Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung muß sich das Haus über die Tagesordnung verständigen. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat muß die heutige Tagesordnung ergänzt werden um die Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({0}) über den Entwurf einer Zweiundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({1}) ({2}). Das ist das eine.
Das andere ist die Frage, wann wir die gestrige Tagesordnung erledigen. Die Reihenfolge der Tagesordnung von gestern ist gestern bekanntgegeben worden. Ich schlage dem Hause vor, daß wir zunächst die Einbringung des Bundeshaushaltsplans durch den Herrn Bundesfinanzminister hören - eine Beratung schließt sich heute sowieso nicht an -, daß wir dann in der Tagesordnung von gestern fortfahren, die Zollsatzänderungen auf die Tagesordnung von heute nehmen und dann in der Tagesordnung von heute mit Punkt 2 weiter fortfahren.
Ich hoffe, daß das Haus damit einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 1 der heutigen Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 ({3}) ({4}).
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst vor fünf Monaten hat sich der Bundestag mit dem Haushaltsplan für das jetzt laufende Rechnungsjahr abschließend befaßt, und schon wieder wird ihm ein neuer großer Plan vorgelegt. Man könnte fast meinen, daß diese Jahrespläne die Kraft der parlamentarischen und administrativen Instanzen übersteigen. Aber wir sollten bei allem Kummer nicht vergessen, daß die Jahrespläne große demokratische Errungenschaften sind, die die freiheitlichen Volksvertretungen in der Vergangenheit den Regierungen abgetrotzt haben.
Um dem Bundestag die harte Arbeit etwas zu erleichtern, hat die Bundesregierung den Plan für das nächste Rechnungsjahr wieder einen Monat früher, als es das Gesetz befiehlt, vorgelegt, und sie verbindet mit dieser frühen Vorlage die schon traditionelle, in diesem Jahr aber fast inständig ausgesprochene Bitte, daß die von Regierung und Verwaltung wieder erbrachte gewaltige Anstrengung belohnt werden möge durch eine ebenso fristgerechte Verabschiedung des Plans im Parlament. Fast möchte man sich zum Nutzen unserer Demokratie einen Verfassungssatz wünschen, daß die Haushaltspläne von Wahljahren fristgerecht verabschiedet sein müssen, andernfalls der Vorjahreshaushalt gilt.
Der Haushaltsentwurf für 1957 fällt in eine Zeit, in der wir stärker nach a u ß en, über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus, als nach i n n en in unsere kleinen oder großen Angelegenheiten blicken. Manchem mag sogar die Sorge um die finanzielle Stabilität unseres Staatswesens zur Zeit geringer erscheinen als die schicksalhafte Frage nach der weiteren Entwicklung in der Welt. Ich will diesen Empfindungen gern Rechnung tragen durch eine Beschränkung meiner diesjährigen Etatrede auf das Wesentliche. Aber es kann dennoch kein Zweifel sein, daß auch unsere eigenen, inneren Angelegenheiten wichtig sind, ja, daß sie sogar unsere Folgerungen aus der Gesamtlage klar widerspiegeln müssen. Wer möchte daran zweifeln, daß beispielsweise die Verteidigung unserer Heimat und ihre Bewahrung vor einem ähnlichen Schicksal, wie es jetzt andere Völker erleben, unausgesprochen einen Vorrang in unserem ganzen staatlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Leben erhalten müssen und daß es als fast selbstverständlich erscheint, unsere Anstrengungen um die baldige Verteidigungsbereitschaft sichtbarer zu verstärken!
Auch andere Folgerungen als diese ergeben sich aus der Gesamtlage. Sich mit ihnen zu beschäftigen, erscheint deshalb auch im gegenwärtigen Augenblick notwendig und bedeutet keineswegs eine Überschätzung der Situation. Es kommt hinzu, daß
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der Haushaltsplan für 1957 der letzte innerhalb der 2. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ist und daß er in besonders demonstrativer Weise die folgerichtige Fortsetzung der in den vergangenen zehn Jahren geübten Politik darstellen muß. Über die einzelnen Wege dieser Politik kann man gewiß verschiedener Meinung sein, aber über ihre Erfolge nicht. Diese Erfolge sind so eindeutig, daß sie die stärkste Rechtfertigung für die Fortsetzung des bisherigen Kurses darstellen.
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Jeder Haushaltsplan enthält zwangsläufig eine verantwortliche Beurteilung der Zukunft. Die Zukunft selbst kann nur auf den Tatsachen der Vergangenheit aufbauen. Da der Fleiß, die Ausdauer und die Schaffenskraft des deutschen Volkes während der vergangenen Jahre zu einem stetigen Aufstieg der volkswirtschaftlichen Produktionskraft und der Erträge und Einkommen geführt haben, scheinen die Tatsachen der Vergangenheit, die uns zu einem ruhigen Blick in die Zukunft Anlaß geben, grundsolid und zuverlässig zu sein. Ich will diese Feststellung mit einigen Angaben, die eine Art finanzpolitischer Rechenschaftsbericht darstellen, untermauern.
Das Bruttosozialprodukt, das 1949 rund 80 Milliarden DM und 1953 rund 134 Milliarden DM betrug, wird im Jahre 1956 auf etwa 179 Milliarden DM steigen. Das bedeutet von 1949 bis 1953 einen Anstieg um 69,4 v. H. und von 1949 bis 1956 einen Anstieg um 125 v. H.!
Das Durchschnittseinkommen je Kopf der Bevölkerung, wie es in den Sozialproduktsberechnungen im Nettosozialprodukt zu Faktorkosten seinen Ausdruck findet, ist von 1949 bis 1955 nominal um 87 v. H. und real, d. h. in Preisen von 1936, um 61 v. H. gestiegen.
In der gleichen Zeit hat sich die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer kräftig erhöht. Sie betrug im September 1949 13,6 Millionen, im September 1953 16,04 Millionen, im September 1956 18,61 Millionen. Umgekehrt ist die Zahl der Arbeitslosen fühlbar gesunken, und zwar von im September 1949 1,31 Millionen im September 1953 auf 0,94 Millionen und im September 1956 auf 0,41 Millionen.
Die Vermögensbildung, in deren Rahmen die Investitionen in Form von Neuanlagen oder der Bildung von Lagervorräten die bedeutendste Rolle spielen, war Jahr für Jahr beträchtlich. Zeitweise - 1955 und Anfang 1956 - nahmen die Neuinvestitionen einen solchen Umfang an, daß Maßnahmen gegen eine Überhitzung der Investitionskonjunktur eingeleitet werden mußten. Die Nettovermögensbildung belief sich nach Angaben der Bank deutscher Länder insgesamt 1950 auf 12,5 Milliarden DM, 1953 auf 25,1 Milliarden DM, 1955 auf 31,5 Milliarden DM und im gesamten Zeitraum 1950 bis 1955 auf 141,2 Milliarden DM.
Nicht minder stark gestiegen sind in den letzten Jahren auch die Löhne. Die Bruttostundenverdienste in der Industrie einschließlich Bergbau beliefen sich im September 1949 auf 120,7 Pf, im August 1953 auf 163,2 Pf, im August 1956 auf 197,1 Pf. Der Anstieg gegenüber September 1949 betrug mithin bis August 1953 35,2 v. H., bis August 1956 63,3 v. H.
Der allgemeine Anstieg des Lebensstandards prägt sich besonders deutlich in der Zunahme der
Einkommen aus unselbständiger Arbeit - Beamte, Angestellte und Arbeiter - aus. Die Bruttolohn- und -gehaltssumme - ohne Arbeitgeberbeiträge - erhöhte sich von 36 Milliarden DM im Jahre 1949 auf 59 Milliarden DM im Jahre 1953 und auf 72,2 Milliarden DM im Jahre 1955.
Einfuhr und Ausfuhr haben sich in den letzten Jahren erheblich ausgebreitet. Die Einfuhr erhöhte sich von 7,8 Milliarden DM im Jahre 1949 auf 16 Milliarden DM im Jahre 1953 und auf 24,5 Milliarden DM im Jahre 1955. Gleichzeitig stieg die Ausfuhr von 4,1 auf 16,9 und 25,7 Milliarden DM. Je Kopf der Bevölkerung betrug die Ausfuhr 1955 493 DM. Diese Ziffer läßt die große Bedeutung des Ausfuhrgeschäfts für die deutsche Volkswirtschaft erkennen. Das Ausfuhrvolumen ist gegenüber 1949 - mit 85 DM je Einwohner - auf das Sechsfache gestiegen. Die Bundesrepublik ist bemüht, durch eine Steigerung der Einfuhren, beispielsweise auch bei Rüstungsgütern, ihrerseits zu einem besseren Ausgleich der Handels- und Zahlungsbilanz beizutragen.
Obwohl bei der lebendigen Entwicklung der Wirtschaft zum Ausgleich der sich verändernden Angebots- und Nachfrageverhältnisse fortgesetzt Preisveränderungen erforderlich waren, konnten übermäßige Preiserhöhungen, wie sie im Ausland zum Teil beobachtet werden konnten, in der Bundesrepublik vermieden werden. Dementsprechend hat die D-Mark ihre Kaufkraft sowohl nach außen wie nach innen wesentlich besser gewahrt, als es anderen Währungen gelungen ist. Nach den internationalen Monatszahlen hat sich von 1949 bis zum Juli 1956 die Kaufkraft je Währungseinheit vermindert in der Bundesrepublik nur um 5,3 v. H., dagegen in Frankreich - Paris - um 31,8 v. H., in Norwegen um 33,1 v. H., in Großbritannien um 29,2 v. H., in Schweden um 28,3 v. H.,
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in Dänemark um 26,6 v.H., in Italien um 22,3 v. H., in Kanada um 15.7 v. H., in den Niederlanden um 15 v. H., in den USA um 13,2 v.H., in Belgien um 11,4 v. H. und in der Schweiz immerhin auch um 7,3 v. H.
Einen, wenn auch nur bedingt überzeugenden Beweis für die Wertschätzung der D-Mark im Ausland bietet die Entwicklung des freien Kurses für D-Mark-Noten an der Züricher Börse. Es wurden notiert für 100 DM im September 1948 26,54 sfrs., im September 1949 60,02 sfrs., im September 1953 96,13 sfrs. und im September 1955 100,90 sfrs.
Ich möchte diesen Feststellungen zu unserer finanziellen Stabilität nicht mehr Bedeutung beimessen, als sie sie verdienen. Aber alle diese Zahlen scheinen doch sehr klar zu machen, daß es uns, von einigem Können und auch Glück begünstigt, gelungen ist, eine gegenüber vielen labilen Wirtschaftsverfassungen unvergleichlich harte und stabile Lage unserer Finanzwirtschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten.
({3})
Ich bestreite nicht, daß noch sehr dunkle Wolken am Horizont sind und daß gerade diesem Haushalt 1957 eine mehr als übliche Bedeutung zukommt. Mit Gespanntheit schauen die Menschen, deren wirtschaftliches Schicksal uns anvertraut ist, besonders auf die Preisentwicklung hin, die ja für ihren „privaten Haushalt" entscheidend ist. Und
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wenn ich Ihnen auch eben darlegen konnte, daß sich die Preisentwicklung in der Bundesrepublik weit unter den Entwicklungen aller vergleichbaren Länder hält, weiß ich doch, daß die erfolgreiche Fortsetzung dieser Linie eine Finanzpolitik voraussetzt, deren äußerste Grenze die in diesem jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf vorgesehenen Ausgaben darstellen.
Meine Aufgabe als Finanzminister ist es am heutigen Tag wohl nicht, die Zusammenhänge zwischen der Budgetpolitik, der Kreditpolitik und der Wirtschaftspolitik hier näher darzulegen; der gute Zusammenklang von stabilen Preisen einer freien Marktwirtschaft, einem harten Budget und einem leistungsfähigen Sparsinn der Bevölkerung ist jedermann in den vergangenen Jahren klar ,geworden. Nur diese Politik hat uns das Vertrauen des Volkes und des Auslandes gesichert, ohne das aller Kampf um eine feste Währung vergeblich wäre.
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Es darf niemand glauben, daß er auf einem dieser Gebiete, dem des Haushalts oder dem des öffentlichen Kredits oder dem der Preise oder der Marktwirtschaft, sündigen kann, ohne dem Ganzen zu schaden.
({6})
Wer stabile Preise will, muß den stabilen Haushalt beschließen.
({7})
Der amerikanische Schatzamtssekretär George Humphrey hat zur diesjährigen Jahresversammlung der Weltbank darauf hingewiesen, daß „die Inflation die grausamste Form des Diebstahls ist, weil das Volk gegen sie wehrlos ist".
({8})
Eine gesunde ökonomische Ordnung, eine Steigerung des Wohlstandes und ein sozialer Fortschritt können nur auf der Grundlage einer geordneten öffentlichen Finanzwirtschaft gedeihen. Jeder wird dann gern arbeiten, wenn es sich lohnt zu arbeiten. Es lohnt sich zu arbeiten, wenn das Erarbeitete einen sicheren Wert hat. Daher brauchen wir allgemeine finanzielle Stabilität. Gutes Geld ist besser und wichtiger als mehr.
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Bei der Aufstellung eines neuen Jahresplans muß man den Blick in die Zukunft richten. Die Bundesregierung, die diesmal in einer Weise, die mich zu dem aufrichtigen Dank an alle meine Kabinettskollegen nötigt, den Haushalt beraten hat, geht bei dem Versuch, den bisherigen guten Zusammenklang unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik erfolgreich fortzusetzen, von keiner weiteren Zuspitzung der Weltlage aus. Sie ist der Ansicht, daß die derzeitige wirtschaftliche Expansion nach Ausschöpfung unserer Reserven an Arbeitskraft und der noch verfügbaren Kapazitäten unsrer Produktion zwar eine gewisse Dämpfung erfährt, aber doch auf hohem Niveau weiterläuft.
Damit ist, wie ich glaube, das Entscheidende zur Einnahmeseite des Bundes gesagt, und ich will, ganz gegen die sonstige Gewohnheit, hier gleich über diese Einnahmen weitersprechen, weil ich mit Nachdruck die These vertreten muß, daß unser ganzes Ausgabeprogramm seine Grenze in dem hat, was wir an Einnahmen haben werden.
({10})
Ich werde mit Entschiedenheit alle Versuche ablehnen, durch nicht realisierbare Höherschätzungen der Einnahmen weitere Ausgabemöglichkeiten zu schaffen. Wir haben wiederum unsere Einnahmeprognose auf den Überlegungen des unabhängigen Arbeitskreises „Volkswirtschaftliche Bilanzen" sowie auf den Meinungen führender Wirtschaftsforschungsinstitute - übrigens auch in Zusammenhang mit den Ländern - aufgebaut. Wie in den Vorjahren wurden aus der von den genannten Institutionen erarbeiteten Vorschau der künftigen Entwicklung des Sozialprodukts unter Berücksichtigung der speziellen steuerrechtlichen und steuertechnischen Faktoren die Aufkommensbeträge der einzelnen Steuerarten abgeleitet.
Dieses Verfahren hat bislang zu einer erfreuilichen Genauigkeit der Einnahmeprognosen geführt. Die Differenzen zwischen geschätztem Soll- und tatsächlich erzielten Ist-Aufkommen betrugen in den Jahren von 1950 bis 1955:
1950 zu 1949 + 1,6 v. H.
1951 zu 1950 + 2,2 v. H.
1952 zu 1951 - 0,7 v. H.
1953 zu 1952 - 1,4 v. H.
1954 zu 1953 - 0,3 v. H.
1955 zu 1954 + 5,5 v. H.
Lediglich im Jahre 1955 ergab sich also eine stärkere Abweichung zwischen Soll und Ist. Sie ist für dieses Jahr leicht zu erklären, da die effektive Sozialproduktssteigerung - übrigens in der ganzen Welt und nicht nur in Deutschland - wesentlich über die erwartete Zuwachsrate hinausging. In Übereinstimmung mit dem Urteil des Arbeitskreises „Volkswirtschaftliche Bilanzen" und angesehener Wirtschaftsforschungsinstitute ging die Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums für 1955 von einem Wachstum des Bruttosozialproduktes um 7 v. H. aus, während die Zuwachsrate 1955 tatsächlich 12,7 v. H. betrug. Eine methodisch richtige Schätzung mußte 1955 also von den Ereignissen überholt werden. Ich bin sehr zufrieden, daß die methodische Korrektheit und Zuverlässigkeit unserer Steuerschätzungen sich auch 1955 wieder bestätigt hat; das ist mir wichtiger, als wenn ich - trotz der nicht voraussehbaren Entwicklung - zufällig das Aufkommensvolumen richtig geschätzt hätte. Der Zuverlässigkeitsgrad der Schätzungen wird im übrigen auch durch einen Blick auf die Schätzungsergebnisse ausländischer Staaten bestätigt. Beispielsweise betrugen die Abweichungen des Ist-Aufkommens vom Soll während der letzten Jahre in Großbritannien für 1954/55 5,9 v. H. und in der Schweiz für 1955 14,4 v. H.
In diesem Zusammenhang, wenn es auch stärker nur die Ausgabeseite berührt, ein Wort über das bisher fehlende Nationalbudget, das bei den vorjährigen Diskussionen hier eine Rolle gespielt hat. Nun, so wenig aussichtsreich und wirklichkeitsgerecht auf der einen Seite auch Nationalbudgets im Sinne vollzugsverbindlicher Voranschläge erscheinen, so wünschenswert ist auf der anderen Seite ein steter Ausbau der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zur besseren Fundierung der Größenvorstellungen über vollzogene und geplante Maßnahmen.
In Übereinstimmung mit dem Urteil angesehener Institutionen haben wir unseren Haushaltsplanungen für 1957 eine Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts von 8 v. H. zugrunde gelegt.
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Es ergeben sich dann die im Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung einzeln verzeichneten Einnahmeansätze. Insgesamt werden erwartet an Einnahmen aus Bundessteuern 22 369 Millionen DM, aus dem Bundesanteil der Steuern vom Einkommen 4915 Millionen DM, insgesamt also 27 284 Millionen DM. Gegenüber dem voraussichtlichen Ist des Jahres 1956 ergibt sich demnach ein Mehr von etwa 1200 Millionen DM.
Die Zuwachsrate der Steuereinnahmen - und zwar jetzt bezogen auf sämtliche Steuern von Bund, Ländern und Gemeinden einschließlich Lastenausgleich - steigt nach den Vorschätzungen für das Rechnungsjahr 1957 nur um 3,9 v. H. bei, wie gesagt, einem Anstieg des Bruttosozialprodukts um 8 v. H. Sie ist infolge häufiger Steuersenkungen schon im Laufe der letzten Jahre ständig hinter der Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts zurückgeblieben. So betrug 1954 gegenüber 1953 die Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes 8,5 v. H., die Zuwachsrate der Steuereinnahmen 7,2 v. H., 1955 gegenüber 1954 die Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes 12,8 v. H., die Zuwachsrate der Steuereinnahmen 10,9 v. H., 1956 gegenüber 1955 die Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts 9,0 v. H. die Zuwachsrate der Steuereinnahmen 6,8 v. H., 1957 gegenüber 1956 die Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes 8,0 v. H., die Zuwachsrate der Steuereinnahmen 3,9 v. H. Diese Zahlen beziehen sich wiederum auf sämtliche Steuereinnahmen des Bundes, der Länder und der Gemeinden einschließlich Lastenausgleich.
Wir gelangen damit ebenso wie andere Länder allmählich in eine Lage, die die Möglichkeit zusätzlicher Ansprüche an den Staat geringer werden läßt. Sie zwingt einfach zu der Erkenntnis, daß die öffentliche Hand Aufgaben nur in dem Maße erfüllen kann, als echte Erträge aus Steuern, Abgaben und sonstigen Einnahmen zur Erfüllung laufender Ausgaben zur Verfügung stehen. Und aus ihr ergibt sich eine sehr einfache Tatsache: Es ist nötig, auch weiterhin eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die eine stete reale Ausweitung unserer Wirtschaft mit sich bringt, damit auf diese Weise die Grundlagen, auf denen die öffentlichen Einnahmen beruhen, erweitert werden und die Einnahmen steigen können, ohne daß die Steuersätze oder das Preisniveau sich erhöhen.
Die im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt rückläufige Entwicklung der Steuereinnahmen - trotz zum Teil progressiver Tarife - läßt deutlich den Einfluß der - im Zusammenwirken von Bundesregierung und Parlament durchgeführten - Steuersenkungen erkennen. Der Umfang der im Jahre 1956 beschlossenen und 1957 erstmalig für ein ganzes Jahr voll wirksamen Steuersenkungen beträgt allein 3954 Millionen DM.
({12})
Dieser Betrag setzt sich im einzelnen wie folgt zusammen:
1. Einkommensteuer 1131 Millionen DM,
2. Notopfer Berlin 1090 Millionen DM,
3. Umsatzsteuer:
a) Senkung der Umsatzsteuer für Milch beim Handel von 3 auf 1,5 % 18 Millionen DM,
b) Aufhebung der Umsatzsteuer für Milcherzeugnisse in der ersten Bearbeitungsstufe 95 Millionen DM,
c) Umsatzsteuerbefreiung der Landwirtschaft 190 Millionen DM,
d) Gewährung eines Umsatzsteuerfreibetrages von 8000 DM - sogenannte Mittelstandshilfe - 300 Millionen DM. Diese vier Posten machen zusammen 603 Millionen DM aus.
4. Zölle 220 Millionen DM,
5. Zuckersteuer 250 Millionen DM,
6. Zündwarensteuer 50 Millionen DM,
7. Gewerbesteuer 400 Millionen DM,
8. Senkung der Steuereinnahmen durch Gewährung der Bergmannsprämie 210 Millionen DM.
Die unter dem Einfluß der Besatzungsmächte außerordentlich erhöhten Steuersätze sind seit Jahren fortlaufend gesenkt worden. Am sinnfälligsten lassen sich die erzielten Fortschritte am Beispiel der Lohnsteuer verdeutlichen. Die Lohnsteuerpflicht begann 1949 oberhalb 1375 DM, ab 1. Januar 1957 setzt sie erst oberhalb 2087 DM ein. Diese Angaben beziehen sich auf einen Ledigen.
Ein verheirateter Lohnsteuerpflichtiger mit einem Kind zahlt 1957 bei einem Bruttolohn von 5000 DM knapp ein Viertel der Lohnsteuer, die er 1949 aufbringen mußte,
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bei einem Bruttolohn von 8000 DM kaum 45 v. H. der früheren Steuer, bei einem Bruttolohn von 10 000, 15 000 oder 20 000 DM immer noch weniger als die Hälfte der Lohnsteuer, die er 1949 zu tragen hatte.
Für Lohnsteuerzahler mit mehreren Kindern ist eine noch tiefer greifende Steuerentlastung eingetreten. Beispielsweise ist ein Verheirateter mit vier Kindern bei einem Jahresbruttolohn von 8000 DM heute steuerfrei; bei einem Jahresbruttolohn von 15 000 DM stellt sich die Ermäßigung immer noch auf rund 72 v. H.
Im Rahmen der veranlagten Einkommensteuer ist der Plafondsatz, der 1949 90 v. H. betrug, inzwischen auf 55 v. H. ermäßigt.
Der Körperschaftsteuersatz ist, abgesehen von der Einführung eines ermäßigten Satzes für ausgeschüttete Gewinne mit 30 v. H., von 50 v. H. im Jahre 1950 und 60 v. H. im Jahre 1951 auf heute 45 v. H. ermäßigt. Für physische Personen ist überdies ab 1. Oktober 1956 das Notopfer Berlin in Fortfall gekommen. Zugleich ist die gemeindliche Gewerbeertragsteuer fühlbar herabgesetzt; Ausfall 400 Millionen DM.
Aber auch außerhalb der Steuern vom Einkommen sind zahlreiche einschneidende Senkungen der Steuersätze vorgenommen, nicht zuletzt bei den Verbrauchsteuern mit dem Ziel, auf diese Weise eine Ermäßigung der Preise und eine Entlastung der breiten Verbraucherschichten herbeizuführen. Erinnert sei u. a. an die Senkung der Zuckersteuer von 40 DM je Doppelzentner 1949 auf heute 10 DM je Doppelzentner, der Kaffee- und Teesteuer um 70 und 80 v. H. der Ausgangsbelastung 1949, der Tabaksteuer - je nach den einzelnen Tabakerzeugnissen ist eine stark differenzierte Senkung vorgenommen; ferner ist an die Neueinführung der 71/2- und 8 1/3 -Pf-Zigaretten zu erinnern -, der Schaumweinsteuer von 3 auf 1 DM je ganze Flasche, der Zündwarensteuer von 10 auf 1 Pf je 100 Zündhölzer.
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Ermäßigt wurde ferner die Umsatzsteuer für den Mittelstand - Ausfall 300 Millionen DM pro Jahr - sowie für Milch und Milcherzeugnisse, Ausfall 110 Millionen DM pro Jahr. Auf der landwirtschaftlichen Erzeugerstufe kam die Umsatzsteuer ganz in Fortfall, Ausfall 190 Millionen DM. Weitere Belastungsminderungen sind durch die Zollsatzänderungen eingetreten sowie durch die Herabsetzung der Erbschaftsteuer und der Biersteuer bei den Ländern.
Trotz der soeben erläuterten Steuersenkungen steht die Bundesrepublik bezüglich der Höhe der Steuerbelastung international insgesamt noch immer an ungünstiger Stelle. 1955 - ich bemerke nebenbei: die Zahlen für 1956 liegen noch nicht vor; sie würden allerdings vielleicht in manchem ein anderes Bild ergeben - betrug das Steuer- und Zollaufkommen des Staates und der staatlichen Unterverbände in vom Hundert des Bruttosozialprodukts in der Bundesrepublik Deutschland ohne Sozialversicherungsbeiträge 26, einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge 33, dagegen in Belgien 16 bzw. 23, in den USA 22 bzw. 24, in Frankreich 22 bzw. 30, in den Niederlanden 23, in Schweden 25, in Norwegen 25, aber in Großbritannien 28 bzw. 30. Bei Einbeziehung der Sozialversicherungsbeiträge weist mithin keines der Vergleichsländer 1955 einen höheren Steuerdruck auf als die Bundesrepublik, auch Großbritannien nicht, dessen Belastungsziffer ohne die Sozialversicherungsbeiträge die deutsche Vergleichsziffer übertrifft. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß in Großbritannien der staatliche Gesundheitsdienst aus Steuermitteln finanziert wird.
Der Einkommensteuertarif, für sich allein betrachtet, liegt nach den Senkungen der Jahre 1953 und 1954 im internationalen Vergleich nicht ungünstig. Beispielsberechnungen lassen erkennen, daß die tarifliche Einkommensteuer höher liegt als in der Bundesrepublik Deutschland
bei Einkommen von 5000 DM bis 20 000 DM in den Niederlanden, Belgien und Schweden, bei Einkommen von 50 000 DM bis 100 000 DM in den eben genannten Ländern und in Großbritannien,
bei Einkommen von 1 000 000 DM
in sämtlichen Vergleichsländern, auch in Großbritannien und in den USA,
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niedriger liegt als in der Bundesrepublik Deutschland
bei Einkommen von 5000 bis 10 000 DM in Großbritannien und in den USA,
bei Einkommen von 20 000 DM
nur in den USA, während die tarifliche Steuerbelastung in Großbritannien mit jener in der
Bundesrepublik auf gleicher Höhe liegt,
bei Einkommen von 50 000 DM bis 100 000 DM nur in den USA,
bei Einkommen von 1 000 000 DM
in keinem der genannten Vergleichsländer.
Diesen Zahlen liegen selbstverständlich die amtlichen Umtauschkurse zugrunde. Außerdem müssen gewisse Unterschiede in der Lastenwirkung der Steuern berücksichtigt werden. Aber ich denke, daß diese Vergleichszahlen dennoch sehr eindrucksvoll sind.
