Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutsche Berufsausbildung ist weltweit spitze. Sie bietet unseren jungen Menschen Chancen auf eine erfolgreiche Karriere. Sie bietet unseren Unternehmen Chancen, hervorragende Fachkräfte auszubilden. Und sie ist eine wichtige Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands.
Wie erfolgreich die deutsche Berufsausbildung ist, zeigt der heute vorgelegte Berufsbildungsbericht. In seinem Zentrum stehen das Ausbildungsplatzangebot, die Ausbildungsbewerber und die Vertragsabschlüsse. Alle diese Zahlen bewegen sich in die richtige Richtung:
Über 556 000 Stellen hat allein die Wirtschaft angeboten. Das sind 10 000 Stellen mehr als im Vorjahr.
Mit 523 000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen haben wir wieder mehr Auszubildende. Bemerkenswert ist, dass der Anstieg gerade auf die betrieblich geschlossenen Verträge zurückzuführen ist.
In der Summe heißt das: 100 Bewerbern stehen 105 Ausbildungsangebote gegenüber. Das ist, denke ich, doch eine sehr gute Nachricht. Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind so gut wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr.
Der Bericht zeigt aber auch, wo es noch Handlungsbedarf gibt: bei den Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz angeboten bekommen haben. Darunter sind auch viele Menschen mit Migrationshintergrund. Darum müssen wir uns aktiv kümmern, zumal wir so viele offene Stellen haben wie noch nie; fast 50 000 Stellen sind nämlich unbesetzt.
Möglichst allen jungen Menschen eine gute Perspektive zu bieten, ist mir wichtig. Dafür will ich an zwei Punkten ansetzen.
Erstens: die Mobilität. Wenn die Ausbildungsplätze nicht dort angeboten werden, wo die jungen Menschen zu Hause sind, gibt es zwei Möglichkeiten: das Wohnen vor Ort, dort, wo der Ausbildungsplatz ist, zu unterstützen oder die Wegstrecke von zu Hause bis zum Ausbildungsplatz zu überwinden. Wie wir dazu beitragen können, zu guten Lösungen zu kommen, werden wir uns überlegen.
Zweitens. Über 420 000 Betriebe bilden aus. Das ist sehr gut! Doch gerade Kleinstbetriebe sind, obwohl sie zahlenmäßig die größte Gruppe ausmachen, prozentual immer weniger vertreten. Deswegen wollen wir mehr für Unternehmen tun, die wieder oder zum ersten Mal ausbilden wollen. Einen Auszubildenden an die Arbeit heranzuführen, ist eine große und wichtige Aufgabe. Doch gerade in kleineren Betrieben können junge Menschen sehr umfassend die Betriebsabläufe kennenlernen. Deswegen möchte ich insbesondere die kleinen Ausbildungsbetriebe zur Ausbildung motivieren. Wir wollen deshalb für kleine Betriebe die Möglichkeit schaffen, Ausbilderqualifizierungen mit Unterstützung des Bundes zu erlangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, etwa die Hälfte aller jungen Menschen in Deutschland beginnt jedes Jahr eine berufliche Ausbildung. Gerade die duale Ausbildung hat uns gut durch die letzte Krise gebracht und wird auch bei den anstehenden Herausforderungen eine Bank sein, auf die wir setzen können. Deshalb wollen wir gerade die duale Ausbildung stärken. Jeder junge Mensch soll den Weg wählen, der eigenen Talenten und Neigungen am besten entspricht. Diesen Anspruch wollen wir erfüllen. Deshalb werden wir Wege der Weiterbildung für die duale Ausbildung definieren.
Wichtig ist mir, dass jeder weiß: Akademische und berufliche Bildungswege sind gleichwertige, erfolgsorientierte Bildungswege. Nicht die Art des Abschlusses zählt, sondern das, was man daraus macht. Und für alle gilt: Die erste Ausbildung ist der Anfang der beruflichen Bildung. Lebenslanges Lernen ist im Alltag angekommen. Es begleitet uns das ganze Berufsleben. Wer sich bildet, eröffnet sich persönlich neue Chancen – aber auch für unser Land.
Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Bundesminister. – Jetzt beginnen wir mit den Fragen. Wir fangen mit den Fragen zum Thema „Berufsbildungsbericht 2018“ an. Die erste Frage stellt Frau Bull-Bischoff.
Herzlichen Dank, Frau Bundesministerin. – Ich will zunächst nicht verschweigen, dass ich es für einen problematischen Zustand halte, dass der Berufsbildungsbericht vor wenigen Minuten – so kann man fast sagen – online gestellt worden ist und wir jetzt wenige Minuten später eine substanzielle Debatte mittels Fragen führen sollen.
Ich habe eine Frage zur Vertragsauflösungsquote. Es wurde in den Medien bereits diskutiert, dass die Quote der jungen Menschen, die ihren Vertrag vorzeitig beenden, sehr hoch ist. Über die Frage nach den Ursachen wurde diskutiert. Meine Frage an Sie ist: Welche Gewichtung messen Sie dabei der Höhe der Ausbildungsvergütung zu? Und – ein entsprechendes Vorhaben ist im Koalitionsvertrag ja aufgeführt und vereinbart worden – welche Überlegungen, also zum Beispiel zum Zeitplan und zur Höhe, gibt es dazu bereits?
Vielen Dank. – Erst einmal finde ich es sehr schön, dass Sie auf die Vertragslösungsquote zu sprechen kommen. Das ist nämlich genau das, worauf wir schauen müssen. Die vorzeitige Vertragslösungsquote ist – darüber wurde häufig diskutiert in den letzten zwei Wochen – keine Abbruchquote. Vielmehr fängt von denjenigen, die den Vertrag vorzeitig lösen, über die Hälfte entweder in einer anderen Branche oder in der gleichen Branche, aber in einem anderen Betrieb an. Ich finde, es ist ein Vorteil eines Landes wie dem unserem, das auf die individuelle Entscheidungsfreiheit setzt, dass die Vertragsverhältnisse so gestaltet werden, dass es möglich ist, zu wechseln, indem man sagt: Das war noch nicht das Richtige. Ich versuche es mit etwas anderem. – Das ist ein Vorteil. Das möchte ich an dieser Stelle herausstellen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Ausbildungsvergütung an sich ist im Rahmen der komplexen Fragen, vor denen ein junger Mensch steht – wie etwa: „Wie soll sich mein Berufsleben entwickeln?“, und: „Wo starte ich ins Berufsleben?“ –, ein Punkt, aber nicht der entscheidende. Allerdings glaube ich schon, dass wir uns da, wo es soziale Verwerfungen gibt, mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Wir haben das Thema abgesehen davon, dass es auch im Koalitionsvertrag verankert ist, jetzt auch bei der Evaluierung des Berufsbildungsgesetzes auf der Agenda. Wir werden uns darum kümmern.
Ich will aber noch einmal sagen: Das Geld ist das eine; aber es geht im Hinblick auf eine gute Ausbildung um sehr viel komplexere Rahmenbedingungen.
Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Brandenburg, FDP.
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– Nein, das machen wir hier nicht. In der Regierungsbefragung gibt es keine Nachfragen; diese gibt es in der Fragestunde, Frau Kollegin.
Im Übrigen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Da die Bundesregierung über die Kabinettssitzung, die gerade stattgefunden hat, berichtet, kann das, was sie da beschlossen hat, nicht schon seit Tagen im Internet stehen. Sonst würden wir uns darüber beklagen, dass sie es erst ins Internet stellt. Insofern war die Kritik an der Bundesregierung vielleicht nicht zu Ende gedacht.
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Jetzt hat der Kollege Brandenburg das Fragerecht.
Vielen Dank. – Es sei noch die Anmerkung gestattet: Zumindest der Presse liegt dieser Bericht bereits seit Wochen vor, uns erst seit heute Vormittag.
Frau Ministerin, vielen Dank erst einmal für Ihren Bericht. Ich glaube, der Bericht macht sehr deutlich, dass einerseits immer mehr junge Menschen ganz ohne jeden Ausbildungsabschluss dastehen, dass sich auch mehr junge Menschen erfolglos um einen Ausbildungsplatz bewerben und andererseits immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben.
Die Analyse, dass das Thema Berufsorientierung eine große Herausforderung ist und dass die sektorale wie regionale Passung fehlt, ist ja nicht neu. Deshalb meine Frage an Sie: Was ist denn aus dem von Ihrer Vorgängerin, Frau Professorin Wanka, angekündigten Mobilitätsprogramm geworden? Warum wirkt es nicht wirklich? Und was möchten Sie an der Stelle anders machen als Ihre Vorgängerin?
Ich glaube, dass wir uns dieses Themas langfristig annehmen müssen. Wir sollten, wenn wir etwas aufsetzen, nicht glauben, dass wir sofort alle Probleme lösen. Es geht ja um eine komplexe Materie bei der Frage, warum bestimmte Ausbildungsplätze frei bleiben, warum in manchen Regionen die Mobilität geringer ist als in anderen. Dafür kann man keine einfache Lösung finden. Solange die Richtung stimmt und die Zahlen kleiner werden, sollten wir, denke ich, an diesem Thema dranbleiben und es weiterbearbeiten. Wir sollten jetzt aber nicht sagen, dass das, was meine Vorgängerin auf den Weg gebracht hat, nicht funktioniere.
Gerade bei dem Thema Ausbildung werden wir uns in den nächsten Jahren allein durch die strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft – wir diskutieren ja gerade, in welchen Bereichen Arbeitsplätze wegfallen werden, in welchen neue entstehen werden – immer wieder mit strukturellen Anpassungen konfrontiert sehen. Wir werden an der Stelle weiterarbeiten. Solange die Zahlen kleiner werden, stimmt die Richtung – und wir bleiben dran.
Die nächste Frage hat der Kollege Rupprecht, CDU/CSU.
Zunächst ein herzliches Dankeschön, Frau Ministerin. – Es ist erfreulich, dass die Zahlen, wie Sie sagten, in die richtige Richtung gehen. Sie haben auch gesagt: Zentral ist das Grundprinzip der Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung. Daran knüpft meine Frage an. Gleichwertigkeit tragen wir mit. Wir stellen aber fest, dass die akademische Bildung außerordentlich attraktiv ist und dass die Zahl derjenigen, die sich in den letzten Jahren in Richtung akademischer Ausbildung bewegt haben, stark gestiegen ist. Das heißt im Umkehrschluss: Die berufliche Bildung braucht massive politische Unterstützung, wenn sie weiterhin die Qualität haben soll, die wir alle wollen.
Der Bericht bildet die Gegenwart und die Vergangenheit ab. Mich interessiert die Zukunft: Welche großen politischen Projekte haben Sie zur Stärkung der beruflichen Bildung in dieser Legislatur vor, nachdem Sie ja gesagt haben, dass das einer Ihrer Schwerpunkte in dieser Legislatur sein wird?
Die berufliche Bildung und gerade die duale Ausbildung, die Vernetzung von theoretischen und praktischen Kenntnissen, wird in der Zukunft aufgrund der Geschwindigkeit der Veränderung der Anforderungsprofile noch einmal wesentlich wichtiger werden. Wir wollen dazu wirklich ein ganzes Paket schnüren. Dabei müssen, glaube ich, alle ins Boot geholt werden; denn wir müssen uns nicht nur über die Novellierung von Ausbildungsordnungen oder über das Thema Mindestausbildungsvergütung unterhalten, sondern wir brauchen ein ganzes Paket, das dazu beiträgt, dass man, wenn man sich für eine berufliche Ausbildung entscheidet, auch sicher sein kann, dass man am Ende einen Aufstieg machen kann. Es geht ja auch um die Frage, wie man die jungen Menschen motiviert. Je nachdem, welchen Hintergrund sie haben, wird häufig schon von zu Hause aus die eine oder andere Priorität gesetzt. Da müssen wir noch etwas offener werden. Daran wollen wir arbeiten.
Herr Kollege Frömming von der AfD-Fraktion hat die nächste Frage.
Sehr geehrte Frau Ministerin! Erst einmal vielen Dank, dass Sie auf die besondere Bedeutung der beruflichen Bildung hingewiesen haben. Das halten auch wir für ein ganz wesentliches Element unserer Bildungslandschaft.
Meine Frage zielt auf einen Bereich ab, der mir persönlich schon seit einigen Jahren große Sorgen bereitet. Bereits vor 2015, als wir die Grenzöffnung hatten, war der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die in der Schule scheitern und auch keinen Ausbildungsplatz finden, exorbitant hoch. Wenn man sich die Zahlen einmal genauer anschaut – sie sind auch in den Berufsbildungsberichten ausgewiesen –, stellt man fest, dass insbesondere Jungen mit arabischem oder türkischem Hintergrund betroffen sind.
Nun erleben wir gerade eine Einwanderung aus dieser Region. Diese wird demnächst die Schulen erreichen bzw. erreicht sie schon; dadurch werden sich also die bisher vorhandenen Probleme noch einmal verstärken. Ist sich die Bundesregierung, sind Sie sich dieser Problematik bewusst? Das ist meine erste Frage.
