Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Zu Beginn der-ersten Plenarsitzung im neuen Jahr darf ich Sie herzlich willkommen heißen. Die Glückwünsche sind ausgetauscht. Die Arbeit hat wieder begonnen. Für den Bundestag wird auch das Jahr 1956 viel Arbeit bringen. Dieses Haus wird von allen seinen Mitgliedern und von allen seinen Mitarbeitern in der Verwaltung und in den Fraktionen viel Mühe und Hingabe verlangen müssen. Die Festigung des freiheitlichen Rechtsstaates, die Wiedervereinigung unseres Volkes, die Sicherung des inneren und des äußeren Friedens fordern von Parlament und Regierung nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondem auch Weisheit und Mäßigung. Wir beginnen dieses Jahr mit einem neuen Arbeitsturnus. Ich erbitte auch aus diesem Anlaß Ihrer aller Einsicht und Mithilfe für die zweckmäßigste Gestaltung unserer Arbeit.
Diesem Willkommensgruß an Sie alle darf ich ein Wort des Grußes und des Glückwunsches an den Herrn Bundeskanzler hinzufügen.
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Ich kann mir vorstellen, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, daß Sie nicht vorbehaltlos glücklich darüber sind, daß Sie heute, eine Woche nach Ihrem 80. Geburtstag, immer noch Glückwünsche entgegennehmen sollen.
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Sie sind in Deutschland und im Ausland hoch gefeiert worden; aber ich denke, daß Sie es diesem Hause doch erlauben, auch heute seinem Brauch zu folgen, um so mehr, als unsere Grüße und Glückwünsche diesmal nicht nur -dem Chef der Bundesregierung, sondern vor allem dem ältesten Mitglied des Deutschen Bundestages gelten.
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Sie sind von vielen für vieles- zu Recht gefeiert worden. Wenn sich aber dieses Haus heute vor Ihnen in Ehrerbietung neigt, so ist es ein Akt der Kollegialität gegenüber seinem Senior, der im biblischen Alter noch die schwerste Würde und Bürde Deutschlands trägt. Sie, Herr Bundeskanzler, kennen -dieses Haus zu gut, um nicht zu wissen, daß dieser Augenblick des ehrerbietigen Glückwunsches Freunde und Gegner Ihres staatsmännischen Wirkens vereint. Damit gewinnt diese Stunde aber auch ihren eigenen, Sie als den, der Sie sind, besonders ehrenden Gehalt.
In diesem Hause sind harte Kämpfe ausgetragen worden für und gegen Ihre Politik, aber auch für und gegen Sie selbst. Das ist natürlich, meine Damen und Herren; denn was ist ein Mann ohne seine Sache, und was ist eine Sache ohne ihren Mann! Nun, hier vereinen sich Ihre Freunde und Gegner in der Anerkennung dessen, daß die Sache, die Sie vertreten, in Ihnen nicht nur ihren Mann, sondern ihren Meister gefunden hat.
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Der sachliche Gegensatz bleibt, und dieses Haus wird noch manchen harten Gang erleben. Aber das Parlament kann sich dazu nichts Besseres wünschen, als daß das Ringen um -den rechten Weg Deutschlands in gegenseitiger Achtung erfolge und gesegnet sei. Das Parlament kennt kein Oben, und es kennt kein Unten; es kennt nur das Nebeneinander. Denn es muß jedem seiner Mitglieder nicht nur das Recht, sondern auch die Chance bieten, aufzustehen und mit seiner eigenen Stimme das zu verfechten, was nach seiner Meinung Recht und Freiheit für das Wohl des Ganzen gebieten. Hier in diesem Hause wird die Regierung unseres Staates geboren, aber hier regiert sie nicht, sondern hier wird sie ihrerseits dem Gesetz unterworfen. Das Parlament des freiheitlichen Rechtsstaates ist ein Ort der strengen Bewährung für -die Mitglieder der Regierung wie für jedes einzelne Mitglied des ganzen Hauses. Hier erringen nicht nur Geschicklichkeit, taktische Kunstfertigkeit, Fleiß und Überzeugungskraft ihre Erfolge, nein, hier werden auch der geschichtliche Rang und die geschicht({4})
liche Berufung eines Mannes im Feuer der Bewährung sichtbar. Nicht wenige Mitglieder dieses Hauses, aus allen Fraktionen, politische Freunde und politische Gegner, haben an Ihrem 80. Geburtstag, Herr Bundeskanzler, auch unter dem Eindruck Ihres parlamentarischen Wirkens im Bundestag dem Gefühl der Dankbarkeit und dem Respekt vor dem geschichtlichen Rang, den Sie erreicht haben, einen eigenen öffentlichen Ausdruck verliehen.
Ich habe die Ehre, Herr Bundeskanzler, das heute für den ganzen Bundestag zu tun. Mit Ihnen hat ein Mann die Führung Deutschlands übernommen, der drei Epochen der deutschen Geschichte an sich selbst erfahren und erlitten hat und der ihr geläutertes Erbe gelassen in sich vereint. Sie haben das Glück gehabt, auf kargem Boden zu wachsen und die Mühsal und Demut des Kampfes um das tägliche Brot in früher Jugend kennenzulernen. Ein untrüglicher Blick und ein fester Maßstab für den Wert der eigenen Arbeit und die Leistung anderer ist Ihnen bis heute geblieben. Der bloße Schein hat Sie nie wirklich beeindrucken, geschweige gar gewinnen können, auch wenn er in unserer propagandafreudigen Zeit noch so hoch veranschlagt wird. Als sich Ihre ersten Vorstellungen vom Staat und von der Regierung des Staates zu bilden begannen, da war Bismarck Reichskanzler und Deutschland war eine aufstrebende Weltmacht. Sie wuchsen auf in einer Welt der festen nationalen Rang- und Wertordnung. Aber früh wurden Sie des Wetterleuchtens gewahr, in dem sich die Stürme ankündigten, die Ihre besten Mannesjahre durchtobten und mit deren Hinterlassenschaft Sie nun seit Jahr und Tag mühsam und heroisch fertig zu werden versuchen.
Aber Sie haben nicht nur Kämpfe, Krisen und Katastrophen gesehen, nein, Sie sind auch Zeuge großer Ereignisse von bleibender Bedeutung geworden. Sie sahen nicht nur den Welterfolg der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft, sondern Sie sahen auch den Aufbruch des deutschen Arbeitertums, und Sie wurden Zeuge seines Ringens. Sie haben gesehen, daß es dabei nicht nur um das Brot für die Armen ging, sondern mehr noch um die Freiheit und das Recht, am Vaterland als Gleiche unter Gleichen teilzuhaben. Sie haben gesehen, wie sich Deutschlands Arbeitertum der Gefahr entrang, als graue proletarische Masse Lenin und seinen Gehilfen in die Hände zu fallen, und wie es als eine staatstragende, verantwortungsbewußte Kraft im Leben der Nation in Erscheinung getreten ist.
Aus der Frühzeit Ihres Werdens scheint mir aber noch ein zweites bedeutungsvoll zu sein, das später Sie und viele von uns, die wir hier versammelt sind, betroffen hat. Ich meine den Zusammenstoß von Kirche und Staat im sogenannten Kulturkampf. Mögen die politischen Zusammenhänge auch heute noch verschieden beurteilt werden, sicher ist, daß sich in jener Auseinandersetzung zum erstenmal in der neueren Geschichte Deutschlands ein Vorgang angekündigt hat, der 50 Jahre später unter der Diktatur Hitlers nicht nur den deutschen Katholizismus, sondern die Kirchen und das deutsche Volk überhaupt vor eine ernste Gewissensfrage unserer Zeit, nämlich vor die Frage nach der Grenze des Staates gestellt hat. Das Thema und seine fundamentale Bedeutung für die gesetzgebende Gewalt im deutschen Volk ging Ihnen schon in der Zeit Ihres politischen Werdens auf. Als Parlamentarier und verantwortlicher Staatsmann sind Sie sich seiner bewußt geblieben.
Ihr eigenes politisches Wirken über den Bereich Ihrer heiteren und großzügigen Vaterstadt Köln hinaus entfaltete sich nach dem ersten Weltkrieg in der Weimarer Zeit. Deutschland hatte aufgehört, eine Weltmacht zu sein, aber es vermochte sich zwischen Ost und West als eine noch immer ansehnliche Großmacht zu behaupten. Dann kam Hitler und damit auch für Sie die Entfernung aus dem Amt, Bedrückung und schließlich die Gefängniszelle. Es ist nicht ohne Ironie, Herr Bundeskanzler, daß Sie nach dem gesetzmäßigen Ablauf der deutschen Katastrophe wieder auf Ihrem alten Platz als Oberbürgermeister von Köln begonnen haben. Sie haben immer einen Hang zur Polis, zum überschaubaren Bereich der gewachsenen Stadt gehabt, und es bedurfte nach einem Wort Hegels erst einer List der Geschichte,
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um Sie auf die Bahn zu bringen, auf der Sie das Vertrauen der Mehrheit des deutschen Volkes und ohne Zweifel die hohe Achtung der Weltöffentlichkeit gewonnen haben.
Diese Stunde gehört trotz allem nicht der politischen Würdigung Ihrer persönlichen Leistung im Bundestag und in der Bundesregierung. Aber vielleicht erlauben Sie mir doch zwei Bemerkungen, von denen ich meine, daß sie vom ganzen Hause bejaht werden könnten.
Unter Ihrem Präsidium hat der Parlamentarische Rat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausgearbeitet. Mit der verfassungsrechtlichen Einführung des sogenannten konstruktiven Mißtrauensvotums ist ein entscheidender Schritt über die Weimarer Verfassung hinaus getan worden. Daß dieser Schritt von großer Bedeutung für die Festigung des freiheitlichen deutschen Rechtsstaates wurde, ist in jedermanns Bewußtsein. Von besonderer Bedeutung aber erscheint mir die Tatsache, daß dieser Schritt übereinstimmend und gemeinsam von allen großen Parteien getan wurde und daß seine Richtigkeit auch heute noch von ihnen allen anerkannt wird. Das konstruktive Mißtrauensvotum erfordert ein hohes Maß an staatsmännischem Denken und staatsmännischer Disziplin bei der Regierung, bei der Koalition und bei der Opposition. Es ist nicht leicht, der inneren Verpflichtung einer solchen Einrichtung immer gerecht zu werden. Aber es besteht eine breite Übereinstimmung in diesem Hause darüber, daß Sie dem verfassungsrechtlich besonders gestärkten Amt des Bundeskanzlers durch Ihre eigene Person eine noch weit höhere Autorität zu geben vermochten. Es ist unzweifelhaft, meine Damen und Herren, daß der ausgeprägt föderalistische Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland eine zusammenhaltende, kraftvolle Führung des Bundes erforderlich macht, und es scheint mir ebenso unzweifelhaft zu sein, daß die parlamentarische Demokratie in unserer Zeit nur dann recht verstanden ist, wenn sie den freiheitlichen Rechtsstaat gewährleistet und zeitgemäß weiterzubilden vermag. In diesem Staat müssen die Gebote des Rechtes immer höher stehen als die wechselnden Ansprüche wechselnder Mehrheiten, und in diesem Staat wird die Freiheit nur dann fest gegründet sein, wenn er auch der Autorität den ihr gebührenden Platz einräumt. Hitler in uns und Hitler unter uns wird nicht mit der Proklamation der Führungslosigkeit, mit der Verdächtigung oder Verächtlichmachung der Autorität bekämpft, sondern
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nur durch die freie Bejahung und das Wirksamwerdenlassen der verfassungsmäßigen, legitimen Führung unter der Kontrolle des Parlaments.
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Und eine zweite Bemerkung! In Ihrer Gestalt ist für viele von uns und für viele im deutschen Volk unsere Verbindung mit der eigenen Geschichte gegenwärtig und sichtbar geworden. Wir Deutsche leiden unvergleichlich mehr als jedes andere Volk aus dem europäisch-atlantischen Kulturkreis unter unserer nichtbewältigten jüngeren Geschichte. Es ist unsere eigene Geschichte der letzten 80 Jahre, die uns in Ihrer Gestalt gegenwärtig wird. Sie, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, sind für viele von uns eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart und in die Zukunft Deutschlands. Sie haben das Auf und Ab unserer geschichtlichen Entwicklung, ihre Höhen und ihre Tiefen, ihre Größe und ihr Elend erfahren und erlitten. Sie haben an der Wandlung und Läuterung unseres nationalen Selbstbewußtseins nicht nur für Ihre Person, sondern auch in Ihrem politischen Handeln stellvertretend für das ganze deutsche Volk teilgenommen. Sie haben wie kein anderer der Welt einen Achtung gebietenden Eindruck von diesem kaum in Worte zu fassenden inneren Vorgang in Deutschland zu vermitteln gewußt. Sie haben für viele von uns, insbesondere für die Jüngeren unter uns, in Ihrer Person die Einheit der deutschen Geschichte wieder zur Darstellung gebracht. Diese unsere Geschichte ist nicht die Geschichte der Bundesrepublik; sie beginnt nicht im Jahre 1949.
