Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/15/1956

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich auf folgendes aufmerksam machen. In der 95. Sitzung des Bundestages am 7. Juli 1955 ist der Antrag der Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger ({0}), Elsner, Dr. Elbrächter und Genossen auf Erstattung eines Rechtsgutachtens über die Zuständigkeit des Bundes auf Gebieten des Wasserrechts sowie des Wasser- und Bodenverbandsrechts - Drucksache 1432 - federführend dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen worden. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat mit Schreiben vom 10. März 1956 mitgeteilt, ({1}) daß diese Vorlage vom Rechtsausschuß abgegeben werden sollte, nachdem inzwischen zur Beratung des Wasserhaushaltsgesetzes ein Sonderausschuß eingesetzt worden sei. Ich nehme an, das Haus ist damit einverstanden, daß der Antrag federführend diesem Sonderausschuß zugewiesen wird. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. In der 130. Sitzung des Bundestages am 23. Februar 1956 ist der Antrag der Abgeordneten Klausner, Niederalt, Dr. Frenz, Höcherl und Genossen betreffend Zinsverbilligungsmittel für den Fremdenverkehr - Drucksache 2096 - als federführendem Ausschuß dem Haushaltsausschuß und zur Mitberatung dem Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen worden. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat mit Schreiben vom 5. März 1956 darum ersucht, die Mitbeteiligung zu streichen, da eine Nachprüfung ergeben habe, daß eine Zuständigkeit seines Ausschusses nicht gegeben sei. Ich nehme an, das Haus ist damit einverstanden, daß der Antrag Drucksache 2096 nun allein beim Haushaltsausschuß behandelt wird. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 9. März 1956 die' Kleine Anfrage 226 der Abgeordneten Geiger ({2}) und Genossen betreffend Berücksichtigung der Klein- und Mittelbetriebe in Handwerk, Handel und Industrie bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge ({3}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2204 vervielfältigt. Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 8. März 1956 die Kleine Anfrage 230 der Fraktion der FDP betreffend Publizitätsvorschriften für Unternehmen der öffentlichen Hand ({4}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2149 vervielfältigt. Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. März 1956 die Kleine Anfrage 231 der Abgeordneten Kühlthau, Dr. Willeke, Brand ({5}), Etzenbach und Genossen betreffend Freigabe weiterer Raten der Hausratshilfe ({6}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2215 vervielfältigt. Dann darf ich nach einer langen Aussprache im Ältestenrat noch einmal auf den Antrag zurückkommen, den mir der Herr Vorsitzende der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft mit Schreiben vom 7. März 1956 zugeleitet hat. Ich habe das Haus schon einmal davon unterrichtet. Nach § 10 Abs. 1 letzter Satz der Geschäftsordnung ist die Zustimmung des Bundestags erforderlich, um die 16 Mitglieder des Hauses, die sich zu einer Fraktion „Demokratische Arbeitsgemeinschaft" zusammenschließen wollen, als Fraktion anzuerkennen. Der Antrag, diese Anerkennung auszusprechen, liegt mir vor. Ich stelle ihn hiermit zur Abstimmung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Menzel!

Dr. Walter Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Demokratischen Arbeitsgemeinschaft stützt sich offensichtlich auf § 10 unserer Geschäftsordnung. Aber die neue Gruppe erfüllt keine der Voraussetzungen dieser Vorschriften. § 10 Abs. 1 Satz 1 besagt, daß „Fraktionen Vereinigungen von Mitgliedern des Bundestages sind, die dergleichen Partei angehören." Die 16 Mitglieder der neuen Gruppe gehören jedoch ganz zweifellos nicht der gleichen Partei an, nachdem Herr Kollege Bucher namens der FDP mitgeteilt hat, daß die Herren Euler, Berg und Blank ({0}) nicht nur aus der Fraktion der FDP, sondern auch aus der Partei ausgeschieden seien. Somit sind diese drei Herren das, was unsere Geschäftsordnung in § 10 Abs. 1 Satz 3 als „Gäste" bezeichnet. Gäste zählen bei der für die Bildung einer Fraktion erforderlichen Zahl nicht mit. Somit erfüllt die neue Gruppe nicht die Bedingungen, die der Bundestag in einem Beschluß Ende 1953 zu Drucksache 45 aufgestellt hat, daß es mindestens der Zahl von 15 Mitgliedern bedarf, um eine Fraktion bilden zu können. Der Antrag ist aber auch aus einem andern Grunde noch gar nicht entscheidungsreif, weil nämlich eine wesentliche Tatsache noch nicht geklärt ist. Der gleiche § 10 der Geschäftsordnung sagt in Abs. 1 Satz 4: Die Bildung einer Fraktion durch Mitglieder des Bundestages, die nicht Mitglieder ein und derselben Partei sind, kann nur mit Zustimmung des Bundestages erfolgen. Ganz offensichtlich geht also die Geschäftsordnung davon aus, daß diese Mitglieder der neuen Gruppe auch Mitglieder einer Partei sein müssen. Sonst hätte die Geschäftsordnung zweifellos bestimmt, daß es sich um Mitglieder einer Partei und um Nichtangehörige einer Partei handeln könnte. Daher hat der Bundestag damals mit Recht beschlossen, daß er sich in solchen Fällen eine Zustimmung vorbehält, immer mit der Voraussetzung, daß feststeht, welcher Partei oder welchen verschiedenen Parteien die Mitglieder der neuen Gruppe angehören. Die neue Gruppe könnte diese Schwierigkeiten sofort aus der Welt räumen. Es wird ihr gar nichts Unzumutbares zugemutet, wenn man verlangt, daß sich ihre Mitglieder - wenigstens diese drei Herren -, entschließen, der Öffentlichkeit endlich einmal mitzuteilen, zu welcher Partei sie sich eigentlich bekennen. Daher beantragen wir, den Antrag dem Ausschuß für Geschäftsordnung zu überweisen, damit alle Zweifelsfragen geklärt werden können. Wir sind der Meinung, daß die drei Herren, die erklärt haben, nicht mehr der FDP anzugehören - nicht nur der Fraktion, sondern auch nicht mehr der Partei -, die Zwischenzeit benutzen sollten, um der Öffentlichkeit endlich zu sagen, woran sie politisch künftig glauben wollen. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.

Dr. Michael Horlacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000957, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tag beginnt bereits gut. Ich bin sehr verwundert, daß der Herr Kollege Menzel hier Auffassungen vertritt, die wir schon längst geklärt haben, als wir uns darüber einig waren - schließlich habe ich neben einem juristischen auch noch einen gesunden Menschenverstand -, ({0}) wie die Geschäftsordnung in diesen Fragen auszulegen ist. Wir haben im § 10 zwei Fälle vor uns. Das eine ist der Fall der Bildung einer Fraktion mit einer einheitlichen Willens- und Parteimeinung. Diese kann sich eo ipso bilden, kraft eigenen Rechts. Deswegen hat es auch einen Sinn, daß Gäste hier nicht mitgezählt werden, weil diese Fraktion ein einheitlich handelnder Organismus der gleichen Parteizugehörigkeit ist. ({1}) Daneben hat aber der Deutsche Bundestag noch eine zweite Form einer Fraktion, nämlich die Form der Fraktion, die vom Bundestag gebilligt werden muß. Danach ist die Bildung einer Fraktion durch Mitglieder des Bundestages möglich, die nicht Mitglieder ein und derselben Partei sind. Nun steh' mir bei, juristische Weisheit! Das ist so auszulegen - darüber gibt es gar keinen Zweifel -: „Mitglieder des Bundestages, die nicht Mitglieder ein und derselben Partei sind", können auch Mitglieder sein, die k einer Partei angehören. Das ist auch eine Partei, die Partei der Parteilosen. ({2}) Außerdem darf ich bemerken, daß sich der Geschäftsordnungsausschuß mit dieser Frage beschäftigt hat. Ich bin extra wieder einmal in den Geschäftsordnungsausschuß gegangen, um dort meine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Der Geschäftsordnungsausschuß hat sich der Meinung angeschlossen, die ich soeben vertreten habe. Ich bitte also das Hohe Haus, nicht der Meinung des Herrn Kollegen Menzel, die juristisch total falsch ist, ({3}) sondern meiner Meinung zu folgen. ({4})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider.

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002046, Fraktion: Demokratische Arbeitsgemeinschaft (DA)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier ein etwas außergewöhnliches Verfahren vor uns; denn der Herr Präsident hat ja diesen Punkt aufgerufen, ohne in die Tagesordnung einzutreten, so wie es im Ältestenrat vereinbart war. Es läuft allerdings nicht so, wie es im Ältestenrat vorgesehen war. Wenn Zweifel aufkommen sollten, daß das Verfahren in dieser Weise abgewickelt werden könne, stelle ich vorsorglich den Antrag, das Haus möge beschließen, diesen Punkt als Punkt 1 zur Beschlußfassung auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Zur Sache möchte ich folgendes sagen. Die Einwendungen gegen unsere Absicht, eine Fraktion zu bilden, leitet die SPD-Fraktion aus § 10 der Geschäftsordnung ab. § 10 kennt zwei Arten von Fraktionsbildung: einmal die Fraktionsbildung aus eigenem Recht, die dann gegeben ist, wenn sich mindestens 15 Mitglieder dieses Hohen Hauses, die der gleichen Partei angehören, zu einer Fraktion zusammenschließen, das dem Herrn Präsidenten notifizieren und dann auch angeben müssen - wie es die Geschäftsordnung weiter vorschreibt -, welchen Vorstand sie gewählt haben. Dann hat das Haus das nur zur Kenntnis zu nehmen, und der konstitutive Akt einer neuen Fraktionsbildung ist perfekt. Das können wir um des willen nicht, wie Sie wissen - ich will das gar nicht bestreiten -, weil nur 13 Mitglieder unserer Gruppe noch der Freien Demokratischen Partei angehören und drei nicht mehr. Deshalb sind wir der Meinung, daß § 10 Abs. 1 letzter Satz hier zum Zuge kommt, der lautet: Die Bildung einer Fraktion durch Mitglieder des Bundestages, die nicht Mitglieder ein und derselben Partei sind, kann nur mit Zustimmung des Bundestages erfolgen. Von der SPD wurde schon im Ältestenrat, als wir darüber diskutierten, zu dieser Fassung des § 10 Abs. 1 letzter Satz ausgeführt, weil es oben heiße: „Die Fraktionen sind Vereinigungen von Mitgliedern des Bundestages, die der gleichen Partei angehören", müsse logischerweise unten gefolgert werden, die Bildung einer Fraktion durch Mitglieder des Bundestages, die nicht Mitglieder ein und derselben Part ei sind, könne nur mit Zustimmung des Bundestages erfolgen. Die SPD behauptet, der § 10 könne nur einengend dahin interpretiert werden, daß eine Gruppe, die sich zu einer Fraktion im Sinne des § 10 Abs. 1 letzter Satz zusammenschließen wolle, zumindest in der einen oder anderen Mehrheit Parteien angehören müsse. Wenn man ernsthaft versucht, den § 10 derart zu interpretieren, dann bin ich allerdings der Meinung, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es höchste Zeit ist, daß das Haus ihn ändert; denn dieser § 10 würde bei einer derartigen Interpretation nach meiner Auffassung gegen grundlegende Verfassungsprinzipien, sogar gegen ein Grundrecht, nämlich das der Koalitionsfreiheit, verstoßen. Diese Auslegung gründet sich auf Art. 21 des Grundgesetzes. Art. 21 des Grundgesetzes lautet nur: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Mehr nicht! Es steht also durchaus nicht darin, daß wir ausschließlich einen Parteienstaat hätten. Dieser Meinung folgt Art. 38 des Grundgesetzes, der zwingend sagt: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind also nicht etwa einem Parteigewissen, sondern nur ihrem Gewissen unterworfen. Eine solche Interpretation würde zwangsläufig auch gegen Art. 9, gegen das garantierte Grundrecht der Koalitionsfreiheit verstoßen. Der Art. 19 Abs. 2 des Grundgesetzes sagt aber: In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit würde aber in seinem Wesensgehalt angetastet, wenn man den 16 Abgeordneten, die aus ihrem Gewissen eine politische Entscheidung getroffen haben, verwehren wollte, sich zu einer Fraktion zusammenzuschließen, wenn man ihnen verwehren wollte, an der politischen Arbeit dieses Hauses teilzunehmen. Das wäre ein Verfahren, das gegen jedes demokratische Prinzip und gegen jede demokratische Toleranz verstoßen würde. ({0}) Ich glaube nicht, daß das Haus dem folgen sollte. Ich beantrage daher, den Überweisungsantrag der SPD-Fraktion abzulehnen, und bitte das Hohe Haus, entsprechend unserem Antrag zu beschließen. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Schneider ({0}),

Herbert Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002045, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf unsere Auffassung dahingehend bekanntgeben, daß wir zum Schutze der Demokratie ({0}) das Recht der Koalitionsfreiheit auf jeden Fall gewahrt haben wollen und daß wir uns hinter die hier von Herrn Dr. Schneider geäußerte Auffassung stellen werden. Wir sind der Auffassung, daß, wenn Abgeordnete des Hauses den Wunsch haben, sich zu einer Fraktion zusammenzuschließen, und sie zahlenmäßig die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, dann unter keinen Umständen diesem Wunsch widersprochen werden kann. Ich darf darüber hinaus betonen: wenn etwa in einer anderen Fraktion das Bedürfnis bestehen sollte, daß Mitglieder sich von dieser Fraktion trennen, wären wir selbstverständlich auch in diesem Falle, gleichgültig, um welche Fraktion es sich handelt, bereit, in gleicher Weise zu handeln. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren! Was Sie jetzt gehört haben, ist im wesentlichen ein Ausschnitt aus der außerordentlich lebhaften und eingehenden Diskussion im Ältestenrat über diese Frage. Ich glaube, daß wir damit die Debatte über diesen Punkt schließen und zur Abstimmung kommen können, und zwar zunächst zur Abstimmung über den Antrag auf Überweisung an den Geschäftsordnungsausschuß. Wer diesem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Überweisungsantrag ist abgelehnt. Nunmehr stimmen wir darüber ab, ob das Haus die Zustimmung nach § 10 Abs. 1 der Geschäftsordnung zur Bildung dieser Fraktion „Demokratische Arbeitsgemeinschaft" erteilen will. ({0}) Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Die Fraktion „Demokratische Arbeitsgemeinschaft" ist damit zugelassen und gebildet. ({1}) Damit kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe den Punkt 1 auf: Zweite Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes ({2}); Schriftlicher Bericht des Wahlrechtsausschusses ({3}) ({4}). ({5}) Wird das Wort zur mündlichen Berichterstattung gewünscht? - Als Berichterstatter hat das Wort der Herr Abgeordnete Scharnberg. Scharnberg ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich darauf beschränken, auf den Schriftlichen Bericht*) zu verweisen, der Ihnen vorliegt und dem ich nichts hinzuzufügen habe. *) Siehe Anlage 2. Ich habe lediglich auf folgendes aufmerksam zu machen. In der Drucksache 2206 befindet sich in dem Antrag, den der Wahlrechtsausschuß vorlegt, ein Fehler. Die hier vorgesehene Ziffer 3 muß gestrichen werden. In dieser Ziffer 3 stellt der Ausschuß den Antrag, die Bundesregierung zu ersuchen, den Entwurf eines Gesetzes zur Wahl der Bundesversammlung und des Bundespräsidenten vorzulegen. Wie ich am Schluß meines Schriftlichen Berichts ausgeführt habe, liegt ein solcher Gesetzentwurf in Form eines SPD-Antrages bereits vor, so daß der Ausschuß an Hand dieses Gesetzentwurfs die Frage weiter beraten kann. Der Ausschuß hat den Standpunkt eingenommen, daß es im Hinblick auf die Bedeutung der Wahl des Herrn Bundespräsidenten zweckmäßig und richtig sei, die Vorschriften, die zur Aufstellung der Bundesversammlung und zur Wahl des Herrn Bundespräsidenten zu erlassen sind, in einem gesonderten Gesetz zu beraten. Dieses Gesetz wird an Hand des Zweiten Teils des SPD-Entwurfs vom Wahlrechtsausschuß beraten, und der Wahlrechtsausschuß wird Ihnen einen entsprechenden Entwurf zur gegebenen Zeit vorlegen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu der Einzelberatung in der zweiten Lesung. Eine allgemeine Aussprache wird nicht gewünscht. Ich rufe auf den § 1 des Entwurfs Drucksache 2206. Wird zu diesem § 1 das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Augenblick noch nicht der Zeitpunkt gekommen, grundsätzlich zu dem Gesetz als Ganzem und seinem System Stellung zu nehmen. Das wird in der dritten Lesung der Fall sein. Aber ein Teil meiner politischen Freunde hat mich beauftragt, hier festzuhalten, daß abgesehen von den Bedenken, die gegen das System als solches bestehen, auch Bedenken dagegen vorhanden sind, daß an der Zahl, die hier vorgesehen ist, festgehalten wird, nämlich an der Zahl 506. Wir gehen dabei von der Meinung aus, daß ein Parlament schon dann in der Gefahr steht, zu groß zu sein, wenn man sich eines Mikrophons bedienen muß, um zu sprechen. Wir haben bereits im vorigen Bundestag unsere Meinung zu diesem Punkt klar und deutlich dargelegt. Wir sind der Auffassung, daß die Arbeitsfähigkeit des Parlaments durch Zunahme der Zahl der Abgeordneten nicht erhöht wird, nicht deswegen, weil die hinzutretenden Abgeordneten eine schlechtere Qualität hätten - das ist, wie wir aus der Erfahrung der letzten vier Jahre wissen, wahrhaftig nicht der Fall -, sondern einfach deswegen, weil durch eine größere Zahl von Menschen, die in Ausschüssen und im Plenum beteiligt sind, die Arbeitsfähigkeit als solche vermindert wird. Es ist eine alte Erfahrung, daß kleine Ausschüsse die verschiedenen Gesichtspunkte genau so gut zu berücksichtigen wissen wie große, aber wesentlich schneller arbeiten. Auch ist es eine weitere Erfahrung, daß das Anwachsen der Parlamente nicht nur hier, sondern auch, wo es noch viel weniger zu vertreten ist, in den Landtagen eine Krankheit des modernen Parlamentarismus ist. Der Präsident dieses Hohen Hauses, Herr Dr. Gerstenmaier, hat in verschiedenen öffentlichen Ansprachen gerade aus seinen ({0}) Erfahrungen ' als Parlamentspräsident diesen durchaus staatspolitischen Gesichtspunkt herausgestellt. Ich will es kurz machen. Aus verschiedenen Gründen, die hier im einzelnen nicht zu erörten sind, ist an eine Änderung dieser Bestimmung im Augenblick nicht zu denken. Aber für einen Teil meiner politischen Freunde möchte ich damit begründet haben, warum wir gegen diese Zahl sprechen und gegen diesen Paragraphen stimmen werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wird dazu weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung zu § 1. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 1 in der vorliegenden Fassung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; § 1 ist angenommen. Ich rufe auf § 2. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 2 in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 2 ist angenommen. Ich rufe auf § 3 und eröffne die Beratung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 3 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 3 ist angenommen. Zu § 4 liegt auf Umdruck 543*) ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wird zur Begründung dieses Änderungsantrags Umdruck 543 Ziffer 1 das Wort gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter! ({0}) - Meine Damen und Herren, es tut mir leid, daß noch nicht alle Änderungsanträge verteilt sind. Aber das war einfach nicht zu machen. Ich nehme an, daß sie im Laufe des Vormittags noch kommen. Ich hoffe, das Haus ist damit einverstanden, daß die Verhandlung trotzdem weitergeführt wird. Der Änderungsantrag wird verlesen. Herr Abgeordneter, sind Sie so freundlich und lesen Sie ihn vor?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht darum, im § 4 das Zweistimmensystem wieder zu beseitigen und das Einstimmensystem herzustellen. Ich darf den genauen Wortlaut des Antrags am Schluß mitteilen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat ja von seiten der Wahlrechtsexperten der CDU/CSU, Herr Kollege Scharnberg, nie an Versuchen gefehlt, die Grundsätze des Art. 38 des Grundgesetzes in größtmöglichem Rahmen zu strapazieren, und eine solche Strapazierung des Art. 38 ist auch das sogenannte Zweistimmensystem. Es ist sicher interessant festzustellen, daß in dem Gutachten der Wahlrechtskommission des Herrn Innenministers diese Frage überhaupt nicht behandelt wird, und ich frage mich, ob es vielleicht gar kein Zufall war, daß diese Frage dort nicht behandelt worden ist; denn in einem Kommentar, *) Siehe Anlage 5. den einer der maßgebenden Wahlrechtsexperten des Ministeriums geschrieben hat, wird ausdrücklich gesagt - ich darf idas mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren -, daß „vielleicht gewisse rechtliche Bedenken im Zusammenhang eines Wahlsystems mit Sitzanrechnung direkt erworbener Mandate" gegen das Zweistimmensystem erweckt werden. Herr Dr. Seifert sagt weiter wörtlich in den Erläuterungen zu § 7 des geltenden Bundeswahlgesetzes: Streng genommen und formal gesehen ist das Prinzip des gleichen Erfolgswertes der Stimmen nicht in vollem Maße gewahrt. So weit der Kommentar von Herrn Dr. Seifert aus dem Bundesinnenministerium zu der Frage des Zweistimmensystems. Es ist unbestreitbar, daß der Wähler zu einem Doppelerfolg kommen kann und daß dieser Doppelerfolg natürlich auch noch gesteuert werden kann, was sich in vielen Wahlkreisen unschwer ermöglichen lassen wird. Damit haben wir die Tatsache festzustellen, daß das Gleichheitsprinzip der Stimmen verletzt wird. Es war sehr interessant zu hören, welche Argumente in den Ausschußberatungen für das Zweistimmenwahlrecht vorgetragen wurden. Der Herr Kollege Schneider aus Lollar wollte das gespaltene Wählergewissen beruhigen. Wir wollen nur hoffen, daß das gespaltene Wählergewissen immer beruhigt wird. Wir müssen in jedem Fall aus rechtlichen Gründen im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes das Zweistimmenwahlrecht ablehnen. Es besteht auch praktisch für ein solches Zweistimmenwahlrecht kein Bedürfnis. Wer sich einmal die Wahlergebnisse der einzelnen Wahlkreise im Band 100 der „Statistik der Bundesrepublik Deutschland" ansieht - Sie finden sie auf den Seiten 16 und 17 -, der sieht, daß die Unterschiede zwischen den Zweit- und Erststimmen, prozentual gesehen, doch verhältnismäßig gering sind. In der Regel entscheidet sich der Wähler auch auf dem Lande für eine Partei und erst dann für einen Kandidaten. In Wirklichkeit geht es hier der CDU und der Deutschen Partei um etwas ganz anderes; denn sie hatten damals schon in einer Reihe von Wahlkreisen Einheitskandidaten aufgestellt, um vor allem eine Regierungspartei ins Parlament zu bringen, der auch jetzt wieder gewisse Bestimmungen dieses Wahlgesetzes auf den Leib zugeschnitten sind. Der hier mit so großen staatspolitischen Vorzeichen von der CDU/ CSU-Fraktion geführte Kampf gegen Splitterparteien endet immer dann, wenn sich eine Splitterpartei mit dem Schicksal abfindet, gewissermaßen Appendix der CDU/CSU im Parlament zu sein, ({0}) und bereit ist, im Nachzug der großen Staatspartei hier anzukommen. In einem solchen Fall stellt man alle Bedenken zurück, und für solche Fälle ist natürlich auch in diesem Wahlgesetz die Möglichkeit der Wahlkreisabsprachen vorgesehen. Wir sehen eine ausgesprochene Verfälschung des Wählerwillens darin, daß der Wähler von mehreren Parteien aufgefordert wird, einen bestimmten Kandidaten zu wählen. Er kennt gar nicht die tieferen Zusammenhänge, wieso dieser Kandidat von mehreren Parteien aufgestellt wird, und zu seiner größten Überraschung sieht er dann plötzlich, wie ein Mann ins Parlament kommt und sich einer Fraktion anschließt, deren politische Überzeugung gar nicht seinem Willen entspricht. ({1}) Hinzu kommt, daß natürlich auch eine Verfälschung des politischen Gesichts eines Wahlkreises stattfindet. ({2}) Es ist doch eine Unmöglichkeit, daß ein Kandidat von drei, vier und mehr Parteien, die zusammengewürfelt werden, gewählt wird, einen Wahlkreis im Parlament repräsentiert und daß die stärkste Partei, die in Wirklichkeit das Gesicht dieses Wahlkreises bestimmt, systematisch ausgeschaltet wird. Meine Damen und Herren, das kann nicht der Wille eines Wahlgesetzgebers sein! Wir sind nach wie vor der Meinung, daß das Zweistimmensystem eindeutig die Gefahr vergrößert, daß der Wählerwille verfälscht wird und daß auch rechtlich dem Grundsatz der Gleichheit Gewalt angetan wird. Bei einer Stimme dagegen wird dem Wähler die Chance gegeben, seinen politischen Willen durchzusetzen, und in diesem Fall wiegen auch unabhängig von der Frage, daß noch eine Landesliste besteht, alle Stimmen gleich. Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen, daß das Zweistimmensystem, wie es in der Vorlage vorgesehen ist, wieder durch eine Stimme ersetzt wird. ({3})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie haben den von Herrn Abgeordneten Schmitt ({0}) begründeten Änderungsantrag der SPD-Fraktion gehört. Wird dazu weiter das Wort gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Brand.