Zweite Frage: Haben Sie einen Plan, um diesem Problem Herr zu werden? Denn wer keine Ausbildung hat, hat auch keine Zukunft und läuft Gefahr, in die Kriminalität abzurutschen oder sich zu radikalisieren. Ich denke, das wollen wir alle nicht.
Danke schön.
Ich glaube, uns eint das Ziel, dass die Menschen, die zu uns gekommen sind und bleiben dürfen, gut in unseren Arbeitsmarkt finden. Der Arbeitsmarkt bietet generell ja auch gute Möglichkeiten zu schneller Integration. Gerade im Ausbildungsbereich, wo es vielfältige Möglichkeiten der Unterstützung gibt – im Ausbildungsbetrieb, in der Schule –, kann man, glaube ich, eine gute und eine schnelle Integration leisten. Es sind in den letzten Jahren auch schon viele Programme auf den Weg gebracht worden, auch aus unserem Haus. Dabei arbeiten wir mit den Ländern zusammen; denn vieles ist ja, vor allem was die Berufsschulen betrifft, Ländersache. Gerade da ist vieles auf den Weg gebracht worden.
Dieses Thema steht bei uns stark im Fokus, und wir werden uns diesem Thema sehr intensiv widmen. Zusammen mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung werden wir uns noch einmal genauer anschauen, was wir für die jungen Menschen noch tun können. Menschen mit Migrationshintergrund kennen oft ja die duale Ausbildung, wie wir sie haben, überhaupt nicht. Für sie ist das kein normaler Einstieg ins Berufsleben. Deswegen wollen wir noch einmal schauen, wie wir für die duale Berufsausbildung werben können und klarmachen können, dass sie bei uns etwas Hochattraktives ist.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Diaby von der SPD-Fraktion.
Frau Ministerin, wir können feststellen, dass im Berufsbildungsbericht auch soziale Faktoren eine große Rolle spielen. Wenn sich die AfD nur auf den Migrationshintergrund bezieht, ist das natürlich eine einseitige Betrachtung. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, bestimmte Situationen wie die hohe Abbruchquote bei der Ausbildung zu verbessern. Wir haben aber auch festgestellt, dass jüngere Menschen mit Migrationshintergrund häufiger nach Ausbildungsmöglichkeiten fragen als jüngere Leute ohne Migrationshintergrund. Es gibt viele Faktoren, die da eine Rolle spielen. Ich möchte gerne wissen: Welche Handlungsansätze sehen Sie in Bezug auf diese Problematik, die wir gemeinsam feststellen, insbesondere hinsichtlich der sozialen Herkunft? Welche Ansätze sehen Sie dazu in dem Bericht, der uns heute vorgelegt wurde?
Wir haben ja schon verschiedene Dinge auf den Weg gebracht, um den Übergang von der Schule in die Ausbildung noch engmaschiger zu gestalten. Ich will nur einmal das Sonderprogramm „Berufseinstiegsbegleitung“ im Rahmen der Bildungsketten nennen. Hier beginnt man mit einer Potenzialanalyse und setzt mit einem Praktikum in dem Bereich an, wo die Potenzialanalyse Stärken ergeben hat. Es geht also darum, Kinder schon ganz gezielt dahin gehend zu beraten.
Ich glaube, es ist wirklich eine große Aufgabe, da jetzt ein Paket zu schnüren. Auf der einen Seite müssen wir uns dabei mit den strukturellen Rahmenbedingungen beschäftigen. Auf der anderen Seite haben wir das Thema Mobilität auf der Tagesordnung. Das eine kann jedoch nicht ohne das andere gedacht werden. Wir müssen also zum einen die Ausbildung an sich noch einmal attraktiver machen, indem wir etwa die Ausbildungsordnungen im Zuge der Digitalisierung anpassen. Dann müssen wir mit den Unternehmen überlegen, was außerdem getan werden muss. Die Mindestausbildungsvergütung ist neben der Mobilität an dieser Stelle ein Thema. Außerdem müssen wir Möglichkeiten schaffen, damit der Aufstieg mit beruflicher Bildung genauso möglich ist wie mit akademischer Bildung. Am Ende müssen wir wirklich sagen können: Das ist eins zu eins gleichwertig, und es ist egal, wie die jungen Leute sich entscheiden, weil sie am Ende die Chance auf gute Aufstiegsmöglichkeiten in ihrem jeweiligen Bereich haben. Wenn wir diese drei Dinge zusammendenken, schaffen wir es, glaube ich, auch die sozial Schwächeren zu erreichen.
Danke sehr. – Achten Sie immer auf die Uhr. Es sind noch so viele Fragen, dass Sie noch viel Gelegenheit haben werden, zu antworten.
Die nächste Frage stellt der Kollege Gehring von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Danke, Herr Präsident. – Frau Ministerin, der Berufsbildungsbericht dokumentiert einmal mehr verlässlich die zentralen Probleme und Herausforderungen bei der beruflichen Bildung. Fast alle diese Probleme begleiten uns auch schon die 13 Jahre, in denen das Bildungs- und Forschungsministerium von der CDU geführt wird. Die Themen „Ausbildungsabbruch“ und „hohe Vertragslösungsquote“ wurden hier bereits problematisiert. Ich möchte vor allem eine ganz besorgniserregende Entwicklung ansprechen: Die Zahl der Ausbildungslosen wächst. Mittlerweile haben 14,3 Prozent der 20- bis 34-Jährigen gar keine abgeschlossene Ausbildung. Wir wissen, welche Folgen das hat: Es drohen Arbeitslosigkeit oder prekärste Beschäftigungsformen. Es entsteht eine Hochrisikogruppe, die bei den Arbeitsagenturen vor Ort landen würde. Dieses Wachstum bei der Ausbildungslosigkeit auf die genannte Quote von 14,3 Prozent muss uns daher sehr umtreiben. Deshalb interessiert mich: Wie erklären Sie sich, dass diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr so deutlich gestiegen ist? Wie wollen Sie als Bundesregierung diese bedenkliche Entwicklung nicht nur stoppen, sondern möglichst umkehren? Da geht es um ein ganz zentrales Feld.
Auch hier gibt es verschiedene Ansätze, und wir müssen uns an verschiedenen Stellen bemühen. Da gibt es zum einen beispielsweise die Berufseinstiegsbegleiter – diese haben wir schon auf den Weg gebracht –, die dabei helfen, den Einstieg zu schaffen. Das Bildungsketten-Programm habe ich gerade schon erwähnt. Es ist aber etwas anderes, jemandem, der nicht Fuß gefasst und mittlerweile vielleicht sogar schon eine Familie hat, anzubieten, dann im Laufe der Zeit den Einstieg zu machen, indem zum Beispiel eine Ausbildung in Teilzeit durchgeführt werden kann. Solche Dinge wollen wir in den nächsten Jahren in den Blick nehmen, um da insgesamt noch etwas vielfältiger zu werden. Es wird also nicht nur der klassische Weg, direkt nach der Schule anzufangen, berücksichtigt, sondern es soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, im späteren Leben noch mit einer wie auch immer gearteten Teilzeitausbildung einzusteigen.
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Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Schipanski, CDU/CSU.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Der Kollege Rupprecht hat die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung angesprochen, ein wichtiges Anliegen auch des Koalitionsvertrages. Im Koalitionsvertrag steht dazu der Begriff „höhere Berufsbildung“. Vielleicht könnten Sie noch einmal ein bisschen skizzieren, was das Haus unter diesem Schlagwort vorhat, insbesondere mit Blick darauf – Sie hatten ja beim Kollegen Rupprecht bereits dargestellt, dass unser System auf das Prinzip „kein Abschluss ohne Anschluss“ ausgelegt ist, wir also eine sehr gute Durchlässigkeit in unserem System haben –, wie viele, die beruflich angefangen haben, unter Umständen in die akademische Bildung wechseln und diese breite Durchlässigkeit, die das System bietet, nutzen.
Ich will einmal mit der höheren Berufsbildung anfangen; denn das ist ein sehr gutes Stichwort. Wir machen damit schon den Anfang, hier wirklich zwei gleichwertige Wege nebeneinanderzustellen, indem wir nach der klassischen Ausbildung Wege über Stufen definieren, die am Ende vergleichbare Abschlüsse schaffen im Vergleich zu den akademischen Abschlüssen. Das ist auch vor dem Hintergrund ganz wichtig, dass wir im europäischen Vergleich immer wieder zeigen müssen, dass unsere berufliche Ausbildung ein Riesenpfund ist. Viele in Europa kennen ja die klassische Ausbildung, wie wir sie haben, gar nicht. Deswegen wollen wir gleichwertige Fortbildungsstufen definieren – das verstehen wir unter dem Stichwort „höhere Berufsbildung“ – und damit am Ende eine höhere Vergleichbarkeit in Richtung Europa schaffen.
Danke sehr. – Herr Kamann, wollen Sie zum Thema Berufsbildungsbericht eine Frage stellen?
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– Nicht. – Dann kann die Kollegin Beer die nächste Frage stellen.
Ganz herzlichen Dank. – Ich glaube, wir sind uns einig darüber, welchen besonderen Stellenwert die berufliche Bildung hat – hier im Hause vielleicht aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ich glaube, dass es nicht nur darum geht, den Fachkräftemangel in der Wirtschaft zu beheben, sondern insbesondere darum – das habe ich immer besonders geschätzt –, dass gerade die berufliche Bildung die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems und damit die Grundlage für die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs aus eigener Kraft in unserer Gesellschaft schafft. Vor diesem Hintergrund, Frau Ministerin, kann ich Ihre Einschätzung, dass die Zahlen in die richtige Richtung gehen, leider nicht teilen.
Es ist hier schon angesprochen worden, dass die Anzahl der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss steigt, genauso steigt aber auch die Quote der Ungelernten. Parallel dazu sehen wir eine Steigerung bei der Anzahl der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber ebenso wie eine Erhöhung der Vertragslösungsquote. Das heißt für mich, dass wir nach wie vor Probleme bei der Ausbildungsfähigkeit, bei der Berufsorientierung, bei der Ausbildungsvermittlung und auch bei der Berufsbegleitung haben und außerdem eine ungenügende Modularisierung haben. Was wollen Sie anders und besser machen als Ihre Vorgänger?
Ich glaube, wir dürfen bei den Zahlen nicht nur auf das letzte Jahr schauen. Gerade bei den jungen Leuten im Übergangsbereich kommen wir von Zahlen, die bei weit über 400 000 lagen. Wir sind jetzt bei etwa 291 000. Die Zahl ist nicht gut, ich will sie gar nicht schönreden. Aber man muss schon sehen, dass wir in den letzten Jahren an dieser Stelle eine Menge erreicht haben.
Was die Vertragslösungsquoten angeht, sollte man bedenken: Vorzeitige Vertragslösungen sind nicht zwangsläufig eine schlechte Geschichte. Gerade die FDP wirbt für eine zweite Chance, und hier gibt es eine zweite Chance. Es ist doch ein Pfund, dass ich hier in Deutschland die Chance habe, von vorne anzufangen, wenn ich feststelle, dass ich nicht im richtigen Ausbildungsbetrieb bin, mit dem Team nicht klarkomme oder die Branche nicht das Richtige für mich ist. Von daher sehe ich das an dieser Stelle nicht so wie Sie.
Auf welche weiteren Zahlen sind Sie noch einmal eingegangen?
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– Der Anstieg bei einigen Zahlen ist darauf zurückzuführen, dass die Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel statistische Veränderungen vorgenommen hat. Vom letzten Jahr auf dieses Jahr wurde statistisch beim Zahlenwerk einiges verändert. Wenn man jedoch längerfristig schaut, sieht man, dass alle Zahlen im positiven Bereich sind und in die richtige Richtung gehen.
Danke sehr. – Herr Kollege Rabanus, Sie haben die nächste Frage.
Frau Ministerin, ich hätte eine Frage zur Aufstiegsfortbildung. Wir lesen ja in dem Bericht, dass es eine gute Tendenz gibt, was die Quote der AFBG-Geförderten angeht. Wir lesen dort auch, dass es gelingt, zusätzliche Gruppen, namentlich im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher, mit diesem Instrument zu erschließen. Das finde ich sehr schön. Es freut uns natürlich auch als Koalition, dass das, was wir uns gedacht haben, tatsächlich aufzugehen scheint, auch wenn uns noch keine abschließende Evaluierung vorliegt.
Nichtsdestotrotz haben wir in der Koalitionsvereinbarung miteinander verabredet, dass wir die Aufstiegsfortbildung in besonderer Weise in den Blick nehmen; wir haben sie als prioritäre Maßnahme bezeichnet. Was sind nach Ihrer Meinung die wichtigsten Stellschrauben, an denen wir bei einer künftigen Novelle des AFBG und vielleicht auch im Hinblick auf Maßnahmen, die über das AFBG hinausgehen, etwa beim Thema Weiterbildungsstipendium und Aufstiegsstipendium – auch diese Instrumente haben wir ja –, drehen sollten? Wo sehen Sie da den größten Handlungsbedarf?
