Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/9/1956

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat wird die heutige Tagesordnung erweitert um die Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Bayernpartei, München, und Antrag der Gesamtdeutschen Volkspartei, Essen, gegen den Deutschen Bundestag, Bonn, auf Feststellung, daß § 6 Abs. 4 des Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956 mit dem Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig ist, Drucksache 2845. Die Tagesordnung wird ferner erweitert um die erste Beratung des von den Abgeordneten Höcherl, Krammig, Niederalt, Leukert, Dr. Jaeger und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Währungs- und Notenbank des Bundes und die Landeszentralbanken, Drucksache 2832. Diese Vorlage soll gemeinsam mit der unter Punkt 2 stehenden Regierungsvorlage beraten werden. Des weiteren ist die Tagesordnung nach dem gestrigen Beschluß des Hauses erweitert um die dritte Beratung des Ladenschlußgesetzes und um die Punkte 15 und 17 der gestrigen Tagesordnung, die in dieser Reihenfolge zu Beginn der heutigen Tagesordnung behandelt werden sollen. In der 162. Sitzung des Deutschen Bundestages ist dem Haushaltsausschuß die Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 4. Vierteljahr des Rechnungsjahrs 1956 - Drucksache 2671 - überwiesen worden. Inzwischen ist dazu ,ein Nachtrag eingegangen, der als zu Drucksache 2671 verteilt ist. Ich nehme an, daß das Haus auch mit der Überweisung dieser Vorlage an den Haushaltsausschuß einverstanden ist. - Ich stelle das fest. In der 97. Plenarsitzung am 13. Juli 1955 ist das Erste Beamtenrechtsrahmengesetz - Drucksachen 1549 und zu 1549 - an die Ausschüsse für Beamtenrecht - federführend -, Kommunalpolitik, Angelegenheiten der inneren Verwaltung, Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen worden. Der Haushaltsausschuß hat mit Schreiben vom 7. November 1956 gebeten, ihm diese Vorlage, die geeignet sei, auf die öffentlichen Finanzen in erheblichem Umfange einzuwirken, nach § 96 ({0}) der Geschäftsordnung gleichfalls zur Mitberatung zu überweisen. Darf ich fragen, ob das Haus bereit ist, diesem Wunsch stattzugeben? - Ich darf annehmen, daß das Einverständnis vorliegt; dann ist so beschlossen. Eine weitere amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesminister der Finanzen hat unter dem 6. November 1956 die Kleine Anfrage 287 der Fraktion der SPD betreffend Zahlungen des Volkswagenwerks für das „Wirtschaftsbild" der CDU - Drucksache 2799 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2833 verteilt. Der Herr Abgeordnete Dr. Dehler hat mit Schreiben vom 8. November 1956 gegen den ihm in der 168. Sitzung erteilten Ordnungsruf Einspruch erhoben. Der Einspruch liegt Ihnen als Umdruck 820*) vor. Nach § 43 der Geschäftsordnung ist dieser Einspruch auf die Tagesordnung der Sitzung des nächsten Sitzungstages zu setzen, und der Bundestag entscheidet darüber ohne Beratung. Ich würde ihn als ersten Punkt auf die Tagesordnung setzen. Ich rufe diesen Punkt der Tagesordnung auf: Einspruch des Abgeordneten Dr. Dehler gegen den ihm in der 168. Plenarsitzung am 8. November 1956 erteilten Ordnungsruf. *) Siehe Anlage 2. ({1}) Eine Aussprache findet nicht statt. Ich nehme an, daß Sie den Umdruck 820 gelesen haben. Ich bitte diejenigen, welche der Beschwerde stattgeben wollen, um das Handzeichen. ({2}) - Wir sind in der Abstimmung, meine Damen und Herren! ({3}) Ich bitte um die Gegenprobe. ({4}) Die Beschwerde ist mit Mehrheit verworfen. Ich darf dann wohl Ihr Einverständnis voraussetzen, wenn ich entsprechend dem zu Eingang der einleitenden Bemerkungen Gesagten nunmehr aufrufe: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({5}) über die Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht: 1. Antrag der Bayernpartei, München - Az. 2 BvE 2/56 2. Antrag der Gesamtdeutschen Volkspartei, Essen - Az. 2 BvE 1/56 gegen den Deutschen Bundestag, Bonn, auf Feststellung, daß § 6 Abs. 4 des Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956 ({6}) mit dem Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig ist ({7}). Darf ich fragen, ob Sie damit einverstanden sind. - Es ist eine sehr kurze Angelegenheit, und es ist meiner Ansicht nach deshalb sehr eilig, weil nach dem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht unser Kollege Dr. Kopf mit der Vertretung des Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht betraut werden soll. Ich bin der Meinung, daß es gut ist, wenn der Kollege Dr. Kopf schon jetzt weiß, daß der Bundestag diesem Ausschußantrag beitritt. - Ich darf wohl, weil ich keinen Widerspruch höre, annehmen, daß Sie mit der Regelung einverstanden sind. Die Drucksache 2845 liegt Ihnen vor. Als Beschluß wird beantragt, daß sich in diesen Streitsachen der Bundestag gegenüber dem Bundesverfassungsgericht äußert und daß der Kollege Bundestagsabgeordneter Dr. Kopf ermächtigt wird, den Bundestag in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zu vertreten. Ich darf wohl annehmen, daß eine Berichterstattung entfallen kann. Ich eröffne die Aussprache und bitte um Wortmeldungen. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wer dem Antrag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht - Drucksache 2845 - zuzustimmen bereit ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Wir kommen dann zur dritten Beratung des von den Abgeordneten Meyer-Ronnenberg, Schneider ({8}), Odenthal, Lange ({9}), Eberhard, Frau Finselberger, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß ({10}); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({11}) ({12}). ({13}) Ich darf darauf verweisen, daß zur dritten Lesung eine Reihe von Änderungsanträgen vorliegen. Es sind die Umdrucke 796, 798 ({14}), 799, 805, 806, 809, 815, 816, 819, 823 bis 828. Die Änderungsanträge beginnen bei § 3. - Eben wird mir noch ein weiterer Änderungsantrag vorgelegt; es ist der auf Umdruck 810*) zur zweiten Lesung gestellte Änderungsantrag. der jetzt als Änderungsantrag zur dritten Lesung wieder eingebracht ist. ({15}) - Liegt nicht vor. Er stimmt aber wörtlich überein mit dem Änderungsantrag Umdruck 810 aus der zweiten Lesung. ({16}) - Bitte sehr!

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So kann nicht verfahren werden. Wir haben gestern, um der FDP Gelegenheit zu geben, ihre Anträge zur dritten Lesung vorzubereiten, die dritte Lesung nicht durchgeführt. Es geht nicht so, daß man jetzt einfach auf den gestrigen Antrag zur zweiten Lesung verweist. Ich darf darauf hinweisen, daß er eine Unsumme von Positionen enthält, die kein Mensch mehr übersehen kann. So kann man nicht verfahren. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich sehe keinen Hinderungsgrund, daß auch noch im Laufe der Beratung Änderungsanträge gestellt werden. Dann müssen sie eben mündlich bekanntgegeben und später verteilt werden. Es gibt außerdem eine Bestimmung der Geschäftsordnung, die ausdrücklich vorsieht, daß über noch nicht schriftlich vorliegende Anträge am Schlusse der Beratung ohne weitere Erörterung abzustimmen ist. Ich eröffne die Generalaussprache. Herr Abgeordneter Ludwig bitte zur allgemeinen Aussprache!

Adolf Ludwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001384, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der Verabschiedung eines recht schwierigen Gesetzes. Die gestrigen Debatten haben das noch einmal aufgezeigt. Der Einzelhandel, die Verbraucher, die Angestellten, die Landbevölkerung, die Gewerbetreibenden, - wir sehen also ganz verschiedene Interessen, Stadt und Land. Vor allem haben wir die Tatsache vor uns, daß in einer großen Anzahl von Städten oder Gebieten bereits freiwillige Vereinbarungen in der Richtung auf das Gesetz getroffen sind. Einigkeit bestand im wesentlichen darin, daß man eine einheitliche Regelung im Bundesgebiet wünschte. Dafür sprechen eine Reihe von Gründen, die gestern eingehend dargelegt wurden; zunächst einmal soziale Belange der Angestellten, die aber erfreu- *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. ({0}) licherweise auch vom Einzelhandel übernommen wurden. Von den Vertretern des Einzelhandels wurde darauf hingewiesen, daß es schwer ist, noch tüchtige Angestellte zu bekommen, wenn eine Gleichstellung mit den Beschäftigten in den gewerblichen Betrieben nicht möglich ist. Dazu kommen natürlich die Wettbewerbsgründe. Hierzu möchte ich noch einmal sagen: auch die Selbständigen ohne fremde Beschäftigte sind durchaus für eine solche Regelung. Es ist ein großer Irrtum, zu sagen, sie müßten frei sein, bis in die Nacht und auch sonntags zu arbeiten. Nein, sie wollen frei sein, d. h. sie wollen auch ihren freien Abend und ihren freien Sonntag. Wir haben bei den Diskussionen sehr viele Selbständige gehört, die uns zum Abschluß eines solchen Gesetzes ermuntert haben. Der Ausschuß hat die Sache sehr ernst genommen und alle Kreise eingehend gehört. Ich kann Ihnen sagen, daß neue Argumente gestern überhaupt nicht aufgetreten sind. Man hat dann den Versuch gemacht, die verschiedenen Interessen miteinander in Einklang zu bringen, und man ist zu einem Kompromiß gekommen. Wenn man zu einem Kompromiß kommt, stehen selbstverständlich noch Wünsche offen. Aber diese Wünsche sind nicht so, daß sie das erstrebte Ziel gefährden könnten. Ich bin deshalb der Auffassung, daß das Ergebnis der Ausschußberatungen den Wünschen wenigstens der überwiegenden Mehrheit der Interessierten entsprechen würde. Wenn es möglich wäre, sich heute auf Grund des Ergebnisses der zweiten Lesung zu einigen, würde wahrscheinlich auch die große Mehrzahl meiner Freunde dem Gesetz zustimmen. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat Frau Abgeordnete Welter.

Emmi Welter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002473, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich komme aus Aachen, und ich darf deshalb feststellen, daß im Aachener Grenzraum ein vorzeitiger Ladenschluß am Samstag für die Geschäftswelt eine unerhörte Belastung bedeuten würde. Jetzt schon ist der Drang, in dem billigeren Holland einzukaufen, so stark, daß durch diese Einkäufe der Aachener Geschäftswelt mindestens ein Monatsumsatz verlorengeht. ({0}) Andererseits sind die Einkäufe, die Belgier und Holländer in Aachen am Samstag tätigen, ein gewisser Ausgleich. Wenn dies nicht mehr möglich ist, ist die Geschäftswelt sehr geschädigt. Aber ich habe nicht das Wort ergriffen, um allein dieses Problem zu behandeln. Der uns vorliegende Gesetzentwurf will den Arbeitsschutz für die im Einzelhandel tätigen Angestellten regeln ohne Rücksicht auf die Belange der Verbraucherschaft. Das Parlament sollte sich bei seiner Entscheidung fragen, ob die von einer Minderheit erstrebten Vorteile gegenüber einer großen Mehrheit, zu deren Lasten sie gehen, verantwortet werden können. Tatsächlich ist es so, daß etwa 1,5 Millionen Einzelhandelsangestellte die mithelfenden Familienangehörigen eingerechnet, mindestens 30 Millionen einkaufenden Verbrauchern gegenüberstehen. Es besteht volle Übereinstimmung darüber, daß den Ladenangestellten ein freier Halbtag gesetzlich gesichert werden muß. Niemand in diesem Hause bestreitet das. Es ist deshalb unverständlich, daß gestern bei den Argumenten für den früheren Ladenschluß am Samstag an unser Verständnis für die Verkäuferinnen appelliert worden ist, Dieses Verständnis haben wir in vollem Umfang. Wir wollen aber, daß der freie Nachmittag nicht gerade auf den Samstag verlegt wird. Wenn das soziale Verständnis für die Verkäuferinnen bei Ihnen so groß ist, dann setzen Sie sich bitte dafür ein, daß die Ladenangestellten, die Verkäuferinnen, die fast zu 80 % fußleidend sind, in den ruhigen Geschäftsstunden eine Möglichkeit zum Sitzen haben. Ich sagte schon, ich bin nicht der Meinung, daß der freie Nachmittag auf den Samstag fallen sollte. Ich spreche, wie ich das gestern schon gesagt habe, für die vielen berufstätigen Frauen in allen Berufen. Kollege Dr. Bürkel hat im Arbeitskreis gesagt, daß allein im Raum Mönchen-Gladbach 80 000 Frauen in der Textilindustrie beschäftigt sind, die praktisch nur am Samstagnachmittag einkaufen können. ({1}) Ich erinnere an die vielen Büroangestellten. Ich möchte auch einmal die Fürsorgerinnen herausheben, die einen besonders schweren Beruf haben und die sehr lange arbeiten müssen; auch sie bleiben völlig unberücksichtigt. ({2}) Um dieser 30 Millionen Menschen willen ist es gerechtfertigt, daß die Einzelhandelsangestellten wie die Angestellten anderer Dienstleistungsbetriebe behandelt werden. Daß die eben genannten Gruppen um der Versorgung der Gesamtbevölkerung willen nicht nur am Samstagnachmittag, sondern auch am Samstagabend arbeiten, hält jeder für selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich ist es, daß ihnen dann an einem anderen Tag ein Ausgleich gewährt wird, und dasselbe Recht müssen auch die Einzelhandelsangestellten haben. Die Behauptung, daß die große Mehrheit der Bevölkerung den freien Samstagnachmittag für die Einzelhandelsangestellten billige, ist ein großer Irrtum. Wir haben gestern von Herrn Kollegen Stücklen schon die Zahlen der Repräsentativumfrage gehört. Wir können noch ein weiteres Argument anführen, nämlich, ({3})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich muß doch wirklich bitten, der Rednerin etwas Gehör zu schenken!

