafür aus der Vergangenheit anführen. Wenn es in den öffentlichen Betrieben und Verwaltungen nach dem Zusammenbruch 1945 möglich war, verhältnismäßig schnell zu einem gesunden Aufbau zu kommen, dann hat doch diese einheitliche Vertretung in den Betrieben ein gerüttelt Maß von Anteil an diesem Aufbau. ({4}) In diesem Zusammenhang muß eine ganze Reihe von Problemen angesprochen werden. Wenn heute draußen in der Öffentlichkeit die Frage des Berufsbeamtentums erledigt ist, und zwar im Sinne des Berufsbeamtentums, und wenn es im Zusammenwirken der drei Gruppen Arbeiter, Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst im Laufe der letzten Jahre vermieden wurde, den Gruppenegoismus zu züchten, dann war es damit nicht möglich, daß sich von dem übriggebliebenen Stück Sauerteig - denn von Rosinen und Kuchen konnte man doch 1945 nicht mehr reden - jeder sein Teil nahm. Gerade dieses Zusammenwirken zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten in den öffentlichen Betrieben und nicht zuletzt auch in den Vertretungen in den Betrieben hat uns die Überzeugung vermittelt, daß man die guten Erfahrungen, die da gemacht worden sind, auch in dem neuen Gesetz verwerten sollte. Es gibt eine ganze Reihe anderer Begründungen, die wir hierbei anführen möchten. Daß gegen das Gesetz und gegen die Anträge, die wir zu stellen haben, eine ganze Anzahl von Bedenken geltend gemacht werden, liegt in der Natur der Sache. Es wäre heute interessant, oder man könnte sich zumindest dazu verleiten lassen, einiges aus der Rede unseres Herrn Bundesinnenministers bei der Beratung des Betriebsverfassungsgesetzes zu zitieren. ({5}) Man könnte dann darauf hinweisen, daß es nicht allein darum geht, mit diesem Gesetz ein vorhandenes Übel zu beseitigen und damit von dem jetzigen Zustand herunterzukommen, sondern daß man - ich spreche es ganz offen aus - mit diesem Gesetz entweder den sozialen Fortschritt bejahen oder sich aber zu einer Restauration vergangener Jahrzehnte bekennen muß. ({6}) Ich weiß, der Herr Bundesinnenminister wird zu der Rede, die er damals gehalten hat, auch heute noch in allen Einzelheiten stehen. Unser Herr Bundesinnenminister hat damals gesagt: Meine Damen und Herren, worum dreht es sich denn? Es handelt sich um die Frage, ob der Arbeiter für die Zukunft als gleichberechtigter Mensch unter uns leben kann. Wir haben politische Gleichheit, wir haben keine wirtschaftliche Gleichheit. Im wirtschaftlichen Leben hat man es bisher verstanden, dem Arbeiter zu sagen: Wirtschaft ist ein Gebiet, das so heilig ist, daß daran nicht gerüttelt werden darf. Der Herr Bundesinnenminister hat aber vorher noch einen anderen Satz gesprochen. Er sagte: Ich kann mir jedenfalls denken, daß es hier viele unter uns gibt, für die es 1945, 1946 unter dem Eindruck des damaligen Schocks - der Schock hat ja das Ergebnis, plötzlich Erkenntnisse aufzuzeigen, die jahrelang verschüttet waren - sehr viel leichter gewesen wäre, auf diesem Gebiet zu einer Lösung zu kommen,... Inzwischen haben sich die Kräfte der trägen Beharrung, des Gestrigen längst wieder gefunden, ... Wenn ich das betone und auf diese Begründung des Herrn Bundesinnenministers eingehe - man könnte noch eine Reihe anderer Ausführungen zitieren, ich will es nicht -, dann will ich damit nur sagen, daß mit diesem Personalvertretungsgesetz nicht nur eine Fortsetzung der Gesetzgebung nach dem Betriebsverfassungsgesetz gewährleistet werden muß, sondern daß darüber hinaus auch die Neuordnung unserer gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse im öffentlichen Dienst nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden kann. Soweit das Mitbestimmungsrecht, das Zusammenwirken der einzelnen Vertretung mit der Verwaltung, in Frage kommt, glauben wir, daß die Vertretung in der Vergangenheit genügenden Beweis dafür erbracht hat, daß ihr an diesem demokratischen Aufbau und an der Leistung in der Verwaltung, in der Gesamtheit außerordentlich viel gelegen ist. Wir glauben, man sollte auch das, was in der Vergangenheit im öffentlichen Dienst geleistet wurde, nicht vergessen. Wer erinnert sich denn heute noch an die Eisenbahner, die, ausgestattet mit ein paar Mohrrüben als Frühstück, in 84 Stunden pro Woche ihre Pflicht und Schuldigkeit getan haben? ({7}) Solche Feststellungen könnte man auf alle Verwaltungen ausdehnen. Ich weise nur darauf hin, daß auch in diesem Gesetz die Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, daß auch die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst als gleichberechtigter Faktor neben der übrigen privaten Wirtschaft stehen. Sicher ist im wirtschaftlichen Mitbestimmungsrecht manches anders zu regeln. Man kann die Wirtschaft des öffentlichen Dienstes bestimmt nicht nach den Grundsätzen der Montanindustrie regeln. Das hat auch kein Mensch verlangt. Neben dem personellen und dem sozialen Mitbestimmungsrecht gibt es aber auch in den Betrieben der öffentlichen Hand eine ganze Reihe von Wirtschaftsproblemen, an deren Lösung die Arbeitnehmer in diesen Betrieben, die Bediensteten der öffentlichen Wirtschaft, maßgeblich beteiligt werden sollen. In dieser Beziehung stimme ich mit dem Abgeordneten Sabel durchaus überein. Ich stimme auch darin mit ihm überein, daß sich nicht nur der Beamtenrechtsausschuß, sondern auch der Arbeitsausschuß mit diesen Dingen beschäftigen soll. Wir werden dann Gelegenheit nehmen, den Ausschüssen unsere Anträge zu unterbreiten. ({8})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Sornik.