Der Ruf nach weiteren Steuersenkungen kommt selbstverständlich niemals ganz zum Schweigen. Hier und da wird er auch in der Gegenwart erhoben. Es ist verständlich, daß jeder Staatsbürger seine Steuerlast immer weiter ermäßigt sehen möchte. Sein Urteil über die Möglichkeit und Erwünschtheit weiterer Steuersenkungen ändert sich aber, wenn er sich daran erinnert, daß er nicht nur durch die lästige Verpflichtung des Steuerzahlens mit dem Staate verbunden ist, sondern daß er - abgesehen von den traditionellen Staatsaufgaben - für die Zukunft noch weitere Wünsche an den Staat und an die Gemeinschaft zu richten hat - sei es, daß er zur Sicherung des freiheitlichen Lebens- und Wirtschaftsstils vom Staate die Sicherung ausreichender Verteidigungsbereitschaft erwartet, sei es, daß er zur Gewährleistung einer ausreichenden Altersversorgung und zur Ausschaltung der Angst vor der Not soziale Reformen unter Mithilfe des Staates anstrebt, sei es, daß er als Landwirt vom Grünen Plan grundlegende Verbesserungen der Struktur sowie des Verhältnisses zwischen Kosten und Erträgen in der Landwirtschaft vom Staat erhofft, sei es, daß er als Angehöriger des Mittelstandes vom Staate Mittelstandshilfen oder als Angehöriger des öffentlichen Dienstes Gehaltserhöhungen erwartet usw. Begreiflicherweise gewinnt bei dem einzelnen Staatsbürger, wenn er vor die Alternative gestellt wird, ob der Förderung seiner besonderen Interessen durch den Staat oder einer allgemeinen Steuersenkung der Vorzug gegeben werden soll, meist sehr schnell der Wunsch nach Förderung der besonderen Eigeninteressen die Oberhand.
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Jede Einnahmesenkung hat aber auf der anderen Seite notwendigerweise eine Verminderung der Ausgabemöglichkeiten zur Voraussetzung. Das Abwägen zwischen den berechtigten Erfordernissen der Ausgabe- und der Einnahmeseite bestimmt die Entschlüsse der Bundesregierung. Es sollte auch die Urteile der Staatsbürger bestimmen. Ich muß hier daran erinnern, daß die Gesamtausgaben des Bundeshaushalts von 1950 bis 1957 um rund 130 v. H. gestiegen sind und daß sich in der gleichen Zeit die Ausgaben für Wohnungsbau und Siedlung sogar um rund 305 und jene für Wirtschaftsförderung um nahezu 800 v. H. erhöht haben.
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Die Zuwachsrate des Nettofinanzbedarfs der öffentlichen Gesamthaushalte, die im Jahre der Korea-Krise ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, ist von 1951 auf 1952 sprunghaft und seitdem stetig zurückgegangen. 1954 und 1955 unterschritt sie die Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts und erreichte 1955 ihr vorläufiges Minimum. Im laufenden Rechnungsjahr 1956 aber wird die Zuwachsrate des öffentlichen Finanzbedarfs mit 13 v. H. einen erneuten Sprung nach oben machen und fast über das Doppelte der Vorjahresrate steigen. Unter der Voraussetzung, daß das definitive Ausgabevolumen des Bundeshaushalts und des Lastenausgleichsfonds 1957 die Ansätze der Regierungsvorlage nicht überschreitet, ist für den öffentlichen Gesamthaushalt von 1956 auf 1957 eine erneute Zunahme des Finanzbedarfs um etwa 7 v. H. zu erwarten.
Wenn man sich heute die Frage vorlegt, ob im gegenwärtigen Augenblick wesentliche Steuer({18})
änderungen zweckmäßig sind, so wird man unterscheiden müssen zwischen Maßnahmen zur Förderung der Steuergerechtigkeit und der Steuervereinfachung und solchen Steueränderungen, welche die Veränderung des Einnahmevolumens nach oben oder nach unten zum Zweck haben. Ich betone gleich mit allem Nachdruck, daß eine Verkürzung unserer Einnahmen außer jeder Diskussion steht und daß alle Spekulationen darauf abwegig sind. Die anderen Maßnahmen dagegen sind zu jeder Zeit zweckmäßig und angebracht.
Dem Steuerrecht der Bundesrepublik wird nicht mit Unrecht der Vorwurf der Unübersichtlichkeit und der zu weitgehenden Differenziertheit zu Lasten der Steuerklarheit und Steuerwahrheit gemacht. Niemand bedauert diesen Sachverhalt mehr als der Bundesfinanzminister. Er hat daher auch wiederholt den Versuch gemacht, das Steuerrecht zu entwirren und den Grundsatz der Steuerklarheit und Steuergerechtigkeit wieder eindeutig in den Vordergrund zu rücken. Insbesondere die Steuerreformen der Jahre 1953 und 1954 verfolgten dieses Ziel. Leider haben sie das gesteckte Ziel nicht erreicht. Unser Kollege Dr. Dresbach beurteilte die Ursachen dieser Entwicklung kürzlich wie folgt:
Beamte und Sachbearbeiter in den Parlamenten werden leicht verdächtigt, sie machten es gerne kompliziert, weil sie sich eine Art von Geheimwissenschaft zurechtlegen möchten, zu deren Durchleuchtung sie dann unbedingt gebraucht werden. In der Bonner Steuergesetzgebung jedenfalls sind Beamte und Sachbearbeiter die Dränger zur Systematik und Vereinfachung. Die Komplikationen kommen von den Interessenten, von den Vertrauensleuten der Verbände.
({19}) Ich gebe dazu keinen Kommentar. ({20})
In konjunkturpolitischer Hinsicht erscheint der gegenwärtige Zeitpunkt als für Steuersenkungen ganz und gar ungeeignet. Das Ausgabevolumen - ohne die durchlaufenden Mittel - ist im Bundeshaushaltsplan des jetzt laufenden Rechnungsjahres 1956 bekanntlich um 2,3 Miliarden DM höher als im Haushaltsentwurf und um 4,2 Milliarden DM höher als im Haushaltsplan des Vorjahrs angesetzt. Unter den Einahmen sind Entnahmen aus Rückstellungen von 2,3 Milliarden DM für Besatzungs- und Stationierungskosten vorgesehen, ferner weitere 1,7 Milliarden DM Entnahmen aus Rückstellungen zum allgemeinen Haushaltsausgleich eingestellt worden; außerdem sind als außerordentliche Einnahmen Anleihen in Höhe von 1,2 Milliarden DM eingesetzt, die sich bei der derzeitigen Kapitalmarktlage nicht unterbringen lassen. Der Ihnen heute vorgelegte Haushaltsentwurf für das Rechnungsjahr 1957 ist bekanntlich durch die 1956 gefällten finanzpolitischen Entscheidungen weitgehend präjudiziert: Durch Steuersenkungen aus dem Steuersenkungsprogramm vom 14. September 1956 ist allein beim Bund auf Einnahmen in Höhe von 1,8 Milliarden DM verzichtet worden. Zur geplanten Sozialreform muß der Bundeshaushalt im Rechnungsjahr 1957 annähernd 1,2 Milliarden DM beisteuern. Für Wohnungs- und Straßenbau sind um 700 Millionen DM mehr als im Vorjahr ausgeworfen; ich komme darauf im einzelnen noch. Obwohl unterstellt ist, daß die Verwendung des Besatzungs- und Stationierungskostenüberhangs bis zum Beginn des neuen Rechnungsjahrs abgewickelt sein wird, kann der Haushaltsausgleich nur durch Entnahme von 2,2 Milliarden DM aus der Rückstellung, ferner durch eine sehr schmerzliche Prozent-Kürzung von 5 % und durch Veranschlagung von Anleihen im Betrage von 1,1 Milliarden DM ausgeglichen werden. Was das bedeutet, sollte jedem klar sein.
Der Haushalt birgt also schon, so wie er jetzt vorliegt, die Gefahr expansiver Auswirkungen in sich. Nur unter der Voraussetzung, daß das Haushaltsvolumen sich nach oben nicht verändert, konnte der Haushalt 1957 gegenüber der Öffentlichkeit als ein solcher der Stabilität und der sozialen Sicherheit bezeichnet werden, da beabsichtigt ist, die mobilisierten Kassenmittel vom Binnenmarkt weitgehend fernzuhalten und zum Einkauf von Rüstungsgütern im Ausland sowie zur Verzinsung und Tilgung von Auslandsschulden zu verwenden.
Die Schilderung dieser Zusammenhänge zeigt meines Erachtens sehr eindringlich, daß weitere Ausgabeerhöhungen oder Einnahmeminderungen nicht verantwortet werden können. Mit einer Senkung der Steuereinnahmen müßten Ausgabeminderungen Hand in Hand gehen. Wer also Steuersenkungen befürwortet, muß gleichzeitig auch für entsprechende Ausgabeminderungen eintreten.
Ein Überblick über die finanz- und steuerpolitischen Maßnahmen im Auslande läßt erkennen, daß jetzt, nachdem die Wirtschaftsexpansion den Kapazitätsgrenzen nahegerückt ist, die Tendenz zur Dämpfung der Wirtschaftsexpansion mehr oder minder in der Finanzpolitik fast aller weltwirtschaftlich bedeutenden Staaten - mit Ausnahme von Italien - die Oberhand gewinnt. Als die wichtigsten zur Erreichung dieses Zieles angewandten Mittel der Steuerpolitik treten bei vergleichender internationaler Betrachtung in Erscheinung:
Als Erstes die Grundsätze für steuerpolitische Maßnahmen zur Dämpfung der Konsumentennachfrage, nämlich keine Steuersenkung größeren Ausmaßes ohne entsprechende Ausgabensenkung; bei stark angespannter, in steigenden Preisen sich ausprägender Nachfrage und Geldmengenexpansion: Steuererleichterungen - oder Preissubventionen - mit dem Ziel einer Niedrighaltung der Preise für Güter des unentbehrlichen Massenkonsums, im übrigen aber konsumbeschränkende Tarifgestaltung der Aufwandsteuern; steuerliche Begünstigung des Sparens zwecks Ausweitung des freiwilligen Konsumverzichts.
Als Zweites die Grundsätze für steuerpolitische Maßnahmen zur Dämpfung der Investitionstätigkeit, nämlich erstens die Einschränkung oder Aufhebung steuerlicher Investitionsbegünstigungen und Abschreibungserleichterungen; zweitens die Einführung von besonderen Investitionssteuern; drittens die Steuerbefreiung von Abführungen an Investitionsfonds, die während des Konjunkturanstiegs stillgelegt werden, mit dem Ziele, die drohende Konjunkturüberhitzung aufzufangen und in Zeiten beginnender Kontraktionsprozesse die Beschäftigung durch Finanzierung von Investitionen aufrechtzuerhalten; viertens die Erhöhung der Körperschaftsteuersätze.
Auf der Ausgabenseite entspricht einer konjunkturgerechten Finanzpolitik vor allem die in fast
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allen Staaten zu beobachtende Zurückhaltung in den Aufwendungen für Investitionen sowohl in den ordentlichen wie auch in den außerordentlichen Haushalten. Vor allem in den skandinavischen Ländern und in der Schweiz - mit Einschränkung auch in Großbritannien - hat man sich in der Absicht, die Haushaltsgebarung konsequent den Erfordernissen der Wirtschaftslage anzupassen, zur Überschußpolitik entschlossen. In der Schweiz und in den skandinavischen Ländern werden namhafte Beträge auf Sonderfonds stillgelegt. In den skandinavischen Ländern besteht allerdings auch eine größere Notwendigkeit zu einem solchen Vorgehen als in anderen Ländern, da hier infolge indexgebundener Gehälter, Löhne, Volkspensionen und Renten die automatischen Ausgabensteigerungen im Verbrauchssektor besonders stark ins Gewicht fallen.
Ich habe Ihnen nun einige grundlegende Zusammenhänge dargestellt, die zum Verständnis des Haushaltsbildes 1957 wichtig sind. Wie Sie aus unseren Übersichten wissen, steigt in diesem Haushalt für 1957 die Ausgabenkurve im ordentlichen Haushalt trotz der großen Steuersenkung um 1,7 Milliarden DM an.
Man hat in der Presse der letzten Tage diesen Verzicht auf neue Einnahmen und die Steigerung der Ausgaben ein Wunder, gelegentlich auch ein Taschenspielerkunststück genannt. Beide Formeln dürften nicht allzu sachverständig sein. Der unvorstellbar hohe Ausgabendruck, der durch die letztjährigen und diesjährigen Ausgabengesetze und durch die vielen Ressortwünsche entstanden ist, hätte in der Tat die Erschließung neuer Einnahmequellen erfordert. Aber es ist der Bundesregierung gelungen, nicht nur dies zu vermeiden und die Steuersenkung im vollen Umfang durchzuführen, sondern auch einen hohen Prozentsatz der angeforderten Mehrausgaben zurückzuweisen und dennoch ein so stattliches neues Regierungsprogramm Ihnen vorzulegen.
Das Geheimnis, wie dies geschah, enträtselt sich schnell durch den Hinweis auf die Deckungsmaßnahme. Wir leben 1957 ein wenig von der Vorsorge, die wir in der Vergangenheit getroffen hatten, führen die Mittel, die wir für andere Zwecke bereitgestellt hatten, nun neuen Aufgaben zu und schieben auf diese Weise - und das ist das nicht Ungefährliche und Bedenkliche - den Umfang unserer Verpflichtungen weiter vor uns her. Einem jeden in diesem Hause muß klar sein, daß dies ein letztmaliger Vorgang ist und man nicht etwa Steuern senken und die Ausgaben weiter erhöhen kann, ohne daß diese Ausgaben, die ja regelmäßig Dauerausgaben sind, diesen jetzigen Voranschlag über den Haufen werfen und das Zustandekommen des Ausgleichs der Haushalte in diesem Jahr und in den folgenden Jahren völlig verhindern.
Ich treffe diese Feststellung mit einem sehr ernsten Unterton und erkläre Ihnen, daß ich jederzeit dafür eintreten werde, daß die Bundesregierung von der Möglichkeit des Art. 113 des Grundgesetzes trotz des Wahljahrs Gebrauch macht, wenn neue Ausgabengesetze oder Bewilligungen die von uns in sieben Jahren erfolgreich verteidigte Stabilität gefährden.
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Wir haben uns alle dazu bekannt, daß unser Staat ein Rechtsstaat und ein Sozialstaat ist. Das letzte bringt es mit sich, daß wir auch ein Steuerstaat sind. In dieser Dreiheit steckt aber auch, daß wir ein Staat der stabilen Wirtschaft und Finanzen bleiben müssen, wenn Recht und Sozialpolitik weiterhin zum Zuge kommen sollen.
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Über die Maßnahmen zum Ausgleich des Voranschlags 1957, die die Bundesregierung getroffen hat und die ich vorhin kurz skizziert habe, ist von der Opposition gesagt worden, daß sie den Zweck verfolgten, sich durch zusätzlich neue Dauerausgaben beim Bundeswähler 1957 beliebt zu machen.
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Sie überlasse dem 3. Bundestag die Sorge, wie er mit der Finanz- und Steuerpolitik der jetzigen Bundesregierung fertig werden wolle; schließlich, daß die Auflösung unserer Guthaben - gemeint ist wohl die Einstellung eines Betrages aus der Bundesrücklage - wie eine Neuschöpfung von Geld wirke, also die Gefahr der Inflation in sich berge. Ich glaube, daß damit viel Richtiges und Unrichtiges durcheinander geschüttelt ist.
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Erstens. Die neuen Dauerausgaben sind nicht von der Regierung, sondern von diesem Bundestag beschlossen, und zumeist gerade auf Betreiben der Opposition, die viel weitergehende Anträge gestellt hatte.
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Zweitens. Der Haushalt 1957 wird, wenn der Bundestag der Konzeption der Bundesregierung folgt, zu Beginn des 3. Bundestags eine finanziell und wirtschaftlich gesicherte Situation schaffen, in die die jetzige Bundesregierung ohne Furcht eintreten würde.
Drittens. Unsere Maßnahmen zur Abtötung von Ausgaberesten und alten Globalansätzen verhindern gerade die Neuschaffung von Geld, beseitigen also die Gefahr einer Inflation.
Viertens. Der Rückgriff auf die Kassenrücklagen muß und soll durch entsprechende Einfuhren und durch Schuldenrückzahlungen an das Ausland in seinen Auswirkungen auf die Binnenwirtschaft kompensiert werden.
In diesem Zusammenhang noch ein weiteres Wort zu dem sogenannten Juliusturm, der inzwischen vielen geradezu als der Garant unserer wirtschaftlichen Stabilität in den zurückliegenden Monaten erschienen ist, weil er die aus den Überschüssen der Zahlungsbilanz sich ergebende Verflüssigung des Kapitalmarktes in erheblichem Umfang ausgleicht. Ich lächle ein wenig, wenn gesagt wird, daß meine im Juliusturm steckende finanzielle Vorsorgepolitik gescheitert sei. Nehmen Sie alles, was ich Ihnen vorhin als Leistungszahlen vorgetragen habe, zusammen, und es kann schlechthin nicht bestritten werden, daß der Politik dieser Regierung auf allen Gebieten die Stabilerhaltung geglückt ist.
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Wer hatte gesagt, daß es nie zur Inanspruchnahme der Besatzungs- und Stationierungskosten({28})
überhänge kommen würde? Inzwischen haben wir längst unsere letzten Rückstände bezahlt und den noch nicht bewilligten neuen Stationierungskostenbeitrag in Anspruch genommen. Wer hatte für den Fall, daß diese Überhangswolke sich auf die deutsche Volkswirtschaft ergösse, die wirtschaftlichen Folgen am dunkelsten ausgemalt? Alles hat sich in Ruhe abgewickelt. Ich sage Ihnen, daß sich auch der jetzt noch bestehende Juliusturm für die Verteidigung in der vorhin geschilderten Weise ebenso schmerzlos und schadlos durch Zahlungen an das Ausland in Null zurückverwandeln wird, wenn die Großanforderungen an den Haushalt zu realisieren sein werden.
Echte Gefahren drohen uns nur durch die Interessen- und Ausgabenpolitik, die seit dem Frühjahr dieses Jahres eingesetzt hat und für die ich, weiß Gott, keine Verantwortung trage. Aber ich will nicht über diese Probleme hier reden. Wie ich schon vorhin sagte, ist uns auch das Glück zu Hilfe gekommen. Jedenfalls hat sich der sogenannte Juliusturm nicht als ein Schaden erwiesen, und ich hätte es gern vermieden, daß wir praktisch den Haushaltsausgleich 1957 aus diesem Turm, also zu Lasten unserer bereits bestehenden Verpflichtungen vornehmen. Daß daneben noch eine Prozentkürzung läuft, zeigt den Ernst der Gesamtsituation am deutlichsten. Das Parlament muß sich darüber klar sein, daß weitere Ausgaben in automatischer Weise diese Prozentkürzung erhöhen und damit den Haushalt unrealisierbar machen. Es spricht sich so leicht aus, daß man auch 10 % kürzen könne, wo man 5 % kürzt. Aber die Leute an der Ausgabenfront wissen, daß auch die 5 % durch Ausnahmen vielleicht aufgeweicht werden müssen und einer Erhöhung einfach nicht zugänglich sein sollten, wenn man sich »nicht selber in den Finger schneiden will.
Die Abtötung von Ausgaberesten ist ohne Zweifel ein Konsolidierungsfaktor. Die Kaufkraft und Preisentwicklung wird wohltuend durch sie beeinflußt, wie ja überhaupt in diesem Haushalt auch sehr viel beruhigende und dämpfende Faktoren stecken. Ich habe - um dieses Kapitel abzuschließen- nur Zweifel, ob wir uns nicht für 1958 und die folgenden Jahre durch den Stau an Verpflichtungen Schwierigkeiten schaffen, deren Behebung nur auf grundlegend neuen Wegen möglich ist.
Es gibt eben in der Finanz- und Haushaltspolitik keine Wunder. Wer seinen Anteil am erhöhten Sozialprodukt fordert, muß sich fragen, ob er durch etwa maßlose Forderungen diesen Anteil zwar nominell in der geforderten Höhe erhält, aber substantiell entwertet ausbezahlt bekommt.
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Man darf auch nicht glauben, durch weniger Arbeit national und privat zu höherem Wohlstand zu kommen.
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In diesem Jahrhundert hat sich schon mehrfach gezeigt, daß die Zeche einer übertrieben geförderten Entwicklung meist die bezahlen, denen die Förderung der Entwicklung zugute kommen sollte, und daß das Maßhalten immer noch der beste Grundsatz ist.
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Die unmittelbaren Forderungen an den Staat haben sich in der letzten Zeit weiter fühlbar erhöht. Ich scheide hier einmal die reinen Interessenforderungen aus, die mir ein Beweis mangelnder Selbstdisziplin unserer Demokratie zu sein scheinen, und gehe nur auf die sogenannten versorgungsstaatlichen Tendenzen ein. Sie sind in geradezu bedrohlicher Weise gewachsen und in die bisherige Vorstellungswelt gefährlich eingebrochen. Wie oft erleben wir in der täglichen Praxis, daß gar kein Gefühl mehr für die Uberforderung des Staates besteht. Ich möchte nicht mißverstanden werden; meine Ausführungen beziehen sich nicht auf die sogenannte Rentenreform,
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die allerdings in anderer Hinsicht sehr schwerwiegende Fragen aufwirft. Aber es ist natürlich so, daß der Sozialhaushalt 1957 in erster Linie durch die Mehrausgaben für diese Reform geprägt wird. Man muß hier erkennen, daß sie nur ein Teilstück der umfassenderen Sozialreform darstellt. Ich muß im Interesse der Finanzen des Bundes gegenüber der Öffentlichkeit die Erwartung aussprechen, daß die jetzige, aus dem Zusammenhang einer allgemeinen Sozialreform für alle Sozialleistungsempfänger herausgelöste Teilreform, die sich ohne Zweifel präjudizierend auf die übrigen sozialrechtlichen Regelungen auswirkt, keine bedenklichen Folgen für die öffentliche Finanzwirtschaft und die Stabilität der Währung nach sich ziehen wird.
Die sozialen Aufwendungen, soweit sie vom Bund getragen werden, haben in der Wahlperiode, die jetzt schon fast hinter uns liegt, folgende Entwicklung genommen: Rechnungsjahr 1954 7846 Millionen DM, Rechnungsjahr 1955 8106 Millionen DM, Rechnungsjahr 1956 9366 Millionen DM; und im Rechnungsjahr 1957 werden sie 9655 Millionen DM betragen. Das heißt, sie sind um 1,8 Milliarden DM oder rund 24 v. H. gestiegen.
Unter diese Aufwendungen fallen die pauschalierten Aufwendungen für die Kriegsfolgenhilfe, die sich nach den Bestimmungen des Vierten Überleitungsgesetzes um 5 % gegenüber dem Ansatz 1956 gesenkt haben, ferner die Aufwendungen für Umsiedlung und Auswanderung, für die Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenhilfe, betriebliche Altersfürsorge, die Zuschüsse zur Sozialversicherung und die Zuschüsse zum Lastenausgleichsfonds.
An Zuschüssen zur Sozialversicherung sind für 1957 4676 Millionen DM eingesetzt worden. Davon entfallen auf erhöhte Bundesaufwendungen nach dem Entwurf des Rentenversicherungsgesetzes für die Invaliden- und Angestelltenversicherung 700 Millionen DM, für die knappschaftliche Rentenversicherung 200 Millionen DM, für Mindestzuschläge zu Renten, die bei der Rentenreform keine oder nur geringe Erhöhungen erfahren, 240 Millionen DM, zusammen 1140 Millionen DM.
Wenn die Mehrleistung auf dem Gebiet der Sozialversicherung in Höhe von 1140 Millionen DM im Haushaltsplan für 1957 gegenüber dem Ansatz für 1956 nicht in voller Höhe in Erscheinung tritt, so liegt dies daran, daß diese Mehrausgaben durch Minderausgaben bei der Arbeitslosenhilfe wegen des Rückgangs der Arbeitslosigkeit und bei der Kriegsopferversorgung infolge des natürlichen Abgangs der Anspruchsberechtigten teilweise aufgewogen werden.
Faßt man die gesamten Sozialleistungen der Bundesrepublik, also neben den Sozialaufwendungen des Bundes auch die aus Beiträgen und Umlagen aufgebrachten Leistungen bei den Rentenversicherungsträgern sowie die sozialen Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, zusammen, so er({33})
gibt sich, daß sich diese im Rechnungsjahr 1957 auf rund 28,7 Milliarden DM belaufen werden, das sind rund 4,3 Milliarden DM mehr als im Rechnungsjahr 1956. Um diesen Betrag wird die Konsumkraft der Rentner im Rechnungsjahr 1957 verstärkt.
Berechnet man den Anteil, den die Sozialleistungen an der gesamten Abgabenbelastung, d. h. an dem für 1957 erwarteten Aufkommen an Steuern des Bundes, der Länder und Gemeinden sowie den Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Lastenausgleichsabgaben haben, so ergibt sich folgende Entwicklung. Im Rechnungsjahr 1949 stellen die Sozialleistungen 38,8 v. H. der Abgabenbelastung dar, im Rechnungsjahr 1952 37,4 v. H., im Rechnungsjahr 1956 39,2 v. H. und im Rechnungsjahr 1957 44,6 v. H. Bedenkt man, daß, wie gesagt, bisher nur ein Teilstück der Sozialreform verwirklicht worden ist und demgemäß weitere Sozialreformgesetze folgen werden, so dürfte die Prognose zutreffend sein, daß im Zuge der Durchführung der Sozialreform die Sozialleistungen rund 50 v. H. der gesamten Abgabenbelastung im Bundesgebiet erreichen werden. Ich möchte dies hier als ein beachtliches und nachdenklich stimmendes Faktum feststellen. Die in Art. 20 des Grundgesetzes verankerte soziale Verpflichtung der Bundesrepublik findet in diesen Zahlen jedenfalls einen beredten Ausdruck.
Schon vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle auf die besondere Aufgabe hingewiesen, die dem Bund und insbesondere dem Ausgleichsfonds durch die Notwendigkeit der Eingliederung von vielen Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen gestellt ist. Diese Aufgabe ist auch heute bei weitem noch nicht gelöst. Aber wir dürfen mit Freude feststellen, daß, wie in all den vergangenen Jahren, auch im Jahre 1956 beträchtliche Fortschritte erzielt werden konnten. Die Leistungen aus dem Ausgleichsfonds haben außerdem dazu beigetragen, einen weiteren Teil der Wunden zu beseitigen, die der Bombenkrieg der deutschen Wirtschaft und vor allem der deutschen Wohnungswirtschaft geschlagen hat.
Im Jahre 1956 hat sich wieder ein Wirtschafts- und Finanzplan des Ausgleichsfonds ermöglichen lassen, der Leistungen an die Geschädigten von mehr als vier Milliarden DM vorsieht. Wir wissen alle, wie bescheiden die Leistungen des Ausgleichsfonds für den einzelnen Geschädigten in der Regel sind, wenn man sie an dem Gewicht der persönlichen Verluste und an der Schwere der menschlichen Schicksale mißt. Auf der anderen Seite darf die Leistung nicht verkleinert werden, die die deutsche Wirtschaft und die deutschen Steuerzahler in den letzten Jahren erbracht haben, indem sie Leistungen an die Geschädigten ermöglicht haben, deren Gesamtsumme 21 Milliarden DM bereits überstiegen hat.
Die Durchführung der Wirtschafts- und Finanzpläne des Ausgleichsfonds war in den letzten Jahren mehrfach deswegen gefährdet, weil die in den Plänen veranschlagten Einnahmen aus Anleihen wegen der bekannten Schwierigkeiten auf dem Kapitalmarkt nicht verfügbar gemacht werden konnten. Diese Schwierigkeiten konnten aber stets doch überwunden werden. Dazu trugen einerseits überplanmäßige Einnahmen bei, die der Ausgleichsfonds vor allem aus der Ablösung von Lastenausgleichsabgaben erzielte. Außerdem hat der Bundesfinanzminister mit Zustimmung des
Haushaltsausschusses dieses Hauses überbrükkungsweise Kassenhilfe gewährt, um Stockungen der Auszahlungen beim Ausgleichsfonds zu verhindern. Es handelt sich um einen Betrag von derzeit 300 Millionen DM. Die Frage der Vorfinanzierung von Leistungen des Ausgleichsfonds wird die Bundesregierung auch im Rechnungsjahr 1957 vor schwierige Aufgaben stellen.
Ein gleiches gilt von dem zweiten großen und ewigen Posten unseres Haushalts, den ich mit aller Absicht gleich nach dem Sozialhaushalt behandele, dem Verteidigungshaushalt. Seine „Vorfinanzierungsfragen", nämlich die Vorwegbewilligungen und Bindungsermächtigungen, haben den Bundestag schon ausführlich beschäftigt, so daß ich heute nur noch einmal die Gesamtsumme der bisherigen Haushaltsmittel und Bindungsermächtigungen von rund 19 Milliarden DM zu nennen brauche. Die hier entstehenden Verpflichtungen verteilen sich selbstverständlich auf mehrere Jahre. Als Haushaltsansatz erscheinen wiederum die schon bekannten 9 Milliarden DM. Eingehende Beratungen mit dem Verteidigungsministerium haben ergeben, daß mit diesem Betrag für 1957 gerechnet werden muß. Welche besonderen Probleme diesmal mit dem Verteidigungshaushalt verbunden waren, kann ich unmöglich in diesem Zusammenhang darstellen; die Unterbringungs- und Bewaffnungsfragen, das Problem der Umrüstung, des Wirksamwerdens der Wehrpflicht, des technischen Charakters unserer Bundeswehr usw., haben die Öffentlichkeit so stark beschäftigt, daß ich von näheren Darlegungen absehen kann.