Peter Wilhelm Brand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000243, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde wünschen bei diesem Wahlgesetz nicht i eine, sondern zwei Stimmen. Der Einwand, daß hierdurch eine unerwünschte Komplizierung entstehe, wird durch die Erfahrungen bei der vorigen Bundestagswahl 1953 widerlegt. Auch damals sind Schwierigkeiten prophezeit worden, ohne daß diese eingetreten sind. ({0}) Wenn die sozialdemokratische Partei sich für eine Stimme ausspricht, ist das verständlich; denn sie möchte alle Hilfen für Wahlabsprachen beseitigen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Einen Augenblick, Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?

Peter Wilhelm Brand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000243, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich Sie vielleicht bitten, bis zum Schluß zu warten! Wir aber möchten die Wahlabsprachen fördern, denn Wahlabsprachen sind gut; sie fügen zusammen, sie unieren, was andere trennen möchten, um darüber zu herrschen. ({0}) Es gibt aber auch noch eine andere Begründung für die zweite Stimme bei diesem Wahlgesetz. Mit der ersten Stimme wählt der Bürger eine Persönlichkeit, die sich ihm in Versammlungen oder durch Zeitungen, in Flugblättern oder Briefen präsentiert hat, die er kennt oder die kennenzulernen er jedenfalls Gelegenheit hatte; mit der zweiten Stimme wählt er eine Liste. In Gestalt der ersten Stimme ist ein Element des Persönlichkeitswahlrechts in dieses Wahlgesetz mit seinem Proporzsystem herübergerettet worden. Wir wünschen diesen echten Kontakt zwischen dem Wähler und dem Gewählten. ({1}) Wir wünschen das Vertrauensverhältnis zwischen beiden in dem Bewußtsein: wenn wir eine Erstarkung unserer Demokratie wollen, müssen wir diese an den Wurzeln stärken, die in den Schichten stecken, ({2}) aus denen wir die Kraft für unsere Arbeit auch hier in Bonn ziehen. Und das sind immer noch die breiten Schichten des Wahlvolkes der Urwähler. Ich bitte deshalb, dem Antrag der SPD nicht stattzugeben, sondern ihn abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt ({0}). ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie, nachdem der Kollege Brand meine Frage nicht zugelassen hat, werden Sie doch erlauben, daß ich wenigstens von hier aus noch etwas sage. ({0}) - Inzwischen hat er noch einiges gesagt, was hier nicht unwidersprochen bleiben kann, verehrte Frau Dr. Steinbiß! ({1}) - Ja, wir wollen ja auch fertig werden. Meine Damen und Herren, der Kollege Brand hat sich offensichtlich auf Dinge vorbereitet, die hier gar nicht zur Debatte standen. ({2}) Von der Kompliziertheit des Wahlsystems habe ich überhaupt nicht gesprochen. Das ist eine völlige irrige Annahme von ihm. Sie wissen, es gibt in Deutschland noch viel kompliziertere Wahlsysteme. Das ist auch nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Sie haben ein so schönes Wort von dem Trennen und Herrschen gebraucht. War das eine späte Selbsterkenntnis, oder was wollten Sie eigentlich damit sagen? Aber nun komme ich zu dem Wesentlichen. Sie haben von dem Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung gesprochen. Meine Damen und Herren, gerade deshalb müssen Sie das Zweistimmensystem mit seiner Verfälschung des Wählerwillens ablehnen, denn - ({3}) - Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, Sie wissen ja noch gar nicht, warum Sie das ablehnen müssen. - Sie müssen es deshalb ablehnen, weil ein Abgeordneter, der mit den Stimmen von zwei, drei oder vier Parteien hier für einen Wahlkreis ins Parlament gekommen ist, hin- und hergerissen wird. Wie soll er einen echten Kontakt oder eine echte Verbindung mit seinen Wählern bekommen, wenn er ständig zwischen den Grup({4}) pen hin- und herschwankt, die ihn hier ins Parlament geschickt haben? ({5}) - Selbstverständlich! - Ich bitte doch einen Augenblick noch um freundliche Geduld. Alle diese schönen Worte, die Sie über den Kontakt des Abgeordneten und das Vertrauen zum Parlament haben, sind Selbstverständlichkeiten. Sie sind aber keine Begründung für dieses Zweistimmenwahlrecht. Oder wollen Sie es in Zukunft so machen, daß der auf diese Weise zum Zuge gekommene Kandidat an dem einen Sonntag bei der CDU und an dem andern Sonntag bei der Deutschen Partei sein Referat über die Regierungspolitik hält ({6}) und damit sein Gewissen vor den Wählern erleichtert? Allein dieser Gesichtspunkt sollte Ihnen zeigen, daß Sie auf dem falschen Wege sind, daß Sie hier Winkelzüge machen wollen und daß Sie die Grundsätze des Wahlrechtes strapazieren. Ich bitte noch einmal, unseren Antrag anzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß der verehrte Herr Kollege Schmitt den Sinn der Personenwahl gar nicht erkannt hat. ({0}) Ein Abgeordneter, der mehr Stimmen erhält als seine Landesliste - ich gehöre auch zu diesen Abgeordneten -, fühlt sich dadurch gar nicht hin-und hergerissen, sondern er fühlt sich in seiner Politik und Person dadurch bestärkt. ({1}) Er soll damit auch bestärkt werden, und er hat dadurch einen breiteren Auftrag der Wählerschaft. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Erler!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um noch einmal ganz klar festzustellen, worum es eigentlich geht: Aus den Ausführungen des ersten Sprechers der Christlichen Demokraten konnte man den Eindruck gewinnen, wir wollten die Erststimme streichen. Das ist gar nicht wahr. Die Zweit stimme soll gestrichen werden! ({0}) Das ist gerade die Stimme, bei der es nicht um die Persönlichkeit geht, sondern um bestimmte Listenvorteile. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Scharnberg!

Hugo Scharnberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001943, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Erler, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die zweite Stimme, die Sie streichen wollen, für die gesamte Abrechnung maßgeblich ist. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Erler!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren! Das können Sie - ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Ich würde doch dem Hause empfehlen, daß wir, nachdem wir in eine solide Einzeldiskussion treten, in Ruhe diese Diskussion abwickeln. Ich sehe, daß der Wahlrechtsausschuß doch noch nicht alle Fragen ausreichend diskutiert hat. Lassen Sie uns bitte in größter Ruhe diese Sache abwickeln, sonst kommen wir überhaupt nicht weiter. - Bitte, Herr Abgeordneter!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das können Sie einfacher haben: Die Stimme, die für den Abgeordneten abgegeben wird, soll zugleich auch für die politische Kraft verrechnet werden, die dieser Mann repräsentiert, und den Mut soll er haben, zu sagen, wen er vertritt. Denn das gehört auch zu den Pflichten der Persönlichkeit. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Dr. Mommer!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Da Herr Dr. Jaeger mehr Stimmen für sich holen und damit mit mehr Vertrauen ins Parlament kommen will, hätte er bei unserem Vorschlag den weiteren Vorteil, daß er diese Stimmen eben zusätzlich auch für seine Partei, die CSU, mitbrächte. Er muß also für unseren Antrag stimmen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Nun, meine Damen und Herren, liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag mehr vor. Ich nehme an, daß er dem Hause noch gegenwärtig ist. ({0}) - Inzwischen liegt er vor. Schön, dann können wir abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag auf Umdruck 543 Ziffer 1*) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt. Ich komme zur Abstimmung über § 4 in dem vorliegenden Entwurf des Ausschusses. Wer § 4 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 4 ist angenommen. Ich rufe § 5 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 5 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 5 ist angenommen. Ich komme zu § 6. Meine Damen und Herren, hier liegen mehrere Änderungsanträge vor, die sich, soweit ich sehe, alle auf den Abs. 4 beziehen. Ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst die Diskussion über die Absätze 1 bis 3 eröffnen. Wird zu den Absätzen 1 bis 3 des § 6 das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. *) Siehe Anlage 5. ({1}) Ich komme zur Abstimmung über die Absätze 1 bis 3 des § 6. Wer ihnen in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Absätze 1, 2 und 3 des § 6 sind angenommen. Nun kommen wir zu Abs. 4. Hier liegen Änderungsanträge auf Umdruck 543 Ziffern 2 und 3 und auf Umdruck 540 Ziffern 1 und 2 vor. Meine Damen und Herren, es ist schwierig, hier zu entscheiden, welches der weitergehende Antrag ist. Ich gebe zunächst das Wort zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 543 Ziffer 2. Wird dazu das Wort gewünscht? - Zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 543 Ziffer 2*) Herr Abgeordneter Wittrock. Eine Sekunde, Herr Abgeordneter. Verzeihen Sie, ich habe hier noch eine Originalfassung. Ich werde soeben darauf aufmerksam gemacht, daß sie nicht mit dem inzwischen verteilten Umdruck Ziffer 2 in Übereinstimmung steht. Dort sind die Ziffern 2 und 3 zusammengefaßt. Ich habe hier eine besondere Ziffer 3, die auf dem Ihnen vorliegenden Umdruck mit unter Ziffer 2 steht. Das ist also eine Korrektur der Originalfassung. Wollen Sie Ziffer 2 a und b begründen? Bitte, Herr Abgeordneter.

Karl Wittrock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schwergewicht dieses Antrags liegt darauf, die Fünfprozentklausel, die in dem vorliegenden Entwurf enthalten ist, zu modifizieren. Sie wissen, daß der vorliegende Entwurf eine Fünfprozentklausel für das gesamte Bundesgebiet vorsieht. Es ist wesentlich, sich die Konsequenz einer solchen Fünfprozentklausel einmal vor Augen zu führen. Die Konsequenz besteht darin, daß eine Partei 1,4 Millionen Stimmen bekommen muß, ehe sie die Chance erhält, auf Grund dieses Prozentsatzes, der in dem Entwurf festgelegt ist, in den Bundestag einzuziehen. Ich lege dabei die Zahlen zugrunde, die sich aus den letzten Bundestagswahlen ergeben. Damals haben annähernd 29 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimmen abgegeben. 5 % davon ergäben also etwa 1,4 Millionen Stimmen. Nun betrachten Sie sich einmal, wie sich diese Zahl auf die Stimmen gewisser politischer Gruppen auswirken würde. Der BHE hat im Jahre 1953 bei den Bundestagswahlen 1,6 Millionen Stimmen erhalten. Also eine immerhin respektable Fraktion dieses Hauses ist gerade über diesen Satz von 1,4 Millionen, der durch die Fünfprozentklausel verankert werden soll, hinausgekommen, und die Deutsche Partei, die hier in diesem Hause eine gewichtige Fraktion bildet, ist nur auf eine Million Stimmen gekommen, ist also ganz erheblich unter der Mindestklausel geblieben, die die Mehrheit oder wenigstens ein Teil dieses Hauses will. Meine Damen und Herren, diese Zahlen zeigen, daß die festgesetzte Fünfprozentklausel für das gesamte Bundesgebiet ganz erhebliche Wählergruppen aus der politischen Mitwirkung ausschaltet. Sie werden jetzt gewiß einwenden: Na ja, es besteht doch die Möglichkeit, hier etwa durch Wahlabsprachen, also unter Ausnutzung des eben erörterten. Zweistimmensystems diese Gruppen in das Parlament hineinbringen. Meine Damen und Herren, das ist im Grunde genommen doch recht willkürlich. Bei der Ausnutzung dieser Wahlabsprachen wird es eben letzten Endes in das Ermes*) Siehe Anlage 5. sen irgendwelcher Parteien gestellt, welche wesentLich unterhalb der Fünfprozentklausel liegenden Parteien in das Parlament einziehen sollen. Aus diesen Erwägungen glauben wir, daß eine so massive Mindestklausel, eine Mindestklausel, zu deren Überspringung 1,4 Millionen Stimmen erforderlich sind, ({0}) ungerechtfertigt ist. - Ja, Sie sagen, es reichen auch drei Mandate aus, diese Hürde zu überspringen. Aber wenn eine Partei drei Mandate erobern will, benötigt sie hierzu nur 150 000 Stimmen, wenn man von den Durchschnittszahlen der letzten Bundestagswahlen ausgeht. Sie setzen also eine politische Gruppe, die 150 000 Stimmen erhält, mit einer Partei gleich, die mehr als 1,4 Millionen Stimmen erhalten hat. ({1}) Gerade der Hinweis auf die drei Mandate, den Sie hier gegeben haben, zeigt, welche Verzerrungen sich bei Beibehaltung der in Ihrem Entwurf vorgeschlagenen Mindestklausel ergeben. Wir glauben deshalb, daß es bei einer derartigen Mindestklausel nicht bleiben sollte, und sind der Auffassung, daß man bereits dann einer Partei eine Chance geben soll, wenn sie nur in einem Bundesland eine Mindeststimmenzahl von 5 % erhält. Damit werden nach unserer Ansicht die Unbilligkeiten überwunden, die sich aus einer so hohen - ich meine jetzt: in absolute Zahlen umgerechnet - Mindestklausel ergeben, wie sie der vorliegende Entwurf vorsieht. Wir bitten Sie, aus diesen Erwägungen dem sozialdemokratischen Antrag zuzustimmen. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß der sozialdemokratische Antrag, wenn man ihn mit den übrigen Anträgen zu dieser Ziffer vergleicht, der weitergehende ist. Deshalb ist über ihn zuerst abzustimmen. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich gebe zunächst das Wort zur Begründung des anderen Änderungsantrags auf Umdruck 540*) dem Abgeordneten Petersen.