Sie kommen jetzt zum finanziellen Teil und darauf zu sprechen, dass wir die Vergleichbarkeit zwischen beiden Bildungswegen auch auf der finanziellen Ebene erreichen müssen. Das ist, glaube ich, unstrittig. Was das im Detail bedeutet, mit welchen Maßnahmen wir das unterlegen, werden wir in den nächsten Wochen diskutieren. So weit sind wir noch nicht.
Danke sehr. – Dann hat die nächste Frage Frau Kollegin Freihold, Fraktion Die Linke.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Frau Ministerin, in Ihrem einleitenden Bericht haben Sie von 50 000 unbesetzten Ausbildungsplätzen gesprochen. Angesichts der Tatsache, dass es einen Zusammenhang zwischen einem Mangel an Auszubildenden in bestimmten Branchen und weniger qualitätvoller Ausbildung gibt, möchte ich die Frage stellen, ob es vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll wäre, eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes in Bezug auf gleiche Qualitätsstandards für alle Ausbildungsberufe anzustreben. Ich denke, es ist ein wichtiges Ziel, zu erreichen, dass die Suche nach einem Ausbildungsplatz in allen Ausbildungsberufen, und zwar in allen Branchen, für die Jugendlichen attraktiv gemacht wird und gewährleistet ist, dass es zu erfolgreichen Berufsabschlüssen kommen kann.
Die Kontrolle der Ausbildung, um die volle Ausbildungsbreite zu gewährleisten, erfolgt bereits über die Kammern, etwa bei den IHKs und den Sozialpartnern; sie schauen sich das immer wieder an. Da gibt es ein gewisses Kontrollinstrument: Wenn man feststellt, dass es nicht funktioniert, kann man jemandem die Ausbildungsmöglichkeit auch entziehen. Daran würde ich nicht rütteln – im Gegenteil! Vieles, was wir da erleben, hat mit Passungsproblemen über die Regionen hinweg zu tun. Es ist nicht immer nur eine Frage der Branchen.
Ich glaube, dass viele junge Leute in Bereichen arbeiten möchten, in denen sie in ihrem Umkreis keinen Ausbildungsplatz finden. Insofern würde ich nicht darangehen, irgendwelche Mindeststandards zu definieren. Wo will man denn da ansetzen? Je nach Branche sind die Anforderungen häufig sehr unterschiedlich. Deutschland ist ein großes Land. An der Stelle neben dem BBiG einen einheitlichen Standard auf Bundesebene zu definieren, wird nicht funktionieren. Dafür sind die Bedingungen viel zu unterschiedlich.
Danke sehr. – Frau Kollegin Stumpp, Sie haben die nächste Frage.
Vielen Dank. – Frau Ministerin, Sie sehen, dass das Thema „Gleichwertigkeit von dualer Ausbildung und Studium“ hier sehr viele bewegt. Sie haben Verbesserungen in diesem Bereich angekündigt. Formal ist die Angleichung schon weit gediehen. Sie haben unter anderem in einer Pressemitteilung angekündigt, das Meister-BAföG zu erhöhen. Die größte Herausforderung für junge Menschen, auf eine Fachschule zu gehen oder den Meister zu machen, sind jedoch die zum Teil exorbitanten Gebühren und auch die Schulgelder, die immer noch erhoben werden. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung und aus Ihrer Sicht – Sie haben bereits ein entsprechendes Instrumentarium angekündigt – eine sinnvolle Maßnahme, die Gebühren abzuschaffen, um die finanziellen Hürden zu senken und den Zugang zu Aufstiegsqualifizierungen zu erleichtern?
Das Schulgeld wird in den Bereichen, in denen exorbitanter Bedarf besteht, in den nächsten Jahren abgeschafft. Ich kenne jedoch viele Fälle aus der Praxis, die zeigen, dass hier auch ein Bindungsinstrument sein kann, zum Beispiel, wenn die finanzielle Unterstützung für die Meisterprüfung vom Unternehmen geleistet wird. Deswegen ist es auch da nicht einfach, zu sagen, was die richtige Lösung ist. Wir wollen mehr Unterstützung anbieten – das bringen wir gerade auf den Weg – und den Prozess enger begleiten, aber die Gebühren in Gänze abzuschaffen, ist nicht so einfach.
Die nächste Frage hat der Kollege Heßenkemper von der AfD.
Herr Präsident! Frau Ministerin, Ihrem Bildungsbericht zufolge laufen dem dualen System offensichtlich die Menschen davon. 2011 lag die Ausbildungsanfängerquote bei den Deutschen bei 60,3 Prozent und sank bis 2015 auf 56,7 Prozent. Bei den Ausländern sieht es noch katastrophaler aus: Hier sank die Quote von 35,4 Prozent im Jahr 2011 auf 26 Prozent im Jahr 2015. Auf der anderen Seite drängten sich die Menschen im Studium. Diese Lücke soll nun durch sogenannte Integrationsmaßnahmen geschlossen werden.
Ihrem Bericht entnehme ich, dass die Quote anerkannter Abschlüsse von Ausländern, die den deutschen Referenzberufen vollständig gleichwertig sind, bei 74 Prozent liegt; die Quote der nichtkompatiblen Abschlüsse liegt bei 2,6 Prozent. Nun meine Frage: Sind die Ausbildungen in der Dritten Welt so gut geworden wie unsere, oder sind unsere so schlecht geworden wie in der Dritten Welt?
Vielen Dank.
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Diese Fragestellung ist bei uns schon angekommen. Auf der Ebene der Kammern kümmern wir uns darum, dass diese Fragestellung beantwortet werden kann.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Albani, CDU/CSU.
Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Der Bildungsbericht beleuchtet die Thematik sehr gut. Sie haben einige Herausforderungen genannt. Ich war in der vergangenen Woche im Ausland und habe ein Land besucht, in dem die duale Ausbildung erst eingeführt wurde. Erst wenn man den Vergleich hat, stellt man fest, auf welchem hohen Niveau wir uns hier in Deutschland befinden und wie viele Dinge für uns selbstverständlich geworden sind, während in anderen Ländern dafür noch stark gekämpft werden muss.
Dennoch müssen wir unser System stetig weiterentwickeln. Die Herausforderungen der Digitalisierung machen auch vor der dualen Ausbildung nicht halt. Nun ist es Aufgabe der Kammern und Verbände, die Standards entsprechend festzulegen. Daher meine Frage: Inwieweit ist Ihrer Meinung nach die duale Ausbildung im Bereich Digitalisierung fit für die Zukunft? Inwieweit kann das BMBF Taktgeber sein, die Zukunft sozusagen konzertiert zu gestalten, um auf diese Art und Weise gerade den kleinen Unternehmen – Stichwort: überbetriebliche Ausbildungsstätten – zur Seite zu stehen?
Gerade in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten ist die Digitalisierung schon angekommen. Es wurde bereits viel getan, um auf dem Stand der Technik zu sein. Natürlich sind entsprechende Maßnahmen auch im Digitalpakt enthalten; denn gerade im digitalen Bereich erfolgt die Entwicklung sehr schnell. Genau aus diesem Grunde haben wir für viele Ausbildungsordnungen das Thema Digitalisierung auf die Tagesordnung gesetzt, damit wir bei der beruflichen Bildung in den Schulen bezogen auf das, was in den Betrieben zum großen Teil Normalität ist, hinterherkommen.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Sattelberger, FDP.
Frau Ministerin, bei aller Anerkennung für die duale Berufsausbildung sehe ich drei Systemschwächen.
Erstens. Wir haben in diesem Land 1,35 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren, die angelernt oder ungelernt sind. Berücksichtigen Sie in Zukunft auch so etwas wie Teilzeitausbildung und Teilzeitqualifizierung?
Zweitens. Die Zahl der Führungspositionen in der Wirtschaft, die mit beruflich Qualifizierten besetzt sind, hat sich in den letzten zehn Jahren fast halbiert. Kann man angesichts dessen überhaupt von einer Gleichwertigkeit der Abschlüsse sprechen? Was ist zu tun, damit auch in der Wirtschaft diese Gleichwertigkeit wiederhergestellt wird?
Drittens. Amazon frisst sich seit 15 Jahren in die Umsätze des Einzelhandels. Vor wenigen Wochen ist die Einführung des Berufsbildes des E-Commerce-Kaufmanns verabschiedet worden. Wenn wir in dieser Geschwindigkeit mit der Schaffung von Berufsbildern weitermachen, ist das dann ein richtiger Beitrag zur Digitalisierungsbewältigung?
Ich fange mit der Frage nach den vielen Angelernten an: Deswegen ist es wichtig, dass wir neben der klassischen Ausbildung in Vollzeit auch eine Teilzeitausbildung anbieten können und dass wir auch die Teilzeitweiterbildung anbieten können. Das ist notwendig, damit dieses System genauso attraktiv ist wie das Hochschulsystem.
An dieser Stelle möchte ich auf die sogenannte zweite Chance hinweisen. Es ist wichtig, eine Berufsausbildung zu haben, auf der man im Leben aufbauen kann; denn die höchsten Arbeitslosenquoten haben wir immer noch bei den ungelernten Kräften. Darauf müssen wir immer wieder hinweisen, und wir müssen Möglichkeiten schaffen, eine Ausbildung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Vor kurzem habe ich in meinem Wahlkreis mit einer 47-Jährigen gesprochen, die mir gesagt hat: Ich will jetzt noch eine Ausbildung machen, um darauf etwas aufzubauen. – Es ist doch toll, wenn es einen Arbeitgeber gibt, der ihr das ermöglicht. Diese Frau kann das jetzt sogar wieder in Vollzeit machen, weil ihre Kinder schon groß sind. Wenn man aber Familie hat, soll man die Ausbildung auch in Teilzeit absolvieren können.
Zweitens.
Frau Bundesministerin, mit Rot ist es furchtbar, nicht?
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– Nur mit der Ampel.
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Um das zu beweisen, hat die nächste Frage die Kollegin Petra Sitte, Fraktion Die Linke.
Rot kann einiges ab. – Frau Minister, ich habe eine Frage, die sich auf den Erlebnisbereich von Unternehmern bezieht. Einem Bekannten von mir gehörte ein größeres Transportunternehmen. Er hat mit großem Engagement ausgebildet. Er musste aber immer wieder feststellen, dass die von ihm ausgebildeten jungen Leute von einem anderen Unternehmen, das nicht ausgebildet hat, mit einem besseren Anfangslohn weggelockt wurden. Dann war er die jungen Leute wieder los. Zu meiner großen Verblüffung war dieser Unternehmer ein Fan der Umlagefinanzierung.
Deshalb und angesichts des Umstands, dass die Betriebsausbildungsquote jetzt erstmals unter 20 Prozent gesunken ist, frage ich: Wäre es nicht Zeit, auch aus Gründen der Gerechtigkeit unter den Unternehmen, endlich darüber nachzudenken, in welcher Form eine Umlagefinanzierung eingeführt werden könnte, damit alle an dieser gemeinsamen gesellschaftlichen Last, auszubilden, teilhaben und letztlich auch davon profitieren?
Ich glaube, dass das nicht die richtige Herangehensweise ist. Auch wir verfolgen das Ziel, die kleineren Betriebe wieder zu motivieren, auszubilden. Aber gerade die kleineren Betriebe stehen häufig vor besonderen Herausforderungen. Einige decken gar nicht alle Sparten ab, die für eine vollständige Berufsausbildung erforderlich sind. Daher geht es darum, die kleineren Betriebe zu vernetzen, damit sie eine Ausbildung anbieten können. Es geht darum, sie zu unterstützen, damit sie diese Leistung erbringen können. Ich glaube nicht, dass man das über Zwang oder über Geld regeln kann. Ich glaube nicht, dass die Betriebe durch eine Umlagefinanzierung zur Schaffung von Ausbildungsplätzen motiviert werden. Dann kann man sich mit Geld herauskaufen. Für die jungen Leute, denen wir ein gutes Angebot an Ausbildungsplätzen unterbreiten wollen, hätten wir damit aber nichts gewonnen. Das möchte ich nicht. Ich möchte, dass Ausbildungsplätze gerade auch in kleinen Betrieben geschaffen werden und dass diejenigen, die eine Ausbildung anbieten, auch motiviert sind, gut auszubilden.
Danke sehr. – Frau Christmann hat die nächste Frage.
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– Wollen Sie nicht?
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– Ach so. – Dann hat der Kollege Kaufmann noch eine Frage zum Berufsbildungsbericht.