Auf eine formelle Sache, die aber nicht weniger wichtig ist, möchte ich mit besonderem Nachdruck( aufmerksam machen. In der äußeren Gestaltung des Verteidigungshaushalts ist es gelungen, den entscheidenden Schritt nach vorn zu erzielen. Bisher war im Einzelplan für das Bundesverteidigungsministerium lediglich ein Gesamtbetrag ausgebracht, über den erst nach Vorwegbewilligungen oder Nachträgen endgültig verfügt werden konnte. Dieses Verfahren hat nicht nur sehr viel Arbeit verursacht, sondern, soweit es die Vorwegbewilligungen angeht, auch eine grundsätzlich unerwünschte Abweichung von den übrigen Bewilligungsverfahren dargestellt. Nunmehr ist in haushaltsrechtlicher Beziehung Klarheit geschaffen, der Einzelplan für den Bundesminister für Verteidigung weicht von den anderen Einzelplänen nicht mehr ab. Der Ihnen jetzt vorliegende Verteidigungshaushalt wird aber bis zu seiner Ausschußberatung noch gewisse Änderungen erfahren; sie ergeben sich täglich zwangsläufig, zum Teil auch aus den Beschlüssen dieses Hauses. So werden durch die Änderung der Personalzahlen der Bundeswehr Umstellungen erforderlich, die erst zur Zeit erarbeitet und im Ausschuß nachgeschoben werden können. Bekanntlich ist nach langer Anlaufzeit nun die Materialbeschaffung groß in Gang gekommen; hier liegt der Schwerpunkt bei der Beschaffung von Kampffahrzeugen, Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Schiffen und sonstigen Ausstattungen. Hohe Haushaltsposten stellen aber auch die Ausgaben für Flugplätze, Truppenübungsplätze, Häfen usw. dar. Die in der ganzen Welt angestellten Überlegungen, wie die Bewaffnung und Ausrüstung der Streitkräfte der modernen technischen Entwicklung, insbesondere auf dem Atomgebiet, angepaßt werden soll, spielen natürlich auch in
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unseren Verteidigungsplan hinein. Die Konsequenzen werden aber, und das ist für meinen Bereich das Wichtigste, mit Sicherheit gegenüber den bisherigen Konzeptionen keine finanzielle Entlastung des Bundeshaushalts bringen.
Ich möchte Ihnen nun den Vorschlag machen, sich von mir durch die wichtigsten Abschnitte unseres neuen Haushalts führen zu lassen. Bei den einzelnen Ausgabebereichen kann ich Ihnen viel besser die finanzpolitischen Grundsätze des neuen Voranschlags darstellen, als wenn ich dies abstrakt und nur an Hand von Zahlen tun würde.
Ich darf mit dem Wohnungsbau beginnen, der nach dem Beispiel der Bundesrepublik nun allmählich auch in anderen Staaten zu einem immer maßgebenderen Teil der Sozialpolitik wird. In der Tat ist die Seßhaftmachung der wohnungslosen Menschheit ein Beitrag für den Bestand unseres Staatswesens überhaupt.
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Auch der Finanzminister hat es deshalb bedauert, daß durch die Verhältnisse unseres Kapitalmarkts gewisse Störungen aufgetreten sind. Unsere Haushaltszahlen beweisen aber, daß die Bundesleistungen sich im neuen Jahr ganz wesentlich erhöhen. Die Aufwendungen des Bundes auf dem Gebiete des Wohnungsbaues belaufen sich 1957 nämlich auf fast 1500 Millionen DM, das sind rund 330 Millionen DM mehr als im laufenden Rechnungsjahr. Hierdurch kommt wohl in einer sehr deutlichen Form zum Ausdruck, daß die Bundesregierung die Beseitigung der Wohnungsnot als eine soziale Aufgabe ersten Ranges betrachtet.
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In Vollzug des Zweiten Wohnungsbaugesetzes werden für den sozialen Wohnungsbau 700 Millionen DM und für Wohnungsbauprämien 100 Millionen DM bereitgestellt, das sind allein 240 Millionen DM mehr als im laufenden Rechnungsjahr. Die Mittel des Bundes zur Finanzierung des Wohnungsbaues zugunsten von Flüchtlingen aus der sowjetisch besetzten Zone und dem sowjetisch besetzten Sektor Berlins sowie der ihnen gleichgestellten Personen sind von rund 196 Millionen DM im laufenden Rechnungsjahr um rund 262 Millionen DM auf über 458 Millionen DM gestiegen.
({37}) Die vorjährigen Mittel werden damit mehr als verdoppelt. In Höhe von 150 Millionen DM sind außerdem im Wege der Bindungsermächtigung Mittel für das Rechnungsjahr 1958 vorgesehen, um eine rechtzeitige Planung der weiterhin erforderlichen Wohnungen zu ermöglichen und dadurch den Lageraufenthalt für diesen Personenkreis zu verkürzen. Darüber hinaus werden zur Durchführung eines einmaligen Sonderwohnungsbauprogramms 30 Millionen DM bereitgestellt, um die wohnliche Unterbringung der Insassen von Wohnbaracken und Wohnlagern zu beschleunigen.
Der Wohnungsbau für Kohlenbergarbeiter soll in dem notwendigen Umfang fortgeführt werden. Die erforderliche Finanzierung aus Kohlenabgaben soll durch eine Änderung des Bergarbeiterwohnungsbaugesetzes sichergestellt werden.
Angesichts der erhöhten Mittelbereitstellung erwartet der Bund, daß auch die Länder ihre Beiträge zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues entsprechend verstärken. Das möchte ich an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang ausdrücklich betonen.
Leider sind Anzeichen vorhanden, die auf eine gegenteilige Entwicklung hindeuten.
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Die Ausgaben für Verkehrszwecke sind in dem neuen Entwurf gegenüber dem laufenden Rechnungsjahr von 1584 Millionen auf 1933 Millionen DM gestiegen. Wenn Sie bei dieser Summe berücksichtigen, daß der Bundesbahn auf Grund ihrer anhaltend schwierigen Finanz- und Kassenlage die Beförderungsteuer von etwa 340 Millionen DM belassen werden muß, so müssen wir an sich also von einem Volumen des Verkehrshaushalts von 2273 Millionen DM ausgehen.
Den größten Anteil an dieser Leistung wird auch im kommenden Rechnungsjahr die Deutsche Bundesbahn erhalten. Um den Wünschen des Bundestages Rechnung zu tragen, ist statt einer Liquiditätshilfe erstmals eine als Zuschuß aufzufassende Finanzierungshilfe von 200 Millionen DM vorgesehen, die sich unmittelbar auf das nächste Jahresabschlußergebnis der Bundesbahn auswirken wird. Die Finanzierungshilfe wird gezahlt, um der Bundesbahn die Belastungen zu erleichtern, die dadurch entstanden sind, daß ihr durch Bundesgesetz bestimmte Versorgungslasten für betriebsfremde Personen auferlegt worden sind. Ich muß aber an dieser Stelle erneut darauf hinweisen, daß dies im Grunde nur das Verhältnis zwischen Bundesbahn und Bund berührt und keineswegs für die Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn entscheidend ist. Diese wäre erst wiederhergestellt, wenn die Bundesbahn auch ohne Zuschußleistung des Bundes Überschüsse abwerfen würde; denn die sogenannten betriebsfremden Lasten, soweit sie anzuerkennen sind, bleiben erheblich hinter einer bescheidenen Verzinsung des Anlagekapitals zurück. Wer von gleichen Startbedingungen aller Verkehrsträger spricht, sollte logischerweise auch den öffentlichen Verkehrsträgern einen gewissen Überschuß zubilligen.
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Darüber hinaus sind wiederum verschiedene Maßnahmen vorgesehen, um der Bundesbahn eine Verbesserung ihrer Anlagen und ihres rollenden Materials gemäß § 4 des Bundesbahngesetzes zu ermöglichen. Dazu gehören die Leistungen auf Grund des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 und ein Bundesdarlehen aus dem außerordentlichen Haushalt über 100 Millionen DM. Daneben ist im Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung vorgesehen, daß der Bund Schatzanweisungen der Bundesbahn in Höhe von 210 Millionen DM übernimmt, um ihr die Durchführung eines Wagenbeschaffungsprogramms zu ermöglichen.
Um die Voraussetzungen zur Bereinigung ihrer Vermögensrechnung zu schaffen, ist im Verkehrshaushalt ferner ein neuer Titel mit der Zweckbestimmung „Deckung der Fehlbeträge der Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn aus den Geschäftsjahren 1952 bis 1956" aufgenommen, der es ermöglichen wird, die vorgetragenen Verluste und den etwaigen neuen Verlust des Geschäftsjahrs 1956 in einer Größenordnung von über 1,5 Milliarden DM durch Verrechnung mit Forderungen des Bundes verschiedenster Art zu bereinigen. Damit dürften die Zusagen, die die Bundesregierung anläßlich der Vorlage des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1956 gegeben hat, voll eingelöst sein. Wenn die Bundesregierung einen Plan
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vorlegt, durch den der Bundesbahn rund 1 Milliarde DM zugeführt wird, so kann wohl nicht ernsthaft davon gesprochen werden, daß sie die Deutsche Bundesbahn vernachlässigt. Wenn mit diesen Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit noch nicht wiederhergestellt werden konnte, so liegt das daran, daß die Ausgaben in den letzten Jahren bis in die jüngste Zeit hinein laufend gestiegen sind, während auf der Einnahmenseite keine entsprechende Anpassung der Entgelte stattgefunden hat. Alle Vorschläge zur Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn, die diese Tatsache nicht berücksichtigen, gehen an diesem Grundproblem vorbei. Es hat daher meines Erachtens auch wenig Sinn, sich mit der Finanzierung eines Zehnjahresinvestitionsprogramms über 26 Milliarden DM zu beschäftigen, solange diese Grundfrage nicht gelöst ist.
Erfreulicherweise brauchen Mittel für Hilfsmaßnahmen zugunsten der deutschen Seeschiffahrt den Bundeshaushalt erstmals nicht mehr zu belasten. Durch die politische Entwicklung haben sich die Einnahmen der Seeschiffahrt äußerst günstig entwickelt. Es kann nur die Hoffnung ausgesprochen werden, daß diese Prosperität zur Konsolidierung und nicht zu einer übermäßigen Expansion ausgenutzt wird.
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Weniger günstig hat sich dagegen die Deutsche Lufthansa entwickelt, die sich gegen einen außerordentlich heftigen Wettbewerb ausländischer Luftverkehrsgesellschaften durchsetzen muß. Der Betriebszuschuß mußte deshalb von 10 auf 20 Millionen DM erhöht werden, ohne daß damit die Finanzierungsprobleme der Deutschen Lufthansa als gelöst betrachtet werden können. Mit Besorgnis muß auch festgestellt werden, daß die Aufwendungen für die Flugsicherung mit 4,9 Millionen DM auf 27,4 Millionen DM gestiegen sind. die Zunahme des Luftverkehrs und die Verbesserung der Sicherungsverfahren werden auch in den kommenden Jahren zu einer Verstärkung dieser Mittel zwingen.
Eine nicht unerhebliche Ausweitung haben auch die Aufwendungen für die Binnen- und Seewasserstraßen erfahren. Als neues Großvorhaben erscheint erstmalig die Moselkanalisierung als eine Begleiterscheinung bei der Rückführung des Saarlandes. Der Bundeshaushalt wird hierdurch in den kommenden Rechnungsjahren mit sehr erheblichen Beträgen belastet werden, was zwangsläufig dazu führen wird, daß der Spielraum für den Ausbau der übrigen Bundeswasserstraßen sich verengen wird.
Bei den in Ausbau befindlichen Wasserstraßen muß durchweg mit ganz erheblichen Kostensteigerungen gerechnet werden, die unweigerlich zu einer Verlängerung der Bauzeit zwingen werden. Ob es beim Dortmund-Ems-Kanal gelingen wird, die Bauzeit einzuhalten, wird von der Entwicklung des Geld- und Kapitalmarktes abhängen. Die haushaltsmäßigen Voraussetzungen sind jedenfalls in dem vorgelegten Plan hierfür getroffen. Noch keine Mittel sind für die Austiefung der Einfahrt nach Wilhelmshaven vorgesehen. Nachdem die beteiligten Ölgesellschaften sich zu dem Bau der Ölleitung von Wilhelmshaven nach dem Ruhrgebiet entschlossen haben, muß mit einer zusätzlichen Belastung des Bundeshaushalts in einer noch nicht zu übersehenden Höhe gerechnet werden. Ich benutze diese Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß deshalb kein Anlaß zu der Besorgnis besteht, daß der Bund aus diesem Grunde die bestehenden Seewasserstraßen benachteiligen wird. Für Austiefungsarbeiten an den Seewasserstraßen der Ems, der Weser und der Elbe sind im Haushaltsplan ebenfalls namhafte Beträge, die zum Teil über denen des laufenden Jahres liegen, vorgesehen. Neue Wasserstraßenprojekte haben allerdings keine Aussicht auf Verwirklichung.
Der zweite große Schwerpunkt des Verkehrshaushalts liegt auch in diesem Jahr wiederum beim Straßenbau. Im ordentlichen Haushalt sind unter Berücksichtigung eines Überhangs aus dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 hierfür 765 Millionen DM gegenüber 694 Millionen DM im Vorjahr vorgesehen. Bei Einbeziehung der Kreditfinanzierung über die Öffa stehen somit für Unterhaltung und Ausbau der Bundesfernstraßen im ordentlichen Haushalt rund 915 Millionen DM zur Verfügung. Damit ist eine stetige Fortsetzung des im laufenden Rechnungsjahr in Angriff genommenen Straßenbaus gesichert.
Um den Übergang zu einem umfassenderen Straßenbauprogramm, das sich zur Zeit noch in der Erörterung befindet, anzubahnen, hat die Bundesregierung sich entschlossen, im außerordentlichen Haushalt weitere Straßenbauausgaben über 285 Millionen DM vorzusehen, die aus Sonderanleihen für den Straßenbau gedeckt werden sollen. Dadurch wird zugleich im Rahmen des Möglichen den Anträgen der Fraktionen dieses Hohen Hauses Rechnung getragen, die auf verschiedenen Wegen eine Verstärkung des Straßenbaus verwirklichen wollen.
Ein langfristiges Straßenbauprogramm wird zur Zeit von der Bundesregierung behandelt. Es wird aber frühestens im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1958 seinen Niederschlag finden können. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung für das Rechnungsjahr 1957 vorschlägt, gehen im übrigen bis an die Grenze dessen, was verwaltungsmäßig durchführbar erscheint. Die Bereitstellung höherer Mittel würde die Gefahr einer Fehlleitung von Haushaltsmitteln und einer Unwirtschaftlichkeit in der Bauausführung in sich bergen. Es wird in diesem Zusammenhang allzu oft übersehen, daß der Straßenbau einer ebenso sorgfältigen Planung, Auftragsvergabe, Bauüberwachung und Bauabrechnung wie bei Hochbauten bedarf. Es muß daher dringend vor allen Vorschlägen gewarnt werden, die die Ausgaben allein von der Einnahmenseite her bestimmen wollen und die vorstehenden Grenzen außer acht lassen. Solange nicht andere große Ausgaben in Fortfall kommen, kann im übrigen ein umfassender Straßenausbau nur durch die Schaffung zusätzlicher Einnahmen finanziert werden. Der vorliegende Entwurf dürfte der beste Beweis dafür sein, daß der Bund an den finanziellen Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist und in künftigen Haushalten neue Aufgaben nur dann verwirklicht werden können, wenn bisher vorgesehene andere Ausgaben entsprechend zurückgeschraubt werden.
Ich komme nun zum Agrarhaushalt. Trotz der Schwierigkeiten des Haushaltsausgleichs hat der Landwirtschaftsetat sein seit Jahren andauerndes erhebliches Ansteigen fortgesetzt. Die Zahlen verdienen in Erinnerung gebracht zu werden. Unsere Ausgaben für die Landwirtschaft betrugen:
1954 567 Millionen DM
1955 671 Millionen DM
1956 ohne Grünen Bericht 857 Millionen DM
1956 mit Grünem Bericht 1 473 Millionen DM
1957 1 544 Millionen DM
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Der Landwirtschaftshaushalt ist nunmehr dem Volumen nach von den vergleichbaren RessortHaushaltsplänen nach dem Verkehrshaushalt der größte. Die Steigerung seit 1954 beträgt allein 172 v. H. Davon entfällt der Hauptanteil mit 615,5 Millionen DM auf den Grünen Bericht 1956. Hierdurch ist der 1955 er Ausgabenbetrag fast verdoppelt worden.
Einige Bemerkungen über die Behandlung des Grünen Berichts im jetzt vorliegenden Entwurf darf ich anschließen. Hier stellt sich nämlich eine schwierige Aufgabe, da sich einerseits der Grüne Plan 1956 naturgemäß noch im Anlaufstadium befindet, abschließende Bedarfszahlen also noch nicht vorliegen, andererseits der Grüne Bericht 1957, der dem Bundestag nach dem Landwirtschaftsgesetz erst zum 15. Februar 1957 vorzulegen ist, in seinen haushaltsmäßigen Folgerungen bei den einzelnen Maßnahmen zu anderen Ergebnissen führen kann. In den jetzigen Entwurf ist daher der Vorjahresbetrag mit 615,5 Millionen DM in einer Summe als Globalbetrag eingesetzt worden. Die endgültige Höhe des Ansatzes und seine Deckung sollen nach den Erläuterungen einer späteren Beschlußfassung der Bundesregierung über den Grünen Bericht 1957 und der Entscheidung des Bundestages vorbehalten bleiben. Im Zusammenhang damit ist dann auch die Verteilung auf die einzelnen Titel vorzunehmen. Ich möchte mit besonderem Nachdruck auf die Worte „und seine Deckung" hinweisen. Angesichts der außerordentlichen Schwierigkeiten des Haushaltsausgleichs 1957 bedeutet schon die Ansetzung des gleichen Betrages wie im Vorjahre eine besondere Leistung, und es ist unschwer zu erkennen, daß etwaige Wünsche, die nicht nur auf eine anderweitige Aufteilung, sondern auf eine Erhöhung der Gesamtsumme ausgehen würden, den Haushalt vor nicht überbrückbare Schwierigkeiten stellen würden.
Die 615,5 Millionen DM stellen nur einen Teil der Bundesleistungen aus dem Grünen Bericht 1956 dar. Die im Grünen Plan 1956 über diese 615,5 Millionen DM hinaus vorgesehenen 190 Millionen DM durch Wegfall der Umsatzsteuer für landwirtschaftliche Erzeugnisse wirken naturgemäß im Haushalt 1957 automatisch fort, während die weiteren 50 Millionen DM für Landarbeiterwohnungen und 35,5 Millionen DM für Dieselkraftstoff bereits im jetzigen Entwurf des Haushaltsplans 1957 enthalten sind. Insgesamt ergibt dies einen Betrag von 891 Millionen DM allein für den Grünen Plan 1957.
Weiter ist daran zu erinnern, daß als Vorleistung auf den Grünen Plan 1956 bereits mit Wirkung ab 1. Februar 1956 die Umsatzsteuer bezüglich der Milch in der Be- und Verarbeitungsstufe mit einem Jahresbetrag von rund 95 Millionen DM mit dem Ziel der Verbesserung des Milchgeldes in Fortfall gebracht worden ist.
Von großer Bedeutung ist ferner, daß sich dieser Betrag um rund 227 Millionen DM für die rückwirkende Düngemittelverbilligung des Wirtschaftsjahrs 1955 erhöht, für den bisher trotz aller Bemühungen noch keine haushaltsmäßige Deckung gefunden wurde, so daß der ungewöhnliche Weg einer Zwischenfinanzierung aus Kassenmitteln gewählt werden mußte, die aber naturgemäß nur kurzfristig sein kann und daher dringend auf Konsolidierung aus dem Haushalt wartet.
Bei den Haushaltsleistungen des Bundes für den Grünen Plan sollte nicht übersehen werden, daß sie eine Größenordnung erreicht haben, die nach dem Landwirtschaftsgesetz nicht ohne weiteres zu erwarten war. Wie sich schon aus dem Aufbau des Landwirtschaftsgesetzes ergibt, sind Haushaltsmittel des Bundes dort zuletzt angesprochen, während sie tatsächlich bisher weitaus im Vordergrund gestanden haben. Hinzu kommt, daß § 6 des Landwirtschaftsgesetzes, welcher die Bundeshaushaltsmittel anspricht, nach Fassung und Motiven deren Subsidiarität gegenüber den Ländermitteln zum Ausdruck bringt, eine Zielsetzung, die in gewisser Weise auch in den Vorbemerkungen und Erläuterungen des Haushalts 1956 zum Ausdruck kommt. Tatsächlich aber darf festgestellt werden, daß der Bund im Hinblick auf die Grundsätze der föderalistischen Finanzverfassung mit seiner Beteiligung an der Aufbringung der Mittel sehr weit gegangen ist. Ein Überblick über die Höhe der von den Ländern zur Verfügung gestellten Mittel liegt mir leider bisher noch nicht vor.
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Angesichts aller dieser Umstände sind die Erwartungen und Forderungen nicht ohne schwere Sorge zu sehen, die in parlamentarischen und Agrarkreisen auf erhöhte Bundesleistungen für den Grünen Plan 1957 vorhanden sind. Verkaufserlöse, die als unbefriedigend angesehen werden, auf dem Umweg über Subventionen aufzustocken, ist ein sehr, sehr bedenkliches Unternehmen.
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Ich nenne nun mit Absicht auch den Haupteinnahmeposten des Agrarhaushalts, nämlich die 410 Millionen DM aus der Abschöpfung von Preisunterschieden bei der Einfuhr von Lebensmitteln. Dieser hohe Betrag wurde zwar gewissenhaft unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Einfuhren und der Erfahrungen der Vorjahre geschätzt. Es ist aber nicht zu verkennen, daß es sich hier um eine ihrer Natur nach in jeder Hinsicht risikoreiche Einnahmequelle handelt, die abhängig von den einzuführenden Mengen und der Entwicklung der Weltmarktpreise und der Frachtraten ist. Gerade die jetzige außenpolitische Situation, insbesondere die Verlängerung der Schiffswege durch die Suezkanalkrise stellen dies als e i n mögliches Beispiel deutlich unter Beweis. Die Wiedereinsetzung nicht nur des bereits hohen Vorjahrsbetrages von 400 Millionen DM, sondern dessen weitere Erhöhung um 10 Millionen DM steht nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Herbeiführung des Haushaltsausgleichs um jeden Preis.
Nach wie vor und seit vielen Jahren sind diese Abschöpfungsbeträge, dieses Goldklümpchen, wenn ich sie so nennen darf, das sehnsüchtig erstrebte Ziel von Wünschen, die sich mit zusätzlichen Forderungen an den Ernährungshaushalt tragen und hier eine Deckungsquelle zu finden glauben. Die Zahl dieser Wünsche ist kaum noch übersehbar; ich nenne beispielsweise Forderungen auf Verwendung zur allgemeinen Förderung der Landwirtschaft, insbesondere der Agrarstruktur, der Ausfuhrförderung, ferner zur Finanzierung der in- zwischen in den Haushalt eingegangenen Ausgleichsbeträge zur Förderung der Eierwirtschaft, zur Finanzierung der Schulmilchspeisungen, zur Verwendung zugunsten der Futtermittelindustrie, zur Verbesserung des Mehlpreises, zur Vermeidung von Brotpreiserhöhungen, zur Senkung der Verbraucherpreise für Lebensmittel im allgemeinen und in letzter Zeit die vorhin bereits erwähnten
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Forderungen der Erlösverbesserungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse durch Subventionen mit dem Ziel der Vermeidung einer Erhöhung der Verbraucherpreise.
In grundsätzlicher wie praktischer Hinsicht sind alle derartigen Gedankengänge indiskutabel: Sie widersprechen dem Haushaltsrecht, nach dem alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben dienen. Wo sollte ein Finanzminister hinkommen, dem aus seiner für den Haushaltsausgleich benötigten Dekkungsmasse nach Belieben mehr oder minder große Teile für Sonderwünsche herausgebrochen werden könnten? Die Abschöpfungen stellen ihrem Wesen nach einen der landwirtschaftlichen Marktordnung angepaßten Ersatz für Einfuhrzölle dar und können so wenig wie diese für bestimmte Maßnahmen als Deckungsmittel gebunden werden.
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Da die Abschöpfungen allgemeine Deckungsmittel sind, sind sie tatsächlich haushaltsmäßig bereits verzehrt. Ihre Abzweigung für bestimmte zusätzliche Zwecke würde daher eine Deckungslücke verursachen, die in irgendeiner Form wieder geschlossen werden müßte. Praktisch bedeutet dies, daß Deckung für die zusätzlichen Forderungen fehlt und beschafft werden muß.
Infolge des den Abschöpfungen anhaftenden starken Risikocharakters sind sie als Deckungsmittel für Maßnahmen, die irgend von Bestand sein sollen, völlig ungeeignet. Was würde die Landwirtschaft sagen, wenn Förderungsmaßnahmen plötzlich erheblich eingeschränkt oder beseitigt würden, weil die Deckungsquelle versiegt?
Die Abschöpfungen und diejenigen Subventionen, die sich aus der Einfuhrschleuse ergeben, sind Geschwister. An Subventionen sind aus Mitteln des Bundeshaushalts früher bei anderer Lage der Weltmarktpreise über 2 Milliarden DM gezahlt worden. Es ist doch wohl selbstverständlich, daß für den Bundeshaushalt nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden Folgen aus dem Ausgleich der Weltmarkt- und Inlandpreise gezogen werden. Nicht übersehen sollte man auch, daß der Gegenwert der Abschöpfungsbeträge von den Verbrauchern in der Bundesrepublik aufgebracht wird.
Ich hielt es für notwendig, auf diese Zusammenhänge nochmals hinzuweisen, um irrigen Vorstellungen über mögliche Deckungsquellen für etwa zusätzliche Forderungen vorzubeugen. Aus meinen Ausführungen ergibt sich aber zugleich, daß Vorstellungen unrichtig sind, die mit einem Unterton des Vorwurfs darauf hinweisen, daß sich der Landwirtschaftshaushalt zu einem erheblichen Teil selbst finanziert. Die Abschöpfungen sind zwar im Einzelplan des Ernährungsministers veranschlagt - wobei rein äußerlich zweifelhaft sein könnte, ob sie dorthin oder in den Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung gehören -, aber sie gehören materiell zu den allgemeinen Deckungsmitteln, die den gesamten Haushalt tragen.
Die wesentlichsten Ausgabenveränderungen des Agrarhaushalts kann ich nur kurz streifen. Die ländliche Siedlung stellt nächst der Düngemittelverbilligung und der Vorratshaltung den zur Zeit weitaus größten Posten im Landwirtschaftshaushalt dar. Der Ansatz für 1957 beträgt 160 Millionen DM. In Verbindung mit einer Bindungsermächtigung in Höhe von 70 Millionen DM für 1957 wird etwa das für 1956 verfügbare Niveau an
Bundeshaushaltsmitteln gehalten. Die Bundesregierung steht mit diesem hohen Betrag zu ihrer grundsätzlichen Auffassung, daß es sich bei der ländlichen Siedlung um eine bedeutende soziale, politische Aufgabe handelt. Die Intensivierung der Bundesleistungen aus Haushaltsmitteln ergibt sich am besten aus der Gegenüberstellung der Aufwendungen für die Jahre 1949 bis 1952 mit rund 40 Millionen DM und für die Jahre 1953 bis einschließlich 1957 mit rund 621,2 Millionen DM.
Neben diesen Bundeshaushaltsmitteln von 661,2 Millionen DM stehen die Mittel der Soforthilfe und des Lastenausgleichs einschließlich Darlehen an die Länder mit 1328,9 Millionen DM, ferner die Mittel für das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Bundesregierung 1950 mit 37,8 Millionen DM und die ERP-Mittel mit 45,1 Millionen DM, so daß sich von 1949 bis 1957 eine Gesamtleistung von 2073 Millionen DM ergibt.
Mit den Bundesmitteln sind unter Hinzurechnung der Ländermittel bis zum 31. Dezember 1955 70 739 aus der Landwirtschaft stammende Heimatvertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, unter Einrechnung der Familienangehörigen 352 265 Heimatvertriebene und Flüchtlinge wieder auf dem Lande seßhaft gemacht worden.