Helmut Petersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001698, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Wittrock hat soeben bei der Begründung seines Antrags die Problematik der Sperrklausel behandelt. Ich möchte sagen, daß wir diesen Ausführungen voll beitreten. Es ist eine unehrliche Parallele, wenn man der Fünfprozent-Sperrklausel im alten Wahlgesetz ein Direktmandat gegenüberstellte und jetzt im vorliegenden Entwurf eine gewisse „Aufbesserung" auf drei Direktmandate für ausreichend erachtet, um eine Partei politisch zum Zuge kommen zu lassen. Wenn man vom Standpunkt der Gerechtigkeit im politischen Leben ausgeht - und ich nehme an, daß alle Fraktionen diesem Gerechtigkeitsstandpunkt auch im Wahlrecht Rechnung tragen wollen -, dann sollte man doch einmal die Überlegung anstellen, ob Direktmandate die Sperrklausei überhaupt ersetzen können. Meine Damen und und Herren, Sie sind doch - ich möchte in dieser Frage einmal die Christlich-Demokratische Union ansprechen - in Ihrer überwiegenden Mehrheit gegen das Vorhandensein kleinerer Parteien. Aber *) Siehe Anlage 3. ({0}) Sie helfen ihnen durch Wahlabsprachen über Direktmandate, die von Ihnen so stark gewünschte Sperrklausel wieder zu überwinden. Hier liegt doch ein Bruch in Ihrem Wollen. ({1}) Wir möchten deshalb hoffen, daß Sie die Gelegenheit wahrnehmen, entweder über den Antrag der Sozialdemokratischen Partei oder über den Antrag des Gesamtdeutschen Blocks/BHE der Gerechtigkeit zu einer größeren Wirkung zu verhelfen. Wir haben beantragt, die Fünfprozent-Sperrklausel durch 1 Million Wählerstimmen zu ersetzen. Man wird nicht sagen können, daß 1 Million eine geringe Zahl sei, denn es gibt Länder, die überhaupt nicht einmal 1 Million Wähler haben. Ich möchte auch sagen, daß diese Größenordnung endlich auch eine gewisse Begriffsverwicklung ausscheiden sollte, indem man sagt: Splitterparteien, die nicht einmal 5 % erreichen. Die Öffentlichkeit ist sich gar nicht darüber im klaren, was 5 % an Stimmen auf Bundesebene bedeuten. Wenn man ihr aber im Wahlgesetz vor Augen führt, daß das bedeutet, daß eine Partei, die im Bundestag vertreten sein will, 1 Million Stimmen aufbringen muß, wird auch die breite Öffentlichkeit für eine solche Regelung volles Verständnis aufbringen. Wir bitten Sie also, unserem Antrag zuzustimmen, an Stelle der Fünfprozentklausel die Wählerstimmenzahl von 1 Million als Sperrgrenze einzuführen. Sollten Sie diesem Anliegen nicht zustimmen können, weil Sie vielleicht meinen, daß der Fünfprozentbegriff auf Bundesbasis schon eine gewisse, ich möchte sagen, gewohnheitsrechtliche Übung und eine gewisse feste Einrichtung nicht nur beim Bundeswahlgesetz, sondern auch bei den Länderwahlgesetzen geworden ist, so bitten wir Sie, unserem zweiten Alternativantrag zuzustimmen. Dieser sieht vor, daß eine Partei im Bundestag dann vertreten sein soll, wenn sie in zwei Bundesländern nicht 5, sondern je 10 % der Wählerstimmen aufbringt. Ich glaube, daß damit auch das berechtigte Anliegen des Kollegen Wittrock berücksichtigt ist, starke Wählergruppen, die in mehreren Ländern diese große Stimmenkraft aufbringen, im Bundestag zum Zuge kommen zu lassen. Wir möchten in jedem Falle hoffen, daß gerade die Damen und Herren der Deutschen Partei von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, sich von allen Wahlvereinbarungen unabhängig zu machen, um nach dem erreichten Stimmenergebnis entweder auf der Basis von 1 Million oder auch der 10 % in zwei Ländern im Bundestag vertreten zu sein. Wir bitten daher um Ihre Zustimmung. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie haben die Begründung der Änderungsanträge zum Abs. 4 des § 6 gehört. Wir treten jetzt in die Beratung ein. Das Wort hat der Abgeordnete Scharnberg.

Hugo Scharnberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001943, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, alle Anträge abzulehnen. War haben die Sperrklausel, die Ihnen hier vorliegt, als, ich möchte sagen, letzten Rest unserer Bemühungen im vorigen Bundestag durchgesetzt. Diese Sperrklausel hat sich bewährt. Sie dient vor allem der Abwehr radikaler Flügelparteien, und wir möchten einer Verschlechterung dieser Sperrklausel, wie sie im vorigen Bundestag schon geschaffen worden ist, nicht zustimmen. Ich möchte besonders dem Antrag der SPD entgegenhalten: wenn wir etwa die Sperrklausel dahin ändern würden, daß 5 % im Land statt im Bund zugrunde gelegt werden, so würde in Verbindung mit § 7 die Folge sein, daß eine radikale Partei, die in irgendeinem Land die 5 % überspringt, in allen Ländern mit den für sie abgegebenen Stimmen berücksichtigt würde. Ich glaube, dieses Ergebnis liegt wohl auch nicht in Ihrem Sinne.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die Änderungsanträge zu § 6 Abs. 4. Ich lasse zunächst abstimmen - ({0}) - Haben Sie sich noch zum Wort gemeldet? ({1}) - Ich gebe Ihnen das Wort. Bitte sprechen Sie.

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, Herr Scharnberg hat hier eine falsche Auslegung gegeben, wahrscheinlich irrtümlich. Unser Antrag - Fünfprozentklausel auf Landesebene - bedeutet, daß eine Partei in dem Lande, in dem sie die 5 % erreicht, auch auf der Landesliste ihre Mandate erhält, nur in dem Lande, in dem sie die 5 % erreicht. So ist der Antrag gemeint, und so steht es auch drin. Ich wollte das nur klarstellen. ({0}) - Aber natürlich! Darf ich das gleich sagen, Herr Scharnberg: § 7 bezieht sich auf die Möglichkeit, daß die Landeslisten einer Partei verbunden werden. In dem Falle können natürlich auch nur die Landeslisten der Parteien verbunden werden, die die Fünfprozentklausel überspringen. Das ist, glaube ich, ganz klar. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Wortmeldungen zu diesen Änderungsanträgen liegen nicht vor. Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 543*) Ziffer 2 a. Hier handelt es sich zunächst lediglich darum, daß in der Zeile 3 das Wort „Wahlgebiet" ersetzt wird durch das Wort „Land". Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag auf Umdruck 543 Ziffer 2 a ist abgelehnt. Ich lasse jetzt abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 543 Ziffer 2 b. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Änderungsantrag auf Umdruck 543 Ziffer 2 b ist abgelehnt. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE auf Umdruck 540**) Ziffer 1. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Änderungsantrag unter Ziffer 1 des Umdrucks 540 ist abgelehnt. Ich komme zu dem Eventualantrag auf Umdruck 540 Ziffer 2. Wer diesem Eventualantrag des *) Siehe Anlage 5. **) Siehe Anlage 3. ({0}) GB/BHE zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Eventualantrag ist ebenfalls abgelehnt. Damit, meine Damen und Herren, komme ich zur Abstimmung über § 6 Abs. 4 in der Ausschußfassung. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Abs. 4 des § 6 ist in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe auf § 7. Ich eröffne die Beratung. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 7 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 7 ist angenommen. Ich komme zu § 8. Ich eröffne die Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 8 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -§ 8 ist angenommen. Ich komme zu § 9. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 9 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 9 ist angenommen. § 10. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 10 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 10 ist in der Ausschußfassung angenommen. § 11. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 11 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - § 11 ist angenommen. § 12. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 12 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 12 ist angenommen. § 13. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer § 13 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -§ 13 ist angenommen. Zu § 14 liegt ein Änderungsantrag nicht vor. Wer dem § 14 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -§ 14 ist angenommen. Ich komme zu § 15. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem § 15 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 15 ist angenommen. § 16. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem § 16 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 16 ist angenommen. Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir die §§ 17 bis 21 zusammenfassen. Zu diesen Paragraphen liegen Änderungsanträge nicht vor. Ist das Haus damit einverstanden? - Das Haus ist damit einverstanden. Wird zu den §§ 17 bis 21 das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den §§ 17 bis 21 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die §§ 17 bis 21 sind in der Ausschußfassung angenommen. Nun kommen wir zu dem § 22. Hierzu liegen mehrere Änderungsanträge vor. Es sind neue Änderungsanträge eingegangen, die Ihnen wahrscheinlich noch nicht vorliegen. Ich komme zunächst zu dem Änderungsantrag der Fraktion des GB/BHE, Umdruck 540*) Ziffer 3. Er bezieht sich auf § 22 Abs. 4. Wird zur Begründung dieses Änderungsantrages das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Petersen zur Begründung!

Helmut Petersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001698, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der § 22 Abs. 4 sieht in der vom Ausschuß vorgeschlagenen Form vor, daß ein Landesvorstand gegen die Beschlüsse der Mitglieder- und Vertreterversammlung Einspruch erheben kann und daß dieser Einspruch dann noch einmal in einer neuen Mitgliederversammlung behandelt werden soll. Im Gegensatz zu den Bestimmungen im früheren Wahlgesetz, im Gegensatz zu den Entwürfen aller Fraktionen dieses Hohen Hauses hat sich nun der Ausschuß dazu bekannt, daß es einer Zweidrittelmehrheit bedarf, wenn der Einspruch rechtskräftig zurückgewiesen werden soll. Wir sind der Ansicht, daß die einfache Mehrheit genügen muß. Man sollte den Schwerpunkt der Einflußnahme auf keinen Fall in die höheren Organe verlagern, sondern sollte bei dem großen Organ der Mitglieder- oder Delegiertenversammlung bleiben. Es genügt, daß der Landesvorstand oder ein anderes Organ seinen Einspruch begründet und daß dann in einer allgemeinen Aussprache noch einmal alle Möglichkeiten berücksichtigt und überprüft werden. Aber dann sollte der mit einfacher Mehrheit gefaßte erneute Beschluß höher stehen als ein Einspruch der Führungsgremien der betreffenden Partei. Ich freue mich, daß ich mich in diesem Fall in Übereinstimmung befinde mit den Damen und Herren der CSU-Fraktion. Ich hoffe, daß das Hohe Haus unserem Anliegen Rechnung tragen wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie haben die Begründung dieses Änderungsantrages gehört. Inzwischen habe ich festgestellt, daß hier noch zwei Anträge vorliegen, die weiter gehen. Wird zu dem weitergehenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Sabel, Dr. Horlacher auf Umdruck 542**) das Wort gewünscht? - Herr Dr. Jaeger hat das Wort.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem hier zur Diskussion stehenden Punkt geht es um das Verhältnis der jeweiligen Landesparteileitung zu ihren Wahlkreisdelegierten. Nach meiner Auffassung und nach der Auffassung meiner Kollegen, die diesen Antrag mit unterschrieben haben, geht es darum, daß die Landesleitung, soweit sie auf die Aufstellung von Kandidaten in Wahlkreisen Einfluß nehmen kann und Einfluß nehmen will, die Aufgabe hat, ihre Bezirksdelegierten zu üb er zeug e n , nicht aber sie zu zwingen. Ein solcher Zwang würde zweifellos gegen den demokratischen Gedanken verstoßen. Er würde sicherlich auch gegen die mehrheitswahlrechtlichen Momente dieses Ge- *) Siehe Anlage 3. **) Siehe Anlage 4. ({0}) setzes verstoßen. Ich bin zwar der Meinung, daß dieser Gesetzentwurf in der Gesamtwirkung Verhältniswahl ist. Aber es läßt sich nicht bestreiten, daß einzelne mehrheits- und persönlichkeitswahlrechtliche Momente vorhanden sind, nämlich bei den 242 oder 253 Abgeordneten, die in Wahlkreisen gewählt werden. Sie sollten deshalb nur von den örtlichen Delegierten aufgestellt werden, und die Landesleitung sollte, falls sie Bedenken gegen eine bestimmte Person hat, nur ein suspensives Veto besitzen, so wie sie es bisher schon besessen hat. Mit diesem suspensiven Veto hat die Landesleitung die Möglichkeit, einen Beschluß anzufechten und durch einen Vertreter vor den Wahlkreisdelegierten ihre Meinung darzulegen. Sind ihre Gründe völlig durchschlagend, wird sie sich damit durchsetzen, sind sie es nicht, so wäre es undemokratisch, hier ein anderes Verfahren anzuwenden. Es gibt aber auch noch einige andere Gesichtspunkte. Wenn Sie hier mit der Zweidrittelmehrheit arbeiten, die allein das Veto der Landesleitung überstimmen kann, dann laufen Sie Gefahr, daß eine einfache, nicht qualifizierte Mehrheit der Delegierten am Ende dafür sorgt, daß ein parteiloser Gegenkandidat aufgestellt wird, womit die Zersplitterung nur gestärkt würde. Was außerdem passieren soll, wenn sich die Zweidrittelmehrheit nicht findet, sondern ein anderer Kandidat gewählt wird, als die Landesleitung vorschlägt, gegen den dann wieder ein Veto eingelegt wird, weiß ich auch nicht. Hier gibt es Momente der Rechtsunsicherheit, besonders im Hinblick darauf, daß das Wahlgesetz bestimmte Fristen aufweist. Aus all diesen Gründen müssen wir, glaube ich, diese zwei Sätze streichen. Die Gesichtspunkte, die für einen stärkeren Einfluß der Landesleitung in der Hinsicht sprechen, daß die Parteien im allgemeinen gewisse ständische oder andere Momente bei der Aufstellung der Kandidaten berücksichtigen wollen, werden voll und ganz bei der Landesliste zum Tragen kommen, zumal, da Sie die Landesliste dadurch erheblich vermehrt haben, daß Sie vorhin eine Gesamtzahl der Abgeordneten von 506 bestimmt haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags der Fraktion der FDP hat der Herr Abgeordnete Dr. Becker. ({0}) - Nun, der Herr Abgeordnete Becker wird ihn sogleich vortragen. Er deckt sich im wesentlichen mit dem anderen Änderungsantrag.

Dr. Max Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000130, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den zu vertreten ich die Ehre habe, bezweckt nichts anderes, als die Fassung des bisherigen Gesetzes wiederherzustellen. Es handelt sich dabei um die Aufstellung der Wahlkreiskandidaten. Das bisherige Gesetz kannte die Bestimmung, daß der Landesvorstand einer Partei in einem solchen Fall Einspruch erheben kann. Das ist an sich begründet. Denn schließlich muß von einer höheren Warte aus über die Qualität der Bewerber und über die Streuung der verschiedenen Berufe usw. natürlich gewisse Obacht gegeben werden. Wenn es aber weiter heißt, daß dieser Einspruch nur zurückgewiesen werden kann, wenn sich in der Wahlkreisversammlung eine Zweidrittelmehrheit für den von unten vorgeschlagenen Kandidaten ergibt, dann erblicke ich darin nicht nur eine technische Erschwerung, sondern auch einen Eingriff besonderer Art in das Selbstbestimmungsrecht der Wahlkreisorgane der betreffenden Partei. Technische Schwierigkeiten sehe ich darin aus folgendem Grunde. Wenn eine Zweidrittelmehrheit nun nicht zustande kommt, was geschieht dann? ({0}) Soll dann eine neue Wahl stattfinden? In dem Wortlaut, der Ihnen vorliegt, heißt es in § 22 Abs. 4 letzter Satz: „Andernfalls hat die Versammlung einen anderen Bewerber aufzustellen." Nun stelle ich die Frage: Fängt dann, wenn dieser andere Bewerber aufgestellt ist, das Spiel von vorne an, daß der Landesvorstand erneut Einspruch erheben kann und daß dann wieder mit Zweidrittelmehrheit der Einspruch des Landesvorstandes zurückgewiesen werden muß? Ich glaube, wir sollten auch wegen all dieser technischen Erörterungen und Bedenken, die sich da ergeben, auf die Fassung des alten Gesetzes zurückkommen, die sich bewährt hat, so daß unserem Antrag stattzugeben sein würde, der dahin geht, in Abs. 4 hinter dem Wort „endgültig" im dritten Satz einen Punkt zu setzen und den Rest zu streichen. Das entspricht im übrigen auch den Ausführungen, die der Herr Kollege Dr. Jaeger hinsichtlich der demokratischen Selbstbestimmung der unteren Organe gemacht hat.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Scharnberg!

Hugo Scharnberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001943, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, die Anträge, die gestellt sind, abzulehnen. Bei uns in der Fraktion der CDU/CSU besteht über diese Frage keine einheitliche Meinung. Ich kann daher nur die Auffassung einer Reihe meiner Freunde und von mir vortragen. Diese meine Freunde und ich persönlich sind der Meinung, daß eine gewisse verbesserte Mitwirkung der Landesleitungen bei der Aufstellung der Wahlkreiskandidaten nützlich ist. Letzten Endes ist dabei ja auch zu berücksichtigen, daß die Landesleitungen durch das Vertrauen der einzelnen Wahlkreise und der Delegierten, die in diesen Wahlkreisen sind, zustande gekommen sind, so daß man ihnen wohl ein gewisses verbessertes Mitspracherecht zubilligen kann. Ich bitte daher, diese Anträge abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weiter zu den Änderungsanträgen Herr Abgeordneter Dr. Jaeger!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Gang der Abstimmung vereinfachen. Es liegen drei Anträge vor. Die Unterzeichner des von mir an erster Stelle unterzeichneten Antrages ziehen ihren Antrag zugunsten des Antrags Dr. Becker zurück, da er erstens die bisherige Fassung wiederherstellt und zweitens rechtstechnisch etwas klarer ist.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Petersen!

