Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Europäische Union vor großen Herausforderungen steht. Wir haben zum ersten Mal seit vielen Jahren in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein Wirtschaftswachstum, wenngleich von unterschiedlicher Qualität und Güte. Unser Ziel muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union in allen Bereichen und in all ihren Mitgliedsländern zu verbessern. Diesem Ziel dient das Verfahren der wirtschafts- und finanzpolitischen Koordinierung mit dem Europäischen Semester und dem Nationalen Reformprogramm, das wir seit einigen Jahren haben und das seinerzeit auch mithilfe der Bundesregierung etabliert worden ist.
Wenn wir wollen, dass andere Länder ihre Hausaufgaben machen, ist es ganz entscheidend, dass wir als Bundesrepublik Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und diese Aufgaben ernst nehmen. Deshalb hat das Bundeskabinett heute das Nationale Reformprogramm 2018 im Bundeskabinett verabschiedet. Wir werden es umgehend dem Bundestag und dem Bundesrat zuleiten, um es dann der Europäischen Kommission zu melden.
Die Verabschiedung findet statt vor dem Hintergrund einer kräftigen konjunkturellen Aufwärtsbewegung: Wir haben im neunten Jahr in Folge einen wirtschaftlichen Aufschwung. Wir haben im letzten Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent erzielt; das war das höchste seit langem. Voraussichtlich wird sich der Aufschwung – das haben wir in der Frühjahrsprognose der Bundesregierung, die wir heute ebenfalls vorgelegt haben, festgehalten – auch in den nächsten beiden Jahren in großer Robustheit kräftig fortsetzen. Es wird nach Prognose der Bundesregierung ein Wachstum von 2,3 Prozent in diesem und von 2,1 Prozent im nächsten Jahr geben.
Wir haben die Verpflichtung – das ist eine Notwendigkeit –, dafür zu sorgen, dass wir rechtzeitig Strukturreformen ergreifen, dass wir rechtzeitig die Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, damit wir auch in den Jahren danach ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum haben. Dem dient unser Nationales Reformprogramm. Wir haben in diesem Reformprogramm die Fragen der Kommission in ihrem Länderbericht aufgegriffen und beantwortet.
Zu Anfang will ich einen Punkt ansprechen, der in Europa und anderswo durchaus kontrovers diskutiert wird. Es geht um die Höhe des deutschen Leistungsbilanzüberschusses. Für diesen deutschen Leistungsbilanzüberschuss gibt es mehrere Gründe: Ein Grund ist, dass sich die deutsche Wirtschaft in einem exzellenten, wettbewerbsfähigen Zustand befindet. Ein weiterer Grund ist, dass Deutschland Strukturreformen vorgenommen hat, die dazu führen, dass Wachstumskräfte sich entfalten können. Und schließlich ist auch ein Grund, dass der Euro im Augenblick auf den internationalen Devisenmärkten in einer Art und Weise bewertet ist, die den Export aus der Europäischen Union zusätzlich erleichtert.
Deshalb sind wir gemeinsam mit der Europäischen Kommission der Auffassung, dass dieser Überschuss, der das Ergebnis von mehreren Faktoren ist, kein übermäßiges Ungleichgewicht darstellt. Wir sind auch überzeugt, dass durch die Umsetzung der im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen der Überschuss in den nächsten Jahren schrittweise abschmelzen wird, von 8 Prozent in diesem Jahr auf 7,5 Prozent im nächsten Jahr.
Wir planen im Jahr 2018 öffentliche Investitionen in der Größenordnung von 36,4 Milliarden Euro, und zwar in die Bereiche, die auch die EU-Kommission für wichtig hält, insbesondere in Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung. Wir haben die Länder und Kommunen in den letzten beiden Jahren umfangreich entlastet. Auch dies trägt dazu bei, dass die Kommunen ihrerseits kräftig investieren können. Wir haben private Investitionen und Wettbewerb angereizt durch den Abbau der kalten Progression. Wir haben durch Entlastungen von Unternehmen dazu beigetragen, dass mehr investiert werden kann. Wir sehen, dass die Ausrüstungsinvestitionen tatsächlich kräftig anziehen.
Wir werden in dieser Legislaturperiode das Wettbewerbsrecht grundlegend modernisieren. Dazu wird es eine Kommission „Wettbewerbsrecht 4.0“ geben. Wir werden die Digitalisierung stärker in den Vordergrund rücken, um auch dort Wachstumschancen zu ermöglichen, und wir sind mit der Europäischen Kommission einig, dass wir im Bereich des Arbeitsmarktes eine bessere Integration von unterrepräsentierten Gruppen brauchen: zum einen aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, zum anderen aber auch, um dem immer deutlicher spürbaren Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Wir haben bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die wir fortsetzen werden: im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Arbeitnehmerüberlassung, steuerliche Entlastungen im Bereich des Grund- und Kinderfreibetrages, den Abbau der kalten Progression, das Recht auf befristete Teilzeit, Entlastungen bei Sozialabgaben und die Begrenzung des Missbrauchs im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen.
Wir sind überzeugt, mit all diesen Maßnahmen einen Beitrag dazu zu leisten, dass der nachhaltige Aufschwung in Deutschland noch für eine ganze Reihe von Jahren eine Fortsetzung finden kann. Wir sind auch überzeugt, damit im Rahmen der Reformdebatte in der Europäischen Union ein Beispiel dafür zu geben, dass es immer sinnvoll ist, weniger über ideologische Positionen als vielmehr über konkrete Maßnahmen zu diskutieren. Deshalb werden wir uns auf Grundlage dieses Berichts auch an der makroökonomischen Debatte in der Europäischen Union insgesamt deutlich wahrnehmbar beteiligen.
Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Bundeswirtschaftsminister. – Die erste Frage hat der Kollege Holm, AfD.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, die Bundesregierung hat ihre Ziele im Hinblick auf den Ausbau des schnellen Internets bisher nicht erreichen können. Die Gigabitabdeckung befindet sich nach wie vor auf Entwicklungslandniveau. Das liegt nicht nur am Geld, sondern insbesondere auch an fehlenden Möglichkeiten, zum Beispiel fehlenden Tiefbaukapazitäten, oder komplexen Antragsverfahren. Im letzten Jahr sind nahezu 700 Millionen Euro bereitgestellt worden; davon wurden nur 22 Millionen Euro abgerufen. Das ist natürlich verheerend. Gerade in den ländlichen Regionen wartet man auf Ergebnisse und darauf, dass es mit dem Ausbau des schnellen Internets endlich vorangeht. Was lässt die Bundesregierung hoffen, dass sie die gesteckten Ziele mit ihrem neuen Programm erreicht und die Engpässe, die wir identifiziert haben, endlich beseitigt?
Herr Kollege, wir haben in den letzten vier Jahren durchaus beachtliche Fortschritte beim Ausbau des schnellen Internets erzielt. Wir haben nicht alle Ziele erreicht. Es könnte also a weng besser sein, wie man sagt. Trotzdem ist es so, dass heute sehr viel mehr Menschen Zugang zum schnellen Internet haben als noch vor einigen Jahren.
Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass wir unsere Anstrengungen sowohl beim Ausbau der bestehenden Breitbandanschlüsse als auch im Hinblick auf die Schaffung des neuen Mobilfunkstandards 5G verstärken werden. Zwischen beidem besteht auch ein Zusammenhang, weil wir die neuen 5G-Funknetze nur dann werden ausbauen können, wenn die Funkzellen ihrerseits an das Glasfasernetz angeschlossen sind. Da es sehr viel mehr Funkzellen als beim bisherigen Mobilfunk geben wird, bedeutet dies, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur die Versteigerung der Lizenzen werden vornehmen müssen, was in der Zuständigkeit des Kollegen Scheuer liegt, der Bundesverkehrsminister ist, sondern dass sich die Bundesregierung auch darüber verständigen wird, mit welcher Priorität und in welchen Schritten es beim Glasfaserausbau weitergeht.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Möring, CDU/CSU.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Herr Minister, Sie haben eben bei Ihrem Bericht kurz auf das Stichwort „Digitales“ hingewiesen. Jeder weiß, dass die Digitalisierung für uns sehr wichtig ist; aber keiner weiß ganz genau, was alles dazugehört. Deswegen ist meine Frage: Beabsichtigt die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Beratung von Unternehmen und Ähnlichem mehr, eine Institutionalisierung vorzunehmen, die zur Förderung der Digitalisierungskampagne beiträgt, und in welche Richtung zielen Sie dabei?
Man muss, glaube ich, drei Bereiche unterscheiden:
Erstens geht es um die digitale Infrastruktur, über die wir eben diskutiert haben. Sie hat natürlich auch für Unternehmen eine Bedeutung, weil wir bevorzugt nicht nur Schulen, sondern auch Gewerbegebiete anschließen wollen.
Zweitens stellt sich die Frage: Wie können wir Unternehmen dabei helfen, sich auf die Digitalisierung einzustellen und die nötigen Veränderungen vorzunehmen? Hierzu haben wir in der Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums eine Mittelstandsinitiative ins Leben gerufen, die gerade mittelständische Unternehmer dabei unterstützt, die Digitalisierung voranzutreiben. Wir haben eine zweistellige Zahl von Kompetenzzentren eingerichtet, in denen Mittelständlern diese Hilfe auch in der Fläche angeboten wird.
Drittens haben wir vor wenigen Tagen die Gründerplattform offiziell eingeweiht. Sie ist eine neue Plattform, die wir gemeinsam mit der KfW unter Beteiligung auch von Kammern und anderen betreiben und wo junge Menschen, die sich selbstständig machen wollen, eine Beratung erhalten und darauf hingewiesen werden, wie sie Finanzierungsmodelle erschließen können und welche Regelungen zu beachten sind. Das wird besonders auch von Unternehmen und Start-ups im digitalen Bereich genutzt.
Danke sehr.
Wir werden dies Schritt für Schritt mit Blick auf die praktische Relevanz der jeweiligen Maßnahme fortsetzen.
Vielen Dank, Herr Bundesminister. – Die nächste Frage hat der Kollege Houben, FDP.
Herr Minister Altmaier, wir möchten fragen: Die Industrie kritisiert vor allen Dingen die unzureichenden Investitionen in den letzten Jahren. Auch bei den privaten Investitionen hat sich in den letzten Jahren wenig getan. Was wird die Bundesregierung unternehmen, um private Investitionen anzukurbeln?
Des Weiteren haben Sie gesagt, Sie wollten alle Schwachstellen des Telekommunikationsnetzes besuchen und kontrollieren. Deswegen sind wir sehr begeistert, dass Sie heute hier sein können.
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Die EU-Kommission konstatiert, dass Deutschland beim Breitbandausbau weiterhin hinterherhinkt. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, die eine ähnliche Ausgangslage haben, eigentlich relativ schlecht dasteht? Wie schätzen Sie in dem Zusammenhang die Marktmacht der Telekom in Deutschland ein?
Danke.
Vielen herzlichen Dank. – Erster Punkt. Wir haben immer Wert darauf gelegt, dass im Telekommunikationsbereich Wettbewerb möglich ist. Er findet auch statt, und zwar nicht nur zwischen der Telekom und ihren Hauptmitbewerbern, sondern auch zwischen der Telekom und sehr vielen privaten Unternehmen, die es in Deutschland gibt und die sich am Breitbandausbau beteiligt haben, insbesondere auch in weniger dicht besiedelten Gebieten. Ich könnte auch aus eigener Erfahrung Beispiele dazu beisteuern.
Zweiter Punkt. Wir haben die öffentlichen Investitionen in Deutschland gesteigert. Das war auch das Anliegen des früheren Bundesfinanzministers, der inzwischen eine andere Funktion übernommen hat. Er hat dafür gesorgt, dass Haushaltsüberschüsse, die erzielt worden sind, in den letzten Jahren vorrangig für die Steigerung der öffentlichen Investitionen eingesetzt worden sind.
Die privaten Investitionen nehmen wir auch in den Blick, und wir wollen sie anreizen. Dazu gehören vor allen Dingen stabile und verlässliche Rahmenbedingungen, wie etwa der Verzicht auf Steuererhöhungen im Laufe dieser Wahlperiode und die Verpflichtung zu einem ausgeglichenen Bundeshaushalt.
Im Übrigen haben wir wichtige Projekte dafür im Koalitionsvertrag, beispielsweise die steuerliche AfA im privaten Wohnungsbau. Auch die energetische Gebäudesanierung kann man in dem Zusammenhang nennen.
Vielen Dank. – Die nächste Frage hat der Kollege Westphal, SPD.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier, vielen Dank für Ihre Einführung. Sie haben von der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung bezüglich des Wirtschaftswachstums berichtet. 2,3 Prozent: Ich finde, das ist eine sehr positive Entwicklung, wenn man sich vor Augen führt, welche Bedingungen wir 2008 und 2009 durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hatten.
Können Sie vielleicht einige Aspekte nennen, die durchaus Risiken dafür bergen, dass wir dieses Wirtschaftswachstum erreichen? Ich denke global an Zölle und andere Entwicklungen.
Ein weiterer Aspekt. Wichtig für das Wirtschaftswachstum ist der Fachkräftebedarf. Gibt es eine Strategie der Bundesregierung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen? Wie sieht sie aus? Gibt es einen Zeitplan dafür?
Vielen Dank, Herr Kollege Westphal. – Ich glaube, man muss Risiken nicht so sehr im Hinblick auf das laufende Jahr benennen, weil wir festgestellt haben, dass wir gut über den Jahreswechsel gekommen sind und es einen erheblichen Überhang sowie die Bereitschaft, zu investieren, gibt. Deshalb glauben wir, dass wir uns mit der Prognose von 2,3 Prozent auf sehr sicherem Boden befinden. Das ist eher konservativ gerechnet. – Das ist die kurzfristige Sicht.
Auf langfristige Sicht ist allerdings klar, dass wir die Wachstumskräfte der Volkswirtschaften in den einzelnen Ländern weltweit nur dann voll entfalten und entwickeln können, wenn es einen offenen, freien und fairen Welthandel gibt.
Einer der Gründe, warum ich meinen allerersten Antrittsbesuch in den USA absolviert habe, war: weil es mir ein wichtiges Anliegen ist, dass wir zwischen den USA und der Europäischen Union nicht in einen Handelskonflikt geraten, ohne es zu wollen, der dann eskaliert und am Ende dazu führt, dass das Wachstum generell unter Druck gerät. Wie gesagt, das gilt nicht kurzfristig, aber mittel- und langfristig.
Ich glaube, dass wir nach wie vor die Chance haben, einen solchen Konflikt zu verhindern. Aber es sind sehr schwierige Verhandlungen. Die Europäische Kommission ist dabei federführend und ausschließlich zuständig. Ich habe in enger Zusammenarbeit mit der Kommissarin Cecilia Malmström in den letzten Wochen versucht, mitzuhelfen, dass die Europäer zu einer gemeinsamen Positionierung kommen, die wir aber, wenn ich das andeuten darf, noch nicht zu 100 Prozent erreicht haben.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Riexinger, Fraktion Die Linke.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, der Länderbericht der EU-Kommission zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist in vielen Punkten nicht gerade schmeichelhaft. So sagt die Kommission, die deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer sorge für den Erhalt der ausgesprochen ungleichen Vermögensverteilung. Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung? Was gedenkt sie dagegen zu tun?
Außerdem sagte die Kommission, dass der Niedriglohnbereich in Deutschland ein Problem ist und die Löhne zu gering steigen. Teilt die Regierung diese Einschätzung? Gibt es ein quantifizierbares Ziel, wenn es darum geht, daran etwas zu ändern? Das Wort „Niedriglohn“ kommt im Nationalen Reformprogramm nicht ein einziges Mal vor.
Vielen Dank. – Erstens. Was die Erbschaftsteuer angeht: Nein, die Bundesregierung teilt diese Einschätzung nicht und hat deshalb auch keine konkreten Vorhaben, da irgendetwas zu verändern oder zu korrigieren. Wir glauben, dass der Kompromiss, der in der letzten Wahlperiode gefunden worden ist und von einer großen Mehrheit im Deutschen Bundestag unterstützt wurde, ausgewogen und in jeder Hinsicht vertretbar ist.
Zweitens. Nach dem Grundgesetz gilt in Deutschland das Prinzip der Tarifautonomie. Deshalb finden Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften statt. Das wird von der Bundesregierung respektiert. Es gibt einen Dialog der Sozialpartner, der regelmäßig stattfindet, und wir wirken darauf hin, dass dieser in Zukunft weiter möglich ist.
Die Löhne in Deutschland sind in den letzten beiden Jahren kräftig gestiegen. Das hat dazu geführt, dass auch die Renten kräftig gestiegen sind. Der Kollege Hubertus Heil hat uns heute die Zahlen zur Rentensteigerung für das laufende Jahr mitgeteilt. Das sind im Westen wie im Osten über 3 Prozent. Das sind gute Nachrichten.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich den Gewerkschaften keine Vorgaben mache, wie und mit welchen Schwerpunkten sie ihre Tarifverhandlungen zu führen haben. Ich habe großes Vertrauen in die Tarifpartner, und dabei sollten wir auch bleiben.
Danke sehr. – Jetzt hat das Fragerecht die Kollegin Katharina Dröge, Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gerade in der Antwort auf die Frage des Kollegen Westphal dargestellt, dass Ihre erste Dienstreise Sie in die Vereinigten Staaten geführt hat. Wir als grüne Bundestagsfraktion begrüßen ausdrücklich, dass Sie das gemacht haben. Vor dem Hintergrund eines erstarkenden Nationalismus in der Wirtschaftspolitik war es sehr wichtig, das Gespräch mit den Amerikanern zu suchen und hoffentlich gemeinsam zu einer besseren Beziehung zu kommen.