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Für einheimische Siedler dürften rund 23 000 Siedlerstellen geschaffen worden sein. Dies sind, wenn auch noch weitere große Aufgaben bevorstehen, wie ich meine, Leistungen, die nicht unterschätzt werden sollten.
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Die Kosten der Vorratshaltung, ein wegen sowohl seiner Höhe als auch seines viel umstrittenen Einsatzes im Marktgeschehen ständiges Sorgenkind, haben mit der abermaligen Steigerung um 23,5 Millionen DM den Betrag von rund 205,7 Millionen DM erreicht. 1950 waren es noch 96,5 Millionen DM. Hier spielen so grundsätzliche Fragen der Agrar- und Ernährungspolitik und eine so große Zahl von Einzelproblemen hinein, daß es unmöglich ist, zu diesem Thema an dieser Stelle etwas zu sagen. Ich begnüge mich mit dem Hinweis, daß bei den hohen mit der Vorratshaltung verbundenen Finanzierungskosten der Warenbeschaffung die verschiedentlichen Diskonterhöhungen seit der Veranschlagung im Haushalt 1956 ausschlaggebend die jetzige Erhöhung verursacht haben.
Die Subventionen zur Verbilligung des Dieselkraftstoffs in der Landwirtschaft haben mit der jetzt veranschlagten zusätzlichen Betriebsbeihilfe zum Ausgleich der Belastung aus Zöllen und Umsatzausgleichsteuer aus dem Grünen Plan 1956 die beachtliche Höhe von rund 129,4 Millionen DM im Haushalt 1957 erlangt. Sie betrugen 1953 noch 20 Millionen DM. Die Steigerung ist im wesentlichen eine Folge des im Zeichen der Technisierung der Landwirtschaft ständig und rapid zunehmenden Anwachsens insbesondere der Schlepperzahl, die für den jetzigen Haushaltsansatz mit 520 000 Stück zugrunde gelegt ist.
Einen für den Bundesfinanzminister besonders sorgenvollen Posten stellen die Zinsverbilligungskosten dar. Allein für vordringliche Maßnahmen der Agrar- und der Ernährungswirtschaft sind nun mit der Erhöhung' gegenüber 1956 um rund 11,5 Millionen DM rund 42,85 Millionen DM in 1957
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veranschlagt. Vom Jahre 1954 ab, in dem diese Subventionen zum ersten Male auftraten, sind bisher einschließlich 1957 insgesamt rund 130,6 Millionen DM veranschlagt, die in Höhe von 70,3 Millionen DM erste und in Höhe von 60,3 Millionen DM Fortsetzungsraten umfassen. Legt man, berechnet von dem Betrag für erste Raten, eine durchschnittlich nur achtjährige Laufzeit der verbilligten Kredite zugrunde, so ergibt sich selbst unter Berücksichtigung der Minderung aus fortlaufenden Kredittilgungen eine Haushaltsbelastung für diese Kreditlaufzeit von schätzungsweise 380 Millionen DM. - Mit den bis zum 30. 9. 1956 zugesagten Mitteln von 36,4 Millionen DM wurde ein Kreditvolumen von 1165 Millionen DM verbilligt. Demzufolge können mit den bisher für erste Raten veranschlagten 70,3 Millionen DM bei grobem Überschlag etwa 2250 Millionen DM Kredite verbilligt werden. Nimmt man noch die weiter aus dem Grünen Plan 1956 verfügbaren 40 Millionen DM zur Konsoldierung kurzfristiger drückender Verbindlichkeiten hinzu, so ergibt dies ein weiteres verbilligtes Kreditvolumen von rund 1400 Millionen DM. Insgesamt können daher der Landwirtschaft mit Hilfe der bisher veranschlagten Zinsverbilligungsmittel rund 3650 Millionen DM verbilligte Kredite zur Verfügung gestellt werden. Diese Zahlen bedürfen keines Kommentars. Ich empfehle sie denen zur Überlegung, die glauben, eine noch weitere Aufstockung der Zinsverbilligungsmittel fordern zu sollen.
In diesem Zusammenhang ist wissenswert, daß ich mich bereit erklärt habe, einen Kassenkredit von 200 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um zu einem beträchtlichen Teil die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich aus der Verknappung des Kapitalmarktes auch auf dem Agrarsektor ergeben haben, eine Maßnahme, zu der der Haushaltsausschuß des Bundestages, die Bank deutscher Länder und die angesprochenen Finanzierungsinstitute inzwischen ihre Zustimmung erteilt haben.
Über die unzureichende staatliche Leistung für die Forschung wird vielfach Klage geführt. Im Bereich des Ernährungsministers mit seinen 15 bundeseigenen Forschungsanstalten, der großen Forschungsanstalt Völkenrode, deren Bedarf der Bund voll trägt, und einer größeren Zahl bezuschußter weiterer Anstalten besteht dazu keine Veranlassung. Gegenüber dem Vorjahr ist wiederum eine Steigerung um rund 3,8 Millionen DM eingetreten. Seit 1953 sind insgesamt rund 124,7 Millionen DM aufgewandt worden. Auch diese Zahl spricht für sich. Im Verfolg einer Forderung des Haushaltsausschusses zur Überprüfung der Forschungsanstalten und Forschungsmittel hat das Ernährungsministerium eine Kommission mit der Aufgabe eingesetzt, einen möglichst hohen Wirkungsgrad der Forschung auch unter Rationalisierungsgesichtspunkten zu erreichen. Mit dem Haushaltsausschuß und sicher auch meinem Kollegen Lübke hoffe ich, daß hierbei insbesondere Möglichkeiten der Rationalisierung, auch mit dem Ziel der Kostenbegrenzung, Berücksichtigung finden.
Im jetzigen Entwurf des Agrarhaushalts, also ohne Berücksichtigung des Grünen Plans, sind als die gewichtigsten Titel zu nennen neben den Mitteln für Vorratshaltung von 205,7, für ländliche Siedlung von 160, für Betriebsbeihilfe für Dieselkraftstoff der Landwirtschaft von 129,4 und für Zinsverbilligung von 42,8 Millionen DM die weiteren Mittel für Preisausgleich für Eier von 45, für Roggenlieferprämie von 34, für Wasserwirtschaft im Binnenland von 33, für Küstenschutz von 33 und für Emsland von 30,4 Millionen DM.
Ich möchte schließlich im Rahmen dieser etwas umfangreichen Behandlung des Agrarhaushalts noch einige Zahlen nennen, die deutlicher als alle Einzeldarlegungen die bedeutenden finanziellen Leistungen des Bundes in den zurückliegenden vier Jahren zeigen. Wir geben in dieser Legislaturperiode aus: für Emsland. Nordprogramm, Küstenschutz, Sanierungs- und Grenzlandprogramme 435,2 Millionen DM, für Siedlung. Flurbereinigung, Aufstockung und Aussiedlung 932,2 Millionen DM. für Wirtschaftswegebau, Wasserversorgung. Elektrifizierung, Landtechnik und landwirtschaftliches Bauwesen 142,1 Millionen DM, für Wirtschaftsberatung, Berufs- und Fachausbildung 52,1 Millionen DM, für Vorratshaltun.a 925.5 Millionen DM, für Roggenlieferprämie 118.5 Millionen DM, für Subventionierung des Dieselkraftstoffes für die Landwirtschaft und Fischerei 308,3. Millionen DM, für Forschung im Landwirtschaftsbereich 124.7 Millionen DM, für Zinsverbilligung 170,6 Millionen DM.
Eine bedeutende Verstärkung haben diese Beträge durch die im gleichen Zeitraum von 1953 bis 1957 zur Verfügung gestellten ERP-Mittel mit insgesamt 326.8 Millionen DM erhalten. wobei es sich weitaus überwiegend um zins- und tilgungsgünstige Darlehen für verschiedene Zwecke, insbesondere Wasserwirtschaft und -versorgung landwirtschaftliche Bauten, Modernisierung und Rationalisierung, Elektrifizierung, Wirtschaftswegebau, Wirtschaftsberatung, handelt.
Ein anderes sorgenvolles Thema ist die Wiedergutmachung. Auf diesem Gebiet werden die gesetzgeberischen Arbeiten entsprechend dem Programm der Bundesregierung bis zum Ablauf der zweiten Wahlperiode im wesentlichen zum Abschluß gebracht werden. Bereits Ende des vorigen Jahres ist das Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nation alsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes neu gefaßt und erheblich erweitert worden. Im Juni dieses Jahres ist nunmehr durch den Erlaß des neuen Bundesentschädigungsgesetzes auch auf dem Gebiete des alleemeinen Entschädigungsrechts die abschließende gesetzliche Regelung erfolgt. Die zu diesem Gesetz erforderlichen Durchführungsverordnungen sind zum Teil bereits erlassen worden, zum Teil kann mit ihrem Erlaß bis zu Beginn des Jahres 1957 gerechnet werden.
Im Zuge der völligen Neugestaltung und Erweiterung des Bundesentschädigungsgesetzes sind sowohl die Ansprüche der nach bisherigem Recht anspruchsberechtigten Verfolgten erheblich erweitert als auch weitere Gruppen von Verfolgten in die gesetzliche Regelung einbezogen worden. Ich darf dabei insbesondere auf die Begründung der vollen Anspruchsberechtigung für Emigranten aus Mittel-und Ostdeutschland hinweisen.
Durch die Neugestaltung des Bundesentschädigungsgesetzes ist auch der finanzielle Aufwand für die Entschädigungsleistungen nicht unerheblich erweitert worden. Während der finanzielle Aufwand auf Grund dieses Gesetzes in der bisherigen Fassung auf 4 bis 4,5 Milliarden DM geschätzt worden ist, kann damit gerechnet werden, daß der Aufwand für die Entschädigungsleistungen nach dem neuen Gesetz 7,5 bis 8 Milliarden DM betragen wird. Es liegen auch schon höhere Schätzungen vor,
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die ich recht ernst nehme. Von dem Gesamtbetrag sind in der Zeit vom Inkrafttreten des bisherigen Bundesergänzungsgesetzes am 1. Oktober 1953 bis 30. September 1956 von Bund und Ländern über 1,3 Milliarden DM gezahlt worden. Diese Leistungen werden sich bis zum Ende des Haushaltsjahrs 1956 noch um etwa eine halbe Milliarde DM erhöhen.
Für das Haushaltsjahr 1956 waren im Bundeshaushalt für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes rund 450 Millionen DM eingesetzt worden. Hiervon sind in der ersten Hälfte des Haushaltsjahrs bereits rund 280 Millionen DM zur Auszahlung gelangt, so daß der noch verbleibende Betrag von 170 Millionen DM kaum zur Erfüllung der Erstattungsanforderungen der Länder, die das Gesetz bekanntlich als eigene Angelegenheit ausführen und vom Bund grundsätzlich 50 v. H. ihrer Leistungen erstattet erhalten, für das restliche Haushaltsjahr ausreichen wird.
Für das Haushaltsjahr 1957 sind für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes 600 Millionen DM in Ansatz gebracht worden. Sie ersehen schon aus der Erhöhung des Betrages von 450 Millionen DM im Vorjahr auf 600 Millionen DM im kommenden Haushaltsjahr, daß sich das Gesetz entgegen mancher immer noch auftretenden Kritik in voller Durchführung befindet und daß erhebliche Beträge an die Verfolgten zur Auszahlung gelangen.
Wenn bis zum 1. April 1957 rund 1,8 Milliarden DM gezahlt sein werden, so verbleibt bei einem geschätzten Gesamtaufwand von 7,5 bis 8 Milliarden DM ein insgesamt noch zu leistender Betrag von rund 6 Milliarden DM. Da das Entschädigungsprogramm nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis spätestens 31. März 1963 abgewickelt sein muß, stehen noch sechs Jahre zur Durchführung des Gesetzes zur Verfügung. Es würde also für jedes Jahr für Entschädigungsleistungen ein Aufwand von etwa 1 Milliarde DM erforderlich sein, von dem auf den Bund etwas über 50 °/o entfallen würden. Wenn trotzdem im Haushaltsjahr 1957 an Stelle des ursprünglich vorgesehenen Betrags von 500 Millionen DM ein solcher von 600 Millionen DM eingesetzt ist, so zeigt das deutlich, wie die Zahlungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz im stetigen Anwachsen begriffen sind und bereits den rechnerischen Durchschnittsjahresbetrag erheblich übersteigen.
Auf dem Gebiet des Rückerstattungsrechts wird aller Voraussicht nach zu Beginn des neuen Haushaltsjahrs das Gesetz zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger - kurz „Bundesrückerstattungsgesetz" genannt - verkündet sein. Der Entwurf dieses Gesetzes liegt zur Zeit den zuständigen Ausschüssen des Hohen Hauses zur Beratung vor. Er stellt eine Ergänzung der in der Zeit des Besatzungsregimes von den Militärregierungen erlassenen Rechtsvorschriften zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände dar und regelt die Befriedigung von rückerstattungsrechtlichen Geldansprüchen, die sich gegen das Deutsche Reich und andere Rechtsträger richten, durch die Bundesrepublik. Wie das vorhin erwähnte neu gefaßte Bundesentschädigungsgesetz eine abschließende Regelung auf diesem Teilgebiet der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gebracht hat, soll auch das Bundesrückerstattungsgesetz auf dem Teilgebiet der Rückerstattung den Schlußstein setzen.
Der Entwurf sieht die Erfüllung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger durch die Bundesrepublik bis zu dem bekannten Höchstbetrag von 1,5 Milliarden DM vor, auf den die Bundesrepublik ihre Haftung für Verbindlichkeiten der hier in Rede stehenden Art gemäß den eingegangenen internationalen Verpflichtungen beschränken kann. Nach dem Entwurf sind sämtliche Ansprüche grundsätzlich bis zum Ablauf des Rechnungsjahrs 1962 zu befriedigen, so daß auf das einzelne Rechnungsjahr ein Durchschnittsbetrag von 250 Millionen DM entfällt. Aus den in den Vorjahren im Haushalt für diese Zwecke vorgesehenen Mitteln sind jedoch den Berechtigten bereits Vorleistungen in Höhe von über 100 Millionen DM gewährt worden, die zum großen Teil mit den im Rechnungsjahr 1957 fällig werdenden Ansprüchen verrechnet werden können. Im Rechnungsjahr 1957 sind 150 Millionen DM in Ansatz gebracht; sie dürften im Anlaufsjahr des Gesetzes ausreichen, aber auch erforderlich sein.
Mit diesen Haushaltsansätzen, zu denen noch die vertragsmäßigen Leistungen aus dem Israel-Abkommen treten, bekundet die Bundesregierung erneut ihren Willen, in der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts bis an die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik zu gehen. Ich darf aber darauf hinweisen, daß auch auf diesem Gebiet die Grenze nicht überschritten werden darf. Dies gilt insbesondere für Ausweitungswünsche, die bei den Beratungen des Bundesrückerstattungsgesetzes bereits vorgebracht worden sind oder noch vorgebracht werden sollen und die zwangsläufig auch zu einer Erhöhung des Haushaltsansatzes auf diesem Gebiet führen müßten. Bei der augenblicklichen Haushaltslage wäre ich in diesem Fall gezwungen, für jede Ausweitung eine entsprechende Deckung zu verlangen.
Ich wende mich nun den wirtschaftlichen und wirtschaftsfördernden Seiten unseres Haushalts zu. Ungeachtet der ständig ansteigenden Prosperität unseres wirtschaftlichen Lebens wachsen in erstaunlicher Weise auch die Anforderungen der Wirtschaft an den Haushalt, zum Teil aus den verschiedensten und selten aus einleuchtenden Gesichtspunkten. Die Steuersenkung hat die Leidenschaft, sich auch in den kleinsten Dingen an den Staat zu wenden, nicht abgekühlt. Ich muß deshalb erneut betonen, daß der Staat nur dann Hilfe leisten kann, wenn die Wirtschaft aus eigener Kraft zur Lösung ihrer Probleme außerstande ist. Leider fehlt es an der nötigen Bereitschaft der wirtschaftlichen Selbstverwaltungsverbände, um den Staat von den Aufgaben zu entlasten, die die Selbstverwaltungen schneller, besser und billiger erledigen können.
Die Atomwirtschaft bedarf natürlich der staatlichen Förderung. Die Bundesregierung hat deshalb der Atomforschung und der Nutzung der Atomenergie eine gesteigerte Aufmerksamkeit gewidmet, weil alle damit zusammenhängenden Fragen eine immer größere Bedeutung für unsere Lebensordnung erlangen werden. Neben den politischen sind es vor allem volkswirtschaftliche Erwägungen, die es gebieten, daß in der Bundesrepublik alles getan wird, um den Vorsprung anderer Staaten auf atomarem Gebiet einzuholen. Die Bemühungen der
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Bundesregierung erkennen Sie schon daran, daß der Zuschuß für das Bundesministerium für Atomfragen von 44,4 Millionen DM im vergangenen Jahr auf das Doppelte, nämlich rund 84 Millionen DM, erhöht worden ist. Diese Mittel eröffnen die Möglichkeit, im Rahmen eines deutschen Atomprogramms einen Drei-Stufen-Plan durchzuführen, der jederzeit elastisch und unbürokratisch der in raschem Fluß befindlichen Atomentwicklung in anderen Ländern angepaßt werden kann. Die Dreistufigkeit bedeutet zeitlich gesehen kein Nacheinander, sondern ein Vorgehen in drei Richtungen.
In der ersten Stufe muß zunächst der Rückstand in der Forschung, insbesondere der Mangel an Fachkräften, überwunden werden. Deutsche Wissenschaftler haben in der Vorkriegszeit eine führende Stellung in der Atomforschung innegehabt, die während des Krieges und infolge der Beschränkungen in der wissenschaftlichen Forschung nach dem Zusammenbruch verlorenging. Vor allem fehlt es an modernen, großzügigen Einrichtungen für Forschung und Entwicklung, an eigener praktischer Erfahrung auf diesem Gebiet und an ausgebildeten Atomforschern und Atomtechnikern.
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Daher sind der Ausbau und die Modernisierung der bestehenden wissenschaftlichen Institute, insbesondere der Universitäten, Technischen Hochschulen und Fachschulen, aber auch sonstiger Einrichtungen des Bundes, der Länder und anderer Institutionen notwendig.
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Bund und Länder haben begonnen, ein gemeinsames und aufeinander abgestimmtes Programm aufzustellen. Die Zuschüsse für die Modernisierung und Erweiterung wissenschaftlicher Institute und Einrichtungen sind von 17 Millionen DM im Vorjahr auf nunmehr 35 Millionen DM erhöht worden. Wir dürfen uns aber nicht auf den Ausbau von Instituten beschränken. Um die Probleme der Kernwissenschaft und der Kerntechnik am Reaktor untersuchen zu können, sollen insgesamt fünf Forschungsreaktoren in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München errichtet werden.
Von wesentlicher Bedeutung für die gesamte Entwicklung ist das Problem des Nachwuchses an Ingenieuren. Zwar haben einzelne Länder bereits begonnen, den Umfang der Ingenieurschulen zu erweitern; durch Hilfe beim Ausbau von Unterrichtseinrichtungen und bei der Vergütung nebenamtlicher Lehrkräfte wird der Bund jedoch die Maßnahmen in den Ländern unterstützen. 4,25 Millionen DM stehen für diese Zwecke zur Verfügung. Ebenso müssen bei den Fachschulen die Voraussetzungen für die Ausbildung derjenigen nichtakademischen Physiker, Chemiker, Elektrotechniker, Maschinenbauer und Bauingenieure geschaffen werden, die bei der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung der Kernenergie notwendig sind. Im Haushaltsplan sind deshalb 1,5 Millionen DM für die Ausbildung von Ingenieuren und technischen Hilfskräften ausgeworfen.
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Die zweite Stufe des Atomprogramms wird eingeleitet mit der Errichtung eines Kernreaktors deutscher Konstruktion und Fabrikation in dem Reaktorzentrum Karlsruhe. Träger dieses Forschungszentrums ist die Kernreaktor Bau- und Betriebs-GmbH, die mit einem Stammkapital von 30
Millionen DM gegründet worden ist. Davon haben ' bekanntlich die Bundesrepublik Deutschland einen Anteil von 9 Millionen DM, das Land Baden-Württemberg einen solchen von 6 Millionen DM und die Kernreaktor-Finanzierungs-GmbH, in der die interessierten Industriefirmen zusammengeschlossen sind, einen Anteil von 15 Millionen DM übernommen. Der Karlsruher Reaktor soll mit natürlichem Uran beschickt werden, das aus heimischen Erzen gewonnen wird. Für die Förderung des Abbaus und der Aufbereitung von Uran haben wir 3,5 Millionen DM eingesetzt.
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Als Bremsmittel für die Neutronen soll schweres Wasser verwendet werden, das die deutsche chemische Industrie liefern wird.
In der dritten Stufe ist der Bau von Leistungsreaktoren als Großkraftwerke geplant. Bei dem derzeitigen Energiebedarf der Bundesrepublik, der im Jahre 1954 70 Milliarden kW betrug und nach Sachverständigenschätzungen bis zum Jahre 1970 auf 170 Milliarden kW steigen wird, müssen wir uns rechtzeitig überlegen, wie die immer weiter auseinanderklaffende Energielücke durch Atomenergie geschlossen werden kann. Hierzu ist es notwendig, Reaktoren zu konstruieren, die einen wirtschaftlichen Wettbewerb mit denjenigen Kraftwerken aushalten, die auf konventioneller Basis arbeiten. Schon jetzt ist die Errichtung eines oder mehrer Versuchskraftwerke geplant, an denen die Grundlagen für die Erzeugung von elektrischem Strom aus Atomenergie in halbtechnischem Maßstab untersucht und erarbeitet werden. Auch die Finanzierung dieser Vorhaben wird gemeinsam von der Wirtschaft und der öffentlichen Hand durchgeführt werden. Der Anteil des Bundes an diesen Entwicklungsarbeiten ist von 3.8 Millionen DM auf 7,5 Millionen DM erhöht worden.
Die bei atomtechnischen Anlagen und bei Umgang mit radioaktiven Stoffen auftretenden Strahlungen bringen eine gewisse Gefährdung für Lebewesen und manche Arten von Gütern mit sich. Es ist daher notwendig, Vorkehrungen naturwissenschaftlicher, technischer sowie rechtlicher und organisatorischer Art zu treffen, um Schäden soweit wie möglich zu vermeiden. Vor allem sind auf dem Gebiete der Strahlenbiologie und der Diagnostik und Therapie von Strahlenschäden eine Reihe von Forschungsarbeiten durchzuführen. Unter anderem handelt es sich dabei um die genetischen Toleranzwerte gegenüber Strahlenbelastungen. Biologische Meßmethoden zu Feststellungen von Strahleninsulten und biologische Strahlenschutzstoffe sind zu entwickeln.
Mehrfach sind in letzter Zeit Meldungen durch die Presse gegangen, die von einer zunehmenden Verseuchung der Luft durch Radioaktivität sprechen. Diesem Problem gilt die ganz besondere Aufmerksamkeit der Bundesregierung. In Fortführung bereits laufender Forschungsarbeiten bei wissenschaftlichen Instituten und bei der Industrie werden Geräte für die Erfassung der Radioaktivität von Luft, Wasser, Boden und Lebensmitteln entwickelt, damit entsprechende Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung getroffen werden können. Für diese Entwicklungsvorhaben sind Zuschüsse in Höhe von 2 Millionen DM veranschlagt.
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Was nun die allgemeine Wirtschaft angeht, dürfen die günstigen Aspekte nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier und dort noch einige Unebenheiten in unserer wirtschaftlichen Entwicklung bestehen geblieben sind, die allmählich zu beseitigen ein besonderer Wunsch der Bundesregierung ist. Ich denke an einzelne Sparten des Mittelstandes, insbesondere an die Klein- und mittleren Betriebe des Handwerks und des Handels. Wir haben in unserem Bemühen, auch diesen nicht so leistungsfähigen Wirtschaftskreisen durch Bereitstellung besonderer Förderungsmittel zu helfen, sie technisch und wirtschaftlich zu entwickeln und damit krisenfester zu machen, nicht nachgelassen. Sie finden daher auch in diesem Haushalt wieder erhebliche Mittel für die Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung in Handwerk und Handel sowie für den Auf- und Ausbau betriebstechnischer und betriebswirtschaftlicher Beratungsstellen, für die Begabtenförderung und für die Unterstützung der praktischen Gewerbeförderung durch Ausbau der Gewerbeförderungsanstalten, bundeswichtiger Fachschulen und ähnlicher Einrichtungen. Ich bitte aber, diese Mittel nicht für sich allein zu betrachten und als das einzige anzusehen, was die Bundesregierung für die Förderung des mittelständischen Gewerbes aufwendet. Sie erhalten ihre volle Bedeutung erst dann, wenn man sich die sonstigen Förderungsmaßnahmen vor Augen führt, insbesondere auch die vom ERP-Sondervermögen hierfür zur Verfügung gestellten Beträge.
Ich darf Ihre Aufmerksamkeit weiter auf die recht ausführlichen Vorbemerkungen zum Haushalt 1957 lenken, in denen Sie unter dem Abschnitt „Maßnahmen zur Förderung des Handwerks" eine Zusammenstellung aller Kreditprogramme finden werden, die bisher für das mittelständische Gewerbe durchgeführt worden sind. Die Zahlen, die dort angeführt sind, geben ein eindrucksvolles Bild über die Bemühungen der Bundesregierung, den Kreditbedarf der mittelständischen Betriebe zu befriedig en. Interessieren wird Sie auch, daß inzwischen das sogenannte Mittelstandsinstitut als Stiftung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen geschaffen worden ist, das die wissenschaftlichen Grundlagen für die Erforschung sämtlicher mit dem Mittelstand zusammenhängenden Probleme erarbeiten soll.
Ein besonderes Sorgenkind waren uns auch gewisse Vertriebenen- und Flüchtlingsbetriebe, insbesondere in den Grenzlandgebieten, die durch Aufnahme kurzfristiger und hochverzinslicher Bankkredite in eine finanzielle Notlage gekommen waren. Sie sollen in einer Umschuldungsaktion durch die Lastenausgleichsbank von den drückenden Zinsverpflichtungen befreit werden, wobei der Bund und die entsprechenden Länder je zur Hälfte einen Zinszuschuß gewähren.
Für die Förderung der Rationalisierung, die bei dem jetzigen Zustand der Vollbeschäftigung von ganz besonderer Bedeutung ist, werden wiederum wie im Vorjahr erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt, die - gleichfalls wie im Vorjahr - durch ganz beträchtliche ERP-Mittel für Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität aufgestockt werden.
Auch der sogenannten klassischen Exportförderung, dem Auf- und Ausbau der Auslandshandelskammern, der Herstellung und dem Versand von
Exportinformationsmaterial ins Ausland sowie der Beteiligung an den Auslandsmessen, haben wir wie im Vorjahr unser Interesse gewidmet. Der wachsenden Bedeutung der Auslandsmessen haben wir dadurch entsprochen, daß die Mittel hierfür um eine Million DM auf 4,5 Millionen DM erhöht worden sind.
In diesem Zusammenhang darf ich noch auf eine weitere Exportförderungsmaßnahme hinweisen. Es handelt sich hier um den Zuschuß zu den Kosten der Vorbereitung, Durchführung und Ausweitung bundeswichtiger geologischer Vorhaben von außenwirtschaftlicher Bedeutung. Die in diesem Jahr verstärkten Mittel sollen insbesondere der Heranbildung von Geologen dienen, die später ins Ausland gehen und dazu beitragen sollen, die wirtschaftlichen Beziehungen zur Bundesrepublik zu vertiefen.
Von allgemeinem Interesse dürfte sein, daß der Zuschuß an die Kurhessische Kupferschieferbergbau GmbH Sontra, die uns so oft in den zuständigen Ausschüssen dieses Hohen Hauses beschäftigt hat, in Fortfall gekommen ist. Die Stillegung dieses unrentablen Betriebs konnte Zug um Zug mit der Ansiedlung neuer Betriebe durchgeführt werden. Diese erfreuliche Maßnahme konnte dadurch erreicht werden, daß der Bund für die Errichtung neuer Industriebetriebe erhebliche Mittel in Form von Krediten dem Land Hessen zur Verfügung gestellt hat.
