Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die 165. Sitzung des Deutschen Bundestages. Ich eröffne sie damit, daß ich dem Hause mitteile, daß unser Kollege, der Abgeordnete Dr. Kleindinst, am 20. Oktober seinen 75. Geburtstag gefeiert hat.
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Auch er gehört zu denen, die es einem schwer machen, zu erraten, von welcher Größenordnung der Geburtstag ist, den man gerade feiert.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat werden die vom Herrn Bundesminister der Finanzen auf Grund des § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung übersandten Übersichten über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben dem Haushalts({1})
ausschuß überwiesen. Es ist inzwischen eingegangen die Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im ersten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1956, Drucksache 2778. Das Haus ist wohl mit einer Überweisung dieser Vorlage an den Haushaltsausschuß einverstanden. - Es erfolgt kein Widerspruch.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seinen Sitzungen vom 5. bzw. 19. Oktober 1956 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über das Internationale Pflanzenschutzabkommen;
Gesetz zur Ergänzung des Personalgutachterausschuß-Gesetzes;
Gesetz zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1955 über die Gründung der „EUROFIMA", Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial;
Gesetz über das am 16. November 1955 unterzeichnete Dritte Zusatzabkommen zum Zollvertrag vom 20. Dezember 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft;
Gesetz über den Vertrag vom 10. März 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über wirtschaftliche Zusammenarbeit;
Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes;
Siebentes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes;
Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes; Bundesleistungsgesetz;
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin".
Im Zusammenhang mit der Mitteilung über die Zustimmung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" - Drucksache 2771 - hat der Bundesrat erklärt, daß er seinen am 15. Juni 1956 beschlossenen Initiativgesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" - Drucksache 2638 - als erledigt betrachte.
Gesetz über die Verjährung von deutschen Auslandsschulden und ähnlichen Schulden;
Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften;
Drittes Gesetz zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes;
Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes;
Zweites Gesetz zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes.
Zum Gesetz über die Beschränkung von Grundeigentum für militärische Verteidigung ({2}), zum
Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts und zum
Gesetz über Bergmannsprämien ({3})
hat der Bundesrat verlangt, daß der Vermittlungsausshuß gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes einberufen wird. Seine diesbezüglichen Schreiben sind als Drucksachen 2785, 2786, 2787 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat unter dem 4. Oktober 1956 zur Kleinen Anfrage 157 der Fraktion der SPD betreffend Geheime Fonds von deutschen Auslandsvertretungen oder vom früheren Auswärtigen Amt auf Bankkonten im Ausland - Drucksache 1207 - seine unter dem 18. März 1955 - Drucksache 1291 - erteilte Antwort ergänzt. Sein Schreiben ist als Drucksache 2772 verteilt.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 12. Oktober 1956 die Kleine Anfrage 278 der Fraktion der FDP betreffend Aufenthalt des Botschafters Haas in der Bundesrepublik - Drucksache 2708 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2780 verteilt.
Der Bundesminister für Arbeit hat unter dem 19. Oktober 1956 die Kleine Anfrage 279 der Fraktion der FDP betreffend Kindergeld - Drucksache 2718 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2789 verteilt.
Der Bundesminister für Arbeit hat unter dem 12. Oktober 1956 die Kleine Anfrage 280 der Fraktion der FDP betreffend Entlastung der Sozialgerichte - Drucksache 2719 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2773 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat unter dem 19. Oktober 1956 die Kleine Anfrage 282 der Fraktion der FDP betreffend Bundesanstalt für den Güterfernverkehr - Drucksache 2733 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2783 verteilt.
Die Fraktion der FDP hat den von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung von Wehrersatzbehörden - Drucksache 2604 - unter dem 19. Oktober 1956 zurückgezogen.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 5. Oktober 1956 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 ({4}) den vom Bundesminister für Verkehr übersandten Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn nebst Stellenplan und Bautenverzeichnis für das Geschäftsjahr 1955 und den im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen ergangenen Genehmigungserlaß des Bundesministers für Verkehr übermittelt. Der Wirtschaftsplan liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Zur Tagesordnung liegen Wortmeldungen vor, zunächst die des Abgeordneten Dr. Bucher. Ich erteile ihm das Wort zur Tagesordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der FDP beantrage ich, die heutige Tagesordnung dadurch zu ergänzen, daß nach Punkt 1 unser Antrag betreffend Gutachten zur Rentenreform Drucksache 2791 eingeschoben wird. Da der Antrag nur den Zweck hat, gewisse Gutachten zur Rentenreform dem Hohen Hause zugänglich zu machen, wäre meine Fraktion bereit, auf eine Begründung zu verzichten. Es müßte sogar möglich sein, auf Ausschußüberweisung zu verzichten, indem dieser Antrag sofort angenommen wird.
Herr Abgeordneter, Sie wollen doch keinen besonderen Punkt, sondern Punkt 1 d?
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-- Das als Punkt 2! Dann gilt das auch für Ihren
Antrag, der in seinem ersten Teil gleichlautend ist?
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- Dazu will Herr Abgeordneter Horn sprechen. Bitte, Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage der Regierungsparteien beantrage ich, den Antrag der FDP als Punkt 2 a einzusetzen und als Punkt 2 b einen Antrag der Regierungsparteien, den ich, weil er dem Hause als Drucksache noch nicht vorliegt, im Wortlaut kurz verlese:
betreffend Gutachten zur Reform der Rentenversicherung.
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, das im Auftrag des Bundesministers der Finanzen von Versicherungsmathematiker Dr. Heubeck erstattete Gutachten zur Reform der Rentenversicherung dem Bundestag alsbald zugänglich zu machen.
Da zur Zeit im Bundesministerium für Arbeit zu diesem Gutachten eine Stellungnahme erarbeitet wird, wird die Bundesregierung weiter ersucht, auch diese Stellungnahme beschleunigt dem Bundestag zuzuleiten.
Unterschrift: die Fraktionen der Regierungskoalition.
Meine Damen und Herren, auch wir, die Regierungskoalition, wären gegebenenfalls bereit, bei Aufruf dieser beiden Punkte auf Begründung und auf Debatte zu verzichten. Die endgültige Stellungnahme dazu möchten wir uns noch vorbehalten.
Das Wort zur Tagesordnung hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der SPD beantrage ich, folgenden Antrag als Punkt 2 c in die Tagesordnung aufzunehmen:
betreffend Unterlagen zur Rentenreform. Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht,
alle in ihrer Hand befindlichen versicherungstechnischen und volkswirtschaftlichen Unterlagen über die Rentenreform einschließlich des Materials, das dem Beirat für die Sozialreform zugeleitet wurde, dem Bundestag unverzüglich zugänglich zu machen.
Wir sind bereit, auf eine Beratung zu verzichten, und beantragen, über diesen Antrag unter Punkt 2 c der Tagesordnung abzustimmen.
Ich habe als Präsident die Verpflichtung, darauf hinzuweisen, daß dieser Antrag so allgemein gefaßt ist, daß ich mir kaum vorstellen kann, wie man ihn in kontrollierbarer Weise realisieren könnte. Er erscheint mir so wie ein Gerichtsurteil, das etwa lauten würde: Der Beklagte wird verpflichtet, zu bezahlen, was er schuldig ist.
({0})
Damit kann ein Gerichtsvollzieher nicht viel anfangen.
({1})
- Was die Bemerkung soll, Herr Abgeordneter? Mit der Bemerkung möchte ich bezwecken, daß dieser Antrag so spezifiziert wird, daß das Haus wirklich feststellen kann: Hat die Regierung den Beschluß ausgeführt oder nicht?
({2})
Wir haben also einen Punkt 2 c in die Tagesordnung einzufügen. - Das Haus ist damit einverstanden. Es ist auch damit einverstanden, daß ohne Begründung und Debatte und ohne weitere Überweisung an den Ausschuß Beschluß gefaßt wird.
({3})
- Darüber wollen Sie noch reden, gut: Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen in der gesetzlichen Rentenversicherung ({4}) ({5});
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung eines Abschlages auf die Nachzahlungen nach der Neuordnung der gesetzlichen Rentenversicherungen ({6});
c) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährung einer Sonderzulage für den Monat Dezember 1956 in den gesetzlichen Rentenversicherungen ({7}) ({8}).
Ich schlage Ihnen vor, daß wir die drei Entwürfe hintereinander begründen und die Aussprache über sie gemeinsam durchführen.
Das Wort zur Begründung des Entwurfs unter Punkt 1 a hat der Herr Abgeordnete Dr. Jentzsch.
Dr. Jentzsch ({9}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat den Entwurf eines Zweiten Sonderzulagengesetzes - Drucksache 2727 - Ende September eingebracht, damit der deutsche Rentner nicht unter den Auswirkungen leiden muß, welche die mißliche Situation heraufbeschwört, in der sich die am 20. Oktober 1953 durch den Herrn Bundeskanzler angekündigte umfassende Sozialreform befindet. In der damaligen Regierungserklärung wurde darauf hingewiesen, daß schon im ersten Kabinett Adenauer Vorbereitungen für die Sozialreform getroffen worden seien, und es wurde versprochen, dem 2. Bundestag die Entwürfe für ein umfassendes und ausführliches Sozialwerk vorzulegen. Wir Freien Demokraten haben seinerzeit dieses Versprechen des Herrn Bundeskanzlers lebhaft begrüßt. Um so größer ist unsere Enttäuschung, daß der Regierungsentwurf für die Rentenreform erst kurz vor den Parlamentsferien dieses Jahres vorgelegt worden ist. Auch wenn der für das Inkrafttreten der Rentenreform vorgesehene Termin des 1. Januar 1957 wirklich eingehalten werden kann, entsteht für den Rentner und damit für den sozial schwächsten Teil des deutschen Volkes eine bedrängende Lage, weil das Erste Sonderzulagengesetz mit seinen Mehrleistungen am 30. November dieses Jahres ausläuft.
Wir haben es daher für erforderlich gehalten, als erste Fraktion dieses Hohen Hauses - in der Tendenz haben sich später die SPD und schließlich auch die CDU durch eigene Anträge angeschlossen - ein Überbrückungsgesetz vorzulegen. Wir glaubten, der Einfachheit halber das bisher schon eingeführte System beibehalten und für eine Übergangszeit fortführen zu sollen. Unser Gesetzentwurf sieht demgemäß vor, den Empfängern von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die für den Monat Dezember 1956 Anspruch auf einen Mehrbetrag nach dem RentenMehrbetrags-Gesetz vom 23. November 1954 haben, eine Sonderzulage in Höhe des Zehnfachen dieses Mehrbetrags zu gewähren. Für Waisen, die zu dem gleichen Zeitpunkt einen Anspruch aus den gesetzlichen Rentenversicherungen haben, ist eine Sonderzulage in Höhe von 25 DM vorgesehen. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen sollen, wie seinerzeit im Ersten Renten-MehrbetragsGesetz festgelegt, bis zum 20. Dezember 1956 Vorschüsse auf diese Sonderzulagen auszahlen. Im übrigen soll das Gesetz in Berlin Gültigkeit haben.
Bei der Vorlage unseres Gesetzentwurfs ist gelegentlich in der Öffentlichkeit die Vermutung ausgesprochen worden, als wollten wir damit die Inkraftsetzung der Rentenreform zum 1. Januar 1957 hinauszögern. Ich glaube in diesem Hohen Hause nicht erst erklären zu müssen, daß niemand glücklicher wäre als die Freien Demokraten, wenn die Rentenreform so rechtzeitig in Kraft gesetzt werden könnte, daß eine Überbrückungsmaßnahme überflüssig wäre. Wir hegen jedoch nicht unbeträchtliche Besorgnisse, daß das nicht geschehen kann, weil inzwischen allzu deutlich geworden ist, daß unter den Koalitionsparteien eine einheitliche
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Auffassung über den Rentenentwurf der Regierung kaum zu erzielen sein wird. Einander widersprechende Erklärungen von Kabinettsmitgliedern, notwendig gewordene Interpretationen zu Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers über das Rentenwerk und seinen Inhalt sowie die Gerüchte über eine eigene Vorlage des Herrn Bundesfinanzministers haben unsere Befürchtungen bestärkt, daß der vorgesehene Termin des 1. Januar 1957 für das Inkrafttreten der Rentenreform ernsthaft in Frage gestellt sein könnte.
Meine Damen und Herren, es geht uns bei der Frage eines Sonderzulagengesetzentwurfs nicht um die Priorität der FDP in der Einbringung, es geht uns auch nicht um Prestigefragen, sondern es geht uns allein um den Rentner. Wir sind bereit, im Sozialpolitischen Ausschuß gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern an jeder Lösung zu arbeiten, die unserem Anliegen Rechnung zu tragen geeignet ist.
Ich bitte, unserem Antrag auf Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß zuzustimmen.
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Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs unter Punkt 1 b hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Dr. Schellenberg ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als dieses Haus vor einem Jahr das Sonderzulagengesetz verabschiedete, war es die allgemeine Überzeugung, daß wir uns nicht noch einmal mit Zulagengesetzen beschäftigen müßten. Es wurde vielmehr, insbesondere von den Regierungsparteien, erklärt, daß damit ein Schlußstrich unter die verschiedenen Zulagengesetze gezogen sei und daß noch vor diesem Winter die Rentenreform Wirklichkeit werde. Daß wir uns heute wieder mit Gesetzentwürfen über Sonderzulagen und über eine Überbrückungszahlung für Rentner beschäftigen müssen, ist eine Folge der Versäumnisse der Bundesregierung, und zwar nicht nur während der letzten Jahre - davon spreche ich heute nicht; das haben wir oft genug dem Hause dargelegt -, sondern der Versäumnisse seit Verabschiedung des Sonderzulagengesetzes.
Meine Damen und Herren, als hier im April der Gesetzentwurf der Sozialdemokraten eingebracht wurde, hat dieses Haus nicht sofort seine Beratung im Ausschuß veranlaßt, vielmehr mußte nach dem Willen der Mehrheit des Hauses darauf gewartet werden, bis der Entwurf der Bundesregierung vorlag. In diesem Umstand liegt es begründet, daß wir erst im September mit der Beratung der Gesetzentwürfe zur Neuordnung der Rentenversorgung begonnen haben. Dadurch ist eine unvertretbare Verzögerung eingetreten. Wir haben schon beim Start der Beratungen dieser Gesetze einen schweren Zeitverlust erlitten. Hinzu kommt noch - das hat Herr Dr. Jentzsch angedeutet, das ist ein offenes Geheimnis und soll und muß deshalb hier klar gesagt werden -, daß sich bei Beratung des Regierungsentwurfs Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Koalition nicht nur über Einzelheiten, sondern auch über die Konzeption des Entwurfs gezeigt haben, die die Beratungen im Ausschuß außerordentlich belasteten.
({1})
- Herr Kollege Winkelheide, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister öffentlich schwere Bedenken gegen den Regierungsentwurf erhebt und wenn der Herr Bundesfinanzminister nach Zeitungsmitteilungen beantragt hat, den Regierungsentwurf zurückzuziehen, und diese Mitteilung nicht dementiert, dann ist das ein Zeichen für einen geradezu chaotischen Zustand innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich ihrer eigenen sogenannten Rentenkonzeption.
({2}) Meine Damen und Herren, daß das die Arbeit im Ausschuß belastet, darüber kann es keinen Zweifel geben. Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Ihnen ist vielleicht noch nicht bekannt, daß zu den ersten fünf Paragraphen, die wir jetzt im Ausschuß im sogenannten zweiten Durchgang beraten haben, von der Regierungskoalition bisher 24 Änderungsanträge gestellt wurden; zu fünf Paragraphen, die noch nicht einmal an die neuralgischen Punkte rühren!
({3})
Infolge dieses Sachverhalts hat sich ein verhängnisvoller Zeitverlust ergeben.
Die Sozialdemokraten sind der Ansicht, daß hierunter auf keinen Fall die Rentner leiden dürfen. Deshalb legen die Sozialdemokraten heute den Entwurf eines Gesetzes über eine Überbrückungszahlung vor.
Dieser Gesetzentwurf steht in einem engen Zusammenhang mit der Rentenreform. Es soll hierdurch gewissermaßen eine Akontozahlung auf die Mehrleistungen gewährt werden, die den Rentnern nach der Reform zustehen. Die SPD geht in ihrem Entwurf davon aus, daß allen Rentnern im Monat November als Abschlag auf die sich aus der Reform ergebenden Nachzahlungen vorerst der Betrag einer Monatsrente zusätzlich gewährt werden soll.
Da dem Hause heute noch andere Gesetzentwürfe über eine Überbrückungszahlung vorliegen, bedarf es einer besonderen Begründung, weshalb die Sozialdemokraten die Zahlung einer Monatsrente als Überbrückung fordern.
Die Gründe sind folgende: Die letzte Sonderzahlung wurde Ende Mai zusammen mit der Junirente geleistet.
({4})
- Ich komme auf das zu sprechen, Herr Kollege Horn, was Sie sagen wollen. - Die Regierungsparteien behaupten, daß diese Leistung eine Vorauszahlung für die Monate Mai bis November gewesen sei. Meine Damen und Herren, wir wollen hier nicht in versicherungstheoretische Erörterungen darüber eintreten, ob die Sonderzulage eine Post- oder eine Pränumerando-Zahlung gewesen ist.
Entscheidend sind für uns die sozialen Tatbestände. Die Rentner haben Ende Mai eine Zahlung zwischen 20 und 180 Mark und die Waisen eine Zahlung von 15 Mark erhalten. Wenn wir die Ergebnisse dieser Zahlungen jetzt überprüfen, dann müssen wir feststellen, daß über zwei Millionen Rentner Ende Mai nur eine Zahlung bis zu 20 Mark erhalten haben.
({5})
Wir müssen weiter feststellen, daß über 61 % der
Rentner nur eine Zahlung erhalten haben, die insgesamt unter 50 Mark lag, und daß nur 4 % der
({6})
Rentner den Höchstbetrag erreicht haben. Das sind die sozialen Tatbestände, aus denen wir bei der Überbrückungszahlung heute die Konsequenzen zu ziehen haben. Es kann doch nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß selbst diejenigen Rentner, die Ende Mai eine Sonderzulage über den Durchschnittsbetrag hinaus erhielten, heute nicht mehr eine einzige Mark im Hinblick auf den bevorstehenden Winter in den Händen haben. Das ist der Tatbestand, mit dem wir uns sozialpolitisch auseinandersetzen müssen.
({7})
Deshalb können wir Ihre Auffassung, daß lediglich der Monat Dezember zu überbrücken sei, nicht akzeptieren. Das ist sozialpolitisch völlig unbefriedigend. Deshalb fordern die Sozialdemokraten in ihrem Gesetzentwurf eine Akontozahlung nicht nur für den Monat Dezember, sondern für die Zeit bis Ende Dezember 1956 in Höhe einer Monatsrente.
({8})
Noch etwas anderes ist zu unserem Antrag auf Zahlung einer Monatsrente zu sagen. Weil diese Überbrückungszahlung nicht von den Gesetzen zur Rentenreform loszulösen ist, die wir im Ausschuß gegenwärtig beraten, von der Rentenreform, auf die die Rentner seit Jahr und Tag warten, muß durch diese Überbrückungszahlung ein sozialpolitisch wirksamer Effekt erzielt werden. Das wird mit einer Zahlung in Anlehnung an das Rentenmehrbetragsgesetz - dreifacher Mehr-Betrag nicht erreicht. Eine Zahlung in Anlehnung an das Rentenmehrbetragsgesetz mit dreifachem Rentenmehrbetrag bedeutet praktisch, daß 1 1/2 Millionen Rentner aus eigener Versicherung nur eine Zahlung von 21 DM erhalten, daß eine halbe Million Witwen nur einen Betrag von 14 DM und 1 Million Waisen nur 10 DM erhalten, daß also 3 Millionen Menschen nur die Mindestbeträge erhalten.
({9})
Das ist eine Überbrückungszahlung, die für die Rentner im Hinblick auf die Versprechungen über die soziale Neuordnung eine schwere Enttäuschung bedeuten muß. Das ist der entscheidende Punkt. Es ist für die Rentner ein schlechter Trost, wenn man ihnen erklärt, diese Überbrückungszahlung habe mit der Rentenreform nichts zu tun, sie gelte nur für den Monat Dezember. Nachdem die Offentlichkeit und insbesondere die Rentner tagtäglich durch den Wirrwarr der Auffassungen im Regierungslager über die Gestaltung der Rentenreform in Unruhe versetzt wurden, bedeutet - darüber müßten auch Sie sich klar sein - diese Überbrükkungszahlung gewissermaßen einen Prüfstein dafür, was sie im Zusammenhang mit der Rentenreform zu erwarten haben.
({10})
Deshalb sollten auch Sie ein Interesse daran haben, daß die Überbrückungszahlung nicht zu einer neuen Enttäuschung der Rentner führt.
({11})
Das ist für uns das Entscheidende, und deshalb fordern wir den Betrag einer Monatsrente als zusätzliche Leistung.
Wir erklären - und wir möchten das in diesem Zusammenhang ganz deutlich sagen, um allen Spekulationen zu begegnen -: Für uns ist die Überbrückungszahlung nur ein Abschlag auf das, was den Rentnern für die Zeit bis Ende Dezember zusteht. Wir wenden uns schon jetzt mit allem Nachdruck dagegen, daß man versucht, diese Überbrückungszahlung mit den Bestrebungen zu verbinden, von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens abzukommen.
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Das möchte ich hier ganz deutlich sagen. Wir werden in dieser Hinsicht noch einige Überraschungen erleben, meine Damen und Herren! Wir können uns auf Erfahrungen in sozialpolitischen Dingen stützen. Im übrigen finden die Sozialdemokraten, daß diese Akontozahlung nicht auf andere Leistungen angerechnet werden darf. Zur Finanzierung erklären wir, daß sie von den Trägern der Rentenversicherung bevorschußt werden soll. Der SPD-Antrag erfordert einen Aufwand von 645 Millionen DM. Wir bitten in diesem Zusammenhang zu bedenken - und das ist für uns entscheidend -, daß die Rentenversicherung in diesem Jahre einen Überschuß von über 2 Milliarden DM haben wird.
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Im Hinblick auf diesen Überschuß ist der Aufwand für die Überbrückungszahlung zu werten. Deshalb ist es kein Argument, zu sagen, daß keine Mittel zur Verfügung stünden. Die endgültige Abrechnung des Vorschusses muß selbstverständlich im Rentenneuordnungsgesetz geregelt werden.
Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion beantrage ich, unsern Gesetzentwurf dem Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen, der sich im Rahmen einer Vorbesprechung bereits mit der Materie beschäftigt hat. Es war leider nicht möglich, in dieser Vorbesprechung die Regierungsparteien dazu zu bewegen, über den Mindestbetrag von 14, 21 und - für die Waisen -10 DM hinauszugehen. Trotz der ungünstigen Erfahrungen, die wir in der letzten Woche im Sozialpolitischen Ausschuß wieder einmal gewonnen haben, spreche ich die Hoffnung aus, daß wir, wenn wir am Freitag zur zweiten und dritten Lesung kommen, im Sozialpolitischen Ausschuß eine Regelung erreichen können, die für die Rentner befriedigend ist.
({14})
Das Wort zu Punkt 1 c hat der Abgeordnete Stingl.
Stingl ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neben den eben begründeten Gesetzentwürfen liegt Ihnen heute zur ersten Beratung auch idie Drucksache 2784 vor. Ich widerstehe der Versuchung, jetzt bei der Begründung dieses Gesetzentwurfs auf die Bemerkungen einzugehen, die bei der vorhergehenden Begründung zur Rentenreform im allgemeinen gemacht worden sind. Ich will mich darauf beschränken, zu dem Gesetzentwurf selbst, nämlich zu dem Sonderzulagengesetz für den Monat Dezember, Stellung zu nehmen. Ich will mich auch nicht mit den Ausführungen beschäftigen, die nicht nur diese Sonderzahlung zum Gegenstand hatten.
Die Antragsteller verlangen auf Drucksache 2784 den Erlaß eines Zweiten Sonderzulagengesetzes. Das Sonderzulagengesetz vom Vorjahre, das - ich darf Sie daran erinnern - nach heftigen Auseinandersetzungen vom Hohen Hause am 17. November vorigen Jahres einstimmig verabschiedet worden ist, hat den Beziehern eines Rentenmehr({1})
betrages im Dezember 1955 und im Juni 1956 jeweils eine sechsfache Rentenmehrbetragszahlung gebracht und hat über das vorhergehende RentenMehrbetrags-Gesetz hinaus auch den Waisenrentenempfängern eine Sonderzahlung bewilligt. Diese Sonderzahlungen hatten keinen bestimmten Geltungszeitraum - so habe ich es jedenfalls aufgefaßt -; denn sie waren ja als Sonderzahlungen gedacht. Sie sollten - und darin stimme ich Herrn Professor Schellenberg zu - eine Regelung für die Rentenempfänger bringen, bis eine Rentenreform eine Neuregelung ihrer Rente insgesamt herbeiführen würde.
Meine Damen und Herren, es ist der feste Wille dieses Hauses - ich hoffe zumindest, daß es der Wille des ganzen Hauses ist; für die Antragsteller kann ich das jedenfalls eindeutig sagen -, daß die Reform der Rentenleistungen am 1. Januar 1957 in Kraft tritt. Nun ergibt sich aber aus der Höhe der vorjährigen Rentensonderzulage die Vermutung - wir können nicht bestreiten, daß das draußen so gehandhabt worden ist -, daß dieses Rentensonderzulagengesetz eine Geltung über 6 Monate hinweg hatte, so daß wir jetzt der Meinung sind, wir sollten im Anschluß an das Rentensonderzulagengesetz ein weiteres Sonderzulagengesetz für den Monat Dezember schaffen. Wir legen Ihnen deshalb diesen Antrag vor.
Daraus, daß wir den Monat Dezember einbeziehen wollen, ergeben sich einige Folgerungen. Die in unserem Zweiten Rentensonderzulagengesetz vorgeschlagenen Leistungen liegen wesentlich höher als im Ersten Sonderzulagengesetz; denn der dreifache Rentenmehrbetrag ist eben, unterstellt, daß dieses Gesetz, wie ich sagte, einen Monat Geltung haben soll, eine höhere Leistung, als sie das Erste Sonderzulagengesetz gebracht hat.
Ich darf zusätzlich bemerken, daß wir darin keine Abschlagszahlung auf das künftige Rentenreformrecht sehen, auch nicht insofern, als man folgern könnte, daß man in Zukunft nach den Intentionen der Rentenreform einen bestimmten Betrag monatlich auswerfen wolle und auch auswerfen müsse; nur um die Verteilung müsse man sich jetzt mühen, und man könne durchaus jetzt einen anderen Schlüssel finden, als man ihn später in der endgültigen Reform finden würde. Es handelt sich - ich betone es noch einmal - um eine Anschlußleistung. Diese Leistung für den Monat Dezember soll aber, wie wir Ihnen in dem Gesetzentwurf vorschlagen, nicht nur den Beziehern der Rentensonderzulage vom Vorjahr zugute kommen, sondern sie soll auch den Kreis einschließen, der nicht Empfänger eines Rentenmehrbetrages ist, und dies ist der Kreis der Personen, die nach dem 1. Januar 1924 geboren und schon Rentner sind.
Ich betone mit Nachdruck, daß auch bei diesem Zweiten Rentensonderzulagengesetz die Bezugnahme auf das Renten-Mehrbetrags-Gesetz uns deshalb ein Anliegen ist, weil nach unserer Überzeugung und auch nach den Erfahrungen der Praxis das Renten-Mehrbetrags-Gesetz eine besondere Begünstigung der Altrentner darstellt. Diese dreifache Vermehrung des Rentenmehrbetrages für einen Monat wird also auch in dreifacher Potenz d i e Menschen besonders berücksichtigen, die sehr lange und sehr hohe Beiträge gezahlt haben. Wir beziehen auch die anderen ein, weil wir der Meinung sind, daß ihnen im Hinblick auf die Rentenreform eine Leistung gewährt werden soll, wobei wir ausdrücklich bemerken, daß wir unter keinen Umständen mit dieser Regelung, die einmalig für den Monat Dezember ist, im voraus bestimmen wollten, daß es in Zukunft weiterhin Mindestrenten geben soll. Ich betone ausdrücklich, daß hier keine Präjudizierung der Rentenreform in bezug auf die Mindestrenten vorgesehen ist. Dies wird besonders deutlich durch die Bestimmung des Abs. 2, daß die Rentensonderzahlung im Dezember kein Bestandteil der Rente ist. Wir halten diese besondere Aufführung für notwendig, weil sich offensichtlich bezüglich des Rentensonderzulagengesetzes vom Vorjahr Auslegungsschwierigkeiten ergeben haben. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich aus meinem vorjährigen Bericht zum Rentensonderzulagengesetz etwas zitieren. Ich habe damals ausgeführt, daß ,die Nichtanrechnung bei sonstigen Sozialleistungen Widerstand sowohl beim Bundesinnenministerium wie beim Bundesfinanzministerium gefunden habe, daß aber dann der Ausschuß unter Zurückstellung dieser Bedenken folgender Auffassung gewesen sei - ich zitiere -:
Die Ausschußmitglieder anerkannten die Berechtigung von Bedenken, sofern sie sich gegen die Nichtanrechnung von laufenden Erhöhungen der Renten richten. In solchen Fällen sollte man die Regelung in den jeweiligen Gesetzen finden. Für die vorliegende Sonderzulage jedoch könne man - wie im Vorjahr bei den Vorschüssen - die Anrechnung nicht verantworten. Es handle sich um einmalige Zahlungen, diese sollten den Empfängern zusätzlich voll zugute kommen. Das Gefüge der anderen Sozialleistungen sei durch diese jeweils einmaligen Zahlungen nicht gestört.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß wir im Renten-Mehrbetrags-Gesetz ausdrücklich gesagt haben, daß der Mehrbetrag ein Bestandteil der Rente wird. Da wir dies im Vorjahresgesetz nicht gesagt hatten, waren wir, wie aus dem eben Zitierten hervorging, im Ausschuß und, da das Plenum einstimmig zugestimmt hat, insgesamt der Meinung, daß die Sonderzulagen nicht Bestandteil der Renten sind. Da dies aber draußen offenbar nicht beachtet wurde, vielleicht auch dadurch, daß man den Bericht nicht mit herangezogen hat, scheint es uns notwendig, diesmal ausdrücklich im Gesetz festzulegen, daß diese Zahlungen kein Bestandteil der Renten sein sollen.
Ich darf weiter mit Nachdruck darauf hinweisen, daß den Rentnern nach unserem Gesetzentwurf für den Monat Dezember nicht irgendwie geartete Pauschalleistungen gegeben werden sollen. Weder führen wir eine dreizehnte Monatsrente ein noch nennen wir etwa einen Festbetrag. Ein Festbetrag ist nach unserer Meinung nur als Mindestbetrag zu verantworten.
Wir haben uns auch überlegt, wie die technische Durchführung dieses Gesetzes aussehen wird, und sind der Überzeugung, daß es der Post ohne weiteres möglich sein wird, den Rentenempfängern diesen Betrag rechtzeitig vor Weihnachten auszuzahlen; denn er beläuft sich auf die Hälfte der im Vorjahr jeweils im Dezember und Juni erfolgten Zahlungen.
Wir wissen, daß die Kosten dieses Gesetzes etwa bei 240 Millionen DM liegen werden. Davon dürften etwa 75 Millionen auf den Bund zukommen. Die Höhe dieser Leistung scheint uns für die Rentner für den Monat Dezember eine wirkliche Hilfe zu sein. Sie hat außerdem den ungemein großen Vorteil, daß sie keine Präjudizierung irgendwelcher Art für die Reform ist.
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Ich darf Sie bitten, unseren Antrag dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. Die Belastung, die auf den Haushalt zukommt, macht es darüber hinaus erforderlich, auch den Haushaltsausschuß damit zu beschäftigen. Ich bitte Sie, so zu verfahren.
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Meine Damen und Herren, die Herren Fraktionsgeschäftsführer haben mir mitgeteilt, daß die Fraktionen auf Aussprache verzichten wollen und bereit sind, den Beschluß zu fassen, die drei Anträge dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. In der Zwischenzeit sind mir aber individuelle Wortmeldungen zugegangen. Ich muß daher die Mitglieder, die sich zum Wort gemeldet haben, fragen, ob sie auf ihren Wortmeldungen bestehen wollen.
({0})
- Ich hatte keinen Namen genannt.
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Finselberger.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es kommt mir wirklich nicht darauf an, die heutige Debatte zu verlängern oder zu erschweren. Gestatten Sie mir aber doch, daß ich einige Ausführungen mache.
Die bedauerliche Tatsache, daß wir uns heute in einer Aussprache befinden, die schon jetzt nicht freundliche Töne aufweist, ist letzten Endes wieder auf das Verhalten der Kollegen der CDU/CSU-Fraktion zurückzuführen. Der Kompromißvorschlag, den ich in einer der letzten Sitzungen des Sozialpolitischen Ausschusses im Namen meiner politischen Freunde gemacht habe und auf den - diesen Eindruck hatte ich - die Vertreter anderer Fraktionen eingegangen wären, ist an der Ablehnung durch die CDU/CSU-Kollegen gescheitert. Ich glaube, er wäre einer Diskussion wert gewesen. Er sah vor, eine halbe Monatsrente zu zahlen und diese Lücke im Dezember zu überbrücken. Um die Bedenken des Herrn Bundesarbeitsministers auszuräumen, habe ich vorgeschlagen, einen Mindestbetrag und einen Endbetrag festzusetzen, damit nicht die Bezieher von kleinen Renten gegenüber den Beziehern der großen Renten benachteiligt werden. Ich teile das dem Hause heute wieder mit, weil ich der Meinung bin, daß alle Fraktionen doch noch einmal über diesen Vorschlag nachdenken sollten. Wenn es ein Ausschußantrag gewesen wäre, wären wir heute schon mit der ersten Lesung fertig und könnten dann übermorgen, am Freitag, auch in aller Ruhe zur zweiten und dritten Lesung schreiten.
In gesetzestechnischer Hinsicht möchte ich auf folgendes hinweisen. Bei einer solchen einmaligen Zahlung braucht man doch nun wirklich nicht zu untersuchen, ob man sich etwa an die bisherige Konzeption zu halten hat oder ob man darüber hinausgehend schon auf die zukünftige Konzeption der Rentenversicherungsgesetze Bedacht nehmen muß. Es handelt sich um eine einmalige Zahlung, die erfolgt, weil nun einmal jener bekannte soziale Notstand eingetreten ist.
Bei dieser Gelegenheit muß ich einmal das wiederholen, was hier schon ausgeführt wurde, daß nämlich dieser Notstand letzten Endes auf die säumige Haltung zurückzuführen ist, die sich die Bundesregierung im Hinblick auf die den Rentnern gegebenen Versprechungen hat zuschulden kommen lassen. Es ist die Schuld der Bundesregierung, daß wir so sehr spät zu der Beratung dieses Gesetzes kommen.
Abschließend gebe ich noch einmal zu bedenken, ob es nicht zweckmäßig wäre, in der morgigen Sitzung zu einer Kompromißlösung zu kommen. Ich hoffe, daß sich auch die Kollegen und Kolleginnen, die nicht dem Sozialpolitischen Ausschuß angehören, diese Dinge einmal überlegen.
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Weitere Mitglieder des Hauses scheinen sich nicht zum Wort zu melden. Dann schließe ich die Aussprache.
Ist das Haus damit einverstanden, daß sämtliche drei Anträge dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden?
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- Außerdem soll der Antrag unter Punkt 1 c der Tagesordnung - Drucksache 2784 - an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Einverstanden?
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- Dann ist so beschlossen. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen nunmehr zu dem neuen Punkt 2:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Gutachten zur Rentenreform ({2});
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, DP, FVP betreffend Gutachten zur Reform der Rentenversicherung ({3});
c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Unterlagen zur Rentenreform ({4}).
Die Anträge sind Ihnen bekannt; sie sind verlesen. Alle Fraktionen haben sich damit einverstanden erklärt, daß sämtliche Anträge ohne Begründung und ohne Debatte an den Ausschuß für Sozialpolitik - sonst an keinen weiteren Ausschuß
- überwiesen werden.
({5})
- Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf. - Aber gehen wir doch lieber nach der alten Bezifferung, die Ihnen gedruckt vorliegt, vor. Dies ist nach der alten Bezifferung Punkt 2:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Zehnjahresplan zum Ausbau des Straßensystems ({6});
b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Zehnjahresplan für den Straßenbau ({7});
c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung ({8}) ({9});
({10})
d) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Straßenbaues ({11});
e) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs ({12});
f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt, Rümmele und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts ({13}).
Das Wort zur Begründung des Antrags unter Punkt 2 a hat der Abgeordnete Elbrächter.
Dr. Elbrächter ({14}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich habe die Ehre, an Stelle meines im Ausland sich befindenden Kollegen Schneider heute unseren Antrag betreffend die Finanzierung des Zehnjahresplanes zum Ausbau des Straßensystems zu begründen.
({15})
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.
Dr. Elbrächter ({0}), Antragsteller: Ich tue das mit um so größerer Freude, als es nach der Auffassung aller notwendig ist, endlich dieses dringende Problem, unsere Straßen wieder in einen Zustand zu versetzen, der den Erfordernissen der modernen Verkehrswirtschaft gerecht wird, zu lösen.
Ich glaube, es ist nützlich, an den Beginn meiner Ausführungen zwei Zahlenreihen zu setzen, die die Dringlichkeit der Lösung des Problems und die Bedeutung des ganzen Fragenkreises auf das nachdrücklichste klarstellen und unterstreichen.