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Unsere Geschichte ist und bleibt im Guten wie im Bösen als Gabe wie als Aufgabe die Geschichte ganz Deutschlands, zurück in die Vergangenheit und vorwärts in die Zukunft.
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So etwas wie ein bundesrepublikanisches Geschichtsbewußtsein kann und darf es gar nicht geben. Es kann und darf nur geben ein geschichtliches Bewußtsein der ganzen deutschen Nation, ein dankbares Gefühl für die Größe dieser Geschichte und eine klare Einsicht auch in ihr Elend und die Notwendigkeit ihrer Wandlung. Wenn in irgend etwas, dann besteht darin die Unteilbarkeit Deutschlands, darin gerade mehr denn in irgend etwas anderem: in einem solchen treuen und redlichen Verhältnis zu unserer eigenen nationalen Geschichte und damit zu dem, was wir als Volk in großer Leistung, aber auch in Schuld, in dämmernder Einsicht und läuternder Demut geworden sind.
Diese Einsicht in die geschichtliche Unteilbarkeit Deutschlands ist von Bedeutung für die schwere Aufgabe, der Sie wie wir hier dienen: der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands. Aber diese selbe Einsicht ist auch von nicht geringerer Bedeutung für unsere Bereitschaft, unsere Situation zwischen den Völkern nüchtern zu erfassen und unter bewußter Absage an alte Träume und Vorstellungen immer von neuem bereit zu sein, den Weg in eine neue gemeinsame Ordnung der Völker Europas mitzugehen.
Sie, Herr Bundeskanzler, gehen nun in das neue, in das neunte Jahrzehnt Ihres großen und gesegneten Lebens, im Kampfe für Aufgaben und Lösungen, mit denen das Schicksal von Millionen
Menschen in Deutschland, in Europa, in der Welt verknüpft ist. Sie kämpfen um die Einheit unseres Vaterlandes, Sie ringen um eine neue Friedensordnung für den alten Kontinent, und Sie stehen und fallen gleich uns mit der Bewahrung der Freiheit in einer befriedeten Welt. Unser Wunsch für Sie, Herr Bundeskanzler, faßt sich darin zusammen, daß Gottes Güte es Ihnen gelingen lasse.
({10}) Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich bin tief gerührt durch die Worte, die der Präsident dieses Hohen Hauses an mich gerichtet hat. Ich danke ihm und danke Ihnen von Herzen dafür.
Ich möchte Ihnen nur mit drei Sätzen antworten. Ich habe in meinem ganzen Leben immer versucht, meine Pflicht zu tun, so gut, wie ich kann. Ich bin immer der Auffassung gewesen - von Jugend auf -, daß die Grenzen der Staatsgewalt nicht über das Notwendige hinaus erweitert werden dürfen. Ich bemühe mich - und das möchte ich zum Schluß sagen, meine verehrten Damen und Herren -, auch im politischen Gegner immer den mir gleichberechtigten Menschen zu sehen.
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Damit, meine Damen und Herren, treten wir in die Arbeit dieses Tages ein. Ich darf vor Eintritt in die Tagesordnung folgendes bekanntgeben. Erstens: Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat werden die vom Bundesminister der Finanzen auf Grund des § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung übersandten Übersichten über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben dem Haushaltsausschuß überwiesen. Inzwischen ist die Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im zweiten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1955
- Drucksache 2003 - eingegangen. Ich nehme an, daß das Haus mit einer Überweisung dieser Vorlage an den Haushaltsausschuß einverstanden ist.
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- Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Zweitens gebe ich bekannt, daß nach einer Vereinbarung in der Sitzung des Ältestenrates am 10. Januar 1956 der Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit künftig „Ausschuß für Verteidigung" genannt werden soll. Eine sachliche Änderung im Aufgabenbereich des Ausschusses tritt nicht ein.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. Dezember 1955 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über das Abkommen vom 30. Juni 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Verteidigungshilfe;
Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung ({1});
Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes nach Artikel 29 Absatz 2 bis 6 des Grundgesetzes;
Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes;
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Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen;
Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Einführung der Rechtsanwaltsordnung;
Gesetz über die weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt;
Gesetz über eine zeitweilige besondere Regelung der Prüfung der Jahresabschlüsse von Eisenbahnaktiengesellschaften des öffentlichen Verkehrs,;
Neuntes Gesetz zur Änderung des Zolltarifs ({3}) ;
Zehntes Gesetz zur Änderung des Zolltarifs ({4});
Gesetz über die Statistiken der Steuern vom Einkommen; Gesetz zur Aufhebung des Teuerungszulagengesetzes;
Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Sozialversicherung vom 5. Mai 1953 nebst Schlußprotokoll und Zusatzvereinbarung;
Gesetz über den Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 11. Mai 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba;
Zweites Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken ({5});
Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 100 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. Juni 1951 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit;
Gesetz zur Änderung des Altsparergesetzes;
Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954;
Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes und des Mieterschutzgesetzes;
Gesetz über den Einfluß von Eignungsübungen der Streitkräfte auf Vertragsverhältnisse der Arbeitnehmer und Handelsvertreter sowie auf Beamtenverhältnisse ({6});
Gesetz zur Ergänzung des Kindergeldgesetzes ({7}).
Zum Eignungsprüfungsgesetz und zum Kindergeldergänzungsgesetz hat der Bundesrat Entschließungen gefaßt, die als Drucksachen 1987 und 1988 vervielfältigt sind.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 5. Januar 1956 die Kleine Anfrage 169 der Abgeordneten Wieninger und Genossen betreffend Abbau der Regiebetriebe in bundeseigenen Behörden - Drucksache 1318 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2013 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 20. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 202 der Abgeordneten Lahr, Eberhard, Mauk und Genossen betreffend Französische Weinexportsubventionierung - Drucksache 1823 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1996 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 22. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 209 der Fraktion der SPD betreffend Bekämpfung des Mädchenhandels - Drucksache 1901 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1997 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 20. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 210 der Fraktion der SPD betreffend Ruhegehaltszahlung an den früheren Oberreichsanwalt Lautz - Drucksache 1902 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1962 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung. Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 16. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 211 der Fraktion der FDP betreffend Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette - Drucksache 1906 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1981 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau hat unter dem 14. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 212 der Abgeordneten Friese, Schmücker, Dr. Schild ({8}). Lücke und Genossen betreffend Verbilligung der nachstelligen Finanzierung gewerblicher Räume des Mittelstandes - Drucksache 1916 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1980 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 20. Dezember 1955 die Kleine Anfrage 213 der Fraktion der FDP betreffend Förderungsmaßnahmen für Studierende - Drucksache 1908 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1989 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 4. Januar 1956 die Kleine Anfrage 215 der Fraktion der DP betreffend Angleichung des Haushaltsjahrs an das Kalenderjahr - Drucksache 1933 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2005 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 5. Januar 1956 die Kleine Anfrage 216 der Fraktion der FDP betreffend Versammlung der Post-Betriebsräte in Kiel - Drucksache 1934 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2007 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen( hat unter dem 5. Januar 1956 die Kleine Anfrage 217 der Fraktion der FDP betreffend Politischer Mißbrauch von Posteinrichtungen - Drucksache 1936 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2010 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 3. Januar 1956 die Kleine Anfrage 219 der Abgeordneten Josten, Schlick, Massoth, Majonica und Genossen betreffend Speisewagen in D-Zügen auf der Strecke Dortmund-Köln-MainzFrankfurt ({9}) - Drucksache 1976 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2001 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 6. Januar 1956 die Kleine Anfrage 220 der Fraktion der SPD betreffend Folgegesetzgebung im Zusammenhang mit dem Flurbereinigungsgesetz - Drucksache 1982 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2009 vervielfältigt.
Der Leiter der Monopolverwaltung für Branntwein beim Landesfinanzamt Berlin hat unter dem 13. Dezember 1955 gemäß §§ 6 und 9 des Gesetzes über das Branntweinmonopol in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Ziffer 1 des Dritten Oberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952. § 3 Absatz 1 Ziffer 5 des Ersten Überleitungsgesetzes in der Fassung vom 21, August 1951 und § 4 Absatz 2 des Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. November 1950 die Geschäftsberichte der Monopolverwaltung für Branntwein beim Landesfinanzamt Berlin und die Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen der Verwertungsstelle für die Geschäftsjahre 1949 bis 1953/54 vorgelegt, die als Drucksache 1998 vervielfältigt werden.
Die Fraktion des GB/BHE hat ihren Gesetzentwurf über Weihnachtsbeihilfen für Bedürftige - Drucksache 1747 - am 18. November 1955 im Ausschuß für Sozialpolitik zurückgezogen, da eine Regelung der Weihnachtsbeihilfen in den Ländern bereits zum großen Teil erfolgt und der Antrag dadurch überholt sei.
Schließlich wird mir mitgeteilt, daß gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung der Wunsch besteht, den Punkt 2 der morgigen Tagesordnung - Große Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Außenhandel, Drucksache 1684 - in die heutige Tagesordnung vor Punkt 1 aufzunehmen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.
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- Ich höre keinen Widerspruch.
Damit kommen wir zur Tagesordnung, und ich rufe also zunächst vor dem Punkt 1 die
Große Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Außenhandel ({11}).
auf.
Wird das Wort zur Begründung der Großen Anfrage gewünscht? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Margulies.
Margulies ({12}), Anfragender: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist einer interessierten Öffentlichkeit nicht verborgen geblieben, daß zwischen den 5 Ministerien, die bei uns mit Hilfe von 8 Unterabteilungen und 63 Referaten die Fragen des Außenhandels bearbeiten, nicht immer eitel Friede und Eintracht herrscht. Es ist bekanntgeworden,
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daß in einigen Grundsatzfragen sehr wesentliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, die dazu geführt haben, daß wichtige oder notwendige Entscheidungen nur sehr zögerlich ergangen sind, und es ist auch bekanntgeworden, daß die Fragen nicht immer mit dem Ernst und mit der Sachkunde bearbeitet worden sind, die bei diesen Fragen notwendig sind.
Der Konflikt erreichte einen gewissen Höhepunkt, als der soeben ernannte - ({14})
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Meine Damen und Herren, ich muß dringend bitten, daß Sie dem Redner
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etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Die Geräusche, die hierherdringen, sind viel zu laut. - Fahren Sie bitte fort!
Margulies ({1}), Anfragender: Der Konflikt, meine Damen und Herren, der an sich als bekannt vorausgesetzt werden darf, erreichte einen Höhepunkt, als der soeben ernannte Herr Außenminister zur allgemeinen Überraschung in einem Rundfunkinterview ein Primat der Außenpolitik über den Außenhandel forderte, zur allgemeinen Überraschung deshalb, weil ihm niemand ein besonderes Interesse an Außenhandelsfragen unterstellt hatte. Ich habe vor etwa dreiviertel Jahren noch geglaubt, ihn darauf aufmerksam machen zu müssen, daß in seinem Hause eine handelspolitische Abteilung existiert.
Dann hat ein Sprecher des Außenministeriums in einer großen Rede vor der Karl-Schurz-Gesellschaft in Bremen, aber auch in Veröffentlichungen - z. B. in der Schrift „Deutschland im Wiederaufbau 1954" - Auffassungen vertreten, denen der Herr Minister nicht widersprochen hat, Auffassungen, die sich mit den unseren in Fragen des Außenhandels nicht decken und die auch in der Öffentlichkeit lebhaft kritisiert wurden; die Presse hat sich dieses Streites selbstverständlich liebevoll bemächtigt.
Ich möchte nicht bestreiten, daß zwischen Außenpolitik und Außenhandel enge Verflechtungen bestehen. Aber sie sind doch keineswegs stärker als etwa die Beziehungen zwischen Binnenwirtschaft und Außenhandel oder zwischen unserer Agrarpolitik und dem Außenhandel. Es kann sich also eigentlich gar nicht darum handeln, daß ein einzelnes Ministerium die ganze Verantwortung für den Außenhandel für sich in Anspruch nimmt, sondern es geht darum, zu einer guten Zusammenarbeit und fruchtbaren Behandlung der Außenhandelsfragen zu kommen. Wir haben mit einer ganzen Reihe von Staaten, mit denen uns eine sehr alte, traditionelle, gute Freundschaft verbindet, sehr mäßige Handelsbeziehungen und häufig sehr große Schwierigkeiten, wenn es auf die Begleichung unserer Forderungen ankommt. Wir haben mit anderen Staaten, zu denen das Verhältnis kühl ist, sehr, sehr gute handelspolitische Beziehungen, ja, zum Teil sind es unsere besten Kunden.
