Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung erweitert um die Mündlichen Berichte des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({0}) und zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes ({1}). Ich schlage Ihnen vor, daß wir diese Punkte als Punkt 2 der Tagesordnung behandeln und daß wir als Punkt 3 der Tagesordnung die Zollvorlage behandeln. Sie soll ebenfalls auf die Tagesordnung genommen werden: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({2}) über den Entwurf einer Dreiundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({3}) ({4}).
({5})
- Wollten Sie dazu das Wort nehmen? Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man ist sich interfraktionell einig, Herr Präsident, daß Punkt 3 der gedruckten Tagesordnung, die hier vorliegt - Umsatzsteuergesetz -, auch auf der Tagesordnung bleiben soll.
Die Tagesordnungspunkte verschieben sich ja ohnehin; denn die Haushaltsdebatte ist in erster Lesung abgeschlos({0})
sen. Punkt 2 wird also Punkt 1. Die Vermittlungsausschuß-Angelegenheiten würden Punkt 2 werden. Dann würde ich Ihnen vorschlagen, daß wir die Zollvorlage nehmen, und dann geht es weiter: der jetzige Punkt 3 würde Punkt 4 werden.
({1})
- Klar.
Dagegen soll abgesetzt werden, meine Damen und Herren, und zwar nach dem Vorschlag des Ausschusses für Geld und Kredit, der Punkt 7 der gedruckten Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Häussler, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlaegesellschaften ({2}).
({3}) - Wollten Sie dazu das Wort? Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung. Es hat sich um den Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der SPD und über die Änderung der Durchführungsbestimmungen gehandelt, der ursprünglich auf der Tagesordnung war
({0})
- Umsatzsteuersystem! - und der, worüber interfraktionelle Vereinbarung besteht, wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden soll, nicht um die Umsatzsteuerangelegenheit unter Punkt 3.
Das ist also die Drucksache 2969, dieser Mündliche Bericht soll auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Aber Sie haben nichts dagegen, daß Punkt 7 betreffend Kapitalanlagegesellschaften abgesetzt wird? Damit sind Sie einverstanden? ({0})
- Gut.
Das Haus ist damit einverstanden, daß die Vermittlungsausschuß-Angelegenheit, die Zollvorlage und der Mündliche Bericht Drucksache 2969 auf die Tagesordnung kommen und der Punkt 7 der gedruckten Tagesordnung - Kapitalanlagegesellschaften - abgesetzt wird. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf den Punkt 1 a bzw. nach der gedruckt vorliegenden Tagesordnung den Punkt 2 a:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Ersten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 ({1}) ({2}). Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) ({4}).
({5}).
Ich frage, ob der Herr Berichterstatter das Wort wünscht. - Herr Abgeordneter Dr. Gleissner als Berichterstatter.
Dr. Gleissner ({6}) ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es dürfte angebracht und die Sache dürfte es wert sein, auf die bisherige Entwicklung des
Haushalts des Bundesministeriums für Atomfragen kurz einzugehen. Als erster Plan lag als Anfang für 1955 ein Nachtrag für etwa ein Vierteljahr vor, nämlich für die Zeit vom 1. Dezember 1955 bis 31. März 1956, mit einem Betrag von über einer halben Million DM. Es handelte sich dabei um den ersten Aufbau des Ministeriums für Atomfragen und damit im wesentlichen um Personalkosten und den notwendigen Sachaufwand. Größere Forschungsfonds waren darin noch nicht enthalten.
Der erste ordnungsgemäße Haushaltsplan 1956 wurde in diesem Sommer ressortmäßig abgeschlossen, jedoch konnte der Anschluß an den Gesamtbundeshaushalt und dessen inzwischen abgeschlossene Beratung nicht mehr erreicht werden. Der Bundesfinanzminister hat daher zur Haushaltsberatung in diesem Sommer lediglich einen vorläufigen Haushaltsplan mit einem Globaletat von rund 44,37 Millionen DM vorgelegt und in den Bundeshaushalt eingestellt. Der mit der Drucksache 2874 vorgelegte Nachtragshaushalt beinhaltet die gleiche Summe wie der vorläufige Haushaltsplan und dazu die Aufgliederung für die einzelnen Verwendungszwecke.
Maßgebend für den Aufbau und die Arbeit des Bundesministeriums für Atomfragen ist - das darf hier wohl erwähnt werden - die Konzeption, die hier im Hause seinerzeit von Bundesminister Strauß und neuerdings, an anderer Stelle, von Bundesminister Balke vorgetragen wurde. Darauf möchte ich noch kurz eingehen. Es ist danach ein sogenannter Dreistufenplan vorgesehen, der zum Ziele hat erstens Förderung der Forschung und der Ausbildung des Nachwuchses auf dem Atomgebiet, zweitens Entwicklung von Versuchsreaktoren und drittens Entwicklung von Leistungsreaktoren. Damit soll ein Vorgehen in drei Richtungen ermöglicht und der zehn- bis fünfzehnjährige Vorsprung des Auslandes planmäßig aufgeholt werden.
Was den vorliegenden Nachtragshaushalt betrifft, so darf ich Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, daß von der Gesamtsumme von 44,3 Millionen DM rund 2 Millionen DM auf Personal und den notwendigen Sachaufwand entfallen, dagegen rund 42 Millionen DM Bundesmittel auf die Förderung der Forschung, die Förderung des Nachwuchses und auf die Entwicklung der technischen Einrichtungen auf dem Gebiete der Atomwirtschaft. Entscheidend ist damit haushaltsmäßig weniger der neuentstandene Beamtenkörper, entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Ausgaben für Forschung, Wissenschaft und Nachwuchsförderung. Im Haushalt des Atomministeriums sind für Förderung der Wissenschaft sehr hohe Fonds eingesetzt, womit der Bund seine Leistungen zugunsten von Forschung und Wissenschaft wiederum ansehnlich erhöht und erweitert hat. Mit dem vorliegenden Nachtragsetat werden auch Aufgaben, die bisher, wenigstens teilweise, von der Forschungsgemeinschaft mitgetragen wurden, jetzt verstärkt und erheblich erweitert, finanziell auf das Atomministerium verlagert. Die Forschungsgemeinschaft, an der wir hier im Hause sehr interessiert sind, dürfte damit bisher für Zwecke der Atomforschung gebundene Mittel anderen wissenschaftlichen Aufgaben zur Verfügung stellen können und auf jeden Fall wesentlich entlastet sein.
Im übrigen darf ich auf die Drucksachen 2874 und 2976 hinweisen und Sie bitten, meine Damen und Herren, dem Antrag des Haushaltsausschusses
({8})
in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung zustimmen zu wollen.
({9})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache der zweiten Lesung über den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses, Drucksache 2976.
Meine Damen und Herren, ich rufe zunächst auf die Ziffer 1 des Antrags Drucksache 2976 betreffend den Entwurf eines Ersten Nachtrags zum Einzelplan 31. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die Aussprache.
Ich komme zur Abstimmung. Wer in der zweiten Lesung dieser Ziffer 1 betreffend den Nachtrag zum Einzelplan 31 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die Ziffer 2 betreffend den Entwurf eines Gesamtplans mit der neuen Überschrift „Entwurf eines Gesamtplans zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 1956". Wird zu Ziffer 2 des Antrags Drucksache 2976 das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die Aussprache.
Wer dieser Ziffer 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs auf der Rückseite derselben Drucksache. Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die Aussprache.
Wer den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich trete ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Beratung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung über Ziffer 3 §§ 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenprobe! -Bei zahlreichen Gegenstimmen ist das Gesetz angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 2 b der gedruckten, also Punkt 1 b der heute beschlossenen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 (Drittes Nachtragshaushaltsgesetz 1956 ({0});
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) ({2}). ({3})
Ich frage, ob der Herr Berichterstatter das Wort zu nehmen wünscht. - Als Berichterstatter Herr Abgeordneter Dr. Blank ({4}).
Dr. Blank ({5}) ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entwurf eines dritten Nachtrags zum Haushaltsplan 1956, Drucksachen 2774 und 2975, enthält Mittel für den Aufbau der Bundeswehr im Gesamtbetrage von 2 634 187 100 DM. Bevor ich auf den Inhalt des Nachtrags im einzelnen eingehe, darf ich darauf hinweisen, daß der dritte Nachtrag künftig die Bezeichnung „Erster Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956" erhalten wird. Der bisherige erste Nachtrag, eingereicht unter der Bezeichnung „Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1956" mit den Ansätzen für das Wehrersatzwesen, erfuhr eine Verzögerung, da sich Umplanungen in der Organisation des Wehrersatzwesens als notwendig erwiesen.
Die Mittel für den Aufbau der Bundeswehr im Rechnungsjahr 1956 sind in dem Globaltitel Kap. 14 01 Tit. 300 mit einem Gesamtbetrage von 8 717 742 000 DM veranschlagt; der Einzelplan 14 des Bundesministeriums für Verteidigung besteht also - abgesehen von Kap. 14 01 Tit. 301 mit einem Ansatz von 50 Millionen DM für wissenschaftliche Forschung - zur Zeit nur aus e i n e m Globaltitel. Seine Zweckbestimmung sieht vor, daß über die Globalsumme durch Nachträge zum Bundeshaushaltsplan 1956 für die einzelnen in Betracht kommenden Zweckbestimmungen verfügt werden kann und daß mit Zustimmung des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Verteidigung des Deutschen Bundestages Mittel für besonders dringliche Maßnahmen bereits vor der Verkündung der Nachträge im Wege einer Vorwegbewilligung zur Verfügung gestellt werden können.
Der vorliegende dritte Nachtragsentwurf faßt die von den beiden genannten Ausschüssen des Deutschen Bundestages in einer gemeinsamen Sitzung am 5. Juli 1956 - Protokoll Nr. 172 des Haushaltsausschusses - genehmigten drei Vorwegbewilligungen zusammen und gibt ihnen die endgültige haushaltsrechtliche Form.
Die erste Vorwegbewilligung enthielt Ausgabemittel in Höhe von 634 531 600 DM für die Beschaffung von Marinegerät und Flugzeugen. Sie finden diese Positionen in Kap. 14 18 Tit. 976 - Beschaffung von marineeigentümlichem Gerät - im Gesamtbetrage von 9 531 600 DM und in dem Kap. 14 19 Tit. 965 - Beschaffung von Flugzeugen, zweiter Teilbetrag - in einem Gesamtbetrag von 625 Millionen DM. Bei dem Marinegerät handelt es sich um Kleinfahrzeuge, mit denen die seemännische Grundausbildung vermittelt wird: Kutter, Jollen und derartige kleine Fahrzeuge. Der bei Kap. 14 19 Tit. 965 erscheinende Betrag von 625 Millionen DM stellt den zweiten Teilbetrag eines umfassenden Flugzeugbeschaffungsprogramms dar, dessen Kosten auf insgesamt 5 157 020 200 DM bemessen wurden. Die Einzelheiten dieses Programms ergeben sich aus den Erläuterungen zu Kap. 14 19 Tit. 965 auf Seite 18 des Ihnen vorliegenden Entwurfs. Ich darf darauf hinweisen, daß sich in der Zusammensetzung des Programms für Flugzeuge in der Zwischenzeit gewisse Änderungen ergeben haben, die dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages bekannt und von ihm gebilligt worden sind. Der Haushaltsansatz von 625 Millionen DM - zweiter Teilbetrag - ändert sich hierdurch nicht.
Mit der zweiten Vorwegbewilligung sind Ausgabemittel in Höhe von 554 Millionen DM für die Beschaffung von Kraftfahrzeugen einschließlich
({7})
Zubehör sowie von Kampffahrzeugen bereitgestellt worden. Diese Bereitstellungen finden ihren haushaltsrechtlichen Niederschlag in den Titeln 851 und 852 des Kap. 14 15 auf Seite 13 bis 16 des Entwurfs. In Tit. 851 werden für die Beschaffung von Fahrzeugen einschließlich Zubehör für militärische Dienststellen als zweiter Teilbetrag des sogenannten Fahrzeugprogramms 1956, welches sich auf rund 683 Millionen DM beläuft, weitere 300 Millionen DM bereitgestellt. In Tit. 852 ist ein zwei-. ter Teilbetrag von 254 Millionen DM für die Beschaffung von Kampffahrzeugen veranschlagt. Bei diesen Positionen sind keine Änderungen gegenüber der zweiten Vorwegbewilligung eingetreten.
Die im Kap. 14 12 vorgesehenen Ausgaben von insgesamt 1 455 855 500 DM für das Unterkunftswesen entsprechen bis auf eine geringe Abweichung den durch die dritte Vorwegbewilligung bereits zur Verfügung gestellten Beträgen. Eine Änderung hat sich nur insoweit ergeben, als sich der Ansatz des Kap. 14 12 Tit. 793 - Baumaßnahmen für Unterkünfte, die ,auf Grund des zweiten Gesetzes über den Bundesgrenzschutz für militärische Zwecke zur Verfügung gestellt werden sollen - von ursprünglich 25 520 000 DM auf 15 320 000 DM vermindert. Nach dem Optionsergebnis der Vollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes ergab sich die Notwendigkeit, dem Bundesgrenzschutz 12 Kasernen, die zunächst durch die Bundeswehr übernommen werden sollten, zu belassen, wie aus der Vorbemerkung zu Kap. 14 12, auf die ich im einzelnen verweisen darf, ersichtlich ist.
Namens des Haushaltsausschusses darf ich das Hohe Haus bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
({8})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Herr Mitberichterstatter verzichtet auf das Wort.
Wir treten in die Aussprache der zweiten Lesung ein. Ich rufe zunächst auf den Antrag Drucksache 2975 Ziffer 1.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe die Ziffer 2 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer der Ziffer 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Die gleichen Mehrheitsverhältnisse; Ziffer 2 ist gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Ziffer 3 auf. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer der Ziffer 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Nun der Gesetzentwurf! Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Gesetz ist in der zweiten Lesung mit derselben Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur
dritten Lesung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der dritten Lesung und gebe das Wort dem Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf will, wie der Herr Berichterstatter ausgeführt hat, einen Teil der auf dem ein wenig abenteuerlichen Weg der Vorwegbewilligung durch zwei Bundestagsausschüsse bereits bereitgestellten Geldansätze und Bindungsermächtigungen haushaltsrechtlich konsolidieren. Wenn ich richtig sehe, handelt es sich um Geldansätze in der Höhe von rund 2,5 Milliarden DM und um Bindungsermächtigungen in der Höhe von rund 7,5 Milliarden DM, d. h. zusammengenommen um die Festlegung von Verteidigungsausgaben in der Höhe von fast genau 10 Milliarden DM. Ehe ich auf die Bedeutung dieser Summen im Gesamtrahmen der Verteidigungsplanungen zu sprechen komme, erlauben Sie mir bitte zwei Vorbemerkungen.
Ad 1. Die Vorlage ist ein wahrhaft bemerkenswertes Dokument. Hier sollen Ausgaben etatisiert werden, bei denen die zugrunde gelegten Rahmenpläne, die sich in der haushaltsrechtlichen Form sogenannter Erläuterungen jeweils bei den einzelnen Titeln dieser Vorlage vorfinden, inzwischen offiziell und ex cathedra als überholt erklärt worden sind.
({0})
Ich greife hierfür zwei Beispiele heraus. Auf Seite 13 und den folgenden Seiten dieser Vorlage - Drucksache 2774 - finden Sie unter der Überschrift „Erläuterungen zu Tit. 851" unter der Bezeichnung „Fahrzeugprogramm 1956" den sogenannten voraussichtlichen Bedarf der Bundeswehr an Kraftfahrzeugen bis einschließlich 31. März 1957 - das ist also ein Datum, das nur noch 31/2 Monate entfernt liegt - für insgesamt 22 verschiedene Radfahrzeugtypen bis ins einzelne aufgeschlüsselt, angefangen bei zwei Stück 2-1-Pkw für den Lehrstab Sonthofen über 4200 3-t-Lkw für die Truppe bis hin zu 5 Stück Hebe- und Zuggeräten für die Versorgungstruppen. Insgesamt sind es rund 33 000 Radkraftfahrzeuge und Anhänger, die angeblich bis zum 31. März 1957 gebraucht werden. Dieses über 2 Seiten umfassende Tableau mit der Einzelaufstellung für die verschiedenen Verwendungszwecke und die verschiedenen Typen dieser Kraftfahrzeuge, das Sie auf den von mir genannten Seiten vorfinden, macht einen sehr sorgfältigen und durchaus überzeugenden Eindruck. Es hat nur leider den Fehler, daß es von A bis Z falsch ist.
({1})
Die Bundeswehr umfaßt heute rund 65 000 Mann. Wenn es sehr hoch kommt, wird der Herr Minister Strauß nach seinen eigenen Angaben zu dem genannten Datum des 31. März 1957 bestenfalls 80 000 Mann zur Verfügung haben. Wahrscheinlich ist, daß die Zahl eher bei 70 000 liegen wird. Für 80 000 Mann brauche ich aber niemals 33 000 Kraftfahrzeuge, es sei denn, man wollte jedem zweiten oder dritten Soldaten ein eigenes Fahrzeug geben; aber das will offenbar niemand.
Hier wird also offenbar, daß eine weitgehende Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Haushaltsplanung vorliegt.
({2})
Der Fehler liegt eben darin, daß diesem Bedarfsplan, den haushaltsrechtlichen Erläuterungen und den Geldansätzen der Vorlage, die ja auf den 31. März 1957 terminiert sind, noch die alten, inzwischen als irrealistisch abgetanen Aufstellungspläne zugrunde liegen. Danach wollte man ja ursprünglich einmal bis zu jenem Datum 31. März 1957 auf 130 000 Mann kommen. Herr Strauß hat diese Pläne begraben und erklärt, daß er vielmehr hoffe, zum 31. März 1958, also ein Jahr später, auf 120 000 Soldaten zu kommen.
Herr Strauß wird daher die Geldansätze, die mit dieser Vorlage nach der Empfehlung der Mehrheit des Haushaltsausschusses bewilligt werden sollen, keineswegs ausnutzen. Was hätte es für ihn für einen Zweck, heute Kraftfahrzeuge zu kaufen für eine Truppe, die er bestenfalls erst in anderthalb Jahren haben wird? Er hat ja auch gar keine Möglichkeiten, diese Kraftfahrzeuge inzwischen unterzustellen, etwa in Fahrzeughallen, denn diese hat er noch nicht.
Das weiß alles das Kabinett, das uns diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat, das weiß der Verteidigungsminister, das weiß auch die Ausschußmehrheit, die empfohlen hat, diesen völlig irrealistischen Geldansätzen zuzustimmen!
Diese Irrealität und Unvollziehbarkeit der Geldansätze zieht sich leider durch fast alle Titel dieses Gesetzentwurfs hindurch. Überall wird so getan, als ob die alten Aufstellungspläne noch vollziehbar wären. Diese Vorlage ist daher zum allergrößten Teil in ihrem Wesen unwahrhaftig. Übrigens - das darf ich als Zwischenbemerkung sagen - gilt das gleiche für den in der vorigen Woche vom Herrn Bundesfinanzminister eingebrachten Einzelplan 14 des Haushalts 1957. Er weist absolut die gleichen Fehler auf. In jenem Fall hat es allerdings der Bundesrat gemerkt und die Bemerkung gemacht, er sehe sich außerstande, zu diesen völlig überholten Plänen Stellung zu nehmen. Die Bundesregierung hat entsprechend Stellung genommen: sie nehme mit Befriedigung von der Berner-kung des Bundesrats Kenntnis, sie werde sich im Stadium der Ausschußberatungen bemühen, diese veralteten Ziffern durch neue zu ersetzen. - Dasselbe hätte hier bei diesem Nachtragshaushalt geschehen müssen.
({3})
Nun das zweite Beispiel! Auf Seite 18 finden Sie unter der Überschrift „Erläuterungen zu Tit. 965" folgende Worte:
Veranschlagt sind die Kosten für das Gesamt-Flugzeugprogramm für die Jahre 1956 bis 1960,
und dazu aufgeschlüsselt die 16 Flugzeugarten in genauen Stückzahlen. Jedermann weiß aber, daß dieses Gesamt-Flugzeugprogramm längst grundlegend geändert worden ist. Diese zum Teil überaus weitreichenden Änderungen fangen bei den Nachtjägern zum Schutze des Heimatluftgebiets an und hören bei den Hubschraubern auf. Das weiß jedes Mitglied des Verteidigungsausschusses, das weiß jedes Mitglied des Haushaltsausschusses. Trotzdem empfehlen die Ausschußmehrheiten, diesen völlig illusorisch gewordenen Plänen heute noch zuzustimmen.
({4})
Es geht sogar so weit, daß die Änderungen der
seinerzeitigen Flugzeugplanungen in Form offizieller Vorlagen den beteiligten Ausschüssen bereits zugegangen und von ihnen gebilligt worden sind. Trotzdem will man diese völlig utopischen alten finanziellen Planungen heute noch Gesetz werden lassen.
({5})
- Es ist sehr schwer verständlich - ich stimme dem Kollegen Blachstein bei -, warum man trotzdem die auf die alten Pläne basierten Geldansätze und Bindungsermächtigungen heute gesetzlich verankern will.
Damit komme ich zu meiner zweiten Vorbemerkung. Wir wissen ja, daß die heutige Vorlage -das hat der Herr Berichterstatter schon ausgeführt
- materiell-rechtlich nur dann von Bedeutung wäre, wenn sie die eben von mir angedeuteten Fehler korrigiert hätte, wenn sie also eine materielle Korrektur darstellte gegenüber den sogenannten Vorwegbewilligungen, die sie hier nur haushaltsrechtlich konsolidieren soll. Da sie das aber nicht tut, sondern den materiellen Inhalt jener Vorwegbewilligungen nur übernimmt, um ihnen formellen Gesetzescharakter zu verleihen, hat sie in Wahrheit überhaupt keinen Wert.
Dabei (ist es für uns Sozialdemokraten keineswegs erstaunlich, daß sich der materielle Inhalt jener Vorwegbewilligungen in so kurzer Zeit in so weitem Maße als unvollziehbar oder aus anderen Gründen als überholt herausstellt. Uns kann das nicht wundern. Die Vorwegbewilligungen sind sowohl bei ihrem Entwurf in den Ministerien als auch später im Verteidigungs- und Haushaltsausschuß mit einer überaus heißen Nadel genäht worden.
Die Verabschiedung dieser Vorwegbewilligungen war ja teilweise auch zu einer Prestigefrage für die Regierung bzw. für die Regierungsmehrheit in den beiden Ausschüssen geworden. Ich darf Sie an die zweite Vorwegbewilligung, die sogenannte Schützenpanzervorlage erinnern, die ja heute auch konsolidiert werden soll. Ich darf Sie erinnern an die vierte Vorwegbewilligung, die sogenannte Panzervorlage, die heute noch nicht mit einbegriffen ist. Gerade die Panzervorlage ,ist ja, obgleich sie heute noch keine drei Monate alt ist, inzwischen schon längst offiziell als korrektur- und verbesserungsbedürftig anerkannt worden, wie übrigens auch die erste Vorwegbewilligung, die sogenannte Flugzeugvorlage, die heute konsolidiert werden soll.
Ich bin im Sommer dieses Jahres von ,der Mehrheit des Hohen Hauses sehr getadelt worden, als ich von dieser Stelle aus das Tempo jener Vorwegbewilligungsentscheidungen, die sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit und unter Ausschluß des Plenums in geheimer Sitzung in nur zwei Ausschüssen dieses Hauses vollzogen haben, leichtfertig und oberflächlich genannt habe. Diese Ausdrucksweise mag tatsächlich ein wenig scharf gewesen sein. Wenn man sich aber das heutige Ergebnis, nämlich die Tatsache anschaut, daß das Ministerium inzwischen weitgehende Änderungen in den all diesen vier Vorwegbewilligungen zugrunde liegenden Programmen als notwendig anerkannt hat, dann, glaube ich, wird man die damalige Kritik nicht unberechtigt nennen können. Im Gegenteil, der neue Verteidigungsminister hat sich unsere Kritik sehr weitgehend zu eigen machen müssen.
Meine Damen und Herren, der heutige Nachtrag
- das sagte ich schon - deckt nur einen Teil der
({6})
bisher ergangenen Vorwegbewilligungen. Er gibt dem Plenum des Hohen Hauses also immer noch kein vollständiges und zusammengefaßtes Bild der tatsächlich rechtswirksam gewordenen Geldansätze und Ermächtigungen für Verteidigungszwecke. Diese kann man sich auch nicht einmal aus den Vor- und Nachspalten des Haushaltsentwurfs 1957 mühsam zusammenbasteln. Infolgedessen gibt es in diesem Hause und wahrscheinlich auch in der ganzen Bundesregierung nur eine kleine Handvoll von Spezialisten, die sich überhaupt eine Gesamtvorstellung von der finanzwirtschaftlichen Auswirkung machen können, die die bisherigen Geldansätze und Vorwegbewilligungen in sich tragen.
Es wäre daher wohl sehr zu empfehlen, den heutigen Nachtrag, dem weitere folgen müßten, f allen-zulassen und statt dessen möglichst bald einen einzigen Nachtrag zum Einzelplan 14 einzubringen, der a 11 e bisherigen Dispositionen über die diesjährigen Verteidigungsmittel in Höhe von 9 Milliarden einschließlich der Panzervorlage und der Vorwegbewilligungen, die in den nächsten drei Monaten noch kommen sollen, enthalten müßte. Gleichzeitig sollte dieser Nachtrag auch allen zwischenzeitlich beschlossenen Korrekturen j euer in Eile und Übereile beschlossenen Vorwegbewilligungen Rechnung tragen. Sonst bliebe er genau wie die heutige Vorlage eine haushaltsrechtliche Spielerei.