Die erste Zahlenreihe, die ich Ihnen mitteilen möchte, betrifft die Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes, die Entwicklung, wie sie sich seit 1938 vollzogen hat. Ich will - um mich kurz zu fassen - nur die Gesamtsummen angeben, obwohl diese Summen eigentlich nach den einzelnen Kraftfahrzeugarten - Kräder, Personenkraftwagen und als sperrigste Verkehrsteilnehmer Lastkraftwagen - aufgegliedert werden müßten. Der Einfachheit halber will ich aber die Zahlen insgesamt angeben. Wir hatten 1938 einen Gesamtbestand an Kraftfahrzeugen von 1 836 000. Bis 1950 ist dieser Bestand wesentlich gewachsen. Der Zuwachs beruht in der Hauptsache auf einer Zunahme der Kräder. Insgesamt waren es damals 1 949 000 Fahrzeuge. 1953 hatten wir bereits einen Kraftfahrzeugbestand von 4 053 000 und 1955 von insgesamt 5 182 000 Kraftfahrzeugen.
Sie sehen an dieser Zunahme einmal den ungewöhnlichen Erfolg unserer Wirtschaftspolitik - das möchte ich hier gerade in dieser Zeit nachdrücklich unterstreichen -, Sie sehen auf der anderen Seite an diesen Zahlen aber auch, daß -gewissermaßen die Kehrseite der Medaille - die Bereitstellung eines entsprechenden Straßennetzes zurückgeblieben ist, daß wir uns also geradezu in einem Notstand befinden. Die Verhältnisse auf der Straße sind jedermann bekannt, der täglich mit einem Kraftfahrzeug die Straße benutzt.
Die zweite Zahlenreihe ist vielleicht das betrüblichste Kapitel des gesamten Verkehrs: die Unfallhäufigkeit. Ich darf Ihnen auch hierüber einige wenige Zahlen in das Gedächtnis zurückrufen. 1953 hatten wir insgesamt 298 231 Verletzte und insgesamt 11 025 Tote; 1955 ist diese Zahl auf 350 356 Verletzte und 12 296 Getötete gestiegen. Ich will jetzt einmal absehen von dem menschlichen Leid, das hinter diesen Zahlen steckt; ich mache nur darauf aufmerksam, daß die Verkehrsunfäller, wie der Fachausdruck heißt, meistens erhebliche Einbußen an ihrer Arbeitsfähigkeit haben; zum Teil sind es Dauerinvaliden.
Abgesehen von all dem menschlichen Leid - eigentlich sollte es im Vordergrund unserer Betrachtungen stehen - darf ich mich als Wirtschaftler aber nun ausschließlich mit den ökonomischen Folgen beschäftigen. Ich hatte bereits Gelegenheit, anläßlich der Konjunkturdebatte, die wir kürzlich in diesem Hause führten, bezüglich des Straßenbauprogramms darauf hinzuweisen, daß es auch aus rein ökonomischen Gründen richtig wäre, wenn wir nun endlich dieses dringende Problem lösten. Denn sehr sorgfältige Berechnungen stellen fest, daß je Prozent der Unfallquote eine Belastung von etwa 6 Millionen DM - sogar bis 7 Millionen - entsteht. Darüber hinaus legen ebenfalls sorgfältig ermittelte Berechnungen dar, daß wir, wenn wir unser Straßenbauprogramm so durchgeführt hätten, wie es den modernen Erfordernissen angemessen ist, jährlich - jedenfalls die Verkehrsteilnehmer - etwa 6- bis 700 Millionen DM sparen würden.
Bei diesem Punkt darf ich einmal darauf hinweisen, daß man daraus natürlich nicht die Folgerung ziehen darf, diese Summe könne von der Verkehrswirtschaft nun etwa schon erhoben werden. Erst müssen wir einmal die Straßen bereitstellen, ehe diese Summe erspart werden kann. Aber diese Summe zeigt eindeutig, daß es auch eine rentable Sache wäre, wenn wir nun endlich den Mut hätten, dieses Problem gründlich zu lösen und nicht nur immer vorübergehende Lösungen zu machen, Flickarbeit zu leisten, auf deutsch gesagt, wie wir es jetzt ja im Grunde genommen machen. Jede Million - das darf ich mal vorwegnehmen -, die wir jetzt sparen, die wir also wegen der Größe der Aufgaben vor uns herschieben, kommt nachher zwei- und dreifach auf uns zurück. Ich glaube, diese Tatsache sollte es uns bewußt machen, wie notwendig es ist, daß wir dieses Problem wirklich einmal von Grund auf lösen.
Nun erinnern Sie sich, daß wir alle in diesem Hause anläßlich der Verkehrsfinanzdebatte 1955 einstimmig die Regierung aufgefordert haben, einen Zehnjahresplan aufzustellen, der sich allerdings im Rahmen der Mittel bewegen sollte, die durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 mehr aufgebracht werden. Der Herr Bundesverkehrsminister hat sich an diesen strengen Auftrag nicht gehalten. Er hat sich vielmehr - und ich glaube, wir sollten das begrüßen - nicht nach dem Aufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz, sondern nach den Erfordernissen des Verkehrs orientiert. Er hat also in enger Zusammenarbeit mit den Verwaltungen der Länder ein Straßenbauprogramm vorgelegt, das als Zehnjahresprogramm bekanntgeworden ist, wenn es auch diesem Hohen Hause nicht vorgelegt worden ist.
Ich darf, bevor ich auf die Vorgeschichte eingehe, einige wesentliche Punkte des Gesamtpro({1})
gramms - gerade weil es offiziell nicht bekannt ist - behandeln. Es sollen einmal Bundesautobahnen mit einem Kostenaufwand von insgesamt etwa 5,5 Milliarden DM gebaut werden, insgesamt rund 2000 km neue Bundesautobahnen; darin sind die von diesem Hause bereits genehmigten 400 km der ersten Baustufe enthalten. Als Hauptposten mit rund 10,5 Milliarden DM ist der Aus- und Umbau bzw. Neubau von Bundesstraßen als sogenanntes Grundnetz unseres Straßenwesens geplant; damit könnte eine Strecke von ungefähr 10 650 km ausgebaut bzw. neu gebaut werden. Der letzte, ebenfalls wesentliche Punkt dieses Programms sieht den Ausbau von Ortsdurchfahrten bzw. von Umgehungsstraßen für 3 Milliarden DM vor. Mit diesem Ausbau würde einem wesentlichen Teil der modernen Verkehrserfordernisse entsprochen werden.
Ich habe aber nicht die Aufgabe, technische Einzelheiten des Zehnjahresplans zu erörtern. Vielmehr möchte ich Ihnen nur kurz darstellen, warum das Hohe Haus diesen Plan noch nicht kennt, den die Öffentlichkeit bereits diskutiert, und zwar lebhaft und zustimmend diskutiert. Ich darf als Parteifreund des Herrn Bundesverkehrsministers einmal feststellen, daß der sonst so oft angefehdete Bundesverkehrsminister in diesem Punkt die volle Unterstützung der Öffentlichkeit hat, und das ist gut so. Wenn das Haus diesen Plan noch nicht bekommen hat, so liegt das einfach daran, daß dieser Plan dem Kabinett zwar zugeleitet worden ist, daß man aber wegen der Finanzierungsfragen dort einen grundsätzlichen Beschluß nicht gefaßt hat. Praktisch hat also - wir wollen das Kind beim Namen nennen - der Herr Bundesfinanzminister den Plan blockiert. Das ist der Grund, aus dem wir hier in diesem Hause Einzelheiten des Plans noch nicht offiziell kennen. Um nun aber doch zu erreichen, daß wir uns mit diesem Plan beschäftigen, hat meine Fraktion es als ihre Pflicht angesehen, einen Antrag vorzulegen, auf Grund dessen die Regierung aufgefordert werden soll, diesen Plan dem Hause vorzulegen und vor allen Dingen über die Grundlagen der Finanzierung Vorschläge zu machen.
Ich komme hier gleich auf den wichtigsten Punkt. Das Entscheidende der Finanzierung muß darin gesehen werden, ob dieses Hohe Haus den Mut hat, sich hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuern zu dem Prinzip der Zweckbindung zu bekennen.
({2})
- Einen Augenblick, Herr Kollege, wir werden gleich darüber diskutieren. Ich will die Gründe, die dagegen und dafür sprechen, in Kürze darzustellen versuchen. Erstens hat man es mit der Frage zu tun: Kann denn etwa jeder Steuerzahler die Steuermittel, die er aufbringt, für seine Interessen zweckbinden lassen? In dieser Form muß die Frage selbstverständlich verneint werden. Aber die Frage erhebt sich: Sind denn die Steuern, die der Kraftverkehr zahlt, echte Steuern wie etwa die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer, oder sind es nicht vielmehr Abgaben, Wegeabgaben, wie wir sie früher kannten und die jetzt nur in die Form der Steuer gekleidet sind? Ich weiß, es ist vom Bundesfinanzminister die Behauptung aufgestellt worden, daß die Finanzwissenschaft die Zweckbindung ablehne. Das stimmt nicht. Ich darf darauf hinweisen, daß ganz namhafte Vertreter der Finanzwissenschaft die Zweckbindung für den Kraftverkehr als angebracht bezeichnet haben.
Unter denen, die sich für die Zweckbindung bei der Kraftfahrzeugsteuer, der Mineralölsteuer und dem Mineralölzoll ausgesprochen haben, finden sich solche Namen wie Gerloff, Höpker-Aschoff, Karl Bräuer und von den Jüngeren Hettlage, Ritschl und Neumark.
Ich begrüße daher ausdrücklich, daß die sozialdemokratische Fraktion mit ihrem Antrag den Begriff „Steuern" für diese Leistungen an den öffentlichen Haushalt abschaffen und den Ausdruck „Abgaben" einführen will. Das mag als ein Spiel mit Worten erscheinen. Uns kommt es im wesentlichen darauf an, daß wir zu der Zweckbindung kommen, denn anders erreichen wir nicht - das habe ich schon als unsere Überzeugung ausgedrückt - die Finanzierung des Straßenprogramms.
Außerdem ist es natürlich eine Tatsache, und es ist den Herren Finanzwirtschaftlern und -wissenschaftlern bekannt, daß es eine Reihe von Zwecksteuern gibt, bei denen Verwendungszweck und Steueraufkommensquelle bei weitem nicht so homolog sind wie die Abgaben des Kraftverkehrs und der Straßenbau. Ich darf darauf hinweisen, daß gerade die drei genannten Abgaben - so darf ich sie jetzt einmal nennen - sich insofern besonders für eine Zweckbindung eignen, als das Volumen ihres Aufkommens genau parallel zu dem Anwachsen des Kraftverkehrs selber verläuft, also in dem Umfang, wie Ausgaben durch den Kraftverkehr entstehen, auch ein entsprechendes Aufkommen vorhanden ist. Das ist geradezu ideal, und es ist daher logisch, daß man jetzt bei dieser Art von Abgaben - Straßenabgaben - nun auch die Zweckbindung einführt. Außerdem muß mit Fug und Recht hervorgehoben werden, daß die Kraftfahrzeugsteuer nach ihrem Entstehen mit vollem Erfolg mehr als 20 Jahre lang, am Anfang halb und wenig später ganz, zweckgebunden war, daß acht Jahre lang, ebenfalls bewußt und sachdienlich, die Sicherung des Finanzdienstes der Reichsautobahn durch Zweckbindung gleich dreier Abgabenarten - Mineralölzoll, Mineralölsteuer und Beförderungsteuer - erfolgte und daß schließlich mit dem Verkehrsfinanzgesetz vor anderthalb Jahren wieder eine Zweckbindung bedeutender Mittel festgesetzt worden ist. Dem Vernehmen nach will der Bundesminister der Finanzen auch weiterhin zweckbinden, wenn es sich nur um neue, höhere Steuern handelt.
Die rechtliche Unmöglichkeit kann also durch die Praxis keineswegs belegt werden. Was nun nicht rechtlich unmöglich ist, muß rechtlich möglich sein; dem dürfte wohl niemand widersprechen. Um es noch einmal zu wiederholen: Wenn man sich schon zum Prinzip der Zweckbindung bekennt, wenn es sich nur um höhere Steuern handelt, kann man nicht mit Fug und Recht Grundsatzerwägungen bei der Zweckbindung in voller Höhe vorbringen. Ich will mich aber in diesem Augenblick nicht in alle Einzelheiten des Problems der Zweckbindung verlieren. Alle Einwände, die im Laufe der letzten Jahre dagegen im Falle Kraftverkehr-Straßenbau erhoben wurden, sind widerlegt. Es gibt tatsächlich keinen stichhaltigen Grund, die Zweckbindung abzulehnen, wofür man auch „verweigern" sagen könnte, außer dem formal dispositiven Argument, das uns aber keine hohe Kunst finanzwirtschaftlichen Handelns, wie wir sie erwarten, verrät, sondern den Wunsch, möglichst viel Manövriermasse in der Bundeskasse zu haben. Mit diesem Zweck ist aber die Erhebung der Mineralölsteuer oder anderer Sonderabgaben des Kraftver({3})
kehrs noch niemals gerechtfertigt worden. Dieser Grund gegen eine Zweckbindung ist vielmehr nach unserer Auffassung mehr ein, gelinde gesagt, Verlegenheitsmoment als eine hinreichende Begründung.
Ich will natürlich nicht verkennen, daß in der Tat, wenn wir uns zu der Zweckbindung der genannten drei Abgaben bekennen und verpflichten, damit ein Defizit in Höhe von etwa 600 Millionen DM in dem Haushalt unseres Herrn Finanzministers entsteht. Aber angesichts der Höhe des Gesamtetats glaube ich, daß es verantwortet werden kann, Herrn Schäffer zuzumuten, für einen Ausgleich in Höhe dieser Summe zu sorgen.
Ich darf ferner auf ein, ich möchte sagen: beinahe schuldhaftes Verhalten des Herrn Finanzministers hinweisen, schuldhaft insofern, als er es bisher versäumt hat, rechtzeitig Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen. Hätte er das in der Vergangenheit in dem Umfang getan, wie das erforderlich gewesen wäre, dann würde jetzt nicht so plötzlich ein solches Defizit entstehen. Ich glaube daher, wir sollten nicht soviel Mitleid mit dem Herrn Finanzminister und seinen Sorgen haben, sondern wir sollten es als unser Hauptanliegen betrachten, dem Zustand auf der Straße endlich einmal ein Ende zu setzen.
Nach unseren Berechnungen müßte das für 1957 bis 1968 zu erwartende Aufkommen an Mineralölsteuer voraussichtlich ausreichen, den mit 22,4 Milliarden DM abschließenden Zehnjahresplan auf Bundesebene zu finanzieren. Daß wir somit den Zehnjahresplan in zwölf Jahren zu erfüllen vorschlagen, bedeutet sowieso bereits eine Streckung des Programms um 20 °/o, von der wir aber glauben, sie auch vor unseren Bürgern als Verkehrsteilnehmern und zugleich vom Verkehr Betroffenen verantworten zu können. Wir glauben aber nicht, daß noch mehr abgehandelt werden darf. Eine weitere Streckung würde nämlich zu einer solchen Verdünnung des Programmgehaltes führen, daß dessen Erfolg weitgehend aufgehoben würde.
Bei der Betrachtung des großen Problems in seiner Gesamtheit - eine so große Schau gestattet gerade der Zehnjahresplan - darf nicht außer acht gelassen werden, daß erstens der jetzige Plan sich nur auf 49 %, also auf knapp die Hälfte aller Bundesstraßen als ihr sogenanntes Grundnetz erstreckt, also die andere, voraussichtlich nicht so kostspielige Hälfte im Anschluß daran auszubauen sein wird, daß zweitens aber auch an den Strecken des Grundnetzes nach zehn oder zwölf Jahren noch laufend Ergänzungen vorgenommen werden müssen. Schon allein die Siedlungsexpansion erfordert jährlich neue Straßen; wir wissen das von den Investitionsprogrammen der Gemeinden. Nicht umsonst werden jährlich 50 bis 70 Millionen DM an Anliegerbeiträgen erhoben. Auch die Landstraßen nehmen jährlich um etwas zu. Alles in allem also wird schon eine Streckung des Zehnjahresplanes auf zwölf Jahre die Modernisierung aller Bundesstraßen auf 24 Jahre ausdehnen und jede weitere Verlängerung um die jeweils doppelte Jahreszahl hinausschieben. So lange, 30 oder mehr Jahre, kann der Verkehr jedoch nicht auf durchgehend gute Straßen warten. Vor allem sind dann die im Anfang einer solchen Periode verlegten mittelschweren und schweren Decken wieder erneuerungsbedürftig, die leichten Decken sowieso schon früher.
Dieser Tatsache muß man ins Auge sehen, wenn man auch finanzwirtschaftlich zweckmäßig disponieren will. Je weniger man die Dinge der Realität entsprechend behandelt, um so mehr schiebt man einen sich immer höher türmenden Berg ungelöster Probleme vor sich her, der jede spätere Regelung nur noch mehr erschwert und verteuert. Wir halten es daher für unerläßlich, daß die Fehler der Vergangenheit nun endlich beseitigt werden und die notwendige Zweckbindung für den in unserem Antrag bereits zeitlich um 20 °/o hinausgeschobenen Zehnjahresplan als Finanzierungsgrundlage geschaffen wird. Wir können nicht einsehen, daß der Bund angesichts der Not der Straße und des Verkehrs die ihm zu ihrer Beseitigung zufließenden Mittel zum großen Teil zweckentfremdet verwendet. Hinsichtlich der Darbietung der Straßen an seine Bürger ist der Staat nichts weiter als ein Kollektivunternehmen, das nur leider bisher, weil es noch gar nicht in entsprechender Form existiert, nicht in die Lage versetzt worden ist, die Einnahmen aus dem Straßenverkehr unmittelbar zu erhalten. Was aber der Eisenbahn und der Post recht ist, sollte der Straße billig sein. Vorläufig bleibt jedoch nichts anderes übrig, als die Forderung nach der Zweckbindung zu erheben.
Wenn man die Dinge einmal von der Warte höherer wirtschaftlicher Funktionen betrachtet, ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß die mit zunehmendem Verkehr anwachsenden Einnahmen auch ebenso der Straße zugeführt werden. Die der Dynamik der Wirtschaft entsprechende Ertragskraft des Kraftverkehrs kann nicht statisch abgefangen und dafür auf zweckfremde Aufgaben mit um so größerem Zuwachs umgeleitet werden. Das ist ein Widerspruch in sich selbst, den kein Bürger seinem Staat abnimmt. Das Steuersystem muß ja nach bestehenden Grundsätzen auch allgemein verständlich, d. h. für die Mentalität des Bürgers plausibel sein. Die Antidynamik der bisherigen Straßenfinanzierungspolitik ist es aber wegen ihres inneren Widerspruchs keineswegs.
Man sage uns nicht, meine Damen und Herren, Bund und Länder mußten bisher vordringlichere Aufgaben lösen. Selbstverständlich, jeder von uns Weiß, was an gemeisterten Aufgaben hinter uns liegt und was an noch nicht gemeisterten Aufgaben vor uns liegt. Aber ich möchte immer wieder betonen: Es wäre höchst unrationell, wenn wir wegen der Größe der Aufgaben jetzt einfach die Augen vor diesem Problem verschließen und uns darauf verlassen würden, daß es schon irgendwie weitergeht. Nein, es wird dann weitergewurschtelt, der Verkehr nimmt weiter zu. Sorgfältige Berechnungen ergeben, daß wir mit einem jährlichen Zuwachs zwar nicht mehr in dieser Höhe, aber doch immerhin von einigen Prozent rechnen müssen, so daß in zehn Jahren wiederum einige Millionen Kraftfahrzeuge mehr vorhanden sein werden, und zwar nun sperriger Art, denn die Kräder nehmen ab, Pkw und Lkw nehmen zu. Wir werden dann also immer chaotischere Verhältnisse auf unseren Straßen vorfinden.
Meine Damen und Herren, ich habe mich zur Begründung des Punktes 1 unseres Antrages besonders ausführlich mit dem Thema Zweckbindung befaßt, weil sie allein die kardinale Grundlage für die Besserung der Verkehrsverhältnisse auf den Straßen abzugeben imstande ist. Meine Freunde und ich haben sich bewußt nur auf diese klare, einfache, rechtlich und praktisch durch nichts leichter
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zu gestaltende Maßnahme abgestimmt. Alle anderen Vorschläge, die zu Komplikationen führen würden, etwa die Bildung einer Art Straßenfonds oder welche Konstruktionen auch vorgeschlagen werden mögen, um alle Gebietskörperschaften an der Verteilung einer gemeinsam zusammengetragenen Kasse teilhaben zu lassen, müssen wir angesichts der schnell erforderlichen Entscheidung als hinderlich ablehnen. Uns geht es darum, so bald wie möglich zur Verwirklichung des umfassenden, in seinen Einzelheiten tief gegliederten Plans zu kommen.
Das Hohe Haus ist im laufenden Sitzungsjahr noch in reichlichem Maße mit vielseitiger und schwerwiegender Arbeit bedacht. Diese Bürde sollten wir uns erleichtern, indem der kürzeste Weg zum Ziele gesucht wird. Dieser kürzeste Weg besteht darin, daß der Bund mit seinen Mitteln für seine Straßen und mit Zuschüssen und Darlehen für die Straßen der Gemeinden sorgt, daß die Länder mit Hilfe der Erträge der Kraftfahrzeugsteuer und sonstiger allgemeiner Steuern für die Landstraßen erster Ordnung sowie mit Zuschüssen und Darlehen für die Straßen der Kommunen eintreten und daß schließlich die Kreise und Gemeinden mit eigenen Mitteln und mit den empfangenen Zuschüssen oder Darlehen für ihre Straßen sorgen. In einer kurzen Formel könnte man sagen: Jeder sorge für sich, und die Großen helfen den Kleinen. Es bedarf dazu auch nicht irgendwelcher besonderer Kommissionen oder Beiräte. Ich glaube, wir sind uns alle einig, daß wir schon an einem Zuviel an Organisation leiden. Die bisherige Straßenverwaltung hat sich unter den bestehenden Verhältnissen auch ohne erschwerende Einflußnahme von Sondergremien bewährt. Wir haben gar keine Sorge, daß die den Straßenverwaltungen zufließenden Mittel nach dem Haushaltsrecht nicht pflichtgemäß verwaltet werden und daß die Abstimmung zwischen Bund und Ländern bezüglich der Bundesfernstraßen in zweckdienlichem Einvernehmen erfolgt, ohne daß von Dritten und Außenstehenden dreingeredet werden muß.
Ich darf daher zusammenfassen: Die Zweckbindung des Gesamtaufkommens an Mineralölsteuer erscheint uns ausreichend, aber zugleich notwendig, um in den zwölf Jahren ab 1. April 1957 die vom Bundesminister für Verkehr geplanten Straßenbauausgaben zu decken. Das Hohe Haus bitten wir, in diesem Sinne unseren Antrag anzunehmen.
Der zweite Punkt unseres Antrags enthält eine ebenso notwendige Ergänzung bezüglich der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen durch Orte mit mehr als 9000 Einwohnern. Laut Bundesfernstraßengesetz vom 6. August 1953 obliegt die Baulast für diese Abschnitte der Bundesstraßen den in Frage kommenden Gemeinden. Jeder, der in der Kommunalpolitik tätig ist, weiß, welch enorme Belastungen den Gemeinden daraus erwachsen und daß es auf die Dauer unzumutbar ist, die Gemeinden mit Kosten, die durch die Ausbreitung des Fernverkehrs und überhaupt des modernen Kraftwagenverkehrs entstehen, so zu belasten, wie das jetzt der Fall ist. Der Bund gewährt nämlich nur in besonderen Ausnahmefällen Darlehen oder Zuschüsse für den Ausbau derartiger Ortsstraßen, auf denen sich ein erheblicher, wenn nicht gar der meiste Verkehr, nämlich der Innerorts- und der Durchgangsverkehr, abspielt. Diese spärliche Bundeshilfe reicht aber bei weitem nicht aus, um die Ortsdurchfahrten den modernen Verkehrsbedürfnissen anzupassen.
Wir sollten auch nicht außer acht lassen, daß 75 bis 80 % der Unfälle sich auf den Gemeindestraßen ereignen. Gerade aus diesem Grunde ist die Schaffung von Ortsdurchfahrten und Umgehungsstraßen - ich komme gleich noch darauf - besonders dringlich. Dieses Problem ist insbesondere für Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern brennend. Nur 12 bis 20 Prozent des Verkehrs innerhalb dieser Gemeinden sind eigener Verkehr, während der weitaus größte Teil Durchgangsverkehr ist.
Ich glaube daher, daß es richtig ist, wenn der Herr Bundesminister für Verkehr 3 Milliarden DM für die Ausbaupläne der Groß- und Mittelstädte in den Zehnjahresplan eingesetzt hat. Das sind aber nur etwa 13,4 % der gesamten Plansumme des Bundes, also etwa ein Drittel dessen, was nach den bisherigen Ermittlungen des Städtetags erforderlich wäre. Der Herr Bundesminister für Verkehr hat außerdem kürzlich in München hervorgehoben, daß die Gemeinden laut amtlicher Finanzstatistik finanziell gar nicht in der Lage sind, derartige Ausgaben aus eigener Kraft zu übernehmen. Die Gemeinden müssen ja - ich sage dem Kenner nichts Neues - insbesondere die Aufgaben der Kanalisation und Energieversorgung sowie die ganzen Aufgaben, die durch die Ausdehnung der Städte infolge des Hereinströmens der Vertriebenen usw. entstanden sind, im wesentlichen aus eigener Kraft bewältigen und sind damit wirklich genug ausgelastet. Ich glaube daher, daß es bei dieser Finanzlage richtig ist, die Baulast den Gemeinden ab- und auf den Bund zu übernehmen.
Ein anderer Antrag sieht die Begrenzung auf Gemeinden bis zu 20 000 Einwohnern vor. Wir glauben, daß das nicht richtig ist. Ich möchte darauf hinweisen, daß bei Gemeinden dieser Größenordnung das Problem der Durchgangsstraßen gerade nicht das Entscheidende ist, sondern daß die Gemeinden bis zu 20 000 Einwohner ihr Verkehrsproblem im Grunde genommen nur lösen können, wenn Umgehungsstraßen gebaut werden. Ich erwähnte schon, daß bei diesen kleineren Gemeinden bis zu 20 000 Einwohner der Fernverkehr den Hauptanteil und der Ziel- und Quellverkehr nur den geringeren Anteil haben. Bei den Großstädten ist es genau umgekehrt. Dort ist der Durchgangsverkehr relativ gering - größenordnungsmäßig 15 bis 25 % -, während der Ziel- und Quellverkehr überwiegt. Dort kann man das Problem also wirklich nur mit Anlegung von ganz breiten, modernen Durchgangsstraßen lösen, indem man notfalls Niveauteilungen der Straßen vornimmt, ein Erfordernis, das der Städtebau immer mehr berücksichtigen sollte.
Nun komme ich zu dem dritten Punkt unseres Antrags, bei dem mir - ich sage das ganz deutlich und ehrlich - die Möglichkeit der Durchführung etwas fragwürdig scheint. Wir fordern hier nämlich die Zweckbindung der Kraftfahrzeugsteuer.
Die Kraftfahrzeugsteuer liegt zwar mit in der Kompetenz des Bundes; aber Sie wissen ebenso wie ich, daß die Kraftfahrzeugsteuer ausschließlich den Ländern zufließt. Es müßte also, wenn unser Standpunkt, der an und für sich gerechtfertigt ist, akzeptiert würde, eine Verfassungsänderung beschlossen werden. Sie wissen, wie wenig die Vertreter der Länder im Bundesrat geneigt sind, einer Änderung des Grundgesetzes zuzustimmen.
Ich halte es also, wie ich von vornherein zugebe, für unwahrscheinlich, daß diese Frage in dem Sinne, wie wir es beantragen, gelöst werden kann.
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Wenn wir diesen Antrag dennoch gestellt haben, so aus der Erkenntnis, daß es unlogisch wäre, wenn auf der einen Seite für den Bund eine Zweckbindung eingeführt wird, während auf der anderen Seite eine Steuer, die genauso für die Straße gedacht und bestimmt ist, von der Zweckbindung befreit bleibt.
Wenn also eine Grundgesetzänderung nicht möglich wäre, wollen wir mit der Anschneidung dieses Punktes die Regierung ersuchen, diese Frage durch ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern zu lösen. Daß wir das überhaupt für notwendig halten, ergibt sich einfach aus folgender Tatsache. Bei Durchleuchtung der einzelnen Länderhaushalte hat sich herausgestellt, daß zwischen den Ist-Aufkommen und den IstAusgaben eine Differenz von rund 200 Millionen per anno klafft. Wir glauben also, daß es notwendig ist, die Länder darauf aufmerksam zu machen, daß auch sie sich zu dem Prinzip der Zweckbindung der Kraftfahrzeugsteuer bekennen müssen.
Ich komme nun zu dem letzten Punkt unseres Antrags. Dieser Fragenkomplex ist noch nicht genügend durchleuchtet. Vielleicht kann der Bundesminister der Finanzen im Benehmen mit dem Bundesminister für Verkehr das Statistische Bundesamt für diesen Zweck einschalten und von dort gute Hilfe beziehen. Auch wenn durch positive Beschlüsse hinsichtlich der Punkte 1 bis 3 unseres Antrags und die daraufhin eingehenden Gesetzentwürfe sichergestellt wird, daß der Straßenbau des Bundes, der Länder, der Landkreise, der großen und mittleren Städte auf 12 Jahre hinaus die notwendigen Mittel erhält, so muß doch darüber hinaus auch an die große Zahl von 23 000 oder 24 000 Gemeinden wenigstens gedacht werden. Es scheint uns mindestens der Untersuchung wert zu sein, ob bei der zu beschließenden Verteilung der künftig hoffentlich zweckgebundenen Mineralölsteuer noch etwas und wieviel für die Gemeinden unter 9000 Einwohnern übrigbleibt oder wieviel von den Ländern und Kreisen hierfür zur Verfügung gestellt werden kann und wird sowie überhaupt wie im Durchschnitt die Straßenhaushalte dieser Gemeinden finanziert werden. Wenn diese mit den vorhandenen und den von den Ländern und Kreisen bereitgestellten Mitteln auskommen können, wird eine Bundeshilfe nicht nötig sein; vorausgesetzt, daß sie praktisch und rechtlich überhaupt möglich wäre. Dies müßte aber alles einmal geprüft werden. Dahin geht unser Antrag, der aber auch besagt, daß diese Hilfe im allgemeinen in Gestalt langfristiger und billiger Kredite gewährt werden sollte und nur in Ausnahmefällen wie bei Zonenrandgebieten oder bei Gebieten von ähnlich geringer Steuerkraft durch Zuschüsse.
Namens meiner Fraktion bitte ich das Hohe Haus, auch diesem Teil unseres Antrags seine Zustimmung zu geben.
Ich komme jetzt mit der Begründung zu unserem Antrag Drucksache 2595 noch zu anderen Vorschlägen, die der Öffentlichkeit bekanntgeworden sind. Ich möchte dazu Stellung nehmen, damit mir nachher nicht vorgehalten wird, es ließe sich alles auch anders machen. Meine Fraktion ist vielmehr der Überzeugung, daß unsere Vorschläge den richtigsten, praktischsten und am schnellsten beschreitbaren Verfahrensweg vorzeichnen. Deswegen muß ich auch sagen, welche der uns bekannten Gegenvorschläge oder andersartigen Auffassungen wir ablehnen würden.
Da ist zunächst die Absicht, die Mineralölsteuer zu erhöhen, wieder nur den Ertrag aus der Steuerheraufsetzung zweckzubinden und im übrigen um die natürlichen Zuwächse des Sockels, die aus der Verkehrszunahme entstehen, weiterhin die Manövriermasse der Finanzwirtschaft zu vermehren. Nun, wir sind der Auffassung - ich will das Wort von dem Julius-Turm nicht strapazieren -, daß dort genügend Steuern festgelegt worden sind. Wir sollten uns diesem Verfahren mit aller Energie widersetzen.
Ich komme gleich zu dem Antrag der CDU. Ich darf daraus, daß auch die CDU-Fraktion eine wesentlich höhere Summe in den Etat einstellen will, ohne allerdings die Zweckbindung in ihrem Antrag anzusprechen, schließen, daß auch die CDU-Fraktion zu der Auffassung gekommen ist, daß wesentlich mehr als bisher getan werden muß. Ich möchte also annehmen, daß in diesem Fall kein Gegensatz zwischen unserem Antrag und der Auffassung der CDU-Fraktion besteht und daß sich die CDU-Fraktion - es wird bei den Beratungen in den Ausschüssen sich herausstellen - auch von der Notwendigkeit überzeugen läßt, daß wir die langfristige Planung des Straßenbauprogramms nicht von den Zufällen des jeweiligen Etatjahres abhängig machen sollten, sondern daß wir, gerade um eine langfristige Planung durchführen zu können, auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage hinsichtlich der Finanzierung zurückkommen müßten.
Dann wird eingewandt werden, daß neue Steuerquellen erschlossen oder die geplanten Steuerermäßigungen aufgehoben werden müßten. Ich glaube nicht, daß das sehr logisch ist. Gewiß kann man nicht zwei sich ausschließende Dinge zugleich tun. Aber eine neue Besteuerung wäre ebensowenig notwendig, wie auch die Steuersenkung nicht ernstlich gefährdet würde. Da es sich um Zahlenwerte handelt, sollte es eigentlich nicht schwer sein, geeignete Berechnungen anzustellen. Die eventuelle Lücke. die durch die Ausschließung der Mineralölsteuer aus der sogenannten Manövriermasse in dieser entstehen könnte, dürfte nur eine verhältnismäßig bescheidene Rolle im Gesamtetat spielen; ich betonte das bereits. Vor allen Dingen mache ich immer wieder darauf aufmerksam - das ist unsere wesentliche Grundlage -: Je mehr wir zögern, je mehr wir die Sache verschleppen, desto teurer wird die Angelegenheit.
Weiter ist ein Vorschlag erörtert worden, der allem Anschein nach aus dem Bundesfinanzministerium kommt, nämlich eine Reifensteuer einzuführen. Wir wenden uns nachdrücklich gegen die Einführung einer solchen Steuer. Es ist eigentlich erstaunlich, wie Dinge, die längst abgetan sein sollten, immer wieder hervorgeholt werden. Man kann nämlich feststellen, daß diese Frage schon vor 30 Jahren gründlich diskutiert worden ist, und zwar in der Reichstagsdrucksache 2156 vom 25. März 1926, Band 407, Seiten 6 und 7, und ebenso in der Drucksache 3721 vom 26. November 1927, Band 420, Seiten 20 und 21. Ich möchte den Herren Experten im Bundesfinanzministerium doch empfehlen, sich die Argumente gegen die Reifensteuer genauestens durchzulesen. Dort sind die sachlichen Gründe ganz exakt und auch erschöpfend dargestellt.
Wir wissen genau, wohin eine Reifensteuer führen würde. Sie würde weitgehend nur eine Zufallsteuer werden, Schmuggelgefahren bei der Ein({6})
fuhr viel billigerer Auslandserzeugnisse hervorrufen - wir wissen heute sogar noch viel besser als damals Bescheid über die Auswirkungen von Überbesteuerungen bei gewissen Spezialartikeln-, sie würde Unfallgefahren heraufbeschwören, weil jeder Fahrzeughalter seine Reifen bis zur äußersten Grenze der Verwendbarkeit abfahren müßte, sie würde Straßenbeschädigungen durch schlecht bereifte Fahrzeuge zur Folge haben usw., also genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir eigentlich wollen: die Straßen zu schonen und eine Ersparnis in der Abnutzung herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, ich habe nur die schwerwiegendsten Gründe gegen eine Reifenbesteuerung angeführt. Wer sich über Einzelheiten unterrichten will, dem kann man wirklich das Nachlesen in den genannten Quellen empfehlen.
Ich will hier gar nicht diskutieren, was etwa eine solche Besteuerung der Reifen größenordnungsmäßig bringen könnte. Entweder würde man die Reifen geradezu unzumutbar verteuern - mit all den Gefahren, die darin liegen -, oder aber es würde eine Sonderbesteuerung eben der Reifenfabriken sein. Nun, so hoch verdienen trotz allem auch diese Reifenfabriken nicht, daß sie eine nennenswerte Summe einer solchen Steuer aus ihren eigenen Mitteln zuschießen könnten.
Ich glaube also, wir sollten uns in diesem Hause einig sein, eine solche Maßnahme konsequent abzulehnen.
Nun verspricht man sich anscheinend im Hause des Finanzministers etwas mehr von einer dritten neuen Einnahmequelle, die aber in der Öffentlichkeit schon zur Genüge diskutiert und auch hier im Parlament schon besprochen worden ist, nämlich der Errichtung von Gebührenstraßen. Der Herr Bundesminister der Finanzen soll angeblich in zehn Jahren 450 Millionen DM von dieser Maßnahme erwarten, die natürlich auch eine zusätzliche Besteuerung des Kraftverkehrs darstellen würde. Als das große Vorbild werden, wie in mancher anderen Beziehung, immer die USA strapaziert. Aber man sollte doch exakt proportional projizieren, wenn man zutreffende Vergleiche mit richtigem Ergebnis haben will. Die USA sind nur mit Europa zu vergleichen und nicht mit unserem engen Vaterland allein. Dieses unser Vaterland hat wesentlich mehr Autobahn-Kilometer als irgendein nordamerikanischer Bundesstaat. Die Union insgesamt besitzt vorläufig relativ, d. h. bezogen auf das Gesamtnetz an Straßen, nur ein Zehntel der Streckenlänge, die wir schon angelegt haben. Es ist klar, daß auf einem Zehntel unseres Autobahnnetzes, das aber schon seit 20 Jahren gebührenfrei unter Verkehr ist, auch Gebührenstrecken mit einem aber wahrscheinlich nur geringen Ertragsüberschuß eingerichtet werden können. Ich will dieses Problem der Zeit wegen nicht mehr in der vollen Breite diskutieren; wir wollten uns ja heute, entsprechend einem Wunsche des Ältestenrates, bei der Begründung unserer Anträge möglichst kurz fassen, ich will daher auf weitere Argumente verzichten.