Emmi Welter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002473, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- daß der Umsatz am Samstag mindestens ein Drittel des Gesamtwochenumsatzes ausmacht. Das ist ein schlagendes Argument dafür, daß die Bevölkerung vorwiegend am Samstag kauft. Sowohl bei der eben erwähnten Repräsentativumfrage als auch bei der starken Einkaufspraxis der Verkäufer am Samstag handelt es sich um Querschnitte durch die ganze Bevölkerung. Es sind gerade die Arbeiter und Angestellten, die am Samstagnachmittag einkaufen und die wünschen, auch weiterhin am Samstagnachmittag einkaufen zu können. Es sind die berufstätigen Frauen, die ich eben erwähnt habe, und es sind die 11 Millionen Hausfrauen, deren ({0}) Männer berufstätig sind, die mit ihren Männern zusammen am Samstagnachmittag einkaufen wollen. Es ist der Bevölkerung von maßgebender Stelle mehrmals der Rat gegeben worden, überlegt und preisbewußt einzukaufen. Um überlegt und preisbewußt einkaufen zu können, muß man das Angebot prüfen und aus ihm das Preiswerteste auswählen können. Das gilt besonders für den Einkauf von Gegenständen des gehobenen Bedarfs und des Familienbedarfs. Sie werden aus eigener Erfahrung wissen und zugeben, daß man die notwendigen Lebensmittel und Kleinbedarfsartikel noch schnell nach der Arbeit vor Ladenschluß einkaufen kann, aber nicht größere Sachen, Garderobe, Textilien, Möbel, Lederwaren, Schuhe, kurz alle Dinge, die ins Geld gehen. Meine Herren und Damen, Sie müssen mir zustimmen, wenn ich sage, daß es eine freudige Angelegenheit ist, solche Einkäufe unbeschwert durch Zeitnot am Samstagnachmittag tätigen zu können. Wenn Sie am Samstagnachmittag durch unsere Städte in Nordrhein-Westfalen gehen, sehen Sie Vater und Mutter zusammen mit ihren Kindern, sehen Sie die jungen Leute, die Brautpaare, die Ehepaare, die wirklich hier eine Möglichkeit haben, gemeinsam den Einkauf zu tätigen. Das wissen nicht nur wir, daß das eine freudige und schöne Sache ist, das weiß die zivilisierte Welt. Soviel mir bekannt ist, besteht nur in Dänemark die gesetzliche Samstagladenschlußregelung mit vielen Ausnahmen, sonst aber in keinem anderen europäischen Land und auch nicht in Amerika. In diesem Hause wird als Argument für den Samstagladenschluß immer wieder angeführt, daß die Bevölkerung sich in Hamburg, München und in anderen Städten längst mit dem Ladenschluß am Samstagnachmittag abgefunden habe. Mit dem Wort „abgefunden" ist alles gesagt. Das Wort „freiwillig" weise ich aufs entschiedenste zurück. Hier ist keine freiwillige Vereinbarung zwischen Einzelhandelsangestellten und Verbraucherschaft zustande gekommen, sondern eine einseitige Regelung, mit der sich die Verbraucherschaft abfinden muß. Es bleibt der Bevölkerung in jenen Gegenden nichts anderes übrig, als sich mit dem behördlich angeordneten Zustand abzufinden, ({1}) was keineswegs einer Zustimmung gleichkommt. Wenn man die verschiedenen Regelungen in den einzelnen Ländern für richtig hält, muß man sagen, daß der Samstagnachmittagladenschluß z. B. für Nordrhein-Westfalen in wirtschaftspolitischer Hinsicht mehr als verhängnisvoll sein würde. Nur ein Gesetz, wie es der Entwurf Kühlthau vorsieht, kann allen Verschiedenheiten gerecht werden. Durch ein solches Gesetz ist garantiert, daß die Einzelhandelsangestellten einen freien Halbtag bekommen und daß die Ladenschlußzeiten regional nach den verschiedenen Gegebenheiten geregelt werden können. In Württemberg hat sich der freie Mittwochnachmittag eingebürgert. Ich könnte mir vorstellen, daß für andere Länder der Montagvormittag der beste freie Halbtag wäre. Zudem ist der Entwurf Kühlthau einfach und übersichtlich. Im Gegensatz dazu ist der vorliegende Gesetzentwurf unübersichtlich; er enthält jetzt schon elf Ausnahmen, und nach den Anträgen soll ihre Zahl noch vermehrt werden, so daß er eigentlich nur noch einen Katalog von Ausnahmen zu dem § 3 darstellt. Die Illusion, daß die Aufsicht über die Durchführung dieses Gesetzes einfach wäre, muß ich Ihnen nehmen. Ich komme zum Schluß. Als Sprecherin für unsere berufstätigen Frauen, für unsere Hausfrauen und Mütter und für die Mehrheit der Bevölkerung appelliere ich an das Hohe Haus, diesem Gesetz die Zustimmung zu versagen, damit durch eine andere Regelung nicht nur den Einzelhandelsangestellten ein freier Nachmittag, sondern auch der gesamten Bevölkerung die Einkaufsfreiheit gesichert wird. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme nicht aus Aachen, sondern aus Fulda, gerate aber trotzdem nicht in die Gefahr, dieses Problem aus der örtlichen Perspektive zu sehen, und auch nicht in die Gefahr, es nur aus der Perspektive eines Personenkreises zu betrachten. Es ist wirklich notwendig, einmal zu überlegen: Wie kann man zu einem Kompromiß kommen, der allen Beteiligten einigermaßen zuzumuten ist? Ich glaube, die Schwierigkeit des Problems ist uns schon bei der gestrigen Diskussion sehr klargeworden. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß quer durch das ganze Parlament die verschiedensten Meinungen in den einzelnen Fragen vertreten werden. Ich darf Ihnen die Schwierigkeit auch noch durch den Hinweis deutlich machen, daß es der Regierung weder im 1. noch im 2. Bundestag gelungen ist, die angeforderte Regierungsvorlage zu unterbreiten. Also anscheinend waren große Schwierigkeiten nicht nur in diesem Hohen Haus, sondern auch in der Regierung vorhanden. Das ist die Situation. Dem Kollegen Ludwig möchte ich folgendes sagen. Ich bin dafür dankbar gewesen, daß man im Ausschuß so verständigungsbereit war. Man hat die Probleme lange diskutiert. Wir haben uns dann aber zu einer breiten Mehrheit zusammengefunden, wobei der eine oder andere höchstens einmal gegen eine einzelne Bestimmung war. Was Ihnen als Vorlage des Ausschusses unterbreitet wurde, ist von einer breiten Ausschußmehrheit getragen. Entnehmen Sie daraus, daß man Argumente auch wirklich gegeneinander abgewogen hat. Die Auffassungen waren von vornherein nicht einheitlich. Gestern ist schon einmal gefragt worden: War es überhaupt notwendig, zu einer bundeseinheitlichen Regelung zu kommen, oder hätte man die Regelung nicht den Ländern überlassen können? Meine Damen und Herren, es wäre zweifellos das Bequemste für uns gewesen, zu sagen, das mögen die Länder ordnen. Aber ich glaube, man kann im politischen Bereich nicht immer den bequemsten Weg gehen, sondern man muß den vernünftigsten Weg beschreiten. Sollen wir diesen Streit auch noch in sämtliche Länderparlamente verlagern? Glaubt man wirklich, daß man dort mit dem Problem leichter fertig wird? Ich glaube es nicht. Die Regelung muß ja einigermaßen auf alle Länder ({0}) zugeschnitten sein. Deswegen halte ich eine bundeseinheitliche Regelung, soweit sie möglich ist, für richtig. In dem Gesetz werden ja bestimmte Vollmachten erteilt, die Dinge differenziert zu regeln, die differenziert geregelt werden müssen. Darüber ist gestern schon etwas gesagt worden. Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Welter hat soben von der Rücksichtnahme auf den Verbraucher gesprochen. Ich werde dazu noch etwas sagen. Wir dürfen auch die Rücksichtnahme auf die Menschen im Einzelhandel nicht vergessen. ({1}) Damit meine ich nicht nur die Arbeitnehmer im Einzelhandel, sondern auch die Geschäftsleute, die Geschäftsinhaber, die unbestrittenermaßen heute eine Arbeitszeit haben, die wesentlich über der durchschnittlichen Arbeitszeit liegt. Diese Tatsache kann man nicht leugnen. Daher muß auch die andere Seite auf diese Gruppe von Menschen Rücksicht nehmen. Ich glaube, auch das muß deutlich gesagt werden. Es sind weitergehende Wünsche geäußert worden, als sie in diesem Gesetz verwirklicht sind. Die weitergehenden Wünsche konnten nicht berücksichtigt werden, weil die Rücksichtnahme auf den Verbraucher auch eine gewisse Grenze im Entgegenkommen an die andere Seite vorschreibt. Wir haben gerade mit Rücksicht auf den Verbraucher manche Wünsche nicht erfüllen können. Ich glaube, daß in der Zukunft niemand gehindert wird, seine Kaufbedürfnisse zu befriedigen, und zwar sie ordentlich zu befriedigen, d. h. auch die Zeit zur Auswahl der Dinge zu haben, die er kaufen will. Hier geht es wirklich darum, die Interessen der beiden Gruppen gegeneinander abzuwägen: auf der einen Seite Einzelhandel und Einzelhandelsangestellte, auf der anderen Seite Verbraucher. Frau Kollegin Welter hat auf das sogenannte rollierende System hingewiesen, das im Antrag Kühlthau enthalten ist. Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß dieses System für uns deshalb nicht paßt, weil eine ausreichende Überwachung unmöglich ist und weil es auch für den Verbraucher gewisse Unsicherheiten enthält. Der Verbraucher weiß ja nicht, wann dieses oder jenes Geschäft geöffnet oder geschlossen ist. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit der Versicherung schließen, daß wir uns sehr ernsthaft um diesen Kompromiß bemüht haben. Ich wäre wirklich dankbar, wenn wir dieses Gesetz heute in einer guten Form verabschieden könnten. Wir werden bei Gott nicht allüberall Beifall finden. Aber die Materie muß ja einmal vom Tisch weg, es muß hier eine Ordnung erfolgen, und ich glaube, daß man sich draußen dann verhältnismäßig schnell beruhigen wird. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Meine Damen und Herren, es stehen noch sieben Redner zur Generaldebatte auf der Liste. Ich darf wohl im allgemeinen Interesse den Wunsch aussprechen, daß das, was wir alle schon einmal gehört haben, wenn es noch einmal zu sagen ist, vielleicht in sehr prägnanter Form vorgetragen wird. Ich bitte weiter alle diejenigen, die sich zum Wort melden, dies in der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Weise zu tun. Es ist oft nicht möglich, zu sehen, ob ein erhobener Finger eine Wortmeldung oder eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung sein soll. Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Aus der sehr heftigen Debatte in der zweiten Lesung und, wie wir annehmen können, auch in der dritten Lesung hat sich gezeigt, welch großes Interesse diese Materie in allen Teilen dieses Hauses findet. Deswegen sehe ich keine schlechte Sache darin, daß sich so viele Redner zum Wort gemeldet haben. Wir haben es bei so vielen anderen Fragen nicht auf die Zeit ankommen lassen können und dürfen es hier auch nicht tun. ({0}) Dieses Gesetz ist nach unserer Meinung eines der schlechtesten Gesetze, die dieser Bundestag verabschiedet hat, ({1}) und er hat schon viele schlechte Gesetze gemacht. ({2}) - Herr Sabel, ich bin ja von Anfang an gegen dieses Gesetz, ({3}) weil es in der Grundlage ein schlechtes Gesetz ist. ({4}) - Herr Pelster, den Einwand „Deshalb haben Sie nicht mitgearbeitet" muß ich zurückweisen. Meine Ausführungen werden Ihnen noch beweisen - ich glaube, die Öffentlichkeit kann das kontrollieren -, daß ich in der Sache bewandert bin. Sie können mir nicht den Vorwurf machen: „Sie haben nicht mitgearbeitet!" Das ist ein völlig abwegiger Vorwurf, gerade mir gegenüber. ({5}) Die Erfahrungen des 1. Bundestages sollten uns davon abschrecken, diesen Fragenkomplex gesetzlich regeln zu wollen, der so vielgestaltig ist und sich praktisch tatsächlich einer gesetzlichen Regelung entzieht. Herr Kollege Sabel hat immer wieder vorgetragen: Diese Frage muß angepackt werden. Er hat aber niemals gesagt, warum sie angepackt werden muß. Er hat die Schwierigkeiten selber aufgezeichnet, aber nicht die sich logisch daraus ergebende Folgerung gezogen, daß man eine so schwierige Materie eben nicht auf der Bundesebene gesetzlich regeln darf. Die Formulierung des Gesetzes beweist deutlich: es besteht zum großen Teil aus Ausnahmen. Viele Fragen werden erst auf dem Verordnungswege gelöst werden können. Es ist also, kurz gesagt, der Torso eines Gesetzes und kann auch nichts anderes sein. So wie fast alle Gesetze, die in der letzten Zeit aus dem Bundesarbeitsministerium kommen, ist es im Aufbau und auch in der sprachlichen Gestaltung überaus mangelhaft. Es ({6}) trägt darüber hinaus in stärkstem Maße dirigistische Züge. ({7}) - Ressortmäßig kommt es aus dem Arbeitsministerium. ({8}) Es muß hier einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß diese Tendenz, diese Abkehr von der Marktwirtschaft einer der Gründe für unseren Austritt aus der Koalition gewesen ist, in die wir damals gemeinsam zur Durchführung der Sozialen Marktwirtschaft gegangen sind. Wenn der Herr Kollege Schmidt ({9}) gestern die von ihm erstrebte künftige Bundesregierung zitiert hat, so möchte ich dazu sagen, daß diese, wenn sie so kommt, wie er sie sich vorstellt, ihre helle Freude an diesem Gesetz haben wird. Es ist in der Debatte schon mehrfach herausgestellt worden, daß in diesem Gesetz zwei Fra-genkomplexe miteinander verbunden werden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. ({10}) Die Arbeitszeit der Angestellten ist ein sozialpolisches, ein arbeitsrechtliches Problem, die Öffnungszeit der Ladengeschäfte ist eine absolut wirtschaftliche Frage. Die Verbindung ist nur gewaltsam hergestellt. Aus dem Bericht des Ausschusses für Arbeit ergibt sich deutlich, daß die arbeitspolitischen Fragen bei ihm im Vordergrund gestanden haben. ({11}) - Selbstverständlich, das ist zu verstehen. - Deshalb ist es besonders bedauerlich, daß der für die andere Seite verantwortliche Ausschuß nicht die Zeit gehabt hat, sich ausführlich mit dieser Materie zu beschäftigen. ({12}) - Der Vorsitzende ist von Ihrer Fraktion gestellt. Also den Vorwurf der Verschleppung sollten Sie nicht machen. ({13}) - Verzeihung, es war Herr Dr. Schöne: er war in dieser Zeit Vorsitzender. ({14}) - Seit dem Tode von Herrn Naegel. ({15}) Es scheint auch beim Arbeitsministerium selbstverständlich die Tendenz gewesen zu sein, gerade arbeitsrechtliche Fragen hier in den Vordergrund zu stellen. Wie aber der Bundeswirtschaftsminister, der Verteidiger der Marktwirtschaft, der sein Kartellgesetz so zäh verteidigt, diesem Gesetz seine Zustimmung geben kann, ist mir unerfindlich. Dieses Gesetz greift, wirtschaftlich gesehen, in stärkstem Maße in die Wettbewerbsverhältnisse ein. Man kann es geradezu als ein Zwangskartell bezeichnen. Die Unternehmer werden gezwungen, unwirtschaftlich zu arbeiten. Sie können ihre Dispositionen nicht so einrichten, wie sie sich aus ihrer wirtschaftlichen Vernunft ergeben, sondern sie werden von dem Gesetz gelenkt und geleitet. Es (' wird zu starken Wettbewerbsverschiebungen kommen. Andere Vertriebs- und Verteilungsformen werden sich bilden oder da, wo sie sich schon gebildet haben, sich verstärken; denn das praktische Leben findet immer wieder Mittel und Wege, schlechte Gesetze zu neutralisieren. Diese Mittel werden sich dann wahrscheinlich aber vor allem gegen den Mittelstand, gegen den kleinen und schwächeren Unternehmer richten. Gerade deswegen sind die Anträge meiner Fraktion gestellt worden. Die Haltung derjenigen Kreise, die immer bekunden, daß sie für den Mittelstand eintreten, ist uns unverständlich. Der große Unternehmer kann und wird ausweichen, auch wenn ihm das Gesetz an vielen Stellen Fesseln anlegt. Der kleine Unternehmer dagegen kann das im allgemeinen kaum, und man sollte ihm - gerade ihm! - deswegen seine Bewegungsfreiheit und seine Verfügungsfreiheit nicht einschränken. Die Maßnahmen dieses Gesetzes richten sich daher in erster Linie, zumindest in ihrer Wirkung, gegen den kleinen und kapitalschwächeren Unternehmer. Die schwerwiegenden Einwände, die vom Standpunkt der Verbraucher gegen das Gesetz zu erheben sind, will ich nicht vortragen, dazu wird meine Kollegin bei der Begründung unserer Anträge noch einmal sprechen. Ich halte also diese Einwände nicht für geringfügig; sie gehören vielmehr zu den wichtigsten und durchschlagendsten. Nun zu dem eigentlichen Anliegen des Ausschusses für Arbeit, dem Schutz der Angestellten im Einzelhandel. Dieser Schutz ist auch unser Anliegen, und wir verwahren uns dagegen, wenn von dem Kollegen Schneider Vorwürfe in dieser Richtung gegen uns erhoben werden. Wir wollen dem Angestellten im Einzelhandel im ganzen Umfange dieselben arbeitsrechtlichen Schutzmaßnahmen zugestehen wie jedem anderen Arbeitnehmer. ({16}) Zunächst einmal müssen wir überlegen, welche Schutzvorschriften schon gesetzlich verankert sind, und wenn wir das tun, dann können wir feststellen, daß es in hohem Maße bereits der Fall ist. Einer der Kollegen - ich glaube, es war Herr Meyer-Ronnenberg - hat davon gesprochen, daß in einzelnen Geschäften des Einzelhandels bis zu 76 Stunden gearbeitet wird. ({17}) - Wir wollen es im Protokoll nachlesen. ({18}) - Dann war es Herr Schneider. - Wenn das der Fall ist, dann ist es doch eigentlich ein Beweis, daß die bestehenden Gesetze übertreten worden sind und daß der Gesetzgeber entgegen seiner Pflicht die Augen zugemacht hat. Meine Damen und Herren, wollen Sie das damit ändern, daß Sie nun ein neues Gesetz machen? Wird dann die Regierung anders handeln? Das anzunehmen ist doch eine Utopie! Wir sollten uns also zunächst einmal vornehmen, den bestehenden Gesetzen Nachdruck zu verleihen und neue Gesetze nur insoweit zu schaffen, als es erforderlich ist, wenn wir erkennen, daß in der bestehenden Gesetzgebung noch Lücken vorhanden sind. ({19}) ) Ich habe schon in der zweiten Lesung ausgeführt, daß man es einfach nicht verantworten kann, zu fordern, daß alle Menschen in Deutschland zur gleichen Zeit arbeiten. Es ist ja auch nicht das echte Anliegen aller Angestellten im Einzelhandel, ihre Freizeit unbedingt an den Samstagnachmittagen zu haben. Die Angestellten wären zum großen Teil sehr froh, wenn sie sich aussuchen könnten, an welchem Tage sie ihre Freizeit erhalten, und nicht gezwungen wären, an einem Tag, der möglicherweise für ihre Dispositionen völlig ungeeignet ist, von der Arbeit fernzubleiben. Sodann ist der Einwand gemacht worden, daß ein Nachwuchsmangel im Einzelhandel eintreten würde, wenn man dieses Gesetz nicht schaffen sollte. ({20}) - Das war Ihre Meinung, Herr Stücklen. Ich will Ihnen da etwas erwidern. Es ist gleichzeitig gesagt worden, daß die Regelung, die hier unter gesetzlichem Zwang vorgeschrieben werden soll, freiwillig an anderen Stellen - es wird Schleswig-Holstein genannt - durchgeführt worden ist. Wenn Sie vergleichen, ob der Einzelhandel in Schleswig-Holstein einen besseren Zugang an Nachwuchs hat als etwa Nordrhein-Westfalen, werden Sie selbst feststellen, daß davon gar keine Rede sein kann. In den Jahren, in denen sich dieses System, das hier mit Zwang durchgesetzt werden soll, angeblich bewährt hat, hat sich in der Nachwuchsfrage durchaus kein Unterschied ergeben. Es liegen genau die gleichen Verhältnisse vor. ({21}) - Es ist nicht allein Schleswig-Holstein. Ich habe nur Schleswig-Holstein genannt, weil mir im Moment nicht alles einfällt, was Herr Meyer-Ronnenberg hier vorgetragen hat. Es sind auch noch andere Bezirke genannt worden. Aber noch ein Wort zu dem hier angeführten Beispiel. Man sagt, wenn es sich irgendwo bewährt habe, dann könne es kein schlechtes Gesetz sein. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Wenn es sich auf freiwilliger Basis bewährt hat, dann - so folgere ich jedenfalls daraus - braucht man kein Gesetz, dann wird es sich überall dort durchsetzen, wo es notwendig ist und wo es die Menschen wollen und für zweckmäßig erachten. ({22}) - Ja, das ist eigentlich eine Auffassung, die in Ihrer Richtung liegt. Aber wenn man die Tugend erst ermuntern muß, dann ist es nur noch eine halbe Tugend. ({23}) Dem Anliegen der Angestellten, ihnen einen Schutz zu gewähren, würde am besten dadurch gedient, daß man dem Vorschlag des Kollegen Kühlthau beipflichtete. Er müßte allerdings, wie ich schon ausgesprochen habe, dahingehend überprüft werden, ob er nicht Maßnahmen enthält, die schon gesetzlich festgelegt sind. Man müßte sich auf eine Ergänzung der bestehenden Gesetze beschränken. Damit wäre dem echten und von uns allen anerkannten Anliegen der Angestellten im Einzelhandel in vollem Umfang Rechnung getragen, und wir brauchten kein Gesetz, das nun auch andere Kreise unter Zwang stellt und mit dem man - ich werde noch kurz darauf eingehen; ich glaube, auch Herr Kollege Ludwig hat das in seiner Begründung noch einmal erwähnt, zumindest hat es aber Herr Lange ausgeführt - auch einen gewissen Schutz des Unternehmers selbst bezweckt. Meine Damen und Herren, wenn Sie die Arbeitszeit des Unternehmers gesetzlich regeln wollen, dürfen Sie nicht hiermit Schluß machen, dann müssen Sie auch festlegen, wann der Arzt, wann der Rechtsanwalt und wann der freischaffende Künstler arbeiten darf. ({24}) Aus der Begründung geht doch hervor, daß Sie dem Unternehmer, der selbständig sein will und eben nicht im Angestelltenverhältnis arbeitet, der Initiative entfalten will, Fesseln anlegen wollen, indem Sie sagen: du darfst nur um die und die Zeit arbeiten, in der anderen Zeit darfst du nicht arbeiten. ({25}) Das sind Maßnahmen, die sich mit unserer Marktwirtschaft nicht vertragen und die wir unter allen Umständen ablehnen. ({26}) - Dann fragen Sie einmal Ihren Minister Erhard, wie er zu dieser Marktwirtschaft steht! ({27}) - Sie verstehen die Marktwirtschaft anders als Ihr Herr Minister? ({28})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Herr Kollege Atzenroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Jawohl.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Atzenroth, sind Sie der Meinung, daß wir immer nur von Schutz gesprochen haben? Wir haben nicht von Schutz gesprochen - Dr. Atzenroth ({0}) : Herr Lange hat davon gesprochen.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, wir haben festgestellt, daß der kleine Unternehmer genau dieselben Anteile am sozialen Fortschritt beanspruchen kann.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Einen Augenblick! Eine Fr a g e ist gestattet. Ich bitte, die Frageform zu wählen.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gut, dann in der Form einer Frage: Haben Sie nicht von gestern noch in Erinnerung, daß wir feststellten, daß der kleine Unternehmer denselben Anteil an den sozialen Fortschritten haben muß und mit Recht beansprucht wie der Angestellte? Das war der Tenor unserer Überlegung.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Zunächst einmal haben sich meine Bemerkungen auf die Erklärung von Herrn Lange bezogen. Aber ich will Ihre Frage voll und ganz beantworten. Selbstverständlich soll auch der kleine Unternehmer vollen Anteil an dem sozialen Fortschritt erhalten. Aber er soll nicht unter Zwang gestellt werden. Deswegen ist er Unternehmer. ({0}) - Der Angestellte steht dadurch unter einer gewissen Bedrückung, daß er in einem gewissen Rahmen nicht selbst über seine Geschicke bestimmen kann, obwohl unsere Gesetze ihm da ja schon weithin Erleichterung verschaffen. Aber der Unternehmer ist bewußt selbständig. Er will frei sein, er will handeln, er will in seiner Initiative nicht beschränkt sein. Dann ist er erst Unternehmer. Den anderen betrachte ich nicht als einen Unternehmer. ({1}) Nur der Gesetzgeber handelt weise, der sich darauf beschränkt, nur dort in Erscheinung zu treten, wo die Masse der Bevölkerung es für notwendig erachtet. Dies er Gesetzgeber scheint nicht den Anspruch erheben zu wollen, weise genannt zu werden. Wir jedenfalls werden dieses Gesetz ablehnen. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Böhm.

Dr. Franz Böhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000215, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Gesetz, das wir hier zu beraten haben, werden drei verschiedene Fragen geregelt. Erste Frage: der freie Halbtag für die unselbständigen Angestellten. Ober diese Frage gibt es in diesem ganzen Hause, soviel ich gesehen habe, keine Meinungsverschiedenheit. Alle, wie wir hier sitzen, sind wir für ein Gesetz, das den Angestellten des Einzelhandels das Recht auf einen freien Halbtag in der Woche gibt. Insofern stimmen alle dem Gesetz zu. Die zweite Frage ist die Erstreckung dieses Sozialschutzes auf die selbständigen Einzelhändler. Hier wird die Sache schon wesentlich problematischer. Das hat soeben Herr Atzenroth sehr richtig und sehr exakt herausgearbeitet. Den sozialen Schutzgesetzen müssen die unselbständigen Erwerbstätigen unterstehen. Diejenigen aber, die selbständig sind, treffen für sich persönlich eine Entscheidung, die besagt: Wir übernehmen unter Verzicht auf Sozialschutz Daseinsrisiken. Nun wäre ich persönlich anders als Herr Kollege Atzenroth bereit, diesen Sozialschutz auch für die kleinen Einzelhändler, also für die kleinbetrieblichen Einzelhändler, zuzugestehen. Der Augenschein lehrt ja, daß solche Einzelhändler, die ähnlich wie die Handwerker ihre eigenen Arbeitnehmer sind, die also sowohl als Unternehmer ihr Geschäft leiten als auch in ihrem Geschäft als Verkäufer mitarbeiten, wenn keine gesetzliche Einschränkung der Verkaufszeit erfolgt, einer Belastung durch die Arbeitszeit ausgesetzt sind, die - davon bin ich überzeugt - gesundheitsschädliche Folgen haben kann. Diese Belastung kann insbesondere auch dazu führen, daß dieser Teil des selbständigen Mittelstandes von dieser Seite her seine Leistungsfähigkeit verliert. Hier müssen wir viel tiefer eingreifen. Wir müssen nicht nur in die Freiheit der kleinen selbständigen Unternehmer eingreifen, sondern wir müssen auch in die Dispositionsfreiheit solcher großbetrieblichen Unternehmen eingreifen, die ohne weiteres an jedem Wochentag von morgens bis abends verkaufen könnten, und zwar unter strikter Innehaltung der sozialen Bestimmungen, wonach der freie Halbtag für die Angestellten gewährt wird. Bei solchen Unternehmen wird überhaupt kein Mensch überbeansprucht, weil hier die Leitung des Unternehmens und der Verkauf vollständig getrennt sind. Es handelt sich hierbei um die Warenhäuser, die Einheitspreisgeschäfte usw. Wenn wir haben wollen, daß der soziale Schutz für die Einzelhändler, die Kleinbetriebe haben, nicht die Konkurrenzfähigkeit dieser kleinen Einzelhändler gegenüber den Großbetrieben beeinträchtigt, müssen wir auch den Warenhäusern und den Einheitspreisgeschäften vorschreiben, einen halben Wochentag zu schließen. Das ist ein sehr scharfer Eingriff. Wir haben in der Woche 12 halbe Tage. Wenn wir nun in einem Gesetz sagen, an einem halben Tag muß jedes Einzelhandelsgeschäft - ob groß, ob klein - geschlossen haben, bedeutet das - wenn wir einmal annehmen, daß der Zeitpunkt des Schließens freigestellt wird, sich also eine gleichmäßige Verteilung auf die Halbtage ergibt -, daß die gesamte Verkaufszeit des Einzelhandels im ganzen Bundesgebiet um ein Zwölftel verringert wird. Das bedeutet aber nicht, daß der Umsatz verringert wird, sondern der Umsatz muß dann an den restlichen Tagen von der gleichen Zahl von Geschäften bewältigt werden. Ich könnte mir denken, daß das vielleicht eine gewisse Rationalisierung mit sich bringen würde. Kurzum, ich bin bereit, auch diesem zweiten Grundgedanken des Gesetzes beizustimmen und vorzusehen, daß jedes Einzelhandelsgeschäft - ob groß oder klein - an einem halben Tag in der Woche geschlossen bleiben muß. Auch da stimme ich zu, obwohl ich mir im Zweifel bin, ob wir hier tatsächlich im Interesse des kleinbetrieblichen Einzelhandels verfahren oder nicht. Ich bin aber bereit, diesen Versuch zu unternehmen und auch das mitzumachen. Damit aber, meine Damen und Herren, hört es bei mir auf; denn jetzt kommt der dritte Punkt, und hier habe ich große Vorwürfe gegen dieses Gesetz zu erheben. Mein Vorwurf richtet sich dagegen, daß wir den einzelnen nicht die Freiheit überlassen haben, zu wählen, an welchem halben Tag sie schließen wollen. Wir haben uns angemaßt - unter Eingriff in die Freiheit weit über das notwendige Maß hinaus -, auch noch den Kalenderhalbtag zu bestimmen, an dem sie alle schließen sollen. Das heißt, mein Vorwurf richtet sich dagegen, daß wir das egalisiert, normalisiert haben. Wir haben - worauf ich eben schon hingewiesen habe - aus einem halben freien Wochentag einen gemeinsamen Feiertag, einen weiteren halben Sonntag gemacht, in Konkurrenz mit dem Schöpfer des Alten Testaments, der einen Tag als Feiertag festgesetzt hat. Wir haben gesagt: Wir wollen uns von Gott nicht lumpen lassen, wir geben noch einen halben Tag dazu, wir, der Bundestag der Bundesrepublik. Dadurch werden eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die das Gesetz so maßlos kompliziert haben. Das hat dazu geführt, daß die Herren des Arbeitsausschusses mit einer so unendlichen und be({0}) wunderungswürdigen Geduld, mit einem solchen Aufwand an Fleiß, Konzilianz, Verhandlungsgeschick einen so mühevollen Ausgleich zwischen 1001 Interessen haben zustande bringen müssen, so daß ein Gesetz der Art entstanden ist, daß einem beim Lesen jedes einzelne Haar senkrecht in die Höhe steht. ({1}) - Es ist noch viel schlimmer, als Sie denken! Und das Allerschlimmste ist, daß man die Tragweite dieser Entscheidung offenbar nicht sehen will. ({2}) Mit diesem dritten Problem haben wir außerdem eine Frage in Angriff genommen, die nicht eilig ist. Wenn wir uns für einen verkaufsfreien halben Wochentag entschieden und es den Leuten überlassen hätten, wie sie das einrichten, hätten wir die Frage, welcher Halbtag genommen werden soll, genausogut in zwanzig Jahren oder in vierzig Jahren in Angriff nehmen können. Das ist eine Frage, die nicht eilig ist. Das ist eine Frage, die an und für sich unwichtig ist. Lediglich durch das Einbeziehen dieser unwichtigen, nebensächlichen Frage in ein Gesetz, das zwei wichtige und eilige Fragen lösen sollte, haben wir uns in diese überflüssige Gesetzesmacherei hineinbegeben. ({3}) Nun ist zu fragen: Warum soll eigentlich ein Tag gleichmäßig, egalisiert festgelegt werden? Warum sollen am gleichen Halbtag alle feiern? Warum soll keine Wahl möglich sein? Kollege Sabel hat gesagt, es handle sich um die Schwierigkeit der Überwachung. Diese Frage möchte ich gleich an den Anfang stellen, um Ihnen zu zeigen, wie wenig man diesen wichtigen Punkt durchdacht hat. Soweit die Großbetriebe des Einzelhandels in Frage kommen -- die Warenhäuser, die Einheitspreisgeschäfte und etwaige sonstige Großbetriebe -, ist die Überwachung die einfachste Sache von der Welt. ({4}) Wir werden es niemals erleben, daß sich ein Einheitspreisgeschäft oder ein Großbetrieb des Einzelhandels herausnimmt, das Gesetz zu verletzen und alle zwölf Halbtage - ({5})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Franz Böhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000215, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl!

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Professor Böhm, ist Ihnen bekannt, daß etwa 90 % der Geschäfte im Einzelhandel Kleinstbetriebe sind und daß nur ein Bruchteil in der Größenordnung liegt, die Sie soeben angedeutet haben, wo es andere Überwachungsmöglichkeiten gibt?