Die Öffentlichkeit ist auf diesen Konflikt aufmerksam geworden; sie befürchtet, es könnte versucht werden, mit handelspolitischen Pressionen oder aber mit überreichen Zugeständnissen eine politische Atmosphäre zu verbessern, obwohl sich in der Vergangenheit herausgestellt hat, daß das in der Regel gar nicht zu erreichen ist. Für den Außenhandel als solchen, für die Außenhandel treibende Wirtschaft würde aber eine solche Behandlung der Außenhandelsfragen zu sehr schwerwiegenden Rückschlägen führen, weil der Außenhandel alles andere, nur nicht abrupte Änderungen oder Umkehrungen der Situation verträgt.
Es kann auch nicht Sache eines einzelnen Ministeriums sein, Grundsatzfragen zu entscheiden, etwa ob man mit fliegenden Fahnen in dieses Europa der Sechs hineingeht, ob man die Handelspolitik mehr auf das ganze Europa oder mehr auf den Welthandel abstellt. Das sind Fragen, in denen eine Zusammenarbeit erforderlich ist, eine Zusammenarbeit, die über die hinausgeht, die zur Zeit im Handelspolitischen Ausschuß festzustellen ist.
Ich könnte mir allerdings denken, daß hier ein (4 Ansatzpunkt für eine mögliche Verbesserung der Entscheidungsfähigkeit liegt: man könnte den Handelspolitischen Ausschuß zu einem Unterausschuß des Kabinettsausschusses für Wirtschaft machen, um die Außenhandelsfragen auf diese Weise an die entscheidenden Minister heranzubringen und den Weg erheblich zu verkürzen. Darüber meine Damen und Herren, möchte ich keinen Zweifel lassen, daß wir die gegenwärtige Organisation mit den genannten fünf Ministerien - Bundesministerium für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für Finanzen unter Federführung des Auswärtigen Amtes - nicht für schlagkräftig ansehen. Wir befürchten, daß wir mit dieser Organisation, wenn einmal ernste Gefahren für unseren Außenhandel drohen, diesen Gefahren nicht würden begegnen können. Neuerdings ist an der Bearbeitung der Rechtsfragen auch noch das Justizministerium beteiligt. Wir wissen alle, daß die Mühlen der Justiz recht langwierig arbeiten. Wir hoffen nur, daß uns durch die zögerliche Behandlung der GATT-Vorlagen vom vorigen Sommer, die bis jetzt noch nicht einmal bis zur Kabinettsreife gediehen sind, nicht neuer Ärger mit unseren skandinavischen Kunden entsteht. Wir richten daher an die Bundesregierung die Frage, was sie zu tun gedenkt, um die verständnisvolle Zusammenarbeit aller an Außenhandelsfragen beteiligten Ministerien zu sichern.
Die Bedeutung des Außenhandels kann nicht unterschätzt werden. Wir werden im abgelaufenen Jahre einen Außenhandelsumsatz von etwa 50 Milliarden erzielt und damit etwa ein Drittel des Sozialproduktes im Verkehr mit dem Ausland umgeschlagen haben. Es würde zu den rosaroten Selbsttäuschungen gehören, wollte man annehmen, das gehe automatisch so weiter, darum brauche man sich nicht zu kümmern, das sei alles in bester Ordnung. Wir werden die Konsequenzen daraus ziehen müssen, daß die wirtschaftliche Struktur der Bundesrepublik eine andere als die des früheren Deutschen Reiches ist, daß wir heute davon leben, unsere Arbeit an das Ausland zu verkaufen, daß unser Lebensstandard in der Bundesrepublik unmittelbar davon abhängt, in welchem Ausmaße es uns gelingt, die Erzeugnisse unseres Fleißes, unserer Geschicklichkeit und unseres Erfindungsgeistes an das Ausland zu verkaufen.
Daraus erhellt klar auch die untrennbare Verflechtung der Außenhandelsfragen mit denen der Binnenwirtschaft. Es ist weiter zu berücksichtigen, daß wir gerade aus dieser Situation heraus zum Schaufenster des Westens geworden sind und daß wir die sozialen Leistungen, die mit zu den besten in der Welt gehören und auf die wir sehr stolz sind, eben nur aus dem Ertrag dieser Arbeit erbringen können, auch der Arbeit, die wir an das Ausland verkaufen.
Die Beachtung, die Außenhandelsfragen in der Bundesrepublik geschenkt wird, entspricht jedoch dieser Bedeutung nicht. Wenn man in der Vergangenheit den Wiederaufbau der Industrie durch die Ermöglichung der Abschreibung, die Finanzierung des Wiederaufbaus über den Preis, den Wiederaufbau der Wohnungen über 7 c, den Wiederaufbau der Schiffahrt über 7 d gefördert hat, wenn man der Bundesbahn für ihren Wiederaufbau aus Bundesmitteln erhebliche Zuschüsse gewährt, dann müssen wir uns doch fragen: Was ist eigentlich getan worden, um dem Außenhandel,
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der für uns so sehr wichtig ist, eine entsprechende Förderung zuteil werden zu lassen?
Bedenken Sie bitte das Handikap unserer Außenhandel treibenden Wirtschaft gegenüber den Wettbewerbern. Die deutschen Außenhandelsfirmen haben ihre Auslandsniederlassungen verloren, sie haben ihr Auslandsvermögen verloren. Sie mußten nach einer Zwischenzeit, in der Ausländer für uns den Außenhandel „bewerkstelligten", völlig neu anfangen. Sie haben ihr Eigenkapital in der Währungsreform eingebüßt. Sie haben draußen die Rechte aus Patenten und Gebrauchsmustern verloren und müssen sich heute manchmal sehr damit herumschlagen, daß Konkurrenzerzeugnisse unter ähnlich klingenden Namen in die alten Märkte eingedrungen sind. Unsere Wirtschaft hat den Lastenausgleich zu tragen, und sie muß, wie ich eben schon sagte, die 'Sozialleistungen erbringen, auf die wir alle stolz sind. Diese Dinge spielen bei dem scharfen Wettbewerb im Ausland - jeder einzelne Exportauftrag muß gegen scharfen Wettbewerb erkämpft werden - selbstverständlich eine Rolle.
Dann ist auch auf die besonderen Risiken des Außenhandels z. B. durch Staatseingriffe hinzuweisen. Wir haben unserer Wirtschaft vor wenigen Wochen durch die konjunkturpolitische Zollsenkung, die für die Wirtschaft nicht ohne Schmerzen verlaufen ist, ein Beispiel geliefert. Solche Staatseingriffe aller Art, Beschlagnahmen, Änderungen der Gesetzgebung, Erhöhung von Zöllen und was da so alles möglich ist, die Schwierigkeiten der Rechtsverfolgung im Ausland, die Verkehrshemmnisse und schließlich auch die sehr viel höheren Werbungskosten stellen besondere Risiken des Außenhandels dar, die der Binnenkaufmann nicht zu tragen hat und für die die Bundesregierung in irgendeiner Form ein Äquivalent schaffen sollte, soweit dies angesichts der internationalen Verflechtungen auf dem Wege der Gesetzgebung heute möglich ist. Wir hätten also gerne von der Bundesregierung gehört, was sie zu tun gedenkt, um den Außenhandelsfragen die ihnen im Rahmen der Gesamtwirtschaft zukommende Beachtung zu sichern.
Damit komme ich zur letzten Frage, die wir gestellt haben, der Frage nach der Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsabteilungen der deutschen Auslandsvertretungen und den beteiligten Ministerien. Der größte Teil unserer deutschen diplomatischen Vertretungen hat ohnedies überwiegend Wirtschaftsfragen zu bearbeiten. In einer Vielzahl von Staaten stellt also die Behandlung der Wirtschaftsfragen die Tagesarbeit unserer diplomatischen Vertretungen dar; das, was ich jetzt zu sagen habe, reicht also etwas über die Wirtschaftsabteilungen der diplomatischen Vertretungen hinaus.
Wir sollten uns einmal darüber klarwerden, welche Aufgaben wir den Wirtschaftsvertretungen zumuten. Ich habe bei mehreren Auslandsreisen feststellen müssen, daß die Wirtschaftsabteilungen als Auskunftsbüros benutzt werden, daß die fremden Firmen bei ihnen anfragen, wo man in Deutschland Kochtöpfe oder Sensen oder sonst etwas kaufen kann, und daß sich die Wirtschaftsabteilungen bemühen, den Anforderungen dieser Auskunftstätigkeit gerecht zu werden, daß sie aber damit für ihre eigentliche Arbeit blockiert sind. Ich glaube, wir tun uns allen einen Gefallen, wenn wir feststellen, daß eine solche Auskunftserteilung nicht zu den Aufgaben der Auslandsvertretungen gehört, sondern daß dafür die Wirtschaft Sorge zu tragen hat, daß eine solche wirtschaftswerbende Aufgabe von ihr selbst gelöst werden muß.
Auf der anderen Seite: es gibt einen uralten Streit darüber, ob der Leiter einer Wirtschaftsabteilung ein All-round-Diplomat oder ein fachlich vorgebildeter Mann sein soll, der sich in Wirtschaftsfragen auskennt. Wir glauben nach allem, was sich ereignet hat, daß bei der Bedeutung, die der Außenhandel heute für die Bundesrepublik hat, den Fachleuten doch etwas mehr Raum zugestanden werden sollte. Deshalb würden wir es begrüßen, wenn man dem Herrn Bundeswirtschaftsminister ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Wirtschaftsabteilungen der Auslandsvertretungen einräumte, wenn sich also die Herren Minister über die Besetzung wichtiger Positionen untereinander verständigten und wenn das nicht allein vom Auswärtigen Amt aus geschähe. In anderen exportinteressierten Staaten vollzieht sich das in der Form, daß dem Personalamt des auswärtigen Dienstes ein Beamter der entsprechenden wirtschaftlich interessierten Ministerien zugeordnet wird. Auf diese Weise wird die Zusammenarbeit auch in dieser Frage sichergestellt.
Es stört uns etwas, daß die Wirtschaftsabteilungen der Auslandsvertretungen nicht unmittelbar mit den beteiligten und interessierten Ministerien verkehren dürfen; auch darüber ist hier im Hause schon gesprochen worden. Der Weg ist jetzt sehr umständlich. Die Berichte gehen in den Routinebericht des Chefs der Mission ein und werden an das Außenministerium gegeben. Dort wandern sie in die handelspolitische Abteilung. Wir dürfen unterstellen, daß die handelspolitische Abteilung kein Geheimnis daraus macht, sondern die anderen Ministerien darüber unterrichtet. Aber es steht zu befürchten, daß der Markt in der Zeit „verlaufen" ist, wie der Kaufmann sagt.
Es wäre also nützlicher, wenn wenigstens Kopien der Berichte den beteiligten Stellen unmittelbar zugeleitet würden, die sich dann darüber abstimmen können, welche Konsequenzen sie aus den Berichten ziehen wollen. Natürlich müßte dann dem Herrn Bundeswirtschaftsminister ein Weisungsrecht gegenüber den Wirtschaftsabteilungen der Auslandsvertretungen eingeräumt werden, damit der unmittelbare Kontakt hergestellt wird. Deshalb fragen wir drittens die Bundesregierung, was sie zu tun gedenkt, um die Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsabteilungen der deutschen Auslandsvertretungen und den Wirtschaftsbehörden zu verbessern.
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Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung der Großen Anfrage gehört. Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich mit dem Herrn Kollegen Erhard dahin verständigt, daß er die Beantwortung der Frage 2 übernimmt, während ich mir erlauben werde, die Fragen 1 und 3 zu beantworten. Die Bundesregierung beabsichtigt also, die Große Anfrage in der Weise zu beantworten, daß ich die Antwort zu den Fragen 1 und 3 selbst übernehme.
Die in Punkt 1 aufgeworfene Frage der Sicherung einer „verständnisvollen Zusammenarbeit
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aller an Außenhandelsfragen beteiligten Ministerien" beschäftigt die Ressorts bekanntlich schon seit Jahrzehnten. Der Außenhandel berührt den Aufgabenkreis zahlreicher Ministerien, die mit Recht eine Beteiligung an der Handelspolitik beanspruchen. Soweit die von ihnen vertretenen und begreiflicherweise nicht immer übereinstimmenden Gesichtspunkte nicht miteinander in Einklang gebracht werden können, bedarf es wie auf zahlreichen anderen Gebieten einer Koordinierung, um zu einer einheitlichen handelspolitischen. Linie zu gelangen.
Schon nach dem ersten Weltkrieg hat sich eine solche Koordinierung als notwendig erwiesen. Auch damals mußten die Handelsbeziehungen zum Ausland wiederaufgebaut und insbesondere die Beziehungen zu den alliierten Mächten nach Ablauf der Vorbehaltsepoche neu geregelt werden. Im Jahre 1925 beschloß das Reichskabinett, einen besonderen Ausschuß aus den Ministerien des Auswärtigen, der Finanzen, für Wirtschaft, für Ernährung und Landwirtschaft und einem Vertreter des Reichsbankdirektoriums zu bilden, dem es oblag, alle wichtigen handelspolitischen Fragen zwischen den Ressorts zu klären und einheitliche Richtlinien aufzustellen. Das war der sogenannte Handelspolitische Ausschuß.
