Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bitte nehmen Sie Platz. Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der vergangenen Woche wurde der Kollege Frank Magnitz bei einem Überfall in Bremen schwer verletzt. Die Tat und ihre Hintergründe werden von den Ermittlungsbehörden untersucht. Wir hoffen, dass die Täter rasch ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Frank Magnitz wünschen wir schnelle und vollständige Genesung.
Die Tat schockiert. Es liegt der Verdacht auf ein politisch motiviertes Verbrechen nahe. Das wäre ein schwerer Angriff auf die politische Kultur in unserem Land.
Der verantwortungsvolle Umgang mit dieser Straftat verlangt von uns, sie nicht zu instrumentalisieren. Die Aufklärung einer Straftat, die Ermittlung der Täter und ihrer Motive, ist Sache der zuständigen Polizei- und Justizorgane. Bis diese Behörden ihre Arbeit abgeschlossen haben, empfiehlt sich für alle Zurückhaltung bei Mutmaßungen über Tathergang und -motive. Gerade weil Gewalt kein Mittel der Politik sein darf, sollte eine kriminelle Straftat nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden.
Als Abgeordnete haben wir den politischen Streit zu führen, mit aller Leidenschaft. Das erfordert die parlamentarische Demokratie. Aber demokratischer Streit und Gewaltlosigkeit gehören zusammen, sie bedingen sich gegenseitig. Daraus erwächst uns eine besondere Verantwortung, weil Streit eben auch leicht zu Gewalt führen kann.
Gewalt beginnt mit Worten. Sprache ist eine Waffe. Wir wissen es, und wir gehen doch öfters leichtfertig damit um – manchmal unbedacht, manchmal auch gezielt. Wir sollten die Konfrontation nicht weiter verschärfen. Provokation und Reaktion führen zu Eskalation, und wir müssen Wege aus dieser Spirale finden.
Die Zivilität unserer Gesellschaft wird nicht durch Meinungsvielfalt bedroht, sondern indem das Recht des anderen auf seine eigene Meinung nicht anerkannt wird. Dieses Recht ist konstitutiv für eine demokratische Gesellschaft, selbst wenn man eine Meinung für dumm oder unanständig halten sollte. Der Theologe und frühere Fraktionsvorsitzende der SPD in der Volkskammer, Richard Schröder, sagt zu Recht: „… erst anstößigen Meinungen gegenüber muss sich das Recht auf Meinungsfreiheit bewähren.“
Wo Persönlichkeitsrechte oder Rechtsvorschriften verletzt werden oder wo der demokratische Rechtsstaat gefährdet wird, ist allerdings die Grenze des Tolerablen erreicht. Diese Grenze wird aber durch die zuständigen Behörden und gegebenenfalls durch die Gerichte gezogen und nicht durch Selbstgerechtigkeit.
Stark ist eine Demokratie allein dann, wenn sie sich der Vielfalt an Meinungen aussetzt, wenn sie den Meinungsstreit aushält. Nur in einem darf es keine geteilte Meinung geben: Gewalt ist niemals ein gerechtfertigtes Mittel der politischen Auseinandersetzung. – Darauf baut unser Staat auf, und das unterscheidet ihn grundlegend von Weimarer Verhältnissen: als Gewaltexzesse das politische Leben in einer gespaltenen Gesellschaft prägten, bis hin zum politischen Mord, als Extremisten von rechts und links die Demokratie fortwährend angriffen – zerstörerisch für das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System und folgenschwer für die Stabilität der Republik. In einem Klima extremer Polarisierung und unerbittlicher Konfrontation wächst die Gefahr von Gewalttaten gegen Personen in der Öffentlichkeit. Wir sehen es gerade in Polen mit dem Mord am Danziger Bürgermeister, und wir haben es in unserem Land erlebt.
Es ist eine zivilisatorische Leistung, das Freund-Feind-Denken zu überwinden – immer wieder. Statt permanent den anderen zu beschuldigen, sollten wir uns daran erinnern, was Gustav Heinemann 1968 gesagt hat anlässlich der Ausschreitungen nach dem Anschlag auf Rudi Dutschke:
Wer mit dem Zeigefinger allgemeiner Vorwürfe auf den oder die vermeintlichen Anstifter oder Drahtzieher zeigt, sollte daran denken, daß in der Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger zugleich drei andere Finger auf ihn selbst zurückweisen.
Wir alle – wir! – sind verantwortlich dafür, dass die politische Auseinandersetzung, die wir führen müssen, nicht Anlass zu Hass und Hetze gibt. Und so wiederhole ich, was ich bereits im vergangenen Jahr zu sagen versucht habe: Wir Abgeordnete tragen dafür besondere Verantwortung mit der Art, wie wir diskutieren – innerhalb und außerhalb dieses Parlaments. – Das wollte ich zu Beginn unserer parlamentarischen Beratungen in diesem Jahr gesagt haben.
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Jetzt gratuliere ich vor Eintritt in die Tagesordnung dem Kollegen Dr. Gregor Gysi sehr herzlich zu seinem heutigen 71. Geburtstag. Alle guten Wünsche im Namen des ganzen Hauses!
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren – –
Herr Maas, einfach warten, bis es rot leuchtet, dauerhaft rot.
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Dauerhaft rot ist ein gutes Zeichen. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist erfreulich, dass wir gleich zu Beginn dieses Jahres die Möglichkeit haben, anlässlich des Berichts zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik über einen Teil der Außenpolitik zu sprechen, dessen Bedeutung als Instrument der Friedenspolitik seit Jahren wächst. In Zeiten von Echokammern, von alternativen Fakten wird der Wettbewerb der Narrative härter. Weltweit schrumpfen die Spielräume der Zivilgesellschaft, und Nationalismus und Abschottung sind auf dem Vormarsch – bedauerlicherweise nicht nur außerhalb von Europa. In diesen Zeiten brauchen wir eine starke, eine aktive internationale Kultur- und Bildungspolitik – eine Politik, die unsere Werte genauso wie unsere Interessen in der Welt vermittelt, die auf Austausch setzt, die Freiräume fördert und Menschen Zugang zu Bildung eröffnet. Vermitteln, verständigen und verstehen – das ist der Dreiklang, der uns dabei leiten wird.
Zum Stichwort „vermitteln“: Wir haben die Auslandskommunikation in den letzten Monaten strategisch weiterentwickelt. Wir stärken zum Beispiel die Arbeit der Deutschen Welle. Wir haben unsere Kommunikation zum Thema „Flucht und Migration“ intensiviert, gerade um gefährliche Falschmeldungen von Schleppern zu entlarven. Und wir informieren über unser Land, zum Beispiel mit der neugestalteten Webseite „deutschland.de“, die Tag für Tag in neun Sprachen über Deutschland berichtet.
Zum zweiten Stichwort, „verständigen“: In den letzten Tagen und Wochen ist einiges darüber gesagt worden, wie sehr sich der Ton in der politischen Debatte auch in Deutschland verschärft hat. Das mag bedauerlich sein. Aber auf der anderen Seite können wir auch froh darüber sein, dass wir uns überhaupt austauschen; denn vielerorts finden Debatten, wie sie hier und in unserem Land geführt werden, überhaupt nicht mehr statt. Internationale Kultur- und Bildungspolitik muss daher Räume erhalten für Austausch und für den Dialog – Räume, in denen verschiedene Meinungen aufeinandertreffen, in denen am Schluss aus Reibung auch Energie entstehen soll.
Daher planen wir zum Beispiel vor der Europawahl eine Reihe von Bürgerdialogen und werden die Kommunikation zu Europathemen auch in den sozialen Medien weiter ausweiten. Denn anders als das vielleicht bei dem einen oder anderen der Fall ist, halten wir das Europäische Parlament nicht für ein Auslaufmodell, sondern für das stärkste Zeichen eines demokratischen Europas.
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Meine Damen und Herren Abgeordnete, aber auch jenseits der Europäischen Union bemühen wir uns stärker um Verständigung. Deshalb haben wir Austauschprogramme und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft intensiviert, zum Beispiel in Osteuropa. Und mit dem „Deutschlandjahr USA“ haben wir im Oktober 2018 unsere derzeit größte Kommunikationskampagne weltweit mit über 1 000 Veranstaltungen in allen Bundesstaaten der USA gestartet.
Das letzte Stichwort ist „verstehen“. Voraussetzung dafür ist der Zugang zu Kultur und Bildung. Dabei spielen neben den Goethe-Instituten der DAAD und vor allem unsere Auslandsschulen eine ganz besondere Rolle. Allein seit 2017 haben wir rund 70 neue Schulen in unser Partnerschulnetzwerk aufgenommen. Jede dieser Schulen ist ein Anker Deutschlands in der Welt, ein Ort, an dem nicht nur unsere Sprache, sondern auch Werte wie Respekt, Toleranz und Offenheit vermittelt werden. Schulen, Universitäten und Kulturinstitute müssen Freiräume bleiben, und dort, wo sie es nicht sind, hilft eben gerade die internationale Kultur- und Bildungspolitik dabei, diese Freiräume zu schaffen.
Dank der Martin Roth- und der Philipp Schwartz-Initiative sind wir zu einem Hoffnungsland für verfolgte und bedrängte Künstlerinnen und Künstler und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geworden. Ich glaube, das ist durchaus etwas, worauf man stolz sein kann – auch gerade mit Blick auf unsere eigene Geschichte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb will ich mich für die parteiübergreifende Unterstützung unserer internationalen Kultur- und Bildungspolitik ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Sie ist ein klares Signal für die Freiheit der Kunst, der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft weltweit. Und das steht uns gut zu Gesicht.
Herzlichen Dank.
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Danke sehr. – Jetzt bitte ich im ersten Teil der Regierungsbefragung zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben der Bundesaußenminister berichtet hat.
Die erste Frage stellt der Kollege Petr Bystron, AfD.
Lieber Herr Minister! Erst mal außerhalb der Redezeit: Ich will mich persönlich bei Ihnen bedanken. Sie waren einer der Ersten, der auf Twitter das abscheuliche Attentat auf unseren Kollegen Frank Magnitz verurteilt hat. Ich sage dafür noch mal Danke an Ihr Twitter-Team.