Helmut Petersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001698, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Ich darf dasselbe für den Antrag meiner Fraktion auf Umdruck 540*) erklären. *) Siehe Anlage 3.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Damit sind die beiden Änderungsanträge Umdrucke 540 und 542 zugunsten eines Änderungsantrages zurückgezogen, den der Herr Abgeordnete Dr. Becker begründet hat, der Ihnen aber noch nicht vorliegt. Ich nehme an, daß dem Hause der Text klar ist. Es ist beantragt, in Abs. 4 hinter „endgültig" einen Punkt zu setzen und das folgende zu streichen. Wird dazu weiter das Wort gewünscht? Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Ich rufe die Absätze 1, 2 und 3 auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Absätzen 1, 2 und 3 des § 22 in der Fassung des Ausschusses, zu denen ein Änderungsantrag nicht vorliegt, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Absätze 1, 2 und 3 sind angenommen. Nun komme ich zunächst zu dem Änderungsantrag zu Abs. 4, den der Herr Abgeordnete Dr. Becker begründet hat. Die anderen Anträge sind zu dessen Gunsten zurückgezogen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letztere ist die Minderheit; der Änderungsantrag der Herren Abgeordneten Dr. Becker, Dr. Dehler und Fraktion ist damit angenommen. Wer dem Abs. 4 in der durch die Annahme des Änderungsantrags veränderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Abs. 4 ist in der veränderten Fassung angenommen. Danach rufe ich die Absätze 5 und 6 des § 22 in der Ausschußfassung auf, zu denen ein Änderungsantrag nicht vorliegt. Wer den Absätzen 5 und 6 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Absätze 5 und 6 sind angenommen. Damit ist der § 22 mit der Änderung in Abs. 4 angenommen. Ich rufe § 23 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem § 23 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 23 ist angenommen. Bis zu § 28 liegen weitere Änderungsanträge nicht vor. Ich setze deshalb voraus, daß das Haus damit einverstanden ist, daß ich die §§ 24, 25, 26 und 27 zusammen aufrufe und zur Diskussion stelle. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen §§ 24 bis 27. Wer ihnen in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die §§ 24 bis 27 sind angenommen. Ich rufe den § 28 auf. Hier liegt auf Umdruck 543*) ein Änderungsantrag zu Abs. 1 vor. Es handelt sich um einen Antrag der Fraktion der SPD. Wird dazu das Wort gewünscht? Herr Abgeordneter Ritzel zur Begründung.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schicksal, das die Änderungsanträge der SPD bis jetzt erfahren haben, ist nicht sehr ermunternd. Es zeigt sich, daß die Abstimmungs*) Siehe Anlage 5. maschinerie des Hohen Hauses von der Mitte bis rechts sehr gut funktioniert. ({0}) Ich möchte im Hinblick auf die Bedeutung dieses Änderungsantrags bitten, daß jeder Abgeordnete einmal für sich selbst prüft, ob es richtig ist, so zu verfahren, wie der Entwurf sagt, oder ob es zweckmäßiger ist, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, der folgendermaßen lautet: Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden, die in jedem Wahlkreis des betreffenden Landes einen Bewerber aufgestellt haben. Der Herr Präsident wird mir sicher gestatten, daß ich zwei Sätze aus dem Bericht der vom Herrn Bundesminister des Innern eingesetzten Wahlrechtskommission verlese. Es heißt hier auf Seite 109: Die Parlamentswahl muß dem Wesen der Demokratie entsprechend die Gesamtheit der Abgeordneten als Vertretung des gesamten Volkes legitimieren. Dazu gehört die Erfüllung der beiden Bedingungen, daß der Wähler die Wahl des einzelnen Abgeordneten als gerechtfertigt beurteilt, weil er ihm a) seiner Persönlichkeit wegen, b) seiner politischen Richtung wegen politisches Vertrauen entgegenbringt. Ein Wahlkreiskandidat ist, wie daraus schon hervorgeht, etwas Doppeltes: er ist einmal der Vertreter seiner Partei und zugleich eine Persönlichkeit, die um das Vertrauen der Wähler in ihrem Wahlkreis wirbt. Herr Kollege Dr. Jaeger hat vorhin nicht zu Unrecht von gewissen Chancen im Gesetzentwurf gesprochen, die eine Annäherung an das Personenwahlrecht erlauben. Wenn aber Wahlabsprachen möglich sind, wie sie nach dem bisher vorliegenden Entwurf nicht verboten sind - und was nicht verboten ist, ist in diesem Fall erlaubt -, dann treten ganz bestimmte Entwicklungen ein, und hier sollten wir aus der Vergangenheit etwas gelernt haben. Ich greife nur ein einziges Beispiel heraus. In einem Wahlkreis hat eine große Partei des Hauses im Jahre 1949 einen einheimischen Kandidaten aufgestellt, der sich größten Ansehens erfreute. Dieser Kandidat erhielt damals als weithin bekannter einheimischer politischer Mensch einwandfreier Art 17,6 % der Stimmen. Eine andere Partei hat auch einen einheimischen Kandidaten aufgestellt, der relativ mehr Stimmen erhielt und gewählt wurde. Vier Jahre später stellte die erstgenannte Partei einen Kandidaten auf, der den Wahlkreiswählern vollkommen fremd war, der aber nun von der Parteimaschinerie in einem unerhörten Umfange mit einem unerhörten Einsatz derart gefördert wurde, daß er, obwohl vier Jahre zuvor der bekannte einheimische 17,6 % aller Stimmen erhielt, 33,4 % der Stimmen erreichte. Er wurde zwar auch nicht gewählt - es reichte nicht -, aber immerhin zeigt das doch, da waren gewisse geheime Absprachen mit im Spiel. Es kamen auch noch andere Dinge hinzu: an Plakatsäulen und andere Stellen wie etwa an die Haustür des Gegenkandidaten, der trotzdem gewählt wurde, klebte man das nette Schild „Bezahlt von Moskau". ({1}) ({2}) Es kamen also auf Grund einer geheimen Wahlabsprache Situationen zustande, die zugunsten des nicht bekannten Kandidaten ein weit höheres Wahlergebnis herbeiführten, als es vier Jahre vorher der bekannte Kandidat derselben Partei erzielen konnte. Daraus ergibt sich ganz deutlich, daß die Möglichkeit einer solchen Absprache, wie sie jetzt durch das Gesetz erst recht gegeben werden soll, eine Schädigung des doch von der Mehrheit des Hauses so oft propagierten und befürworteten Gedankens des Personenwahlrechts enthält. Denn wenn irgend etwas in dem Mischwahlsystem des vorliegenden Gesetzentwurfs dem Gedanken des Personenwahlrechts weitgehend nahekommt und Rechnung trägt, dann ist es jene Möglichkeit der Wahl von Kreiswahlkandidaten. Wenn man Wahlabsprachen zuläßt, kann man natürlich Kandidaten durchbringen, die in den Wahlkreisen an sich keinen Boden haben. Das kann zweckmäßig sein. Es kann sich um Kandidaten handeln, die über den betreffenden Wahlkreis hinaus weithin bekannt sind. Aber es kann auch so sein, wie es schon war, daß der Kandidat quasi nur als Stellvertreter gewählt wird für - sagen wir es mal mit dem Wort von einst - den Führer. Da ist es nicht die Persönlichkeit des Herrn X, die als Wahlkreiskandidat bestimmt wird, sondern es ist der Stellvertreter für den, der als Bundes-, Landes- oder sonstiger Führer einer Partei ganz groß herausgestellt wird. Das hat seine Berechtigung bei den Landeslisten; aber bei den Kreiswahlkandidaten geht eine solche Entwicklung fehl. Heute ist ja das Problem der Absprachen nicht mehr so zu betrachten wie noch vor kurzer Zeit, denn es ist einiges ins Rutschen gekommen. Heute sind Absprachen nach beiden Seiten möglich. Aber überlegen Sie doch bitte auch einmal - und das darf ich am Schluß sagen -, in welcher Weise die Demokratie gehandhabt werden könnte, wenn, um das krasseste Beispiel zu wählen, das es gibt - Herr Kollege Horlacher, das betrifft nicht Sie, aber Ihre befreundete Partei -, die zwei größten Parteien im Bunde sich vereinten, um in allen Wahlkreisen gemäß Wahlabsprachen Wahlkreiskandidaten durchzubringen. Meine Damen und Herren, schauen Sie sich einmal die Wiesbadener amtlichen Statistiken an, und dann geben Sie sich selbst die Antwort! Ich empfehle Ihnen sehr, dem Antrag der SPD dieses Mal unter Durchbrechung Ihrer im übrigen ablehnenden Front die Zustimmung zu geben. ({3})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie haben die Begründung des Änderungsantrags zu § 28 Abs. 1 gehört. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort zu dem Änderungsantrag wird weiter nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 28 Abs. 1*). Wer diesem Änderungsantrag der SPD zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt. Ich komme zur Abstimmung über den § 28 in der Ausschußfassung im ganzen. Wer der Ausschußfassung des § 28 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 28 ist in der Ausschußfassung angenommen. *) Siehe Anlage 5. Nun rufe ich die §§ 29 bis 34 zusammen auf. Änderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wird zu diesen Paragraphen das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesen Paragraphen in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die §§ 29 bis 34 sind in der Ausschußfassung angenommen. Zu § 35 liegt formell ein Änderungsantrag vor, der aber erledigt ist. - Der Änderungsantrag zu § 35 wird zurückgezogen. Wer dem § 35 in der Ausschußfassung zustimmen will, den. bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 35 ist in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe noch einzeln auf den § 36, weil es sich hier um eine Neuerung handelt. Wird zu § 36 das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. - Wer dem § 36, Einführung der Briefwahl, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - § 36 ist angenommen. Nun, meine Damen und Herren, rufe ich zusammen auf - ich setze dafür das Einverständnis des Hauses voraus - den Sechsten, Siebenten und Achten Abschnitt mit sämtlichen Paragraphen. Änderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wird zu den Paragraphen des Sechsten, Siebenten und Achten Abschnitts das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen des Sechsten, Siebenten und Achten Abschnitts zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Paragraphen des Sechsten, Siebenten und Achten Abschnitts sind angenommen. Wir kommen zum Neunten Abschnitt. Ich rufe auf die Paragraphen 50 bis 53. Änderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über die §§ 50 bis 53. Wer der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die §§ 50 bis 53 sind angenommen. Zu § 54 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 543 Ziffer 5 vor, den ich hiermit aufrufe. § 54 soll gestrichen werden. Zur Begründung des Antrags hat das Wort Herr Abgeordneter Mattick.

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Antrag auf Streichung des § 54 handelt es sich, um es noch einmal vorab zu sagen, um die Streichung der Ausschließungsklausel für Berlin, die in diesem Gesetz wieder enthalten ist. Gestatten Sie mir zu unserem Antrag etwas ausführlichere Darlegungen über die Entwicklung bis zum heutigen Tage und über den Standpunkt, den insbesondere wir Berliner dazu einnehmen. Ich möchte zurückgehen auf das Jahr 1948, als nach einer längeren Auseinandersetzung unter den Besatzungsmächten von den Westmächten die Währungsreform durchgesetzt wurde und die erste konkrete Entscheidung darüber, wohin Berlin in der nächsten Periode gehören sollte, bei den Berlinern lag. Sie wissen, daß Berlin damals eine überzeugende folgenschwere Entscheidung getroffen hat. Berlin entschied sich in dieser Frage für die westliche Politik, für die Zusammenarbeit mit den drei Besatzungsmächten und mit den drei Zonen des Westens in der festen Überzeugung, daß mit ({0}) dieser Politik in Berlin eine demokratische Vorhut entstehen werde für die weitere damals eigentlich erst beginnende Auseinandersetzung über die Wiedervereinigung Deutschlands, über die Freiheit und über die Demokratie für ganz Deutschland. Mit der damaligen Währungsreform begann in Berlin die interne Auseinandersetzung, die innerliche Spaltung. Ich darf daran erinnern, daß im Jahre 1948, nachdem die damalige Gesamtberliner Stadtverordnetenversammlung mit allen gewählten Stadtverordneten im Auftrage der vier Besatzungsmächte eine gemeinsame Berliner Verfassung geschaffen hatte, von sowjetischer Seite die aus eigener Kraft der Deutschen geschaffene Verfassung für ganz Berlin und der Rahmen ganz Berlins gesprengt und die drei Westbezirke in Berlin, die drei Westsektoren mittels der militärischen Macht der sowjetischen Besatzung isoliert wurden. Und ich erinnere an den Anfang der Blockadesituation, in der die Berliner Bevölkerung noch einmal vor der Entscheidung stand, ob sie diese Last auf sich nehmen sollte oder nicht, eine Entscheidung um die politische Stellung Berlins im Kampf um die deutsche Wiedervereinigung. Berlin arbeitete dann mit im Parlamentarischen Rat, immer mit der Voraussicht und mit der Absicht, ein Teil dessen zu werden, was in den drei Westzonen als erster Bestandteil einer Zusammenfassung der demokratischen Kräfte in Deutschland möglich war. Berlin wollte durch seine Mitarbeit im Parlamentarischen Rat die Bundeszugehörigkeit erreichen. Ich darf daran erinnern, daß in dieser damaligen Auseinandersetzung die Spaltung Berlins von sowjetischer Seite vorwärtsgetrieben wurde und daß bei der Schaffung der Bundesrepublik auf Grund alliierten Willens Berlin aus der ersten Mitentscheidung, der ersten Wahl zum Deutschen Bundestag dennoch ausgeschieden wurde, weil man damals in der Hoffnung lebte, durch dieses Verhalten eine gewisse gemeinsame Basis der Viermächteverwaltung und des Viermächtestatus im Rahmen ganz Berlins erhalten zu können. Sie erinnern sich sicher daran, daß, obgleich Berlin nach dem Fallen der Blockade den Versuch gemacht hat - von seiten der Westberliner Verwaltung und auch von seiten der Westmächte -, mit diesem Verhalten des Ausschließen aus der direkten Beteiligung an der Bundesrepublik den Zusammenhang ganz Berlins wiederherzustellen, dennoch jeder Versuch der Auflockerung der Spaltung Berlins an dem Verhalten der Sowjets scheiterte und die endgültige Spaltung Berlins immer schärfere Formen angenommen hat. Ich darf auch daran erinnern, daß mit der Schaffung der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik, des sowjetischen Satellitenstaates, im Jahre 1949 der Ostsektor von Berlin Hauptstadt dieses Satellitenstaates wurde und seit dieser Zeit Sitz der Regierung des Satellitenstaates der DDR ist. Heute die Dinge so darzustellen, als wenn es überhaupt eine Vergleichbarkeit zwischen der Berliner Westposition und der Berliner Ostposition dadurch gibt, daß auch im Ostsektor von Berlin die Wahlen zur Volkskammer nicht direkt durchgeführt wurden, meine Damen und Herren, das ist doch wirklich ein Versuch, die Dinge am untauglichen Objekt zu demonstrieren. Denn wer wagt es hier in diesem Hause, sogenannte Wahlen zur Volkskammer zu Wahlen zum Deutschen Bundestag in Vergleich zu setzen! ({1}) Schon hierin liegt doch die ganze Hohlheit einer solchen vergleichenden Begründung. Es gibt keine echten Wahlen zur Volkskammer. Es gibt keine echte Auseinandersetzung in der Volkskammer um die Politik der DDR, sondern was das ist, wissen Sie alle; Sie können es nicht vergleichen. Wir in Berlin und die westlichen Besatzungsmächte haben in der Folgezeit bis zum heutigen Tage alle Versuche unternommen, Stücke einheitlicher Verwaltung wiederherzustellen, irgendein gemeinsames Bild des ganzen Berlin im Interesse der Gesamtberliner und auch der deutschen Wiedervereinigung zu erhalten. Nichts von dem ist geglückt. Wenn Sie es genau wissen wollen: die Einheit in Berlin besteht heute noch in der Kanalisation, ({2}) das heißt - ich brauche das nicht kräftiger auszudrücken -, daß wir in Westberlin den Dreck loswerden wollen, der von den Ostberlinern für die Rieselfelder noch ganz gern in Empfang genommen wird. Dieses Einhalten von Verwaltungsvereinbarungen oder die Einheit durchgängiger Organisationen gibt es heute auch noch an verschiedenen Stellen der Zonengrenze; das hat nichts mit einem einheitlichen Berlin zu tun. Nun, meine Damen und Herren, wird uns gesagt, daß wir heute den Viermächtestatus Berlins gefährdeten, wenn Berlin mitwählen würde. ({3}) Worin besteht denn heute nach dieser Entwicklung in Großberlin und im Lande Berlin noch ein Viermächtestatus? Er besteht darin, daß auf Grund der machtpolitischen Situation und des Rechtsanspruchs die drei Besatzungsmächte des Westens noch unter den gleichen Voraussetzungen in Berlin sind und hoffentlich bleiben wie die sowjetische Besatzungsmacht. Das hat weder etwas mit einem Bestehen, mit einem wirklichen Bestehen eines Viermächtestatus, noch viel weniger etwas mit einem wirklichen Bestehen einer Viermächteverwaltung zu tun. Die Viermächteverwaltung deutscher Form ist restlos gesprengt. Jede Berliner Grenzstraße ist heute eine echte Grenzstraße. Sie alle haben das schon erlebt, Sie alle waren schon in Berlin. Und der Viermächtestatus in Form der alliierten gemeinsamen Kommandantur für bestimmte Fragen Berliner Gemeinsamkeit besteht auch seit 1949 nicht mehr. Das, was da ist, ist die Anwesenheit der Besatzungsmächte, meine Damen und Herren. ({4}) Darf ich hier einmal eine Zwischenbemerkung machen? Es kann sein, meine Damen und Herren, daß in einigen Fraktionen diese Frage ausdiskutiert ist, daß Sie sich mit den Dingen abgefunden haben, aus einer Reihe von Gründen, die zum Teil gut gemeint sein mögen, die wir zum großen Teil aber nicht verstehen. Ich hoffe, daß Sie wenigstens Verständnis dafür haben, daß es uns noch einmal ein echtes Anliegen ist - nachdem die Debatte um die Beteiligung der Berliner an den Wahlen so öffentlich in der Presse geführt worden ist -, unseren Standpunkt darzulegen, schon mit der Absicht, diese Auseinandersetzung nicht als mit dem heutigen Tag abgeschlossen zu betrachten. Ich hoffe, annehmen zu können, daß Sie, wenn Sie auch mit Ihrer Entscheidung fertig sind - das geht ja manchmal sehr schnell -, wenigstens bereit sind, ({5}) mit uns über die Argumentation noch einmal zu debattieren, weil ja auch im Ausschuß von Ihren Damen und Herren gesagt worden ist, das solle heute nicht die letzte Entscheidung sein. Darum haben wir diese Auseinandersetzung, darum halten wir sie für notwendig. Wir glauben, daß eine weitere Auseinandersetzung folgen muß. Ich wollte Ihnen noch einmal darlegen, warum wir - insbesondere wir Berliner, die ja nach Ihren Vorstellungen in die größte Notsituation kommen würden - in der Mehrzahl der Berliner - mit Ausnahme einiger Abgeordneten, die sich in diesem Standpunkt allmählich etwas gewandelt haben - diese Haltung, die hier vom Hause eingenommen wird, nicht verstehen. Ich versuchte darzulegen - um das für diejenigen, die nicht mithören können, noch einmal in einem Satz zu wiederholen -, daß im Zuge der Entwicklung von 1948 bis heute eine völlige, reale Auflösung der Viermächteverwaltung Berlins und eine völlige, reale Auflösung der gemeinsamen Viermächtekommandantur in Berlin vor sich gegangen ist, daß Berlin heute eine völlig gespaltene Stadt und daß der Ostsektor dieser Stadt Sitz der Regierung der Satelliten-DDR und Hauptstadt dieses Satellitenstaates ist. All das andere, an dem Sie herumraten, all das, was da noch offen ist, ist nicht vergleichbar, weil Wahlen zur Volkskammer keine Wahlen sind und einen Vergleich nicht zulassen. Ich möchte ein zweites sagen, meine Damen und Herren: daß nämlich der Versuch, darzulegen, daß die Anwesenheit der Westmächte in Berlin - sie selbst tun es, glaube ich, gar nicht in dem Ausmaß - auf einem Status beruhe, der durch die Mitwahl der Berliner gestört werden könnte, überhaupt keine echte, reale Begründung hat. Wir glauben -das möchte ich hier noch einmal sehr deutlich sagen -, daß die westlichen Alliierten heute in Berlin erstens auf Grund der bestehenden Machtverhältnisse sind, die sich ergeben haben, zweitens - ich glaube, das hier noch einmal so deutlich sagen zu müssen - schon auf Grund des Verhaltens der Berliner seit 1946, außerdem auf Grund der unterdessen zwischen der Bundesregierung und den alliierten Besatzungsmächten abgeschlossenen Verträge. Schließlich sind die Westmächte heute in Berlin anwesend auf Grund ihres ernsten und echten Willens, Berlin-West so lange unter Schutz zu halten, bis ihr Versprechen, die Wiedervereinigung in Demokratie und Freiheit zu erreichen, erfüllt ist. Das kann aber doch nicht von der Frage abhängig gemacht werden, ob die Berliner ihre Abgeordneten wählen oder nicht. Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu der Frage machen, wie wir Berliner im Bundestag uns die Westberliner Situation eigentlich vorstellen. Ich bin vorhin von dem Willen Berlins ausgegangen, Bundesland zu werden. Sie haben die Einschränkungen aus einer Reihe von Gründen, die ich angeführt habe, vornehmen müssen. Inzwischen hat sich folgendes ereignet. Der erste Einspruch der westlichen Alliierten gegen die Wahl von 1949 in Berlin setzte voraus, daß "Berlin hier mit einem kleinen Teil von Beobachtern vertreten ist, die in dieses Haus geschickt worden sind. Damals waren es acht. Inzwischen hat Berlin die volle Zahl der Abgeordneten, die Berlin zusteht, in dieses Haus geschickt. Nunmehr ist Berlin im Bundesrat vertreten und in allen Organisationen der Bundesrepublik ordentlich vertreten. Die ganze Entwicklung von damals bis heute hat Formen angenommen, die mit denen von 1949 überhaupt nicht mehr vergleichbar sind. Wir haben uns als Berliner auf Gedeih und Verderb dem Bunde angeschlossen und zur Verfügung gestellt. Wir erleben und machen alles mit. Das Dritte Überleitungsgesetz und der Finanzvertrag binden uns an den Bund mit allen Verpflichtungen und mit allen Rechten. Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich doch einmal folgendes. Wir Berliner Abgeordneten erfüllen in diesem Hause zweierlei Aufgaben: Erstens nehmen wir als eine Berliner Delegation die gesamtdeutschen Interessen für Berlin und mit Berlin hier im Hause wahr, und zweitens vertreten wir die Interessen Berlins im Rahmen der Verbindungsverträge, die zwischen der Bundesrepublik und Berlin abgeschlossen sind. Nun frage ich jeden einzelnen in diesem Hause und auch der Bundesregierung: Was soll denn an dem Verhältnis zu den Besatzungsmächten in Berlin verändert werden, wenn die Westberliner den Wunsch aussprechen, was sie tun, daß ihre Vertreter, die sie in dieses Haus schicken, die Interessen Berlins im Rahmen der Verträge zwischen Bonn und Berlin vertreten? Was soll denn an dem Viermächtestatus verändert werden, wenn die Berliner den Wunsch haben, ihre Vertreter in diesem Hause unmittelbar zu wählen und nicht über das Abgeordnetenhaus hierher zu delegieren? Das kann doch niemand erklären, der es bis in diese letzte Konsequenz überlegt. Ich darf dazu noch eine andere Bemerkung machen. In Berlin ist auf Grund dieser jetzt entstandenen allgemeinen Debatte auch eine Diskussion in Gang gebracht worden. Nachdem die sozialdemokratische Fraktion im März vorigen Jahres, genau heute vor einem Jahr, ihren ersten Entwurf zum Wahlgesetz eingebracht hat, in dem steht, daß Berlin an den Wahlen ordentlich beteiligt wird, und man das akzeptiert und nirgends diskutiert hat, ist in den letzten Wochen eine Diskussion entfacht worden. Ich bitte Sie, genau zu überprüfen, wohin das führt. Einige regierungstreue Zeitungen haben logischerweise in den Chor der Nein-Sager mit eingestimmt. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie einmal auf die Gefahr aufmerksam machen, die hier entsteht. Das ging so weit, daß eine große Berliner Zeitung, die der Bundesregierung nahesteht - denn ihr Leitartikelschreiber ist der Herr Dr. Friedländer -, die Frage aufgeworfen hat, ob denn die Berliner diesen Wahlrummel überhaupt wollen; sie sollten doch zufrieden sein, daß in Berlin diese Auseinandersetzung nicht nötig sei. Wenn das die Auseinandersetzung um Freiheit und Demokratie auf Berliner Boden ist, nur weil man versuchen will, die Berliner von der Wahl auszuschalten, dann mache ich Sie auf die innere Gefahr, die daraus für die Demokratie entsteht, hier an diesem Platze noch einmal sehr frühzeitig aufmerksam. Wir nehmen das nicht ab. Noch eine andere Bemerkung. Ich bedauere - und meine Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion tun es genau so - die Ausführungen, die nunmehr einige Kollegen dieses Hauses gemacht haben. Ich bedauere, daß Herr Lemmer, nachdem er von Berlin hierher kam und seine Fraktionsbesprechung hinter sich hatte, erklärte: Wir Berliner Abgeordneten fühlen uns nicht benachteiligt. Dazu eine Bemerkung. Sehen Sie, meine Damen und Herren, heute wird im Bundestag eine Entschließung der CDU-Fraktion zu diesem Thema vorgelegt. Darin heißt es unter anderem: Der Deutsche Bundestag gibt vielmehr seiner ernsthaften Hoffnung Ausdruck, daß die poli({6}) tische Entwicklung in naher Zukunft die volle Beteiligung Berlins an der politischen Willensbildung des Bundestages erlauben wird. Lassen Sie mich dazu bemerken: Ich glaube wenigstens im Namen der sozialdemokratischen Berliner Abgeordneten sagen zu können: Seit einiger Zeit fühlen wir uns hier ernsthaft benachteiligt. Sie sprechen so oft von Gesten und von Ihrem echten Willen, uns entgegenzukommen. Es hat hier in diesem Hause - das Stimmrecht der Berliner Abgeordneten steht heute an sich nicht zur Debatte; aber was ich jetzt sagen will, gehört zu dieser Auseinandersetzung - in den letzten Monaten einige Entscheidungen um wichtige sozialpolitische Gesetze gegeben, die eo ipso in Berlin Anwendung finden, wie Sie alle wissen. Dabei hat formal der Bundestag Entscheidungen zugunsten der größten Fraktion des Hauses, manchmal nur mit 2, 3 Stimmen Mehrheit, getroffen, die der Willensbildung des Hauses im ganzen nicht entsprachen. ({7}) - Herr Sabel, der Zwischenruf ist falsch. ({8}) - Herr Sabel, der Zwischenruf ist falsch. Ich bitte Sie, prüfen Sie das nach. ({9}) - Herr Sabel, der Zwischenruf ist falsch. Ich werde es Ihnen nachher beweisen. ({10}) Es hat in diesem Hause bei sozialpolitischen Entscheidungen zwei, drei Abstimmungen gegeben, ({11}) Lassen Sie mich doch einmal ausreden!