In Anlehnung an die Aufgabenstellung dieses Ausschusses wurde im Dezember 1948 auf Initiative des damaligen Oberdirektors der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ein Ausschuß gebildet, der die damals bereits existierenden Verwaltungen für Wirtschaft, der Finanzen und für Ernährung umschloß und den gleichen Zweck verfolgte, wobei er vor allem in der Zeit, in der der Außenhandel noch auf Grund der JEIA-Richtlinien abgewickelt wurde, als einzige koordinierende handelspolitische Instanz wichtige Entscheidungen zu treffen hatte. Inzwischen sind die Aufgaben dieses Ausschusses zugleich mit der zunehmenden Verselbständigung unserer Gesamtpolitik und der weltwirtschaftlich orientierten Wirtschaftspolitik weiter gewachsen.
Dem Ausschuß gehören jetzt neben dem Auswärtigen Amt die Bundesministerien für Wirtschaft, der Finanzen, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für Verkehr und außerdem die Bank deutscher Länder an. Er arbeitet nach dem Verfahren, das für den früher bestehenden Handelspolitischen Ausschuß des Reichskabinetts Geltung hatte. Es hat sich herausgestellt, daß auf dieser Grundlage die große Mehrzahl aller handelspolitischen Entscheidungen im gegenseitigen Einvernehmen geregelt werden konnte. Durch den Handelspolitischen Ausschuß ist die Zusammenarbeit der beteiligten Ressorts in glücklicher Weise verwirklicht worden. Überlegungen über seinen weiteren Ausbau sind im Gange.
Außerhalb des Handelspolitischen Ausschusses werden alle laufenden mit dem Außenhandel zusammenhängenden Fragen in Einzelressortbesprechungen zwischen den beteiligten Ministerien erörtert. Soweit Einfuhrfragen betroffen sind, ist der interministerielle Einfuhrausschuß zuständig.
Von Ausnahmefällen abgesehen, haben sich größere Schwierigkeiten bei der Abstimmung der handelspolitischen Interessen in der laufenden Arbeit nicht ergeben. Grundsätzliche Fragen gelangen aus den Ressortberatungen in der Regel vor den Handelspolitischen Ausschuß. In Fragen von besonderer Bedeutung und insbesondere dann, wenn ein Ressort seine Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen versagen zu müssen glaubt, wird eine Kabinettsentscheidung herbeigeführt. Das ist in den Jahren seit 1949 nur in sehr wenigen Fällen erforderlich geworden.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß für die Zusammenarbeit der Ressorts in Fragen des Außenhandels seit Bestehen der Bundesrepublik jahrelange Erfahrungen vorliegen. Gestützt auf diese Erfahrungen und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen außenpolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsetzung wird die Bundesregierung die verständnisvolle Zusammenarbeit der Ministerien weiter fördern und vertiefen.
Ein wichtiges Feld der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts ist die Vorbereitung und Führung von Wirtschaftsverhandlungen, d. h. Verhandlungen über den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland. Auch hier hat es der Handelspolitische Ausschuß übernommen, die Ressortsinteressen sorgfältig aufeinander abzustimmen. Die Auswahl der jeweiligen Delegationsleiter für derartige Wirtschaftsverhandlungen ist keineswegs auf ein Ressort beschränkt. Je nach den sachlichen Schwerpunkten und unter Berücksichtigung der am besten geeigneten Persönlichkeiten sind Vertreter des Auswärtigen Amts ebenso wie der Bundesministerien für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für wirtschaftliche Zusammenarbeit bestimmt worden. Auf diese Weise konnte auch im personellen Bereich eine Koordinierung der Handelspolitik und eine Abstimmung der Ressortinteressen erzielt werden.
Die Bundesregierung verkennt keineswegs die enge Verknüpfung der inneren Wirtschaft mit der Außenwirtschaft. Sie hat diesem Umstand bei der bisherigen Führung der Handelspolitik so weit wie nur möglich Rechnung zu tragen versucht. Erörterungen über die zweckmäßige Form einer Koordinierung sind in allen wichtigen Industrieländern seit vielen Jahren angestellt worden. Kein Rezept - das lassen die im In- und Ausland verfügbaren Unterlagen erkennen - verbürgt bei der Vielfalt der Probleme und Interessen die Lösung aller Schwierigkeiten. Jeder mit dem Außenhandel Vertraute weiß, daß es für den Gesamtkomplex mit seinem vielschichtigen Gefüge eine einfache Formel weder für die Organisation noch für die handelspolitische Betätigung gibt. Die in Deutschland gefundene Form der Abstimmung der Ressorts hat sich in der Vergangenheit bewährt. Es ist das Bestreben der Bundesregierung, die verständnisvolle Zusammenarbeit der Ministerien in Außenhandelsfragen auch weiterhin zu fördern.
Lassen Sie mich zu Frage 3 übergehen, in der die Fragesteller die Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsabteilungen der deutschen Auslandsvertretungen und den Wirtschaftsbehörden zu verbessern wünschen. Wie es dem Zusammenhang zwischen der inneren Wirtschaft und den handelspolitischen Interessen entspricht, wird einer engen Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsabteilungen der Auslandsvertretungen und den hauptbeteiligten Behördenstellen im Inland größte Bedeutung beigemessen. Eine wesentliche Grundlage für die handelspolitischen Entschließungen ist die Berichterstattung der Wirtschaftsabteilungen - es sind zur Zeit 78 - und der Wirtschaftsreferenten, zur Zeit 36. Sie wurde in zunehmendem Maße den Bedürfnissen der deutschen Außenwirtschaft angepaßt. Außer der Einzelberichterstattung
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zu aktuellen wirtschaftlichen Fragen und den periodischen Berichten über die wirtschaftliche Entwicklung des Gastlandes sowie über die Grundlagen des Güter- und Dienstleistungsaustausches werden in wachsender Zahl Spezialuntersuchungen über die Auslandsmärkte erstellt. Alle einschlägigen Berichte gehen den beteiligten Ressorts zu. Die Auswertung und Verteilung der für eine weitere Verbreitung geeigneten Berichte erfolgt über die Bundesstelle für Außenhandelsinformation, die mit ihren verschiedenen Veröffentlichungen, wie „Nachrichten für den Außenhandel", „Außenhandelsdienst", „Marktinformationsdienst" usw., die gesamte Außenwirtschaft über deren Spitzenverbände unterrichtet; sie wird vom Auswärtigen Amt unmittelbar mit Material versorgt. Die Zusammenarbeit auf diesem Gebiete ist in den letzten Jahren weiter ausgebaut worden.
Die Berichtswünsche der vornehmlich am Außenhandel beteiligten Ressorts und Anfragen auf besonderen Gebieten der Außenwirtschaft werden vom Auswärtigen Amt regelmäßig aufgenommen und an die Auslandsvertretungen übermittelt. Auf diese Weise wird die Berichterstattung den Bedürfnissen der handelspolitischen Exekutive ständig angepaßt und eine fruchtbare Wechselwirkung erzielt.
Durch eine kürzlich mit dem Bundesministerium für Wirtschaft getroffene Vereinbarung sind eine Abstimmung bei der Besetzung der Wirtschaftsabteilungen und eine gleichzeitige unmittelbare Berichtsübermittlung an das Bundesministerium für Wirtschaft vorgesehen worden, wie es Herr Kollege Margulies eben auch angeregt hat. Von dieser einvernehmlichen Regelung läßt sich eine Behebung gelegentlich noch aufgetretener Schwierigkeiten erhoffen.
Auf dem Agrargebiet ist die Verbindung zu dem zuständigen Bundesressort seit etwa zwei Jahren durch die Entsendung von acht Landwirtschaftsreferenten in die wichtigsten Agrarräume intensiviert worden. Diesen Referenten obliegt die Bearbeitung aller agrarpolitischen und agrartechnischen Fragen in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend. Die Weiterentwicklung dieses Zweiges des wirtschaftlichen Dienstes wird in engem Einvernehmen zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert. Gegenwärtig werden technische Verbesserungen bei der Vervielfältigung und Verteilung der Berichte mit dem Ziele auch einer Beschleunigung der Verteilung erprobt.
Auch in der personellen Besetzung der Wirtschaftsabteilungen und der Handelspolitischen Abteilung des Auswärtigen Amts kommt die Verbindung mit der Wirtschaft klar zum Ausdruck. Von 302 Angehörigen des gehobenen und höheren wirtschaftlichen Dienstes bei den Auslandsvertretungen kommen 252 aus den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft einschließlich Banken und Versicherungen. 16 von 20 Referenten und Unterabteilungsleitern der Abteilung 4 waren in der Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder oder bei Verbänden tätig. Bei der Ausbildung der Wirtschaftsleiter und -sachbearbeiter ist das Bundesministerium für Wirtschaft maßgeblich beteiligt.
Insgesamt verfolgt die Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsabteilungen im Ausland und den Wirtschaftsbehörden im Inland das Ziel, sowohl der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, dem Ausland gegenüber eine einheitliche Handelspolitik zu führen, als auch den Anforderungen zu entsprechen, welche die beteiligten einzelnen Ressorts und die Wirtschaft stellen müssen. Die Bundesregierung läßt es nicht an Bemühungen fehlen, dieses Zusammenarbeiten ständig zu verbessern.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß es doch vielleicht in meiner Antwort, der die Stellungnahme meines Kollegen Erhard folgen wird, gelungen ist, einige von den düsteren Aspekten in der Begründung der Anfrage zu zerstreuen. Ich darf auch Herrn Kollegen Margulies versichern, daß mir die Existenz einer Handelspolitischen Abteilung im Auswärtigen Amt schon bekannt war, bevor er die Liebenswürdigkeit hatte, mich darauf aufmerksam zu machen. Ich darf schließlich vielleicht darauf verweisen, daß die gesamte außenhandelspolitische Entwicklung der letzten Jahre eine ganz ersprießliche Arbeit innerhalb der Bundesregierung bewiesen hat.
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Zur Beantwortung der Frage 2 hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Frage, was die Bundesregierung zu tun gedenke, um den Außenhandelsfragen die ihnen im Rahmen der Gesamtwirtschaft zukommende Beachtung zu sichern, darf ich wie folgt Stellung nehmen.
Ausgangspunkt jedes handelspolitischen Denkens ist die Gesamtlage der Volkswirtschaft der Bundesrepublik und ihre Verknüpfung mit der allgemeinen Entwicklung der Weltwirtschaft. Es ist das besondere Kennzeichen der Nachkriegsentwicklung, daß dem Außenhandel im Rahmen der Gesamtwirtschaft der Bundesrepublik eine weit größere Bedeutung zukommt, als dies im Vorkriegsdeutschland der Fall war. Daraus ergibt sich die Schlüsselposition des deutschen Außenhandels, und zwar sowohl im Rahmen der deutschen Volkswirtschaft, deren Außenhandel wertmäßig nahezu 30 °/o des Sozialprodukts ausmacht, wie auch im Rahmen der Weltwirtschaft, in der die Bundesrepublik wieder an dritter Stelle rangiert.
Die binnen- und außenwirtschaftliche Entwicklung und die sich daraus ergebenden Tatbestände bilden daher für die Bundesrepublik ein einheitliches Ganzes, d. h. daß alle einschlägigen Fragen nur in einem engen Zusammenhang gesehen werden können. Binnen- und Außenwirtschaft stehen also nicht in einem reinen Abhängigkeitsverhältnis zueinander, sondern wirken wechselseitig in fruchtbarer Spannung aufeinander ein. Jede isolierte Betrachtung und Behandlung von Binnen- und Außenwirtschaft würde auch im Widerspruch stehen zur Interdependenz aller ökonomischen Bedingungen, aus denen sich Beziehungen, Abhängigkeiten und Zuordnungen ergeben, die für die Gestaltung der Handelspolitik entscheidende Bedeutung haben. Die Handelspolitik ist daher immanenter Bestandteil eines einheitlichen Ordnungsdenkens.