Jetzt zu unserem Thema „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“: Sie haben hier gerade sehr eindrucksvoll dargelegt, dass es in diesem Bereich darum geht, ein positives Bild Deutschlands in der Welt zu zeichnen. Sie haben hier die größte Kommunikationskampagne vorgestellt, die Ihr Amt in diesem Zusammenhang gestartet hat. Über 11 000 Beamte des Auswärtigen Amtes, 3 500 Mitarbeiter der Goethe-Institute und weitere Tausende Mitarbeiter in den anderen Institutionen setzen sich jahrzehntelang für dieses Ziel ein.
Wie bewerten Sie es dann, wenn eine Kollegin aus der Bundesregierung, Ihre Kollegin, diese Arbeit zunichtemacht und komplett an den Fakten vorbei Fake News in die Welt setzt und behauptet, es habe in Chemnitz Hetzjagden gegeben? Sprechen Sie mit Frau Merkel in der Bundesregierung darüber? Sprechen Sie so etwas an?
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Das würde mich sehr interessieren.
Danke.
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Herr Minister.
Ja, Herr Abgeordneter, vielen Dank für diese Frage. – Natürlich ist das ein Thema, mit dem sich nicht nur Kabinettsmitglieder auseinandersetzen. Vielmehr hat es eine breite Debatte in unserem Land darüber gegeben, was dort geschehen ist und wie so etwas auch entstanden ist.
Ich kann Ihnen aber aus meiner Arbeit berichten, dass ich auf dieses Thema nicht nur in Deutschland oder im Kabinett, sondern weltweit angesprochen worden bin und dass mit Verwunderung und mit großem Unverständnis festgestellt worden ist, dass es in Chemnitz anscheinend zu den Ereignissen gekommen ist, die dort stattgefunden haben, und dass zumindest diese Taten, die dort stattgefunden haben, auch einen ausländerfeindlichen Hintergrund hatten.
Genauso ist im Ausland wahrgenommen worden, dass es eine breite Reaktion unserer Zivilgesellschaft gegeben hat, die klargemacht hat, dass Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus – auch das ist ein Thema gewesen, das in Chemnitz eine Rolle gespielt hat – keinen Platz haben dürfen. Insofern ist das, denke ich, ein Thema für uns alle. Ich glaube, die beste Reaktion ist die der Zivilgesellschaft gewesen – bis hin zu einer Demonstration in Berlin, an der über 250 000 Menschen teilgenommen haben. Sie haben darauf hingewiesen, dass Menschenrechte unteilbar sind, egal welchen Pass man in der Tasche hat.
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Danke sehr. – Vorhin habe ich leichtfertigerweise gesagt: Einfach warten, bis das Mikrofon dauerhaft rot leuchtet. – Ich will jetzt darauf hinweisen: Wenn die Ampel rot leuchtet, ist die Redezeit vorüber.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Elisabeth Motschmann, CDU/CSU.
Herr Minister – –
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– Das geht bitte nicht von meiner Redezeit ab.
Die Uhr läuft erst, wenn Sie anfangen zu reden. Seien Sie ganz beruhigt!
Herr Minister, es rangieren eine Menge von Einrichtungen und Institutionen unter dem Dach der Auswärtigen Kulturpolitik. In demokratischen Ländern haben sie keine Probleme. Ich frage Sie: Wie sieht es da aus, wo es zunehmend Unruhe, Bürgerkriege, Konflikte gibt? Ist dort die Freiheit, von der Sie eben gesprochen haben, gewährleistet? Sind die Mitarbeiter Gefährdungen und Einschränkungen in ihrer Arbeit ausgesetzt? Ich denke zum Beispiel an die Türkei. Welche Konsequenzen ziehen wir daraus? Das geht bis dahin, dass wir dann ja keine vernünftigen Arbeitsbedingungen mehr haben. Gibt es Länder, bei denen Sie sagen: „Im Grunde können wir dort nicht mehr richtig arbeiten“?
Frau Abgeordnete, ich würde sagen, dass die Länder, in denen wir nicht mehr richtig arbeiten können, in der Regel Länder sind, in denen es Konflikte gibt, die zu gewaltsamen Ausschreitungen oder gewaltsamen Auseinandersetzungen führen. Dort ist es nicht mehr verantwortbar, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Stiftungen oder von Organisationen, die vom Auswärtigen Amt getragen werden, vor Ort zu belassen.
Es gibt aber viele Länder – das ist tatsächlich ein Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen –, in denen es keinen bewaffneten Konflikt gibt, aber in denen die Spielräume der Zivilgesellschaften eingeengt werden. Ja, in der Türkei ist das der Fall, aber auch in anderen Ländern. Wir haben zum Beispiel in Ägypten feststellen müssen, dass Mitarbeiter von politischen Stiftungen nicht nur drangsaliert worden sind, sondern beschuldigt und in Haft genommen worden sind. Dies führt aber nicht dazu – zumindest solange nicht eine Verantwortungsgrenze über- oder unterschritten wird –, dass wir uns zurückziehen, sondern wir intensivieren die Arbeit dort. Wir machen die Einschränkungen, die es gibt, zu einem Thema aller bilateralen Gespräche, die wir mit den Verantwortlichen in diesen Ländern führen. Aber Rückzug ist nach unserer Auffassung nicht der richtige Weg.
Vielen Dank. – Frank Müller-Rosentritt, FDP, stellt die nächste Frage.
Lieber Petr Bystron, du weißt, dass ich aus Chemnitz bin. Ich muss ganz ehrlich sagen: Maßgeblich verantwortlich dafür, dass wir eine Verunsicherung bei ausländischen Studierenden in Sachsen haben, war Pegida, mit der Ihre Partei sympathisiert. In Chemnitz war es ganz massiv Ihre Partei, die auf den Straßen dafür gesorgt hat. Dass wir diese Verunsicherung bei ausländischen Studierenden haben – das möchte ich betonen –, ist nicht verursacht durch die andere Seite.
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Jetzt meine Frage: Ein Hauptziel der AKBP, sehr geehrter Herr Bundesminister, ist die Vermarktung Deutschlands als moderner und attraktiver Standort für Bildung, Wissenschaft, Forschung und berufliche Entwicklung. Insbesondere dem akademischen Austausch kommt eine ganz besondere Bedeutung zu. Welche Auswirkungen hat Ihrer Ansicht nach die gestrige Ablehnung des Brexit-Abkommens durch das britische Unterhaus auf die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere auf den Deutschen Akademischen Austauschdienst und auf die Stipendiaten der Alexander von Humboldt-Stiftung? Welche Pläne haben Sie für die Mittlerorganisationen der AKBP im Falle eines sogenannten hard Brexit?
Herr Abgeordneter, was die Möglichkeiten oder Einschränkungen angeht, hängt es, wie Sie richtig betont haben, nicht unwesentlich davon ab, ob es zu einem harten oder einem geregelten Brexit kommt. Bei dem sogenannten geregelten Brexit haben wir die Möglichkeit, in der Übergangsphase, die dort festgelegt ist, Stück für Stück zu überprüfen, wo die Arbeit – etwa des Akademischen Austauschdienstes – verändert bzw. angepasst werden muss.
Dennoch will ich ganz grundsätzlich sagen: Neben formalen Schwierigkeiten, die ein ungeregelter Brexit mit sich bringt – auf diesen haben wir uns aber zum Teil schon vorbereitet, insbesondere was die Aufenthaltsbestimmungen und was Passvorschriften angeht, also Dinge, die wir im Bundeskabinett schon auf den Weg gebracht haben –, bin ich fest davon überzeugt, dass der akademische Austausch zwischen Deutschland und Großbritannien – dazu zählen zum Beispiel die Stipendien – in keiner Weise Schaden nehmen wird. Ganz im Gegenteil: Möglicherweise ist der Brexit sogar ein Grund dafür, zu überlegen, in Zukunft dort einen ganz besonderen Schwerpunkt zu setzen.
Danke sehr. – Die nächste Frage stellt die Kollegin Ulla Schmidt, SPD.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Darstellung. – Sie haben in Ihrem Bericht zu Recht auf den immer härter werdenden Wettbewerb der Narrative hingewiesen. Denn wir stellen derzeit weltweit nicht nur einen Rückgang der Zahl freiheitlicher Demokratien unter Zunahme von Populismus und Nationalismus fest, sondern sehen gleichzeitig, wie der Kampf um die Grundwerte der Gesellschaften auch von Drittstaaten als ein Bestandteil der Außenpolitik geführt wird. Ich will hier nur einmal an den Wettbewerb mit autoritären Staaten wie China erinnern, wenn es um die Frage geht: Was sind die Grundwerte auch als Alternative zu unseren individuellen Menschenrechten als Grundlage unserer Arbeit?
Meine Frage an Sie ist: Sehen Sie eigentlich Deutschland hinreichend dafür ausgerüstet und darauf vorbereitet, dass wir in diesem härter werdenden Kampf der Narrative auch mit unseren Mittlerorganisationen mithalten können, oder sehen Sie Änderungsbedarf, den wir als Parlament unterstützen könnten?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich stimme voll und ganz zu: Diese Auseinandersetzung wird härter. Auf der einen Seite stellen wir fest, dass ein Land wie China, welches in Deutschland kulturell aktiv ist, die Anzahl seiner Konfuzius-Institute ausbaut. Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Stiftungen in China nicht einfacher wird, sondern ganz wesentlichen Einschränkungen unterliegt. Deshalb ist das für uns ein Grund, auf der politischen Ebene darauf hinzuwirken, dass es keine Einbahnstraße ist, dass wir sozusagen Möglichkeiten in unserem Land eröffnen, die uns in anderen Ländern verwehrt werden. Deshalb – das will ich an das Parlament sagen – sind wir für jeden Euro dankbar, den wir für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur Verfügung haben.
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Was die Anforderungen, die es gibt, angeht: Wir sind gut ausgestattet. Ich bin dem Parlament außerordentlich dankbar, dass uns im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen vom Haushaltsausschuss noch einmal sehr unter die Arme gegriffen worden ist. Aber die Anforderungen und die Herausforderungen werden größer, und wir werden in Zukunft nicht weniger, sondern eher mehr Mittel bekommen müssen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.
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Diether Dehm, Die Linke, stellt die nächste Frage.