Dr. Paul Sornik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002194, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat in seiner Begründung zum Gesetzentwurf die wesentlichsten Fragen aufgeworfen und beantwortet, und auch Herr Kollege Kühn hat in seinen Ausführungen sehr wesentliche Gesichtspunkte angeführt, so daß ich mir in bezug auf die Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf manches ersparen kann. Ohne Zweifel ist das Personalvertretungsgesetz ein weiterer Schritt in der Festigung demokratischer Staatsordnung. Es füllt eine Lücke in der durch das Grundgesetz gebotenen Gesetzgebung und befreit uns von den Wirkungen des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 vom 10. April 1946. Ganz gewiß haben alle Mitglieder des Hohen Hauses eine Fülle von Zuschriften von den Verbänden bekommen. Ich habe diese Zuschriften sehr eingehend gelesen. Ich kann es nicht verhehlen, daß bei mir die Frage auftauchte, ob es sich dabei um ein echtes Interesse an der Gestaltung eines modernen demokratischen Sozialstaates handelt oder - gestatten Sie mir, daß ich einen solchen Gedanken äußere - um ein Machtstreben. Zum Wesen einer jeden Organisation gehört der Wille zur Größe, zur Machtausweitung. Das ist ohne Zweifel gesund; aber der Umstand, der dabei beachtet werden muß, heißt Maßhalten. Ich habe unlängst bei irgendeiner Gelegenheit dieses Wort vom Herrn Bundeskanzler gehört, das so einfach und so unerhört wichtig in der Nachkriegszeit ist, in der Zeit, die auf jene folgte, die von Maßlosigkeit geprägt war. Wir haben das Gemeinwohl zu sehen, und das Personalvertretungsgesetz soll dem Gemeinwohl dienen. Der Herr Bundesinnenminister hat in seinen Schlußworten ausdrücklich erklärt, daß dieses Gesetz dem Frieden zu dienen habe. Ich glaube, alle Mitglieder des Hohen Hauses gehen mit diesen Worten einig, daß der Friede das erstrebenswerteste Ziel in unserer deutschen Gemeinschaft sein sollte. Der Herr Bundesinnenminister hat in seinen Ausführungen außerdem gesagt, die neue Entwicklung des Mitbestimmungsrechts hat den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften Befugnisse gebracht, die weit über das hinausgehen, was vor 1933 gegolten hat. In keinem anderen Land der Welt findet sich eine Parallele zu einer so umfassenden gesetzlichen Regelung dieser Rechte, wie sie in der Bundesrepublik verwirklicht sind. Diesen Worten des Herrn Bundesinnenministers ist nichts entgegnet worden, so daß wir sie als unbestreitbar wahr hinnehmen können. ({0}) Das Gemeinwohl steht uns höher als das Interesse der in der Gemeinschaft wirkenden Organisationen. Die zwei großen Gebiete deutschen Lebens, die private Wirtschaft auf der einen und der öffentliche Dienst auf der anderen Seite, sind eben wesensverschieden. Ich kann mit dem Herrn Kollegen Böhm und seinen Ausführungen nicht einiggehen. Man sollte das sehen, was wirklich ist, und vom Wirklichen aus die Schlüsse ziehen. Während auf der einen Seite die Spannungsverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit und in diesem Zusammenhang, wenn auch heute nicht mehr so gültig wie in der vergangenen Zeit, Profitgier und Ausbeutung vorhanden sind, ist es auf der anderen Seite ganz gewiß wahr, daß solches im öffentlichen Dienst einfach nicht vorhanden ist und auch nicht vorhanden sein kann. Während man auf der einen Seite wirtschaftliche Entscheidungen trifft, sind im öffentlichen Dienst wirtschaftliche Entscheidungen in dem Sinne, wie es in der privaten Wirtschaft der Fall ist, nicht zu treffen. Während wir auf der einen Seite den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer sehen, sehen wir im öffentlichen Dienst Verwaltungsangehörige, die, wenn sie Vorgesetzte sind, infolge der hierarchischen Gliederung des öffentlichen Dienstes gleichzeitig Untergebene sein müssen. In der privaten Wirtschaft gilt das Arbeitsrecht, im öffentlichen Dienst das Recht des öffentlichen Dienstes. In der privaten Wirtschaft ist die Berufssicherheit in hohem Maße von der wirtschaftlichen Konjunktur abhängig, im öffentlichen Dienst sind derartige Wirkungen nicht spürbar. Ich habe namens des Gesamtdeutschen Blocks / BHE zu erklären, daß wir mit dem Regierungsentwurf grundsätzlich einverstanden sind, jedoch gewisse Vorbehalte anmelden in bezug auf den § 25, der das Klagerecht außenstehender Verbände vorsieht, in bezug auf den § 49, der die Herbeiziehung von Vertretern außenstehender Organisationen berücksichtigt, und in bezug auf § 82 Abs. 2, der auch § 25 mit dem Klagerecht, das ich eben erwähnt habe, enthält. Wir wünschen diesen Paragraphen als Rahmenvorschrift zu streichen. Wir beantragen die Überweisung des vorliegenden Regierungsentwurfs bezüglich der Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben an den Ausschuß für Beamtenrecht als federführenden, an den Ausschuß für Arbeit und den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung als mitbeteiligte. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.

Dr. Josef Ferdinand Kleindinst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem vorausgegangenen Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetz hat dieser Gesetzentwurf eine subsidiäre Bedeutung, und zwar insofern, als er die verschiedenen Gesetze in seinen Aufgaben ergänzt, die Beamtengesetze, die Disziplinarordnung, die Dienstordnungen und auch die Tarifverträge, von denen ja vorhin schon gesagt worden ist, daß Bestimmungen, die für den öffentlichen Dienst notwendig sind, zukünftigen Vereinbarungen vorbehalten bleiben müssen. Das muß besonders herausgestellt werden. Dazu kommt aber weiter, daß dieses Personalvertretungsgesetz nicht, wie es nach den verschiedenen Ausführungen scheinen mag, nur unter dem Blickpunkt öffentliche Betriebe und öffentliche Werkstätten gesehen wird: Das sind einzelne Ausnahmen, denen wir durchaus ihre besondere Bedeutung zuerkennen und die auch am ehesten noch den Vergleich mit dem Privatbetrieb aushalten. Aber bedenken Sie den großen Bereich der Verwaltungen, nicht nur der Bundesverwaltungen, sondern rahmengesetzlich auch der gesamten Länderverwaltungen über die Provinzialverwaltungen und Regierungsstellen hinunter bis zu den Landratsämtern und Gemeindeverwaltungen. Bedenken Sie, daß dieser Gesetzentwurf - was der Bundesrat schon im Jahre 1952 angeregt hat - die Gerichte mit aufgenommen hat, und