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Wie im Vorjahr sind auch jetzt wiederum erhebliche Mittel für die Förderung der auf technisch- Zwwirtschaftlicheecke gerichteten Forschung, der sogenannten Industrieforschung, ausgeworfen worden. Weitere, und zwar noch erheblich höhere Mittel, als in den Vorjahren dafür vorgesehen waren, werden Sie in dem ERP-Wirtschaftsplan 1957 finden, von dem wir hoffen, daß er Ihnen so rechtzeitig vorgelegt werden kann, daß es Ihnen möglich sein wird, die dort für die Förderung der Wirtschaft ausgeworfenen Mittel im Zusammenhang mit den Aufwendungen zu sehen, die Sie im Bundeshaushalt finden.
Insgesamt wendet der Bund für Entwicklung und Forschung rund 350 Millionen DM auf, wie Sie im einzelnen aus dem Funktionenplan entnehmen können.
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Auf die wissenschaftliche Forschung im engeren Sinne, also auf Forschungsinstitute, Forschungsaufträge und sonstige Förderungsmaßnahmen, entfallen von dem genannten Betrag 187 Millionen DM. Bei Wertung dieses Betrags ist zu bedenken, daß die Förderung der Forschung in erster Linie Aufgabe der Länder ist. Der Aufwand der Länder für die wissenschaftliche Forschung dürfte etwa 600 bis 700 Millionen DM betragen, so daß Bund und Länder zusammen rund eine Milliarde DM für diese Zwecke aufwenden.
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In diesem Zusammenhang ist es für den Bundestag von Interesse, daß entsprechend der Übung des Vorjahrs die Forschungsmittel für die Kernenergie, und nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für die angewandte Forschung, also die Entwicklung sämtlicher Bereiche der Wissenschaft und Technik auf dem Sektor Atomenergie, die für
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die Wirtschaft von Bedeutung sind, in dem Haushalt des Bundesministeriums für Atomfragen und nicht anderswo ausgeworfen sind. Von gleichem Interesse dürfte sein, daß die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig in einem dreijährigen Auf- und Ausbauprogramm auf dem Gebiete der Atom-Meßtechnik einer bedeutenden Entwicklung entgegensieht, die uns auch hier allmählich den so bitter notwendigen Anschluß an den Stand der Forschung im Ausland finden lassen soll. Der Zuschuß für diese Anstalt wird sich allein für 1957 auf nahezu das Doppelte, nämlich von 6,8 Millionen DM auf 12,6 Millionen DM erhöhen.
Die Mittel für die Maßnahmen zur Förderung der Untersuchungs- und Aufschließungsarbeiten im Eisenerzbergbau halten sich im Rahmen des Vorjahres.
Bei den Einmaligen Ausgaben fallen vor allem die Ausgaben der Bundesrepublik für die Weltausstellung 1958 in Brüssel mit rund 12 Millionen DM und die Betriebsbeihilfen für versteuertes Gasöl an gewerbliche Betriebe usw. mit rund 11 Millionen DM ins Gewicht.
Die Darstellung des Wirtschaftshaushalts wäre nicht vollständig, wenn ich nicht des neuen Bundeskartellamtes gedenken würde,
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das mit der Verabschiedung des Gesetzes gegen Wettb ewerbsbeschränkungen errichtet werden soll und für das Mittel - allerdings vorerst nur in Form einer Verfügungssumme, da die Entscheidungen des Hohen Hauses über das Wettbewerbsgesetz ganz wesentlich seine Organisation und seine Aufgabengebiete beeinflussen werden - im Bundeshaushalt vorgesehen sind.
Meine Ausführungen zu den Wirtschaftsfragen des neuen Bundeshaushalts will ich noch durch eine Bemerkung über die Unterstützung der finanzschwachen Länder aus zentralen Fonds, insbesondere zur Steigerung der Wirtschaftskraft, ergänzen.
Es war in erster Linie dem durch Bundesgesetz geregelten Finanzausgleich zu danken, daß auch die finanzschwachen Länder in den letzten Jahren ihre Pflichtaufgaben erfüllen und den öffentlichen Leistungsstandard annähernd auf dem Niveau der anderen Länder halten konnten. Die Aufgabe des Finanzausgleichs, die regionalen Finanzkraftunterschiede zugunsten der leistungsschwachen Gebiete zu mildern, kann insoweit als erfüllt angesehen werden. Zur Beseitigung der Ursachen der Hilfsbedürftigkeit dieser finanzschwachen Länder bedurfte es jedoch - und bedarf es wohl in einem gewissen Umfang auch in Zukunft - der Ergänzung durch wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen mit dem Ziel, die Spanne der regionalen Finanzkraftunterschiede nach Möglichkeit zu verringern. Der Bund hat derartige, den Finanzausgleich ergänzende Maßnahmen gefördert und insbesondere durch finanzielle Unterstützungen darauf hingewirkt, daß die noch immer fühlbare Unausgeglichenheit zwischen den meist im Westen liegenden erwerbsbegünstigten finanziell starken Industrie- und Ballungsgebieten und den in einer breiten östlichen Randzone gelegenen leistungsschwachen Bezirken mit überwiegend agrarischem Charakter beseitigt wird.
Ich brauche nicht auszuführen, in welchem Maße die strukturellen Unterschiede, die schon in der Vorkriegszeit das Verhältnis zwischen Industrie- und Agrargebieten gekennzeichnet haben, und die zum Teil seit Jahrzehnten bestehende Wirtschaftsschwäche einiger Teilgebiete vornehmlich an der Ostgrenze der Bundesrepublik durch die Auswirkungen des Krieges und die politische und ökonomische Zerreißung des seit der Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahre 1833 bestehenden einheitlichen deutschen Wirtschaftsraums verschärft worden sind. Zur Milderung dieser Unausgeglichenheit durch vielfältige, meist strukturverbessernde Maßnahmen in den Grenzbezirken hat der Bund seit dem Jahre 1950 finanziell ganz wesentliche Beiträge geleistet und allein aus dem Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung bis jetzt mehr als eine Milliarde DM bereitgestellt und durch Steuererleichterungen für diese Gebiete fernerhin zusätzlich auf Einnahmen verzichtet. Die Verbesserung der Wirtschaftsgrundlagen in den Notstands- und Zonenrandgebieten ist bereits deutlich spürbar; so hat sich in den vorbezeichneten Bezirken die Arbeitslosenquote seit 1950 bis jetzt von 15 v. H. auf 5 v. H. - jeweils im Herbst - vermindert. Der prozentuale Rückgang der Arbeitslosigkeit von 1950 bis 1955 übertraf in diesen Gebieten den des Bundesgebietes.
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Die regionale Wirtschaftsförderung unterentwikkelter Teilräume der Bundesrepublik ist zwar als eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern anzusehen, die vor allem in der Zeit, als die in erster Linie betroffenen Länder zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben nicht imstande waren, den Einsatz erheblicher Bundesmittel erforderte. Nachdem durch die Intensivierung des Finanzausgleichs und andere finanzwirtschaftliche Vorgänge auch die finanzschwachen Länder so gestellt worden sind, daß sie verstärkt Ausgaben für die regionale Wirtschaftsförderung übernehmen können, kann daran gedacht werden, die zentrale Fondswirtschaft auf diesem Gebiet allmählich - ich betone: allmählich - einzuschränken.
Hatte die bisherige staatswirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik in den ersten Jahren ihres Bestehens es mit sich gebracht, daß der Bund - vielfach angeregt durch entsprechende Gesuche einzelner Länder - sich zunehmend an der finanziellen Förderung von Aufgaben beteiligte, die vom Verfassunggeber ursprünglich dem alleinig en Verantwortungsbereich der Länder zugedacht oder zumindest als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern anzusehen waren, bietet nun die Verbesserung der Lage der leistungsschwachen Länder Gelegenheit, auch auf dem Gebiet der regionalen Wirtschaftsförderung die primäre Aufgaben- und Ausgabenverantwortung der Länder stärker zu betonen. Die Einschränkung der zentralen Fondswirtschaft führt zu einer Ausweitung des Aufgabenkreises der Länder und liegt daher in ihrem wohlverstandenen Interesse.
Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird die hier angestrebte Bereinigung zwischen Bund und Ländern nur allmählich verwirklicht werden können. Aus diesem Grunde sind auch im Bundeshaushalt 1957 wiederum beträchtliche Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung ausgebracht worden. Ich spreche die Erwartung aus, daß die in Betracht kommenden Länder im Hinblick auf die erhöhten Zuweisungen aus dem Finanzaus({64})
gleich und darauf, daß sie durch die endgültigen Steuersenkungsgesetze gegenüber den ersten Beschlüssen des Bundestages auf Kosten des Bundes entlastet worden sind,
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höhere Beträge als bisher aus eigenen Mitteln für die Steigerung der Wirtschaftskraft ihrer Notstands- und Zonenrandgebiete aufwenden.
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Ich glaube, daß ich hier gleich einen Bericht über die Maßnahmen zur Förderung des Mittelstandes und der freien Berufe im Bundesgebiet anschließen sollte. Durch Beschluß der Bundesregierung vom 7. August 1954 und 21. Januar 1956 ist der Auftrag erteilt worden, die Lage des unselbständigen Mittelstandes und der freien Berufe zu prüfen. Die notwendigerweise noch unvollständigen Ergebnisse dieser Prüfung zeigen jedoch, daß die Gefahr einer Benachteiligung der Mittelschichten und der geistig schaffenden freien Berufe besteht. Ein Absinken des Einkommenstandes dieser Schichten trotz geistiger Leistung, Wissen und Erfahrung - sogar eine Nivellierung gegenüber den ihnen unterstehenden Gruppen - ist festzustellen. In den letzten Jahren sind schon Maßnahmen zur Besserung ihrer Lage getroffen worden. Es sind erhebliche Mittel aufgewendet worden. Ich erinnere nur an das etwa 65 Millionen DM umfassende Programm zur Förderung der Berufsausbildung für Handwerk und Handel, das in erster Linie für Mittelbetriebe bestimmt ist und mit dessen Durchführung das Bundeswirtschaftsministerium beauftragt ist, oder an das andere ebenso wichtige Programm des Bundesinnenministeriums, das in Ausweitung des Bundesjugendplans ähnliche Förderungsmaßnahmen anstrebt.
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Daneben ist die Pflege dieser sozialpolitischen Notwendigkeiten bei den Landwirten und mittleren Gewerbetreibenden zu beachten. Diese Bevölkerungsschichten gehören zum Mittelstand, und ihre Betreuung zählt zu den wesentlichen Aufgaben der Agrar-, Wirtschafts- und Arbeitspolitik.
In diesem Zusammenhang erweist es sich als notwendig, dem wissenschaftlichen Nachwuchs erstrebenswertere Berufsaussichten zu bieten und damit gleichzeitig auch die wirklich geeigneten Kräfte für diese Berufe zu gewinnen, die heute vielfach mangels ausreichender Berufsaussichten abwandern.
Eine Verarmung unseres kulturellen Lebens bedeutet es ferner, wenn Künstlern, Schriftstellern und Journalisten - vor allem den Freischaffenden unter ihnen - nicht genügend Lebensmöglichkeiten gegeben werden.
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Wenn auch die Kulturpolitik Sache der Länder ist, fühlt sich der Bund verpflichtet, seine sozialpolitische Zuständigkeit auch zugunsten dieser Kulturschaffenden in die Waagschale zu werfen.
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Die wirtschaftliche Grundlage dieses Personenkreises zu verbessern, um Vorsorge für Zeiten der Not und des Alters zu schaffen, soll das Ziel sein; dabei soll nach Möglichkeit auf eine eigene Vorleistung abgestellt werden.
Durch die infolge der Kabinettsumbildung weggefallenen Sonderministerien der Herren Bundesminister Dr. Schäfer und Waldemar Kraft
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tritt nicht eine Stockung der eingeleiteten Förderungsmaßnahmen für Aufgaben des unselbständigen Mittelstandes und der geistig schaffenden freien Berufe
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sowie in der Durchführung des Sonderauftrags zur Koordinierung wasserwirtschaftlicher und wasserrechtlicher Fragen ein. Diese Aufgaben werden vielmehr wegen ihrer zum Teil sehr engen Verbindung zum ERP-Wirtschaftsplan dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit übertragen. Die Ansätze hierfür sind deshalb erstmalig im Entwurf des Haushaltsplans für 1957 im Einzelplan des Ministeriums Blücher ausgeworfen worden.
Zu den wirtschaftlichen Eingliederungsmaßnahmen und damit zu dem Bereich der Wirtschaft gehören wohl auch die Entschädigungsleistungen nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz. Die Leistungen betragen erneut 318 Millionen DM für 1957, so daß gemäß den Dringlichkeitsstufen bis zum Ende des nächsten Rechnungsjahres 836 Millionen DM von den insgesamt dafür vorgesehenen 1300 Millionen DM zur Auszahlung gelangt sein werden. Die Bundesregierung ist bestrebt, den Aufruf der Dringlichkeitsstufen und die Auszahlung der Entschädigungen soweit als möglich zu beschleunigen und die weiteren Mittel im kommenden Haushaltsjahr im Wege des Vorgriffs auf die im Rechnungsjahr 1958 zu veranschlagenden Mittel bereitzustellen. Für Darlehen und Beihilfen an ehemalige Kriegsgefangene sind die gleichen Mittel wie im Vorjahr vorgesehen.
Ebenso stehen wie im Vorjahr Beihilfen an ehemalige politische Hälftlinge aus der Sowjetzone in Höhe von 25 Millionen DM zur Verfügung, so daß insgesamt mit diesem Betrag 60 Millionen DM an Existenzaufbauhilfen für politisch Verfolgte aus der Ostzone bereitgestellt worden sind.
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Zu den wirtschaftlichen Förderungsmaßnahmen gehören ferner die Garantie- und Sicherheitsleistungen des Bundes. Ich darf Sie darüber unterrichten, daß die Bürgschaftsermächtigungen des Bundes nunmehr einen Betrag von rund 18 Milliarden DM erreicht haben; davon ist bereits ein Betrag von fast 9 Milliarden DM belegt. Schon diese Zahl dürfte die Bedeutung derartiger Finanzierungshilfen des Bundeshaushalts für die deutsche Wirtschaft zeigen. Diese Bedeutung wird bei der derzeitigen außenpolitischen Lage besonders dadurch unterstrichen, daß von dem Betrag von fast 9 Milliarden DM rund 6 Milliarden DM auf die Sicherung von Ausfuhrgeschäften entfallen und 1,2 Milliarden DM der Finanzierung einer Lebensmittelbevorratung dienen. Im Hinblick auf die angeführten Größenordnungen einerseits und die damit verbundenen teilweise verhältnismäßig hohen Risiken andererseits sind auch in diesem Jahr für etwaige Inanspruchnahmen aus diesen Bürgschaften 150 Millionen DM vorgesehen wor({73})
den. Die Bürgschaften dienen überwiegend der Exportwirtschaft der Bundesrepublik.
In diesem Zusammenhang darf ich noch einen weiteren Blick über die Grenze hinaus tun und Sie über den Stand der Bemühungen um die Freigabe des deutschen Vermögens unterrichten. Fortschritte bei diesen Bemühungen waren und sind insbesondere bei ehemals neutralen Ländern zu verzeichnen. Der Anfang hierzu wurde gemacht in dem Abkommen mit der Schweiz vom Jahre 1952. Auf Grund dieses Abkommens haben Deutsche ihre Vermögen in der Schweiz im Werte von über 600 Millionen Schweizer Franken wieder zurückerhalten. Die vereinbarte Ablösungssumme wurde durch den Drittel-Beitrag aufgebracht und sogar um rund 50 Millionen DM überschritten. Ein Gesetzentwurf über die Verwendung dieses sogenannten Überhangs wird zur Zeit im Bundestag beraten. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, die Hälfte dieses Überhangs dem Lastenausgleichsfonds zu überweisen.
Einen bemerkenswerten Erfolg stellt das im März dieses Jahres unterzeichnete Abkommen mit Schweden über die deutschen Vermögenswerte in Schweden dar. Die deutschen Berechtigten sollen danach eine Ausgleichszahlung in Höhe von mindestens 60 % der Liquidationserlöse ihrer Vermögenswerte in Schweden erhalten. Angestrebt wird eine Ausgleichszahlung bis zu 66 2/3 N. Diese Lösung war nur dadurch möglich, daß die deutsche öffentliche Hand an den Ausgleichsleistungen nicht teilnimmt.
Zur Zeit sind Verhandlungen mit Portugal im Gange, um auch mit diesem neutralen Land die Vermögensfrage zu regeln. Auch hier kann eine Lösung nur erreicht werden durch Opfer und Zugeständnisse der deutschen öffentlichen Hand.
Ein gleiches Zugeständnis wird auch im Zusammenhang mit einer Vermögensregelung in Spanien notwendig sein; mit diesem Land stehen Verhandlungen unmittelbar bevor.
Außer bei neutralen Ländern zeichnen sich auch bei den in der Internationalen Reparationsagentur zusammengeschlossenen ehemaligen Feindstaaten Fortschritte ab. Zu erwähnen ist insbesondere der am 24. September 1956 unterzeichnete Grenzberichtigungsvertrag mit Belgien, durch den von Deutschland jahrelang abgetrennte Gebietsteile wieder zurückkommen sollen. Auch dieser Vertrag war nur zu erreichen durch Haushaltsopfer des Bundes.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde die sogenannte Johnston-Bill bereits vom Rechtsausschuß des Senats gebilligt. Dieses Gesetz sieht vor, über die kleine Lösung hinaus das deutsche Vermögen in den USA auch an juristische Personen und unabhängig von der Wertgrenze 10 000 Dollar freizugeben. Die Aussichten für die weiteren Beratungen in den amerikanischen gesetzgebenden Körperschaften können als günstig bezeichnet werden.
Von besonderer Bedeutung sind die Verhandlungen mit Österreich im Rahmen der Gemischten Kommission über das dortige durch den Österreichischen Staatsvertrag erfaßte deutsche Vermögen. Dessen Freigabe ist durch den Österreichischen Staatsvertrag ebenfalls auf eine kleine Lösung beschränkt. Österreich will diese beschränkenden Bestimmungen jedoch großzügig auslegen, wünscht hierfür jedoch deutsche Gegenleistungen.
Zur Wirtschaft gehört schließlich auch die unmittelbare Bundeswirtschaft. Hier darf ich Ihnen berichten, daß aus dem Bereich der Bundesbeteiligungen der Aufbau Salzgitter auch im vergangenen Jahr beachtliche Fortschritte gemacht hat. Ich glaube, daß die von der Bundesregierung nunmehr seit dem Jahre 1950 in Salzgitter durchgeführten Aufbaumaßnahmen eine große Leistung darstellen, und zwar sowohl in politischer wie in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung. Die Beteiligung des Bundes an der Rheinmetall-Borsig AG wurde vor einigen Monaten in private Hand übergeführt. Im Rahmen der Abwicklung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens konnten die wesentlichsten Vermögenswerte des Ufi-Konzerns in Form von drei neu gegründeten Aktiengesellschaften veräußert werden.
Bei der Darstellung der Leistungen des Bundeshaushalts sollte zur Abrundung des Bildes nicht unerwähnt bleiben, welche beachtlichen Leistungen noch außerhalb des Haushalts aus anderen Mitteln des Bundes erbracht werden. Ich denke hier an einige Sondervermögen des Bundes, insbesondere an das ERP-Sondervermögen. Der Bundestag wird sich des erst vor kurzem verabschiedeten Wirtschaftsplans des ERP-Vermögens für das Rechnungsjahr 1956 erinnern. Der Ihnen bald vorliegende Plan für 1957 wird wiederum zahlreiche Ausgaben, insbesondere zugunsten des Mittelstandes, der Landwirtschaft, der Wasserwirtschaft und einiger anderer wirtschaftspolitisch bedeutungsvoller Vorhaben, vorsehen. Im einzelnen will ich hierauf nicht eingehen. Es erscheint mir aber wichtig, auf eine oft nicht genügend gewürdigte Beziehung zwischen den Ausgaben dieses Plans und dem Haushaltsplan noch ganz besonders hinzuweisen. Die Auslandsschuld, die aus der ERP-Hilfe entstanden ist und auf der Londoner Schuldenkonferenz festgelegt wurde, wird aus dem Bundeshaushalt und nicht etwa aus dem ERP-Vermögen bedient. Die Rückflüsse und Erträge des letzteren sollen nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr für wirtschaftsfördernde Zwecke immer wieder erneut eingesetzt werden. Das bedeutet, daß der Bundeshaushalt, oder sagen wir, der Steuerzahler, der die Zins- und Tilgungslast für die Londoner Schuld trägt, letzten Endes die Leistungen des ERP-Sondervermögens ermöglicht.
Wenn hieraus zwar nicht der Schluß gezogen werden soll, daß die wirtschaftsfördernden Ausgaben allein dem ERP-Sondervermögen angelastet werden sollten und im Haushalt hierfür kein Platz mehr sei, so muß mit dem ständigen Wachsen des ERP-Sondervermögens doch angestrebt werden, mehr und mehr eine Entlastung des Bundeshaushalts von solcher Art Ausgaben zu erreichen.
Das Bestreben weiter Kreise, an den Bundeshaushalt von Jahr zu Jahr erhöhte Anforderungen zu stellen, zeigt sich in verstärktem Maße auch im Bereich der Privatversicherung, die doch ihrem Ursprung nach eine reine Selbsthilfeeinrichtung ist. Ausgelöst wurde diese Entwicklung durch die Umstellung der Privatversicherungsrenten im Verhältnis 10 : 1, während die Sozialversicherungsrenten im Verhältnis 1 : 1 umgerechnet wurden. Aus sozialpolitischen Erwägungen wurde dieses Umstellungsverhältnis bei den Privatversicherungsrenten durch das Rentenaufbesserungsgesetz vom 11. Juni 1951 insoweit korrigiert, als nunmehr Renten bis zu 70 RM voll und Beträge von 70 bis 100 RM im Verhältnis 2 : 1 umgestellt wurden, nur bei Beträgen
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über 100 RM verblieb es bei der Umrechnungsquote 10 : 1. Die hierdurch gegebenen höheren Verpflichtungen der Privatversicherungsunternehmen von rund 1,5 Milliarden DM wurden vom Gesetzgeber dem Bund in der Form von Rentenausgleichsforderungen auferlegt, so daß der Bund seither auch die Privatversicherung stützt.
Und nun zu Berlin!
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Die Bundeshilfe für Berlin ist, wie Sie wissen, in den Beratungen der vergangenen Jahre mit der Frage der Verwendung des Notopferaufkommens verknüpft worden. Die Bundesregierung sah das Notopferaufkommen als eine Einnahme des Bundes an, die zur Deckung aller aus dem Bundeshaushalt für Berlin zu leistenden Ausgaben wegen deren besonderer Höhe zusätzlich beitragen sollte. Von anderer Seite wurde die Auffassung vertreten, daß d as Notopferaufkommen zweckgebunden ausschließlich für den dem Ausgleich des Berliner Landeshaushalts dienenden Bundeszuschuß, allenfalls zur Deckung der den Bundeshaushalt treffenden Einnahmeausfälle aus den Steuervergünstigungen für Berlin verwendet werden dürfe. Heute - nachdem das Notopferaufkommen für natürliche Personen weggefallen ist und das verbleibende Notopferaufkommen nur noch gut ein Viertel des bisherigen Aufkommens erreicht - kann die Bundesregierung feststellen, daß die von ihr vertretene Auffassung, daß zwischen der Höhe des Notopferaufkommens und der Höhe der Bundeshilfe für Berlin kein Zweckbindungs-Zusammenhang besteht, sich eindeutig als richtig erweist.
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Berlin wird in diesem Jahr - d. h. ohne Rücksicht auf das geringere Notopferaufkommen - die Bundeshilfe erhalten, die es zur Erfüllung seiner Aufgaben und zum Wiederaufbau als Hauptstadt braucht.
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Der Herr Bundeskanzler hat in der am 20. Oktober 1953 abgegebenen Regierungserklärung die Verpflichtung der Bundesregierung zur Unterstützung Berlins besonders hervorgehoben; Berlin könne sich auf die Bundesrepublik verlassen. Dieses Versprechen ist in vollem Umfange gehalten worden.
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Die Gesamtleistungen aus dem Bundeshaushalt für Berlin betrugen - nach Abzug der dem Bund aus Berlin zufließenden Steuern - im Rechnungsjahr 1954 rund 1120 Millionen DM; im Rechnungsjahr 1957 werden sie - wie in den Vorbemerkungen 1957 im einzelnen dargelegt worden ist - rund 1400 Millionen DM ausmachen. Sie sind also um 25. v. H. gestiegen.
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Die Bundeshilfe des Rechnungsjahrs 1957 wird wie im Haushalt für das laufende Rechnungsjahr - der Neufassung des § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes entsprechend - zum Teil als Zuschuß,
zum Teil als niedrig verzinsliches und langfristiges Darlehen gewährt werden.
Da die Bundesregierung für 1957 eine weitere Besserung der Finanzlage Berlins erwartet, sind in dem vorliegenden Entwurf 100 Millionen DM weniger als im Rechnungsjahr 1956, insgesamt also 850 Millionen DM vorgesehen. Davon sollen 650 Millionen DM als Zuschuß - einschließlich des Zuschusses für den Berliner Aufbauplan - und 200 Millionen DM als Bundesdarlehen für den Berliner Aufbauplan, zum größten Teil für den sozialen Wohnungsbau, gegeben werden. Eine endgültige Entscheidung über die Höhe der Bundeshilfe wird jedoch erst nach einer Überprüfung des Berliner Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 möglich sein.
Der Haushalt setzt sich naturgemäß aus vielen Posten zusammen, deren Höhe je nach der Einstellung des Betrachters Enttäuschungen oder Freude hervorruft. Meistens ist es wohl das erstere. Besonders unerwünscht ist es aber, wenn sich der Forderung nach weiteren Bundesausgaben die unerbittlichen Notwendigkeiten der Abdekkung früherer Ausgaben entgegenstellen. Ich komme damit zu dem Bereich der Schulden des Bundes, die keineswegs in ihrer Höhe, aber in der Art, wie sie fällig werden, eine fühlbare Einengung unserer Bewegungsfreiheit bedeuten. Im diesjährigen Haushalt der Bundesschuld spiegeln sich insbesondere die finanziellen Auswirkungen wider, die sich aus der Durchführung des Kriegsfolgenschlußgesetzes hinsichtlich der verbrieften Reichsschulden ergeben. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vor Ablauf der Legislaturperiode ist wohl zu rechnen. Nach der Regelung der Auslandsschulden des ehemaligen Reichs durch das Londoner Schuldenabkommen werden durch das Kriegsfolgenschlußgesetz auch die inneren verbrieften Schulden des Reichs einer Regelung zugeführt und damit dieses Kapitel der Kriegsfolgeschäden zum Abschluß gebracht.
Die sich aus der Umstellung der verbrieften Reichsschuldtitel ergebenden Ausgaben sind für 1957 auf 212 Millionen DM veranschlagt. Davon entfallen auf die Verzinsung 122 Millionen DM und auf die sofortige Rückzahlung von Kleinbeträgen 90 Millionen DM. Für die Ablösung der Kleinbeträge - bis zu 100 DM im Einzelfall - werden voraussichtlich insgesamt 270 Millionen DM benötigt. Da deren Ablösung über 3 Jahre verteilt werden soll, ist für 1957 nur ein Drittel des Gesamtbetrages in Ansatz gebracht worden. Die Durchführung der Ablösung der verbrieften Reichsschuldtitel wird nach dem Kriegsfolgenschlußgesetz der Bundesschuldenverwaltung übertragen. Die Bundesschuldenverwaltung schätzt, daß etwa 5 Millionen Fälle mit einem Gesamtbetrag von 18 Milliarden Reichsmark zur Ablösung gelangen. Zur Bewältigung dieser umfangreichen Aufgabe mußten die Haushaltsansätze für die persönlichen und sachlichen Ausgaben der Bundesschuldenverwaltung erheblich erhöht werden.
Auf dem Kapitalmarkt, der bis zur ersten Hälfte des Vorjahres eine beachtliche Entspannung zeigte, kam es nach den mehrfachen, im August 1955 einsetzenden Erhöhungen des Diskontsatzes des Zentralbanksystems zu einem Rückschlag. Hiervon wurden auch die Kurse der öffentlichen Anleihen betroffen. Um den Kursdruck zu mildern, war der Bund gezwungen. Stützungskäufe der Bundesanleihe 1952 vorzunehmen. Diese Stützungskäufe
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haben im Rechnungsjahr 1955 rund 13 Millionen DM und im laufenden Rechnungsjahr bisher rund 87 Millionen DM, mithin insgesamt rund 100 Millionen DM betragen. Durch diese Stützungskäufe konnte nach einem kurzfristigen Absinken des Kurses bis auf 99 % der Parikurs gehalten werden. Nach der letzten Diskontsenkung im September 1956 ist eine Besserung auf dem Rentenmarkt eingetreten, so daß die Kurspflegekäufe seit Anfang Oktober eingestellt werden konnten.