Sie haben auf die Verfolgung von Kulturschaffenden hingewiesen und auch erwähnt, dass wir in diesem Unterausschuss in dieser Frage in einem einzigartigen humanistischen Konsens operieren, der so in anderen Ausschüssen wünschenswert wäre. Deswegen meine Frage zu einem Inhaftierten in den USA: Es handelt sich um den Schriftsteller Mumia Abu-Jamal, der seit 37 Jahren für einen angeblichen Polizistenmord im Gefängnis sitzt. Viele Zeugen haben schon ausgesagt, dass er diesen unmöglich begangen haben kann. Er selbst hat die Tat auch immer bestritten. Nun hat der Oberste Richter Leon Tucker endlich einem Berufungsverfahren zugestimmt.
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Jetzt wird aber ein ziemlicher Druck auf den Bezirksanwalt Larry Krasner in Philadelphia ausgeübt mit dem Ziel, dass er dieses Berufungsverfahren stoppt und blockiert. Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie als Person, aber auch als Minister dieser Bundesregierung motivieren und helfen, dass dieses Berufungsverfahren auf den Weg kommt und Larry Krasner nicht Einspruch gegen das Berufungsverfahren einlegt? Nähere Informationen – das will ich noch sagen –: in „Neues Deutschland“, „junge Welt“, Weltnetz.TV.
Danke. – Herr Kollege Dehm, auch für Sie gilt die rote Ampel. – Herr Minister Maas.
Herr Abgeordneter, ich kann das im Detail nicht beantworten, weil es sich um einen Einzelfall handelt, bei dem mir jetzt auch spontan die Informationen fehlen, um ihn zu beurteilen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich – auch aus meiner Erfahrung aus der Zeit als Justizminister – mit motivierender Einflussnahme auf Organe des Rechtsstaates relativ zurückhaltend bin.
Es ist generell so, dass deutsche Staatsbürger, die in Drittländern angeklagt sind, natürlich auch konsularisch betreut werden. Zu dem Einzelfall kann ich keine konkreten Ausführungen machen, weil mir dafür im Moment die Hintergrundinformationen fehlen. Allerdings kann ich Ihnen ganz generell sagen, dass wir uns gegebenenfalls insbesondere mit den politisch Verantwortlichen und den staatlichen Stellen unserer Partnerländer oder der Drittstaaten auseinandersetzen, in denen ein deutscher Staatsbürger im Gefängnis sitzt.
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Aber eine Einflussnahme auf Organe der Rechtspflege überschreitet die Grenzen, die wir uns da selber setzen.
Claudia Roth, Bündnis 90/Die Grünen, stellt die nächste Frage.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Herr Außenminister, ich möchte noch mal auf das, was Elisabeth Motschmann gefragt hat, eingehen, auf die Shrinking Spaces.
Wir haben, glaube ich, eine ganz dramatische Bedrohung durch die Ankündigungen von Bolsonaro in Brasilien. Es gibt jetzt schon massiven Druck evangelikaler Kreise beispielsweise auf das Goethe-Institut. Es gibt eine Art schwarze Liste von Künstlerinnen und Künstlern. Wie wird sich das konkret in anderen Bereichen der deutsch-brasilianischen Politik oder Zusammenarbeit auswirken? Werden Sie zum Beispiel an dem gemeinsamen Eintreten für einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat festhalten? Welche Auswirkungen auf andere Bereiche der Außenpolitik und auf andere Bereiche hat der Shrinking Space, hat die zunehmende Repression in der Türkei? Ich bin nicht dafür, die Türen zuzumachen, überhaupt nicht. Aber welche Auswirkungen hat es auf deutsche Politik, wenn sozusagen die gesamte Pressefreiheit und die Freiheit der Künstlerinnen und Künstler gefährdet sind und einer unserer privilegierten Partner, Osman Kavala, seit über einem Jahr ohne Anklage im Gefängnis sitzt? Glauben Sie, dass es richtig ist, eine Türkei und einen Herrn Erdogan weiter mit Rüstungsexporten zu adeln?
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Frau Abgeordnete Roth, Ihre Beschreibung der Entwicklung ist richtig, und die Konsequenz, die wir daraus ziehen, ist, dass wir unsere Initiativen für verfolgte Künstlerinnen und Künstler, Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensivieren, also Initiativen wie die Martin Roth- oder die Philipp Schwartz-Initiative, die bedauerlicherweise auf großen Bedarf stoßen, auch in den Ländern, die Sie beschrieben haben.
Wir sind über einige Ankündigungen, die es zum Beispiel in Brasilien gegeben hat, durchaus besorgt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass das Auswärtige Amt für dieses Jahr eine Lateinamerika-Initiative plant, bei der es nicht nur um politische und wirtschaftliche Themen, sondern insbesondere auch um Themen der kulturellen Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit der Zivilgesellschaften geht. Ich werde in den nächsten Tagen erstmals mit meinem neuen brasilianischen Kollegen telefonieren und auch dort dieses Thema ansprechen.
Sie haben etwas zur Türkei gesagt. Wenn Verantwortliche aus der Bundesregierung – auch ich – dieses Land besuchen, sind Gespräche mit Vertretern der Zivilgesellschaft, mit Journalistinnen, Journalisten und Künstlern immer ein Teil der Tagesordnung. Auf diese Art und Weise versuchen wir, zu dokumentieren, dass wir eben nicht nur mit den Machthabern reden, sondern auch mit all denjenigen, die möglicherweise abweichende Meinungen in der Zivilgesellschaft vertreten.
Vielen Dank. – Norbert Kleinwächter, AfD, stellt die nächste Frage.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, zunächst eine Anmerkung: Wir debattieren gerade über einen Bericht, der der Öffentlichkeit noch gar nicht zugänglich ist. Zumindest ist er online noch nicht über die reguläre Suche auffindbar. Ich bitte Sie, das entsprechend anzupassen; denn die Bürger sollten schon mitbekommen, was wir hier besprechen.
Mir geht es inhaltlich um das Thema „deutsche Hochschulen im Ausland“ – sie sind ein wesentliches Mittel Auswärtiger Bildungs- und Kulturpolitik –, und ich habe da ein paar Fragen zu den Fortschritten, namentlich zu den Fortschritten bei der Gründung der deutschen Hochschule in Tunesien. Es geht mir auch um die Frage der Auslastung der deutschen Hochschule in der Türkei.
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Haben wir dort irgendwelche Repressalien bemerkt, oder gibt es dort irgendwelche politischen Veränderungen, die auf die deutsche Hochschule in der Türkei einwirken?
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Zudem geht es mir um die deutsch-russische Hochschule in Kasan. Haben Sie da Neuigkeiten bezüglich der Auslastung und des politischen Verhältnisses zu Russland, das dort potenziell Auswirkungen haben könnte?
Ich danke Ihnen recht herzlich.
Herr Minister.
Herr Abgeordneter, sehen Sie mir nach, dass ich Ihnen heute keine konkreten Zahlen über die Auslastung einzelner Einrichtungen nennen kann. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen das schriftlich nachzuliefern.
Natürlich gibt es insbesondere im Schulbereich die Situation, dass wir, wie ich eben erwähnt habe, 70 neue Partnerschulen weltweit eröffnet haben. Insofern steigen unabhängig von der jeweiligen Auslastung die Zahlen von jungen Menschen, die diese Schulen besuchen. Was die Universitätseinrichtungen angeht, haben wir eine ähnliche Entwicklung. Auch in der Türkei versuchen wir, die Zahlen nicht rückläufig werden zu lassen, sondern sie weiter auszubauen.
Insofern bin ich angesichts all der Zahlen, die ich Ihnen nun einmal nur generell nennen kann, sehr positiv gestimmt, was die Frage angeht, ob es uns gelingt, im Ausland Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten in deutsche Schulen, in Partnerschulen, in Universitätseinrichtungen oder in entsprechende Universitäten, die über den Deutschen Akademischen Austauschdienst besonders enge Verbindungen mit deutschen Universitäten haben, zu bringen. Denn damit werden natürlich die Möglichkeiten erhöht, Menschen, vor allen Dingen junge Menschen, miteinander in Kontakt zu bringen.
Konkrete Zahlen würde ich Ihnen gerne nachliefern.
Michaela Noll, CDU/CSU, stellt die nächste Frage.
Sehr geehrter Herr Minister, wir haben ja nächste Woche, so sage ich jetzt einmal, einen sehr angenehmen Termin: Die deutsch-französische Freundschaft wird in Aachen fortgeschrieben. – Es ist in einer sehr unruhigen außenpolitischen Situation ein positives Signal, dass wir diese Freundschaft wirklich pflegen und dokumentieren.
Ein Teilbereich davon wird die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik betreffen. Sie haben eben den Zugang angesprochen. Wird sich daran etwas ändern? Sind die Kulturinstitute darauf eingerichtet, auch in der Digitalisierung voranzuschreiten? Denn diese Möglichkeiten sucht gerade die Jugend, um Zugang zu bekommen. Gibt es da bestimmte Pläne? Es wäre schön, wenn Sie dies kurz darstellen könnten, damit wir ungefähr wissen, wie wir das in den Kulturinstituten, beispielsweise den Goethe-Instituten, begleiten können, damit es relativ schnell auf den Weg kommt. – Danke schön.
Frau Abgeordnete, wir haben bei den Verhandlungen über die Fortführung des Élysée-Vertrages, der dann der Vertrag von Aachen sein wird, natürlich auch über das Thema „kulturelle Zusammenarbeit“ gesprochen. Es gibt eine Projektliste, die dem Vertrag beiliegt. Im Rahmen dieser Projekte sind unter anderem zehn deutsch-französische Kulturinstitute vorgesehen, die wir gemeinsam auf den Weg bringen wollen und für die wir ein gemeinsames Programm auflegen wollen. Dabei soll es nicht nur bilateral um die deutsch-französische Kulturpflege gehen, die mit unterschiedlichen Themen besetzt werden soll, sondern einer der Schwerpunkte wird sein, eine europäische Kulturpolitik auf den Weg zu bringen und insbesondere über diese deutsch-französischen Institute, die wir in die Welt setzen wollen, dafür zu sorgen, dass auch andere Partner aus Europa sich eingeladen fühlen, sich dem anzuschließen.