bedenken Sie, daß, wenn wir schon von den Gerichten sprechen, auch die Strafvollzugsanstalten unter das Gesetz fallen. Übersehen Sie weiter nicht die außerordentlich schwierige Übertragung auf Polizei, auf Bundesgrenzschutz, überhaupt auf den ganzen verwaltungspolizeilichen Bereich. Wenn Sie das Personalvertretungsgesetz in diesen Zusammenhängen sehen, dann müssen Sie berücksichtigen, daß hier besondere Verhältnisse vorliegen, von denen ich gesagt habe, daß das Gesetz subsidiär und ergänzend zu Gesetzen und Dienstordnungen gilt. Das ist auch der Grund, warum Gruppenwahl und Gruppenvertretung und warum in bestimmten Fällen auch Gruppenentscheidungen notwendig werden. Ich will nur wiederholen: Gerichte, Strafvollzugsanstalten, Bundesgrenzschutz usw. Die Aufgaben, die hier im einzelnen angesprochen worden sind, haben ihre zweifache Grenze, einmal in der Bedeutung der politischen Verantwortung der Parlamente und der gemeindlichen Vertretungskörper und zum andern - ich unterstreiche das - in der Bedeutung des Organisations- und Personalrechtes der obersten Dienstbehörden, für die sie wiederum ihren Vertretungskörpern, seien es parlamentarische oder kommunale, politisch verantwortlich sind. In diesen Grenzen müssen die Aufgaben gesehen und auch durchgeprüft werden. Es ist von den wirtschaftlichen Aufgaben gesprochen worden. Meine verehrten Damen und Herren, die wirtschaftlichen Aufgaben dieser Vertretungen im öffentlichen Dienst sind im Grunde begrenzt auf Bundesbahn, Bundespost, Wasserstraßen und auf die Betriebe der öffentlichen Wirtschaft, aber auch hier nur in sehr beschränktem Maße; denn dort gibt es eine Fülle von Betrieben, die eben nicht einem wirtschaftlichen Endzweck dienen, sondern die Versorgung der Bevölkerung zur Aufgabe haben. Auch bei der Bundesbahn und der Bundespost werden die letzten wirtschaftlichen Entscheidungen nur auf der obersten Stufe gefällt, und auch hier hat die Betriebsvertretung nur in der obersten Stufe die Möglichkeit, sich zur Geltung zu bringen, aber nicht in einer einzelnen Werkstätte, einem einzelnen Betrieb oder einer Direktion. Unter diesem Blickwinkel müssen die Aufgaben von uns noch sehr sorgfältig geprüft werden. Es würde zu nichts führen, hier in der ersten Lesung alle diese Aufgaben im einzelnen anzusprechen. Dagegen muß ein Punkt hervorgehoben werden, bei dem sich Meinungsverschiedenheiten gezeigt haben, nämlich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes und des Arbeitsgerichtes. Die Frage des Auseinandergehens der Rechtsprechung ist hier nicht gegeben, denn die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Personalvertretungsgesetzes unter({0}) scheidet sich grundsätzlich von der nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Hier stehen arbeitsrechtliche Fragen zur Entscheidung, dort Fragen des Verwaltungsrechtes. Deshalb sind hier unbedingt - nicht in Entscheidung einer Ermessensfrage, sondern in zwingender rechtlicher Konsequenz - die Verwaltungsgerichte zuständig. ({1}) Der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen, daß es sich hier um Verwaltungsakte handelt, die angegriffen werden; beim Betriebsverfassungsgesetz dagegen handelt es sich um privatrechtliche, arbeitsrechtliche Fragen. In bezug auf das Rahmengesetz sind auch wir - und auch wir von der bayerischen Landesgruppe - der Überzeugung, daß rahmengesetzliche Bestimmungen notwendig sind. ({2}) Das sind rein sachliche Überlegungen. Übersehen wir doch nicht, daß die Arbeitskräfte, z.B. Beamte, beamtete Techniker oder Angestellte und Arbeiter der Bundesbahn und Bundespost, jeden Tag mit den Beamten, Angestellten, Technikern und Arbeitern der Elektrizitätswerke zusammenarbeiten müssen. Auch bei den Baubehörden ist das, ich möchte sagen, täglich der Fall. Allein diese sachlichen Überlegungen zwingen uns dazu, rahmengesetzliche Bestimmungen zu erlassen. Ob das Gesetz ein Zustimmungsgesetz ist oder nicht, ist eine Frage der Auslegung des Grundgesetzes, eine verfassungsrechtliche Frage, deren eingehende Prüfung wir uns vorbehalten und zu der wir Stellung nehmen müssen. Aber auf eines möchte ich besonders aufmerksam machen. Es handelt sich nicht um Gruppeninteressen, nicht um einen Gruppengeist, der erzogen oder verhindert werden soll, sondern es handelt sich darum, daß diese Gruppen im öffentlichen Dienst einheitlich zusammenarbeiten. Wie diese Aufgaben gelöst werden, ist letztlich immer eine Personalfrage. Gesetze können Personen erziehen und müssen sie auch zwingen. Aber das letzte sind doch die Überzeugungen. Der Herr Kollege Böhm - ich sehe ihn augenblicklich nicht - hat von dem sozialen Fortschritt und von der Restauration vergangener Jahre gesprochen. Ich möchte sagen, wir haben doch beim Bundesbeamtengesetz und bei all den Gesetzen, die wir gemacht haben, die bewährten Grundsätze aufrechterhalten und den Fortschritt, soweit er im Staatsinteresse gelegen war, gemeinsam gefördert. Wir haben alle diese Gesetzentwürfe einstimmig angenommen. Wir hoffen, daß wir so auch dieses, wenn auch im einzelnen zweifellos umstrittene Gesetz sachlich klären, wenn auch in zügiger Behandlung, aber doch so gründlich, daß wir uns gegenseitig überzeugen, und daß wir auch hier zu einem günstigen Abschluß kommen. Deshalb glaube ich, daß wir beide Ausschüsse, in denen seit Jahren die Sachverständigen der Fraktionen sitzen, mit diesem Gesetzentwurf befassen sollten. Diese Sachverständigen sollen sich, wie wir es im 1. Bundestag schon vorgesehen hatten, in einem Unterausschuß zusammensetzen, gegenseitig ihre Erfahrungen mitteilen, sich gegenseitig überzeugen und miteinander Lösungen suchen. Den Ausschuß für innere Angelegenheiten bitte ich nicht zu beteiligen. Es handelt sich hier nicht um Fragen der Organisation der inneren Verwaltung, sondern der Gesetzentwurf schließt sich - er ist auch da subsidiär - nur an die Organisation der inneren Verwaltung an, ordnet lediglich die dienstlichen, lediglich die personellen Verhältnisse, aber wiederum nur ergänzend unter den Personalgesetzen - Beamtenrecht - und Tarifverträgen. Ich bitte deshalb, den Gesetzentwurf den beiden Ausschüssen für Arbeit und Beamtenrecht zu überweisen; diese werden dann von der Möglichkeit Gebrauch machen, in einem Unterausschuß zusammenzuarbeiten. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Georg Schneider ({0}).