Ich möchte nur auf einen Einwand noch eingehen, der namentlich in der Presse gegen den Zehnjahresplan vorgebracht worden ist: daß es, wenn wir die Mittel bereitstellten, gar nicht möglich wäre, sofort die gesamten Mittel - insgesamt doch für Bund und Länder rund 2 Milliarden DM per anno - zu verbauen. Dieser Einwand steht im
Widerspruch mit einer ausdrücklichen Erklärung, die von dem Herrn Bundesverkehrsminister kommt, der Erklärung, daß er sehr wohl in der Lage sei, die bereitgestellten Mittel zu verbauen. Selbstverständlich - auch das hat der Herr Verkehrsminister vor einigen Monaten gesagt - wäre er bereit, sich mit einer gewissen Übergangsfrist einverstanden zu erklären. Insofern sehe ich dort eine Brücke zu dem Antrag der CDU, der gleich hier begründet werden wird, und zu unserem Antrag.
Ich möchte das Hohe Haus bitten, unseren Antrag dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - und dem Verkehrsausschuß - mitberatend - zu überweisen. Ich hoffe, daß in diesen Beratungen die Logik und die Treffsicherheit unserer Argumente zum Tragen kommen wird und daß dann nach entsprechender Beratung dieses Haus in Bälde die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen akzeptieren wird.
({7})
Das Wort zur Begründung der Anträge unter 2 b und c hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Schmidt ({1}) ({2}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Elbrächter hat mir eben etwas leid getan. Beim ersten Teil seiner Rede, in dem er ausführlich gegen den Herrn Bundesfinanzminister polemisiert hat, war dieser nicht zugegen, und auch sein Vertreter erschien erst in dem Augenblick, als er anfing, Brücken zu dem Entwurf der CDU zu bauen. Aber selbst dann hat Herr Staatssekretär Hartmann kaum zugehört. Ich gebe mich kaum der Hoffnung hin, daß das jetzt besser wird; aber ich will versuchen, Sie zu fesseln, Herr Hartmann.
({3})
Zunächst, meine Damen und Herren, möchte ich Sie auf eine Vorlage aufmerksam machen, die Sie heute in Ihrer Mappe auf den Tischen haben. Es ist die Vorlage „zu Drucksache 2753". Auf diesem Blatt finden Sie zwei Kurven, und zwar eine graphische Darstellung der Zahl der Kraftfahrzeuge und der Unfallopfer in der Bundesrepublik. Wenn Sie sich dieses Kurvenblatt anschauen, dann erkennen Sie, wie sowohl die Zahl der Kraftfahrzeuge als auch die Zahl der Unfallopfer geradlinig und unaufhaltsam steigt. Im Jahre 1950 waren es 100 000 Verletzte und 4000 Tote, im Jahre 1955 350 000 Verletzte und 12 000 Tote bei insgesamt mehr als 500 000 Unfällen.
Übrigens läßt diese uns vorliegende Kurvendarstellung ziemlich deutlich werden, daß durch die Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung im Jahre 1952/53 gar keine wesentliche Veränderung der Kurven stattgefunden hat. Ich will mich da in das zur Zeit von den Verkehrsingenieuren gepflogene Gespräch über die Frage allgemeiner Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht einmischen. Aber in jedem Fall sind wir uns, glaube ich, darüber klar, daß eine sehr erhebliche Auswirkung auf die Unfälle von einer solchen Maßnahme nicht erwartet werden kann - das zeigt schon diese Kurve -, wie auch alle sonstigen Basteleien an der Straßenverkehrs-Ordnung und an der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung diese Unfall({4})
kurve, diese Verletztenkurve, diese Todeskurve nicht wesentlich verändern können. Trotzdem müssen wir natürlich weiter Verkehrserziehung betreiben, und sicherlich ist unsere Verkehrsregelung im ganzen auch weiterhin verbesserungsbedürftig. Wir sollten jedoch das alles, glaube ich, nicht überschätzen.
Ein Wort möchte ich, sozusagen in Klammern, noch zur Geschwindigkeitsbegrenzung sagen. Wenn einzelne führende Automobilfabriken mit Spitzengeschwindigkeiten ihrer Fabrikate von 165, von 170, von 190, ja von 220 Stundenkilometern renommieren und das jede Woche in ganzseitigen Anzeigen tun - ich nenne ausdrücklich die Firma BMW -, dann ist das in meinen Augen eine unverantwortliche Werbepraxis.
({5})
Das ist ein Appell an das Kraftmeiertum mancher Herrenfahrer. Wir wissen ja seit Nietzsche, daß in jedem Mann ein Kind steckt, das spielen will. Ich bin versucht, hier hinzuzufügen: Bisweilen steckt eben in dem Mann auch ein Halbstarker, der angeben will,
({6})
und auf diesen Halbstarken im Manne spekulieren die Leute, die diese Anzeigen mit der Angabe von 220 Stundenkilometern Geschwindigkeit machen.
({7})
Das sollte man also wirklich abschaffen. Die Automobilfabriken sollten lieber miteinander konkurrieren, indem sie Reklame für die Kürze ihrer Bremswege machen; das wäre viel sinnvoller.
Nun, meine Damen und Herren, wir sind bereit, über diesen Geschwindigkeitskomplex, der heute auch auf der Tagesordnung steht, sorgfältig im Ausschuß zu beraten. Das ist sehr wesentlich eine Frage der Verkehrsingenieure und keineswegs eine politische Frage. Immerhin - das darf ich hier sagen - würden wir nicht damit einverstanden sein, wie es in der Vorlage steht, eine Art Ermächtigungsgesetz zu schaffen, was darauf hinauslaufen würde, daß die Dinge auf dem Wege der Rechtsverordnung durch den Herrn Bundesverkehrsminister allein geregelt würden. Damit haben wir gerade eben, was die Lastkraftwagen usw. angeht, eigenartige Dinge erlebt; das möchten wir nicht wiederholen.
Nun, wenn also durch Geschwindigkeitsbegrenzungen oder sonstige Änderungen der Straßenverkehrsordnung letzten Endes die Unfälle im Straßenverkehr nicht entscheidend verringert werden können, dann ist es vielleicht richtig, einmal dieses Problem mit dem eines Kranken zu vergleichen, der, sagen wir einmal, Arteriosklerose hat. Das hat ja der Straßenverkehr auch. Die Adern leisten nicht mehr das, was sie eigentlich leisten sollen. Dem kranken alten Mann gibt man den Rat, sich wegen seines hohen Blutdrucks nicht zu überanstrengen. Er soll sich schonen, er soll langsam gehen. Und das will man nun hier auf den Verkehr übertragen. Das ist so weit vielleicht auch richtig, aber beim Straßenverkehr muß die Therapie viel weiter gehen, weil sie weitergehen kann, weil ich weitere Mittel zur Verfügung habe. Dem alten Mann kann ich einstweilen nicht viel anders als mit gutem Zureden helfen. Ich kann ihm keine neuen Blutgefäße geben, und ich kann ihm auch die Jugendfrische nicht zurückgeben - beinahe wäre ich versucht, mit einem Seitenblick auf die Regierungsbildung des Jahres 1957 zu sagen: Gott sei Dank!
({8})
Dem Verkehr aber kann ich tatsächlich zusätzliche Adern geben. Da kann ich die bestehenden Adern erweitern, da kann ich die bestehenden Adern leistungsfähiger machen und die Knoten, die Thrombosen ausheilen; denn - wenn das auch die Unfallstatistik vielleicht nicht ganz klar erkennen läßt - letzten Endes sind die Hekatomben von Toten auf den deutschen Straßen durch die gegenüber der dynamischen Steigerung des Verkehrs die völlich unzureichende Leistungsfähigkeit unserer Straßennetze verursacht.
({9})
Wollen Sie eine Frage stellen? Dann treten Sie bitte an das Mikrophon.
({0})
- Das Haus möchte auch gern hören, was Sie zu sagen haben.
({1})
In diesem Hause debattieren wir alle mit allen, nicht nur einer mit einem.
({2})
Herr Kollege Brück, ich habe Sie so weit richtig verstanden, als Sie mir nicht widersprochen haben, sondern das unterstrichen haben, was ich gerade ausgeführt habe.
({0})
Meine Damen und Herren, die Unfallziffern in Deutschland sind, bezogen auf die Zahl der Kraftfahrzeuge, viermal so hoch wie in den Vereinigten Staaten. Sie finden in allen Industrieländern der Welt nicht ihresgleichen. Wir stehen an der Spitze, wir halten einen Rekord, einen sehr traurigen Rekord. Nach unserer Überzeugung besteht nur dann Aussicht, diesem beängstigenden Problem wenigstens in der Größenordnung beizukommen, wenn die öffentliche Hand mit Energie und unter radikaler Abkehr von überkommenen Vorstellungen Straßen baut und nochmals Straßen baut. Hier liegt die auf die Dauer einzig Erfolg versprechende Therapie und Prophylaxe. Das Mißverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit unserer Straßen und dem Anstieg der Motorisierung ist evident. Die Straßen weisen ungefähr, mit gewissen Ausnahmen vor allen Dingen in Großstädten, eine Leistungsfähigkeit des Jahres 1938 auf, und der Verkehr auf diesen Straßen hat sich im allgemeinen verdreifacht, an besonderen Schwerpunkten noch darüber hinaus vervielfacht.
Nun hat der Bundestag bei der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 an die Bundesregierung einstimmig ein Ersuchen gerichtet, wonach dieser Misere eben dadurch abgeholfen werden soll, daß ein Zehn-Jahres-Straßenbau-Plan in Angriff genommen wird. Der Bundesverkehrsminister hat sogar ein entsprechendes Dokument mit der Überschrift „Zehnjahresplan" im Regierungsbulletin veröffentlicht. Das ist schon viele Monate her. Neuerdings hat er im Regierungsbulletin erneut eine Stellungnahme veröffentlicht unter der Überschrift „Verwirklichung des Zehnjahresplans".
({1})
Ich will zu diesem Zehnjahresplan gleich noch einige kritische Anmerkungen machen, aber doch vorausschicken, daß er in unseren Augen wenigstens eine Diskussionsgrundlage darstellt. Doch gerade weil er das ist, möchten wir ihn endlich auf dem Tisch des Hauses haben. Wir haben uns deshalb veranlaßt gesehen, Ihnen den Antrag Drucksache 2706 vorzulegen, den ich hiermit begründe. Wir bitten also darum, daß dieser Zehnjahresplan dem Bundestag wirklich zugeleitet und vorgelegt wird, auf daß er eben als Diskussionsgrundlage und als Unterlage in den Ausschußberatungen diene, wenn sich die Ausschußberatungen dann mit den anderen Anträgen beschäftigen, die hier heute noch auf der Tagesordnung stehen.
Ich darf gleich beantragen, Herr Präsident, daß dieser Antrag auf Drucksache 2706 heute verabschiedet und nicht erst an den Ausschuß überwiesen wird. Nachdem durch das Regierungs-Bulletin notorisch geworden ist, daß es einen solchen Zehnjahresplan längst gibt, brauchen wir ja nicht erst im Ausschuß darüber zu beraten, ob wir ihn uns erbitten wollen. Ich glaube, das können wir also heute beschließen. Ich nehme an, daß jedenfalls der Herr Bundesverkehrsminister mit dieser Prozedur durchaus einverstanden sein würde.
({2})
- Weswegen sind Sie nicht einverstanden, Herr Müller-Hermann?
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- Ich kann mir denken, weshalb Sie das nicht wünschen: weil Sie sich nämlich darüber klar sind, daß das Bundeskabinett diesen Zehnjahresplan nicht billigt, und weil Sie nicht gerne das Bundeskabinett in die Lage bringen möchten, gegenüber einem einstimmigen Ersuchen des Bundestages irgendwelche Ausflüchte erfinden zu müssen. Das ist genau der Punkt. Der Verkehrsminister - das hat ja Herr Elbrächter eben sehr deutlich vorgetragen - hat Pläne gemacht. Die mögen im einzelnen vielleicht noch verbesserungsbedürftig sein, sie mögen im einzelnen in der Größenordnung nicht ganz ausreichen, - jedenfalls hat das Kabinett es bisher abgelehnt, zu diesen Dingen irgendwie entscheidend Stellung zu nehmen.
({4}) Das ist doch der Tatbestand.
Nun möchte ich aber zu dem Zehnjahresplan noch ein paar Diskussionsbemerkungen machen, die auf das Bezug nehmen, was wir Ihnen in unserem Gesetzentwurf vorschlagen. Das Wichtigste in dem Zehnjahresplan des Herrn Verkehrsministers fehlt einstweilen, das Rückgrat, nämlich die Finanzierung. Dafür kann er persönlich nicht unbedingt. Das ist eine Sache des Kabinetts. Deswegen möchte ja auch Herr Müller-Hermann nicht, daß wir jenes Ersuchen an das Kabinett richten.
Immerhin hat der Herr Bundesverkehrsminister ermittelt, daß für die Bundesstraßen im nächsten Zehnjahresplan 22 1/2 Milliarden DM benötigt würden und daß davon zwei Drittel ungedeckt seien. Dieser Zehnjahresplan ist also, wenn ich so sagen darf, einstweilen nur eine Zusammenstellung der Investitionsnotwendigkeiten, eine Inventur der finanziell ungelösten Probleme.
Übrigens stecken noch ein paar andere ungelöste Probleme zwischen den Zeilen dieses Zehnjahresplans. Er beschäftigt sich nämlich nach unserer
Auffassung nicht ausreichend mit dem Problem der Landstraßen erster Ordnung - das sind die Landesstraßen in den Ländern - und nicht ausreichend mit dem Problem der Straßen unserer Landkreise, der Straßen zweiter Ordnung. Die deutschen Landkreise haben allein als Nachholbedarf einen Betrag von 5,5 Milliarden DM und weiteren 3,3 Milliarden DM zur Anpassung an den inzwischen steigenden Verkehrsumfang ermittelt. Das sind also allein für die Kreisstraßen rund 9 Milliarden. Das ist wesentlich mehr, als in dem Zehnjahresplan des Verkehrsministers einstweilen vorgesehen war.
Um aber wirklich eine ausreichende Vorstellung von der Größenordnung dieses Problems zu haben, muß man die Tatsache hinzunehmen, daß in dem Zehnjahresplan des Herrn Bundesverkehrsministers - und das ist an und für sich durchaus legitim; es ist nicht seine Sache - ja vollständig fehlen die ungeheuren Straßenbaunotwendigkeiten in den Gemeinden, in den Städten und in den Großstädten.
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- Ja, wir sind ja alle dabei, in den Gemeinden in den Wahlkämpfen große Politik zu machen. Aber hier handelt es sich darum, im Bundestag qua Gesetzgeber einmal große Politik f ü r die Gemeinden zu machen.
({6})
Das, was ich jetzt sage, sage ich nicht mit einem Ton des Vorwurfs gegenüber dem Herrn Bundesverkehrsminister. Er ist kraft der bundesgesetzlichen Zuständigkeit einstweilen daran gehindert, hier einzugreifen. Er hat ja neulich auf der Tagung der Straßenbauforscher in München gesagt, in bezug auf dieses Problem - ich glaube, so war es, Herr Dr. Seebohm -- sei er ein Feldherr ohne Truppen. Nun, wir sind bereit, dem Herrn Bundesverkehrsminister hier in unserem Gesetzentwurf Handhaben zu geben.
Die Gesamtnotwendigkeiten für den Straßenbau erstens auf den Bundesautobahnen und -fernstraßen, zweitens auf dem Netz unserer Landesstraßen, drittens auf den Netzen unserer Kreisstraßen und viertens auf dem Netz der Straßen der Gemeinden und Großstädte belaufen sich nach unserer Schätzung auf rund 50 Milliarden DM. Das ist keine Übertreibung; denn ich lese zu meiner Befriedigung vor einigen Tagen, daß auch das Bundesfinanzministerium eine ähnliche Zahl ermittelt hat. Sie sind sogar, Herr Hartmann, noch 5 Milliarden höher gekommen und haben 55 Milliarden geschätzt. Um so weniger kann ich verstehen, daß Sie einstweilen keine durchgreifenden Anstrengungen gemacht haben, um der Finanzierung dieses Problems etwas näherzutreten. Denn ich bin mit dem Kollegen Elbrächter der Meinung, daß wir ja wohl nicht im Ernst mit einer Reifensteuer und solchen Späßen anfangen können, dieses Problem anzugehen. Das Problem, dieses Finanzierungsvolumen zu bewältigen, ist nur dann lösbar, wenn wir auf die Gigantomanie unserer Panzerkäufe und unseres militärischen Ehrgeizes überhaupt verzichten.
({7})
Sie haben ja schon bei den bisherigen Plänen, bei den bisherigen Haushaltsansätzen ohne jede Ausweitung Schwierigkeiten, die gesetzten Ziele zu
({8})
erreichen. Wir lesen in der Zeitung, daß die ÖFFA, die mit der kreditweisen Finanzierung des Autobahnbaues durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 beauftragt ist, von den geplanten 150 Millionen, die sie dieses Jahr für den Autobahnbau beschaffen sollte, bisher nur 30 Millionen hat beschaffen können. Wir lesen in den Zeitungen, daß die Schwierigkeiten in der mangelnden Flüssigkeit des Kapitalmarkts lägen. Vor allem die Haltung des Bundesfinanzministers in der Zinsfrage habe sich als Hemmnis erwiesen. Ich stelle also fest, daß von den zunächst einmal in Aussicht genommenen 800 Millionen für Bundesstraßen in diesem Jahr offensichtlich nur 700 verbaut werden, wenn das stimmt, was die Zeitungen anläßlich unserer Berliner Bundestagssitzung zu diesem Thema geschrieben haben. Das heißt. Sie sind noch nicht einmal in der Lage, die alten, unzureichenden Programme wirklich auszuführen.
Nun muß ich noch ein paar Ausführungen zu den vier verschiedenen Straßennetzen machen, mit denen wir es zu tun haben. Der Bund ist zunächst einmal nur für seine Bundesautobahnen und für die Bundesfernstraßen - die früheren Reichsstraßen - zuständig. Daneben gibt es das große Problem - wie ich schon sagte - der Landstraßen, der Kreisstraßen und der Straßen der Städte und Gemeinden. 80 % unserer Unfälle passieren in Ortschaften, meine Damen und Herren, und nicht etwa auf den Autobahnen oder auf den Bundesstraßen! Der Schwerpunkt des Bauproblems liegt in den Ortschaften, in den kleinen Gemeinden genauso wie in den Großstädten.
Die Lage bei diesen vier verschiedenen Straßennetzen ist durchaus unterschiedlich. Das Bundesfernstraßennetz, das der Herr Dr. Seebohm betreut, ist noch in einer relativ günstigen Lage, wenn man es mit der Lage auf den Kreisstraßen und der Lage in den Gemeinden und in den Städten vergleicht. Zwar hat auch auf den Autobahnen und den Fernstraßen der Verkehr in den letzten Jahren enorm zugenommen; aber auf der andern Seite sind eben auch die Mittel, die im Straßenbauhaushalt des Bundes dafür vorgesehen sind, wesentlich erhöht worden, nicht zuletzt durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955. Die sozialdemokratische Fraktion ist heute noch stolz darauf, daß es ihr seinerzeit bei den Beratungen gelungen ist, in Verbindung mit den sehr wechselnden Gruppen der damaligen Regierungskoalition dieses Verkehrsfinanzgesetz in sehr viel wirkungsvollerer Weise zu einem Instrument der Straßenbaupolitik zu machen, als es zunächst beabsichtigt war.
Wir müssen auch in Zukunft für die Autobahnen und Bundesstraßen durchaus etwas tun. Wir müssen das Vorkriegsschema dieser Straßenanlagen grundsätzlich verbessern. Ich denke an die Bergstrecken, an die Notwendigkeit einer Beschleunigungsspur, an die Notwendigkeit, zu den vorhandenen beiden Spuren in allen Schwerpunktabschnitten eine dritte Spur hinzuzufügen, wo man mit zwei Spuren eigentlich schon gar nicht mehr auskommt. Ich denke an alle diese Probleme, wobei ich jetzt nicht zu sehr in die technischen Einzelheiten des Straßenbaus einsteigen will. Immerhin, beim Neubau von Bundesstraßen und Autobahnen - wir bauen ja zur Zeit Autobahnen neu - müssen die notwendigen räumlichen Reserven für solche Erweiterungen heute schon geschaffen werden, damit man wenigstens später diese Ergänzungen noch vornehmen kann. Bei den bestehenden Autobahnen ist es ja heute vielfach nicht möglich, sie zu ergänzen, weil eben bei der räumlichen Planung seinerzeit darauf nicht Bedacht genommen worden ist.
Heute allerdings - und nicht erst später, glaube ich - muß bei allen Bundesfernstraßen nun endlich dafür gesorgt werden, daß ein ausreichender Radfahrweg zur Verfügung gestellt wird. Das Fehlen ausreichender Rad- und Mopedwege ist gleicherweise eine schreckliche Gefährdung sowohl für den Radfahrer als auch für den Autofahrer und die Dritten, die durch diesen Autofahrer gefährdet werden, wenn er mit einem Fahrrad karamboliert.
Meine Damen und Herren, die Landstraßen erster und zweiter Ordnung, die nicht vom Bundeshaushalt leben, leben von dem Kraftfahrzeugsteueraufkommen der Länder. Aus diesem Kraftfahrzeugsteueraufkommen müssen zugleich aber auch die vielen Zuschüsse für die Ortsdurchfahrten in den Gemeinden und die Zuschüsse für die Gemeindewege schlechthin gegeben werden. Das Verkehrsfinanzgesetz 1955 bietet hier kaum eine wesentliche Hilfe, denn das Kraftfahrzeugsteueraufkommen haben wir seinerzeit kaum vermehrt. Im Gegenteil, wir gingen ja von der Absicht aus - ich nehme an, sie besteht auch heute noch -, sie im Laufe der Jahre ganz wegfallen zu lassen. Das war ja seinerzeit die erklärte Absicht. Das Verkehrsfinanzgesetz 1955 hat also keine Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer und infolgedessen auch keine Verbesserung der Finanzsituation für die Länder hinsichtlich ihres Straßennetzes gebracht. Diese Bauverwaltungen - das gilt insbesondere auch für die Kreise - leben heute von der Hand in den Mund. Die Finanzierungsmöglichkeiten sind absolut unzureichend. Beispielsweise sind unsere 418 Landkreise zwar für zwei Fünftel aller klassifizierten Straßen in der Bundesrepublik verantwortlich, sie sind an einem Fünftel der Kosten, die aufgewandt werden müssen, beteiligt, aber von den spezifischen Kraftverkehrsabgaben erhalten sie zur Bestreitung dieser Kosten nur ein Fünfundzwanzigstel. Das ist die Lage bei den Kreisen. Wir sind ja manchmal in der Gefahr, die Finanznot gerade auf dem kommunalen Sektor etwas zu übersehen, was infolge der grundgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen naheliegt.
({9})
- Lieber Herr Dresbach, gucken Sie sich doch einmal in Ihrem eigenen Heimatkreis an, wie die Kreisstraßen aussehen! Ich bin vor Wochen mal da durchgefahren; das ist doch unter aller Kanone.
({10})
- Das war keine Antwort, Herr Dresbach, ({11})
Sie haben nur gesagt, früher sei es noch schlimmer gewesen, jetzt sei - ({12})
- Über die Ochsen im Bergischen Land will ich mich nicht verbreiten, Herr Dresbach!
({13})
In den Gemeinden selbst sieht es zum Teil katastrophal aus, selbst in solchen Gemeinden, die für
[Schmidt [Hamburg])
ihre Ortsdurchfahrten vom Land oder vom Bund Mittel bekommen, weil sie nämlich weniger als 6000 oder weniger als 9000 Einwohner haben; da muß ja der übergeordnete Baulastträger Zuschüsse zahlen. Die Dörfer lehnen es vielfach ab, solche Arbeiten durchführen zu lassen, weil sie nicht in der Lage sind, den kleinen Teil zu finanzieren, der dabei auf sie selbst entfällt, nämlich die Kantsteine am Bürgersteig und die Kanalisation und anderes. Es ist wirklich schrecklich.
({14})
In den Großstädten ist es nicht viel besser. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, aus der Vielfalt der Tagungen der letzten Wochen und Monate, die sich mit der Verkehrsnot der Großstädte beschäftigt haben, was für Probleme da vorliegen. Ich erinnere an den Münchener Straßenbauerkongreß, ich erinnere an die Verkehrskonferenzen, die sowohl die FDP als auch die Sozialdemokratie in jüngster Zeit abgehalten haben. Ich erinnere die Mitglieder des Verkehrsausschusses an die Vorträge, die wir in Berlin über die dortigen Straßenbaunöte gehört haben.
({15})
- Das habe ich nicht gewußt, aber ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich war im übrigen überzeugt, daß Herr Dresbach meinen Ausführungen innerlich zustimmt.
({16})
- War das ein Lob für Herrn Dresbach oder für mich?
({17})
- Schönen Dank!
Ich glaube, es ist nicht notwendig, im einzelnen Beispiele anzuführen. Es ist gleichgültig, ob man nach Berlin schaut oder nach München, nach Düsseldorf oder nach Hamburg, nach Frankfurt oder in das Ruhrgebiet mit seiner Vielzahl von Großstädten. Ich will mich stattdessen auf ein Zitat beschränken, auf eine Äußerung, die mein früherer Hamburger Amtskollege, Baudirektor Sill, auf der Münchener Straßenforschertagung gemacht hat. Dort hat Professor Sill gesagt: während der Ausbau unserer Fernstraßen etwa nur um zehn Jahre hinter der Entwicklung des Kraftverkehrs herhinke, sei der Ausbau unserer Stadtverkehrsstraßen um etwa 40 Jahre hinter der Entwicklung zurückgeblieben. Das mag ein wenig forciert klingen; aber im großen und ganzen ist es in vielen Städten tatsächlich so, daß sie nach wie vor nur über Straßennetze verfügen, die aus dem Jahrzehnt, sagen wir, um 1920 herum stammen, und keine wesentlichen Vermehrungen hinzugekommen sind.
Sill hat übrigens weiterhin darauf hingewiesen, daß in den Vereinigten Staaten die dortige Bundesregierung durch Gesetz verpflichtet ist, mindestens 25 % ihrer bundesseitigen Gesamtaufwendungen im Straßenbau an die Städte zu geben als Zuschüsse für wichtige Stadtstraßen und Stadtschnellstraßen, Stadtautobahnen. Daran ist die Bedingung geknüpft, daß der betreffende Staat, in dem eine Stadt liegt, seinerseits einen gleichhohen Zuschuß gibt. - Es ist allgemein zweckmäßig für unsere deutschen Städte, daß wir den Blick auf die mittlere Großstadt der Vereinigten Staaten lenken. Die Probleme, die man dort bereits in den zwanziger Jahren bewältigt hat, stehen heute vor uns, und was heute in den Vereinigten Staaten akut ist, wird bei uns in acht oder zehn Jahren akut werden. Wir brauchen also nicht erst alle Fehler am eigenen Leibe durchzumachen und brauchen es nicht so weit kommen zu lassen, wie es Ende der zwanziger Jahre in manchen amerikanischen Städten gekommen war.
Unsere Städte müssen nun ihre Beträge für den Straßenbau fast ausschließlich aus dem eigenen Steueraufkommen nehmen. Die Städte bekommen keinen Pfennig aus den spezifischen Abgaben des Kraftverkehrs, weder aus der Mineralölsteuer noch aus der Kraftfahrzeugsteuer. Die Landeszuweisungen etwa aus Mitteln der Kraftfahrzeugsteuer fallen hier überhaupt nicht ins Gewicht. Die Großstädte sind nicht in der Lage - das gilt nicht nur für Berlin, das sich hier in einer besonders kritischen Situation befindet -, rechtzeitig und ausreichend den Straßenbau durchzuführen, den sie eigentlich durchführen müßten. Ich nenne ein paar Zahlen. Die Anpassungsplanungen für einen Zeitraum von 10 Jahren erfordern nach heutigen Preisen in Essen 783 Millionen DM, in Düsseldorf 705 Millionen DM, in München 670 Millionen DM, in Hamburg 645 Millionen DM, in Köln 536 Millionen DM. Auch Sie, die Sie aus diesen Städten stammen, wissen, daß diese Großstädte nicht in der Lage sind, Beträge in solchen Größenordnungen aufzubringen. Wenn ihnen niemand hilft, wird das dazu führen, daß der Straßenbau nicht wie bisher 10 Jahre hinterherhinkt, sondern in Zukunft 11, 12, 13, 14 Jahre hinter der Entwicklung zurückbleibt und wir eines Tages tatsächlich die Kerne unserer Großstädte völlig in einem Verkehr ersticken sehen, der nicht mehr vor und nicht mehr zurück kann.
Ich darf die Gesamtlage in wenigen Strichen folgendermaßen zusammenfassen. Weder für das Bundesfernstraßennetz noch für die Landstraßennetze erster und zweiter Ordnung noch insbesondere für die gemeindlichen und städtischen Straßennetze stehen ausreichende Finanzmittel zur Verfügung. Der Gesetzgeber, d. h. der Bundestag steht vor der Frage, welche der bisherigen Quellen stärker ausgeschöpft werden können, um hier zu helfen, oder aber - wie der Bundesfinanzminister will - welche zusätzlichen Quellen man erschließen kann. Was die zusätzlichen Quellen angeht: wir alle haben bei der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 gemeint, auf dem Wege der Anleihe einiges tun zu können. Das ist auf lange Sicht gesehen sicherlich auch richtig; auf lange Sicht gesehen behält das Instrument der Anleihe zur Finanzierung von Straßenbau durchaus seine Berechtigung. Im Augenblick, im Jahre 1956 oder 1957 allerdings scheint das - ganz abgesehen von der gegenwärtigen Deroutierung des Kapitalmarkts - auch konjunkturpolitisch nur in beschränktem Umfang möglich.
Nun, ich sagte, der Bundesfinanzminister schmiede andere Pläne: Steuererhöhungen bei Mineralöl, eine neue Reifensteuer und eine neue Autobahngebühr sollen eingeführt werden. Ich glaube, es genügt, diese drei Pläne nur zu erwähnen, um jedem deutlich werden zu lassen, daß sie wohl kaum Chancen haben. Ich kann mir kaum vorstellen. daß das Parlament bereit ist, diese Dinge ernsthaft entgegenzunehmen in einem Zeitpunkt, wo von den vorhandenen Abgaben des Kraftverkehrs, nämlich Mineralölsteuer und Kraftfahrzeugsteuer, auch nicht annähernd das Aufkommen wirklich in den Straßenbau gesteckt wird. Ich
({18})
würde hier, Herr Staatssekretär, mit Klein-Erna aus Hamburg sagen: Da ist kein Sinn in.
In der Reifensteuer ist, auch vom technischen und fachmännischen Standpunkt, überhaupt kein Sinn. Darin steckt doch die ganz große Gefahr, daß die Leute ihre Reifen so lange fahren, wie es eben geht, bis sie eines Tages platzen. Es ist sinnlos, so etwas im Ernst zu erwägen.
Nach sozialdemokratischer Auffassung - und Sie wissen alle, daß es auch innerhalb der anderen Fraktionen, wie ich mit Vergnügen gemerkt habe, jedenfalls eindeutig in der Fraktion der Deutschen Partei und, wie mir scheint, wohl auch in der FDP, starke Zustimmung zu diesem Satz gibt - ist das Problem nur durch eine Verwendung der bisherigen Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer ausschließlich für den Straßenbau zu lösen.
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- Schönen Dank für den Zwischenruf! Es bildet sich also in diesem Hause eine eigenartige Front, die von der DP/FDP zur Sozialdemokratie reicht. Über den BHE bin ich mir im Augenblick nicht klar. Die CDU ist einstweilen einmal dagegen, wenngleich innerhalb der CDU offensichtlich auch vernünftige Leute sind, die sehr dafür streiten, ohne sich in der Fraktionssitzung ganz durchsetzen zu können.
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- Wenn Sie einen Zwischenruf zur Sache machen, bin ich gerne bereit, darauf einzugehen.
Meine Damen und Herren, Herr Elbrächter hat - ich nehme an, in vollem Einvernehmen mit dem Herrn Bundesverkehrsminister - ausführliche Darlegungen über das Problem der sogenannten Zweckbindung gemacht. Ich möchte das hier nicht vertiefen. Ich möchte nur auf solche Namen wie Neumark, Gerloff und Ritschl hinweisen, ich möchte
- nicht mit wissenschaftlichem Gewicht, aber immerhin auch nicht unbeachtlich - auf den Bund der Steuerzahler hinweisen, der sich zu dieser Sache ausgelassen hat; ich möchte schließlich auf die Anwendung des Prinzips in den Vereinigten Staaten hinweisen, das dort seit Jahren akkurat so Gesetz und in einzelnen Staaten sogar Verfassungsgesetz ist.
Nach unserer Auffassung müssen, um die akute Notlage im Augenblick, d. h. für die nächsten, sagen wir, zehn Jahre, zu beseitigen, auch Teile des Mineralölzolles herangezogen werden, damit die Versäumnisse im Straßenbau wieder ausreichend aufgeholt werden.
Bei einer Zweckbindung, wie sie Herr Elbrächter genannt hat, würde allerdings zunächst eine Verzerrung eintreten. Der Hauptblock ist die Mineralölsteuer, sie fließt dem Bund zu. Das Bundesfernstraßennetz würde also zunächst im Geld schwimmen, es würde relativ rasch auf eine moderne Kapazität gebracht werden können, während demgegenüber die Landesstraßen zurückblieben und die Straßen der Gemeinden und Städte vollständig zurückblieben, weil diese weder an der Mineralölsteuer noch an der Kraftfahrzeugsteuer partizipieren. Es muß deshalb ein neuer Modus der Verteilung gefunden werden, um dieses Mißverhältnis zwischen der Verteilung der Baulasten einerseits und der Finanzierungsquellen andererseits zu beseitigen.
Der Beseitigung dieses Mißverhältnisses dient unser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren. Wir sind dabei verständlicherweise keineswegs so weit gegangen, wie ein Passus in dem Antrage der Deutschen Partei geht, der mit dem Grundgesetz in Kollision kommen könnte. Wir Sozialdemokraten haben den finanziellen Föderalismus des Grundgesetzes nie besonders glücklich gefunden - ich erinnere Sie an den Kampf Kurt Schumachers damals, als das Grundgesetz zustande kam -, aber wir glauben, daß man sich im Augenblick im gegebenen Rahmen einrichten muß. Deshalb fordern wir keineswegs, wie das von ministerieller Seite schon einmal geschehen ist, etwa die Errichtung einer Bundesstraßenverwaltung für alle diese Straßen. Wir halten es für utopisch, darüber zu debattieren.
Ich brauche nun wohl nicht im einzelnen auf die Artikel unseres Gesetzentwurfs einzugehen, nachdem ich Ihnen unsere Grundgedanken dargelegt habe. Er läuft darauf hinaus, daß das Gesamtaufkommen dieser Steuern, die in Zukunft ausschließlich für den Straßenbau verwandt werden sollen, auch wirklich auf die vier verschiedenen Straßennetze und nicht nur im wesentlichen auf die Bundesfernstraßen und die Bundesautobahnen verteilt wird. Deswegen möchten wir es rechnerisch in einem Straßenfonds zusammenfassen, aus dem dann fließen sollen: ein Drittel für Bundesstraßen und Bundesautobahnen, ein Drittel für die Landesstraßen und weitere 20 % für die Straßen der Gemeinden und Städte. Dann bleiben nach Adam Riese noch etwa 13 % übrig, die wir von Jahr zu Jahr über den Bundeshaushalt für gewisse Schwerpunktaufgaben verwenden möchten. Ich nenne als einige solcher Schwerpunktaufgaben etwa den Ruhr-Schnellweg, den Emscherweg oder die Zusammenführung der Autobahnen in München und was dergleichen Beispiele mehr sind.
Der Schlüssel für die alljährliche Aufteilung dieses Fonds ist amerikanischen Erfahrungen nachgebildet. Diese amerikanischen Erfahrungen sind ja von sehr vielen Finanz- und Verkehrsexperten der Bundesregierung und auch unserer Fraktionen in den letzten Jahren an Ort und Stelle geprüft worden. Ich glaube, daß gegen den Schlüssel ein ernsthafter Einwand nicht vorgebracht wird, wenngleich wir selbstverständlich über Einzelheiten gern reden können.
Auf eine Kleinigkeit möchte ich hinweisen: Wir haben als Faktor für die Schlüsselung bei der Quote, die die Gemeinden bekommen sollen, die Länge der Gemeindestraßen der einzelnen Länder eingesetzt. Ich muß dazu sagen, daß die Länge der Gemeindestraßen bisher noch nicht endgültig festgestellt ist. Wenn ich richtig unterrichtet bin, sind die Länder und der Bundesverkehrsminister seit langer Zeit dabei, ein solches Kataster auf die Beine zu bringen. Ich nehme aber an, daß, wenn den Gemeinden hier Geld versprochen wird, diese Kataster dann schneller zustande kommen als bisher. Ich sehe, daß der Verkehrsminister den Kopf schüttelt. Aber letzten Endes kann man über diese Schwierigkeit hinwegkommen, weil es sich dabei nur um ein technisches Verfahren handelt und nicht um eine Grundsatzfrage.