Jedoch sehen wir hier – wie an vielen anderen Stellen auch – die deutsch-französische Partnerschaft als einen Nukleus, internationale – in diesem Falle kulturelle – Zusammenarbeit weiter auszubauen. Wir beginnen jetzt erst einmal mit zehn gemeinsamen Instituten, die wir dafür auf den Weg bringen wollen.
Alexander Graf Lambsdorff, FDP, stellt die nächste Frage.
Herr Minister, ich will Ihnen in dem, was Sie gesagt haben, erst einmal zustimmen. Auch aus Sicht meiner Fraktion ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik eine überparteiliche Angelegenheit, die große Unterstützung bei allen Fraktionen dieses Hauses findet. Wir halten das für gut und unterstützen es auch.
Zum Ersten ist es schon allein aus dem Bildungsgedanken heraus schön, wenn Menschen mit deutscher Kultur in Berührung kommen.
Zum Zweiten bilden kulturpolitische Maßnahmen manchmal ein ideales Instrument, um Gespräche zu führen, wenn die politische Lage so schwierig ist, dass das vielleicht offiziell nicht möglich ist.
Zum Dritten wissen wir: Märkte folgen Menschen. Menschen, die früh mit Deutschland in Berührung gekommen sind, investieren dann, wenn sie sich in Europa betätigen wollen, eben in Deutschland.
Das Goethe-Institut, den Deutschen Akademischen Austauschdienst und die Auslandsschulen haben Sie genannt. Die Mittel sind aufgewachsen; das ist richtig. Eine Gruppe von Instituten in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ist allerdings davon ausgenommen. Das sind die Deutschen Historischen Institute; das ist die Max Weber Stiftung. Ich würde mir sehr wünschen, dass man da etwas tun würde. Dort sind die Mittel eingefroren worden. Gerade beim DHI in Moskau wäre es zum Beispiel richtig, wenn das Institut mehr machen könnte und nicht weniger; denn ein Einfrieren bedeutet reales Abschmelzen der Mittel. Beim Orient-Institut Istanbul ist es genauso; dort herrscht ja eine schwierige politische Lage.
Es wäre schön, wenn die Max Weber Stiftung von der Bundesregierung und auch von diesem Bundestag finanziell so unterstützt werden könnte, wie das beim Rest der AKBP der Fall ist.
Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Abgeordneter, Sie sprechen mir im Grunde genommen aus dem Herzen. Ich habe eben darauf hingewiesen und mich dafür bedankt, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik im Zuge der Haushaltsberatungen durch das Parlament noch einmal besser ausgestattet worden ist. Aber tatsächlich ist es so: Wir können nicht alles machen, was wir gerne tun würden. Insofern wird uns das Thema auch in Zukunft beschäftigen. Die historischen Institute gehören dazu.
Sie haben das Beispiel Russland angesprochen. Auch wenn wir die Mittel nicht ausweiten konnten, sondern sie teilweise eingefroren worden sind, haben wir zum Beispiel gemeinsam mit Russland das Themenjahr „Hochschulkooperation und Wissenschaft“ verabredet, das im letzten Jahr unter der Schirmherrschaft von Außenminister Lawrow und mir auf den Weg gebracht worden ist. Ich gehe davon aus, dass die Kooperationen im Zuge eines solches Themenjahres geeignet sind, um im Laufe dieses Jahres gemeinsame Initiativen, die übrigens nicht nur von meinem Haus, sondern auch von der Kollegin, die für Wissenschaft zuständig ist, vorgeschlagen wurden, auf den Weg gebracht werden.
Wenn es uns gelingt, in den nächsten Haushaltsberatungen im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik den einen oder anderen Akzent zu setzen, bin ich gerne bereit, beim Thema „Max Weber Stiftung“ und bei den historischen Instituten einen Schwerpunkt zu setzen.
Vielen Dank.
Das ist sicherlich eine wichtige Aufgabe, die dort bearbeitet wird.
Vielen Dank. – Herr Bundesminister Maas, Sie müssen nicht jedes Mal in den Bereich der roten Ampel kommen. Eigentlich ist das eine Grenze und keine Mindestanforderung. – Martin Rabanus, SPD, stellt die nächste Frage.
Herr Minister, herzlichen Dank für den Bericht. Durch den Bericht und auch durch den Austausch, den wir in den letzten Minuten hier hatten, ist klar geworden, dass Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik keine Schönwetterveranstaltung ist, sondern vor allen Dingen dann wichtig ist, wenn die Situation unbequemer ist. Deswegen will ich die Gelegenheit nutzen – im grünen Bereich, Herr Präsident –, den Mittlerorganisationen und all denjenigen, die vor Ort tätig sind, ein herzliches Dankeschön auszusprechen. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie das machen.
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Vor diesem Hintergrund ist 2014 mit ausdrücklicher Unterstützung und auch auf Wunsch des Deutschen Bundestages ein Programm beschlossen worden, das sich mit der Östlichen Partnerschaft auseinandersetzt, und zwar das Programm „Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland“; so heißt das. Mich würde interessieren, Herr Minister, wie Sie das bewerten und wie es damit weitergeht.
Vielen Dank und Entschuldigung, Herr Präsident, dass ich meine Redezeit permanent überschreite. Ich bin einfach irritiert, weil Sie gesagt haben, ich soll reden, sobald das Licht am Mikrofon dauerhaft Rot ist.
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– Nein, dauernd reden nicht, nur, wenn es dauerhaft Rot ist.
Herr Abgeordneter, es stimmt: Das ist für uns ein außerordentlich wichtiges Thema. Wir haben 2018 bereits 17 Millionen Euro zur Verfügung gehabt. Wir unterstützen insbesondere Projekte – um nur einige Länder zu nennen – in der Ukraine, in Moldau, in Kirgisien, in Armenien, in Aserbaidschan und auch in Russland und wollen dadurch die Zusammenarbeit der Zivilgesellschaften fördern. Ich glaube, dass es außerordentlich wichtig ist, sich mit diesen Ländern auseinanderzusetzen. Es gibt einen sehr hohen Bedarf. Es gibt vielfältige Initiativen, an die wir anknüpfen können. Deshalb halte ich dies, insbesondere um die Östliche Partnerschaft auch im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik fortzuführen, für eine gute Schwerpunktsetzung.
Brigitte Freihold, Die Linke, stellt die nächste Frage.
Sehr geehrter Herr Minister, die Bundesregierung hat weder zum Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto noch zum Jahrestag der Aufstände in den deutschen Vernichtungslagern Sobibor und Treblinka ein eigenständiges Gedenken durchgeführt. Trotz der elementaren Bedeutung für die Geschichte der Juden und für die Geschichte des Holocaust ist die sogenannte Aktion Reinhardt, der Kern des Holocaust, hierzulande praktisch unbekannt. Die Bundesregierung kann keinen ganzheitlichen bildungs- und erinnerungspolitischen Ansatz vorweisen, der Forschung, Gedenken und historische Vermittlung vereinen würde. Vor diesem Hintergrund frage ich die Bundesregierung: Warum unterstützt die Bundesregierung keine ganzheitlichen Bildungsmaßnahmen zur Aktion Reinhardt, die über die jüngst erfolgte Anweisung von Haushaltmitteln für die Gedenkstätte Sobibor, die im Übrigen schon seit vier Jahren eingestellt sind, hinausgehen, um Forschung, Gedenken und historische Vermittlung in der politischen Bildung zu vereinen?
Danke sehr.
Frau Abgeordnete, da Sie Sobibor angesprochen haben, möchte ich Ihnen berichten, dass am 19. Dezember des vergangenen Jahres der Direktor des Museums Auschwitz-Birkenau und der deutsche Botschafter in Warschau den Vertrag über die Förderung der Gedenkstätte unterzeichnet haben. Das hat mit Baumaßnahmen zu tun. Das ist aber schon mal eine Grundlage. Letztlich wird sich die Frage stellen, welche Initiativen dort Platz finden, welche Möglichkeiten man nutzt. Sicherlich werden diejenigen, die dort ja sehr eigenständig und frei agieren, sich auch inhaltlich mit den Themen auseinandersetzen und Schwerpunkte wählen, die sich aus der Arbeit dort ergeben.
Ich will nur noch einmal sagen: Wir bilden mit den 1 Million Euro für die Bauarbeiten, die bereits begonnen haben und in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen, eine, wie ich finde, gute Grundlage, um ein Umfeld zu schaffen, in dem unterschiedliche Initiativen tätig werden und sich entsprechend ihrer jeweiligen Schwerpunkte thematisch mit der Vergangenheit auseinandersetzen können.
Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen, ist der nächste Fragesteller.
Vielen Dank. – Herr Minister, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist ja auch ein ganz wichtiger Motor für die Internationalisierung von Wissenschaft, für Brain Circulation, für den Austausch von Talenten und auch Garant für Wissenschaftsfreiheit. Mehrere Anfragen von mir im letzten Jahr haben enthüllt, wie lang die Visavergabezeiten in deutschen Auslandsvertretungen sind. Studierende und auch Spitzenforscher brauchen teils mehrere Monate, teils über ein Jahr, allein um einen Termin zur Antragsabgabe zu bekommen. Das heißt, bei mindestens 20 deutschen Botschaften dauert es Ewigkeiten, bis internationale Talente aus diesen Ländern nach Deutschland kommen können. Ich möchte Sie konkret fragen, was Sie seitdem veranlasst haben, um die Visavergabe für internationale Talente zu beschleunigen. Es ist ja eine ganz wichtige Basis, insbesondere in Zeiten, in denen wir über ein Einwanderungsgesetz diskutieren, dass Sie die Auslandsvertretungen in die Lage versetzen, schneller zu werden. Es ist ja völlig grotesk, dass Stipendien verfallen und Forschungskooperationen platzen, weil die Visavergabe zu langsam erfolgt. Was ist veranlasst worden?
Herr Abgeordneter, ich bin vor allen Dingen dem Deutschen Bundestag dankbar, dass er etwas veranlasst hat. In den letzten Haushaltsberatungen ist uns nämlich mehr Geld und mehr Personal zur Verfügung gestellt worden, um auf die Defizite, die Sie angesprochen haben, einzugehen. Es ist tatsächlich so, dass es Botschaften bzw. Visastellen gibt, in denen wir außerordentlich lange Wartezeiten haben, sogar schon für einen Termin; und das ist keine befriedigende Situation.