Ich möchte allerdings fragen, ob in diesen Gesprächen auch Gegenstand war, wieder ein – ich nenne es mal so – Kern-TTIP-Freihandelsabkommen zu verhandeln, beispielsweise über das Absenken von Zöllen, über den Landwirtschaftssektor, über öffentliche Auftragsvergabe oder Ähnliches. Davor würden wir sehr warnen. Das wäre aus unserer Sicht die falsche Antwort auf den amerikanischen Protektionismus.
Ich kann Ihnen jedenfalls nach all den Gesprächen, die ich formell und informell, auch im Rahmen der EU, geführt habe, sagen, dass zum jetzigen Zeitpunkt niemand eine Neuaufnahme von TTIP-Verhandlungen für realistisch hält. Ich persönlich habe das Nichtzustandekommen übrigens immer bedauert, weil ich mir hätte vorstellen können, dass wir mit dem erfolgreichen Abschluss von TTIP manche der Risiken hätten vermeiden können, denen wir uns heute ausgesetzt sehen. Aber ein solches Abkommen ist jedenfalls von keiner Seite geplant.
Im Übrigen ist es so, dass es, glaube ich, wenig sinnvoll ist, jetzt hier im Bundestag über mögliche Gesprächsangebote der EU an die USA zu spekulieren, weil wir uns darüber mit den Mitgliedstaaten verständigen müssen. Das sind 27 plus 1. Das ist eine sehr mühsame Angelegenheit. Ich möchte das von dieser Stelle aus nicht präjudizieren.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Heßenkemper, Fraktion AfD.
Herr Minister, ich habe folgende Frage: Einem internationalen Bericht zufolge ist Deutschland im Ranking der 63 leistungsstärksten Staaten 2017 auf Platz 13 gelandet, nachdem es vier Jahre vorher auf Platz 6 war. Als im Wesentlichen von der Politik zu verantwortende Gründe werden genannt: die Steuer- und Abgabenpolitik, staatliche Regulierungen und die Bildungspolitik. Da sind wir auf Platz 30 gelandet. Bei der Digitalisierung liegen wir auf Platz 17.
Meine Frage lautet: Wenn Sie vom Wirtschaftswachstum das soziale Strohfeuer der Migrationspolitik wegnehmen, dann werden Sie feststellen, dass das Wachstum bei fast 0 Prozent liegt. Wenn ich mir das anschaue – parallel dazu sind die Ölpreise in den letzten Jahren um 40 bis 50 Prozent gestiegen –, frage ich mich, woher Sie den Optimismus im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung nehmen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Man muss sicherlich über Probleme diskutieren. Wenn Sie mir freundlicherweise den erwähnten Bericht zuschicken, werde ich Ihnen dazu eine Bewertung zukommen lassen. Ich kann das nur nicht aus der hohlen Hand, zumal ich die Quelle nicht genau kenne und den Bericht noch nicht gelesen habe.
Des Weiteren sollten wir unser eigenes Land nicht schlechtreden. Schauen wir uns einmal an, was in den letzten Jahren gelungen ist. Wir haben nicht nur ein Wirtschaftswachstum in beträchtlicher Größenordnung zu verzeichnen, sondern auch eine Zunahme der Beschäftigung, insbesondere der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, wie wir dies seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland nicht mehr erlebt haben. Das halte ich für eine grundlegende Trendwende und auch für das Ergebnis der Arbeit der letzten drei Bundesregierungen, die gemeinsam mit Bundesländern und Sozialpartnern dafür Sorge getragen haben, dass Wachstumsbedingungen und Vertrauen geschaffen wurden, was dann zur Ausweitung der Beschäftigung beigetragen hat.
Wir haben im letzten Jahr etwa 750 000 neue Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland entstehen sehen. Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr deutlich über 500 000 sein werden; das ist eine konservative, zurückhaltende Schätzung. Das verändert sowohl das Aufkommen der Sozialabgaben als auch die Steuereinnahmen des Staates. Diese Entwicklung hat es uns ermöglicht, trotz eines ausgeglichenen Haushalts sowie ohne neue Schulden und ohne Steuererhöhungen zusätzliche Investitionen zu tätigen und ein Wirtschaftswachstum zu erzielen, das deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegt.
Die nächste Frage stellt der Kollege Kemmerich, FDP.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Bei der Klausurtagung der Bundesregierung in Meseberg haben Sie angekündigt, dass ein vorrangiges Ziel die Vollbeschäftigung sein soll. Wir haben gerade über den Beschäftigungsaufwuchs gesprochen. Die Fachkräftesituation in vielen Regionen Deutschlands, insbesondere in den neuen Ländern, ist sehr beklemmend. Angesichts von über 900 000 offenen Stellen haben Sie offenbar die falschen Prioritäten gesetzt. Die Beseitigung des Fachkräftemangels sollte Vorrang haben. Wie lautet Ihre Einschätzung dazu?
Meine zweite Frage bezieht sich auf Opel und den Standort Eisenach. Welche Perspektive sehen Sie für die dort Beschäftigten über das Jahr 2020 hinaus?
Vielen Dank. – Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, eine Fachkräftestrategie zu erarbeiten. Daran sind mehrere Ressorts beteiligt: der Bundesinnenminister, der Sozialminister und der Bundeswirtschaftsminister. Wir werden in diesem Rahmen unter anderem der Frage nachgehen, wie wir das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland besser nutzen und auch Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende besser in den Arbeitsmarkt integrieren können. Wir werden aber auch darüber reden müssen, wie wir den Fachkräftebedarf insgesamt durch Menschen aus anderen europäischen Ländern und darüber hinaus so decken können, dass keine neuen Integrationsprobleme entstehen und das Wirtschaftswachstum nicht verlangsamt wird. Dazu soll es ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz geben. Die zuständigen Ressorts werden sich über die Eck- und Kernpunkte verständigen. Ich bin dann gerne bereit, dem Bundestag Rechenschaft zu geben. Aber bitte haben Sie Verständnis, dass noch kein entsprechender Gesetzentwurf 14 Tage nach Bildung der Regierung vorliegt.
Vielen Dank, Herr Bundesminister. – Herr Kollege Kemmerich, ich schlage zur Güte vor: Ihre Frage nach Opel betrifft nicht unmittelbar Bestandteile des Nationalen Reformprogramms. Wir rufen sie nachher noch einmal auf, sobald wir die Fragen zu dem Bericht des Bundeswirtschaftsministers abgeschlossen haben. Er kann in einer Minute nicht fünf verschiedene Fragen einigermaßen präzise beantworten.
Wenn Sie einverstanden sind, gebe ich nun Pascal Meiser das Fragerecht.
Herr Minister, wenn ich mir den Bericht der EU-Kommission anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass Sie sich das herauspicken, was Ihnen gefällt, dass Sie aber die kritischen Bemerkungen der EU-Kommission gerne verschweigen möchten. Ich möchte noch einmal auf den Niedriglohnsektor eingehen. Sie haben vorhin gesagt: Alle in diesem Land profitieren vom Wohlstand. – Wir wissen aber, dass 40 Prozent der Bevölkerung in den letzten zehn Jahren keine positive Reallohnentwicklung, zum Teil sogar eine negative Reallohnentwicklung erfahren haben. Sie sagen, Sie könnten nichts machen, und verweisen auf die Gewerkschaften und die Tarifautonomie.
Ich frage Sie: Warum gehen Sie nicht die Bereiche an, in denen Sie handeln können? Warum gehen Sie nicht dagegen vor, dass Leiharbeit, dass Werkverträge zum Lohndumping genutzt werden? Hier könnte die Bundesregierung handeln. Warum befinden sich weder in Ihrem Bericht noch in der Koalitionsvereinbarung Maßnahmen, um die Tarifbindung in diesem Land wieder zu stärken und beispielsweise dafür zu sorgen, dass die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert wird? Ich finde, das wären Maßnahmen, mit denen Sie etwas tun könnten.
Sehr geehrter Herr Kollege, wir haben ja etwas getan: Wir haben in der letzten Wahlperiode den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn eingeführt. Wir haben aber, wie ich finde, klug gehandelt, indem wir gesagt haben: Dessen Höhe wird nicht von der Politik festgesetzt, sondern von den Sozialpartnern. Damit haben wir verhindert, dass diese Frage zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen in Wahlkämpfen wird.
Wir haben außerdem im Rahmen des Sozialpartnerdialogs in Meseberg, der regelmäßig auf Einladung der Bundeskanzlerin stattfindet, mit den Gewerkschaften und mit den Arbeitgebern mehrfach darüber geredet, wie wir die Tarifbindung stärken können. Ich persönlich glaube – ich habe das heute Morgen in Ihrer Anwesenheit auch im Wirtschaftsausschuss gesagt –, dass die Tarifbindung seit vielen Jahrzehnten mit zu den Erfolgsrezepten der Bundesrepublik Deutschland gehört. Hier kann man aber aufgrund der Tariffreiheit nicht einfach etwas durch Gesetz anordnen. Ich glaube, es macht auch wenig Sinn, immer mehr Allgemeinverbindlichkeitserklärungen herzustellen; vielmehr muss das ein Prozess sein, der zwischen den Tarifpartnern mit konstruktiver Begleitung durch die Politik vorangetrieben wird.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat Frau Kollegin Kerstin Andreae.
Herr Minister, Sie schreiben in Ihrem Nationalen Reformprogramm, dass Klimaschutz ein „zentrales Anliegen der Bundesregierung“ ist. Es wird Sie nicht wundern, dass wir diese Auffassung teilen. Die Klimaziele 2020 haben Sie schon aufgegeben. Um die Klimaziele 2030 zu erreichen, müssen Sie jetzt kräftige Schritte gehen.
Die vorherrschende Expertenmeinung lautet, die Steuerung über den CO2-Preis sei ein richtiges Instrument. In Frankreich wird über dessen Einführung nachgedacht; in Schweden und in Großbritannien wird es schon angewandt. Wir haben bei der Vorstellung Ihrer Vorschläge nichts davon gehört. Interessanterweise haben wir aber vom BDI etwas davon gehört: Die Industrie geht jetzt diesen Weg. Wir sollten einen CO2-Preis einführen, um tatsächlich mehr Klimaschutz zu erreichen, aber auch, weil es ökonomisch sinnvoll ist und weil wir damit in technologieorientierten Branchen wieder die Führerschaft erreichen können. Mich würde interessieren, warum Sie sich überhaupt nicht zum CO2-Preis äußern. Verfolgen Sie dieses Ziel, oder ergreifen Sie auch hier nicht die Hand, die Macron uns hier ausstreckt?
Als guter Wirtschaftsminister orientiere ich mich bei meinen öffentlichen Aussagen am Koalitionsvertrag. Dort werden Sie dazu keine Aussage finden. Allerdings findet man dort das klare Commitment, dass wir die Klimaziele 2030 auf jeden Fall einhalten wollen. Es entspricht auch meiner persönlichen Überzeugung, dass Klimaschutz eine ungemein wichtige Aufgabe ist und dass die Europäer zeigen müssen, dass sie das, was sie von anderen erwarten, auch selbst ernst nehmen.
Die Erfahrungen, die in Großbritannien mit der CO2-Bepreisung gemacht worden sind, sind durchaus ambivalent. Ich bin gerne bereit, Ihnen da auch aus meinem Ministerium eine Bewertung zukommen zu lassen. Es gibt im Augenblick keine generelle Debatte über eine CO2-Bepreisung auf europäischer Ebene, weil wir das Emissionshandelssystem ETS haben und weil wir uns in den letzten Jahren erfolgreich darum bemüht haben, dass das ETS reformiert, verbessert und gestärkt wird. Das wird dazu führen, dass die Zertifikatspreise steigen werden. Sie sind bereits angestiegen, und dieser Prozess wird in den nächsten Jahren in einem maßvollen Rahmen auch weitergehen. Insofern wird sich an dieser Front etwas bewegen.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Gremmels, SPD.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie schreiben unter Punkt 109, im Energieteil des Nationalen Reformprogramms, dass Deutschland die sicherste Energieversorgung weltweit hat. Ich finde gut, dass das hier einmal herausgearbeitet wurde; denn man könnte ja glauben, wenn man auf die rechte Seite dieses Hauses blickt, dass das ganz anders sei. Wie wollen Sie sicherstellen, dass beim weiteren Voranschreiten der Energiewende die Energieversorgung in Deutschland auch weiterhin gesichert ist?
Zunächst einmal zu dem, was unter Punkt 109 ausgeführt ist: Das kann man objektiv ermitteln, indem man die Zahl der Minuten oder Stunden ermittelt, in denen die Energieversorgung in den einzelnen Regionen oder Ländern unterbrochen ist. Da steht Deutschland tatsächlich auf einem internationalen Spitzenplatz.
Der Umbau der Energieversorgung von einer sehr zentralen auf eine dezentrale Erzeugung, auf einen immer höheren Anteil der Erneuerbaren – die Erneuerbaren haben derzeit einen Anteil von 36 Prozent an der Stromerzeugung – stellt uns vor Herausforderungen. Darauf haben sich die Übertragungsnetzbetreiber und die Verteilnetzbetreiber bereits eingestellt. Wir haben eine Grundsatzentscheidung getroffen, indem wir uns gegen einen Kapazitätsmarkt und für einen sogenannten Energy-only-Markt entschieden haben. Ich halte das für die richtige Entscheidung.
Damit die Energieversorgung in den nächsten Jahren gesichert ist, müssen wir insbesondere den Ausbau der Stromnetze vorantreiben. Es ist populärer, wenn man das im Deutschen Bundestag sagt, als wenn man es vor Ort, wo die Probleme existieren, verteidigen muss. Trotzdem wird dies ein Schwerpunkt der Arbeit meines Ministeriums sein.
Wir sind in den letzten Jahren bei den Preisen für Erneuerbare sehr stark vorangekommen: in Richtung Marktwirtschaft und Preissenkungen. Wir sind beim Ausbau der Stromnetze leider Gottes noch nicht ausreichend vorangekommen. Deshalb werden wir uns darum prioritär kümmern.
Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Ulrich, Fraktion Die Linke, die nächste Frage.
Herr Minister, Sie haben gesagt, die Position zu den Außenhandelsüberschüssen sei im Einklang mit der EU-Kommission. Das ist eine steile Behauptung, wenn man weiß, dass die EU-Kommission uns schon seit Jahren immer wieder ins Stammbuch schreibt, dass die deutschen Außenhandelsüberschüsse abgebaut werden müssen.
Aber eine ergänzende Frage: Erkennen Sie wenigstens das weltwirtschaftliche Problem, das entsteht, wenn ein Land wie Deutschland so riesige Außenhandelsüberschüsse anhäuft? Das führt nämlich nach Adam Riese irgendwo anders zu Defiziten. Wenn jeder diesem Erfolgsmodell Deutschland nacheifern würde, würden wir folglich riesige weltwirtschaftliche Probleme bekommen. Ist nicht der Streit mit den USA um die Zölle auch Ausdruck dessen, dass Deutschland bei diesem Thema weiterhin alles ignoriert, was die EU-Kommission uns mitteilt?
Lieber Herr Kollege Ulrich, ich bin zwar nur Jurist, habe mich aber im volkswirtschaftlichen Grundstudium mit dem berühmten Volkswirt Ricardo beschäftigt, der das Prinzip des komparativen Vorteils entwickelt und erklärt hat.
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Danach ist es so, dass Wachstum in einem Land eigentlich allen zugutekommt. Das geschieht auch überwiegend so; das erkennt man, wenn man sich die globalen Verhältnisse ansieht. Dort, wo es nicht geschieht, muss man sich die Frage stellen, warum die Wettbewerbsfähigkeit verloren gegangen ist und was man tun muss, um sie wiederherzustellen. Deutschland war um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert in einer solchen Situation. Andere Staaten müssen sich diese Frage auch stellen.
Ich habe im amerikanischen Kongress, im Senat, jedenfalls viel Verständnis gefunden, als wir über die Frage diskutiert haben, ob man denn einer zurückgehenden Wettbewerbsfähigkeit durch höhere Zölle erfolgreich entgegenwirken kann oder ob man sie so nur kaschiert und der Wettbewerbsrückstand am Ende größer ist, als er vorher war. Das ist eine wirtschaftspolitische Frage. Ich persönlich glaube, dass wir gut daran tun, auch aus den Erfahrungen zu lernen, die wir selber gemacht haben.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat die Kollegin Dr. Verlinden, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bundesminister, ergänzend zur Frage meiner Kollegin Frau Andreae, die auf den CO2-Preis hingewiesen hat: Es gibt natürlich auch Sektoren außerhalb des Emissionshandels, die CO2 emittieren. Auch hier wäre ein angemessener Preis sinnvoll.
Ich möchte auf die Energiepolitik und den Anteil von 65 Prozent erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030, zumindest im Strombereich, zurückkommen. Diese Festlegung im Koalitionsvertrag wird im Reformprogramm wiederholt. Mir ist jetzt immer noch nicht ganz klar, wie die konkreten gesetzgeberischen Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau aussehen werden – Sie müssen ja das EEG ändern; sonst schaffen Sie den Anteil von 65 Prozent nicht – und inwiefern Sie eine Optimierung der schon bestehenden Stromnetze jetzt konstruktiv in Erwägung ziehen, um hier voranzukommen.