Frau Ministerin, ich darf den Blick noch einmal auf das Thema „Fachkräftesicherung und Anerkennung von Abschlüssen“ richten. Die Berufsbildung ist ein zentrales Element der Fachkräftesicherung. Aber wir sind uns, glaube ich, einig, dass ohne den Zuzug von Migranten die demografische Lücke in diesem Bereich nicht geschlossen werden kann. Deshalb frage ich: Wie können Migranten ihre mitgebrachten Qualifikationen auf dem deutschen Arbeitsmarkt nutzen, um als Fachkräfte eingesetzt zu werden und nicht als Hilfskräfte?
In diesem Zusammenhang sind beispielhaft zwei Maßnahmen zu nennen:
Die erste Maßnahme ist das Anerkennungsgesetz. Wir schauen, wo das Wissen, das aus dem Ausland mitgebracht wird, hier eingesetzt werden kann, wo es passt, damit derjenige erfolgreich starten kann.
Als Zweites gibt es aus unserem Haus das Berufsorientierungsprogramm für Flüchtlinge. Damit können sie sich selber einen passenden Einstieg erarbeiten.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat die Frau Kollegin Höchst von der AfD.
Guten Tag, Frau Ministerin! Vielen Dank, dass Sie sensibilisiert sind für die Problematik der Berufsausbildung, der Wechselproblematik, der Problematik, dass viele nicht gut ausbildbar sind, jedenfalls nicht so, wie es sich die Ausbildungsbetriebe wünschen würden.
Ich habe Sie von Qualitätssicherung und allgemeinen Standards sprechen hören; darauf zielt meine Frage ab. Ich habe in meinem Vorleben bei der Implementierung von Bildungsstandards mitgemacht, zum einen für die Mittlere Reife, die wir kennen, zum anderen für die zentralen Elemente des Abiturs. Dort sieht die Qualitätssicherung so aus, dass man in den Auswahlkommissionen darauf schaut, dass Schulen aus wirklich allen Bundesländern bei den standardisierten Testungen erfolgreich sein können. Das heißt, all das schöne Gerede und die schöne Idee von gleichen Standards und Qualitätssicherung werden in der Praxis zunichtegemacht. Wie wollen Sie dem entgegenwirken?
Vielen Dank.
Sind Sie bei der schulischen Bildung oder bei der Berufsausbildung? Denn bei der Berufsausbildung stellt sich die Frage, glaube ich, ein bisschen anders.
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Nein, übertragen auf die berufliche Bildung. Es gab ja auch schon die Frage zur Standardisierung und zur Heraufsetzung der beruflichen Qualität. Ich meine die Negativerfahrung, übertragen auf die berufliche Bildung.
Es geht also um die berufliche Bildung?
Ja, selbstverständlich.
Gut. – Im Bereich der beruflichen Bildung werden Standards – wie auch immer sie geartet sind und für welchen Bereich sie auch gelten sollen – immer zwischen der Kultusministerkonferenz der Länder und uns abgestimmt. Dort werden solche Dinge auch verhandelt.
Jetzt hat die Frau Kollegin Katzmarek, SPD, die nächste Frage. – Nein, Herr Kaczmarek. Ich bitte um Nachsicht.
Kein Problem. – Vielen Dank, Herr Präsident.
Das ist ja offensichtlich.
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Wir werden oft verwechselt.
Frau Ministerin, ich möchte noch einmal auf die Diskussion über die Vertragslösungen aus der vergangenen Woche zu sprechen kommen. Mir ist der Hinweis wichtig, dass man da genau hinsehen muss, weil wir in einigen Branchen vollkommen unauffällige Zahlen haben. Umso mehr müssen wir in den Branchen hinschauen, in denen es bei den Vertragslösungen hohe Ausschläge gibt. Deswegen meine Frage: Ist das nicht ein Hinweis darauf, dass wir, auch und gerade im Schulterschluss mit den ausbildenden Betrieben, stärker auf die Ausbildungsqualität achten müssen?
Da die Betriebe ja selbst ein Interesse daran haben, Fachkräfte anzuwerben, frage ich auch: Wird die Qualität der Ausbildung auch Gegenstand der Novelle zum Berufsbildungsgesetz sein? Nimmt man möglicherweise die Ausbilder-Eignungsverordnung noch einmal in die Hand? Kann es auch ein Beitrag des BMBF sein, in der Allianz für Aus- und Weiterbildung darauf hinzuweisen, dass wir diejenigen belohnen wollen, die in die Qualität der Ausbildung investieren?
Die Frage: „Wie kann man in den Branchen, in denen die Vertragslösungsquoten hoch sind, gegensteuern, damit die Bindung an die Unternehmen stärker wird?“, ist, glaube ich, sehr komplex. Auch da darf man nicht sagen: „Es gibt das Problem, das wir lösen müssen“, sondern auch da geht es um vielfältige Themen. Es sind immer Themen, die man am besten gemeinsam mit den Sozialpartnern löst. Zu sagen: „Ich habe die Weisheit“, wird nicht funktionieren. Wir sind auf dem Weg, gemeinsam mit den Sozialpartnern gerade für kritische Branchen eine Lösung zu finden.
Die letzte Frage hat die Kollegin Staffler von der CDU/CSU. Dann sind wir mit dem Thema Berufsbildungsbericht fertig.
Danke schön. – Wir haben gerade über die Digitalisierung gesprochen; der Kollege Albani hat auf dieses Thema schon hingewiesen. Die Digitalisierung erfordert, auch über die duale Berufsausbildung hinausgehend, lebenslanges Lernen. Insofern würde mich interessieren, welche Konzepte oder Ideen es gibt, um die Menschen zu motivieren, lebenslang zu lernen, gerade im Hinblick auf die Digitalisierung.
Danke schön.
Ich bin im Moment viel unterwegs und sage immer, dass das lebenslange Lernen nicht einmal aufhört, wenn man sein Berufsleben beendet hat, weil selbst für diejenigen, die nicht mehr beruflich tätig sind, das lebenslange Lernen ein Thema ist – gerade im Bereich der Digitalisierung –, damit sie auch im Alter noch am sozialen Fortschritt teilnehmen können.
Für die berufliche Bildung gilt natürlich, dass das Thema Digitalisierung in den Weiterbildungsstufen ganz klar im Mittelpunkt steht. Die Sozialpartner sind natürlich sehr daran interessiert, dass gerade die Weiterbildungsstufen immer auf der Höhe der Zeit bleiben, und mit der Evaluierung und Novellierung der Ausbildungsordnungen in Bezug auf die Weiterbildung werden wir das natürlich auch immer aktiv unterstützen.
Danke sehr. – Damit sind wir mit den Fragen und Antworten zum Berufsbildungsbericht 2018 durch.
Wir kommen jetzt zu den sonstigen Themen, wobei ich nicht zwischen Themen der Kabinettssitzung und weiteren sonstigen Themen unterscheiden möchte, da wir in der Zeit schon weit fortgeschritten sind. Es gibt noch eine Reihe von angemeldeten Fragen, und ich würde keine weiteren Fragen mehr zulassen – dafür bitte ich um Verständnis –; denn ansonsten verzögert sich der Beginn der Fragestunde unendlich.
Wir fangen mit dem Kollegen Kamann an, der die erste Frage stellt.
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– Frau Christmann war schon dran.
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– Habe ich Frau Christmann übersehen? – O Gott! In der nächsten Regierungsbefragung kommen Sie zuerst dran.
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– Hierzu? – Gut, aber erst die AfD; die sind von der Zahl her ein bisschen größer.
Trotzdem bitte ich um Verzeihung, dass ich vorher drankomme. – Sehr geehrte Ministerin Karliczek, Sie haben vor kurzer Zeit der „Zeit“ ein Interview gegeben, in dem Sie dargestellt haben, wie fatal es ist, dass wir kein Digitalisierungsministerium haben.
Nein.
Sie haben dargestellt, dass das Verkehrsministerium für die Breitbandzugänge in den Schulen verantwortlich sein soll.
Genau.
Sie haben dargestellt, dass das Bildungsministerium Verantwortung für die Smartboards, die stationären Endgeräte und das WLAN haben soll. Tablets für Schüler soll es allerdings nicht geben. Sie sollen ihre Smartphones mitbringen, ansonsten würde der Bund einspringen.
Habe ich auch nicht gesagt.
So waren Ihre Aussagen.
Nein.
So habe ich es gelesen; sagen wir es so.
Das ist eine organisatorische Mammutaufgabe, für die ich eher, ich sage mal, gewiefte Projektmanager zuständig sehe. Wie wollen Sie diese Mammutaufgabe der gesamten Koordination bewältigen, sodass über das Thema Digitalisierung nicht nur hier im Plenum toll geredet, sondern es tatsächlich auch umgesetzt wird? Wer soll dafür verantwortlich sein? Soll dafür, wie es im Koalitionsvertrag steht, –
Herr Kollege Kamann, –
– der Bildungsrat verantwortlich sein?
– die Frage ist verstanden, und Ihre Fragezeit ist vorüber.
Danke schön.
Frau Karliczek, bitte sehr.
Ich glaube, die Aufteilung ist sehr gut; denn gerade im digitalen Bereich ist die Komplexität in jeder einzelnen Fragestellung sehr hoch. Die Koordinierung, das Zusammenbinden der Enden, findet schließlich im Kanzleramt statt. Dafür gibt es ja auch eine Staatsministerin, die sich um das Zusammenbinden der Enden kümmert.
Ich halte es für eine sehr gute Idee, dass man sich im Detail im Bildungsministerium damit auseinandersetzen wird, wie der Digitalpakt in die Schulen gebracht werden kann, und dass man es dem Verkehrsministerium überlässt, zu überlegen, wie der Breitbandausbau in der Fläche ordentlich erfolgen kann. Wir sollten nicht so tun, als sei nicht schon jede einzelne komplexe Fragestellung, wie wir gut ans Ziel kommen, an sich eine Herausforderung.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat die Frau Kollegin Christmann.
Vielen Dank. – Frau Ministerin, ich würde Sie gerne zu Ihrer gestrigen Ankündigung auf dem Forschungsgipfel, die Agentur für Sprunginnovationen auf den Weg zu bringen, fragen, inwiefern Sie schon Planungen dazu haben, ob das eine nationale, eine binationale oder eine europäische Initiative sein soll. Ich frage das gerade auch im Hinblick darauf, dass es hier ja Überlegungen zur Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich gibt. Das ist ja auch eine der Initiativen, die Macron sehr stark gemacht hat. Wäre gerade das nicht eine Chance, die ausgestreckte Hand von Macron zu ergreifen und Deutschland und Frankreich als gemeinsamen Motor für Innovationen auf europäische Art voranzubringen?
Wo liegt bei so einer europäisch gedachten Innovationsagentur vielleicht auch ein anderer Schwerpunkt als bei der DARPA in Amerika, die hier ja oft als Gegenbeispiel genannt wird? Wo würden Sie hier Unterschiede sehen?
Ich will vielleicht einen Schritt zurückgehen: Gerade beim Thema Sprunginnovationen erleben wir eine große Zurückhaltung der Wirtschaft, sich zu engagieren. Deswegen wollen wir das machen; denn wir wollen es ein Stück weit unterstützen, dass Sprunginnovationen, also wirklich revolutionäre Innovationen, in den Markt kommen.
Die Einrichtung einer solchen Agentur ist schon im nationalen Recht eine sehr große Herausforderung. Ich bin froh, dass Sie das heute ansprechen; denn Sie können uns an dieser Stelle unterstützen, wenn wir hier im Plenum darüber diskutieren, wie wir die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Das ist keine Kleinigkeit.
Wir sind mit unseren französischen Freunden im engen Gespräch zu vielen Themen, gerade im Bereich Forschung und Entwicklung. Aber da gleich ein binationales Institut auf die Beine zu stellen, würde uns, glaube ich, angesichts der Komplexität der rechtlichen Anforderungen, die diese bedeuten, überfordern. Deswegen wollen wir erst einmal auf nationaler Ebene die Voraussetzungen für die Einrichtung einer solchen Agentur schaffen. Ob man das hinterher verbindet, ist eine zweite Fragestellung.
Danke sehr. – Die nächste Frage hat der Kollege Saathoff, SPD.
Herr Präsident! Frau Ministerin, eigentlich habe ich eine Frage ans Verteidigungsministerium. Von daher haben Sie mein Mitleid, dass Sie darauf antworten müssen.
Ich habe am 21. März dieses Jahres eine schriftliche Anfrage ans Bundesverteidigungsministerium gestellt, wann denn damit zu rechnen sei, dass der Überwasserschiffbau wieder Schlüsseltechnologie wird. Ich habe darauf eine Antwort erhalten, in der lapidar darauf eingegangen wird, dass es ein Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland gebe.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in zwei Anträgen zur maritimen Wirtschaft im Parlament beschlossen haben, dass der Überwasserschiffbau Schlüsseltechnologie werden soll, und dass dies im Koalitionsvertrag steht. Deswegen frage ich an dieser Stelle noch einmal: Wann soll der Überwasserschiffbau endlich Schlüsseltechnologie werden, so wie es das Parlament will? Welchen Stellenwert haben eigentlich die Beschlüsse des Deutschen Bundestages und des Koalitionsvertrages für das Bundesverteidigungsministerium? Welche Auswirkungen hätte es eigentlich, wenn man die bisherige Ausschreibung zum MKS 180 aufheben und dann entsprechend den Regelungen des Parlaments neu vergeben würde?