Wir werden im Übrigen infolge des Fachkräftezuwanderungsgesetzes möglicherweise noch einen weiteren Bedarf bekommen. Deshalb werden wir das Personal, für das der Bundestag die Mittel zur Verfügung gestellt hat, speziell an den Visastellen einsetzen, an denen wir ganz besonders lange Warte- oder Bearbeitungszeiten haben. Wir sind dabei, den Prozess der Visavergabe zu digitalisieren, also die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. Wir sind auch dabei – dafür gibt es ein Pilotprojekt –, vorbereitende Maßnahmen an andere Stellen, zum Beispiel eine vor Ort befindliche Außenwirtschaftskammer oder Außenhandelskammer, also an Dritte, zu vergeben, um sozusagen Input von außen zu bekommen und damit unsere eigenen Verfahren zu verkürzen. Wir sind da auf einem guten Weg. Es wird aber nicht von heute auf morgen möglich sein, die Zeiten zu verringern; aber es wird in der nächsten Zeit an vielen Stellen deutlich besser werden.
Frank Müller-Rosentritt, FDP, stellt die nächste Frage.
Da wir auch Serviceoppositionsfraktion sind, wollte ich Ihnen einen Haushaltstitel nennen, an dem man vielleicht etwas machen kann, um das, was Graf Lambsdorff ansprach, zu realisieren. Welche Pläne verfolgte die Bundesregierung mit den Wirtschaftspartnerschaften in Transformationsländern Nordafrikas und des Nahen Ostens, und inwieweit hält die Bundesregierung diesen Haushaltstitel angesichts der Entwicklung in diesen Partnerländern überhaupt für sinnvoll und zielgerichtet? In vielen dieser Länder transformiert sich ja nicht mehr so viel in Richtung Demokratie. Vielleicht könnte man mit diesen Mitteln die Stiftungsarbeit in Russland deutlich intensivieren oder die Mittel für andere Themen zur Verfügung stellen. Wie stehen Sie dazu?
Ich kann Ihnen keine einzelnen Projekte nennen, die möglicherweise auslaufen oder von denen Mittel umgeschichtet werden können. Dennoch halten wir das auch für eine wichtige Aufgabe. Die Staaten, die Sie genannt haben, sind in der Vergangenheit ganz wesentlich in den Genuss dieser Mittel gekommen, und die Projekte, die wir dort hatten, sind eigentlich sehr erfolgreich gewesen: Sie sind erfolgreich gewesen im Hinblick auf die Zivilgesellschaft, aber auch oftmals im Hinblick auf die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen. Ich finde, das ist eine gute Gelegenheit, bei Ländern, die sich in solchen Prozessen befinden, zu versuchen, die dort vorhandene Dynamik aufzunehmen, sie nicht nur wirtschaftlich zu begleiten und zu fördern, sondern sie auch zu nutzen, um den zivilgesellschaftlichen Austausch, den kulturellen Austausch zu fördern. Wir müssen uns aber natürlich auch – das gerät in dem ein oder anderen Land bedauerlicherweise etwas aus dem Blick – fragen: Welche Werte leiten uns? Welche Werte sind für uns wichtig im Umgang mit denjenigen, mit denen wir gemeinsame Projekte auf den Weg bringen?
Danke sehr. – Dr. Barbara Hendricks, SPD, stellt die nächste Frage.
Herr Minister, wie beurteilt das Auswärtige Amt fünf Jahre nach Inkrafttreten das Auslandsschulgesetz? Sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten oder ‑notwendigkeiten? Und wie sehen Sie die Vermittlung von deutscher Sprachkompetenz? Wie kann diese noch verstärkt werden, nicht zuletzt auch im Hinblick auf das Fachkräftezuwanderungsgesetz?
Frau Abgeordnete, ich glaube, dass es tatsächlich Herausforderungen gibt, die auf uns zukommen werden, und dass es richtig ist, jetzt, wo wir die gesetzlichen Bestimmungen zur Fachkräftezuwanderung auf den Weg bringen, auch die gesetzlichen Grundlagen für unsere Auslandsschulen noch einmal zu überprüfen.
Wir glauben, dass es in dem ein oder anderen Land durchaus Möglichkeiten gibt, sich in einem Bereich noch stärker zu engagieren: Das ist der Bereich der Berufsschulen. Wir haben in Spanien ein Projekt, bei dem eine Berufsschule in Zusammenarbeit mit den spanischen Stellen auf den Weg gebracht wird. Diese Berufsschule wird getragen von deutschen Unternehmen, die dort ausbilden und den Schülerinnen und Schülern auch Praktika in Deutschland vermitteln. Ein Thema, das ich für besonders lohnenswert hielte, wäre, dass wir im Bereich der Auslandsschulen – auch wenn das nicht überall möglich sein wird – der hohen Nachfrage nach unserer beruflichen Bildung, der dualen Ausbildung, nachkommen. Ich glaube, im Zusammenhang mit dem Fachkräftezuwanderungsgesetz wäre das ein Punkt, mit dem man sich in der Zukunft deutlich intensiver auseinandersetzen könnte und dafür auch ausreichende gesetzliche Grundlagen schaffen sollte.
Stefan Liebich, Die Linke, stellt die nächste Frage.
Herr Maas, im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik werden ja auch Organisationen der Zivilgesellschaft gefördert. Nun hat uns in den letzten Tagen eine schreckliche Information von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Russland erreicht, nämlich dass in der russischen Teilrepublik Tschetschenien die Verfolgung, Folterung und sogar Tötung von Schwulen wieder zugenommen hat. Das Regime von Ramzan Kadyrow hat dort das fortgesetzt, was vor einem Jahr schon mal stattfand.
Wir sind uns sicher alle einig, dass Männer nicht verfolgt werden dürfen, nur weil sie Männer lieben. Mich würde interessieren: Haben Sie Kenntnis von den Vorgängen in Tschetschenien? Und was kann das Auswärtige Amt tun – in Gesprächen mit der russischen Regierung –, um diesen Menschen zu helfen?
Herr Abgeordneter, natürlich haben wir davon – das ist ja auch in den deutschen Medien berichtet worden – Kenntnis. Es sind, wenn die Berichte zutreffen, völlig inakzeptable Geschehnisse. Wir werden uns auf all den Kanälen, auf denen es uns möglich ist, politisch immer dagegen verwenden – das ist auch in der Vergangenheit so gewesen –, und wir werden die bilateralen Kontakte, die wir haben, auch nutzen. Wir tun dies nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber anderen Staaten. Das Thema „Verfolgung von bzw. der Umgang mit Minderheiten“ hat sich bedauerlicherweise an vielen Stellen der Welt dramatisiert. Deshalb ist es ja so wichtig, die unterschiedlichen Möglichkeiten der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu nutzen, um darauf einzuwirken, dass kulturellen Entwicklungen, die es dort gibt, schon sehr früh präventiv begegnet wird; das hat etwas mit Verständnis und Toleranz zu tun. Bei allen unseren Bildungsprojekten haben wir immer diesen präventiven Ansatz, dass der Schutz von und der Umgang mit Minderheiten ein besonderes Thema ist.
Aber auch dort, wo wir unmittelbar politisch in der Verantwortung sind, in bilateralen Kontakten oder auch in internationalen Organisationen, verwenden wir uns immer dafür, dass die Menschenrechte – denn um die geht es – auch eingehalten werden.
Erhard Grundl stellt die letzte Frage zum einleitenden Bericht.
Herr Minister, Sie haben vorhin die zehn deutsch-französischen Institute im Zuge der Fortführung des Élysée-Vertrages, die im Koalitionsvertrag beschrieben ist, erwähnt, und von mehreren Fragestellerinnen und Fragestellerin ist die verbindende Kraft der Kulturpolitik betont worden. Jetzt noch mal mit Blick auf den Brexit – wie auch immer er bevorsteht –: Welche Pläne hat das Auswärtige Amt in Bezug auf Großbritannien und insbesondere darauf, wie man die Briten bei solchen gemeinsamen Instituten einbinden könnte, und was will man sonst noch für die Auswärtige Kulturpolitik in Bezug auf Großbritannien in Angriff nehmen?
Herr Abgeordneter, zunächst einmal geben wir die Hoffnung nicht auf, dass es zu einem geregelten Brexit kommt und wir in der Übergangsphase ausreichend Zeit haben, dafür zu sorgen, dass auch solche Fragen vernünftig geregelt werden können. Ich will außerdem noch einmal sagen: Es wird nicht so sein, dass Großbritannien – egal wie der Brexit stattfindet – ein Land wird, das uns in irgendeiner Weise wegbricht, wenn es um Austausch, um kulturelle Zusammenarbeit oder um Wissenschaftszusammenarbeit geht.
Im Übrigen gibt es innerhalb der Bundesregierung – je nach Ressortzuständigkeit – bereits vielfältige Planungen für die Zeit, wenn Großbritannien nicht mehr Mitglied der Europäischen Union ist. Es werden zum Beispiel strategische Dialoge vereinbart – das tun wir im Auswärtigen Amt –, und es werden Programme vereinbart, aus denen hervorgeht, wie die Zusammenarbeit aussehen wird, wenn Großbritannien nicht mehr Mitglied der Europäischen Union ist. Insofern ist das ein Punkt, um den ich mir im Gegensatz zu einigen anderen Punkten, die den Brexit betreffen, nur relativ wenig Sorgen mache. Aber auch das wird jetzt schon bearbeitet, um ein Reglement zu schaffen, damit uns in diesen Fragen ein Großbritannien auch außerhalb der Europäischen Union nicht wegbricht.
Danke sehr. – Jetzt kommen wir zu sonstigen Fragen. Die erste stellt der Kollege Stephan Brandner, AfD.
Das ging jetzt aber sehr schnell; warten Sie. – Das sind jetzt die allgemeinen Fragen, oder?