Georg Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002043, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als seinerzeit das Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet wurde, wurde nach vielen Kämpfen der öffentliche Dienst davon ausgenommen. Wir haben heute nicht mehr darüber zu sprechen, ob das richtig oder falsch war; es ist jedenfalls als Tatsache festzustellen. Nun soll das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer mit einem dritten Gesetz, das uns im Entwurf vorliegt, ergänzt oder vervollständigt werden. Wer der Auffassung ist, daß es richtig war, den öffentlichen Dienst vom Betriebsverfassungsgesetz auszuschließen, müßte nunmehr bei der Beratung über diesen Gesetzentwurf auch erkennen, daß der öffentliche Dienst seinem Wesen nach nicht eine Einheit ist, sondern daß man sehr wohl die eigentliche öffentliche Verwaltung von den öffentlichen Wirtschaftsbetrieben unterscheiden muß. In den Ausschußberatungen sollten wir deshalb vor allen Dingen darüber nachdenken, wie wir diesem Gesichtspunkt in entsprechenden Paragraphen Ausdruck geben können. Ich bin der Meinung, daß man in den öffentlichen Wirtschaftsbetrieben den Arbeitnehmern dasselbe Ausmaß an Mitbestimmung gewähren sollte wie in den privatwirtschaftlichen Betrieben. Ich persönlich sehe jedenfalls dem Wesen nach gar keinen Unterschied zwischen den beiden Betriebsarten. Nur der Eigentums- oder Verfügungsträger ist jeweils ein anderer. Von diesem Gesichtspunkt aus würden sich dann manche Fragen viel leichter regeln lassen. Als Beispiel will ich nur die Frage herausgreifen: Verwaltungsgericht oder Arbeitsgericht? Wahrscheinlich wird man unter bestimmten Voraussetzungen beide Gerichte zuziehen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, was ein Verwaltungsgericht in Streitigkeiten überhaupt tun soll, wenn es sich um die öffentlichen Wirtschaftsbetriebe handelt. Da sind doch die sozialen Fragen und die Probleme der Mitbestimmung genau die gleichen wie in einem privatwirtschaftlichen Betrieb. Dasselbe gilt hinsichtlich der Frage, ob im Streitfalle der Minister die letzte entscheidende Stelle oder ob noch eine Gerichtsinstanz übergeordnet sein soll. Meiner Meinung nach wird auch diese Frage unterschiedlich zu beantworten sein, je nachdem, ob es sich um die öffentliche Verwaltung, d. h. um einen Verwaltungs- oder Behördenbetrieb, oder aber um einen öffentlichen Wirtschaftsbetrieb handelt. Man könnte mir z. B. einwenden: Aber ganz oben steht ja doch immerhin das Parlament. Da könnte ich mir nun denken, daß das Parlament manche seiner Befugnisse in den öffentlichen Wirtschaftsbetrieben an die ent({0}) sprechenden Stellen im Rahmen des Mitbestimmungsrechts delegiert. Das würde dem Parlamentarismus und der Demokratie durchaus keinen Abbruch tun. Ich könnte mir aber auch sehr wohl denken, daß der im vorliegenden Gesetzentwurf niedergelegte Grundsatz in den Behördenverwaltungen streng durchgeführt wird. Hier ist das Parlament zweifellos die oberste Instanz. Die Behördenchefs und meinetwegen auch die Minister sind am Ende doch vom Parlament in diese Position bestellt worden. Ich möchte der Auffassung entgegentreten - ich glaube, Kollege Sornik hat sie vorhin ausgesprochen -, die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer in den öffentlichen Betrieben sei größer als in den Privatbetrieben. Das ist nur bis zu einem bestimmten Grade richtig. Das gilt bis zu einem gewissen Grade gewiß von den öffentlichen Verwaltungen, und da auch noch lange nicht überall. Ich brauche nur an die Kündigungen zu erinnern, die gegenwärtig wieder im Gange sind. Das betrifft Tausende, Zehntausende von Angestellten und Arbeitern, deren Arbeitsverhältnis gegenwärtig bedroht ist. In viel weitergehendem Maße trifft das aber auf die eigentlichen Wirtschaftsbetriebe zu, in denen leider nicht die Rücksichten genommen werden, die man annehmen müßte, wenn der Herr Kollege Sornik recht hätte. Ich will damit nur sagen, daß ein sehr weitgehendes Mitbestimmungsrecht, zumindest ein so weitgehendes Mitbestimmungsrecht wie im Betriebsverfassungsgesetz, auch in den öffentlichen Wirtschaftsbetrieben, wenigstens mir persönlich, durchaus vertretbar erscheint. Ich möchte nicht allzusehr auf Einzelheiten des Gesetzentwurfs eingehen, aber doch noch eine Frage behandeln, die mich meiner ganzen Herkunft und meiner beruflichen Tätigkeit nach sehr interessiert, das ist die Frage der Gruppen. Wir haben bei dieser Frage einmal das Problem der Gruppenwahl zu entscheiden, dann aber auch die, ob und inwieweit die Vertretungen der Gruppen in den Angelegenheiten ihrer eigenen Gruppe allein entscheiden sollen. Die dritte Frage ist eine Nebenfrage: Sollen die Gruppen in dem vorgesehenen Personalausschuß anteilig oder nur grundsätzlich vertreten sein? Ich möchte auf Einzelheiten einer Begründung für die Einführung der Gruppenwahl, die ja der Gesetzentwurf vorsieht, und auch für die Gruppenrechte, die der Gesetzentwurf ebenfalls positiv behandelt, nicht eingehen. Ich möchte nur die Grundsätze nennen, die sich nach meiner Meinung in den Ausschußberatungen durchsetzen sollten. Für die Entschließung des Bundestags müßte, wenn auch nicht allein, aber immerhin mitentscheidend der Wille der betreffenden Gruppen sein. Die Angestellten legen nicht nur entscheidenden Wert auf die Gruppenwahl, sondern auch darauf, daß ihre Vertreter in der Personalvertretung allein entscheiden, wenn es sich um Angelegenheiten ihrer eigenen Gruppe handelt. Zu dem Gegenargument, ein Teil der Angestellten möge so denken, aber nicht die Masse, nicht alle, möchte ich darauf verweisen, daß die Geheimabstimmungen, die in anderen Zusammenhängen unter den Angestellten vorgenommen worden sind, in der letzten Zeit immer wieder zeigen, daß die Angestellten in ihren eigenen Angelegenheiten allein entscheiden wollen. Sie wollen damit aber nicht die Gemeinsamkeiten verleugnen, die sie als Arbeitnehmer mit allen anderen Arbeitnehmergruppen haben. Das haben die Angestellten ja auch wiederholt unter Beweis gestellt. Zudem liegen j a schon - und das sollte in den Ausschußberatungen berücksichtigt werden - eine ganze Reihe von Erfahrungen vor, die die Frage entscheiden helfen, ob es richtig ist, nur Gruppenwahlen vorzunehmen, im übrigen aber die Interessenvertretung der Gemeinschaft der Personalvertretung oder im anderen Falle den Betriebsräten anzuvertrauen. Wir haben Erfahrungen nicht nur nach dem Betriebsverfassungsgesetz, sondern seit vielen Jahren auch nach dem bis vor kurzem geltenden Kontrollratsgesetz, und wir haben die Erfahrungen der Betriebsräte in den letzten Jahren. Diese Erfahrungen zeigen, daß es - gottlob - in sehr vielen Fällen durchaus möglich und auch richtig ist, die Fragen der Arbeitnehmer gemeinsam zu behandeln. Aber leider haben wir eben noch eine sehr, sehr große Zahl von Betrieben, wo diese Gemeinsamkeit noch nicht vorhanden ist. In diesen Fällen muß die Möglichkeit gegeben werden, daß die Gruppen in den Personalvertretungen oder in den Betriebsräten ihre Dinge allein behandeln. Insoweit hat der erste Bundestag leider das Betriebsverfassungsgesetz nicht vollkommen gestaltet. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Ich kann mir denken, daß, wenn wir hier im Personalvertretungsgesetz eine vernünftige Lösung schaffen, eine ähnliche Lösung zu gegebener Zeit auch noch im Betriebsverfassungsgesetz möglich ist. Noch eine kurze Bemerkung zu der Frage der Rahmenbestimmungen in § 82 Abs. 2. Ich bin grundsätzlich der Meinung, daß derartige Rahmenbestimmungen notwendig sein werden. Aber die Aufzählung der Paragraphen, die dort erfolgt ist, wird noch sehr gründlich geprüft werden müssen. Es wird sehr genau untersucht werden müssen, ob dieser Rahmen nicht zu weit gespannt ist, ob er nicht enger gestaltet werden kann. Zum Schluß möchte ich bemerken: Wir sollten niemals auf interalliierte Gesetze Bezug nehmen, in diesem Zusammenhang nicht auf das Kontrollratsgesetz, das uns die ersten Betriebsräte beschert hat. Dieses Gesetz beruht auf Vorstellungen, die unseren deutschen Vorstellungen nicht entsprechen; es war ein Notbehelf. Wir sollten uns vielmehr bei unseren Beratungen als Richtschnur die Ländergesetze und die mit ihnen gemachten Erfahrungen nehmen, weiter die vielen Betriebsvereinbarungen sowie die damit gemachten Erfahrungen und schließlich überhaupt die Erfahrungen der Betriebsräte. Die Verwaltungen hatten bisher ihre Betriebsvertretungen und haben sie auch weiterhin. Es liegt also eine Praxis vor. Wir sollten uns nach den Erfahrungen in allen diesen Fällen richten. Ich lege sehr großen Wert darauf, daß der Ausschuß für Arbeit nicht nur am Rande oder hörend mitwirkt, sondern daß er entsprechend den von meinem Kollegen Sabel vorhin gemachten Vorschlägen entscheidend in die Ausschußberatungen eingeschaltet wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst allen Rednern, die gesprochen haben, ausdrücklich für die Fairneß und, wenn ich mich so ({0}) ausdrücken darf, für das Wohlwollen danken, mit dem sie die Regierungsvorlage behandelt haben. Sodann möchte ich mich an Herrn Kollegen Bohm wenden. Herr Kollege Böhm hat aus einer Rede zitiert, die ich an dieser Stelle vor beinahe vier Jahren, nämlich im Juli 1950, gehalten habe. Ich glaube sagen zu können, Herr Kollege Böhm, daß ich heute nach vier Jahren - und das will ja im politischen Leben schon allerhand heißen - immer noch zu jedem Satz stehe. ({1}) - Ich freue mich, daß Sie es mir auch ausdrücklich als Ihre eigene Meinung bestätigen. Sie haben, wenn ich jetzt aus dem Gedächtnis wiedergeben darf, einen Satz von mir zitiert, in dem ich zum Ausdruck gebracht habe, daß es damals, 1950, schon wieder allerhand träge Kräfte der Beharrung in Deutschland gegeben hat, die das, was wir uns nach 1945 als den Grundriß eines neuen Staates und eines neuen Vaterlandes vorgestellt haben, vielleicht nicht mehr ganz in der Exaktheit der Schrecksekunde vor Augen hatten. Aber nun unterscheiden wir uns vielleicht doch in einem, Herr Kollege Böhm. Ich bin nach wie vor der Meinung - ich habe das in der Begründung der Regierungsvorlage vorhin zum Ausdruck gebracht -, daß wir in der Tat auf diesem so überaus wichtigen Gebiete unserer Wirtschafts- und Sozialverfassung ein ganz beträchtliches Stück weitergegangen sind, ein Stück, von dem ich hier gesagt habe - und ich möchte es wiederholen -, daß es derzeit in keiner Gesetzgebung irgendwo in der Welt eine Parallele hat. Das ist unbestreitbar. ({2}) Ich glaube, mich also auch heute, ich möchte sagen, in der Fortsetzung der reformerischen Linie geäußert zu haben, die wir damals alle gemeinsam betont haben und, wie ich hoffe, auch in Zukunft weithin gemeinsam verfolgen können. Ich will zu dem, was hier an Möglichkeiten, das Gesetz in diesem und jenem Punkte umzugestalten, aufgezeigt wurde, nicht sehr viel sagen. Ich weiß aus den früheren Ausschußberatungen sehr genau, mit wieviel Sachkunde diese Dinge dort unter Zuziehung aller Interessierten und Beteiligten eingehend behandelt werden können, und verspreche mir durchaus davon, daß das Ergebnis ein absolut lebensnahes und praktikables Gesetz sein wird. Ich möchte aber doch noch mit einigen Worten auf etwas zurückkommen, was Herr Kollege Kühn gesagt hat. Herr Kollege Kühn hat hier so etwas mahnend an die Adresse der Bundesregierung gesagt, daß es eigentlich schon etwas lange gedauert habe, bis diese Vorlage gekommen sei. Nun, Herr Kollege Kühn, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich mir bei dieser Gelegenheit erlaube, einige mahnende Worte in umgekehrter Richtung zu sagen. Es ist ja nicht nur recht und billig, daß immer nur die Bundesregierung ermahnt wird; auch das Hohe Haus wird sich - ich sage das mit aller Zurückhaltung - dann und wann einmal eine etwas kritische Betrachtung gefallenlassen können. Ich habe hier das Protokoll der 10. Sitzung vor mir. Die 10. Sitzung dieses Hohen Hauses hat am 21. Januar stattgefunden - am 21. Januar, das wollen wir genau festhalten, also vor beinahe zwei Monaten. Damals hatte ich unter Ausnutzung aller Beschleunigungsmöglichkeiten, die der Bundesregierung zur Verfügung standen, tatsächlich das Personalvertretungsgesetz hier auf der Tagesordnung. Und wer anders als dieses Hohe Haus ist es gewesen, das mich nochmals auf den Weg über den Bundesrat verwiesen hat, einen Weg, der mich leider zwei Monate gekostet hat - und Sie mit mir! ({3}) - Herr Kollege Mellies, ich kann es auch noch eine Schattierung staatsrechtlicher behandeln, wenn Sie das wollen; das will ich gerne tun! Es ist eine Frage der Diskontinuität oder der Nicht-Diskontinuität, eine Frage, die, wie ich zugebe, umstritten ist. Ich kann hierzu nur meine Überzeugung ausdrücken, die auch die Überzeugung der Bundesregierung ist, wenn sie sich auch inzwischen aus rein praktikablen Gründen schließlich anders verhalten hat. Die jetzt praktizierte Auffassung ist nach unseren verfassungsrechtlichen Bestimmungen nicht zwingend. Es ist meine Meinung, daß es möglich gewesen wäre, diese Vorlage bereits damals zu behandeln, weil - darin werden Sie mir zustimmen - ein solcher Formverstoß, wenn er überhaupt einer ist, mindestens ein heilbarer Verstoß gewesen wäre. Ich sage das nur, Herr Kollege Mellies, in Erwiderung auf etwas, was mir Herr Kollege Kühn entgegengehalten hat, und Sie werden mir diese Art der Selbstverteidigung sicherlich nicht abschneiden wollen. ({4}) Ich bin gern bereit, das Problem an anderer Stelle noch einmal ausführlich zu behandeln. Ich fühle mich hier auf verfassungsrechtlich sicherem Grund, jedenfalls auch nach Meinung der Leute, die mich hierin beraten haben. Was ich jetzt sage, gilt nun nicht mehr nur für Herrn Kollegen Kühn, sondern für das ganze Haus: Gerade weil wir zu unser aller Bedauern einen gewissen Zeitverlust erlitten haben, habe ich die dringende Bitte an das Hohe Haus - und nun sehe ich wieder Herrn Kleindinst an -, das zügige Verfahren, um das ich gebeten habe, hier tatsächlich zu praktizieren, und zwar nicht im Interesse der Bundesregierung - die Bundesregierung kann abwarten, bis dieses Gesetz verabschiedet ist -, sondern ich glaube, als einen Dienst am inneren Frieden unseres Volkes. ({5})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache zur ersten Beratung. Bezüglich der Ausschußüberweisung liegen verschiedene Anträge vor. Der Antrag, den Herr Kollege Sabel namens der Fraktion der CDU/CSU gestellt hat, geht am weitesten, da er von der üblichen Behandlung in diesem Hause abweicht. Ich darf diesen Antrag hier noch einmal verlesen: Die Drucksache 160 - Personalvertretungsgesetz - wird den Ausschüssen für Arbeit und für Beamtenrecht gleichberechtigt überwiesen mit der Maßgabe, daß die Beratung in einem aus diesen Ausschüssen gebildeten Unterausschuß erfolgt. Ich darf darauf hinweisen, daß ein Präzedenzfall insofern vorliegt, als bereits der erste Bundestag in gleicher Weise beschlossen hat. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, die Hand zu er({0}) heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen einstimmig angenommen. Ich stelle das im Hinblick auf § 127 der Geschäftsordnung ausdrücklich fest. Die übrigen Überweisungsanträge sind damit erledigt. Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Übereinkommen Nr. 45 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1935 über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagarbeiten in Bergwerken jeder Art ({1}). ({2})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Bezüglich dieser Vorlage ist im Ältestenrat eine Übereinstimmung dahin erzielt worden, daß weder begründet noch debattiert werden soll. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall. Ich schlage Ihnen Überweisung der Drucksache 288 an den Ausschuß für Arbeit vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Es erhebt sich kein Widerspruch; die Überweisung ist beschlossen. Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Horlacher, Stücklen und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Herkunftsbezeichnung des Hopfens ({0}). Hier gilt das gleiche wie für den vorigen Tagesordnungspunkt. Das Haus ist wohl damit einverstanden, daß weder begründet noch debattiert werden soll. - Das ist der Fall. Ich schließe die Beratung. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vor. - Es erhebt sich kein Widerspruch; die Überweisung ist beschlossen. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen ({1}). Auch hier soll keine Debatte stattfinden. Wortmeldungen liegen auch nicht vor. Ich schließe die Beratung und schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit als federführenden und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als mitberatenden Ausschuß vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen über den Straßenverkehr vom 19. September 1949, dem Protokoll über Straßenverkehrszeichen vom 19. September 1949 und der Europäischen Zusatzvereinbarung vom 16. September 1950 zum Abkommen über den Straßenverkehr und zum Protokoll über Straßenverkehrszeichen ({2}). Wortmeldungen liegen nicht vor; es war auch beschlossen, auf Begründung und Aussprache zu verzichten. Ich schließe die erste Beratung und schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen vor. Ist das Haus damit einverstanden? Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen. Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den vier Genfer RotkreuzAbkommen vom 12. August 1949 ({3}). Auch hier ist interfraktionell vereinbart, so zu verfahren wie bei den vorhergehenden Tagesordnungspunkten. Ich schließe die erste Beratung und schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten - federführend - und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit - mitberatend - vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den deutsch-chilenischen Briefwechsel vom 3. November 1953 betreffend die zollfreie Einfuhr von 50 000 t Chilesalpeter in der Zeit vom 1. Juli 1953 bis 30. Juni 1954 ({4}). Interfraktionell ist vereinbart, daß weder begründet noch debattiert werden soll. Ich schließe die erste Beratung und schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen - federführend - und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt. Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Handelsvertrag und den Notenwechsel vom 1. August 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador ({5}). Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist vereinbart worden, hier genau so zu verfahren. Ich schließe daher die erste Beratung und schlage dem Hause die Überweisung dieser Drucksache an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt. Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Abkommen vom 2. September 1949 über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates und zu dem Zusatzprotokoll vom 6. November 1952 zu diesem Abkommen ({6}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ({7}) ({8}). ({9}) Ich erteile dem Herrn Berichterstatter, dem Abgeordneten Dr. Kopf, das Wort. Dr. Kopf ({10}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Art. 40 der Satzung des Europarates vom 5. Mai 1949 genießen der Europarat, die Vertreter der Mitgliedstaaten und das Sekretariat auf den Gebieten der Mitglieder die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Vorrechte und Befreiungen. Schon damals ist in der Satzung des Europarats vorgese({11}) hen worden, daß zwischen den Mitgliedstaaten ein Abkommen über den Umfang und die Art dieser Vorrechte und Befreiungen abgeschlossen werden soll. Die Bundesrepublik ist dem Europarat im Jahre 1949 zunächst als assoziiertes Mitglied, später, im Jahre 1951, als Vollmitglied beigetreten. Wenige Tage vor dem Beitritt der Bundesrepublik als assoziiertes Mitglied haben die damaligen Mitgliedstaaten das ihnen vorliegende Abkommen unterzeichnet. Dieses Abkommen ist nach Ratifikation durch sieben Staaten am 10. September 1952 in Kraft getreten. Später ist das Ihnen gleichfalls vorliegende Zusatzprotokoll unterzeichnet worden, das auch anderen Staaten als den ursprünglichen Unterzeichnerstaaten die Möglichkeit eröffnet, dem Abkommen beizutreten. Das vorliegende Gesetz ist ein Zustimmungsgesetz. Es soll hierdurch der Beitritt zu dem Abkommen und dem Zusatzabkommen seitens der Bundesrepublik ausgesprochen werden, allerdings mit einer einzigen Ausnahme: der Beitritt soll sich nicht auf Art. 6 b des Abkommens beziehen. Dieser Art. 6 b sieht vor, daß der Europarat seine Mittel von éinem Land in ein anderes Land oder innerhalb eines jeden Landes frei transferieren und alle in seinem Besitz befindlichen Devisen in jede andere Währung umtauschen kann. Das vorliegende Zustimmungsgesetz will diesen Art. 6 b ausschließen. Es darf jedoch der Erwartung Ausdruck gegeben werden, daß auch die deutschen Behörden im Verhältnis zum Europarat die geltenden Bestimmungen großzügig handhaben werden und daß sie der Bedeutung des Europarats als einer internationalen und, wie wir hoffen, in Zukunft supranationalen Einrichtung Rechnung tragen werden. Das Abkommen regelt zunächst die Frage der Rechtspersönlichkeit des Europarats, seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit in den einzelnen Ländern, die Unverletzlichkeit der Gebäude und Räumlichkeiten, der Archive und Schriftstücke, die Steuer- und Zollfreiheit, ferner die Vorrechte der Vertreter im Ministerkomitee, der Abgeordneten der Beratenden Versammlung und der Beamten des Rats. In unserem Parlament dürften besondere Beachtung verdienen die Bestimmungen des Art. 13, in denen die Rechte der Abgeordneten der Beratenden Versammlung geregelt werden. Danach dürfen die Reisen der Abgeordneten der Beratenden Versammlung und ihrer Stellvertreter zum Tagungsort und zurück durch keinerlei Verwaltungs- oder andere Beschränkungen behindert werden, und den Abgeordneten und ihren Stellvertretern werden hinsichtlich der Zoll- und Devisenkontrolle weitgehende Erleichterungen gewährleistet. Es darf auch hier die Erwartung ausgesprochen werden, daß die deutschen Dienststellen und Behörden diese Vorrechte, die jedem Abgeordneten des Europarats eingeräumt werden, in großzügiger und dem Sinn dieses Abkommens entsprechender Weise berücksichtigen und die nötigen Durchführungsbestimmungen hierzu treffen werden. Das Zusatzabkommen dehnt die Vorrechte, die in dem Abkommen für die Mitglieder des Ministerrats festgelegt worden sind, auf deren Stellvertreter und auf sonstige Regierungsvertreter aus. Es erstreckt ferner die Vorrechte der Abgeordneten der Beratenden Versammlung auf den Besuch und die Teilnahme an Sitzungen der Ausschüsse und der Unterausschüsse. Der Auswärtige Ausschuß schlägt Ihnen vor, dem vorliegenden Gesetz, das die Ratifikation sowohl des Abkommens als auch des Zusatzabkommens vorsieht, Ihre Zustimmung zu erteilen.