Das ist so detailliert, dass ich es an den Kollegen Silberhorn abgebe.
Herr Kollege Silberhorn, bitte sehr.
Vielen Dank. – Zunächst zu Ihrer Frage, welchen Stellenwert der Koalitionsvertrag und die Beschlüsse des Deutschen Bundestages für das Bundesministerium der Verteidigung haben: Sie sind handlungsleitend für uns.
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Zu der Frage nach MKS 180: Dieses Vorhaben befindet sich in einem laufenden Vergabeverfahren.
Zum Dritten, also zu der Antwort, die vermutlich ich Ihnen gegeben habe: Der Koalitionsvertrag trifft in der Tat eine Aussage darüber, den Überwasserschiffbau als Schlüsseltechnologie zu qualifizieren. Was das dann im Detail für die einzelnen Ressorts heißt, also keineswegs nur für das Bundesministerium der Verteidigung, sondern auch für andere, muss nun im Kreise der Koalition näher spezifiziert werden. Dieser Diskussion stellen wir uns mit aller Ernsthaftigkeit und Aufgeschlossenheit.
Vielen Dank. – Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Hocker, FDP.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte gerne von der Bundesregierung wissen, inwiefern sie der Auffassung ist, dass ein Tierschutzverband wie PETA, der für die Kampagne „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ sowohl von deutschen Gerichten als auch vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden ist, in Deutschland weiterhin die Vorzüge der Gemeinnützigkeit genießen soll, und welche Möglichkeiten existieren, PETA die Gemeinnützigkeit zu entziehen.
Ich frage mal, ob jemand vom Finanzministerium diese Frage gerne beantworten möchte.
Gerne.
Bitte.
Da haben Sie mich jetzt – das muss ich zugeben – kalt erwischt. Ich werde Ihnen diese Frage ausführlich schriftlich beantworten.
Danke sehr. – Dann hat die nächste Frage der Kollege Stefan Schmidt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank. – Ich denke, auch diese Frage geht in Richtung von Frau Staatssekretärin Lambrecht.
Die Grundsteuer beschäftigt uns ja sehr. Wir haben darüber heute im Ausschuss schon intensiv gesprochen und auch festgestellt, dass eine Neureglung für die Grundsteuer gewünscht wird, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung auf der Basis von Einheitswerten für verfassungswidrig erklärt hat. Wir haben auch festgestellt, dass rein flächenbezogene Modelle, die die Wertabhängigkeit von Grund und/oder Boden und/oder Gebäuden nicht berücksichtigen, für eine Neuregelung wahrscheinlich nicht infrage kommen.
Ich frage deshalb die Bundesregierung, ob es hier Planungen oder die feste Auffassung gibt, dass es zu einer bundesweit einheitlichen Regelung kommen soll, dass insbesondere die bisher einem Kostenwertmodell kritisch gegenüberstehenden Länder Hamburg und Bayern, die ein Flächenmodell gefordert haben, keine Extrawurst bekommen.
Frau Lambrecht, wenn Sie mögen. Sonst dürfen Sie es schriftlich machen.
Nein, schon die Aktualität der Frage gebietet, dass ich dazu mündlich Stellung nehme. – Ja, wir haben im Ausschuss und auch bei anderen Gelegenheiten schon darüber gesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der letzten Woche entschieden, dass die bisherige Regelung nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes vereinbar ist und dass es deswegen zu einer Neuregelung kommen muss. Bei dieser Neuregelung ist es wichtig, dass auch die Länder, die hierbei eine wesentliche Rolle spielen, mit ins Boot geholt werden. Diese Zusage habe ich schon bei der Finanzministerkonferenz in der letzten Woche gegeben.
Bei der nun anstehenden Diskussion, die schnell geführt werden muss, weil eine Neuregelung bis Ende 2019 getroffen werden muss, wird über ein entsprechendes Modell zu reden und eine Klärung herbeizuführen sein. Es geht nicht allein darum, ein Modell zu finden, das bis 2019 beschlossen wird – das Bundesverfassungsgericht hat ein zweistufiges Verfahren eröffnet –, sondern es wird auch wichtig sein, dass es umsetzbar ist. Deswegen spielt es schon eine Rolle, welches Modell der Neuregelung zugrunde liegt. Eine Festlegung seitens des Bundesverfassungsgerichts auf die eine oder andere Variante gab es nicht. Viel Spielraum wurde eröffnet. Es wurde aber auch gesagt, dass der Bezug der Werte der verschiedenen Grundstücke ins Verhältnis gesetzt werden muss.
Es gibt jedenfalls bislang keine Festlegung auf ein Modell. Wir treten aber alsbald in Verhandlungen mit den Ländern und dem Parlament ein.
Vielen Dank, Frau Lambrecht. – Die nächste Frage hat der Kollege Luksic, FDP.
Ich habe eine Frage zu einem aus einem bayerischen Bierzelt stammenden Projekt, das im Bundesgesetzblatt steht, nämlich zur Pkw-Maut.
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Wir konnten heute lesen, dass es zum wiederholten Mal zu einer Verzögerung bei der Einführung kommen soll. Daher lautet meine Frage, wie der Zeitplan nun aussieht und was zu diesen Verzögerungen geführt hat. Früher wurde gesagt, es gebe schon Mautrechner. So kompliziert könne das Projekt nicht sein; alles laufe vollautomatisiert, und am 1. Januar 2016 werde die Maut scharfgestellt. Deswegen lautet meine Frage: Wie scharf ist die Maut schon gestellt? Ist sie nicht doch europarechtswidrig? Soll wegen des Verfahrens vor dem EuGH das Ganze vielleicht doch stillschweigend beerdigt werden? Das wäre gut für die Grenzregionen und den Mittelstand. Ist das Ganze nicht doch so bürokratieaufbauend, dass selbst die Bundesregierung es nicht schafft, das unfallfrei auf die Straße zu bringen? Wie ist der Stand der Dinge?
Herr Staatssekretär Bilger, mögen Sie antworten?
Sehr gerne, Herr Präsident. – Herr Kollege Luksic, ich kann Sie beruhigen. Das Projekt soll natürlich nicht beerdigt werden. Wir arbeiten intensiv an seiner Umsetzung. Wir sind überzeugt, dass es europarechtskonform ist. Die EU-Kommission ist die Hüterin der Verträge und hat bestätigt, dass das Projekt so kommen kann. Den von Ihnen angeführten Artikel habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen. Allerdings gehen wir nicht davon aus, dass die Probleme, die in diesem Artikel beschrieben sind, uns tatsächlich aufhalten können. Vielmehr arbeiten wir konsequent an der Umsetzung. Ein genaues Datum, wann die Infrastrukturabgabe wirklich kommt, kann ich Ihnen heute nicht nennen. Aber ich bin sehr sicher, dass wir das im Laufe der Legislaturperiode hinbekommen werden.
Vielen Dank. Diese hat auch gerade erst begonnen. – Mir liegen drei Wortmeldungen vor, die ich gerne noch zulassen würde. Die drittletzte Frage hat der Kollege Benjamin Strasser, FDP. Danach kommen noch Frau Haßelmann und Frau Höchst.
Meine Frage geht an das Innenministerium. Ihr Amtsvorgänger, Herr de Maizière, hat vor noch nicht einmal zwölf Monaten umfassende Vorschläge zur Reform der Sicherheitsarchitektur in Deutschland gemacht. Der Kollege Schuster von der Unionsfraktion hat im April 2017 in einem Gastbeitrag der „Welt“ in die gleiche Kerbe geschlagen. Es ist erstaunlich, dass der neue Innenminister nach wenigen Wochen im Amt offensichtlich eine ganz andere Meinung vertritt; diese möchte ich kurz zitieren. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ vom 12. April sagte Herr Seehofer,
... er sehe keinen Anlass, am föderalen System in Deutschland zu rütteln. Das Beispiel des GTAZ in Berlin zeige, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern „sehr gut funktioniert“, sagte er. „Die Grundstrukturen bei der Sicherheit in unserem Land passen.“
Es ist schon bemerkenswert, wenn dieses Hohe Haus einen Untersuchungsausschuss einsetzt, der unter anderem die fehlerhafte Arbeit des GTAZ bewerten und daraus Konsequenzen ziehen soll, und Ihr Minister hier diese Absage erteilt. Deswegen die Frage: Ist Herr de Maizière aus Sicht der Bundesregierung von Anfang an auf einem Holzweg gewesen? Zweite Frage: Was hat sich in den letzten zwölf Monaten so fundamental an der Sicherheitsarchitektur verbessert, dass Sie wie Seehofer „Passt scho“ sagen?
Herr Staatssekretär Krings, mögen Sie antworten?
Mit großem Vergnügen. Wenn, dann im rheinischen, nicht im bairischen Idiom, aber vorzugsweise auf Hochdeutsch. – Ich bedanke mich für die Blumen. Natürlich bin nicht ich der Amtsnachfolger von Thomas de Maizière, sondern es ist Horst Seehofer; aber vielen Dank, dass Sie mir das zutrauen.
Ich habe mich sehr intensiv und engagiert an Überlegungen beteiligt, dass wir unsere Sicherheitsarchitektur – da geht es nicht nur um den föderalen Aspekt; auf Landes- und Bundesebene gibt es immer wieder auch Friktionen und Verbesserungsbedarf auf der horizontalen Ebene, zwischen Behörden; dabei geht es um neue Strukturen von Behörden, um mehr Kooperation zwischen Behörden – ständig auf den Prüfstand stellen. Das ist natürlich nach wie vor richtig. Insofern haben sich in der Tat erhebliche Verbesserungen beim GTAZ ergeben. Man hat bereits wichtige Lehren gezogen, unter anderem aus dem Fall Amri, sodass auch hier noch mehr Kooperation stattfindet.
Im Übrigen weisen Sie zu Recht darauf hin, dass es hier in diesem Hause einen Untersuchungsausschuss gibt, dass es in mehreren Ländern schon einen gegeben hat und dass wir die entsprechenden Ergebnisse weiter auswerten werden. Das Thema „Lehren aus dem Fall Amri“ ist natürlich noch nicht abschließend behandelt.
Richtig ist auch – bisher hat das Haus keine andere Meinung vertreten –, dass sich die föderale Struktur im Grundsatz bewährt hat. Es würde, glaube ich, keinen Sinn machen, von Wiesbaden oder Berlin aus Wohnungseinbrüche in Deutschland zu verfolgen; insofern hat sich die föderale Struktur im Grundsatz bewährt. Wir können und müssen noch viele Verbesserungen erreichen.
Dabei wollen wir es dann für den Moment belassen. – Ich gebe der Kollegin Höchst das Wort für Ihre Frage.
Vielen Dank für das Wort. – Meine Frage geht an die Bildungsministerin. Ich möchte an meine Ausführungen anknüpfen und zur Bildungsqualität und zur ‑standardisierung fragen. Frau Ministerin, wir haben in den letzten Jahren unwahrscheinlich viel standardisiert und viel Qualitätssicherung betrieben. Auf der anderen Seite sagen uns die Zahlen, dass immer weniger Leute mit Abitur tatsächlich studierfähig sind und dass immer weniger Schulabgänger mit Mittlerer Reife wirklich Ausbildungsreife erreichen.
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Ich behaupte jetzt, dass es da einen Zusammenhang gibt. Angesichts meiner ehemaligen beruflichen Expertise erlaube ich mir die Feststellung: Dieser Zusammenhang besteht genau dort, wo eigentlich die Qualitätssicherung stattfinden sollte: bei der KMK. Ich weiß, dass sich dort die Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse zentralisierter, standardisierter Aufgaben nach dem schlechtesten Bundesland richtet, damit es alle schaffen können. Frau Ministerin, wird es aus Ihrem Hause Weisungen geben, diesen unsäglichen Niveaulimbo zu beenden, um zumindest einen mittleren Standard oder einen hohen Standard anzustreben?
Vielen Dank.
Schön, dass Sie mir die Gelegenheit geben, an dieser Stelle einmal klarzustellen, dass „föderale Struktur“ bedeutet: Wir arbeiten miteinander; aber es sagt nicht einer dem anderen, was er zu tun hat. – An dieser Stelle ist also klarzustellen, dass wir kein Weisungsrecht gegenüber den Ländern haben, sondern wir können nur gemeinsam darauf hinwirken, dass wir Programme entwickeln und gemeinsame Beschlüsse fassen. Wir müssen überlegen, wie wir dafür sorgen können, dass sich dieses Problem am Ende abflacht.
Es gibt kein Weisungsrecht des Bundes. Wir haben eine föderale Struktur. Gerade die Zuständigkeit für den Berufsschulbereich liegt bei den Ländern. Wir wollen die Länder gemeinsam dahin gehend unterstützen, dass dort eine gute Struktur entwickelt wird.