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Kollege Sabel, lassen Sie bitte dem Redner das Wort. Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Ich wäre dankbar, wenn sich die Aussprache auf die hier zur Debatte stehende Frage konzentrieren würde. Es besteht ein Interesse des Hauses daran - meine Damen und Herren, das möchte ich hier sagen - auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung, nach Möglichkeit heute noch zur dritten Lesung zu kommen. Ich mache lediglich darauf aufmerksam, weil wir in einer entsprechenden Mittagspause den Fraktionen Gelegenheit geben müssen, vor der dritten Lesung noch einmal zusammenzutreten. Bitte, Herr Abgeordneter, fahren Sie fort.

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Ich kenne diese Vereinbarung. Wenn ich nicht in dieser Form unterbrochen worden wäre, wäre es auch schneller gegangen. Ich bitte Sie aber, zu verstehen, daß wir zu diesem Thema unsere grundsätzlichen Bemerkungen zu machen haben. Wir lassen uns auch in dieser Situation nicht davon abbringen. Ich muß es daher wiederholen. Es hat in diesem Hause, insbesondere beim Kindergeldgesetz, einige Abstimmungen gegeben, bei denen die formale Mehrheit anders aussah als die echte Mehrheit des Hauses, was sich gezeigt hätte, wenn die Berliner Stimmen hinzugezählt worden wären. Sie sprechen so gerne von Gesten. Meine Damen und Herren, ich hätte in solcher Situation erwartet, daß der Vertreter der größten Fraktion des Hauses hierher getreten wäre und gesagt hätte: Meine Damen und Herren, der Wille der Alliierten bindet uns an die Verpflichtung, Berliner Stimmen nicht zu zählen; aber wir akzeptieren, da es sich um ein Gesetz handelt, das auch in Berlin gilt, das Votum des Hauses an sich! Das wäre eine Geste gewesen, der wir entnommen hätten, daß Sie es ernst meinen mit Ihren Proklamationen. Vielleicht überlegen Sie sich das für die nächste Zeit einmal. Der Herr Bundeskanzler hat ja die Äußerung getan, er wäre für ein volles Stimmrecht. Nun, vielleicht kann man darüber noch einmal reden. Ich möchte zum Schluß nochmals an Sie appellieren. Die nächste Wahl zum Deutschen Bundestag ist im Herbst 1957. Mit Ihrem § 54 greifen Sie einer möglichen Entwicklung im negativen Sinne um 1 1/2 Jahre voraus. Bei der Saar machen Sie es genau umgekehrt. Obgleich die Saar heute noch nicht so an die Bundesrepublik gebunden ist wie Berlin, greifen Sie bei der Saar um 1 1/2 Jahre positiv voraus, indem Sie es möglich machen, daß die Saar dieses Wahlgesetz übernehmen kann. Wenn sich im Laufe der 1 1/2 Jahre Dinge ergeben sollten, die heute unübersehbar sind, dann läßt sich immer noch im nächsten Sommer neu zu Berlin sprechen. Heute bedeutet Ihr negatives Vorausgreifen auf 1 1/2 Jahre, eine Vorentscheidung gegen Berlin, gegen den Willen der Berliner zu schaffen. Ich bitte Sie im Interesse der nationalen Fragen, die hier zur Debatte stehen, noch einmal dringlichst, diese Entscheidung zu überprüfen und heute Berlin voll in das Bundeswahlgesetz aufzunehmen, unter Umständen mit der Maßgabe, falls sich Dinge ereignen, die es notwendig machen, nach dem Willen der Allierten und dem Willen der Deutschen hier eine Änderung zu treffen, im nächsten Jahr noch einmal darüber zu verhandeln. ({0}) Noch eine Bemerkung zu dem Ausgangspunkt des Einspruchs. Es wird uns mitgeteilt, daß die drei Alliierten ihren Einspruch erhoben haben. Bisher ist immer von drei Alliierten gesprochen worden. Bis heute ist uns nur der Einspruch des amerikanischen Botschafters schriftlich bekannt. Ich weiß nicht, ob die anderen schriftlich vorliegen; ich setze es, da es uns mitgeteilt worden ist, voraus. Das ist aber kein Einspruch, sondern es ist eine Mitteilung an die Bundesregierung. Bisher war es doch so, daß es einen deutschen Willen gibt, den man versucht, durch eine deutsche Entscheidung durchzusetzen, und daß man darüber mit den Mächten verhandelt, die darauf eventuell einen Einfluß nehmen können. Ich möchte Sie bitten, auch im Falle Berlin sich so zu entscheiden. ({1})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Das Wort hat der Abgeordnete Friedensburg.