Ehe ich zu meinem Hauptanliegen komme, bemerke ich ausdrücklich, daß ich auf eine kritische Durchleuchtung der in den Erläuterungen zu dieser Vorlage enthaltenen sachlichen Rüstungs- und Ausrüstungsprogramme für heute aus Zeitgründen verzichten möchte. Das Hohe Haus und die Öffentlichkeit sind schon bei der Beratung der einzelnen Vorwegbewilligungen, obwohl sie in der Camera obscura stattfand, über unsere militärpolitischen Auffassungen zu diesen einzelnen Programmen unterrichtet worden. Die erste militärpolitische Sachdurchleuchtung 'des Verteidigungshaushalts im Plenum kann deshalb auf die zweite Lesung des Haushaltsentwurfs 1957 verschoben werden, bei dem zum erstenmal der Versuch gemacht wird - wenigstens in der äußeren Form - so etwas wie einen korrekten Verteidigungshaushalt vorzulegen. Bei der Ausschußberatung und Gestaltung der Haushaltsvorlage 1957 wird sich übrigens zeigen daß sie in sehr vielen Punkten absolut nicht in Übereinstimmung mit der heutigen Vorlage steht. Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner Etatsrede am vorigen Freitag ausdrücklich darauf hingewiesen, daß man den Einzelplan 14 des Haushaltsentwurfs 1957 im Stadium der Ausschußberatungen in den Zahlengrundlagen noch wesentlich wird verandern mussen.
Ich möchte statt dessen heute ein finanzwirtschaftliches Problem aufzeigen, das sich aus der heutigen Vorlage ergibt. Ich sagte eingangs, daß sie fast genau 10 Milliarden DM Verteidigungsausgaben im einzelnen gesetzlich festlegen will. Tatsächlich aber erreicht die Dispositionsbefugnis des Verteidigungsministers schon beinahe den doppelten Betrag. Da sind erstens die Bindungsermächtigungen, die noch aus dem Haushalt 1955 herrühren, mit 1985 Millionen DM. Da sind zweitens die Bindungsermächtigungen aus den bisherigen Vorwegbewilligungen im Haushaltsjahr 1956 mit 8935 Millionen DM. Dabei bin ich mir noch nicht einmal darüber klar, ob diese Bindungsermächtigungen auch diejenigen für das Kasernenbauprogramm, für das Flugplatzbauprogramm und all das, was unter den Begriff der Infrastruktur fällt, enthalten.
Dann kommen drittens die im Rechnungsjahr 1956 nicht tatsächlich ausgegebenen Geldansätze aus den Haushalten 1955 und 1956, die sogenannten Ausgabenreste, mit zusammen weiteren 9 Milliarden DM hinzu. Das macht zusammen rund 19, eher 20 Milliarden DM Dispositionsbefugnis, die der Bundesverteidigungsminister heute schon hat.
({7})
Der Herr Finanzminister Schäffer hat in seiner Etats-rede auch zugegeben, das es sich um 19 Milliarden DM handelt. Er hat sie in seiner langen Rede 'allerdings nicht so detailliert aufgeschlüsselt.
Meine Damen und Herren, die Ausgabenreste aus früheren Haushalten wirken für die Zukunft ja genauso wie Bindungsermächtigungen;
({8})
sie sind also mit derselben Vorsicht zu genießen, wenn Sie diese unglaubliche Gesamtquantität von heute schon insgesamt 20 Milliarden DM Dispositionsbefugnis annehmen. Zu diesen 20 Milliarden, meine Damen und Herren von der Rechten, treten nun nach Ihrem Willen im Haushaltsentwurf 1957 weitere 9 Milliarden Geldansätze. Das heißt, nach Ihrem Willen wird das gesamte Dispositionsvolumen des Verteidigungsministers am 2. April nächsten Jahres mindestens 29 Milliarden DM betragen.
({9})
Dazu kommen wahrscheinlich im Laufe der nächsten drei Monate von Ihnen noch weitere Bindungsermächtigungen, die bisher z. B. auf dem großen Sektor der Beschaffung der Erstausstattung an Munition noch fehlen; diese werden also noch hinzukommen.
Der Finanzminister hat bei der Etatsrede erklärt, selbstverständlich würden sich diese enormen Ausgaben und die auf Grund der Ermächtigungen eingegangenen Verpflichtungen, die eines Tages cash down durch die Bundeskasse honoriert werden müssen, auf mehrere Jahre erstrecken. Die große Frage, die man stellen muß, ist die: Auf welche Jahre erstrecken sich die Ausgaben? Die Beschaffungspläne des Verteidigungsministeriums für die Erstausstattung der Bundeswehr müssen sich naturgemäß auf allen Sachgebieten jeweils auf eine Anzahl von Jahren verteilen, aber tatsächlich gezahlt wird dann auf Grund dieses Volumens von 30 Milliarden DM Bindungsermächtigungen im einzelnen pro rata der jeweiligen Lieferung. Es handelt sich also bei dem Rüstungsgeschäft volkstümlich gesprochen um einen Ratenkauf, allerdings um einen Ratenkauf von ganz besonderer Art. Denn im Gegensatz zu dem Bundestagsabgeordneten, der für sein neu angeschafftes Auto jeden Monat die gleiche Monatsrate zu zahlen hat, jeden Monat einen Wechsel in der gleichen Höhe einzulösen hat und der sich infolgedessen eine ganz klare Vorstellung von den Liquiditätsbedürfnissen macht, die in der Zukunft auf ihn zukommen, der sich darauf einstellen kann, im Gegensatz dazu ist bei diesem Ratengeschäft unserer Rüstungsfinanzierung niemand in der deutschen Volkswirtschaft, niemand im Kabinett, niemand im Finanzministerium in der Lage, am 2. April einen solchen Ratenzahlungsplan für die bisher aufgelaufenen 29 Milliarden DM zu geben, über die bereits eine Dispositionserlaubnis vorliegen wird.
Tatsächlich sind im Haushaltsjahr 1956 höchstens 3 Milliarden DM auszugeben. Mehr kann der Verteidigungsminister einfach nicht loswerden. Zwei({10})
tens kann er im Rechnungsjahr 1957 effektiv höchstens 5 Milliarden DM ausgeben. Das sind fachmännische Schätzungen, die mir aus dem Ministerium sicherlich nicht bestritten werden. Das heißt, daß sich der ganze große Rest in den Jahren 1958 und 1959 kumuliert, wo dann ohnehin schon die laufenden Unterhaltsausgaben für die Bundeswehr, die dann größer sein wird als heute, wesentlich zu Buche schlagen.
Das große nationalökonomische Problem dieser Art der Rüstungsfinanzierung ist die Frage -und man muß sich fragen, ob die Bundesregierung sich darüber klar ist -, welche unerhörten Wirkungen die Kumulierung der Kassenausgaben bei den derzeitigen Plänen in den Jahren 1958 und 1959 haben würde, wenn die Pläne nicht bis dahin geändert werden. In diesen Jahren erst, meine Damen und Herren, wird der Bundesfinanzminister zur Kasse schreiten müssen für das, was Sie heute in diesen Vorlagen bewilligen. Man muß sich, glaube ich, die Gefahr dieser Kumulierung von Kassenausgaben für die Rüstung wirklich einmal ganz deutlich machen. Sie erfordert, wenn sie wirklich geleistet werden soll, eine nahezu explosionsartige Auflösung von bis dahin neutralisierten. Kassenreserven, ob sie nun „Juliusturm" heißen, oder ob man diesen Namen eliminieren will und statt dessen später „Franz-Josef-Strauß-Turm" sagt, oder ob sie „Bundesrückstellungskonto" oder wie immer genannt werden. Es wird sich handeln um eine außerordentlich rasche, ich sage nochmals: nahezu explosionsartige Auflösung von bisher neutralisierten Kassenreserven,
({11})
und wenn die nicht da wären - Herr Vogel -, müßte es sich handeln um eine ebenso schnelle Zunahme der kurzfristigen Verschuldung des Bundes in jenem Zeitpunkt, in dem er diese kassenmäßigen Ausgaben leisten muß. In beiden Fällen, ob es sich um Auflösung von Kassenreserven oder „Juliusturm" oder „Strauß-Turm" handelt, oder ob es sich um kurzfristige zusätzliche Verschuldung handelt, treten die gleichen starken Beeinträchtigungen der Währung und der Volkswirtschaft ein.
({12})
- Ich habe alles genau verfolgt, Herr Vogel, und ich benutze die Gelegenheit, hier einmal Klarheit zu schaffen.
Soweit es sich um Zahlungen handelt, Herr Vogel, die im Ausland fällig werden, mag es noch verdaut werden können, sofern nämlich bis in die Jahre 1958 und 1959 die Tendenz unserer zur Zeit aktiven Zahlungsbilanzentwicklung anhalten sollte. Wir wollen das hoffen. Aber kein Mensch kann heute dafür bürgen. Soweit es sich aber um von der Kasse her zu leistende Zahlungen handelt, Herr Vogel, die im Inland fällig werden, soweit wird eine sehr fühlbare Vermehrung des nominellen Kaufkraftvolumens innerhalb der deutschen Volkswirtschaft mit unvermeidbaren Konsequenzen für Preise und Löhne die Folge sein müssen.
Aus dieser Sicht ergibt sich, daß aus wirtschaftswie währungspolitischen Gründen die Aufstellung eines Ratenzahlungsplans - wenn ich mich noch einmal so ausdrücken darf -, der Klarheit über die kassenmäßige Auszahlung von Mitteln gibt, viel wichtiger wäre als die Verabschiedung solcher bedeutungsloser haushaltsrechtlicher Spielereien
wie der gegenwärtigen Vorlage, die in Wirklichkeit nur wiederholt, was die Vorwegbewilligungen bereits mit Rechtskraft festgestellt haben.
Meine Damen und Herren, das Kabinett besitzt bisher einen solchen Zahlungs- und Finanzierungsplan für die Bundeswehr nicht, der einerseits auf die einzelnen Quartale der nächsten, sagen wir, etwa drei Jahre und andererseits auf die einzelnen Rüstungsprogramme aufschlüsseln würde, was in diesen einzelnen Quartalen kassenmäßig jeweils an D-Mark gebraucht - und im Inland verausgabt wird was in EZU-Währung gebraucht wird, um in Frankreich und England verausgabt zu werden, und drittens in Dollars gebraucht wird, um in Amerika und Kanada verausgabt zu werden. Insbesondere fehlt in den zuständigen Ressorts dieser Bundesregierung auch das Vorstellungsvermögen dafür, daß eine solche Planung in bezug auf ihre Vollziehbarkeit nur an Hand von Nationalbudgets aufgestellt und abgestimmt werden kann, an Hand deren man die zukünftige Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft in jenen Jahren überhaupt nur beurteilen könnte.
Natürlich müßte ein ähnliches Tableau wie hier für die geldwirtschaftliche Seite auch für die güterwirtschaftliche Seite dieser Bilanz gemacht werden. Diese güterwirtschaftliche Seite ist sehr wichtig, das zeigt gerade die gegenwärtige Knappheit einer Reihe von Stapelgütern infolge der Suezkrise. Wenn Sie sich nicht rechtzeitig ein solches Tableau machen, um sich vorstellen zu können, welche Mengen an Baustoffen, welche Mengen an Stahl und bestimmten anderen Materialien die Volkswirtschaft entbehren kann, wenn sie ihr auf marktwirtschaftliche Weise von der zivilen Versorgung abgeknüpft werden -, wenn Sie sich solche Vorstellungen nicht rechtzeitig machen und Ihre entsprechenden Pläne nicht rechtzeitig darauf abstellen, dann werden Sie in die eklige Lage kom men, sich womöglich den Stahl für Ihre Rüstung mit Hilfe des umstrittenen Wirtschaftssicherungsgesetzes von der vorigen Woche zusammenklauben, zusammendirigieren zu müssen.
Nun, meine Damen und Herren, es gibt immerhin eine Behörde in der Bundesrepublik, die diese Problematik wirklich erkannt hat. Es ist allerdings nicht ein Ressort der Bundesregierung, sondern es ist vielmehr der Bundesrechnungshof. Ich darf, Herr Präsident, aus der Denkschrift des Bundesrechnungshofs über die Ergebnisse seiner Prüfungstätigkeit im Jahre 1955 zitieren, dem Hohen Hause zugegangen am 21. Juli 1956 und bisher, wie mir scheint, nicht recht gewürdigt in dem Hohen Hause. Dort heißt es in den Bemerkungen über den Bundesminister für Verteidigung - es ist die erste Bemerkung, mit der dieses Kapital eingeleitet wird -, ich darf zitieren:
Die Aufstellung der deutschen Streitkräfte hat bedeutsame Probleme finanzieller, organisatorischer und güterwirtschaftlicher Art aufgeworfen. Wenn sie ohne allzu empfindliche Störungen für die deutsche Volkswirtschaft gelöst werden sollen, so ist eine Gesamtplanung erforderlich, welche die Verteidigungsmaßnahmen sinnvoll in den volkswirtschaftlichen Ablauf einordnet. Dabei muß auch der Umfang der ausländischen Sach- und Finanzhilfe festgestellt und ferner geklärt werden, inwieweit der Bedarf im Ausland gedeckt werden soll, sei es aus konjunkturpolitischen Gründen oder sei es, weil der Aufbau der eigenen Rüstungswirt({13})
schaft mit den Wirtschaften der übrigen Länder des Westens abgestimmt werden muß.
Und dann kommt der Satz, auf den es mir hier ankommt:
Die beteiligten Ministerien werden bald einen Gesamtplan aufstellen müssen.
Das sagt der Bundesrechnungshof uns! Diese Denkschrift ist an uns gerichtet! Er sagt: „Die beteiligten Ministerien werden bald einen Gesamtplan aufstellen müssen." Ein solcher Gesamtplan ist auch heute keineswegs vorhanden. Wir haben leider entsprechende Auskünfte in den Verhandlungen des Verteidigungs- und Haushaltsausschusses von den zuständigen ministeriellen Experten bekommen. Ich möchte hoffen, daß er wenigstens in Arbeit ist und in Kürze veröffentlicht werden kann.
Die gegenwärtige „Plan"-lose Bewilligung von Geldansätzen, welche tatsächlich die ökonomische Wirkung von Zukunftsbindungen haben, sowie dazu von ausdrücklichen Bindungsermächtigungen für die Zukunft müssen den verantwortungsbewußten Nationalökonomen auf das stärkste beunruhigen. Es handelt sich darum, daß der Verteidigungsminister vom Parlament die Erlaubnis bekommen hat, in Höhe von 30 Milliarden Wechsel auf die Zukunft auszustellen, und zwar zu Zeit, punkten, die ihm zweckmäßig erscheinen - unter seinen militärischen Gesichtspunkten -, und die Fälligkeit dieser Wechsel von sich aus zu datieren, sei es, daß es sich hinterher um Sichtwechsel oder um auf bestimmte Termine festgelegte Wechsel handelt.
Ich bin damit am Schluß dieser Darlegungen. Ich möchte abschließend einen Appell richten an die Volkswirte, an die Nationalökonomen, an alle diejenigen, die sich hier im Parlament, im Finanzministerium, im Wirtschaftsministerium, in der Bank deutscher Länder, in der Presse oder auch in der Wirtschaft selbst der Beobachtung und Beeinflussung insbesondere unserer Gesamtwirtschaft verschrieben haben. Die deutsche Nationalökonomie steht seit mehr als 80 Jahren nur auf einem Bein. Ihre Denkstruktur ist im wesentlichen qualitativ und ideologisch ausgerichtet. Es fehlt das andere Bein des quantitativen Denkens, das Denkvermögen in Gesamtgrößenordnungen der Volkswirtschaft. Das gilt schon für die Theorie, die an unseren Hochschulen gelehrt wird, das gilt leider aber auch für die Praxis der wirtschaftlich relevanten Ministerien wie Finanz- und Wirtschaftsministerium, und das gilt wohl zum Teil auch für unsere Wirtschaftspresse. An alle diese Menschen, die sich hier verantwortlich fühlen, muß die Frage gestellt werden, oder es muß von ihnen das Problem aufgerissen werden - es geht nicht bloß darum,was
die Rüstung insgesamt kostet .und wieviel von dieser Gesamtsumme in Jahresraten von 9 Milliarden in formal ausgeglichenen Jahreshaushalten untergebracht werden kann -, die viel schwerwiegender, viel bedeutungsvoller ist, die Frage: In welchen Jahren wird tatsächlich gezahlt und ausgegeben? Im vorigen und im laufenden Jahre sind es zusammen höchstens 3, im nächsten höchstens 5, aber im Jahre 1958 oder 1959 werden es nach den gegenwärtig schon Gesetz gewordenen Bewilligungen wahrscheinlich mehr als das Doppelte von 9 Milliarden pro anno sein. Wenn die gegenwärtigen Pläne fortgesetzt würden, so werden im Jahre 1958/59 15, 16, 17, 18 Milliarden von den heute eingegangenen Bindungsermächtigungen fällig werden und bezahlt werden müssen.
Meine Damen und Herren, die heutige Vorlage läßt genauso wenig wie etwa vor einer Woche die Etatrede des Herrn Finanzministers erkennen, daß sich das Kabinett des Ernstes dieser Frage bewußt geworden wäre. Es gibt für die sozialdemokratische Fraktion mehrere Gründe, aus denen wir der Vorlage nicht zustimmen können. Derjenige, den ich ihnen soeben versucht habe deutlich zu machen, sollte Sie, meine Damen und Herren von der Rechten, zumindest nachdenklich stimmen.
({14})
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Finanzministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die fachlichen Einzelheiten dieses Nachtrags ist der Herr Bundesminister für. Verteidigung verantwortlich, der bekanntlich zur Zeit in Paris weilt. Sein Staatssekretär ist von dem Gegenstand der jetzigen Verhandlungen unterrichtet, ich hoffe, daß er so schnell wie möglich hierher kommt.
({0})
Für das Bundesfinanzministerium darf ich folgendes erklären:
'Erstens. Ich glaube nicht, daß man ohne weiteres Bindungsermächtigungen und Volumen des Haushalts 1957 addieren kann. Der Haushalt 1957 konsumiert ja genau wie die verschiedenen Nachträge nach und nach die gesamten Bindungsermächtigungen.
Zweitens. Herr Abgeordneter Schmidt hat mehrfach nachdrücklich die Aufstellung eines Zahlungsplans verlangt. Es ist bekannt, daß der neue Herr Bundesverteidigungsminister zur Zeit internationale Verhandlungen führt, nach deren Abschluß er in der Lage ist, einen sogenannten Aufstellungsplan, daraus hervorgehend einen Zeitplan, daraus hervorgehend einen Zahlungsplan und einen güterwirtschaftlichen Plan aufzustellen, Diese Pläne werden so schnell wie möglich fertiggestellt und mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt werden.
Der Bundesverteidigungsminister braucht die Ermächtigungen auf Grund der Haushaltsgesetze, damit er mit den Lieferanten in Verhandlungen eintreten kann. Es handelt sich bei diesen Waren um Dinge, die man ja nicht im Laden kaufen kann, sondern die überhaupt nur langfristig geliefert werden können. Ohne die haushaltsrechtlichen Ermächtigungen kann der Bundesverteidigungsminister auch nicht in die ersten Verhandlungen über Bestellungen eintreten; es muß doch das parlamentarische Recht der Budgetgestaltung gewahrt bleiben.
({1})
Ich habe mit großem Interesse von dem Ausdruck der Sorge Kenntnis genommen, den der Herr Abgeordnete Schmidt wegen der expansiven Wirkungen der Verteidigungsausgaben etwa vom Jahre 1958 ab geäußert hat. Er hat gefragt, ob die Bundesregierung sich dieser Folgen bewußt ist. Wenn ich hier für den Bundesfinanzminister antworten darf: ich glaube, es ist gerade Herr Schäffer gewesen, der wegen dieser Wirkungen zunächst für die Finanzpolitik immer wieder
({2})
gemahnt und gewarnt hat. Ich darf deshalb gerade das, was Sie, Herr Abgeordneter Schmidt, gesagt haben, als eine wertvolle Unterstützung der Finanzpolitik meines Herrn Ministers ansehen
({3})
und hoffe, daß bei den Debatten über weitere erhebliche Ausgabebewilligungen
({4})
auf allen Seiten des Hauses die Warnungen, die Sie ausgesprochen haben, beherzigt werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Seffrin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Abgeordneten Schmidt kamen uns wirklich nicht überraschend.
({0})
Es wäre doch das erste Mal, daß Herr Kollege Schmidt nicht die Möglichkeit genutzt hätte, an der Bundeswehr bzw. an den Aufbauarbeiten für die Bundeswehr Kritik zu üben. Ich will nicht mehr sagen als: „Kritik zu üben"; ob die Kritik berechtigt ist, ob sie sachlich fundiert ist, das ist eine Sache für sich.
({1}) Er hat von seinem Standpunkt aus - ({2})
- Meine Herren, Sie können mich nicht irremachen; ich bin mit ganz anderen Leuten fertiggeworden als mit Ihnen.
({3})
Ich darf nur sagen, daß der Abgeordnete Schmidt gleich zu Beginn seiner Ausführungen die Behauptung aufgestellt hat, daß das, was in dem Haushaltsplan darin sei, von A bis Z falsch sei. Ich glaube, wenn man mit einer solchen Wertung an eine derartige Arbeit herangeht, dann beurteilt man nicht die Arbeit, sondern dann beurteilt man sich selbst. Denn von den Dingen, die der Abgeordnete Schmidt gesagt hat, sind tatsächlich eine Reihe falsch.
Er hat z. B. behauptet, daß bis zum 31. März 1957 60 000 Mann aufgestellt sein sollten.
({4})
Ich bin überzeugt davon, daß er aus den Sitzungen des Verteidigungsausschusses genausogut weiß wie ich, daß es jetzt schon mehr sind als 60 000 und daß die Planzahl für den 31. März 1957 nicht bei 60 000, sondern bei 90 000 liegt.
({5})
Er hat weiter behauptet, daß bis zum 1. April 1958 120 000 Mann stehen sollten.
({6})
Auch diese Zahl ist vielleicht eine Privatzahl von Herrn Schmidt. Auf jeden Fall ist es nicht die Zahl, die uns bekannt ist; denn die beläuft sich auf 165 000. Aber wenn man sich natürlich schon in den kleinen Sachen nicht gerade unbedingt an die Tatsachen hält, darf man sich nicht wundern, wenn man dann bei den größeren und wichtigeren Dingen sogar grundsätzliche Fehler macht.
Herr Schmidt weiß genausogut, ich möchte sagen, wie jeder in diesem Hause, daß man ein Programm, das sich mit der Beschaffung von Flugzeugen, Panzern usw. beschäftigt, das diese Beschaffung ermöglichen soll, nicht so behandeln kann - der Herr Staatssekretär hat es eben schon gesagt -, als ob man die Dinge wie Apfelsinen in einem Laden kaufen könnte. Hier ist es notwendig, daß tatsächlich für eine langlaufende Zeit die entsprechenden Möglichkeiten und finanziellen Unterlagen vorhanden sind; denn diese Beschaffung ist eine langwierige Beschaffung, und von „völlig illusorisch" zu sprechen, ist eben hier nichts anderes als, nun, sagen wir einmal, eine rhetorische Floskel, die gebraucht wird, um die Dinge eben einseitig und für die Öffentlichkeit merkwürdig darzustellen. Die Forderung, den Nachtrag einfach fallenzulassen, ist von seinem Standpunkt aus vielleicht das Verständlichste, was er gesagt hat; denn dahin geht ja das ganze Bestreben von ihm und seinen Parteifreunden: die ganze Entwicklung, die die Bundesregierung in Verfolg ihrer Politik und zur Sicherung unseres Volkes eingeleitet hat, einfach zum Einsturz zu bringen und damit eben das zu erreichen, was sie im stillen zu erreichen wünschen und zu erreichen hoffen.
Es kann insgesamt nur gesagt werden, daß die Ausführungen, die der Herr Staatssekretär zum haushaltsrechtlichen Teil gemacht hat, und die Hinweise darauf, wie wenig die Ausführungen des Abgeordneten Schmidt sachlich begründet sind, wirklich zutreffen. Die ganzen Ausführungen des Abgeordneten Schmidt entsprachen natürlich einem politischen Wunsch der Linken, aber durchaus nicht den politischen , Tatsachen und den politischen Notwendigkeiten.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Bemerkungen zu den Darlegungen des Herrn Kollegen Dr. Seffrin. Sie haben sicherlich bei meinen Ausführungen nicht sorgfältig mitgeschrieben, Herr Seffrin. Ich habe nicht davon gesprochen, daß am 31. März 1957 60 000, sondern ich habe gesagt: wenn es hoch kommt, 80 000 Mann dastehen würden, und ich habe Ihnen auf der Basis von 80 000 Mann ausgerechnet, daß selbst dann 33 000 Kraftfahrzeuge zum gleichen Zeitpunkt wohl reichlich viel sind. Mit all Ihrer Rabulistik werden Sie mir das nicht abstreiten können.