Die zweite Frage bezieht sich auf die Bürgerenergieprojekte. Dazu hat das Europäische Parlament einen sehr weit reichenden Vorschlag vorgelegt. Sie haben vermelden lassen, dass Sie damit nicht konform gehen. Das finde ich sehr bedauerlich; Sie weisen auch im Reformprogramm ja noch einmal auf die Akteursvielfalt hin. Ich würde mich freuen, wenn Sie da Ihre Meinung ändern würden.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist durch einen verbindlichen Ausbaupfad im EEG festgelegt, der durch Ausschreibungen zu bestimmten Mengen konkretisiert wird. Dabei ist immer auch ein Knappheitssignal. Das hat dazu geführt, dass die Preise teilweise um über 50 Prozent, um bis zu 80 Prozent, gesunken sind. Das ist eine große Errungenschaft.
Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir uns vor dem Hintergrund der gesunkenen Preise vorstellen können, bis zum Jahr 2030 einen Ausbaustand von 65 Prozent zu erreichen. Das wird aber nur gelingen, wenn wir schon vorher die Stromnetze so ertüchtigen, dass diese Energie auch abgenommen wird. Wir haben im Augenblick das Problem, dass im Norden Deutschlands sehr viel mehr Energie erzeugt wird, als dort verbraucht wird. Diese Energie wird dann auch gekauft. Sie kann aber nicht geliefert werden, weil die benötigten Stromleitungen fehlen. Es sind daher Redispatch-Kosten zu zahlen, die die Netzentgelte belasten. Das alles ist dazu angetan, die Akzeptanz der Energiewende zu gefährden.
Ich möchte, dass die Energiewende gelingt. Dafür habe ich immer gearbeitet. Deshalb müssen wir gemeinsam verstehen, dass der Ausbau der Netze – sowohl der Ausbau der HGÜ, also der Gleichstromübertragungsleitungen, wie auch der Ausbau der 380-kV-Leitungen – nach dem EnLAG vorankommen muss. Ich würde mir sehr wünschen, dass Bündnis 90/Die Grünen und alle anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag die Bundesregierung bei der Umsetzung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes unterstützen würden, das wir noch in diesem Jahr in den Bundestag einbringen.
Herr Bundesminister, wir haben da eine Ampel.
Ach so.
Ich habe Sie bisher verschont mit meiner Bitte, Ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten. Wenn sie Rot zeigt, sind Sie gebeten, mit Ihrem jeweiligen Beitrag zu Ende zu kommen.
Jetzt hat der Kollege Beutin, Fraktion Die Linke, die nächste Frage.
Herzlichen Dank. – Herr Minister, die Ausbauziele zu beschleunigen, ist ja ein guter Ansatz. Es wird aber nicht reichen, nur die erneuerbaren Energien auszubauen und die Netze zu ertüchtigen. Wir brauchen auch den Kohleausstieg. Im Nationalen Reformprogramm findet sich der Hinweis, dass die Klimaziele bis 2020 verfehlt werden und dass man sie bis 2030 erreichen will. Das entspricht den Aussagen im Koalitionsvertrag.
Jetzt soll eine Expertenkommission eingesetzt werden. Ich glaube, dass ihr Auftrag und ihre Zusammensetzung noch gar nicht ganz klar sind. Vor diesem Hintergrund meine erste Frage: Wann rechnen Sie denn damit, dass diese Kommission ihre Arbeit aufnehmen wird, zumal sie ja Ende 2018, also Ende dieses Jahres, Ergebnisse vorlegen soll?
Ich habe eine zweite Frage. Es liegt jetzt ein Vorschlag der SPD zur Kohle-Kommission, der heute veröffentlicht wurde, auf dem Tisch. Wie werden Sie nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern auch alle anderen Fraktionen des Hohen Hauses einbinden, damit ein Gleichgewicht erreicht wird und Oppositionsstimmen hörbar gemacht werden, die eine schnellere Energiewende fordern?
Vielen Dank, Herr Kollege. – Erstens. Der Auftrag der Kommission ist klar. Er steht im Koalitionsvertrag. Zweitens. Das Bundeskabinett wird zeitnah – nach meiner Einschätzung in den nächsten Wochen – im Stande sein, darüber einen Beschluss zu fassen. Drittens. Die Zusammensetzung wird zwischen den Koalitionsfraktionen und den Partnern der Bundesregierung derzeit geklärt.
Im Übrigen ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass wir ein Enddatum für die Produktion von Strom aus Kohle festlegen. Aber es wird natürlich nicht darum gehen, dass wir kurzfristig aus der Kohle aussteigen. Das sage ich auch mit Blick auf die vielen Kumpel in Jänschwalde und anderswo, die um ihre Arbeitsplätze bangen.
Steinkohle und Braunkohle tragen derzeit zur Stromerzeugung mit rund 38 Gigawatt bei. Dieser Anteil wird nach dem Klimaschutzplan der Bundesregierung vom vorletzten Jahr auf etwa 20 Gigawatt bis 2030 halbiert werden. Das heißt, wir werden auch nach 2030 noch einen gewissen Anteil der Stromerzeugung aus Kohle und Braunkohle haben.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat die Kollegin Polat. – Nein, hat sie nicht. Die letzte Frage zum Gegenstand Ihrer Berichterstattung „Nationales Reformprogramm 2018“ hat der Kollege Komning, AfD.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bundesminister, es geht in Ihrem Nationalen Reformprogramm auch um Wirtschaftsförderung. Eine Untersuchung des Hamburgischen WeltWirtschaftsinstitutes und der Privatbank Berenberg für das Städte-Ranking 2017 ergab, dass sich Ballungszentren wie Leipzig, Hamburg und Frankfurt wirtschaftlich immer mehr vom übrigen Gebiet Deutschlands, insbesondere von den ländlichen Regionen und anderen größeren Städten, abkoppeln. Das Nationale Reformprogramm wäre Anlass gewesen, auch über eine Reform der Wirtschaftsförderung nachzudenken. Das kann ich jedenfalls dem nicht entnehmen. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, diesen Trend zu stoppen und insbesondere dem Postulat gleichwertiger Lebensverhältnisse näherzukommen?
Das ist ganz einfach. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir eine Kommission „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ einsetzen werden. Diese wird sich vorrangig um drei Komplexe kümmern: zum einen um die Gegenden, die vom Strukturwandel betroffen sind und die sehr viele Arbeitsplätze etwa im Bereich der Kohle- und Stahlindustrie verloren haben, zum Zweiten um die ländlichen Räume, in denen die Gewährleistung der Daseinsvorsorge immer schwieriger wird, weil die Bevölkerungsdichte abnimmt, und zum Dritten um die neuen Bundesländer, wo der Aufbau Ost in vielen Fällen nicht so vorangekommen ist, wie er hätte vorankommen müssen. Ein Aspekt dieser Kommission wird sicherlich auch die künftige bundesweite Ausgestaltung von Fördersystemen für strukturschwache Regionen sein, die wir in meinem Haus vorbereiten.
Es ist eine Frage des Respektes, den Mitgliedern der Kommission nicht vorzugreifen, sondern zunächst einmal abzuwarten, wie die Arbeit dieser Kommission aussehen wird. Sie wird unter Federführung des Bundesinnenministers arbeiten, aber selbstverständlich auch mit der wohlwollenden Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums.
Vielen Dank. – Jetzt kommen wir zu den sonstigen Fragen. Als erste Frage würde ich die zweite Frage von Herrn Kollegen Kemmerich, die sich auf Opel bezog, noch einmal aufrufen. Wollen Sie sie noch einmal wiederholen, Herr Kollege?
Ich habe sie noch im Kopf.
Wunderbar.
Es gibt im Augenblick eine große Zahl von Gesprächen zwischen PSA und Opel-Geschäftsführung einerseits und den Gewerkschaftsvertretern, dem Personalrat, dem Betriebsrat und der Politik andererseits.
Die Politik ist nicht Teil dieser Gespräche, die zwischen den Tarifpartnern geführt werden. Wir haben aber ein hohes Interesse daran, dass gemachte Zusagen eingehalten werden. Wir haben ein hohes Interesse daran, dass Opel Deutschland eine langfristige Entwicklungsperspektive hat – nicht nur in Bezug auf die Produktion, sondern auch im Hinblick auf Forschung und Entwicklung. Und wir haben ein Interesse daran, dass die unmittelbare Perspektive für den Standort in Eisenach, wo es um die Frage geht, welche Modelle dort wann produziert werden, frühzeitig geklärt wird, damit die Beteiligten Sicherheit für die Zukunft haben.
Das alles wird zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Betriebsrat verhandelt. Die Politik wird, wie in der Vergangenheit auch, immer dann zu Gesprächen zur Verfügung stehen, wenn es von einem der Beteiligten gewünscht wird.
Vielen Dank. – Dann würde ich jetzt der Kollegin Polat die Chance geben, ihre Frage zu stellen, für die ich sie vorher schon aufgerufen hatte.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Angesichts der Anschläge vom Wochenende in Kabul frage ich die Bundesregierung: Wieso hat die Bundesregierung nicht von der Sammelabschiebung am gestrigen Abend abgesehen? Können Sie uns Zahlen nennen? Bisher haben Sie uns immer gesagt, dass Sie die Zahlen nicht nennen können, bevor die Sammelabschiebung stattfindet. Diese Sammelabschiebung hat jetzt stattgefunden. Können Sie uns Zahlen zu den angemeldeten Personen nennen, die letztendlich abgeschoben wurden? Welche Bundesländer haben diese Personen angemeldet? Und – Sie unterscheiden ja in drei Kategorien: Straftäter, Gefährder und die sogenannten hartnäckigen Identitätstäuscher – wie wurde im Detail klassifiziert?
Herr Bundesminister, wollen Sie selber antworten?
Nein, ich will auf den Kollegen vom BMI verweisen, wobei auch der vermutlich die Zahlen nachliefern muss. Ich will nur sagen: In der vorigen Bundesregierung gab es intensive Gespräche über die Frage, wie man mit Abschiebungen nach Afghanistan umgeht. Es ist ein Konsens darüber erzielt worden, dass man vor allen Dingen Straftäter und Gefährder abschiebt. Es ist auch ein Konsens darüber erzielt worden, dass das Auswärtige Amt regelmäßig seine Berichte anfertigt. Für die konkreten statistischen Daten muss ich auf das BMI verweisen.
Vielen Dank. – Da der Vertreter des BMI schon genickt hat und er die Antworten nachreichen will, belassen wir es für diesen Moment dabei.
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– Bitte was? Sie wollen zur Geschäftsordnung sprechen? – Frau Kollegin, auch wenn Sie zur Geschäftsordnung sprechen wollen, muss das Mikrofon an sein, sonst nützt es gar nichts.
Herr Präsident! Die Sammelabschiebungen haben immer zum Ende des Monats an einem Dienstag stattgefunden. Die Bundesregierung kann damit rechnen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Regierungsbefragung am Mittwoch danach fragen wird. Wir erwarten, dass die Zahlen dann vorliegen.
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Das nehmen wir zur Kenntnis. Die Bundesregierung wird in Zukunft damit rechnen, dass sie in der Regierungsbefragung danach gefragt wird.
Jetzt kommt die Frage des Kollegen Dr. Spaniel, AfD.
Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben hier im Hohen Haus eine Geschäftsordnungsdebatte geführt, bei der es um die EU-Verordnung zur Reduktion der CO2-Emissionen ging. Die Debatte dazu ist hier nicht geführt worden. Deshalb stelle ich im Nachgang dazu eine Frage: Unserer Einschätzung nach werden diese neuen Regelungen dazu führen, dass vor allen Dingen Fahrzeuge mit höheren Motorleistungen und auch größere und schwerere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, also die sogenannten Premiumfahrzeuge, die wir hier in Deutschland bauen, höchstwahrscheinlich nicht mehr wettbewerbsfähig sein können. Das ist, wie gesagt, unsere Einschätzung. Wir können auch gerne im Rahmen eines Gesprächs oder einer Debatte Zahlen dazu liefern. Inwiefern hat diese EU-Verordnung – nach Einschätzung der Bundesregierung –, die in Deutschland zum Ende der Verbrennungsmotoren bei größeren Fahrzeugen führen wird, Einfluss auf die Arbeitsplätze in Deutschland? Und: Wie steht die Regierung dazu? Wird sie noch einmal versuchen, auf europäischer Ebene Einfluss zu nehmen, damit über diese Regelung eventuell neu diskutiert wird?
Danke sehr. – Herr Kollege.
Herr Kollege, ich kann Ihre Annahme nicht akzeptieren. Wir haben uns 2013 dafür eingesetzt, dass Flottengrenzwerte festgelegt worden sind, von denen wir damals überzeugt waren, dass sie auch den Notwendigkeiten und Gegebenheiten der deutschen Automobilwirtschaft entsprechen. Wir haben festgestellt, dass es danach notwendig geworden ist, auf ein neues, realitätsnäheres Messverfahren umzusteigen – Stichwort: Real Driving Emissions. Das Ergebnis wird man abwarten müssen; deshalb ist ja dieses Messverfahren beschlossen worden.
Wir werden im Hinblick auf die Festlegung von CO2-Grenzwerten für die Jahre 2025 und 2030 in den nächsten Wochen und Monaten eine intensive Debatte führen. Auch dort vertritt die Bundesregierung das Ziel, dass man zwar ambitionierte, aber auch technisch machbare Vereinbarungen treffen muss und dass es im Interesse Europas liegt, dass wir den Übergang in der Automobilindustrie zu nachhaltigen und alternativen Antriebsarten so vollziehen, dass es nicht zu disruptiven Veränderungen kommt.
Jetzt hat Kollegin Künast die nächste Frage.
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– Nein, Nachfragen sind in der Regierungsbefragung nicht gestattet.
Zur Musterfeststellungsklage. Wir diskutieren seit langer Zeit darüber, dass Kunden gegenüber großen Herstellern oder digitalen Massenverfahren gestärkt werden sollen. Über eine Musterfeststellungsklage oder eine Gruppenklage hat der Bundestag in der letzten Legislaturperiode ewig und drei Tage diskutiert. Wir wissen, dass es zu einem der quälenden Themen der früheren Großen Koalition gehörte. Jetzt höre ich, lesen wir alle, dass sich die zuständigen Ressorts geeinigt hätten.
Ich frage Sie – wenn sich die zuständigen Ressorts geeinigt haben; das sagen und schreiben alle –: Warum ist das Thema von der Tagesordnung genommen worden? Warum werden zum Beispiel Zehntausende VW-Kunden, Dieselkunden, denen jetzt Verjährung droht, im Regen stehen gelassen? Sie müssen befürchten, dass wir kein ordentliches parlamentarisches Verfahren mehr hinkriegen.
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Ich will anfügen: Die Informationen besagen, dass der Bundesinnenminister, Herr Seehofer, einen Ministervorbehalt ausgedrückt hat und gesagt hat, er möchte darüber mit der SPD verhandeln und einen Deal machen. Also, bitte: Warum wird das Thema vertagt, wenn man sich geeinigt hat? Was sagen Sie zu diesem Flurfunk?
Danke. – Herr Bundesminister.
Das Verfahren der Ressortabstimmung ist noch nicht zum Abschluss gekommen. Deshalb bitte ich herzlich um Verständnis, dass ich mich zu Einzelheiten nicht äußern kann. Das ist die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung. Ich kann Ihnen als ehemaliger Chef des Bundeskanzleramts, der mit diesen Fragen auch beschäftigt war, meine Einschätzung übermitteln. Ich habe mir die Sitzungspläne des Deutschen Bundestages angesehen und bin der Auffassung, dass wir auf jeden Fall imstande sein werden, ein zügiges und ausführliches Gesetzgebungsverfahren zu ermöglichen, was am Ende verhindert, dass die Verjährung eintritt.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Karsten Möring, CDU/CSU.
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Wir führen aktuell die Diskussion über die Frage des Wegfalls oder des teilweisen Wegfalls der Förderung bei den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Das wird in Brüssel verhandelt. Es geht um den Wegfall der sogenannten Neuanlagen, die aber, sagen wir mal, schon alte Neuanlagen sind und die zu mächtiger Verunsicherung führen. Können Sie uns eine Einschätzung geben, bis wann und wie die Regularien der Förderung konkret mit Brüssel ausverhandelt werden und was für ein Ende – was Sie erhoffen, kann ich mir denken – Sie erwarten?
Wir haben hierbei noch einige Meinungsverschiedenheiten zu überwinden. Ich bin dazu mit der EU-Kommissarin Vestager im Gespräch; es hat in dieser Woche ein Telefongespräch zu dieser Frage gegeben. Die EU-Kommission ist der Auffassung, dass in bestimmten Bereichen eine Überförderung vorliegt. Wir sehen das wesentlich differenzierter.
Wir sind uns aber einig, dass wir in den nächsten Wochen Klarheit schaffen wollen. Das heißt, es wird in den nächsten 14 Tagen zu weiteren Gesprächen auf Leitungsebene kommen. Ich gehe davon aus, dass wir ein erzieltes Ergebnis dann in das sogenannte 100-Tage-Gesetz, das wir derzeit in der Ressortabstimmung haben, einfügen können. Mein Ziel ist es, dass bis zur Jahresmitte rechtliche Klarheit geschaffen ist.
Die nächste Frage hat der Kollege Gerold Otten, AfD.