Danke sehr. – Jetzt hat als Letzte das Wort die Kollegin Haßelmann.
Danke, Herr Präsident. – Meine Frage richtet sich ebenfalls an das Finanzministerium; es geht auch hier um das Thema Grundsteuer. Sie haben gerade ausgeführt, Frau Staatssekretärin Lambrecht, dass Sie jetzt beginnen wollen, mit den Ländern zu reden. Ich frage mich aber: Gibt es einen konkreten Zeitplan? Gibt es eine inhaltliche Vorstellung?
Wir reden seit zehn Jahren mit den Ländern und der Bundesebene und der kommunalen Familie über die Reform der Grundsteuer. Wir haben nun diesen engen Zeitrahmen durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil, und jetzt wird es verdammt knapp mit der Zeit. Vor drei Jahren gab es einen Beschluss des Bundesrates: 14 Bundesländer hatten sich geeinigt – nur der Kollege Seehofer und der Kollege Scholz nicht. Ausgerechnet die sitzen jetzt im Kabinett.
Was stimmt Sie denn zuversichtlich, dass Sie jetzt mit den Ländern zu einer Lösung kommen? Dabei geht es mir um die Kommunen. Diese wichtigen Einnahmen im Umfang von 14 Milliarden Euro dürfen nicht wegbrechen. Wie sehen der konkrete Zeitplan und die inhaltliche Vorstellung, mit der Sie da reingehen, aus?
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Frau Lambrecht.
Frau Haßelmann, danke für den Hinweis am Ende Ihres Beitrags. Was mich zuversichtlich stimmt, dass wir zeitnah zu einer Lösung kommen – mit „zeitnah“ meine ich bis Ende des Jahres 2019 –, ist, dass wir uns alle der Bedeutung dieser Steuer und der Einnahmen daraus sowie ihrer Auswirkungen auf die Kommunen bewusst sind. 14 Milliarden Euro – das ist wahrlich keine geringe Summe.
Es gilt nun, frühzeitig einzusteigen. Wir mussten das Urteil abwarten; es ist am Dienstag vor einer Woche gesprochen worden. Eine Tendenz, in welche Richtung es gehen würde, konnte man zwar erahnen; für die konkrete Ausgestaltung galt das aber eben nicht.
Ich habe eben bereits darauf hingewiesen, dass es sich um ein zweistufiges Verfahren handelt, das das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Das eine Verfahren, nämlich die Neuregelung, kann man nicht unabhängig vom zweiten Verfahren, der Umsetzung, sehen. Es bringt nichts, wenn wir eine Neuregelung vereinbaren und verabschieden, die dann aber in den folgenden fünf Jahren nicht umgesetzt werden kann. Dann kämen wir zu grundsteuerfreien Jahren. Das wollen wir gerade nicht. Deswegen wird es alsbald, nächste Woche, ein Gespräch zwischen den Finanzministern, so wie in der Finanzministerkonferenz bereits angekündigt, geben, damit die ersten Eckpunkte schnellstmöglich, wenn möglich bis Ende des Jahres, auf dem Tisch liegen und auf dieser Grundlage eine Neuregelung erarbeitet werden kann.
Vielen Dank. – Damit ist die Regierungsbefragung beendet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Syrien-Konflikt geht mittlerweile in sein achtes Jahr. Weit über 400 000 Menschen sind ums Leben gekommen. Millionen Syrer mussten ihre Heimat verlassen; ein nicht unerheblicher Teil dieser Menschen ist zu uns gekommen.
Aus zunächst friedlichen Demonstrationen im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings wurde ein Bürgerkrieg und schließlich ein Konflikt mit mittlerweile internationaler Dimension. Dieser Konflikt und das unermessliche Leiden der davon betroffenen Menschen sind eine Bewährungsprobe für die internationale Gemeinschaft. Bisher haben die internationalen Mechanismen zur Konfliktlösung versagt – nicht anders kann man das bezeichnen. Ansonsten wäre auch das militärische Eingreifen Frankreichs, der USA und Großbritanniens nicht erforderlich gewesen.
Das Assad-Regime hat in der Vergangenheit nachweislich und wiederholt Chemiewaffen gegen die eigene Zivilbevölkerung eingesetzt. Mit Chlorgas und Sarin sind unschuldige Frauen, Männer und Kinder auf unerträglichste Weise ermordet worden.
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Im Verhältnis dazu ist die Zerstörung von Gebäuden, in denen dieser chemische Dreck erforscht, gelagert und produziert wird, als angemessen zu bezeichnen. Wir dürfen uns nie achselzuckend daran gewöhnen, dass mit Chemiewaffen Kriegsverbrechen begangen werden, meine Damen und Herren.
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Natürlich ist es jetzt von größter Wichtigkeit, dafür zu sorgen, dass die Lage nicht weiter eskaliert, und – so schlimm es sich auch anhören mag – die Dynamik der Lage für eine Wiederaufnahme des festgefahrenen politischen Prozesses zu nutzen. Weder Genf noch Astana haben den politischen Prozess bisher nachhaltig nach vorne bringen können. Die Vereinten Nationen sind die einzige Institution und Organisation, die einen solchen Prozess dauerhaft tragen kann. Aber nach den letzten Jahren wissen wir: Es bedarf einer Hilfe beim Einstieg in die Wiederaufnahme dieses Prozesses. Deshalb arbeiten wir zurzeit mit Hochdruck daran, die bestehenden Blockaden aufzulösen.
Erstens. Wir haben am Sonntag in der NATO und am Montag in der Europäischen Union auf neue politische Gespräche gedrängt.
Zweitens. Wir werden das Thema nächste Woche in die G 7 tragen. Mit meiner kanadischen Kollegin habe ich gestern vereinbart, das Thema Syrien auf die Agenda des G‑7-Außenministertreffens in Kanada am Wochenende zu setzen.
Drittens. Wir halten engsten Kontakt zu Staffan de Mistura. Wir beraten bilateral mit unseren Partnern, wie neue Bewegung in eine sehr verfahrene Lage zu bekommen sein wird. Schritt für Schritt müssen wir die internationalen Partner erst wieder an Bord holen, die dann gemeinsam den Prozess der Vereinten Nationen wieder in Gang bringen müssen. Frankreich, die USA, Großbritannien, die Partner aus der Region, die Türkei und Russland werden für diesen Prozess unverzichtbar sein. Auf jeden Fall: Wegsehen darf für uns keine Option mehr sein. Es ist bei diesem Konflikt schon viel zu lange weggesehen worden.
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Meine Damen und Herren, dringlichstes Ziel des politischen Prozesses muss zunächst sein, dass endlich dauerhaft und landesweit die Waffen schweigen und dass humanitärer Zugang eröffnet wird, so wie das in der Resolution 2401 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen schon längst eingefordert ist. In einem zweiten Schritt muss unter der Ägide der Vereinten Nationen eine dauerhafte Lösung ausgehandelt werden, die die legitimen Interessen aller Bevölkerungsgruppen in Syrien berücksichtigt. Das wird nach den letzten Jahren ganz besonders schwer sein.
All das soll im Einklang mit den Resolutionen stehen, die die Vereinten Nationen im Sicherheitsrat bereits beschlossen haben. Sie beinhalten: Bildung einer Übergangsregierung, Verfassungsreform und am Schluss auch Wahlen. Das werden die entscheidenden Momente des kommenden Prozesses sein.
Ich kann Ihnen versichern: Die Bundesregierung wird alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel nutzen, um einen solchen politischen Prozess mit zu befördern. Dazu wird auch gehören, dass wir natürlich unsere Kanäle nach Moskau nutzen, um gegenüber Russland auf eine konstruktive Haltung zu drängen. Ohne Russland wird der politische Prozess nicht gelingen.
({3})
Russland, das die Hand über Assad hält, muss den Druck auf das Assad-Regime erhöhen, damit es überhaupt Verhandlungsergebnisse geben kann.
Wir wollen die Vereinten Nationen dabei unterstützen, wieder eine aktive und gestaltende Rolle zu übernehmen; denn unter deren Dach gehört jede Maßnahme der Konfliktlösung.
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Insbesondere stärken wir ihren Sondergesandten, Staffan de Mistura, darin, die zügige Wiederaufnahme der Verhandlungen und die Gründung eines Verfassungskomitees – darüber war man sich im Rahmen des Genfer Prozesses schon einig – wieder auf die Agenda zu setzen und nach vorne zu bringen.
Wir werden unser massives Engagement in der humanitären Hilfe für Syrien fortsetzen. Mehr als 2 Milliarden Euro haben wir bisher ausgegeben. Wir werden noch mehr leisten müssen; das werden wir nächste Woche bei der Brüsseler Syrien-Konferenz bekräftigen. Ich würde mich freuen, wenn dies bei den anstehenden Haushaltsberatungen auch die Unterstützung des ganzen Hauses findet.
({5})
Ich bin aber genauso fest davon überzeugt, dass ein dauerhafter Frieden in Syrien nur möglich ist, wenn diejenigen, die schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen oder befohlen haben, zur Verantwortung gezogen werden.
({6})
Deshalb unterstützt Deutschland die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen geschaffene unabhängige Untersuchungskommission für Syrien. Ihre Aufgabe ist es jetzt, Kriegsverbrechen in Syrien zu dokumentieren und diese Dokumentation für spätere Gerichtsverfahren nutzbar zu machen. Wir wollen, dass die Kriegsverbrecher nicht ungeschoren davonkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
({7})
Schließlich sind wir bereit – das haben wir unseren Partnern bereits mitgeteilt –, die Vernichtung syrischer Chemiewaffen ganz praktisch, also finanziell und logistisch, zu unterstützen, so wie wir das in der Vergangenheit bereits getan haben.
Meine Damen und Herren, die Ereignisse der letzten Tage haben uns mit aller Härte vor Augen geführt, wie brandgefährlich die Lage in Syrien ist – und bei weitem nicht nur für die Region selbst. Deshalb arbeiten wir mit aller Kraft für eine diplomatische Lösung. Nur so wird das Leid der Menschen ein Ende finden und dauerhafter Frieden in Syrien geschaffen.
Herzlichen Dank.
({8})
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Dr. Alexander Gauland für die AfD.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von dem französischen Außenminister de Talleyrand stammt der Rat an seine Mitarbeiter: Pas de zèle. – Bloß kein Eifer; denn falscher Eifer schadet nur. Doch falscher Eifer ist es, was Amerikaner, Briten und Franzosen in Syrien antreibt. Sie haben kein UN-Mandat und keine politische Strategie für das Land. Deshalb, meine Damen und Herren, sind die Angriffe auf vermeintliche Produktionsstätten chemischer Waffen ebenso völkerrechtswidrig wie politisch verfehlt.
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Nun sage bitte niemand, wie es die Premierministerin Theresa May vor dem Unterhaus tat, dass es sich um eine gerechtfertigte humanitäre Intervention zum Schutz der syrischen Bevölkerung gehandelt habe – erstaunlicherweise hat der Außenminister das heute nicht benutzt –, da die Untersuchungen über den vorgeblichen Einsatz chemischer Waffen ja noch andauern. Was für ein Irrsinn, eine Bestrafung vorzunehmen, ohne den Schuldspruch abzuwarten!
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Sehr geehrter Herr Außenminister, Sie haben geschickt auf die Vergangenheit rekurriert. Sie haben nicht gesagt, dass diesmal chemische Waffen eingesetzt worden sind. Nur: Es ging um den Einsatz chemischer Waffen jetzt und nicht um die Vergangenheit.
Meine Damen und Herren, zu gut erinnern wir uns noch an den armen Colin Powell, der mit großem propagandistischem Aufwand die fahrenden Giftgaslabors von Saddam Hussein im UN-Sicherheitsrat vorstellen musste, um sich viel später für seinen Missgriff zu entschuldigen.
({2})
Es war das gleiche Muster: Behaupten, nicht beweisen können und trotzdem schießen.
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Man muss der Bundesregierung ja geradezu dankbar sein, Herr Außenminister, dass sie das Schießen nicht mitgemacht hat. Aber vielleicht war es ja auch nicht der eigenen Einsicht, sondern nur dem Umstand einer kaum noch einsatzfähigen Bundeswehr zu verdanken; denn mit einem, meine Damen und Herren, hat der Kollege Graf Lambsdorff recht: Wenn die Bundesregierung das Schießen so toll findet, dann ist ihr Zögern nur mit der alten Volksweisheit zu erklären: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. – Politik, lieber Herr Außenminister, ist das nicht.
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Dass hinter all dem keine Strategie und kein System stecken, ist offensichtlich. Das beginnt schon mit den hysterischen Reaktionen auf alle, die sich auch nur in Syrien umschauen, wie einige von uns
({5})
– es ging um das Umschauen, in der Tat –, oder gar der Meinung sind – da gibt es auch welche –, dass Assad zwar Teil des Problems ist – da gebe ich dem Herrn Außenminister recht –, aber eben auch Teil der Lösung sein muss. Ohne Assad geht es leider nicht.