Zweitens. Ich habe im Zusammenhang mit dem 31. März 1958 keine „persönliche Ziffer" genannt, sondern die Ziffer, die laut der dpa-Meldung, die dort auf meinem Pult liegt, der Herr Verteidigungsminister in seiner ersten, Pressekonferenz vor 60 oder 65 Journalisten offiziell bekanntgegeben hat.
({0})
Im übrigen hat der Herr Kollege Seffrin, glaube ich, deutlich gemacht, daß er das Anliegen meiner Kritik nicht versteht. Aber das ist sicher eine Frage der intellektuellen Kapazität, und man kann darüber nicht streiten.
({1})
({2})
- Meine Damen und Herren, Sie müssen schon ein gewisses Verständnis dafür haben, wenn man sich vorher bemüht, in ganz ruhiger Rede sachlich Argument auf Argument aufzubauen, und dann so ein Schmarren dahergesagt wird.
({3})
Da lobe ich mir dann doch den Staatssekretär Hartmann, der das sachliche Anliegen -
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! „Schmarren", dafür gibt es keinen Ordnungsruf, nein! Kaiserschmarren ist eine nahrhafte Angelegenheit. Aber, Herr Abgeordneter, ich empfehle doch hier eine etwas kulantere Ausdrucksweise.
({0})
- Speisezettel, Herr Abgeordneter Wehner, das ist in das diskretionäre Ermessen des einzelnen Abgeordneten gestellt; denn wir sind ein freiheitlicher Rechtsstaat, auch in der Wahl der Worte. Aber es gibt gewisse Grenzen. Meine Damen und Herren, ich kann das Wort hier rügen, aber ein Ordnungsruf ist dafür nicht fällig.
({1})
Herr Präsident, ich bedanke mich für die liebenswürdige Nachsicht, die Sie mit meinem Temperament haben.
Ich möchte aber jetzt auf das durchaus sachliche Verständnis eingehen dürfen, das der Herr Staats- sekretär Hartmann offenbar aufgebracht hat. Wenn ich ihn richtig verstehe, berührt ihn offenbar dieselbe Sorge mindestens so sehr wie die Opposition schon seit Jahren, offenbar auch die Herren in seinem Hause und den Herrn Finanzminister Schäffer. Aber es ist recht eigenartig, daß er trotz dieser halben Zustimmung gleichzeitig zugegeben hat, erstens, daß bisher ein solcher Zahlungsplan nicht existierte, und zweitens, daß der nunmehr beabsichtigte Zahlungsplan doch erst aufgestellt werden könne, wenn Herr Strauß gemeinsam mit der NATO die Aufstellungspläne abgestimmt habe. Dann müsse man erst einen Zeitplan machen, danach erst könne man einen güterwirtschaftlichen Plan machen und schließlich auch einen Zahlungsplan. Alle diese Sachen seien ja noch nicht so weit. Da kann man nur fragen: wieso wollen Sie denn heute schon 10 Milliarden bewilligen, wenn diese Pläne nicht da sind?
({0})
Wenn es sich darum handeln soll, daß Herr Schäffer Unterstützung von 'der Opposition bekommt: die wird er immer haben, Herr Hartmann, wenn es sich - und bitte nehmen Sie das Wort so, wie ich es meine - um den Kampf gegen eine leichtfertige Rüstungsfinanzierung handelt. Aber wir können auch Herrn Schäffer den Vorwurf nicht ersparen: wenn er ganz genau weiß, daß man im Jahre 1955, im Jahre 1956 und im Jahre 1957 niemals 9 Milliarden ausgeben kann, wieso gibt er dann dem Verteidigungsminister jedes Jahr 9 Milliarden, Herr Hartmann?
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ließe sich natürlich einiges auch zu der Ausdrucksweise sagen, die mein Herr Vorredner anzuwenden beliebte. Aber wir wollen uns vor Retourkutschen hüten und weiter davor, in ähnliche Temperamentsausbrüche zu verfallen, wie er sie uns soeben demonstriert hat. Ich glaube, die Dinge, um die es geht, sind sehr nüchtern und sehr sachlich zu behandeln, denn es geht in der Tat um sehr hohe Summen.
Und nun, Herr Kollege Schmidt, möchte ich Sie einmal fragen: warum unterschlagen Sie, wenn Sie schon eine solche Betrachtung anstellen, z. B. das Kap. 14 12, wo Sie insgesamt 1,29 Milliarden allein für die Bauten aufgeführt sehen, die für die Wehrmacht und die damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben notwendig sind? Sie wissen genausogut wie wir, daß wir gerade auf diesem Gebiet einiges nachzuholen haben und daß gerade diese Summe am vordringlichsten und notwendigsten ausgegeben werden muß, wenn man die zum 1. April nächsten Jahres vorgesehene Zahl von 120 000 Soldaten überhaupt unterbringen will. Über diese einmaligen Ausgaben, also über die Tit. 730 bis 830, sollte es überhaupt keine Differenzen geben. Daß auch das noch nicht langen wird, was hier aufgeführt ist, das wissen Sie so genau wie ich, und Sie sind genau wie ich davon überzeugt, daß es wenig sinnvoll ist, zu behaupten, daß im Rahmen eines Bauvolumens von 25 bis 27 Milliarden diese 1,29 Milliarden zu einer Überhitzung des deutschen Baumarktes führen könnten.
({0})
- Entschuldigen Sie! Sie sind ein Meister in der Herstellung dessen, was die Amerikaner „hot dust" nennen, nämlich „heiße Luft". Wenn Sie dauernd ausmalen, was in der Zukunft, 1958 oder 1959, vielleicht noch später einmal eintritt, - erlauben Sie mir, daß ich auf dem Boden der Tatsachen bleibe.
({1})
Nun kommen die anderen Dinge. Sie erzählen uns hier Schauermärchen über das, was eventuell eintreten könnte, wenn diese Bindungsermächtigungen realisiert würden. Ich habe mir gestern gestattet, Ihnen dafür einen Zeugen anzuführen, der in seiner Objektivität in Deutschland immerhin einige Autorität genießt. Ich bedaure, daß ich das heute nochmals zitieren muß. Es wäre allerdings auch unklug, wenn wir uns im Bundestag immer wieder über die gleichen Dinge unterhalten wollten und es dann keinen Sinn mehr hätte, hier Zeugen oder Beweise erneut anzuführen, die, wie ich glaube, immerhin genug Beweiskraft und Durchschlagskraft besitzen, um auch von Ihnen anerkannt zu werden. Denn das Urteil der BdL, das ich gestern ausführlich vorgetragen habe, genau über den Punkt, den Sie angeschnitten haben, ist auch heute noch gültig, auch wenn ich es erst gestern hier angeführt habe. Die BdL hat jedenfalls ausdrücklich festgestellt, daß sie, wenn diese Ausgaben zum größten Teil für Importkäufe verwendet werden, keinerlei derartige Gefahren für den Bundeshaushalt oder für die Bundesregierung voraussieht.
Und nun sehen Sie sich doch einmal an, was in den Bindungsermächtigungen drinsteht! Nehmen wir einmal die Flugzeuge - auf der Seite 18 - vorweg. Von diesem Flugzeugprogramm, auch wenn es modifiziert ist, wird ja doch nur ein sehr, sehr kleiner Teil, eine Summe von vielleicht 3- oder
({2})
400 Millionen für die nächsten drei Jahre auf das Inland verteilt. Das ist, gemessen an den sonstigen Aufträgen oder an dem Umsatzvolumen eines großen deutschen Konzerns, eine durchaus bescheidene Summe. Sie konnten es vor einigen Tagen in einem Artikel von Weinstein in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" selbst lesen: Der letzte Auftrag über allein 400 Millionen Mark für Jagdflugzeuge ging nach Kanada, und wir alle wissen sehr genau, daß die Masse dieser Aufträge in den nächsten zwei bis drei Jahren auch ins Ausland geht, d. h. also daß die Summen für Importkäufe verwendet werden und infolgedessen eine Gefährdung der Währung oder auch des Haushalts, wie Sie sie hier heraufbeschworen haben, gar nicht eintreten kann.
Wenn wir auf der andern Seite einen Devisen- und Goldvorrat von annähernd 18 Milliarden haben, sind auch hier die Devisen- und die Goldvorräte vorhanden, um einer solchen Gefährdung entgegenzutreten. Dasselbe gilt zu einem großen Teil auch für das Programm an „kurzen" oder an „langen Schützenpanzerwagen", wie es auf Seite 16 näher erläutert worden ist. Wir wissen selbst, daß die deutsche Industrie nicht oder vielleicht nur zu einem Drittel in der Lage sein wird, diese Wagen in Deutschland herzustellen, und daß die Lieferungen der Zulieferungsindustrie, d. h. die Masse dessen, was man für solche Fahrzeuge braucht, aus dem Ausland, aus England, Frankreich, Belgien, Luxemburg etc., herangebracht werden müssen.
Aber nun etwas Prinzipielles dazu. Es ist doch offensichtlich eine etwas kindliche Vorstellung, zu glauben, daß ein großer Konzern, wie er auch immer heißen mag, der überhaupt in der Lage ist, Rüstungsmaterial zu liefern, sich darauf einließe, seinerseits Bindungen einzugehen, Tausende von Menschen auf ein Programm anzusetzen und einen riesigen Kranz von Zulieferindustrien dafür neu heranzuziehen, wenn er nicht die Gewißheit hätte, über einen langen Zeitraum von Jahren hinaus disponieren zu können. Das, was Sie hier von einem Konzern als eine Selbstverständlichkeit verlangen müssen, findet seinen Niederschlag in diesem Haushalt. Sie wissen doch, Herr Schmidt ({3}) - das ist ja gerade das Gefährliche an Ihnen; denn Sie sind doch viel zu klug und haben selbst mal in einem Ministerium gearbeitet -, Sie wissen doch sehr genau, auf wieviel Jahre im voraus man solche Aufträge festlegen muß, wenn man überhaupt einen Menschen finden will, der bereit ist, sie auszuführen. Infolgedessen bitte ich Sie sehr dringend darum, die Debatte nicht zu verfälschen oder ihr einen ganz anderen Sinninhalt zu geben, indem wir hier Unmöglichkeiten an die- Wand malen und von diesen Unmöglichkeiten wieder zurückprojizieren auf das, was wir hier als Vorlage vor uns haben.
({4})
Herr Abgeordneter Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar Worte auf die Ausführungen von Herrn Dr. Vogelentgegnen dürfen. Das Urteil der Bank deutscher Länder ist mir bekannt. Ich habe zu Anfang meiner Ausführungen ja gesagt: soweit es möglich ist, diese Raten im Ausland zu bezahlen, die Käufe im Ausland zu realisieren: à la bonheur, vorausgesetzt, daß der aktive Trend unserer Zahlungsbilanz sich fortsetzt. Da gibt es keinen Streit. Aber seien Sie sich dabei schon über die Größenordnung klar, Herr Vogel: Selbst wenn es gelingt, von 30 Milliarden zwei Drittel im Ausland zu verausgaben, brauchen Sie 20 Milliarden in Devisen, um diese Käufe zu bezahlen. So viel hat zur Zeit Herr Vocke insgesamt noch nicht in seinem Keller. Das ist das eine quantitative Argument.
({0})
- Wie ich befürchten muß, verteilt auf die Jahre 1958 und 1959!
({1})
Nun das Zweite: gegen das Kasernenbauprogramm habe ich kein Wart gesagt. Das macht in der Vorlage auch nur ein Achtel aus. Das ist auch nicht so wichtig, Herr Vogel. Was aber Ihr letztes Argument betrifft, so fühle ich mich wirklich von Ihnen mißverstanden, wenn Sie glauben, ich hätte mich gegen die Notwendigkeit langfristiger Dispositionen gewandt. Im Gegenteil, ich bin sehr für langfristige Dispositionen. Ich sage ja nur: hier fehlt die Grundlage der langfristigen Ermächtigungen. So wird zwar auf lange Sicht die Ermächtigung zum Wechselziehen ausgestellt; aber es fehlt die langfristige haushaltswirtschaftliche, finanzwirtschaftliche, währungspolitische, volkswirtschaftliche Disposition, um dem Mann zu sagen, in welchen Zeitabschnitten er, ohne Volkswirtschaft und Währung zu gefährden, seine Wechsel ziehen kann.
Ich glaube, wir sind in Wirklichkeit gar nicht so weit auseinander, Herr Vogel. Sie haben mir hier eine übergroße Beredsamkeit oder so etwas Ähnliches - ich habe den amerikanischen Ausdruck nicht verstanden - unterstellt. Ich kann Ihnen das Kompliment nur zurückgeben. Sie haben es meisterhaft verstanden, zu verheimlichen, daß Sie in Wirklichkeit genauso wie Herr Vialon, genauso wie Herr Hartmann und genauso wie Herr, Schäffer meine Sorgen und großen Bedenken gegenüber dieser Prozedur teilen.
({2})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache in der dritten Lesung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der in zweiter Lesung unveränderten Fassung der Vorlage Drucksache 2975 in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 2 c der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Vierten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1956 ({0}) ({1}).
Auf die Begründung wird verzichtet. Ich eröffne die allgemeine Aussprache der ersten Lesung.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Gülich.
Dr. Gülich ({2}) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die Vorlage der Bundesregierung vom 4. Dezember 1956, Drucksache 2952, ist ein er({3})
staunliches Dokument. Noch erstaunlicher ist es, daß die Bundesregierung nicht das Bedürfnis hat, diese Vorlage zu begründen, zu erklären und zu rechtfertigen. Die Vorlage transferiert vom Einzelplan 14 1 455 633 000 DM in den Einzelplan 35. Das Finanzvolumen des Haushalts wird dadurch nicht berührt. Aber im Haushaltsgesetz steht im Einzelplan 14, dem jetzt die 1 455 Millionen DM entnommen werden, daß die Mittel einzeln für die in Betracht kommenden Zweckbestimmungen in Nachträgen zum Haushaltsplan 1956 zu veranschlagen sind. Auch Herr Kollege Vogel sagte in seiner gestrigen Rede, solange der eigene Verteidigungsaufwand nicht so schnell erfolgen könne, wie es vorgesehen gewesen sei, müsse man noch mit längeren Stationierungskosten für die fremden Truppen auf dem Baden der Bundesrepublik rechnen. Er hat damit den materiellen Zusammenhang zwischen dem Einzelplan 14 und dem Einzelplan 35 klar herausgestellt; der formelle besteht ohnehin, indem die Änderungen in einem Nachtragshaushaltsgesetz vollzogen werden sollen.
Nun finden wir im Einzelplan 35 Kap. 05 die Titel 300 bis 307, Arbeitskräfte, Beschaffung und Instandhaltung von Liegenschaften, Nachrichtenleistungen, Transportleistungen und so fort, aufgeführt. Aber - erstaunlich in einem Haushaltsplan - hinter jedem Titel steht keine Zahl, steht nichts, also gleich 0. Nun haben wir alle schon beim Kleinen Einmaleins gelernt, daß 0 + 0 gleich 0 ist und 7 X 0 eben auch 0 ergeben. Aber die Bundesregierung, federführend der Herr Bundesminister der Finanzen, bringt es fertig, das Nichtvorhandene, die vielen Nullen zu addieren und zu schreiben: Summe allgemeine Ausgaben 1 455 633 000 DM. Das ist eine erstaunliche Leistung. Nun sind die Stationierungskosten auf Grund des Art. 4 des in den Pariser Verträgen veränderten Finanzvertrages für das erste Verteidigungsjahr mit 3 200 Millionen DM festgesetzt, also in einem völkerrechtlichen Vertrag, der ratifiziert worden ist. Für das zweite Verteidigungsjahr erklärt sich die Bundesregierung nach Art. 4 Abs. 4 des Finanzvertrages zu Verhandlungen bereit. Wir haben aber von diesen Verhandlungen nichts gehört. Den gesetzgebenden Körperschaften ist kein Ergebnis der Verhandlungen zugeleitet worden.
Im Vorwort der Drucksache 2952, die wir beraten, heißt es:
Auf Grund der Verhandlungen, die mit den Regierungen der beteiligten Mächte nach Art. 4 Abs. 4 des Finanzvertrages geführt worden sind, hat sich die Bundesrepublik bereit erklärt, . . .
Leider sehe ich den Herrn Bundesfinanzminister nicht, und der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen hört nicht zu.
({4})
- Erst jetzt, nach meiner Bitte; vorher hat er nicht zugehört.
Ich frage also die Bundesregierung: wann und wo sind die Verhandlungen geführt worden, und ist das Ergebnis der Verhandlungen den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet worden? Denn in der Vorlage steht nur, daß Verhandlungen geführt worden seien.
Nun hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen in der Regierungserklärung in der 155. Sitzung vom 28. Juni 1956 in bezug auf die Stationierungskosten folgendes ausgeführt:
Die Vereinbarungen, die die Bundesregierung getroffen hat oder noch treffen wird, unterliegen im übrigen selbstverständlich der ordnungsgemäßen Prüfung und Entscheidung durch das Parlament.
({5})
- Herr Kollege Conring, Sie sagen Haushaltsplan. Dann muß doch in dem Haushaltsplan das von mir Geforderte stehen: Seit wann bewilligen wir denn in Haushaltsplänen Summen an auswärtige Staaten für Verpflichtungen der Bundesrepublik, über die keine Dokumente vorliegen, die vom Gesetzgeber noch nicht beschlossen sind. Kommt Ihnen als Jurist das nicht höchst merkwürdig vor?
({6})
- Lieber Herr Conring, man kann doch nicht alles billigen, was die Bundesregierung an groben Formfehlern begeht,
({7})
und bescheiden und zurückhaltend ausgedrückt ist das ein grober Formfehler. Das kann man doch beim besten Willen nicht verteidigen. Ich frage also: genügt zu einer Bereiterklärung der Bundesrepublik die Bereitschaft der Bundesregierung? Diese Frage ist um so berechtigter, als wir aus der Presse wissen, daß die Bundesregierung eine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Stationierungskosten nicht mehr anerkennt, aber sich der politischen Notwendigkeit nicht verschließt. Ich will schon an dieser Stelle sagen, daß auch ich glaube, daß die politische Notwendigkeit jetzt nicht verneint werden kann. Aber warum wird ein solches Verfahren gewählt? Das kann man doch beim besten Willen nicht billigen.
Nun haben im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 5. Juli 1956 einige Informationen für den deutschen Staatsbürger gestanden, die ich ersatzweise herangezogen habe, da die Bundesregierung es versäumt hat, dem Parlament Dokumente vorzulegen. Dort finden wir drei Aide-mémoires, die zwischen dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen und den Botschaftern der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und der Französischen Republik ausgetauscht worden sind. Die Botschafter der eben von mir genannten Staaten erklären übereinstimmend in ihrer Antwort, daß die entsprechende Regierung das Angebot der Bundesrepublik, eine Zahlung in Höhe von 650 Millionen DM an die Vereinigten Staaten, von 400 Millionen DM an Großbritannien und von 278 Millionen DM an die Französische Republik zu leisten, annähmen.
Es geht also aus den uns zur Verfügung stehenden Dokumenten eindeutig hervor, daß die Bundes regierung Angebote gemacht hat, welche die anderen Staaten angenommen haben. Ich glaube, daß zu diesem Verfahren eine Aufklärung durch die Bundesregierung notwendig ist.
({8})
Ich hatte mir erlaubt, in der Sitzung vom 22. Juni vorigen Jahres bei der Behandlung der Stationierungskosten die Frage nach dem voraufgegangenen Notenwechsel zu stellen. Es war ja nicht unbekannt geblieben, daß bestimmte Noten der eben genannten Staaten vorlagen, und es war auch nicht unbekannt geblieben, daß es sich um Noten unfreundlichen Tones handelte. Warum hat die Bundesregierung, obgleich wir es damals ge({9})
fordert haben, die Noten nicht vorgelegt, warum hat sie nicht die Dokumente vorgelegt, die zum Abschluß dieser finanziellen Verpflichtungen, die ja immerhin 1455,633 Millionen DM, also 1 Milliarde 455 Millionen und 633 Tausend DM umfassen - das ist doch wahrhaftig kein Pappenstiel -, geführt haben?
Die Bundesregierung hat also angeboten, die Bundesregierung hat Abmachungen getroffen, der Herr Bundesaußenminister hat an dieser Stelle erklärt, daß die Vereinbarungen, die die Bundesregierung getroffen hat oder noch treffen wird, selbstverständlich der ordnungsgemäßen Prüfung und Entscheidung durch das Parlament unterliegen. Ich stelle fest, daß der Herr Bundesaußenminister dieses vor dem Hause abgegebene Versprechen nicht gehalten hat,
({10})
daß wir kein Dokument vorgelegt bekommen haben, sondern daß wir heute über ein Nachtragshaushaltsgesetz beschließen sollen, welches von der Bundesregierung nicht einmal begründet wird und welches nur außerordentlich dürftig in einem Vorwort formell sagt, daß Verhandlungen geführt worden seien und daß sie sich bei diesen Verhandlungen auf Art. 4 Abs. 4 des erneuerten Finanzvertrages beziehe. Im übrigen aber erklärt die Bundesregierung, rechtlich überhaupt keine Verpflichtungen zu haben. Dem Parlament ist bis heute nichts zugeleitet worden, und die Bundesregierung hat offensichtlich auch nicht die Absicht, das zu tun.
Zählt man die Summen aus dem Bulletin des Presse- und Informationsamtes vom 5. Juli 1956 zusammen: 650 Millionen DM an die Vereinigten Staaten, 400 Millionen DM an Großbritannien, 278 Millionen DM an Frankreich, so ergibt sich die Summe von 1 328 Millionen DM, über die der Staatsbürger, wenn er das Bulletin verfolgt, sich allenfalls informieren kann. Es bleibt dann noch eine Differenz von 127 633 000 Mark, über die die Bundesregierung bisher auch keine inoffizielle Aufklärung gegeben hat.
({11})
Das, meine Damen und Herren, ist, glaube ich, ein erstaunlicher Vorgang, der hier im Hause festgehalten werden muß.
Nun haben wir gestern aus einer anderen Vorlage des Bundesministers der Finanzen - II a 11 vom 5. Dezember 1956 - an den Haushaltsausschuß erfahren, daß außer den genannten Summen noch an Dänemark, an die Niederlande, an Belgien und an Kanada Beträge zu zahlen sind, die diese Differenz von 127 633 000 Mark dem Mitglied des Haushaltsausschusses erklären. Der Haushaltsausschuß hat sich in seiner Sitzung von heute morgen nicht bereit gefunden - einmütig nicht bereit gefunden -, dem von der Bundesregierung gewählten Verfahren die erbetene Zustimmung zu geben. Wer, meine Damen und Herren, mit rechtlichem Sinn und mit Sinn und Wunsch für eine ordnungsgemäße Erledigung der öffentlichen Angelegenheiten kann solchem Verfahren zustimmen?
Ich habe schon gesagt: ich glaube selber, daß es politisch in der Situation, in der wir uns befinden, nicht anders möglich ist, als dem Wunsch der Stationierungsmächte zu entsprechen. Aber angesichts der von mir geschilderten Sachlage fordere ich, daß die Bundesregierung dem Hause die Dokumente samt Begründung vorlegt und daß sie nachträglich das ordnungsgemäße Verfahren einleitet. Dazu wird es notwendig sein, daß nicht nur der Haushaltsausschuß, sondern zumindest auch noch der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten mitwirkt. Ich beantrage deshalb Mitüberweisung an den Auswärtigen Ausschuß. Die Federführung liegt natürlich beim Haushaltsausschuß.
Nun hat der Herr Bundesaußenminister in der Regierungserklärung vom 28. Juni 1956 noch einen anderen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich:
Auch die Sorge, daß in Zukunft gleiche Forderungen erhoben werden könnten; ist nach Überzeugung der Bundesregierung unbegründet. Die Bundesregierung hat keinen Zweifel daran gelassen, daß Vereinbarungen, wie sie jetzt abgeschlossen werden, keinen Berufungsfall für spätere Verhandlungen darstellen dürften.
Nach dem, was wir in den letzten Tagen aus der Presse ersehen haben, hat sich die Bundesregierung ja schon jetzt grundsätzlich zur Zahlung weiterer Stationierungskosten verpflichtet. Ich sage auch hierzu in der Sache nichts, sondern ich fordere lediglich, daß die Bundesregierung für das dritte Verteidigungsjahr einen anderen Weg einschlägt.
({12})
- Welchen? Den Weg einschlägt, verehrter Herr Kollege, nach Abschluß ihrer Verhandlungen mit den fremden Mächten, die unter dem Vorbehalt der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften abgeschlossen werden, dem Bundestag und dem Bundesrat in der Ordnung, wie sie das Grundgesetz vorschreibt, die Dokumente zuzuleiten und ihnen die Möglichkeit zu geben, zu prüfen und nach der Prüfung zu entscheiden, wie es der Herr Bundesaußenminister am 28. Juni für das laufende Jahr ausdrücklich versprochen hat. Das ist also ganz etwas ,anderes als die En-bloc-Annahme oder -Ablehnung völkerrechtlicher Verträge. Der Herr Bundesaußenminister hat dem Parlament hier ein viel weitergehendes Recht zugestanden.