Dr. Franz Böhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000215, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Sabel, das ist mir bekannt, und ich wollte gerade darüber sprechen. Ich bitte Sie, mir zu glauben, daß ich mir das, was ich zu sagen habe, wirklich sehr genau und sehr ernst überlegt habe und daß ich durch so einfache Fragen nicht zu kippen bin. Ich werde, weil Sie mich gefragt haben, diese Frage noch mehr vertiefen, damit Sie sehen, was Sie alles übersehen haben! ({0}) Es ist mir bekannt, daß 90 °/o der Geschäfte im Einzelhandel Kleinbetriebe sind und daß nur ein sehr kleiner Teil Großbetriebe sind. Es ist mir aber auch bekannt, daß die Großbetriebe einen erheblichen Prozentsatz des Gesamtumsatzes haben, so daß es für den Einzelhändler, der etwa Sorge hat, daß das Gesetz umgangen wird, besonders wichtig ist, daß die Großbetriebe das Gesetz einhalten. Denn die Großbetriebe sind diejenigen, die ihm durch Gesetzesverletzung den Umsatz wegnehmen könnten. Durch die Gesetzesverletzung von seiten der Klein- und Kleinstbetriebe, die von einem Einzelhändler ,allein, vielleicht noch mit seiner Frau oder seiner Tochter geführt werden, wird niemand ernstlich in seinem Umsatz gefährdet. Vielmehr könnten die Einzelhändler nur durch eine Gesetzesverletzung der Großen gefährdet werden. Also ist es doch ganz inadäquat, die von mir bemängelte Bestimmung deshalb zu schaffen, damit auch jeder kleine E'inzelhändl'er überwacht werden kann, ob er das Gesetz einhält und einen halben Tag schließt. Nun komme ich zu den Kleinen. Wenn dieses Gesetz erlassen ist, wonach jeder Einzelhändler einen halben Tag zu schließen hat, dann passen alle Einzelhändler, die Angestellte haben und die es sich infolgedessen gar nicht leisten können, das Gesetz zu verletzen, wie die Schießhunde auf, daß auch die anderen es einhalten. Sobald in irgendeinem Ortsteil irgendein kleiner Krauter die ganze Woche durch offen hat, ohne einen halben Tag zu schließen, läuft sofort eine Anzeige gegen ihn ein. Außerdem gibt es ja die Gewerkschaften. Die Gewerkschaften haben eine große Möglichkeit, die Einhaltung dieser Gesetzesbestimmung zu überwachen. Diese Tätigkeit, nämlich aufzupassen und den Staatsbehörden beim Wachen über die Einhaltung dieses Gesetzes zu helfen, wäre eine sehr viel nützlichere und produktivere Arbeit, als, um sich diese produktive Arbeit zu ersparen, hier ein schlechtes Gesetz durchzudrücken, ein Gesetz, das mit Sozialpolitik gar nichts zu tun hat. ({1}) - Nein, es hat insofern mit Sozialpolitik gar nichts zu tun. Die beiden ersten Punkte sind sozialpolitischer Art; dagegen ist die Frage, an welchem Tage die Geschäfte geschlossen werden sollen, ob das gesetzlich geregelt oder freigelassen werden soll, keine sozialpolitische, sondern eine zunftmäßige Frage. Sie greift in die Gewerbefreiheit und in die Gewerbeordnung ein. Um das zu regeln, was wir sozialpolitisch regeln wollen, brauchen wir über diese Frage im Gesetz nichts zu sagen. Nun komme ich zu einer zweiten Frage. Es ist klar: in dem Augenblick, wo wir uns als Gesetzgeber die überflüssige und schwere Aufgabe auf den Hals laden, auch noch den Kalenderhalbtag zu bestimmen, an dem ,alle Geschäfte schließen müssen, erreichen wir zunächst einmal, daß den Betroffenen die eine Hälfte der Wohltat des freien Wochenhalbtags, nämlich daß sie an diesem freien Wochenhalbtag einkaufen können, aus einem ganz unerfindlichen Grunde genommen wird. Es gibt doch kein Naturrecht darauf, daß der freie Halb({2}) tag für alle der gleiche ist. Wenn ich das Recht auf den freien halben Tag nicht nur für die Unselbständigen, sondern auch für die Selbständigen im Einzelhandel anerkenne, so liegt dem ein großer sozialer Gedanke und ein sozialer Anspruch zugrunde. In dem Augenblick aber, wo ich anerkennen wollte, daß es darüber hinaus noch einen Anspruch aller, sowohl der Selbständigen wie der Unselbständigen, darauf gibt, daß dieser freie Halbtag erstens für alle gemeinsam der gleiche Halbtag und zweitens der Samstagnachmittag ist, stellte ich eine sozialpolitische Forderung auf, die meines Erachtens nicht abgewogen ist, bei der das Recht und der Anspruch derselben Leute, die insoweit nicht als Verteiler tätig, sondern Konsumenten sind, an diesem halben Tag einmal einkaufen zu können, nicht beachtet ist. So liegen doch die Dinge für Millionen und werden sie auch weiterhin liegen, daß in der Zeit, in der sie zu arbeiten haben, die Läden offen sind, und in der Zeit, in der sie feiern, in der sie ihre Arbeitsstätte verlassen, die Läden geschlossen sind. Das ist doch wirklich eine sehr unzweckmäßige und auch sozial unpraktische Regelung. Wenn wir die sozialpolitischen Forderungen so erfüllen können, daß die Leute über den freien Halbtag in der Woche gleichzeitig als Konsumenten verfügen können, so ist das eine sehr viel weisere Regelung. Sie steht außerdem mit der Freiheit in viel höherem Grad im Einklang; denn wenn die freien Halbtage sich über die ganze Woche verteilen, pendelt es sich ein, dann kommt ein Kompromiß zwischen den vielen diversen Interessen zustande, der viel feiner und viel gerechter ist als jeder Kompromiß, den wir uns hier etwa anmaßen, im Schweiße unseres Angesichts auf dem Verhandlungswege zustande zu bringen. Ich bin nicht der Meinung, daß die prästabilierte Harmonie perfekt arbeitet. Auch der Markt arbeitet sehr holprig. Aber auch der holprigste Markt auf diesem Gebiete steht in der Weisheit seines Ergebnisses turmhoch über jeder Bundestagsausschußarbeit. ({3}) Das ist verkannt worden. Die Herren haben geglaubt, sie könnten die richtige Regelung finden für das Interesse von Bockenheim, von Sachsenhausen und der Innenstadt von Frankfurt. In der Innenstadt von Frankfurt sind die Läden gegen den freien Samstag, und in den Vorstädten sind sie natürlich dafür, und zwar weil die Einzelhändler von Bockenheim und Sachsenhausen sich sagen: Wenn die Leute am Samstagnachmittag nicht in die Innenstadt kommen, kaufen sie vormittags in Bokkenheim und Sachsenhausen und nicht in der Innenstadt. Wir können die differenzierten Interessen und ihre möglichen Gegensätze einfach gar nicht übersehen. Wenn jemand hier in diesem Hause ist, der behauptet, er könne sie übersehen, er könne sie richtig ausgleichen, so befindet er sich in einem Irrtum. Auch die schlechteste Einpendelung des Marktes, wenn wir das frei lassen, erledigt diese Geschichte sehr viel besser als jedes Gesetz. Ich möchte nun zum Schluß kommen und noch folgendes sagen: Wenn wir den Samstagnachmittag frei machen, verlängern wir den Sonntag und verändern die Natur des freien Wochenhalbtags; wir machen ihn sozusagen zu einem Vollfeiertag, ohne zu bedenken, daß der Sonntag - ich möchte jetzt von jeder religiösen oder sakralen Bedeutung absehen, sondern rein von der weltlichen Tatsächlichkeit ausgehen - durch Familienausflüge ins Grüne, wenn es irgend geht, durch Teilnahme an Sportfesten usw. gefeiert wird. Derentwegen müssen wir ja einen großen Teil unserer Mitbürger zur Sonntagsarbeit verurteilen, Kellner, Eisenbahnschaffner und alle möglichen Leute. Der freie Halbtag in der Woche aber sollte u. a. für den Einkauf zur Verfügung stehen. Da ist nun - nicht hier, sondern im Laufe der Beratungen - ein Argument gebraucht worden, das ich einfach abscheulich finde. Es ist gesagt worden: Genau derselbe Widerstand, wie er jetzt gegen den verkaufsfreien halben Samstag ist, war gegen den verkaufsfreien Sonntag, das spielt sich ein! - Meine Damen und Herren, selbstverständlich spielt sich das ein. Wenn wir das zum Gesetz machen, dann wird uns armen Konsumenten nichts anderes übrigbleiben, als sich damit abzufinden. Keiner der Abgeordneten, keine der Parteien wird im Wahlkampf deswegen Nachteile haben. Denn es ist das Merkwürdige, daß wir uns politisch und verbandsmäßig nur in unserer Eigenschaft als Produzenten organisieren. Als Konsumenten sind wir nicht organisiert und auch nicht organisierbar. Infolgedessen erlegen wir hier im Parlament als Gesetzgeber, als die Vereinigung der Produzenteninteressen unserer Mitbürger, uns selber in unserer Eigenschaft als Konsumenten ein gesetzliches Diktat nach dem andern auf, und wir wissen ganz genau, wir können uns das leisten, weil es uns in den Wahlen keine Verlegenheit schafft. Aus diesem Grunde fühle ich mich verpflichtet, für die hier nicht vertretenen und nicht organisierten Interessen, aber auch für die Freiheit der Händler und Verbraucher und für die Entlastung des Gesetzgebers zu sprechen. Es ist eine sehr schwierige Frage und eine überflüssige Frage. Hätten wir die zwei ersten Fragen allein gelöst, hätten wir den einzelnen freigestellt, wann sie den freien Halbtag machen wollen, dann wäre das an einem halben Tag oder wenigstens an einem Tag glatt über die Bühne gegangen, dann hätten wir das Gesetz längst verabschiedet. Aber diese schwierige und überflüssige Frage pfuscherisch und dilettantisch in das Spiel zu mischen und dann einen Ausschuß wie den Wirtschaftspolitischen Ausschuß, der so wichtige Arbeiten hat, wegen dieser Geschichten außerdem noch zu beanspruchen, das geht nicht. Das ist eine falsche Gesetzesmacherei, die wir hier treiben. Ich bin der Meinung, der Gesetzgeber hat das nicht festzulegen. Der Gesetzgeber sollte nur für jeden Unternehmer einen halben Tag Ladenschluß festlegen. ({4}) Auf welchen Tag der Unternehmer ihn legt, ist seine Sache. Das ist ein sozialeres, ein besseres und ein einfacheres Gesetz, entlastet die Herren von ihrer außerordentlichen Mühe und bringt ohne unsere Verhandlungskunst einen viel besseren Kompromiß aller beteiligten Interessen zustande als mit unserer Verhandlungskunst. ({5})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Als erster von noch acht Rednern, die auf der Rednerliste stehen, hat der Kollege Unertl das Wort. - Es wird Sie interessieren, daß nach dem derzeitigen Stand der ({0}) Dinge nachher 31 Änderungsanträge zu bescheiden sind ohne die, die noch kommen! ({1})

Franz Xaver Unertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002355, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, die Debatte in der zweiten Lesung und die bisher in der dritten Lesung gehörten Redner haben uns davon überzeugt, daß wir in bezug auf das Ladenschlußgesetz den Laden schließen und aufhören sollten. ({0}) Unter den Damen und Herren, die hier an dieser Stelle gestanden haben, ist niemand gewesen, der nicht größte Bedenken gegen dieses Gesetz angemeldet hat. ({1}) Ich erinnere mich bei dieser Debatte - ich bitte mich nicht falsch zu verstehen - an ein Gesetz, das die Mehrheit mit gutem Willen beschlossen hat, nämlich das Kindergeldgesetz, und ich erinnere mich an die Folgen dieses Gesetzes, die uns heute bereits dazu veranlassen, in weitgehendem Maße Änderungen vorzunehmen. ({2}) Mit diesem Gesetz werden wir das gleiche erleben. Es ist interessant, daß wir die schwierigsten Fragen ausklammern und ihre Regelung den Länderparlamenten überlassen, daß wir die Landtage, in denen auch gewählte Volksvertreter sitzen, ermächtigen, die Ausnahmen zu beschließen, die wir eigentlich selber beschlossen haben wollen. Wozu dann, frage ich mich, das ganze Gesetz? Wir haben alles Verständnis für die tariflichen Fragen und Sorgen; sie sind aber in Tarifverträgen zu regeln. Dazu haben wir in der Gewerkschaft genug Ansätze; sie werden von uns allgemein bejaht. Was kommt aber bei der ganzen gesetzlichen Regelung heraus? Herr Professor Böhm hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Es wird draußen so sein, daß diejenigen, die von dem Gesetz am schwersten betroffen werden, die kleinen und kleinsten Unternehmer, die Einzelhändler auf dem Dorfe sind. Wir erleben das in der Praxis bereits heute. Wir haben jetzt schon Ladenschlußzeiten. Aber was nützen die Schlußzeiten der Läden, wenn die Käufer auf dem Lande, die Bauern, über die Zeit hinaus arbeiten müssen - für sie gibt es keine Arbeitsschlußzeit - und erst nach Feierabend zum Einkaufen kommen? ({3}) Das sind alles Dinge, die wir gesetzlich nicht regeln wollen und nicht regeln können. ({4}) - Im Winter, Herr Kollege Lange, kann man sich nicht für den Sommer eindecken. Gewisse Bedarfsartikel müssen auch im Sommer gekauft werden. ({5}) - Sie werden doch nicht sagen wollen, daß der Bauer im Winter Zeit hat zum Schlafen und daß er sich im Sommer totarbeiten soll. Hoffentlich ist das nicht so gemeint. Es ist so, wie Herr Professor Böhm sagte, daß das Gesetz, wenn es in der Form kommt, wie der Entwurf vorliegt, dazu beiträgt, daß der Polizeistaat in neuer Form ersteht, daß der Neid und die Konkurrenz draußen auf dem Lande wachsen. ({6}) Wir erleben es ja alle. Wir auf dem Lande wissen, daß heute die kleinen Geschäftsleute größere Sorgen als die Großunternehmer haben. Ich sehe hier eine Gefahr, daß wir die Möglichkeit für einen Denunzianten schaffen, der zum Kadi läuft. ({7}) Wenn die Verhältnisse in bezug auf den Ladenschluß so wären, wie es einer der Kollegen meinte, dann wären die Meinungen über den Ladenschluß hier im Hause nicht so grundverschieden. 31 Änderungsanträge sind gestellt, sagt der Herr Präsident. Bitte, meine Damen und Herren, machen wir es uns einfach: Lehnen wir das ganze Gesetz ab - dann haben wir mit dem Laden Schluß gemacht- und wenden wir uns wichtigeren Aufgaben zu! ({8})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat Frau Abgeordnete Wolff.

Jeanette Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002556, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es ist geradezu verwunderlich, daß sich bei der Beratung dieser Gesetzesvorlage die Herren am allermeisten aufregen, während die Frauen die Dinge mit etwas größerer Ruhe betrachten. Ich glaube, man muß die Probleme vom menschlichen Standpunkt aus betrachten und darf nicht immer darauf hinweisen, wie viele Mängel dieses Gesetz hat. Ich glaube, es ist nicht das erste Gesetz, das Mängel hat. Wir haben schon ganz andere verabschiedet. Ich erinnere nur an das Kindergeldgesetz. Ich glaube nicht, daß wir bei dem vorliegenden Gesetz so viele Änderungen nötig haben werden wie beim Kindergeldgesetz. Ich möchte die Dinge aber nicht nur von diesem Standpunkt aus betrachten, sondern möchte einmal aus den Erfahrungen des praktischen Lebens an das Problem des freien Sonnabendnachmittag herangehen. Sicherlich ist es ganz schön, zu sagen, wir sind alle für einen freien Nachmittag, ganz gleich, auf welchen Tag er gelegt wird, nur den Sonnabend wollen wir dafür nicht haben, weil sich das zum Nachteil der Unternehmer auswirken wird. Ich glaube, wir müssen die Dinge etwas anders sehen. Ich habe ein kleines Hobby, ich laufe sehr gern mal durch die Geschäfte, um zu beobachten, wie das Verhältnis des Käufers zum Verkäufer ist und wie sich überhaupt die geschäftlichen Dinge abspielen. Das rührt aus meiner Jugendzeit her. Als ich jung war, kannte man noch die Sonntagsarbeit; da mußten wir von Sonntagmorgen 7 Uhr bis nachmittags um zwei im Geschäft sein, um die Kunden zu bedienen, die an anderen Tagen nicht kommen konnten. Ich erinnere mich noch sehr genau der Aufregung, die es gab, als der Sonntagladenschluß kam. Man sprach direkt von einem wirtschaftlichen Weltuntergang, und auf dieser Ebene bewegten sich die ganzen Äußerungen. Wer ein langes Leben hinter sich hat und mit offenen Augen gesehen hat, wie sich die Dinge um ({0}) ihn herum abspielen, weiß ganz genau, daß jede Neuerung alles auf den Plan ruft. Sogar die Wissenschaftler, die Herren Professoren beschäftigen sich zu allen Zeiten mit den sozialen Neuerungen; nur vergessen sie dabei oft - das möchte ich bei Gelegenheit der Beratung dieses Gesetzes auch sagen -, daß man nicht von den Dingen reden und Argumente vorbringen kann, bevor eine Sache in die Praxis umgesetzt ist. Es wird soviel von der Familienharmonie und von der Fürsorge für die Familie gesprochen. Im Einzelhandel sind auch viele verheiratete Frauen und Männer, die den freien Nachmittag vor dem Sonntag gern mit ihren Familien verbringen und die Vorbereitungen für den Sonntag treffen möchten. Von den gesundheitlichen Schäden durch das Stehen ist auch schon gesprochen worden. Der von mir sehr verehrte Herr Professor Böhm sagte, man müsse doch auch an die Sonntagsausflüge der Familie denken. Daran denke ich. Die berufstätige Frau hat ebenfalls ein Recht darauf, den Sonntag zu einem Ausflug zu benutzen und die Vorbereitung darauf am Sonnabend zu treffen, um einen wirklichen Sonntag zu haben. Herr Professor Böhm hat dann auch das Alte Testament angeführt, der liebe Gott habe den Leuten den Sonnabend oder Sonntag als Feiertag diktiert. Dazu möchte ich sagen: Herr Professor, denken Sie einmal daran, daß im Alten Testament auch steht: Du sollst deinen Tagelöhner am Nachmittag vor dem Feiertag so früh beurlauben, daß er noch die Vorbereitungen für den Sabbat oder, wie Sie sagen, für den Sonntag treffen kann. ({1}) Ich möchte aber hier folgenden Appell an Sie richten. Jede Neuerung - ({2}) - Seien Sie doch bitte ein wenig ruhig, wir haben ja auch Sie, die Gegner dieses Gesetzes sind, ruhig angehört. Wir wissen alle ganz genau, daß dieses Gesetz mit Mängeln behaftet ist, wie sie jedes Gesetz notwendigerweise hat, das nur eine Kategorie von Menschen betrifft. Aber können Sie es denn verantworten, daß eine Kategorie von Menschen den anderen gegenüber benachteiligt wird? Für jede Neuerung müssen Opfer gebracht werden, und wir sprechen immer soviel von der Opferbereitschaft. Viele haben hier von den Verheirateten geredet, die miteinander einkaufen gehen wollen. Nun, auch ich bin 35 Jahre verheiratet gewesen. Aber ich glaube, ich habe meinem Mann den besten Dienst getan, wenn ich meine Sonnabendeinkäufe allein gemacht habe und dann zurückgekommen bin und mich mit ihm noch eine Reihe von Stunden habe zusammensetzen können. Jeder Mann ist gar nicht so einkaufsfreudig! ({3}) Ich hörte auch davon reden, daß man doch große Einkäufe nicht gut allein machen könne. Ja, welche großen Einkäufe? Möbel, Textilien, Kostüme und Mäntel können Sie an dem einen verkaufsoffenen Sonnabend im Monat genügend einkaufen. Dieser Bedarf läßt sich an dem verkaufsoffenen Sonnabend eindecken. Ich möchte denjenigen sehen, der jede Woche ein Schlafzimmer oder ein kleines Möbelstück kauft, oder denjenigen, der jeden Sonnabend Textilen einkaufen muß. Ich meine, auch in diese Einkaufsbereitschaft muß eine gewisse Ordnung hineingebracht werden. Man kann es sich ja auch einteilen. Andererseits glaube ich nicht, daß das Portemonnaie des Gros der Bevölkerung dafür ausreicht, jeden Sonnabend nach 14 Uhr mit Mann und Familie Textilien, Möbel, Kleidungsstücke, Bilder etc. pp. einkaufen zu müssen. Meine Herren und Damen, geben wir uns einmal einen Ruck und denken wir an die Tausende und aber Tausende kleiner Geschäftsleute und Angestellter im Einzelhandel, die kaum eine Freizeit für sich haben! Der kleine Einzelhändler und seine Frau stehen von morgens 7 Uhr bis abends im Laden, und dann muß noch geputzt werden. Die Frau hat außerdem die Verantwortung für den Haushalt. Sie ist doppelt belastet. Wir wollen zu einer Freizeit für Angestellte und Geschäftsleute kommen. Die großen Konzerne werden ihre Dividenden nicht zu verringern brauchen, wenn sie am Sonnabendnachmittag schließen müssen. Jede Geburt bringt Wehen mit sich. Auch die Erschütterung, daß wir am Sonnabend nach 14 Uhr nicht mehr einkaufen können, werden die Hausfrauen, die Berufstätigen und die Ehemänner verwinden. Deshalb bitte ich, dem Kompromißvorschlag, der in dem Ausschußantrag gemacht worden ist, zuzustimmen. ({4})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Meyer-Ronnenberg.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts des immer leerer werdenden Saales möchte ich keine langen Ausführungen machen. Ich hatte sowieso die Hoffnung, daß wir nach der zweiten Lesung, nach dem Kompromißvorschlag und nach der Einigung, die wir unter uns schon gefunden hatten, keine großen Debatten mehr nötig hätten. Aber was hier gesagt worden ist, veranlaßt mich, wenigstens einiges richtigzustellen. Zunächst muß ich auf das eingehen, was Herr A tz e n r o t h gesagt hat. Ich hatte schon Gelegenheit, in einem Zwischenruf kurz darauf einzugehen. Herr Atzenroth hat festgestellt, daß es hier nicht darum gehe, den Arbeitgeber zu schützen, sondern nur den Arbeitnehmer und Angestellten. Ich habe demgegenüber von vornherein betont, daß dieses unser Anliegen nicht ist. Wir wollen den kleinen Unternehmer mit einbeziehen. Aber auch dann, meine Damen und Herren, wenn wir das nicht tun, d. h. wenn wir dem kleinen Unternehmer diesen Anteil an dem sozialen Fortschritt nicht zubilligen wollen - und man könnte sich denken, daß man das guten Gewissens könnte, weil dieser kleine Unternehmer eben sein Risiko selber tragen sollte -, dann ergibt sich immer noch die zweite Frage: Wie sollen wir es denn mit dem Arbeitsschutz der Angestellten halten? 89 % der Einzelhandelsbetriebe haben nur bis zu vier Angestellte und können daher diese ganze Organisation des freien Nachmittags gar nicht durchführen. Wir sind also mittelbar und unmittelbar darauf angewiesen, eine einheitliche Regelung auf der ganzen Linie herbeizuführen. Ich muß immer wieder feststellen: gerade um diesen Punkt wird immer herumgeredet. ({0}) Wir wollen ja gar nicht etwas tun, was wir nicht unbedingt tun müssen. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, daß die Wettbewerbsunterschiede gerade dann entstehen, wenn wir nichts tun. Wir wollen die Angestellten - die wir schützen wollen - nicht in die Großbetriebe abwandern lassen, sondern die Angestellten dem kleinen Betrieb erhalten. Wir müssen also - und das muß ich auch dem Herrn Professor Böhm sagen - endlich einmal den Mut haben, festzustellen, daß der Angestellte im Einzelhandel keineswegs ein geringeres Recht auf das Wochenende und auf die Wochenendlösung hat als jeder andere Mensch in unserem demokratischen Staate. ({1}) Ich sehe nicht ein, warum wir in einem Zeitalter, in dem man wirklich anerkennenswerterweise die sozialen Fortschritte für die großen anderen Gruppen immer weiter entwickelt, eine kleine Gruppe bewußt ausnimmt, und zwar nur aus Bequemlichkeitsüberlegungen. ({2}) Ich habe eine 35jährige Einzelhandelserfahrung. Glauben Sie mir: die Bequemlichkeitsüberlegungen sind auch bei manchen Erwägungen in diesem Hause leider noch nicht abgeklungen. ({3}) Seien wir uns doch endlich einmal darüber klar, daß es nicht angeht, auf der einen Seite das Dogma der Forderungen zu weit zu treiben, auf der andern Seite aber die Bequemlichkeitsüberlegungen weiterbestehen zu lassen. Wenn wir uns auf einer mittleren Linie einigen könnten, dann wäre der Zustand erreicht wie in Schleswig-Holstein, das ja als Musterbeispiel - als Musterland, möchte ich sagen - hier schon häufig erwähnt wurde. Aber gerade über Schleswig-Holstein, meine Damen und Herren, ist einiges gesagt worden, was nicht stimmt. Da muß ich die Frau Kollegin Welter ,ansprechen, die behauptet hat, in Schleswig-Holstein habe man sich mit der Regelung des Sonnabendfrühschlusses um 14 Uhr, die dort seit zwölf Jahren besteht und nach wie vor eingehalten wird, nur „abgefunden". Das ist nicht richtig, Frau Kollegin Welter. Ich kann mit gutem Gewissen aus bester Kenntnis der Verhältnisse sagen - meine Kollegen aus Schleswig-Holstein werden es bestätigen können -: dort haben wir den Beweis, daß weder eine Beeinträchtigung der Umsätze noch eine Verschiebung der Wettbewerbsverhältnisse eintritt. Alles das, was hier als Befürchtung geltend gemacht wird, ist dort nicht eingetreten. Dieselben Überlegungen sind ja auch schon vor fünfzig oder sechzig Jahren bei der Diskussion über die Sonntagsruhe angestellt worden. Wenn Sie einmal in den Protokollen von 1906 nachblättern - ich habe mir die Mühe gemacht -, dann sind Sie eigentlich etwas erheitert, weil Sie feststellen müssen, daß dieselben Argumente, die heute gegen den Samstagfrühschluß angeführt werden, damals gegen die Sonntagsruhe angeführt worden sind. Wenn man sagt, 1956 seien die Verhältnisse anders, dann muß ich darauf erwidern: sie können doch höchstens besser sein! Sie müssen besser sein, weil wir ja inzwischen, in diesen fünfzig Jahren, auf ganz anderen Gebieten einen erheblichen Fortschritt in sozialer Beziehung gemacht haben. Man sollte diese Dinge doch endlich einmal sachlich und in aller Ehrlichkeit erörtern und nicht nur von Überlegungen ausgehen, die vielleicht in einem kleinen Ort oder einer kleinen Stadt ausschlaggebend sind, aber für die große Masse der Angestellten nicht ausschlaggebend sein können. 37 % aller Betriebe im Einzelhandel haben zwei Angestellte, 89% bis vier Angestellte. Es ergibt sich doch sofort wieder die Frage: Was sollen und können diese Betriebe tun, um konsequent den freien Nachmittag durchzuführen? Aber auch dann, wenn sie sich Mühe geben - ich habe das in meinem Betrieb seit Jahren durchgeführt; ich war in der glücklichen Lage dazu, weil ich mehr als zehn Angestellte hatte -, ergibt sich immer noch dieselbe Feststellung: die Angestellten haben das Recht - und sie können sich hierbei auf den Gleichheitsgrundsatz berufen -, sich den Betrieb auszusuchen, in dem sie die gleiche Freizeit haben wie die übrigen Gruppen der Bevölkerung, also auch den Samstagfrühschluß. Sie werden also automatisch aus dem kleinen Einzelhandel abwandern. Das Argument, das hier von Herrn Professor Böhm angeführt worden ist, daß es doch eine Kleinigkeit sei, auf freiwilligem Wege den Samstag für jeden Angestellten festzulegen, wurde ausgerechnet von den Großbetrieben des Einzelhandels geliefert. Diese Großbetriebe des Einzelhandels wußten nämlich sehr genau, daß sie mit diesem Argument viele, die nicht genauer darüber nachdenken, zunächst hinters Licht führen können. ({4}) Sie sind die Nutznießer einer solchen Regelung; denn sie können in ganz anderer Art reagieren. Sie sind in der Lage, höhere Löhne zu bezahlen und soziale Sonderleistungen zu gewähren, etwas, was der kleine Mann gar nicht kann. Ich bedaure also sehr, daß wir nach der gestern mühsam erreichten Klarheit wieder in eine endlose Debatte über Dinge geraten sind, die wir heute eigentlich aus dem Spiel lassen sollten. Ich habe gestern ,die Bereitschaft zu einem Kompromiß ganz unverhüllt zum Ausdruck gebracht, obwohl es auch in den Kreisen meiner politischen Freunde Kollegen gibt, denen diese Bereitschaft keineswegs angenehm war. Wir sollten den Kompromiß, der zwischen den beiden Gruppen gefunden wurde, nämlich eine Übergangslösung von 16 Uhr für ein Jahr, annehmen. Dann würden wir eine Voraussetzung dafür haben, daß sich der Verbraucher an diese Regelung gewöhnen kann, und würden wahrscheinlich keine Gefahr laufen, daß irgendwo auch nur eine Beanstandung erfolgt. Es gibt Bezirke in Deutschland, in denen ich, wenn ich dort eine Versammlung habe, mit den Worten verabschiedet werde: Kommen Sie nur nicht wieder, wenn nicht der Ladenschluß ab 14 Uhr am Sonnabend geregelt wurde! Es gibt andere Bezirke, in denen man nicht so denkt. Aber das eine muß ich einmal klar herausstellen, meine Damen und Herren: Im Laufe ,der letzten sechs Monate haben wir eine ganze Anzahl von großen Städten in die Reihe derjenigen gebracht, die diesen Ladenschluß freiwillig durchführen wollen. 65 maßgebliche Städte des Bundesgebietes führen den Samstagfrühschluß in der Zeit von 14 bis 16 Uhr bereits durch. Nun sollte man nicht glauben, daß das nichts wäre, sondern das ist der Beweis, daß man alles, was man auf freiwilligem Wege schon hat tun können, wirklich getan hat. ({5}) Aber wenn wir den Schutz ,der Arbeitszeit für alle Angestellten erreichen wollen, dann bleibt uns nichts anderes übrig als eine generelle Regelung, und zwar eine Verpflichtung einzuführen, weil die wenigen Außenseiter genügen, das Gesetz zu durchlöchern. Ich bitte daher, sich bei allen weiteren Erwägungen auf den Kompromißvorschlag, den ich erwähnt habe, zu konzentrieren, und wir könnten uns schnell einigen. ({6})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Kutschera.