Meine Frage bezieht sich auf die Rechtfertigung der Luftangriffe gegen Syrien. Dabei wurde von französischer und US-amerikanischer Seite auf eine rote Linie verwiesen, die vom Assad-Regime überschritten worden sei. Demnach wurde der Angriff als politisch und moralisch gerechtfertigte Repressalie dargestellt. Großbritannien betont die Doktrin der humanitären Intervention und das Konzept der völkerrechtlichen Schutzverantwortung, um überwältigendem menschlichem Leid abzuhelfen. Demgegenüber beurteilt eine Vielzahl renommierter Völkerrechtler den Angriff als eindeutig völkerrechtswidrig. Die Argumentation der drei beteiligten Nationen ist nicht kohärent. Welche Argumentation unterstützt die Bundesregierung und warum?
Repressalien, hier militärische Vergeltungsschläge, sind grundsätzlich völkerrechtlich unzulässig, selbst dann, wenn eine zentrale Norm des Völkerrechts verletzt worden ist. Warum hat sich die Bundesregierung trotzdem hinter die Handlungen ihrer Verbündeten gestellt? Wie bewertet die Bundesregierung den Militärschlag völkerrechtlich?
Herr Kollege, darf ich einen Vorschlag machen?
Warum fand der Militärschlag zeitlich vor einer Untersuchung in Syrien durch die Organisation OPCW statt?
Herr Kollege, können Sie mir einen Moment zuhören?
Ja.
Wir sind in der Regierungsbefragung. Wir wollen eigentlich einzelne Fragen stellen, die dann auch jeweils im Rhythmus von maximal einer Minute beantwortet werden können. Wenn Sie einen ganzen Fragekatalog vorlesen, kann die Regierung nicht vernünftig antworten. Können wir es bei den jetzt gestellten Fragen belassen?
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Herr Präsident, ich hatte zwei Fragen gestellt, und diese möchte ich jetzt beantwortet haben – speziell zum völkerrechtlichen Aspekt.
Danke.
Die haben Sie jetzt gestellt. Wer antwortet? – Herr Staatsminister Roth.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter, ich verweise schon einmal vorsichtshalber darauf, dass diese Frage nachher auch in der Fragestunde aufgerufen wird. Insofern können wir uns darüber dann auch noch einmal entsprechend austauschen.
Die Luftangriffe der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und Großbritanniens waren eine Reaktion auf den Einsatz von geächteten und terrorverbreitenden Chemiewaffen durch das Assad-Regime in der syrischen Stadt Duma.
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– Wir haben entsprechende Beweise. Die uns vorliegenden Informationen begründen zumindest unsere Beurteilung, dass es sich dabei um eine angemessene und notwendige Reaktion handelt.
Dieser erneute Chemiewaffeneinsatz durch das Assad-Regime ist ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und das Chemiewaffenübereinkommen und darf nicht folgenlos bleiben.
Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Staatsminister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir gleich auch die Fragestunde haben. Eigentlich sind wir schon dabei, die Zeit für die Fragestunde zu verkürzen. Ich habe noch eine Fülle von Fragen vorliegen. Mein Vorschlag zur Güte wäre, dass wir noch maximal bis 14.05 Uhr Fragen im Rahmen der Regierungsbefragung behandeln und dann zur Fragestunde übergehen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Die nächste Frage hat die Kollegin Katja Suding, FDP.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe eine Frage zum § 219a Strafgesetzbuch. Wir haben von der Justizministerin in der „Rheinischen Post“ gehört, dass ihr Ministerium gerade an einem Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Paragrafen arbeitet. Auch Familienministerin Giffey hat in einem Facebook-Post durchblicken lassen, dass sie sich eine Reform oder die Abschaffung des Paragrafen wünscht. Gesundheitsminister Spahn hat uns aber über die „Bild“-Zeitung wissen lassen, dass er sich einen leichteren Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche auch ohne jegliche Änderung von Gesetzen vorstellen kann. Das ist ein sehr diffuses Bild.
Ich würde gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung zu § 219a StGB vertritt und wie der Zeitplan aussieht. Wir haben ja aus den Regierungsfraktionen gehört, dass man sich durch einen Vorstandsbeschluss der SPD nicht unter Druck setzen lassen wolle. Da wurde eine Frist bis Herbst genannt. Wenn das offenbar schon als Druck empfunden wird, würde ich gerne wissen, wie der Zeitplan aussieht und ob man das Projekt auf die lange Bank schieben möchte.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin, die Koalitionsfraktionen haben die Bundesregierung gebeten, zum § 219a Strafgesetzbuch einen entsprechenden Vorschlag zu erarbeiten. Wir sind im Augenblick dabei, dies zu tun, und befinden uns in der Ressortabstimmung.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat die Kollegin Rottmann, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, bei der Ankündigung eines ordentlichen und zügigen Verfahrens hinsichtlich der Musterfeststellungsklage klingen mir die Ohren, vor allem, wenn ich an die vielen offenen Fragen aus der letzten Woche denke, die immer auf das parlamentarische Verfahren zurückgeführt wurden. Können Sie uns zusichern, dass es ein Gesetzgebungsverfahren sein wird, bei dem die erste Lesung im Bundesrat stattfinden wird, das heißt, Sie nicht den Weg über die Fraktionen gehen? Denn zum Beispiel bei der Frage „Sind die Landgerichte oder die obersten Landesgerichte als Eingangsinstanzen zuständig?“ sind die Länder ja intensiv betroffen. Oder holen wir die jeweils neuen Listen der Klagebefugten jeden Mittwochmorgen kopierwarm ab?
Frau Kollegin, wenn Sie bitte gestatten würden: Auch die Bundesregierung kann nicht zusagen, dass es aus der Mitte des Bundestags keine Gesetzgebungsinitiativen gibt. Darauf müssen wir als Abgeordnete schon achten. – Herr Bundesminister, wollen Sie trotzdem noch antworten?
Nein.
Danke sehr. – Dann gebe ich die nächste Frage dem Kollegen Stephan Thomae, FDP.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe eine Frage: Der türkische Außenminister hat angekündigt, in Solingen eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 15. Jahrestages des dortigen Brandanschlages zu besuchen. So weit, so gut. Wir haben anlässlich des Verfassungsreferendums in der Türkei im Jahr 2017 unsere Erfahrungen mit Besuchen türkischer Politiker im Vorfeld solcher Abstimmungen gemacht. Deswegen meine Frage: Zieht die Bundesregierung in Betracht, im Einzelfall türkischen Politikern die Einreise nach Deutschland zu verweigern, wenn zu erwarten ist oder jedenfalls die Befürchtung im Raume steht, dass ein solcher Besuch auch für Wahlkampfzwecke verwendet werden kann? Wird insbesondere auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, falls türkische Politiker an nicht genuinen Wahlkampfveranstaltungen, Strohmannveranstaltungen teilnehmen, ein Auftrittsverbot innerhalb der letzten drei Monate vor einem solchen Wahl- oder Abstimmungstermin auszusprechen, und welche Vorkehrungen sollten oder könnten getroffen werden, um dies im Vorfeld zu unterbinden?
Vielen Dank. – Ich vermute, Herr Staatsminister Roth, dass Sie uns die Freude machen, auf die Frage zu antworten.
Herr Präsident! Ob ich mit meiner Antwort allen eine Freude mache, da bin ich mir noch nicht ganz sicher, aber, Herr Kollege Thomae, ich versuche, eine Antwort zu geben.
Sie alle wissen um die Ereignisse im vergangenen Jahr. Darauf hat die Bundesregierung reagiert. Es gibt eine entsprechende Rundnote des Auswärtigen Amts, die Wahlkampfveranstaltungen von Amtspersonen ab drei Monate vor dem Wahltermin grundsätzlich ausschließt. Dies gilt nicht nur für ein Land, sondern das gilt grundsätzlich auch für Amtspersonen aus allen Ländern außerhalb der Europäischen Union. Diese Rundnote gilt nach wie vor. Das heißt: Amtspersonen können hier keine Wahlkampfaktivitäten vornehmen. Punkt! Das weiß im Übrigen auch die türkische Botschaft, und das wissen auch alle anderen Verantwortlichen in der Türkei. Im Übrigen hat Außenminister Heiko Maas bei seiner Begegnung mit dem türkischen Außenminister, die gestern stattgefunden hat, darauf hingewiesen.
Die Veranstaltung von Solingen hat einen ganz anderen Charakter. Die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen, der meines Wissens auch Repräsentanten Ihrer Partei angehören, hat türkische Vertreter zu dieser Gedenkveranstaltung eingeladen. Diese Einladung ist schon vor der Ankündigung ausgesprochen worden, dass es im Juni 2018 vorgezogene Wahlen in der Türkei gibt, und ich sehe erst einmal keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sich alle Repräsentanten, die dort eine Rede halten werden, auf den eigentlichen dramatisch-traurigen Anlass beziehen, der dazu geführt hat, dass man an die Ereignisse von Solingen erinnert.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Auch für die Freude, die Sie uns machen wollen, gilt die Redezeitbegrenzung. – Jetzt hat nach unserer Verabredung zur letzten Frage in dieser Regierungsbefragung der Kollege Martin Hess, AfD, das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe eine Frage an den Vertreter des Bundesinnenministeriums. In den letzten Monaten wurden vermehrt linksextremistische Angriffe auf polizeiliche Einrichtungen und Polizeibeamte durchgeführt. Exemplarisch möchte ich nennen: die massiven mehrtägigen Angriffe auf Polizeistreifen in Berlin, die Angriffe mit Flaschen und Feuerwerkskörpern auf Polizisten in Hamburg, den Brandanschlag auf Telekommunikationseinrichtungen der Polizei in Leipzig und einen Angriff mit Steinen auf den Polizeiposten in Leipzig-Connewitz.
Darüber hinaus wurde am 13. April von Linksextremisten über indymedia ein Gewaltaufruf gegen Polizeibeamte veröffentlicht, in dem Polizeibeamte als „durch die Stadt streifende Schweine“ und „verachtenswerte Subjekte“ bezeichnet werden, denen man ihre Streifenfahrt durchgängig zur Gefahr machen müsse.
Meine Frage an Sie: Sind Sie der Auffassung, dass die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des Linksextremismus angesichts dieser Vorfälle ausreichend sind? Oder erkennen Sie nicht vielmehr dringenden Optimierungsbedarf? Falls Sie die letzte Frage mit Ja beantworten: Welche Maßnahmen wären Ihres Erachtens umzusetzen, um diese inakzeptablen und nicht hinnehmbaren Vorfälle zukünftig effektiv und nachhaltig zu unterbinden?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Kollege, wir haben uns hier im Deutschen Bundestag leider schon öfter mit diesem Themenkreis befassen müssen. Der Bundesregierung sind im Koalitionsvertrag auch zu diesem Themenkreis Hausaufgaben aufgegeben worden. Wir sind derzeit in Abstimmung mit anderen Ressorts und in der Besprechung, wie wir in diesem Bereich künftig zu weiteren Verbesserungen kommen können.
Herzlichen Dank. – Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Schulze, Sie bezeichneten am Wochenende die Idee eines CO2-Preises als sehr einleuchtend. Ein wahres Wort, gelassen ausgesprochen. Umso bemerkenswerter ist Ihre Gelassenheit angesichts der Aussagen Ihres Koalitionspartners.
Laute Bekenntnisse zum Klimaziel 2030, keine erkennbaren Bemühungen, dem 2020-Ziel näherzukommen, und durchweg Bedenken bei jeder Maßnahme, die konkreter wird als die Einrichtung einer Kommission: Das ist zu wenig;
({0})
denn gerade die Blockade eines wirksamen CO2-Preises ist aus drei Blickwinkeln falsch.
Sie ist erstens schäbig, weil wir doch Anfang des Jahres zusammen mit der Assemblée nationale in der Resolution zum Élysée-Vertrag „gemeinsame Initiativen insbesondere zum CO2-Preis“ gefordert haben. Jetzt herrscht Schweigen im Walde, so auch wieder die offizielle Aussage zum Treffen von Macron und Merkel letzte Woche. Es ist schäbig, unser Wort gegenüber unseren französischen Partnern so gering zu schätzen.
({1})
Zweitens macht Ihr Umgang mit dem CO2-Preis Deutschland völlig ohne Grund klein; denn gemäß Koalitionsvertrag wollen Sie den CO2-Preis nur mit der Zustimmung der G-20-Länder. Sie wollen also auf Trump warten? Eine marktwirtschaftliche Klimaschutzpolitik machen Sie von den Launen dieses amerikanischen Präsidenten abhängig? Damit machen Sie sich selbst schwächer als das berühmte Kaninchen vor der Schlange.
({2})
Jetzt kommen Sie bitte nicht mit der alten Leier, ein CO2-Preis gehe nur global oder mit Trump. Mehrere Nachbarländer warten auf uns. UK hat schon einen CO2-Preis, die Niederlande wollen ihn dieses Jahr umsetzen, 87 Länder wollen derzeit einen CO2-Preis einführen. Das ist wirklich ein altes Argument.
Drittens ist die Ablehnung eines CO2-Preises vor allem hochgradig irrational. CO2-Preis, das ist Marktwirtschaft. Marktwirtschaft und Klimaziele, das geht nicht ohne CO2-Preis. Was von beidem haben Sie eigentlich aufgegeben? Seien Sie doch endlich ehrlich!
({3})
Jeder Weg zu den Klimazielen ohne eine wirksame CO2-Bepreisung wäre teurer, wäre weniger technologieoffen, er wäre marktferner und mit gigantischen Subventionen behaftet. Immer wieder kommen Erfinder zu mir und sagen: Hier, ich habe eine tolle Energiespartechnologie, aber sie setzt sich im Markt nicht durch. – Üblicherweise steht das dann im Zusammenhang mit der Forderung nach Subventionen. Subventionen für jede einzelne Technologie, ist das Ihre Vorstellung von Wirtschaftspolitik? Wollen Sie eine Flut von Subventionen anstelle klarer Marktsignale? Wir wollen das nicht.
({4})
Ich fürchte, Sie nehmen den Klimaschutz nicht ernst, und das ist für unser Land und unsere Wirtschaft eine katastrophale Nachricht. Klimaschutz ist knallharte Realpolitik, Klimaschutz ist Sicherheitspolitik, bedeutet Bekämpfung der Fluchtursachen, ist Naturschutz, ist Wirtschaftspolitik. Wir sind derzeit weit davon entfernt, die Erhitzung auf 2 Grad zu begrenzen; wir befinden uns auf einem 4-Grad-Pfad. Ein Baby, das heute geboren wird, hat eine Lebenserwartung bis 2100. Schon für diese Menschen wären die Auswirkungen der Klimakrise verheerend, und die wirtschaftlichen Schäden wären um ein Vielfaches höher als die Kosten eines CO2-Preises, und die finanziellen Mittel daraus kann man wenigstens wieder ausgeben. Wir wollen die Einnahmen nämlich investieren und sie den Bürgern und den Unternehmen zurückgeben.
Öffnen Sie sich bitte im Interesse aller Kinder dieser Welt; auch derer, die heute schon leben, denen Sie am Wochenende begegnen, und auch der Enkelkinder. Öffnen Sie sich dem Charme des logischen Denkens. Folgen Sie dem Aufruf Ihres eigenen Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt, der Forderung von 52 Unternehmen und Verbänden im letzten November, der IHK Hamburg mit 162 000 Mitgliedsunternehmen, des BDEW und vielen, vielen mehr. Setzen Sie sich ein für einen wirksamen CO2-Preis.
({5})
Liebe Abgeordnete von Union und SPD, Sie stellen die Regierung. Das bedeutet Verantwortung für die Rahmenbedingungen, das bedeutet Rückgrat, und das bedeutet Blick für die einfachen und guten Lösungen. All die Innovationen in der Pipeline warten nur darauf, dass endlich ein ehrlicher Markt geschaffen wird. Schaffen Sie ihn! Dann hat sich diese Legislatur für Deutschland gelohnt.
Herzlichen Dank.
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Herzlichen Dank, Frau Kollegin Nestle. – Als Nächstes für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Georg Nüßlein.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Zunächst mal: Ich kann Ihnen nicht präzise sagen, was die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema ist. Ich kann Ihnen aber sagen, was die Haltung einer der diese Bundesregierung tragenden Fraktionen, nämlich der CDU/CSU, ist. Es macht Sinn, wenn man die Haltung von Regierung und Fraktionen abgleicht.
Ich will mit einem Kompliment beginnen, das ich der Bundesumweltministerin machen möchte. Sie gehört zu den ersten Ministern, die die soziale Dimension des Themas Klima- und Umweltschutz in den Vordergrund stellt. Ich halte das für ausgesprochen wichtig. Ich habe mich schon in den Koalitionsverhandlungen darüber gefreut, dass die Diskussion über das Thema Klimaschutz in Verbindung mit dem Thema wirtschaftliche Konsequenzen und Verhinderung von Carbon Leakage mit der SPD um Klassen einfacher zu verhandeln war als mit den Grünen. Die SPD hat sehr viel klarer das Thema Arbeitsplätze im Blick. Sie will verhindern, dass Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden und dass die nationale Statistik zum Klimaschutz auf diese Weise bereinigt wird.
Ich finde es bemerkenswert, Frau Ministerin, dass Sie die soziale Dimension in den Vordergrund stellen. Wenn man konsequent darüber nachdenkt, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass eine nationale CO2-Abgabe in diesem Zusammenhang unsozial ist. Natürlich ist das aus der Vogelperspektive der Politik ganz einfach. Da heißt es: Wir gestalten das aufkommensneutral, wir verteuern die fossilen Brennstoffe und verbilligen den erneuerbaren Strom; das ist vermutlich die Idee dahinter. Die politische Vogelperspektive mag so sein, für den Einzelnen aber, für den Mieter, dessen Heizkosten steigen, für denjenigen, der sich keine neue Heizung leisten kann, oder für denjenigen, der ein Problem mit seinem Auto bekommt und es nicht ersetzen kann, ist diese Vogelperspektive die falsche.