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In dieser allgemeinen Fragerunde habe ich eine Frage zu Helmut Schmidt und seinem 100. Geburtstag. – Herr Maas, anlässlich des 100. Geburtstages von Helmut Schmidt veröffentlichten Sie auf Ihrem offiziellen Twitter-Auftritt lobende Worte bezüglich der – ich zitiere – „wunderbaren Visionen“ unseres ehemaligen Bundeskanzlers. Dessen Auffassungen zu Visionen – wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen –
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sind ja bekannt. Sie haben die Visionen des Herrn Schmidt aufgegriffen.
Ich habe von Herrn Schmidt folgende Zitate gefunden: „Die multikulturelle Gesellschaft ist eine Illusion von Intellektuellen“, hat Herr Schmidt 2004 geäußert. „Wir müssen eine weitere Zuwanderung aus fremden Kulturen unterbinden“, hat Herr Schmidt 2005 geäußert, und: „Wer die Zahlen der Muslime in Deutschland erhöhen will, nimmt eine zunehmende Gefährdung unseres Inneren Friedens in Kauf“, soll Herr Schmidt 2008 geäußert haben. Ich stütze mich hierbei auf die Quellen „Süddeutsche Zeitung“ und „Focus“.
Meine Frage an die Bundesregierung ist nun: Teilt die Bundesregierung die lobenden Worte, die Herr Maas über die Visionen des Herrn Schmidt gefunden hat, und wie finden sich diese Visionen des Herrn Schmidt in der aktuellen Asyl- und Einwanderungspolitik wieder?
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Herr Minister.
Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen sagen: Die Bundesregierung teilt meine lobenden Worte über Helmut Schmidt. Ich gehe mal davon aus, dass die Zitate, die Sie geäußert haben – Sie stützen sich auf die „Süddeutsche Zeitung“ und andere Presseorgane –, so richtig sind. Wenn das von Helmut Schmidt so gesagt worden ist, dann ist das nicht der einzige Punkt, an dem ich mit Helmut Schmidt nicht einer Meinung gewesen bin.
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Die nächste Frage stellt die Kollegin Nicola Beer, FDP.
Herr Minister, Sie haben ja eben in der ersten Runde auch schon auf den Brexit rekurriert. Wir haben gestern erleben müssen, dass das, was befürchtet wurde, bedauerlicherweise eingetroffen ist. Das britische Parlament hat den Brexit-Vertrag mit der EU abgelehnt. Es hatte zuvor festgelegt, dass die Premierministerin – oder wer immer ihr nach einem eventuellen Misstrauensantrag folgen könnte – nun drei Tage Zeit hat, um einen weiteren Plan vorzulegen.
Sind Sie mit uns der Ansicht, dass hier die Europäische Union sehr zügig handeln muss, dass es einen EU-Sondergipfel innerhalb der nächsten 48 Stunden braucht, um rechtzeitig vor Ablauf der 72-Stunden-Frist in Großbritannien die Schritte auszuloten, die jetzt noch ergriffen werden können, um möglicherweise einen ungeordneten Brexit abzuwenden und sicherzustellen, dass möglichst schnell Gespräche über enge Beziehungen für die Zeit danach aufgenommen werden können?
Frau Abgeordnete, ich bin nicht der Auffassung, dass es unbedingt einen Sondergipfel der Europäischen Union geben muss, bevor diese Frist abläuft; denn Theresa May hat gestern im Nachgang zu der Entscheidung im Unterhaus gesagt, dass das Parlament jetzt selber einmal klären muss, was es will, und nicht nur darüber entscheiden kann, was es nicht will. Deshalb, finde ich, wäre der richtige Ablauf der, dass jetzt Gespräche im Unterhaus stattfinden. Die Premierministerin will sich mit Vertretern aller Parteien auseinandersetzen, wie der weitere Weg aussehen wird. Und in den nächsten drei Tagen wird es ja auch eine weitere Debatte im Unterhaus geben.
Von Großbritannien selbst muss jetzt einmal gesagt werden, wie der Weg ist, den man dort beschreiten will. Dann muss natürlich die Europäische Union, dann muss die Kommission und dann muss auch der Rat sehr, sehr zügig in der Lage sein, dazu eine Haltung zu entwickeln, wobei sich nichts an dem geändert hat, was im Vorfeld gesagt wurde, dass diese Beratungen nur auf der Basis dessen, was schon ausgehandelt wurde, stattfinden können. Aber ich gehe davon aus, dass sich sowohl die Kommission als auch der Rat, sobald die Briten entschieden haben, wie es weitergeht, sehr zügig damit auseinandersetzen, sowohl innerhalb der Union als auch mit der britischen Regierung.
Danke sehr. – Britta Haßelmann, Bündnis 90/Die Grünen, stellt die nächste Frage.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Außenminister Maas, können Sie mir mal erklären, warum Sie am 4. Januar dieses Jahres als Regierung festgelegt haben, dass der Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Deutschland am 22. Januar 2019 in Aachen ratifiziert werden soll, obwohl die Bundesregierung seit Herbst letzten Jahres weiß, dass zwischen beiden Parlamenten, der Nationalversammlung in Frankreich und dem deutschen Parlament, zwischen beiden Parlamentspräsidenten, zwischen den Protokollen der Länder längst geplant war, dass der 22. Januar der Tag der Parlamente zum deutsch-französischen Parlamentsabkommen ist? Das ist doch ein massiver Affront gegen dieses Parlament. Sie brüskieren das Parlament damit in einer Art und Weise, die ich nicht für möglich gehalten habe.
Wir sind jetzt genauso wie die Nationalversammlung gezwungen gewesen, unseren Parlamentstag, den Präsenztag, abzusagen und unsere Planungen für ein Treffen der beiden Parlamente zu verschieben. Ehrlich gesagt, ich habe kein Verständnis dafür. Sie haben das ja erst am 4. Januar so entschieden. Warum also?
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Frau Abgeordnete, ich gebe die Frage gerne weiter ans Kanzleramt.
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Ich kann Ihnen aber auch noch einmal sagen, dass der Bundesregierung der Termin 22. Januar nicht erst am 4. Januar dieses Jahres auf den Tag gelegt wurde, sondern dies einer der möglichen Termine gewesen ist, über die auch schon im letzten Jahr gesprochen worden ist.
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Insofern: Ich bedauere es außerordentlich, dass es an diesem Tag nicht zu der Veranstaltung der beiden Parlamente kommt. Ich bin nicht der Auffassung, dass es sich dabei um einen Affront gegenüber den Parlamenten handelt.
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– Nein. Meine Auffassung ist, dass es kein Affront ist. Ich hätte mir auch gut vorstellen können, dass an einem Tag sowohl Regierung als auch die Parlamente sich mit diesem Thema in unterschiedlichen Sitzungen oder Veranstaltungen auseinandersetzen.
Danke sehr. – Die nächste Frage stellt der Kollege Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU.
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– Unsere Regeln sind so.
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Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich bin Vorsitzender der deutsch-taiwanesischen Parlamentariergruppe. Wir schauen schon seit Jahren besorgt auf die zunehmenden Spannungen im Südchinesischen Meer, egal ob das nun das Aufschütten von Inseln als ortsfeste Flugzeugträger durch Rotchina oder Ähnliches ist.
Wir haben jetzt voller Sorge die Neujahrsansprache von Xi Jinping zur Kenntnis genommen. Der Staatspräsident Chinas hat in seiner Neujahrsansprache zum Ausdruck gebracht, dass die Wiedervereinigung mit Taiwan so oder so kommen wird. Deshalb ist meine Frage: Wie wird die Bundesregierung auf die Drohung des chinesischen Staatspräsidenten Xi gegenüber Taiwan in dessen Neujahrsansprache reagieren, beide Länder notfalls mit militärischen Mitteln zu vereinigen?
Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, wird in dieser Frage die Position, die sie immer eingenommen hat, auch gegenüber den Verantwortlichen in China vertreten. Unabhängig von den Spannungen, die es im Südchinesischen Meer gibt, halten wir die Androhung von militärischen Mitteln für nicht akzeptabel; das werden wir an der entsprechenden Stelle auch deutlich sagen.
Darüber hinaus ist das ein schönes Beispiel für die Notwendigkeit, wie ich finde, dass wir nicht nur die Haltung der Bundesregierung, die bei dem Thema eine sehr deutliche gewesen ist, unterstreichen, sondern dass wir uns auch als Europäische Union in dieser Frage positionieren.
Im Übrigen ist es auch ein Beispiel dafür, warum wir der Auffassung sind, dass man im Außenrat der Europäischen Union mit Mehrheitsentscheidungen durchaus besser arbeiten kann. Schließlich ist in der Vergangenheit – durchaus durch nicht ungeschickte Einwirkung von der chinesischen Seite auf einzelne Mitgliedstaaten der Europäischen Union – zumindest eine eindeutige Beschlussfassung zu diesem Thema in ihrem Sinne verhindert worden. Insofern wäre es ein Fortschritt, wenn es uns gelingen würde, uns auch auf europäischer Ebene eindeutig in dieser Frage zu positionieren.
Dr. Rolf Mützenich, SPD, stellt die nächste Frage.
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– Nein, wir haben nach unseren Regeln in der Regierungsbefragung nicht die Möglichkeit von Nachfragen. Der Geschäftsordnungsausschuss arbeitet seit einigen Monaten an Vorschlägen zur Reform unserer Regeln. Aber die muss ich erst abwarten. – Herr Kollege Mützenich.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Außenminister, es vergeht kein Tag ohne Meldungen zu diesem Thema, das hohe Relevanz sowohl für Europa als auch für die Bundesrepublik Deutschland hat. Offensichtlich ziehen sich die Staaten aus dem Mittelstreckenvertrag zurück. Diese Frist läuft wohl ab. Heute hören wir wieder Ankündigungen vonseiten der russischen Regierung.
Ich möchte hier die Gelegenheit nicht nur nutzen, um auf die Bedeutung des Themas aufmerksam zu machen, sondern auch, um Sie zu fragen, wo Sie die deutsche Rolle sehen können, um diesen wichtigen Vertrag vielleicht doch noch zu retten oder in seinen elementaren Bestandteilen für die Zukunft sicher zu gestalten.
Herr Abgeordneter Mützenich, die deutsche Rolle ist nicht nur aktuell eine ganz wichtige in dieser Frage; vielmehr haben wir uns auch in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv um dieses Thema gekümmert.