Ich fasse zusammen: Die Bundesregierung will vom Einzelplan 14 nach Einzelplan 35 transferieren, ohne zu spezifizieren, wozu sie durch das Haushaltsgesetz verpflichtet ist. Die Bundesregierung hat versprochen, die Abkommen vom Parlament prüfen und entscheiden zu lassen. Dieses Versprechen hat die Bundesregierung nicht gehalten. Sie geht erhebliche finanzielle Verpflichtungen ein, behauptet aber, keine Verpflichtungen zu haben; sie verpflichtet die Bundesrepublik in Wirklichkeit zur Leistung erheblicher finanzieller Mittel ohne Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. Die Bundesregierung ist offensichtlich ja auch schon für das dritte Verteidigungsjahr grundsätzliche Verpflichtungen eingegangen. Ich frage, ob sie das Parlament weiterhin in dieser Weise ignorieren, ja mißachten will, wie sie das bisher getan hat.
Meine Damen und Herren, in dieser Sache brauchte zwischen den die Regierung tragenden Parteien und der Opposition überhaupt kein Gegensatz aufzutreten.
({13})
Hier brauchte nur korrekt und gesetzmäßig gehandelt zu werden. Die ungesetzmäßige Behandlung, meine Damen und Herren, können Sie nicht verteidigen.
({14})
Wird dazu weiter ,das Wort gewünscht? - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Beantragt ist Überweisung an den Haushaltsausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Verteidigung -mitberatend -, und der Herr Abgeordnete Gülich hat eben noch beantragt, auch den Auswärtigen Ausschuß mitberatend zu beteiligen. Ich frage das Haus, ob es mit diesen Vorschlägen einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Nun, meine Damen und Herren, rufe ich auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes ({1}).
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Herr Senator Klein als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat der Bundesrat dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes in seiner Sitzung vom 23. November dieses Jahres die Zustimmung verweigert, dabei aber gleichzeitig durchblicken lassen, mit welcher Lösung er einverstanden sei. Dieses Verfahren war notwendig, weil für den Bundesrat die Frist zur Anrufung des Vermittlungsausschusses abgelaufen war. Auf einen Antrag sämtlicher Fraktionen dieses Hohen Hauses hat der Bundestag am 30. November beschlossen, seinerseits den Vermittlungsausschuß anzurufen mit dem Ziel, es bei der ursprünglichen Fassung des Gesetzes zu belassen. Der Vermittlungsausschuß hat sich in seiner gestrigen Sitzung nochmals mit dem Gesetz beschäftigt. Der einstimmig gefaßte Vermittlungsvorschlag liegt Ihnen in der Drucksache 3004 vor.
Ich darf hierzu folgendes bemerken. Dem Anliegen des Bundesrates wurde insoweit Rechnung getragen, als in Abs. 6 ein neuer Satz 2 eingefügt wurde, wonach in einem Land, in welchem keine Gemeinden bestehen, das Aufkommen aus den Realsteuern dem Land selbst zusteht. Das ist ein Spezialfall des Landes Hamburg. Diese Ergänzung war notwendig, weil Hamburg keine Gemeinden hat und es daher zweifelhaft sein konnte, ob dem Land in diesem Fall die Realsteuern zufließen.
Der Bundesrat hatte ferner angeregt, auch die Gemeindeverbände am Aufkommen der Realsteuern nach Maßgabe der Landesgesetzgebung zu beteiligen und dies im Grundgesetz ausdrücklich festzustellen. Diesem Vorschlag wurde in dieser Form nicht entsprochen. Der Vermittlungsausschuß war der Meinung, daß die Landesgesetzgebung ganz allgemein bestimmen soll, inwieweit die Realsteuern als Bemessungsgrundlage für Umlagen und Zuschläge zugrunde gelegt werden können. Die Gemeindeverbände sind in dieser Fassung zwar nicht mehr erwähnt; durch die heutige Fassung ist es aber möglich, daß nach Maßgabe der Landesgesetzgebung sowohl die Länder selbst als auch die Gemeindeverbände Umlagen und Zuschläge erheben können.
Die Bundestagsfassung sah für das Inkrafttreten den 1. April 1956 vor. Der Bundesrat hat statt dessen den 1. April 1958 vorgeschlagen. Der Vermittlungsvorschlag lautet dahin, daß zwar der Steuerverbund erst am 1. April 1958 in Kraft treten soll, alle übrigen Vorschriften des Gesetzes aber bereits am 1. April 1957.
Über den Vermittlungsvorschlag soll einheitlich abgestimmt werden. Ich darf darauf hinweisen, daß die Beschlüsse im Vermittlungsausschuß einstimmig gefaßt wurden, und darf dem Hohen Hause empfehlen, dem Gesetz in der nunmehr vorliegenden Fassung zuzustimmen.
Ich danke Herrn Senator Klein für die Berichterstattung.
Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung kommen, die nach der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses erfolgen wird - es ist gemeinsame Abstimmung beantragt -, muß ich darauf aufmerksam machen, daß es sich um eine Grundgesetzänderung handelt und daß eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Hauses erforderlich ist, d. h. 325 stimmberechtigte Mitglieder des Hauses müssen dafür stimmen. Ich habe deshalb zur namentlichen Abstimmung klingeln lassen. Wir werden voraussichtlich doch auszählen müssen, wenn das Haus nicht so ausreichend besetzt ist, daß sich das Präsidium ohne Risiko darauf einigen kann, daß 325 Mitglieder, d. h. zwei Drittel im Saale sind.
Zweitens frage ich, ob Erklärungen zu der Vorlage abgegeben werden sollen. - Auf Erklärungen wird verzichtet.
Dann wird das Präsidium jetzt über die Abstimmung entscheiden; wir können zu dem vereinfachenden Verfahren kommen, wenn der Vorstand einmütig ist. - Also, meine Damen und Herren, es besteht keine Einmütigkeit im Vorstand. Wir kommen zur Auszählung. Ich bitte, den Saal zu räumen. Wer dem Bericht des Vermittlungsausschusses zustimmen will, der gehe durch die JaTür.
({0})
Haben alle stimmberechtigten Mitglieder des Hauses den Saal verlassen? - Ich bitte, die Türen zu schließen. - Die Auszählung beginnt; ich bitte, die Türen zu öffnen.
({1})
Meine Damen und Herren, ich bitte, die Türen zu schließen. - Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses zur Verfassungsänderung auf Drucksache 3004 ist mit 376 Stimmen bei einer Nein-Stimme und drei Enthaltungen angenommen. Damit ist die vom Grundgesetz vorgeschriebene verfassungändernde Mehrheit in diesem Hause erreicht. Der Entwurf ist angenommen.
({2})
({3})
Meine Damen und Herren, nun folgt die zweite Vorlage aus dem Vermittlungsausschuß. Ich rufe auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über
({1})
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({2}).
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Sabel.
Sabel ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 167. Sitzung am 30. November beschlossen, hinsichtlich der Novelle zum AVAVG den Vermittlungsausschuß anzurufen. Es wurden die in der Bundestagsdrucksache 2941 enthaltenen Änderungsvorschläge gemacht. Der Vermittlungsausschuß hat zu den Änderungsvorschlägen in seiner Sitzung am 12. Dezember Stellung genommen. Er unterbreitet Ihnen die in der Drucksache 3003 enthaltenen Vorschläge.
Zu den Vorschlägen bemerke ich folgendes. Zunächst zu den Ziffern 1, 2 und 7 a der Bundestagsdrucksache 2941: Der Bundesrat hatte den Vorschlag gemacht, in § 53 Abs. 1 Satz 2 und in § 67 Abs. 2 die Ermächtigung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen zu streichen und dafür dem Bundesminister für die Arbeit die Ermächtigung für den Erlaß der Ausführungsbestimmungen zu geben. Der Bundesrat hat gegen den Bundestagsbeschluß in dieser Hinsicht rechtliche Bedenken. Er hält eine Regelung durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Arbeit für notwendig. Der Vermittlungsausschuß schließt sich den Bedenken des Bundesrates an und empfiehlt deshalb, zu den genannten Ziffern dem Vorschlag des Bundesrates zu folgen.
Zu den Ziffern 3 a und 3 b der Drucksache 2941 hat der Bundesrat eine Änderung des § 69 a und des § 141 b vorgeschlagen. Der § 69 a enthält die Bestimmung, daß Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, versicherungsfrei sind, weiterhin die Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter, der Rentenversicherung der Angestellten oder der knappschaftlichen Rentenversicherung beziehen oder denen ein Anspruch auf ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist. In § 141 b ist die Bestimmung enthalten, daß kein Anspruch auf Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe bei dem gleichen Personenkreis, wie vorher aufgeführt, gegeben ist. Der Bundesrat wollte die Versicherungsfreiheit nur auf Personen beschränken, die das 65. Lebensjahr überschritten haben und Rente beziehen.
Der Vermittlungsausschuß empfiehlt, dem Vorschlag des Bundesrates nicht zu folgen, es vielmehr bei der vom Bundestag beschlossenen Fassung zu belassen, und zwar aus folgenden Gründen. Zunächst ist sicherzustellen, daß Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe nur an Personen gewährt werden sollen, die echt für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und ausreichend vermittlungsfähig sind. Des weiteren würde eine Versicherungspflicht des genannten Personenkreises oft zu dem Ergebnis führen, daß bei Beschäftigungsverhältnissen Beiträge geleistet werden müßten, ohne daß ein Leistungsanspruch gegeben ist, da die Voraussetzungen der §§ 87 bis 88 AVAVG nicht gegeben sind, der Personenkreis eben nicht vermittlungsfähig ist. Die Regelung, wie sie vom Bundestag beschlossen wurde, entspricht auch dem geltenden Recht mit Ausnahme von Bayern und Rheinland-Pfalz. Die Erfahrungen aus der Praxis lassen eine Änderung nicht ratsam erscheinen. Die Rentenreform wird im übrigen eine Verbesserung der Situation der Rentenbezieher bringen und sie vom Bezug von Leistungen aus diesem Gesetz unabhängiger machen.
Zu Ziffer 4 der Bundestagsdrucksache 2941 beantragt der Bundesrat, § 110 Abs. 2 Nr. 3 zu streichen. Der Paragraph behandelt die Wartezeiten. Dieselben sind grundsätzlich auf drei Tage festgelegt. In Abs. 2 sind die Ausnahmen enthalten. Bisher betrug die Wartezeit bei Arbeitslosen mit zuschlagsberechtigten Angehörigen drei Tage, bei Arbeitslosen ohne zuschlagsberechtigte Angehörige sieben Tage. Der Bundesrat wünschte die Streichung der Ziffer 3 im § 110 Abs. 2, die nach dem Beschluß des Bundestages vorsah, daß die Wartezeit für Arbeitslose ohne Zuschlagsempfänger bzw. bis zu zwei Zuschlagsempfängern gleichfalls wegfallen solle, wenn die Arbeitslosigkeit länger als 12 Tage dauere. Hier sollte also nachträglich eine Nachzahlung für die drei Wartetage erfolgen. Der Bundesrat hatte gegen die Bestimmung Bedenken. Er ist der Auffassung, daß die Durchführung einen zu hohen Verwaltungsaufwand erfordere und daß die Bestimmung dazu führen könne, die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme ungünstig zu beeinflussen.
Der Vermittlungsausschuß hat hier einen Vermittlungsvorschlag gemacht, der folgendermaßen aussieht. Es soll dem Vorschlag des Bundesrates auf Streichung der Nr. 3 im Abs. 2 des § 110 entsprochen werden. Dabei aber soll eine Änderung der Nr. 2 dergestalt erfolgen, daß der völlige Wegfall der Wartezeit schon bei Arbeitslosen mit zwei statt, wie bisher vorgesehen, mit drei oder mehr Angehörigen in Frage kommt.
Zu Ziffer 5 der Bundestagsdrucksache 2941 hat der Bundesrat vorgeschlagen, im § 116 f Abs. 1 die Sätze 4 und 5 zu streichen, mit der Begründung, daß diese Bestimmungen das gewollte Ergebnis nicht erreichen könnten. Eine Streichung würde auch rechtlichen Bedenken Rechnung tragen. Der Vermittlungsausschuß hat dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt. Als Folge dieser Zustimmung wurde in Art. X § 10 die Bezugnahme auf den § 116 f Abs. 1 Satz 5 gestrichen.
Zu Ziffer 6 a der Bundestagsdrucksache 2941 hatte der Bundesrat den Vorschlag gemacht, § 177 Abs. 2 Nr. 3 zu streichen, mit der Begründung, hierdurch würde eine ähnliche Regelung erreicht, wie sie in der Kriegsopferversorgung enthalten sei. Es geht bei der genannten Bestimmung darum, daß zu Unrecht geleistete Beträge vom Empfänger zurückzufordern sind. Dabei wird auf den § 177 a Bezug genommen, der den Katalog der Leistungen enthält, auf die zurückgegriffen werden kann. Im geltenden Recht gilt der Grundsatz, daß zu Unrecht geleistete Beträge öffentlich-rechtlicher Art ungeachtet der Frage, ob den Leistungsempfänger ein Verschulden trifft, zurückzufordern sind, wenn der Leistungsempfänger Ansprüche auf andere Leistungen öffentlich-rechtlicher Art für die Vergangenheit hat. Da der Vorschlag des Bundesrates zu weit ging und keine Parallele zu der Regelung der Kriegsopferversorgung darstellte, hat der Vermittlungsausschuß einen Kompromißvorschlag angenommen, der darin besteht, daß dem § 177 Abs. 2 folgender Satz angefügt wird:
Auf die Rückforderung soll ferner im Falle der Nr. 3 verzichtet werden, wenn und soweit die Rückforderung mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers nicht vertretbar wäre.
({4})
Zu Ziffer 6 b der Drucksache 2941! Hier war der Vorschlag gemacht worden, das Rückgriffsrecht einzuengen auf bestimmte Teile von Leistungen. Der Vermittlungsausschuß hat den Vorschlag des Bundesrates abgelehnt. Er empfiehlt, es bei den Beschlüssen des Bundestages zu belassen, da die gewollte Einschränkung nicht erforderlich und nicht gerechtfertigt erscheint. Es handelt sich in den genannten Fällen in der Regel um Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbestände. Eine Annahme des vom Bundesrat gemachten Vorschlags hätte dazu führen können, die Unehrlichkeit von Unterstützungsbeziehern zu Lasten der Beitragszahler oder der öffentlichen Hand zu prämiieren.
Zu Ziffer 7 b der Bundestagsdrucksache 2941 hatte der Bundesrat den Vorschlag gemacht, im § 219 b die Bezugnahmen auf die §§ 130 Abs. 1, 141 a Abs. 3 und 141 e Abs. 6 zu streichen. In § 219 handelt es sich um die Zusammenfassung der Rechtsvorschriften, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Bei den genannten Paragraphen ist dies zweifellos der Fall. § 130 behandelt den Personenkreis für die Gewährung von Kurzarbeitergeld, § 141 a den Personenkreis der Bezieher von Arbeitslosenhilfe, § 141 e behandelt die Anrechnung von Vermögen in der Arbeitslosenhilfe. Sie wissen, daß die Arbeitslosenhilfe restlos vom Bund finanziert wird. Hier ist zweifellos eine Länderzuständigkeit nicht gegeben. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt daher, es bei dem Beschluß des Bundestages zu belassen.
Dann noch zu der Ziffer 8 der Bundestagsdrucksache 2941. Durch die Verzögerung der Verabschiedung ergab sich die Notwendigkeit, in den Schlußbestimmungen das Inkrafttreten des Gesetzes anders zu regeln. Nach dem Beschluß des Bundestages sollte das Gesetz am ersten Tage des vierten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft treten. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen vor, den ersten Satz des § 10 des Art. X wie folgt zu fassen:
Dieses Gesetz tritt am 1. April 1957 in Kraft.
Das ist auch der ursprünglich vorgesehene Termin des Inkrafttretens.
Die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses sind in allen Fällen einstimmig erfolgt. Ich darf Sie bitten, diesem Vorschlag des Vermittlungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Debatte findet nicht statt. Wird das Wort zu Erklärungen vor der Abstimmung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsausschuß schlägt vor, über die Nrn. 1, 2 und 7 der Vorlage Drucksache 3003 gemeinsam abzustimmen. Ich bitte diejenigen, die den Nrn. 1, 2 und 7 des Vorschlages des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Danke schön. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Dann soll gemeinsam abgestimmt werden über die Nrn. 3 und 4 des Vorschlages des Vermittlungsausschusses. Ich bitte diejenigen, die diesen beiden Nummern zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Auch diese beiden Nummern sind angenommen.
Nun soll über die Nrn. 5 und 8 b gemeinsam abgestimmt werden. Ich bitte diejenigen, die diesen beiden aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Auch diese beiden Nummern sind angenommen.
Jetzt haben wir über die Nr. 6, die ausgelassen ist, abzustimmen. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Nun die Nr. 8 a. Wer dieser Nummer des Vorschlages des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Gesamtvorschlag des Vermittlungsausschusses ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zum nächsten nachträglich eingesetzten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts*) des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({0}) über den Entwurf einer Dreiundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({1}) ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Brand ({3}). Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Debatte. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer gemäß dem Antrag des 23. Ausschusses dem Verordnungsentwurf - Drucksache 2994 - unverändert nach der Vorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Nächster eingeschobener Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({4}) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Umsatzsteuersystem ({5}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Eckhardt. Ich erteile ihm das Wort.
Dr. Eckhardt ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen über zwei Anträge von ungleichmäßiger Bedeutung - vielleicht sollte ich besser sagen: ungleichartige Anträge - Bericht zu erstatten. Zugleich habe ich den Auftrag des Finanzausschusses, Ihnen einen knappen Zwischenbericht über den Stand der Arbeiten zur Reform unseres Umsatzsteuerrechts und gegebenenfalls unseres Umsatzsteuersystems zu geben.
Wie Sie wissen, ist im Jahre 1954 bei der Neuordnung der Steuern die geplante grundsätzliche Umsatzsteuerreform nicht zustande gekommen. Der Bundestag hat in einer Entschließung vom Ende des Jahres 1954 die Bundesregierung beauftragt, Untersuchungen darüber anzustellen, in welcher Weise das deutsche Umsatzsteuerrecht berei-
*) Siehe Anlage 2.
({7})
nigt und neu gestaltet werden könne. Die Denkschrift, die wir darüber bekommen haben, ist Ende des Jahres 1955 fertiggestellt worden, und zwar nicht als Denkschrift der Bundesregierung, sondern als Denkschrift des Bundesministers der Finanzen. Diese Denkschrift des Bundesministers der Finanzen hat dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß und dem Finanzausschuß gleichermaßen Gelegenheit gegeben, die Arbeiten in der Frage des Umsatzsteuersystems und der Bereinigung des deutschen Umsatzsteuerrechts aufzunehmen. Es lagen dem Finanzausschuß und den beteiligten Ministerien über 300 Anregungen, Vorschläge, Anträge und Initiativanträge vor, die zum Teil sehr mühsame tatsächliche Feststellungen erfordert haben. Der Finanzausschuß hat einen Unterausschuß für Umsatzsteuer ins Leben gerufen, der sich insbesondere mit diesen Anträgen befaßt hat.
Bei der Behandlung aller dieser Fragen ergaben sich insbesondere zwei Problemkreise. Der erste Problemkreis betraf und betrifft die Gestaltung des deutschen Umsatzsteuersystems; der zweite Problemkreis betraf und betrifft die Prüfung des geltenden Umsatzsteuerrechts.
Zur Frage des deutschen Umsatzsteuersystems können Ihnen die beteiligten Ausschüsse bisher keine Ergebnisse vorlegen. Es handelt sich um Aufgaben allergrößten Umfanges und allergrößter volkswirtschaftlicher Bedeutung. Ich darf nur darauf hinweisen, daß eine Umstellung eines Systems, mit dessen Hilfe dem Staatshaushalt rund 12 Milliarden DM und in naher Zukunft vielleicht schon wesentlich größere Beträge zufließen, außerordentliche Folgen für den allgemeinen Preisspiegel und für die gesamte Volkswirtschaft nach sich ziehen muß. Eine solche Umgestaltung bedarf also sehr sorgfältiger Prüfung und Vorbereitung.
Deshalb hat die Fraktion der SPD in der Drucksache 2234 vom 21. März 1956 folgenden Antrag gestellt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht,
dem Bundestag bis zum 31. August 1956 einen umfassenden Bericht über die Möglichkeiten des Umbaues des heutigen kumulativen Umsatzsteuersystems in ein nicht kumulatives Umsatzsteuersystem unter Beifügung der für eine Entscheidung notwendigen Materialien vorzulegen.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Umsatzsteuersystem
a) einen einwandfreien Ausgleich der umsatzsteuerlichen Belastung bei der Ein- und Ausfuhr ermöglichen soll;
b) die Möglichkeit offenhalten soll, bestimmte Waren und Leistungen auf bestimmten Stufen ihrer Erzeugung oder Verteilung aus wirtschafts- oder sozialpolitischen Gründen mit einem ermäßigten Steuersatz zu belasten oder steuerfrei zu lassen;
c) die kumulative Wirkung auch für Investitionsgüter beseitigen soll, um insbesondere eine zusätzliche Belastung von Rationalisierungsmaßnahmen auszuschließen.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß es sich bei diesem Antrag um die Vorbereitung hochbedeutsamer Arbeiten handelt. Es besteht in den beiden beteiligten Ausschüssen, im Finanzausschuß und im Wirtschaftspolitischen Ausschuß, volle
Einigkeit darüber, daß dieses Material dem Bundestag baldmöglichst zur Verfügung gestellt werden muß. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß legt besonderen Wert darauf, daß sich die Bundesregierung zu den Mängeln des heutigen Systems äußert und insbesondere das Problem der kumulativen Belastung der Waren und des sogenannten Lawineneffekts der Umsatzsteuer an Hand von Beispielen und Material darlegt.
Die in dem Antrag gesetzte Frist, nämlich der 31. August 1956, ist überholt. Die Bundesregierung hat sich in den Beratungen des Finanzausschusses und des Wirtschaftspolitischen Ausschusses bereit erklärt, bis zum 1. März 1957 das gewünschte Material vorzulegen. Sie hat jedoch darauf hingewiesen, daß die von ihr geforderten Unterlagen eine sorgfältige Prüfung erforderten und auch sehr umfangreich seien, so daß es sehr schwer sein werde, die jetzt gesetzte Frist einzuhalten. So viel zu dem Antrag auf Bereitstellung von Unterlagen für eine Änderung des Umsatzsteuersystems.
Nun hat sich der Finanzausschuß, insbesondere der von ihm gebildete Unterausschuß „Umsatzsteuer", in zahlreichen Sitzungen eingehend mit der Überprüfung des geltenden Umsatzsteuerrechts beschäftigt. Ich habe bereits auf die Unzahl der vorliegenden Anträge hingewiesen. Der Ausschuß hat dabei seine Arbeit derart aufgeteilt, daß er zunächst den gesamten Stoff bearbeitet hat, der die Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz betrifft. Die Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz sind zahlreich. Sie enthalten Bestimmungen, die an sich in ein Gesetz aufgenommen werden müßten. Diese Bestimmungen sind auf Grund von Ermächtigungen ergangen, die sich im Umsatzsteuergesetz finden. Nach Auffassung vieler Kreise, wohl auch innerhalb der Bundesregierung und des Bundestags, gehen die Ermächtigungen des Umsatzsteuergesetzes, die zum Teil auf alte Fassungen zurückzuführen sind, zu weit, so daß eine Übernahme von Durchführungsbestimmungen in das Gesetz erforderlich wäre. Der Unterausschuß „Umsatzsteuer" hat aber die Prüfung dieser Frage, insbesondere der Verfassungsmäßigkeit von Ermächtigungen im Sinne des Art. 80 des Grundgesetzes, ausdrücklich zurückgestellt und für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten, damit wenigstens eine Reihe von wichtigen Bestimmungen im Interesse der Wirtschaft und der Verwaltung erleichtert und vereinfacht werden können. Er hat sich zuerst der Bearbeitung der Durchführungsbestimmungen zugewandt, wobei die verständnisvolle Zusammenarbeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesfinanz-, des Bundeswirtschafts- und des Bundesernährungsministeriums, ausdrücklich hervorgehoben werden muß. Eine Änderung der Durchführungsbestimmungen wird schon ab 1. Januar 1957 wenigstens in den wesentlichen Teilen möglich sein, so daß Wirtschaft und Verwaltung bereits zu Beginn des kommenden Jahres in den Genuß wichtiger Erleichterungen und Vereinfachungsbestimmungen kommen werden.
Der Unterausschuß wird seine Tätigkeit ohne Rücksicht auf die bisherigen Ergebnisse fortsetzen und in den kommenden Wochen und Monaten die Probleme beraten, die insbesondere das Umsatzsteuergesetz selbst betreffen und nicht in den Rahmen der Durchführungsbestimmungen fallen.
Das finanzielle Ergebnis der Arbeit an den Durchführungsbestimmungen beträgt etwa 50 bis
({8})
60 Millionen DM. Dieser Betrag mag gering erscheinen; tatsächlich hat er aber eine Fülle weitreichender Erleichterungen und Vereinfachungen zum Inhalt. Ich möchte auf einige wenige hinweisen. Sie finden diese Erleichterungen und Vereinfachungen in der Anlage zu Drucksache 2969. Insbesondere ist der leidige und in der Wirtschaft viel kritisierte Begriff der Be- und Verarbeitung aufgelockert worden. Das Zusammenstellen zu Sachgesamtheiten und das für den Großhandel typische und außerordentlich wichtige Sortieren wird künftig nicht mehr zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer für den Großhandel führen. Außerdem ist beim Versendungsgeschäft vom Ausland in das Inland eine Erleichterung der Art eingeführt worden, daß der Importhandel eine wesentliche Vergünstigung hieraus ziehen kann. Ich weise besonders darauf hin, daß an dieser Frage der Münchener und der rheinische Importhandel hinsichtlich des Imports von Obst, Weinen und Südfrüchten ein starkes Interesse haben. Für den Importhandel sind ferner sieben Erleichterungen und Vereinfachungen beschlossen worden.