Nun hat Herr Elbrächter gesagt - und darauf darf ich noch eingehen -, er verspreche sich nichts - ich nehme an, er hat damit die Meinung des Bundesverkehrsministers ausgedrückt - von der Schaf({21})
lung neuer Ausschüsse, die etwa überwachen sollten, was der Bundesverkehrsminister mit dem Fonds mache. Das ist ein Mißverständnis, Herr Elbrächter. Wir wollen kein Überwachungsorgan, sondern wir möchten hier ein Organ schaffen, mit Hilfe dessen der Bundesverkehrsminister stärker als bisher einheitliche Richtlinien in den Straßenbau der Länder und der Gemeinden hineinbringt. Ich habe durchaus ein gewisses Verständnis dafür, daß manche Misere des Durcheinanders dem Herrn Dr. Seebohm einmal den Notschrei abgerungen hat: Hätten wir doch eine einheitliche Bundesstraßenverwaltung! Ich habe schon gesagt, daß wir aus politischen Gründen nicht daran denken können. Aber um dem berechtigten Anliegen, das dahintersteht, eine Möglichkeit zu seiner Verwirklichung zu schaffen, sehen wir in unserem Gesetzentwurf vor, ein solches Organ, bestehend aus Fachleuten des Bundes, der Länder und der Gemeinden, einzubauen, das die im Zusammenhang mit dem Straßenfonds stehenden Fragen beraten soll.
So weit also unser Gesetzentwurf. Ich könnte es durchaus verstehen, wenn man - wir haben das nicht hineingeschrieben, aber ich habe das auch schon bei anderer Gelegenheit öffentlich ausgeführt - für ein oder zwei Jahre das Prinzip der ausschließlichen Verwendung für den Straßenbau nicht gleich voll zur Anwendung brächte, sondern für diese ein oder zwei Jahre dem vielgeprüften Herrn Bundesfinanzminister noch einmal ein Voraus zur Verfügung stellte. Ich deute das an, um zu sagen, daß wir selbstverständlich bereit sind, darüber mit uns reden zu lassen, wenn man das Prinzip als solches anerkennt. Erst dann, wenn sich nach einigen Jahren herausstellen sollte, daß die ausschließliche Verwendung der spezifischen Kraftverkehrsabgaben für den Straßenbau auch nicht ausreichen sollte, um, sagen wir, 65 oder 70 % der gesamten Straßenbauausgaben von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden zu decken, erst dann kann man mit dem Herrn Bundesfinanzminister gemeinsam vielleicht prüfen, ob Steuererhöhungen erneut in Frage kommen. Aber erst dann!
Zu den Anträgen der beiden anderen Fraktionen möchte ich nur noch einige wenige Worte sagen.
Der Antrag der Fraktion der DP hat einige Tage, nachdem die Sozialdemokratische Partei ihre Vorschläge veröffentlicht hatte, das Licht der Welt erblickt. Er geht in manchen Punkten weniger weit, in einigen läuft er parallel. Er unterscheidet sich aber prinzipiell von unseren Vorschlägen in einem: er will nämlich nur ein Ersuchen an die Bundesregierung gerichtet wissen, während wir dem Hause einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf vorgelegt haben. Deswegen glaube ich, daß es sich erübrigt, über dieses Ersuchen an die Bundesregierung heute noch lange zu sprechen. Wir wissen, wie hartleibig die Regierung manchmal gegenüber solchen Ersuchen ist. Immerhin kann ich verstehen, daß von jener Seite nur ein Ersuchen vorgeschlagen wurde. Die Regierung und das Kabinett werden annehmen müssen, daß dieser Antrag in engstem Einvernehmen mit dem Verkehrsminister ausgearbeitet worden ist. Solange wie das Kabinett einen Gesetzentwurf des Verkehrsministers und einen Zehnjahresplan des Verkehrsministers unbearbeitet in der Schublade schmoren läßt, so lange kann er nicht auf dem Umweg über das Plenum des Parlaments versuchen, seine Vorlage durchzubringen. Das kann ich also zur Not verstehen.
Der CDU-Gesetzentwurf ist in zwiefacher Hinsieht ein Torso. Wir sind in der glücklichen Lage, durch einige Presseveröffentlichungen den ursprünglichen Entwurf zu kennen, den der Kollege Müller-Hermann seiner Fraktion vorgelegt hat. Ich begehe hier keine Indiskretion, wenn ich feststelle, daß gegenüber dem ursprünglichen Entwurf eine ganze Menge sachlicher Dinge herausgestrichen worden ist, z. B. die Hilfen für Gemeinden zwischen 6000 und 9000 bis zu 20 000 Einwohnern. Insbesondere sind die Milliardenziffern, die jedes Jahr zur Verfügung gestellt werden sollten, ganz erheblich zusammengestrichen worden. Wenn schon der Entwurf des Herr Kollegen Müller-Hermann, den man in der Fachpresse nachlesen kann, in meinen Augen nicht ganz ausreichend war, so ist der jetzige Initiativgesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion allerdings keineswegs ausreichend. Er ist übrigens, wie mir scheint, eher ein Entwurf des Herrn Bundesfinanzministers Schäffer, der sich auf diese Weise mit der Gloriole eines Initiativgesetzentwurfs seiner Fraktion herbeiläßt, das zu geben, was er bei den Kabinettsberatungen dem Verkehrsminister ohnehin hätte geben müssen.
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Der Herr Kollege Müller-Hermann nimmt mir sicher nicht übel, was ich hier sage. Er ist in einer bedauernswerten Position. Es ist schade, daß er sich in seiner Fraktion nicht stärker hat durchsetzen können.
({23})
Ich glaube, auf der anderen Seite ist sowohl er wie auch Herr Dr. Seebohm froh über die Initiative der Sozialdemokraten, die zwar nur etwas abgeschwächte Parallelinitiativen herbeigeführt hat, die es aber letzten Endes überhaupt erst möglich gemacht hat, daß sich das Parlament mit einer Ausweitung der Straßenbaufinanzierung befaßt. Der Verkehrsminister hat erstmalig seit langer Zeit ein paar Verbündete in diesem Haus. Ich hoffe für ihn, daß das - jedenfalls was die Straßenbaufinanzierung angeht - so bleibt. Der Finanzminister dagegen sollte mit sich zu Rate gehen. Das Feilschen um 200 Millionen DM mehr oder weniger, das offensichtlich vorangegangen ist, ehe die CDU/ CSU ihren Initiativgesetzentwurf eingebracht hat, ist nicht verständlich, wenn man auf der anderen Seite sieht, mit welcher Schnelligkeit und mit welcher Entschlußfreudigkeit weitreichende Entschlüsse auch im Finanzministerium mitgemacht worden sind. Ich denke an die kürzlich ausgesprochenen Bindungsermächtigungen für Milliarden und aber Milliarden für Rüstungsbeschaffungen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß jene Zeitung recht hatte, die am Sonnabend folgendes schrieb, was ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren darf: Die SPD habe sich zu einer in die Zukunft weisenden Konzeption in dieser Hinsicht durchgerungen, die CDU/CSU habe sich dazu nicht aufraffen können.
Dann heißt es weiter wörtlich:
Wir können uns durchaus vorstellen, daß der Abgeordnete Müller-Hermann und die ihm nahestehenden Fraktionskollegen sich nur schweren Herzens damit begnügt haben, ein Anlauf- und Überbrückungsprogramm vorzulegen, das letztlich alle grundsätzlichen Fragen offen läßt. Wenn sie es doch getan haben, dann nur aus der Erkenntnis heraus, daß die Mehr({24})
heit ihrer Fraktion an allen anderen Fragen mehr interessiert ist als am Straßenbau und an der Straßenfinanzierung und daß es ihnen deshalb niemals gelingen würde, für ein wirklich großzügiges Programm die nötige Gefolgschaft in ihrer Fraktion zu finden.
({25})
- Das ist die Zeitung „Verkehrswirtschaft" des Herrn Siller; die kennen Sie auch, die haben Sie doch auch abonniert, Herr Müller-Hermann, Nummer vom letzten Sonnabend.
Dann folgt noch etwas:
Es gibt ein paar eifrige „Geschäftsträger" - in der CDU-Fraktion -, die alles daransetzen, jede Maßnahme für den Straßenbau zu verhindern, weil sie darin nur eine Förderung des bösen Konkurrenten der Bundesbahn sehen. Das ist nichts Neues, sondern ein seit langem brennendes Geheimnis.
So schreiben diese Leute. Das kann ich mir nun allerdings nicht recht vorstellen, meine Damen und Herren. Es geht bei der Straßenbaufinanzierung wirklich nicht um die Frage Schiene oder Straße; denn beide sind krank, beide müssen gesund gemacht werden, sowohl die Eisenbahn als auch der Straßenverkehr, beide sind unsere Sorgenkinder.
Ich darf in dem Zusammenhang bekanntgeben, daß es in jüngster Zeit zwei Befragungen gegeben hat, die Allensbacher oder EMNID-Umfragen, wo ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung gefragt worden ist: Was ist Ihre größte Sorge? Eine dieser Umfragen hat die Sozialdemokratische Partei in Hannover veranlaßt. 82 % der Befragten haben als ersten Punkt Verkehrsunfälle genannt; man höre und staune: noch vor der Altersvorsorge. Es ist gerade in den Großstädten eine bedrängende Sorge und allgemein eine innenpolitische Frage ersten Ranges. Ich hoffe, daß Sie bereit sind, gemeinsam mit uns an einer Lösung zu arbeiten.
({26})
Das Wort zur Begründung der Drucksache 2737 ({0}) hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Müller-Hermann ({1}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie die heutige Debatte zeigt, ist die Stunde des Straßenbaus offensichtlich gekommen. In allen Fraktionen dieses Hauses hat sich die Einsicht durchgesetzt, daß der Straßenbau energisch vorangetrieben werden muß, nicht nur aus rein volkswirtschaftlichen Überlegungen, sondern auch um wirksam gegen den Moloch Unfalltod angehen zu können, der unsere deutschen Straßen teilweise zu einer Hölle zu machen droht.
Lange Zeit ist der Straßenbau bei uns als eine Art Konjunkturreserve angesehen worden, obwohl der Straßenbau heute nicht mehr lohnintensiv ist.
In einer immer mehr arbeitsteiligen Wirtschaft sind aber die Straßen im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Art Produktionsmittel geworden, und in einer gesamtvolkswirtschaftlichen Rechnung würden die Einsparungen von Zeit, Material und Arbeitskraft sowie die Beschleunigung und Verbilligung von Transportleistungen zweifellos eine ganz erhebliche Rolle spielen, die bisher nur niemand exakt und wissenschaftlich untersucht hat. Aus all diesen Erkenntnissen wird es eine neue Einstellung - auch bei uns im Parlament - zu den verkehrswirtschaftlichen Investitionen geben müssen.
In allererster Linie aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es um Menschenleben. Es ist schon von einem meiner Vorredner darauf hingewiesen worden, daß die Zahl der Unfalltoten in Deutschland von 7500 im Jahre 1951 auf 12 300 im Jahre 1955 angewachsen ist.
Aus meiner kürzlichen Studienreise durch die Vereinigten Staaten ist mir als ein besonders augenfälliges Beispiel in Erinnerung - die Zahl der Beispiele ließe sich aber beliebig vermehren -, daß in einer Stadt wie Los Angeles und dem engeren Umkreis eine doppelt so große Anzahl von Kraftfahrzeugen verkehrt wie im Lande Nordrhein-Westfalen, daß aber die Zahl der Unfalltoten im Lande Nordrhein-Westfalen sieben- bis achtmal so groß ist wie in diesem Bezirk.
({2})
Ich glaube, daß die heutige Unfallsituation von uns wirklich nicht mehr zu verantworten ist. In allererster Linie ist eine Verbesserung der Verkehrsgesinnung und der Verkehrserziehung nötig, und das ist unseres Erachtens nicht allein eine Aufgabe des Staates, sondern eine Aufgabe für alle, die guten Willens sind. Auf der andern Seite liegt die Aufgabe des Staates zweifellos darin, für ein verbessertes, sorgfältig ausgebautes Straßennetz Sorge zu tragen. Alles andere neben Straßenbau und -verbesserung und Verkehrserziehung scheint uns mehr
oder weniger ein Herumkurieren an Symptomen zu sein. Dazu gehört sicherlich auch der gesamte Fragenkomplex der Geschwindigkeitsbegrenzung, den wir in den Ausschüssen prüfen werden. Wir bedauern allerdings, daß uns die Bundesregierung hier nur den Vorschlag gemacht hat, ihr eine Vollmacht zu geben, anstatt uns konkrete Vorschläge zu machen, in welcher Form sie sich eine Geschwindigkeitsbegrenzung vorstellt.
Die Motorisierungswelle wird zweifellos in den nächsten Jahren weiter fortlaufen. Die Zahl der Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik ist von 2,5 Millionen Fahrzeugen im Jahre 1951 auf 5,1 Millionen Fahrzeuge im Jahre 1955 angestiegen. Dazu kommen etwa 15 Millionen Fahrräder mit und ohne Hilfsmotor. Wenn wir aber das Verhältnis der Zahl der Kraftfahrzeuge zur Zahl der Einwohner in der Bundesrepublik mit dem Verhältnis in vergleichbaren anderen europäischen Ländern vergleichen, so stellen wir fest, daß die Bundesrepublik immer noch erheblich unter dem Durchschnitt der anderen Länder liegt. In der Bundesrepublik sind 23 Personen je Kraftfahrzeug zu verzeichnen, in England sind es 12, in Frankreich 13 und in den Vereinigten Staaten 3 Personen je Kraftfahrzeug. Auch der Mineralölverbrauch läßt gewisse Vergleiche zu. Er beträgt in der Bundesrepublik etwa 186 kg je Kopf der Bevölkerung, in Frankreich 335 kg, in England 386 kg und in den Vereinigten Staaten 2250 kg je Kopf der Bevölkerung. Es gibt also gar keinen Zweifel, meine sehr verehrten Damen und Herren: eine staatspolitische Aufgabe erster Ordnung ist es, ein gewisses Gleichgewicht zwischen der Verkehrsentwicklung und dem für den Verkehr zur Verfügung stehenden Straßennetz herzustellen.
Ich habe vor einigen Monaten in einer öffentlichen Veranstaltung darauf hingewiesen, daß der nächste Bundesverkehrsminister ein Straßenbau({3})
minister sein muß. Nun, ich glaube, ich werde mich hier wahrscheinlich etwas revidieren müssen. Denn bereits der jetzige Bundesverkehrsminister scheint sich auch für einen Straßenbauminister zu halten und die Notwendigkeiten, die sich aus der Situation ergeben, eingesehen zu haben. Wir freuen uns, feststellen zu können, daß hier aus einem Saulus ein Paulus geworden ist. Es ist noch nicht lange her, da hörten wir aus dem Munde des Herrn Bundesverkehrsministers, daß die Motorisierung dem Straßennetz angepaßt werden müßte. Und im Jahre 1951 wurde vor der Forschungsgesellschaft für den Straßenbau in Hamburg verkündet, die ganzen Autobahnen seien eine einzige Fehlinvestition gewesen. Am 29. Juni 1954 war in einem Artikel, der durch eine Reihe von westdeutschen Zeitungen gegangen ist, zu lesen:
Eine verantwortungsbewußte Staatsführung kann es nicht zulassen, daß wertvolles Acker-und Gartenland für einen aufwendigen Straßenbau beansprucht wird.
({4})
Man soll eine Verkehrsteilung anstreben, die verhindert, daß in unangemessener Form Land für den Straßenbau enteignet und übergroße Kapitalien im Straßenbau investiert werden.
({5})
- Das sind Äußerungen des Herrn Bundesverkehrsministers.
({6})
Aber hier muß ich einmal gegenüber der Opposition feststellen: Es ist eine unrichtige Darstellung, wenn so getan wird, als ob in den letzten Jahren für den Straßenbau nichts geleistet worden wäre. Von den 225 Millionen DM, die im Jahre 1951 von seiten des Bundes für den Straßenbau eingesetzt wurden, sind wir in diesem Jahr zu einer Summe von etwa 720 Millionen DM gekommen. Das ist doch immerhin eine Leistungssteigerung, die auch hier einmal vermerkt werden muß. Das ändert nichts daran, daß noch mehr als bisher getan werden muß. Denn bisher sind kaum neue Straßen geschaffen worden, sondern die Aufgabe des Straßenbaus hat mehr oder weniger darin bestanden, die Kriegsschäden zu beseitigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich auf die Begründung unseres CDU/CSU-Entwurfs eingehe, darf ich mir erlauben, einige Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Schmidt und zu dem Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion zu machen. Man hat beim ersten Durchlesen so etwas den Eindruck, es handele sich hier nicht zuletzt um eine Art von Wahlplakat, und mir scheint, Geschenke vor den Wahlen, ,die ausschließlich auf die Wahlen abgestellt sind, haben eine tödliche Wirkung auf unser demokratisches Staatssystem.
({7})
- Ja, warum denn nicht? Ich stelle doch nur Tatsachen fest.
Gestatten Sie eine Frage?
Herr Kollege Müller-Hermann, können Sie sich vorstellen, daß wir diesen Gesetzentwurf gerade deshalb so abgefaßt und vorgelegt haben, weil wir uns vorstellen, daß wir heute in zehn Monaten ganz entscheidend an seiner Verwirklichung beteiligt sein werden?
({0})
Müller-Hermann ({1}), Antragsteller: Wir wollen es abwarten, Herr Kollege Schmidt. - Aber lassen Sie mich Ihnen zunächst einmal folgendes sagen. Sie verlangen die sofortige Zweckbindung aller vom Kraftverkehr aufgebrachten Steuern. Dabei müssen Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ebensogut im klaren sein wie wir, daß Sie mit dieser sofortigen Zweckbindung eine Fülle von Rechtsproblemen auslösen,
({2})
von finanzpolitischen Problemen, die den Länderfinanzausgleich betreffen, von Problemen, die die Zuständigkeiten nach dem Grundgesetz berühren, und daß Sie letzten Endes hier eine Überbeanspruchung des Bundes fordern, die Sie unter keinen Umständen vertreten würden, wenn ein Herr der SPD Bundesfinanzminister wäre.
({3})
Wenn in diesem Jahr im Bundeshaushalt für den Straßenbau etwa 720 Millionen DM bereitgestellt werden und nach Ihrem Gesetzesvorschlag für das Jahr 1957 ein Betrag von 1,5 Milliarden DM verlangt wird, also mehr als die Verdoppelung des heutigen Betrags, dann müssen Sie selber zugeben, daß das eine Beanspruchung des Bundes herausfordert, die kein Mensch unter uns verantworten könnte.
({4})
- Das ist eine zu simple Formel, Herr Schmidt!
({5})
Glauben Sie mir, wenn Sie in der Regierung wären, würden Sie nicht anders argumentieren, als ich es hier Ihnen gegenüber tue.
({6})
Ich habe, ich mache gar keinen Hehl daraus, selber die Zweckbindung der vom Kraftverkehr aufgebrachten Steuern als ein wünschenswertes Fernziel dargestellt. Wir vertreten die Auffassung, daß man vielleicht eines Tages auch über den von Ihnen, von der SPD vorgebrachten Gedanken wird diskutieren können, daß es aber hieße, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun, wenn man ohne eine Übergangsperiode, ohne eine Vorbereitungszeit, einen solchen Vorschlag von heute auf morgen verwirklichen würde.
Wir bedauern in unserer Fraktion außerordentlich, daß zu dem ganzen Thema Straßenbau kein konkreter Vorschlag der Bundesregierung vorliegt. Wir hätten gern darauf verzichtet, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, wenn ein entsprechender Vorschlag der Regierung vorhanden gewesen wäre. Wir haben am 23. März 1955 bei der Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 in diesem Hause einstimmig die Bitte an die Bundesregierung herangetragen, einen Zehnjahres({7})
Straßenbauplan zu erarbeiten und dem Parlament vorzulegen. Wir bedauern, daß, wie wir gehört haben, ein solches Zehnjahres-Bauprogramm zwar bestehen soll und der Herr Bundesverkehrsminister damit durch die Lande reist, daß aber wir, das Parlament, dieses Straßenbauprogramm bisher nicht vorgelegt bekommen haben. Im Gegenteil, der Herr Bundesverkehrsminister hat es für richtig gehalten, vor der Verkehrssicherheitskonferenz am 14. März dieses Jahres und danach bei anderen Gelegenheiten dieses Programm in allen Einzelheiten zu entwickeln. Für uns ist dieses Zehnjahresprogramm bisher einfach nicht existent, und aus diesem Grunde haben wir es bisher nicht in unserem Gesetzentwurf verankert, obwohl man darüber durchaus sprechen könnte. Uns interessiert in diesem Punkt die Meinung des Kabinetts, nicht die eines Fachministers.
Es gibt gar keinen Zweifel, daß dieses Zehnjahresprogramm, soweit es uns bisher bekanntgeworden ist, eine außerordentliche Fleißarbeit darstellt, eine Arbeit der Techniker und Ingenieure, für die die Erarbeiter dieses Programms zweifellos ein großes Lob verdienen. Auf dem Straßentag in Bad Godesberg ist vom Herrn Bundesverkehrsminister erklärt worden, daß er dieses Programm zwar erarbeitet habe, daß er sich aber für die Finanzierung nicht zuständig fühle. Wir sind jedoch der Auffassung, daß es weder für eine Fraktion dieses Hauses noch für einen Minister vertretbar ist, der Öffentlichkeit ein Programm zu übergeben, mit dem nicht auch zugleich eine Finanzierungsbasis verbunden wird. Alles andere ist zunächst einmal Utopie. Unser CDU-Gesetzentwurf ist kein Hindernis für ein langfristiges Straßenbauprogramm. Wir machen jedoch in unseren Reihen kein Hehl daraus, daß wir gewisse Bedenken dagegen haben, heute ein Programm für zehn Jahre gesetzlich zu verankern, da sich sicherlich manche Entwicklung noch nicht auf so lange Zeit bis ins letzte Detail übersehen läßt und wir auch Hoffnungen für die Wiedervereinigung haben, die wahrscheinlich ganz andere Anforderungen an den Straßenbau stellen würde, als sie in diesem Zehnjahresplan enthalten sind.
Nun aber auch noch ein Wort an die Adresse des Herrn Bundesfinanzministers. Herr Kollege Schmidt war so freundlich, zu unterstellen, daß dieser Gesetzentwurf aus unseren Reihen letzten Endes ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministers sei. Ich hoffe, Herr Staatssekretär Hartmann, daß Ihnen das besonders gut eingeht, obwohl unsere Meinungen sicherlich nur sehr schwer auf einen Nenner zu bringen sind; denn das Bundesfinanzministerium befindet sich ja in der sehr schwierigen Aufgabe, eine Fülle von zusätzlichen Anforderungen mit dem tatsächlichen Anwachsen des Steueraufkommens auf einen Nenner zu bringen.
Auf der anderen Seite, meine sehr verehrten Damen und Herren, besteht kein Zweifel, daß es nach dem Zusammenbruch und nach der Währungsreform wichtigere Staatsaufgaben gegeben hat als den Straßenbau. Es ging zunächst einmal darum, jedem ein Dach über dem Kopf zu schaffen und das Allernotwendigste für die Versorgung der Ärmsten und der Vertriebenen zu beschaffen. Selbstverständlich kann das Zurückstellen des Straßenbaus aber nicht zu einem Dauerzustand werden. Es kommt dazu, daß wir mit dem Verkehrsfinanzgesetz, das wir im vergangenen Jahre verabschiedet haben, eine Argumentation sowohl von seiten der Regierung als auch von seiten des ganzen Parlaments gebraucht haben, die nun logische Konsequenzen erfordert. Wir haben verlangt, daß zur Herstellung gleicher Startbedingungen für die Verkehrsträger Schiene und Straße diese beide ihren Fahrweg unterhalten müssen. Das bedeutet in der Umkehrung aber auch, daß zumindest annähernd die vom Kraftverkehr aufgebrachten Steuern für die Unterhaltung der Fahrbahnen verwandt werden. Wenn daher jetzt da oder dort der Versuch gemacht wird, neue Steuern für die Durchsetzung eines Straßenbaufinanzierungsprogramms in die Debatte zu werfen, so müssen wir dem von seiten der CDU/CSU-Fraktion von vornherein ein energisches Nein entgegensetzen. Meine Damen und Herren, wir können in einer Zeit, in der wir alle um eine Stabilisierung der Preise ringen, unter keinen Umständen mit neuen Steuern an die Öffentlichkeit treten.
({8})
Wir müssen bei der Verabschiedung des Haushalts in diesem Parlament, aber auch vom Bundesfinanzminister erwarten, daß eine allmähliche Verlagerung der Ausgaben zugunsten des Straßenbaus in einer Weise erfolgt, die das Mögliche mit dem Notwendigen in Einklang bringt.
Der Gesetzentwurf der CDU ist in diesem Sinne ein Vorschlag des gesunden Menschenverstandes. Er klammert bewußt alle hier gerade auch durch die Kollegen Schmidt und Elbrächter aufgeworfenen Streitfragen aus: die Streitfragen der Zweckbindung, des Sondervermögens, des Finanzausgleichs, der Baulast-Neuverteilung. Es besteht die Gefahr, daß gerade im Zusammenhang mit der Zweckbindung durch den Streit um Theorien und durch das Ausspielen von Schlagworten die Möglichkeiten verbaut werden, die wir haben, schnellstens zu einer Abhilfe bei einem Notstand zu kommen. Ich möchte auch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Zweckbindung unter Umständen gerade für den Straßenbau sehr gefährlich und nachteilig werden kann. Wichtig ist, daß wir Geld zur Verfügung haben. Da können wir nicht zaubern, da müssen wir sehen, welche haushaltsrechtlichen Möglichkeiten sich ergeben. Anstatt mit dem Streit um wohlklingende Theorien und Argumente Zeit zu vergeuden, wollen wir mit dem Straßenbau sofort anfangen, und zwar wünschen wir, daß als Maßstab für die Mittelbereitstellung nicht ausschließlich die Haushaltssituation herangezogen wird, sondern eben auch die Entwicklung unseres Verkehrswesens. Aus all diesen Gründen haben wir uns in unserem Gesetzentwurf auf die Sicherung bestimmter wachsender Finanzierungsbeträge für einen Zeitraum von drei Jahren beschränkt. Nach einer vorsichtigen Schätzung des Aufkommens aus der Mineralölsteuer werden im Jahre 1957 1,4 Milliarden DM, 1958 1,5 Milliarden DM und 1959 1,6 Milliarden DM vom Kraftverkehr aufgebracht werden. Nach unserem Gesetzentwurf, der für das nächste Jahr 1,1, für das übernächste 1,35 und für 1959 1,6 Milliarden DM als Mittel des Bundes für den Straßenbau vorsieht, würde also im dritten Jahr praktisch das Mineralölsteueraufkommen aus dem Kraftverkehr erreicht werden. Wir sprechen nicht von einer Zweckbindung, wir kommen aber dem Gedanken der Zweckbindung in der Praxis nahe.
Gehen wir über zu dem Vorschlag der SPD! Nach den mit Hilfe des Zahlenmaterials des Bun({9})
desfinanzministeriums angestellten Berechnungen würden nach Ihrem Vorschlag, Herr Kollege Schmidt, im Jahre 1957 vom Bund 1,54, 1958 1,67 und 1959 genau 1,78 Milliarden DM für den Straßenbau zur Verfügung gestellt werden. Das hieße mit anderen Worten: ein Vergleich zwischen Ihrem und unserem Gesetzentwurf bedeutet im dritten Jahr etwa eine Differenz von 150 bis äußerstenfalls 200 Millionen DM für den Straßenbau.
({10})
- Bitte!
Was Sie eben sagen, ist in der Tendenz sicherlich richtig. Aber sind Sie sich darüber klar, daß es sich auch noch um einen prinzipiellen Unterschied insofern handelt, als wir nämlich durch Gesetz herbeiführen wollen, daß die Länder und die Gemeinden ihre Zuweisung bekommen, während Sie das nur auf dem Freundschaftswege, auf dem Wege der Gnade von Fall zu Fall tun wollen? Das ist also ein prinzipieller Unterschied, selbst wenn Sie sich auf die Dauer gesehen der Zweckbindung nicht verschließen und durch Ihre Finanzzahlen, die Sie eingesetzt haben, den Weg dahin bereiten wollen, wie Sie soeben angedeutet haben.
Müller-Hermann ({0}), Antragsteller: Für uns ist auch die Frage der Zuweisung an die anderen Baulastträger nicht eine Frage der Gnade oder des guten Willens allein, sondern der Vernunft. Es ist vielleicht wichtig, hier noch einmal gerade auch gegenüber den Argumenten der Opposition zu unterstreichen, daß unser Gesetzentwurf in der Praxis - und darauf kommt es doch ausschließlich an - gegenüber 1954 im dritten Jahr eine Verfünffachung der für den Straßenbau bereitgestellten Mittel und gegenüber 1956 eine über das Doppelte hinausgehende Bereitstellung von Mitteln bedeutet. Das heißt mit anderen Worten, daß, nachdem jahrelang Kriegsschädenbeseitigung betrieben werden mußte, jetzt in wesentlichem Umfang zusätzliches Straßenbauvolumen geschaffen werden kann.
Wenn wir zu diesem Dreijahres-Vorschlag mit wachsenden Beträgen gekommen sind, dann nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Engpaß bei der Planung der Straßenbauverwaltungen. Wir haben leider feststellen müssen, daß die im letzten Haushaltsjahr zur Verfügung stehenden Straßenbaumittel nicht voll haben verbaut werden können, und wir wollen abwarten, allerdings voller Hoffnung, daß die in diesem Jahr zur Verfügung gestellten Straßenbaumittel auch wirklich voll ihrem Verwendungszweck zugeführt werden. Das hängt aber im wesentlichen von den Planungen ab, die offensichtlich nicht so weit vorangetrieben sind, daß mehr als das, was wir für das nächste Haushaltsjahr vorgesehen haben, nämlich 1,1 Milliarden DM, wirklich verkraftet werden kann. Wenn wir von der Planung und der Arbeit der Straßenbauverwaltungen sprechen, so wollen wir hoffen, daß diese nicht nur personell, sondern auch qualitativ noch weiter ausgebaut und verstärkt werden.
Ich möchte nur darauf hinweisen, daß z. B. zwischen Wandersmann und dem Frankfurter Flughafen vor drei Jahren eine Strecke von 30 km Autobahn gebaut worden ist, bei der bedauerlicherweise bereits heute eine völlige Deckenerneuerung notwendig ist. Solche Dinge dürfen natürlich nicht wieder vorkommen, und wir wollen hoffen, daß darauf auch von seiten des Bundesverkehrsministeriums und der Straßenbauverwaltungen der Länder geachtet wird.
Mir ist zu Ohren gekommen, im Bundesverkehrsministerium werde heftig Kritik daran geübt, daß unser Gesetzentwurf sich auf einen Zeitraum von drei Jahren beschränkt und nicht zumindest einen Zeitraum von vier Jahren überbrückt. Uns kommt es bei unserem Gesetzentwurf zunächst einmal auf die Sicherung einer Anlauffinanzierung an. Wir stellen uns dabei vor, daß man, ohne ein Zehnjahresprogramm oder eine andere langfristige Planung unberücksichtigt zu lassen, etwa in einem Vierjahresrhythmus, also für einen überschaubaren Zeitraum, Mittel langfristig bereitstellt, und zwar, wie wir hoffen und wünschen, unabhängig von Zeit- und Wahldruck. Deshalb haben wir in diesem Gesetzentwurf diesen Dreijahreszeitraum gewählt. Auf diese Weise kann der nächste Bundestag in der Mitte seiner Legislaturperiode und nicht wieder unter dem Druck des letzten Arbeitsjahres eine gut vorbereitete, wahlbedachte und dann sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Planung verabschieden.
Zum Abschluß noch ein Wort zu dem Thema der schwächeren Baulastträger, über das sich auch Herr Kollege Schmidt ausgelassen hat. Den schwächeren Baulastträgern gilt zweifellos unsere ganz besondere Sorge. Es wurde darauf hingewiesen, daß sich 80 % aller Verkehrsunfälle in den geschlossenen Ortschaften abspielen. Ich darf mir erlauben, hinzuzufügen, daß von den 9 Milliarden DM, die seit der Währungsreform für den Straßenbau verausgabt worden sind, zwei Drittel von den Städten und Stadtstaaten aufgebracht wurden. Das sind immense Leistungen, die zwangsläufig auch zu einer schweren Verschuldung der Gemeinden und Städte geführt haben. Dabei sind die Zukunftsaufgaben bei den schwachen Baulastträgern und in den Städten besonders groß, nicht nur wegen des Durchgangsverkehrs, sondern auch wegen des innerstädtischen Verkehrs und wegen der Notwendigkeit, die verschiedenen Verkehrsarten zu trennen. Ich denke hier gerade auch an den Bau von Radfahrwegen.
Wir werden uns in den zuständigen Ausschüssen sehr sorgfältig - auch unter Anhörung von Sachverständigen aus den verschiedenen Gruppen der Baulastträger - mit dem Problem beschäftigen müssen, wo nun tatsächlich, relativ gesehen, ein größerer Finanzbedarf vorliegt, bei den kleineren Gemeinden oder bei den Großstädten, die zweifellos zum Teil noch erheblich größere Verkehrsprobleme zu bewältigen haben als die kleinen Gemeinden. Wir werden uns auch mit dem Problem beschäftigen müssen, ob es zweckmäßig ist, bei Gemeinden bis zu 20 000 Einwohnern die Ortsdurchfahrten grundsätzlich auf den Bund zu übernehmen. Wir sind der Meinung, daß diese Dinge durch eingehende Prüfung geklärt werden müssen. Unser Gesetzentwurf beschränkt sich deshalb zunächst darauf, zu sagen, daß von den von uns insgesamt zur Verfügung gestellten Mitteln bis zu 20 % an die schwächeren Baulastträger zur Verteilung kommen. Dabei ist es notwendig, darauf hinzuweisen, daß heute bereits etwa 13 % der Straßenmittel des Bundes an diese Baulastträger überführt werden.
Zusammenfassend darf ich noch einmal betonen: Der CDU/CSU-Gesetzentwurf zur Straßenbaufinanzierung ist bewußt sehr konkret und konstruktiv gehalten. Vor allen Dingen ist er, wie wir
({1})
meinen, auch finanzpolitisch in jeder Beziehung realisierbar, sofort realisierbar. Wir haben uns ganz bewußt davor gehütet, in die laute und bequeme und vielleicht auch sehr populäre Forderung des „Alles oder Nichts" einzufallen. Unser Vorschlag bewegt sich auf einer gesunden Mittellinie, die das Notwendige mit dem Möglichen auf einen Nenner bringt und die für einen überschaubaren Zeitraum dem Straßenbau sehr kräftige Impulse zuführt, ohne ein langfristiges Programm unmöglich zu machen oder gar aus den Augen zu verlieren. Unser Vorschlag ist von der Verantwortung für das Ganze getragen und räumt dem Straßenbau endlich den Platz in unserem Bundeshaushalt ein, der ihm angesichts seiner eigenen Bedeutung, aber auch angesichts anderer, nicht minder wichtiger Staatsaufgaben zukommt. Die Öffentlichkeit kann davon überzeugt sein: Unsere Fraktion wird dafür sorgen, daß noch dieser Bundestag an einen großzügigen Ausbau unseres Straßennetzes herangeht, der - die verkehrspolitische Entwicklung der nächsten 15 bis 20 Jahre vorausschauend - sowohl den volkswirtschaftlichen Bedürfnissen als auch dem berechtigten Anliegen aller unserer Staatsbürger nach Sicherheit auf den Straßen gerecht wird. Unser Gesetzentwurf soll dafür einen Grundstein legen.
({2})
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründungen jetzt gehört. Ich eröffne die Aussprache, die ja über alle vorgelegten Anträge gemeinsam geführt werden soll, und erteile dem Herrn Bundesverkehrsminister das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, mir zu gestatten, nicht nur auf die soeben begründeten vier Anträge einzeln einzugehen, sondern auch zu den Anliegen Stellung zu nehmen, die all diesen Anträgen gemeinsam sind. Allen Anträgen liegt die Tatsache zugrunde, daß vor einigen Monaten mit Billigung des Herrn Bundeskanzlers der deutschen Öffentlichkeit ein Zehnjahresplan für den Straßenbau anläßlich der Straßenverkehrssicherheitskonferenz vorgetragen worden ist. Mit Recht verlangt die Fraktion der SPD gemäß der Entschließung des Hohen Hauses vom 23. März 1955 nun die Zuleitung des Planes an den Deutschen Bundestag. Der Antrag Drucksache 2706 könnte daher, wie von Herrn Kollegen Schmidt dargelegt, ohne Ausschußberatung von dem Hohen Hause sofort angenommen werden.