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde der CDU/CSU haben ernsthaft und ehrlich den Wunsch gehabt, das Wahlgesetz auf möglichst breiter Grundlage zu verabschieden und deshalb in möglichst großem Umfang auch den Wünschen der anderen Parteien entgegenzukommen. Dieser grundsätzlichen Auffassung folgend, haben wir wichtige Zugeständnisse gemacht, Zugeständnisse, die vielen - ich darf sagen, den meisten von uns - außerordentlich schwer werden. Wir haben deshalb auch ernsthaft geprüft, ob wir in ({0}) diesem Punkte den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion hätten entgegenkommen können. Ich muß feststellen, daß uns das nicht möglich ist und daß die Fraktion, der ich die Ehre habe anzugehören, auf Grund einer einhelligen Stellungnahme der Berliner Mitglieder dieser Fraktion den Wunsch hat, es einstweilen bei dem jetzigen Zustand zu belassen. Keine Frage, daß auch wir den Wunsch haben, möglichst bald gemeinsam mit allen anderen Deutschen ein gemeinsames deutsches Parlament zu wählen. Wir können den Tag nicht abwarten, an dem das geschieht. Aber wir überlegen bis dahin sehr sorgfältig, ob die Entscheidung, die wir treffen, der Aufgabe dient oder ihr womöglich Schaden zufügt, ({1}) und wir fürchten, daß wir im vorliegenden Falle der Sache gerade im Sinne der gesamtdeutschen Zielsetzung, der Absicht, uns eines Tages an einem gesamtdeutschen Parlament zu beteiligen, keinen Dienst erweisen. Ich fürchte, meinen sozialdemokratischen Kollegen überhaupt sagen zu müssen, daß wir durch das Aufrollen dieser Frage als eines Streitfalles sowohl zwischen uns als auch gegenüber manchen ausländischen Mächten der Sache Berlins wahrscheinlich keinen guten Dienst erweisen. ({2}) Ich darf sagen, daß hier 'nicht etwa ein selbstsüchtiges Interesse der CDU/CSU-Fraktion spricht. Unsere Freunde wissen, daß die Person des Bundeskanzlers und die Bundespolitik in Berlin eine sehr große Rolle spielen, und ich möchte beinahe annehmen, daß sich, wenn wir im nächsten Jahre etwa unter dem Gesichtspunkt der Bundespolitik wählen könnten, die Mehrheit für die ChristlichDemokratische Union aussprechen würde. ({3}) Wenn wir trotzdem glauben, uns dem Anliegen der sozialdemokratischen Kollegen versagen zu müssen, so tun wir das aus wohlerwogenen, ernsthaften Gründen. Darauf möchte ich gegenüber den Ausführungen meines Kollegen Mattick hinweisen. Ihre Bemerkung, Herr Kollege Mattick, einige Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union hätten in dieser Frage in der letzten Zeit ihren Standpunkt gewandelt, entspricht wohl nicht den Tatsachen. Mir sind nur die öffentliche Äußerung meines Freundes Lemmer, der leider heute nicht unter uns sein kann, und meine eigene Auffassung hierzu bekannt. Wir beide haben uns von Anfang an, vom Tage der Spaltung der Stadt an, unablässig und einmütig dahin bemüht, die uns leider auf-erzwungene Spaltung unsererseits nicht noch durch freiwillige Entscheidungen zu vergrößern, sondern im Gegenteil jeden Zoll breit Berliner Einheit und damit letzten Restes deutscher Einheit zu verteidigen, solange überhaupt eine Möglichkeit dafür besteht. ({4}) In unserer Frage haben wir nun einmal auch die Ansicht der Alliierten vor uns. Sie ist keine Überraschung für uns. Die Alliierten sind immer der Ansicht gewesen, daß es einstweilen bei dem jetzigen Rechtszustand und Tatsachenbestand bleiben müsse. Persönlich bin ich herzlich gern bereit, auch gegen die Auffassungen und die Ansichten der Alliierten aufzutreten, in allen Dingen, nur dort nicht, wo das Lebensinteresse der Stadt berührt wird, in der ich zu leben das Glück habe. ({5}) Selbst wenn ich nicht der Ansicht wäre, daß der Standpunkt der Alliierten berechtigt sei, sondern wenn ich Bedenken dagegen hätte, würde ich sehr große Zweifel haben, ob es gut wäre, einen Konflikt mit den dortigen Besatzungsmächten in einer Frage hervorzurufen, die Berlin so stark betrifft. Das kann nicht gut sein. Wir haben - für Berlin - ein Lebensinteresse daran, daß die Zugehörigkeit der Westalliierten zu dieser Stadt auch nicht im geringsten beeinträchtigt wird. ({6}) Es kann unter Umständen von verhältnismäßig kleinen Imponderabilien abhängen, ob sich die Waagschale eines Sich-Einsetzens für Berlin nach der einen oder anderen Seite verschiebt. Aber ich kann auch nicht zugeben, daß der Standpunkt der Besatzungsmächte in diesem Punkte falsch ist. Meine Damen und Herren, sollten wir nicht im Gegenteil dankbar sein, daß die Besatzungsmächte einen solchen Standpunkt einnehmen? ({7}) Wäre es nicht eine fürchterliche Sorge für uns alle, wenn wir aus dem Lager der diplomatischen Vertretungen hörten: Was die Berliner machen, ist uns ganz egal; die können das und jenes tun! ({8}) Ich glaube nicht, daß das eine glückliche Situation wäre. Wir haben vor allen Dingen ein großes Interesse daran - und da möchte ich auch dem Kollegen Mattick widersprechen -, daß der Viermächtestatus dieser Stadt auch dort nicht mehr verändert wird, wo nur noch Reste davon bestehen. ({9}) Es ist auch für uns lebenswichtig, daß die volle Verantwortung der Siegermächte für diese Stadt aufrechterhalten wird. ({10}) Selbst wenn das in einzelnen Punkten nur noch eine Fiktion bleiben sollte, ist diese Fiktion unter Umständen geschichtlich und weltpolitisch von Wert, und wir wollen daran nicht unnötig rühren. Endlich aber, und da möchte ich aus eigener Erfahrung sprechen: Wo ist denn hier von einer Benachteiligung etwas zu spüren? Die Berliner Abgeordneten fallen hin und wieder einmal beim sogenannten Hammelsprung auf, aber sonst kann doch von irgendeiner Zurücksetzung der Berliner überhaupt nicht die Rede sein. Wir haben bei den entscheidenden Dingen und bei den Beratungen im Ausschuß die Möglichkeit, uns an allen Entscheidungen dieses Hauses zu beteiligen. Ich glaube sogar sagen zu können - ich weiß nicht, Herr Kollege Mattick, ob es in Ihrer Fraktion anders ist -: in meiner Fraktion habe ich beinahe den Eindruck, daß wir Berliner Abgeordneten in gewisser Weise privilegiert sind, daß man auf uns stärker hört, als wenn wir aus einem andern Teil Deutschlands kämen. Ich würde mich geradezu für undankbar ({11}) halten, wenn ich mich auf der Tribüne dieses Hauses als ein irgendwie benachteiligter Abgeordneter bezeichnen wollte. Die von Ihnen angeführten sozialpolitischen Entscheidungen liegen nicht in meiner Zuständigkeit. Aber, Herr Kollege Mattick, gerade da wundert es mich, daß die sozialdemokratische Fraktion, die sonst bei dieser Gelegenheit durchaus für die volle Eingliederung und die volle Zugehörigkeit eintritt, bei der Anwendung der Gesetze bisweilen den entgegengesetzten Standpunkt einnimmt und nun plötzlich eine Sonderstellung Berlins haben will. Das scheint mir nicht recht logisch zu sein, und man sollte gerade diese Erinnerung bei dieser Gelegenheit nicht heraufbeschwören. Berlin nimmt gegenüber Süddeutschland und Westdeutschland in mancher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Ich bin es jedoch meinen politischen Freunden schuldig, festzustellen, daß wir Berliner uns hier noch niemals als benachteiligt oder als Fremdkörper empfunden haben. Wenn es in Ihrer Fraktion, in der SPD, anders sein sollte, dann steht Ihnen ja der Weg zu uns gern offen! ({12}) Nun noch ein ernstes Wort, meine Damen und Herren! Ich halte es nach der ganzen geschichtlichen Überlieferung nicht für glücklich, wenn die Berliner sich hier so oft, wie das auch bei den Beratungen über die Finanzhilfe für Berlin geschieht, als irgendwie zurückgesetzt hinstellen. Herr Kollege Mattick, das ist nicht Berliner Art und - wenn mir süddeutschen und westdeutschen Freunde gestatten, das zu sagen - das ist auch nicht preußische Art. Die alte Hauptstadt hat den Wunsch, ihre Stellung innerhalb der deutschen Gemeinschaft wieder einzunehmen. Das wird nicht dadurch gefördert, daß wir unsere örtlichen Wünsche in kleinlicher Eifersucht und in kleinlicher Selbstsucht voranstellen, sondern indem wir den anderen in einer anständigen und tapferen Haltung auch dort vorangehen, wo das Schicksal uns eine unangenehme Lage aufgezwungen hat. Das trifft in diesem Falle zu. Ich möchte deshalb gerade für uns Berliner, soweit wir der Christlich-Demokratischen Partei angehören, ausdrücklich feststellen, daß wir gern noch einstweilen, bis der Tag der Wiedervereinigung kommen wird, in diesem Hause eine gewisse Sonderstellung einnehmen, um damit der gesamten Sache zu dienen. ({13})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Friedensburg hat es als ein dringendes Anliegen hervorgehoben, daß an dem Viermächtestatus Berlins nicht gerüttelt und nichts geändert werden sollte. Darüber gibt es zwischen ihm und der sozialdemokratischen Fraktion keinerlei Meinungsverschiedenheiten. Wir würden uns gegen jeden Versuch wenden, den Viermächtestatus Berlins auszuhöhlen, einzuschränken oder in irgendeiner Weise zu erschüttern. Wir wenden uns auch gegen eine Auslegung, als sei er sowieso nichts mehr wert. Wir haben in unserer politischen Haltung dafür fortgesetzt und kontinuierlich Beispiele gegeben. Ich bedaure aber, daß die Auseinandersetzung über diesen Punkt des Wahlgesetzes nun beinahe so aussieht, als ginge es darum, ob Berliner Abgeordnete - und dazu noch, wenn sie dieser oder jener Fraktion angehören - benachteiligt oder zurückgesetzt sind. Bei dieser Bestimmung geht es um ganz etwas anderes, und das wissen auch Sie, meine Damen und Herren. Es geht um die Stellung Berlins in der Bundesrepublik und zur Bundesrepublik, es geht um die Stellung der Bundesrepublik zu Berlin und zur Frage der Wiedervereinigung und nicht um solche doch mehr oder weniger, entschuldigen Sie, untergeordnete Fragen. Nun sind uns aber hier so gewissermaßen Vorwürfe gemacht worden, als ob mit unserem Standpunkt der Wiedervereinigungspolitik ein Schaden zugefügt oder, wie Sie eben noch sagten, daß damit kein Dienst an der Wiedervereinigung geleistet werde. Es ist schade, daß wir allmählich nur noch dann dazu kommen, Wiedervereinigungsfragen zu besprechen, wenn es darum geht, sich über irgendwelche Restriktionen zu streiten. Sehen Sie: Bei dem, was vom Viermächtestatus da ist, was wir erhalten wollen, was, soweit es an uns liegt, nicht verringert werden soll, handelt es sich um eine Einrichtung, die, zum Nutzen Berlins und als Klammer für das übrige, bestehen muß, solange die Spaltung Deutschlands noch nicht überwunden ist. Aber lassen Sie mich ganz freimütig sagen - Sie wissen es auch, meine Herren, die Sie aus Berlin sind, auch wenn Sie jetzt in dieser Frage einen anderen Standpunkt einnehmen als die sozialdemokratische Fraktion -: Im Schatten dessen, was man zur Auslegung des Viermächtestatus sagt, geschieht doch durch die Besatzungsmächte so vieles, was mit dem Viermächtestatus in keiner Weise zu tun hat und oft nicht mit ihm vereinbar ist. ({0}) Aber uns wird dann vorgehalten, daß wir das im Interesse des Viermächtestatus so lassen müßten. Hier sitzen doch noch Damen und Herren, die seinerzeit mit in Berlin waren, als wir uns veranlaßt sahen, Dinge, die auch unter Berufung auf den Viermächtestatus auf der westlichen Seite konserviert wurden, anzusprechen. Es gehört zwar nicht zum guten Ton, aber man muß auch das sagen - wie damals Berliner Polizei, ohne daß man fragte, was sie dazu dachte und was die Berliner dazu dachten, von irgendeinem Sergeanten der Besatzungsmächte geschickt wurde, um entflohene Fremdenlegionäre aus ihren Behausungen zu holen und sie der Besatzungsmacht zu überstellen, die auf sie einen Anspruch geltend machte. Das wurde damals auch unter der Signatur des Viermächtestatus hingenommen, und es hat nichts damit zu tun, gar nichts damit zu tun, ebensowenig wie heute die Befragungen der Flüchtlinge durch die Besatzungsmächte etwas mit dem Viermächtestatus zu tun haben. ({1}) Alles das geschieht unter Berufung auf den sagenhaften Viermächtestatus. Dort aber, wo es sich wirklich um Dinge handelt, die im Sinne des Viermächtestatus erhalten werden müssen - ich denke z. B. an das Schicksal der Sozialdemokratischen Partei im Ostsektor Berlins, ({2}) ({3}) die nach der Viermächtevereinbarung dort ein Recht hat zu sein -, da gibt es ihn nicht mehr. Da kommt irgendeine Besatzungsmacht und sagt: Wäre es nicht besser, die Sozialdemokraten machten das mit den Russen aus? Dann ist der Viermächtestatus nicht mehr da. Jeder nützt ihn aus, wie er ihm am bequemsten erscheint. Das wollen wir auch sagen. ({4}) Nun wollen wir hier doch wohl alle nicht zu der Gepflogenheit übergehen, daß wir das, was sich da so zwielichtig entwickelt, zugunsten oder zuungunsten dieser oder jener Parteiengruppierung interpretieren. Das wäre das schlimmste, wenn auf diesem Gebiet auch das noch wuchern würde. Der Viermächtestatus ist doch wohl hoffentlich nicht dazu da, einem Teil der Deutschen demokratische Rechte vorzuenthalten. Dazu ist er nicht da. Man soll ihn aber auch nicht so interpretieren. Hier werden Gesetze gemacht. Sie gelten nach einem bestimmten Verfahren in Berlin. Die Abgeordneten aus Berlin dürfen darüber nicht mit abstimmen; aber die Gesetze gelten in Berlin. Dadurch wird der Viermächtestatus nicht berührt. Ich bin damit einverstanden, daß er dadurch nicht berührt wird. Aber angeblich zur Wahrung desselben Viermächtestatus soll Berlin keine wirkliche Wahl, soll Berlin keinen Anteil an dieser demokratischen Praxis haben. Es geht doch nicht darum, w i e wir die Gesetze machen. Nicht davon hängt es ab, ob der Viermächtestatus, von dem hier gesprochen wird, verletzt wird oder nicht verletzt wird, sondern davon hängt es ab, w a s wir für Gesetze machen und was wir mit den Gesetzen machen und machen lassen. Da hapert es oft. Wir haben hier zu entscheiden, welche Gesetze für Berlin gelten und welche nicht. Dafür gibt es ein Übernahmeverfahren und zum. Überfluß auch noch ein Einspruchsverfahren der Besatzungsmächte. Wo gibt es eine russische Erklärung mit Bezug auf die Wahl? Ich entsinne mich drohender russischer Erklärungen, die Sie hier mit Lachen zur Kenntnis genommen haben. Da 'ging es um die Frage der Wiedervereinigung, da ging es um die Frage der Militärverträge, da ging es darum, daß die vierte Besatzunsmacht gesagt hat: Wenn ihr diese Verträge annehmt und wenn ihr euch der NATO anschließt, dann gibt es keine Basis für Viermächteverhandlungen mehr. Damals haben Sie gesagt: Alles Bluff, alles nur Wind, alles nur Gerassel! ({5}) Die Drohungen sind zu unserem Bedauern von dieser Macht genau so eingehalten worden. Und heute sollen wir uns der Westmächte als des Dolmetschers der im Falle der Wahlbeteiligung Berlins zu erwartenden russischen Reaktion bedienen? Das wäre doch wohl eine seltsame Sache. Wenn es sich darum handelt, Berlin mitwirken und mitreden zu lassen in den Grenzen, die sich aus dem Viermächtestatus für die Gültigkeit von Bundesgesetzen in Berlin ergeben, dann bedient man sich plötzlich der Westmächte, die uns sagen, was angeblich die Russen in dem Fall machen würden. Als das Freiwilligengesetz und als das Soldatengesetz in diesem Hause angenommen wurden, da wurde die Frage Viermächtestatus leider nicht aufgeworfen. In der Praxis sieht es so aus: Berliner und auch Bewohner der Zone können auf Grund dieser Gesetze Soldaten werden, aber wählen dürfen die Berliner nicht, und abstimmen dürfen sie auch nicht. So sieht das mit der Respektierung dessen aus, was man hier unter dem Viermächtestatus versteht. ({6}) Wir zerstören doch mit einer solchen Bestimmung, wie wir sie haben möchten und worauf unser Antrag hinzielt, nicht den Viermächtestatus. Aber es kann sein, daß Sie mit der Praxis, wenn sie so fortgesetzt wird, etwas sehr Wichtiges zerstören: die Zusammengehörigkeit der Menschen in Berlin mit uns. Die Zusammengehörigkeit nicht nur in Bekenntnissen gelegentlicher Art, sondern auch in der Praxis, diese Zusammengehörigkeit könnten wir zerstören. Wir möchten es nicht. Deswegen plädiere ich für den Antrag der Fraktion der Sozialdemokraten. ({7})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krone.

Dr. Heinrich Krone (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001225, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jedes Wort hier in diesem Hause muß wohl abgewogen sein, ({0}) und besonders ein Wort, das in dieser Stunde in diesem Saal gesprochen wird. ({1}) Ich freue mich, daß Herr Kollege Wehner so deutlich vom Viermächtestatus der Stadt Berlin gesprochen hat und daß er genau so wie auch Kollege Friedensburg darauf seine Hoffnung basiert, einmal zu einer besseren Regelung der Berliner Fragen zu kommen. Ich glaube aber auch, daß wir Berliner wissen, wo in Berlin unsere Freunde sind, die uns mithelfen, den Kampf für Berlin zu bestehen. ({2}) Ich weiß nicht, Herr Kollege Wehner, ob Sie unter diesem Gesichtspunkt Berlin den Gefallen getan haben, den wir alle dieser Stadt tun müssen, zumal auch Sie und wir in Berlin in derselben Regierung sind. ({3})

Dr. Ludwig Schneider (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002046

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. in der zweiten Lesung zu § 54 des Gesetzes. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 543 Ziffer 5, den § 54 zu streichen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Ich wiederhole die Abstimmung. Wer dem Streichungsantrag zuzustimmen wünscht, der erhebe sich vom Platz. - Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe auf die §§ 55, 56, 57 des Gesetzes in der Ausschußfassung und die Einleitung und Überschrift. Ich frage: wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, der gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Soviel ich sehe, einstimmig angenommen. Damit sind wir am Schluß der zweiten Beratung des Gesetzes. ({0}) Bevor ich die Sitzung unterbreche, möchte ich folgendes bekanntgeben. Der Wahlrechtsausschuß tritt sofort im Anschluß an die Plenarsitzung zu einer Sitzung im Zimmer 214 Süd zusammen. Die Fraktion der CDU tritt um 14 Uhr 30 zu einer Fraktionssitzung zusammen, die Fraktion der SPD um 15 Uhr, die CSU-Landesgruppe sofort im Vorstandszimmer. Ich setze vereinbarungsgemäß - das Einverständnis des Hauses unterstellend - den Punkt 2, Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, von der heutigen Tagesordnung mit der Maßgabe ab, daß er morgen an zweiter Stelle beraten wird. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall. Ich unterbreche die Sitzung bis 16 Uhr, wo wir mit der dritten Lesung des Wahlgesetzes beginnen. ({1}) Die Sitzung wird um 16 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. Wir kommen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundeswahlgesetzes ({0}). Ich mache Ihnen den Vorschlag, daß wir in Abweichung von der sonstigen Übung nicht mit einer Generaldebatte beginnen, vor allen Dingen da die Fraktionen, wenn ich recht berichtet bin, sich doch mit Erklärungen begnügen können, sondern daß wir sofort über die Änderungsanträge entscheiden, daß wir sie diskutieren und unmittelbar über sie abstimmen. Ist das Haus einverstanden? ({1}) - Dann ist so beschlossen. Zu § 6 liegt ein Änderungsantrag vor, der von sämtlichen nunmehr sechs Fraktionen eingebracht ist. Es handelt sich um Umdruck 547 Ziffer 1*). Wird der Antrag begründet? - Der Antrag wird nicht begründet. Wir kommen sofort zur Abstimmung. Sie haben den Antrag wohl vorliegen, so daß ich ihn nicht zu verlesen brauche. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich lasse abstimmen über § 6 in der nunmehr abgeänderten Form. Wer für diesen § 6 in der neuen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Zu § 7 liegt ebenfalls ein Änderungsantrag vor - Umdruck 547 Ziffer 2 -, gleichfalls eingebracht von sämtlichen Fraktionen. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab. Wer für die Annahme des Änderungsantrages Umdruck 547 Ziffer 2 ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir stimmen nunmehr ab über § 7 in der neuen Fassung. Wer für § 7 in der neuen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - *) Siehe Anlage 7. Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Der nächste Änderungsantrag - Umdruck 545**) - betrifft § 14. Er trägt die Unterschrift der Abgeordneten Bausch und Genossen. Wird dieser Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.

Reinhold Rehs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001798, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem in der zweiten Lesung der jetzige Antrag nicht gestellt war, hatte ich die Hoffnung, daß der Kelch einer weiteren Erörterung der damit verbundenen Fragen an uns vorbeigehen würde. Das ist uns nun nicht beschieden. Mit dem Antrag werden Probleme aufgeworfen, die das Wesen der demokratischen Staatsordnung und die Stellung des Staatsbürgers auf der einen und entscheidende Prinzipien unseres Strafrechts auf der anderen Seite berühren. Beide Komplexe sind so inhaltsreich, daß sie in diesem Augenblick nicht mehr erschöpfend dargelegt werden können. Ich will auch gar nicht den Versuch unternehmen, sie hier so zu behandeln, wie es ihr Umfang und ihre Bedeutung erforderten. Ich möchte nur auf einige Gesichtspunkte hinweisen, die meine Fraktion bestimmen, den Antrag abzulehnen und das Hohe Haus zu bitten, uns hierbei zu folgen. Auf dem Grundsatz vom Recht des Staatsbürgers, zu wählen und durch seine Beteiligung an der Wahl an der Staatsgewalt teilzuhaben, beruht jede freiheitliche demokratische Staatsauffassung und Staatsverfassung. Jede Beeinträchtigung dieses Rechts bedeutet eine Belastung der demokratischen Staatsidee. Sie ist nur tragbar und zu rechtfertigen, wo entweder der Bestand der demokratischen Grundordnung selbst oder - nach dem zur Zeit noch geltenden Strafrecht - die Sicherheit der Gemeinschaft der Staatsbürger und ihrer Rechtsgüter auf dem Spiele steht. Ich brauche zu dem ersten Fall, zu dem die Verwirkung der Grundrechte nach Art. 18 des Grundgesetzes gehört, keine Ausführungen zu machen. Er ist hier gegenstandslos. Der zweite Fall betrifft die §§ 32 bis 34 des geltenden Strafgesetzbuches, wonach bei Zuchthausstrafen auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wonach die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte nach sich zieht und ferner bewirkt, daß der so Bestrafte das Recht verliert, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden. Die Entscheidung darüber, ob die Gesetzesverletzung des Mitbürgers der Allgemeinheit gegenüber so schwerwiegend ist, daß sie über die kriminelle Strafe hinaus noch Folgen für die sonstige staatsbürgerliche Stellung des Täters haben soll, ist in die Hand des Strafrichters gelegt. Aber auch ihm ist - selbst nach den früheren Vorstellungen von Sinn und Zweck der Strafe, bei denen der heute von der Strafrechtswissenschaft allgemein abgelehnte Begriff der ehrlosen Gesinnung noch eine Rolle spielte -, diese Befugnis nur dort eingeräumt, wo es sich um mit Zuchthaus bedrohte Straftaten handelt oder wo das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt. Das zunehmende rechtsstaatliche Bewußtsein hat aber in Rechtsprechung und Wissenschaft zu einer **) Siehe Anlage 6. ({0}) Entwicklung geführt, die die Notwendigkeit einer weiteren Einschränkung selbst dieser richterlichen Möglichkeit zu, ich darf sagen, allgemeiner Überzeugung gemacht hat. Sie wissen, daß seit 1954 eine besondere Sachverständigenkommission an einer Strafrechtsreform arbeitet. In seiner Rede auf der konstituierenden Sitzung dieser Kommission hat der amtierende Herr Bundesjustizminister gewissermaßen als Leitidee für die Arbeit der Kommission davon gesprochen, daß das Strafrecht keineswegs nur mit den bösen Menschen zu tun habe. „Auch wenn es sich bei Ihren Beratungen scheinbar um abstrakte Probleme handelt", so sagte er, „vergessen Sie den lebendigen Menschen nicht." Das war ein gutes Wort, und ich meine, es sollte auch über Ihren Überlegungen heute stehen. Die Kommission zur großen Strafrechtsreform hat sich mit dem von mir erwähnten Komplex der sogenannten Ehrenstrafen bereits eingehend beschäftigt und ist dabei u. a. zu dem einstimmigen Vorschlag gekommen, die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte im Sinne der zur Zeit geltenden Regelung zu beseitigen. Dabei war für die Kommission die Erwägung maßgebend, daß einer der entscheidenden Strafzwecke sei, den Täter wieder in die Gemeinschaft einzugliedern, ihn zu resozialisieren, und daß nach übereinstimmenden Erfahrungen die Ehrenstrafen diesen Strafzweck mindestens erschweren. Nach diesem Vorschlag der Kommission sollen daher im künftigen Strafgesetz nur noch sogenannte Nebenfolgen im staatsbürgerlichen Bereich in Betracht kommen. Als eine solcher Nebenfolgen soll zwar nach der Meinung eines Teiles der Kommissionsmitglieder auch weiterhin bei Zuchthausstrafen der Verlust der Wählbarkeit ausgesprochen werden können. Dagegen hat sich die große Mehrheit der Kommission dafür ausgesprochen, daß das Wahlrecht - -({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe; der Redner ist kaum zu verstehen!