Es ist die Aufgabe der Außenhandelspolitik, dafür Sorge zu tragen, daß der Außenhandel, dem keine originäre wirtschaftliche Funktion zukommt, seine volks- und weltwirtschaftliche Aufgabe in
({0}) zweckmäßigster Weise erfüllen kann. Aus der Dynamik des wirtschaftlichen Lebens ,aber folgt, daß sich die Beziehungen zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes im Innern und seinem Austausch von Gütern und Leistungen nach außen fortlaufend verändern. Das bedingt, daß jede innerwirtschaftliche Maßnahme von Bedeutung sich unmittelbar oder mittelbar auf die Wirtschaftsbeziehungen zu unseren Handelspartnern auswirkt und umgekehrt jede Änderung der außenwirtschaftlichen Situation das wirtschaftliche Geschehen im Innern maßgeblich beeinflußt. Es können daher die Mittel zur Handhabung des Außenhandels auch immer nur in ständiger Abstimmung mit den innerwirtschaftlichen Gegebenheiten angewandt werden, wie andererseits die innere Wirtschaftspolitik notwendigerweise zur Erreichung ihrer Ziele der Instrumente der Handelspolitik nicht entraten kann.
Auch die internationale wirtschaftliche Entwicklung hat den Charakter und damit auch die Aufgaben der Außenhandelspolitik grundlegend verändert. Sie ist gegenüber einer bilateralen und protektionistischen Vergangenheit gekennzeichnet durch das Streben nach einem freien Weltmarkt, nach Multilateralität und Nichtdiskriminierung, nach Überwindung autarker und nationalistischer Tendenzen und nach Beseitigung von Wettbewerbsverfälschungen jeder Art. Im Zuge dieser Entwicklung zeigt sich immer deutlicher, daß heute die Außenhandelspolitik viel stärker als früher mit der gesamten Wirtschaftspolitik verflochten ist. Alle bisherigen Erfolge und weiteren Ansätze einer multilateralen wirtschaftlichen Zusammenarbeit haben nur aus einer gemeinsamen wirtschaftlichen Zielsetzung heraus erreicht werden können. Die Konvertibilität schließlich als das Endziel aller dieser Bemühungen zwingt die innere und äußere Wirtschaftspolitik zur Parallelität und zur Einheit, d. h. zu einer Wirtschafts- und Handelspolitik aus einem Guß. Darüber hinaus machen es die weitgehenden Anstrengungen einer europäischen Integration mit dem Ziel des gemeinsamen Marktes deutlich, daß dieser schon in seinen Anfängen mit der engeren Verflechtung der Volkswirtschaften der Mitgliedsländer den Charakter eines Binnenmarktes annimmt, der sich nationalstaatlicher Einflußnahme automatisch immer mehr entzieht.
Die aus der marktwirtschaftlichen Konzeption der Wirtschaftspolitik erwachsene freiheitliche Außenhandelspolitik hat in den vergangenen Jahren seit der Währungsreform ganz entscheidend zum Wiederaufbau und zur Festigung unserer außenwirtschaftlichen Position beigetragen. Sie ist gleichzeitig die Voraussetzung für eine umfassende Integrationspolitik und für die fortschreitende Wiederherstellung eines freizügigen weltwirtschaftlichen Systems gewesen.
In dem gleichen Maße ist der Außenhandel zu einem starken Eckpfeiler der deutschen Wirtschaftspolitik geworden. Damit hat sich auch in der tatsächlichen Entwicklung immer stärker die notwendige Einheit der Wirtschafts- und Außenhandelspolitik bestätigt. Die Einheit der Wirtschafts- und Handelspolitik, die inzwischen auch in immer mehr Ländern zum verpflichtenden Prinzip erhoben worden ist, muß auch weiterhin die Grundlage für die Gestaltung der Außenhandelsbeziehungen der Bundesrepublik bleiben.
Dem Bundesminister für Wirtschaft fällt die Aufgabe zu, aus der Gesamtschau der wirtschaftlichen Verflechtungen und der Vielfältigkeit der ökonomischen Zusammenhänge die außenwirtschaftlichen Fragen in die von ihm vertretene einheitliche gesamtwirtschaftliche Konzeption einzuordnen, während es dem Bundesminister des Auswärtigen zukommt, die außenwirtschaftliche Linie mit den politischen Erfordernissen abzustimmen. Daß darüber hinaus eine ständige Fühlungnahme aller am Außenhandel beteiligten Ressorts erfolgt, haben Sie bereits aus den Worten meines Kollegen von Brentano entnehmen können.
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Ich danke den beiden Herren Ministern für die Beantwortung der Großen Anfrage. Ich frage, ob in die Beratung eingetreten werden soll. Sie muß von 30 Abgeordneten verlangt werden. - Das ist der Fall; wir treten in die Beratung ein.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Die Ursache unserer heutigen Diskussion ist eine mißverständliche Äußerung des Herrn Bundesaußenministers zu Beginn seines Amtes, als er davon sprach, daß es ein Primat der Außenpolitik über den Außenhandel geben müsse. So jedenfalls sind seine Äußerungen verstanden worden, und wenn ich die bisherige Disskussion richtig verstanden habe, hat man von dieser überspitzten Äußerung wohl etwas abzurücken.
Ich möchte nur in wenigen Worten die Meinung meiner Parteifreunde hierzu sagen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Federführung des Außenhandels beim Auswärtigen Amt liegen muß, einfach deshalb, weil das Auswärtige Amt das Instrumentarium der Beziehungen zur Außenwirtschaft hat und nicht das Bundeswirtschaftsministerium. Das ganze Problem liegt in allererster Linie in der Koordinierung des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem Auswärtigen Amt, aber - und das ist nicht zu verkennen - auch in der Koordinierung mit noch drei weiteren Ministerien, und das ist - darüber kann es keinen Zweifel geben - einfach technisch nicht ohne Schwierigkeiten zu machen. Was das wichtigste Problem anlangt, eben die Koordinierung des Auswärtigen Amts mit dem Bundeswirtschaftsministerium, möchten wir, wenn wir sagen, daß die Federführung beim Auswärtigen Amt liegen müsse, doch auch ganz deutlich darauf hinweisen, daß natürlich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen für den Außenhandel die bedeutendsten sind und folglich das Bundeswirtschaftsministerium die Richtlinie der Wirtschaftspolitik zu bestimmen, also ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Ihr Kopfnicken, Herr Außenminister, zeigt mir, daß Sie mit mir darin übereinstimmen. Wir können die Sache also noch kürzer machen.
Ich möchte nur noch auf zwei Punkte, von denen ich gehört habe, daß sie kontrovers sind, kurz eingehen. Das eine ist der interministerielle Außenhandelsausschuß, bei dem es offenbar vielleicht nur bürokratische Reibereien gibt, aber doch Reibereien der Art, daß man lange Zeit - ich weiß nicht, wie es in den letzten Tagen gewesen ist - nicht recht wußte, wer eigentlich diesen interministeriellen Ausschuß leitet. Ich möchte, daß sich die Regierung zu diesem Punkte eindeutig bekennt und daß es nicht unnütze Rivalitäten innerhalb der Bürokratie gibt; denn das tut der Sache nicht gut.
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Zum Schluß möchte ich noch bemerken, daß, soviel man sehen kann - auf einer Auslandsreise bin ich darauf wiederholt gestoßen -, der Weg von dem wirtschaftspolitischen Sachbearbeiter in einer Auslandsvertretung, sei es Konsulat, sei es Botschaft, bis zum Wirtschaftsministerium ungewöhnlich lang ist. Ich möchte die Regierung darum bitten, Maßnahmen rein organisatorischer Art zu ergreifen, daß dieser Weg abgekürzt wird. Bisher - soweit ich informiert war, und so war es bis vor kurzem bestimmt - war es so, daß der betreffende Beamte der Botschaft, der die Wirtschaftsfragen zu bearbeiten hatte, seine Berichte seinem Vorgesetzten, dem Botschafter oder Generalkonsul, zu übergeben hatte, der darin mehr oder weniger sachverständig herumkorrigieren konnte. Es war mehr eine menschliche Frage, ob er es tat oder bleiben ließ. Dann ging es zum. Auswärtigen Amt, dort kam es bis zur Wirtschaftsabteilung, und dort - das war mein Eindruck - schien es außerordentlich zufällig zu sein, ob es auch den Sprung in die Handelspolitische Abteilung des Bundeswirtschaftsministeriums hinüber tat. Dieser Sprung muß also gesichert sein. Ich wäre dankbar, wenn die Regierung mir zusichern könnte, daß die bisherigen bürokratischen Schwierigkeiten in diesem Punkt überwunden werden.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Margulies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir dürfen den Ministern der Bundesregierung dankbar sein, daß sie durch ihre heutigen Erklärungen ein ganz anderes Bild von der Sachlage gegeben haben, als sie sich bisher darstellte. Ich hoffe auch, daß mir der Herr Außenminister nicht nachtragen wird, daß ich ihn vor seiner Amtsübernahme falsch beurteilt habe. Damit bin ich ja nicht allein hier im Hause.
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Wir sind doch alle froh darüber, daß er sich so zum Außenminister entwickelt hat. Man muß die Reden von Mitte dieses Jahres kennen, die ganze Fülle der Halbwahrheiten und der unbewiesenen Behauptungen, die da in Reden und schriftlichen Darstellungen in die Welt gesetzt worden sind, gegen die dann Herr Professor Erhard in der „Frankfurter Allgemeinen" und auch in einer Rede, ich glaube, in Hamburg, zu Felde gezogen ist, um den ganzen Unterschied zu ermessen zwischen der damaligen Situation und der heutigen Auffassung und Darstellung.
So hoffen wir, daß wir mit unserer Großen Anfrage beigetragen haben, daß der Konflikt beseitigt wurde und daß jetzt doch im wesentlichen Übereinstimmung darüber herrscht, daß Außenhandel vorwiegend nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden muß und daß dann auch die wirtschaftlich betonten Ministerien den entsprechenden Einfluß auf diese Dinge haben müssen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Serres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen meiner Herren Vorredner und vor allen Dingen nach den Ausführungen der beteiligten Herren Minister kann ich mich namens meiner politischen Freunde recht kurz fassen. Wir begrüßen es, daß es zu einer Verständigung und Abstimmung unter den beteiligten Ressorts, insbesondere zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium, gekommen ist. Das findet einen sinnfälligen Ausdruck schon darin, daß die beiden Herren Minister heute offensichtlich auch ihre Erklärungen miteinander abgestimmt haben. Ich persönlich war schon, als mir die Große Anfrage der FDP bekannt wurde, der Meinung, daß die Spannungen zwischen den beiden Häusern gar nicht so wesentlicher Natur waren; schließlich arbeiten wir inzwischen schon seit sechs Jahren mit beiden Ressorts in handelspolitischen Angelegenheiten zusammen, und ich habe eigentlich zu keiner Zeit den Eindruck gehabt; daß etwa ein latenter Kleinkrieg zwischen beiden Ressorts bestanden hätte. Es mag sein, daß die Koordinierung hin und wieder etwas zu wünschen übriggelassen hat. Das ist vor allen Dingen in der 1. Legislaturperiode der Fall gewesen, als die Außenhandelsabteilung des Auswärtigen Amts noch nicht bestand. Wir haben es daher wohl alle begrüßt, als das Bundeskabinett seinerzeit auf Grund seiner Organisationsgewalt beschloß, nach bewährtem Vorbild aus vergangenen Zeiten eine Außenhandelsabteilung einzurichten. Ich glaube, daß diese Abteilung in den vergangenen Jahren segensreich gewirkt hat. Wir alle können es schon daran feststellen, daß unser Außenhandel immerhin eine in jeder Hinsicht höchst erfreuliche Entwicklung genommen hat.
Ich will damit jedoch nicht den Wert der Großen Anfrage unseres verehrten Herrn Kollegen Margulies verkleinern. Ich bin der Meinung, daß es nützlich war, hier zu einer klärenden Aussprache über die vielfach auch in Kreisen der Wirtschaft bestehende Auffassung zu kommen, daß erhebliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts bestünden. Insofern begrüße ich diese Debatte.
Ich kann namens meiner politischen Freunde nur erklären, daß wir uns in völliger Übereinstimmung mit den Ausführungen der beiden Herren Minister befinden und in der Zukunft eine noch bessere Zusammenarbeit auf handelspolitischem Gebiet erwarten.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Große Anfrage erledigt.
Ich rufe nun auf den Punkt 1 der gedruckt vor Ihnen liegenden Tagesordnung:
Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifgesetzes ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({1}) ({2}).
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Wird das Wort zur mündlichen Berichterstattung gewünscht? - Das Wort hat als Berichterstatter der Abgeordnete Margulies.
Margulies ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Initiativgesetzentwurf der SPD auf Drucksache 1672, der da({5})
hin geht, den Herrn Bundeswirtschaftsminister zu ermächtigen, aus konjunkturpolitischen Gründen Zollsätze durch Rechtsverordnung zu ermäßigen oder aufzuheben und innerhalb von 14 Tagen die Zustimmung des Bundestages einzuholen, wurde am 20. Oktober vergangenen Jahres dem Ausschuß für Außenhandelsfragen - federführend - und den Ausschüssen für Wirtschaftspolitik und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung überwiesen. In den Beratungen ist es ein wenig durcheinandergegangen. Aber ich hoffe den Knoten als Berichterstatter entwirren zu können.