Da von der Bundesanleihe von 1952, die sich auf rund 500 Millionen DM beläuft, wie gesagt, bereits 100 Millionen DM zurückgekauft wurden, waren für die Tilgung der im Dezember 1957 rückzahlbaren Anleihe nur noch 400 Millionen DM in Ansatz zu bringen.
Die Schulden des Bundes belaufen sich nach dem Schuldenausweis vom 30. September 1956 auf 20 496 Millionen DM und haben danach gegenüber dem Stand vom 30. September 1955, über den ich in meiner vorjährigen Haushaltsrede berichtet habe, um 158 Millionen DM abgenommen. Die Abnahme ist auf planmäßige Tilgungen zurückzuführen.
Die im Ausweis erfaßten Schulden sind aber noch unvollständig. Das gilt insbesondere für die auf Grund des Londoner Schuldenabkommens übernommenen Auslandsanleihen des Reichs, für die das gesetzlich vorgeschriebene Bereinigungs-
und Umtauschverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die noch nicht erfaßten Verpflichtungen aus diesen Anleihen sind mit 450 Millionen DM zu veranschlagen. Im Schuldenausweis sind auch die Verpflichtungen aus der Umstellung der verbrieften Reichsschulden auf Grund des Kriegsfolgenschlußgesetzes noch nicht berücksichtigt; sie sind bei einer Umstellungsquote von 10 % auf rund 1800 Millionen DM zu schätzen. Weiter sind noch zu berücksichtigen die Verpflichtungen gegenüber den USA aus der Lieferung von Überschußgütern in Höhe von 678 Millionen DM und aus einer Ausgleichsforderung der Postsparkasse von rund 100 Millionen DM. Auf Grund des dem Hohen Hause vorliegenden Entwurfs eines Bundesbankgesetzes sollen auch die Ausgleichsforderungen der Landeszentralbanken, deren Schuldner die Länder sind, in Höhe von rund 2600 Millionen DM vom Bund übernommen werden.
Darüber hinaus sind noch die sogenannten politischen Verpflichtungen zu berücksichtigen, und zwar gegenüber der Schweiz aus der sogenannten Clearing-Milliarde, gegenüber Israel aus Wiedergutmachung, aus der Erstattung von Zahlungen an die Konversionskasse sowie gegenüber Jugoslawien auf Gewährung eines langfristigen Darlehens. Diese Verpflichtungen sind mit rund 3000 Millionen DM zu veranschlagen. Werden diese im Schuldenausweis nicht erfaßten Verpflichtungen dem ausgewiesenen Schuldenstand hinzugerechnet, so ergibt sich eine Gesamtbelastung des Bundes im Betrage von 29 300 Millionen DM.
Das Londoner Schuldenabkommen vom 27. Februar 1953 und die Nebenabkommen haben wesentlich dazu beigetragen, die Kreditfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft im Ausland zu heben. Das Abkommen ist übrigens jetzt gegenüber 29 Staaten in Kraft und in allen seinen Teilen fast restlos durchgeführt. Für Zinsendienst und Tilgungen auf deutsche öffentliche und private Vor- und Nachkriegsschulden sind bis zum 31. August 1956 bereits insgesamt 2,839 Milliarden DM an ausländische Gläubiger gezahlt worden.
Hierher gehört auch die Kurspflege der vom Bund übernommenen Auslandsanleihen, für die im Haushalt 1956 Mittel in Höhe von 70 Millionen DM vorgesehen sind. Durch die bisher an den Auslandsmärkten getätigten Käufe konnte der Kursstand mit Erfolg gestützt werden.
Infolge der günstigen Kassenlage ist seit 1953 die Begebung von Bundesanleihen am Kapitalmarkt unterblieben, obwohl die außerordentlichen Haushalte die Deckung von Investitionsausgaben durch die Aufnahme von Anleihen vorsahen. Bei der trotz aller Förderungsmaßnahmen schonungsbedürftigen Lage auf dem Kapitalmarkt erschien es der Bundesregierung notwendig, der Wirtschaft für die Finanzierung ihrer Investitionen die Vorhand zu lassen.
Der Bund hat, ebenso wie bereits im Vorjahr, der Bank deutscher Länder Schatzwechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen im Umtausch gegen Ausgleichsforderungen zur Verfügung gestellt. Der Bank wurde es dadurch ermöglicht, ihre Öffenmarktpolitik zur Steuerung des Geldmarktes einzusetzen. Die Erfahrungen, die auf Grund der mit der Bank zu diesem Zweck getroffenen Vereinbarung gewonnen wurden, haben inzwischen ihren Niederschlag in einem Vorschlag für eine gesetzliche Regelung in dem dem Bundestag vorliegenden Entwurf eines Bundesbankgesetzes gefunden.
Im Zusammenhang mit der Abtragung der Bundesschuld sprach ich eben schon über das sogenannte Kriegsfolgenschlußgesetz. Die Ausschußberatungen über diesen Gesetzentwurf stehen vor ihrem Abschluß, so daß mit der Verkündung des Gesetzes in den ersten Monaten des nächsten Jahres gerechnet werden kann. Nach dem bisherigen Verlauf der Beratungen ist damit zu rechnen, daß dem Bundestag in der zweiten Lesung des Gesetzes Empfehlungen der Ausschüsse vorgelegt werden, welche die nach der Regierungsvorlage erforderlichen Aufwendungen um rund 100 % übersteigen. Allein für den jetzt vorgelegten Haushaltsplan mußten für die Durchführung des Kriegsfolgenschlußgesetzes 392 Millionen DM eingeplant werden. Sofern das Parlament den Änderungsvorschlägen der Ausschüsse zustimmt, werden Beträge gleicher Größenordnung in den nächsten Jahren benötigt, bis der erforderliche Jahresbetrag schließlich ab 1963 auf etwa 200 Millionen DM sinkt. Ich bedauere diese Entwicklung außerordentlich.
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Ich habe zwar durchaus Verständnis für die von einer Unzahl einzelner Betroffener und von Interessenvertretungen vorgetragenen Wünsche, und ich würdige auch die Erwägungen der mit der Gesetzesberatung befaßten Ausschüsse. Auf der anderen Seite bin ich aber doch der Ansicht, daß auch hier viele Wünsche und Forderungen im Interesse der Erhaltung der finanzwirtschaftlichen Ordnung des Bundes zurückgestellt werden müssen. Gerade das Kriegsfolgenschlußgesetz, das sich mit den Auswirkungen der unseligen deckungslosen Ausgabenwirtschaft des vergangenen Systems zu befassen hat, sollte meines Erachtens eine dringende Warnung sein, dem Bund unzumutbare Leistungen zuzumuten.
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In diesem Zusammenhang muß ich noch darauf hinweisen, daß das Kriegsfolgenschlußgesetz im Widerspruch zu seinem Kurztitel eine abschließende finanzielle Liquidation der Vergangenheit nicht verwirklicht. In § 5 des Gesetzentwurfs ist u. a. noch ein Gesetz zur Regelung der Reparations- und Restitutionsschäden vorbehalten. Den Gesamtbetrag dieser Schäden veranschlage ich auf 40 bis 60 Milliarden DM, andere Schätzungen liegen wesentlich - ich betone: wesentlich - höher. Ferner soll auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Geld und Kredit noch ein ausdrücklicher Vorbehalt für eine gesetzliche Regelung der Schäden aufgenommen werden, die loyalen Rückerstattungspflichtigen im Zusammenhang mit der Durchführung der Rückerstattungsgesetze entstanden sind oder noch entstehen. Ich erwähne diese Fragen aus zwei Gründen:
Einmal muß man sich darüber im klaren sein, daß die oft geforderte 1 : 1-Entschädigung dieser Verluste Lasten für den Bundeshaushalt mit sich brächte, die kein Steuerzahler in der Welt aufbringen könnte. Die Betroffenen müssen sich auch vor Augen halten, wie die kriegsbedingten Verluste der Heimatvertriebenen und Kriegssachgeschädigten behandelt worden sind.
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Auf der anderen Seite darf nicht verkannt werden, daß auch eine soziale Entschädigungsregelung für die genannten Verluste eine weitere erhebliche Dauerbelastung des Bundeshaushalts zur Folge haben wird.
Zum Bereich der Liquidierung des Krieges gehören auch die großen Aufwendungen, die der neue Bundeshaushalt zur Beseitigung der Besatzungsschäden und ähnlicher Vermögenseinbußen leistet. Es ist in der Offentlichkeit vielfach nicht bekannt, daß noch zahlenmäßig nicht unerhebliche Aufwendungen, insbesondere für die Abwicklung der sogenannten Besatzungsschäden, die sich nach den bisherigen Ermittlungen auf rund 400 Millionen DM belaufen werden, den Haushalt belasten. Dazu kommt der deutsche Anteil an den nach dem Inkrafttreten der Pariser Verträge entstandenen sogenannten Stationierungsschäden. Erhebliche Mittel werden ebenso wie in den vergangenen Jahren auch im kommenden Rechnungsjahr für die Freimachung der von den Stationierungsmächten in Anspruch genommenen Wohnungen und sonstigen Liegenschaften bereitgestellt werden. Die Bundesregierung hat sich seit dem Jahre 1950 fortlaufend und nachhaltig um die Freimachung der von den ausländischen Streitkräften unter der Geltung des Besatzungsregimes requirierten privaten Liegenschaften bemüht. So sind in den Jahren 1951 bis 1955 zum Zwecke einer anderweitigen angemessenen Unterbringung der von der Requisition betroffenen Altbesatzungsverdrängten 14 500 Wohnungen mit einem Kostenaufwand von 110,4 Millionen DM erstellt. Seit dem Jahre 1952 ist außerdem auf Grund der Vorstellungen der Bundesregierung bei den Alliierten ein erheblicher Teil der Besatzungskosten zur Finanzierung von Besatzungswohnungs-Bauprogrammen mit dem Ziel einer Freimachung des privaten Wohnraums verwendet worden. Dazu kommen die sogenannten Austauschwohnungs-Bauprogramme mit 9500 Wohnungseinheiten bei einem Kostenaufwand von rund 400 Millionen DM. Die Gesamtausgaben im Zusammenhang mit dem Bau von Besatzungs- und Austauschwohnungen werden schätzungsweise im
Bundesgebiet und in Berlin für rund 88 700 Wohnungen rund 5 Milliarden DM betragen. Zur endgültigen Bereinigung des Freimachungsproblems wird die Bundesregierung mit Rücksicht auf die von den ausländischen Streitkräften noch weiterhin benötigten Liegenschaften ein sogenanntes Schlußfreimachungsbauprogramm durchführen, sofern ein Erwerb der Objekte für die Streitkräfte bzw. eine Anmietung oder Anpachtung dieser Liegenschaften nicht durchführbar ist. Hier werden rund 250 Millionen DM erforderlich sein.
Mit diesen Maßnahmen dürfte ein wesentliches Problem der Nachkriegszeit einer befriedigenden Lösung zugeführt worden sein.
Ich hoffe, ein Gleiches auch von den Beiträgen der Bundesrepublik zur Stationierung der Truppen der mit uns befreundeten Mächte sagen zu können. Wie ich Ihnen vorhin schon kurz andeutete, sind die alten Besatzungs- und Stationierungskostenüberhänge von den Alliierten voll abgerufen worden. Neue Forderungen auf Leistung eines Stationierungskostenbeitrages für 1957 sind an die Bundesregierung bisher amtlich nicht herangetragen worden.
({85})
Ich stelle zu diesem Thema nur fest, daß durch die Ungunst der Entwicklung leider also auch in diesem Jahre die Alliierten wesentlich mehr Deutsche Mark aus deutschen Mitteln für ihre Truppen ausgegeben haben, als wir für unsere eigenen Streitkräfte verauslagen konnten.
({86})
Mit Sicherheit ist dieser Zustand jetzt beendet.
Wenn ich nun einen Blick auf die Verwaltung des Bundes werfe, möchte ich dankbar feststellen, daß sich alle Ressorts bei der Anforderung von Personal und Sachmitteln eine erfreulich große Zurückhaltung auferlegt haben.
({87})
Die über 3000 neuen Bediensteten des Bundes - selbstverständlich ohne die Verteidigungsverwaltung gerechnet - werden sicherlich manchem noch als eine recht hohe Zahl erscheinen. Für die oberste Bundesverwaltung sind aber fast gar keine neuen Personalvermehrungen eingetreten, da der ökonomische Effekt eines weiteren Anwachsens unseres Verwaltungskörpers sehr zweifelhaft erscheint.
({88})
In der mittleren und unteren Verwaltungsebene waren gewisse Verbesserungen unabweisbar. Wenn ich vorhin das Kriegsfolgenschlußgesetz genannt habe, muß ich Ihnen gerade in diesem Zusammenhang berichten, daß es allein fast 600 Neueinstellungen erfordert, übrigens auch nur wegen der Befriedigung der verbrieften Ansprüche. Natürlich drücken sich auch die Verteidigungsaufgaben in den mittelbar betroffenen Ressorts durch steigende Personalanforderungen aus. Insgesamt aber möchte ich sagen, daß arbeitsmäßig nach meinem Gesamteindruck die Bundesverwaltung, abgesehen von einigen Oasen, bis auf die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet ist.
({89}) - Finden Sie sie!
Zur Frage der Besoldung dieser Bediensteten hier Stellung zu nehmen, würde zu weit führen.
({90})
Bei der Debatte der Besoldungsnovelle wird hierzu Gelegenheit sein. Ich möchte aber zu dem Entwurf des Besoldungsgesetzes, der im Dezember des vergangenen Jahres dem Bundestag zugeleitet worden ist, doch einige Bemerkungen machen, damit die Schwerpunkte des Entwurfs klar erkannt werden.
Der erste Schwerpunkt des Entwurfs liegt in der dringend erforderlichen Neuordnung des Rechtsstoffes, der durch zahlreiche Ergänzungs- und Änderungsgesetze zu dem Besoldungsgesetz von 1927 in unerträglicher Weise zersplittert und durch die Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse in seinem Bestand auch teilweise fragwürdig geworden ist. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in dem Grundgedanken des Entwurfs, die Besoldung der verschiedenen Arten von Staatsdienern, der Beamten, Richter und Soldaten, im Rahmen einer einheitlichen Besoldungsordnung in eine angemessene Relation zueinander zu bringen und damit wieder klare Bewertungsmaßstäbe zu gewinnen. Der dritte Schwerpunkt liegt im rahmenrechtlichen Teil des Entwurfs. Er soll die - allerdings recht bescheidene - Möglichkeit ausschöpfen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem bekannten Urteil vom 1. Dezember 1954 der rahmenrechtlichen Kompetenz des Bundesgesetzgebers belassen hat, um die Einheitlichkeit des Besoldungsgefüges in Bund, Ländern und Gemeinden zu wahren.
Es bedarf wohl nur der Andeutung dieser Schwerpunkte, um klarzumachen, wie sehr der Bundesregierung angesichts des Aufbaus der Bundeswehr und angesichts der drohenden Anzeichen für ein Auseinanderfallen der Besoldungsgesetzgebung in Bund und Ländern an einer beschleunigten Verabschiedung des Gesetzentwurfs gelegen sein muß.
Daß darüber hinaus die Bundesregierung ernstlich bestrebt ist, die Staatsdienerbesoldung den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen und die wirtschaftliche Lage auch der Staatsdiener nachhaltig und wirksam zu verbessern, sollte nicht mehr bezweifelt werden. Innerhalb der jetzigen Legislaturperiode hat die Bundesregierung zunächst vom Oktober 1954 ab die Beamtenbesoldung durch besondere Übergangsmaßnahmen, die sogenannten Drittelzahlungen, erhöht. Sie hat dann im Februar dieses Jahres mit Zustimmung der zuständigen Ausschüsse dieses Hohen Hauses im Vorgriff auf die Besoldungsneuregelung nicht nur die Grundgehälter auf 155 v. H. des Standes von 1927 angehoben, sondern auch die Sätze des Kindergeldes und des Wohnungsgeldzuschusses für Beamte mit Kindern wesentlich verbessert. Als weitere Überbrückungsmaßnahme bis zum Inkrafttreten des Bundesbesoldungsgesetzes hat die Bundesregierung ebenfalls mit Zustimmung der zuständigen Ausschüsse des Hohen Hauses für Dezember 1956 die zusätzliche Auszahlung eines halben Monatsgehaltes für alle Bediensteten des Bundes durchgeführt. Die jüngst beschlossene Maßnahme soll - ebenso wie die bisherigen Maßnahmen - auch den Versorgungsberechtigten einschließlich der unter das Gesetz nach Art. 131 fallenden Personen zugute kommen, deren Rechtsstand überdies durch das am 1. September 1953 in Kraft getretene Bundesbeamtengesetz und das erste Änderungsgesetz zum Gesetz nach Artikel 131 zusätzlich verbessert worden ist.
Die Vergütungen der Angestellten und die Löhne der Arbeiter des Bundes sind in dem gleichen Ausmaß verbessert worden wie die Besoldung der Beamten. An den sozialen Verbesserungen der Kinderzuschläge und des Wohnungsgeldzuschusses haben die Angestellten und Arbeiter - soweit diese Bestandteile nach dem Tarifsystem für sie in Betracht kommen - ebenfalls voll teilgenommen. Die Auszahlung des halben Monatsbezuges regeln Tarifverhandlungen.
Um das Ausmaß der wirtschaftlichen Verbesserungen seit 1954 klarzumachen, darf ich Ihnen im folgenden kurz die Beträge angeben, um die sich die Personalausgaben des Bundes durch diese Maßnahmen seit 1954 erhöht haben. Die Mehraufwendungen, die auf Verbesserungsmaßnahmen gegenüber dem Stande zu Beginn des Rechnungsjahres 1954 zurückgehen - also nicht auf Personalveränderungen beruhen -, betrugen für alle Bediensteten und Versorgungsempfänger des Bundes für das Rechnungsjahr 1954 rund 50 Millionen DM. Sie erhöhten sich für das Rechnungsjahr 1955 auf rund 120 Millionen DM und werden für das Rechnungsjahr 1956 - einschließlich der Ausgaben für ein halbes Gehalt im Dezember - rund 300 Millionen DM betragen. Damit sind die Personalausgaben des Bundes allein auf Grund der seit 1954 eingetretenen Verbesserungen - also ohne die Veränderungen im Personalbestand - um rund 15 bis 16 v. H. höher als zu Beginn des Rechnungsjahres 1954. Für die Bundespost belaufen sich die entsprechenden Mehraufwendungen - 1956 gegenüber Anfang 1954 - auf etwa 315 Millionen DM, für die Bundesbahn auf etwa 500 Millionen DM.
Ich berichte Ihnen schließlich noch, daß die Besoldungsansätze des neuen Bundeshaushalts auf der Grundlage von 160% der 1927 er Sätze berechnet sind und daß für Besoldungszuschüsse des Bundes an die großen Sondervermögen wie Bundesbahn, Bundespost, keine Mark eingesetzt ist.
Geplante Ausführungen über Bundesbauten und über die Bundesvermögensverwaltung und die geplanten Maßnahmen auf dem Gebiet der inneren Verwaltung - Gerichte, Luftschutz und Bundesgrenzschutz - möchte ich heute, nachdem ich Ihre Zeit schon stark in Anspruch nehme, zurückstellen und mir vorbehalten, vielleicht im Bulletin darüber in einem gesonderten Artikel die Öffentlichkeit zu verständigen, weil mir früher in der Aussprache über die Etatsrede häufig vorgehalten worden ist, daß ich dieses oder jenes nicht vollständig oder nicht ausführlich genug vorgetragen hätte.
Ich spreche nur noch über die Maßnahmen zur Förderung der gesamtdeutschen Aufgaben und über die Aufgaben der Finanzverwaltung, die ja zu meinem besonderen Aufgabenbereich gehören.
Beispielsweise steht die Förderung gesamtdeutscher Aufgaben und kultureller Maßnahmen im Zonenrandgebiet nach wie vor stark im Vordergrund. Dementsprechend sind die Ausgaben für diese Zwecke weiter sehr erhöht worden. Sie betrugen 1954 rund 28,3 Millionen DM, 1955 37,4 Millionen DM, 1956 70,2 Millionen DM; sie werden 1957 84,6 Millionen DM betragen. Mithin haben sie sich mit dem Bundeshaushalt 1957 auf das Dreifache des im Haushalt 1954 veranschlagten Betrages erhöht.
Aus den mannigfaltigsten Aufgaben, die aus diesen Mitteln gespeist werden, sei hier insbesondere auf die Förderung des Interzonenreiseverkehrs hingewiesen. Besucher aus der sowjetisch besetzten Zone können erstens Beihilfen zu den Rückreise({91})
kosten, zweitens Beihilfen zu den Kosten des Aufenthalts in der Bundesrepublik und drittens eine Krankenhilfe erhalten.
Aus meinem eigenen Geschäftsbereich will ich in diesem Jahr nur einiges zu den Zoll- und Verbrauchsteuereinnahmen sagen. Diese Hinweise sollen das Bild abrunden, das ich Ihnen eingangs über die Gesamteinnahmen des Bundes gegeben habe.
Das im Haushalt 1957 vorgesehene Aufkommen von 2150 Millionen DM aus Schutzzöllen und aus Finanzzöllen ist gegenüber dem später durch Zollsenkungen gekürzten Ansatz von 1956 unverändert. Das als Folge der im Jahre 1956 durchgeführten konjunkturpolitischen Zollsenkungen sich ergebende Minderaufkommen an Zöllen wird durch die gleichzeitig eingetretene Steigerung der Einfuhr voraussichtlich wieder wettgemacht.
Die Zollpolitik der Jahre 1955 und 1956 stand im Zeichen der Hochkonjunktur. Es galt, zur Dämpfung ungerechtfertigter Preisauftriebstendenzen das Angebot auf dem Innenmarkt durch Öffnung der Einfuhrschleuse zu erweitern. Aus diesem Grunde wurden die Zölle, die 1955 erstmals als Mittel der Konjunkturpolitik verwendet wurden, im Jahre 1956 für alle Waren der gewerblichen Wirtschaft im Durchschnitt um rund 20 % gesenkt. Das erhöhte Warenangebot hat auf den Markt beruhigend gewirkt. Auch die Aufhebung des Zolls auf Heizöl und die Abgabenbefreiung der Mineralöle zur Gasherstellung hat preisberuhigend gewirkt und überdies zu einer Verbesserung der Energieversorgung geführt.
Einen wichtigen Beitrag zum Bundeshaushalt leisten neben den Zöllen die Verbrauchsteuern. In dem neuen Haushaltsplan ist ihr Aufkommen mit insgesamt 7024 Millionen DM einschließlich Umsatzausgleichsteuer veranschlagt worden. Das bedeutet gegenüber dem Ansatz für das laufende Rechnungsjahr in Höhe von 6290,5 Millionen DM eine Steigerung um 733,5 Millionen DM oder 11,7 %. Diese Steigerung ist um so beachtlicher, als ab 1. April 1956 Steuersenkungen für Zucker und Zündwaren in Kraft getreten sind. Der jetzt gültige Steuersatz für Zucker ist der niedrigste seit 1892.
({92})
Beide Steuersenkungen, die für Zucker und die für Zündwaren, sind dem Bestreben der Bundesregierung entsprechend dem Verbraucher zugute gekommen. Der dadurch für den Bundeshaushalt entstehende Einnahmeausfall von zusammen rund 300 Millionen DM wird durch das Mehraufkommen bei anderen Verbrauchsteuern, insbesondere bei der Tabak- und der Mineralölsteuer, sowie durch das Mehraufkommen aus dem Branntweinmonopol wieder ausgeglichen. Der Senkung von Verbrauchsteuern sind eben zwangsläufig Grenzen gesetzt. Einnahmeausfälle müßten in jedem Fall durch Erhöhung anderer Steuern ausgeglichen werden.
Noch ein Wort zur größten Verbrauchsteuer, der Tabaksteuer: Ihr Aufkommen ist - und zwar fast ausschließlich durch das Ansteigen des Zigarettenverbrauchs - von 2277 Millionen im Jahre 1953 auf 2624 Millionen DM im Rechnungsjahr 1955 gestiegen. Es wird in diesem Jahr voraussichtlich das Jahressoll von 2775 Millionen DM erreichen. Der Zigarettenverbrauch und in geringerem Umfange auch der Verbrauch von Zigarren steigen weiter an, so daß wir für 1957 mit einem Aufkommen von etwa 3 Milliarden rechnen. Daß demgegenüber der Verbrauch an Rauchtabak und damit auch das Steueraufkommen für diesen Steuergegenstand rückgängig sind, entspricht einer Erscheinung, die wir auch in anderen Ländern sehen. Ich darf darauf hinweisen, daß durch eine erhebliche Senkung der Tabaksteuer für Rauchtabak im Jahre 1955 die Kostenlage der Rauchtabakindustrie so verbessert worden ist, daß eine Erhöhung der Kleinverkaufspreise vermieden werden konnte. Eine Steuersenkung für Zigarren, die ähnlichen Zielen dient, ist zur Zeit Gegenstand der Beratung in diesem Hause.
Das Hohe Haus kennt meine Stellungnahme zu den schwebenden Anträgen auf Senkung der Steuern. Es ist Ihnen bekannt, daß sich die Tabakindustrie weitgehend in einem strukturellen Umbruch befindet. Um die sozialen Erschütterungen zu vermeiden, die hierdurch eintreten können, und um eine von marktordnenden Bestimmungen freiere Neuregelung der Tabakbesteuerung zu ermöglichen, hat dieses Haus den Bundesminister der Finanzen Ende vorigen Jahres ermächtigt, liquidierenden Betrieben steuerliche Erleichterungen zu gewähren. Von dieser Ermächtigung ist Gebrauch gemacht worden. Nach den bisher vorliegenden Zahlen werden die Maßnahmen zu einer echten Bereinigung vor allem der Zigarrenindustrie und der Rauchtabakindustrie von nicht mehr rentabel arbeitenden Betrieben führen.
Noch ein kurzes Wort über das Aufkommen der Umsatzsteuer. An die Stelle der bisherigen Stetigkeit in der Steigerung des Aufkommens an Umsatzsteuer sind seit März 1956 starke Schwankungen getreten. Während noch im vorausgegangenen Rechnungsjahr 1955/56 die Steigerung des Aufkommens gegenüber dem Vorjahr fast 15 v. H. betrug, war im laufenden Rechnungsjahr 1956/57 die bisher höchste monatliche Steigerung gegenüber dem entsprechenden Vorjahrsmonat nur noch 11 v. H. Im Oktober 1956 sank der Steigerungsbetrag zum erstenmal auf 0,3 v. H. gegenüber dem Monat des Vorjahres ab. Er hat damit den tiefsten Stand seit Jahren erreicht. Diese Entwicklung beruht außer auf verschiedenen Steuererleichterungen auf der im Jahre 1956 eingetretenen Dämpfung der Konjunktur. Ich hoffe aber, daß das im Haushaltsplan 1956/57 veranschlagte Aufkommen - vermindert um einen gewissen Ausfall infolge der bis heute beschlossenen Erleichterungen - noch erreicht werden wird.
Meine Damen und Herren! Ich lasse nun viele sonstige Einzelheiten und manches Wichtige und Wesentliche beiseite, um zu einigen Schlußbemerkungen zu kommen, die ich dem Haushalt 1957 für die Ausschußberatungen auf den Weg geben möchte.
Was in dem Voranschlag an Wünschen und Hoffnungen, Enttäuschungen, neuer tatkräftiger Planung oder weiterlaufender Routine steckt, wird wohl nie ganz ermessen werden können. Bundesregierung und Bundesfinanzminister müssen die Unpopularität auf sich nehmen, die mit der Vorlage eines so gewaltigen Jahresplanes verbunden ist, die Unpopularität bei den vielen, die noch größere Hoffnungen und Wünsche hatten. Wir haben dem Haushalt 1957 den Namen „Haushalt der Stabilität und sozialer Sicherheit" gegeben. Nimmt man alles in allem, so glaube ich sagen zu können, daß auch dieser Haushaltsplan, ebenso wie seine
({93})
Vorgänger, unsere Erwartungen rechtfertigen und sich als eine sichere Grundlage unserer Finanzwirtschaft und für die Fortentwicklung der Volkswirtschaft sowie für die Sicherung der Stabilität der Währung erweisen wird.