Walter Kutschera (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001264, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man der Debatte aufmerksam gefolgt ist, hat man feststellen können, daß sich die Ausführungen bis auf das Alte Testament und den Polizeistaat erstreckten. Es hat nur noch der Hinweis gefehlt, daß wir jetzt in der „Schicksalsstunde der Nation" stehen. ({0}) So etwa wurde das ausgelegt, obwohl es sich nach unserer Auffassung um ein Gesetz handelt, dem man, wenn man alles in Ruhe durchdenkt, ohne Bedenken, vor allem nach dem Vorschlag des Ausschusses ohne Bedenken, zustimmen kann. Ich will versuchen, noch einiges in Erinnerung zu bringen; Sie werden mich aber nicht dazu verleiten, daß ich die ganze Diskussion aufrolle. Ich habe das Gefühl - gestatten Sie mir diese Bemerkung; es muß ja auch immer Raum für Humor sein -, daß ein Teil unseres Hohen Hauses am liebsten ein Gesetz nach folgendem Grundsatz hätte: § 1: Jeder kann tun und lassen, was er will. § 2: Er darf jedoch nicht dazu gezwungen werden. ({1}) Wir müssen uns bei dieser Beratung von drei Grundgedanken leiten lassen. Einmal geht es um die Sicherung der Arbeitszeit der im Einzelhandel Tätigen. Wir meinen damit - das kam hier schon zum Ausdruck - nicht nur die Arbeitnehmer, sondern alle Menschen, die im Einzelhandel stehen. Wir müssen weiter die Verlängerung des Wochenendes, und zwar durch den Frühladenschluß am Sonnabend, sichern. Ferner müssen - und das ist unser dritter Grundgedanke, der uns dazu bewegt hat, dem Gesetz überhaupt von allem Anfang an zuzustimmen - der Nachwuchs gesichert und die guten Fachkräfte erhalten werden. Wir haben des öfteren erfahren, daß es gerade im Einzelhandel bei der Arbeitszeit außerordentlich im argen liegt. Ich kann mir Zahlen ersparen. Die Möglichkeit einer Kontrolle ist so gering, daß nur durch gesetzliche Regelung eine Kontrolle überhaupt durchgeführt werden kann. Die schwere Arbeit im Einzelhandel, die außerordentlich starke Konzentration und äußerste Selbstbeherrschung, die vom Verkäufer verlangt wird, muß doch auf der anderen Seite auch die Verpflichtung auslösen, diese Menschen den anderen Berufstätigen gleichzustellen. Lassen Sie mich das deutlich aussprechen. Ich habe im Verlauf der Debatte das Gefühl gehabt, als würde der Rechenstift gegen den Menschen stehen, ({2}) als würde man wieder einmal die Materie zu stark herausstellen und den Menschen, um den es geht, zu kurz kommen lassen. ({3}) Dieser Sieg des harten Rechenstiftes kann doch nicht im Sinne unserer parlamentarischen Arbeit sein. Wir werden uns deswegen dafür einsetzen müssen, daß den Beschäftigten im Einzelhandel das Recht eingeräumt wird, den Sonnabendnachmittag schon zur Vorbereitung des Sonntags benutzen zu können. Darin, daß man sagt: man soll einen Nachmittag freigeben, liegt ein grundsätzlicher Irrtum. Ich muß mich auf den Standpunkt stellen: es geht um den Sonnabendnachmittag; es geht nicht um einen Nachmittag. ({4}) Es ist nicht gleich, ob ich am Montag- oder am Donnerstagnachmittag frei habe oder am Sonnabendnachmittag. Der Sonnabend allein gibt mir die Möglichkeit, mich um meine Familie zu kümmern. Er gibt mir die Möglichkeit, daß wieder Mutter, Sohn und Tochter zusammensitzen, und dies ist in unserem Zeitalter der Technik und der Raserei so vernachlässigt, daß wir wieder dazu zurückkommen müssen. Der Sonntag, den wir doch alle anerkennen, kann nur als Sonntag wirken, wenn dazu die Vorbereitungszeit gegeben wird. ({5}) Daß wir am Montag einen halben Tag anhängen, ist kein Ersatz. Ich habe schon bei einer anderen Gelegenheit einmal gesagt: die Auswirkung des Sonntags, ganz gleich, unter welchem Gesichtspunkt man ihn sieht, läßt sich nicht ersetzen. Man kann nicht irgendwann einen halben Tag anhängen. Deshalb unser großes Anliegen, gerade den Sonnabendnachmittag zu sichern. Wir denken sehr an unsere Familie. Alle im Hohen Hause sind doch der Auffassung, daß der Familie ein besonderer Schutz zukommen muß, daß man die Familie festigen und ausbauen muß, und dazu soll der Sonnabendnachmittag beitragen. Während wir im großen und ganzen auf die Fünf-Tage-Woche zusteuern, haben wir doch heute gehört, daß man in vielen Fällen nicht bereit war, den Angestellten, den Arbeitnehmern oder überhaupt den im Einzelhandel Tätigen diese Möglichkeiten zu geben, ihnen vor allen Dingen auch die notwendige Ruhe und Ausspannung zu verschaffen. Wir sind weiter der Meinung, daß diese Maßnahmen, die wir durch die Ruhezeit erreichen wollen, auch dazu dienen, den Nachwuchs zu sichern. Auch das ist natürlich im Laufe der Debatte schon gesagt worden. Es geht darum, einen guten Nachwuchs für den Einzelhandel zu haben, und es geht darum, die guten Fachkräfte im Einzelhandel zu behalten. Meine sehr Verehrten, ich darf vielleicht besonders sagen: meine sehr verehrten Damen, es liegt doch gerade im Interesse der Hausfrau, daß eine gute Fachkraft im Geschäft steht und die Bedienung wahrnimmt. Gerade im Interesse der Hausfrau liegt es, daß Menschen da sind, die einen gut beraten und einem damit den Einkauf erleichtern können. Wir müssen dem Nachwuchs durch den früheren Ladenschluß an Wochentagen die Möglichkeit geben, sich in Abendkursen weiterzubilden. Wir wissen, daß ein großer Teil der kaufmännischen Angestellten versucht, sich durch Abendkurse in den ({6}) einzelnen Fachgebieten weiterzubilden. Das ist begrüßenswert, und das soll durch den allgemein feststehenden Ladenschluß unterstützt und gefördert werden. Weiter ist festzustellen gewesen, daß man die berufstätige Frau einmal so und einmal so darstelle. Natürlich gibt es auch bei den berufstätigen Frauen zwei Gruppen. Die eine Gruppe von berufstätigen Frauen muß auf Grund ihrer sozialen Verhältnisse dem Berufsleben nachgehen. Diese Frauen verstehen am allerbesten, daß der berufstätige Mensch, daß die Verkäuferin einen freien Sonnabendnachmittag braucht. ({7}) Es gibt eine zweite Gruppe von Frauen, die deswegen im Beruf sind, weil sie sich etwas dazuverdienen wollen, die vielleicht sozial nicht so dazu gezwungen sind, sondern die sich damit - und das wollen wir ihnen auch gar nicht verwehren - einen besseren Lebensstandard verschaffen wollen. Gestatten Sie mir, daß ich einmal sehr offen ausspreche: diese Frauen, die also auf der einen Seite den Mehrverdienst haben wollen - wir gönnen es ihnen von Herzen -, sollen doch aber dafür auf der andern Seite auch bereit sein, die Einschränkung hinzunehmen, daß sie sich den Einkauf so einteilen müssen, daß sie in den vorgeschlagenen Ladenzeiten zurechtkommen. ({8}) - Gerade die Frauen, die als Verkäuferinnen tätig sind, werden doch sehr sehnsüchtig auf den Zeitpunkt warten, wo der Vorschlag des Ausschusses zur Geltung kommt. ({9}) Denn sie drängen doch verständlicherweise darauf, endlich einmal ein paar Stunden Zeit zu haben. Ich bin überzeugt - ich schätze die Klugheit und die Fähigkeit dieser Frauen, sich die Arbeit einzuteilen, so hoch ein -, daß auch die berufstätige Frau, die selbst im Einzelhandel tätig ist, Mittel und Wege finden wird, ihre Waren, die sie nachher noch braucht, rechtzeitig ins Haus zu bekommen. Es gibt nämlich auch die Möglichkeit einer schriftlichen Bestellung, es gibt die Möglichkeit, sich vorher abzusprechen. All diese Dinge sind auch beim Einzelhandel möglich; ich denke dabei nicht an die Versandgeschäfte. Ich bin nicht Hausfrau und werde es auch nie werden. ({10}) Aber ich kann mir gut denken, daß ich beim Fleischer sehr gut eine Bestellung aufgeben kann, die dieser mir dann schnellstens, ohne daß ich mich anzustellen brauche, erledigen kann, zum Vorteil beider Teile. Also darauf brauchen wir nicht einzugehen. Ich darf zum Schluß kommen und feststellen: wir sind der Auffassung - und diese Ansicht wurde in unserem Antrag gemeinsam vertreten -, daß man den Ladenschluß am Wochentag auf 18 Uhr und am Sonnabend auf 14 Uhr festlegen sollte. Wir waren bereit, auf den Kompromißvorschlag des Ausschusses einzugehen, weil wir viele Gründe gehört und gesehen haben, denen wir uns nicht so ohne weiteres verschließen konnten, obwohl eine ganze Reihe von Geschäften - es wurden hier schon Zahlen genannt - seit Jahr und Tag das praktizieren, was wir vorgeschlagen hatten. ({11}) Ein ganzes Land - ich nenne noch einmal Schleswig-Holstein - praktiziert seit Jahr und Tag genau das, was wir in unserem Antrag erreichen wollten. Trotzdem tut man heute so, als müsse man noch eine lange Übergangszeit haben, um die Menschen allmählich an die Situation zu gewöhnen. Ich glaube, auch das ist überspitzt. Ich bitte Sie deshalb, dem Ausschußantrag Ihre Zustimmung zu geben. ({12})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Mensing.

Friedrich Mensing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001472, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nur ein kurzer Beitrag zu dieser aktuellen Frage! Es mag für. Sie interessant sein, daß ein sehr bedeutender Berufsstand auf dem Ernährungssektor - es ist das deutsche Fleischergewerbe - auf seiner Delegiertentagung einstimmig beschlossen hat, den freien Sonnabendnachmittag zu fordern, ({0}) und zwar aus folgendem Grunde: Auch die Frauen und Mädchen in unserem Beruf, die schwer arbeiten müssen, haben ein Recht auf einen freien Sonnabendnachmittag ({1}) und haben ein Recht darauf, zu einem Familienleben zu kommen. ({2}) Ich habe das Wort genommen, um Sie zu bitten, einem Ergänzungsantrag zuzustimmen. In § 3 des Entwurfs ist eine Ausnahmebestimmung enthalten, die besagt, daß an Montagen, an denen gemäß Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen, frische Milch, Bäckerwaren und Zeitungen ab 7 Uhr verkauft werden dürfen. Hier ist zu ergänzen und einzufügen, daß auch Fleisch- und Wurstwaren in dieser Zeit verkauft werden dürfen, und zwar - ich möchte das kurz präzisieren - aus hygienischen Gründen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Herr Kollege, in der dritten Lesung können Anträge nur eingebracht werden, wenn sie 15 Unterschriften tragen. Ich bitte also, vielleicht doch erst den Antrag zu stellen.

Friedrich Mensing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001472, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Habe ich gemacht!

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Liegt er vor? Mensing ({0}): Ja.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Dann ist es gut. Ich bitte um Entschuldigung. Aber dann wollen wir ihn erst begründen, wenn wir zu § 3 kommen.

Friedrich Mensing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001472, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bitte Sie, aus rein hygienischen Gesichtspunkten für den von mir gemachten Vorschlag einzutreten und diese Ergänzung vorzunehmen. Hinsichtlich bestimmter Orte wie Aachen muß es möglich sein, durch Ausnahmebestimmungen den Sonnabendnachmittagverkauf zu regeln. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion, die zu einem wesentlichen Teil von den Gegnern einer bundeseinheitlichen Regelung bestritten worden ist, ist so geführt worden, als ob wir bis zur Stunde keinerlei gesetzliche Regelung dieser Frage hätten. ({0}) Wir haben solche gesetzlichen Regelungen seit Jahrzehnten. Wir haben ja die gesetzliche Regelung des 19-Uhr-Schlusses an Wochentagen. Ich bitte also, meine Damen und Herren, wenn Sie schon diese Frage diskutieren, dann auch in der Tat von dem gegenwärtigen Sachverhalt auszugehen. ({1}) Nun muß ich doch noch einmal wie gestern ganz kurz die Motive darstellen, die uns zu diesem Antrag „Gesetzentwurf über die Regelung der Ladenöffnungs- oder Ladenschlußzeiten" bewegt haben, und darauf eingehen. Hier geht es erstens einmal um die berühmte soziale Frage, nämlich Ladenöffnungszeiten und Arbeitszeit so dicht wie möglich zusammenzulegen; denn je stärker diese Schere auseinanderklafft, desto stärker ist die arbeitszeitmäßige Belastung der im Einzelhandel beschäftigten Selbständigen wie Unselbständigen. ({2}) Ich darf noch einmal sagen: Wir sind ja seit Jahr und Tag in Diskussionen über Arbeitszeitverkürzungen. Wir stehen vielleicht als Gesetzgeber in der Mitte einer Entwicklung, hinken zu einem Teil hinter einer Entwicklung her und können durch die bundeseinheitliche Regelung eine bestimmte Entwicklung für morgen und übermorgen fördern. Darauf kam es uns auch an. Aber man darf dabei - Herr Professor Böhm, ansonsten bin ich herzlich gern bereit, in bestimmten Fragen Ihren Argumenten zu folgen, nur hier nicht! - nicht nur den Unselbständigen berücksichtigen, sondern man muß auch den im Einzelhandel selbständig Beschäftigten sehen, denn auch er ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Bevölkerung. Auch seine Gesundheit und seine Arbeitsfähigkeit sind im Rahmen der Volksgesundheit von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Wenn wir diese Leute - jetzt kommt das zweite Argument mit den gleichartigen Wettbewerbsvoraussetzungen -, wenn wir diese kleinen und mittleren Unternehmer, vor allem aber die kleinen, die ohne fremde, nur mit familieneigenen Arbeitskräften auskommen müssen, diesem Konkurrenzdruck aussetzen, dann verschleißen wir sie hinsichtlich ihrer Arbeitskraft in einer Weise, die wir nicht verantworten können. ({3}) Das, was wir an Schutz der Arbeitskraft und an haushälterischem Umgehen mit der Arbeitskraft wollen - insoweit kann ich das als Sozialdemokrat vertreten -, gilt für alle unsere Menschen, gleichgültig wie sie sich wirtschaftlich betätigen, in selbständiger oder in unselbständiger Weise. Darüber sollte es keine Meinungsverschiedenheiten geben. Die bundeseinheitliche Regelung für das Wochenende - dazu ist hier schon genügend gesprochen worden - brauchen wir einfach deshalb, um auch von Land zu Land in den Grenzbezirken - nicht an den Bundesgrenzen, sondern an den Ländergrenzen - gleichartige Wettbewerbsvoraussetzungen zu schaffen. Sie wissen genau, Herr Professor Böhm - Sie kommen ja aus einem solchen Zentrum, aus Frankfurt -, wie da Hessen und Rheinland-Pfalz und ein bißchen weiter südlich auch Baden-Württemberg miteinander in Konkurrenz liegen können. ({4}) - Moment! Jetzt muß ich auf eines hinweisen. Es gibt im Zusammenhang mit der Kartelldebatte von ganz bestimmter Seite Wünsche hinsichtlich von Empfehlungen, die darauf abzielen, bestimmte Wettbewerbsregeln festzulegen, Regeln für einen fairen Wettbewerb. Wenn man dem Grundsatz gleichartiger Wettbewerbsvoraussetzungen Rechnung tragen will, muß man sich auch bereit finden, allen unnötigen Konkurrenzdruck, der zum Teil aus ganz anderen Motiven noch verstärkt wird, zu vermeiden. Gerade der kleine und der mittlere Selbständige ist ja in dieser Hinsicht dem Druck der Kundschaft, dem Druck der Verbraucher in anderer Weise ausgesetzt als das große Einzelhandelsunternehmen. Das kann ohne weiteres ausweichen, aber beim kleinen Einzelhandelskaufmann sagt dann der eine oder andere Kunde: Der hat es nicht mehr nötig, zu dem gehe ich nicht mehr, ich gehe zu einem anderen! Die holen sich dann wechselweise die Kundschaft weg, und dann kommt wieder das andere Argument mit der Überlastung und dem Schutz der Arbeitskraft zur Anwendung. Ich bitte also, das ganze Problem unter diesen Gesichtspunkten und unter solchen Voraussetzungen zu sehen. Uns liegt daran, das Wochenende zu verlängern, aber niemand von uns denkt daran, für den Verteilerapparat unter allen Umständen Voraussetzungen zu schaffen, wie sie in der Produktion im Zusammenhang mit der 5-Tage-Woche wünschenswert erscheinen mögen. Wir erkennen an, daß es gewisse Unterschiede gibt. Die sind heute vorhanden und sie werden morgen vorhanden sein, und sie werden auch bei dieser Regelung aufrechterhalten. Insoweit gehen nämlich alle Argumente gegen eine bundeseinheitliche Regelung am Kern der Sache vorbei. Alle anderen Komplexe, die sich aus dem Werktagsladenschluß und dem Sonnabendfrühschluß zwangsläufig ergeben, müssen natürlich im Zusammenhang mit diesem Gesetz geregelt werden. Es gibt eine Reihe von Ausnahmen, an denen wir einfach nicht vorübergehen können, die deshalb im Gesetz entsprechend geregelt sind. Ich möchte daher bitten, hier nicht von so schlechter Gesetzesarbeit zu reden, denn hier ist in der Tat den regional bedingten Bedürfnissen durch die Formulierungen des Gesetzes entsprochen worden. Insoweit ist also die Arbeit gar nicht so schlecht, wie sie gemacht wird, sondern wir halten sie im Grunde genommen für eine annehmbare Sache. Ich würde Sie nur bitten, und zwar vor allem die Unterzeichner des Entwurfs, jetzt in der dritten Lesung nicht auf einer solchen Fülle von Anträgen zu bestehen. Es liegt ein Bündel von ({5}) Anträgen vor. Der Vorschlag des Ausschusses für Arbeit ist gegenüber den Vorstellungen auf der einen Seite und den Vorstellungen auf der anderen Seite schon ein Kompromiß. Wir sollten uns auf diesen Kompromiß verständigen, um jede weitere Diskussion darüber unmöglich zu machen. ({6}) Bleiben nur noch ein oder zwei Punkte zu prüfen; das sind der Zeitungsverkauf und die rechtliche Situation der Trink- und Imbißhallen. Auf alles andere sollten wir in diesem Zusammenhang verzichten, auch auf den Vorschlag, für eine Übergangszeit von einem Jahr um 16 Uhr zu schließen, weil nämlich noch der erste Samstag im Monat offenbleibt. ({7}) - Moment, Moment! - Wir sollten uns alle miteinander in dieser Frage auf den Vorschlag des Ausschusses verständigen. Dann lassen wir die Sache laufen, beobachten, wie sich die Regelung draußen auswirkt. Wenn wir dann glauben, es könne so, mit diesem einen offenen Samstag, nicht weitergehen, haben wir die Möglichkeit, auch den zu beseitigen. Die zweite Frage, die sich noch stellt, ist folgende. Niemand, der heute eine zeitlich günstigere Regelung hat, auf freiwilliger Grundlage, auf der Vereinbarung der Tarifkontrahenten beruhend, wird durch dieses Gesetz gezwungen, beispielsweise die günstigere 18-Uhr-Regelung zugunsten der 18.30-Uhr-Regelung aufzugeben. Schleswig-Holstein kann bei seiner Regelung bleiben. alle anderen Teile des Bundesgebietes, die andere. günstigere Regelungen haben, können bei ihren Regelungen bleiben. Auch insoweit ist 2, also deutlich und klar. Das Gesetz zwingt nicht, sondern das Gesetz setzt nur den Rahmen, der nicht überschritten werden darf. Das muß man, glaube ich, hier einmal mit allem Nachdruck aussprechen, damit draußen auch in diesen Fragen keine Meinungsverschiedenheiten entstehen oder falsche Vorstellungen aufkommen. Ich möchte also darum bitten, daß wir uns auf den Vorschlag des Ausschusses einigen, unter Berücksichtigung der beiden von mir eben noch zitierten Punkte: Zeitungen und die rechtliche Situation der Trink- und Imbißhallen. Dann würde das Gesetz heute in kürzester Zeit verabschiedet werden können. ({8})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Fassbender.