Im Wirtschaftsausschuß haben die Antragsteller den Entwurf insbesondere mit dem Argument begründet, Zollsenkungsverordnungen sollten allein von dem für die Konjunkturpolitik verantwortlichen Minister, also dem Herrn Bundeswirtschaftsminister, vertreten werden; das Verfahren innerhalb der Bundesregierung sei zu langwierig, um wirksamen Einfluß auf die Konjunktur ausüben zu können. Ein Antrag, anstatt des Herrn Bundeswirtschaftsministers die Bundesregierung zu ermächtigen, wurde im Wirtschaftsausschuß abgelehnt. Im Ernährungsausschuß schlug dagegen die Sprecherin der Antragsteller als Kompromiß vor, die Ermächtigung der Bundesregierung und nicht dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zu erteilen. Im Außenhandelsausschuß setzte sich der Herr Bundeswirtschaftsminister warm für den Entwurf ein, bat aber selbst darum, nicht ihm, sondern der Bundesregierung die beantragte Ermächtigung zu geben. Dem stimmten die Antragsteller im Außenhandelsausschuß zu, so daß ich den Stand der Dinge richtig darzustellen hoffe, wenn ich sage, daß es sich jetzt entgegen dem Beschluß des Wirtschaftsausschusses darum handelte, ob die beantragte Ermächtigung der Bundesregierung erteilt werden sollte.
Ergänzend darf ich hinzufügen, daß der Wirtschaftsausschuß beschlossen hatte, in den Entwurf im § 4a in der dritten Zeile hinter dem Wort „Rechtsverordnung" einzufügen „mit zeitlicher Begrenzung", um den konjunkturpolitischen Charakter der Maßnahme stärker zu betonen, und daß er die Frist zur Einholung der Zustimmung des Bundestages auf eine Woche verkürzen wollte.
Außerdem sollte § 3 des Entwurfs die Fassung erhalten:
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Mit diesen Änderungen stimmte der Wirtschaftsausschuß dem Entwurf - ich betone nochmals: einer Ermächtigung des Bundeswirtschaftsministers - mit Mehrheit zu.
Der Ernährungsausschuß lehnte hingegen die Ermächtigung nicht nur für den Herrn Bundeswirtschaftsminister, sondern auch für die Bundesregierung ab unter Hinweis auf den zur Beschleunigung des Verfahrens der Geschäftsordnung des Bundestages hinzugefügten § 96a und auf ein Gutachten des Rechtsausschusses des 1. Bundestages, nach welchem gegen die Einfügung eines derartigen Ermächtigungsparagraphen verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.
Im Außenhandelsausschuß wurden die verfassungsrechtlichen Bedenken durch einen Sprecher des Bundesjustizministeriums vorgetragen und die Rechtsgutachten - ein Mehrheits- und ein Minderheitsgutachten - des Rechtsausschusses des 1. Bundestages beigezogen. Wenn ich die Rechtsfragen richtig verstanden habe, kann das Parlament danach zwar die Bundesregierung ermächtigen, Rechtsverordnungen zu erlassen, aber nicht mehr bestimmen, was die Bundesregierung mit einer solchen Ermächtigung macht, also auch nicht der Bundesregierung vorschreiben, nach Erlaß einer solchen Rechtsverordnung die Zustimmung des Bundestages einzuholen oder aber die Rechtsverordnung durch einen Beschluß des Bundestages wieder aufzuheben.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hielt diese Rechtsauffassung zwar nicht für zwingend, aber der Außenhandelsausschuß trug den verfassungsrechtlichen Bedenken doch Rechnung.
In der Beratung im Außenhandelsausschuß über den Antrag, nunmehr die Bundesregierung zu ermächtigen usw., wurde vor allem geltend gemacht, die Praxis habe bewiesen, daß der § 96a der Geschäftsordnung des Bundestages eine sehr eilige Behandlung von Zollvorlagen ermögliche; die konjunkturpolitische Zollsenkung, die wir hier im Hause vor Weihnachten eilig verabschiedet haben, sei aber nicht gerade ein Musterbeispiel dafür, daß die Regierung von dieser Möglichkeit den angemessenen Gebrauch mache. Diese Zollsenkung, die ohne Anhörung der Betroffenen beschlossen wurde und eine Reihe von Waren umfaßte, für die vorwiegend das Weihnachtsgeschäft wichtig ist, platzte mitten in die Saison hinein und brachte für die beteiligten Wirtschaftskreise mehr durch den Zeitpunkt als durch den Inhalt erhebliche Verluste.
Der Außenhandelsausschuß kam also zu der Meinung, daß die gegebenen Möglichkeiten durchaus ausreichen, um eine konjunkturpolitische Beeinflussung durch die Bundesregierung zu sichern, daß man andererseits die Kontrolle und die Mitbestimmung des Parlaments über die Zölle nicht aus der Hand geben solle, und bittet daher das Haus, den Gesetzentwurf abzulehnen.'
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Beratung in zweiter Lesung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Es wäre für mich eine große Freude wenn wir diesen zweiten Tagesordnungspunkt mit etwa genau so viel Freundlichkeit abwickeln könnten wie den vorhergegangenen. Bei jenem handelte es sich ja, offen gesagt, nur um ein allgemeines freundliches Gespräch, mehr um einen Schmus. Hier aber gilt es, ernstlich etwas zu entscheiden, was der Bevölkerung zum Nutzen oder zum Nachteil gereicht. Ich bitte also, meiner Argumentation doch noch eine gewisse Aufmerksamkeit zu schenken, im Gegensatz zum Herrn Bundeswirtschaftsminister, der zwar bei der Beratung des ersten Tagesordnungspunktes, als es unverbindlich war, anwesend war, jetzt aber, wo es um seine Befugnisse, um seine Person also geht, vorzeitig das Feld geräumt hat.
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Nun zu dem Antrag selbst! Was beabsichtigen wir mit dem Antrag, dem Bundeswirtschaftsminister eine Vollmacht für Zollsenkungen zu geben? Wir beabsichtigen weder - das ist selbstverständlich -, uns dem Bundeswirtschaftsminister empfehlend in Erinnerung zu bringen, noch haben wir etwa die Absicht, ihn dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß ihn möglicherweise seine eigene Par({1})
tei in der Abstimmung, die kommen wird, zu desavouieren beabsichtigt. Sie wissen, daß Herr Professor Erhard sich für den vorliegenden Antrag mit Nachdruck einsetzt und sich aus seinem Amt heraus, um seiner Aufgabe willen dafür einsetzen muß, und zwar einfach deswegen, weil er, wie er ja zum vorigen Punkt der Tagesordnung gesagt hat, für die Konjunkturpolitik verantwortlich ist.
Wir sind in diesem Punkte durchaus optimistisch. Wir haben eine Situation der Hochkonjunktur. Wir glauben, sie kann erhalten werden und sie muß erhalten werden. Aber sie wird sich nicht von selber erhalten. Man muß dazu aktiv sein und muß zugunsten der Konjunktur auch etwas zu unternehmen bereit sein.
Als wir vor fünf Jahren einer Regelung der Zollsenkung zustimmten, die bis heute noch in Kraft ist - daß nämlich die Verordnungen vom Parlament zu beschließen sind -, hatten wir die Erfahrungen noch vor uns, die wir inzwischen machen mußten. Diese Erfahrungen bestehen leider darin, daß das Parlament oder einzelne Gruppen im Parlament durchaus kleinlich und durchaus retardierend in der Tendenz sind, eine auch noch so berechtigte Zollsenkung vorzunehmen. Dies wird möglichst zu verhindern versucht, oder, wenn das nicht geht, wird versucht, die Zollsenkung so lange wie möglich aufzuhalten.
Wir haben damals geglaubt, das Parlament würde in dieser Frage im Interesse der Gesamtbevölkerung, im Interesse der Konsumenten großzügiger und schneller handeln. Wir sind in diesem Punkte enttäuscht worden. Wir haben in der Tat feststellen müssen, daß das Parlament so von Interessentengruppen durchsetzt ist, daß die Aktivität in dieser Frage der Zollpolitik zeitweise absolut gelähmt war. Nur aus dieser negativen Erfahrung heraus sind wir bereit, die Vollmachten jetzt dem Bundeswirtschaftsminister in der Hoffnung zu übertragen, daß er die Interessen des Ganzen über die Einzelinteressen stellen wird.
Um den Antrag, wie er Ihnen vorliegt - es ist die Drucksache 1672 -, in Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses zu bringen, erlaube ich mir, Ihnen einen Änderungsantrag vorzulegen und dem Herrn Präsidenten zu überreichen, wonach der § 4 a durch folgende Formulierung ersetzt wird:
Der Bundesminister für Wirtschaft kann aus wirtschaftlichen Gründen Zollsätze durch Rechtsverordnung mit zeitlicher Begrenzung ermäßigen oder aufheben. Bundesrat und Bundestag sind binnen einer Woche in Kenntnis zu setzen. Auf Verlangen des Bundestages ist die Rechtsverordnung aufzuheben.
In Art. 3 wird ergänzt:
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Diesem Antrag hat der Wirtschaftspolitische Ausschuß mit der immerhin beachtlichen Mehrheit von 16 gegen 3 Stimmen zugestimmt, darunter auch ein wesentlicher Teil der Regierungskoalition. Mit den Ergänzungen macht der Antrag völlig klar und schirmt so gegen Mißverständnisse ab, daß es sich hier um Zollsenkungen aus konjunkturpolitischen Gründen handelt, die aus diesem Grunde a priori zeitlich zu begrenzen sind, und daß das Parlament wirklich umgehend von solchen Verordnungen in Kenntnis gesetzt wird. Deshalb haben wir den ursprünglichen Vorschlag, dies innerhalb von 14 Tagen zu tun, geändert. Wir wünschen, daß dabei expreß gehandelt wird und die Mitteilung innerhalb einer Woche erfolgt. Um eben schnell zum Ziele zu kommen, beantragen wir auch, daß dieses Gesetz, nachdem es verabschiedet ist, sofort, also am Tage nach seiner Verkündung, in Kraft tritt.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Bedenken, wie sie im Agrar- und wie sie im Außenhandelsausschuß vorgetragen worden sind und die ich als kleinliche Bedenken bezeichnen muß, zurückzustellen hinter der großen Idee der Konjunkturpolitik, wie sie der Wirtschaftspolitische Ausschuß mit überwältigender Mehrheit anerkannt hat, und unserem Antrag mit den erklärten Änderungen Ihre Zustimmung zu geben.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Serres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner politischen Freunde darf ich Sie bitten, dem Ausschußantrag zuzustimmen und damit den Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen.
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Ich darf zunächst zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Kalbitzer grundsätzlich bemerken, ich hatte in den vergangenen Jahren nicht den Eindruck, daß die Regierungskoalition die Absicht gehabt hat, Zollvorlagen der Regierung zur Ablehnung zu bringen. Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege Kalbitzer, daß wir in Hunderten von Fällen Zollvorlagen der Regierung, d. h. Verordnungen nach § 4 des Zolltarifgesetzes verabschiedet haben, wobei wir Änderungsmöglichkeiten praktisch überhaupt nicht hatten. Sie wissen, nach dem Verfahren des § 4 des Zolltarifgesetzes kann eine Verordnung grundsätzlich nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden, so daß die Stellung der Regierung ohnehin verhältnismäßig sehr stark ist. Wenn wir Änderungswünsche vorgetragen haben, dann sind es Wünsche an die Regierung gewesen, und die Verordnung konnte nur dann in Kraft treten, wenn auch die Regierung sich diese Änderungswünsche des Parlaments zu eigen gemacht hat. Ich kann daher Ihrer Argumentation nicht folgen, es sei denn, daß Sie vielleicht sehr weitgehende Zollsenkungsvorschläge von Ihrer Fraktion aus gemacht haben, die wir abgelehnt haben. Aber darum geht die Diskussion ja nicht.
Wir haben uns schon in den Jahren 1950 und 1951, d. h. während der ersten Legislaturperiode, mit dieser Frage befaßt, ob es zweckmäßig ist, zur vorübergehenden Senkung oder Aufhebung von Zollsätzen der Bundesregierung eine Ermächtigung zu geben. Herr Kollege Kalbitzer hat schon dahingehend Ausführungen gemacht, daß wir seinerzeit - in Übereinstimmung übrigens auch mit Ihrer Fraktion, Herr Kollege Kalbitzer - zu dem Ergebnis gekommen sind, diese Ermächtigung der Bundesregierung damals nicht zu geben. Wir haben deswegen nach vielem Mühen - das darf ich ausdrücklich bemerken - den § 4 des Zolltarifgesetzes eingebaut, womit wir eine verfassungsrechtliche Besonderheit geschaffen haben, indem wir die Verordnungen der Bundesregierung
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zur Senkung oder Aufhebung von Zollsätzen der
Zustimmung des Parlaments unterworfen haben.