Bei der Ausfuhr ist es zu einer Erleichterung des Ausfuhrnachweises durch Zulassung der Spediteurübernahmebescheinigung in Verbindung mit anderen Belegen gekommen. Das ist ein alter und sehr dringender Wunsch, der von der deutschen Ausfuhrwirtschaft ebenso stark betont worden ist wie von den Stellen der Finanzverwaltung.
Der Lohnveredelungsverkehr für ausländische Rechnung wird auch dann ais steuerfrei zugelassen, wenn Gegenstände aus dem Ausland in das Inland gelangen und der Lohnveredeler zwar nicht denselben Gegenstand, aber einen gleichartigen Gegenstand veredelt zurückgibt. Das ist eine Regelung, die der Neuregelung beim zollrechtsfremden Veredelungsverkehr entspricht.
Beim steuerfreien Großhandel haben wir insgesamt neun Erleichterungen vor uns, unter denen ich z. B. das Eulanisieren von Wolle, also das Mottensichermachen von Wolle, hervorheben will und außerdem die Ausdehnung des Verhüttungsprivilegs für die Herstellung von Leicht- und Schwermetallegierungen, bei denen in bestimmtem Umfange Nichtverhüttungsmaterialien zugesetzt werden dürfen. Das klingt sehr technisch, ist aber ohne Zweifel eine bedeutende Erleichterung für die gesamte wichtige Industrie der NE-Metalle.
Beim Beförderungsverkehr sind künftig von der Umsatzsteuer Krankenbeförderungen und andere Beförderungen freigestellt.
Es sind dann die landwirtschaftlichen Umsatzsteuerdurchführungsbestimmungen mit Rücksicht auf die Befreiung der Landwirtschaft von der Umsatzsteuer neu gefaßt worden.
Schließlich sind besondere Be- und Verarbeitungsfälle beim steuerermäßigten Binnengroßhandel neu zugelassen worden. Ich möchte erwähnen das wichtige Anbringen einer ganzen Reihe von Ausrüstungsgegenständen und Zubehörteilen an Kraftfahrzeugen sowie an Grasmähern, Mähwerken, Bindemähern und Mähdreschern. Auch ist das Fermentieren von deutschem Tabak künftig steuerunschädlich.
Schließlich ist bei der Zusatzsteuer bei Verbindung der Herstellung mit Einzelhandel eine Reihe von Erleichterungen beschlossen worden, z. B. die Befreiung der Einzelhandelslieferungen alkoholischer Getränke durch Gaststätten usw. von der
Zusatzsteuer, ein Problem, das insbesondere die kleineren Brauereien sehr interessiert. Bei der Zusatzsteuer in der Textilwirtschaft sind wollene Hausschuhoberstoffe von der Spinnweberzusatzsteuer befreit worden, da diese Waren nur in mehrstufigen Unternehmen hergestellt werden. Entsprechend der technischen Entwicklung sind eine ganze Reihe von Veredlungsvorgängen ab 1. Januar 1957 begünstigt.
Auch bei der Ausfuhrhändlervergütung sind Vereinfachungen und Erleichterungen geschaffen worden; so ist eine Neuregelung der vergütungsfähigen Vorgänge erfolgt, um künftig den Wechsel des Vergütungsberechtigten auszuschließen. Es ist eine Vereinfachung der Bemessungsgrundlage beschlossen worden, und es ist eine bessere Anpassung der Ausfuhrhändlervergütungssätze an die tatsächliche Vorbelastung zustande gekommen. Die Ausschlußfrist bei Ausfuhr und Ausfuhrhändlervergütung ist von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert worden. Es sind schließlich eine Reihe von Härten bei der Rückforderung von Ausfuhrvergütungen ausgeschlossen worden. Insgesamt handelt es sich um 51 Vorgänge.
Im Auftrage des Finanzausschusses möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, daß hier entgegen den vielfachen Angriffen auf den Bundestag gerade mit Rücksicht auf Komplikationen von Steuergesetzen eine ganze Fülle von Erleichterungen und Vereinfachungen in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung vorgesehen worden sind, die für Verwaltung und Wirtschaft gleichermaßen eine erhebliche Bedeutung haben. Diese Vereinfachungen und Erleichterungen übersteigen wahrscheinlich bei weitem das Maß, das auf dem Gebiet anderer großer Steuern, z. B. der Einkommensteuer, möglich sein würde. Diese Bedeutung der Maßnahmen sollte hervorgehoben werden, weil ja an der Bereinigung des deutschen Umsatzsteuerrechts und schließlich der Neugestaltung des Systems weiteste Kreise, man kann sagen, die gesamte deutsche Volkswirtschaft, ein erhebliches und auch berechtigtes Interesse haben.
Ich bitte Sie namens des Finanzausschusses und des Wirtschaftspolitischen Ausschusses, die Anträge der Ausschüsse anzunehmen mit der Maßgabe, daß bei dem Antrag der Fraktion der SPD das Datum „31. August 1956" ersetzt wird durch den 1. März 1957 und daß die Bundesregierung ersucht wird, durch Rechtsverordnung zum 1. Januar 1957 die Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz um die in der Anlage zum Mündlichen Bericht Drucksache 2969 bezeichneten Vereinfachungen und Erleichterungen zu ändern und zu ergänzen.
({9})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Debatte. - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Vereinfachungen und Erleichterungen insbesondere im Steuerrecht mittlerweile einen Seltenheitswert erreicht haben und wir uns in dieser Beziehung in letzter Zeit zu meinem tiefen Kummer überhaupt nicht betätigt haben, möchte ich Gelegenheit nehmen, etwas Außergewähnliches zu tun und dem Vorsitzenden
({0})
des Unterausschusses unseren besonderen Dank und unsern Anerkennung auszusprechen.
({1})
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den beiden Themengruppen, die der Herr Berichterstatter angesprochen hat, darf ich für das Bundesfinanzministerium folgendes sagen.
Das Ersuchen, einen umfassenden Bericht über eine Änderung des Umsatzsteuersystems dem Bundestag vorzulegen: Der Herr Berichterstatter hat schon vermerkt, daß dem Hohen Hause bereits eine Denkschrift des Bundesfinanzministers vorliegt, die sich damals auf Grund der ausdrücklichen Aufforderung nicht auf eine Änderung des Umsatzsteuersystems, sondern auf eine Änderung des geltenden Umsatzsteuerrechts bezogen hatte. Immerhin sind in der Darlegung auch damals schon Äußerungen über mögliche Systemänderungen enthalten gewesen. Nun begrüßen wir die an die Bundesregierung gerichtete Aufforderung und werden uns bemühen, ihr so bald wie möglich und so gründlich wie möglich nachzukommen. Ich darf da aber einen kleinen Vorbehalt machen. Der Termin ist sehr kurz gesetzt. Die Denkschrift soll bis zum 1. März 1957 erstattet werden, und zwar soll die Bundesregierung die Äußerungen dazu machen. Es ist schon bei der ersten Denkschrift nicht möglich gewesen, die Denkschrift als Ganzes durch die Bundesregierung zu verabschieden. Sie ist dem Bundestag als Denkschrift des Bundesfinanzministeriums vorgelegt worden, was hier und da zu Beanstandungen geführt hat. Ich darf heute bemerken, daß es bei der kurzen Terminsetzung nicht möglich sein wird, daß die Bundesregierung sich die Denkschrift als Ganzes zu eigen macht. Vielmehr wird es sich dann wohl nur um eine Äußerung des Bundesfinanzministeriums handeln, die selbstverständlich durch die Bundesregierung dem Hohen Hause vorgelegt werden würde.
Ich darf mir aber vielleicht erlauben, die Frage aufzuwerfen, weshalb dieser außerordentlich kurze Termin gesetzt wird. Von wissenschaftlicher Seite ist schon unserer ersten Denkschrift der Vorwurf der mangelnden wissenschaftlichen Vertiefung gemacht worden. Es war noch etwas heftiger ausgedrückt. Wir möchten uns eigentlich diesen Vorwurf nicht noch einmal zuziehen. Ich glaube auch, daß es bei der außerordentlichen Belastung des Hohen Hauses gar nicht möglich sein würde, in Verfolg dieser Denkschrift irgendwelche gesetzgeberischen Maßnahmen zu beraten oder gar zu verabschieden. Ich würde doch bitten, zu prüfen, ob man mit Rücksicht darauf nicht den Termin um einige Monate hinausschieben kann. Selbstverständlich muß er auf einen so frühen Zeitpunkt festgesetzt werden, daß sich der Ausschuß für Finanzen und Steuern, insbesondere der Unterausschuß, noch in der geltenden Legislaturperiode damit befassen kann. Ich glaube, das würde der Qualität der Arbeit zugute kommen.
Zweitens: Die Beratung der Durchführungsbestimmungen ist ja in ,dem Unterausschuß, den der Herr Abgeordnete Eckhardt leitet, unter wesentlicher Mitarbeit des Bundesfinanzministeriums erfolgt. Wir werden uns selbstverständlich bemühen, soweit die rechtliche Möglichkeit gegeben ist, die in der Resolution enthaltenen Anregungen in den Text der Durchführungsbestimmungen aufzunehmen. Herr Abgeordneter Eckhardt hat selbst betont, daß die Gültigkeit und der Umfang einiger im Gesetzestext noch vorhandener Ermächtigungen etwas zweifelhaft ist. Das müssen wir in dem einen oder anderen Punkte noch nachprüfen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wird ein Antrag gestellt? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Herr Berichterstatter hat den Antrag des Ausschusses vorgetragen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dem Antrag ist zugestimmt.
Wir kommen zu Punkt 4 - ursprünglich 3; das ist inzwischen geändert - der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({0}) über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Unertl, Dr. Dollinger, Dr. Dresbach, Höcherl, Kriedemann, Margulies und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Goldhagen. Wird das Wort gewünscht?
({2})
- Der Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht*). Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen? - Ich darf doch vielleicht daran erinnern, daß nach der Geschäftsordnung die Meldungen an sich schriftlich abzugeben sind. Wir nehmen auch andere an; aber ich bitte es nicht übelzunehmen, wenn wir sie übersehen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Mensing.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich stelle gerne fest, daß der Unterausschuß, der sich mit dieser Frage beschäftigt und die Gründe gewürdigt hat, die mich und meine Freunde veranlaßt haben - nämlich Gründe der Wettbewerbsgleichheit -, den Entwurf abzulehnen, sich größte Mühe bei dem Versuch gegeben hat, einen Ausgleich zu schaffen. Das Ergebnis ist die Umsatzsteuerfreiheit für den Totversand durch landwirtschaftliche Genossenschaften. Es konnte daher nicht ausbleiben, daß man nunmehr aus Wettbewerbsgründen nachzog und auch den Großschlachtern ein Entgegenkommen zeigte. Aber dieses Entgegenkommen hat nunmehr zur Folge gehabt, daß eine Wettbewerbsungleichheit zwischen dem Fleischerhandwerk und den Großschlachtern entstand.
Zu dieser Frage möchte ich folgendes ausführen. Das Großschlachtergewerbe hat ursprünglich Funktionen ausgeübt, mit denen wir vom Fleischergewerbe - ich bin ja selbst Fleischermeister; darum darf ich mich in aller Offenheit zu diesen Dingen äußern - einverstanden waren. Das heißt, das Großschlachtergewerbe hatte in erster Linie dafür
s) Siehe Anlage 3.
({0})
zu sorgen, daß Überstände auf den Schlachtviehmärkten auf andere Märkte abgeführt wurden. Außerdem hatte es für das Fleischergewerbe eine ausgleichende Funktion auszuüben, weil die Struktur bei jedem Fleischereigeschäft eine andere ist. Früher war es so, daß z. B. Betriebe in einer Arbeitergegend in erster Linie Fleisch von Vordervierteln verkauften. In anderen Bezirken eines Ortes, wo wohlhabende Leute wohnten, wurde in erster Linie Bratfleisch gekauft. Das hatten die Großschlachter innerhalb des Fleischergewerbes auszugleichen. Aber nach dem Kriege hat das Großschlachtergewerbe - von Hamburg, wo das Verhältnis zwischen Ladenschlachter und Großschlachter ein recht gutes ist, abgesehen - seinen Funktionsbereich dadurch ausgedehnt, daß es auch den Kleinverkauf betreibt, Gastwirtschaften und Hotels beliefert und sich bei größeren Lieferungen an Ausschreibungen beteiligt. Damit wurde es ein schwerer Konkurrent des Fleischergewerbes.
Angesichts der wettbewerbsmäßigen Ungleichheit, die durch die verschiedene umsatzsteuerliche Behandlung hervorgerufen wird, ist zu unserer großen Sorge das Fleischergewerbe bei allen Ausschreibungen, an denen sich beide Gruppen beteiligen, von vornherein um die 3 % der Umsatzsteuer benachteiligt. Ich weise nur auf die künftigen Wehrmachtslieferungen hin. Um diese Tatsache kommen wir nicht herum.
Es kommt hinzu, daß die Großschlachter auch deshalb im Vorteil gegenüber dem Fleischergewerbe sind, weil sie nicht die modernen Ladeneinrichtungen, die hygienisch einwandfrei sein müssen, nötig haben. Außerdem haben sie billigere Einkaufsmöglichkeiten, vor allen Dingen bei großen Überständen auf den Viehmärkten. Diese Dinge geben dem Groß-Schlachtergewerbe einen gewissen Vorsprung. Es ist für das Fleischergewerbe nur ein geringer Trost, daß die ganze Umsatzsteuerfrage in einem Gesetz neu gelöst werden soll, wie es Herr Dr. Eckhardt eben angekündigt hat. Wir hoffen, daß dann derartige Ungerechtigkeiten, wie sie jetzt vorhanden sind, beseitigt werden können.
Gestatten Sie mir nun noch einige Bemerkungen zum Problem des Totversandes. Würde man die Einrichtung des Totversandes wirklich ausbauen und würden die landwirtschaftlichen Genossenschaften sogar eigene Schlachthöfe errichten - mir wurde bekannt, daß man dazu übergehen will -, dann würde sich das für die bestehenden Schlachthöfe, in denen ein sehr großes Kapital investiert ist, verhängnisvoll auswirken; das würde zwangsläufig zu einer Verödung dieser großen Einrichtungen führen.
Ich bringe meine Bedenken in aller Deutlichkeit zum Ausdruck und hoffe, daß das Hohe Haus Verständnis für die sachlichen Argumente hat, die ich hier vortrage.
Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen: In einem Teil der Presse wurde die Nachricht verbreitet, ich hätte mich im Ernährungsausschuß gegen eine Senkung der Fleischpreise ausgesprochen. Derjenige, der der Presse eine derartige tendenziöse, entstellende Mitteilung gemacht hat, mag einmal innere Einkehr halten und sich die Frage vorlegen, ob es fair ist, wenn man versucht, den politischen Gegner in einer solchen Form in der Öffentlichkeit zu verdächtigen. Richtig ist, daß ich im vorigen Bundestag bei der Beratung des Vieh- und
Fleischgesetzes den Antrag gestellt habe, Fleisch zum Grundnahrungsmittel zu erklären. Richtig ist ferner, daß ich in der vorletzten Sitzung des Ernährungsausschusses gebeten habe, sich dieser Frage von neuem anzunehmen. Das zum Tatsächlichen.
Würde das System des Totversandes durchgeführt werden, würde das die genaue Kontrolle der Belieferung der Märkte und Einflußnahme auf Versorgung und Preisgestaltung bedeuten. Wo bleibt das Spiel der freien Kräfte, das Marktgeschehen, wenn eine solche Maßnahme staatlich sanktioniert wird?
Ich bitte, sich auch einmal die Frage zu überlegen, ob es der Bundestag verantworten kann, die kleinen und mittelständischen Betriebe des Fleischergewerbes zugunsten einer anderen Berufsgruppe zu benachteiligen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Albrecht ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige ergänzende Worte zu dem Bericht und zu den Ausführungen meines Herrn Vorredners.
Der Zweck des ihnen auf Drucksache 2970 vorliegenden Antrages ist im wesentlichen die Sicherung gleicher Wettbewerbsverhältnisse. Vorn Standpunkt der großen städtischen Märkte aus gesehen, ist diese Wettbewerbsgleichheit heute schon wesentlich gestört.
Dazu einige kurze Angaben. Der Wochenlohn für Schlachter beträgt z. B. in Hamburg heute 111 DM, im benachbarten Schleswig-Holstein dagegen nur 80 DM. Die Beschaugebühren in Hamburg mußten vor kurzem schweren Herzens erhöht werden, um nur einen Teil der Kosten zu decken. In Schleswig-Holstein werden Beschaugebühren nicht erhoben. Dazu kommen erhöhte Transportkosten für lebendes Vieh und Treiberlöhne sowie sonstige Nebenkosten.
Infolgedessen sind die Schlachtungen auf den großen Schlachthöfen bereits in starkem Maße zurückgegangen. In Hamburg sind in den letzten zwei Monaten an Kälbern 31 %, an Schweinen 16 %, an Schafen 4 1/2 % weniger geschlachtet worden. Entsprechend ist auf der anderen Seite die Zufuhr geschlachteter Tiere gestiegen, und zwar in den letzten drei Monaten in Hamburg bei Kalbfleisch um 20 %, bei Schweinen um 36 % und bei Hammeln um 14,6 %. Diese Entwicklung läßt sich auch in anderen großen Städten verfolgen. Der Anteil an geschlachteten Tieren beträgt in Bochum und Gelsenkirchen bereits 22 %, in Düsseldorf 21 %, in Essen und Hamburg bereits 18 %.
Diese Entwicklung würde in starkem Maße weiter vor sich gehen, wenn die vom Ausschuß vorgeschlagene Senkung der Umsatzsteuer nicht erfolgen würde und sich die Wettbewerbsverhältnisse dadurch noch weiter verschlechtern würden. Es liegt auf der Hand, daß die Zufuhr von lebendem Vieh für den Verbraucher viel hygienischer ist als der Versand von geschlachteten Tieren mit den Gefahren der Verschmutzung auf dem Wege zur Großstadt. Die Einhaltung veterinärpolizeilicher Vorschriften auf den Schlachthöfen und die Verwertung von Innereien für pharmazeutische
({0})
Zwecke sind ebenfalls sehr viel leichter zu überwachen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß beispielsweise vor kurzem in einem Krankenhaus des Hamburger Bereichs eine Salmonella-Infektion aufgetreten ist. Die sofort eingeleiteten Untersuchungen haben ergeben, daß das Fleisch, welches die Ursache dieser Vergiftung war, nicht auf dem Hamburger Schlachthof verarbeitet, sondern von außerhalb zugeführt worden ist.
Besonders aber dient die Aufrechterhaltung der großen Märkte dem Interesse des städtischen Verbrauchers. Die unvermeidlichen Preisschwankungen, die sich ergäben, wenn in der Hauptsache geschlachtetes Vieh eingeführt würde, können bei dem Schlachten an Ort und Stelle durch eine vorübergehende Aufstallung durch den Großhandel vermieden werden.
Aus allen diesen Gründen hat schon das preußische Schlachthofgesetz vom Jahre 1868 die Bedeutung der Schlachthöfe für die städtische Versorgung anerkannt. Aus neuester Zeit liegt ein Urteil des hamburgischen Ober-Verwaltungsgerichts vor, und zwar vom 26. November, das ich in aller Kürze mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren möchte. Darin heißt es:
Die Unterhaltung öffentlicher Schlachthäuser durch Gemeinden ist im Interesse der Volksgesundheit unerläßlich. Dadurch, daß die Schlachtung des Viehs auf öffentliche Schlachthäuser konzentriert wird, ist eine lückenlose veterinärpolizeiliche Überwachung des zur Versorgung eines Gemeindebezirks bestimmten Fleisches ohne Verzögerung für den Handel gewährleistet. Die Gemeinden können auch in ihren Schlachthäusern die Anforderungen der Hygiene besser erfüllen als die einzelnen Inhaber der Fleischereibetriebe... .
Deswegen haben auch schon immer die großen Gemeinden erhebliche Zuschüsse aus Steuergeldern für ihre Schlachthöfe aufgebracht. So groß und notwendig sind diese Investitionen, daß man sie nicht durch ein Verlegen des Schlachtprozesses auf das Land zu Fehlinvestitionen werden lassen sollte. In Hamburg z. B. ist man seit einer Reihe von Jahren dabei, die Einrichtungen des großen Schlachthofs zu modernisieren und zu erweitern. Dieses Programm ist noch nicht abgeschlossen, aber im wesentlichen ist es schon in der Vollendung begriffen. Man hat eine Rindermarkthalle erstellt, eine Freibankhalle, eine Verkaufshalle, und man ist dabei, eine Fleischmarkthalle und den Seuchenschlachthof zu bauen. Dieses Programm umfaßt allein in dieser einen großen Stadt 16 Millionen DM aus Steuermitteln.
Ich bitte darum das. Hohe Haus, auch unter den erwähnten Gesichtspunkten des großstädtischen Verbrauchs und der Versorgung der großen Märkte dem Antrag des Ausschusses zu folgen, damit die Bundesregierung in die Lage versetzt wird, die Wettbewerbsgleichheit auf diesem Gebiet wenigstens so weit wie möglich wiederherzustellen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Mensing hat hier mit zweifellos ernster Sorge nach dem freien Spiel der Kräfte gefragt. Ich möchte ihm sagen, daß seine Sorge mindestens in diesem Falle völlig unberechtigt ist. Wir haben mit diesem Antrag und mit dem, was der Ausschuß dem Hause zu beschließen vorschlägt, das Beste getan, was im Sinne der Sicherung des freien Spiels der Kräfte getan werden konnte, Herr Mensing, und wir haben dabei insbesondere auch an die kleinen Fleischer gedacht.
Damit jedermann weiß, um was es sich dreht: die Landwirtschaft ist umsatzsteuerfrei. Sie ist es auch dann, wenn sie nicht lebende Tiere, sondern geschlachtete Tiere in den Verkehr bringt. Der sogenannte Totversand und die sogenannte Totverwertung, die Verwertung also von in landwirtschaftlichen Betrieben aufgezogenen Tieren in Form von Tierkörpern, Tierhälften, ist eine moderne Form der Vermarktung. Es wäre mehr als Zünftlerei und mehr als Rückfall in mittelalterliche Vorstellungen, wenn wir uns etwa unter den Eindrücken der Argumentation des Kollegen Mensing dazu aufschwingen wollten, der Landwirtschaft die Totverwertung zu verbieten. Wir können der Landwirtschaft nicht auf der einen Seite immer sagen, sie möge sich marktgerecht und marktkonform verhalten, sie möge selber etwas zum Marktausgleich beitragen, um ihr dann auf der anderen Seite nicht die Möglichkeiten dazu zu geben.
Ich habe hier neulich schon ausgeführt, in welcher Lage sich der Landwirt befindet, wenn ihm die Totverwertung nicht gestattet wird. Dann steht er vor der Frage, ob er das fertig gemästete Tier auf einen Markt schicken soll, auf dem dieses Tier nicht gebraucht wird und nur zu Verlustpreisen abgesetzt werden kann, oder ob er es weiter im Stall behalten, d. h. weiter füttern und auf diese Weise Verluste erleiden soll. Wenn wir das eine und das andere - beides wäre ja töricht - nicht wollen, müssen wir ihm die Möglichkeit zur Totverwertung geben. Das heißt, er muß dieses fertig gemästete Tier schlachten, eine Weile als Tierkörper aufbewahren und dann In den Verkehr bringen können. Zur 'Beruhigung der empfindlichen Gemüter möchte ich sagen, daß das keineswegs in irgendwelchen Hinterhäusern, sondern auch auf Schlachthöfen geschieht. Denn Vorschriften darüber, was an Hygiene zu beachten ist, wenn Fleisch in den Verkehr gebracht werden soll, wenn Tiere gewerblich oder für die Verwertung geschlachtet werden sollen, sind in Deutschland nicht erst einzuführen; die gibt es ja schon. Es ist nicht so, daß das nur bei den Metzgern zu beachten ist. Das ist auch dann zu beachten, wenn ein Landwirt oder wenn eine landwirtschaftliche Genossenschaft in seinem Auftrag schlachtet, um das Fleisch in den Verkehr zu bringen.
Ich bin mit Herrn Mensing der Meinung, daß man solche Themen nicht dazu benutzen sollte, politische Gegner zu verdächtigen, und ich hoffe, er sieht jetzt ein, daß wir nicht auf diesem Wege sind, wenn wir dem Hause von dieser Stelle aus empfehlen, diesem Antrag zuzustimmen. .