Heinrich Fassbender (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000521, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an den Eingang meiner Ausführungen den Satz stellen, daß wir nicht daran denken, den Schutz der Angestellten in den Verkaufsstellen irgendwie zu beschneiden. Es ist unsere selbstverständliche Aufgabe. dafür zu sorgen. daß Angestellte in ihrer Arbeitsleistung nicht überfordert werden. Aber das ist nicht eigentlich die Grundlage für ein Ladenschlußgesetz, sondern kann im Arbeitszeitgesetz so verankert sein - und ist es i a bereits -, daß bei genügender Aufsicht der Gewerbeaufsichtsbehörden wirklich nichts passieren kann. Das Gesetz, das hier vom Arbeitsausschuß vorgelegt wird, ist ein schlechtes Gesetz, ich möchte bald sagen: das schlechteste, das je in diesem Bundestag vorgelegt worden ist. ({0}) Es bringt keine Klarheit, es bringt eine Verwirrung, wenn es in letzter Konsequenz durchgeführt wird. ({1}) - Nein, das weiß ich. Das begreifen Sie, Herr Sabel, ganz allein; ich kenne das. Diese Dinge begreifen Sie mutterseelenallein. Wir sind von dieser Überheblichkeit völlig überzeugt. ({2}) - Nein; „das ist, Bauer, ganz etwas anderes": diese Sprüche von Ihrer Seite kenne ich zur Genüge. Warum denn diese Generalisierung, dieser Perfektionismus? Es ist doch für jeden klar, daß die Dinge in Holstein ganz anders liegen als in Bayern, in der Großstadt anders liegen als in der Kleinstadt und im Dorf. Wenn irgendwo eine Begründung dafür besteht, die Regelung den regionalen, ich möchte beinahe sagen, den Kreisverbänden zu überlassen, dann bei diesem Gesetz! ({3}) Wir wären sehr erfreut gewesen, wenn man das völlig klar erkannt hätte. ({4}) Ich habe schon bei der Besprechung einer einzelnen Position zu dem Grundsatz der Freiheit gesagt: Wollen Sie denn dem kleinen Gewerbetreibenden, der mit seiner Frau allein arbeitet, verbieten, über Arbeitszeit und Arbeitseinteilung selbst zu bestimmen? Das hat Jaber dann weiß Gott mit einer persönlichen Freiheit des einzelnen überhaupt nichts mehr gemein. ({5}) Ich bin nicht dafür - auch der größte Teil meiner Freunde nicht -, daß man hier etwas schafft, was, ich will mich einmal offen ausdrücken, der vollziehenden Strafbehörde Tür und Tor öffnet, den Besitzern von Kleinbetrieben, die sowieso unter dem Druck der Großbetriebe heute schon sehr leiden, das Leben weiterhin zu erschweren. Wir stehen als konservative Menschen auf dem Standpunkt und werden immer darauf beharren, daß die Klein- und Mittelbetriebe in jeder Form, soweit es irgendwie möglich ist, geschützt bleiben. Die Inhaber von Klein- und Mittelbetrieben müssen mehr arbeiten -das wissen diese Leute selbst -, sie wollen mehr arbeiten, um ihre persönliche, wirtschaftliche Freiheit zu erhalten. Das vorliegende Gesetz betrifft nicht ,allein die Arbeitnehmer, sondern auch einen Großteil der kleinen und kleinsten Unternehmer. In der letzten Konsequenz gefährdet es sie in ihrer selbständigen Existenz. Aber, meine Damen und Herren, führen Sie sich darüber hinaus einmal vor Augen, wie es denn in den Kleinstädten und auf dem flachen Lande aussieht. Da kann nach dieser Vorlage abends nach Ladenschluß praktisch kein Mensch mehr kaufen. Ein Bauer meinethalben, der den ganzen Tag samt ({6}) seiner Familie draußen arbeitet und abends nach Feierabend etwas kaufen will, weil er morgens, wenn die Sonne aufgeht, schon wieder draußen arbeitet, macht sich strafbar; er kann die Dinge nicht erwerben, die für ihn notwendig sind. Das Gesetz gilt ja nicht allein für die Arbeitnehmer, sondern auch für die Verbraucher. In diesem Hause wird sooft, wenn von agrar- und ernährungspolitischen Fragen die Rede ist, auf den Verbraucher hingewiesen. Meine Damen und Herren, hier sind die Verbraucher einmal andere, deren Rechte genauso geschützt werden müssen wie die Rechte derjenigen, die sonst immer in den Vordergrund geschoben werden. Wir, in der Mehrheit meiner Fraktion, werden Änderungsanträgen zustimmen, die die allergrößten Giftzähne aus diesem Gesetz herausbrechen, erklären aber, daß wir das Gesetz in seiner Gesamtheit ablehnen werden, weil es völlige Verwirrung schafft. ({7})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Ilk.

Dr. Herta Ilk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000990, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte mich auf meine Ausführungen vom gestrigen Tage beziehen, in denen ich Ihnen bereits klargelegt habe, warum wir im Interesse der Verbraucher, der Hausfrauen - der sogenannten Nur-Hausfrauen und der erwerbstätigen Hausfrauen - und der Berufstätigen überhaupt gegen dieses Gesetz sind und warum wir uns dafür einsetzen, hier ein rollierendes System einzuführen, und eventuell in einem Gesetz festlegen, daß jeder Angestellte im Einzelhandel einen freien halben Tag in der Woche haben muß. Ich möchte diese Ausführungen nicht wiederholen. Ich bin sehr glücklich darüber, daß Frau Welter sich heute sehr klar für diese Regelung eingesetzt hat, und möchte mich auch auf ihre Ausführungen ausdrücklich beziehen. Ich glaube, Frau Kollegin, Ihnen ist gestern in einem Satz zum Schluß ein Lapsus linguae unterlaufen, als Sie vorn verkaufsfreien und nicht vom verkaufsoffenen Samstag sprachen. ({0}) Ich möchte das hier noch einmal ausdrücklich feststellen, weil es, soweit ich weiß, zu Mißdeutungen geführt hat. Ich möchte nur noch etwas zu dem, was ich gestern sagte, hinzufügen. Glauben Sie nicht, daß nach dem Gesetzentwurf, der uns jetzt vorliegt, auch die Angestellten des Einzelhandels tatsächlich schlechtergestellt werden? Nach diesem Gesetz haben die Angestellten nur drei freie halbe Tage, und diese Freizeiten sind auch nur Kurznachmittage, denn bei diesem System wird es, wie ich gestern schon ausführte, in den meisten Geschäften gar nicht möglich sein, daß die Angestellten schon um 14 Uhr aus den Betrieben herauskommen. Bei einem rollierenden System aber stehen den Angestellten tatsächlich vier volle freie Nachmittage oder Vormittage zur Verfügung, und damit können sie wirklich sehr viel mehr anfangen. Das wird ihnen sowohl in sozialer Beziehung und weil sie ihre Einkäufe vernünftig tätigen können, als auch in gesundheitlicher Beziehung - weil sie länger entspannen können - sehr gut tun. Ich möchte also noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, daß dieses Gesetz wirklich der großen Mehrheit der Angestellten nicht zum Vorteil gereicht. Wir sind absolut der Überzeugung, daß sie sogar, was die Arbeitszeit anlangt, schlechtergestellt werden. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.

Dr. Herwart Miessner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001506, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind hier gestern und heute Betrachtungen über Stellungnahmen der verschiedenen Berufsstände angestellt worden. Dabei wurden auch Mutmaßungen geäußert über die Haltung des Deutschen Beamtenbundes. Der Deutsche Beamtenbund - das darf ich hier sagen - hat dazu offiziell nicht Stellung genommen. Ich kann mir aber nicht denken, daß die Beamtenschaft sich einem früheren Ladenschluß am Sonnabendnachmittag entgegenstellt, nur weil die Beamten dadurch persönlich vielleicht kleine Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen müßten. Meine Damen und Herren, meine Frau fragt mich bis Sonnabendmittag, ob ich Sonntagmittag zum Essen da bin. Dann kauft sie dementsprechend ein, und damit ist der Fall geregelt. Das muß man eben auf sich nehmen. Insofern sehe ich überhaupt die ganze Frage als eine vorwiegend menschliche Angelegenheit an. Es besteht doch im Volke ganz allgemein der Wunsch nach einem verlängerten Wochenende am Sonnabendnachmittag. ({0}) Es gibt zwar leider Betriebe wie z. B. die Gaststättenbetriebe, das Vergnügungsgewerbe und auch die Verkehrsbetriebe, die nun einmal notwendigerweise nicht die Gunst eines geregelten Wochenendes haben. Das ist sehr bedauerlich, aber leider nicht zu ändern. Das kann uns aber doch nicht hindern, unseren Mitmenschen so weit wie möglich die Vergünstigung eines verlängerten Wochenendes zu gewähren. Darum stimme ich persönlich dem früheren Ladenschluß am Sonnabend zu. Meine Damen und Herren, ich erkläre, daß ich diese Ausführungen nur für mich persönlich im Gegensatz zu meiner Fraktion gemacht habe. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Meyer-Ronnenberg.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Haben Sie keine Sorge, daß ich noch lange Ausführungen mache. Ich will nur Frau Dr. Ilk einen kleinen Hinweis geben. Frau Dr. Ilk, Sie haben vorhin so liebenswürdig noch einmal die kleinen Verbraucher und die Hausfrauen angesprochen. Ich darf Sie aber auf folgendes hinweisen, und das ist, glaube ich, aus den Ausführungen, die ich vor einer halben Stunde gemacht habe, auch klar hervorgegangen: Wenn wir hier nicht zu einer Regelung kommen, die alle Angestellten des Einzelhandels in den Genuß des freien Samstagnachmittags bringt, dann wird sich das gerade gegen die Hausfrauen auswirken, weil wir nämlich in ({0}) dem kleinen Einzelhandel - und ich betone immer wieder: 89% des Einzelhandels sind Kleinbetriebe - diese Leute nicht halten können; sie werden in andere Bezirke abwandern. ({1}) - Bitte, dafür 'haben wir genügend Unterlagen. Ich kann nur versichern: dann werden dieselben Verhältnisse wiederkommen, wie sie in der Zeit der Bewirtschaftung dagewesen sind. Die Hausfrauen müssen dann in 'den kleinen Läden stundenlang warten, weil kein Personal da ist. Jeder Angestellte, der heute in der Lage ist, seinen Arbeitsplatz nach den gebotenen Vergünstigungen zu wählen, und sich nicht für diese Vergünstigungen entschiede, die alle anderen haben, müßte, gelinde gesagt, für unklug gehalten werden. Es kann doch nicht verhindert werden, daß ein solcher Trend einsetzt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen Weg zu gehen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß wir gestern als Übergangslösung auf ein Jahr den Ladenschluß um 16 Uhr vorgeschlagen haben. ({2}) - Ich habe gehört, Frau Finselberger, daß Sie dagegen sind. Ich bemühe mich aber doch, eine Lösung zu finden, die von allen akzeptiert werden kann.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie der Abgeordneten Frau Ilk eine Frage?

Dr. Herta Ilk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000990, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Meyer-Ronnenberg, meinen Sie nicht, daß es sich auch bei dem Nachwuchs allmählich herumsprechen wird, daß er durch das vorliegende Gesetz in bezug auf die Arbeitszeit mehr belastet wird als bei einem rollierenden System? Ich habe schon vorhin - ich weiß nicht, ob Sie zugehört haben - nachgewiesen ({0}) - das ist keine falsche Rechnung; ach, mein Gott, ein bißchen kann ich auch noch rechnen -, daß nämlich heute - ({1}) - Da haben Sie gestern nicht zugehört! ({2}) - Ich muß ja eine Frage stellen; entschuldigen Sie. Aber unterbrechen Sie mich bitte nicht. - Meinen Sie nicht, daß der Angestellte, wenn ihm bei einem rollierenden System vier volle freie Nachmittage oder Vormittage zur Verfügung stehen, ({3}) besser gestellt ist als nach dem Gesetz, bei dem ihm ein Nachmittag, ({4}) nämlich der offene Samstag in jedem Falle verlorengeht und die drei anderen Tage ihm auch nur gekürzt zur Verfügung stehen? Meinen Sie nicht, Herr Meyer-Ronnenberg, daß sich das herumspricht?

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Dr. Ilk, ich will Ihnen genau und klar darauf antworten. Ich bin aus einem ganz einfachen Grunde nicht dieser Meinung. Die Angestellten werden doch immer den freien Nachmittag wählen, an dem sie die Möglichkeit haben, mit ihren Angehörigen zusammen zu sein. Das kann eben nur der Nachmittag sein, an dem alle anderen Bevölkerungsgruppen auch frei haben, also der Samstagnachmittag. Ich habe auch eine Umfrage in meinem Bezirk gehalten und festgestellt, daß die Angestellten gar nicht daran denken, den freien Nachmittag auf einen x-beliebigen Nachmittag in der Woche zu verlegen. Der Samstagnachmittag ist ausschlaggebend. Ich weiß gar nicht, warum wir uns immer noch darum streiten. Diese Angestellten haben dasselbe Recht wie alle anderen Angestellten und Arbeitnehmer in diesem Staate. ({0}) - Sie meinen die Wirtschafts-, die Gaststätten-und Vergnügungsbetriebe? ({1}) - Gut, Herr Atzenroth, Sie werden mir doch recht geben, wenn ich sage, daß der allergrößte Teil, die überwältigende Mehrheit schon heute in den Genuß des Samstagnachmittags kommt. Ich habe den Eindruck, daß gerade diejenigen, die den Samstagnachmittag heute mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen, ihn der kleinen Minderheit nicht zubilligen wollen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache mehr vor. ({0}) Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen nunmehr zur Einzelberatung, und zwar zuerst zum § 1. Hier liegen die Änderungsanträge, die bereits in der zweiten Lesung gestellt und nunmehr erneuert worden sind, der Fraktion der FDP auf Umdruck 810*) Ziffer 1 und 2 vor. Hierzu Frau Abgeordnete Dr. Ilk!

Dr. Herta Ilk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000990, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch ein paar Worte bezüglich der Warenautomaten sagen. Gerade aus der heutigen Diskussion, aber auch schon aus der gestrigen, habe ich ersehen, wie notwendig es im Interesse aller, auch der kleinen Geschäftsleute ist, die Warenautomaten von der Regelung für die offenen Verkaufsstellen, also von der des § 1, auszunehmen. Sagen Sie bitte nicht, daß nur die großen Betriebe in der Lage seien, Warenautomaten aufzustellen. Das kann nämlich auch der kleine Unternehmer, dessen Arbeitskraft dadurch auch während der Zeit, wo er das Geschäft aufhat, wesentlich entlastet werden kann. ({0}) *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. ({1}) - Moment, Frau Schroeder, ich komme noch darauf. Manche Hausfrau wird sich nämlich, wenn der Laden sehr voll ist und der kleine Unternehmer nicht schnell genug alle Kunden bedienen kann, vielleicht an den Automaten halten, anstatt ins Geschäft zu gehen, und wird da schnell noch etwas herausnehmen. Sie sagen, Frau Schroeder, die Anschaffung sei teuer. Sicher; aber Sie müssen bedenken, daß der Betreffende sich entlastet oder daß er durch den Automaten möglicherweise eine Hilfskraft erspart. Unter diesen Umständen wird sich mancher überlegen, ob er nicht doch einen Automaten anschafft, auch wenn das seinen Etat hoch belastet. Sodann bitte ich Sie, zu berücksichtigen, daß die berufstätigen Frauen, die vielleicht nicht bis halb sieben Uhr einkaufen können, wenigstens in der Lage sein sollten, abends noch eine Kleinigkeit einem Automaten zu entnehmen. Ich bitte Sie sehr, das zu berücksichtigen. Das hat wirklich schon mancher berufstätigen Frau geholfen, für das Abendessen noch eine Kleinigkeit zu kaufen. ({2}) Andernfalls kommt es zwangsläufig dazu, daß die Frau hinten herum im Geschäft einkauft, und das wollen wir ja nicht, daß die Leute gezwungen werden, die Gesetze zu umgehen. ({3}) - Einen Moment, Herr Kollege Schneider, ich stehe Ihnen gleich für die Frage, die Sie stellen wollen, zur Verfügung. ({4}) Ich bitte Sie also, zu überlegen, ob Sie diese Einschränkung hinsichtlich der Warenautomaten im § 1 machen wollen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es wäre gut, wenn jeder, der über die Materie redet, sich auch einmal die Ausschußvorlage ansähe. ({0}) Solche falschen Auffassungen würden dann nicht vorgetragen. Warenautomaten sind weiterhin zugelassen. In § 6 ist bestimmt, daß die Arbeitszeitregelung lediglich für die Beschickung der Automaten gilt. Die Benützung der Automaten ist zu jeder Zeit möglich. Hier ist also einem echten Bedürfnis Rechnung getragen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über Umdruck 810*). Kann ich über die Ziffern 1 und 2 zusammen oder muß ich getrennt abstimmen lassen? ({0}) Und ich kann über Ziffer 1 und 2 gemeinsam ab- stimmen lassen? - Kein Widerspruch. Wer den *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. Ziffern 1 und 2 des Umdrucks 810 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die große Mehrheit; die Anträge sind abgelehnt. Ich lasse nunmehr über § 1 in der Fassung der zweiten Beratung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 1 ist angenommen. Zu § 2 liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich komme zu § 3. Hierzu hat der Abgeordnete Kroll das Wort.

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht uns keineswegs darum, das Gesetz, das in mühevoller Arbeit in den Ausschüssen zusammengestellt wurde, nun anzugreifen, sondern es geht bei dem Änderungsantrag, den ich zu diesem Paragraphen gestellt habe, darum, eine Vereinfachung und nach meiner Auffassung auch eine Verbesserung zu bringen. Im § 3 ist bereits das Wort „Zeitungen" enthalten. Wenn wir aber - ich erinnere an meinen Antrag Umdruck 826 Ziffer 2*) - einen § 4 a einfügen wollen, der für Zeitungen und Zeitschriften eine besondere Regelung vorsieht, müssen in § 3 Abs. 3 die Worte „und Zeitungen" gestrichen werden. In der gleichen Weise verhält es sich mit meinem Antrag zu den §§ 9 und 11. Hier besteht ein ursächlicher Zusammenhang. Da wir in der dritten Lesung sind, müssen wir jetzt praktisch darüber entscheiden, ob ein § 4a eingefügt werden soll. Ich habe den Eindruck, daß ein großer Teil der Damen und Herren des Hohen Hauses durchaus geneigt ist, diesem Antrag zu entsprechen. Dann müßten , aber bereits im § 3 Abs. 3 entsprechend meinem Antrag die Worte „und Zeitungen" gestrichen werden. Um die Zeit abzukürzen, würde ich gern auch Punkt 2 dieses Änderungsantrags kurz begründen, weil er damit zusammenhängt. Wir haben noch einen Antrag der SPD-Fraktion vorliegen, der sich ebenfalls mit dem Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften befaßt. Ich weiß, daß dieser Antrag, der durchaus diskutiert werden kann, großen Teilen des Hauses zu weit geht. Die von der SPD vorgeschlagene Regelung würde nach meiner Auffassung keine Mehrheit finden, da sie eine mehr oder weniger schrankenlose Regelung darstellt und keine Begrenzung für den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften bringt und damit in das Gesetz als solches eindringt und es entscheidend verändert. Der Vorschlag des Herrn Kollegen Sabel auf Umdruck 816**) reicht nicht aus, um eine generelle Regelung herbeizuführen. Der Antrag auf Umdruck 824***), den Herr Kollege Dr. Hellwig mit vorgelegt hat, ist, wie ich mich vorhin mit den Antragstellern verständigt habe, durch den von mir gestellten Antrag überholt und soll, wie ich hörte, zurückgezogen werden. Nach meiner Auffassung ist hier nicht in erster Linie eine Einzelhandelsfrage angesprochen, sondern eine Pressefrage. Zeitungen und Zeitschriften sind in erster Linie nicht schlechthin Ware, sondern Nachrichten- und Informationsmaterial. Bei den Zeitungen und Zeitschriften ist ebenso wie bei *) Siehe Anlage 15. **) Siehe Anlage 13. ***) Siehe Anlage 10. ({0}) anderen Informationsmöglichkeiten - ich denke an den Rundfunk, ich denke an die Wochenschauen, die im Bild aktuelle Informationen geben - das öffentliche Interesse angesprochen, daß eine rasche und vollständige Information der Bevölkerung gewährleistet ist. Meine Damen und Herren, denken wir an die Ereignisse der letzten Wochen! Ist es da möglich, an den Samstagnachmittagen oder an den Montagvormittagen auf bestimmtes Nachrichtenmaterial zu verzichten? Ich glaube, die Antwort auf diese Frage liegt auf der Hand und ist eindeutig. ({1}) Wir, die wir diesen Antrag gestellt haben, sind der Meinung, daß der Vertrieb der Zeitungen und Zeitschriften sichergestellt werden muß. ({2}) - Wir sind der Meinung, daß auch Zeitschriften in ihren Bildberichten durchaus Informationsmaterial für die Bevölkerung darstellen, Herr Kollege Lange, und daß sie mit dazugehören. Man kann die Zeitschriften hier nicht ausklammern. Denken Sie beispielsweise an die Kioske! Ich weiß nicht, wie Sie eine Regelung treffen wollen, in der Sie sagen, daß der Kiosk nur Zeitungen verkaufen darf, aber nicht die Zeitschriften, die dazugehören. Wir bitten Sie, die Änderungen, die im Antrag Umdruck 826 zusammengefaßt sind, anzunehmen. Die Änderungen in den einzelnen Paragraphen sind notwendig, wenn wir die klare und eindeutige Regelung wünschen. Im übrigen, meine Damen und Herren, müssen wir meiner Auffassung nach auch Rücksicht darauf nehmen, daß es möglich sein muß, gerade Zeitungen am frühen Morgen rechtzeitig zu verkaufen. Denken Sie bitte an die Tausende von Arbeitern, die sich auf dem Wege zur Arbeit eine Zeitung erstehen wollen; denken Sie besonders auch an die Verhältnisse in Berlin, wo aus der Zone und aus Ostberlin Menschen kommen, denen morgens doch die Zeitung nicht vorenthalten werden darf. ({3}) Ich möchte also bitten, in § 3 die von uns vorgeschlagene Streichung vorzunehmen und dann später den entsprechenden von mir in Umdruck 826 gestellten Anträgen zuzustimmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt ({0}).