Ich darf daran erinnern, daß diese Frage zunächst einmal verfassungsrechtliche Bedenken aufgeworfen hat, daß diese Bedenken aber schließlich zurückgestellt worden sind auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses des Rechtsausschusses des 1. Bundestages, der dieses Verfahren des § 4 des Zolltarifgesetzes ausdrücklich für verfassungsrechtlich zulässig erklärt hat. Ich muß immerhin feststellen, daß wir mit diesem Instrument des § 4 nunmehr jahrelang Zollpolitik betrieben haben, und zwar, wie ich glaube, erfolgreich.
Trotzdem will ich nicht verkennen, daß sich im Laufe der Zeit die Notwendigkeit ergeben hat, eine Beschleunigung des Verfahrens herbeizuführen, und zwar dann, wenn aus konjunkturpolitischen Gründen Zollsenkungen kurzfristig erforderlich erschienen. Zu diesem Zweck haben wir - im vergangenen Sommer ist es wohl gewesen - Überlegungen angestellt, wie man zu einer Beschleunigung in bestimmten, dringlichen Fällen beitragen könne. Damals haben, auch unter gelegentlicher Hinzuziehung von Sachverständigen dieses Hauses, Besprechungen zwischen den beteiligten Ressorts, insbesondere also zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesfinanzministerium und dem Ernährungsministerium, stattgefunden, die zu dem Ergebnis geführt haben, daß wir einen § 96 a in die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eingeführt haben, wonach, wenn die Bundesregierung eine solche Zollvorlage nach § 4 des Zolltarifgesetzes als dringlich bezeichnet, diese Vorlage nicht im Parlament einzubringen ist, sondern durch den Herrn Präsidenten unmittelbar dem zuständigen Ausschuß zu überweisen ist. Der Ausschuß hat die Pflicht, binnen 14 Tagen diese Verordnung zu verabschieden; sie wird dann auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Bundestages gesetzt. Meine politischen Freunde sind der Meinung, daß damit den Wünschen nach Beschleunigung in weitgehendem Maße Rechnung getragen ist und daß es darüber hinaus einer Zollermächtigung an die Bundesregierung nicht bedarf.
In diesem Zusammenhang darf ich noch erwähnen, daß sowohl vom Rechtsausschuß des 1. Deutschen Bundestages als auch neuerlich wieder vom Bundesjustizministerium Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des in dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion vorgeschlagenen Verfahrens geäußert worden sind, und zwar insofern, als die Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion nach der Drucksache 1672 vorsieht, daß Bundesrat und Bundestag binnen 14 Tagen von dem Erlaß der Verordnung auf Grund der Ermächtigung in Kenntnis zu setzen sind und daß auf Verlangen des Bundestages die Rechtsverordnung aufzuheben ist. Das Bundesjustizministerium vertritt in Übereinstimmung mit dem damaligen Gutachten des Rechtsausschusses den Standpunkt, daß hier verfassungsrechtliche Bedenken bestehen könnten. Ich darf auch hierauf in diesem Zusammenhang aufmerksam machen.
Schließlich darf ich noch bemerken, daß nach meinen persönlichen Eindrücken das Bundeskabinett zumindest in seiner Mehrheit gar keinen Wert auf diese Zollermächtigungen legt. Ich wäre dankbar, wenn der Herr Bundesfinanzminister hierzu eine kurze Erklärung abgeben könnte. Ich habe den Eindruck, daß das Bundeskabinett mit dem neuen Verfahren, das wir in Übereinstimmung mit den beteiligten Ressorts gefunden haben, durchaus zufrieden ist. Man sollte zunächst einmal Erfahrungen mit diesem neuen Beschleunigungsverfahren sammeln. Ich glaube, daß dann zu aller Zufriedenheit gearbeitet werden könnte.
Zusammenfassend darf ich namens meiner politischen Freunde nochmals erklären, daß wir uns dem Ausschußantrag, d. h. dem Antrag des federführenden Ausschusses, des Ausschusses für Außenhandelsfragen, anschließen und den von der Fraktion der SPD eingebrachten Gesetzentwurf Drucksache 1672 ablehnen. Ebenso lehne ich namens meiner politischen Freunde den Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion ab.
({2})
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf auf die an mich gerichtete Anfrage kurz Antwort geben. Es ist nicht richtig, daß das Kabinett als solches sich mit dieser Frage und mit dem Antrag Drucksache 1672 überhaupt beschäftigt hat. Das hatte zwei Gründe. Es hatte erstens den Grund, daß das Kabinett nicht den Eindruck erwecken wollte, als gebe es auf Grund dieses Antrages eine Zuständigkeitsfrage unter den Ministerien. Es hatte zweitens den Grund - das ist das Entscheidende, und ich kann das erklären, nachdem ich in den letzten Tagen und Stunden mit den beiden anderen beteiligten Ressorts, dem Ernährungsministerium und dem Wirtschaftsministerium, gesprochen habe -: Die sämtlichen drei beteiligten Ressorts, Bundesfinanzministerium, Bundeswirtschaftsministerium und Bundesernährungsministerium, möchten anerkennen, daß die Handhabung des neuen § 96a der Geschäftsordnung alle Bedürfnisse hinsichtlich einer raschen Erledigung von Zollsenkungs- und Zolländerungswünschen bisher befriedigt hat und daß deswegen ein Anlaß zu einer Änderung des gesetzlichen Zustandes von heute nicht besteht.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Es ist zuzugeben, daß der eingeführte § 96a der Geschäftsordnung hinsichtlich der Zollsenkung bereits eine gewisse Beschleunigung gebracht hat. Wir anerkennen das. Wir sagen nur, es reicht nicht aus. Das sagen wir gemeinsam mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister. Ich habe jedenfalls im Ausschuß mit eigenen Ohren gehört, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister nach wie vor auf diesen Antrag den allergrößten Wert legt. Daß der Herr Bundesfinanzminister „Scheffler" sich auch diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wird,
({0})
möglichst hohe Zolleinnahmen zu haben,
({1})
das steht außer Zweifel.
({2})
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! - Ich nehme an, daß
({0})
Sie sich versprochen haben. Der Herr Bundesfinanzminister heißt Schäffer, nicht Scheffler!
({1})
- Das gilt hier nicht, meine Herren, wir haben ja auch ein Protokoll im Parlament.
Ich entschuldige mich. Aber ich danke Ihnen, Herr Präsident, zugleich dafür, daß Sie noch einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt haben.
({0})
Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die hier vorgetragen werden, können gegen unseren Antrag nicht stärker gebracht werden als gegen die bisherige Regelung. In beiden Fällen war es eine Verordnung. Insofern muß man also das Ganze ablehnen. Oder man kann unserem Antrag genau so unbedenklich zustimmen, wie man der bisherigen Regelung zugestimmt hat.
Nun möchte ich noch ein Mißverständnis bei Herrn Dr. Serres ausräumen. Ich möchte nicht den Eindruck hervorrufen, daß ich gesagt hätte, daß die gesamte Koalition in dieser Frage kleinlich sei. Ich habe von bestimmten Gruppen innerhalb des Parlaments gesprochen. Die Koalition in ihrer Gesamtheit ist ja - leider - mehr als eine Gruppe.
({1})
Ich möchte das Plenum des Parlaments bitten, gegenüber einzelnen Interessentengruppen hier die Oberhand zu behalten und so zu entscheiden, wie der Wirtschaftspolitische Ausschuß entschieden hat. Herr Dr. Serres, strafen Sie meine Behauptung Lügen, indem Sie unserem Antrag zustimmen. In diesem Falle wäre ich gerne bereit, mich zu entschuldigen.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Margulies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Pikanterie, daß die sozialdemokratische Fraktion, die sich doch hier im Hause sehr häufig zum Sprecher der Rechte des Parlaments gemacht hat, in diesem Falle die Entscheidung über ein so wichtiges Gebiet wie die Zölle in die Hände der Bundesregierung legen will.
({0})
Es verstärkt diese Pikanterie, daß dieser Vertrauensbeweis in die Bundesregierung von der Opposition kommt.
({1})
- Aber Herr Schoettle, da darf ich Sie doch daran erinnern, daß wir gerade in den Zollfragen sehr häufig gepfiffen haben
({2})
und daß auch das, was Herr Kalbitzer eben ausgeführt hat, nicht ganz richtig ist und wir uns jedenfalls immer als stärker als die gewissen von ihm angesprochenen Gruppen erwiesen haben.
({3})
- O ja, sehen Sie einmal die Protokolle durch. Wir haben uns bisher noch in jedem Falle als stärker erwiesen und haben uns bei solchen Gelegenheiten in diesem Hause quer durch alle Fraktionen verbündet, um das durchzusetzen, was wir für richtig hielten.
Ich bitte doch auch einmal die praktischen Folgen zu bedenken. Sie haben mir eben richtig entgegengehalten: „Mit Vorbehalt". Aber wie soll denn das praktisch vor sich gehen? Nach dem jetzt vorliegenden Änderungsantrag würde der Herr Bundeswirtschaftsminister das Recht haben, ohne seine Kabinettskollegen zu verständigen, Zollsätze zu senken, und wir müßten dann innerhalb von 14 Tagen - oder nach Ihrer Veränderung innerhalb von acht Tagen - darüber entscheiden,
({4})
ob das so bestehenbleiben soll oder nicht. Das würde doch bedeuten, daß Rechtsverordnungen zunächst einmal in Kraft getreten sind, daß sie Recht geworden sind, daß sie in der Praxis angewendet werden und daß dann vielleicht nach 14 Tagen der Bundestag diese Entscheidung nicht zu akzeptieren vermag und die Sache nach ganz kurzer Frist wieder rückgängig macht. Mit solchen Methoden kann die Wirtschaft unmöglich arbeiten. Wir halten auch nichts davon, daß Zolländerungen, die überhaupt kein Mittel einer kurzfristigen Politik sein sollten, ohne gründliche vorherige Abstimmung aller Beteiligten sozusagen par ordre de Mufti vorgenommen werden. Deshalb bitten wir Sie, den Antrag der SPD und auch den Änderungsantrag abzulehnen.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung. Ich lasse zunächst abstimmen über den Änderungsantrag der SPD, den der Herr Kollege Kalbitzer verlesen hat. Wir können ihn in der Eile nicht vervielfältigen lassen. Aber ich nehme an, daß ich ihn auch nicht vorzulesen brauche. Er ist ja ausführlich vorgetragen und begründet worden.
Also ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der SPD zu § 4 a abstimmen. Es liegt dann noch ein zweiter Änderungsantrag der SPD - zu Art. 3 - vor.
Zunächst Änderungsantrag der SPD zu § 4 a Art. 1 der Drucksache 1672. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Änderungsantrag zu § 4 a ist abgelehnt.
Ich lasse nun über den Art. 1 des Gesetzentwurfs auf Drucksache 1672 abstimmen. Wer diesem Art. 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Der Art. 1 ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 2. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Ebenfalls abgelehnt.
Ja, nun, meine Damen und Herren, es ist natürlich sinnlos - - Herr Abgeordneter Kalbitzer, wollen Sie nicht zurückziehen? Der Änderungsantrag zu Art. 3 hat jetzt natürlich keinen Zweck mehr. - Meine Damen und Herren, ich muß der Form halber noch abstimmen lassen über Art. 3, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
({0})
- Damit ist das Gesetz in allen Artikeln abgelehnt, also der ganze Entwurf hinfällig.
Meine Damen und Herren, ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Zuckersteuergesetzes ({1});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({2}) ({3}).
({4})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Conring. Sie wollen zur Tagesordnung sprechen? - Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen - Drucksache zu 1947 - durchgesehen hat oder aus sonstigen Gründen über den unter Ziffer 2 der Tagesordnung heute zur Verhandlung stehenden Punkt sachlich unterrichtet ist, wird sicher zu der Überzeugung kommen, daß die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt recht ausgiebig sein wird. Auf der anderen Seite ist uns allen ja bekannt, daß die Bundesregierung seit einer Reihe von Wochen eine Vorlage in Aussicht gestellt hat, die sich mit demselben Gegenstand beschäftigt und darauf hinausläuft, eine erhebliche Senkung der Zuckersteuer herbeizuführen. Wer die Tageszeitungen heute morgen gelesen hat, wird wissen, daß diese Angelegenheit inzwischen zu einem Kabinettbeschluß geführt hat, so daß wir uns in ganz kurzer Zeit erneut mit diesem Gegenstand zu beschäftigen haben würden.
Uns erscheint es nicht ganz sinnvoll, daß wir heute in aller Breite über die Zuckersteuer diskutieren und nach ganz kurzer Zeit dasselbe noch einmal tun sollen, dann nämlich, wenn uns die Regierungsvorlage hier im Plenum zur Beschlußfassung wieder zusammenführt.