({0})
Deshalb sage ich Ihnen: Das, was Sie als aufkommensneutral beschreiben, hat am Ende mit Aufkommensneutralität nichts zu tun. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Es wird zu einer zusätzlichen Belastung der Bürgerinnen und Bürger kommen, und das lehne ich ganz klar ab.
Wir wollen keine zusätzlichen nationalen Alleingänge, sondern wir nehmen zur Kenntnis – und ich bitte Sie, das auch zu tun –, dass sich der CO2-Preis im ETS deutlich erhöht hat. Momentan liegt er bei knapp 13 Euro; von wegen, er dümpelt bei 4 bis 5 Euro dahin, wie Sie das immer behauptet haben.
Der Klimaschutz ist ein internationales Thema, das man international angehen muss. Deshalb muss auch die Bepreisung international sein und ein gleiches Spielfeld für alle, auch für unsere Wirtschaft, bieten. Ich glaube, hier sind wir auf einem ganz guten Weg.
({1})
Die Kollegin Nestle spricht von Subventionen. Was meinen Sie denn damit? Die EEG-Förderung ist schwerpunktmäßig nicht unsere Idee gewesen.
({2})
Sie wollen jetzt die Subventionen gegensubventionieren.
({3})
Sie wollen das Problem kaschieren, nämlich dass wir EEG-bedingt steigende Strompreise haben.
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Ich sage Ihnen: Wir wollen es nicht kaschieren, sondern wir wollen daran arbeiten, dass die Preise sinken. Wir wollen, dass die Erneuerbaren so schnell wie möglich im Wettbewerb bestehen können. Auch da sind wir – das müssten Sie auch einmal einräumen – auf einem guten Weg. Warum sollten wir plötzlich etwas anderes machen, als dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu einer weiteren dramatischen Verteuerung kommt? Wir sollten die Dinge nicht kaschieren. Statt an den Symptomen sollten wir an den Grundlagen arbeiten. Das halte ich für richtig und wichtig.
({5})
– Wir sind doch dabei.
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Seien Sie doch ein bisschen gnädig mit uns. Wir haben erst vor kurzem mit dem Regieren angefangen,
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und Sie bekritteln schon jetzt den Fortgang in dieser Sache. Ich sage Ihnen, da ich die Sondierungsgespräche vom Anfang bis zum bitteren Ende mitgemacht habe: Mit Ihnen wäre an dieser Stelle gar nichts gegangen.
({8})
In den Sondierungsgesprächen haben wir nichts erreicht. Wir sind nicht über die Diskussion hinausgekommen, wie groß die Lücke ist und was wir tun können, damit Sie die Botschaft verbreiten können: Wir Grüne haben den Ausstieg geschafft.
Ich sage Ihnen: Das Land braucht keinen zusätzlichen Ausstieg, das Land braucht Einstieg. Das heißt nicht, dass wir nicht die Kohleverstromung reduzieren müssen, aber wir müssen uns überlegen, wo wir überall einsteigen wollen, was wir in Zukunft tun wollen; denn Klimaschutz erreichen wir nur auf einem technologischen Weg. Wir müssen Technologien entwickeln, die uns am Schluss auch andere Staaten abkaufen, und zwar sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in dem Glauben daran, dass sie etwas bringen.
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Da sind wir auf einem besseren Weg als Sie mit Ihren Ideologien. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich unterstreichen.
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Herzlichen Dank, Herr Kollege Nüßlein. – Als Nächstes Karsten Hilse für die AfD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Idee, CO2-Emissionen durch willkürliche Kostenbelastungen teuer zu machen, ist nicht neu. Wann immer die Finanzmittel knapp waren oder wenn es irgendeinen Unsinn zu finanzieren galt, handelten findige Staatsbeamte nach der Regel: Belaste irgendeinen wichtigen Stoff mit willkürlichen Steuern oder Abgaben, dann werden Einnahmen erzielt, die sonst nicht zu erzielen wären. Die Sektsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsmarine ist ein bekanntes, unrühmliches Beispiel dafür. Die gibt es noch heute, obwohl die deutsche Marine schon mindestens zweimal untergegangen ist; aber sie erfüllt ihren eigentlichen Zweck nach wie vor, nämlich viel Geld in die Taschen des Staates zu lenken.
Immer werden uns Steuern und Abgaben als Mittel zur Erreichung eines edlen Zweckes verkauft: 1902, um mit wehenden Fahnen in den nächsten Krieg zu ziehen, und seit circa 30 Jahren, um das Klima zu retten – ein edles, aber sinnfreies Ziel.
({0})
Wer denkt nicht gern zurück an die Ökosteuer, die uns gleich als doppelt edel verkauft wurde: Sie sollte die Rente sicherer machen und gleichzeitig den Treibstoffverbrauch reduzieren. Beides wurde nicht erreicht. Eines aber schon: Das Steuergeld fließt, fließt und fließt.
Mit der CO2-Abgabe will man dasselbe erreichen. Vordergründig sollen natürlich die CO2-Emissionen gesenkt werden, obwohl diese niemandem etwas zuleide tun. Nein, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, Sie tun auch dem Klima nichts zuleide. Im Gegenteil: Je effizienter eine Verbrennung stattfindet, umso besser ist die ökologische Gesamtbilanz. Dabei entsteht aber mehr CO2. Das ist eine physikalische Binsenweisheit und im Übrigen einer der Gründe, warum der Diesel lange auch von den in Biowolle gehüllten Klimaanalysten hochgelobt wurde.
Diese Effizienz ist auch der Grund, warum viele Industriezweige in diesem Land immer noch existieren. Die Unternehmen sind noch konkurrenzfähig, weil alle Produktionsschritte auf höchste Effizienz getrimmt wurden – ohne Steuern auf CO2-Emissionen. Doch das würde die von der Umweltministerin geplante CO2-Abgabe drastisch ändern. Wenn die Betroffenen sich nicht wehren können, sie die Abgabe also nicht vermeiden können, dann werden sie versuchen, weniger CO2-Emissionen zu erzeugen. Da sie im Hochlohnland Deutschland bereits am Ende der Effizienzsteigerungen angelangt sind – alles hat irgendwo naturgesetzliche und ökonomische Grenzen –, werden sie die Vermeidung auf die Spitze treiben und das Land einfach verlassen und mit ihnen erst Zigtausende, dann Hunderttausende und dann Millionen wertschöpfende Arbeitsplätze. – Und Sie alle tragen die Verantwortung dafür.
({1})
Von den Grünen ist man so ein Verhalten ja gewöhnt, heißt doch der Grüne Dreiklang seit eh und je: Dramatisieren, Drangsalieren und Abkassieren. Ihrem Sekundärziel, Deutschland – bildlich gesehen – in einen Rübenacker zu verwandeln, kommen Sie mit Ihrem Vorhaben natürlich näher.
({2})
Dass dabei an vorderster Front eine SPD-Ministerin mitmacht, deren soziales Herz eigentlich für die Arbeiter und deren Familien schlagen sollte, wundert eigentlich auch niemanden mehr. Der Wahlspruch unserer Gruppe „Arbeitnehmer in der AfD“ stimmt halt, der da lautet: Das neue Rot der Arbeitnehmer ist blau.
({3})
Wer die vermeintliche Rettung des Klimas über die Arbeitnehmerinteressen stellt, handelt nicht sozial, sondern asozial. Der sogenannte Klimaschutz hat bei den Altparteien Vorrang. Sie stellen die Ideologie über die Fakten. Die Fakten sind glasklar und auch ohne Klimatologiestudium für jeden mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar: Das Spurengas CO2 ist mit nur 0,04 Prozent in der Atmosphäre vorhanden; 97 Prozent aller CO2-Emissionen sind natürlichen Ursprungs. Wenn die Deutschen die auf sie entfallenden 0,06 Prozent nicht drastisch reduzieren, naht die Apokalypse – so die eindringliche Warnung.
({4})
Nebenbei: CO2 ist gleichzeitig der Pflanzendünger schlechthin.
({5})
Die gesamte Biomasse der Erde besteht aus dem „C“ des CO2 . Das ist auch die einzig reale, echt nachgewiesene Wirkung dieses sonst so harmlosen Stoffes. In Gewächshäusern werden die CO2-Konzentrationen erhöht. Je nach Sorte und Jahreszeit werden da Konzentrationen zwischen 0,06 und 0,12 Prozent, also ein Vielfaches des natürlichen Wertes, als ideal angesehen.
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Die Arbeitnehmer allerdings haben für diesen Klimairrsinn schon Hunderte Millionen Euro bezahlt, die in die Taschen weniger Gutverdiener geflossen sind. Mit einer CO2-Abgabe werden die Taschen der Arbeitnehmer leerer und die der Verdiener praller. Damit die Arbeitnehmer ihre Abgaben gutwillig zahlen, wird tagtäglich die Angst vor der herannahenden Apokalypse genährt. Ein heißer Sommer? Der anthropogene Klimawandel ist schuld. Der kälteste Frühlingsanfang seit 138 Jahren? Der anthropogene Klimawandel ist schuld. Die Temperatur stagniert seit 15 Jahren? Ignorieren wir einfach.
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Der anthropogene Klimawandel – das wissen Sie – wird nur in Computerklimamodellen nachgewiesen, die nicht einmal das Klima der Vergangenheit richtig berechnen können.
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Ansonsten gibt es nichts – keinen Beweis, kein Experiment, keine Beobachtung –, was diese Behauptung belegt.
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Man findet sie auch nicht in einem der bisher fünf IPCC-Berichte – nichts, nada, niente. Liebe Ministerin, deswegen: Hände weg von einer CO2-Abgabe!
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Sie vernichtet Arbeitsplätze und hilft dem Klima kein bisschen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Vielen Dank, Herr Kollege Hilse. – Ihnen auch von mir einen schönen Nachmittag, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die nächste Rednerin ist die Bundesministerin Svenja Schulze. – Frau Schulze, Sie haben das Wort.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über eine Aktuelle Stunde zu der Idee der CO2-Bepreisung, weil dies genau die Debatte ist, die wir brauchen, um Klimaschutz wirklich voranzutreiben.
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Das ist das klare Ziel unserer Koalition. Wir wollen die Ziele 2030 ganz, ganz sicher erreichen. Dazu werden wir auch neue Wege gehen müssen – ich glaube, das ist allen klar –: mit innovativen Neuerungen für die Industrie, bei der Energieeffizienz, beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Und wir müssen das – da bin ich mir mit Herrn Nüßlein sehr einig – technologieoffen machen. Wir wissen heute noch nicht, welche Technologien uns da wirklich helfen.
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Aber genauso plädiere ich dafür, für soziale Innovationen offen zu sein und nicht direkt zu sagen, dass das nicht geht.
Marktmechanismen sind ein guter Ideenmotor. Ein Weg dorthin ist zum Beispiel eine CO2-Bepreisung. Was bedeutet das denn ganz konkret? Dass so viel Kohlenstoffdioxid, also CO2 , ausgestoßen wird, ist die Hauptursache für den Klimawandel. Indem der Ausstoß von CO2 einen Preis bekommt, soll ein Anreiz dafür gegeben werden, den Ausstoß zu verringern oder sogar zu verhindern. Genau das passiert bei der Energieerzeugung und bei einem Großteil der Industrie durch den europäischen Emissionshandel. Das ist etwas, was schon läuft. Da hat es Anfangsschwierigkeiten gegeben, ja. Deshalb haben wir den europäischen Emissionshandel gerade reformiert. Ein erstes Ergebnis sind tatsächlich steigende CO2-Preise; in den letzten Monaten kam es in etwa zu einer Verdopplung.
Wenn das bei der Energieerzeugung und bei einem Großteil der Industrie funktioniert, ist es, wie ich finde, logisch, dass man auch darüber nachdenkt, welche weiteren Ansätze der CO2-Bepreisung wir finden können und wo wir von Erfahrungen anderer Länder wirklich profitieren können. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag festgehalten, uns dieses Instrument für Deutschland anzuschauen, natürlich in enger Absprache mit Frankreich, das uns hierbei schon die Zusammenarbeit angeboten hat. Mir geht es dabei darum, dass wir nicht nur auf die Stromerzeugung schauen – das ist ein Bereich, der unseren französischen Kollegen natürlich sehr wichtig ist –, sondern uns das Ganze auch einmal sehr genau für alle Sektoren ansehen.
Wir sollten zum Beispiel über den Wärme- und den Verkehrsbereich sprechen. Auch in diesen Bereichen brauchen wir noch mehr Anreize für den Einsatz klimafreundlicher Technologien. Es ist doch sehr klar zu sehen, dass es hier im Laufe der Jahre zu einer Schieflage gekommen ist. In unserem Stromnetz haben wir glücklicherweise immer mehr erneuerbaren Strom. Im Augenblick sind es schon 35 Prozent; im Koalitionsvertrag haben wir bis 2030 als Ziel 65 Prozent festgelegt. Wir werden aber die Klimaschutzziele im Verkehr, bei der Raumwärme und beim Gewerbe nur durch eine zunehmende Elektrifizierung erreichen. Da macht es doch eigentlich wenig Sinn, dass wir den Strom mit Steuern, Abgaben und Umlagen deutlich belasten, während wir die fossilen Energieträger nicht mit einem angemessenen CO2-Preis belegen;
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denn genau das führt dazu, dass klimafreundliche Technologien wie effiziente Elektroautos und Wärmepumpen häufig benachteiligt werden und nicht so konkurrenzfähig sind, wie wir uns das eigentlich wünschen sollten. Darum sollten wir die Kosten der Energiewende stärker vom erneuerbaren Strom auf die fossilen Energieträger in allen Sektoren verlagern.
Um es deutlich zu sagen: Ich will, dass wir darüber diskutieren, welche Modelle es eigentlich für CO2-Preise gibt, die die Bürgerinnen und Bürger nicht stärker belasten und trotzdem Anreize bieten, CO2 zu reduzieren. Für mich als Sozialdemokratin ist vollkommen klar: Unter dem Strich darf es nicht so sein, dass Menschen mit geringerem Einkommen wirklich zusätzlich belastet werden. Das ist keineswegs einfach zu machen. Gerade deshalb müssen wir diskutieren, und deswegen müssen wir offen sein für solche Diskussionen.
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Meine Damen und Herren, wir wären auch nicht die Ersten. Es gibt bereits einige Länder, die – teilweise vor vielen Jahren – erfolgreich das Instrument der CO2-Bepreisung eingeführt haben. Schweden hat schon 1991 eine CO2-Steuer eingeführt und gute Erfahrungen damit gemacht. Das ist ein ganz zentraler Baustein der schwedischen Klimapolitik. Insbesondere im Wärmesektor hat sie zu einem weiteren Umstieg auf erneuerbare Energien geführt; und das müsste im Endeffekt ja auch für uns wichtig sein.
Inzwischen hat Schweden sogar das Ziel ausgegeben, der erste Wohlfahrtsstaat ohne fossile Energien zu werden, und zwar in erster Linie, weil die Verantwortung für die heutigen Umweltprobleme nicht auf zukünftige Generationen abgeschoben werden sollte. Diesen Gedanken, dass wir hier eine Generationenverantwortung haben, finde ich auch wichtig.
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Mit diesem Weg ist es in Schweden gelungen, immense Investitionen in Umwelttechnologien auszulösen, die die Wettbewerbsfähigkeit von Schweden stärken. Unser Interesse muss doch sein, unsere Industrie zu stärken, unsere Umwelttechnologie nach vorne zu bringen. Deswegen möchte ich, dass wir darüber offen diskutieren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns deswegen hier im Deutschen Bundestag offen darüber diskutieren, welches wirklich die besten Ideen sind. Das ist schon deshalb notwendig, weil hier im Haus auch Abgeordnete sind, die den Klimawandel und den Anteil der Menschen daran wiederholt geleugnet haben. Umso mehr müssen wir darüber sprechen.
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Klar ist, dass unser derzeitiges System der Bepreisung von fossilen und erneuerbaren Energien nicht auf ewig so bleiben kann, wie es ist. Es bietet keine passenden Antworten auf die entscheidenden Fragen der Zukunft. Es geht darum, wie wir den Übergang von den fossilen zu den erneuerbaren Energien schaffen können, wie wir unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern, wie wir dafür sorgen, dass unsere Industrie hier im internationalen Wettbewerb wirklich bestehen kann, und wie wir gleichzeitig die ökologischen Grenzen unseres Planeten respektieren.
Ich für meinen Teil bin bereit, mich einer offenen Debatte und einer offenen Diskussion darüber zu stellen. Ich freue mich darüber, dass der Bundestag das auch tut.
Ganz herzlichen Dank.
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Vielen Dank, Svenja Schulze. – Nächster Redner: Dr. Lukas Köhler für die FDP-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, vielen lieben Dank, dass Sie uns nach diesem kleinen Ausflug in die rosarote Traumwelt der AfD wieder in die Realität zurückgeholt haben.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir die Emissionen senken wollen, ist die CO2-Bepreisung in allen Sektoren genau der richtige Weg. Aber: Wann immer über den CO2-Preis geredet wird, ist Vorsicht geboten; denn auch wenn zwei Leute „CO2-Preis“ sagen, ist es nicht notwendigerweise so, dass sie genau das Gleiche meinen. Einige reden von einer CO2-Steuer, die sie dann gerne als CO2-Abgabe oder Mindestpreis tarnen; das ist ein politisch festgelegter Preis. Wir Freie Demokraten dagegen meinen einen Preis, der auf marktwirtschaftliche Weise zustande kommt. Wir setzen auf den Emissionshandel, in dem nicht der Preis, sondern die Gesamtmenge an Emissionen von der Politik bestimmt wird.