Reinhold Rehs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001798, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Kommission hat sich dagegen mit überwiegender Mehrheit dafür ausgesprochen, daß das Wahlrecht nicht mehr darunter fallen soll. Damit ist von einem Sachverständigengremium votiert worden, dem Bundesrichter, Staatsanwälte, Wissenschaftler und Ministerialjuristen angehören. Die Kommission hat damit von den Grundprinzipien unserer freiheitlichen demokratischen Staatsordnung und von der heutigen Auffassung vom Strafzweck her den Standpunkt eingenommen, daß das Recht des Staatsbürgers, zu wählen - nicht: gewählt zu werden! -, in keinem Falle mehr unter die Auswirkungen einer Strafe fallen soll. Ich glaube, das Hohe Haus sollte an diesem Votum nicht vorübergehen. Selbst wenn einige von Ihnen sich heute noch nicht bereit sehen, diese Konsequenzen auch bei der Zuchthausstrafe zu ziehen, so sollte die Meinung eines solchen Fachgremiums doch jedenfalls zu der Überzeugung führen, daß wir hier nicht noch einen weiteren Schritt rückwärts gehen dürfen. Sie sollte zu der Überzeugung führen, daß wir aus zum Teil vielleicht emotionellen Vorstellungen von der Strafe, die kein in der Gegenwart stehender Strafjurist heute mehr für vertretbar hält, auch dem kleinen Täter, der z. B. nur eine kurzfristige Freiheitsstrafe erhalten hat, nicht das Recht nehmen dürfen, zu wählen und sich durch seine Teilnahme an der Wahl weiterhin als Bürger des Staates zu sehen. Indem Sie allen zur Zeit der Wahl in Strafhaft befindlichen Mitbürgern - denn das sind und bleiben sie ja - ohne Rücksicht auf die Dauer der Strafe das Wahlrecht nehmen, belegen Sie diese Menschen über die kriminelle Strafe hinaus zusätzlich mit einer Strafe, die der Strafrichter nicht mehr bei der Zumessung seiner Strafe einkalkulieren kann und die deshalb, weil sie über das vom Richter zur Erreichung des Strafzwecks für notwendig und ausreichend erkannte Maß hinausgeht, ungerecht ist und ungerecht wirken muß. Meine Damen und Herren, ich sehe davon ab, an einzelnen Beispielen darzutun, zu welchen unhaltbaren Konsequenzen eine so generelle Bestimmung, wie Sie sie jetzt wieder in das Wahlgesetz aufnehmen wollen, führen muß. Sie brauchen nur an die Fälle möglicher Verkehrsvergehen zu denken, bei denen - ich will hier durchaus nicht für Milde plädieren, im Gegenteil - doch auch niemand von Ihnen hier dagegen gefeit ist, daß ihn einmal eine Unachtsamkeit oder eine gewisse Fahrlässigkeit in einen Konflikt bringt, der ebenfalls zu einer Freiheitsstrafe führen kann. Wenn Sie an diese Möglichkeit denken, dann prüfen Sie bitte, ob Sie es von Ihrer eigenen Lage aus für vertretbar halten würden, daß ein Bürger, der einmal einer solchen Unachtsamkeit schuldig geworden ist, für diese Zeit sein Wahlrecht einbüßen soll. Ich möchte Sie vor allem aber auch noch auf die Folgen aufmerksam machen, die sich aus § 14 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Ziffer 2 ergeben. Danach ist nicht wählbar, wessen Wahlrecht nach § 14 am Tage der Wahl ruht. Das bedeutet also, daß alle diejenigen, die das Pech haben, daß der Wahltag gerade in eine Zeit fällt, in der sie eine kurzfristige Freiheitsstrafe von wenigen Wochen abbüßen müssen, für eine ganze Legislaturperiode die Möglichkeit ihrer Kandidatur verlieren. Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn Sie sich diese Konsequenzen überlegen, müssen Sie zu dem Ergebnis gelangen, daß die Dinge bei Ihrem Antrag nicht in dem erforderlichen Umfange bedacht worden sind. Nun ist - und damit möchte ich noch ein letztes Argument aufgreifen, das in den bisherigen Besprechungen ins Feld geführt worden ist und das für Sie auch jetzt wieder mitbestimmend gewesen sein mag - zuzugeben, daß auch in dem früheren Wahlgesetz, das für 1953 galt, eine solche Regelung noch vorhanden war. Aber, meine Damen und Herren, mit einem solchen Argument kann man jede Verbesserung und praktisch jede Reform von vornherein unmöglich machen. Im übrigen ist in Nordrhein-Westfalen in der Zwischenzeit bereits eine abweichende Regelung getroffen worden. Nordrhein-Westfalen ist also auch in diesem Punkte mit gutem Beispiel vorangegangen. Ich glaube also, meine Damen und Herren, daß Sie schon unter Berücksichtigung dieser wenigen Gesichtspunkte, auf die ich mich wegen der Lage, in der sich unsere Beratungen über das Gesetz befinden, beschränkt habe, mir doch folgen sollten. Wenden Sie bei der Beurteilung der Frage, ob der betreffenden ganzen Gruppe das elementare Recht des Staatsbürgers, zu wählen, abgesprochen werden darf, den Blick nicht rückwärts, sondern vorwärts; dort liegt die Zukunft unserer Demokratie.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Bausch.

Paul Bausch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000116, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Ausführungen, die der verehrte Herr Vorredner soeben gemacht hat, um gegen den Antrag, den einige meiner Freunde gestellt haben, anzugehen und ihn zu widerlegen, kann ich in vielem durchaus zustimmen. Sehr viele der Argumente, die eben angeführt worden sind, verdienen ernsthafte Berücksichtigung. Doch gibt es auch eine ganze Anzahl anderer Argumente, die gegen seinen Standpunkt sprechen. Auch sie verdienen Beachtung und Berücksichtigung. Die Frage, vor der der Abgeordnete in einem solchen Fall steht, ist dann immer nur die: Welche Argumente wiegen schwerer, welchen Argumenten kommt die Priorität zu, und welche müssen besonders beachtet werden? Meine persönliche Überzeugung ist, daß die Gesichtspunkte, die wir für unseren Antrag ins Feld führen, doch schwerer wiegen als die Gesichtspunkte, die mein verehrter Herr Vorredner vorgebracht hat. Es ist doch beachtlich, daß nach allen früheren deutschen und auch in allen jetzt in Deutschland geltenden Wahlgesetzen Staatsbürger, die sich in Strafhaft befinden, kein Wahlrecht haben. Es gibt eine einzige Ausnahme: das Land Nordrhein-Westfalen. Dann ein zweites Argument. Nach meiner Unterrichtung besteht die Regelung, die wir in unserem Antrag vorschlagen, in allen europäischen Ländern, jedenfalls, um einige von ihnen zu nennen, in der Schweiz, in England, in Frankreich, in Holland, in Belgien, in den nordischen Ländern, und Sie werden mir nicht bestreiten, daß es dort auch gute Demokraten gibt und daß die Abgeordneten, die jene Wahlgesetze geschaffen haben, auch sorgfältig darüber nachgedacht haben, ob dort die staatsbürgerlichen Rechte in nicht vertretbarer Weise eingeschränkt werden. Ich darf noch ein Argument anführen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, das vielleicht auf Sie noch mehr Eindruck machen wird. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß in dem Entwurf für ein Bundeswahlgesetz, der von der Fraktion der SPD eingereicht worden ist und uns auf Drucksache 1272 vorliegt, in § 10 die Bestimmung vorgesehen ist: Das Wahlrecht ruht für Personen, 1. die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht sind, 2. die sich in Strafhaft befinden, Also genau dasselbe, was wir in unserem Antrag vorschlagen, haben Sie selbst in Ihrem ersten Entwurf für ein Bundeswahlgesetz vorgeschlagen. Deshalb glaube ich, daß wir uns in sehr guter Gesellschaft befinden, wenn wir jetzt dasselbe tun. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich erteile dem Abgeordneten Ritzel das Wort.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Herrn Kollegen Bausch ist sicher das Wort bekannt von denen, die vom Irrtum zur Wahrheit reisen, und auch bekannt, wie diese Menschen eingeschätzt werden. Wir haben seinerzeit, das wissen Sie auch so gut wie ich, in unserem Antrag kurzerhand das Wahlgesetz von 1949 übernommen, um die Diskussion auf dieser Grundlage herbeizuführen. Unsere Grundauffassung bezieht sich auf die Sicherung der Grundrechte, und wir sind nicht der Meinung, daß jemand, der wegen eines leichten Delikts, weil er vielleicht auf der Autobahn rechts überholt hat, sechs Monate Gefängnis bekommt, eines Rechts, dessen Verlust sich auf vier Jahre und noch länger auswirkt, beraubt werden darf. Wir wollen eine Abrüstung des Unrechts einleiten, Herr Kollege Bausch, und damit, positiv ausgedrückt, eine moralische Aufrüstung.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Sabel. ({0}) - Meine Damen und Herren, ich bitte, dem Redner Gehör zu schenken.

Anton Sabel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Annahme des Antrags Bausch und Genossen macht es entsprechend dem Hinweis des Kollegen Rehs notwendig, dann auch zu einer Änderung des § 16 zu kommen. Meine Freunde, die dem Änderungsantrag Bausch und Genossen zustimmen, wollen allerdings nicht, daß hier auch die Wählbarkeit beseitigt wird. Es muß dann in § 16 festgelegt werden, daß sich Abs. 2 Nr. 2 nicht auf den angedeuteten Fall erstreckt, d. h. daß in § 16 Abs. 2 Nr. 2 lediglich die Nrn. 1 und 2 des § 14 angeführt werden dürfen. Unter dieser Voraussetzung werden meine Freunde dem Antrag zustimmen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Änderungsantrag Umdruck 545*) ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Es bedarf dann auch keines Änderungsantrags zu § 16 mehr. Der nächste Änderungsantrag ist zu § 50 gestellt bzw. angekündigt. Ich brauche ihn wohl nicht besonders zu verlesen. Er wird wohl auch nicht besonders begründet werden. - Keine Wortmeldung? - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Änderungsantrags Umdruck 547**) Ziffer 3 ist, den bitte ich um rein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir stimmen nunmehr über § 50 in der geänderten Fassung ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Nun, meine Damen und Herren, sind die nächsten Anträge zu § 54 gestellt, und zwar liegen drei Anträge vor, zunächst ein Antrag der Fraktion der SPD auf Streichung des § 54. Über diesen Antrag ist geschäftsordnungsmäßig zuerst abzustimmen. Dann ein interfraktioneller Antrag Umdruck 547, folgende Überschrift über § 54 zu setzen: „Übergangsregelung". Darüber werden wir an zweiter *) Siehe Anlage 6. **) Siehe Anlage 7. ({0}) Stelle abstimmen. Dann drittens eine Art Präambel für den § 54, die Sie auf Umdruck 548*) finden. Ich hoffe, der Abstimmungsmodus ist nunmehr klar. Die Anträge werden nicht begründet? - Dann lasse ich zunächst über den Antrag der SPD abstimmen, der lautet: § 54 ist zu streichen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe nunmehr auf Umdruck 547 Ziffer 4 betreffend die Einfügung der Überschrift „Übergangsregelung". Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -Einstimmige Annahme. Es folgt der Antrag Umdruck 548, den ich als Präambel zu § 54 bezeichnet habe. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen angenommen. Ich lasse nunmehr über § 54 in der neuen Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen. Es ist noch ein letzter Änderungsantrag zu § 56 auf Umdruck 547**) verzeichnet. Wird der Antrag begründet? - Das ist wohl nicht der Fall. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit, meine Damen und Herren, sind sämtliche Änderungsanträge erledigt. Wenn ich recht unterrichtet bin, soll keine allgemeine Aussprache erfolgen, sondern es sollen lediglich Erklärungen abgegeben werden. Das Wort hierzu hat der Abgeordnete Cillien.

Adolf Cillien (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000328, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verabschiedung eines Wahlgesetzes für die Bundestagswahl 1957 zwingt meine Fraktion zu einem kurzen Rückblick und zu einigen klaren Feststellungen. Der Parlamentarische Rat hat es nicht vermocht, ein Wahlgesetz auf Dauer zu schaffen, weil sich die in ihm vertretenen Fraktionen im Grundsätzlichen nicht zu einigen wußten. Die Christlich-Demokratische Union vertrat seit ihrer Gründung unentwegt die Forderung eines Mehrheitswahlrechts. Ihr Parteitag im Jahre 1953 verpflichtete erneut ihre Bundestagsfraktion, dieses Programm zu verwirklichen. Sie vermochte sich aber im Bundestag mit diesem Anliegen nicht durchzusetzen. Deshalb war die Christlich-Demokratische Union gezwungen, die Wahl am 6. September 1953 nach einem Gesetz zu führen, das ihren Grundsätzen nicht entspricht. Das Ergebnis machte aller Welt klar, daß sie auch mit einem von ihr nicht gebilligten Wahlrecht einen überwältigenden Erfolg zu erzielen vermochte. Von meiner Fraktion wurde in diesem Bundestag ein faires Wahlgesetz in Aussicht gestellt. Das konnte und sollte natürlich bedeuten, daß es auch die grundsätzliche Einstellung der größten Regierungspartei zu berücksichtigen hatte. Fair play gilt in solchen Fällen für beide Seiten. Als die Beratungen über das Wahlgesetz begannen, stellte sich bald heraus, daß unsere Auffassung von einem Wahlrecht in diesem Hause keine Mehrheit fand. Wir *) Siehe Anlage 8. **) Siehe Anlage 7. haben deshalb - und das muß hier betont werden ({0}) bei den Beratungen im Ausschuß und auch bei den Gesprächen interfraktioneller Art immer wieder unsere Kompromißbereitschaft zum Ausdruck gebracht. Unser Vorschlag enthielt sowohl Elemente des Mehrheits- wie auch des Verhältniswahlrechts, das sogenannte Grabensystem. Dazu ist folgendes zu sagen. Unsere Bereitschaft, auch über andere Vorschläge zu verhandeln, wurde von uns immer wieder betont. Der Name „Grabensystem" ist unglücklich und mißverständlich. ({1}) - Warten Sie doch ab! Er hat zu einer völlig unsachlichen Polemik geführt. ({2}) Dabei wurde weitgehend verschwiegen, daß Elemente der Trennung von Mehrheits- und Verhältniswahlsystem in mehreren Wahlgesetzen nach 1946 enthalten waren und daß auch die Sozialdemokratische Partei in Schleswig-Holstein ein solches System vertreten hat. ({3}) Statt dessen wurde immer wieder behauptet, daß der Vorschlag lediglich parteiegoistischen Gründen entspränge, um die eigene Machtposition auch in Zukunft zu sichern, ({4}) obwohl, wie bereits dargetan, ein irgendwie gear- a tetes Mehrheitswahlrecht von uns vertreten wurde, als bei unseren Anfängen die heutige Größe der CDU nicht geahnt werden konnte. Das geradezu hysterische Gerede von der Gefahr einer Einparteienregierung und der Gefährdung der Demokratie verdient keine Widerlegung. Wer die Geschichte des parlamentarischen Systems in der Weimarer Zeit kennt und die Gefahren, die in einem Proporzwahlsystem liegen, wird unsere Sorge, solche Zustände gerade auch durch ein besseres Wahlgesetz zu vermeiden, verstehen. Man kann uns deshalb im Interesse des Funktionierens des demokratischen Staates in unserer Haltung nicht Unrecht geben. Daß die Entwicklung der letzten Wahlen trotz des reinen Proporzsystems auf ein Zweiparteiensystem zuläuft, ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache. Geradezu grotesk wirkt aber die Angst vor einer solchen Entwicklung im Blick auf das jahrhundertelange gute Funktionieren eines solchen Wahlrechts in den beiden großen westlichen Demokratien. In Fortsetzung des selbstgewählten Maßhaltens meiner Fraktion ({5}) sind bei den langen Ausschußverhandlungen ständig Konzessionen gemacht worden, so daß jetzt im Ergebnis ein reines Verhältniswahlsystem vorliegt. Die von uns vertretenen staatspolitischen Gesichtspunkte, die allein auf die Dauer Demokratie und echte Regierungsbildung zu sichern vermögen, sind zum Erliegen gekommen. Die dadurch möglich gewordenen Gefahren für das Staatsganze sind bedrohlich. Die Mahnung: „Videant consules ne detrimenti capiat res publica", das heißt zu deutsch: ({6}) Paßt auf, daß der Staat dadurch keinen Schaden nimmt!, ist schon öfters überhört und nicht beachtet worden. Welches Bundeswahlgesetz auch immer wir in diesem Hohen Hause verabschieden, wir wollen und sollen dabei nicht vergessen, daß es ein Provisorium ist, ({7}) das hoffentlich keine allzu lange Dauer hat. Das endgültige Wahlgesetz wird mit der endgültigen Verfassung die erste gesamtdeutsche Nationalversammlung beschließen. ({8}) Das erleichtert es der Mehrheit meiner Fraktion, die Frage des Mehrheitswahlrechts, zu dem wir nach wie vor grundsätzlich stehen, zurückstellen und dem vorliegenden Gesetz trotz der vorgebrachten Bedenken zuzustimmen. ({9})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Scharnberg.

Hugo Scharnberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001943, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen einer großen Zahl Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben: Die CDU ist seit ihrer Gründung überzeugt, daß nur das relative Mehrheitswahlrecht auf die Dauer eine Gewähr gegen radikale Flügelparteien und für stabile Regierungsverhältnisse bietet. Die CDU hat schon im Parlamentarischen Rat, dann wieder im 1. Bundestag und auch jetzt wieder bei der Beratung des Wahlrechtsentwurfs im Ausschuß entsprechende Anträge gestellt. Diese Anträge liefen in ihrer Zielsetzung darauf hinaus, die Weiche richtig zu stellen, um eines Tages einmal zu einem von einer großen Zahl meiner Freunde als bestes erkannten Zweiparteiensystem oder einem System zweier Parteigruppierungen zu gelangen. Die CDU hat ihre Anträge im 1. und 2. Bundestag ebensowenig verwirklichen können wie im Parlamentarischen Rat, weil sich herausstellte, daß sie parlamentarisch nicht durchzusetzen waren. Sie mußte die Erkenntnis gewinnen, daß es außerordentlich schwer ist, in einer Mehrparteiendemokratie die Weichenstellung zur Zweiparteiendemokratie durchzusetzen. So bleibt den Kolleginnen und Kollegen, für die ich hier spreche, nur übrig, in dieser Stunde, in der nach unserer Überzeugung für die Entwicklung unserer Demokratie große Sorge besteht, die Worte zu wiederholen, die Friedrich Naumann im Jahre 1919 aussprach, als die Weimarer Nationalversammlung das Mehrheitswahlrecht ablehnte und das Verhältniswahlrecht annahm. Naumann sagte damals: Die Folge des Verhältniswahlrechts ist die Unmöglichkeit des parlamentarischen Regierungssystems. Parlamentarisches System und Proporz schließen sich gegenseitig aus. Diese Worte wirken heute, nachdem wir das Ende der Weimarer Republik mit allen entsetzlichen Folgen für unser Vaterland übersehen können, prophetisch. Wir sind überzeugt und wissen uns darin in Übereinstimmung mit Friedrich Naumann, daß ohne das Verhältniswahlrecht die Weimarer Republik nicht zu der parlamentarischen Regierungsunfähigkeit hätte führen können, die dann die Grundlage für das ganze weitere Unglück bildete. Wir hoffen zu Gott, daß die Sorgen, mit denen wir die heutigen Beschlüsse begleiten, sich nicht so verwirklichen werden wie die Sorgen, die seinerzeit Friedrich Naumann aussprach. Wir wünschen aber zu dokumentieren, daß das Wahlrecht, welches jetzt beschlossen werden soll, nach unserer Überzeugung eine große Gefahr für unsere junge Demokratie bedeutet. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der überwiegenden Mehrheit der Landesgruppe der Christlich-Sozialen Union und namens einer großen Zahl der Antragsteller der Bundestagsdrucksache 1494 - Antrag Stücklen, Dr. Jaeger, Lücke und Genossen - darf ich Ihnen folgendes erklären. Wir haben von Anfang an das mit dieser Gesetzgebung verbundene Bestreben begrüßt, ein dauerndes Wahlgesetz zu schaffen. Wir begrüßen noch mehr das Bestreben, ein objektives und faires Wahlgesetz zu schaffen. Wir stellen gern fest, daß der Herr Bundesminister des Innern sich hierum ein Verdienst in besonderer Weise erworben hat, indem er eine Wahlrechtskommission einberufen hat, die mit deutscher Gründlichkeit diese Fragen bearbeitet hat. Der sehr objektive und umfangreiche Bericht ist ein Zeichen von Größe und Gründlichkeit deutscher Wissenschaft, aber auch ihrer Grenzen. Denn letzten Endes ist es nicht eine Frage wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern einer politisch en Entscheidung, wie die politische Willensbildung erfolgen soll, wie die Auslese der Männer und Frauen erfolgen soll, die Gesetzgebung und politische Führung des Volkes in der Hand haben. Wir waren seit jeher der Auffassung, daß das Mehrheitswahlsystem ein objektives und faires Wahlsystem ist, nicht geschaffen, um bestimmte Parteien zu fördern und anderen zu schaden. Das beweist die Praxis in England und Amerika. Wir möchten festhalten: Dieses Mehrheitswahlrecht ist ein staatspolitisches Prinzip, das älter ist als die Christlich-Demokratische und Christlich-Soziale Union und das man deshalb nicht in den Geruch bringen darf, aus parteitaktischen Gründen vorgebracht zu werden. ({0}) Wir vertreten dieses Mehrheitswahlrecht, weil wir gegen die Zersplitterung sind, weil wir uns nichts von kleinen Gruppen versprechen, die ein Zünglein an der Waage bilden, weil wir eine klare Mehrheitsbildung wünschen, aber auch, weil wir glauben, daß das Mehrheitswahlrecht die Chance der Opposition ist, legitim und eindeutig zur Mehrheit zu kommen, statt den Weg durch immer wieder anzweifelbare Koalitionsbildungen zu gehen. Ich hoffe deshalb auch in dieser Stunde, daß der Tag kommen wird - hoffentlich bald -, an dem die Sozialdemokratische Partei diese Chance begreifen und ihren Berliner Freunden und ihren jüngeren Freunden folgen wird, die schon seit Jahren für das Mehrheitswahlrecht eintreten. ({1}) ({2}) - Lieber Herr Dr. Arndt, Sie kennen mich lange genug; daß ich es selber will, können Sie mir glauben. ({3}) - Ich wäre für meine Person bereit, wenn Sie dann zustimmen, auf Listenverbindung zu verzichten. Aber ich glaube, es ist in diesem Augenblick zu spät, sich darüber zu unterhalten. Es geht uns dabei auch um den Gedanken der Personenwahl an Stelle der Listenwahl; denn wir glauben,. daß das pluralistische Staatssystem, in dem wir leben, nur personalistisch bewältigt werden kann. Wenn wir uns die Wahlsysteme ansehen, die hier zur Debatte standen, dann war, wie Herr Kollege Cillien schon überzeugend dargetan hat, das Grabensystem zwar kein ideales System, aber auch nicht einer Heimtücke entsprungen. Vielmehr stellte es wenigstens ein echtes Kompromiß insoweit dar, als 50 % nach Mehrheitswahl und 50 % nach Verhältniswahl gewählt werden sollen. Ich habe dieses System nie für schön gehalten, aber immerhin für besser als das, das jetzt vorliegt; denn im jetzigen System haben wir in seiner Wirkung zweifelsohne einen eindeutigen Proporz. Die Antragsteller der Drucksache 1494 und die Christlich-Soziale Union haben sich stets für das Mehrheitswahlrecht eingesetzt. Sie sehen in dieser Frage eine Schicksalsfrage der deutschen Demokratie. Sie können daher dem vorliegenden Gesetzentwurf zu ihrem Bedauern nicht zustimmen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Mattick.