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Auch hier, meine Damen und Herren, sollten wir eigentlich aus Libyen gelernt haben, dass das Ende einer Diktatur nicht den Anfang einer Westminster-Demokratie bedeutet und dass man immer mit den aktuell Herrschenden reden muss, wo auch immer sie auftreten. Das ist völlig klar.
Außenpolitik ist leider kein Wunschkonzert. Oder, um es in Anlehnung an Otto von Bismarck zu sagen: Wir haben nicht Dogmatik, sondern Politik zu treiben.
Ich behaupte nicht, dass wir wüssten, wie Syrien im Ganzen wieder zu einem halbwegs menschenwürdigen Land werden kann, aber ich bin mir sicher, dass es nur im Gespräch mit Russland und, ja, auch mit Assad gelingen kann. Und ja, meine Damen und Herren, ich bin mir auch sicher, dass Raketen genau wie Sanktionen der falsche Weg sind.
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Denn dass sich in Syrien neben dem Einflusskonflikt der beiden Weltmächte auch noch die regionalen Großmächte Iran, Türkei und Saudi-Arabien bekriegen, macht die Lage so verworren und legt Vergleiche mit dem Dreißigjährigen Krieg in Deutschland nahe, wie sie neulich der Historiker Herfried Münkler, immerhin ein Berater der Bundeskanzlerin, angestellt hat.
({8})
Meine Damen und Herren, Deutschland kann nicht viel tun – ich weiß das –, aber es kann Mittler sein, ein ehrlicher Makler zwischen den Konfliktparteien. Dazu braucht es keine Äquidistanz zu den beiden Weltmächten, aber eben doch ein gewisses Verständnis für ein Russland, das wieder oder immer noch in Einflusssphären denkt und den Verlust eines großen Reiches zu Beginn der 1990er-Jahre nicht oder vielleicht noch nicht verwunden hat. Russland bleibt deshalb – und da stimmen einige Worte des Herrn Bundesaußenministers hoffnungsvoll – der Schlüssel zu einem besseren Syrien. Nutzen wir ihn; einen anderen Schlüssel haben wir nicht.
Danke.
({9})
Nächster Redner ist Dr. Johann Wadephul für CDU/CSU.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesaußenminister hat vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser schreckliche Krieg mittlerweile ins achte Jahr geht, etwa 400 000 unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben, Millionen Menschen vertrieben worden sind und die Menschen unendlich unter dieser katastrophalen kriegerischen Auseinandersetzung leiden.
Es gab zahlreiche Debatten dazu hier im Hohen Hause. Auch große Bemühungen der westlichen Diplomatie haben leider nicht zu einem Ende der kriegerischen Auseinandersetzung führen können. Ich finde, unsere Debatte sollte dem gerecht werden, und wir sollten sehen, wie wenig wir ausrichten können. Ich glaube, der größte Beitrag, den Deutschland geleistet hat – darauf kann man durchaus ein bisschen stolz sein –, um das Leid der Menschen zu lindern, war in der Tat die Aufnahme von ganz, ganz vielen Syrerinnen und Syrern, von Kindern, von Frauen und Männern, die verfolgt worden sind. Darauf, muss ich sagen, können wir nach wie vor stolz sein, auch wenn uns das beschert hat, dass wir uns solche Reden wie die von Herrn Gauland hier anhören müssen. Es war jedenfalls ein praktischer humanitärer Beitrag, den Deutschland geleistet hat.
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Das wenige, das wir in dieser Situation tun können, ist, dass wir einige Grundsätze und Prinzipien der internationalen Ordnung und auch unseres eigenen Werteverständnisses aufrechterhalten, Herr Kollege Gauland. Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie es in dieser Debatte für richtig halten, den militärischen Schlag der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs, der auch nach Auskunft Russlands, auf dessen Position Sie ja immer viel Wert legen, lediglich zu Sachschaden geführt hat, zu verurteilen, aber in diesem Hause für die Opfer eines erneuten Einsatzes chemischer Kampfstoffe kein Wort finden.
({1})
Sie machen sich zum Handlanger eines verbrecherischen Regimes.
({2})
Da unsere internationale Ordnung an vielen Stellen infrage gestellt wird und von vielen Mächten viele Abmachungen, Verträge, Prinzipien nicht mehr eingehalten werden, glaube ich, ist das Wichtigste, wofür wir uns einsetzen müssen, dass diese Regeln verteidigt werden, und dass wir für sie eintreten. Es ist vollkommen richtig – ich verschließe mich dem nicht –, dass wir eine Diskussion darüber führen, ob ein militärischer Einsatz nach den Regeln der Vereinten Nationen gerechtfertigt gewesen ist. Da sind wir in der Tat in keiner einfachen Situation, und das ergibt sich nicht von vornherein. Aber ich finde schon, dass man sich die Genese dieser Angelegenheit anschauen muss. Dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es mehrfach einen Einsatz von Chemiewaffen gegeben hat, dass diese seit 1925, nach den schrecklichen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, geächtet sind, dass es zwölf Resolutionsanläufe im UN-Sicherheitsrat gegeben hat, dass Russland das immer wieder torpediert hat. Und wenn es so ist, dass die Vereinten Nationen nicht mehr der Ort sein können, um das von ihnen selbst geschaffene Regelwerk zu verteidigen, dann muss es bei einem völkerrechtswidrigen Einsatz von Giftgas möglich sein, darauf eine militärische Antwort zu geben, und dann ist die an der Stelle auch gerechtfertigt.
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Ich glaube, dass wir in dieser Situation einmal mehr feststellen – deswegen sind die neuerlichen Bemühungen an der Seite Frankreichs besonders wertvoll –, dass wir hier gemeinsam handeln müssen und dass an dieser Stelle das einzig Richtige, was Deutschland machen kann, ist, sich eng an die Seite seiner Verbündeten zu stellen, insbesondere an die Seite Frankreichs. Wir werden in diesem Konflikt ohne unsere französischen Freunde, ohne Europa gar nichts erreichen. Es ist auch in diesem Hause oftmals beklagt worden, dass der amerikanische Präsident zu einem multilateralen Vorgehen, abgestimmt im Bündnis, nicht so bereit ist wie seine Vorgänger. Möglicherweise gibt es hier eine erste Trendwende. Aber eines zeigt auch diese Krise erneut: Wir werden nur dann etwas in unserem Sinne, im Sinne unserer europäischen Wertvorstellungen ausrichten können, wenn wir gemeinsam mit unseren französischen Partnern vorgehen. Deswegen kann ich nur sagen: Deutschlands Platz ist an der Seite Frankreichs. Wir sollten Frankreich an dieser Stelle unterstützen. Wir sollten die diplomatischen Bemühungen Frankreichs unterstützen, und wir sollten eng abgestimmt mit dem französischen Präsidenten international vorgehen.
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Dann können wir bei allem Realismus, der angebracht ist, vielleicht etwas erreichen. Die Solidarität mit Frankreich sollte im Zentrum unserer Außenpolitik stehen.
Herzlichen Dank.
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Für die FDP spricht der Abgeordnete Graf Lambsdorff.
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die syrische Tragödie – der Außenminister hat es gesagt – geht ins achte Jahr. Erneut hatten wir einen Angriff mit Chemiewaffen auf die eigene Zivilbevölkerung, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Herr Gauland, der Vergleich mit Saddam Hussein ist allein deswegen so irreführend, weil man ihm 2003 unterstellte, er möge vielleicht Waffen haben. Bei Assad wissen wir aber sicher, dass er Massenvernichtungswaffen hat. Man hat nach dem Angriff auf die Stadt Ghuta versucht, sie auf einem Schiff im Mittelmeer zu vernichten. Wir wissen also, dass das Regime Chemiewaffen hat; wir wissen auch, dass es sie einsetzt.
Meine Damen und Herren, der sehr begrenzte Schlag der Westmächte als Antwort auf dieses Verbrechen ist völkerrechtlich nach meinem Dafürhalten durch die Resolution 2118, die nach dem Chemiewaffenangriff auf Ghuta einstimmig im Sicherheitsrat verabschiedet wurde, durchaus gedeckt. Denn in dieser Resolution 2118 – Frau Wagenknecht, lesen Sie sie durch – steht am Ende ein klarer Hinweis darauf, dass Maßnahmen nach Kapitel VII ergriffen werden, wenn es erneut zu einem solchen Einsatz, zu einem solchen Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommt.
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Meine Damen und Herren, der Minister hat hier darüber gesprochen, dass es einen politischen Prozess braucht. Das unterstützen wir hundertprozentig. Wir müssen, was den politischen Prozess angeht, über das Format reden, und wir müssen über die Ziele reden. Das Format der Vereinten Nationen mit dem Sondergesandten Staffan de Mistura hat sich nach unserer Einschätzung erschöpft. Es ist richtig, dass am Ende des Prozesses die Vereinten Nationen wieder eine Rolle spielen müssen. Aber ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn es jetzt Verhandlungen, Gespräche, zum Beispiel unter der Ägide von Martti Ahtisaari und seinem Zentrum oder von Kofi Annan und seinem Zentrum, gäbe, vertraulich, abseits der Öffentlichkeit, mit Sonderbotschaftern, so ähnlich wie Israelis und Palästinenser das 1993 bis 2000 im Oslo-Prozess gemacht haben. Ich glaube, genau das wäre der richtige Weg. Wir brauchen Vertraulichkeit. Der Astana-Prozess ist der Prozess der Kriegsgewinner, der kann es ohnehin nicht sein.
Das Ziel – wenn wir vom Format zum Ziel kommen – ist doch klar: ein Ende der Gewalt, Frieden und Menschenrechte, ein Leben zumindest in Würde und Freiheit für die Menschen in Syrien und eine Stabilität des Staates. Dieser politische Prozess ist umso dringender, weil, anders als viele es vermuten, der Krieg noch nicht vorbei ist. Ja, Assad, sein Regime, hat das Kriegsglück auf seiner Seite. Es hat auch Moskau auf seiner Seite. Aber der Krieg ist nicht vorbei. Wenn wir hören, dass wir eng an der Seite Frankreichs stehen müssen, lieber Herr Wadephul, so sehe ich das genauso. Jean-Yves Le Drian hat ausdrücklich vor der Situation in Idlib gewarnt. Er hat gesagt: Dort droht eine humanitäre Katastrophe.
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Im Nordosten Syriens sind die Amerikaner gerade dabei, die Kurden im Stich zu lassen. Frankreich will auch dort helfen. Im Süden erleben wir, wie der Iran sich Kilometer um Kilometer an den Staat Israel heranarbeitet.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit diesem Punkt schließen. Heute Abend beginnen die Feiern zum 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel. Über diesen Feiern liegt ein dunkler Schatten. Es ist der dunkle Schatten der Bedrohung durch den Iran, der mit regulären Soldaten, mit Al-Quds-Milizen, mit seinen Hisbollah-Truppen immer näher an Israel heranrückt. Er tut das unter dem Schutz eines russischen Luftabwehrsystems.
Ich habe die Notizen zu meiner Rede geschrieben auf einem Entwurf des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD mit dem Titel „70 Jahre Gründung des Staates Israel – In historischer Verantwortung unsere zukunftsgerichtete Freundschaft festigen“. Das ist auch unsere Antwort. Das ist auch unser Ansatz. Und es ist besonders die Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel, die uns alle anspornen sollte, so schnell wie möglich eine politische Lösung herbeizuführen.
Herzlichen Dank.
({2})
Das Wort hat die Kollegin Dr. Sahra Wagenknecht für die Fraktion Die Linke.
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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Außenminister Maas, in der letzten Woche stand die Welt so nah an der Schwelle eines heißen Krieges wie wahrscheinlich seit Jahrzehnten nicht mehr. Wer noch einen Beweis dafür brauchte, dass die USA von einem unzurechnungsfähigen Hasardeur regiert werden, dem hat Trump mit seinem berühmten Tweet den Beweis geliefert: „Get ready Russia …“, eine de facto Kriegserklärung von einer Atommacht an eine andere Atommacht, mal eben per Twitter in die Welt posaunt. Man kommt sich manchmal vor wie in einem schlechten Science-Fiction-Film. Aber wenn dieser schlechte Film mit Hauptdarsteller Donald Trump ein schlimmes Ende hat, dann stehen wir am Ende nicht leicht benommen aus weichen Kinosesseln auf, sondern dann steht wahrscheinlich in Deutschland und Europa kein Kino mehr. Deshalb ist es verantwortungslos, hier nicht endlich aufzustehen und Nein zu sagen, ganz klar Nein, Schluss mit diesem Wahnsinn, Schluss mit dieser Gewaltspirale,
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Schluss mit dem fortgesetzten Bruch des Völkerrechts. Das, verdammt noch einmal, ist doch unsere Aufgabe, und es ist Ihre Aufgabe als Regierung der Bundesrepublik Deutschland.