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kroll hat soeben den Antrag Umdruck 826 für verschiedene Kollegen seiner Fraktion begründet. Ich darf darauf hinweisen, daß sich die Anträge Umdruck 826 und Umdruck 815*) in der Ziffer 1 nicht unterscheiden, so daß wir hier eine gemeinsame Ausgangsgrundlage haben. Unser Antrag Umdruck 815 Ziffer 1 ist aber nicht zu verstehen, wenn man nicht gleichzeitig die Ziffer 2 sieht, in der die Einfügung eines § 3 a beantragt wird, wonach der Verkauf von Zeitungen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt wird. Die meisten Mitglieder des Ausschusses sind bei der Beratung des Gesetzes davon ausgegangen, *) Siehe Anlage 9. daß die Rechtslage bezüglich des Straßenverkaufs von Zeitungen in jedem Fall sicher und dieser Straßenverkauf ohne Einschränkung möglich sei. Nun sind aber eine Reihe von Zweifeln aufgetaucht, und wir möchten deshalb zur Klarstellung diesen § 3 a einfügen. Meine Damen und Herren, über die grundsätzliche Frage der Informationsmöglichkeit durch die Tagespresse und über die Notwendigkeit, auch einen Straßenverkauf der Tagespresse insbesondere am Wochenende zuzulassen, brauche ich mich hier wohl nicht zu verbreiten. ({0}) - Das sind ja keine Angestellten, verehrter Herr Kollege Atzenroth. - Ach, Sie wollen deshalb dagegen stimmen? ({1}) Ich möchte Sie also bitten, im Interesse einer weiten Publizität der Zeitungen und der Möglichkeit, daß die Bevölkerung sich auf breiter Basis unterrichtet, unserem Antrag zuzustimmen. Im übrigen werden wir uns zu dem beantragten § 4 a gegebenenfalls noch besonders äußern, nachdem die Abstimmung über § 3 a erfolgt ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind' hier bei einer Frage angelangt, die zweifellos ein besonderes Interesse gefunden hat. Das zeigt sich in einer Reihe von Änderungsanträgen. Ich halte es aber für nötig, hier doch etwas über die Beratungen des Ausschusses zu sagen, damit nicht der Eindruck entsteht, das ganze Problem sei übersehen worden. In den letzten Tagen sind von Zeitungen und von Zeitschriftenverlegern Vorwürfe gemacht worden, man habe hier die echten Bedürfnisse des Verbrauchers im Hinblick auf Zeitungen und Zeitschriften ignoriert. Ich möchte dazu folgendes sagen. Die genannten Organisationen haben ihre Bedenken gegen dieses Gesetz erst sehr spät vorgetragen, ({0}) zu einem Zeitpunkt, als die Sachverständigenanhörung schon abgeschlossen war. ({1}) Immerhin haben wir in diesem Hohen Hause doch ziemlich viele Vertreter der Presse; ich wundere mich, daß sie sich nicht rechtzeitig gerührt und ihr Anliegen vorgebracht haben. Das wäre uns zweifellos sehr wertvoll gewesen, und ich glaube, wir wären gern bereit gewesen, Anregungen soweit wie möglich zu folgen. Es wurde auch kritisiert, daß wir die Sachverständigen aus dem Zeitungshandel, dem Zeitschriftenhandel, dem Zeitungsgewerbe nicht gehört haben. Ich möchte dazu sagen: Man hat einen solchen Wunsch vorgetragen, als die Beratungen abgeschlossen waren. Ich habe diesen Wunsch dem Ausschuß bekanntgegeben; der Ausschuß war aber der Meinung, mit der Anhörung der Spitzenorganisationen sei das Notwendige geschehen, und es sei deren Sache, mit ihren angeschlossenen Verbänden ({2}) diese Probleme zu diskutieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das als Vorbemerkungen. Nun will ich kurz darauf hinweisen, welche Möglichkeiten nach diesem Gesetz für den Zeitungsverkauf bestehen. Es ist zunächst so, daß für die offenen Verkaufsstellen einschließlich der Kioske die allgemeinen Öffnungszeiten gelten, die in § 3 des Gesetzes festgelegt sind, wie Sie wissen, von 7 bis 18 Uhr 30 und an Sonnabenden von 7 bis 14 Uhr, mit Ausnahme des ersten Sonnabends im Monat. Der Sonntagsverkauf ist im § 11 geregelt. Hier soll eine nähere Regelung durch Rechtsverordnung erfolgen. Solange sie nicht vorliegt, bleibt es bei dem zur Zeit bestehenden Zustand. § 11 läßt eine ausreichende Regelung für einen Zeitungsverkauf an Sonntagen zu; sie geht sogar über das hinaus, was die interessierten Organisationen selbst wollen. Weiter darf ich daran erinnern, daß der Verkauf von Zeitungen in Bahnhofsverkaufsstellen unbegrenzt möglich ist. Dort können Zeitungen also zu jeder Zeit gekauft werden. Der ambulante Handel mit Tageszeitungen ist in § 18 geregelt. Er ist an Werktagen unbeschränkt zugelassen, an Sonntagen insoweit, als die ortsfesten Verkaufsstellen auf Grund der Sonderregelung des § 11 geöffnet sind. Vielleicht ist es gut, diese Regelung einmal mit dem geltenden Recht zu vergleichen. Würde das, was in der Ausschußvorlage enthalten ist - ohne Berücksichtigung der Anträge, die gestellt sind -, Gesetz werden, dann würde an den Samstagen mit Ausnahme des ersten Samstags im Monat die Verkaufszeit von 14 bis 19 Uhr und an den Werktagen die Verkaufszeit von 18 Uhr 30 bis 19 Uhr in Wegfall kommen. Im ambulanten Handel erfolgt keine Einschränkung. Der Zeitungsverkauf in offenen Verkaufsstellen ist bisher im Rahmen der Regelung des § 105e der Gewerbeordnung zugelassen. Auch hier bringt § 11 keine sachliche Änderung. Ich sagte schon, daß die in § 11 vorgesehene Regelung sogar günstiger zu sein scheint. Nun liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor, und ich möchte gerade zu den beiden Anträgen etwas sagen, die soeben begründet worden sind. Die Fraktion der CDU/CSU hat auf Umdruck 816 einen Vorschlag gemacht, der mir für das Gesetz besser zugeschnitten zu sein scheint. Ich darf Sie bitten, sich den Antrag Umdruck 816 einmal anzusehen. Wir machen den Vorschlag, in § 11, wo der Sonntagsverkauf der Zeitungen geregelt wird, auch Zeitschriften einzubeziehen. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, dieses Problem ausreichend zu regeln, sogar über das hinaus, was von dem Kollegen Kroll beantragt worden ist. Ferner soll nach unserem Änderungsantrag durch Einfügung eines § 14b der Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften an Werktagen dergestalt geregelt werden, daß abweichend von der allgemeinen Ladenschlußregelung Zeitungskioske für die Abgabe von Zeitungen und Zeitschriften bis 19 Uhr, d. h. von 7 bis 19 Uhr geöffnet sein sollen. Der Kollege Kroll wünscht, daß ein § 4 a eingefügt wird, der besagt, daß Kioske für den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften an allen Werktagen durchgehend von 6 bis 19 Uhr geöffnet sein dürfen. In dieser Formulierung ist aber nicht von Zeitungskiosken die Rede, sondern es wird der allgemeine Begriff „Kioske" verwendet. Wenn sich also jemand drei Zeitungen zulegt, dann ist er von den übrigen Beschränkungen befreit. Sie müssen sich selbst ein Bild darüber machen, zu welchen Komplikationen das führen kann. Ich glaube, hier muß man schon von Zeitungskiosken reden. Weiter soll gesagt werden: an allen Werktagen von 6 bis 19 Uhr. Meine Damen und Herren, hier habe ich doch starke Bedenken. Es ist wiederholt gesagt worden, das Gesetz diene auch dem Arbeitsschutz und der Arbeitszeitbegrenzung. Sie würden mit einem solchen Vorschlag zu einer Regelung kommen, die schlechter ist als das zur Zeit bestehende Gesetz, Sie würden die Verkaufszeiten gegenüber dem zur Zeit bestehenden Gesetz noch ausweiten. Ich glaube, das kann man wirklich nicht verantworten. Ich habe hier also folgende Bedenken. Erstens scheint mir der allgemeine Begriff „Kiosk" nicht richtig zu sein; er muß begrenzter sein. Zweitens muß -- und das ist auch in der von uns vorgeschlagenen Regelung vorgesehen - die Zeit für Werktage von 7 bis 19 Uhr festgelegt werden. Ich glaube, das andere ist zu weitgehend. Der Kollege Schmitt hat den Antrag Umdruck 815 begründet. Da heißt es: „Der Verkauf von Zeitungen wird durch die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt". Ich habe die Sorge, daß wir damit zu einer ganz generellen Freizügigkeit kommen, die eigentlich nicht gewollt ist. Das müßte vermieden werden; denn sonst könnte jeder, der sich ein paar Zeitungen zulegt, praktisch den übrigen Regelungen ausweichen. Nach der Systematik möchte ich meinen, daß der Änderungsantrag Umdruck 816 sich besser in das ganze Gesetz einordnen läßt und in der Tat den vorgetragenen Wünschen Rechnung trägt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt ({0}).

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Systematik der beiden Anträge Umdruck 826 und Umdruck 816 will ich mich nicht verbreiten. Wer dem Gedankengang des Kollegen Sabel gefolgt ist, kann ihm wohl in der Frage der Systematik zustimmen. Zu dem Antrag Umdruck 815 und dem Wunsch der Antragsteller möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, daß selbstverständlich die in dem Gesetz vorgesehenen Ladenschlußzeiten nicht berührt werden, d. h. es kann nicht ein Kolonialwarenhändler offenhalten, weil er Zeitungen verkauft. Es handelt sich nur um den freien Verkauf. Man hätte das Wort einfügen können; ich weiß allerdings nicht, ob das der Gesetzesterminologie entspricht. ({0}) - Ich möchte zur Formulierung noch einmal ausdrücklich sagen, daß es sich nur um den ambulanten Verkauf von Zeitungen handelt. Wenn keine Bedenken bestehen, könnte man dieses Wort vorsorglich noch einfügen. Das müßte man gegebenenfalls überprüfen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter Kroll.

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist von der Systematik gesprochen worden. Wir haben doch in § 4 die Apotheken separat behandelt. Ich sehe nicht ein, warum nicht ({0}) eine Regelung für Zeitungen und Zeitschriften als § 4 a eingefügt werden kann, besonders dann, wenn man aus allen anderen Sonderbestimmungen die Einzelvorschriften herausstreicht, wie wir es vorgeschlagen haben. Ich möchte noch kurz zu dem Antrag Umdruck 816 Stellung nehmen. Gerade der § 11 würde in der vorgeschlagenen Form wieder einen ganz neuen bürokratischen Apparat in Bewegung setzen. Wir müssen wieder eine besondere Stelle einschalten, die diese Sondergenehmigungen gibt. Zum anderen bringt die Regelung des vorgeschlagenen § 14 b auch keine Klarheit über den Frühbeginn. Auch dem haben wir in unserem Antrag Rechnung getragen, so wie es nun einmal im Zeitungsgeschäft Usus ist. Ich möchte Sie deshalb bitten, in diesem Falle doch unserem Umdruck 826 den Vorzug zu geben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Frage, Herr Kollege Kroll. Sie können doch, was die Systematik anlangt, gegebenenfalls versuchen, nachher bei dem § 11 und dem § 14 a zum Zuge zu kommen. Sie müssen das doch nicht jetzt unbedingt bei § 4 a regeln.

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darüber kann man allerdings sprechen. Ich war nur der Meinung, daß man dort, wo bereits von Sonderregelungen die Rede ist, nach der Regelung für die Apotheken ohne Schwierigkeiten auch den Verkauf von Zeitschriften hätte mit regeln können.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Zum § 3 sind eine Reihe von Änderungsanträgen gestellt worden. Ich lasse zuerst über diejenigen abstimmen, die zum Abs. 1 gestellt sind; das sind die Anträge auf Umdruck 810 Ziffer 3 a und b und auf Umdruck 798 ({0}). Dann kommt für Abs. 2 der Antrag auf Umdruck 810 Ziffer 3 c. Es folgen für Abs. 3 die Anträge auf Umdruck 810 Ziffer 4, auf Umdruck 827 und auf Umdruck 815 Ziffer 1, gleichbedeutend mit dem Antrag auf Umdruck 826 Ziffer 1, dann der Antrag auf Schaffung eines Abs. 4 auf Umdruck 828 sowie der Antrag auf Umdruck 823. Wir stimmen zuerst ab über den auf rötlichem Papier gedruckten, weil ursprünglich in der zweiten Beratung schon gestellten Änderungsantrag auf Umdruck 810 Ziffer 3*). Diese Ziffer hat die Buchstaben a, b und c. Soll über den Antrag unter a getrennt abgestimmt werden? ({1}) - Ich kann also über alle zusammen abstimmen lassen? - Widerspruch erfolgt nicht. Wer also dem Antrag auf Umdruck 810 Ziffer 3 a, b und c zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 798 ({2})**). Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. **) Siehe Anlage 4. - Enthaltungen? - Die Mehrheit war dagegen; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen dann zu dem Antrag Umdruck 810 Ziffer 4. Wer Ziffer 4 des Antrags Umdruck 810 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 827*). Wer diesem von den Abgeordneten Mensing und Genossen gestellten Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, das Ergebnis ist zweifelhaft. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag Umdruck 827 zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe, auch durch Erheben. - Das Ergebnis ist nach wie vor zweifelhaft. Ich schlage Ihnen vor, daß wir auszählen, und bitte Sie, den Saal zu räumen. Ich bitte die Schriftführer, sich an die Türen zu begeben. ({3}) Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung ist eröffnet. ({4}) Ich bitte die Damen und Herren, die noch nicht abgestimmt haben, abzustimmen. - Die Auszählung ist beendet. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Türen zu schließen. Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung durch Auszählen zu Umdruck 827 bekannt: mit Ja haben gestimmt 155 Abgeordnete, mit Nein 132, enthalten haben sich 3. Der Antrag ist angenommen. ({5}) - Diesmal ging es wirklich um die Wurst! ({6}) Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 815 Ziffer 1 **) und Umdruck 826 Ziffer 1 ***), die identisch sind. Wer diesen Anträgen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die Anträge sind angenommen. Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Stücklen, Dr. Krone, Illerhaus, Lücke und Genossen, Umdruck 828 ****). Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstimmung durch Aufstehen zu wiederholen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Sitzungsvorstand ist sich nicht einig; ich muß durch Auszählen abstimmen lassen. Ich bitte die Schriftführer, sich an die Türen zu begeben. Ich bitte, den Saal beschleunigt zu räumen. ({7}) Ich bitte, die Türen zu schließen. Sind an allen Türen Schriftführer? *) Siehe Anlage 16. **) Siehe Anlage 9. ***) Siehe Anlage 15. ****) Siehe Anlage 17. ({8}) Meine Damen und Herren, ich eröffne die Abstimmung. ({9}) Die Abstimmung ist beendet. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über den Antrag Umdruck 828 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 139 Mitglieder des Hauses, mit Nein 140; enthalten haben sich 3. Der Antrag ist mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. ({10}) - Meine Damen und Herren, ich bitte, sich nach der Freude oder dem Ärger über die knappe Entscheidung doch wieder auf die weitere Arbeit zu konzentrieren. Wir kommen nunmehr zum Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Hellwig und Genossen auf Umdruck 823*), der, wenn ich recht im Bilde bin, die gleiche Regelung vorsieht, aber ein Jahr früher abschließen will. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, es ist nicht klar. Wir stimmen durch Auszählen ab. Ich bitte Sie, den Saal zu räumen. ({11}) Ich eröffne die Abstimmung. ({12}) Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. Die Abstimmung ist geschlossen. Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 823 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 166 Mitglieder des Hauses, mit Nein 123; enthalten haben sich 2. Der Antrag ist angenommen. ({13}) Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Lange!

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind im Augenblick in einer geschäftsordnungsmäßig etwas schwierigen Situation. Das Inkrafttreten der Bestimmung über den Ladenschluß am Samstagnachmittag um 14 Uhr ist jetzt auf ein Jahr hinausgeschoben. Aus diesem Grunde entfällt nach meiner Überzeugung die Notwendigkeit, den ersten Samstagnachmittag im Monat offenzuhalten. ({0}) - Nein, das ist § 3, damit Sie ganz klar sehen. Wir sind noch bei § 3. Insoweit war die Sache schon in Ordnung. Ich habe im Augenblick den Antrag noch nicht schriftlich, Herr Präsident. Ich beantrage mündlich, daß in § 3 Abs. 1 Ziffer 3 nach dem Komma die Worte „am ersten Sonnabend im Monat ab achtzehn Uhr und am darauffolgenden Montag bis dreizehn Uhr," gestrichen werden. Mit der Entscheidung von vorhin ist die Übergangszeit von einem Jahr eingeführt worden; wir brauchen dann diesen freien Samstagnachmittag nicht. ({1}) *) Siehe Anlage 12. - Es ist meine Überzeugung, daß wir ihn nicht brauchen; deshalb beantrage ich hier die Streichung. Nach der Geschäftsordnung muß ein solcher Antrag von 15 Kollegen unterstützt werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Vor allem muß er schriftlich gestellt sein.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich würde also bitten, Herr Präsident, die Sitzung für kurze Zeit zu unterbrechen, damit der Antrag schriftlich formuliert und der Geschäftsordnung Genüge getan werden kann.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Es haben sich zur Abstimmung bereits eine Reihe Abgeordneter zum Wort gemeldet. Vielleicht ist es Ihnen, Herr Lange, möglich, währenddessen den Antrag noch zu schreiben; dann brauchen wir die Sitzung nicht zu unterbrechen. Herr Abgeordneter Kutschera zur Abstimmung!

Walter Kutschera (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001264, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, das einigermaßen zu formulieren. Es handelt sich um denselben Gedanken, der hier vom Kollegen Lange ausgesprochen worden ist. Ich würde vorschlagen, folgende Formulierung zu genehmigen: Dem Abs. 4 - also dem neuen Absatz, den Sie mit Mehrheit angenommen haben wird als Satz 2 beigefügt: Bis zum 31. Dezember 1957 fällt die Regelung des ersten Sonnabends im Monat ({0}) fort. Damit hätten wir erreicht, daß in dieser Übergangszeit, der Sie mit Mehrheit zugestimmt haben, der Sonnabend, für den keine Berechtigung mehr besteht, nicht mehr als verkaufsoffener Sonnabend erscheint. Ich will diesen Antrag noch genauer .formulieren.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir kommen ohne Änderung zu Rande, Kollege Kutschera, ich habe mir die Sache noch einmal angesehen. In dem Antrag Hellwig usw. ist gesagt worden: „Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 gelten ab 1. Januar 1958." Die Frage des Sondersamstags, des ersten Samstags, isst in der Ziffer 3 geregelt, und in Abs. 2 ist gesagt: Fällt der erste Sonnabend auf einen Feiertag, so gilt die Regelung für den zweiten Sonnabend. Diese Regelung ist damit auch für ein Jahr storniert. ({0}) - Doch, es heißt: „Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 gelten ab 1. Januar 1958." Sie gelten also für das eine Jahr 1957 noch nicht. ({1}) Dann heißt es weiter: Bis dahin müssen Verkaufsstellen ab 16 Uhr geschlossen sein. Das ist also dann die einzige Regelung für das erste Jahr. ({2}) ({3}) - So sehe ich die Dinge. Meines Erachtens ist die Sache damit in Ordnung. Vom zweiten Jahr ab tritt dann das ganze Gesetz mit dem ersten Samstag als verkaufsoffenem Samstag in Kraft. Ich glaube also, wir können es so lassen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Beharren die beiden ersten Redner auf ihren Anträgen? - Das ist offenbar der Fall. Herr Abgeordneter Stücklen!

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lange, Sie brauchen sich nicht der Mühe zu unterziehen, hier einen Änderungsantrag zu stellen; denn was Kollege Sabel gesagt hat, steht ohne Zweifel im Gesetz. Das heißt also, § 3 Abs. 1 Ziffer 3 tritt erst ab 1. Januar 1958 in Kraft. Damit braucht der jetzt abgelehnte § 3 Abs. 1 Ziffer 3 nicht geändert zu werden, denn er ist gar nicht existent. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Lange!

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entgegen Ihrem Ratschlag, Herr Stücklen, werde ich mich doch der Mühe unterziehen, diesen Antrag zu stellen. Es ist nämlich im Ausschuß ein Kompromiß dahin gefunden worden: 14 Uhr sofort, mit der Offenhaltung an einem Samstag. So sah das aus! Diesen einen Samstag brauchen wir dann nicht mehr, wenn die Übergangszeit, die wir jetzt gesetzlich festlegen, abgelaufen ist. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation sieht dann natürlich anders aus. Kollege Lange will mit seinem Antrag erreichen, daß auch ab 1. Januar 1958 am ersten Samstag im Monat nicht offengehalten wird. Da möchte ich Sie doch einmal darauf hinweisen, welche Auffassungen im Ausschuß vertreten wurden. Wir haben ja - ich sage es noch einmal - versucht, zu einem echten Kompromiß zu kommen und zwischen den berechtigten Interessen der im Einzelhandel beschäftigten Menschen und den Interessen der Verbraucher abzuwägen, und haben gesagt, wir wollen den Ladenschluß im allgemeinen um 14 Uhr am Samstag, aber zur Befriedigung bestimmter Kaufbedürfnisse soll am ersten Samstag im Monat offengehalten werden. Insbesondere war an die Käufe, die die Familie gemeinsam tätigt, gedacht. Das war das Anliegen. Damit man uns wirklich nicht mit Berechtigung vorwerfen kann, wir würden Verbraucherinteressen ignorieren, meine ich, wir sollten bei dieser Regelung verbleiben. Ich würde also wirklich empfehlen, jetzt keine Änderung mehr vorzunehmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Illerhaus. - Erledigt. Abgeordneter Stücklen? - Erledigt. Herr Abgeordneter Lange! ({0}) - Meine Damen und Herren, die Unterschriften können nachgereicht werden. Die Feststellung, wer den Antrag unterstützt, wird durch Handaufheben getroffen. - Das Haus ist einverstanden. - Ist eine hinreichende Unterstützung für den Antrag Lange vorhanden? - Ja, das reicht. Ich darf Ihnen den Änderungsantrag der Abgeordneten Lange und Genossen - so darf ich ihn wohl bezeichnen - vorlesen: Der Bundestag möge beschließen: 1. In § 3 Abs. 1 Ziffer 3 werden die Worte „am ersten Sonnabend im Monat ab 18 Uhr und am darauffolgenden Montag bis 13 Uhr" - gestrichen, wird es wohl heißen, das Wort fehlt, ich darf es ergänzen gestrichen. 2. § 3 Abs. 2 wird gestrichen. Herr Abgeordneter Kutschera, bringen Sie auch einen Antrag ein? ({1}) - Sie bringen keinen ein. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich darf über die beiden Ziffern zusammen abstimmen lassen? - Ja. Wer dem Antrag der Abgeordneten Lange und Genossen, den ich eben verlesen habe, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den gesamten § 3 mit den inzwischen beschlossenen Änderungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 3 ist angenommen. ({2}) - Enthaltungen? Wenn Sie wollen, ja. Zur Feststellung der Mehrheit ist es nicht erforderlich. - Ich stelle fest, daß es zahlreiche Enthaltungen waren. ({3}) - Nicht immer wird Wert darauf gelegt; aber deswegen kam ich Ihrem Wunsche gern nach. Meine Damen und Herren, ich darf zwischendurch folgendes bekanntgeben. Die für heute, 16 Uhr, angesetzte Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung fällt aus. Sodann: nach einer soeben im Ältestenrat getroffenen Vereinbarung werden die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - Drucksachen 1274, 2714 - für heute abgesetzt. Es wird gebeten, diese Drucksachen bei Schluß der Sitzung auf den Plätzen liegen zu lassen. Die Vorlage steht am Mittwoch, dem 14. November, 14 Uhr, erneut zur Beratung an, nachdem der Ältestenrat darüber Einverständnis erzielt hat, diese im Arbeitsplan vorgesehene Plenarsitzung entgegen zwischenzeitlichen Plänen nun doch abzuhalten. ({4}) Ich rufe nunmehr den mit dem Umdruck 815*) Ziffer 2 beantragten § 3 a auf. Wird dazu das Wort gewünscht? ({5}) - Ist schon begründet. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck 815 Ziffer 2, einen neuen § 3 a einzufügen. Wer diesem Antrag der Abgeordneten Schmitt ({6}), Birkelbach und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Meine Damen und Herren, ich muß die Abstimmung wiederholen lassen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Meine Damen und Herren, der Sitzungsvorstand ist sich nicht einig. Ich muß durch Auszählen abstimmen lassen und bitte, den Saal zu räumen. ({7}) Ich bitte, den Saal beschleunigt zu räumen. Ich bitte die Schriftführer, sich an die Türen zu begeben. - Ich bitte, die Türen zu schließen. Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 815 Ziffer 2 der Abgeordneten Schmitt ({8}), Birkelbach und Genossen auf Einfügung eines § 3 a über den Verkauf von Zeitungen. Ich eröffne die Abstimmung und bitte, die Türen zu öffnen. ({9}) Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung ist beendet. Meine Damen und Herren, ich kann das Ergebnis der soeben vollzogenen Abstimmung bekanntgeben. Mit Ja haben 113 Mitglieder des Hauses gestimmt. Mit Nein 148. Enthalten haben sich 3 Abgeordnete. Der Antrag ist damit abgelehnt. Ich rufe nunmehr auf den § 4 mit dem Änderungsantrag Umdruck 799.**) Das Wort hat der Abgeordnete Wieninger.