Es ist hier von den kleinen Fleischern geredet worden. Meine Damen und Herren, es ist nun einmal so, daß nicht alle Fleischer in der Lage sind, selbst zu schlachten und aus dem, was sie schlachten, dann Wurst zu machen oder ausgepfundetes Fleisch an den Kunden zu verkaufen. Es gibt eine ganze Menge Fleischer, die, weil ihr Umsatz das nicht erlaubt, darauf angewiesen sind, Fleisch zu kaufen. Für die ist es eine ausgesprochene Hilfe, wenn hier jetzt mit einem solchen Beschluß festgestellt wird, daß das Schlachten von Tieren, das
({0})
bloße Schlachten von Tieren, und das Inverkehrbringen von Tierkörpern oder Hälften und Vierteln von Tierkörpern nicht umsatzsteuerschädlich ist. Für die ist es eine ausgesprochene Hilfe. Ich sage noch einmal, Herr Mensing: wir haben gerade auch an Ihre kleinen Berufskollegen gedacht, als wir dem Hause diesen Vorschlag machten. Wenn wir die Gefahr, die in jeder einseitigen Entwicklung drinliegt, die auch etwa in einer Ausuferung der sogenannten Totverwertung drinliegt, zur rechten Zeit bannen wollen, müssen wir so beschließen, wie der Ausschuß es dem Hause vorschlägt. Wenn wir das freie Spiel der Kräfte aufrufen wollen, um ,aus dem freien Spiel der Kräfte eine solche einseitige Entwicklung zu bannen, die dann zweifellos sehr nachteilige Folgen für Viehmärkte, Preise und alles mögliche haben könnte, müssen wir eben die Wettbewerbsgleichheit wiederherstellen, die mit der Befreiung der Landwirtschaft von der Umsatzsteuer in diesem Punkt beeinträchtigt worden ist.
Deshalb sind wir vollkommen gut beraten und mit gutem Gewissen nach jeder Seite, Herr Mensing, auch nach der Seite der kleinen Metzger ausgestattet, wenn wir beschließen, wie der Ausschuß es dem Hause empfiehlt. Ich bitte idas Haus darum, so zu beschließen.
Das Wort hat der Abgeordnete Unertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich dürfte dafür bekannt sein, daß ich mich an dieser Stelle mehrmals recht kurz gefaßt habe. Auch ich habe dem, was die heutigen Vorredner gesagt haben, nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich möchte nur der Objektivität halber sagen, daß die großen Bedenken meines Freundes Fritz Mensing - die ich selbst weitgehend teile - in dieser Form doch nicht berechtigt sind. Lieber Kollege Mensing, wir haben uns im Ernährungsausschuß lange und eingehend mit der Materie beschäftigt. Gerade den Befürchtungen, die von seiten des Metzger- oder Fleischerhandwerks geäußert werden, wird ja durch diesen Antrag Rechnung getragen. Der Antrag ist durch die Tatsache ausgelöst worden, daß die Landwirtschaft nun einmal von der Umsatzsteuer befreit ist. Wir wollen der Landwirtschaft das Schlachten ebenfalls als einen landwirtschaftlichen Vorgang zugestehen und die geschlachtete Ware als landwirtschaftliches Erzeugnis anerkennen. Wir wissen doch als Fachleute - wenn man dies einmal sagen darf -, daß das Vieh- und Fleischgesetz auf den Fleischmärkten in den Städten bisher nicht für die richtige Ordnung gesorgt hat. Der Sorge - die immer von den Metzgern geltend gemacht wird -, daß hier die Wettbewerbsgleichheit verschoben wäre, kann nun gesetzlich abgeholfen werden 'dadurch, daß wir wenigstens jetzt die Behörden - die wir sonst gar nicht so sehr lieben - auf den Vorgang aufmerksam machen, daß dort einer Gruppe zugestanden wird, für 1 % Umsatzsteuer Umsätze zu tätigen, für 'die sie bisher 4 % zahlen mußte.
Ich sehe in diesem Antrag gerade einen Schutz für das Metzgergewerbe wegen der bekannten Dinge auf den Fleischmärkten; die Erfahrungen der Zukunft und die Praxis werden uns recht geben.
Wie der Kollege aus Hamburg hier mit Recht ausgeführt hat, ging es uns auch um die Aufrechterhaltung der Lebendviehmärkte, weil sich das
Preisbild für die Landwirtschaft weitestgehend auf den Lebendviehmärkten ergibt. Auch die Befürchtung, daß dort die Einkaufsmöglichkeiten nicht gleich wären, trifft nicht zu. Die Praxis ergibt es ja, daß 80 % der Metzger in den Städten und Teile derer auf dem Lande sich bereits weitestgehend der Großschlächter bedienen.
Ich freue mich über die Feststellung, die der Kollege Dr. Wellhausen hier getroffen hat, daß Vereinfachungen und Verbesserungen gerade auf dem Umsatzsteuersektor Seltenheitswert angenommen haben. Wir haben diese Äußerung nur zu begrüßen.
Wir haben auch zu begrüßen, was uns der Vorsitzende des Unterausschusses „Umsatzsteuer" heute hier mitgeteilt hat.
Wir werden mit diesem Antrag weiter erreichen, daß ein kleiner Einbruch in ein System getan wird, das man zu guter Letzt nicht in der bisherigen Farm haben will. Wir alle bemängeln doch seit langem, daß Fleisch nicht längst zum Grundnahrungsmittel erklärt worden ist. Auf dem Wege zu diesem Ziele gehen wir nun einen Schritt weiter.
Ich möchte das Hohe Haus bitten, dem Ausschußbericht zuzustimmen.
({0})
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nicht zur Sache sprechen. Es wird bekannt sein, daß das Bundesfinanzministerium erhebliche Bedenken gegen die Anregung gehabt hat Wir werden diese Bedenken zurückstellen, obwohl wir nicht überzeugt sind, daß die Senkung der Umsatzsteuer um 3 %, die hier herbeigeführt werden soll, den Effekt haben wird, den die Antragsteller davon erwarten. Nun, wir werden ja sehen - vielleicht in einem Jahr -, wie sich die Dinge entwickelt haben. Es ist immerhin so, daß hier doch wieder einmal bei der Umsatzsteuer eine Regelung getroffen wird, die ihren Ausgangspunkt mehr in wirtschaftspolitischen Zielsetzungen hat. Aber ich möchte in diesem Augenblick nichts mehr darüber sagen.
Ich muß jedoch zwei Punkte noch berühren. Wir glauben nicht, daß die im Antrag des Ausschusses gewünschte Änderung der Durchführungsbestimmungen von uns vorgenommen werden kann. Den Grund hat der Herr Abgeordnete Eckhardt bei dem vorigen Punkte der Tagesordnung schon berührt. Die Ermächtigung wird dafür nicht ausreichen. Die Ermächtigung gibt uns nur das Recht, geringfügige Bearbeitungen zu privilegieren. Ich glaube nicht, daß man das Töten von Tieren, das Halbieren und Vierteln von Tieren als eine „geringfügige Bearbeitung" ansehen kann.
({0})
Ich möchte aber einen positiven Beitrag zur Debatte liefern. Ich glaube, das Gesetz muß geändert werden. Es müßte in § 7 Abs. 3 hinter Satz 1 eine neue Vorschrift etwa folgenden Wortlauts eingefügt werden:
Das Schlachten von Rindern, Kälbern, Schweinen, Schafen und Pferden schließt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 1 v. H. nicht aus, wenn die Tierkörper im ganzen, in Hälften oder viergeteilt geliefert werden.
({1})
Also das Gesetz müßte geändert werden, und es wird sicher in der Initiative des Hohen Hauses liegen, -
({2})
- Gut, ich bin also gerne bereit, die Erklärung abzugeben, daß unter Zurückstellung der Bedenken eine solche Vorlage dem Hause vorgelegt werden wird, wenn das der Wunsch ist.
({3})
Zweitens: die Stundung. Wir haben zur Zeit eigentlich keine Rechtsgrundlage für die Stundung einer gesetzlich geschuldeten Steuer. Wir werden also prüfen, auf Grund welcher Rechtsvorschriften bereits jetzt, ehe das neue Gesetz da ist, eine Stundung möglich erscheint.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den so vielfach empfohlenen Antrag. Ich bitte diejenigen, welche diesem Antrag des Ausschusses zu Ziffer 1 und 2, über die wir wohl gemeinsam abstimmen können, zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
Ich rufe auf den nächsten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({0}) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Aufhebung von Einfuhrzöllen ({1}).
Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Strobel. Wird dazu das Wort gewünscht? - Sie verweist auf den Schriftlichen Bericht*). Ich danke schön.
Es liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 878**) vor. Wird der Antrag begründet?
({2}) - Zur Begründung des Antrags?
({3})
Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Überblick über die Geschichte des Antrags! Die Geschichte des Antrags ist wechselvoll; denn im Ernährungsausschuß des Bundestages wurde der SPD-Antrag nahezu einstimmig abgelehnt.
({0})
- Das ist Tatsache; ich berichte jetzt bloß über die Tatsachen.
({1})
- Das weiß ich schon. Das steht aber nicht so ganz genau darin. Ich darf das wiederholen, weil ich das als Vorbemerkungen für meine Ausführungen
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 5. brauche. Ich bin auch verpflichtet, das Hohe Haus in die Verhältnisse einzuweihen, wie sie waren.
Zweitens kommt in Betracht, daß der SPD-Antrag im Handelspolitischen Ausschuß nur mit Mehrheit die Zustimmung gefunden hat.
Andererseits darf ich darauf hinweisen, daß auch wir naturgemäß bemüht sind, hier eine Stellung einzunehmen, daß eine Übereinstimmung oder wenigstens eine Angleichung der Verhältnisse eintritt, die sowohl im Interesse der Verbraucher wie der Erzeuger liegt. Deswegen habe ich mit einer Reihe von Freunden mich bemüht, einen Vermittlungsvorschlag zu machen. Ich beantrage im Namen dieser Freunde, den Antrag des Handelspolitischen Ausschusses nicht anzunehmen, sondern dem Änderungsantrag auf Umdruck 878 die Zustimmung zu erteilen.
Dieser Änderungsantrag hat folgenden Inhalt. Er geht davon aus, daß die Einfuhrzölle für Gemüsekonserven bis zum 31. März 1957 ermäßigt werden sollen, statt, wie im SPD-Antrag vorgesehen, die Zölle für die Zeit bis zum 31. März 1957 überhaupt aufzuheben. Ich möchte dazu ausführen, daß auch eine Aufhebung der Zölle nach unserer Meinung nicht notwendig ist. Denn eine solche totale Aufhebung der Zölle für diese Übergangszeit würde einerseits an der Versorgungslage nicht viel ändern. Ich darf hier auf die Bekanntgaben des Bundesministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 4. Dezember, die gegenüber dem Ernährungsausschuß erfolgt sind, verweisen. Darin ist genau dargestellt, daß die Versorgungslage und auch die Preislage gesichert sind, so daß also nach dieser Richtung hin ein Bedürfnis nach vollständiger Aufhebung der Zölle nicht besteht.
Andererseits - und da kommt nun die Erzeugerseite - spricht man immer so viel von dem Schutz der kleinen Leute. Hier in der deutschen Gemüseerzeugung kommen wirklich die kleinen Leute in Frage, die Gärtner, die Kleinlandwirte, die Familienbetriebe, die sich auf kleineren Flächen durch Intensivkulturen ernähren müssen, weil es eine andere Möglichkeit für sie nicht gibt. Hier besteht naturgemäß eine besondere Empfindlichkeit der Hochkulturen auf geringen Flächen, die die Familie ernähren. Da muß es im Vordergrund des Interesses stehen, die Familienbetriebe entsprechend in Schutz zu nehmen.
Es ist auch notwendig, auf die Verträge Rücksicht zu nehmen. die diese Erzeuger immer mit den Fabriken abschließen, die sogenannten Verarbeitungs- und Anbauverträge. Jedes Jahr wird nach gewissen Richtlinien und Markterfahrungen disponiert. Diese Dispositionen können außerordentlich gestört werden, wenn durch zu radikale Maßnahmen das ganze Marktbild verschoben wird. Kürzlich, am 7. Dezember, fand eine Besprechung statt zwischen Vertretern der Konservenindustrie und Vertretern der Erzeuger. Bei dieser Aussprache ergab sich, daß zur Zeit Verträge überhaupt nicht abgeschlossen werden können, weil durch den SPD-Antrag, der die vollständige Aufhebung der Zölle verlangt, eine große Unsicherheit in die Verhältnisse hineingekommen ist.
({2})
- Ja, es ist schrecklich! Sie haben doch auch ein
sogenanntes Agrarprogramm aufgestellt, und hie]
handelt es sich wirklich um die kleinbäuerlicher
({3})
Verhältnisse, um die Gärtnereibetriebe und die Familienbetriebe! Deswegen sind wir bemüht, Ihnen einen Ausgleich vorzuschlagen. Wir wollen, daß die Zölle nur ermäßigt werden. Das würde, wenn Sie den Antrag annehmen, bedeuten, daß die Zölle nur bis zum 31. März 1957 ermäßigt würden, daß es dann aber sein Bewenden dabei hat und nach dem 31. März 1957 die alte Lage, d. h. die alte Zollhöhe wiederhergestellt würde. Dadurch käme eine gewisse Sicherheit in die Produktions- und Anbauverhältnisse hinein. Das ist das erste, was dieser Antrag bezweckt.
Zweitens bezweckt unser Antrag, klarzustellen, welche Arten von Konserven hier in Frage kommen. Man kann ja nicht alles unter einen Hut bringen, dafür sind die Unterschiede viel zu groß. Die Unterschiede sind so groß, daß die Regierung die Möglichkeit haben muß, die Verschiedenheiten zu berücksichtigen. Deswegen sagen wir in unserem Antrag: ,,... unter Beachtung der Schutzbedürftigkeit der deutschen Erzeuger". Damit hat die Regierung auch die entsprechende Beweglichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns wirklich ernstlich bemüht, für die vorübergehende Zeit einen Ausgleich auf beiden Seiten herbeizuführen. Wir sind uns auch in weiten Kreisen darüber einig, daß dieser Vermittlungsvorschlag das ist, was man billigerweise im Interesse beider Teile, der Erzeuger und der Verbraucher, annehmen kann. Ich kann Sie also wirklich nur herzlich bitten: Stimmen Sie diesmal mit Begeisterung dem Antrag zu, denn dieser Antrag ist vernünftig, zweckentsprechend und trägt allen Verhältnissen Rechnung!
({4})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir tut es eigentlich schrecklich leid, daß uns bei diesem Antrag eine Debatte nicht erspart geblieben ist. Denn der vorgelegte Änderungsantrag stand bereits im Ausschuß für Außenhandelsfragen, gestellt durch Herrn Kollegen Dr. Serres, zur Debatte, und da unser Antrag eine Mehrheit gefunden hatte, war er erledigt.
Im übrigen möchte ich zu dem, was Herr Dr. Horlacher gesagt hat, folgendes bemerken. Herr Dr. Horlacher behauptet, die Preislage und die Versorgungslage seien gesichert. Wenn man das so ausspricht, dann bedeutet das also, daß die gegenwärtigen Gemüsekonservenpreise als richtig angesehen werden und daß man es dabei belassen will. Vielleicht ist es nicht allen von Ihnen bekannt, und deshalb muß ich einiges von dem, was bereits im Ausschuß gesagt worden ist, hier wiederholen, nämlich daß die Preise für diejenigen Konservengemüse, für die wir eine Zollaussetzung beantragen, in diesem Jahre um nahezu 30 % höher liegen als im vorigen Jahre.
({0})
Der Verbraucher zahlt heute für eine Dose junge Bohnen 33 Pf mehr als im vorigen Jahr und für eine Dose Erbsen 14 Pf mehr als im vorigen Jahr. Ich will es Ihnen und mir ersparen, mehr solche Preisvergleiche anzuführen; sie ließen sich aber noch erheblich ausweiten.
Meine Damen und Herren, das geht darauf zurück, daß in diesem Jahre die Gemüseernte in der Bundesrepublik tatsächlich wesentlich geringer war und daß dadurch auch die Preise für die Konservengemüse gestiegen sind. Nun kommt jedoch hinzu, daß die eigene Erzeugung nicht ausreicht und Konserven eingeführt werden müssen, wenn die Versorgung gesichert sein soll. Es werden also Konserven eingeführt. Die Regierung hat für 20 Millionen DM Gemüsekonserveneinfuhren ausgeschrieben. Auf diesen Einfuhren liegt aber auch bei den Gemüsen, die die allgemeine Konsumware darstellen, wie Bohnen, Erbsen, Mischgemüse, Spinat usw., ein 30%iger Zoll plus 6 % Umsatzausgleichsteuer.
Ich frage Sie: Ist es notwendig, daß man in einer Zeit, in der feststeht, daß die deutsche Konservenproduktion dieses Jahres bereits verkauft ist, in einer Zeit, in der ganz allgemein, nicht nur von der Opposition, sondern auch von der Regierung immer wieder zum Ausdruck gebracht wird, daß das ständige Ansteigen der Preise nicht erwünscht sei und daß man alles tun wolle, um es zu verhindern, für eingeführte Konservengemüse einen 30%igen Zoll erhebt, der bei einer Ausschreibung von 20 Millionen DM eine zusätzliche Belastung des Verbrauchers im Betrage von 6 Millionen DM darstellt?
({1})
Wenn man auf diesen Zoll für die Einfuhr in diesem Winter, bis zum 31. März 1957, verzichtet, ist nicht etwa im Haushalt eire Lücke von 6 Millionen DM vorhanden, sondern der Bundesfinanzminister nimmt eben diese zusätzlichen Abschöpfungsbeträge von 6 Millionen DM nicht ein. Geschädigt wird, wenn das geschieht, niemand; wenn es nicht geschieht, wird der Verbraucher durch höhere Konservenpreise geschädigt. Mit den Preisen, die die Erzeuger für ihre Ware bekommen, hat es überhaupt nichts zu tun.
Ich bin der Auffassung: es ist eine ganz schiefe Darstellung, wenn man immer wieder behauptet, die Anbauverträge für das nächste Jahr würden darunter leiden, ob die Zölle für Konserven, die in diesem Jahre eingeführt und verbraucht werden, aufrechterhalten werden oder nicht. Man ging ja im Ausschuß - und ich bedaure, sagen zu müssen: auch von seiten der Bundesregierung - sogar so weit, daß man behauptet hat, die Konservenindustrie wäre nicht in der Lage, jetzt Anbauverträge abzuschließen, wenn der Zoll vorübergehend ausgesetzt würde. Nun, ich möchte eigentlich wissen, wovon dann die Konservenindustrie im nächsten Jahre leben will und was sie produziert, wenn sie keine Anbauverträge abschließen kann. Mir erscheint dieses Argument völlig unsinnig.
Dazu kommt noch, daß, wenn man mit dem gegenwärtigen Konservengemüsepreis, der, wie bereits gesagt, um 30 % über dem vorjährigen liegt, die Erzeugerpreise für das nächste Jahr sichern will, damit eigentlich mehr oder minder zugesteht, daß man den diesjährigen hohen Gemüsepreis, der seine Berechtigung nur in der geringen Ernte findet, schon für das nächste Jahr zementieren will. Der Verbraucher soll sich wie immer damit abfinden. Wir sind demgegenüber der Meinung, daß das nicht geschehen darf, sondern heute schon dafür gesorgt werden muß, daß wenigstens in der Zeit von Januar bis März, wenn die deutsche Gemüsekonservenproduktion aufgebraucht ist, der Verbraucher die Möglichkeit hat, seinen Bedarf zu billigeren Preisen einzudecken.
({2})
Ich weiß, daß ein großer Teil der Importeure, der sich zunächst an der Ausschreibung über 20 Millionen für Konserven beteiligt hat und der seine Ware zum Teil noch nicht aus den USA eingeführt hat, jetzt erhebliche Bedenken hat, diese Ware abzunehmen, weil die Konserven zu dem höheren Preis in der Bundesrepublik unabsetzbar erscheinen; denn die Hausfrau legt für Konservengemüse nur einen bestimmten Betrag an. Wenn der Preis darüber hinausgeht, dann sind diese Konserven nicht mehr absetzbar. Was bedeutet das? Das bedeutet praktisch, daß die Einfuhren nicht ausgenützt werden und daß zu der unangenehmen Preiserhöhung dann noch eine Versorgungslücke kommt, wodurch die Gefahr besteht, daß eine weitere Preiserhöhung heraufbeschworen wird. All das bitten wir Sie heute schon zu bedenken.
Der Antrag der Kollegen Horlacher, Mauk und Genossen scheint uns kein echter Änderungsantrag, sondern ein neuer Antrag zu sein, der an der gegenwärtigen Situation überhaupt nichts ändern wird. Unsere ganze Zollgesetzgebung, soweit es sich nicht um die wenigen Finanzzölle handelt, beruht auf der Grundlage, Schutzzölle im Interesse der deutschen Produktion zu schaffen. Es ist selbstverständlich, daß diese Schutzzölle aufrechtzuerhalten sind und aufrechterhalten werden, wenn es für die deutsche Erzeugung notwendig und vertretbar erscheint. Ebenso selbstverständlich ist es, daß wir die Aufhebung nur beantragen, wenn dadurch die deutsche Erzeugung nicht beeinträchtigt wird. Insofern ist der Antrag der Kollegen Horlacher und Genossen einfach unnötig. Er schafft praktisch eben nur den gegenwärtigen Zustand wieder neu. Meine Damen und Herren, bitte denken Sie daran, daß es, wenn Sie diesen Antrag annehmen, bei den 30%igen Zöllen bleibt. Sie haben zu überlegen und zu entscheiden. Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie den gegenwärtig hohen Gemüsekonservenpreis auch für das Frühjahr für den Verbraucher aufrechterhalten und dadurch, daß die Einfuhren darunter leiden, eventuell einen noch höheren Preis heraufbeschwören, oder wollen Sie einen vertretbaren Gemüsekonservenpreis, der etwa in der Höhe des vorjährigen liegt und der die nächste Ernte bei seinen Betrachtungen zunächst völlig außer acht lassen muß?
Wir bitten Sie sehr dringend, den gestellten Änderungsantrag abzulehnen, damit es möglich ist, die deutsche Verbraucherschaft im Frühjahr mit Konserven zu vertretbaren Preisen zu versorgen.
({3})
Nachdem wir vorhin eine Fleischdebatte gehabt haben, haben wir jetzt die Gemüsedebatte.
({0})
Sie wird sich nach den bisherigen Wortmeldungen noch etwas fortsetzen. Ich möchte, nachdem die Vorrednerin das Thema angeschnitten hat, ob der neue Antrag überhaupt zur Sache gehört, d. h. ob er ein Änderungsantrag ist, auf folgendes aufmerksam machen. Ich habe den Eindruck - und ich bitte die kommenden Redner, sich darüber zu äußern -, daß mit diesem Antrag zunächst eine Änderung des Beschlusses des Ausschusses herbeigeführt werden soll, indem die dort erbetene Zollermäßigung etwas abgebremst wird. Insofern wäre es ein Änderungsantrag. Auf der anderen Seite
geht er aber weiter; denn der Antrag, der diesem Beschluß des Ausschusses zugrunde liegt, bezieht sich nur auf Bohnen, Erbsen, Mischgemüse und Spinat, also z. B. nicht auf Spargel usw., während der Antrag, der hier als Änderungsantrag gestellt ist, ganz generell von Gemüsekonserven spricht. Insofern ist er also der weitergehende, so daß er wohl bei der Abstimmung den Vorrang haben würde. Aber ich bitte die Herren Kollegen, die noch zu Wort kommen, sich darüber auszusprechen, ob der Antrag auch so weitgehend gemeint ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Mauk.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß leider noch kurz auf die Ausführungen von Frau Kollegin Strobel eingehen. Sie hat diese Materie ziemlich einseitig dargestellt. Wenn zur Zeit manche von denjenigen, die jetzt an den Importen und an den neuen Ausschreibungen beteiligt gewesen sind, etwas Sorge haben, ob sie die Importe überhaupt noch durchführen sollen, so deshalb, weil man inzwischen in Großhandels- und Importkreisen zu der Überzeugung gekommen ist, daß die zusätzlichen Ausschreibungen von 20 Millionen DM gar nicht in vollem Umfang notwendig gewesen wären. Die deutsche Erzeugung des Jahres 1956 ist nämlich nicht ganz so klein, wie es dargestellt worden ist. Ich habe zufällig heute früh eine Mitteilung bekommen, in der es heißt:
Die Organisation des Lebensmittelgroßhandels hat mir nach Befragen ihrer Landesverbände mitgeteilt, daß erstens keinerlei Mangel hinsichtlich der Versorgung mit deutschen bzw. Importkonserven feststellbar ist, zweitens im Gegenteil in letzter Zeit über einen ausgesprochen ruhigen Geschäftsgang geklagt wird,
({0})
drittens also von seiten des Großhandels die Besorgnis hinsichtlich einer Unterversorgung nicht bestätigt werden kann.
Nun zu den Preisen, Frau Kollegin Strobel. Ich habe wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß durch eine Importpolitik, die vom deutschen Anbau, von der deutschen Landwirtschaft und auch von Ihnen nicht immer vertreten worden ist, der deutsche Gemüseanbau seit 1948 auf weniger als die Hälfte der Anbaufläche zurückgegangen ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß auf dem Frischmarkt Gemüse heute nur noch dann preiswert zu kaufen ist - allein mit der deutschen Produktion können wir den Markt nicht mehr ausreichend versorgen -, wenn die deutsche Erzeugung in den Haupterntezeiten auf den Markt kommt. Das wird jede Hausfrau bestätigen. Wir haben bisher im Konservengemüseanbau noch eine einigermaßen konstante und gleichmäßige Fläche gehabt. Sie wissen, daß die Vertragspreise für Konservengemüse in den letzten Jahren etwa auf der gleichen Höhe geblieben sind und kaum Änderungen erfahren haben. Ich warne Sie im Interesse der Verbraucher, nun auch hier denselben Weg zu gehen, der beim Frischgemüse gegangen worden ist.