Der Straßenbauplan hat zu seiner Entstehung eine sehr viel längere Zeit angestrengtester Arbeit in Bund, Ländern und Gemeinden erfordert, als im März 1955 erwartet wurde. Es war bekannt, daß die Arbeiten für diesen Plan schon Jahre vorher - genau: im Jahre 1952 - auf meine Veranlassung begonnen und seitdem intensiv verfolgt worden sind. Es ist weit mehr als eine „Fleißarbeit", wie dieser Plan öffentlich bezeichnet wurde. Zu diesem Ausdruck darf ich bemerken, daß man bei uns ,,Fleißarbeit" das nennt, was im Norden Deutschlands gewöhnlich als „Strafarbeit" bezeichnet wird. Einer solchen Kennzeichnung möchte ich in Anbetracht so vieler Mitarbeiter, deren fleißiger und kenntnisreicher Arbeit dieser Plan seine Entstehung verdankt, doch ausdrücklich entgegentreten.
Es ist heute nicht die Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen diesen Plan im einzelnen darzulegen und zu begründen. Aber ich habe doch den Wunsch, Ihnen einen Gesamtüberblick zu geben, damit Sie für die Beurteilung des Antrags der Fraktion der SPD in großen Zügen über Entstehung und Inhalt des Planes unterrichtet sind.
Dieser Plan enthält alle Vorschläge und die Kosten, die vom bau- und verkehrstechnischen Standpunkt aus notwendigerweise aufzuwenden sind, um die Bundesfernstraßen und die Bundesautobahnen in einer ersten großen Anstrengung auszubauen und für den Straßenverkehr, so wie er heute ist und so wie er sich voraussichtlich in den kommenden zwanzig Jahren entwickeln wird, zu ergänzen. Jedes Straßenbauamt hat seinem Land und jedes Land hat dem Bundesminister für Verkehr angegeben und kartographisch dargestellt, welche Maßnahmen nach Art, Umfang, örtlicher Lage und zeitlichem Ablauf im Sinne dieser Zielsetzung innerhalb des gesetzten Zeitraums durchgeführt werden müssen.
Zunächst ist die Längenbegrenzung festgelegt und ausreichend abgestimmt worden, und zwar mit der Maßgabe, daß alle großen Orte und Wirtschaftsgebiete bis an die Grenzen der Bundesrepublik - insbesondere auch bis an die Zonengrenze - mittels durchgehender Straßenzüge in ausreichendem Bauzustand miteinander verbunden sein sollen. Zu diesem zusammenhängenden Netz sollten grundsätzlich alle Straßen gehören, die nach den Ergebnissen der dazu 1952 und 1953 durchgeführten Verkehrszählung den größten Verkehr aufwiesen, und zwar damals mehr als durchschnittlich 1500 Fahrzeugeinheiten in 24 Stunden. Dieser Maßstab ist bewußt in der Erkenntnis gewählt, daß der Durchschnitt natürlich nicht die Spitzenleistung erfaßt, die jede Straße an bestimmten Tagesstunden und an bestimmten Kalendertagen bewältigen muß. Selbstverständlich ist bedacht, daß der Verkehr seit 1952 bis heute um etwa die Hälfte zugenommen hat und sich in 20 Jahren, also bis 1975/ 76, verdoppeln, vielleicht sogar verdreifachen wird. Diese Realitäten mußten bei der Planung berücksichtigt werden, sonst wäre sie nicht sinnvoll. Jedenfalls kann man dieses Verfahren, das bis 1975/ 76 mindestens mit einer Verdoppelung rechnet, nicht als utopisch oder als übertrieben bezeichnen.
Das auf diese Weise abgesteckte Netz haben wir das Grundnetz der Bundesstraßen genannt. Es umfaßt knapp 49 % der Gesamtlänge der Bundesstraßen. Davon sind 76 %, also etwa drei Viertel, ausbaubedürftig. Die übrigen 25 % des Grundnetzes oder ein Achtel aller Bundesstraßen entsprechen bereits den für die nächsten 10 bis 20 Jahre zu stellenden Anforderungen. Um den Verkehr möglichst weitgehend zu entmischen, sollen 5500 km Bundesstraßen im ersten Abschnitt mit Moped-RadfahrWegen ausgestattet werden, da sowohl Mopeds wie Fahrräder aus dem allgemeinen Verkehr weitgehend herausgenommen werden sollten.
Entsprechend der vorhandenen und der erwarteten künftigen Verkehrsdichte ist weiterhin bestimmt worden, welche Kapazität und damit welche Breite die einzelnen Straßenzüge auf ihren Strekkenabschnitten aufweisen müssen. Dazu wurden Richtquerschnitte festgelegt, die bei der Kostenermittlung zugrunde gelegt worden sind. So ist der Plan nach Breitenklassen differenziert, also nicht etwa auf eine einheitliche Breite berechnet wor({0})
den. Daß bei der späteren Ausführung im Einzelfall je nach den geographischen, topographischen oder sich etwa verändernden wirtschaftlichen Bedingungen des betreffenden Gebietes eine örtliche Anpassung zu erfolgen hat, ist selbstverständlich.
Die Länderbehörden und meine Mitarbeiter haben weiter untersucht, welche Deckenarten - wie z. B. Blaupflaster oder Rutschasphalt -, welche frostgefährdeten Abschnitte und welche schienengleichen Bahnübergänge und ähnliche Hindernisse beseitigt werden müssen, bei welchen Ortschaften Umgehungen anzulegen oder Durchfahrten auszubauen sind, wie viele Brücken eines Neu-, Umoder Ausbaues bedürfen usw. Schließlich ist, wie ich schon erwähnte, der Bau von Radfahr- und Mopedwegen eingeplant worden, da die vorsorgliche Scheidung der Verkehrsarten als wirksamstes Mittel der Unfallbekämpfung uns sehr wesentlich erscheint.
Wir sind in der Lage, tabellarisch anzugeben, wie viele derartige Objekte in jeder einzelnen Bundesstraße, die zu dem Grundnetz gehört, geplant sind und welche Kosten insgesamt und artgemäß im einzelnen zu heutigen Preisen voraussichtlich entstehen werden.
Der notwendige Gesamtaufwand für alle Baumaßnahmen an Bundesstraßen, die ich bisher genannt habe, beträgt rund 9,5 Milliarden DM, davon allein für den Bau von 1114 Ortsumgehungen rund 3,4 Milliarden DM. Außer diesen Maßnahmen umfaßt der Zehnjahresplan zu heutigen Preisen 1,03 Milliarden DM für die Erweiterung des Netzes, also für den völligen Neubau von Bundesstraßen, die als Ergänzungsstrecken, ohne daß sie als Autobahnen gestaltet werden müßten, erforderlich sind. Es handelt sich dabei um rund 1050 km neue Bundesstraßen. Bei einem Plan, der sich auf Bundesseite auf insgesamt 22,4 Milliarden DM beläuft, erfordert somit der Ausbau der zum Straßengrundnetz gehörenden Bundesstraßen 10,55 Milliarden DM. Der Ausbau der restlichen 51 % des Bundesstraßennetzes, also der vom Verkehr weniger beanspruchten Straßen, ist bei der erforderlichen Beschränkung, die für' den Plan gegeben ist, auf einen späteren Zeitabschnitt zurückgestellt.
Diese Tatsache zeigt Ihnen schon, daß man an den Plan konstruktiv mit räumlichen Kürzungswünschen nicht herantreten kann: denn dieses Straßengrundnetz ist bereits auf das unbedingt notwendige Maß zugeschnitten.
An Autobahnen - einschließlich der schon im Verkehrsfinanzgesetz 1955 enthaltenen 600 km, die wir als die erste Baustufe betrachten - müssen insgesamt 1990 km erstellt werden, die zu heutigen Preisen 5,5 Milliarden DM erfordern.
Der Zehnjahresplan geht - darin muß ich den verehrten Herrn Kollegen Schmidt berichtigen - insoweit aber auch auf den Bedarf der Gemeinden an Straßen ein, als es sich um die Straßen des überörtlichen Bedarfs handelt. Das aber sind gerade die Engpässe in den Gemeinden, und hier ereignet sich - zahlenmäßig, glücklicherweise nicht schweremäßig - die überwiegende Mehrheit der Unfälle. Für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen in Orten mit mehr als 9000 Einwohnern, für die der Bund bisher keine Baulastverpflichtungen hat, sind in dem Zeitabschnitt des Planes zunächst 3 Milliarden DM eingesetzt. Die Übernahme der Nebenkosten bei diesen Straßen für Nahverkehrsmittel, für Bürgersteige, für das Leitungsnetz usw., die die Gemeinden weiterhin selbst werden aufbringen müssen, steigern den innerstädtischen Bauaufwand für diese überörtlichen Straßen in diesem Abschnitt auf rund 5 Milliarden DM.
Mit diesen Mitteln kann daher nur die Hälfte der schon heute erforderlichen Baumaßnahmen der Städte im Bereich ihres überörtlichen Verkehrs durchgeführt werden. Lassen Sie mich bitte dazu unterstreichen, daß nur die Ausdehnung der Baulast des Bundes auf alle im Zuge von Bundesstraßen liegenden innerstädtischen Straßen in dem vorgeschlagenen Umfang geeignet ist, dieses in seiner Schwere nur noch mit der steigenden Verschmutzung unserer Wasserläufe vergleichbare Problem in absehbarer Zeit zu lösen. Dabei ist selbstverständlich und schon durch die Kostenbeteiligung gesichert, daß die Planung und Bauüberwachung den Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung verbleibt.
Bei Ortschaften bis 20 000, ja, bis 50 000 Einwohner ist die Baulastfrage kein Problem; denn hier hilft uns nur die Ausführung einer anbaufreien Ortsumgehung, die schon nach heutigem Recht vom Bund zu finanzieren und zu erstellen ist. Aber bei größeren Gemeinden überwiegt der Ziel- und Quellverkehr den Durchgangsverkehr in steigendem Maße, so daß von 100 000 Einwohnern ab nur noch in seltenen Fällen die Ortsumgehung hilft, dagegen hinreichend nur die neuzeitlich, zum Teil in mehreren Ebenen zu gestaltende Ortsdurchfahrt den innerstädtischen Verkehr wirksam zu entlasten vermag.
Ich muß die Frage der Notwendigkeit der Straßenbaufinanzierung unserer Großstädte, über die ich, wie hier schon erwähnt wurde, am 19. September auf der Straßenbautagung der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen gesprochen habe, besonders herausstellen. Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat dies in einer vor wenigen Tagen gefaßten Entschließung ebenfalls getan. Wir alle wissen, wo der Verkehr am dichtesten, am schwierigsten und am gefahrvollsten ist! Wir wissen, wo die größten und meisten Hindernisse für den Verkehr bestehen und wo im Zusammenhang mit schwierigen Eigentumsverhältnissen und hohen Grundstückspreisen oder zusätzlich notwendig werdenden Ersatzbauten die erheblichsten Kosten, vor allem bezogen auf die Einheit der Straßenfläche, beim Straßenbau aufzuwenden sind. Es ist daher eine logische Folgerung, daß zur Bewältigung dieser Probleme des Straßenbaues in unseren Städten besonders große Anstrengungen gemacht werden müssen, und zwar nach meiner Auffassung vom Bund. Ich unterstreiche nochmals dies „müssen"; denn es ist erwiesen und jederzeit neu erweisbar, daß die mittleren und großen Gemeinden nicht in der Lage sind, diese Aufgaben finanzwirtschaftlich selbst, ohne Unterstützung von oben her, zu meistern, insbesondere nicht in den Brennpunkten ihres Verkehrs. Dabei sind es die Städte, in denen die spezifischen Abgaben des Kraftverkehrs hauptsächlich zusammenfließen, ohne daß sie sie selbst verbrauchen dürfen.
Je mehr man sich in die Problematik dieser Zusammenhänge vertieft, um so klarer muß man erkennen, daß das Verhältnis der Einnahmen aus den Sonderabgaben des Kraftverkehrs zu der heute geübten Art der Baulastverteilung überholt ist und daher durch eine bessere Regelung ersetzt werden muß.
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Im Rechnungsjahre 1954 haben die kreisfreien Städte 224 Millionen DM für Neu- und Ersatzinvestitionen ausgegeben, davon knapp 34 Millionen DM für die noch immer nicht abgeschlossene Beseitigung von Kriegsschäden, insbesondere an Brücken. Das Geld dazu haben sie auschließlich von fremder Seite bezogen, nämlich 88 Millionen DM aus Gebühren, in der Hauptsache Anliegerbeiträgen, 90 Millionen DM aus Krediten, also Schulden, 16 Millionen DM aus Darlehen von Bund und Ländern und 26 Millionen DM aus Zuschüssen von Bund und Ländern, insgesamt rund 220 Millionen DM. Das Rechnungsjahr 1953 gibt bei insgesamt 195 Millionen DM das gleiche Bild. Das sind sichere amtliche Zahlen, die jeder sich aus der Finanzstatistik zusammenstellen oder die er dort nachprüfen kann.
Die Frage, ob denn die Groß- und Mittelstädte ihre eigenen Steuereinnahmen - vornehmlich aus der Gewerbe-, der Lohnsummen- und der Grundsteuer - nicht in ihren Straßen investieren, läßt sich mit dem Hinweis beantworten, daß sie 1954 noch mehr als die eben genannte Summe für Unterhaltung, Verwaltung und den Schuldendienst ihrer Straßen, nämlich insgesamt 287 Millionen DM verwendet haben. Sehr zweifelhaft wird uns allen sein, ob durch diese mehr als 500 Millionen DM für innerstädtische Straßen der tatsächlich vorliegende Bedarf gedeckt wird. Ich glaube, wir müssen das verneinen. Dann aber scheint es mir festzustehen, daß die eigene Kraft der Städte nicht ausreicht und in Zukunft immer weniger ausreichen wird, das städtische Straßensystem wesentlich zu verbessern. Dazu sind nach Angaben des Deutschen Städtetages neben den rund 10 bis 12 Milliarden DM, die für das den überörtlichen Interessen dienende Netz der städtischen Straßen benötigt werden, weitere 10 Milliarden DM erforderlich.
Wenn nun im Zehnjahresplan vorgeschlagen wird, daß der Bund jährlich 300 Millionen DM für die überörtlich wichtigen Straßen unserer Städte bereitstellen möge, so ist das keineswegs übertrieben. Die Rechtsgrundlage dazu kann verhältnismäßig einfach durch eine Änderung und Ergänzung des § 5 des Bundesfernstraßengesetzes vom 6. August 1953 hergestellt werden. Durch diese Änderung entfällt für die Zukunft der formalistische Einwand, dem Bund obliege keine Baulast für die Ortsdurchfahrten seiner Straßen in Orten über 9000 Einwohner und überhaupt grundsätzlich keine Sorge für die Gemeinden. Bei aller sachlichen Abwägung von Recht und Lebensnotwendigkeit kann ich diese Einstellung zu Tatsachen, die sich aus der in unserem Jahrhundert durch die technische Entwicklung gründlich veränderten Lebensweise zwangsläufig ergeben haben, nicht teilen. Was 1953 nicht erreicht werden konnte, muß jetzt nachgeholt werden.
Ich begrüße daher aufrichtig die Initiative, die zu dieser Frage der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei entwickelt. Der Deutsche Städtetag sagt zu diesem Problem in seiner Entschließung vom 20. Oktober 1956:
Der Deutsche Städtetag hat schon nach seiner Hauptversammlung am 10. und 11. Juni 1955 in Frankfurt am Main auf die großen Gefahren des ständig wachsenden Verkehrs für das Leben und die Gesundheit der Bewohner unserer Städte hingewiesen. Er hat festgestellt, daß diesen Gefahren keinesfalls allein dadurch begegnet werden kann, daß die Autobahnen und die Fernverkehrsstraßen besser und schneller ausgebaut werden; denn die schlimmsten Verkehrszustände haben sich auf den innerstädtischen Straßen und Plätzen entwickelt, die dem überörtlichen Verkehr dienen. Hier - auf diesen dem überörtlichen Verkehr dienenden Straßen ereignen sich über 80 % aller Verkehrsunfälle. Die deutschen Gemeinden, deren Straßennetz überwiegend durch den Kraftverkehr beansprucht und abgenutzt wird, sind an dem Aufkommen der aus dem Kraftverkehr fließenden öffentlichen Einnahmen praktisch nicht beteiligt. Sie haben trotzdem große Beträge für ihren Straßenbau ausgegeben und dafür eine entsprechend hohe Verschuldung auf sich genommen. Sie werden bei dem Stand ihrer Gesamtverschuldung und bei der gegebenen Kapitalmarktlage zukünftig gleich hohe Beträge für ihr Straßennetz nicht aufbringen können. Jedenfalls aber übersteigen die Kosten der Sanierung des gemeindlichen Straßennetzes, das dem überörtlichen Verkehr dient, bei weitem die Leistungsfähigkeit der Gemeinden, und auch deshalb kann diese Aufgabe nur mit Hilfe des Bundes und der Länder, denen die öffentlichen Einnahmen aus dem Kraftverkehr zufließen, bewältigt werden.
Der Bundesminister für Verkehr hat sich diesem Tatbestand nicht verschlossen und in seinem Zehnjahresplan für den Straßenbau Bundesmittel auch für den Ausbau der Ortsdurchfahrten in den Städten bindend vorgesehen. Obwohl es sich hierbei nur um einen Bruchteil des wirklichen Bedarfs handelt, droht die Gefahr, daß auch diese erste Hilfe nicht verwirklicht wird. Das Präsidium des Deutschen Städtetages weist mit allem Nachdruck darauf hin, daß eine solche Entwicklung im Interesse der in den Städten lebenden Menschen von niemandem verantwortet werden kann und daß alles geschehen muß, um auch das innerstädtische Straßennetz dem ständig wachsenden Verkehr anzupassen.
Das ist also, wenigstens im Anfang, im Zehnjahresplan geschehen.
Noch eine andere grundsätzliche Bemerkung ist heute erforderlich. Der Plan sieht vor, jedes Jahr wenigstens 50 Millionen DM dem Neu- und Ausbau von Fremdenverkehrsstraßen zu widmen. Damit wird ein neuer Begriff eingeführt für Straßen, die als Zufahrt- oder als Verbindungsstraßen in bevorzugten Ausflugs- und Touristengebieten eine besondere Bedeutung gewonnen haben oder gewinnen werden. Wer weiß, welche Aufwendungen für diesen Zweck unsere Nachbarn - die Schweiz, Italien, Österreich, Frankreich, aber auch Belgien, die Niederlande, Schweden und Finnland, von Übersee ganz zu schweigen - im Straßenausbau jährlich vollbringen, wird diesen Ansatz äußerst bescheiden nennen müssen.
So kommt der Plan auf eine Neu- und Ausbausumme für unser Straßennetz auf Bundesebene von 19 1/2 Milliarden DM.
Eine Planung darf sich natürlich nicht nur auf den Neubau und die größeren Verbesserungen beschränken, sondern darf auch die laufenden Ausgaben nicht vergessen. Ihr Finanzbedarf hat in den
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Plan einzugehen, der ja ein Gesamtplan sein muß. Dazu sind für die nächsten zehn Jahre 2,85 Milliarden DM erforderlich, und zwar rund 1 Milliarde für die laufende Erneuerung und Verbesserung der nicht zum Grundnetz zählenden Bundesstraßen, die wir natürlich in dieser Zeit nicht verfallen lassen können, um so mehr als auch sie seit 16 Jahren stark vernachlässigt worden sind. Die weiteren rund 1,85 Milliarden DM entfallen hauptsächlich auf die laufende unerläßliche Unterhaltung der Bundesstraßen, auf die Beseitigung der restlichen Kriegsschäden, auf die infolge des Schwerlastverkehrs in erheblichem Umfang erforderliche völlige Erneuerung der Fahrbahndecken, der bestehenden Autobahnen und auf sonstige Daueraufgaben der Bundesstraßenverwaltung. Sollte der eigentliche Investitionsteil des Zehnjahresplanes etwa zeitlich gestreckt werden, so wachsen natürlich die laufenden Ausgaben um diesen Anteil je Jahr weiter an. Das macht zusätzlich etwa 325 Millionen DM aus.
Mit diesem kurzen Grundriß hoffe ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihnen ein überschaubares Bild von Wert, Größe und Bedeutung des Zehnjahresplanes gegeben zu haben, so daß Sie doch in etwa in die Lage versetzt werden, sich den Umfang des durch Ihre Entscheidung zu verwirklichenden Programms vorzustellen. Die Aufstellung dieses Planes ist nur ,ein erster vorbereitender Schritt auf dem erfolgversprechenden Wege zur Lösung unseres Straßenverkehrsproblems. Die Tat kann nur durch Ihren Entschluß ausgelöst werden.
Die gleiche Aufgabe lastet auf den Parlamenten und Regierungen der anderen westeuropäischen und der überseeischen Staaten, nur unterschieden durch die Proportionen und Voraussetzungen. Mit besonderem Interesse haben wir die Bestrebungen der Vereinigten Staaten verfolgt - dank der Arbeiten eines Ausschusses unter Leitung des Generals Lucius D. Clay -, ein großes Straßenbauprogramm zu verwirklichen. Trotz anfänglich erheblicher Schwierigkeiten, die eine Verwirklichung der weitgespannten Absichten völlig zu blockieren schienen, ist nun doch Ende Juni 1956 ein zwar vermindertes, aber immerhin recht umfassendes Straßenbauprogramm für die Vereinigten Staaten zustande gekommen, das in größerem Maßstab Ähnliches zum Inhalt hat wie unser Zehnjahresplan und das sich zum Teil unter ähnlichen staatsrechtlichen Voraussetzungen abwickelt. Gerade die Tatsache, daß die Vereinigten Staaten nach zweijährigem Kampf im Parlament kurz vor der Beendigung der Legislaturperiode auf Grund der Beschlüsse der beiden Häuser die umfassende Planung der Regierung angenommen und durchzuführen begonnen haben, gibt die Hoffnung, daß auch dieses Hohe Haus im Interesse unseres Volkes in naher Zukunft ähnlich entscheiden wird. Auch auf unsere Entscheidung warten andere Länder, die in den großen internationalen Organisationen mit uns und untereinander verbunden sind.
Absicht des Bundesministers für Verkehr war es, den Plan zusammen mit einer Finanzierungsvorlage dem Hohen Hause in Form einer Gesetzesvorlage zuzuleiten. Die dazu notwendigen Ressortverhandlungen können bei einem Vorhaben dieses Ausmaßes nicht einfach sein und lassen sich zeitlich nicht abkürzen. So wie in diesem Hause verschiedene Vorstellungen über die Finanzierung bestehen, so auch innerhalb der Bundesregierung. Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Verkehr prüfen seit Fertigstellung des Plans gemeinsam sorgfältig, welche Lösung unter allgemein politischen, haushaltsmäßigen und verkehrspolitischen Gründen der Bundesregierung zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll. Ein von mir vor einigen Wochen neu erarbeiteter Vorschlag, der bezüglich der gesetzlichen Fixierung des Planes für seine ganze Laufzeit eine tragfähige, zugleich aber flexible Lösung vorsieht, scheint bei dem Herrn Bundesminister der Finanzen auf günstigeren Widerhall zu stoßen. Die Erörterungen hierüber und über die Erwägungen des Herrn Bundesminister der Finanzen in bezug auf die Finanzierung schweben noch. Beide Häuser hoffen, in Kürze das Ergebnis ihrer Arbeit dem Kabinett zur Entscheidung vorlegen und es dann dem Parlament zuleiten zu können.
Um so bedeutungsvoller ist gerade jetzt der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei, der darauf abzielt, die Bundesregierung um die Vorlage eines Gesetzentwurfes für eine derartige Finanzierung zu ersuchen. Dieser Antrag kann erörtert und angenommen werden, ehe der Zehnjahresplan in allen Einzelheiten beraten wurde. Denn ich verstehe diesen Antrag im Gegensatz zu den vorgelegten Initiativgesetzentwürfen so, daß er lediglich den entscheidenden Anstoß zum Verfahren geben will, allerdings in Richtung auf den praktischen Erfolg, auf den der Zehnjahresplan hinausläuft. Wenn, wie die Begründung sagt, durch den Antrag die Bundesregierung ersucht werden soll, die gewünschte Vorlage unverzüglich einzubringen, so wird es aus der inneren Logik der Sache, der Situation und des Ziels heraus durchaus richtig sein, wenn über diesen Antrag so schnell als möglich entschieden wird.
Das zu erwartende Gesetz wird dann eine feste und doch zugleich flexible Grundlage für den Neubau, den Ausbau und die Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen für die kommenden Jahre bilden können. Dies wird u. 'a. den besonders großen Vorteil haben, daß die Länder und Gemeinden bei ihren Planungen für ihre Straßen sich hierauf sowohl in technischer wie auch finanzieller Hinsicht auf lange Sicht einstellen können. Das grundlegende Gesetz kann natürlich kein Haushaltsgesetz für zehn Jahre sein; es soll nur den Rahmen der Finanzierung festlegen. Daher ist es nicht glücklich, für einen Teil der Laufzeit des Planes jetzt die Jahresmittel im voraus festzulegen. Das führt zu erheblichen Schwierigkeiten und läßt den Willen, den Plan wirklich voll durchzuführen, unglaubwürdig erscheinen. Es liegt nun einmal im Wesen einer langfristigen Investition, daß sie von langer Hand sorgfältig vorbereitet werden muß, wenn sie mit wirtschaftlichem Nutzen wirklich gelingen soll. Der Bundestag hat gewiß das größte Interesse daran, diese Dinge ihrer Natur nach, nämlich um Fehlinvestitionen oder unabsehbare Störungen bei der Investition 'zu vermeiden, pfleglich ablaufen zu lassen. Dazu gehört einfach selbstverständlich, daß man dem Plan als ganzem den richtigen Start und das gesicherte Fundament gibt.
Der Antrag der Deutschen Partei enthält bereits eine Streckung um 20 %, nämlich von 10 auf 12 Jahre. Damit wird eine sehr beachtliche Konzession an das wesentliche und durchaus notwendige Bestreben zu sparsamer Mittelbewirtschaftung angeboten. Wenn wir uns vom straßenbautechnischen Standpunkt damit einverstanden erklären können, so geschieht das, um nicht durch starres Festhalten an dem einmal festgelegten und errechneten
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Planungssoll schon den Anfang zu gefährden. Die Erstreckung auf zwölf Jahre entspricht aber auch den technischen Bedürfnissen besser als die dekadische Einteilung, weil Großbauvorhaben meist eine Zeit von vier Jahren von den Vorbereitungen und der Trassierung bis zum Bauabschluß beanspruchen. Der Antrag hat den Vorzug, den Zehnjahresplan in einen Plan mit natürlichem Baustufenrhythmus umzuwandeln. Um so mehr ist es berechtigt, zu hoffen, daß dieser Rhythmus eingehalten werden kann, daß also von weiteren Kürzungen abgesehen wird. Der Straßenbau endet nicht nach zehn oder zwölf Jahren. Wir müssen unsere Planung - und darin liegt auch ihre geschichtliche Bedeutung im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte unseres Vaterlandes - in ein größeres Zeitdenken einordnen. Wir müssen schon den erforderlichen Anschluß an künftige Aufgaben mit in unsere Überlegungen einbeziehen.
Zu einer großartigen aber auch dringend notwendigen Regelung, der sich das Hohe Haus mit vereinter Energie annehmen sollte, gehört vor allem der Wille, das Erforderliche zur rechten Zeit und in angemessen kurzer Zeit zu tun. Die Wege, dieses Ziel zu erreichen, sind aufgezeigt worden.
Nach diesen Ausführungen zu den beiden Anträgen, die die Initiative der Bundesregierung anregen, ihr aber die Ausführung und Entscheidung überlassen, komme ich zu den Entwürfen der beiden Initiativgesetze. Der Bundesminister für Verkehr braucht sich durch dieses Eingreifen deshalb weniger angesprochen zu fühlen, weil er den Zehnjahresplan ausgearbeitet und zur Vorlage bereit hat. Ich sehe in diesen Vorlagen ein Zeichen für das allgemeine ernsthafte Interesse bei allen Fraktionen des Hohen Hauses an den aufgeworfenen Problemen, deren Behandlung in der breitesten Öffentlichkeit mit hoher Anteilnahme verfolgt wird.
Ich darf persönlich sagen, daß die Begründung zu dem Initiativentwurf der Fraktion der SPD durchaus zutreffend ist. Doch scheint mir nach eingehendem Studium der Entwurf in der dargebotenen Form noch mancher zusätzlicher Überlegungen zu bedürfen. Der Entwurf hat die Beseitigung des Mißverhältnisses zwischen der Verteilung der Straßenbaulasten und der Verteilung der Finanzierungsquellen zum Ziel. Auf ein entscheidendes Moment, nämlich die Organisation der Straßenbauverwaltung, geht er dabei, wie Herr Kollege Schmidt begründet hat, leider nicht hinreichend ein. Vor allem glaube ich aber, daß er die angeschnittenen Fragen auf eine etwas verwickelte Weise zu lösen sucht.
Im einzelnen darf ich zu den Vorschlägen noch folgendes sagen: Es ist gewiß gut und zu unterstreichen, wenn Mineralölsteuer und Kraftfahrzeugsteuer von dem zu irriger Behandlung verleitenden Begriff „Steuer" befreit und mit dem Oberbegriff „Abgabe" bezeichnet werden.
In § 3 des Entwurfs wird ebenso wie auch in meiner Vorlage eine Änderung des § 5 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes vorgeschlagen, die ich jedoch, wie nach meinen heutigen Darlegungen verständlich sein wird, in dieser Form nicht für glücklich halte. Man darf bei der Lösung dieser Frage vor allem nicht an die Selbstverwaltung rühren, die vielmehr soweit wie möglich gestärkt werden muß und die vor allem unangetastet erhalten bleiben soll. Ich glaube, meine Vorschläge, die nicht einem Schwächeren Hilfe aufdrängen, sondern ihm das Recht geben wollen, aus freier Entscheidung die ihm gesetzlich zu gewährende Hilfe anzufordern, sind vorzuziehen. Dabei wird von selbst die eigene Leistungsfähigkeit, aber auch der Stolz und der Wille zur Eigenleistung gestärkt.
Eine große Schwierigkeit für die Durchführung des vorgeschlagenen § 3 scheint mir die Bestimmung zu bieten, daß der Katalog der in Betracht kommenden Ortschaften jährlich um die Gemeinden, die die vorgesehene Einwohnerzahl von 20 000 überschreiten, vermindert werden soll. Sicherlich sind das jährlich nur wenige Gemeinden. Aber es werden sich dabei noch unliebsame Schwierigkeiten ergeben, vor allem bei der Durchführung begonnener größerer Bauvorhaben.
Ich bitte, aus diesen Anmerkungen erkennen zu wollen, wie vielschichtig selbst die Probleme liegen, die man wegen ihrer scheinbaren Einfachheit gern in voller Großzügigkeit lösen möchte, wie z. B. eine Ortsklassenabgrenzung.
Entscheidend ist aber der Kern des Vorschlages. Um das Ziel der Zweckbindung zu erreichen und es mit einer besseren Verteilung der dann zweckgebundenen Mittel zu verbinden, wird die Zusammenfassung der als Wegeabgaben deklarierten Beträge in einem gemeinsamen Straßenfonds vorgesehen, der beim Bundesminister für Verkehr geführt und abgerechnet werden soll.
Für diese Vertrauensbeweis, den ich allerdings besonders auf meine Mitarbeiter beziehen möchte, bin ich dankbar; aber ich muß doch erklären, daß ich diesen an sich sehr interessanten Vorschlag für schwer realisierbar halte. Sicherlich mag es rechnungstheoretisch, wie in dem Beispiel der Anlage gezeigt worden ist, durchaus möglich sein, Rechnungen aufzustellen, die auf derartigen Bestimmungen beruhen; aber sie sind doch recht kompliziert. Ich gebe jedoch zu, daß, wenn ein solches Beispiel der Ausarbeitung des Entwurfs hat beigefügt werden können, erst recht ein exakt arbeitender Behördenapparat solche Aufgaben zu lösen in der Lage sein sollte, wie dies ja bei Syndikaten und Clearingarbitragen üblich ist.
Aber ich frage mich, ob uns dieses komplizierte System wirklich zu einer besseren Straßenbaufinanzierung führt. An den im Gesetzentwurf enthaltenen Verteilungsschlüsseln und an dem beigefügten Beispiel scheint mir jedenfalls nicht eine zwangsläufige Anwendbarkeit und eine automatische Richtigkeit der Vorschläge erwiesen zu sein. Denn nun beginnt mit der praktisch jährlich neu vorzunehmenden Verteilung der Kampf um die Quoten des Bundes, der Länder, der Kreise und der Gemeinden. Das scheint mir aber einer kontinuierlichen Entwicklung des Investitionsprogramms abträglich zu sein. Ich brauche auf die vielfältigen, immer unerfreulichen Erfahrungen aus den Auseinandersetzungen über Interessenquoten zum Beweis der Berechtigung meiner Bedenken sicher nicht näher einzugehen.
Der Vorschlag hat auch insofern einen Mangel, wie mir scheint, als er die gesamthaushaltswirtschaftliche Aufrechnung offenläßt. Berücksichtigt wird nur, was durch Sonderabgaben des Kraftverkehrs einkommt; nicht aber werden berücksichtigt die darüber hinaus, insbesondere von den Gemeinden, bisher schon für die Straßen verwendeten allgemeinen und speziellen Deckungsmittel. Es ist nicht erkennbar, wie diese Posten auch bei den
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Kreisen und Landschaftsverbänden in die Rechnung eingefügt werden und in welchem Verhältnis sie zu den Quotenbeträgen des Straßenfonds stehen sollen. Das ist aber doch sehr wichtig. Hier ist offenkundig eine Lücke.
Die Berechnung über die voraussichtliche Auswirkung dieses Gesetzentwurfs zeigt jedenfalls in Zahlen - und das scheint mir entscheidend -, daß der Zehnjahresplan auf diese Weise nicht erfüllt werden kann; denn die vorgesehenen Haushaltsansätze des Bundes für die Jahre 1957 und 1958 werden bei dieser Methode nur wenig über die Höhe von 1956 gehoben und damit kaum auf die Hälfte der zur Durchführung des Planes jährlich erforderlichen Summe gebracht. Statt dessen schwellen die Zuteilungen an Länder und Kreise und noch mehr die Zuteilungen an die Gemeinden so an, daß sie sogar fast das Doppelte von dem erreichen, was der Zehnjahresplan dafür vorsieht. Sosehr ich im Prinzip diese Hilfe für die kommunale Ebene bejahe, halte ich es doch für gefährlich, die Gewichte in dieser einseitigen Weise zu verschieben, da so nur andere Disparitäten entstehen müßten.
Ich weiß nicht, wieweit diese Auswirkungen in ihrer effektiven Höhe beabsichtigt waren oder ob sie einfach aus gegriffenen Relationen resultieren, die ihrer einmal festgesetzten Zahlenreihe wegen zusammengebaut worden sind und nun als Norm gelten sollen. Haben sie aber nur paradigmatischen Wert, so ist ihr Wert nur gering, und es müßte erst auf komplizierte Weise ein einigermaßen vertretbares Verhältnis der Zahlen errechnet und dann in sicherlich schweren Kämpfen durchgesetzt werden.
Nur eine Andeutung dazu: Über diese Aufteilung, wie sie § 5 Abs. 2 des Initiativgesetzentwurfes vorsieht, ließe sich noch reden, wenn die Gemeinden dann zusätzlich selbst den Bau der Ortsumgehungen übernähmen. den der Bund in seinen eigenen Zehnjahresplanbedarf eingerechnet hat. Vom Standpunkt der technischen Ausführung und der Gewißheit aus, daß überhaupt etwas auf diesem Gebiet geschieht, ist aber die jetzt bestehende Regelung besser.
So dankbar ich dem Verfasser des Entwurfs auch bin und so sehr ich den auf wohl überlegten theoretischen Bemühungen beruhenden Vorschlag anerkenne, so kann ich mich doch mit einer so schwierigen, ich möchte sagen, intellektuellen und nicht im positiven Sinne wirklich praktischen Lösung befreunden, die uns einer Verwirklichung unseres Zieles nur auf Umwegen und damit nur mit Verzögerungen näher bringen kann. Lassen Sie es um des praktischen und baldigen Erfolgs willen lieber bei den eingefahrenen Methoden! Diese ganzen Umstellungen müssen Verzögerungen mit sich bringen. Entscheidend aber ist der Baufortschritt, den wir erreichen wollen; denn nur er läßt uns hoffen, daß wir die Probleme so weit und so bald meistern, wie sie beim Straßenverkehr von der Seite des Straßenbaus her überhaupt gemeistert werden können.
Die Bildung des vorgeschlagenen Straßenfonds beruht jedenfalls nicht auf echter Kapitalzusammenführung und -überweisung, sondern stellt lediglich ein Verfahren dar, das sich natürlich alle diejenigen gern gefallen lassen, die Nutznießer eines solchen Vorschlags sein werden.
Der erste Eindruck, den der Vorschlag macht, es könne sich um eine institutionelle Neuordnung des Straßenwesens handelt, verfliegt leider bei näherer Prüfung. Gerade die Vorteile, die eine wirkliche Neuordnung durch eine Verwaltungsreform bieten könnte, enthält dieser Gesetzentwurf nicht. Ich habe sie 1953 in München aufgezeigt. Darauf hat der Herr Kollege Schmidt hingewiesen. Der Vorschlag will eine neue Verteilungs- und Verrechnungsnorm erreichen. Ich glaube aber, das kann einfacher und wirksamer geschehen.