Karl Wieninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002508, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um eine Bagatellsache. Die Schließungspflicht, die die zuständige Verwaltungsbehörde unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen gewährleisten muß, entspricht der weitaus überwiegenden Rechtslage im Bundesgebiet. Ihr ist aus arbeits- und wettbewerbsrechtlichen Gründen und zur Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis der Vorzug vor der Schließungsmöglichkeit zu geben. In den Fällen, in denen eine wechselweise Schließung der Apotheken von der zuständigen Verwaltungsbehörde angeordnet werden muß, ist sicherzustellen, a) daß in den Morgenstunden der Wochentage von 7 bis 8 Uhr eine Apotheke dienstbereit ist, b) daß andererseits die übrigen Apotheken nicht verpflichtet sind, in den Morgenstunden der Werktage von 7 bis 8 Uhr offenzuhalten. Die Sicherstellung zu a) wäre nicht gewährleistet, wenn alle Apotheken nur gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 geöffnet sein dürfen und nicht bestimmt ist, daß die jeweils zur Offenhaltung verpflichtete Apotheke auch in der *) Siehe Anlage 9. **) Siehe Anlage 5. Zeit von 7 bis 8 Uhr morgens dienstbereit sein muß. Auch die Klarstellung zu b) ist erforderlich. Bisher hat keine Verpflichtung bestanden, daß alle Apotheken auch in den Morgenstunden der Werktage von 7 bis 8 Uhr offengehalten werden. Für eine solche Offenhaltungspflicht liegt auch kein Bedürfnis vor. Sie würde nur zu arbeits- und tarifrechtlichen Komplikationen führen. Die in Vorschlag gebrachte Ergänzung, daß bei den Apotheken Dienstbereitschaft der Offenhaltung gleichsteht, ist zur Klarstellung erforderlich, da andernfalls die betreffende Apotheke geöffnet sein müßte. Es ist aber ausreichend, wenn entsprechend der bisherigen Übung und Rechtslage während der Ladenschlußzeiten die Apotheke dienstbereit ist, d. h. zwar geschlossen gehalten werden kann, aber dem arzneibedürftigen Publikum nach Betätigung der Nachtdienstglocke zur Verfügung steht.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag der Abgeordneten Wieninger, Geiger ({0}) und Genossen auf Umdruck 799*) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte ,um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Wer dem § 4 mit der nunmehr beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - § 4 ist angenommen. Ich komme nunmehr zu den Anträgen auf Einfügung eines § 4 a. Es sind die Anträge Umdruck 826**) Ziffer 2 und Umdruck 824***). Wird hierzu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, daß auch der Umdruck 816 vorliegt, der das gleiche Problem in den §§ 11 und 14 b regeln will. Gegen den Änderungsantrag Umdruck 826 Ziffer 2 habe ich die Bedenken, daß erstens das Wort „Kioske" eine allzu weite Auslegung zuläßt und zweitens der Verkauf ab 6 Uhr den bisherigen Bestimmungen entgegensteht, was meines Erachtens nicht vertreten werden kann.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Kroll.

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich auf die Ausführungen beziehen, die ich zu Punkt 1 meines Änderungsantrags bereits gemacht habe, und darauf hinweisen, daß die hier vorgeschlagene Regelung nach meiner Auffassung in jeder Beziehung eine Vereinfachung und Klärung bringt. Die Formulierung, die hier im ersten Abschnitt enthalten ist, umschreibt den Begriff „Kioske" ganz eindeutig: „für den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften". Ich glaube, daß da keine Mißverständnisse möglich sind. *) Siehe Anlage 5. **) Siehe Anlage 15. ***) Siehe Anlage 13.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag Umdruck 826*) Ziffer 2 scheint mir der weitergehende zu sein; ich lasse deshalb zuerst über diesen abstimmen. Wer dem Antrag Umdruck 826 Ziffer 2 der Abgeordneten Kroll, Bausch und Genossen auf Einfügung eines § 4 a zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Damit entfällt eine Abstimmung über den Antrag Umdruck 824. Zu § 5 sind Änderungsanträge nicht gestellt, hingegen zu § 6 der Antrag Umdruck 810 Ziffer 5. Er bedeutet nur, daß § 6 gestrichen werden soll. ({0}) - Ist Ihr Antrag erledigt? ({1}) Ein Änderungsantrag zu § 6 liegt demnach nicht mehr vor. Ich komme zu § 7 mit dem Änderungsantrag Umdruck 805**). Wird hierzu das Wort gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter Meyer-Ronnenberg.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wurde von einigen Kollegen veranlaßt, diesen Antrag wieder aufzunehmen, weil uns in der Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums nicht klar genug zum Ausdruck zu kommen schien, daß die Bahnhofsverkaufsstellen in Zukunft besser behandelt werden sollen. Ich bin aber bereit, von diesem Antrag abzusehen und ihn zurückzunehmen, wenn vom Bundesverkehrsministerium eine solche Erklärung abgegeben würde. Ist jemand vom Bundesverkehrsministerium hier? ({0}) Über dieses Thema und diese Materie haben wir uns im Ausschuß für Mittelstandsfragen und auch im Ausschuß für Arbeit hinreichend unterhalten. Es dreht sich nicht darum, etwa die Möglichkeiten einzuschränken, echten Reisebedarf zu decken, sondern es geht darum, die Auswüchse, die im Laufe der Zeit in den großen Bahnhöfen entstanden sind, zu beseitigen. Diese Auswüchse haben dazu geführt, daß über die erforderliche Anzahl hinaus Verkaufsstellen vorhanden sind, die längst nicht mehr den Reisebedarf, sondern zum größeren Teil den Passantenbedarf decken. Wir haben festgestellt, daß zwei Drittel der Umsätze in den Verkaufsstellen vor den Sperren eindeutig auf den Verkauf an Passanten entfallen, während die Verkaufsstellen hinter den Sperren einen verschwindend geringen Anteil an den Gesamtumsätzen haben. Ich möchte daher bitten, daß dieser Passus in das Gesetz eingefügt wird, damit wir die Bundesbahn veranlassen, in Zukunft andere Regeln aufzustellen. Wir wollen nicht den Verkauf für den Reisebedarf in irgendeiner Weise beschränken, möchten aber auch nicht, daß auf den großen Bahnhöfen supermarkets entstehen und weiter gefördert werden, *) Siehe Anlage 15. **) Siehe Anlage 6. wie das heute der Fall ist. Wenn man am Sonntag von Basel bis Hamburg reist, kann man bekanntlich auf den Bahnsteigen noch nicht einmal eine Zeitung bekommen, während man in den Bahnhofshallen ein ganzes Warenhaus antrifft und die weniger notwendigen Dinge in Hülle und Fülle angeboten bekommt. Wir haben auch festgestellt, daß die Bundesbahn in verschiedenen Bahnhöfen ohne Rücksicht auf die bereits vorhandenen Pächter ihren Geschäften Konkurrenzunternehmen in die Nähe gesetzt und damit bekundet hat, daß ihr nicht nur an der Deckung des echten Reisebedarfs liegt; vielmehr hat hier doch wohl eine rein merkantile Überlegung Platz gegriffen. Ich möchte Sie also bitten, diesem Antrag stattzugeben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit.

Anton Storch (Minister:in)

Politiker ID: 11002264

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Herr Abgeordnete könnte seinen Antrag zurückziehen. Wir arbeiten in der Bundesregierung schon seit längerem daran, für diese Bahnhofsverkaufsstellen eine gesunde Ordnung herbeizuführen. Sie haben in § 7 Ihres Gesetzentwurfs die Bestimmung aufgenommen, daß der Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Bundesarbeitsminister die restlichen Fragen ordnen und regeln soll. Ich glaube, Ihnen sagen zu können, daß diese Regelung zumindest in der Zeit des Übergangs, den Sie vorhin beschlossen haben, getroffen werden wird. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Sie ziehen den Antrag auf Umdruck 805*) zurück? ({0}) - Dann entfallen auch die zahlreichen hierzu noch vorliegenden Wortmeldungen. Zu § 7 liegt somit kein Antrag mehr vor; wir brauchen also über § 7 nicht abzustimmen. Bei § 8 gilt das gleiche. Ich rufe auf § 9 mit den zahlreichen Änderungsanträgen auf den Umdrucken 826 Ziffer 3, 810 Ziffer 6 a und b, 825, 809, 810 Ziffer 6 c und d. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Kroll!

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck 825**) liegt Ihnen ein Antrag vor, nach dem die Nummern 1 und 2 des § 9 Abs. 1 geändert werden sollen. Es geht bei diesem Antrag darum, die Zahl der Sonn- und Feiertage, an denen in Kur- und Erholungsorten verkauft werden darf, zu erhöhen. In dem jetzigen Vorschlag des Ausschusses ist vorgesehen, daß an 16 Sann- und Feiertagen der Verkauf durch Verfügungen von Landesbehörden genehmigt werden kann. Nach dem ursprünglichen Antrag der Antragsteller sollte die Möglichkeit bestehen, diesen Verkauf „in besonderen Fällen" an 22 Sonn- und Feiertagen zu genehmigen. Ich meine, daß die Be- *) Siehe Anlage 6. **) Siehe Anlage 14. ({0}) griffsbestimmung „in besonderen Fällen" etwas zu dehnbar ist. Ich möchte Sie daher bitten, unserem Antrag zuzustimmen und wieder 22 Sonn- und Feiertage als Maximum einzusetzen. Meine Damen und Herren, bitte, denken Sie, auch wenn es Ihnen angesichts des Wustes von Papier schwerfällt, einmal an unsere besonderen Fremdenverkehrsbezirke, beispielsweise an den Schwarzwald. Sie werden mir zugeben, daß es in diesen Bezirken nicht nur eine Sommersaison, sondern auch eine Wintersaison gibt. Ich frage Sie, wie Sie mit 16 Tagen auskommen wollen, wenn die Kurorte doppelte Saisonzeit haben. Deshalb möchte ich Sie bitten, hier wieder die im ersten Entwurf vorgesehene Zahl von 22 Sonn- und Feiertagen einzusetzen. Das ist nicht gefährlich, weil sowieso die Landesregierungen eingeschaltet werden. Man kann schließlich die Kurorte nicht alle über einen Leisten schlagen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß der Sozialpolitische Ausschuß nicht um 14 Uhr, sondern erst eine Stunde nach Schluß der Sitzung zusammentritt. Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz etwas zur Frage der Begrenzung der Ausnahmen sagen. In der Praxis ist man mit den Ausnahmen bisher allzu großzügig verfahren. Auch die Tatsache, daß nun noch für 16 Sonn- und Feiertage die Genehmigung von Ausnahmen zugelassen werden soll, hat im Ausschuß für Arbeit manchen beunruhigt. Gerade derjenige, der Wert auf die Respektierung des Sonntags als wirklichen Ruhetag, als wirklichen Tag der Besinnung legt, sollte, glaube ich, mit der Ermöglichung von Ausnahmen maßhalten. ({0}) 16 Sonntage sind die Sonntage von 4 Monaten. Ich darf Sie dringend bitten, weitergehende Anträge abzulehnen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Unser Antrag auf Umdruck 810 betrifft denselben Gegenstand, aber er geht etwas weiter. Er fordert nicht die Erweiterung auf 22, sondern auf 26 Sonn-und Feiertage. ({0}) Dieser Antrag ist von mir schon in der zweiten Lesung begründet worden. ({1}) - Herr Sabel, darf ich Ihnen etwas erwidern. Sie haben doch eben hier gesprochen. Ich bin der Meinung, daß die Vorschrift sogar noch weiter gefaßt werden könnte. Gehen Sie doch in die Kurorte in anderen Ländern! Unsere Kurorte müssen mit den Kurorten in anderen Ländern - in der Schweiz, in Italien, in Frankreich usw. - konkurrieren, und warum sollen wir ihnen nicht dieselben Vergünstigungen geben, die in den anderen Ländern üblich sind? Wir sind der Meinung, daß die Ausnahme hier gar nicht weit genug gehen kann. Wir sind aber im Interesse der Sache - um dem Anliegen unseres Antrags etwas größere Aussichten auf Annahme zu verleihen - bereit, unseren Antrag zurückzuziehen, damit dem Antrag auf Umdruck 825 eine einheitliche Unterstützung gegeben werden kann.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Metzger!

Ludwig Metzger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich muß sagen, daß ich über den Antrag Umdruck 825 doch einigermaßen erstaunt bin. ({0}) Ich habe in Hessen die Kämpfe um das Sonn- und Feiertagsgesetz mitgemacht und weiß, in welcher Weise von der CDU und von anderen Parteien da argumentiert worden ist und wie diese Dinge in einer höchst unschönen Weise in den Wahlkampf hineingezogen worden sind. Hier sehen wir nun, daß prominente Vertreter der CDU den Sonn- und Feiertag nicht schützen, sondern im Gegenteil die Verkaufstätigkeit noch auf mehr Sonn- und Feiertage ausdehnen wollen. Ich glaube, daß das durchaus im Widerspruch zu dem steht, was in den Ländern gesagt und propagandistisch ausgewertet wird. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Kroll!

Ludwig Kroll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001222, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wer über die Frage des Schutzes des Sonn- und Feiertages hier spricht, darf mir nicht absprechen, daß das Anliegen der Heiligung des Sonntags mir genauso am Herzen liegt wie dem Herrn Kollegen Metzger, der soeben zu diesem Punkt gesprochen hat. ({0}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, denken Sie an die ausgesprochenen Fremdenverkehrsorte, in die die Menschen zur Erholung gehen! Diese Menschen haben das Ziel, sich zu entspannen, und sie wollen an diesen Tagen auch wirklich frei haben. Die Erholungsuchenden müssen dort die Möglichkeit haben, ihren notwendigen Bedarf zu decken. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang sagen, daß wir eine ganze Reihe internationaler Plätze im grenznahen Ausland haben, wo diese Möglichkeiten des Einkaufs gegeben sind, so daß es einfach notwendig ist, einen Ausgleich herzustellen, damit nicht auf der anderen Seite sehr viel günstigere Verhältnisse vorliegen als bei uns. Aus meiner Erfahrung in Baden-Baden darf ich Ihnen sagen: dort hat es sich gezeigt, daß die Ausnahmen überhaupt nur von einem ganz verschwindend kleinen Teil von Geschäften wahrgenommen werden, von solchen nämlich, die im engsten Bereich eines Kurbezirkes sind. Meines Erachtens geht es also hier gar nicht darum, eine Ausweitung herbeizuführen, die nicht vertreten werden kann, sondern darum, eine Regelung zu treffen, die dem hier besonders vordringlichen Bedürfnis gerecht wird. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Dr. Kopf!

Dr. Hermann Kopf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001179, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 9 des Gesetzentwurfs sieht für unmittelbar in der Nähe der Grenze gelegene Orte eine abweichende Regelung bezüglich des Samstagsnachmittags vor. Es ist vorgesehen, daß die Landesregierungen in einzeln aufzuführenden Orten, die sich in unmittelbarer Nähe der Bundesgrenzen befinden, die Verkaufszeiten an Sonnabenden abweichend von der generellen Vorschrift regeln können mit der Maßgabe, daß in diesem Falle angeordnet werden muß, daß die Verkaufsstellen an einem bestimmten anderen Nachmittag derselben Woche ab 14 Uhr geschlossen sein müssen. Diese Sonderregelung ist im Hinblick darauf vorgesehen worden, daß in einer Reihe von Orten, die sich in der Nähe der Grenzen befinden, von Ausländern der benachbarten Länder, insbesondere aus Holland, Frankreich und der Schweiz, starke Einkäufe vorgenommen werden. Ich darf in diesem Zusammenhang in Erinnerung bringen, daß zwischen der Bundesrepublik einerseits und der Schweiz und Frankreich andererseits Warenabkommen abgeschlossen worden sind. Nach diesen Warenabkommen können eine Reihe von Kategorien von Waren bei uns eingekauft werden, und für diese Waren haben die genannten Länder bei der Einfuhr Zollvergünstigungen gewährt. Dieser Einkauf durch Ausländer vollzieht sich zum allergrößten Teil an Samstagnachmittagen, weil dies der einzige Zeitpunkt ist, in dem die Ausländer die Möglichkeit haben, einen Ausflug in deutsches Gebiet zu machen und die Waren einzukaufen. Würden wir die Ausnahmevorschrift in der Formulierung annehmen, wie sie vorliegt, so könnten sich aus dem Gebrauch der Worte „in unmittelbarer Nähe der Bundesgrenzen" bei der praktischen Anwendung erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Im Einzelfall kann es nämlich strittig und zweifelhaft sein, ob ein Ort in „unmittelbarer" Nähe der Bundesgrenze liegt. Unseres Erachtens kann aber die Zufälligkeit der geographischen Lage nicht entscheidend sein, sondern es kommt in entscheidender Weise darauf an, ob in einem bestimmten Ort der Wareneinkauf durch Ausländer eine erhebliche Rolle spielt und wirtschaftlich ins Gewicht fällt. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind - und hierüber müssen die Landesregierungen entscheiden -, soll in denjenigen Orten, die in der Nähe der Grenze liegen, von dieser Möglichkeit einer abweichenden Regelung Gebrauch gemacht werden. Aus diesem Grunde haben die Antragsteller in Umdruck 809 den Wunsch ausgesprochen, daß die Worte „in unmittelbarer Nähe der Bundesgrenzen" durch die Worte „in der Nähe der Bundesgrenze" ersetzt werden. Ich glaube nicht, daß diese Änderung im Gesamtergebnis eine sehr einschneidende Wirkung haben wird. Ich glaube aber, daß für die in Frage kommenden Orte die Bedeutung dieses Antrags doch recht erheblich ist und daß man ihm stattgeben sollte. Sosehr die sozialpolitischen Regelungen des Entwurfs begrüßt werden müssen, so sollte doch auf der anderen Seite gerade hier eine Form gefunden werden, die wirtschaftliche Nachteile vermeidet. Der Antrag Umdruck 809 möchte dieses Ziel erreichen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird noch weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag Umdruck 810*) Ziffer 6 a, b, c, d ist zurückgezogen. Ich lasse nunmehr über den Antrag Umdruck 826 Ziffer 3 - der Abgeordneten Kroll, Bausch und Genossen - abstimmen. Wer diesem Antrag Umdruck 826**) Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag 825***) der Abgeordneten Kroll und Genossen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Dann komme ich zum Umdruck 809****). Wer dem Antrag Umdruck 809 der Abgeordneten Dr. Kopf, Hilbert, Dr. Furler und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Wer nunmehr dem § 9 mit der vorgenommenen Änderung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 9 ist angenommen. Ich darf bekanntgeben, daß der erste Untersuchungsausschuß - Untersuchung des Falles John - unmittelbar nach Schluß des Plenums zu einer dringenden Besprechung in Zimmer 206, Südflügel, zusammengerufen wird. ({0}) - Das glaube ich nicht, Herr Abgeordneter Unertl. Zu § 10 liegen Änderungsanträge nicht vor. Wir kommen zu § 11. Wird zu den hierzu eingebrachten Änderungsanträgen das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir zuerst ab über den Antrag der Fraktion der FDP, Umdruck 810 Ziffer 7. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 816*****). ({1}) - Umdruck 816 Ziffer 1 ist erledigt? Abgeordneter Sabel!

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Antrag ist durch die Beschlußfassung zu dem Antrag des Abgeordneten Kroll erledigt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Der Antragsteller erklärt ihn für erledigt. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 815 Ziffer 3******), zugleich Um- *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. **) Siehe Anlage 15. ***) Siehe Anlage 14. ****) Siehe Anlage 8. *****) Siehe Anlage 10. ******) Siehe Anlage 9. ({0}) druck 826 Ziffer 4*). Wer den Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. ({1}) - Besteht darüber Einverständnis im Hause, daß beide Anträge erledigt sind? - Widerspruch erfolgt nicht; sie sind erledigt. Wer dem § 11 nach idem jetzigen Sachstand zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 11 ist angenommen. Ich komme zu § 12 mit dem Antrag Umdruck 796 **) und erteile das Wort der Frau Abgeordneten Dr. Schwarzhaupt.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Durch den Änderungsantrag soll die Zeitspanne, in die die verkaufsfreien Sonntage vor Weihnachten fallen dürfen, um zwei Tage vorverschoben werden. Das heißt, wenn einer der letzten drei Tage vor Weihnachten ein Sonntag ist, dann soll nicht dieser Tag verkaufsoffen sein, sondern der 2. und der 3. Advent. Der Sinn dieser Änderung ist der, daß wir eine große Zahl von Familien, vor allem die Hausfrauen, davor bewahren wollen, abgehetzt und mehr oder weniger erschöpft in die Weihnachtstage hineinzugehen. Das gilt für die einkaufenden Ehepaare, die ihre gemeinsamen Einkäufe nach Möglichkeit nicht in den letzten Tagen vor Weihnachten machen sollen; es gilt für das große Heer von Verkäuferinnen, von denen sehr viele verheiratet sind, und für die in den letzten drei Tagen vor Weihnachten ein freier Sonntag eine große Wohltat ist. Schließlich wollen wir die Geschäftsleute, die ihre Geschäfte selbst führen und selbst mitarbeiten, davor bewahren, daß ihnen der letzte Sonntag unmittelbar vor den Feiertagen als Tag für die Vorbereitung auf die Feiertage im Haushalt genommen wird. Wir wissen, daß diese Regelung von bestimmten Zweigen des Einzelhandels nicht gewünscht wird, weil sie für sie mit einem gewissen materiellen Opfer, wie sie befürchten, verbunden ist. Wir glauben aber, daß es in dieser Frage doch wichtiger isst, den menschlichen Gesichtspunkt der ruhigen Vorbereitung der Familie auf die Feiertage voranzustellen. Das gilt gerade für die Familien, in denen die Frau mitarbeitet. Ich denke dabei auch an die vielen Kriegerwitwen, die als Aushilfskräfte in dem letzten Monat vor Weihnachten eine Arbeit als Verkäuferin annehmen, um noch etwas für Weihnachten mitzuverdienen, und die abgehetzt und erschöpft in die Weihnachtstage gehen, wenn unmittelbar vor den Feiertagen noch ein Sonntag liegt, den sie nicht für die Familie frei haben. Deshalb glaube ich, daß hier jenseits aller konfessionellen Fragen eine Forderung der Menschlichkeit besteht, die wir den wirtschaftlichen Erwägungen voranstellen sollten. An der Lösung dieser Frage werden wir zeigen können, daß es der Mensch ist, dem die Wirtschaft dient, und nicht umgekehrt. ({0}) *) Siehe Anlage 15. **) Siehe Anlage 3.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Meyer-Ronnenberg.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Schwarzhaupt, ich würde gerne Ihrem Antrag zustimmen. Aber ich möchte auf eins aufmerksam machen. Die kleinen Einzelhandelsgeschäfte, deren Interessen Sie hier ja auch berücksichtigt sehen wollten, befinden sich in einer ganz anderen Lage. Ich darf darauf hinweisen, daß gerade das kleine Lebensmittelgeschäft, das zu Weihnachten ja nun auch einmal etwas Weihnachtsartikel verkaufen möchte, am letzten Tag nicht auf diese Stunden verzichten kann, weil sonst der ganze Umsatz dieser Artikel eindeutig in die Cafés und Konditoreien, die ja aufhaben dürfen, geht. Wir können das ja nicht verhindern. ({0}) Ich habe schon damals bei der Einbringung des Entwurfs des Bundesrates darauf aufmerksam gemacht. Außerdem sind die Angestellten in diesen Betrieben keineswegs erfreut, wenn die ganze Last der letzten Einkäufe - und es ist ja erwiesen, daß in den letzten 24 Stunden immer noch die größten Einkäufe gemacht werden - sich auf den letzten Tag vor dem Fest verlagert. Außerdem hat dies gar nicht eine so große Bedeutung, daß man von der Gesetzesvorlage abweichen sollte, weil der 23. Dezember ja alle sieben Jahre nur einmal auf den Sonntag fällt. ({1}) - Ich spreche deswegen dagegen, weil ich mir sage, wir sollten es bei der Ausschußvorlage, also bei der Terminstellung zwischen dem 10. und dem 23. Dezember, lassen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Lange!

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Damen und Herren auf folgendes hinweisen. Für dieses Jahr würde das Argument der Frau Kollegin Schwarzhaupt absolut zutreffen. Im nächsten Jahr sieht es aber so aus, daß der erste verkaufsoffene Sonntag der 8. Dezember wäre. Das heißt, daß praktisch vom 2. bis 21. Dezember die Leute drei Wochen hintereinander ununterbrochen angespannt sind. Das scheidet aus - nur als Beispiel für das nächste Jahr -- beim 10. Dezember. Man könnte so den Kalender durchgehen und feststellen, daß die Nachteile einer Regelung vom 8. bis 21. Dezember überwiegen gegenüber der kürzeren Belastungszeit, die mit der Regelung vom 10. bis 23. Dezember gegeben ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird noch weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt, Frau Kaiser ({0}), Frau Welter ({1}), Frau Dr. Brökelschen, Sabel und Genossen auf Umdruck 796*). Wer diesem Antrag *) Siehe Anlage 3. ({2}) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über § 12 in der geänderten Form. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 12 ist angenommen. Ich rufe auf § 13 mit dem Antrag Umdruck 810 Ziffer 8 a und b. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth!