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Denn für das Klima ist es doch völlig egal, wie viel 1 Tonne CO2 gekostet hat. Wichtig ist nur, wie viel in die Atmosphäre gelangt. Genau da setzt der Emissionshandel an. Das ist eine smarte Klimapolitik; denn diese Politik führt dazu, dass unsere Tüftler und Ingenieure die richtigen Anreize haben, nach den besten Mitteln und Wegen zu suchen, um CO2 zu reduzieren.
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– Exakt. Dazu komme ich gleich. – Als Politiker sollten wir uns lieber nicht überschätzen, indem wir meinen, wir wüssten selbst, wo das am besten geht.
Meine Damen und Herren, alle Zahlen belegen: Die CO2-Emissionen sind in der Vergangenheit vor allem dort gesunken, wo wir den Emissionshandel bereits haben. Und das ist kein Zufall. Denn die Bundesregierung hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie kürzlich in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Emissionshandel gesagt hat – ich zitiere –: Dadurch ist „das Erreichen der im System gesetzten Ziele durch das Instrument sichergestellt“. Das ist eine Klimapolitik, die sich am Ergebnis und nicht am Werkzeug orientiert. Wir wissen, wie viel CO2 wir noch ausstoßen dürfen, um unsere Klimaziele für 2030 und 2050 aus dem Paris-Abkommen zu erreichen.
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Dagegen kann niemand auch nur halbwegs verlässlich sagen, wie hoch eine Steuer sein muss, damit dieses Instrument zu den notwendigen CO2-Reduktionen führt.
In der ganzen Diskussion über die richtige Höhe der Steuer wird aber deutlich: Bei einer Steuerung über den Preis muss die Abgabe so hoch sein, dass sie kaum noch sozial verträglich und zugleich unbürokratisch ausgestaltet werden kann. Letztlich funktioniert die CO2-Steuer nur nach dem Prinzip „Trial and Error“. Politik nach diesem Prinzip war noch nie sonderlich erfolgreich.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich müssen wir insbesondere die Emissionen im Verkehr dringend senken; denn hier waren sie in den vergangenen Jahren sogar deutlich höher als 1990. Daher frage ich mich, warum die Bundesregierung nicht auch hier auf das Instrument zurückgreift, das sie selbst als so erfolgreich gelobt hat. Der Vorschlag, den Verkehr in den Emissionshandel aufzunehmen, liegt auf dem Tisch. Sie müssen ihn nur umsetzen. Und Sie wissen auch, dass Sie die Verantwortung nicht einfach auf die europäische Ebene abschieben können – nach dem Motto „Wir würden ja gerne, aber die anderen machen nicht mit“. Denn Artikel 24 der Emissionshandelsrichtlinie erlaubt es, den Emissionshandel zunächst nur auf nationaler Ebene auf andere Sektoren auszuweiten. Damit würden Sie gleichzeitig ein starkes Signal in Richtung unserer europäischen Partner senden. Denn das Ziel muss natürlich sein – da stimme ich Ihnen voll und ganz zu –, einen europaweit, ja schnellstmöglich einen weltweit einheitlichen CO2-Preis hinzubekommen.
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Wenn es Ihnen, meine Damen und Herren, im Ernst um den Klimaschutz geht, dann lassen Sie uns mit der Aufnahme des Verkehrssektors in den Emissionshandel beginnen; denn a) wäre dann sichergestellt, dass wir die Einsparziele erreichen, b) können wir es dann den Technikern statt den Technokraten überlassen, wie sie diese Ziele genau erreichen, c) können Sie dann sehr viel Bürokratie, Subventionen, Überregulierung und Verbote einsparen und stattdessen auf ein einfaches verlässliches System setzen, und d) ist es dann möglich, die Sache in diesem Bereich aufkommensneutral zu gestalten, indem wir Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle entlasten.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein klares Ziel und ein System, das sicherstellt, dass dieses Ziel auch erreicht wird – das ist eine smarte und lösungsorientierte Klimapolitik. Bei der CO2-Steuer dagegen hoffen Sie darauf, dass der Zufall Ihnen hilft, die richtige Höhe zu treffen. Das ist, um es mit dem großen Philosophen Hilde Brunner zu sagen, Akupunktur mit der Mistgabel.
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– Fragen Sie doch gleich einfach nach. – Meine Damen und Herren, eine solche Politik ist mit den Freien Demokraten nicht zu machen. Wir wollen eine smarte, verlässliche und kluge Klimapolitik.
Vielen lieben Dank.
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Vielen Dank, lieber Lukas Köhler. – Nachgefragt wird dann im Ausschuss oder wo auch immer, aber nicht während der Aktuellen Stunde, wie die lieben Kolleginnen und Kollegen wissen.
Nächster Redner in der Debatte: Lorenz Gösta Beutin für die Fraktion Die Linke.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Frau Ministerin! Die Staaten der Welt haben 1990 beschlossen, die Produktion von FCKW zum Ende des 20. Jahrhunderts zu beenden. Das war das Ergebnis weltweiter Diskussionen. Das war das Ergebnis dramatischer Schilderungen der Auswirkungen des Ozonlochs. Ich nehme an: Wenn die Weltgemeinschaft damals lediglich einen Preis für FCKW festgelegt hätte, hätte sich das Ozonloch heute noch nicht geschlossen. Die Entscheidung 1990 war ein Sieg der menschlichen Vernunft. Es war ein Sieg in der Bekämpfung eines Menschheitsproblems. Genau diese Vernunft wünsche ich mir bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe.
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Wenn wir also nun über einen CO2-Preis reden, kommen wir nicht umhin, uns mit dem Stand der Energiewende zu beschäftigen. Die Expertenkommission der Bundesregierung hat 2017 vorgerechnet, dass wir das Tempo der Energiewende vervierfachen müssten, um die Klimaziele zu erreichen. Nun hat aber diese Bundesregierung nicht einmal den Mut, die Kommission, die über den Kohleausstieg beraten soll, tatsächlich auch so zu nennen. Nein, sie nennt sie lediglich Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Diese Koalition macht eine Politik der fossilen Vergangenheit. Sie tut so, als hätten wir eine zweite Erde. Wir haben aber nur eine Erde.
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Wie sähe also eine Politik der postfossilen Vernunft konkret aus?
Erstens. Diese Bundesregierung müsste den Mut haben, fossile Subventionen zurückzufahren.
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Sie müsste den Mut haben, sich mit der Kohlelobby anzulegen. Sie müsste den Mut haben, den Kohleausstieg jetzt einzuleiten, jetzt die 20 dreckigsten Braunkohlekraftwerke dichtzumachen.
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Zweitens. Vor allem sollte sich diese Bundesregierung vom Bundesverkehrswegeplan 2030 verabschieden, für den noch Herr Minister Dobrindt verantwortlich war. Dieser Bundesverkehrswegeplan setzt einen massiven Ausbau des Pkw-Verkehrs, des Individualverkehrs und des Schwerlastverkehrs voraus. Dieser Bundesverkehrswegeplan konterkariert die Energiewende, er steht ihr entgegen.
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Stattdessen brauchen wir eine ökologische Verkehrswende. Wir müssen Bus und Bahn attraktiver machen. Wir müssen die Städte attraktiver machen für Fußgängerinnen und Fußgänger, für Radfahrerinnen und Radfahrer. Und ja, wir brauchen auch den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr.
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Drittens. Besonders dringend brauchen wir eine Akzeptanz der Energiewende bei den einkommensschwachen Haushalten. Die Energiewende wird nur ein Erfolg, wenn sie auch sozial ist.
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Aber wie sieht es tatsächlich aus? Die Bundesregierung entlastet energieintensive Unternehmen von der EEG-Umlage. Milliardenkosten werden auf die Stromkunden in der Bundesrepublik umgelegt. Das ist nichts anderes als eine versteckte Industriesubvention. Bei den Verhandlungen auf EU-Ebene über ein Klimaschutzpaket, über das sogenannte Winterpaket, hat sich diese Bundesregierung, haben sich SPD und Union dafür eingesetzt, dass es keine Sozialtarife auf EU-Ebene geben sollte. Wir können Frankreich und anderen Staaten danken, dass sie sich gegen die Bundesregierung ausgesprochen haben.
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Diese Politik von SPD und Union ist unsozial. Sie begünstigt die Konzerne, zeigt aber einkommensschwachen Haushalten die kalte Schulter.
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Nun ist die Debatte über den CO2-Preis so alt wie der Emissionshandel. Er entfaltet keine Lenkungswirkung. Aber wir als Linke sagen ganz klar: Als zusätzliches Instrument wäre ein CO2-Mindestpreis denkbar, ein CO2-Mindestpreis, der die dreckigsten Braunkohlekraftwerke aus Wirtschaft und Industrie herausdrängt und dafür sorgt, dass diese Kraftwerke dichtgemacht werden.
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Aber ein CO2-Mindestpreis darf kein Ersatz für politisches Handeln sein. Wir werden als Linke weiter Druck machen, dass es zum Kohleausstieg kommt und ordnungsrechtliche Maßnahmen gibt. Ein CO2-Mindestpreis mag das gerne begleiten. Ich sage es noch einmal: Der Kampf gegen die Klimakatastrophe ist kein Pillepalle. Es geht dabei um ein Anliegen der gesamten Menschheit.
Vielen Dank.
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Vielen Dank, Lorenz Gösta Beutin. – Nächster Redner: der werte Kollege Jens Koeppen für die CDU/CSU-Fraktion.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine sehr einseitige und auch gewagte Aussage, liebe Frau Kollegin Nestle, dass Deutschland sich nicht zum Klimaschutz bekenne bzw. dass wir uns nicht zu unseren Klimaschutzmaßnahmen bekennen würden.
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Dabei wissen Sie doch ganz genau, wie komplex die Materie ist. Sie wissen auch genau, dass wir schon seit 1990 nahezu 30 Prozent der CO2-Emissionen reduziert haben,
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und das in einem Industrieland, in einem Wohlstandsland, in einem Land, wo Arbeitsplätze jetzt schon rar sind. Das ist doch eine Leistung, auf die wir uns berufen können.
Wir haben doch sehr viele Maßnahmen ergriffen. Sie alle kennen sie: das EEG, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, die KWK-Gesetzgebung, die EnEV, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das Klimaschutzkonzept Straßenverkehr, der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz und, und, und. Das wichtigste Instrument ist für mich in der Tat – es wurde ja angesprochen – der europäische Emissionshandel; denn er orientiert sich am Markt, und er ist technologieoffen, und er hat bis jetzt auch die besten Ergebnisse gebracht. Deswegen sagen wir: Klimapolitik muss europäisch geregelt werden,
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muss europäisch gedacht werden und gemacht werden. Aktionismus und nationale Alleingänge helfen dem Klima nicht; das wissen Sie auch. Und wenn sie auch noch so gut gemeint sind: Sie sind wirkungslos, sie schaden der Volkswirtschaft, und vor allen Dingen geht die Akzeptanz bei den Menschen mit höheren Preisen als Folge von Klimaschutzmaßnahmen verloren.
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In der Tat kann aber ein CO2-Bepreisungssystem, wenn es möglichst global ausgerichtet ist, marktwirtschaftlich und effizient sein. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem letzten Jahresgutachten dazu eindeutig Stellung bezogen – Zitat –:
Darüber hinaus ist es volkswirtschaftlich ineffizient, zunächst die globalen Klimaziele auf nationaler Ebene aufzuteilen und dann mit nicht international abgestimmten Maßnahmen umzusetzen.
Und weiter:
So könnte die Einführung eines globalen Emissionshandels oder einer globalen Steuer auf Schadstoffemissionen ... dazu beitragen, den Ausstoß an Treibhausgasen dort zu senken, wo dadurch die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten entstehen.
Eine nationale CO2-Abgabe hingegen wäre immens teuer. Sie würde den Wettbewerb verzerren, würde Arbeitsplätze gefährden, würde für andere wichtige Aufgaben das Geld blockieren und würde zum Klimaschutz quasi keinen Beitrag leisten. Einen solchen Lösungsansatz lehnen wir ab.
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Jetzt muss man noch eins bedenken, liebe Frau Kollegin Nestle: Ein CO2-Bepreisungssystem sollte niemals on top gesetzt werden, sondern sollte für sich allein wirken. Da bin ich auch bei Ihnen. Aber dann müssen wir auch konsequenterweise aus allen Maßnahmen, die ich eben genannt habe, aussteigen, und dann dürfen wir nur noch das CO2-Bepreisungssystem haben. Denn das wäre in der Tat technologieoffen.
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Das wäre auch ein Technologietreiber, und das wäre ein Marktinstrument, das für sich allein wirken würde.
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Ein CO2-Bepreisungssystem und ein Ausstieg aus allen Maßnahmen, die ich eben genannt habe – dann kommen wir sehr gern zusammen.
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Nationale Alleingänge sind nicht zielführend. Sie machen die Energiewende teuer und bringen uns nicht ans Ziel. So ist es auch mit den willkürlichen Ausbauzielen, die irgendwo festgelegt oder gewünscht werden. Wenn Windräder aufgestellt werden, die von diesen erzeugte Energie aber nicht genutzt wird, dann nützt das dem Klima nicht. Auch da heißt es: Nur nutzbare Energie darf vergütet werden. Das Ganze nützt auch nichts, wenn wir den Anlagenzubau nicht mit dem Netzausbau synchronisieren. Und zu den Kohlekraftwerken: Es nützt überhaupt nichts, wenn wir sie ausschalten und dann, wenn der Bedarf da ist, Kohlestrom aus dem Ausland beziehen. Das ist doch niemandem zu vermitteln.
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Insofern ist es doch sinnvoller, Kohlekraftwerke so zu fahren, dass sie netzdienlich sind, dass sie grundlastfähig sind, sodass man die Redispatch-Kosten senken und die Netze stabilisieren kann. Das ist doch viel sinnvoller, als zu sagen: Wir schalten die Kohlekraftwerke sofort ab.
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Noch eins, was mich immer wieder umtreibt: der Wald. Der Wald ist der größte CO2-Speicher, und Sie verlangen, dass im Wald Windkraftanlagen gebaut werden. Das ist absurd.
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Deswegen sagen wir: Wir müssen unsere Wälder schützen und dürfen dort keine Windkraftanlagen aufbauen.
Und dann noch eins: Die Menschen müssen wir mitnehmen. Das ist doch das Allerwichtigste. Wir müssen akzeptable Abstandsregelungen schaffen. Wenn wir dem Schreiadler 5 000 Meter Abstand geben, dann sind 1 500 Meter oder 2 000 Meter Abstand oder eben das Zehnfache der Nabenhöhe wohl das Mindeste, was wir den Menschen zugestehen sollten.
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Meine Damen und Herren, der Zuspruch für die Energiewende und die Klimapolitik in Deutschland wird nachhaltigen Schaden nehmen, wenn wir sie nicht wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Eine nationale CO2-Steuer wäre in diesem Kontext kontraproduktiv.
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Vielen Dank, Herr Kollege Koeppen. – Nächster Redner: Dr. Heiko Wildberg für die AfD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! CO2 , der Klimakiller per se, der Graus für die Menschheit, ein Klimahorrorszenario, das aufgrund von CO2 entworfen wird – darauf basieren die Klimamodelle, mit denen wir heute konfrontiert werden.
Wir haben eine Klimaschutzdiskussion, die hoch emotional geführt wird.
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Für manche hat diese Klimaschutzdiskussion schon fast religiösen Status – mit dem CO2 als Satanersatz,
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als großer Klimakiller. Diese, denke ich, müssen wir, zumindest wir von der AfD-Fraktion, von diesem ideologischen Ross herunterholen.
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Schauen wir doch einfach mal, was es mit dem CO2 in der Atmosphäre auf sich hat: Wir haben einen CO2-Gehalt von rund 400 ppm, also von 400 Teilen auf 1 Million Teile.
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Nur ein ganz kleiner Bruchteil dieser 400 Teile ist anthropogen. Wenn Ihre Klimamodelle stimmen würden – nehmen wir mal an: sie stimmen –, dann müsste beim Wegfall dieser paar ppm an anthropogenem CO2 unser Klimaproblem eigentlich gelöst sein. Das wäre ja wohl so. Das ist eine logische Schlussfolgerung. Jetzt schauen wir uns einfach mal an, ob das wirklich so ist.
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Eine von anthropogenem CO2 freie Atmosphäre sehen wir, wenn wir nur ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit gehen. Da gab es ein Auf und Ab beim Klima; ich erinnere nur an ein paar Sachen, zum Beispiel an das Klimaoptimum, wie der Fachmann sagt, also eine Warmzeit, bei den alten Römern, an ein Klimapessimum bei der Völkerwanderung, an die Abkühlung ab dem 14. Jahrhundert, möglicherweise die Ursache der Pest von 1348,
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und die dann folgende kalte Zeit vom 14. Jahrhundert bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Ich erinnere daran, dass Grönland „Grünland“ heißt, weil das wirklich mal eine grüne Insel war. Wir können daraus ersehen, dass auch ohne anthropogenes CO2 in der Atmosphäre das Klima mal nach oben, mal nach unten geht – mit entsprechenden Schwankungen des Meeresspiegels oder auch mit Eiszunahme oder Eisabnahme.