({94})
Auch diesmal spiegeln unsere Einnahmezahlen den Optimismus wider, dem die wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren stets entsprochen hat; mehrfach hat sie ihn sogar übertroffen. Was die innere Ausgewogenheit dieses ganzen Instruments bedeutet, habe ich Ihnen zu den Fragen der Stabilität der Preise, der Aufrechterhaltung der Kaufkraft, der Kreditpolitik darzulegen versucht, zugleich aber keinen Zweifel darüber gelassen, daß jetzt die Zeit der Bildung von Überhängen und angestauten Guthaben vorbei ist. Die Finanzminister müssen mit ihren Prophezeiungen vorsichtig sein, weil sie zu oft eines anderen oder besseren belehrt werden. Aber für den Haushalt 1957 möchte ich doch die Prognose stellen, daß er eine ganz bestimmte Epoche unserer Nachkriegsfinanzpolitik abschließt.
({95})
Ihren sozialen Verpflichtungen kommt die Bundesregierung, wie ich Ihnen dargelegt habe, wiederum in einem wesentlich gesteigerten Umfang nach. Beziehe ich die Steuersenkungen mit ein, so ergibt sich: kein Berufsstand in Deutschland, kein Bevölkerungskreis einschließlich der im Eingliederungsprozeß befindlichen Vertriebenen und Flüchtlinge, der nicht von diesem Haushalt eine echte und große Förderung seines Lebensstandards erwarten kann. In unserer ersten Veröffentlichung über den Haushalt 1957 hatte ich gesagt, daß die Bundesregierung die Lösung einer sehr schweren Aufgabe gelungen sei, nämlich der Finanzierung zahlreicher bedeutender neuer Aufgaben und die tatkräftige Fortführung des bisherigen wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Programms.
Ich hatte angefügt, die Bundesregierung dürfe annehmen, daß dieser Haushalt seiner besonderen Aufgabe im Wahljahr 1957 gerecht werden würde. Da dieser Satz viele Kommentare hervorgerufen hat, will ich ihn selber dahin kommentieren, daß der Haushaltsplan 1957 seiner besonderen Aufgabe im letzten Jahr dieser Legislaturperiode gerecht wird, nämlich eine klare und umfassende Übersicht über das Regierungsprogramm dieser Regierung und das bisher Erreichte zu geben.
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Die Risiken, mit denen dieser Haushalt auf den Weg geht, sind allerdings nicht unbeträchtlich. Sie liegen überwiegend in diesem Hause selbst. Aber auch die Bundesregierung wird noch vor harte Proben ihres Stehvermögens gestellt werden. Wir sind beispielsweise glücklich, daß die bisherigen Bundeshilfen für Berlin und Schleswig-Holstein dort echte Wirtschaftskraft geschaffen haben.
({97})
Für das neue Bundesland an der Saar ist in diesem Haushaltsplan nichts eingesetzt,
({98})
da wir noch freie Beträge aus dem jetzt laufenden Jahr haben und der saarländische Haushalt noch nicht vorgelegen hat. Ich glaube aber, daß es bei den in das neue Jahr übertragenen Mitteln für
das Saarland sein Verbleiben nicht haben wird und daß von anderen Haushaltsstellen wesentliche Ersparnisse zugunsten der Saar erbracht werden müssen.
Von manchen anderen Risiken will ich hier nicht sprechen, damit nicht der Eindruck entsteht, daß der Finanzminister noch mit weitergehenden Ausgaben rechnet. Sollten solche Ausgaben beschlossen werden, können sie nur durch Einsparungen an anderer Stelle realisiert werden. Alle Beteiligten, voran der Haushaltsausschuß und die Fachausschüsse dieses Hauses, müssen daher wissen, daß jede Mark Mehrausgabe einen Abstrich an einer anderen Stelle bedeutet.
Der außerordentliche Haushalt des Bundes ist fast in seiner ganzen Größe ein finanzielles Risiko, da mit Sicherheit auch im neuen Jahr Anleiheerlöse, außer für besondere Zwecke, nicht zu erwarten sind. Die deutsche Öffentlichkeit hat sich an diese Speisung des außerordentlichen Haushalts
- er muß besonders auf dem Gebiet des Wohnungsbaues voll bedient werden - aus dem ordentlichen Haushalt schon so gewöhnt, daß der Hinweis, dieser Haushalt schließe mit einem sicheren Defizit ab, beinahe mit Erstaunen aufgenommen wird. Gewiß wird auch diesmal, dank der - im Rechnungsjahr 1957 allmählich abnehmenden
- Kassenguthaben des Bundes, das nötige Geld zur Stelle sein, aber die haushaltsmäßige Schlußbilanz, in der das Geld dann im ordentlichen Haushalt fehlt, wird unerbittlich folgen.
Von allen Risiken das größte ist aber unstreitig das bevorstehende Wahljahr, und ich würde meine ganzen Erfahrungen leugnen, wenn ich dieses Risiko gering einschätzte. Ich kann in dieser Stunde an Sie nur den Appell richten, die Ausgewogenheit dieses neuen Haushalts nicht zu sprengen und bei den späteren Beschlüssen mit beiden Füßen fest auf der Erde zu bleiben. Die Wahlen der letzten Wochen haben gezeigt, daß in der großen Politik Geldgeschenke nicht honoriert werden.
({99})
Für eine stabile Mark wird das deutsche Volk
immer dankbarer sein als für zweifelhafte Gaben.
({100})
Mit allen Kräften und mit Einschluß des Behelfs des Art. 113 GG wird jedenfalls die Bundesregierung den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben des neuen Haushalts verteidigen müssen.
({101})
In der Geschichte der Währungen ist regelmäßig der Finanzminister verantwortlich gemacht worden, wenn eine Gefahr nicht rechtzeitig erkannt und wenn nicht deutlich genug auf sie hingewiesen worden ist. Meine heutige Bitte, aus diesem ausgewogenen Haushaltsentwurf kein finanzielles Abenteuer zu machen, hat die Bedeutung, Sie, meine Damen und Herren, an der Verantwortung zu beteiligen.
({102})
Diesem Haushalt liegt die Absicht zugrunde, unserer Mark ihre Kaufkraft, unserer Währung die Sicherheit und unserem Kredit das Vertrauen zu erhalten.
({103})
({104})
Die deutsche Währung ist heute eine der härtesten der Welt. Dieser Zustand soll sich nicht ändern; denn jede Änderung würde die gesellschaftlichen und sozialen Grundlagen unseres Staates erschüttern.
({105})
Die Bundesregierung hat den Bundeshaushalt 1957 mit dem Gefühl des Maßhaltens aufgestellt, das keine volkswirtschaftliche oder finanzwirtschaftliche Formel zum Ausdruck bringen kann, sondern das einfach das Ergebnis von Erwägungen über den Gesamtumfang der Verantwortung einer Regierung ist. Ich möchte Sie alle bitten, mit einem ähnlichen Entschluß bei den bevorstehenden Haushaltsberatungen nicht zurückzustehen.
({106})
Meine Damen und Herren! Sie haben die Einführungsrede des Herrn Ministers der Finanzen gehört. Die weitere Beratung wird am Mittwoch, dem 12. Dezember, 14 Uhr, beginnen. Die Beratung dieses Punktes der Tagesordnung wird also insoweit unterbrochen.
Ich habe mich noch einer angenehmen Pflicht zu entledigen. Ich sehe soeben in der Diplomatenloge den Herrn Ministerpräsidenten des Saarlandes. Wenn ich nicht irre, war er auch vor einigen Tagen schon einmal hier. Ich möchte ihn in Ihrer aller Namen herzlich begrüßen und der Hoffnung Ausdruck geben, daß wir ihn vom 1. Januar des künftigen Jahres an de jure als Vertreter seines Landes als Mitglied unserer Bundesrepublik zur Linken des Präsidiums sehen werden.
({0})
Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung ist, getragen von dem Bestreben, möglichst die entscheidungsreifen Gegenstände der Tagesordnung heute noch zum Abschluß zu bringen, folgende neue Tagesordnung aufgestellt worden, die den Herren Geschäftsführern der Fraktionen schon unterbreitet worden ist; ich darf sie aber vortragen:
Erstens. Erste Beratung des Lebensmittelgesetzes.
Zweitens. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen.
Drittens. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft.
Viertens. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Zollerleichterungen im Touristenverkehr.
Fünftens. Beratung des Antrags betreffend Grüner Bericht.
Sechstens. Beratung des Mündlichen Berichts über die 62. Verordnung über Zollsatzänderungen; das ist der Punkt, der heute morgen noch auf die Tagesordnung gesetzt worden ist.
Siebentens. Zweite und dritte Beratung des Rechtspflegergesetzes.
Achtens. Die Große Anfrage der DP; sie wird auf Wunsch der Antragsteller heute abgesetzt.
Neuntens. Erste Beratung des Gesetzentwurfs über die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand.
Zehntens. Beratung des Antrags betreffend Verunreinigung der Luft durch Industriebetriebe.
Ob wir heute alle Punkte erledigen werden, weiß ich nicht; es handelt sich um eine vorläufige Aufstellung.
Inzwischen hat eine große Fraktion dieses Hauses gebeten, im Anschluß an die Einführungsrede des Herrn Bundesministers der Finanzen die Sitzung um eine halbe Stunde zu unterbrechen. Ich unterbreche demgemäß die Sitzung bis 12 Uhr 45.
({1})
Die Sitzung wird um 12 Uhr 53 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Becker wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Sitzung fort.
Die Herren von der SPD-Fraktion haben mir mitgeteilt, daß sie alsbald erscheinen werden.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lebensmittelgesetzes ({0}).
Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich eröffne die Debatte. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Es ist vorgeschlagen: Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung
- federführend -, zugleich auch an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Im Ältestenrat ist darüber beraten worden, ob ein Sonderausschuß eingesetzt werden solle oder ob, wenn die Überweisung an bestimmte Ausschüsse erfolgt, diese von sich aus einen Unterausschuß einsetzen sollen.
({1})
- Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben sich untereinander verständigt, daß dieser Gesetzentwurf allein dem Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen werden soll mit der Maßgabe, daß dieser einen Unterausschuß zur Behandlung des Gesetzentwurfs bildet.
Sie haben den Antrag gehört. Wir können hier nur die Überweisung an einen bestimmten Ausschuß beschließen. Die Bildung eines Unterausschusses ist dann Sache des Ausschusses selbst. Wird das Wort noch zu diesem Antrag gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich den Antrag, den Herr Kollege Rasner vorgetragen hat, zur Abstimmung. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Überweisungsantrag ist angenommen.
Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der DP, CDU/CSU, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld
({1})
und Kredit ({2}) ({3}).
({4})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Scharnberg. Herr Abgeordneter Scharnberg hat einen Schriftlichen Bericht*) erstattet. Ich frage, ob noch zur Ergänzung das Wort gewünscht wird. - Das ist anscheinend nicht der Fall.
Ich rufe in der zweiten Beratung auf § 1, - § 2, - § 3, - § 3a,-§ 3b,-§ 3c,-§ 3d,§ 3e,-§ 3f,-§ 3g,-§ 3h,-§ 3i,-§ 4,§ 5. - Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich eröffne die Aussprache. Ich nehme an, das Haus ist einverstanden, daß ich über alle aufgerufenen Paragraphen zusammen abstimmen lasse. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wer für die aufgerufenen Paragraphen ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Gegenstimme angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Ich eröffne die Aussprache. - Ich schließe die Aussprache. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich bitte diejenigen, welche für die Annahme des Gesetzentwurfs im ganzen zu stimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
Enthaltungen? - Bei einer Gegenstimme in dritter Lesung angenommen.
Mir wird eine Erklärung des Herrn Abgeordneten Schmücker vorgelegt mit der Bitte, sie zu Protokoll zu nehmen**). Ich nehme Ihr Einverständnis an.
({5})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Schneider ({6}).
Herr Präsident, darf ich fragen, zu welchem Punkt der Tagesordnung diese Erklärung abgegeben ist?
Zu dem eben erledigten Punkt***).
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({1}) ({2}).
({3})
*) Siehe Anlage 2. **) Siehe Anlage 3. ***) Siehe auch Anlage 4.
Wir treten in die zweite Lesung ein. Der Herr Berichterstatter, Kollege Samwer, hat das Wort.
Samwer ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf Drucksache 794 ist am 17. September 1954 im Plenum des Bundestages in erster Lesung behandelt und ohne Aussprache an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen worden. Im Hinblick auf den seinerzeit gleichfalls dem Bundestag vorgelegten Entwurf eines Bundesleistungsgesetzes, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wesentliche Berührungspunkte aufweist, hat der Ausschuß die Beratung des Entwurfs -- im übrigen im Einverständnis mit dem Bundesministerium für Wirtschaft - zunächst zurückgestellt. Nach Verabschiedung des Bundesleistungsgesetzes ist der Entwurf des Sicherstellungsgesetzes sodann in den Sitzungen des Ausschusses am 28. und 30. November 1956 behandelt worden. Das Beratungsergebnis ist in der Drucksache 2943 niedergelegt.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Bundesregierung und der Bundesminister für Wirtschaft ermächtigt werden, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Vorschriften zur Sicherung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft zu erlassen. Nach der Regierungsvorlage sollen diese Vorschriften ausschließlich der Sicherstellung von Leistungen dienen, die zur Erfüllung von völkerrechtlichen Verpflichtungen des Bundes erforderlich sind. Gedacht war hierbei, als der Gesetzentwurf im Sommer 1954 im Bundestag eingebracht wurde, in erster Linie an die Verpflichtungen der Bundesrepublik aus dem Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft und aus dem Truppenvertrag. Entsprechend der damals vorgesehenen Ausgestaltung dieses Vertragswerkes umfaßten diese Verpflichtungen auch den von der Bundesrepublik zu leistenden Verteidigungsbeitrag. Durch die Regelung, die die Pariser Verträge später gebracht haben, hat diese Ausgangslage eine Änderung erfahren. Es ist deshalb, um das mit der Regierungsvorlage angestrebte Ziel zu erreichen, erforderlich, neben der Sicherstellung der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen auch die Sicherstellung des Verteidigungsbedarfs als gesonderte Zweckbestimmung vorzusehen. Mit dieser Ergänzung entspricht das Sicherstellungsgesetz auch hinreichend dem in § 3 Abs. 2 des Bundesleistungsgesetzes aufgenommenen Vorbehalt.
Weiterhin legte sich der Ausschuß bei seinen Beratungen die Frage vor, ob nicht unter bestimmten Voraussetzungen auch die Sicherstellung von Leistungen zur Deckung des lebenswichtigen zivilen Bedarfs in das Gesetz eingebaut werden solle. Der Ausschuß hat diese Frage in den Sitzungen vom 28. und 30. November 1956 eingehend geprüft. Im Ergebnis bejaht er die Einbeziehung dieser Sicherstellung, da bei internationalen Spannungen auf dem Sektor der zivilen Bedarfsdeckung sehr wohl Lagen eintreten können, die unter Umständen ein rasches Handeln der Regierung erforderlich machen. Er hält es daher für angezeigt, die Bundesregierung bzw. den Bundesminister für Wirtschaft vorsorglich mit einer entsprechenden Ermächtigung zu versehen.
Die drei Zielsetzungen des Gesetzes, also völkerrechtliche Verpflichtungen, Verteidigung und lebenswichtiger Bedarf, sollen nach Auffassung des Ausschusses von der Bundesregierung gleichrangig gewertet werden.
({5})
Besonderen Wert hat der Ausschuß auf eine sachgerechte Begrenzung der Ermächtigung gelegt. Diese erschien ihm vor allem dadurch erreichbar, daß für das Gesetz eine relativ kurze Geltungsdauer festgelegt wird, daß ferner der Vorrang von marktkonformen Maßnahmen vor jedwedem Eingriff im Gesetz ausdrücklich verankert wird und daß endlich der Erlaß von Sicherungsvorschriften nur für den Fall einer ernsthaften Gefährdung der Bedarfsdeckung zugelassen wird.
Meine Damen und Herren, im einzelnen ist zu den beschlossenen Änderungen noch folgendes zu bemerken:
Zu § 1. Die vom Ausschuß für notwendig erachtete Ausdehnung des Zwecks der Ermächtigung macht eine weitgehende Änderung des § 1 erforderlich. Einmal mußte der Inhalt der Ermächtigung der veränderten Zwecksetzung angepaßt werden; zum anderen war es notwendig, die Garantien für eine möglichst eingeschränkte Anwendung der Ermächtigung zu konkretisieren und zu verstärken.
Was den Inhalt der Ermächtigung anlangt, so erschien es nach dem Außerkrafttreten des Energienotgesetzes am 31. März 1956 zunächst erforderlich, im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung zukommt, die Ermächtigung zum Erlaß von Vorschriften auch auf den Energiesektor auszudehnen. Zu diesem Zweck wurde in Abs. 1 die Vorschrift der Nr. 2 neu eingefügt. Sie konnte auf elektrische Energie beschränkt werden, da Gas und Wasser als Waren schon unter die Vorschriften der Nr. 1 fallen.
Außerdem wurde es für sachdienlich gehalten, in der im übrigen aus der Regierungsvorlage übernommenen Vorschrift der Nr. 1 zusätzlich den Tatbestand der Verwendung anzusprechen, um auch die Anordnung von Verwendungsgeboten und -verboten zu ermöglichen.
Umgekehrt vermochte sich der Ausschuß nicht davon zu überzeugen, daß für die in der Regierungsvorlage angestrebte Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsvorschriften über den Transitverkehr und die Auskunftspflicht ein Bedürfnis besteht. Er ist der Ansicht, daß die der Bundesregierung nach der gegenwärtigen Rechtslage auf diesen Gebieten zustehenden Befugnisse auch unter Berücksichtigung der erweiterten Zwecksetzung der Ermächtigung als ausreichend angesehen werden müssen. Er hat daher diese beiden Punkte gestrichen.
Von einer Minderheit wurde verlangt, statt des Begriffs „Waren der gewerblichen Wirtschaft" den eingeschränkten Begriff „Rohstoffe, Halbwaren und Vorerzeugnisse der gewerblichen Wirtschaft" zu setzen. Die Mehrheit hielt aber an dem Begriff „Waren" fest, weil u. a. gewisse Enderzeugnisse, wie z. B. Kraftfahrzeuge, Dieselöl und anderes, in das Sicherstellungsbedürfnis einbezogen werden müßten.
Was den Einbau von Garantien für eine möglichst eingeschränkte Anwendung der Ermächtigung betrifft, so sah die Regierungsvorlage bereits in § 1 Abs. 2 vor, daß Lenkungsvorschriften nur erlassen werden dürfen, wenn das erstrebte Ziel nicht durch Maßnahmen im Rahmen der Wettbewerbswirtschaft erreicht werden kann. An diesem strikten Grundsatz glaubte der Ausschuß entgegen der Auffassung des Bundesrates, der vorgeschlagen hatte, das Wort „dürfen" durch das Wort „sollen" zu ersetzen, festhalten zu müssen.
Mit Rücksicht auf die vorgenommene Erweiterung der Zwecksetzung hielt es der Ausschuß für notwendig, darüber hinaus noch folgende weitere Beschränkungen der Ermächtigung vorzusehen:
a) Der Erlaß von Vorschriften muß auf den Fall einer ernsthaften Gefährdung der Bedarfsdeckung beschränkt werden und ist auch dann nur zulässig, wenn nicht durch andere Maßnahmen, insbesondere durch Einfuhren, Abhilfe geschaffen werden kann; vergleiche § 1 Abs. 2 Satz 2.
b) Ihrem Inhalt nach müssen sich etwaige Vorschriften auf das unerläßliche Maß beschränken. Sie dürfen in die wirtschaftliche Entschließungsfreiheit der am Markt Beteiligten, wozu auch die Verbraucher gehören, so wenig wie möglich eingreifen; vergleiche § 1 Abs. 2 a.
c) Vorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, treten, sofern auf Grund der zwingend vorgeschriebenen Befristung nicht ein früherer Termin festgelegt wird, spätestens mit dem für das Gesetz vorgesehenen Ablauf der Geltungsdauer am 31. Dezember 1957 - § 7 - außer Kraft.
Nach Auffassung des Ausschusses stellen diese in verschiedene Richtungen wirkende Beschränkungen sicher, daß von der Ermächtigung nur zur Verhinderung oder Behebung einer ernsthaften Störung des Wirtschaftsablaufs und auch dann nur in einem hinreichend überprüfbaren Ausmaß Gebrauch gemacht werden kann.
Zu § 2: Der Ausschuß entschloß sich, dem lediglich der Klarstellung dienenden Änderungsvorschlag des Bundesrates, dem auch die Bundesregierung zugestimmt hat, Rechnung zu tragen.
Zu § 3: Entgegen der in Abs. 1 des § 3 der Regierungsvorlage vorgesehenen Regelung sollte die gutachtliche Anhörung von Fachausschüssen nicht zwingend vorgeschrieben, sondern in das pflichtgemäße Ermessen der Bundesregierung bzw. des zuständigen Ministers gestellt werden. Da eine Heranziehung von Sachverständigen auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig ist, konnte diese Vorschrift als entbehrlich gestrichen werden.
Der Vorschrift des Abs. 2 mißt der Ausschuß besondere Bedeutung zu. Um die wünschenswerte Einschaltung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik - gegebenenfalls zur schnellen Sachunterrichtung des Bundestages - zu erreichen, bittet der Ausschuß um die Zustimmung des Bundestages, daß Rechtsverordnungen unmittelbar nach ihrem Eingang bei dem Herrn Präsidenten des Bundestages dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur beschleunigten sachlichen Behandlung zugeleitet werden.
Zu § 4. Durch die Änderung der Fassung soll klargestellt werden, daß Einzelweisungen der Bundesregierung nur zur Ausführung einer nach § 1 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung zulässig sind.
Zu den §§ 5 bis 8. Die Vorschriften der §§ 5 und 5 a entsprechen den in der Stellungnahme der Bundesregierung auf Grund der Anregung des Bundesrates zu § 5 vorgeschlagenen Bestimmungen für einen § 5 und einen § 5 a.
Die Einfügung des § 5 b wurde erforderlich, weil nach der bisherigen Fassung des Art. 10 des Gesetzes über das Bundesamt für die gewerbliche
({6})
Wirtschaft dem Bundesamt nur die Ausführung von Rechtsverordnungen übertragen werden kann, die der Sicherstellung völkerrechtlicher Verpflichtungen dienen. Die Notwendigkeit zur Änderung des Art. 10 des genannten Gesetzes folgt also aus der in § 1 vorgenommenen Erweiterung der Ermächtigung.
Die Bestimmung des § 6 deckt sich mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Neufassung für § 6.
Zu § 7. Die Geltungsdauer des Gesetzes wurde bis zum 31. Dezember 1957 befristet. Die Festlegung eines früheren Termins erschien im Hinblick auf den Ablauf der Legislaturperiode nicht vertretbar.
Auf Grund der beschlossenen Änderungen des Gesetzentwurfes erwies es sich als notwendig, dem Entwurf die aus der Zusammenstellung in dem Mündlichen Bericht - Drucksache 2943 - ersichtliche Überschrift zu geben. Ich bitte das Hohe Haus namens des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses und diesem Bericht wegen der Zuleitung von Rechtsverordnungen im Zuge des § 3 zuzustimmen.
({7})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die Einzelberatung ein.
Ich rufe den § 1 auf und dazu den Änderungsantrag Umdruck 874*) Ziffern 1, 2, 3, 4 und 5. Werden diese Anträge begründet? - Dann darf ich bitten, sie zusammen zu begründen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß wir in unserem Änderungsantrag zu § 1 nicht auch die Streichung der Worte „oder die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs" beantragen, bedeutet nicht, daß wir diesem wichtigsten Teil des Ermächtigungsgesetzes unsere Zustimmung geben; die Ablehnung dieses Teiles können wir nur durch die Ablehnung des gesamten Gesetzes zum Ausdruck bringen.
Der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen, welches merkwürdige Schicksal dieser Gesetzentwurf gehabt hat. Vor mehr als zwei Jahren ist er zu einem völlig anderen Zweck eingebracht worden, und man hat ihn zwei Jahre liegen lassen. In diesen zwei Jahren hat sich die Notwendigkeit, ein solches Gesetz zu erlassen, nicht ergeben. Das Gesetz wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht gebraucht werden. Völkerrechtliche Verpflichtungen fordern aber, daß wir eines Tages wenigstens den ersten Teil des Gesetzes verabschieden; denn wir haben uns in den Pariser Verträgen verpflichtet, ein solches Gesetz zu erlassen. In dieses wahrscheinlich doch nur formale Gesetz sind nun in diesem Zeitpunkt alle möglichen Dinge hineingebracht worden.
Wir beantragen zunächst die Streichung der vom Ausschuß vorgeschlagenen Einfügung der Worte „die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben". Wir haben uns in keinem völkerrechtlichen Vertrag zum Erlaß eines Gesetzes verpflichtet, das uns Bewirtschaftungsmaßnahmen zur „Erfüllung von
*) Siehe Anlage 5. Verteidigungsaufgaben" erlaubt. In den Pariser Verträgen haben wir uns nur zur Erfüllung solcher Aufgaben gegenüber den ausländischen Mächten verpflichtet, die wir in den Verträgen übernommen haben.
Die Bundesregierung hat bei der Beratung der Pariser Verträge immer wieder betont, daß sie die Aufrüstung ohne eine Ermächtigung für Bewirtschaftungsmaßnahmen oder dgl. durchführen werde. Ich bitte, die Protokolle über diese Bundestagssitzung nachzulesen. Und wir haben ja auch seit Beginn der Aufrüstung eine solche Ermächtigung nicht gebraucht. Es hat sich noch kein Tatbestand ergeben, der es notwendig gemacht hätte, eine solche Ermächtigung zu erteilen. Da dieses Gesetz nur ein Jahr gelten soll, wird sich aller Voraussicht nach eine solche Notwendigkeit auch in Zukunft nicht ergeben. Warum sollen also die Worte in das Gesetz? Wozu sollen wir eine überflüssige Ermächtigung erteilen? Jedes Parlament sollte doch streng darauf achten, daß es keines der Rechte, die ihm zustehen, aus der Hand gibt, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Die Worte „die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben" sind nicht notwendig. Es ist eine sehr weitgehende Ermächtigung, und ich habe das Gefühl, daß die große Masse der Kollegen gar nicht weiß, welche Rechte man der Bundesregierung mit einer so weitgehenden Ermächtigung einräumt. Ich habe das Vertrauen in Herrn Minister Erhard, daß er sie nicht ausschöpfen wird; aber wenn ich eine Ermächtigung gebe, muß ich gewärtig sein, daß sie einmal in einer veränderten Zeit in ganz anderer Form in Anspruch genommen wird.
Also, warum diese Worte hineingesetzt worden sind, ist nicht verständlich. Wir beantragen, sie aus dem § 1 Abs. 1 wieder zu streichen.
Ich komme zu dem zweiten Punkt unseres Antrags. Die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen, die hier erteilt werden soll, nicht nur um die Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen. sondern darüber hinaus die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben und vor allem auch noch die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs sicherzustellen. erstreckt sich nach Nr. 1 auf alle Waren. Es können also - natürlich über den Weg der Rechtsverordnung - Bewirtschaftungsmaßnahmen bezüglich aller Waren ergriffen werden. Das können Maßnahmen sein, die jeden Verbraucher in Deutschland betreffen. Auch dazu sehen wir keinerlei Notwendigkeit. Wir würden es für falsch und außerordentlich gefährlich halten, wenn man die Ermächtigung auf ein so weites Gebiet erstreckte und eventuell auch in Anspruch nähme. Deshalb geht unser Antrag unter Nr. 2 dahin, das Gebiet einzuschränken und das Wort „Waren" durch die Worte „Rohstoffen, Halbwaren und Vorerzeugnissen" zu ersetzen.
Meine Damen und Herren, ich habe dem Bericht des Herrn Berichterstatters aufmerksam zugehört. An den Beratungen des Ausschusses habe ich, wie ich glaube, von Anfang bis zu Ende teilgenommen.
({0})
Der Herr Berichterstatter hat als eines dieser Fertigerzeugnisse, für die man eventuell eine Bewirtschaftung vorsehen könnte, Kraftfahrzeuge genannt.
({1})
({2})
Das sollte uns Veranlassung geben, das ganze Gesetz abzulehnen. Wenn wirklich daran gedacht ist, mit Bewirtschaftungsmaßnahmen bis zu den Kraftfahrzeugen zu gehen, wird die Berechtigung unseres Antrags nur um so mehr unterstrichen.