Einen Punkt von allgemeiner Bedeutung möchte ich in diesem Zusammenhang noch herausheben: In § 6 Abs. 3 wird angegeben, wie der Verteilungsschlüssel für die sogenannte Gemeindequote gegliedert sein soll. Dabei wird als Teilfaktor - und zwar zu 25 % - die Länge der von den Gemeinden des Landes unterhaltenen Straßen eingeführt. Dieser Gedanke ist durchaus zutreffend, wenn man überhaupt eine solche Differenzierung ins Auge faßt. Aber er ist leider mindestens in absehbarer Zeit nicht zu verwirklichen; denn die gesuchte und als bekannt vorausgesetzte Größe ist leider noch nicht ermittelt. Nach jahrelangen Erörterungen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesinnenministerium, dem Statistischen Bundesamt und den kommunalen Spitzenverbänden ist es, weil man sich über die Notwendigkeit einer solchen Erhebung allseits klar war, nach verhältnismäßig kurzer Zeit im April 1956 doch gelungen, die Unterlagen für die Erhebung aller Gemeindestraßen unter maßgeblicher Federführung des Statistischen Bundesamtes fertigzustellen. Auch die Statistischen Landesämter, die kommunalen Spitzenverbände und die sonstigen Fachleute waren mit dieser abgeschlossenen Vorarbeit völlig einverstanden. Das vor Ingangsetzung des Vorhabens zu hörende Gremium des Statistischen Sonderausschusses der Länderinnenminister hat jedoch bald darauf die Durchführung storniert, ohne den Bundesminister für Verkehr oder die kommunalen Spitzenverbände überhaupt zu hören. Das vorgeschobene Kostenproblem scheint mir im Verhältnis zu den vielen wirtschaftlichen Zwecken relativ unwesentlich zu sein, zu denen eine exakte amtliche Feststellung der verschiedenartigen Gemeindestraßen dienen kann. Nach dem hier eingebrachten Gesetzentwurf sollen aber Hunderte Millionen von D-Mark an die Gemeinden verteilt werden; die gewünschte Aufschlüsselungsgrundlage dafür fehlt jedoch. Vorläufig geht es so also nicht. Sonst werden fachfremde Kommissionen über das Schicksal von Maßnahmen des Bundes entscheiden, der doch nur eine allgemeine Hilfestellung leisten kann. Die Kompetenz zu fruchtbarem Handeln ist ihm damit nicht gegeben. Die Schwierigkeiten bei der von uns angestrebten Erstellung einer Gemeindestraßenstatistik, die ausschließlich bei den Ländern liegen, sind symptomatisch für unsere Situation. Es ist zu hoffen, daß eines Tages bei den zuständigen Stellen doch die Einsicht einkehren möge, der Erhebung über die beteiligten Gemeindestraßen den Weg freizugeben.
Noch ein letzter Punkt bedarf der Hervorhebung, nämlich der Vorschlag, einen Ausschuß aus Fachleuten des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur Beratung aller mit dem Straßenfonds zusammenhängenden Fragen durch den Bundesminister für Verkehr zu berufen. Da frage ich mich trotz der positiven Darlegungen des verehrten Herrn Kollegen Schmidt, wer nun eigentlich in diesen
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Ausschuß berufen werden soll, nur Vertreter der beteiligten Körperschaften oder etwa ein weiterer Kreis? Ist man vielleicht mit dem jetzigen Verfahren der Bauplanung in Verbindung mit der Haushaltsgebarung nicht zufrieden? Es ist wahrlich vielschichtig und umständlich genug. Denn durch die Erarbeitung und Erörterung jedes einzelnen Vorhabens vom Bauamt über eine gegebenenfalls vorhandene Mittelinstanz, über die oberste Landesbaubehörde, über das Bundesverkehrsministerium und über das Bundesfinanzministerium und andere Beteiligte, schließlich über die Verkehrs- und Haushaltsausschüsse des Bundestages und des Bundesrates müßten doch weiß Gott genügend Kautelen für eine nicht verschwenderische, fachlich ausgegereifte und allseits geprüfte Bewirtschaftung der Straßen gegeben sein, so daß mir eine weitere Instanz nicht erforderlich erscheint. Ein solcher weiterer Ausschuß, in dem sich doch praktisch nur die gleichen Vertreter aus den anderen Gremien unter einem neuen Namen zusammenfinden, dient mit Sicherheit nur der Erhöhung der Reisekosten und wirkt sicher mehr erschwerend als fördernd.
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Sicherlich würde er außerdem wie so viele schon bestehende Gremien überbeansprucht, wenn man ihm eine so umfassende Kompetenz wie die Beratung aller mit dem Straßenfonds zusammenhängenden Fragen übertragen würde.
Damit ich nun nicht mißverstanden werde: Der Bundesminister für Verkehr und die Auftragsverwaltungen des Bundes in den Ländern auf dem Gebiete der Bundesfernstraßen scheuen natürlich keineswegs eine Überprüfung ihres Handelns im Planen und Disponieren. Wo aber zu erwarten steht, daß der Nutzen nur gering sein kann, muß ich vor der Bildung erschwerender Institutionen und neuer Instanzen warnen; denn der Apparat ist kostspielig und schwerfällig genug.
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- D a s jedenfalls nicht.
Die Hoffnungen, die der Gesetzentwurf zum Ausgleich dafür auf eine Vorfinanzierung setzt, kann ich nicht teilen. Mit dieser Konstruktion des Verkehrsfinanzgesetzes haben wir alles andere als Freude gehabt. Ersparen Sie mir, auf Einzelheiten einzugehen. Aber nach unseren Erfahrungen, besonders in diesem Jahre, kann ich mir davon eine Befruchtung erst versprechen, wenn wir einen wirklich flüssigen Kapitalmarkt haben. Das aber kann noch lange Zeit dauern.
So muß ich zu meinem Bedauern sagen, daß mir der von der Fraktion der SPD vorgeschlagene Weg im Interesse einer raschen Durchführung des Zehnjahresplans nicht besonders vorteilhaft erscheint.
Lassen Sie mich nun noch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich beim Studieren des Entwurfs ergeben, kurz berühren. Denn leider be-hen sie in nicht unerheblichem Ausmaß.
Nach Art 74 Nr. 22 des Grundgesetzes hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung für den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen des Fernverkehrs. Dazu gehören auch die Fragen der Finanzierung und die Kostentragung. Für die sonstigen Straßen des allgemeinen Verkehrs ist der Bund nicht zuständig. Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers kann sich allenfalls noch auf die im engen Zusammenhang mit den Fernverkehrsstraßen stehenden sonstigen Straßen erstrecken. Auf Art. 74 Nr. 22 des Grundgesetzes könnte man also ein so umfassendes Bundesgesetz, wie es der Entwurf vorsieht, nicht stützen.
Eine weitere Frage ist es, ob der Bund, ohne daß ihm diese Aufgabe durch ein auf Art. 74 Nr. 22 des Grundgesetzes gestütztes Gesetz übertragen worden ist, im Bundeshaushalt einen Titel für einen allgemeinen Straßenbaufonds einfügen könnte, aus welchem Zuschüsse für die Straßen der Länder und Gemeinden global oder auch für einzelne Bauvorhaben gewährt werden. Zwar kann der Bund freiwillig Zuschüsse an Länder und Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben geben. Diese Art des „Finanzausgleichs", gegen die der Herr Bundesminister der Finanzen sich immer wieder wendet, findet aber ihre verfassungsrechtliche Grenze im Abschnitt „Finanzwesen" des Grundgesetzes, insbesondere in Art. 109, in dem es bekanntlich heißt, daß Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig sein sollen. Diese Verfassungsbestimmung zielt auf eine verstärkte Selbstverantwortung sowohl des Bundes als auch der Länder hin. Sie entspricht unserem Staatsaufbau und soll verhindern, daß die Länder auf Dotationen oder Bedarfszuweisungen durch den Bund angewiesen sind.
Schon hieraus ergeben sich starke Bedenken gegen den Vorschlag. Sie werden noch dadurch verstärkt, daß die Zuschüsse des Bundes an die Voraussetzung geknüpft werden sollen, daß ein Land, das Zuschüsse begehrt, die vollständige Verwendung seines Aufkommens an Kraftverkehrsteuern für Straßenbau und -unterhaltung nachzuweisen hat. So sehr ich das begrüßen würde, so ist doch ein derartiges Verfahren mit dem Grundsatz der unabhängigen Haushaltswirtschaft wahrscheinlich nicht in Einklang zu bringen. Darüber hinaus aber wäre der Bund praktisch überfordert, wenn er über die Vordringlichkeit der einzelnen Straßenbauvorhaben, die nicht seiner Zuständigkeit unterstehen, zu entscheiden hätte.
Versucht nun der Entwurf der sozialdemokratischen Fraktion eine Lösung für das Gesamtproblem vorzuschlagen und bekennt er sich dankenswerterweise zu dem Willen, diesen Lösungsversuch mit aller Energie zu verwirklichen, so beschränkt sich leider der Entwurf der Fraktion der CDU/CSU darauf, eine selbst für den von ihm vorgesehenen beschränkten Zeitraum kaum zureichende Teillösung ins Auge zu fassen, die Gesamtlösung aber dem nächsten Bundestag zu überlassen. Das sollten wir aber angesichts der vor uns stehenden Probleme nicht tun. Die Verantwortung, die Lösung der Probleme anzupacken, fällt in dies e Legislaturperiode, und die Öffentlichkeit wird nach so ausgiebiger Erörterung der Fragen von uns verlangen, daß wir auf Grund der inzwischen erarbeiteten Erkenntnisse, die sich innerhalb der nächsten Jahre keinesfalls dem Grunde nach ändern werden, ans Werk gehen.
Wer den technischen Ablauf des Arbeitsrhythmus im Straßenbau kennt und eine Teillösung anstrebt, der muß aus zwingenden Gründen wenigstens einen Plan für vier Jahre vorschlagen.
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- Ich habe das vorhin schon ausgeführt: weil es
sich um einen vierjährigen Rhythmus für diese
Art von Bauvorhaben handelt. Sie brauchen ein
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Jahr für Planung und Trassierung, ein Jahr für die Kunstbauten, ein Jahr für die Erdarbeiten, die sich setzen müssen, und ein Jahr für die Deckmund Restarbeiten.
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- Ja, verzeihen Sie gütigst, sind Sie Straßen baufachmann?
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- Meine Mitarbeiter und alle die Herren, die ich in den Ländern befragt habe, sind der von mir vorgetragenen Auffassung. Ich habe es in der Praxis von sieben Jahren auch immer wieder in der Wirklichkeit erlebt, daß sich das so abspielt. Die Erfahrung jedenfalls steht dabei auf meiner Seite.
Der verehrte Herr Kollege Müller -Hermann hat vor einiger Zeit und auch heute dargelegt, mein Nachfolger müsse kein Verkehrsminister, sondern ein Straßenbauminister sein. Ganz abgesehen davon, daß meinem Nachfolger so viel Aufgaben vielfältiger Art gegenübertreten werden, daß er sich nicht auf die Tätigkeit eines seiner Abteilungsleiter wird beschränken können, würden ihm die hier gemachten Vorschläge kaum die Möglichkeit geben, im Straßenbau das zu vollbringen, was er nach den geleisteten Vorarbeiten unbedingt zu leisten hat.
Der verehrte Herr Kollege Müller-Hermann hat heute manches ausgeführt, was ich selbst früher o vorgetragen habe. Nicht immer waren seine Darlegungen als Zitat gekennzeichnet; das ist von ihm nur zum Teil geschehen. Zu diesem Teil möchte ich doch noch einiges sagen: Ich bin nicht als Heide geboren, sondern als Kind getauft. Deshalb vermesse ich mich nicht, eine solche Wandlungsfähigkeit zu besitzen, wie sie dem Apostel Paulus dank überirdischer Erscheinungen verliehen wurde. Eine gewisse Möglichkeit, durch Erfahrungen und Erkenntnisse zu lernen, nehme ich aber in Anspruch.
Der Autobahnbau vor dem Kriege muß, da gleichzeitig der Ausbau der Bundesstraßen völlig vernachlässigt wurde und wir die Folgen davon heute noch bitter zu tragen haben, durchaus kritisch betrachtet werden. Davon lasse ich mich nicht abbringen. Die Tatsache, daß jeder Kilometer Autobahn mindestens 6 ha Land erfordert, ist nicht zu bestreiten und bleibt bei unserem beschränkten Raum und der großen Zahl unserer nach 11 Jahren noch nicht eingegliederten vertriebenen Bauern eine bittere Hypothek für unseren Straßenbau. Auch das müssen wir ruhig sagen.
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- Sie ist nicht die alleinige Ursache. Aber wenn Sie das vorhandene Land durch umfangreichen Straßenbau immer weiter vermindern müssen, so kann das natürlich nicht zu einer Verbesserung der Lage der heimatvertriebenen Bauern führen. Das ist doch wohl eindeutig.
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Ich bestreite die Notwendigkeit der in der Drucksache 2737 vorgeschlagenen Ergänzung des Planes, solange der Plan nicht zu einem erheblichen Teil ausgeführt ist. Wir brauchen nach meiner Auffassung keine Erweiterung, wir brauchen die Durchführung des Planes. Die Zeit für das Planen und für eine Übergangsperiode ist praktisch schon abgelaufen; jetzt ist die Zeit für die Verwirklichung gekommen.
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- Bitte!
Herr Minister, Sie sprechen immer von der Verwirklichung des Zehnjahresplanes. Wir haben Sie im März des vergangenen Jahres gebeten, uns diesen Plan vorzulegen. Sie werden verstehen, daß der Bundestag kein Verständnis dafür haben kann, wenn der Plan allen möglichen Instanzen vorgelegt wird, nur nicht ihm.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann, wir kennen hier leider nicht das System der Zwischenfeststellung, sondern nur das der Zwischenfrage. Ich darf also bitten, wenigstens die Frageform zu wählen.
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Warum hat man uns nicht den Plan zugeleitet, wie wir es wohl hätten erwarten dürfen?
Herr Abgeordneter Müller-Hermann, ich habe das ja vorhin schon ausgeführt: weil es bis jetzt noch nicht möglich war, die andere Seite des Plans, nämlich die Finanzierung, so zu formulieren und festzulegen, daß sie in Form einer Gesetzesvorlage dem Bundestag zugeleitet werden konnte.
Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?
Darf ich meine Bemerkung zu Ende führen? Das Verfahren, den Plan zunächst mit allen Instanzen der Öffentlichkeit abzustimmen, um überhaupt erst einmal zu erfahren, wie die Resonanz auf den Plan in der Öffentlichkeit ist, scheint mir bei solch umfangreichen Plänen doch nicht nur bei uns, sondern auch in allen anderen demokratischen Staaten guter Brauch zu sein. Ich darf an die Methoden erinnern, mit denen der General Clay mit seinem Ausschuß in den Vereinigten Staaten diese Angelegenheit behandelt hat. Sie ist genau die gleiche.
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- Bitte sehr.
Herr Minister, würden Sie es für möglich und zweckmäßig halten, daß dieser sogenannte Zehnjahresplan nunmehr ohne jedes Zögern, ohne jede weitere Ausschußberatung dem Parlament zur Verfügung gestellt wird?
Das habe ich in meinen allerersten Sätzen, verehrter Herr Kollege Schmidt, schon gesagt. Aber die Frage ist natürlich die, ob wir diesen Plan dann nur in seiner technischen Form vorlegen oder
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ob wir ihn ergänzen durch einen Finanzierungsvorschlag, also einen Gesetzesvorschlag einbringen, in dem z. B. in Art. 1 festgestellt wird, daß dies der Straßenbauplan sei, an den wir uns in Zukunft halten wollen.
Gestatten Sie noch eine Frage, Herr Minister?
Bitte sehr.
Ist dieser Plan, wie Sie ihn veröffentlicht haben, bis wir ihn vorgelegt bekommen, als eine Privatarbeit des Verkehrsministers oder als eine Vorlage, die das Kabinett deckt, anzusehen?
Ich wünsche ihn im Bundestag als Vorlage einzubringen, die das Kabinett deckt. Daraus ergeben sich ja die Schwierigkeiten, Herr Kollege Schmidt.
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- Die allein genügt nicht, sondern es müssen Kabinettsbeschlüsse sein, und bekanntlich hat der Herr Bundesfinanzminister ein Vetorecht.
Ich habe den Eindruck, daß der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, von dem ich eben gesprochen habe, eher auf eine Schmälerung als auf eine Erweiterung des Plans ausgeht. Ich denke dabei auch an die Tendenz des Entwurfs, die Städte über 20 000 Einwohner grundsätzlich auszuschließen. Darüber habe ich schon eingehend gesprochen. Natürlich können wir die in den einzelnen Jahren durchzuführenden Baumaßnahmen nicht gesetzlich festlegen; aber wir können doch den prinzipiellen Finanzierungsweg durch eine grundsätzliche Entscheidung bestimmen, und wir können grundsätzlich den Umfang des Plans bestimmen und so vor dem ganzen Volk unsern Willen bekunden, daß das Ziel des Plans nachdrücklich angestrebt und in absehbarer Zeit erreicht sein wird. Der Plan ist Grundlage für das Ziel und Maßstab für die Kontrolle, in der gedachten Zeit ein Straßengrundnetz einschließlich 4140 km Autobahn von rund 19 000 km zu schaffen, das alle wichtigen Verkehrsbeziehungen befriedigt und so gestaltet ist, daß es auch dem anwachsenden Verkehr bis zum Ende der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts genügen wird. Die vielen sachverständigen Männer, angefangen von jedem Landesbauamt bis zur Straßenbauabteilung des Bundes, die ihn erarbeitet haben, dürfen sicher sein, eine gute Arbeit geleistet zu haben, die den besten Leistungen unseres Volkes würdig an die Seite zu stellen ist.
Lassen Sie mich vom Allgemeinen kurz auf das Konkrete übergehen, um Ihnen in einer Generalrechnung zu zeigen, inwiefern mir der hier vorgelegte Entwurf der CDU/CSU unzureichend erscheint.
Wenn die in Art. 1 festgelegten Haushaltsbegrenzungen durch die nach Art. 2 zulässigen Zuschüsse und Darlehen an Gemeinden um 20 % gekürzt werden - und sicher wird die Kannvorschrift, in die man den Vorgang gekleidet hat, mit Recht und Notwendigkeit von den Begünstigten voll ausgenutzt werden -, dann stellen die Zahlen des Art. 1 keine nennenswerte Steigerung des jetzigen und von uns zu erwartenden nächstjährigen Aufwandes für den Bundesstraßenbau dar, sondern bringen für das nächste Jahr sogar einen Stillstand. Planungsmäßig, verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, können 1957 etwa 1,4 bis 1,5 Milliarden DM ohne Schwierigkeiten verbaut werden.
Vermindern wir 1957 die Summe von 1100 um 20 %, also um 220 Millionen DM, so verbleiben ja nur noch 880 Millionen DM; für 1958 würde sich diese Zahl auf 1080 Millionen DM und für 1959 auf 1280 Millionen DM für den Straßenbau des Bundes in dem Rahmen, wie er jetzt geführt wird, verringern. Die Ingangsetzung eines wirklich umfassenden Straßenbauprogramms wird also damit nicht so eindeutig erkennbar werden. Ich glaube nicht, daß das beabsichtigt ist.
Mindestens müßte also die 20%ige Zuschußabgabe an die Gemeinden über den fixierten Anteil des Haushalts für den Straßenbau hinaus gewährt werden. Es klafft aber auch dann noch eine beträchtliche Lücke für die Städte, für die ich im Zehnjahresplan jährlich 300 Millionen DM vorgesehen hatte als Mindestbetrag, den sie brauchen. Ich bin sicher, die Mitglieder des Ausschusses für Kommunalpolitik werden gern den Nachweis dafür erbringen.
Es ist außerdem zu berücksichtigen, daß im Zehnjahresplan unter den 9,5 Milliarden DM für Ausgaben für Bundesfernstraßen 3,4 Milliarden DM für den Bau von Ortsumgehungen vorgesehen werden mußten. Das ist in meinem Etatansatz für 1957, also für das Anlaufjahr des Plans, berücksichtigt. Wenn nun nach Art. 1 des Initiativgesetzentwurfs noch 20 % Zuschüsse oder Darlehen an die Gemeinden abgehen sollen, dann können nicht auch noch für etwa 300 Millionen DM, sondern 1957 wahrscheinlich überhaupt keine neuen Ortsumgehungen begonnen werden.
Ein weiteres wichtiges Moment betrifft den Autobahnbau. Der zweite Absatz des Art. 1 im Entwurf ist zwar verklausuliert, aber doch so gehalten, daß nur die Bestimmungen des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 weitergelten, so daß jährlich nur 115 Millionen DM in den Neubau von Autobahnen fließen. Die 600 km, deren Bau damit finanziert worden ist und die bis 1961 praktisch fertiggestellt sein werden, statt in 14 Jahren, wie im Verkehrsfinanzgesetz 1955 vorgesehen, sind Ihnen bekannt. Mit der Beschränkung auf diese erste Ausbaustufe scheitern aber alle Absichten, auch die restlichen Autobahnlücken zu schließen, deren Bau das Verkehrsfinanzgesetz 1955 entgegen der ursprünglichen Erwartung und Absicht nicht ermöglicht hat. Der Zehnjahresplan sieht diese Neuanlagen als zweite Ausbaustufe des Autobahnprogramms vor. Die Annahme des Vorschlages der Drucksache 2737 macht es jedoch nicht möglich, daß diese zweite Ausbaustufe des Autobahnnetzes in dem dazu vorgesehenen Zeitabschnitt der nächsten drei Jahre begonnen und dann erstellt werden kann: denn mehr als 115 Millionen DM stehen jährlich für den Autobahnbau nicht zur Verfügung. und da Kredite weiterhin in nennenswertem Ausmaß kaum zu erwarten sind, auch aus den weiteren Jahresraten bis zum Ablauf der 14 Jahre abgedeckt werden müssen, wird auch effektiv kein höheres Bauvolumen zu schaffen sein. Das aber bedingt eine wesentliche Einschränkung des jetzt erreichten. an sich ungenügenden Baufortschritts am Autobahnnetz.
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Der Zehnjahresplan enthält in seiner Summe von 22,4 Milliarden DM sämtliche Ausgaben, die im Falle seiner Durchführung in zehn Jahren beim Bund entstehen können. Der Art. 1 in Drucksache 2737 bedient sich aber des Wortlauts: „Zur Sicherung einer Ausgestaltung des Straßennetzes der Bundesrepublik Deutschland" sollen in den Bundeshaushalt bestimmte Beträge eingesetzt werden. Bei dieser Formulierung könnte gemeint sein, daß die laufenden Ausgaben für die Unterhaltung, die Deckenerneuerung auf den Straßen, die nicht zum Grundnetz gehören, und auf den Bundesautobahnen, für die Kriegsschädenbeseitigung usw. in Höhe des bisherigen Plafonds über die angegebenen Summen hinaus bereitgestellt werden sollen, von den zur Sicherung einer Ausgestaltung des Straßennetzes vorgeschlagenen Aufwendungen nicht mit zu decken sind. Wenn demnach beabsichtigt wäre, daß die im Initiativgesetzentwurf vorgesehenen Mittel wie seinerzeit die Mittel aus dem Verkehrsfinanzgesetz zum Plafond hinzukommen, dann wäre allerdings die Möglichkeit zur Angleichung an den Standpunkt des Plans zu finden, der von seiten der Fachleute durch sachliche und eingehend geprüfte Überlegungen entstanden und durch die Notwendigkeiten aus der Verkehrsentwicklung begründet ist.
Ich möchte die Gelegenheit, zu diesen verschiedenen Vorschlägen zu sprechen, angesichts einer so bemerkenswerten, uns alle so nachdrücklich und verantwortlich berührenden Aufgabe nicht vorübergehen lassen, ohne darauf hinzuweisen, daß wir uns nicht in kleinmütiger Weise an die Schaffung eines ausreichenden Wegenetzes für den Straßenverkehr heranbegeben dürfen. Der leider kürzlich verstorbene Reinhold Schairer hat in seiner eindrucksvollen Schrift „Technische Talente" folgendes bekannt: „Reichtum an technischen Talenten ist die wichtigste Kraftquelle, die progressives Steigen der Produktion und der Lebenshaltung sichert". Ich möchte hinzufügen: Es muß diesen Talenten aber auch die Möglichkeit gegeben werden, sich in diesem Sinne zum Nutzen aller auszuwirken und zu bewähren. Ich hoffe, daß der Aufwand, den die Aufstellung des Zehnjahresplans darstellt, vor allem aber der gute Wille, der ihn auszeichnet, in diesem Sinne nicht umsonst vertan sein mögen!
Die Zeit drängt! Wir müssen endlich beginnen!
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Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Finanzministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst mein Bedauern darüber aussprechen, daß ich bei dieser Debatte ein wenig verspätet gekommen bin. Meinem Büro war mitgeteilt worden, dieser Punkt der Tagesordnung würde um halb vier Uhr beginnen, und als die Debatte zu Punkt 1 der Tagesordnung wider Erwarten früher zu Ende war, konnte ich nicht ganz so schnell hier sein.
Den heutigen Ausführungen über die Notwendigkeit einer Förderung des Straßenbaus möchte ich von mir aus nichts hinzufügen. Das ist ja völlig zweifelsfrei. Auch der Bundesfinanzminister ist davon überzeugt; sonst hätte er seinerzeit nicht das Verkehrsfinanzgesetz 1955 eingebracht und nachhaltig gefördert. Das wird heute manchmal übersehen.
Zwar sind die heute hier so ausführlich erörterten Fragen noch keineswegs entscheidungsreif - das wird zunächst Sache der Haushaltsberatungen für das Rechnungsjahr 1957 sein -; ich möchte aber nicht versäumen, dem Hohen Hause heute einige Grundsätze und Gesichtspunkte vorzutragen, die gewissen sehr populären Forderungen nicht immer entsprechen werden, denn es handelt sich hier einfach um harte Tatsachen, mit denen man sich ganz nüchtern auseinandersetzen muß.
Gute Straßen sind immer ein Zeichen für ein geordnetes und leistungsfähiges Staatswesen gewesen und mit den wachsenden Ansprüchen im Zeitalter der Kraftwagen ein Zeichen des Wohlstandes. Moderne, leistungsfähige Straßen sind bekanntlich außerordentlich kostspielig. Ihr Bau erstreckt sich auf viele Jahre. Daher ist auch zumindest ein Teil der Pläne auf ein Jahrzehnt abgestellt.
Es ist nicht verwunderlich, daß die Staaten, die heute über ein gut ausgebautes Netz von Straßen verfügen, meist eine ruhigere politische Entwicklung hinter sich haben, als das für Deutschland gesagt werden kann. Das sogenannte Dritte Reich hinterließ zwar den Torso der Autobahnen, vernachlässigte aber um so mehr die übrigen Straßen des Fernverkehrs. Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurde der größte Teil der öffentlichen Mittel der Länder, des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und dann des Bundes durch Kriegsfolgelasten und soziale Aufwendungen gebunden. Der heutige Zustand der deutschen Straßen ist deshalb ein Ausdruck dafür, daß von einem gesicherten Wohlstand unseres Gemeinwesens noch nicht gesprochen werden kann und daß bisher die sozialen Bedürfnisse im weitesten Sinne nach den von diesem Hohen Hause in den letzten sieben Jahren getroffenen Entscheidungen als vordringlicher angesehen worden sind. Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat ja auch auf diesen Punkt hingewiesen.
Gegenüber den Behauptungen, daß der Straßenbau in den vergangenen Jahren in sträflicher Weise vernachlässigt worden sei, muß darauf hingewiesen werden, daß bei den Beratungen der Bundeshaushalte des laufenden und der vorangegangenen Rechnungsjahre im Bundestag bisher noch niemals ein Antrag gestellt oder gar gebilligt worden ist, andere Ausgaben zu kürzen, um damit die Mittel für den Straßenbau zu erhöhen. Es besteht aber vielleicht doch Anlaß, dem Eindruck entgegenzutreten, daß für den Straßenbau bisher nichts oder außerordentlich wenig geschehen sei.
Ich darf zunächst daran erinnern, daß nach dem Zusammenbruch der Straßenbau - auch der der heutigen Bundesstraßen - in den Händen der Länder lag, die sich bemühten, die ehemaligen Reichsstraßen wieder befahrbar zu machen. Der Bund hat dann nach seiner Errichtung zunächst die bisherigen Haushaltsansätze der Länder übernommen und im Bundeshaushalt 1950 erstmalig nach den Anträgen des Herrn Bundesministers für Verkehr den Aufwand für den Straßenbau mit 213 Millionen DM eingesetzt. Das ist ein Ausdruck für die Beengtheit des damaligen Bundeshaushalts, der von Anfang an an der Blockierung des größten Teils seines Volumens durch Kriegsfolgelasten und - damals - Besatzungskosten litt. Trotzdem sind die Ansätze in den nächsten Jahren weiter ge({0})
stiegen, nämlich von 213 Millionen 1950 auf 309 Millionen 1954.
Rückschauend erscheinen natürlich diese Ansätze gering, und doch war es damals notwendig, die Neubau- und Umbauvorhaben im außerordentlichen Bundeshaushalt auszubringen, da im ordentlichen Haushalt Deckung nicht zu finden war. Es ist gelungen, in diesen Jahren die Bundesfernstraßen wieder benutzbar zu machen und einen beachtlichen Teil der zerstörten Brücken wiederherzustellen. Für mehr reichten die Mittel allerdings nicht aus.
Ein planmäßiger Ausbau der Bundesfernstraßen wurde erst durch den Erlaß des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 am 6. April 1955 möglich, das bekanntlich vom Bundesminister der Finanzen eingebracht worden ist und für das sich schließlich gegen mancherlei Widerstände eine große Mehrheit dieses Hohen Hauses fand. Der Grundgedanke des Gesetzentwurfs war, die Wiederherstellung der gestörten Wettbewerbsverhältnisse zwischen Schiene und Straße mit der Beschaffung zusätzlicher Mittel für Verkehrsinvestitionen zu verbinden. Ich glaube, bereits jetzt, eineinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten, kann gesagt werden, daß das Verkehrsfinanzgesetz 1955 jedenfalls in bezug auf die Finanzierung der Verkehrsinvestitionen die Erwartungen vollauf erfüllt hat. Es stellte doch wohl einen realistischen Mittelweg zwischen allzu kühnen, mehr technisch fundierten Gedankengängen einerseits und andererseits einem vollen Verzicht auf staatliche Maßnahmen und einer Verweisung nur auf den Kapitalmarkt dar.
Für die Bundesautobahnen konnten durch Einschaltung der Gesellschaft für öffentliche Arbeiten, der ÖFFA, in den Rechnungsjahren 1955 und 1956 460 Millionen DM verbaut oder verplant werden. Damit war eine Bauvergabe in großen Losen und die Anwendung modernster Baumethoden möglich, so daß nach Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr bis zum Ende des Jahres 1957 rund 333 km Autobahnen neu in Betrieb genommen werden dürften. Insgesamt werden mit Hilfe des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 1 628 000 000 DM dem Autobahnneubau zugeführt werden.
Bezüglich der Bundesstraßen sieht das Verkehrsfinanzgesetz 1955 die Bindung des Mehraufkommens aus diesem Gesetz für den Straßenbau vor, soweit im Gesetz nicht selbst anderweitig Verfügungen getroffen worden sind. Die Straßenbaumittel hieraus sind von 16,2 Millionen sprunghaft auf 189 Millionen DM im laufenden Rechnungsjahr angewachsen. Mit zunehmender Motorisierung werden die Jahresraten ständig steigen, um im Rechnungsjahr 1964 etwa 340 Millionen DM zu erreichen. Ohne Berücksichtigung der bereits verausgabten Mittel werden diese Beträge im kommenden Jahrzehnt 3,2 Milliarden DM erreichen, so daß unter Hinzurechnung der Autobahnmittel aus dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 insgesamt 4,4 Milliarden DM dem Bundesfernstraßenbau zugeführt werden.
Im Rechnungsjahr 1956 stellte der Bundesminister der Finanzen als erste Rate für ein Deckenprogramm zusätzlich 100 Millionen DM bereit, so daß die Gesamtansätze für den Bundesfernstraßenbau innerhalb von zwei Rechnungsjahren von 309 Millionen DM auf 694 Millionen DM anstiegen, die durch die ÖFFA-Kredite auf 839 Millionen DM gebracht werden konnten. Wenn die laufenden Ausgaben für Unterhaltung usw. ausgeschieden werden, bedeutet das eine Vervierfachung der Mittel.
Von der Auswirkung dieser Maßnahmen kann sich jeder überzeugen, der die Bundesfernstraßen befährt. Es wird überall gebaut, so daß der Verkehrsfluß durch die Umbauten zum Teil bis an die Grenze des Erträglichen behindert ist.
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Hiernach kann wohl nicht ernsthaft behauptet werden, daß der Bundesminister der Finanzen sich den Notwendigkeiten des Straßenbaues verschlossen hätte. Richtig ist vielmehr, daß der bisher entscheidendste Anstoß zu einem verstärkten Straßenbau unter tätiger Mitwirkung des Bundesministers der Finanzen gegeben worden ist. Bei Fortführung der bisherigen Maßnahmen würden im kommenden Jahrzehnt rund 8,5 Milliarden DM für Straßenbauaufgaben des Bundes zur Verfügung stehen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatssekretär?
Herr Staatssekretär Hartmann, bezog sich Ihre Bemerkung über die intensive und tätige Mitwirkung des Bundesfinanzministers bei der Ausweitung des Straßenbaues auf den inkriminierten Zehnjahresplan oder worauf sonst?
Herr Abgeordneter, ich habe mehrfach die Jahreszahl 1955 zitiert. Sie bezog sich auf das Finanzierungsprogramm 1955. An dem Zehnjahresplan des Herrn Bundesverkehrsministers arbeitet selbstverständlich das Bundesministerium der Finanzen auch mit, wie der Herr Verkehrsminister eben dargelegt hat.
Noch eine Frage?
Darf ich fragen, Herr Staatssekretär: Wann wird das Bundesfinanzministerium diese seine Mitarbeit an dem Zehnjahresplan als abgeschlossen ansehen können?
Herr Abgeordneter, ich wollte gleich auf diese Frage kommen. Die beiden Häuser stehen in ständigem Kontakt, und beide Herren Minister sind bemüht, diese Sache dem Bundeskabinett so schnell wie möglich zur abschließenden Entscheidung zuzuleiten.
Darf ich nun noch eine Bemerkung zu einer Frage machen, die Sie Herr Abgeordneter Schmidt, in Ihrer einleitenden Rede berührt haben, nämlich zu den Mitteln der ÖFFA. Ich möchte dazu sagen, daß vom Bundesfinanzminister aus dem ÖFFAPlan 200 Millionen DM freigegeben worden sind; die restlichen 60 Millionen DM dieses Jahres werden demnächst freigegeben werden.
Sie haben ferner gesagt, daß der Bundesfinanzminister Einfluß auf die Zinshöhe genommen hätte
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- zitiert, bitte - und daß es der ÖFFA dadurch schwierig geworden sei, die Mittel auf dem Kapital- oder Geldmarkt aufzunehmen. Dazu muß ich sagen, daß wir tatsächlich der ÖFFA nahegelegt haben, nicht höhere Zinsen als 8 % zu geben, nach({1})
dem Industrieunternehmen Obligationen zu einem Zinsfuß von 8 % ausgegeben haben und infolgedessen der soziale Wohnungsbau wegen des Absatzes der Pfandbriefe hinsichtlich der ersten Hypotheken sehr zu kämpfen hat. Darüber liegt dem Hohen Hause ja bereits ein Initiativgesetzentwurf vor. Daher hätte es nicht verantwortet werden können, wenn der Bundesfinanzminister der ÖFFA einen höheren Zinsfuß als 8 % zuzugestehen gestatten würde.
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Wir müssen auch hier die anderen Bedarfsnotwendigkeiten, wie den sozialen Wohnungsbau, mit in Rechnung ziehen; wir können nicht nur einseitig ein einzelnes Ziel nehmen.
Nun die neuen Straßenbaupläne! Der Bundesminister der Finanzen ist zu keinem Zeitpunkt der Auffassung gewesen, daß es mit diesen Finanzierungsquellen, also mit dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 möglich sein werde, innerhalb eines Jahrzehntes das vorhandene Straßennetz den stetig steigenden Anforderungen des Kraftwagenverkehrs anzupassen. Er hat wiederholt betont, daß es sich beim Verkehrsfinanzgesetz 1955 nur um einen Anfang handle, und hat gerade deshalb den ersten Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes mit einer Jahreszahl versehen; die Jahreszahl ist ja auch in die Bezeichnung des Gesetzes aufgenommen worden.
Es muß aber stutzig machen, wenn nun statt einer organischen Weiterentwicklung auf dem eingeschlagenen Wege Straßenbaupläne verfolgt werden, bei denen eine Verbindung mit den finanzwirtschaftlichen Möglichkeiten des Bundes nicht mehr erkennbar ist und bei denen Zweifel auftauchen müssen, ob sie planungs- und verwaltungsmäßig überhaupt durchführbar wären, falls es gelänge, die hierfür erforderlichen Mittel zu beschaffen. Ich muß noch einmal die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses auf diesen Punkt lenken. Die planungs- und verwaltungsmäßigen Grenzen werden allzuleicht übersehen, obwohl der Bundesrechnungshof in seinen Denkschriften und Prüfungsbemerkungen wiederholt darauf aufmerksam gemacht hat, daß sogar in den Rechnungsjahren, in denen die Straßenbaumittel gering waren, ernste Mängel bei der Durchführung, Überwachung und Rechnungslegung im Zusammenhang mit dem Straßenbau festgestellt worden sind. Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat ja ein bekanntes Beispiel dafür dargelegt. Ich glaube, man unterschätzt die Schwierigkeit 'und den Zeitraum, den die Straßenverwaltungsbehörden nötig haben, um ihre Pläne durchzuführen, um die Enteignungen, die erforderlich sind, vorzunehmen und um dann noch die Bauvergaben in angemessener Zeit vonstatten gehen zu lassen. Das muß alles mitberücksichtigt werden, ehe man sich über die Mittel unterhält, die verbaut werden können. Ich glaube, einer so starken Erhöhung der Mittel, wie sie von der SPD-Fraktion gefordert wird, müßten sorgfältige Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit der Straßenbauverwaltungen vorausgehen. Aber ich hoffe auch, daß das Begleiterscheinungen sein werden, die mit der Zeit vorübergehen.