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Meine Damen und Herren, wenn ich jetzt auch noch einige theoretische Physiker anführe, die sagen, dass die Klimaschutzmodelle den Erkenntnissen der Thermodynamik in der Physik widersprechen, dann ist damit doch wohl zumindest ein Anlass gegeben, hier zu zweifeln.
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Aber wehe dem, der auch nur wagt – wie ich jetzt –, die vorhandenen Modelle in Zweifel zu ziehen! Der wird gleich in eine Ecke gestellt, in der er sich vielleicht gar nicht wiederfinden mag.
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Meine Damen und Herren, die AfD bezweifelt halt, dass dieses Klimamodell physikalisch eine gute Basis hat. Wenn seit dem Jahrtausendwechsel die Sonnenaktivität zurückgeht – das ist die neueste Erkenntnis – und selbst Klimaalarmisten fürchten, dass die Klimakatastrophe nicht in dem Ausmaß oder gar nicht eintreten könnte, dann spricht das doch Bände.
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Meine Damen und Herren, die AfD hat mit den Klimazielen eigentlich gar kein Problem. Sie wären uns ziemlich egal, wenn ein Sachverhalt nicht wäre: die ungeheuren Kosten, die mit dieser Klimapolitik verbunden sind, die Unverschämtheit, mit der man den Leuten hier in die Tasche greift. Das ist sicherlich keine AfD-Politik.
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Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Wie gesagt, die Klimaziele sind uns ziemlich wurscht, aber wir haben ein Problem mit den Klimaschützern. Wir haben kein Problem mit dem Klima. Aber wer schützt uns vor den Klimaschützern?
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
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Vielen Dank, Dr. Wildberg. – Nächster Redner: Klaus Mindrup für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sozialökologische Marktwirtschaft braucht klare Leitplanken. Es ist eindeutig: Wir müssen den Ausstoß von Kohlendioxid aus fossilen Quellen deutlich senken. Angesichts der eindeutigen Faktenlage ist heute das Leugnen des menschengemachten Klimawandels aus meiner Sicht schlicht verantwortungslos.
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Wir haben das Problem, dass die Preise für fossile Energien nicht die ökologische Wahrheit sagen, weil die ökologischen Folgekosten eben nicht eingepreist sind. Wir brauchen daher deutlich erhöhte Preise für den Ausstoß von CO2 aus fossilen Quellen. Das ist eine Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die wir nicht alleine den Börsen überlassen können. Das ist eine Aufgabe, die wir hier im Deutschen Bundestag erledigen müssen.
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Noch haben wir diese Aufgabe nicht bewältigt. Deswegen müssen wir jetzt aufpassen, dass wir den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. Wir haben heute im Umweltausschuss darüber diskutiert, wie wir die Klimaschutzziele in Deutschland erreichen können, was funktioniert hat und was nicht funktioniert hat.
Wir sehen, dass die erneuerbaren Energien eine Erfolgsgeschichte auch für den Klimaschutz sind. Die Emissionen in der deutschen Energiewirtschaft sind allein zwischen 2016 und 2017 um 4,1 Prozent gesunken. Das ist eindeutig auf den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen. Wir müssen diesen Weg weitergehen. Deswegen ist es gut, dass wir im Koalitionsvertrag den zusätzlichen Ausbau verankert haben und dass wir anstreben, die Ausbau- und Ausschreibungsmengen zu erhöhen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass das jetzt zügig passiert und nicht verzögert wird.
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Neben den weiteren Ausschreibungen bei den dezentralen erneuerbaren Energien müssen wir darauf achten, dass der Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern, die solare Revolution, weitergeht. Da haben wir mit dem Mieterstromgesetz in der letzten Wahlperiode angefangen. Das muss auch weitergehen.
Natürlich müssen wir auch bei der CO2-Bepreisung endlich vorankommen. Denn das ist eine ganz entscheidende Methode, die wir brauchen, um endlich eine ökologischere Marktwirtschaft hinzubekommen. Dabei geht es eben nicht nur darum, dass wir das Klima schützen, sondern es geht auch um unsere Volkswirtschaft: Die besten und sparsamsten Haushaltsgeräte, die beste Haustechnik, die besten und ökologischsten Häuser, die besten Autos, die besten Züge und die besten Kraftwerke sollen aus Deutschland kommen. Da hilft eine vernünftige CO2-Bepreisung. Deswegen ist die Industrie gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür, dass wir das machen.
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Schauen wir uns die augenblickliche Situation an: Es gibt eine Reform des europäischen Emissionshandels; das hat Frau Ministerin Schulze schon gesagt. Im Augenblick steigen die Preise. Wir wissen aber nicht, wie das weitergeht; das muss man klar sagen. Es gibt aber etwas, das auf Dauer wirkt: Wir können Kohlendioxidemissionen aus dem Emissionshandel herausnehmen. Das ist ein ganz wichtiger Teil dieser Reform. Es wird den Wasserbetteffekt nicht mehr geben, dass das Kohlendioxid, das bei uns nicht mehr ausgestoßen wird, in anderen Ländern ausgestoßen wird. Das ist ein ganz entscheidender Schritt nach vorne.
Wir müssen die Preisentwicklung parallel dazu beobachten. Ich denke, dass ein Mindestpreis nach dem Vorbild von Großbritannien ein sinnvoller Weg ist, den wir einschlagen sollten. Das ist wichtig, weil wir damit zeigen, dass wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen und dass es nicht im Falle von steigenden Preisen – nach dem Motto „Planerfüllung durch Plankorrektur“ – politische Eingriffe gibt. Wir müssen jetzt deutlich machen: Wir brauchen stabile Preise. Damit senden wir das Signal, dass sich Investitionen in effiziente Kraftwerke und erneuerbare Energien lohnen.
Wenn wir den CO2-Preis erhöhen, werden die Strompreise an der EEX steigen. Aber die Differenzkosten werden dazu führen, dass die EEG-Umlage sinkt. Davon haben die Haushalte etwas; das ist wichtig. Wir werden gleichzeitig Lösungen für die energieintensive Industrie finden. Auch das geht.
Wir brauchen natürlich ein klares System der CO2-Bepreisung in den Sektoren, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen. Da herrscht im Augenblick – das muss man leider sagen – Kraut und Rüben. Eine Tonne CO2 bei Erdgas wird im Augenblick mit 27,30 Euro besteuert, bei schwerem Heizöl mit 8,10 Euro. Das ist nicht systematisch, und das müssen wir vereinheitlichen. Das ist etwas ganz Wichtiges.
Und: Wenn wir das tun, müssen wir natürlich dafür sorgen, dass die Gelder transparent verwendet werden. Es gibt das Beispiel aus der Schweiz. Was wir für den Klimaschutz einnehmen, muss den Bürgerinnen und Bürgern und der Industrie natürlich wieder zurückgegeben werden, um ihnen zu ermöglichen, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Da gibt es gute Lösungen. An dieser Stelle können wir von anderen Ländern lernen.
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Wir sollten die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft nicht unterschätzen. Ich komme gerade vom Richtfest eines siebengeschossigen Holzhauses in Berlin-Wedding – klimafreundlich, mit einem klimaneutralen Baustoff, sozialverträglich von einer Genossenschaft gebaut. Also, es geht. Haben wir mehr Mut! Packen wir es an!
Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Mindrup. – Nächster Redner – das ist seine erste Rede im Bundestag, die er jetzt halten wird – ist Stefan Schmidt für Bündnis 90/Die Grünen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! 217 Millionen Tonnen – so viel CO2 dürfte Deutschland in diesem Jahr in die Atmosphäre blasen, um das Klimaziel für 2020 noch zu erreichen. Bereits am 29. März, also vor knapp einem Monat, haben wir diese Marke für das Jahr 2018 überschritten. Für den Rest des Jahres leben wir nun auf Kosten unserer Zukunft und auf Kosten unserer Kinder.
Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes hat die Klimakrise in den letzten 40 Jahren rund 90 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichem Schaden in Deutschland angerichtet. Jede zusätzliche Tonne CO2 , die wir ausstoßen, verursacht weitere Kosten in Höhe von mindestens 80 Euro. So kann es doch nicht weitergehen. Wir brauchen endlich ein Konzept für den Klimaschutz, das seinen Namen auch verdient.
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Frau Bundesministerin Schulze, zunächst Glückwunsch zum Amt und zu Ihrer Position, die Sie hier vertreten haben. Wenn Sie sich für einen CO2-Preis aussprechen, haben Sie unsere volle Unterstützung. Ich wünsche mir, dass Sie Erfolg haben werden. Allerdings lassen die Erfahrungen Ihrer Vorgängerin wenig Platz für diese Hoffnung. Sie haben sicherlich mit Frau Hendricks gesprochen; sie wird Ihnen bestimmt von ihren Erfahrungen erzählt haben.
Die Probleme können noch so drängend sein, die Ideen noch so gut: Immer wenn CDU, CSU und SPD über Klimaschutz reden, kommt am Ende maximal ein Lippenbekenntnis dabei heraus. Bevor die GroKo aus einem Prüfantrag ein echtes Konzept entwickelt hat, stehen wir vor der nächsten Wahl, und Union und SPD machen wieder nur vollmundige Versprechungen zum Thema Klimaschutz.
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Selbst die deutsche Wirtschaft hat erkannt, dass wir nicht ewig so weitermachen können wie bisher. 30 der führenden deutschen Unternehmen haben sich der Carbon Pricing Leadership Coalition der Weltbank angeschlossen und fordern ein wirksames System zur CO2-Bepreisung. Auch der BDI fordert Entsprechendes. Sicherlich sind die Unternehmen und der BDI nicht plötzlich zu Vorreiterinnen und Vorreitern im Bereich des Klimaschutzes geworden; aber diese Unternehmen wissen eben ganz genau, dass sie von der internationalen Konkurrenz überholt werden, wenn wir als Gesetzgeber nicht endlich handeln.
Auf europäischer Ebene strecken uns der französische Präsident Macron, die Beneluxstaaten, Dänemark und Österreich die Hand aus. Und, Herr Koeppen, Herr Nüßlein: Es sind nicht wir allein, die national vorangehen wollen. Lassen Sie uns diese ausgestreckte Hand ergreifen. Lassen Sie uns diese Chance ergreifen, meine Damen und Herren.
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Wir brauchen einen Wandel von der alten, fossilen Welt zur neuen Welt der erneuerbaren Energien und einer nachhaltigen Wirtschaft. Das derzeitige System des Emissionshandels reicht hierfür bei weitem nicht aus. Der Preis für eine Tonne CO2 liegt seit Jahren viel zu niedrig.
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Das liegt auch an zu vielen überschüssigen Zertifikaten im System. Selbst wenn der Preis in der letzten Zeit angestiegen ist – heute, ganz aktuell, sind es 12,73 Euro –, lohnt es sich leider immer noch, sogar die schmutzigsten Kohlekraftwerke weiter zu betreiben. Schalten Sie diese dreckigen Stinker endlich ab!
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Aber auch das alleine reicht natürlich nicht; Herr Mindrup hat es bereits angesprochen. Auch der Kohlendioxidausstoß im Verkehr, bei der Wärmeerzeugung und in der Landwirtschaft muss einen Preis haben. Preise müssen schlicht und ergreifend die ökologische Wahrheit widerspiegeln. Dafür brauchen wir ein wirksames System für einen CO2-Preis.
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Eine Möglichkeit läge darin, bisherige Ausnahmen von der Energiesteuer für Kohle- und Gaskraftwerke zu streichen und stattdessen für alle Energieträger eine CO2-Komponente einzuführen. Im Gegenzug könnten die Stromsteuer und die EEG-Umlage zumindest abgesenkt werden, um die Weichen für eine wirklich nachhaltige Energieversorgung zu stellen.
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Sie sehen: Wir Grüne haben Ideen für eine echte Klimaschutzpolitik. Wir haben Ideen für einen wirksamen CO2-Preis.
Liebe Frau Schulze, Sie haben uns eingeladen, und wir Grüne werden diese Einladung gerne annehmen. Ich freue mich, wenn auch alle anderen Fraktionen hier im Parlament mitmachen, wenn wir dieses Vorhaben für einen wirksamen CO2-Preis gemeinsam umsetzen. Meine Fraktion ist gerne dabei. Wir alle haben es in der Hand, das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen oder nicht.
Vielen Dank.
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Vielen Dank, Stefan Schmidt. – Nächste Rednerin: Dr. Anja Weisgerber für die CDU/CSU-Fraktion.
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Werte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines vorweg: Schauen Sie sich einmal die Maßnahmen an, die wir schon auf den Weg gebracht haben und die wir zum Beispiel im nationalen Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und im Klimaschutzplan 2050 auf den Weg zu bringen planen. Wir setzen alles daran, unsere national, europäisch und international vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Als neue Klimaschutzbeauftragte meiner Fraktion sage ich: Wir nehmen den Klimaschutz sehr ernst.
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Wir werden weiterhin an der Erreichung dieser Ziele arbeiten, und zwar in allen Sektoren, aber ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten und unter Wahrung des Zieldreiecks Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Für uns ist der europäische Emissionshandel nach wie vor die Herzkammer der Klimapolitik. Der Emissionshandel funktioniert; anders als es hier vorhin teilweise diskutiert und vorgebracht wurde. Der CO2-Ausstoß wird reduziert. Aber es ist richtig, dass lange Zeit nicht die Lenkungswirkung vom Emissionshandel ausging, die man sich erhofft hatte. Deshalb wurde im Februar auf europäischer Ebene eine umfangreiche Reform des Emissionshandels für die Zeit nach 2021 verabschiedet. Und obwohl die Verschärfungen noch nicht greifen, hat allein die Verabschiedung dieser Reform bereits ein Preissignal ausgesendet. Der Preis für 1 Tonne CO2 – es wurde bereits erwähnt – hat sich im Vergleich zum letzten Jahr fast verdoppelt. Damit wurde seit 2011 erstmals die 10-Euro-Marke für 1 Tonne CO2 geknackt.
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Diese Entwicklungen gilt es in der ganzen Diskussion auch einmal anzuerkennen!
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Vor einem unüberlegten „Höher, Schneller, Weiter“ im nationalen Alleingang warne ich auch als Klimapolitikerin ausdrücklich. Denn: Deutschland ist ein Industriestandort, und wir brauchen diese Industrie auch zur Entwicklung von Umwelt- und Klimainnovationen.
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Das muss man auch mal herausstellen. Ein nationaler Alleingang führt dazu, dass wir weniger CO2 ausstoßen. Die frei werdenden Zertifikate werden dann zum Beispiel von Polen aufgekauft, und dort wird mehr CO2 in die Luft geblasen. Das hilft dem Klima überhaupt nicht, und das können doch auch Sie nicht wollen, meine Damen und Herren.
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Der Emissionshandel ist bereits ein CO2-Bepreisungssystem. Das ist CO2-Bepreisung, aber eben auf europäischer Ebene. Das ist auch gut so; denn wir in Deutschland können das Klima nicht allein retten.
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Wir müssen alles daransetzen, dass dieses System weltweit stärker zur Anwendung kommt. Deshalb streben wir eine CO2-Bepreisung an, die im besten Fall global ausgerichtet ist, jedoch mindestens die G-20-Staaten umfasst. So haben es auch eine Initiative – man höre und staune – von BDI, Germanwatch und Mercator Research Institute und verschiedene NGOs gefordert. Wir werden alles dafür tun, dass von Deutschland und Europa der Impuls ausgeht, dass dieser Emissionshandel weltweit stärker zur Anwendung kommt. Das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren.
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So viel zu den Bereichen, die vom Emissionshandel abgedeckt sind, also der Industriesektor und einige Industriezweige. Es gibt jedoch auch einige Sektoren, die nicht unter das Emissionshandelssystem fallen, zum Beispiel der Verkehrssektor, aber auch der Wärmebereich. Gerade im Verkehrssektor sind die Emissionen im vergangenen Jahr gestiegen. Ein Grund ist sicherlich die Zunahme an Pkw insgesamt. Ein Grund ist aber auch, dass sich mehr Verbraucher für einen Benziner entscheiden – aus Angst vor Dieselfahrverboten. Das zeigt, welche Folge die pauschale Dieselverteufelung hat. Damit erweisen wir dem Klima einen Bärendienst.
Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass der Diesel noch sauberer wird. Die Hersteller haben dabei eine riesige Verantwortung. Wir sind aber gegen pauschale Fahrverbote. Es gehört nämlich auch zur Wahrheit, dass wir den Diesel auch aus Klimaschutzgründen noch brauchen.
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Um unser Klimaziel 2020 schnellstmöglich und das Klimaziel 2030 sicher zu erreichen, ist im Koalitionsvertrag die Einsetzung einer Strukturwandelkommission vorgesehen. Diese wird sich mit Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudebereich befassen, die notwendig sind, um unsere Ziele zu erreichen. Die Arbeit der Kommission wird in einen Gesetzentwurf zur Erreichung der Klimaziele münden. Welche Maßnahmen das sein werden, ist noch offen.
Als Klimapolitikerin sage ich auch: Wir müssen in alle Richtungen denken. Wir sollten zum Beispiel auch über die Einbeziehung des Verkehrssektors und des Wärmesektors in den bestehenden Emissionshandel oder über die Etablierung eigenständiger Handelssysteme für diese Sektoren nachdenken.