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben. Die Debatte um dieses Wahlgesetz stand in der öffentlichen Meinung unter einem schlechten Stern, da mit diesem Gesetz Macht manipuliert werden sollte. Der Zeitdruck, unter dem die jetzigen Verhandlungen geführt wurden, wäre nicht nötig gewesen, wenn man unabhängig von Koalitionsverhältnissen frühzeitig die Verhandlungen um das neue Wahlgesetz eingeleitet hätte. ({0}) Seitens der Regierungsparteien und der Regierung wurde zunächst keine Initiative ergriffen; der erste Initiativgesetzentwurf stammt von der SPD. Er wurde am 16. März 1955, genau vor einem Jahr, eingebracht. Es folgten im Juni 1955 Initiativanträge der FDP und eines Teils der CDU-Abgeordneten. Die erste Sitzung des Ausschusses war dann endlich am 20. September. Nachdem die Verhandlungen angelaufen waren und der Ausschuß sich grundsätzlich für ein gekoppeltes Verhältniswahlrecht entschieden hatte, entstand wegen der Koalitionskrise eine neue beinahe vierteljährige Unterbrechung. Die Drohung mit dem Grabensystem, um Koalitionspartner zu binden, führte zur vorübergehenden Auflösung des Ausschusses. Bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen sah es zunächst für die Opposition so aus, als wenn diese Verhandlungen sich erübrigten, da die Koalitionsabsprachen keine Verhandlungsmöglichkeiten zuließen. ({1}) Wir zweifeln nicht an der Aufrichtigkeit auch einiger derer, die das Mehrheitswahlrecht als ein echtes Anliegen bezeichnet haben. Allerdings möchte ich auch hier noch einmal einflechten, daß dem Hause nie ein echter Initiativentwurf für ein wirkliches Mehrheitswahlrecht vorgelegt worden ist. ({2}) Alle Vorlagen, die wir kennen, enthalten Manipulationsbedingungen, die ein echtes Mehrheitswahlrecht ausscheiden. ({3}) Aber auch denen, denen wir das echte Anliegen nicht absprechen, sei eines gesagt. Ihr Anliegen litt von vornherein unter der Kanzlerpolitik, Wahlfragen zu Regierungsmachtfragen zu machen. ({4}) Argwohn stand am Start dieser Verhandlungen um das Wahlgesetz. Das ist unbestreitbar; jeder aus dem Ausschuß wird es bestätigen. Unter diesen Voraussetzungen gab es auch keine Grundsatzgespräche in dem Ausschuß. Das Ergebnis, das uns heute vorliegt, ist allerdings ein echter Kompromiß. ({5}) - Das wird sich noch ergeben. - Gegen einige Bestimmungen hat die sozialdemokratische Fraktion nach wie vor stärkste Bedenken. Daß z. B. eine Partei 5 % auf der Bundesebene erreichen muß, um in das Parlament zu kommen, d. h. zirka 1 400 000 Stimmen, diesem Zwang aber entgehen kann, wenn sie sich von einer großen Partei durch Wahlkreisabsprachen zu drei Direktmandaten verhelfen läßt, d. h. mit Hilfe einer großen Partei insgesamt nur 400 000 bis 500 000 Stimmen zu erhalten braucht, ist keine gute Sache. ({6}) Durch diese Bestimmung werden Abhängigkeiten geschaffen. In diesem Gesetz wird immer noch mit zweierlei Maß gemessen. ({7}) Aber nach wie vor bleibt für die sozialdemokratische Fraktion die Ausklammerung von Berlin die nationalpolitische Belastung und größte Enttäuschung. Die Sozialdemokratische Partei ist sich nach dieser Verzögerung bewußt, daß sie im Interesse der demokratischen Grundlagen der Bundesrepublik einen neuen Aufschub der Verabschiedung des Bundeswahlgesetzes in die schon begonnene Wahlauseinandersetzung hinein nicht verantworten kann. Sie wird daher in der dritten Lesung dem Gesetz ihre Zustimmung geben, allerdings nicht ohne hier noch einmal ausdrücklich zu erklären, daß sie die Entscheidung über Berlin nicht akzeptiert und auch in Zukunft alle Möglichkeiten ausschöpfen wird, um der Berliner Bevölkerung das direkte Wahlrecht zu geben. ({8})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.

Dr. Max Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000130, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten wird ({0}) diesem Gesetz zustimmen. Als die Debatte über das Wahlrecht begann, hat man allgemein im Volk gefragt: Warum eigentlich ein neues Wahlgesetz? Es gibt nur einen einzigen, und zwar formalen Grund dafür: weil das vorige Wahlgesetz nur für die Wahlen des Jahres 1953 ausdrücklich bestimmt war. Nur aus diesem formalen Grund war die Schaffung eines neuen Wahlgesetzes notwendig. Vorhin hat nun der Herr Kollege Cillien davon gesprochen, daß es sich hier um ein Wahlgesetz für das Jahr 1957 handle. Wenn das nicht nur ein falscher Zungenschlag war, müßte ich hier kategorisch erklären: Dieses Gesetz ist für die Dauer gemacht. Weil wir hoffen, daß auch Berlin einmal nach dem § 1 mit zur Wahl antritt, ist die Formulierung so getroffen, daß der § 1 ganz allgemein und für die Dauer gilt. Nun sind wir leider doch wieder in eine Diskussion darüber hineingekommen, was das bessere oder schlechtere Wahlsystem ist. Wir hatten nicht die Absicht, das zu tun; denn bei diesen Dingen handelt es sich nicht um wissenschaftliche Überzeugungen, sondern da haben sich die Meinungen schon so verhärtet, daß es sich um ein Dogma handelt, und gegen Dogmen läßt sich mit Gründen niemals ankämpfen. ({1}) Aber ich will zu den Tatsachen, die hier als Gründe vorgetragen sind - nur damit sie nicht unwidersprochen in die Welt gehen -, auch einmal die gegenteiligen Tatsachen vortragen, die Gründe gegen das sogenannte Mehrheitswahlrecht oder, wie man es richtiger nennen müßte, Minderheitswahlrecht. Dieses sogenannte Mehrheitswahlrecht besteht darin, daß, wenn in einem Wahlkreis der Kandidat A 40 000 Stimmen, der Kandidat B 30 000 Stimmen und der Kandidat C 20 000 Stimmen erhalten hat, der mit 40 000 Stimmen gewählt ist, einer Zahl, die zweifellos nicht die Mehrheit, sondern die Minderheit des Wahlkreises darstellt. Also reden wir klar und deutlich vom englischen Minderheitswahlrecht! ({2}) Meine Damen und Herren, wenn Sie - das haben Sie ausdrücklich gesagt - auf dem Umweg über das Wahlgesetz zu einem Zwei-ParteienSystem steuern wollen ({3}) - das wurde ziemlich deutlich gesagt, nicht nur heute, sondern wiederholt -, dann wollen Sie mit anderen Worten die Wähler zwingen, sich nur in zwei Richtungen zu entscheiden, und wollen einer dritten Partei damit das Leben unmöglich machen. Was erreichen Sie damit? Sie machen viele Schichten des deutschen Volkes politisch heimatlos. Außerdem begehen Sie den Fehler, denjenigen, der in einem Wahlkreis sitzt, in dem es ihm durch berufliche Organisationen oder konfessionelle Gliederung unmöglich ist, mit seiner Stimme irgendeinen Einfluß zu halten, d. h. wo er weiß, daß er ständig unterliegt, an der politischen Tätigkeit verdrossen werden zu lassen. Das ist alles andere als ein Heranbringen an den Staat und an die Demokratie. Bei dem Verhältniswahlrecht hat jeder die Überzeugung, daß mit seiner Stimme zu einem Prozentsatz der Kandidat, den er wünscht, auch von ihm mitgewählt wird. Stellen Sie sich weiter vor: Wenn ein radikaler Umsturz der Wählermeinung eintritt oder auch lediglich ein solcher um nur 20 %, dann wirkt er sich beim sogenannten Minderheitswahlrecht so aus, daß sofort die andere Richtung ans Ruder kommt, und dann können die Leute wie in England alle fünf Jahre die Stahlindustrie mal sozialisieren und dann wieder reprivatisieren usw., hin und her. Das heißt mit anderen Worten, ein Umschwung der Wählerzahl um etwa 20 % bringt einen Umschwung in der Abgeordnetenzahl und in der Staatsführung um 50 bis 80, ja bis 100 % zustande. Nun diese wunderbare Erklärung, die wir immer wieder hören: Stabilität der Regierungen! Ja, sagen Sie mal: Ist denn hier die Regierung nun stabil oder ist sie nicht stabil? ({4}) Seit 1949, d. h. seit sieben Jahren regiert hier, auf Grund eines Verhältniswahlrechtes gewählt und bestätigt durch ein Parlament, das auf der Grundlage des Verhältniswahlrechtes gewählt ist, eine Regierung, ({5}) die von Anfang bis zum Ende geblieben ist. Das kann man wirklich nicht unstabil nennen. ({6}) - Keine Spur! Sie wollen es mißverstehen, Herr Scharnberg, weil, wie ich schon sagte, man über Dogmen nicht diskutieren kann. Ich nenne deshalb auch nur unsere Gründe und gebe die Hoffnung auf, Sie zu überzeugen. Ein letzter Grund. Wenn der Proporz und das Verhältniswahlrecht so außerordentlich schlecht sind, warum wenden Sie, meine Damen und Herren, es dann innerhalb Ihrer Fraktion an? ({7}) Da wird doch aufgeteilt nach Konfessionen, auch nach dieser und jener Gruppierung. ({8}) Wenn ein Minister bestellt werden soll, wird gefragt, welcher Konfession er angehören muß. Es gibt da bestimmte Hausmachten in Ministerien. ({9}) Wenn Sie schon den Proporz also für so schlecht halten, dann können Sie ihn bei sich auch nicht anwenden. ({10}) Also soviel zum Wahlsystem. Ich habe eine weitere Erklärung abzugeben zu § 54 des vorliegenden Gesetzentwurfs, zu der Berlinklausel. Wenn in einer Sucht von Perfektionismus, die uns Deutschen ja eigen ist, auf die Pariser Verträge, auf Erklärungen der Westmächte hierzu Bezug genommen wird, - ({11}) - Ich habe Sie nicht verstanden. ({12}) ({13}) - Wie perfekt ich bin, werden Sie gleich hören. ({14}) Ich sage: In einer Form des bei uns in Deutschland üblichen Überperfektionismus hat man jetzt statt der Worte „bis auf weiteres" eine Bezugnahme auf verschiedene internationale Verträge und Erklärungen der Westmächte hineingefügt. Ich möchte ausdrücklich erklären: Diese Bezugnahme bedeutet nicht, daß wir damit in diesen in bezug genommenen Bestimmungen ein juristisches Hindernis dafür sehen, daß Berlin direkt wählen kann. ({15}) Das möchte ich hier ganz deutlich festlegen. Die Präambel, die jetzt auch schon angenommen ist, bedeutet lediglich, daß zur Zeit gewisse politische Bedenken, rein politische Bedenken, also keine objektiven Tatsachen, sondern subjektive Tatsachen vorliegen und daß nur aus diesen Gründen heraus die Übergangsbestimmung geschaffen worden ist. Zum Schluß noch zwei Bemerkungen. Wir stimmen diesem Wahlgesetz um so mehr zu, als es sich vom vorigen im wesentlichen nicht unterscheidet und als damit der Grundsatz gebilligt ist, daß ein Parlament sich unter dem gleichen Wahlrecht dem Urteil der Bevölkerung stellen soll, unter dem es selbst gewählt ist. ({16}) Ich darf ferner feststellen, daß dieses Wahlrecht auf dem System des Verhältniswahlrechtes beruht, auf dem gleichen System, auf dem das Wiedervereinigungswahlrecht beruht, das wir am 6. Februar 1952 einstimmig in diesem Hause beschlossen haben. ({17}) Dieses Verhältniswahlrecht haben die westlichen Politiker und Minister auf der Konferenz in Berlin und im Oktober vorigen Jahres auf der Konferenz in Genf dem Osten als Beispiel, als Muster, als Grundlage für eine Abstimmung über die Wiedervereinigung vorgelegt. Wir hoffen, daß es unter diesem Wahlrecht, das wir noch annehmen, sowohl möglich sein wird, daß der einzelne in Berlin direkt wählt, wie auch, daß dieses Verhältniswahlrecht, welches das gleiche ist wie das Wiedervereinigungswahlrecht, nun auch bald zur Wiedervereinigung führt. Wir freuen uns insbesondere, daß es nach diesem Gesetz auch möglich ist, daß die deutsche Saar demnächst noch hier mitwählen kann. ({18})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Brühler.

Dr. Ernst Christoph Brühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000278, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei gebe ich folgende Erklärung ab. Die Fraktion der Deutschen Partei hat sich seit jeher grundsätzlich für das absolute Mehrheitswahlrecht eingesetzt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich bitte, den Redner nicht so laut zu unterbrechen.

Dr. Ernst Christoph Brühler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000278, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Jetzt ist zweifellos nicht mehr die Zeit, das Für und Wider der einzelnen Systeme noch einmal eingehend zu erörtern. Wir gestehen den Anhängern des Proporz-Systems ohne weiteres zu, daß manches für dieses System spricht. Aber wir bedauern an dieser Stelle ausdrücklich, daß in den Diskussionen der Öffentlichkeit den Anhängern des Mehrheitswahlrechts Motive unterstellt sind, die wir als unsachlich bezeichnen müssen. ({0}) Die Fraktion der Deutschen Partei sieht im Mehrheitswahlrecht vor allem keine Verfälschung des Wählerwillens. Sie ist überzeugt, daß das Prinzip des Mehrheitswahlrechts den Notwendigkeiten einer modernen Demokratie entspricht. An unserer bisherigen und in der Diskussion des Bundestages im Jahre 1953 zum Ausdruck gekommenen Auffassung über die Rechte der Berliner Abgeordneten hat sich nichts geändert. Wir bedauern, dem Entwurf in der jetzigen Fassung nicht zustimmen zu können.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Petersen.

Helmut Petersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001698, Fraktion: Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE wird dem Bundeswahlgesetz zustimmen trotz mancher Bedenken, die wir insbesondere gegen die Regelung für Berlin vorzutragen haben. Wir hätten gewünscht, daß der Bundestag ein echtes Wahlrecht und damit auch das Stimmrecht für die Berliner Abgeordneten beschlossen hätte. Wir sind der Meinung, daß man den von den alliierten Mächten vorgetragenen Bedenken in zu weitem Maße das Ohr geliehen hat. Zwischen dem Zeitpunkt des Genehmigungsschreibens der Militärgouverneure vom 12. Mai 1949 betreffend den Vorbehalt über die Beteiligung Großberlins am Bund und unseren heutigen Beratungen liegen fast sieben Jahre und außerdem die Verkündung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland. In unserer staatlichen Freiheit sollte zugleich auch unsere Verpflichtung liegen, alles zu tun, um Berlin gerade im Hinblick auf die Verhältnisse in der Zone so eng als möglich an der politischen Gestaltung und Verantwortung im deutschen Bundesparlament als Gleiches unter Gleichen zu beteiligen. Wir haben Berlin auf weitere vier Jahre im Bundestag an der echten Mitverantwortung nicht beteiligt; das ist eine bedauerliche Lücke im Bundeswahlgesetz. Es wird alles getan werden müssen, sie bald zu schließen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. ({0}) - Das Wort hat der Abgeordnete - - Wo ist er denn? ({1}) ({2}) Ich sehe keine Wortmeldung. ({3}) Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen will, den bitte ich, dies durch Erheben zu bezeugen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Bundeswahlgesetz ist gegen eine Anzahl von Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen. Wir haben noch abzustimmen über Ziffer 2 des Ausschußantrages Drucksache 2206. Wer dieser Ziffer 2 zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung für heute erledigt. Ich rufe in Ihre Erinnerung zurück, daß der ursprünglich vorgesehene Punkt 2 der heutigen Tagesordnung - Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung -- morgen als Punkt 2 der Tagesordnung behandelt werden wird. Außerdem wird die Tagesordnung für morgen, die Ihnen gedruckt vorliegt, auf Grund interfraktioneller Vereinbarung um eine Reihe weiterer Punkte erweitert werden. Ich berufe die 135. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Freitag, den 16. März, vormittags 9 Uhr, und schließe die 134. Sitzung des Deutschen Bundestages.