Nun die dritte Forderung, die wir in unserem Änderungsantrag stellen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 soll die Möglichkeit gegeben werden, Rechtsverordnungen „über die zur Errichtung von Bauwerken und zur Vornahme von Instandsetzungsarbeiten aller Art durch Betriebe der gewerblichen Wirtschaft erforderlichen Werkleistungen" zu erlassen. Warum eine solche Möglichkeit in den nächsten Jahren einmal vorhanden sein müßte, darüber hat uns die Regierung bisher noch nicht das geringste Material geliefert. Für das Verlangen nach einer solchen Ermächtigung besteht zur Zeit gar keine Grundlage. Ich wiederhole: wir sollten die Möglichkeiten so beschränken, daß nur das dringendst Notwendige an Ermächtigungen gegeben wird.
Die Punkte 4 und 5 unseres Änderungsantrages sind logische Folgerungen aus dem Punkt 1; denn wenn in § 1 Abs. 1 die Worte „die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben" gestrichen werden, müssen sie auch in den Absätzen 2 und 3 wegfallen.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole noch einmal: Wir Freien Demokraten sind - das ist wohl selbstverständlich - grundsätzlich gegen das ganze Ermächtigungsgesetz. Wenn Sie aber der Meinung sind, daß unter gewissen Umständen, die sich weltpolitisch ergeben haben, ein Ermächtigungsgesetz beschlossen werden sollte, dann muß es so weit wie irgend möglich eingeschränkt werden. Es ist nicht notwendig, die Ermächtigung für die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben zu geben.
Daher sollte dieser Teil aus dem Gesetz gestrichen werden.
({3})
Als Berichterstatter Herr Kollege Samwer.
Samwer ({0}), Berichterstatter: Herr Kollege Atzenroth hat angedeutet, daß der Berichterstatter etwas über Kraftfahrzeuge gesagt habe. Er sei wohl während der ganzen Beratung im Ausschuß zugegen gewesen. Daraus könnte der Zweifel entstehen, ob die Fahrzeuge auch wirklich im Ausschuß genannt worden seien. Ich stelle fest, daß es behandelt worden ist; die Ausdrucksweise von Herrn Kollegen Atzenroth war vielleicht etwas unglücklich gewählt. Im übrigen darf ich bemerken, Herr Kollege Atzenroth, Sie haben in den anderthalb Tagen, an denen wir sehr ernsthaft an dem Gesetz gearbeitet haben, etwa zwei Stunden an den Beratungen teilgenommen.
Zur Sache. Ich meine, daß der Verteidigungssektor schon im Rahmen des EVG-Vertrages einbezogen war. Als dann die Europäische Verteidigungsgemeinschaft - nicht durch unsere Schuld - leider nicht zustande kam - wir sagen immer wieder „leider" -, ist gottlob der Ausweg der Pariser Verträge gefunden worden. Es ist daher ganz natürlich, daß das, was ursprünglich in der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft u. a. vorgesehen war - nämlich die Verteidigung -, nunmehr hier hereingenommen worden ist, insbesondere da in Verfolg der Pariser Verträge die Verteidigung eine deutsche Aufgabe ist. Das haben wir
im Ausschuß als selbstverständlich anerkannt. Das wollte ich hier zur Aufklärung sagen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellwig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich auf wenige Bemerkungen beschränken. Es handelt sich durchaus nicht um eine Materie, die dem Bundestag fremd ist; denn bis zum 30. September 1954 hat auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft das Gesetz für Sicherungsmaßnahmen in verschiedenen Fassungen der Änderungs- und Verlängerungsgesetze bestanden. Dann ist diese Vorlage der Bundesregierung erstellt worden, um den Verpflichtungen aus den EVG-Verträgen zu entsprechen. Die Vorlage hat sich also auf ein Teilgebiet des damaligen Wirtschaftssicherungsgesetzes beschränkt. Es war damals unter der Überschrift „zur Erfüllung völkerrechtlicher Aufgaben" formuliert worden. Herr Kollege Samwer hat schon richtig darauf aufmerksam gemacht, daß bei den damaligen völkerrechtlichen Grundlagen für den deutschen Verteidigungsbeitrag eine Identität zwischen völkerrechtlichen Verpflichtungen und Verteidigungsbedarf bestand. Der Fortbestand dieser Identität in den Pariser Verträgen ist zumindest umstritten, und lediglich zur Klarstellung im Sinne der ursprünglichen Vorlage sind bei der Ausschußberatung die Worte „die Erfüllung von Verteidigungsaufgaben" hineingenommen worden.
Zu der anderen Frage, der Deckung des lebenswichtigen Bedarfs: Wir waren bei der Beratung des Wirtschaftsstrafgesetzes im Ausschuß für Wirtschaftspolitik übereinstimmend der Meinung, daß bei akuten Mangellagen die Preisvorschrift nicht das alleinige Instrument sein, sondern daß der Regierung dann zur Sicherstellung der Deckung des lebenswichtigen Bedarfs ein anderes Instrument, gegebenenfalls mit Eingriffen und Verteilungsmaßnahmen, zur Verfügung gestellt werden sollte. Aus diesem Grunde sind die Worte „oder die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs" eingefügt worden.
Nun folgendes zum Grundsätzlichen: Wer für die freie Marktwirtschaft eintritt, ist, glaube ich, auch über den Zweifel erhaben, daß er freudig oder bewußt auf Formen der wirtschaftspolitischen Beeinflussung verzichten würde, wie sie der Marktwirtschaft zunächst zu eigen sein sollten. Wir sind aber weit davon entfernt, den Kopf in den Sand zu stecken und etwa zu sagen, daß „nicht sein kann, was nicht sein darf" und daß daher der Regierung auch bei bestimmten akuten Versorgungsproblemen kein zusätzliches Instrument für derartige Eingriffe zur Verfügung stehen dürfe. Das Instrument ist ganz klar an die Voraussetzung gebunden, daß für die sachliche Anwendung zunächst eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geschaffen werden muß.
({0})
Ohne diese Verordnung kann keine Bewirtschaftungsmaßnahme auf Grund dieses Gesetzes gemacht werden.
Wir haben uns weiterhin sehr eingehend mit der Frage befaßt, ob die Eingrenzung dieser Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen an eine sachliche Voraussetzung gebunden oder ob sie
({1})
in der zeitlichen Geltungsdauer des Gesetzes gefunden werden sollte. Wir waren der Meinung, daß, wenn eine sachliche Begrenzung erfolge, ein solches Gesetz bereits ein ad-hoc-Gesetz für akute konkrete Mangellagen sein müßte und im Gange seiner Beratung zu entsprechenden Beunruhigungen am Markt mit allen Gefahren spekulativer Ausnutzung führen könnte. Daher waren wir der Meinung, daß die Abgrenzung in der zeitlichen Begrenzung gefunden werden sollte; es bestand Übereinstimmung im Ausschuß, daß die Geltungsdauer dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes zu erlassenden Verordnungen auf den 31. Dezember 1957 begrenzt werden sollte.
Ein kurzes Wort zu der Frage, ob ganz allgemein von „Waren der gewerblichen Wirtschaft" oder von „Rohstoffen, Halbwaren und Vorerzeugnissen" gesprochen werden soll. Es ist äußerst schwierig, hier eine Abgrenzung zu finden, die unserem Ziel, die Ermächtigung möglichst einzugrenzen, gerecht wird. Das Beispiel mit dem Kraftwagen, Herr Atzenroth, - um das klarzustellen - ist ja im Ausschuß nicht etwa diskutiert worden, weil hier Absichten beständen, sondern nur als ein Beispiel, wie unter Umständen bestimmte Eingriffe an das Problem der Abgrenzung zwischen Fertigfabrikaten und Halbfabrikaten stoßen würden. Aber nehmen Sie etwa Dieselöle, die nach den mir bekannten Listen zu den Endprodukten gehören.
({2})
- Ich lasse mich gern berichtigen, wenn das nicht der Fall sein sollte; dann ist meine Auskunft nicht ganz stichhaltig. Aber nehmen Sie etwa Kautschukwaren; da haben Sie ein ähnliches Beispiel, wo bestimmte Veränderungen auf dem Weltmarkt durchaus auf uns zukommen können.
Ich glaube also, man sollte hier nicht zu engherzig sein. Der gesamte Apparat, der zunächst spielen muß, bis eine Rechtsverordnung zustande kommt, ist mit Sicherheit eine Gewähr dafür, daß die von uns beabsichtigten Grenzen nicht überschritten werden.
Ich darf noch auf folgendes Grundsätzliche aufmerksam machen. In diesem Gesetzentwurf wird der Bundeswirtschaftsminister in einer ausschlaggebenden Stellung mit eingesetzt. Wenn die Ermächtigung nach diesem Gesetzentwurf nicht zustande kommt, wird für den Verteidigungsbedarf der Bundesverteidigungsminister auf Grund des Bundesleistungsgesetzes zumindest in allen Einzelfällen von notwendigen Inanspruchnahmen zuständig sein. Ich glaube, daß wir insgesamt mit der Marktwirtschaft besser fahren, wenn der Bundeswirtschaftsminister auf Grund dieses Gesetzes mit zuständig ist, als wenn das Problem auf Einzelinanspruchnahmen nach dem Bundesleistungsgesetz in der Zuständigkeit und unter dem Aspekt nur des Bundesverteidigungsministers zugeschnitten wird. Ich darf Sie daher namens meiner Fraktion bitten, der Formulierung des Ausschusses in der Ihnen vorliegenden Drucksache zuzustimmen und in diesen Punkten die Änderungsanträge der FDP-Fraktion abzulehnen.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst feststellen, daß die Erklärung, die der Herr Berichterstatter hier abgegeben hat, objektiv unrichtig ist. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Berichterstatters - Herr Samwer hat auch beim zweiten Male als Berichterstatter gesprochen -, über die Anwesenheit von einzelnen Abgeordneten in den Sitzungen zu berichten. Das könnte dann doch zu allerlei Erörterungen führen.
({0})
- Nein, meine Damen und Herren, ich bitte, das Protokoll nachzulesen. Ich habe dem Herrn Berichterstatter keinen Vorwurf gemacht. Ich habe aus den Worten des Herrn Berichterstatters entnommen, daß man auch über Kraftfahrzeuge gesprochen hat; das hat meine Bedenken noch verschärft und mir Veranlassung gegeben, sie hier vorzutragen. Darin lag doch kein Vorwurf gegen Sie, Herr Samwer.
({1})
Nun zu den Ausführungen von Herrn H e 11w i g. Was die Erfüllung der völkerrechtlichen Verpflichtungen betrifft, so war die Situation bezüglich des EVG-Vertrages eine andere, als sie es bezüglich der NATO-Verträge ist. Wenn die EVGVerträge zum Zuge gekommen wären, dann wären die Verteidigungsaufgaben in diese völkerrechtlichen Verpflichtungen einbezogen; denn dabei handelte es sich ja um eine gemeinsame Armee. Das ist aber nicht zustande gekommen, sondern der NATO-Vertrag ist abgeschlossen worden; darin aber haben wir uns nur zu einem eingeschränkten Gesetz verpflichtet. Also brauchten wir auch nur das hier aufzunehmen.
Sie sind nicht darauf eingegangen, daß mehr als zwei Jahre seit dem Abschluß der Verträge vergangen sind und daß sich keineswegs die Notwendigkeit herausgestellt hat, ein solches Gesetz in Anspruch zu nehmen. Und wollen Sie mir sagen, daß sich für das nächste Jahr irgendwo eine solche Notwendigkeit abzeichnet? Das würde ich Ihnen mit aller Entschiedenheit bestreiten.
Aber, meine Damen und Herren, Sie sagen, man müsse irgend etwas in der Tasche haben. Warum denn? Wozu ist denn das Parlament da? Sie haben selber gesagt, wie umständlich der Weg über eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ist.
({2})
Ich habe eine viel bessere Meinung von diesem Parlament, und wir haben schon mehrfach bewiesen, daß wir, wenn wir gemeinsam eine Notlage anerkannt haben, einen Gesetzentwurf in erster, zweiter und dritter Lesung an einem Tage im Bundestag verabschieden können. Das geht wesentlich schneller als die hier vorgesehene Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates; denn dann müssen die Entwürfe vom Bundesministerium an neun Länderministerien geschickt werden, dort werden sie innerhalb der Ressorts beraten, und dann müssen sich diese neun oder zehn Stellen zusammenraufen, damit eine Rechtsverordnung zustande kommt. Damit können sehr schnell auftretende Notstände sicherlich nicht behoben werden; das kann der Bundestag viel besser. Wir haben es bewiesen - indem wir einen Initiativgesetzentwurf aller Fraktionen an einem Tage in allen drei Lesungen angenommen haben -, daß wir solche Notstände viel besser regeln können.
({3})
Noch ein Wort, Herr Hellwig. Sie haben vollkommen recht, wenn Sie, um mir das schmackhaft zu machen, sagen, daß solche Ermächtigungen besser in die Hand des Wirtschaftsministers als in die des Verteidigungsministers gelegt würden. Darin bin ich absolut Ihrer Meinung. Aber so lautet die Alternative ja nicht. Die Rechte aus dem Bundesleistungsgesetz liegen beim Verteidigungsministerium, und jetzt wollen Sie noch zusätzlich irgendwelche Rechte geben. Das ist doch etwas ganz anderes als der Vergleich zwischen beiden Ministerien.
Ihre Argumente haben mich also in keiner Weise überzeugen können. Vor allem muß für uns das Argument in den Vordergrund treten, daß sich ein Parlament keines seiner Rechte unnötigerweise begeben soll; es soll vielmehr ängstlich darüber wachen, daß seine Rechte in keiner Weise beschnitten werden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte zu § 1 und den dazu gestellten Änderungsanträgen ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 874*) Ziffer 1. Wer für diesen Antrag stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Abgelehnt.
Antrag Umdruck 874 Ziffer 2. Wer dafür zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen abgelehnt.
Antrag Umdruck 874 Ziffer 3. Wer dafür zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Reihe Enthaltungen - ({0})
- Gut, der Antrag ist zurückgezogen; inzwischen war er schon abgelehnt, das ist aber im Ergebnis egal.
({1})
Ziffer 4. Wer für den Antrag unter Ziffer 4 zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. ({2})
- Ziffer 6 kommt bei § 3; ich danke Ihnen.
Wer für den § 1 in der Ausschußfassung zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
§ 2. Hier liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich eröffne die Debatte. -Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den § 2 in der Ausschußfassung zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
§ 3. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 874 Ziffer 6 vor. Wird er begründet? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hoffmann.
"1 Siehe Anlage 5.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe sehr, daß sich die Mehrheit des Hauses doch in der Lage sehen wird, wenigstens diesen letzten von meinen Freunden und mir unternommenen Versuch zu unterstützen, die in diesem Gesetz vorgesehene weitgehende Ermächtigung zu begrenzen. Wir beantragen, dem § 3 folgenden neuen Absatz anzufügen:
Rechtsverordnungen, die auf Grund des § 1 Abs. 1 erlassen werden, sind auf Verlangen des Bundestages außer Kraft zu setzen.
Es hat im Ausschuß für Wirtschaftspolitik eine längere Aussprache darüber stattgefunden, ob man nicht den Bundestag bei dem Erlaß von Rechtsverordnungen einschalten und neben der Zustimmung des Bundesrates, die verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist, auch die Bedingung aufnehmen könnte, daß der Bundestag zustimmen muß. Man ist mit Mehrheit zu dem Ergebnis gekommen, daß das nicht möglich sei, weil das Verfahren dadurch zu sehr aufgehalten wird. Es ist nicht zu verkennen, daß unter Umständen sehr schnell Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes getroffen werden müssen, und es würde dann zu lange aufhalten, wenn die vorherige Zustimmung des Bundestages erforderlich wäre. Will man aber den Bundestag nicht völlig ausschalten, muß man wenigstens dem Parlament die Möglichkeit geben, durch Beschluß die Aufhebung einer Rechtsverordnung zu verlangen, wenn nach Auffassung der Mehrheit dieses Hauses eine mißbräuchliche Anwendung der weitgehenden Ermächtigung vorliegt.
Dem ist von den Herren Vertretern des Bundesjustizministeriums im Ausschuß entgegengehalten worden, daß dies verfassungswidrig sei und eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung bedeuten würde; denn es sei Aufgabe der Exekutive, nach diesem Gesetz Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassen, und man könne vom Bundestag nicht mehr eingreifen, indem man durch Beschluß verlangt, eine solche Rechtsverordnung wiederaufzuheben.
({0})
Dem möchte ich entgegenhalten, daß dieses Argument meine Freunde und mich in gar keiner Weise überzeugt. Hier liegt eine außerordentlich weitgehende Ermächtigung der Exekutive vor, Gesetzgebungsbefugnisse wahrzunehmen. Dann muß doch derjenige, der diese Ermächtigung gibt, mindestens die Möglichkeit haben, sie zu begrenzen,
({1})
eben durch diese Bestimmung des Gesetzes, die wir Ihnen vorschlagen, nämlich durch das Recht, durch Beschluß die Aufhebung einer so erlassenen Rechtsverordnung zu verlangen.
Abseits dieser verfassungsrechtlichen Meinungsverschiedenheit darf ich auch noch auf ein Politikum hinweisen, das damit in Verbindung steht. Sie werden genauso wie ich beobachtet haben, daß sich im Laufe der letzten sieben oder mehr Jahre die Regierung auf den Grundsatz der Gewaltenteilung immer dann berufen hat, wenn ihr daran lag, die Kompetenzen des Parlaments so eng wie irgend möglich zu begrenzen.
({2})
Es darf doch wohl einmal darauf hingewiesen werden, wenn hier auch nicht die geeignete Gelegenheit ist, in eine Erörterung des Problems der Gewaltenteilung einzutreten, daß historisch die
({3})
Lehre von der Gewaltenteilung aus völlig anderen Motiven entstanden ist, nämlich aus dem Bedürfnis heraus, die Legislative, also die Volksvertretung, und die Justiz gegen mißbräuchliche Anwendung der staatlichen Macht durch die Exekutive zu schützen.
({4})
Meine Damen und Herren, ich darf Sie im Namen meiner Fraktion bitten, wenigstens diesem letzten unserer Änderungsanträge zuzustimmen, damit sich das Parlament mit der Übertragung so weitgehender Vollmachten nicht selbst völlig entmachtet.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Debatte zu § 3. Wer für den eben begründeten Änderungsantrag zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Danke schön; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zu § 3 in der Ausschußfassung. Wer diesem § 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 4, - 5, - 5 a, - 5 b, - 6 - und 7 -- des Gesetzes. Ich nehme an, daß Sie mit der gemeinsamen Behandlung dieser Vorschriften einverstanden sind. Ich eröffne die Debatte. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die eben aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Einleitung und Überschrift; hier gilt wohl die gleiche Abstimmung? - Ich danke Ihnen.
Damit ist die zweite Lesung erledigt. Wir kommen zur
dritten Lesung.
Ich eröffne die Generaldebatte. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich rufe das Gesetz im ganzen einschließlich Einleitung und Überschrift auf und stelle es zur Abstimmung. Ich bitte aber, zuvor zu einer Erklärung zur Abstimmung Herrn Kollegen Kurlbaum zu hören. Ich gebe ihm das Wort.
Im Namen meiner Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Jede Regierung, die ihre Verantwortung gegenüber der Volksgesamtheit ernst nimmt, ist verpflichtet, auch in kritischen Zeiten die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern sicherzustellen. Jede Regierung trägt die Verantwortung dafür, daß ihr rechtzeitig die erforderlichen wirtschaftspolitischen Handhaben zur Verfügung stehen. Das gilt insbesondere für ein Land, das in so hohem Maße von den Weltmärkten für Rohstoffe und Ernährungsgüter abhängig ist wie die Bundesrepublik. Zu dieser Auffassung hat sich die SPD, die für eine freiheitliche Staats- und Wirtschaftsverfassung kämpft, immer bekannt.
({0})
Die Bundesregierung und die hinter ihr stehenden Parteien haben jahrelang jede Auseinandersetzung über Fragen der Wirtschaftspolitik - und das insbesondere während der Wahlkämpfe - mit der Behauptung bestritten, daß sie im Gegensatz zu den Sozialdemokraten die Garanten der wirtschaftlichen Freiheit seien. Sie haben jeden Versuch, sie zu einer aktiven Wirtschaftspolitik zu bewegen, als Zwangswirtschaft östlicher Prägung diffamiert.
({1})
Dadurch ist in weiten Kreisen der Wirtschaft das Gefühl dafür verlorengegangen, daß Regierung und Parlament verpflichtet sind, insbesondere in kritischen Zeiten den wirtschaftlich Starken Schranken aufzuerlegen und die wirtschaftlich Schwachen mit allen dem Staat zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen. Durch diese unverantwortliche Handlungsweise der Bundesregierung und der hinter ihr stehenden Parteien wurde jede Staatsgesinnung in der Wirtschaft systematisch untergraben.
({2})
Heute ist offenbar, wie unwahrhaftig diese Politik war.
({3})
Bei Ausbruch der Suezkrise mußte die Bundesregierung feststellen, daß ihr keine ausreichenden gesetzlichen Möglichkeiten für eigene wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Verfügung stehen. Darum muß heute überhastet und in einem Zeitpunkt, zu dem falsche Schlußfolgerungen in weiten Kreisen der Bevölkerung unvermeidlich sind, ein Gesetz beschlossen werden, das Ermächtigungen nicht nur für die Lenkung von Rohstoffen und Halbfabrikaten, sondern auch Bewirtschaftungsmaßnahmen bis zum Schuh- und Textilbezugschein enthält. Nichts kann die Fragwürdigkeit der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung schärfer kennzeichnen als dieser Tatbestand.
({4})
Nach dem Wortlaut des Gesetzes, über das der Bundestag nun zu beschließen hat, darf die Bundesregierung Bewirtschaftungsmaßnahmen nur ergreifen, wenn der lebenswichtige Bedarf mit marktgerechten Maßnahmen nicht gesichert werden kann. Die SPD-Fraktion hat nicht das Vertrauen, daß die Bundesregierung von den Möglichkeiten dieses Gesetzes einen angemessenen Gebrauch macht, zumal erstens Bundesregierung und Koalition sich stets geweigert haben, vom wichtigsten marktgerechten Mittel zur Verbesserung der Versorgung, nämlich dem Mittel der Zollsenkung, wirksam Gebrauch zu machen,
({5})
und zweitens der Bundeswirtschaftsminister sich trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die SPD- Fraktion geweigert hat, sich einen ausreichenden Einblick in die Wirtschaft und gerade in die Mineralölwirtschaft zu verschaffen, obwohl ihm die Auskunftspflichtverordnung dazu die Möglichkeit gibt. Ohne einen solchen Einblick können wirksame Maßnahmen nicht gedacht werden.
({6})
({7})
Die SPD-Fraktion hat daher auch nicht das Vertrauen zur Bundesregierung, daß sie rechtzeitig so aktiv wird, daß Bewirtschaftungsmaßnahmen vermieden werden können. Die Haltung der SPD-Fraktion zum Wirtschaftssicherungsgesetz ist vom Willen zur politischen Sauberkeit bestimmt.
({8})
Durch die Entscheidung über dieses Gesetz müssen der Bundeskanzler und seine Regierung, insbesondere auch der Bundeswirtschaftsminister, sowie die CDU/CSU-Fraktion in aller Öffentlichkeit bekennen, daß auch sie nicht grundsätzlich auf Wirtschaftslenkungsmaßnahmen verzichten können.
({9})
Es ist die Regierung Adenauer, die mit diesem Gesetz die Grundlage für Bewirtschaftungsmaßnahmen schafft.
({10})
Darin liegt zugleich das Eingeständnis, daß die wirtschaftspolitische Propaganda von Regierung und Koalitionsparteien in den letzten sieben Jahren unehrlich und unverantwortlich war.
({11})
Die SPD-Fraktion wünscht, - ({12})
- Habe ich das Wort noch?
({13})
Meine Damen und Herren, ich bitte, sich allerseits doch in den Äußerungen Zurückhaltung aufzuerlegen.
({0})
- Ich habe gesagt: allerseits.
({1})
Die SPD-Fraktion wünscht, daß diese Klarstellung in aller Eindeutigkeit getroffen wird.
({0}) (C
Sie wird sich daher an der Schlußabstimmung über dieses Gesetz nicht beteiligen.
({1})
Zu einer Erklärung zur Abstimmung Herr Dr. Hellwig!
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn diese Erklärung zur Abstimmung nach unserer Auffassung den dafür gebotenen Rahmen bei weitem überschritten hat,
({0})
werde ich mich auf eine kurze Gegenerklärung namens meiner Fraktion beschränken.
Es ist, gelinde gesagt, eine Verzerrung der tatsächlich betriebenen Wirtschaftspolitik, wenn ihr Unaufrichtigkeit und Unehrlichkeit vorgeworfen wird, weil sie trotz ihrer marktwirtschaftlichen Grundlinie für gewisse Aufgaben auch eine Ermächtigung für Lenkungseingriffe beansprucht. Ich darf die Herren der Opposition daran erinnern, daß von 1949 bis 1954 entsprechende Gesetze bestanden haben und daß die jetzige Vorlage nur die Fortsetzung einer damals geschaffenen Grundlage darstellt.
({1})
Ich kann mich auf diese Erklärung über die tatsächliche Voraussetzung der Vorlage beschränken. Im übrigen ist die Erklärung, die wir soeben gehört haben, kein Dokument politischer Sauberkeit, sondern des Gegenteils gewesen.
({2})
Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die für dieses Gesetz einschließlich Einleitung und Überschrift in dritter Lesung zu stimmen wünschen, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich danke Ihnen.
({0})
Gegenprobe! -- Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
({1})
Ich darf noch auf folgendes ,aufmerksam machen - und bitte um Gehör! -: in § 3 Abs. 2 ist vorgesehen, daß die Rechtsverordnungen auch an den Bundestag bekanntzugeben sind. Der Herr Berichterstatter hat vorgetragen, das Haus möge damit einverstanden sein, daß diese Rechtsverordnungen, wenn sie dem Bundestag zugeleitet werden, automatisch dem zuständigen Ausschuß zugeleitet werden. Ich darf wohl annehmen - die Regelung ist mit dem Herrn Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses besprochen -, daß Sie damit
({2})
einverstanden sind. Ich stelle Ihr Einverständnis hiermit fest.
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juni 1954 über die Zollerleichterungen im Touristenverkehr, dem Zusatzprotokoll vom 4. Juni 1954 hierzu betreffend die Einfuhr von Werbeschriften und Werbematerial für den Fremdenverkehr und dem Zollabkommen vom 4. Juni 1954 über die vorübergehende Einfuhr privater Straßenfahrzeuge ({3});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({4}) ({5}).
({6})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Günther. Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Der Berichterstatter bittet um das Wort; ich erteile es ihm hiermit.
Günther ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will nicht schuld sein, daß Sie Überstunden machen, und möchte mich deswegen in meinem Bericht äußerst kurz halten.
Es handelt sich um Abkommen, die schon 1954 unterzeichnet worden sind und Erleichterungen im Touristenverkehr, die Einfuhr von Werbematerial und Erleichterungen in der vorüber-
» gehenden Einfuhr privater Kraftfahrzeuge betreffen.
Eine Änderung der in der Bundesrepublik bestehenden Gesetzgebung ist zur Durchführung dieses Abkommens nicht erforderlich.
Bei der Beratung im Ausschuß wurden von den Vertretern der Bundesregierung die notwendigen Auskünfte erschöpfend erteilt. Der Ausschuß empfiehlt Ihnen einstimmig die Annahme der Vorlage.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich nehme Ihr Einverständnis damit an, daß ich über die Bestimmungen des Gesetzentwurfs gemeinsam abstimmen lasse. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Artikeln, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf als Ganzem zustimmen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Das Gesetz ist in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Grüner Bericht ({0});
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FVP betr. Maßnahmen zur Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes ({1}).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Es ist vorgeschlagen, die Anträge an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({2}) über den Entwurf einer Zweiundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({3}) ({4}).
Der Herr Berichterstatter verweist auf seinen schriftlich abgegebenen Bericht*).
Der Antrag des Ausschusses lautet: Der Bundestag wolle beschließen,
dem Verordnungsentwurf - Drucksache 2894
- unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Wir sind damit nach interfraktioneller Vereinbarung am Schluß der heutigen Tagesordnung angekommen. Ich danke Ihnen für Ihre Ausdauer.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 12. Dezember, 14 Uhr, mit folgender Tagesordnung ein: 1. a) Erste Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Gewährung eines Vorschusses auf Rentenleistungen nach der Neuordnung der gesetzlichen Rentenversicherungen ({5}) ({6}), b) Erste Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU über ein Rentenvorschußgesetz; anschließend Fortsetzung der ersten Beratung des Haushaltsgesetzes. Der Rest der Tagesordnungen von den Sitzungen dieser Woche wird voraussichtlich am Donnerstag zur Beratung kommen. Das Nähere wird der Ältestenrat noch empfehlen.
Ich schließe die Sitzung.