All das muss aber gut überlegt sein. Wir dürfen keine Schnellschüsse machen. Und die wichtigste Botschaft ist: Es darf zu keiner Mehrbelastung für die Verbraucher und die Unternehmen kommen. Die Maßnahmen müssen aufkommensneutral sein.
Vielen Dank.
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Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Weisgerber. – Nächste Rednerin: Dr. Nina Scheer für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! An den rechten Rand des Parlaments möchte ich nur eine kurze Feststellung richten: Wenn es tatsächlich so sein sollte, wie Sie es darstellen, dann müssten Sie konsequenterweise, wenn wir darüber zu entscheiden haben, wie mit den massiven und immer stärker werdenden Klimafolgeschäden – Ernteausfälle, Hochwasserschäden; man könnte eine ganze Reihe an Schäden aufzählen, die auf uns zukommen werden und die teilweise, auch bei uns, schon eingesetzt haben – umzugehen sein wird, auch haushalterisch, bei jeder einzelnen Maßnahme sagen: Nein, hier geben wir nichts; dafür haben wir kein Geld. – Denn den Klimawandel gibt es ja in Ihren Augen eigentlich nicht.
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Daran werde ich Sie dann erinnern, und dann werden wir sehen, wie volksnah Sie sich tatsächlich noch geben können.
Ich möchte aber zur Sache zurückkommen. Es ist, finde ich, in der Tat sehr begrüßenswert, dass unsere neue Ministerin Svenja Schulze die Frage einer CO2-Bepreisung in den Fokus nimmt. Dieses Thema ist schon in den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt gerückt. Ich begrüße die Diskussion insofern sehr, als uns allen bekannt ist – es ist auch heute schon mehrfach gesagt worden –, dass der europäische Emissionshandel an seine Grenzen stößt. Insofern ist es wichtig, zu schauen, welche ergänzenden Maßnahmen möglich sind, und es ist richtig, dass genau das im Koalitionsvertrag angelegt ist.
Wir haben in der Großen Koalition hierzu Klärungsbedarf. Wir müssen noch einmal klarstellen, dass dies im Koalitionsvertrag als Ergänzung angelegt ist. Es ist nicht nur dort angelegt. Vielmehr verweist der Koalitionsvertrag auch auf die Gemeinsame Resolution von Assemblée nationale und Deutschem Bundestag zum 55. Jahrestag des Élysée-Vertrags, aus der ich zitieren möchte, weil das in der bisherigen Debatte meines Erachtens total unter den Tisch gefallen ist. Zur „Bedeutung der deutsch-französischen Impulse im Bereich des Klimaschutzes“ steht dort: Der Deutsche Bundestag und die Assemblée nationale fordern
die französische und deutsche Regierung auf, ihre enge Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 und der Verpflichtung des „One-Planet-Summit“ von 2017 fortzusetzen und gemeinsame Initiativen insbesondere zum CO2-Preis vorzuschlagen und die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung zu vertiefen …
Es kann also gar nicht nur darum gehen, irgendwie am ETS herumzudoktern, sondern es sind definitiv ergänzende Maßnahmen nötig. Wenn jetzt die Initiative gestartet und dazu aufgerufen wird, zu überlegen, welche Möglichkeiten der Ausgestaltung – geht es um eine Steuer oder um eine Abgabe; das Wort „Mindestpreis“ fällt auch – wir haben, dann ist es, denke ich, an der Zeit, zu schauen, was tatsächlich möglich ist und welche ergänzenden Maßnahmen wir auf den Weg bringen können.
In der Tat – es ist auch schon angeklungen –: Man muss natürlich schauen, dass das so ausgestaltet ist, dass tatsächlich eine Entlastung und keine Mehrbelastung dabei herauskommt. Das ist ganz einfach; denn es gibt eine Menge Belastungen, die so nicht sein müssten. Man kann das so ausgestalten, dass das Ganze unterm Strich aufkommensneutral ist, dass sowohl eine Entlastung, was die Klimafolgeschäden angeht, als auch eine Entlastung, was die Bürger angeht, stattfindet, soweit das nicht sowieso in unmittelbarem Zusammenhang steht.
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Insofern muss ich abschließend auch noch mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass wir bei dieser Diskussion so weit vorne ansetzen müssen und erst einmal klären müssen, dass das im Koalitionsvertrag definitiv angelegt ist. Herr Koeppen, ich hatte den Eindruck, dass Sie das ein bisschen in Zweifel gezogen hatten. Sie hatten meines Erachtens hier auch schon eine sehr weitreichende Absage an ein Bepreisungssystem in den Raum gestellt. Das ist natürlich misslich, da wir doch eigentlich gerade erst am Beginn einer solchen Diskussion stehen und endlich einmal die Chance hätten, gemeinsam alles offen auf den Tisch zu legen, was an Initiativen möglich ist, um tatsächlich eine gerechte Bepreisung im Energiesystem zu erreichen, indem wir das, was wirklich schädlich ist, verteuern und das begünstigen, was zu Innovation, Fortschritt und Beschäftigung von morgen führt.
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In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie an den Verhandlungstisch kommen. Wir haben ja an sich die gemeinsame Absicht verbrieft. In diesem Sinne wünsche ich uns ein gutes Vorankommen.
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Vielen Dank, Nina Scheer. – Nächster Redner: Dr. Hermann-Josef Tebroke für die CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion steht für eine verantwortungsvolle, verlässliche, nachhaltige Politik, und zwar ökonomisch, ökologisch und sozial. Das heißt, es geht uns um kluge, wohlüberlegte Entscheidungen und nicht um Schnellschüsse und Effekthascherei, zumal dann, wenn es um ein Thema wie den Klimaschutz geht.
Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Initiative zu dieser Aktuellen Stunde ergriffen, und das unter dem Thema „Klimaschutz umsetzen – Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe“. Damit fragen sich natürlich auch die die Regierung tragenden Fraktionen, also auch die CDU/CSU-Fraktion: Wie hältst du es mit dem Klimaschutz, und wie hältst du es mit der CO2-Abgabe? Ich glaube, ich darf das verkürzen: Wir sagen Ja zum Klimaschutz und den notwendigen Maßnahmen, und das uneingeschränkt, und Nein zu einer CO2-Abgabe.
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– Nein, das steht nicht im Koalitionsvertrag.
Ich möchte an dieser Stelle mit Erlaubnis der Präsidentin den Koalitionsvertrag zitieren, der sehr deutlich sagt:
Wir setzen das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen und Zielen vollständig um …
Damit ist eindeutig das Ziel verbunden, die klimaschädlichen Emissionen zu verringern. Daran haben wir keinen Zweifel gelassen. Es geht um die Mengenreduktion, nicht um die Definition, wie wir irgendeinen CO2-Preis erreichen, und es geht auch nicht um irgendwelche Umverteilungseffekte, die im Schlepptau möglicherweise intendiert werden könnten.
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Wir geben zu – und das offen –, dass das Ziel 2020 nicht erreicht worden ist. Aber ich darf auch hier wieder den Koalitionsvertrag zitieren, wo wir sehr deutlich sagen, dass Maßnahmen ergriffen werden, „um die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen. Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen“.
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Ich glaube, liebe Kollegin von Bündnis 90/Die Grünen, damit ist deutlich gesagt, dass wir den Klimaschutz sehr wohl ernst nehmen, obwohl Sie uns etwas anderes unterstellen.
Dazu sind wir auch bereit, sehr sorgfältig zu analysieren, wie sich die Emissionen in den letzten Jahren verändert haben – vielleicht nicht so verändert haben, wie wir uns das gewünscht haben – und wie sie sich verändern werden in Abhängigkeit von Instrumenten, die wir hierzu noch einführen werden. Wir werden dabei – das hat auch meine Vorrednerin Frau Dr. Weisgerber noch einmal deutlich gemacht – nicht nur die Sektoren Energieerzeugung und Industrie beobachten, sondern auch den Verkehr und das Wohnen, und wir werden die bereits laufenden und eingesetzten Instrumente überprüfen. Die Reform des Zertifikatehandels ist angestoßen, und sie wirkt auch schon.
Aber ich erinnere zum Beispiel auch an die CO2-Komponente bei der Kfz-Steuer oder an die CO2-Flottengrenzwerte für Autos. Auch hier ist eine sorgfältige Analyse dringend geboten. Hier stimme ich meiner Vorrednerin zu, dass wir ergebnis- und technologieoffen sehr aufrichtig und ehrlich in die Debatte einsteigen müssen. Insofern stimme ich Ihnen, Frau Ministerin, ausdrücklich zu: Wenn diese Initiative von Bündnis 90/Die Grünen dazu beiträgt, dass wir in einen Ideenwettbewerb um die besten Lösungen und in eine ehrliche und aufrechte Debatte eintreten, dann haben sie heute dem Klimaschutz einen guten Dienst erwiesen.
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Ich möchte aber an dieser Stelle sehr deutlich machen, dass es um Lenkungsmaßnahmen – besser sollte ich sagen: um Anreize – zur Reduzierung von Emissionen geht. Es geht nicht darum – hier spreche ich auch als Vertreter des Finanzausschusses –, irgendwelche Geldquellen zu erschließen. Wir wehren uns gegen den Eindruck, der im Zusammenhang mit dem Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern entstehen könnte, dass der Staat die Gelegenheit nutze, hier noch einmal zur Kasse zu bitten. Wir möchten die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Das können wir nicht, wenn wir mit Abgaben, also zum Beispiel auch mit einer CO2-Abgabe, drohen.
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Das bedeutet auch – ich kann das abkürzen, weil meine Vorredner das ausgeführt haben –, dass wir einen Aufschlag ablehnen, der etwa auf Marktpreise vorgenommen werden könnte. Wir lehnen damit auch den Vorschlag von Herrn Macron ab, der meinte, dass auf einen vielleicht nicht befriedigenden Marktpreis ein irgendwie zu beziffernder Aufschlag zu nehmen wäre, der dann vielleicht verhaltens- oder entscheidungsrelevant sein könnte. Damit vermischen wir verschiedene Instrumente und können die Auswirkungen nicht mehr so steuern und bewerten, wie wir es dringend benötigen.
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Da bin ich bei dem Punkt, dass es uns darum gehen muss, dass wir all diese Instrumente, die möglicherweise noch gar nicht bekannt sind, weil wir technologieoffen argumentieren, in ihrer Wirkung im Mix beurteilen und bewerten müssen. Das bedarf einer sorgfältigeren Analyse als einer kurzen Debatte in einer Aktuellen Stunde, die möglicherweise sehr stark verkürzt auf eine CO2-Abgabe abstellt, die wir ablehnen.
Meine Damen und Herren, der Klimaschutz ist uns erstens viel zu wichtig, als dass wir uns unterstellen lassen, wir nähmen ihn nicht ernst. Er ist uns zweitens viel zu wichtig, um mal eben durch Schnellschüsse und Effekthascherei irgendwelche Instrumente zu beschließen. Vielmehr halten wir es für extrem wichtig, in einer ehrlichen und offenen Debatte und auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen
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die Wirkweise von Instrumenten, bevorzugt marktlichen Instrumenten, im Kontext zu beobachten und zu bewerten, um daraus die richtigen Schlüsse für den Klimaschutz zu ziehen, der uns sehr wichtig ist.
Ich danke Ihnen.
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Vielen Dank, Dr. Tebroke. – Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde: Johann Saathoff für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hilse, Herr Wildberg, Sie sagen, CO2 und Klimawandel haben keine Verbindung miteinander. Ich muss gestehen, dass es mir ein bisschen leidtut, dass ich heute nicht den Zollstock meines Kollegen Lothar Binding mitgenommen habe.
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Sie haben die Wandlungen über die Jahrhunderte beschrieben. Dabei haben Sie sich die ganze Zeit im untersten Glied des Zollstocks bewegt. Jetzt sind wir aber auf dem vierten Glied des Zollstocks.
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Die Systematik ist so, dass die Wandlungen dramatisch sind. Sie werden sicher einen Wissenschaftler finden, der das sagt, was Sie hören wollen, der aber nicht sagt, wie die Sachlage ist. Sie müssen sich doch die Fragen stellen: Was sagen Sie den hungernden Völkern, die schon jetzt hungern?
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Was sagen Sie den untergehenden Inselstaaten? Was erzählen Sie – wenn wir in Deutschland bleiben wollen – den Menschen an der Küste? Alles egal? Dann denken Sie einmal darüber nach. Was sagen Sie den Leuten, die von Flusshochwasser betroffen sind?
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Von daher: Hier besteht Handlungsbedarf. Sagen Sie nicht nur, was Sie nicht wollen. Sie machen Angst, dass alles teurer wird, ohne sich das System anzugucken, und schreiben nebenbei, ohne alternative Lösungsvorschläge, 50 Kilometer Küstenstreifen und Hunderttausende von Menschen einfach so ab.
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Herr Altmaier geht davon aus, dass wir in vier bis fünf Jahren ohne zusätzliche Investitionen für die erneuerbaren Energien auskommen können. Das ist ein hehres Ziel.
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Hinter diesem hehren Ziel gibt es eine deutliche Erkenntnis: Die Erneuerbaren sind wettbewerbsfähig. Jawohl, das sind sie. Die Kosten der Erneuerbaren werden sinken und sind gesunken. Das ist eine Erkenntnis, die daraus folgt. Diese wichtige Erkenntnis ist unbedingt erforderlich, um die Ziele für 2030 erreichen zu können. Wäre Herr Altmaier jetzt hier, hätte ich ihm zugerufen: Bitte sagen Sie das auch allen Kolleginnen und Kollegen von der Union!
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Die Verhinderinnen und Verhinderer der erneuerbaren Energien haben in den letzten Jahren im Wesentlichen zwei Argumente gehabt. Das eine Argument lautete: Das ist zu teuer; die Kosten sind zu hoch. Das zweite Argument war: Der Netzausbau kommt nicht hinterher. Beides, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird sich in den nächsten Jahren in Luft auflösen. Den Erneuerbaren gehört die Zukunft. Und dafür ist jetzt Richtiges zu tun.
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Wenn von der Subvention der Erneuerbaren geredet wird – ab und zu höre ich das mal –, dann ist damit die EEG-Vergütung gemeint. Aber es gibt auch eine Subvention für die fossile Seite, nämlich die kostenlose Deponierung von CO2 in der Atmosphäre.
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Die Endlagerung von CO2 in der Atmosphäre sollte aus meiner Sicht bepreist werden. Die Folgekosten sind nämlich länger zu tragen als die Folgekosten der EEG-Vergütung – über 20 Jahre hinaus –, in Form der Klimakosten, die damit in Verbindung stehen, wenn man sie denn akzeptieren will. Die Folgekosten sind auch viel höher als die der EEG-Vergütung. Wenn wir einen Mindestpreis für CO2 festlegen, dann können wir sogar im Glauben sein, das ETS würde alles richten; denn wenn der Preis im ETS höher ist als der Mindestpreis, kommt er ja nicht zum Tragen. Von daher besteht keine Gefahr.
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Meine Damen und Herren, wir haben ein Zieldreieck: Sauber, zuverlässig und bezahlbar wollen wir Energie produzieren. Aber mit „bezahlbar“ ist nicht gemeint, dass es nur in dieser Generation bezahlbar ist und es uns egal ist, ob unsere Kinder, unsere Enkelkinder und Urenkelkinder – ich habe nicht genug Zeit, um das weiter auszuführen –
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unsere Stromrechnung noch einmal bezahlen müssen.
Wir haben verschiedene Möglichkeiten der Bepreisung von CO2 . Wer sich damit beschäftigen will, kann das tun und wird sehen, dass es durchaus möglich ist, eine Bepreisung hinzubekommen, ohne dass die Menschen zusätzlich belastet werden. Anders als beim EEG müssen wir hier miteinander Modelle erstreiten, die die Entlastung der Menschen in den Fokus nehmen, gerade der Menschen mit geringem Einkommen. Ich glaube, dass wir da einen guten Weg finden können, wenn es denn alle Beteiligten wollen.
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Der Preis für CO2-Emissionen könnte die nötige verbindende Währung sein, wenn wir uns auf den Weg der Sektorkopplung machen, was wir dringend machen müssen, um unsere Klimaziele bis 2030, die übrigens völkerrechtlich verbindlich sind, auch tatsächlich zu erreichen.
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Ein paar Beispiele dafür, wer das alles will: Die Automobilindustrie weiß längst, wo der Weg langgeht, und einige gute Hersteller wollen eine faire CO2-Bepreisung. Wenn Sie sich lieber im Finanzsektor tummeln, dann werden Sie feststellen, dass es viele Finanzinvestoren gibt, die ihre Portfolios längst auf Tauglichkeit hinsichtlich der CO2-Emissionen abchecken. Also glauben Sie mal nicht, dass die Wirtschaft nicht längst erkannt hätte, wie der Hase läuft.
In Ostfriesland würde man sagen: Man moot de Gosen plücken, wenn se Feren hebben. – Das bedeutet: Man muss die Gänse rupfen, wenn sie Federn haben. – Wir müssen jetzt aufpassen, dass der Ruf Deutschlands als Vorreiter der Energiewende nicht in Gefahr gerät. Diese Situation haben wir bei der Ehrlichmachung des 2020-Ziels gehabt. Das darf uns nicht noch einmal passieren. Deswegen müssen wir zeitnah Schritte unternehmen, damit die Menschen in der Welt Deutschland als ein Land sehen, in dem man gut und gerne leben kann.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Vielen Dank, lieber Kollege Saathoff. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung angekommen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 26. April, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss: 17.02 Uhr)