Es ist im weitesten Sinne eine deutsche Initiative gewesen, die dazu geführt hat, dass die Vereinigten Staaten nicht schon auf dem Außenministertreffen der NATO im Dezember den INF-Vertrag gekündigt haben, sondern dass es noch einmal 60 Tage gegeben hat, in denen zwischen den USA und Russland Gespräche stattfinden konnten. Diese haben mittlerweile stattgefunden, allerdings mit keinen sehr befriedigenden Ergebnissen. Darum reden wir nicht nur darüber, dass wir dieses Thema für ein wichtiges halten, sondern darum werde ich am Freitag nach Moskau fliegen, um mit meinem Kollegen Lawrow darüber zu sprechen, auch im Nachgang zu den Gesprächen, die unmittelbar zwischen den beiden Staaten stattgefunden haben.
Unser Anliegen wird sein – und wenn wir dort moderieren können, dann werden wir das natürlich machen –, alles dafür zu tun, dass dieser Vertrag erhalten bleibt, und im Übrigen darauf hinzuweisen, dass wir der Auffassung sind, dass wir eigentlich noch darüber hinausgehende Verträge brauchen, sowohl was andere Staaten angeht, die in ein solches Reglement gehören, als auch wegen der Tatsache, dass es mittlerweile neue Waffensysteme gibt, beispielsweise autonome Waffen, Killer Robotics, über die es kein ausreichendes internationales Reglement gibt; das brauchen wir aber. Diesbezüglich würden wir gerne initiativ werden und auch unseren Sitz im Sicherheitsrat dafür nutzen.
Vielen Dank, Herr Minister. – Eine weitere Frage stellt Dr. Dirk Spaniel für die AfD.
Vielen Dank. – Meine Frage geht an den Staatssekretär Pronold vom Umweltministerium.
Die Deutsche Umwelthilfe drangsaliert die Bürger in unseren Städten und führt Sie, die Regierung, in unzähligen dieser Städte praktisch als zahnlosen Tiger vor. Die Stickoxide, um die es hier geht, sind hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Wirkung durchaus umstritten. Die Grenzwerte, die überschritten werden, sind aber kein Anzeichen dafür, dass sich die Situation verschlimmert hat. Die Schadstoffbelastung der Luft war nie geringer als heute. Gerade deutsche Politiker vorwiegend mit grüner Parteiorientierung haben daran gearbeitet, die Grenzwerte auf ein absurd niedriges Niveau zu senken.
Das Spiel über Bande haben die Grünen ebenfalls eingeführt. Sie brauchten eine Organisation, die abstruse Forderungen stellt, auf die eine Regierung dann nur noch reagieren muss. Das Umweltbundesamt, eine Behörde Ihres Ministeriums, hat der DUH den Status einer klageberechtigten Vereinigung zugesprochen und diese jahrelang mit Steuergeldern finanziert. Was genau plant diese Regierung, um diesen unsäglichen Zustand zu beenden? – Vielen Dank.
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Wer möchte antworten?
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Da Sie Herrn Staatssekretär Pronold direkt angesprochen haben, bin ich gerne bereit, ihm die Beantwortung dieser Frage zu überlassen.
Sehr geehrter Herr Kollege, die Klagen der Deutschen Umwelthilfe waren mehrfach Gegenstand der Debatten in diesem Haus, auch der Befragung der Bundeskanzlerin beim letzten Mal in der Fragestunde. Die Grenzwerte, um die es geht, sind abgeleitet von den Grenzwerten der Weltgesundheitsorganisation. Diese sind vor über zehn Jahren in nationales Recht überführt worden. Jetzt geht es um die Einhaltung dieser Werte.
Die Deutsche Umwelthilfe ist ein Verband, der klageberechtigt ist und dafür Sorge tragen kann, dass diese Grenzwerte vor Ort eingehalten werden. Wegen des Rechts der Deutschen Umwelthilfe, solche Klagen zu erheben, bestehen aus Sicht der Bundesregierung überhaupt keine Bedenken. Anderweitige Bedenken, die in der letzten Fragestunde betreffend das Verhalten der Deutschen Umwelthilfe insgesamt deutlich wurden, werden zum Gegenstand der Überprüfung der Gemeinnützigkeit gemacht.
Vielen Dank. – Für eine weitere Frage hat sich gemeldet der Kollege Alexander Graf Lambsdorff von der FDP.
Herr Minister, wir alle haben gestern die Abstimmung im Unterhaus und die Reaktionen darauf verfolgt. Es gibt im Moment eine relativ große Kakophonie der EU‑27. Präsident Macron sieht keinen Spielraum für weitere Verhandlungen. Xavier Bettel, der Premierminister von Luxemburg, sagt, der harte Brexit komme. Mark Rutte, der Premierminister der Niederlande, sagt, da sei durchaus noch ein bisschen Bewegung drin. Mir scheint es so, als ob wir damit rechnen müssten, dass das Vereinigte Königreich um eine Verschiebung bittet. Meine konkrete Frage an Sie lautet: Unter welchen Voraussetzungen ist die Bundesregierung bereit, einer Verschiebung des Austrittsdatums 29. März, 24 Uhr, zuzustimmen? Bis zu welchem maximalen Zeitpunkt wäre die Bundesregierung bereit, einer solchen Verschiebung zuzustimmen?
Herr Abgeordneter Lambsdorff, die Frage, bis wann eine solche Verlängerung möglich ist, hat auch etwas mit den Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai zu tun. Ich bin am Dienstag in Straßburg mit Vertretern des Parlaments zusammengetroffen. Dort gab es auch eine Diskussion über dieses Thema. Rein formal ist es wohl möglich, die Verlängerung bis zu dem Zeitpunkt zu befristen, an dem das neu gewählte Europäische Parlament erstmals zusammentritt. Zuerst stellt sich aber die Frage, ob Großbritannien einen entsprechenden Antrag stellt. Ich bin mir sicher: Wenn er gestellt wird, wird man darüber sehr verantwortungsvoll reden, auch innerhalb der Europäischen Union.
Wichtig ist für uns – das ist die Haltung der Bundesregierung –, dass wir wissen, was das Ziel der Verlängerung ist. Eine Verlängerung um der Verlängerung willen, ohne dass wir wissen, was das zum Ergebnis haben wird, wollen wir nicht. Wir wüssten schon gerne, was das Ziel der Verlängerung ist. Ist das Ziel der Verlängerung, über das Abkommen noch einmal zu reden und eine Mehrheit im englischen Parlament zu erreichen, oder ist das Ziel, möglicherweise ein zweites Referendum auf den Weg zu bringen? Das sind essenzielle Fragen, die vorher beantwortet werden müssen, damit wir wissen, was das Ziel der Verschiebung des Austrittsdatums ist. Wichtig ist also für uns: Sind die Ziele so, dass man nach Auffassung in der Europäischen Union einer Verschiebung zustimmen kann?
Vielen Dank. – Für eine weitere Frage hat sich die Kollegin Britta Haßelmann von Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Da der Außenminister mir vorhin geraten hat, das Bundeskanzleramt zu fragen, tue ich das jetzt hiermit. Nur deshalb habe ich mich ein zweites Mal gemeldet.
Also frage ich Herrn Hoppenstedt als Vertreter des Kanzleramts. Sie waren ja in allen Sitzungen des Ältestenrates vertreten, in denen die Planungen unseres Parlamentes und die Planungen des französischen Parlamentes zwischen Herrn Schäuble als unserem Bundestagspräsidenten und Herrn Ferrand für die Franzosen besprochen wurden. Es ist auch klar, dass wir für die 709 Abgeordneten einen Parlamentspräsenztag vorgesehen haben. Dann haben Sie am 4. Januar 2019 entschieden, dass Sie für den 22. Januar 2019 eine Regierungsratifizierung vorsehen.
Ich kann nicht akzeptieren, dass solche Planungsabläufe sozusagen gegen die Parlamentsplanungen getroffen werden. Sie haben uns noch im Dezember erklärt, dass Sie auf der Regierungsseite, also in den Beratungen zwischen den beiden Regierungen, noch nicht so weit sind. Von daher, Herr Maas: Ihre Ausführungen, der 22. Januar 2019 sei immer mal im Gespräch gewesen, stimmt, das heißt aber nichts; denn Sie haben noch im Dezember letzten Jahres der Deutsch-Französischen Arbeitsgruppe zum Élysée-Vertrag erklärt: Es wird noch eine Weile dauern.
Deshalb jetzt meine Frage ans Kanzleramt: Was veranlasst Sie, das Parlament so zu brüskieren, dass Sie sich jetzt einfach auf diese Parlamentsplanungen setzen, obwohl wir seit Herbst zwischen beiden Parlamenten dazu planen?
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Herr Staatsminister.
Frau Kollegin Haßelmann, lassen Sie mich vorab sagen, dass die Unterzeichnung des Élysée-Vertrages am 22. Januar 1963 durch den damaligen französischen Staatspräsidenten und den damaligen Bundeskanzler vorgenommen worden ist. Deswegen war für die Bundesregierung zu allen Zeiten klar, dass der 22. Januar ein symbolträchtiger Tag für die Regierungschefin dieser Republik wie auch für den französischen Staatspräsident ist, um Vertrag „Élysée 2.0“ oder, wie er jetzt heißt, „Vertrag von Aachen“ zu unterzeichnen.
Dieses ist auch in der Arbeitsgruppe des Deutschen Bundestages zum Élysée-Vertrag, bestehend aus neun Abgeordneten aller Fraktionen, als direktem Ansprechpartner mehrfach kommuniziert worden: durch das Auswärtige Amt im September letzten Jahres und nochmals durch das Bundeskanzleramt, in Person des Leiters der Abteilung 2, am 20. November des letzten Jahres.
Diese Kollision der Termine und auch die daraus resultierenden Probleme, die ich im Übrigen ausgesprochen bedaure, sind dadurch entstanden, dass weder die neun Abgeordneten noch die Arbeitsebene des Auswärtigen Amtes und des Bundeskanzleramtes diese als besonders problematisch empfunden haben. Deswegen sind Sie offensichtlich von Ihren Fraktionsmitgliedern nicht informiert worden –
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genauso wenig wie ich von der Arbeitsebene meines Hauses informiert worden bin –, weswegen es dazu kam, dass wir im Ältestenrat dieses Thema nicht so behandelt haben, wie es in der Sache sicherlich angemessen wäre.