Außerdem ist den Damen und Herren auch wohl bekannt, daß noch ein Antrag der FDP vorliegt, der ebenfalls die Zuckersteuer betrifft und dann auf die Tagesordnung gesetzt werden müßte.
Wir glauben, daß es mit der Ökonomie unserer Zeit und unserer Kraft nicht ganz vereinbar wäre, wenn wir demselben Gegenstand in so kurzen Abständen zwei ausgiebige Erörterungen im Plenum zugestehen wollten. Aus diesen Gründen beantrage ich namens meiner Fraktion, diesen Punkt heute von der Tagesordnung abzusetzen.
({0})
Ich gebe das Wort zur Geschäftsordnung der Frau Abgeordneten Strobel.
Meine Herren und Damen! Wir bitten Sie dringend, den Antrag des Herrn Abgeordneten Conring nicht anzunehmen, sondern den Tagesordnungspunkt 2 abzuwickeln und dem Gesetzentwurf der SPD auf völlige Streichung der Zuckersteuer zuzustimmen. Dann ist es nämlich nicht notwendig, daß hier noch einmal irgendein Gesetzentwurf zur Senkung der Zuckersteuer behandelt wird; dann erübrigt sich hier die weitere Debatte.
({0})
Damit wäre schon mal die Begründung des Herrn Kollegen Conring hinfällig.
Zum zweiten möchte ich darauf aufmerksam machen, daß der Gesetzentwurf der SPD seit dem 11. Juni 1954, also seit anderthalb Jahren, im Parlament liegt.
({1})
Das Finanzministerium bzw. die Regierungsparteien haben im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, wenn sie es gewollt hätten, reichlich Gelegenheit gehabt, Änderungsanträge zu dem Gesetzentwurf der SPD zu stellen.
({2})
Sie haben es nicht getan!
({3})
Sie haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß eine Senkung der Zuckersteuer durch einen Regierungsentwurf zu erwarten sei. Nachdem dieser Punkt auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden ist, hat sich gestern die Regierung endlich entschlossen, einen solchen Entwurf zu verabschieden, der noch dazu der gegebenen Situation in keiner Weise Rechnung trägt.
({4})
Ich möchte Sie vor allen Dingen auch darauf aufmerksam machen, daß Ihre ganze Kritik an dem Steuerwirrwarr, den wir heute haben, dadurch unglaubwürdig wird, daß Sie sich jetzt dazu hergeben, einem Versuch des Finanzministers, diesen Wirrwarr noch zu vergrößern, nachzugeben.
({5})
Denn wenn die heutigen Zeitungsberichte stimmen, dann beantragt die Regierung ja nur eine Senkung der Zuckersteuer in dem Bereich des direkt verbrauchten Mundzuckers, während sie für die Zuckerwarenindustrie, um dort die Zuckersteuersenkung nicht wirksam werden zu lassen, gleichzeitig eine Erhöhung der Umsatzsteuer um 16 DM pro hundert Kilo vornehmen will. Man bezieht sich darauf, daß die Zuckerwarenindustrie ja behauptet habe, die geringfügige Zuckersteuersenkung könne an den Verbraucher nicht weitergegeben werden. Wenn dieses Argument stimmte, dann wäre ja Gelegenheit, es dadurch auszuräumen, daß man die Zuckersteuer überhaupt streicht.
({6})
Es stimmt aber nicht einmal. Mir liegt z. B. eine Grundsatzerklärung der Schokoladenindustrie vor, in der versichert wird, daß man die Schokoladenfabriken auffordern wird, die Zuckersteuersenkung voll an den Verbraucher weiterzugeben. Wenn Sie dazu auch noch unserem vorliegenden Antrag auf Streichung des Kakaozolls zustimmen, dann besteht absolut die Möglichkeit, auch eine fühlbare Senkung des Preises dieser Zucker- und Schokoladenwaren zu erreichen.
Wir möchten Sie außerdem noch daran erinnern, wie lächerlich es in der Öffentlichkeit bereits gewirkt hat, daß man den Versuch macht, die beabsichtigte Milchpreiserhöhung durch diese kleine Zuckersteuersenkung zu versüßen. Auch der Verbraucher kann rechnen, weiß also ganz genau, daß, wenn Sie heute diesen Absetzungsantrag annehmen, um die Streichung der Zuckersteuer zu verhindern, dann die Versprechungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers und des Herrn Bundes({7})
finanzministers in Berlin, daß die Regierung durch die Streichung bzw. Senkung von Verbrauchsteuern dem Verbraucher fühlbare Preissenkungen zukommen lassen werde, ganz einfach eine Irreführung sind. Bitte, beweisen Sie doch, daß das Parlament solche Irreführungen nicht mitmacht; stimmen Sie dieser Absetzung nicht zu und nehmen Sie mit uns heute das Gesetz über die Streichung der Zuckersteuer endlich einmal an!
({8})
Die Debatte zur Geschäftsordnung ist geschlossen. Ich lasse abstimmen über den Antrag des Abgeordneten Dr. Conring, den Punkt 2 der Tagesordnung heute abzusetzen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Meine Damen und Herren, die Herren Schriftführer können sich nicht einigen. Der Präsident ist neutral. Ich darf bitten, sich zu erheben. Wer für den Antrag Conring, also für Absetzung ist, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Also, meine Damen und Herren, Hammelsprung, weil wir uns hier nicht einigen können.
({0})
({1}) Ich bitte, die Türen zu schließen.
Die Auszählung beginnt. Ich bitte, die Türen zu öffnen.
({2})
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen und zu beenden. - Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Mit Ja, also für den Antrag Conring auf Absetzung dieses Tagesordnungspunktes, haben 213 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 172; enthalten haben sich zwei. Damit ist der Antrag des Abgeordneten Dr. Conring angenommen, und Punkt 2 der heutigen Tagesordnung ist abgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 3 a der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({3}).
({4})
Hier ist interfraktionell vereinbart, daß dieser Gesetzentwurf in der ersten Beratung nicht begründet werden und daß auch keine Debatte stattfinden soll. Ich unterstelle das Einverständnis des Hauses, oder erhebt sich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann schlage ich vor Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 1955 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - sowie an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend -. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 3 b:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Karpf, Dr. Franz, Frau Dr. Probst und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({0}).
Hier soll in gleicher Weise verfahren werden. Ich unterstelle das Einverständnis des Hauses. Ich schlage vor Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß sowie an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes als mitberatende Ausschüsse. - Ich höre eben, daß der Mittelstandsausschuß nicht damit befaßt werden soll. Der Gesetzentwurf soll also dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - sowie dem Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 4 der heutigen Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zündwarensteuergesetzes ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({2}) ({3}).
({4})
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin, Frau Abgeordneten Beyer ({5}).
Frau Beyer ({6}) ({7}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der 106. und 107. Sitzung des Deutschen Bundestages wurde der Antrag Drucksache 1699, unterschrieben von sämtlichen Fraktionen dieses Hauses, eingebracht und dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen, der ihn in seiner Sitzung am 14. Dezember 1955 behandelte. Zum sachlichen Inhalt dieses Antrags ist bereits mehrfach Stellung genommen, wie auch die Notwendigkeit einer Senkung der Zündwarensteuer von allen Fraktionen anerkannt worden. Ich verweise in diesem Zusammenhang u. a. auf das Protokoll der 82. Sitzung vom 25. Mai 1955, Seiten 4530 bis 4536, und beschränke mich darauf, noch einmal herauszustellen, daß seit dem Jahre 1923 die Zündwarensteuer einen Pfennig für 100 Streichhölzer oder 0,6 Pf für eine Schachtel mit 60 Hölzern betrug. Durch den Art. III des Gesetzes Nr. 28 des Alliierten Kontrollrats vom 10. Mai 1946 wurde die Steuer auf 10 Pf für 100 Hölzer bzw. 4,8 Pf für eine Schachtel Streichhölzer festgesetzt, ohne Umsatzsteuer, die in den drei Handelsstufen noch einmal 0,9 Pf beträgt, und ohne Monopolgewinn, der 0,4 Pf je Schachtel ausmacht, so daß die fiskalische Belastung für eine Schachtel Streichhölzer bis zum heutigen Tage mit insgesamt 6,1 Pf auszuweisen ist bei einem Endverbraucherpreis von 10 Pf für eine Schachtel Zündhölzer.
Der Umsatz ist seit dem Jahre 1946 nachweislich laufend zurückgegangen. Heute entfallen auf den Kopf der Bevölkerung nur noch 3,1 Zündhölzer pro Tag, während der Verbrauch vor dem Kriege mit 5,6 Stück pro Tag angegeben wurde.
Der Ausschuß ist auf Grund der Unterlagen zu der Überzeugung gekommen, daß dieser Rückgang nicht mit dem Hinweis auf Verbrauchswandlungen abgetan werden kann, da der Umsatz auch in den technisch fortschrittlichsten Ländern als ansteigend, zum mindesten als gleichbleibend nachgewiesen wird. Allerdings sind in diesen Ländern Streichhölzer steuerlich gar nicht oder nur ganz gering belastet. Eine Preissenkung für den Verbraucher ist nach den Darlegungen des Zündwaren({8})
monopols als auch des Finanzministers gemäß der Steuersenkung in vollem Umfang sichergestellt. Der Preis für eine Schachtel Streichhölzer wird nach Inkrafttreten der Steuersenkung mithin am 1. April 1956 nur noch 5 Pf anstatt heute 10 Pf betragen. Damit ist als sicher anzunehmen, daß auch der Umsatz wieder ansteigt, wodurch sich die Beschäftigungslage bessern wie auch der Finanzausfall, verursacht durch die vorgesehene Steuersenkung, verringern wird, zumal da sich der Monopolgewinn entsprechend dem ansteigenden Umsatz erhöht. Von einer völligen Streichung der Zündwarensteuer wurde im Hinblick auf das Monopolgesetz im Zusammenhang mit dem noch bestehenden Anleihevertrag mit Schweden, der heute unter das Londoner Schuldenabkommen fällt, Abstand genommen, so daß damit der Antrag der FDP auf Drucksache 1762 - § 1 Abs. 5 - als erledigt anzusehen ist.
Der Ausschuß bittet die Mitglieder des Deutschen Bundestages, den Gesetzentwurf Drucksache 1699 mit den in Drucksache 1948 angeführten Änderungen, die nur eine formalrechtliche Bedeutung haben, anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Wir treten in die zweite Beratung des Gesetzes ein. Ich rufe auf in der Einzelberatung die Art. 1, - 2, - 3 und 4 in der Ausschußfassung sowie Einleitung und Überschrift. - Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung und komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung
des Gesetzentwurfs und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Da Änderungsanträge zur dritten Beratung nicht vorliegen, komme ich zur Schlußabstimmung. Wer dem aufgerufenen Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich bitte vom Platz erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 5 auf:
Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ({0}).
Es soll auf Einbringung und Debatte in der ersten Beratung verzichtet werden. - Ich unterstelle das Einverständnis des Hauses. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 1931 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - und zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Eckhardt, Lenz ({1}), Dr. Löhr und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über
das Branntweinmonopol ({2}) ({3})
Auch hier wird auf Begründung und Debatte in der ersten Beratung verzichtet. Ich schlage dem Hause vor: Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen - federführend - und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Punkt 7:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({4}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Verkauf des ehemals reichseigenen Gesandtenwohnhauses in Athen, Akademiestraße 17 ({5}) ({6}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Vogel als Berichterstatter. - Ich sehe, der Berichterstatter ist nicht anwesend. Verzichtet das Haus auf mündliche Berichterstattung?
({7})
Das ist der Fall.
Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1923 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Punkt 8:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Ruf, Dr. Berg, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs, eines Gesetzes zur Änderung des Schwerbeschädigtengesetzes ({8}).
Auch hier wird auf Begründung und Debatte in der ersten Lesung verzichtet. Ich schlage dem Hause Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen vor. Erhebt sich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Punkt 9 der heutigen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt ({9});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({10}) ({11}).
({12})
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Bock.
({13})
- Schriftlicher Bericht liegt vor*). Verzichtet das
Haus auf mündlichen Bericht? - Das ist der Fall.
Dann treten wir in die zweite Lesung des Gesetzentwurfs ein. Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 9, - 10, - 11 und 12 - alles in der Fassung gemäß den Beschlüssen des 30. Ausschusses -, - Einleitung und Überschrift. - Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die Aussprache.
*) Siehe Anlage 2.
({14})
Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Lesung beendet.
Wir treten in die
dritte Beratung
des Gesetzes ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung, da Änderungsanträge nicht vorliegen. Wer dem Gesetz im
ganzen zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte
vom Platz. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Es ist noch abzustimmen über Ziffer 2 des Ausschußantrags, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung für erledigt zu erklären. Wer diesem weiteren Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Angenommen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste, die 123. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Freitag, den 13. Januar 1956, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.