Im Interesse der Verbraucher bitte ich Sie, den Änderungsantrag anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Elsner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte ist das Für und Wider
({0})
zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 2813 - und auch zu dem Änderungsantrag Umdruck 878 eingehend dargestellt worden. Ich kann mich daher auf weniges beschränken.
Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß der vorliegende Antrag der SPD - Drucksache 2813 - nach beiden Seiten durchaus maßvoll ist. Er trägt sowohl den berechtigten Forderungen der Erzeuger wie denen der Verbraucher in angemessener Form Rechnung. Durch die zeitliche und mengenmäßige Begrenzung der zollfreien Einfuhr werden die inländischen Erzeuger, unsere Gemüseanbauer, in keiner Weise weder für die diesjährige Ernte noch für die kommende Erzeugung benachteiligt. Die diesjährige Ernte ist infolge der ungünstigen Witterungsumstände, wie schon dargelegt, sehr gering gewesen. Sie ist bis auf kaum nennenswerte Lagerbestände bereits vollständig abgesetzt. Auch die Lager mit Konservenbeständen bei den Konservenfabriken sind zu einem großen Teil bereits geräumt, so daß auch dort kaum Nachteile eintreten werden. Aufgabe des Einfuhrzolls ist doch in erster Linie der Schutz der einheimischen Erzeugung. Die einheimische Produktion wird aber hier, wie bereits überzeugend ausgeführt, nicht im geringsten benachteiligt. Wohl aber gibt die zeitlich begrenzte Zollaufhebung dem Verbraucher die Möglichkeit, seinen Verbrauch, der preislich ohnehin um fast 30 % höher liegt als im Vorjahr, ohne Zollbelastung zu decken.
Die Gegengründe, daß die begrenzte Zollaufhebung den Absatz der deutschen Konserven beeinträchtigen würde, daß nachteilige Vertragsbedingungen für den Anbauer beim Abschluß der Anbauverträge die Folge wären und daß im weiteren Verfolg daraus erhebliche Anbaubeschränkungen eintreten würden, sind nach meiner Auffassung keineswegs überzeugend. Denn auch die Konservenfabriken haben ein entscheidendes Interesse daran, ihre Kapazität voll auszuschöpfen.
Das Argument, daß erfahrungsgemäß Zollsenkungen oder Zollaufhebungen dem Verbraucher meist nicht zugute kommen, sondern zwischen Importeur und Verbraucher hängenbleiben, ist zwar zutreffend, besonders für die Vergangenheit; doch in der Zukunft kann einer solchen Entwicklung mit dem jüngst verbesserten Wirtschaftsstrafgesetz erfolgreich entgegengewirkt werden.
Der einzig Betroffene bei dieser zeitlichen Begrenzung der Zollaufhebung ist leider der Herr Bundesfinanzminister, dem dabei eine Einnahme von rund 6 Millionen DM verlorengehen dürfte. Doch glauben wir, der Herr Bundesfinanzminister wird diesen Einnahmeausfall im Hinblick auf die stillen Reserven, die zweifellos unter den Abschöpfungsbeträgen von 410 Millionen DM enthalten sind, ganz gut verschmerzen können.
Dem Änderungsantrag Umdruck 878 werden wir die Zustimmung versagen, weil der Antrag die Verbraucherseite beeinträchtigt, der Erzeugerseite aber keine Vorteile bringt. Der ausschließlich Begünstigte ist dabei der Herr Bundesfinanzminister.
Meine Fraktion wird aus den angegebenen Gründen dem Antrag Drucksache 2813 zustimmen.
({1})
Das Wort hat Herr Bundesminister Lübke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint mir notwendig zu sein, einige Klarstellungen vorzunehmen. Es ist davon gesprochen worden, daß durch die Aufhebung der Zölle für Gemüsekonserven bis zum 1. April des kommenden Jahres keinerlei Einfluß auf die Erzeugerschaft oder auf die Fabrikation der Konserven ausgeübt würde. Nach den mir vorliegenden Unterlagen haben wir etwa noch 50 % der Konservenproduktion in den Vorratslägern. Die vom Zoll befreite Auslandsware würde also in vollem Umfang mit der deutschen Produktion in Konkurrenz treten. Am 1. April 1957 sollen die Zölle wieder in Kraft treten, und man sagt den Bauern, sie könnten dann ihr Gemüse wieder zu denselben Bedingungen absetzen wie im Vorjahr. Das ist aber rein theoretisch. Denn der Konservenfabrikant sagt sich natürlich: Wenn im nächsten Herbst und Winter die Zölle wieder herabgesetzt werden, habe ich unter ganz anderen Produktionsbedingungen zu arbeiten, und wird daher nicht mehr abschließen.
({0})
Wie gering die Preisdifferenzen gegenüber ausländischen Gemüsekonserven sind, sehen Sie aus folgendem. Der deutsche Fabrikabgabepreis für die Grundsorte Gemüseerbsen betrug im Durchschnitt 1954 0,96, 1955 0,99, 1956 1,13 DM; die Abgaben aus den USA kosteten 1,05, aus Belgien 0,96, aus Holland 1,11 und aus Ungarn 0,95 DM. Es sind also praktisch ungefähr dieselben Preise. Bei den Bohnen ist es ähnlich. Die deutschen kosteten im Durchschnitt der Jahre 1954, 1955 und 1956 1,20, 1,01 und 1,34 DM. Die Einfuhren aus den USA kosteten 1,24, aus Belgien 1,24, aus Holland 1,54, aus Bulgarien 1,25, aus Südafrika 1,31 DM. Bei Mischgemüse haben wir Preise von 1,32, 1,35 und 1,55 DM. Die Angebote aus Belgien, die die einzig vergleichbaren sind - aus anderen Ländern haben wir Mischgemüseeinfuhren nicht - haben den Preis von 1,10 DM. Bei Spinat, bei dem in den letzten Jahren die Preise zwischen 0,78 und 0,93 DM unverändert blieben, betragen die Angebote aus Belgien 0,56, aus Holland 0,64 DM.
Daran sehen Sie schon, daß man gewisse Unterschiede bei den einzelnen Sorten machen muß und daß man z. B. bei Spinat, wo die anderen Länder wesentlich günstigere Produktionsbedingungen haben, die deutsche gärtnerische Erzeugung entsprechend berücksichtigen muß. Ich persönlich bin der Meinung, daß wir aber durch eine völlige Beseitigung der Zölle für alle Sparten von Gemüse das deutsche Gartenbaugewerbe schwer schädigen würden, weil der Absatz an die Konservenfabriken in den nächsten Jahren sicherlich nicht mehr in dem Umfange gesichert wäre wie bisher.
Da in den ganzen letzten Jahren unser Gartenbau und unser Obstbau durch die weitgehende Liberalisierung von Obst und Gemüse im ganzen OEEC-Raum besonders benachteiligt gewesen ist, möchte ich glauben, daß der Änderungsantrag Umdruck 878 - der ja seinerseits auch für Zolländerungen eintritt und die Einfuhrzölle für Gemüsekonserven ermäßigen will, aber unter Beachtung auch der Produzenteninteressen - seinen Erfolg davontragen wird. Er schafft aber die Möglichkeit, hier in gewisser Weise zu differenzieren, und das scheint mir im gegebenen Augenblick das einzig Richtige zu sein.
({1})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.
Meine Damen und Herren, man muß doch noch einiges dazu sagen. Zunächst einmal spricht niemand davon - vorläufig nicht, das sage ich ganz offen -, ob es im nächsten Herbst und Winter notwendig erscheint, den Zoll wiederum auszusetzen. Das hängt völlig vom Ausgang der nächstjährigen Ernte ab und hat mit unserer heutigen Debatte meiner Meinung nach nichts zu tun.
({0})
Alle diese Bemerkungen gehen einfach daran vorbei, daß der Antrag der SPD, der im federführenden Ausschuß mit Mehrheit angenommen worden ist, befristete Zollaufhebungen bis 31. März 1957 verlangt, und zwar nicht für alle Gemüsearten, sondern lediglich für die wichtigsten Gemüsekonserven, für die Konsumwaren.
Es ist ein maßvoller Antrag. Wir haben darauf verzichtet, etwa zu beantragen, daß man auch den Zoll für Spargel, für Morcheln usw. aussetzt, weil wir der Meinung sind, daß es in erster Linie darauf ankommt, dem Normalverbraucher, der über einen normalen schmalen Geldbeutel verfügt, die Konserven billig zu geben, die man zum Leben in der Zeit, in der es kein Frischgemüse gibt, unbedingt haben muß.
Hier ist gesagt worden, der Konservengemüseabsatz sei jetzt bereits schleppend. Das wundert mich keinesfalls, meine Damen und Herren!
({1})
Ich wundere mich lediglich darüber, mit welcher Einfachheit und Gleichgültigkeit man sich über diese Tatsache hinwegsetzt. Schon heute sind die Hausfrauen nicht in der Lage, die Gemüsekonserven für ihre Familie einzukaufen, die nötig wären, weil sie zu teuer sind. Das ist der einzige Grund, weswegen schon jetzt der Absatz der Gemüsekonserven schleppend ist.
Was nützen uns z. B. all die schönen Reden darüber, daß man der kinderreichen Familie auf irgendeine Weise helfen soll, wenn man dies in dem Moment, in dem es möglich ist, einfach verweigert, und zwar verweigert aus berufsegoistischen Gründen?
({2})
Etwas anderes kann man hier doch wirklich nicht sagen.
Ich möchte jetzt einmal an die wochenlange Debatte erinnern, die wir im vorigen Jahr hatten, als der Antrag auf Senkung des Zolls für Bohnenkonserven gestellt wurde. Das war ein Antrag Ihres Kollegen Krammig. Dieser Antrag wurde so lange hin- und hergezogen, bis man hier dann eben sagte: Ja, jetzt ist es schon zu spät; bis diese Zollvorlage Gesetzeskraft erlangt, ist die Einfuhr praktisch vorbei usw.
Heuer haben wir rechtzeitig - im Oktober - diesen Antrag gestellt, und wenn er bis zum März Gültigkeit haben und noch rechtzeitig verabschiedet werden bzw. Gesetzeskraft erlangen soll, müßte eben die Regierung sehr rasch mit dieser Vorlage kommen. Heuer haben wir es noch in der Hand, rechtzeitig zu handeln, und wir müssen jetzt handeln, wenn es für die Versorgungszeit bis zum Frühjahr noch einen Sinn haben soll.
Im übrigen bin ich doch etwas erstaunt, aus dem Munde des Herrn Bundesernährungsministers zu hören, daß Obst und Gemüse weitgehend liberalisiert seien. Ich möchte schon gerne, daß wir uns dann einmal im Außenhandels- und im Ernährungsausschuß darüber unterhalten, wo diese Liberalisierung beginnt und wo sie eigentlich ihr Ende hat. Mir ist über eine „weitgehende Liberalisierung" nur sehr wenig bekannt.
Man komme uns doch auch nicht immer wieder mit dem Argument: Dieser Antrag schadet dem deutschen Obst- und Gemüseerzeuger. Ich selber habe hier als Sprecher der SPD-Fraktion damals einen Gesetzentwurf eingebracht, daß auch für den Gartenbau eine gewisse Marktordnung eingeführt werden soll. Auch uns liegt daran, unter allen Umständen die deutsche Erzeugung zu erhalten und ihr vertretbare Preise zu sichern. Aber das hat mit den eingeführten Gemüsekonserven, die die diesjährige Versorgungslücke vom Januar bis zum März zu vertretbaren Preisen schließen sollen, überhaupt nichts zu tun. Wollen Sie niedrigere Preise für den deutschen Verbraucher, dann nehmen Sie den Ausschußantrag an. Wenn Sie den anderen Antrag annehmen, errichten Sie eine Mauer, die eine Senkung der Gemüsekonservenpreise, die gegenwärtig - ich sage es noch einmal - um 30 % über denen des Vorjahres liegen, verhindert. Sie haben es in der Hand.
({3})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich sehr kurz fassen. Frau Strobel wird sicherlich wie sehr viele andere Mitglieder des Hauses die OEEC-Berichte lesen. Im OEEC-Bericht ist ausdrücklich anerkannt, daß unsere Einfuhrpolitik bei Obst und Gemüse als „Quasi-Liberalisierung" angesehen wird; anderen Ländern wurde unsere Handhabung empfohlen.
({0})
Sie können sicher sein, meine Damen und Herren, daß die OEEC darin nicht sehr voreilig ist.
Weiterhin wurde behauptet, nach dem Antrag auf Umdruck 878 geschehe nichts. Das wäre ja gegen den Willen des Hauses. Ich darf Ihnen nur versichern, daß die Bundesregierung auch nach dem Antrag auf Umdruck 878 auf diesem Gebiet sofort tätig wird, und zwar in einer Weise, die alle berechtigten Interessen berücksichtigt.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine verehrten Damen und Herren! Beide Anträge haben eines gemeinsam, nämlich daß es heißt: die Bundesregierung wird ersucht, umgehend eine Verordnung über Zollsatzänderungen vorzulegen. Der Unterschied besteht darin, daß wir bezüglich der Zollsatzänderung für die Gemüsekonserven weitergehen, weil wir sagen, die Regierung solle Gelegenheit haben, das nachzuprüfen, sie solle Gelegenheit haben, das Problem bezüglich der Preisverhältnisse zu überprüfen.
Frau Kollegin Strobel, man kann sich so in die Begeisterung hineinreden, daß man selber glaubt, was den Tatsachen wirklich nicht entspricht.
({0})
({1})
Was die Preisverhältnisse anlangt, so ist es, wie der Herr Minister ausgeführt hat. Wir haben eine gesicherte Versorgungslage.
({2})
Es läßt sich doch nicht leugnen, daß im Durchschnitt des Jahres unsere Bevölkerung um so besser mit Gemüse versorgt wird, je größer die eigene Erzeugung ist. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Von den schwankenden Einfuhren können Sie, insbesondere nach der preislichen Seite hin, eine dauernde Besserung der Verhältnisse nicht erwarten. Sie gehen mit dem Rechenstift vor. Wenn die Regierung heute die Zölle ermäßigt, dann - das weiß ich als früheres Mitglied des Handelspolitischen Ausschusses des Deutschen Reichstages, in dem ich jahrelang war - taucht die Frage auf, und zwar je nach der Marktlage: Wer trägt denn den Zoll, kommt die Zollsenkung immer dem inländischen Verbraucher zugute? Das ist sehr zweifelhaft; das hängt von der Marktlage ab. Meistens ist es sogar so, daß bei übereilten Zollsenkungen der Zollbetrag in die Taschen des Auslandes und nicht in die Taschen der einheimischen Verbraucher fließt.
({3})
- Frau Kollegin Strobel, da brauchen wir nicht miteinander zu streiten; das sind Tatsachen, die sich historisch und mit objektiven Zahlen nachweisen lassen. Man kann die Sache nicht so summarisch machen.
Der Herr Minister hat mit Recht darauf hingewiesen: was wir haben wollen, ist, daß hier ein Mittelweg beschritten wird. Deshalb ist von „Zollermäßigung" die Rede. Wir wollen den Minister in die Lage versetzen, eine Differenzierung vorzunehmen, die einzelnen Sorten der Konserven zu prüfen und nach dem Ergebnis dieser Prüfung das Ausmaß der Zollermäßigung zu bestimmen. Da hat doch die Regierung die Bewegungsfreiheit, die notwendig ist, um zu einer gerechten Lösung zu kommen.
Ich bitte Sie in diesem Sinne, den Antrag auf Umdruck 878 abzunehmen.
({4})
Wortmeldungen liegen nun nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse nach den vorhin abgegebenen Erklärungen zunächst über den Antrag auf Umdruck 878*) abstimmen. Ich bitte diejenigen, welche für den Umdruck 878 zu stimmen wünschen, um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte diejenigen, welche für den Antrag Umdruck 878 stimmen wollen, sich zu erheben. ({0})
Ich danke Ihnen. Nun bitte ich um die Gegenprobe.
- Ich danke Ihnen. Wir sind nicht in der Lage, eine genaue Feststellung zu treffen. Wir schreiten zur Auszählung.
({1}) Ich bitte, die Türen zu öffnen.
({2})
Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, Platz zu nehmen. Das Ergebnis der Abstimmung ist folgendes: Mit Ja haben 168, mit Nein 140 Abgeord-
*) Siehe Anlage 5. nete gestimmt; 4 Enthaltungen. Der Antrag Umdruck 878 ist damit angenommen. Damit ist der Antrag des Ausschusses erledigt.
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Seemannsgesetzes ({3}).
Der Ältestenrat hat sich dahin ausgesprochen, angesichts der ausführlichen schriftlichen Begründung auf mündliche Begründung und anschließende Aussprache zu verzichten. Ist das Haus mit dieser Regelung einverstanden?
({4})
- Dann ist so beschlossen. Es wird vorgeschlagen, diesen Entwurf an den Ausschuß für Arbeit - federführend - und an den Ausschuß für Verkehrswesen - mitberatend - zu überweisen. Ich bitte diejenigen, die damit einverstanden sind, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Nächster Punkt der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen ({5}) ({6}).
Auch hier hat der Ältestenrat vorgeschlagen, auf Begründung und Aussprache zu verzichten. Ist das Haus damit einverstanden?
({7})
- Dann ist so beschlossen.
Es ist Überweisung an den zweiten Sonderausschuß, der das Wasserhaushaltsgesetz bearbeitet, beantragt. Sind die Damen und Herren mit dieser Überweisung einverstanden? Ich bitte diejenigen, die damit einverstanden sind, um das Handzeichen.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Es ist so beschlossen.
Der Punkt 7 der gedruckt vorliegenden Tagesordnung ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({8}) ).
Der Antrag ist von sämtlichen Fraktionen gestellt. Debatte ist wohl nicht erforderlich. Ich darf diejenigen, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, bitten, das Handzeichen zu geben. - Danke schön. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und des Verfahrensrechts ({9}) ({10});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({11}) ({12}).
({13})
Berichterstatter ist Abgeordneter Dr. Bucher. Ich erteile ihm das Wort.
*) Siehe Anlage 6.
Dr. Bucher ({14}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat sich bei der Beratung dieses Gesetzes im wesentlichen an die Regierungsvorlage gehalten. Er hat sich insbesondere von dem Grundsatz leiten lassen, daß keine Akte der Rechtsprechung und keine rechtlich schwierigen oder tatsächlich schwerwiegenden Entscheidungen auf die Rechtspfleger übertragen werden sollen. In Einzelheiten gab es noch verschiedene Auffassungen, sowohl nach der Richtung, mehr Aufgaben auf die Rechtspfleger zu übertragen, als in der Gegenrichtung, ihnen weniger Aufgaben zu übertragen. Diese verschiedenen Ansichten haben sich in den Ihnen vorliegenden Änderungsanträgen niedergeschlagen.
Wegen der Einzelheiten des Gesetzentwurfs darf ich auf den vorliegenden Schriftlichen Bericht*) verweisen und nur noch zwei Bemerkungen daran anknüpfen. In den §§ 20 bis 22 ist vorgesehen, daß Geschäfte durch den Richter auf den Rechtspfleger übertragen werden können. Dadurch bleibt aber § 5 unberührt, der vorsieht, daß der Rechtspfleger im Falle rechtlicher Schwierigkeiten ihm übertragene Sachen an den Richter zurückzugeben hat. Die zweite Bemerkung: Dieses Gesetz greift nicht ein in die Verhältnisse der Bezirksnotare in dem baden-württembergischen Landesteil, der das frühere Württemberg umfaßt. Es war nicht notwendig, dies eigens im Gesetz oder in der Begründung zu betonen, da ja das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, in dem die Rechtsstellung der Bezirksnotare festgelegt ist, durch dieses Gesetz nicht irgendwie geändert oder berührt wird.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache. Ich mache bekannt, daß die Änderungsanträge auf Umdruck 854**) zurückgezogen sind. Ferner liegen noch Änderungsanträge auf Umdruck 868 und auf Umdruck 876 vor.
Wir treten in die Debatte der zweiten Beratung ein. Ich rufe auf die §§ 1, - 2. - Ich nehme an, daß Sie damit einverstanden sind, daß ich die Paragraphen zusammen aufrufe. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer für diese beiden Paragraphen zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
§ 3. Hierzu bitte ich heranzuziehen Umdruck 868***) Ziffern 1, 2 und 3 und Umdruck 876****) Ziffer 1. Wer begründet die Anträge auf Umdruck 868? - Bitte, Herr Kollege. Sie begründen gleich alle drei Anträge?
({0})
- Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der in diesen Tagen an das Parlament gestellten Anforderungen möchte ich mich trotz der erheblichen rechtspolitischen Bedeutung dieses Gesetzes darauf beschränken, auf die zum Verständnis unserer Änderungsanträge notwendigsten Gesichtspunkte hinzuweisen. Ich hoffe, daß die Knappheit der Form nicht als Mangel an sachlichen Argumentationsmöglichkeiten ausgelegt wird.
*) Siehe Anlage 7. **) Siehe Anlage 8. ***) Siehe Anlage 9. ****) Siehe Anlage 10.
Durch den jetzt zur Abstimmung stehenden § 3 wird die Reichweite des Gesetzes abgesteckt. Er ist gewissermaßen die Weggabel, an der man sich entscheiden muß, wohin und wie weit man gehen will.
Wir können mit Genugtuung feststellen, daß die eine der beiden diesem Gesetz gestellten Aufgaben, nämlich die, dem Rechtspfleger eine feste Stellung innerhalb der Gerichtsverfassung zu geben, weitgehend erfüllt und daß damit für die weitere Entwicklung des Rechtspflegerberufes und die allseits als dringend notwendig erkannte große Justizreform ein wesentlicher Schritt vorwärts getan wird.
Das zweite Ziel aber, nämlich die Übertragung einer möglichst großen Zahl von Geschäften vom Richter auf den Rechtspfleger und damit eine weitere Entlastung des Richters erheblich über den bisherigen Umfang hinaus, wird noch nicht erreicht. Ich brauche die Notwendigkeit dieser weiteren Entlastung hier nicht näher zu begründen; das ist im Rechtsausschuß eingehend geschehen. Das Bundesjustizministerium selbst hat durch den Staatssekretär Strauß hierzu im Rechtsausschuß erklärt, es gehe dabei um die Frage, wie man den richterlichen Beruf zu bewerten habe und wie man versuchen solle, seine künftige Entwicklung zu beeinflussen. Wenn man gewissermaßen vom Richterbeamten weg zum Richter im idealen Sinne kommen wolle, müsse man auch von dem Heer der Richterbeamten weg und zu einer neuen Entwicklung kommen.
Wenn Sie unter diesem Gesichtspunkt das Gesetz in der vorliegenden Fassung betrachten, werden Sie zugeben müssen, daß insoweit das Ergebnis reichlich dürftig ist. Wie im Ausschuß vorgetragen worden ist, würden nämlich nach Berechnungen, die Niedersachsen angestellt hat, bei der jetzigen Fassung - die ja im wesentlichen der Regierungsvorlage entspricht - nur Richtereinsparungen von etwa 5 bis 6 % eintreten. Nordrhein-Westfalen hat für seine Struktur sogar nur Einsparungen von einem halben Prozent errechnet. - Nun, die Richtigkeit dieser Berechnungen mag dahingestellt bleiben. Aber selbst wenn man von der niedersächsischen Berechnung ausgeht, würde das bedeuten, daß bei rund 4500 Richtern bei den Amtsgerichten im Bundesgebiet - und nur diese kommen ja in der Hauptsache in Betracht - bestenfalls eine Einsparung von 270 Richterstellen eintritt.
Meine Fraktion ist daher der Meinung, daß wir versuchen sollten, in dieser Hinsicht noch einige Schritte weiterzukommen und den in § 3 aufgestellten Gruppenkatalog über die auf die Rechtspfleger zu übertragenden Geschäfte zu verbessern.
Selbstverständlich sollen dabei - ich brauche das nicht zu betonen - keine Experimente gemacht werden, und selbstverständlich können nur solche Aufgaben auf den Rechtspfleger übertragen werden, die nicht schon kraft Grundgesetzes dem Richter vorbehalten bleiben müssen - wir stimmen insoweit durchaus mit dem Herrn Berichterstatter überein -, und nur solche, die ohne Beeinträchtigung der Rechtspflege und der Rechtsinteressen der Bevölkerung von dem Rechtspfleger im Rahmen seiner Ausbildung, seiner Erfahrung und seines Könnens auch gemeistert werden können.
Die Entscheidung über den Gruppenkatalog in § 3 ist also weitgehend eine Frage der Leistungsbewertung und des Vertrauens in das menschliche und fachliche Können des Rechtspflegers. Ich bin in Übereinstimmung mit meinen Fraktionsfreunden der Meinung, daß der Rechtspfleger sich in den
({0})
35 Jahren seit dem Reichsentlastungsgesetz von 1921 so vorzüglich bewährt hat, daß die mit unserem Änderungsantrag vorgeschlagene vorbehaltlose Übertragung der Grundbuchsachen, der Schiffsregistersachen und der Verschollenheitssachen an den Rechtspfleger durchaus gerechtfertigt ist.