Die weit schwerer wiegende Frage ist die, wie es möglich ist, das Straßenbauvolumen des Bundes wesentlich zu steigern - und das ist ja wohl der Kern der Debatte -, ohne daß zusätzliche Dekkungsmittel beschafft werden.
Die Anträge der Fraktionen der DP und der SPD stimmen darin überein, daß die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer auf 10 bzw. 12 Jahre für den Straßenbau zweckgebunden werden sollen. Der letzte Antrag will diese Zweckbindung darüber hinaus auch noch auf die Hälfte des Aufkommens aus dem Mineralölzoll ausdehnen, soweit er vom Kraftverkehr aufgebracht wird.
Diese Zweckbindung als Mittel der Straßenbaufinanzierung ist seit längerer Zeit in der Öffentlichkeit sehr lebhaft propagiert worden. Es ist versucht worden, die Berechtigung dieser Zweckbindung daraus zu begründen, daß der Steuerschuldner mit dem Besteuerungsobjekt - Kraftfahrzeug - die Straße benutzt oder sich mit Hilfe des besteuerten Verbrauchsguts - Mineralöl - auf der Straße fortbewegt. Demgegenüber muß gesagt werden, daß Steuern und Abgaben - anders als Gebühren - sich dadurch auszeichnen, daß sie losgelöst von einer Gegenleistung erhoben werden. Es ist also nicht ganz ersichtlich, was nach dem Antrag der SPD-Fraktion damit gewonnen werden soll, daß man die Mineralölsteuer in Mineralölabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer in Kraftfahrzeugabgabe 'umtauft. Es kann daher so wenig ein Anspruch darauf konstruiert werden, daß die Einnahmen aus diesen Steuern für den Straßenbau verwendet werden, wie etwa ein Anspruch darauf, daß die Erträge der Tabaksteuer, ich weiß nicht: entweder für den Tabakanbau oder zugunsten des Rauchers Verwendung finden. Ich glaube, diese Forderung hat noch niemand aufgestellt. Es ist doch wohl unbestritten, daß die Last zumindest der indirekten Steuern der letzte Verbraucher trägt und nicht derjenige, der die Steuer nur für das Finanzamt oder das Zollamt einkassiert. Auch die Treibstoffabgaben und die Kraftfahrzeugsteuer sind für den Unternehmer Geschäftsunkosten, die er zunächst einmal bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer abzieht, die er aber zweitens im Preise auf den Verbraucher überwälzt. Diese Abgaben trägt höchstens der Privatbenutzer eines Kraftwagens, der nicht etwa als Beamter oder als angestellter Direktor einen Dienstwagen hat, sondern der wirklich als Privatmann nur für private Zwecke einen Wagen fährt. Das ist der einzige, der diese sogenannten Straßenabgaben wirklich letzten Endes selbst trägt.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte!
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, daß diese Abgaben auf den Konsumenten abgewälzt werden können. Ist Ihnen bekannt, daß die gewerblichen Verkehrsträger an Festpreise gebunden sind?
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß bei der Bemessung dieser Festpreise sämtliche Steuern berücksichtigt worden sind.
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Im übrigen kann in der Hochkonjunktur wohl überhaupt nicht bestritten werden, daß jeder Gewerbetreibende in der Lage ist, die Steuern auf den letzten Verbraucher abzuwälzen. Das gilt so({1})
gar für die direkten Steuern, wie die Wissenschaft nachgewiesen hat.
Im übrigen wird von den Herren Antragstellern auch wohl übersehen, daß die eben genannten Steuern und Zölle durch Art. 106 des Grundgesetzes dem Bund oder den Ländern als allgemeine Deckungsmittel zugewiesen sind.
Rechtlich ist natürlich eine Zweckbindung von Einnahmen für bestimmte Zwecke möglich, und sie ist auch in einem gewissen Umfang im Verkehrsfinanzgesetz 1955 erfolgt, um darauf in gewissem Umfang ein Kreditgebäude aufzubauen - darüber bestand ja damals Übereinstimmung - und die Abgaben, die erst in einem längeren Zeitraum eingehen würden, sofort im Wege der Kreditaufnahme in möglichst kurzer Zeit für den Straßen- oder Autobahnbau zu verwenden.
Im Grundsatz ist die Zweckbindung stets bedenklich, da sie eine Ausgabe nicht nach dem unbedingt notwendigen Bedarf unter Berücksichtigung der anderen öffentlichen Bedürfnisse bemißt und infolgedessen die Haushaltswirtschaft beengt. Sie muß verhängnisvoll wirken, wenn sie dazu zwingt, andere lebensnotwendige Bedürfnisse einzuengen, und sie muß die finanzielle Ordnung eines Staatswesens untergraben, wenn durch sie Einnahmen gebunden werden, mit denen bisher andere andauernde Ausgaben gedeckt wurden, ohne daß dafür andere Deckungsmittel zur Verfügung stehen. Ich komme gleich noch darauf zurück.
Ich darf aber auch schon eines betonen: daß doch auf die Länge das Hohe Haus sich eine sehr schwer tragbare Einengung seines eigenen Budgetrechts ) auferlegt, wenn, nachdem erhebliche Mittel im Wohnungsbau für sehr viele Jahre gebunden sind und viele andere Ausgaben, weil sie auf Gesetz beruhen, überhaupt nicht vermindert werden können, nun noch zusätzlich Mittel in der hier genannten Höhe dem jährlichen Budgetbewilligungsrecht des Hohen Hauses entzogen werden. Die Zweckbindung hat unter diesen Umständen die gleiche Wirkung wie die Erhöhung von Haushaltsausgaben ohne Deckungsvorschlag. Diese Folgewirkung würde bei den genannten Anträgen eintreten.
Nun möchte ich einmal die Größenordnung nennen, damit das Hohe Haus sich darüber klarwerden kann, welche sehr erhebliche Tragweite die gewünschten Beschlüsse haben würden. Im Bundeshaushalt für das Rechnungsjahr 1956 sind von den Mineralölsteuereinnahmen rechnerisch 716 Millionen DM zur Deckung anderer als Straßenbauausgaben auf Grund der Beschlüsse des Hohen Hauses verwendet worden. Durch die Einbeziehung der Hälfte der Mineralölzolleinnahmen über 175 Millionen DM erhöht sich dieser Betrag auf 891 Millionen DM. Also Mineralölsteuereinnahmen, zum Teil auch Mineralölzolleinnahmen, die nicht für Straßenbauzwecke verwendet werden, laut Bundeshaushalt 1956: 891 Millionen DM. Trotzdem konnte der Bundeshaushalt 1956 bekanntlich nur mit Mühe formell, keineswegs aber materiell ausgeglichen werden, weil keine Möglichkeit gewesen wäre, diese Lücke zu schließen.
Die geforderte Zweckbindung bedeutete also eine Erhöhung der Straßenbauansätze von 694 Millionen auf 1585 Millionen, von denen die genannten 891 Millionen ungedeckt geblieben wären, so daß der Haushaltsausgleich, der in Art. 110 des Grundgesetzes vorgeschrieben ist, auch formell nicht möglich gewesen wäre. Wenn also eine solche Zweckbindung schon im Haushalt 1956 bestanden hätte, dann hätte das zu einschneidenden Kürzungen bei einer Reihe anderer großer Haushaltsansätze führen müssen, die entweder durch Gesetz festliegen oder auf Grund von politischen Entscheidungen des Hohen Hauses in den Bundeshaushalt aufgenommen worden sind.
Hiernach muß ich die Zweckbindung in Übereinstimmung mit dem, was Herr Abgeordneter Müller-Hermann dargelegt hat, als ein untaugliches Mittel bezeichnen. um ohne die Schaffung neuer Deckungsmittel die Durchführung eines großzügigen Straßenbaues zu erzwingen. Wer die Zweckbindung will, muß auch sagen, woher er diese 891 Millionen DM nehmen will, die im Haushalt 1956 von diesem Hohen Hause für andere Zwecke festgelegt worden s'nd. Andernfalls kann man dem Vorschlag nicht nähertreten.
Herr Staatssekretär, sollten Sie überhört haben, daß ich zu diesem Punkt vorhin Ausführungen gemacht habe?
Ich habe es wohl überhört, Herr Abgeordneter.
Dann darf ich empfehlen, sie im Protokoll nachzulesen.
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Danke sehr, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, ist nicht mit diesen Ihren letzten Äußerungen ziemlich klargestellt worden, daß von seiten des Finanzministeriums die Durchführung des Zehnjahresplanes ebenso als unmöglich angesehen wird?
Herr Abgeordneter, ich würde empfehlen, den weiteren Teil meiner Ausführungen abzuwarten, ehe Sie einen Schluß daraus ziehen.
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Nun, meine Damen und Herren, möchte ich einmal für einen Augenblick rein theoretisch von dem Satz ausgehen, der doch in der Öffentlichkeit immer wieder aufgestellt wird, daß alle sogenannten Verkehrsabgaben für den Verkehr verwendet werden müßten. Ich habe gesagt: sie werden vom Verbraucher getragen; aber wir wollen einmal von dem Satz ausgehen. Dann kann man aber diesen Satz nicht isoliert nur für einen Steuergläubiger aufstellen, nämlich für den Bund. Wir haben in :unserem föderalistischen Finanzsystem drei Steuergläubiger, den Bund, die Länder und die Gemeinden, deren finanzielle Beziehungen durch komplizierte Gesetze geregelt sind, wovon die wichtigsten Dinge sogar durch das Grundgesetz festgelegt sind. Wenn es nun richtig wäre, daß der Bund erhebliche Beträge, die aus den sogenannten Verkehrsabgaben kommen, nicht unmittelbar für den Straßenbau verwendet - ich habe Ihnen soeben die genaue Zahl genannt -, dann muß doch berücksichtigt werden, daß der Bund durch die Verfassungsänderung von Ende 1955 auf den geringen Anteil von 33 1/3 % an der Einkommen- und Körperschaftsteuer beschränkt worden ist. Erst ab
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1958 bekommt er 35 %. Dadurch sind aber doch die Länder in den Stand gesetzt, entsprechend höhere Beträge für den Straßenbau aufzubringen. Bei der ganzen Betrachtung, die diesen Gesetzentwürfen zugrunde liegt, darf man also diese sehr komplizierte Verflechtung der Steuerquellen und der Steuergläubiger doch nicht ganz außer acht lassen.
Ich möchte nun aber auch noch sehr nachdrücklich davor warnen, die Straßenbaufinanzierung, wie das hier offenbar geschehen soll, mit einer Änderung des vertikalen Finanzausgleichs, also des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern, zu verbinden. Nicht als ob der Bundesfinanzminister davor Sorge hätte, denn damit könnte er die Angelegenheit wahrscheinlich auf Jahre von sich wegschieben. Wenn Sie bedenken, wie lange es gedauert hat, bis die Verfassungsänderung Ende Dezember 1955 endlich zustande gekommen ist, dann wird Ihnen klarwerden, daß das Anstreben einer Änderung dieses Anteilverhältnisses von 33 1/3 % wahrscheinlich wieder Jahre dauern würde; denn es ist gar nicht sicher, ob auch nur ein Land im Bundesrat für eine solche Verfassungsänderung eintreten würde. Ich glaube, dem Straßenbau würde dadurch kein guter Dienst erwiesen, ebensowenig wie mit der Methode der Zweckbindung; das ist vorhin in der Debatte auch schon gesagt worden. Wer nach praktischen Mitteln sucht, um dem Straßenbau zu helfen, sollte weder auf die Zweckbindung zukommen noch gar auf eine Änderung des vertikalen Finanzausgleichs.
Wenn aber dem Bund, wie es nach dem SPD-Entwurf der Fall wäre, noch Mittel für den Straßenbau der Länder und Gemeinden entzogen würden, dann müßte er notwendigerweise einen erhöhten Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer bekommen, um seinen anderen Aufgaben Genüge tun zu können. Dann müßten aber andererseits die Länder, wenn sie geringere Anteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer erhielten, ihrerseits die Zuweisungen an die Gemeinden im Rahmen des Landesfinanzausgleichs wieder kürzen. Die Folge wäre also nicht eine Vergrößerung des Kuchens - denn es ist doch einmal insgesamt ein feststehender Kuchen -, sondern wären nur große Reibungsverluste, nur eine anderweitige Verteilung des vorhandenen Kuchens; denn jede Mark kann von dem, der sie besitzt, nur einmal ausgegeben werden.
Ich möchte noch erwähnen, daß der vorgeschlagene Straßenbaufonds einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erfordern würde und man wohl auch vor der fast unlösbaren Verteilungsaufgabe für die nicht festgelegte Restquote stehen würde. Ich darf daher nochmals sagen, daß ich es für wenig sinnvoll halte, die Finanzverantwortlichkeit des Bundes auf dem Gebiet des Straßenbaues zu erweitern, zumal wohl alle in der Meinung einig sind, daß der Bund im Augenblick nicht einmal für die ihm durch das Grundgesetz übertragenen Aufgaben des Verkehrs über genügend Finanzmittel verfügt.
Am 6. Oktober 1956 sind die Gesetze über die Steuersenkung verkündet worden. Durch die Fassung, die sie durch den Vermittlungsausschuß erhalten haben, hat der Bund gegenüber der Fassung, die das Hohe Haus im Juli beschlossen hatte, eine Mehrbelastung von 650 Millionen DM zu tragen; die Länder haben dadurch, daß die Aufhebung des Notopfers Berlin an Stelle der Einkommensteuertarifsenkung beschlossen wurde, eine Besserstellung um 650 Millionen DM erzielt. Auch wenn man davon ausgeht, daß die Länder einen Teil davon den Gemeinden, insbesondere den leistungsschwachen Landgemeinden, wegen der Aufhebung der Gewerbesteuer zuweisen - dieser Betrag ist von den Länderfinanzministern auf etwa 100 Millionen DM bemessen worden; ich kann die Notwendigkeit dieses Betrags von mir aus nicht nachprüfen -, so würden den Ländern doch nach den vor zwei Wochen verkündeten Steuersenkungsgesetzen 550 Millionen DM mehr zur Verfügung stehen, als sie im Sommer auf Grund der Beschlüsse des Bundestages erwarten konnten. Ich möchte also annehmen, daß die Länder in der Lage sind, in Wahrung der durch das Grundgesetz festgelegten Zuständigkeiten einen erheblichen Teil davon an die Gemeinden für den Straßenbau weiterzugeben.
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Jedenfalls wird der Bundesfernstraßenbau durch alle Vorschläge, daß Straßenbauaufgaben der Länder und Gemeinden auf den Bund übernommen werden sollen, nicht gefördert, sondern beeinträchtigt.
Nun fragt es sich, ob nicht eine Erhöhung der Bundeshaushaltmittel für den Straßenbau möglich ist. Der Initiativantrag der Fraktion der CDU/ CSU, der übrigens nicht vom Bundesfinanzminister stammt - das hat auch der Herr Begründer des Antrags nicht für sich in Anspruch genommen;
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ich kann nur eine Tatsache feststellen -, verzichtet auf eine Zweckbindung von Steuern. Er sieht aber eine wesentliche Erhöhung der Haushaltsansätze für den Straßenbau in den Rechnungsjahren 1957 bis 1959 - immer gegenüber 1956 gerechnet - um 400, um 650 und um 900 Millionen DM vor, ohne daß aus dem Antrag unmittelbar erkennbar ist, wie diese Mehrausgaben gedeckt werden können. Wenn die Gestaltung des Bundeshaushaltsplans 1957 auch noch nicht endgültig festliegt, so ist doch heute schon zu erkennen, daß angesichts der bereits gefaßten Beschlüsse des Hohen Hauses ein Ausgleich des Bundeshaushalts 1957 auf außerordentliche Schwierigkeiten stoßen wird. Die Mehranforderungen der Ressorts gegenüber 1956 belaufen sich auf 6,5 Milliarden DM, denen äußerstenfalls Mehreinnahmen von 2 Milliarden DM gegenüberstehen, die aber schon voll in Anspruch genommen sind.
Die Verhandlungen zwischen den Fachressorts und dem Bundesminister der Finanzen über den Haushaltsentwurf 1957 sind noch nicht abgeschlossen. Aber wesentliche Mittel für diese Zwecke werden daraus nicht verfügbar gemacht werden können. Nur im Rahmen der Beratungen des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 wird sich ermessen lassen, in welchem Umfang eine Verstärkung der Straßenbaumittel möglich ist. Ich hoffe, daß unter Einbeziehung von Krediten nach dem jetzigen Stand immerhin ein Betrag von 915 Millionen DM für den Bundesfernstraßenbau verfügbar gemacht werden kann.
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Darüber hinaus Entscheidungen für künftige Rechnungsjahre vorwegzunehmen, deren Auswirkungen gar nicht übersehen werden können, ist
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nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums nicht möglich. Mit der gesetzlichen Festlegung solcher geschätzter Beträge würden in der Straßenbauwirtschaft lediglich Hoffnungen erweckt, die dann als Wechsel dem neuen Bundestag präsentiert würden. Damit würde die Grundlage für einen kontinuierlichen Straßenbau nicht geschaffen werden können. Der Bundeshaushalt ist durch die allgemeine politische Entwicklung und durch Beschlüsse des Hohen Hauses viel zu stark vorbelastet, als daß die Festlegung von Ausgaben unter Außerachtlassung der Haushaltslage möglich wäre. Daher bleibt nur die Tatsache, daß, wenn keine zusätzlichen Deckungsmittel geschaffen werden können, eine starke Steigerung der Straßenbaumittel lediglich durch eine drastische Kürzung anderer Ausgabetitel möglich wäre. Ich fürchte allerdings, daß eine solche Kürzung auf einen sehr heftigen Widerstand stoßen würde.
Bei realistischer Betrachtungsweise scheinen keine anderen Wege für eine erhebliche Steigerung des Straßenbauvolumens, also über die 915 Millionen DM des Jahres 1957 hinaus, gegeben zu sein als entweder die Freimachung von Haushaltsmitteln, die bisher durch andere Verkehrsausgaben gebunden sind, oder die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen. Vielleicht muß man beide Maßnahmen miteinander verkoppeln, um die Lösung für die Allgemeinheit einigermaßen tragbar zu machen.
Man sollte nicht von vornherein zusätzliche Belastungen als ganz unmöglich bezeichnen. Jedenfalls sind die Belastungen des Verkehrsfinanzgesetzes von 1955 von der Wirtschaft ohne Nachteile verkraftet worden. Einzelnen Wirtschaftszweigen, die am heftigsten gegen das Verkehrsfinanzgesetz von 1955 Sturm gelaufen haben, sind sogar eindeutige Vorteile daraus erwachsen.
Wir sind der Ansicht, daß die Maßnahmen in einem Straßenbaufinanzierungsgesetz zusammengefaßt werden sollten, mit dem die Voraussetzung für eine längerfristige Straßenbauplanung durch den Herrn Bundesminister für Verkehr geschaffen würde. Über eine Abstimmung dieser Straßenbauplanung - das darf ich auf Ihre Frage sagen - und wegen der Finanzierungsmöglichkeiten schweben bekanntlich zur Zeit Verhandlungen zwischen dem Herrn Bundesminister für Verkehr und Herrn Minister Schäffer, und wir hoffen, daß die Ergebnisse in naher Zukunft dem Bundeskabinett zugeleitet werden können. Ich möchte daher auch der Hoffnung Ausdruck geben, daß eine gemeinsame Beratung der Entwürfe der Bundesregierung mit den hier behandelten Initiativanträgen in den zuständigen Ausschüssen möglich sein wird.
Nun kommt die Frage, welcher Weg zu zusätzlichen Einnahmequellen erschlossen werden kann. Ich bin mir bewußt, daß die Erörterung dieser Möglichkeiten nicht populär ist, fühle mich aber angesichts der Haushaltssituation verpflichtet, sie auch einmal vor der Öffentlichkeit zu erörtern. Ich bin auch nicht ganz der Ansicht von Klein-Erna, „daß da kein Sinn in ist". Vielleicht kommt das Hohe Haus später doch einmal zu der Erkenntnis, daß ein Sinn „da in ist".
Zunächst würde sich ein weiterer Abbau des Unterschiedes zwischen der Dieselöl- und der Vergaserkraftstoffbelastung anbieten. Auch heute noch sind die Benutzer von Vergaserkraftstoffmotoren gegenüber den Dieselölverbrauchern doppelt benachteiligt, weil sie je Einheit eine höhere Steuer entrichten müssen, obwohl die Kraftentwicklung geringer und der. Verbrauch für die gleiche Leistung größer ist. Trotz der Erhöhung durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 beträgt der Abstand in der Belastung heute noch 9 Pfennig je Liter, und mir ist bisher noch kein volkswirtschaftlicher Grund gesagt worden, weshalb dieser Abstand von 9 Pfennig weiterbestehen soll. Jeder Pfennig Steuer mehr würde jährlich 25 Millionen DM erbringen, die dem Straßenbau zugeführt werden könnten.
Dieser Weg erscheint uns zweckmäßiger als der in der Öffentlichkeit vertretene Plan einer Sonderumsatzsteuer auf Kraftfahrzeuge oder einer Reifenverbrauchsteuer. Beides gehört nicht zu den Plänen des Bundesfinanzministeriums und würde auch zu verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen.
Man könnte auch an eine Straßenbauabgabe denken, d. h. einen Zuschlag zur Mineralölsteuer als eine Straßenbauabgabe bezeichnen; das liegt dann etwa in der Linie des SPD-Entwurfs. Man müßte aber noch untersuchen, ob hier nicht eine Auswirkung auf die Verbraucherpreise für Mineralöl vermieden werden kann. Es besteht wohl weithin die Überzeugung, daß die Tankstellenpreise eine sehr erhebliche Marge lassen und daß daher eine mäßige zusätzliche Steuerbelastung gar nicht auf den Verbraucher überwälzt werden müßte, sondern von den Mineralölerzeugern mitgetragen werden könnte. Ich glaube, wenn sich das bestätigt, dann wird sich die Öffentlichkeit über eine Erhöhung der Belastung des Dieselkraftstoffs weiter gar nicht aufzuregen brauchen.
Herr Staatssekretär, ohne Ihren Optimismus dämpfen zu wollen: Erinnern Sie sich an den Tag, wo Ihr Kollege, der Staatssekretär Westrick, von eben jenem Platze aus gesagt hat: „Natürlich, die Tankstellenpreise sind zu hoch, aber leider haben wir keine Möglichkeiten, um die Leute zu zwingen, derartige Steuermaßnahmen aufzufangen", und daran, daß die Bundesregierung daher auch tatsächlich nichts unternommen hat. um sie zu zwingen?
Herr Abgeordneter, gerade die rechtliche Möglichkeit, die Tankstellenbesitzer und Ölerzeuger zu zwingen, von einer Abwälzung abzusehen, wird zur Zeit bei uns und im Bundesjustizministerium untersucht. Wirtschaftlich wäre es doch wichtig, wenn sich die Öffentlichkeit einmal der Frage zuwendete, welche Spannen in der Mineralölerzeugung und dem Vertrieb noch liegen.
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- Herr Abgeordneter Schmidt, dann werden Sie es sicher mit Freude begrüßen, daß ich heute eine Prüfung dieser Frage ankündige.
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- Aber immer noch früh genug!
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- Ich sage j a, wir sind zusammen mit dem Justizministerium und dem Wirtschaftsministerium da({3})
bei, zu prüfen, ob man rechtlich verhindern könnte, daß eine geringe Verteuerung des Dieseltreibstoffs auf den Verbraucher abgewälzt wird.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Frage?
Herr Staatssekretär, haben Sie nicht zu Beginn Ihrer Ausführungen gesagt, man müsse immer damit rechnen, daß Steuererhöhungen auf den Verbraucher abgewälzt werden? Herr Kollege Rademacher hat Ihnen entgegengehalten, daß es beispielsweise bei gebundenen Preisen und Tarifen nicht möglich sei. Sie vertreten jetzt die Auffassung, daß eine solche Überwälzung nicht möglich sei. Ich sehe darin einen gewissen Unterschied in Ihrer Begründung.
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Ich bin dankbar, daß Sie mich hier darauf hingewiesen haben. Ich habe nicht von „möglich" gesprochen, sondern ich habe gesagt: wir werden uns bemühen, durch neuartige Maßnahmen zu erreichen, daß in diesem Falle eine geringe Mehrbelastung des Treibstoffs nicht überwälzt wird.
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Daß grundsätzlich Verbrauch- und Verkehrsteuern auf den Verbraucher überwälzt werden, kann ja gar nicht in Abrede gestellt werden.
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- Meine Damen und Herren, darf ich fortfahren.
Dann käme zweitens eine Autobahn-Benutzungsgebühr, über die man ja auch vor Jahren schon einmal gesprochen hat und die natürlich nur die Kraftfahrzeughalter treffen würde, die die Vorteile der Autobahn genießen; diese Vorteile sind bekanntlich so erheblich, daß ich sie dem Hohen Hause gar nicht darzulegen brauche. Wir denken an ein vereinfachtes Verfahren, natürlich nicht daran, an jede Auffahrt und Abfahrt von der Autobahn im achtstündigen Schichtwechsel je einen Kontrollbeamten zu setzen. Das ist ausgeschlossen; das geht nur, wo, wie in Italien, sehr wenige Auf- und Abfahrten sind und es sich im wesentlichen um geschlossene Straßenkörper handelt. Wir denken etwa an den Kauf einer Marke, die an die Windschutzscheibe zu kleben wäre. Die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten zeigen übrigens, daß eine mäßige Gebühr die Anziehungskraft der Autobahnen eher erhöht als mindert. Die Mehreinnahmen dürften bei längerem Bestehen steigen und zwischen 50 und 75 Millionen DM je Jahr liegen. Wenn Sie dazu je Pfennig Mehrsteuer Dieseltreibstoff 25 Millionen annehmen, so haben Sie damit einen gewissen gedanklichen Spielraum für das Ergebnis unserer Vorschläge.
Natürlich müssen diese Maßnahmen durch eine parallel laufende stetige Erhöhung der Haushaltsansätze ergänzt werden, wobei auf die Einnahmesteigerung aus der nicht zweckgebundenen Mineralölsteuer, also aus dem sogenannten Sockel, Rücksicht zu nehmen wäre.
Es wären also kombinierte Maßnahmen, die wir vorschlagen würden.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Frage? - Herr Müller-Hermann!
Herr Staatssekretär, sind Sie sich darüber im klaren, daß diese zusätzlichen Belastungen des Kraftverkehrs - die, wie ich hoffe, lediglich Vorschläge des Bundesfinanzministeriums und nicht des Kabinetts sind - sich zwangsläufig auf die Preissituation auswirken müßten?
Herr Abgeordneter, über die Dieselabgabe habe ich eben auf die Fragen hin, die mir gestellt wurden, schon gesprochen; und die Autobahngebühr würde minimal sein, und es würde sie nur der zahlen, der Vorteile von der Autobahn hat. Ich glaube, das kann man im Preise der einzelnen Ware gar nicht ausdrücken. - Im übrigen sind das selbstverständlich Gedankengänge des Bundesfinanzministers. Der Herr Verkehrsminister hat bereits dargelegt, daß die Beratung im Kabinett noch bevorsteht.
Etwaige Haushaltsumschichtungen wären sicher im Interesse des Straßenbaues wünschenswert. Ich glaube aber, sie sind zum Teil kaum vertretbar und kaum durchsetzbar. Ob Umschichtungen im Verkehrshaushalt zugunsten des Straßenbaues möglich wären, liegt zunächst in der Entscheidung des Herrn Bundesverkehrsministers. Aber ein schneller Erfolg derartiger Bindungen kann sicherlich nicht erwartet werden.
Die Maßnahmen, die ich hier dargelegt habe, haben gemeinsam, daß ihre Wirksamkeit mit dem Zeitablauf zunimmt, ohne daß die Last für den einzelnen Kraftfahrzeughalter spürbar wird. Der Nachteil ist, daß die Mittel innerhalb eines Zeitraums von zehn oder zwölf Jahren erst langsam wachsen. Der große Nachholbedarf im Straßenbau erfordert aber, daß das Grundnetz möglichst zügig ausgebaut wird. Daher sollte die im Verkehrsfinanzgesetz 1955 erstmalig angewandte Kreditfinanzierung erweitert und ausgebaut werden, um die vorhandenen Mittel so schnell wie möglich dem Straßenbau zuzuwenden.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat betont, daß es nicht möglich sein würde, jetzt die Belastung, sei es der Treibstoffsteuer, sei es eine andere, zu erhöhen. Das muß selbstverständlich dem Hohen Hause überlassen bleiben, ob es solche zusätzlichen Belastungen für möglich hält oder nicht. Aber ich darf doch betonen, daß, wenn man eine solche zusätzliche Belastung nicht oder wenigstens in diesem Augenblick nicht für möglich hält, dann allerdings die für den Straßenbau zusätzlich zu verwendenden Mittel entsprechend geringer wären, es sei denn, daß man bei der Haushaltsberatung 1957 in der Lage wäre, Mittel, die bisher für andere Zwecke verwendet werden, diesen Zwecken zu entziehen und sie zusätzlich dem Straßenbau zuzuwenden. Darüber kann natürlich jederzeit gesprochen werden. Jedenfalls kann eine gesetzliche Festlegung allein nicht helfen, sondern es muß zugleich auch für die finanzielle Sicherheit und Dekkung gesorgt werden.
Der Bundesfinanzminister, meine Damen und Herren, hat es für seine Pflicht gehalten, Ihnen mit diesen Ausführungen am heutigen Tage ein ganz nüchternes Bild zu geben. Er hat sich bemüht, dabei auch den vielfältigen anderen dringenden Aus({0})
gaben gerecht zu werden, die dem Haushalt obliegen. Ich darf nochmals bemerken, daß es letzten Endes durchaus in der Entscheidung des Hohen Hauses liegt, wie es im Rahmen des verfassungsmäßig vorgeschriebenen ausgeglichenen Haushalts auch den unbestrittenen Notwendigkeiten des Straßenverkehrs gerecht zu werden vermag.
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Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte große Hoffnung geschöpft, als der Herr Staatssekretär Hartmann erklärte, er sei im Grundsatz - „zweifelsfrei", sagte er - für einen Straßenbau. Aber das, was ich jetzt alles hören mußte, bedeutet doch, daß reichlich viel Wasser in den Wein geschüttet worden ist. Das gesamte Problem spitzt sich immer wieder auf die Grundfragen zu. Ich will deshalb heute angesichts der vorgerückten Stunde nicht mehr auf Einzelheiten eingehen, sondern namens der Fraktion der Freien Volkspartei nur einige grundsätzliche Erklärungen abgeben.
Es müßte ja nach dem, was eingangs erklärt worden ist und was auch der Herr Bundesverkehrsminister angedeutet hat, alles in Ordnung sein. Aber ich glaube, daß wir doch noch einer Reihe von lebhaften" Auseinandersetzungen entgegensehen. Die Anträge werden sowieso in die Ausschüsse gehen müssen. Aber auch die Probleme selbst sind, wie heute abend schon betont wurde, so vielschichtig, daß man sie jetzt nicht mehr gänzlich zu erörtern vermag.
Wenn nun der Herr Staatssekretär die Meinung vertritt, daß man mit neuen Steuern, Gebühren und Abgaben das Problem selbst lösen kann, so muß ich von mir aus erklären, daß ich diesen Weg für abwegig halte. Ich würde es nicht für richtig halten, eine Politik einzuschlagen, die nach meiner Überzeugung konträr jener Generallinie steht, die der Bundeswirtschaftsminister vertritt. Wir müssen befürchten, daß aus dem Preiskomplex heraus dann immer weitere Gefährdungen auch für den gesamten Etat eintreten könnten.
Der Herr Staatssekretär des Finanzministeriums beklagt sich in gewissem Sinne darüber, daß in der Offentlichkeit über die Zweckbindung so viel debattiert worden ist. Dazu muß ich doch folgendes sagen. Die gesamte Begründung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 ging ja darauf aus, daß der Kraftwagen und die Kraftverkehrswirtschaft nicht genügend mit der Erhaltung und dem Bau der für sie passenden Wege belastet seien. Nun hat man die Belastungen durchgeführt und hat das Verkehrsfinanzgesetz hier über die Bühne gehen lassen. Da ist es doch kein Wunder, wenn jetzt eine breite Erörterung eintritt, was mit den aufgebrachten 1,2 oder 1,8 oder 2,2 Milliarden geschieht. Das ist eine moralische und in gewissem Sinne technische und finanzielle Zwangsjacke gewesen, die man damals - Güterkraftverkehrswirtschaft, Güterfernverkehr, -nahverkehr oder was Sie wollen - immer wieder in die Debatte geworfen hat.
Nun, wir haben bei der Beratung des Verkehrsfinanzgesetzes gerade die Überlegung in den Vordergrund geschoben, daß wir eine steigende Motorisierung auf der einen und einen nicht genügenden Straßenzustand auf der anderen Seite haben. Ich bringe das erneut in Erinnerung, weil ja der Antrag der SPD, den hier der Kollege Schmidt ({0}) begründet hat, mit dem Untertitel „Verkehrsfinanzgesetz 1956" benannt ist. Der Schwerpunkt aller Maßnahmen lag aber damals nicht zuerst in einem langfristig angelegten Straßenbau, sondern in Maßnahmen im Straßenverkehrsrecht, in der Zulassungsordnung, und in finanzieller Hinsicht in Maßnahmen zu Lasten des Kraftverkehrs vor. Mit anderen Worten: es waren Dämpfungsmaßnahmen - darüber waren wir uns wohl klar - in gewissem Sinne gegen den Kraftwagen, der stärker zu den Kosten des Straßenbaus herangezogen werden sollte. Dem Kraftwagen wurde, wie bereits betont, der schwere Vorwurf gemacht, er stehe z. B. im Gegensatz zur Bundesbahn nicht oder nicht in genügender Weise für seinen Anteil an den Wegekosten ein. In diesem Zusammenhang scheint mir folgendes wesentlich zu sein. - Herr Staatssekretär Hartmann hat uns heute einen Blütenstrauß von Steuern und Abgaben offeriert, bei dem uns doch reichlich ungemütlich geworden ist. Ich erinnere an die damaligen Einzelmaßnahmen, wie Mineralölsteuererhöhung, Kraftfahrzeugsteuer, Anhängerbesteuerung, Gewichtsverhältnis Lastwagen zum Anhänger 1 : 1. Wir haben noch die Anforderung von meinem Kollegen Rademacher in dieser Beziehung vorliegen: Beschränkung der Maße und Gewichte, Sonntagsfahrverbot, Besteuerung des Werkverkehrs usw. Ich bringe das in Erinnerung, damit wir uns wieder darüber klarwerden, was wir schon alles getan haben mit dem Ziel, den Kraftwagen eben mit diesen Kosten zu belasten, sogar einschließlich der Kosten für die Verkehrspolizei. Das Verkehrsfinanzgesetz, Herr Staatssekretär, sah im übrigen auch eine automatische Abführung von rund 150 Millionen DM pro Jahr, und zwar auf die Dauer von zehn Jahren, an die Bundesbahn vor. Dagegen hatten wir gar nichts. Damit war das Prinzip der Haushaltsgestaltung durchbrochen worden; aber man hat nicht gehört, daß der Bundesfinanzminister gegen diese Zweckbindung gewesen wäre. Ich gebe zu, Herr Staatssekretär: Es ist natürlich ein Unterschied, ob man einige hundert Millionen zweckbindet, um der Bundesbahn etwas auf die Beine zu helfen, oder ob es sich um Zweckbindungen in Höhe von vielleicht eines Tages zwei oder drei Milliarden DM handeln wird.
Außerdem sieht das Verkehrsfinanzgesetz im Abschnitt IV eine Gesellschaft für Autobahnfinanzierung vor. Da hat der Bund auch jährlich auf die Dauer von sogar 14 Jahren einen Zuschuß von 120 Millionen DM garantiert, also auch eine glatte Zweckbindung für eine sehr sehr lange Zeit. Niemand hatte seinerzeit grundsätzliche Bedenken vorgebracht, nicht einmal der Finanzminister!
Die Bundesbahn hat das dankbar begrüßt, aber die Belastungen waren da, und weitgehend bestand im Hintergrund die Hoffnung, die Transporte könnten nicht zuletzt infolge der Belastung des Werkverkehrs auf die Schiene zurückgeführt werden. Nebenbei bemerkt: Für die Schiene ist das nicht in diesem Umfang akut geworden; die Transporte gingen vom Werkverkehr mehr in den gewerblichen Nah- und Fernverkehr über.