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! In diesem Gesetz der Ausnahmen handelt es sich hier wieder um eine Ausnahme. Wir wollen sie - das ist ja die Tendenz unserer Anträge - erweitern. Es sollen Verkaufssonntage zugelassen werden „aus Anlaß von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen". Für die Bayern ist da interessant das Oktoberfest, für die Hamburger der Hamburger Dom. Wir wollen diese Formulierung etwas weiter fassen, denn die Entscheidung wird ja den Landesregierungen überlassen. Nach unserem Vorschlag soll es heißen „aus besonderem Anlaß". Darüber hinaus wollen wir die Möglichkeit zu einer solchen Offenhaltung von vier auf zehn Sonn- und Feiertage erweitern.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, ich kann doch über die Ziffer 8 a und b Ihres Antrags gemeinsam abstimmen lassen? ({0}) - Jawohl. - Wer dem Antrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 810 Ziffer 8 a und b zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist abgelehnt. Wer dem § 13 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 13 ist angenommen. Zu § 14 sind Änderungsanträge nicht gestellt, wohl aber zu § 14 a. Ich rufe ihn auf zusammen mit dem Antrag auf Umdruck 810 Ziffer 9. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 810 Ziffer 9 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Idas Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wer dem § 14 a in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 14 a ist angenommen. Ich komme nun zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 816*) Ziffer 2. Mit diesem Antrag wird die Einfügung eines § 14 b gewünscht. ({1}) - Also er wind für erledigt erklärt. Dann kommen wir zu § 15. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor, wohl aber zu § 16. *) Siehe Anlage 10. Ich rufe § 16 auf mit den Anträgen auf Umdruck 810 Ziffer 10 und Umdruck 819**). Das Wort hat Herr Eickhoff.

Rudolf Eickhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000452, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf trägt wohl meine Unterschrift, aber ich sehe mich doch gezwungen, schon heute einen Änderungsantrag einzubringen, der nach Meinung meiner Freunde und vor allen Dingen nach meiner Meinung unerläßlich ist. Es handelt sich um den § 16, der bisher nur auf die Friseurbetriebe abgestellt ist. Nach unserer Meinung muß in § 16 das Bäckerhandwerk unbedingt berücksichtigt werden, und zwar nicht nur das Bäckerhandwerk, sondern auch das ganze Backgewerbe. Ich begründe den Antrag wie folgt. Während des ersten Weltkriegs waren die jahrzehntelangen Bemühungen des Bäckerhandwerks, die Nachtarbeit in den Bäckereien abzuschaffen und das Nachtbackverbot durchzusetzen, endlich von Erfolg gekrönt. Sie wissen, daß bis dahin in den Bäckereien nachts um 12 Uhr angefangen wurde zu arbeiten. Aus dieser Zeit stammt ja auch das alte Wort: Das Backen in der Nacht hat der Teufel erdacht! Seien Sie überzeugt, daß das ganze Bäckerhandwerk über diese soziale Errungenschaft erfreut war. Wir sollten alles tun, um diese soziale Errungenschaft unbedingt zu erhalten. Wir dürfen am Nachtbackverbot nicht rütteln, weil wir sonst dem Bäckerhandwerk einfach untragbare soziale Belastungen schaffen würden. Wenn wir wollen, daß bestehende Gesetze innegehalten werden, sollten wir uns auch bemühen, bei der Verabschiedung neuer Gesetze darauf Rücksicht zu nehmen. Wenn wir aber in diesem jetzt zur Verabschiedung anstehenden Gesetz bestimmen, daß die Bäckereien am Sonnabend auch um 14 Uhr schließen müssen, heißt das, daß in der Zeit von 4 Uhr bis 14 Uhr wohl die Backware für den Sonnabend und Sonntag hergestellt werden kann, daß sie aber bis 14 Uhr nicht voll verkauft werden kann. Wenn also die Läden um 14 Uhr geschlossen werden sollen, dann muß an dem Nachtbackverbot gerüttelt werden, dann müssen wir - und das ist untragbar - unseren Gefolgschaftsmitgliedern zumuten, schon nachts um 2 Uhr anzufangen zu arbeiten. ({0}) - Wir haben auch Gefolgschaftsmitglieder! ({1}) - Es ist ganz egal, wie man es ausdrückt; Sie wissen, was ich damit meine. ({2}) - Seien Sie überzeugt, unsere Mitarbeiter in den Bäckereien wissen genau, was wir Bäckermeister meinen, wenn wir auch einmal Gefolgschaftsmitglieder sagen; das Verhältnis ist schon dementsprechend. Ich möchte Sie also wirklich dringend bitten, diesem Antrag stattzugeben, nach dem den Bäckereien erlaubt werden soll, am Sonnabendnachmittag bis 16 Uhr zu verkaufen, weil sonst unser Nachtbackverbot, an dem nicht gerüttelt werden darf, irgendwie in Gefahr käme. Vorhin, bei dem ersten Hammelsprung, ging es um die Wurst; jetzt **) Siehe Anlage 11. ({3}) geht es um die frischen Brötchen, die auch Sie weiter essen wollen. ({4}) - Sie mögen darüber lachen; mir ist es bitter, bitter ernst. ({5}) Es geht um unsere Bäckereibetriebe, die nicht wieder abends um 12 Uhr anfangen sollen zu backen. Ich möchte Sie also herzlich bitten, unserem Antrag zuzustimmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Unser Antrag ist aus der Befürchtung heraus gestellt, daß dieses Gesetz den Anfang zu Erweiterungen bilden könnte. Das Gesetz ist so, wie es der Öffentlichkeit dargelegt worden ist, dazu bestimmt, die Ladenschlußzeiten zu regeln. Hier greift es auf einmal auf das Handwerk über; ein Teil des Handwerks wird bei der Ausübung seiner Tätigkeit von diesem Gesetz erfaßt. Wir wollen den Anfängen wehren. Aus diesem Grunde ist unser Antrag, den § 16 zu streichen, gestellt worden. Hier bei den Friseuren fängt es an, und bei welchem Handwerk es nachher aufhören wird, kann noch niemand voraussehen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorhin hat das Hohe Haus eine Übergangslösung für das Inkraftsetzen des 14-Uhr-Ladenschlusses beschlossen. Damit entfällt im Grunde genommen das Anliegen, das mit dem Antrag auf Umdruck 819*) verwirklicht werden soll. ({0}) - Verzeihung, die anderen Probleme werden woanders gelöst werden müssen, nicht hier im Ladenschlußgesetz. Deshalb bitte ich, den Antrag auf Umdruck 819 abzulehnen. Den Antrag auf Umdruck 810 bitte ich ebenfalls abzulehnen, da die enge Verbindung des Betriebs des Handwerks und des Einzelhandels beim Friseurhandwerk hinsichtlich der Überwachung sonst zu Unzuträglichkeiten für die ausführenden Organe führen müßte. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sabel.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Kollegen Dr. Atzenroth möchte ich darauf hinweisen, daß gerade die Beteiligten im Friseurgewerbe, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den Wunsch gehabt haben, in die Regelung mit einbezogen zu werden. Ich glaube, das kann man nicht ignorieren. Es ist hier eine Regelung gesucht worden, die den Bedürfnissen Rechnung trägt. Aber nun zu dem Vorschlag, den der Kollege Eickhoff eben vorgetragen hat! Ich verkenne nicht, daß darin ein echter Kern, ein echtes Anliegen liegt; denn die Zeit vom Beginn des Backvorgangs *) Siehe Anlage 11. bis zum Verkaufsschluß an Samstagen ist für den Bäcker etwas kurz. Nun hat eben der Kollege Lange mit Recht darauf hingewiesen: für das kommende Jahr ist das Problem dadurch gelöst, daß generell eine Verkaufszeit bis 16 Uhr vorgesehen ist. Herr Kollege Eickhoff, Sie wissen ja auch, daß Diskussionen über das Nachtbackverbot und die Arbeitszeiten im Bäckereigewerbe im Gange sind. Ich meine daher, wir sollten diese Frage im nächsten Jahr klären. Wir müßten das gemeinsam überlegen. Wir haben ja jetzt die Übergangszeit von einem Jahr. Wir müssen allerdings versuchen, dann zu einer Regelung zu kommen, die den echten Bedürfnissen der Bäckereien Rechnung trägt. Also, ich möchte meinen, wir sollten es jetzt ausklammern, müssen aber im nächsten Jahr im Zusammenhang mit den anderen Problemen darüber reden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten Umdruck 810*) Ziffer 10. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Ich komme zum Änderungsantrag der Abgeordneten Eickhoff, Holla, Stiller, Günther und Genossen Umdruck 819**) unter Buchstaben a und b. Darüber kann in einem abgestimmt werden? - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wer dem § 16 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; § 16 ist angenommen. Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht heute nachmittag nicht um 15, sondern erst um 16 Uhr zusammentritt und der Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes eine Viertelstunde nach Schluß dieser Sitzung. Hoffentlich ist das bald! Zu § 17 liegen Änderungsanträge nicht vor, jedoch zu § 18. Ich rufe ihn samt den Änderungsanträgen Umdrucke 815 und 810 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag 815***) Ziffer 4. ({0}) - Ist erledigt? Um so besser. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag Urn-druck 810 Ziffer 11 Buchstaben a und b. Ich kann darüber in einem abstimmen lassen? - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist abgelehnt. Ich lasse über § 18 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; § 18 ist angenommen. Ich rufe § 19 mit dem Umdruck 806****) auf. Wird der Antrag begründet? - Bitte, Herr Abgeordneter Illerhaus. *) Siehe Anlage 5 zur 169. Sitzung. **) Siehe Anlage 11. ***) Siehe Anlage 9. ****) Siehe Anlage 7.

Joseph Illerhaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000991, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 19 der Regierungsvorlage behandelt die Öffnungszeiten bei den Trink-und Imbißhallen. Bei der Ausschußberatung ist dieser Paragraph gestrichen worden. Das bedeutet, daß die Trink- und Imbißhallen von der Ladenschlußzeitregelung nicht berührt werden. Wenn das durchginge, wäre das eine sehr ungleichmäßige Behandlung im Hinblick auf den gesamten übrigen Einzelhandel, vor allen Dingen auf den Tabakwareneinzelhandel mit den überwiegend ganz kleinen Geschäften; diese müßten also samstags um 14 Uhr schließen, während sämtliche Trink- und Imbißhallen - die ja heute alle keine Trink- und Imbißhallen, sondern Verkaufsstellen sind - nach dem Gaststättengesetz lustig weiter verkaufen dürften. Die von uns beantragte Wiedereinführung des § 19 bedeutet, daß die Trinkhallen nach den Ladenschlußzeiten, also nach 14 Uhr, nur das verkaufen dürfen, was zum augenblicklichen Verzehr bestimmt ist. Es würde also für den Verkauf außerhalb der Ladenschlußzeiten keine andere Behandlung als bisher erfolgen. Nun hat dieser Paragraph einen Abs. 2, in dem es heißt: Die in Absatz 1 genannten Einrichtungen, deren Umsatz an zubereiteten Speisen und Getränken 50 v. H. des Gesamtumsatzes nicht erreicht, müssen während der für Lebensmittelgeschäfte geltenden Ladenschlußzeiten für den Kundenverkehr geschlossen sein. Meine Damen und Herren, das würde eine unheimliche Arbeit für die Verwaltung geben und unübersehbar sein. Ich bitte Sie, diesen Absatz zu streichen, dagegen dem ersten Absatz Ihre Zustimmung zu geben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Illerhaus, ein solcher Antrag liegt aber nicht vor. Er müßte 'schriftlich eingereicht werden. Ich bitte, das während der Diskussion, die ausgiebig zu werden verspricht, zu tun. Herr Abgeordneter Dr. Bürkel! ({0})

Dr. Dietrich Bürkel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000300, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Problem ist im Ausschuß für Arbeit, der hier federführend ist, eingehend erörtert worden. Es handelt sich um Konkurrenzfragen im Einzelhandel. Nach unserer Ansicht ist es richtig, ,die Trinkhallen nicht in dieses Gesetz hineinzunehmen, sondern sie dem Gaststättengesetz zu unterstellen. Dem Ausschuß für Arbeit erschien es richtiger, diese Lösung zu wählen, weil dann gleichzeitig die Schwierigkeiten besprochen werden können, die hier soeben angeführt worden sind. Wenn die Trinkhallen dem Gaststättengesetz unterstellt wenden, wird die Zuverlässigkeit des Inhabers geprüft. Es wird geprüft, ob die Anlage in Ordnung ist. Es werden hygienische und sonstige Dinge geprüft. Es scheint uns dann auf die Dauer so zu werden, daß eine Reihe der Trinkhallen, die jetzt überall existieren, geschlossen werden müssen, weil sie den Anforderungen des Gaststättengesetzes nicht entsprechen. Für die Trinkhallen gelten dann aber auch die Bestimmungen des Gaststättengesetzes über Zubehör. All die Dinge, die jetzt in den Vordergrund geschoben werden, wie der Verkauf von Zigaretten usw., dürfen dann nur noch als Zubehör verkauft werden, d. h. ebenfalls zum Verzehr an Ort und Stelle. Die Lösung, die hier gewünscht wird, wird dann ebenfalls erreicht. Der Hauptgrund aber dafür, diese Bestimmung in das Gaststättengesetz zu übernehmen, dürfte der sein, daß der Bundesrat hierauf den größten Wert legt, und zwar so großen Wert, daß er, wenn wir anders entscheiden, das Gesetz bestimmt vor den Vermittlungsausschuß bringt. Wenn das eintritt, können wir für dieses Jahr mit der Verabschiedung des Ladenschlußgesetzes nicht mehr rechnen. ({0}) Der Ausschuß für Arbeit bittet daher, seiner Fassung zuzustimmen -und den Änderungsantrag abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Unertl.

Franz Xaver Unertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002355, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Änderungsantrag Umdruck 806*) kann ich mich kurz fassen, denn der Herr Vorredner hat bereits alles gesagt. Ich bitte ,das Hohe Haus, hier der Ausschußvorlage zuzustimmen, dem Wollen des Bundesrats 'zu entsprechen und den gesamten Fragenkomplex bei der Beratung des Gaststättengesetzes neu aufzugreifen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Herr Kollege Bürkel hier gesagt hat, ist richtig. Das ist auch unsere Meinung, oder ich müßte jetzt sagen: unsere Meinung gewesen, denn in der Zwischenzeit sind durch Juristen Zweifel in die Richtigkeit unserer Überlegungen gesetzt worden. Diese Zweifel besagen folgendes - ich bitte gegebenenfalls die Bundesregierung, sich noch einmal dazu zu äußern, damit diese Zweifel so oder so behoben werden können -: Wenn wir jetzt keine Regelung für die Trink- und Imbißhallen vornähmen, würden die Trink- und Imbißhallen entsprechend dem § 1 in konsequenter Anwendung des § 3 wie alle übrigen Einzelhandelsgeschäfte geschlossen werden. Das ist die Konsequenz. In der Sache ist auch unsere Auffassung, daß die Regelung für die Trink- und Imbißhallen als die Kleinstform der Gaststätten im Gaststättengesetz getroffen werden müßte. Aber für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der 6. Novelle zum Gaststättengesetz müßte - das ist, wie gesagt, wiederum der Zweifel - nach der Meinung der Juristen eine Regelung im vorliegenden Gesetz erfolgen, damit die Trink- und Imbißhallen eben nicht nur - wie die anderen Verkaufsstellen - zwischen 7 und 18.30 Uhr geöffnet sein können, obwohl für bestimmte Dinge, die sich auch auf den Zubehörhandel beziehen, ein unbestreitbares Bedürfnis besteht. Deshalb wäre ich daran interessiert, hier eine eindeutige Auskunft der verantwortlichen Juristen - ich meine jetzt, der Bundesregierung - darüber zu erhalten, ob, wenn im vorliegenden Ge- ') Siehe Anlage 7. ({0}) setz keine Regelung erfolgte, die Trink- und Imbißhallen, wie andere Juristen behaupten, gefährdet wären. Ansonsten sollten wir uns alle miteinander darin einig sein, daß dieser Komplex im Gaststättengesetz zu regeln ist, entsprechend auch der Zubehörhandel für das gesamte Gaststättenwesen, damit die Schwierigkeit auf die Sie, Herr Meyer-Ronnenberg, hingewiesen haben, ausgeräumt wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit.

Anton Storch (Minister:in)

Politiker ID: 11002264

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann dem Herrn Abgeordneten folgendes sagen. Nach den bisherigen Auffassungen ist eine Trinkhalle die unterste Stufe eines Gaststättenbetriebs. Daraus ergibt sich meines Erachtens folgerichtig, daß alle diese Dinge in dem Gesetz über die Gaststätten zu erledigen sind. Ich bin deshalb der Meinung, Sie können bei dem stehenbleiben, was der Ausschuß hier vorgesehen hat.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Meyer-Ronnenberg.

Rudolf Meyer-Ronnenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001499, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich mit dieser Auslegung der Angelegenheit leider nicht ganz zufriedengeben. Denn die Frage, ob ein Unternehmen Gaststätte ist oder ob es Einzelhandelscharakter hat, muß doch wohl zuerst von der Überlegung aus entschieden werden, welche Umsätze es tätigt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man ein Einzelhandelsgeschäft, einen Einzelhandelskiosk nur deshalb zu einer Gaststätte stempeln kann, weil dort vielleicht zwanzig Flaschen Coca-Cola oder zwanzig Flaschen Brause am Tag verkauft werden. Wir haben also vom Standpunkt der Gleichberechtigung erhebliche Bedenken. Die heutigen Einzelhandelskioske - die Überschrift müßte eigentlich „Einzelhandelskioske" und nicht „Trinkhallen" heißen - sind richtige Einzelhandelsverkaufsstellen. Es ist richtig, daß ein Teil ihrer Tätigkeit - die Gaststätteneigenschaft - im Gaststättengesetz geregelt werden kann. Das bleibt unbenommen. Ich gebe aber dem Kollegen Lange völlig recht, wenn er feststellt: Wenn wir sie hier nicht hineinnehmen, sind sie automatisch als Einzelhandelsverkaufsstellen um 19 Uhr zu schließen. Es geht kein Weg um diese Feststellung herum. Ich möchte also bitten, dem Antrage des Kollegen Illerhaus, den er schon begründet hat, stattzugeben, weil hier ja nur eine vorläufige Entscheidung erfolgt. Wir wollen auf den zweiten Absatz dieses Paragraphen verzichten, weil, wie schon ausgeführt worden ist, die Kontrolle zu Schwierigkeiten führen könnte. Aber der Grundsatz muß sein, daß Einzelhandelskioske mit einem kleinen Prozentsatz an Gaststättentätigkeit zunächst wie der Einzelhandel behandelt werden müssen. Wir wollen ja gerade erreichen - das muß ich dem Kollegen Unertl sagen -, daß sie jetzt nicht davon betroffen werden; denn dann müßten sie ausnahmslos wie die Einzelhandelsverkaufsstellen zumachen. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, abends nach Ladenschluß Getränke und Speisen und den nötigen Zubehör an Waren zu verabfolgen. Ich möchte Sie also bitten, dem Antrag auf Wiedereinfügung unter gleichzeitiger Streichung des zweiten Absatzes zuzustimmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte nur feststellen, daß nach den Darlegungen des Ministers die Zweifel für uns ausgeräumt sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Unertl!

Franz Xaver Unertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002355, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Arbeitsministers haben ganz klar gezeigt, daß die Gefahr, die von den Antragstellern hier wiederholt angedeutet worden ist, nicht besteht. Ich bitte daher noch einmal, den Antrag abzulehnen und dem Ausschußbeschluß stattzugeben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Es liegen jetzt zwei Anträge vor. Der eine ist der Anderungsantrag Umdruck 806*) der Abgeordneten Meyer-Ronnenberg und Genossen, den § 19 wieder einzufügen, der ja nach dem Ausschußbericht und nach dem Ergebnis der zweiten Beratung nicht existiert. Der zweite ist ein Änderungsantrag der Abgeordneten Illerhaus, Meyer-Ronnenberg und Genossen, Abs. 2 des § 19 zu streichen. Eine Streichung ist ja nicht möglich; aber ich möchte diesen Antrag als einen Änderungsantrag zu dem andern auffassen. Es scheinen mir ziemlich dieselben Antragsteller zu sein. Kann ich es nicht so verstehen, daß nur ein einziger Antrag vorliegt, nämlich § 19 Abs. 1 aufzunehmen? ({0}) - Damit sind alle Antragsteller einverstanden? ({1}) - Ich lasse also darüber abstimmen, ob § 19 Abs. 1 in der Fassung des Regierungsentwurfs als neuer § 19 nunmehr in das Gesetz eingefügt wird. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Änderungsanträge liegen erst zu § 27 wieder vor. Ich rufe § 27 mit dem Änderungsantrag Umdruck 810 Ziffer 12 auf. ({2}) - Ich höre, das ist erledigt. Damit ist der ganze Änderungsantrag Umdruck 810 erledigt. Dann liegt zu § 27 also kein Änderungsantrag mehr vor. Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Schlußabstimmung über das Gesetz. - Zu einer kurzen Erklärung Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Ich beantrage für die Schlußabstimmung zu diesem Gesetz namentliche Abstimmung und bitte um Ihre Unterstützung.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Atzenroth, Sie haben namentliche Abstimmung beantragt. Darf ich fragen, ob dieser Antrag unter- *) Siehe Anlage 7. ({0}) stützt wird. - Meine Damen und Herren, die Unterstützung scheint nicht auszureichen. Wollen die Damen und Herren aufstehen, die für die namentliche Abstimmung sind. - Es werden von hier oben 42 Abgeordnete gezählt. Herr Dr. Atzenroth zur Geschäftsordnung.

Dr. Karl Atzenroth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000057, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Da sich hier ergeben hat, daß die Unterstützer des Antrags etwa die Hälfte der Anwesenden sind, bezweifle ich die Beschlußfähigkeit des Hauses. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, anzunehmen, das sei nur die Hälfte der Anwesenden, ist ein offenkundiger Irrtum. Können Sie ihn nicht berichtigen? ({0}) Sie müssen auch fünf Abgeordnete haben, die die Beschlußfähigkeit bezweifeln. ({1}) - Ich muß erst den Sitzungsvorstand befragen, wie er sich nach § 50 zu der Frage stellt. Meine Damen und Herren, gemäß § 50 der Geschäftsordnung hat der Sitzungsvorstand soeben einstimmig festgestellt, daß das Haus seiner Meinung nach beschlußfähig ist. ({2}) Unter diesen Umständen wird in Form der Sachabstimmung die Beschlußfähigkeit festgestellt, d. h. durch Auszählen. Wir werden also, nachdem die namentliche Abstimmung nicht unterstützt ist, die Form des Auszählen wählen, die wir heute schon einige Male geübt haben. ({3}) Werden noch Erklärungen zur Abstimmung*) abgegeben? - Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich lasse auszählen. ({4}) - Zur Geschäftsordnung Abgeordneter Unertl! ({5}) - Zur Abstimmung! *) Siehe Anlagen 18 und 19.

Franz Xaver Unertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002355, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Schluß dieser Debatte haben wir den festen und klaren Beweis, daß sich das Haus uneinig ist und uneinig war. Ich bitte nun, dieses Gesetz abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Unertl, das war nicht zur Abstimmung und war nicht zur Geschäftsordnung! Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte, den Saal zu räumen. Ich bitte die Schriftführer, sich an die Türen zu begeben. ({0}) Ich hitte, die Räumung des Saales zu beschleunigen. - Es ist Auszählung, keine namentliche Abstimmung! - Ich bitte, die Türen zu schließen. Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Schlußabstimmung. Die Abstimmung ist eröffnet. Ich bitte, die Türen zu öffnen, und bitte die Schriftführer, auszuzählen. ({1}) Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung ist geschlossen. Meine Damen und Herren, mit Ja haben gestimmt 153 Mitglieder des Hauses, mit Nein 123, enthalten haben sich 6. Die Beschlußfähigkeit ist eindeutig festgestellt. Der Gesetzentwurf ist mit Mehrheit angenommen. Ich komme nunmehr zur Abstimmung über die Ziffer 2 des Ausschußantrages, den Gesetzentwurf auf Drucksache 1943 für erledigt zu erklären. Erfolgt Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich habe ferner über den Antrag abstimmen zu lassen, die Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. Erfolgt Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Es ist einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, es ist interfraktionell vereinbart worden, daß nunmehr die Sitzung geschlossen wird. Ich habe bekanntzugeben: Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hält seine Sitzung morgen nicht; sie fällt aus. Der Ernährungsausschuß tagt 30 Minuten nach Schluß des Plenums. Der Bundestagsausschuß für Verteidigung tagt nicht um 15 Uhr, sondern um 16 Uhr. Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 14. November 1956, 14 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.