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Insoweit wurde dieser Termin in einem Telefonat zwischen dem französischen Staatspräsidenten und der Bundeskanzlerin am 4. Januar 2019 finalisiert. Die Bundeskanzlerin hat Wert darauf gelegt, dass jedenfalls die Nachmittagsveranstaltung, die für 16 Uhr geplant war, hier ungestört und ohne die Sorge, dass die Regierungschefin nicht da ist, durchgeführt werden kann.
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Vielen Dank. – Zusatzfragen sind nicht statthaft. Deswegen kann ich Ihnen das Wort jetzt nicht geben, Frau Haßelmann.
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Ich möchte jetzt noch eine dritte Runde der Regierungsbefragung durchführen. Dazu liegen jetzt noch drei Fragen – jeweils eine von AfD, FDP und Grünen – vor, und danach möchte ich die Regierungsbefragung beenden und zur Fragestunde übergehen.
Die erste Frage in dieser Runde stellt Dr. Christian Wirth für die AfD.
Vielen Dank. – Herr Minister, die Bundesregierung hat sich den nach unserer Auffassung grün-ideologischen Kampf gegen den Dieselmotor zu eigen gemacht. Dies hat für erhebliche Opfer in der Autoindustrie und auch in der Arbeitnehmerschaft gesorgt. Beispielhaft für alle Bundesländer ist unsere gemeinsame saarländische Heimat: Bei uns hängen 20 000 Arbeitsplätze allein am Verbrennungsmotor. Bosch hat bereits angekündigt, in Homburg 400 Arbeitsplätze zu streichen, die zum Bereich Diesel gehören. ZF hat angekündigt, Stellen abzubauen. Insgesamt rechnet man damit, dass über 10 000 Arbeitsplätze dem Dieselverbot zum Opfer fallen.
Da wir Saarländer in der Bundesregierung mit Herrn Altmaier und Ihnen und vielleicht demnächst mit einer CDU-Bundeskanzlerin zahlenmäßig gut vertreten sind, frage ich: Was genau wollen Sie von der Bundesregierung tun, um diese soziale Katastrophe zu verhindern? Wird es Strukturhilfen geben? Wird es Ersatzarbeitsplätze geben? Werden wir im Saarland endlich mal eine Bundesbehörde bekommen? Oder welche Auswege sehen Sie? – Vielen Dank.
Zunächst einmal will ich darauf hinweisen, dass die Bundesregierung keinen Kampf gegen den Dieselmotor führt. Es gab in den letzten Monaten gerichtliche Entscheidungen, auf die die Entwicklungen kommunaler Art zurückzuführen sind. Letztlich wurden innerhalb der Automobilindustrie beim Thema Diesel eine Vielzahl von Fehlern gemacht, die mittlerweile auch strafrechtliche Relevanz bekommen haben. Insofern halte ich den Hinweis, dass die Bundesregierung einen Kampf gegen den Dieselmotor führt, für völlig fehl am Platze.
Es gibt innerhalb der Automobilindustrie in den kommenden Jahren eine Vielzahl von Umstrukturierungen, die nicht in erster Linie auf Dieselfahrverbote zurückzuführen sind. Ich glaube, das Thema Elektromobilität wird sicherlich viel verändern und Auswirkungen bis in die Automobilzulieferindustrie haben. Ich sehe aber nicht, dass hierbei Strukturhilfen erforderlich sind; denn es handelt sich um Wirtschaftsprozesse und strukturelle Veränderungen, die es in der Vergangenheit auch in anderen Wirtschaftszweigen gegeben hat.
Ich gehe davon aus, dass die deutsche Automobilindustrie und die Automobilzulieferindustrie in der Lage sind, sich darauf vernünftig einzustellen und dafür zu sorgen, dass so viele neue Arbeitsplätze wie möglich entstehen, die auch den Wegfall anderer Arbeitsplätze kompensieren können.
Vielen Dank. – Die nächste Frage stellt der Kollege Oliver Luksic für die FDP.
Meine Frage an die Bundesregierung behandelt das Thema Pkw- und Lkw-Maut. Wir haben erfahren, dass die Pkw-Maut an ein privates Konsortium gehen soll. Die Lkw-Maut wird reverstaatlicht. Die Ironie der Geschichte ist, dass nur durch die Verstaatlichung von Toll Collect die Pkw-Maut günstiger wird. Und wir haben erfahren müssen, dass der eigentlich vorgegebene Haushaltsrahmen – es gab nämlich nur einen Anbieter – wahrscheinlich nicht eingehalten wurde. Ironie der Geschichte: Durch das, was Grüne und Linke fordern, wird jetzt die Pkw-Maut kommen.
Bei dem Wirtschaftlichkeitsgutachten, dass das BMVI vorgelegt hat, ist die Frage aufzuwerfen, ob hier nicht bewusst versucht wurde, die Kosten so hinzubiegen und hinzutricksen, dass dadurch die Effizienzvorteile von privaten Mautbetreibern nicht zum Tragen kommen, beispielsweise indem man die Frist zur Kündigung von Subunternehmern hat verstreichen lassen und dieser Effizienzvorteil nicht ausgespielt wurde oder indem die Angebote, die abgegeben wurden, nicht eingepreist wurden.
Da Kapsch das Bieterverfahren gewonnen hat, lautet meine Frage an die Bundesregierung: Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es bei der Nachbesserung des Angebotes von Kapsch Nebenabsprachen gegeben hat?
Wer möchte antworten?
Herr Präsident, ich würde diese Frage aus dieser saarländischen Fragerunde gerne an den Kollegen aus dem Verkehrsministerium weitergeben.
Vielen Dank, Herr Kollege, für die Frage. – Wir haben heute Vormittag im Ausschuss schon ausführlich, auch mit dem Minister, über diese ganzen Fragen diskutieren können. Wir haben uns gefreut, dass im Ausschuss mit Ausnahme Ihrer Fraktion sehr breite Zustimmung zu den Entscheidungen bei der Lkw-Maut vorhanden war.
Mir sind, um konkret auf Ihre Frage zu antworten, keine Nebenabreden bekannt. Im Gegenteil: Wir sehen die positiven Effekte. Wir können jetzt die Lkw-Maut mit dem wirtschaftlichen Vorteil, der durch das Wirtschaftlichkeitsgutachten erwiesen ist, in unsere Hand nehmen. Ich glaube, das wird uns sehr stark dabei helfen, den Investitionshochlauf gut abwickeln zu können.
Wir erwarten in Zukunft Einnahmen in Höhe von 7,7 Milliarden Euro aus der Lkw-Maut. Mit Toll Collect haben wir gute Erfahrungen gemacht. Das liegt zurzeit in der Verantwortung des Bundes, und in Zukunft soll das dauerhaft so sein, verbunden mit einem wirtschaftlichen Nutzen. Die Pkw-Maut oder Infrastrukturabgabe soll zum Oktober 2020 in Kraft treten. Hier gibt es durchaus Synergieeffekte, die wir zum Vorteil von beiden Systemen nutzen können.
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Vielen Dank. – Letzte Frage im Rahmen der Regierungsbefragung stellt die Kollegin Filiz Polat von Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Damen und Herren, ich frage angesichts der zunehmend angespannten Sicherheitslage in Afghanistan, inwiefern es die Bundesregierung, Herr Minister Maas, für notwendig erachtet, den Lagebericht dahin gehend zu ändern, dass eine realistische Einschätzung der Sicherheitslage vorliegt. Ich frage das vor dem Hintergrund, dass jüngst wieder zunehmend Anschläge in Kabul erfolgt sind, dass die Taliban nicht nur Anschläge in Afghanistan verüben, sondern zunehmend Landesteile kontrollieren und dass fast unisono alle Flüchtlingsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen, humanitäre Organisationen und auch internationale staatliche Organisationen von fehlenden Fluchtalternativen sprechen.
Letztes Beispiel: Heute berichtet auch Pro Asyl über die aktuelle Anerkennungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – das BAMF stützt sich auf die aktuellen Lageberichte, unter anderem des Auswärtigen Amtes –, dass die Verwaltungsgerichte sechs von zehn Entscheidungen des BAMF kassieren und die Anerkennungspraxis dort eigentlich korrigiert werden muss. Die Verwaltungsgerichte – im Gegensatz zum BAMF – nehmen somit nicht mehr Bezug auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes, weil er anscheinend keine realistische Perspektive wiedergibt.
Herr Minister Maas, es wäre heute wirklich an der Zeit, öffentlich zu erklären, wie Sie beabsichtigen, Ihren Lagebericht zu korrigieren oder richtig zu bewerten.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich glaube, wenn man sich den Lagebericht zu Afghanistan anschaut – und zwar den, den wir schon vor einiger Zeit, im letzten Jahr, vorgelegt haben –, wird man feststellen, dass er ein außerordentlich realistisches und ein sehr differenziertes Bild abgibt. Wir mussten die Erstellung des Berichts ein Jahr aussetzen. Aufgrund des Anschlags auf die Botschaft in Kabul waren wir vor Ort nicht in der Lage, diesen Bericht zu erstellen; mittlerweile liegt er vor.
Es gibt sogar situationsbedingte Anpassungen. Aber es ist nicht so, dass aus diesem Lagebericht generell abgelesen werden könnte, dass es in Afghanistan eine wesentliche Verbesserung der Sicherheitslage gibt. Vielmehr wird differenziert dargestellt, wo sich die Lage verbessert hat – auch das ist richtig; diese Stellen gibt es – und wo sich eben keine Fortschritte ergeben haben. Deshalb glaube ich, dass der Lagebericht generell und grundsätzlich ein richtiges und realistisches Bild der Situation in Afghanistan darstellt. Sollte es größere Veränderungen geben, sollte es größere Anschläge geben, sollte die Anzahl der Opfer, die es dort nach wie vor gibt, sprunghaft zunehmen, können wir den Bericht jederzeit situationsbedingt anpassen.
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Aber im Grundsatz halte ich ihn nach wie vor für einen realistischen Bericht über die Lage in Afghanistan.
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Vielen Dank. – Weitere Fragen kommen nicht mehr dran. Damit schließe ich die Regierungsbefragung.