Der Kern der Überlegungen ist doch aber folgender. Der immer wieder geforderte und bisher vernachlässigte Straßenbau - das muß man dem Herrn Staatssekretär heute wirklich noch einmal sagen - kann doch in dieser Form nicht forciert
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werden, wenn man das Gefühl hat: in den einzelnen Sektoren wird wiederum die Bremse stark angezogen. Die Motorisierung ist doch ein Kennzeichen moderner Industriestaaten. Man wird sie meiner Ansicht nach auf die Dauer nicht restlos oder auch nur in nennenswertem Umfang verhindern können. Der Bundesverkehrsminister tut nichts anderes als seine Pflicht, wenn er heute immer dringender für den Straßenbau einen Zehnjahresplan fordert. Man sollte ihm dafür doch dankbar sein. Ein solcher Zehnjahresplan erweist sich als notwendig. Man muß in Organisation, Planung, Verwaltung und Finanzierung einen beherzten Schritt tun.
Dabei erachte ich es, wie gesagt, keinesfalls für richtig, neue Belastungen, wie Autobahngebühren, Reifensteuer oder Dieselpreiserhöhung, wie sie hier angeführt wurden, ins Auge zu fassen. Wenn Sie das Kunststück fertigbringen, im Wege juristischer und wirtschaftlicher Überprüfungen die sogenannte Marge im Tankstellenpreis abzufangen und damit den Preis für den Verbraucher auf der bisherigen Höhe zu halten, dann in Gottes Namen, möchte ich sagen. Dann soll uns das gleichgültig sein. Aber ich halte es doch für sehr bedenklich, hier frischfröhlich einfach wieder die Treibstoffpreise erhöhen zu wollen. Das ist das Problem, das der Kollege Schmidt ({2}) schon vor Monaten in aller Eindeutigkeit zur Debatte gestellt hat. Ich muß auch sagen: Es ist reichlich spät, wenn man im Finanzministerium diesem Problem erst jetzt zu Leibe rückt.
Wenn all das - die Zahlen sind ja bekannt -, was die Kraftverkehrswirtschaft heutzutage aufbringt und was man ihr nach allen Gutachten auch mit Fug und Recht anlasten kann und darf, wirklich für den Straßenbau verwandt wird, dann ist damit natürlich schon sehr viel geholfen. Aber - Sie haben die Zahlen gehört - der Herr Finanzminister hält uns entgegen, daß er runde 900 Millionen DM nicht einsetzen könne, weil er sie für andere Zwecke benötige. Das ist wiederum das große Spiel des internen Ausgleichs, und das greift in die letzten politischen Überlegungen hinein. Hier geht es eben um die Frage, ob man bestimmte Aufgaben und wenn ja, welche, schwerpunktmäßig vorziehen soll. Aber irgendwo ist, glaube ich, die Grenze. Irgendwo müssen wir hier springen. Irgendwie müssen wir den Straßenbau jetzt generell und global anpacken, wenn wir nicht eines Tages an der Motorisierung in den Städten einfach ersticken wollen. Das ist meine Überzeugung. Das ganze Hin und Her hilft uns dabei nicht einen Zentimeter weiter.
Bei pessimistischer Beurteilung der Weiterentwicklung der Motorisierung müßte man als vom Bund zu leistende Beträge für die Dauer von zehn Jahren vielleicht 7 Milliarden DM ansetzen, bei optimistischer Beurteilung des Eingangs an Steuern und Abgaben vielleicht nur 2 Milliarden DM. Das sind aber Schätzungen, Herr Staatssekretär, die man natürlich nicht bis ins letzte beweisen kann.
Vor uns liegen die Anträge der Fraktionen. Ich darf betonen, daß es uns im Endeffekt nicht so sehr berührt, ob eine Zweckbindung kommt oder nicht, ob wir eine zentrale Kasse, genannt Straßenbaufonds, errichten oder nicht. Wesentlich ist nur, daß endlich ein Straßenbauprogramm auf weite Sicht geplant und seine Finanzierung projektiert wird.
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Leider liegt dem Plenum - das muß ich auch unterstreichen - in puncto Zehnjahresplan keine Regierungsvorlage vor. Die finanzielle Deckung ist offen.
Es ist also wohl eines Tages bei uns zu entscheiden - wenn das noch lange auf sich warten läßt -, ob überhaupt ein Zehnjahresplan aufgestellt und angenommen werden soll. Ich habe mir sagen lassen - einige Stimmen in dieser Richtung waren ja zu vernehmen -, man könne einen Zehnjahresplan überhaupt nicht brauchen. Ein solcher Plan sei viel zu optimistisch, sei ein Wolkenkuckucksheim; die Kosten könne man heute gar nicht berechnen. Ich bin aber der Überzeugung, daß man einen Zehnjahresplan dringend nötig hat, damit man draußen bei den Ländern, bei der letzten Straßenbauplanung und -verwaltung ein Gerippe, eine Plattform besitzt, von der aus überhaupt erst gearbeitet werden kann.
Ob es möglich ist, mit den auf Grund des Antrags veranschlagten Summen - in diesem Zusammenhang möchte ich ein Wort zum Kollegen Müller-Hermann sagen - von 1,1 bis 1,6 Milliarden für die nächsten drei Jahre im umfassenden Sinne voranzukommen, möchte ich bezweifeln. Es ist sehr gut gedacht. Ursprünglich hätte ich dazu beinahe die Formulierung gewählt, daß es sich hier um eine Verlegenheitslösung handelt; aber es ist ja nicht Ihre persönliche Verlegenheit, sondern es ist der Versuch, überhaupt vorwärtszukommen, überhaupt etwas zu erreichen.
Mit diesem Versuch würde man aber den Gemeinden nicht gerecht werden; insoweit deckt sich meine Meinung mit der des Kollegen Schmidt ({4}). Die Gemeinden sind ja heute in gewissem Sinne, Herr Staatssekretär, völlig die Kostgänger der Länder, sie leben oft aus der Hand in den Mund. Ich hätte gerne von den Antragstellern - der SPD - eine Aufklärung gehabt, ob bei der geplanten quotalen Verteilung der Straßenbaukosten in bezug auf die Landstraßen zweiter Ordnung auch die Landkreise genügend berücksichtigt werden. Ich habe das Gefühl, daß gerade die Landkreise bei dieser Planung vielleicht zu kurz kommen. Die Gelehrten werden sich noch sehr darüber streiten, wie diese quotale Aufteilung im einzelnen vonstatten gehen soll.
Ich glaube, wir müssen zu einer planerischen, organisatorischen und finanziellen Verbundwirtschaft kommen. Auf die Dauer ist es nicht damit getan, einzelne Betonplatten auszubessern oder da und dort eine Ortsdurchfahrt anzulegen. Mit solchen Hilfsmitteln packen wir die rasant fortschreitende Motorisierung nicht mehr. Der Herr Bundesverkehrsminister rechnet ja mit einer Verdoppelung, ja, auf einzelnen Gebieten mit einer Verdreifachung der Motorisierung in einem Zeitraum von 20 Jahren. Wie wird der Stand der Motorisierung in 10 Jahren sein?
Das Netz der Autobahnen - das muß ich auch von mir aus betonen - ist ja nur ein Torso. Die Bundesfernstraßen sind dringend überholungsbedürftig. Brücken, Rad- und Mopedwege sollen gebaut werden. Von allen diesen Plänen haben wir heute immer wieder gehört, und ich will mich gar nicht mehr darauf festbeißen. Fehlt aber - und darauf kommt es an - die einheitliche und weiträumige Planung auf weiteste Sicht, dann kommen wir, glaube ich, mit irgendwelchen kleinen Mittelchen niemals zu einer umfassenden Lösung.
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Es müßte doch möglich sein - das möchte ich wiederholen -, die Planung als solche, die der Bundesverkehrsminister in mühsamer Kleinarbeit aufgestellt hat, zu akzeptieren und die Finanzierung gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister zu klären, um so wenigstens eine gewisse Abstimmung herbeizuführen.
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Ob man Zweckverbände, ob man Baulastträger usw. schafft, steht dahin.
Hierbei möchte ich doch kurz - weil mir das besonders am Herzen liegt - die Lage der Gemeinden herausstellen. Die Landkreise und Gemeinden sind in einer besonders prekären Situation. Wir haben 2 000 km Autobahn, 24 000 km Bundesstraßen, 50 000 km Landstraßen erster Ordnung und 50 000 km Landstraßen zweiter Ordnung, demgegenüber aber 120 000 km Gemeindestraßen.
In der Hand des Bundes und der Länder liegen also 77 000 km, in der Hand der Gemeinden und Landkreise 170 000 km, das sind knapp 100 000 km mehr, und zwar für Baulastträger, die direkt keine Einnahmen auf diesem Gebiet und für diese Aufgabe haben. Da liegt die Schwierigkeit.
Der Bund hat 1954/55 für seine 26 000 km Einnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden DM gehabt, die Länder für ihre 50 000 km Einnahmen in Höhe von 650 Millionen DM, und die Kreise und Gemeinden haben für ihre 170 000 km in diesem Sinne, wenn man von Abgaben und einzelnen Gebühren und Straßenbauabgaben absieht, offiziell nichts weiter bekommen bis auf die Zuschüsse, die ihnen von Fall zu Fall gegeben werden.
Ich sehe in den Vorschlägen, auch im Vorschlag der CDU, noch keine Möglichkeit, wie das Finanzierungsproblem für diese Landkreise und Gemeinden richtig und umfassend gelöst werden kann. Ich brauche nicht zu wiederholen, daß sich der Schwerpunkt der Verkehrsunfälle gerade in den Städten und Gemeinden befindet. Wir hoffen nun, daß es doch noch zu einer Kabinettsvorlage gegenüber dem Plenum kommt, und zwar zu einer Lösung, die einen - wenn möglich - echten Kompromiß zwischen dem Vorschlag der CDU, der ja eine haushaltsmäßige Bindung für die nächsten drei Jahre vorsieht, und den Vorschlägen auf eine quotale Verteilung und Zweckbindung darstellt. Der erste ist ungenügend, und der zweite Vorschlag setzt, wie wir gehört haben, derartige verfassungsmäßige Änderungen voraus, daß man an eine baldige Realisierung - trotz der Dringlichkeit des Ganzen - nicht glauben kann.
Der Herr Verkehrsminister ist mit Recht - und wir sollten ihm dankbar dafür sein - von der kleinen Lösung des Zehnjahresplans auf Grund des Verkehrsfinanzgesetzes abgegangen und hat daraus den großen Zehnjahresplan entwickelt. Er strebt eine großzügige Lösung an. Wir haben deshalb die Bitte, daß alles darangesetzt wird, um auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sicherzustellen. Die technische Straßenbauplanung - so möchte ich es einmal nennen - sollte für die weitere Durchgestaltung und für das Zusammenarbeiten aller einzelnen Verwaltungseinheiten verbindlich werden. Ich hoffe, daß sich die Herren Verkehrs- und Finanzminister in diesem Sinne einigen werden und daß wir nicht etwa, wenn dieser Versuch scheitert, den harten
Weg der Zweckbindung eines Tages doch gehen müssen, wenn wir nicht einfach vor der Aufgabe kapitulieren wollen. Denn wenn wir es nicht genügend durchziehen, wächst uns die Motorisierung über den Kopf. Die Motorisierung aber mit allen Mitteln anhalten, sie erschweren oder immer neue Belastungen hineintragen, das würde bedeuten, daß wir unserer Wirtschaft, unserem Produktionsapparat in keiner Weise einen Gefallen täten.
Zum Schluß erinnere ich nur noch daran, daß 68 % der deutschen Gemeinden keinen Bahnanschluß haben. Die hochtourige moderne Industriewirtschaft bedarf des Kraftwagens, bedarf der Straße. Wenn das versäumt, wenn das Problem nicht jetzt und nicht rechtzeitig angepackt würde, dann würden wir eines Tages wirklich in eine Krise hineinkommen, und zwar in eine echte Krise.
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Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal eine große Verkehrsdebatte, wieder einmal eine Verkehrsdebatte - wie so häufig in den letzten sieben Jahren bei brennenden Verkehrsfragen -- vor einem fast leeren Hause. Das soll mich veranlassen, mich so kurz wie möglich zu fassen, Sie nicht mehr mit weiteren Zahlen zu füttern, sondern nu- den grundsätzlichen Standpunkt der Freien Denkraten darzulegen.
Ich darf mit einer Betrachtung der Ausführungen des Herrn Staatssekretär Hartmann beginnen. Danach müßte die Öffentlichkeit eigentlich den Eindruck haben, daß in den letzten Jahren alles in bester Ordnung gewesen ist. Ich glaube, eine derartige Feststellung für die Vergangenheit wird in der Öffentlichkeit nicht ankommen; denn wir alle wissen, wie es auf den deutschen Straßen aussieht.
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- Nicht allzu viel, Herr Kollege; mindestens ist es zu spät geschehen. Sie kennen ja den Betrag der Bundesmittel, die im Straßenverkehr zur Verfügung gestanden haben und daß - die Frage der Zweckbindung will ich hier nicht anrühren - mindestens 5 Milliarden DM für andere Zwecke verwandt worden sind. Das ist nun einmal eine feststehende Zahl, die niemand wegdiskutieren kann. Vielleicht ist es hochinteressant, daß diese Zahl in etwa korrespondiert mit dem Betrag, der in dem berühmten oder berüchtigten Juliusturm liegt.
Der Herr Staatssekretär Hartmann hat in einer auch für uns befriedigenden Weise dargelegt, wie er sich in etwa eine Verbesserung der Situation in den kommenden Jahren vorstellt. Ich hoffe nur, daß das Bestreben, einen Ausgleich und Lösungen zu finden, die nicht darauf abzielen, neue schwere Belastungen für den Straßenbenutzer zu bringen, bei der gegenwärtigen Bundesregierung durchgehalten wird. Es ist zu hoffen, daß es durchgehalten wird, da wir neun Monate vor einer Neuwahl stehen.
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Auch ich möchte vor der Einführung einer Autobahngebühr warnen. Sie kann für den einzelnen noch so niedrig sein, der Verkehrsnutzer kalkuliert sehr genau. Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine Autobahngebühr - ich habe diese Dinge in Amerika selber studiert -, aber ich fürchte, daß eine große Abwanderung von den Autobahnen auf die Bundesfernverkehrsstraßen und auch auf die anderen Straßen entstehen würde. Diese Gefahr ist tatsächlich vorhanden, und daran sollten die Herren denken, die nach Mitteln und Wegen suchen, um zu einer zügigen Finanzierung des neuen Straßenbaues zu kommen.
Es ist natürlich, daß der Herr Bundesverkehrsminister in stärkerem Maße dem Antrag seiner eigenen Fraktion zuneigt. Aber dieser Antrag ist eben nur ein Antrag, und wir wissen ja ganz genau, wie es hier in den letzten sieben Jahren mit Anträgen gewesen ist. Ich glaube, es ist nach den Bestimmungen des Grundgesetzes nicht einmal nötig, daß einem beschlossenen Antrag gefolgt wird. Daher muß man verstehen, daß das Parlament in dieser Beziehung die Initiative an sich gerissen hat und konkrete Gesetzentwürfe aus seiner Mitte vorgelegt worden sind, um auf diese Weise die Regierung zu zwingen, nach den Beschlüssen des Parlaments etwas wirklich Zügiges für den notwendigen Straßenbau zu tun.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat erwähnt, daß er den Zehnjahresplan mit Genehmigung des Herrn Bundeskanzlers der Öffentlichkeit übergeben hat. Das ist wohl nicht so zu verstehen, daß der Herr Bundeskanzler den Zehnjahresplan des Herrn Bundesverkehrsministers ausdrücklich gebilligt hat. Das hat der Herr Bundesverkehrsminister nicht gesagt, und ich habe auch einige
Zweifel, ob das so ist, obgleich seine Ausführungen den Eindruck erwecken konnten, daß der Herr Bundeskanzler voll und ganz hinter diesem Zehnjahresplan stehe. Wir werden das ja bei den weiteren Beratungen im Kabinett erfahren. Wir wollen nur hoffen, daß der ergänzende Teil zu dem Zehnjahresplan, nämlich die Finanzierungsseite, nun auch so schnell wie möglich im Kabinett geklärt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Bundesverkehrsminister hat in der letzten Zeit sehr häufig den Weg in die Öffentlichkeit gesucht und gewählt, um seine Nöte um einen Ausbau des Straßennetzes der Öffentlichkeit klarzulegen. Es hatte manchmal den Anschein, als wenn dadurch die Verantwortung in starkem Maße auf den Bundesfinanzminister übertragen werden sollte. Wir sind durchaus der Meinung, daß das Bundesfinanzministerium in der Vergangenheit einen entscheidenden Anteil an den Unterlassungen hat, die zu den gegenwärtigen desolaten Zuständen auf den Straßen geführt haben. Aber wir von der Freien Demokratischen Partei sind nicht bereit, den Herrn Bundesverkehrsminister und sein Haus voll und ganz aus der Verantwortung der vergangenen Jahre zu entlassen. Daß es heute zu einem Zehnjahresplan gekommen ist, ist auch nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß dieses Haus für die Notwendigkeiten für den Ausbau des deutschen Straßennetzes immer aufgeschlossener wurde, wenn wir auch trotz der ständigen Mahnungen leider erst im letzten Jahr der zweiten Legislaturperiode, nunmehr neun Monate vor der Wahl, mit einem Zehnjahresplan beglückt werden, von dem wir, wie wir es eben von Herrn Hartmann gehört
haben, alle noch nicht wissen, wie er realisiert werden soll.
Zusammenfassend muß ich noch einmal an die verschiedenen Versuche erinnern, die von 1949 an gemacht worden sind, eine großzügige Verkehrspolitik im allgemeinen und eine Straßenbaupolitik im besonderen zu betreiben, in der Erkenntnis, daß die Bundesregierung nicht alle drei oder sechs Monate stolz eine Statistik herausgeben kann, wie wunderbar sich alles Wirtschaftliche in Deutschland entwickelt hat, ohne dabei rechtzeitig zu sagen, daß die Steigerung der Produktion in der deutschen Bundesrepublik unbedingt von der Herstellung eines intakten Verkehrsapparats begleitet werden müßte. Das bezieht sich nicht nur auf den Straßenverkehr und auf den Straßenbau, das ist genauso zu verstehen für die Wiederherstellung und Gesundung der Deutschen Bundesbahn als die Voraussetzung, die komplizierten Bedürfnisse der Wirtschaft im nationalen und internationalen Handel zu befriedigen.
Aber es scheint noch nicht zu spät zu sein. Wir sind an einem entscheidenden Punkt angekommen, wo sowohl die Regierung als auch das ganze Haus verstanden haben, daß es so einfach nicht mehr weitergeht. Diese Zustände bei den Verkehrsträgern und auf den Straßen sind nicht länger zu verantworten. Wir wollen nur hoffen, daß es möglich ist, sehr bald eine vernünftige Synthese der Absichten der Regierung mit den vorliegenden Initiativanträgen zu finden, damit wir zu dem Ziel kommen, zu dem wir eigentlich schon vor Jahren hätten kommen müssen. Diesen Vorwurf wegen der Vergangenheit werden wir der Bundesregierung - nicht nur dem Finanzminister, sondern auch dem Verkehrsminister - nicht ersparen können; denn wir sind uns der großen Verantwortung bewußt, diese Verhältnisse auf den Straßen zu ändern, die ja so eine erschreckende Wirkung in der Öffentlichkeit haben. Sie wissen, wie leicht man es sich mit Argumenten macht, indem man beispielsweise in dem offiziellen Regierungsorgan, dem Bulletin, immer wieder darauf hinweist: Der Schuldige an diesen Toten und Verletzten auf den Straßen ist der Verkehr. Meine Damen und Herren, der Schuldige ist mindestens ebensosehr auch die Regierung, die die notwendigen Maßnahmen in den vergangenen Jahren unterlassen hat. Ich hoffe - einmal ist es schon geschehen -, daß bei größeren Unglücksfällen auch die deutschen Richter in immer stärkerem Maße bereit sein werden, neben dem Urteil einmal zum Ausdruck zu bringen, daß diese unhaltbaren Zustände auf den deutschen Straßen auf eine vernachlässigende Verkehrspolitik insbesondere hinsichtlich des Straßenbaues zurückzuführen sind.
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Das Wort hat der Abgeordnete Spörl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht eine schon Stunden andauernde Verkehrsdebatte durch neue Wiederholungen verlängern. Wir sind uns alle darüber einig. daß erheblich mehr Mittel als bisher für den Straßenbau eingesetzt werden müssen, wenn nicht unser gesamter Verkehr in wenigen Jahren nahezu stillstehen soll. Ich halte es auch für sinnlos, in einen Wettlauf darüber einzutreten, wie hoch diese Summen sein sollen und welche Mittel zweckge({0})
bunden werden sollen oder können. In den zuständigen Ausschüssen werden wir uns vielmehr sehr ernst über die Frage unterhalten müssen, was überhaupt möglich ist, und in diesen Ausschüssen, Herr Staatssekretär Hartmann, werden höchstwahrscheinlich auch Ihre Steuererhöhungspläne und Ihre Pläne für die Einführung neuer Steuern zum Untergang verurteilt sein.
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Meine Freunde und ich von der CSU werden uns der Straßenbauprobleme besonders annehmen, weil diese Frage gerade für Bayern von lebenswichtiger Bedeutung ist. Die Verkehrsferne des bayerischen Ostens, die gewaltsame Abschneidung seiner wirtschaftlichen Lebensadern nach Mitteldeutschland, die künstliche Abschnürung durch den Eisernen Vorhang gegenüber der Tschechoslowakei zwingen uns geradezu, unsere Verbindungen nach dem Westen auszubauen und neue Verbindungen herzustellen.
Wir wollen Ihrem Vorhaben, Herr Minister Seebohm, einen Zehnjahresplan zu schaffen, keineswegs in den Rücken fallen oder es vereiteln. Wir sind aber der Meinung, daß sich unser Gesetzentwurf Drucksache 2737 ({2}) schneller verwirklichen und darüber hinaus in jeden zeitlich weitergehenden Plan einbauen läßt. Wir wollen erreichen, daß der Straßenbau im kommenden Jahr bis an die Grenze des Möglichen verstärkt wird. Besser ist es, einen Finanzierungsplan für drei Jahre zu verabschieden, damit die Bauarbeiten im Frühjahr zum ehestmöglichen Termin begonnen werden können, als über einen Zehnjahresplan bis über den Zeitpunkt des Baubeginns hinaus zu debattieren.
Deshalb geht meine Bitte an die Ausschüsse, die sich mit der schweren Materie werden befassen müssen, dahin, schnell zu arbeiten, damit der Sache gedient wird. Denn die Lösung des Verkehrsproblems auf unseren Straßen bedarf dieses Dienstes.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reden, die der Herr Bundesverkehrsminister und Herr Staatssekretär Hartmann heute hier gehalten haben, zwingen uns zu einigen Feststellungen.
Wir hatten erwartet, etwas über die verkehrspolitische Konzeption der Bundesregierung zu hören. Wir müssen Ihnen sagen, daß unsere Erwartungen enttäuscht worden sind. Uns sind heute zwei Standpunkte vorgetragen worden, die einander diametral gegenüberstehen. Der Herr Bundesverkehrsminister hat durch einen Sprecher seiner Fraktion die Zweckbindung der spezifischen Verkehrsteuern für den Straßenbau verlangt. Der Herr Bundesfinanzminister respektive Herr Staatssekretär Hartmann lehnen die Zweckbindung ab. Der Herr Bundesverkehrsminister hat von seiner Fachabteilung Straßenbau einen Zehnjahresplan ausarbeiten lassen, der den Investitionsbedarf für die Bundesstraßen und Autobahnen auf jährlich mindestens 2,2 Milliarden DM fixiert. Der Herr Bundesfinanzminister ist nur bereit - das haben wir heute gehört -, etwa ein gutes Drittel aus Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen.
Wir müssen die Bundesregierung fragen, welche Linie sie zu verfolgen gedenkt, die des Verkehrsministeriums oder die des Herrn Finanzministers. Es scheint uns bei der völlig verfahrenen Situation und bei den unterschiedlichen Auffassungen notwendig zu sein, daß uns der Herr Bundeskanzler sagt, zu welcher Verkehrspolitik sich die Bundesregierung bekennt, um das hoffnungslose Durcheinander zu beenden. Ich halte die Zweigleisigkeit, mit der hier gefahren wird, für unerträglich. Ich halte es für unerträglich, wenn die eine Seite der Bundesregierung in der Öffentlichkeit einen großzügigen Straßenbauplan veröffentlichen läßt und dieser Plan von der anderen Seite der Bundesregierung - sprich Bundesfinanzministerium - kurzerhand abgewürgt wird. Es scheint mir etwas merkwürdig zu sein, wenn in einem Sonderdruck des Bulletins der Zehnjahresplan groß aufgemacht und der effektive Bedarf von 22 Milliarden DM für den Bund herausgestellt wird und nachher in Zwergschrift zu lesen ist, daß davon 15 Milliarden DM ungedeckt sind.
Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben vorhin den Vorschlag der SPD als ein Wahlplakat bezeichnet.
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Ich glaube, das war ein falscher Zungenschlag. Ich bitte Sie versichert zu sein, daß es uns mit dem Straßenbau wirklich bitter ernst ist, um die Unfallgefahren zu vermindern. Aber, Herr Kollege Müller-Hermann, wenn Sie uns diesen unberechtigten Vorwurf machen, ist dann nicht auch der Zehnjahresplan der Bundesregierung ein Wahlplakat?
({1})
Herr Dr. Seebohm hat doch auf der Verkehrsministerkonferenz nicht etwa als Privatperson, sondern als Kabinettsmitglied gesprochen und den Plan. wie wir vorhin gehört haben, mit der ausdrücklichen Genehmigung des Herrn Bundeskanzlers verkündet. Ich glaube, das Wahlplakat „Zehnjahresplan der Bundesregierung" ist durch Ihre Stellungnahme und insbesondere durch die heutige Rede des Herrn Staatssekretärs für die CDU schon lange vor der Wahl völlig gegenstandslos geworden.
Der Investitionsplan der Bundesregierung hat doch nur einen Sinn, wenn auch seine Finanzierung sichergestellt ist. Die Bereitwilligkeit zur Finanzierung ist auf seiten der Bundesregierung eben nicht vorhanden. Ich verstehe auch nicht die Haltung der Koalitionsparteien.
Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben sich bisher noch nicht dazu geäußert, ob Sie den Zehnjahresplan für angemessen und richtig halten oder ob er nach Ihrer Auffassung etwas zu üppig ist. Herr Kollege Müller-Hermann, wenn Sie von der Richtigkeit des Planes überzeugt sein sollten, dann, glaube ich, wäre es notwendig. den Plan ordnungsgemäß zu realisieren und die Mittel nicht etwa scheibchenweise zur Verfügung zu stellen. Ich bin der Meinung - ich darf das etwas unfreundlich ausdrücken -, daß hier die Unfallzahlen, die Verkehrstoten und die Verkehrsverletzten letzten Endes dem militärpolitischen Denken untergeordnet werden sollen.
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Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion muß zu der Konsequenz einer generellen Drosselung der Motorisierung führen. Sie, Herr Kollege Müller-Hermann, müssen uns sagen, ob das der gewollte Zweck Ihres Antrages ist.
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Ich werde dafür einige Beispiele bringen. Der Herr Bundesverkehrsminister hat mit Unterstützung des Kabinetts die Maße und Gewichte für Lastwagen, Zugmaschinen und Omnibusse gedrosselt. Heute liegt uns der Antrag vor, zu einer Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Kraftfahrzeuge zu kommen. Im Hintergrund lauert nach wie vor das Straßenentlastungsgesetz mit einer Anzahl von Verkehrsverboten. Die einschränkenden Maßnahmen sind teilweise durch den versäumten Straßenbau in der Vergangenheit notwendig geworden. Aber in der Konsequenz, Herr Kollege Müller-Hermann, deutet Ihre Politik doch auf die Absicht einer Drosselung und Schrumpfung der gesamten Motorisierung hin. Wenn Sie die Drosselung nicht wollen, Herr Kollege Müller-Hermann, dann gibt es nach unserer Auffassung nur einen Ausweg, und zwar den, die Straßen so schnell wie möglich der wachsenden Motorisierung anzupassen.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten bekennen uns zum technischen Fortschritt, zu der Entwicklung der Leistungsfähigkeit aller Verkehrsträger. Deswegen halten wir den schnellen Ausbau unseres Straßensystems für notwendig, und wir sind der Meinung, daß aus Gründen der Verkehrssicherheit und der wachsenden Motorisierung ein Zehnjahresplan unverzüglich, d. h. im kommenden Haushalt schon in seiner ersten Rate, verwirklicht werden muß. Wir meinen, daß die beste Gewähr für die systematische Durchführung des Planes in der Zweckbindung der Steuern liegt, die der Kraftverkehr aufbringt.
Herr Staatssekretär Hartmann hat in seiner Rede erwähnt, daß eine solche Zweckbindung gewisse Lücken entstehen lasse. Herr Staatssekretär, vor ) diese Entscheidung werden wir immer wieder gestellt. Es ist die Entscheidung, ob wir auf verkehrswirtschaftlichem und sozialpolitischem Gebiet die dringenden Maßnahmen durchführen oder ob wir weiterhin der forcierten Aufrüstung den Vorrang geben. Wir sind der Ansicht, daß ein Nebeneinander in der Bewältigung von verkehrs- und sozialpolitischen Aufgaben und der Rüstung in dem gegenwärtigen Ausmaß einfach nicht möglich ist. Man muß sich entscheiden, wie die Dringlichkeitsskala aussehen soll. Wir meinen, daß die verkehrswirtschaftlichen und die sozialpolitischen Aufgaben den Vorrang vor der Rüstungswirtschaft haben müssen.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, haben wir unsere Drucksache 2707 eingebracht; sie ist der Versuch einer konstruktiven Lösung. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben uns gelehrt, daß eine Straßenbaufinanzierung ohne eine Zweckbindung der spezifischen Verkehrsteuern problematisch bleibt. Deswegen hoffen wir trotz aller gegenteiligen Äußerungen, die wir heute hier gehört haben, daß wir in den Ausschußberatungen ein wachsendes Verständnis für unsere Auffassung finden.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller-Hermann. Ich hoffe aber, daß das der letzte Redner bleibt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte bloß ganz kurz auf die Ausführungen des letzten Diskussionsredners, des Herrn Dr. Bleiß, eingehen.
Ich verzichte darauf, hier auf den „Zusammenhang" zwischen Rüstungswirtschaft und Straßenbau einzugehen. Sehr verehrter Herr Dr. Bleiß, dieses Argument wirkt nun allmählich langweilig, weil es keinen Zusammenhang zwischen diesen Dingen gibt; die haben überhaupt nichts miteinander zu tun.
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Aber auf das andere möchte ich eingehen, nämlich daß Sie meinen, uns den Vorwurf machen zu müssen, wir gingen letzten Endes auf eine Drosselung des Straßenverkehrs aus. Völliger Irrtum! Im Gegenteil, wir bemühen uns, das Straßennetz im Rahmen des Möglichen so schnell wie nur irgend angängig auf den Stand zu bringen, den unsere Wirtschaft fordert und den unsere Staatsbürger als Verkehrsteilnehmer allesamt verlangen können. Aber wir sehen uns als die Verantwortung tragenden und verantwortungsbewußten Parlamentarier - ({1})
- Ich bezweifle durchaus nicht Ihr eigenes Verantwortungsbewußtsein, möchte aber noch einmal betonen: wir sehen als verantwortungsbewußte Parlamentarier nur die Möglichkeit, ein Straßenbauprogramm in der Form und in dem Umfange zu verabschieden, wie es die allgemeine Haushaltssituation zuläßt. Ich glaube, daß wir auf diesem Wege nicht dadurch zu einem Resultat kommen, daß wir utopische Forderungen aufstellen und dann noch verlangen, daß sie von heute auf morgen realisiert werden.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Zur Klärung des Begriffs „Verantwortungsbewußtsein", Herr Kollege Müller-Hermann: Wer war denn nun nach Ihrer Meinung verantwortungsbewußter, die CDU-Fraktion mit ihrem jetzigen Initiativgesetzentwurf oder der Abgeordnete Müller-Hermann, der einen Gesetzentwurf einbringen wollte - den allerdings die Fraktion nicht mitgemacht hat -, der um 500 Millionen teurer gekommen wäre?
Die Frage ist mir völlig unverständlich, Herr Kollege,
({0})
und ich erspare mir daher auch eine Antwort.
({1})
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Herr Kollege Dr. Bleiß nun meint, wir wollten durch das scheibchenweise Bereitstellen von Mitteln den Straßenbau in der Praxis verzögern, so verkennt er völlig unsere Absicht. Wir wollen zunächst einmal für einen Übergangszeitraum ständig wachsende Beträge sichergestellt wissen, und wir wollen, daß dieses Anfangsprogramm in ein längerfristiges, umfassenderes Straßenbauprogramm übergeht, das wir in dem Augenblick verabschieden können, in dem die rein technischen Grundlagen uns, dem Parlament, bekannt sind. Aus diesem Grunde legen wir so großen Wert darauf, daß uns die Bundesregierung ein langfristiges Programm, etwa in der Form des Zehnjahresprogramms des Bundesverkehrsministers, vorlegt. Das ist die erste
({2})
Voraussetzung dafür, daß wir über eine Finanzierung dieses Programms Beschluß fassen können.
Herr Kollege Müller-Hermann, darf ich eine Frage stellen. Bekennen Sie sich zu dem Zehnjahresplan, den der Herr Bundesverkehrsminister verkündet hat? Wenn Sie sich zu diesem Plan bekennen, warum wollen Sie ihn nicht mit sofortiger Wirkung realisieren? Der Plan zeugt doch von der unbedingten Notwendigkeit, sofort etwas gegen den Unfalltod auf der Straße zu tun!
Unsere Fraktion bekennt sich zu der Notwendigkeit, ein langfristiges Programm zu verabschieden. Aber sie kennt dieses Zehnjahresprogramm nicht, da es ihr bisher nicht vorgelegt worden ist, und kann daher auch nicht dazu Stellung nehmen.
({0})
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor; ich schließe die Beratung zu Punkt 2 a bis f der heutigen Tagesordnung.
Wir kommen zur Ausschußüberweisung. Antrag Drucksache 2595. Beantragt ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Antrag Drucksache 2706. Vorschlag: Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen.
({0})
- Einen Moment, Herr Abgeordneter! Ich habe das nicht selbst gehört. Da muß ich nicht hier an diesem Platz gesessen haben. Im Ältestenrat war zwar Überweisung an den Ausschuß vereinbart, aber nun wird zur Geschäftsordnung ein anderer Antrag gestellt. Allerdings ist das sonst nicht üblich gewesen, Herr Kollege Schmidt, von Vereinbarungen im Ältestenrat abzuweichen, an denen auch Ihre Fraktion beteiligt war. Aber ich werde den Antrag zur Abstimmung stellen. Halten Sie ihn aufrecht?
({1})
- Aha! Es ist statt Überweisung des Antrags Drucksache 2706 beantragt, gleich über ihn abzustimmen; die Drucksache liegt Ihnen allen vor.
({2})
- Da können Sie nicht widersprechen, Herr Abgeordneter. Das ist ein Antrag zur Geschäftsordnung, dem ich stattgeben muß.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag, Drucksache 2706 anzunehmen, zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, Sie wissen, was ich sagen will. Ich muß die Abstimmung wiederholen. Aber das könnte mich unter Umständen in eine gewisse Zwangslage bringen. - Sie wissen, was ich meine -; denn ich muß hinterher amtlich von einem Tatbestand Kenntnis nehmen, was ich nicht gern tun möchte. Ich wiederhole die Abstimmung in der Form, daß ich bitte: wer für den Antrag ist, den Antrag Drucksache 2706 sofort anzunehmen, erhebe sich vom Platz. ({3})
Ich bitte, einen Augenblick stehenzubleiben, weil wir zählen wollen.
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- Das gibt es. Wir bestimmen, wie wir das machen, meine Damen und Herren.
({5})
- Danke sehr. - Gegenprobe! ({6})
Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich komme zur Überweisung des Antrags Drucksache 2707. Hier ist beantragt die Überweisung an den Haushaltsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zur Mitberatung. - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Antrag Drucksache 2737 ({7}). Überweisung an den Haushaltsausschuß - federführend - und den Ausschuß für Verkehrswesen zur Mitberatung. - Das Haus ist damit einverstanden.
Zum Gesetzentwurf Drucksachen 2753 und zu 2753 ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen beantragt. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Zum Antrag Drucksache 2768 schließlich ist beantragt Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht - federführend - und den Ausschuß für Verkehrswesen zur Mitberatung. - Das Haus ist damit einverstanden.
Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Oktober 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Luftverkehr ({8});
Schriftlicher Bericht *) des Ausschusses für Verkehrswesen ({9}) ({10}).
Berichterstatter: Abgeordneter Graaff ({11}). ({12})
Verzichtet das Haus auf mündliche Berichterstattung? - Das ist der Fall. Dann trete ich in die zweite Lesung ein und rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift.
Ich eröffne die Aussprache der zweiten Lesung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet. Wir treten in die
dritte Lesung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird
das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich
*) Siehe Anlage 2.
({13})
schließe die allgemeine Aussprache und komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über den Luftverkehr zwischen ihren Gebieten und darüber hinaus ({14});
Schriftlicher Bericht**) des Ausschusses für Verkehrswesen ({15}) ({16}).
Berichterstatter: Abgeordneter Op den Orth. ({17})
Ich unterstelle, daß das Haus auch hier auf mündliche Berichterstattung verzichtet. - Das ist der Fall. Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift in der zweiten Lesung. Ich trete in die Aussprache ein. Wird das Wort ge-
**) Siehe Anlage 3.
wünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift des Gesetzes zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit ist die zweite Lesung beendet. Ich trete in die
dritte Lesung
des Gesetzes ein und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 166. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 25. Oktober 1956, 14 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.