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die Einzelberatung der zweiten Lesung ein. Ich rufe auf Art. 1. - Das Wort hat der Abgeordnete Paul.

Ernst Paul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001681, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Bundestages darf ich erklären, daß wir dem vorliegenden Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben. Wir befürworten den Beitritt zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates vom 2. September 1949 sowie zu dem Zusatzprotokoll vom 6. November 1952. Man kann in der Bewertung der Bedeutung der Straßburger Institution verschiedener Meinung sein, und unsere skeptische Auffassung ist in manchen Teilen gerechtfertigt worden. Der Europarat hat nicht alle Erwartungen erfüllt, die an ihn geknüpft worden sind. Vielfach war er eine Art Propagandaeinrichtung für bestimmte politische Pläne. Die Ergebnisse seiner konkreten Arbeit müssen als sehr bescheiden bezeichnet werden. Daran trägt sicher auch der Umstand schuld, daß die Straßburger Versammlung, wie Sie alle wissen, nur beratenden Charakter besitzt. Sie kann Resolutionen, also Willensäußerungen beschließen oder Rekommandationen, Empfehlungen an die Ministerinstanz, die allein entscheidendes Organ ist. Ob die Minister einen Vorschlag aufgreifen, liegt in ihrem Ermessen. Viele wertvolle Anregungen der Beratenden Versammlung sind deshalb schon unter den Tisch gefallen, weil sie von den Ministern unbeachtet geblieben sind. Dieser Umstand hat das Ansehen des Europarats, aber auch seine wirkliche Bedeutung in der Weltöffentlichkeit in den letzten Jahren erheblich vermindert. Demgegenüber steht die Tatsache, daß der Europarat ein großartiges Forum für politische Aussprachen von europäischen Politikern darstellt, das wegen dieser Eigenschaft zweifellos eine bestimmte Bedeutung besitzt. Es gab Aussprachen, die ein besonders hohes politisches Niveau aufwiesen und die dazu beigetragen haben, daß manche Zweifelsfrage in den Beziehungen der Völker zueinander geklärt werden oder einer Klärung näher gebracht werden konnte. Wir sind daher der Meinung, daß man aus dieser bestehenden Institution das Bestmögliche herausholen soll. Deswegen stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu; denn wir glauben, daß das Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen dazu beitragen kann, das Prestige des Europarats zu erhöhen. Es gibt ein unbestritten positives Ergebnis der Arbeit des Europarats, an dem auch die Beratende Versammlung Anteil hat: in Straßburg werden persönliche Beziehungen zwischen europäischen Politikern angeknüpft, Kontakte, die auch über Straßburg hinaus politische Bedeutung haben. Die in dem Abkommen vorgesehenen Vorrechte und Befreiungen fördern den Ausbau dieser Beziehungen und das Entstehen einer europäischen Ideologie. Dies ist ein Grund mehr dafür, daß wir dem Abkommen zustimmen. Wir wünschen, daß die Delegierten der Beratenden Versammlung aus anderen europäischen Ländern, wenn sie in die Bundesrepublik oder durch die Bundesrepublik ({0}) reisen, sich hier wohlfühlen und keinerlei Beschränkungen unterliegen. Ich darf noch auf eine Tatsache aufmerksam machen, die uns Delegierte für den Europarat sehr oft peinlich berührt hat. In Art. 13 des Abkommens ist vorgesehen, daß die Abgeordneten der Beratenden Versammlung die gleichen Erleichterungen haben sollen, wie sie den hohen Beamten, die sich in amtlicher Mission vorübergehend ins Ausland begeben, zugebilligt werden. Dies ist mit anderen Worten eine Art diplomatischer Status, der nach dem Abkommen für die Vertreter im Ministerkomitee gilt, nach Art. 12 aber auf alle Arten von Vertretern, also auf Berater, technische Sachverständige und Delegationssekretäre ausgedehnt wird. Ich muß feststellen, daß sich die Bundesregierung bisher beharrlich geweigert hat, den deutschen Vertretern in der Beratenden Versammlung in Straßburg diesen Status zuzubilligen. In anderen Staaten ist diese Sache längst geregelt worden. Die Regierungen haben den Abgeordneten, die nach Straßburg delegiert sind, Diplomatenpässe ausgestellt. ({1}) Seit zweieinhalb Jahren haben die deutschen Delegierten im Europarat übereinstimmend in allen Fraktionen die Forderung nach einer gleichartigen Behandlung erhoben. Das Auswärtige Amt hat diese Wünsche bisher unbeachtet gelassen. Es hat schließlich in einzelnen Fällen Dienstpässe ausgestellt. Dieses Vorgehen ist sachlich und formal falsch. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind nicht Bedienstete des Auswärtigen Amts, ({2}) sie sind gewählte Vertreter des deutschen Volkes. ({3}) Die Funktion dieser Vertreter wird dadurch erhöht, daß sie in den Europarat oder in das Parlament der Montan-Union delegiert worden sind. Es geht also hier um die Bewertung der Funktion eines Abgeordneten, der in europäische parlamentarische Einrichtungen entsandt wird. Wir müssen darauf bestehen, daß diese Angelegenheit baldigst in Ordnung gebracht wird. Übrigens ist die Bundesregierung nach dem klaren Wortlaut des Abkommens dazu verpflichtet, und es ist bedauerlich, daß es erst dieses Abkommens bedarf. Indem wir also unsere Zustimmung erklären, sprechen wir gleichzeitig die Hoffnung aus, daß wir nach dem Beitritt zu diesem Abkommen nicht mehr lange auf eine befriedigende Regelung zu warten brauchen und daß die Bundesregierung endlich eine gegenüber den Delegierten zum Europarat und zur Montan-Union selbstverständliche Pflicht erfüllt. Lassen Sie mich aber zum Schluß noch eine Randbemerkung machen, meine Damen und Herren. Wir möchten nicht, daß die Auffassung entsteht oder bestehenbleibt, als ob wir nur Vorrechte und Befreiungen für die Abgeordneten des Bundestags und für die Delegierten in den Europarat wollten. Wir wollen und wünschen, daß für alle Bürger die Beschränkungen fallen, die bis jetzt noch an unseren Grenzen bestehen. Es wird viel vom Aufbau Europas gesprochen. Wir können Europa nicht schaffen, solange Schlagbäume an den Grenzen das Zusammenkommen der Völker verhindern. Ich stehe unter dem Eindruck eines erschütternden Erlebnisses, das eine Jugendgruppe aus meinem Wohnort Eßlingen vor einiger Zeit gehabt hat. Junge, europabegeisterte Menschen waren in der Grenzstadt Kehl und sahen lockend vor sich den Turm des Straßburger Münsters. Sie glaubten, sie könnten für zwei Stunden den Sprung hinüber, über den Rhein, machen. Keine Möglichkeit bestand, diesen jungen Menschen ein auch nur auf zwei Stunden befristetes Notvisum zu geben! Es wird gewünscht, daß die Jugend europäischer Länder in gemeinsamen Kampfformationen zur Verteidigung Europas auftreten soll. Ist es aber nicht ein Widersinn, daß man der Jugend Europas solche Schwierigkeiten macht, wenn sie über die Grenze kommen und andere Länder und andere Menschen kennenlernen will? ({4}) Wir geben unsere Zustimmung zum Beitritt zu diesem Abkommen in der Erwartung, daß es einen Anfang bildet, dem bald die Befreiung von allen Beschränkungen auch für alle übrigen Bürger folgen möge. ({5})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelberatung zu Art. 1. Ich rufe Art. 2 auf und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich rufe Art. 3 auf. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich rufe Art. 4 auf. - Wortmeldungen liegen ebenfalls nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich rufe Einleitung und Überschrift auf. - Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift dieses Gesetzes zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe zur dritten Lesung auf und eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Art. 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift in der dritten Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Abkommen vom 2. September 1949 über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates und zu dem Zusatzprotokoll vom 6. November 1952 verabschiedet. Ich rufe Punkt 14 der heutigen Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Freundschafts- und Handelsvertrag vom 21. April 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich des Jemen ({0}). Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({1}) ({2}). ({3}) Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Margulies. Margulies ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der dem Hause in Drucksache 72 vorgelegte Freundschafts- und Handelsvertrag mit dem Königreich Jemen gewinnt eine besondere Bedeutung dadurch, daß es der Bundesregierung gelungen ist, freundschaftliche Beziehungen zu einem Mitglied der arabischen Liga herzustellen. Der Vertrag bietet im Sinne der traditionellen Freundschaft zwischen Arabern und Deutschen die Grundlage für die deutsche Wirtschaft, sich an der Erschließung des Imanats Jemen zu beteiligen, insbesondere am Bau und Ausbau von Verkehrswegen sowie an der Förderung von Bodenschätzen mitzuwirken. Der mitberatende Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten hat seine Zustimmung erklärt. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat einstimmig beschlossen, Ihnen die Annahme des Gesetzes zu empfehlen, durch das dem Freundschafts- und Handelsvertrag der Bundesrepublik Deutschland mit dem Königreich Jemen zugestimmt wird.

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe in der Einzelaussprache der zweiten Beratung auf Art. I. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache. Ich rufe auf Art. II. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache. Ich rufe auf Art. III. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache. Ich rufe auf Art. IV. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache. Ich rufe schließlich auf Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache. Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung und eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die allgemeine Aussprache. Ich rufe auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Art. IV, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist das Gesetz über den Freundschafts- und Handelsvertrag vom 21. April 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich des Jemen verabschiedet, da gemäß § 88 Satz 4 der Geschäftsordnung eine Schlußabstimmung unterbleibt. Ich rufe auf Punkt 15 der heutigen Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({0}) über den Antrag der Fraktion der DP betreffend Fahrpreisermäßigung für „Flüchtlinge B". ({1}). Das Wort hat der Berichterstatter, Abgeordneter Schoettle. Schoettle ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei hat in diesem Hause mit Datum vom 1. Dezember 1953 einen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung ersucht wird, „den hilfsbedürftigen ‚Flüchtlingen B' nach Ablauf der Frist am 31. Dezember 1953 weiterhin gegen Vorlage einer Bescheinigung des Kreisflüchtlingsamtes auf den Strecken der Bundesbahn und der Bundespost eine 50%ige Fahrpreisermäßigung" zu gewähren. Der Antrag ist dem Haushaltsausschuß - federführend - und dem Verkehrsausschuß, dem Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen und dem Ausschuß für Heimatvertriebene zur Mitberatung zugewiesen worden. Die Beratungen haben folgendes Ergebnis gehabt. Die Vertreter der Deutschen Partei in den Ausschüssen haben erklärt, nach ihrem Antrag sollten unter „Flüchtlingen B" Evakuierte verstanden werden. Daraufhin haben die Vertreter der beteiligten Ressorts mitgeteilt, daß ein gemeinsames Rundschreiben des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen an die Landesregierungen bereits mit Datum vom 24. April 1952 ergangen sei. Eine weitere Verständigung mit den Landesregierungen sei am 11. Januar 1954 erfolgt. In dem gemeinsamen Rundschreiben der genannten Ministerien sei eine sehr weitgehende Regelung der in dem Antrag der Deutschen Partei aufgeworfenen Frage getroffen worden. Die Ausschüsse kamen daher zu dem Ergebnis, dem Hause vorzuschlagen, den Antrag der Deutschen Partei durch die Maßnahmen der Bundesregierung als erledigt anzusehen. Da es zu weit führen würde, wenn ich Ihnen den Inhalt des gemeinsamen Rundschreibens des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen hier vortragen wollte, erlaube ich mir, die Dokumente, die auf diesen Antrag Bezug nehmen, zu Protokoll zu geben, so daß Sie die Einzelheiten im Protokoll des Bundestages nachlesen können.*) Ich empfehle dem Hause die Annahme des Berichts des Haushaltsausschusses, wie Sie ihn in Drucksache 302 vor sich sehen.

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Da Wortmeldungen nicht vorliegen, komme ich zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses, niedergelegt in Drucksache 302, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung: Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({0}) ). Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Überweisung ist beschlossen. Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich darf noch für einen Augenblick um Gehör bitten. Der Vorsitzende des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen läßt mitteilen, daß die heutige Sitzung des Ausschusses nicht eine Stunde nach Schluß des Plenums, sondern um 14 Uhr 30 in Zimmer 210 Süd stattfinden wird. Meine Damen und Herren, ich berufe die nächste, die 21. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 1. April 1954, 9 Uhr, ein und schließe die 20. Sitzung des Deutschen Bundestages.