Hierzu im einzelnen nur wenige Bemerkungen. Die Grundbuchgeschäfte werden schon seit Jahren zu über 90 % vom Rechtspfleger vorgenommen. Der Gedanke, sie voll auf ihn zu übertragen, ist auch nicht neu. Er ist bereits in einem Entwurf, den das Zentraljustizamt nach 1949 erarbeitet hat, enthalten. Er ist in einem weiteren Entwurf enthalten, den eine Länderkommission unter Vorsitz von Niedersachsen erarbeitet hatte, und ebenso in einem Entwurf, der von dem Richterverein Nordrhein-Westfalen im Jahre 1952 über die Stellung und Aufgaben des Richters erstellt worden ist. Der Gedanke ist in dem Rechtspflegergesetz des Saarlandes bereits seit dem April 1951 verwirklicht. Auch der Bundesrat, d. h. hier die mit der Justizpraxis unmittelbar verbundenen Landesjustizverwaltungen, hat jetzt die restlose Übertragung der Grundbuchgeschäfte für völlig bedenkenfrei erklärt. Im übrigen - das darf ich hier noch anfügen - haben ja auch die Notare durch Herrn Dr. Freyck seinerzeit erklärt, daß, wenn die Erinnerung an den Richter bleibe, auch sie gegen diese Übertragung keine Bedenken hätten. Ich meine, damit haben sich bereits so viele und so gewichtige Stimmen aus der Praxis in der Richtung unseres Antrags ausgesprochen, daß ich auf weitere eigene Argumente verzichten kann.
Wenn Sie mir hierin folgen, dann ist der § 17 - ich darf das wegen des Zusammenhangs gleich anführen - zu streichen. Die Geschäfte des § 17 Abs. 1 Nr. 5 werden ohnehin schon jetzt von dem Rechtspfleger wahrgenommen, und die übrigen in den Nummern 1 bis 4 des § 17 Abs. 1 vorbehaltenen Geschäfte sind wirklich weder rechtlich noch tatsächlich so schwierig, daß sie einen Vorbehalt rechtfertigten.
Die Schiffsregistersachen sind ja dem Prinzip nach Grundbuchsachen. Die Arbeiten sind praktisch die gleichen wie im Grundbuchwesen, und im allgemeinen ergeben sich hier noch weniger Komplikationen und Schwierigkeiten. Außerdem ist die Führung des Schiffsregisters, besonders des Seeschiffsregisters, in der Regel auch jetzt schon größeren Gerichten für mehrere Amtsgerichte übertragen und wird dort von erfahrenen, langjährigen Rechtspflegern durchgeführt.
Dasselbe gilt für die Verschollenheitssachen. Wir sind auch hier in Übereinstimmung mit dem Bundesrat der Meinung, daß eine Übertragung ohne Vorbehalt erfolgen kann. Gewiß können Entscheidungen auf diesem Gebiet beträchtliche vermögensrechtliche und familienrechtliche Wirkungen haben. Ein Kollege im Ausschuß hat sogar von einem zivilrechtlichen Todesurteil gesprochen. Die Bundesregierung hat andererseits auf die Konsequenzen hingewiesen, die sich aus dem Inkrafttreten der Konvention der Vereinten Nationen über die Todeserklärung und unserem Ausführungsgesetz dazu ergeben. Sie meinte, daß es sich dabei zum Teil um Neuland handle, das erst vom Richter beackert werden müsse. Wir unterschätzen diese Gesichtspunkte keineswegs. Aber soweit es wirklich Neuland ist, muß sich ja der Richter ebenso einarbeiten wie der Rechtspfleger. An der Prüfung der Voraussetzungen bei dem Antrag auf Todeserklärung ändert sich gar nichts. Lediglich die gerichtliche Bescheinigung, daß die Todeserklärung den Voraussetzungen der UNO-Konvention entspricht, kommt hinzu. Im übrigen sind alle diese Dinge, soweit die UNO-Konvention eine Rolle spielt, einem einzigen Amtsgericht in Berlin-Schöneberg übertragen. Schließlich würde insoweit auch noch die Klausel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 zum Zuge kommen. Das Entscheidende kann also lediglich sein, ob die Materie rechtlich und tatsächlich so schwierig ist, daß sie von dem Rechtspfleger nicht bewältigt werden kann. Das ist ganz allgemein zweifellos nicht der Fall. Deshalb sind wir der Meinung, daß auch insoweit unserem Antrag bedenkenlos gefolgt werden kann.
Ich will nur der Vollständigkeit halber noch auf die Generalklausel des § 5 verweisen, die ja für alle an den Rechtspfleger übertragenen Geschäfte gilt. Natürlich ist sie nur ein Sicherungsventil, aber sie soll gerade die Möglichkeit geben, daß bei rechtlich besonders schwierigen Fällen die Sache vom Rechtspfleger dem Richter vorgelegt wird; das wird dem Rechtspfleger sogar zur Pflicht gemacht. Damit ist nach unserem Dafürhalten hinreichende Vorsorge für die wirklich besonders schwierigen Fälle getroffen.
Unser Änderungsantrag sieht dann unter Ziffer 2 b vor, bei den Vorbehaltsgeschäften einen neuen Buchstaben e „Beurkundungssachen" einzufügen. Die Beurkundungssachen sind in § 23 geregelt. Dieser soll nach unserem Vorschlag wegfallen, und an die Stelle des zu streichenden § 16 soll ein neuer § 16 a in der von uns vorgeschlagenen Fassung gesetzt werden. Wir sind der Auffassung, daß auch die Beurkundungssachen, allerdings mit den von uns vorgesehenen Ausnahmen, auf den Rechtspfleger übertragen werden können. Hiergegen wenden sich insbesondere die Herren Notare. Sie befürchten Nachteile für die Rechtspflege und zum Teil auch für sich selbst. Wir sind der Meinung, daß beides unbegründet ist. Auch heute, wo die Zuständigkeiten noch beim Richter liegen, werden nur relativ wenig Beurkundungen dieser Art bei den Gerichten vorgenommen; in den meisten Fällen wenden sich die Beteiligten ohnehin an den Notar.
Ich will auf diese Dinge nicht näher eingehen, auch darauf verzichten, auf die Verhältnisse in den anderen westeuropäischen Staaten hinzuweisen, auf die Situation bei den württembergischen Bezirksnotaren, deren Institution sich jetzt bald 130 Jahre hindurch bewährt hat.
Nur eine Bemerkung erlauben Sie mir noch zum Schluß. Angesichts der grundsätzlichen rechtspolitischen Bedeutung des Gesetzes für die künftige Gestaltung unserer Rechtspflege sollte es selbstverständlich sein, daß Standesgefühle, Gruppeninteressen oder berufspolitische Sonderwünsche dieser oder jener Richtung keinen Einfluß haben. Weder die Besorgnis, daß dem juristischen Nachwuchs richterliche Stellen verlorengehen könnten, noch die Sorge, daß eine Ausdehnung gewisser urkundlicher Tätigkeiten des Rechtspflegers Einwirkung auf die Bereiche von Anwälten und Notaren haben könnte, darf - ganz abgesehen davon, daß diese Sorgen sachlich auch nicht begründet sind - bei einer so grundsätzlichen Entscheidung eine Rolle spielen.
Wir bitten Sie daher, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
({1})
Wird der Antrag zu § 3 - Umdruck 876 - begründet? - Herr Bucher hat das Wort.
Ich darf noch eins bemerken: ich bitte den Herrn Abgeordneten Bucher, der gleichzeitig Berichterstatter ist, während der Behandlung dieser Materie sich hier zur Stelle zu halten. Wenn Sie sich die Anträge ansehen, werden Sie finden, daß viele Anträge sich überschneiden oder daß je nach Annahme oder Ablehnung eines Antrages sich Konsequenzen für spätere Paragraphen ergeben; Herr Rehs hat schon auf einige Dinge aufmerksam gemacht. Ich glaube, wir sollten überhaupt den Brauch einführen, daß bei der Behandlung einer Materie der Berichterstatter immer zur Stelle ist. Wir kommen dann sicher manchmal schneller zum Ziel.
Also jetzt haben Sie als Abgeordneter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zum Herrn Kollegen Rehs und zur Fraktion der SPD ist meine Fraktion der Ansicht, daß Verschollenheitssachen im ganzen dem Richter vorbehalten bleiben sollten. Wir lassen uns hierbei und auch bei unseren anderen beiden Änderungsanträgen von dem Gedanken leiten, daß der Rechtspfleger keine Entscheidungen treffen sollte, die in irgendwelcher Weise unwiderruflich, d. h. nicht mit Rechtsmitteln reparierbar sind. Es ist ja ein Grundzug des Gesetzes, daß gegen jede Entscheidung des Rechtspflegers der Richter angerufen werden kann. Das ist aber z. B. nicht möglich für einen Toten, dessen Todeszeit unrichtig festgesetzt wird, oder auch für einen lebenden Verschollenen, der für tot erklärt wird und davon lange Zeit hindurch nichts erfährt. Das ist der eine Grund, weshalb wir glauben, daß diese Geschäfte dem Richter vorbehalten bleiben müßten.
Der zweite liegt in diesem Fall in der besonderen Bedeutung der Todeserklärung. Nicht etwa aus irgendwelchem Mißtrauen gegenüber den Rechtspflegern, sondern aus der Erwägung, daß die Todeserklärung etwas so Einschneidendes ist, glauben wir, daß man sie nicht nur als routinemäßigen Formalakt behandeln kann und daß deshalb die Bedeutung und Würde, die diesem Akt zukommt, sich auch darin ausdrücken muß, daß er nur von einem Richter vorgenommen wird. Ich darf Sie deshalb bitten, unserm Antrag zu diesem Punkt zuzustimmen und den Antrag der SPD hierzu abzulehnen.
Das Wort hat der Herr Staatssekretärs des Bundesjustizministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur die in dreieinhalb Jahrzehnten erwiesene Bewährung der deutschen Rechtspfleger - darin stimme ich vollkommen mit Herrn Abgeordneten Rehs überein - setzte das Bundesjustizministerium in die Lage, dem Hohen Hause diesen Gesetzentwurf vorzulegen. Bei der Abgrenzung der Geschäfte zwischen dem Richter und dem Rechtspfleger ist jedoch das Bundesjustizministerium - und die Bundesregierung ist dem gefolgt - von einer bestimmten Konzeption ausgegangen. Das gilt nicht nur für die Erörterungen zu dem gegenwärtig zur Beratung stehenden § 3, sondern auch für die übrigen Änderungsanträge auf den Drucksachen 868 und 876. Ich darf es daher kurz ausführen.
Dem Regierungsentwurf liegt die Erwägung zugrunde, daß dem Richter drei Arten von Geschäften schlechthin vorbehalten bleiben müssen: erstens solche Vorgänge, die Akte der Rechtsprechung darstellen, zweitens solche, die einen schwerwiegenden Eingriff in die Interessen eines Beteiligten enthalten, insbesondere ihrem materiellen Gehalt nach einer Streitentscheidung gleichkommen, und drittens solche Vorgänge, die rechtlich oder wirtschaftlich schwieriger Natur sind, so daß sie durch den Richter erledigt werden müssen.
Unter Berücksichtigung dieser drei Leitsätze habe ich mich in den Ausschußverhandlungen - und ich möchte auf meine dortigen Ausführungen Bezug nehmen dürfen - sowohl gegen Einschränkungen als auch gegen Erweiterungen des Regierungsentwurfs gewandt. Ich habe das eingehend zu den Fragen dargelegt, die heute Gegenstand des Antrags der Fraktion der SPD zu § 3 und den folgenden Paragraphen sind, und möchte das hier nicht wiederholen. Ich möchte nur hinsichtlich des Antrags der Fraktion der FDP erwähnen, daß wir uns über die Zuweisung der Verschollenheitssachen im Ausschuß eingehend unterhalten haben, und auf den Wortlaut des § 16 der Ausschußvorlage hinweisen, wonach die nach unserer und nach der Auffassung der Mehrheit des Ausschusses wesentlichen und schwierigen Verschollenheitssachen dem Richter vorbehalten bleiben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über § 3 und die dazu gestellten Änderungsanträge.
Ich rufe zunächst auf den Änderungsantrag 868*) Ziffer 1 e betreffend den Zusatz für Grundbuchsachen. Wer diesem Zusatz zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte doch, bei der Abstimmung Platz zu nehmen; es ist sonst nicht zu übersehen. Ich bitte also nochmals diejenigen Damen und Herren, welche zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Danke schön. Ich bitte um die Gegenprobe. - Danke. Enthaltungen?
- Abgelehnt.
Ziffer 1 f betreffend Schiffsregister- und Schiffsbauregistersachen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Abgelehnt.
Ziffer 1 Buchstabe g, Verschollenheitssachen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen zum Antrag Umdruck 868 Ziffer 2 Buchstabe a, der nunmehr überflüssig ist.
({0})
- Jawohl, der Antrag ist gegenstandslos geworden.
Dann kommen wir zum Antrag Umdruck 868 Ziffer 2 Buchstabe b, wonach in Abs. 2 Nr. 2 einzufügen ist: „e) Beurkundungssachen". Das müßte also jetzt der Buchstabe h sein.
({1})
- Danke schön. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, mitzukontrollieren. Der Antrag lautet also jetzt, als Buchstabe h einzusetzen: „Beurkundungssachen". Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich
*) Siehe Anlage 9.
({2})
um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen dann zu dem Antrag Umdruck 868 Ziffer 3, in § 3 Abs. 1 Nr. 3 den Buchstaben e zu streichen. Der ist dann auch erledigt? - Einverstanden!
Dann kommt der Antrag Umdruck 876**) Ziffer 1, in § 3 Abs. 1 Nr. 2 den Buchstaben e zu streichen. Wer für diesen Antrag zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Über § 3 haben wir noch in der jetzt vorliegenden Fassung abzustimmen. Ich bitte diejenigen, die den § 3 anzunehmen wünschen, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen jetzt zum § 4. Hier liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den § 4 in der Ausschußfassung anzunehmen wünschen, um das Handzeichen. - Angenommen.
§ 5. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 868*) Ziffer 4 vor, der aber jetzt wohl gegenstandslos geworden ist, nachdem die Grundbuchsachen grundsätzlich gestrichen sind.
Ich rufe dann auf die §§ 5, - 6, - 7, - 8, - 9, - 10 - und 11. - Ich darf annehmen, daß das Haus mit der gemeinsamen Verabschiedung einverstanden ist. - Das ist der Fall. Ich eröffne die Debatte. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Wir stimmen über die soeben aufgerufenen Paragraphen ab. Wer diesen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Paragraphen sind angenommen.
Wir kommen zu § 12. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 868*) Ziffer 5 vor. Jetzt bitte ich auch den Herrn Berichterstatter, mitzukontrollieren. - Bitte, Herr Kollege Rehs, Sie wollen begründen.
Herr Präsident, ich bitte um die Erlaubnis, den § 13, der dem Wesen nach dazugehört, bei der Begründung gleich mit einzubeziehen.
Sehr gern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch bei voller Würdigung der Darlegungen von Herrn Staatssekretär Strauß vom Bundesjustizministerium möchte ich doch noch einmal zum Ausdruck bringen, daß die vorgeschlagene Streichung der Nrn. 5, 8, 10 und 11 in § 12 sachlich gerechtfertigt ist. Die Konzeption des Justizministeriums wird dadurch nicht beeinträchtigt. Zweck des Gesetzes ist die Richterentlastung. Ich glaube, es ist ohne weiteres zu vertreten, daß eine Übertragung der unter diesen Nummern vorgesehenen Aufgaben nach der Maßgabe unseres Vorschlages erfolgt. Die Geschäfte, die in den Nummern 5, 8, 10 und 11 enthalten sind - auch da stimmen wir mit den Auffassungen des Bundesrates voll über-
**) Siehe Anlage 10.
*) Siehe Anlage 9.
ein -, sind weder tatsächlich noch rechtlich so schwierig, daß sie nicht von den Rechtspflegern wahrgenommen werden könnten. Die Vorbehalte, die in dieser Beziehung in § 12 gemacht sind, sind nach unserer Ansicht unnötig. Denn in Nr. 5 beispielsweise handelt es sich im wesentlichen nur um die Anordnung einer Vormundschaft, die weder rechtliche noch tatsächliche Schwierigkeiten hervorruft. Bei den Minderjährigen ist in dieser Hinsicht nichts anderes festzustellen, als daß die Voraussetzungen der Vormundschaft eingetreten sind. Das ist, um in der üblichen Terminologie zu bleiben, faktisch ein Massengeschäft, das schon heute fast ausschließlich von dem Rechtspfleger erfüllt wird, ohne daß die allergeringsten Kalamitäten in der Praxis eingetreten sind. Ebenso handelt es sich bei der Auswahl des Vormunds - ganz abgesehen davon, daß die Vorschlagslisten in dieser Hinsicht vorliegen - überhaupt nicht um eine juristisch-technische Entscheidung, sondern um Entscheidungen aus menschlicher Verantwortung auf Grund von Erfahrung und menschlicher Reife. Das sind wirklich Eigenschaften und Fähigkeiten, die nicht nur mit dem juristischen Studium, sondern die auch aus anderen Quellen und Bemühungen erworben werden.
Wir sind also der Meinung, daß in diesen Fragen durchaus den Vorschlägen des Bundesrates entsprochen werden kann und, wenn wir eine wirkliche Entlastung der Richter herbeiführen wollen, auch entsprochen werden sollte.
Für § 13 - ich darf darauf verzichten, hier noch Einzelheiten anzuführen - gelten praktisch dieselben Gesichtspunkte. Wir bitten also, insoweit unseren Vorschlägen zu folgen.
Herr Kollege Rehs hat einen Änderungsantrag zu § 13 mitbegründet. Ich rufe also den § 13 mit auf. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache zu den §§ 12 und 13.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 868*) Ziffer 5 a, die Nummern 5, 8, 10 und 11 in § 12 zu streichen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Unter Buchstabe b wird eine Neufassung der Nummern 4, 9 und 14 des § 12 vorgeschlagen. Ich lasse zunächst über den Antrag zur Neufassung von Nr. 4 abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Nummer 9! Wer für die Neufassung dieser Nummer ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Nummer 14! Wer für die Neufassung dieser Nummer ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den ganzen § 12. Wer für diesen Paragraphen in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 13 liegt der vom Kollegen Rehs begründete Antrag auf Umdruck 868 Ziffer 6 vor, der die
*) Siehe Anlage 9.
({0})
Streichung der Nummern 1 und 7 vorsieht. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 13. Wer für den § 13 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 14 und 15 und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die §§ 14 und 15 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
§ 16. - Hierzu liegt vor der Antrag Umdruck 868 Ziffer 7. Er ist gegenstandslos geworden; denn er soll Einschränkungen bringen zu einer allgemeinen Erweiterung, die vorher abgelehnt worden ist.
Wer für § 16 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
§ 17. - Hierzu liegt der Antrag Umdruck 868 Ziffer 8 vor, den § 17 zu streichen. Ich glaube, Herr Kollege, er ist gegenstandslos geworden.
Ich rufe ferner auf § 18. Auch hierzu liegt der Antrag Umdruck 868 Ziffer 8 vor. Er dürfte ebenfalls gegenstandslos geworden sein.
Das Wort zu den beiden aufgerufenen Paragraphen wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer für die §§ 17 und 18 in der Ausschußfassung zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen zu § 19. - Hierzu liegt der Antrag Umdruck 876*) Ziffer 2 vor, die Worte „einschließlich der Beurkundung von Vergleichen gemäß
L18 a Abs. 3" zu streichen. Wird der Antrag begründet? - Bitte, Herr Kollege Bucher!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Ausschußfassung wird dem Rechtspfleger die Befugnis gegeben, Vergleiche im Armenrechtsverfahren zu beurkunden und damit einen Prozeß rechtskräftig abzuschließen. Man kann schon im Zweifel sein, ob hiermit nicht die Grundlinie des Gesetzes verlassen wird, dem Rechtspfleger keine Akte der Rechtsprechung zu übertragen. Denn ein gerichtlich abgeschlossener Vergleich steht jedenfalls in seiner Wirkung einem rechtskräftigen Urteil gleich. Er ist vollstreckbar, und er geht über ein Urteil erster Instanz insofern hinaus, als es kein Rechtsmittel dagegen gibt. Ich würde also sogar weniger Bedenken tragen -theoretisch gesprochen -, einen Rechtspfleger ein Urteil machen zu lassen, gegen das ja noch immer die Berufung möglich ist, als ihm hier diese Befugnis zu geben. Ich glaube, wir tun auch den Rechtspflegern keinen Gefallen, wenn wir ihnen eine solche Verantwortung übertragen. Wie gesagt, wenn ein derartiger Vergleich abgeschlossen ist, gibt es kein Rechtsmittel dagegen. Es gibt nur die Möglichkeit der Anfechtung nach bürgerlichem Recht, wo aber die Voraussetzungen sehr eng sind. Auch hier dreht es sich nicht darum, daß man den Rechtspflegern etwas nicht zutraut, sondern nur darum, daß man ihnen keine Verantwortung über-
*) Siehe Anlage 10.
trägt, die zu Akten führen würde, die nachher irreparabel sind.
Ich lege auf diesen Antrag sehr großen Wert und bitte Sie, in diesem Punkt unserem Antrag stattzugeben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Änderungsantrag Umdruck 876*) Ziffer 2 zu § 19 ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen zu § 19 in der Ausschußfassung. Wer dafür zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 20 und 21. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für diese Paragraphen zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - §§ 20 und 21 sind angenommen.
§ 22. - Hierzu liegt der Änderungsantrag Umdruck 876 Ziffer 3 vor, den Abs. 2 zu streichen. Wird er begründet? - Der Abgeordnete Bucher hat das Wort.
Es scheint mir zu weit zu gehen, das Vergleichsverfahren im Gegensatz zum Konkursverfahren im ganzen auf den Rechtspfleger zu übertragen. Während im Konkursverfahren der Verlauf des Verfahrens ziemlich festliegt und eben das verteilt werden muß, was vorhanden ist, dreht es sich beim Vergleichsverfahren vor allem um die sehr schwerwiegende Entscheidung darüber, ob man dem Schuldner zutraut, daß er den Vergleich erfüllen wird. Hierzu bedarf es doch einer sehr eingehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Überprüfung. Ich glaube also, daß man diese Befugnis ausschließlich dem Richter vorbehalten sollte.
Das Wort hat der Kollege Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, dem Antrage der FDP nicht stattzugeben. Die Ausführungen, die hier zur Begründung gemacht worden sind, Herr Kollege Bucher, wären dann richtig, wenn die Abwicklung des gesamten Vergleichsverfahrens dem Rechtspfleger übertragen wäre. Aber das ist nicht der Fall! Es heißt hier in § 22:
Folgende Geschäfte im Verfahren nach der Vergleichsordnung werden dem Rechtspfleger übertragen:..
Dann werden sie einzeln aufgeführt. Ich habe keine Bedenken, diese einzelnen Geschäfte im Verfahren dem Rechtspfleger zu übertragen.
({0})
- Auch gegen den Abs. 2, den Sie mir gerade durch Zuruf ins Gedächtnis zurückrufen, habe ich keine Bedenken, weil der Richter nämlich nach dieser Bestimmung in geeigneten Fällen im Vergleichsverfahren dem Rechtspfleger die Entscheidung übertragen kann. Dafür gilt dasselbe, was auch zu § 21 Abs. 2 zu sagen war.
*) Siehe Anlage 10.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag unter Ziffer 3 des Umdrucks 876 zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Wir kommen zu § 22 insgesamt. Wer für ihn zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 23 liegt der Antrag Umdruck 868 Ziffer 9*) vor. Der Herr Kollege Rehs hat vorhin schon vorgetragen, daß der Antrag durch die frühere Beschlußfassung praktisch erledigt sei. Darf ich fragen, Herr Kollege Rehs, ob nach Ihrer Meinung auch der Antrag Umdruck 868 Ziffer 10 zu § 25 erledigt ist?
({0}) - Auch erledigt; dann sind wir einig.
Dann rufe ich auf: §§ 23, - 24, - 25, - 26, - 27, - 28, - 28 a, - 28 b, - 29, - 30, - 31, - 32, - 32 a, - 33, - 34, - 35. - Ich nehme an, daß Sie mit der gemeinsamen Verabschiedung einverstanden sind. - Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen
*) Siehe Anlage 9.
nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen. Einleitung und Überschrift stelle ich mit zur Abstimmung. Wer für alles dies zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Lesung angenommen.
Sind Sie damit einverstanden, daß wir die
dritte Beratung
sofort anschließen? - Ich stelle das Einverständnis hiermit fest und eröffne die Generalaussprache zur dritten Lesung. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Generalaussprache. Anträge zur dritten Lesung liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache über das ganze Gesetz in dritter Lesung geschlossen. Ich bitte diejenigen, welche für das Gesetz in dritter Lesung einschließlich Einleitung und Überschrift zu stimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dann ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen.
Ich berufe die nächste, die 181. Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen früh, den 14. Dezember, 9 Uhr. Die Tagesordnung ist Ihnen bekannt. Ich danke Ihnen und schließe die Sitzung.