Natürlich haben wir unterstützt und positiv zur Kenntnis genommen, als die Bundeskanzlerin öffentlich versichert hat, dass sich Deutschland an den Militärschlägen nicht beteiligt. Aber Sie können doch gar nicht ausschließen, dass die Aufklärungstornados in Jordanien Daten für die Angriffe geliefert haben. Wir sind doch mittendrin, auch mit der AWACS-Beteiligung in der Türkei. Deswegen: Wenn Sie nicht wollen, dass Deutschland sich weiterhin an diesem eskalierenden Krieg beteiligt, dann ziehen Sie endlich die Bundeswehr aus diesem Pulverfass ab. Holen Sie unsere Soldaten nach Hause zurück! Das wäre doch das Gebot der Stunde.
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Selbstverständlich sind Giftgaseinsätze ein Kriegsverbrechen. Kriegsverbrechen müssen geahndet werden. Dafür gibt es das Haager Tribunal. Aber erst einmal muss geklärt werden, ob es einen solchen Einsatz gab. Wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem selbst der US-Verteidigungsminister darauf hinweist, dass man nicht einmal weiß, ob Chemiewaffen eingesetzt wurden und, wenn ja, wer den Auftrag dafür erteilt hat, wenn zu einem Zeitpunkt, als die Inspekteure, die genau das untersuchen sollen, gerade in Syrien ankommen, ein Land mit Hunderten Marschflugkörpern bombardiert wird, dann ist das nicht angemessen und notwendig, sondern ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Nichts anderes ist das.
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Und dann belehrt uns der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Herr Röttgen, dass – ich zitiere wörtlich – „die Übertragung der rechtsstaatlichen … Grundsätze … auf die zwischenstaatlichen Beziehungen … wirklich Unsinn“ sei. Ich weiß ja nicht, ob Herr Röttgen da für die Regierung spricht; aber wenn es so ist, stellt sich die Frage: Was soll denn nach Auffassung der Bundesregierung dann in den internationalen Beziehungen gelten, das Hausrecht des Stärkeren, also die Anmaßung des Landes mit den stärksten Waffensystemen und dem größten Atomknopf, überall auf der Welt die Erfüllung der eigenen ökonomischen Interessen, der Rohstoffinteressen, der Interessen an den Absatzmärkten herbeibomben zu können? Ist das tatsächlich Ihre Auffassung?
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Herr Maas, was Sie eben gesagt haben, klang anders; aber es steht doch in vollem Widerspruch dazu. Genau so wurde ja auch in Afghanistan, im Irak, in Libyen und jetzt in Syrien gehandelt. Aber wohin hat denn das geführt? Wie viel Leid, wie viele Tote, wie viele Verbrechen sind durch diese unverantwortliche Politik verursacht worden?
Auch wenn das, was Sie eben gesagt haben, Herr Maas, deutlich moderater klang als das, was Sie in den letzten Wochen verlautbart haben, muss ich wirklich sagen: Die traurigste Rolle in diesem ganzen Trauerspiel hat wirklich der neue deutsche Außenminister übernommen.
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Wir hätten uns gar nicht vorstellen können, dass wir Linke uns einmal Herrn Gabriel als Außenminister zurückwünschen würden,
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und man muss auch sagen: Mit der Entspannungspolitik Willy Brandts hatte die deutschen Außenpolitik auch unter Gabriel nicht mehr viel zu tun. – Aber Herr Maas scheint jetzt wirklich seinen Ehrgeiz darauf zu richten, auch noch die letzten Reste der Brandt’schen Ostpolitik in der SPD zu entsorgen. Was hatte Herr Maas, als Trump seinen „Get ready Russia“-Tweet absetzte, öffentlich dazu zu sagen? Er hat gesagt: „Russland agiert … zunehmend feindselig“. Ich weiß nicht, ob Sie da irgendwas verwechselt haben, Herr Maas. Am Vortag des Angriffs haben Sie, Herr Maas, sogar eine deutsche Beteiligung an diesem Wahnsinn in Aussicht gestellt und mussten dann von der Bundeskanzlerin wieder eingefangen werden.
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Also, ich muss sagen: Wenn das in Zukunft die SPD-Außenpolitik sein soll, dann frage ich mich wirklich, warum Sie Ihre Parteizentrale immer noch „Willy-Brandt-Haus“ nennen.
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Ich finde, Herr Maas, das sollten Sie dann wirklich nicht mehr erdulden. Ihr Parteitag steht doch vor der Tür. Stellen Sie einen Antrag auf Umbenennung! Wie wäre es mit „Donald-Trump-Tower“? Das passt dann wenigstens zu Ihrer Politik.
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Wie echte sozialdemokratische Außenpolitik aussieht – ich wünschte mir, dass das auch hier wieder etwas mehr Unterstützung fände –, konnte man doch im britischen Unterhaus erleben: Parteichef Jeremy Corbyn hat die Regierungschefin nicht nur darauf hingewiesen, dass sie gegenüber dem Parlament rechenschaftspflichtig ist und nicht gegenüber einem aus der Kontrolle geratenen US-Präsidenten, sondern auch klargestellt – das ist das Entscheidende –: Bomben retten keine Menschenleben und schaffen keinen Frieden.
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Herr Maas, ja, Sie haben hier gesagt, es dürften nicht länger die Waffen sprechen. Aber das beginnt doch damit: Hören Sie auf, Waffen in diese Region zu liefern, wenn Sie wollen, dass die Waffen dort nicht mehr sprechen!
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Deutschland ist doch auch in diesem Punkt völlig unglaubwürdig.
Insofern brauchen wir dringend eine neue Entspannungspolitik. Ich bitte Sie und fordere Sie auf: Haben Sie endlich den Mut zu einer eigenständigen Politik, einer Politik der guten Nachbarschaft, die auch gegenüber Russland wieder auf Interessenausgleich setzt! Das wäre im Interesse der Menschen hier in Deutschland und in Europa.
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Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Omid Nouripour das Wort.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Anlass dieser Debatte ist der Einsatz von Chemiewaffen – wieder einmal – in Ghuta. Es gab mindestens 42 Tote und viele Verletzte. Das war ein weiterer Bruch der zivilisatorischen Decke. Jeder Einsatz von Chemiewaffen ist verheerend. Aber was wir dort erlebt haben, ist nur die Spitze des Eisberges. Es gibt täglich Anlässe, über Syrien zu debattieren:
Januar 2018: Einmarsch der Türkei in Afrin. Mindestens 150 000 Menschen sind vertrieben worden.
Seit Oktober 2017: systematische Zerstörung von Krankenhäusern in der Region Idlib durch Bombardements.
4. April 2017: Saringaseinsatz, sehr wahrscheinlich des syrischen Regimes auf Chan Schaichun, über 100 Tote.
2016 geben die Menschen in Madaya auf, nachdem sie über drei Jahre belagert und bombardiert worden waren.
Die Liste lässt sich endlos fortsetzen, und das alles trotz zahlreicher Beschlüsse des Sicherheitsrats, trotz zahlreicher angeblicher Waffenstillstände, trotz zahlreicher sogenannter Deeskalationszonen, trotz eines Deals, dass die Chemiewaffen in Syrien alle vernichtet werden müssen.
In diesem Zusammenhang, Frau Kollegin Wagenknecht, bin ich ein wenig verwirrt; denn es gab ein Moment des Ausgleichs. Es gab einen Moment, in dem die Amerikaner und die Russen miteinander vereinbart haben, die Chemiewaffen zu vernichten. Die Frage war, ob Deutschland einen Beitrag dazu leistet. Ihre Fraktion hat damals mehrheitlich mit Nein gestimmt. Dafür sind Sie sich ziemlich sicher in dem, was Sie hier sagen.
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Ehrlich gesagt, gibt es ein paar Sachen, die mich sprachlos machen, zum Beispiel, dass man in ein Land fliegt, um sich nur in Palästen umzuschauen. Wenn man sich wirklich umschauen will, dann gibt es Idlib, Ghuta und einige andere Regionen.
Herr Gauland, Sie haben mit einem Satz so dermaßen recht. Sie haben wörtlich gesagt: Sie haben nicht den Schlüssel dafür, wie man aus Syrien wieder ein halbwegs menschenwürdiges Land machen kann. – Sie haben recht. Deshalb ist die Diskussion über die Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien so unfassbar absurd.
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Genau deswegen ist es so unglaublich absurd, dass der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern am 3. April dieses Jahres von einer Neubewertung der Sicherheitslage in Syrien spricht, damit man wieder rückführen könne. Das passt auf keine Kuhhaut.
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Was macht eigentlich die Bundesregierung? Die Bundesregierung sagt nach den Ereignissen in Duma: Es braucht eine Antwort. – Das ist richtig. Die Bundesregierung sagt, dass man sich an einem militärischen Einsatz nicht beteiligen würde. Das finden wir richtig. Die Bundesregierung sagt aber im Nachhinein, der Einsatz sei angemessen und notwendig gewesen, und das, obwohl es keine Belege und ehrlich gesagt auch keine Indizien dafür gibt, dass das Chemiewaffenarsenal Assads zerstört worden sei, und es eindeutig ist, dass das nicht abschreckend gewirkt hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es weitere Einsätze gibt, die völkerrechtlich keine Grundlage haben.
Kollege Lambsdorff, ich bin verwirrt. Sie haben gerade etwas Falsches zitiert. In UN-Resolution 2118 Ziffer 21 steht: Bei Verletzungen – dessen, was vorher steht und laufend passiert ist – würden die Vereinten Nationen Maßnahmen nach Kapitel VII „beschließen“ – nicht „ergreifen“. – Dieser Beschluss ist nicht gekommen. Deshalb gibt es keine völkerrechtliche Grundlage.
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– Ja, es ist richtig, dass der Sicherheitsrat blockiert ist. Ich wünschte mir das auch anders. Aber es stellt sich doch die Frage, warum die Bundesregierung das Thema nicht endlich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorbringt, um dort wenigstens politisch einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen, um ein klares Signal zu setzen.
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Seit Samstag gibt es ganz viele Initiativen aus Deutschland. Es gibt neue politische Initiativen, es gibt Gedanken über neue Formate, man redet darüber, dass man die Machtverhältnisse anerkennen müsse. Alles richtig. Aber es stellt sich die Frage: Warum passierte das nicht vor dem Militärschlag? Wenn wir uns einig sind, dass Militäreinsätze eine Ultima Ratio sein müssen, dann muss man doch alles, was politisch geht, vorher machen, und nicht, nachdem die Waffen eingesetzt worden sind.
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Man muss sich wirklich fragen, was diese Bundesregierung macht. Seit drei Monaten eskaliert die Lage in Ghuta maßgeblich, und es ist absehbar, dass es auch in Idlib oder an der Südfront weitergehen wird. Seit Oktober beispielsweise werden permanent die Krankenhäuser in Idlib bombardiert, allen voran im Januar und im Februar, vor allem durch Russland. Daraufhin haben Sie Gazprom North Stream 2 genehmigt. Da stellt sich die Frage, ob Sie wenigstens auf die Idee gekommen sind, das vielleicht an Bedingungen zu knüpfen, die irgendetwas mit der Lage in Syrien zu tun haben, zum Beispiel in Bezug auf den Einmarsch der Türkei in Afrin, der völkerrechtswidrig war.
Kollege Röttgen – er wird nachher möglicherweise auf viele Zitate antworten müssen – hat am 24. Januar im „Tagesspiegel“ gesagt:
Es handelt sich um eine völkerrechtswidrige Militärintervention in einem Nachbarstaat, von der sich Deutschland, die EU und die NATO distanzieren müssen.
Er hat einfach recht. Es stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung das nicht tut. Und es stellt noch viel mehr die Frage, warum nach dem Einmarsch der Türkei noch Waffenlieferungen in Millionenhöhe an die Türkei genehmigt worden sind, obwohl der damalige Außenminister das ausgeschlossen hatte.
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Möglich wären zum Beispiel Sanktionen individueller Art gegen Kommandeure, die bei uns Urlaub machen. Das ist möglich. Es ist nicht so, dass wir wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen müssten und sagen müssten: Es ist nichts zu machen. – Dieser sogenannte neue Realismus darf doch nicht dazu führen, dass man passiv ist. Man muss vielmehr tun, was man kann. So langsam gewinnt man den Eindruck, dass diese Bundesregierung gar keine Zeit hat, sich mit der Lage in Syrien zu beschäftigen, weil sie mit Hochdruck daran arbeitet, wie man den Familiennachzug einschränken kann.
Weil die Situation in Idlib so fragil ist, weil die nächsten humanitären Notlagen absehbar sind und weil die Lage im Süden des Landes so unglaublich fragil ist – es ist ja richtig, dass eine Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran täglich näher rückt –, ist es umso notwendiger, dass die Bundesregierung endlich Antworten gibt, und zwar nicht erst, wenn Chemiewaffen eingesetzt werden.
Herzlichen Dank.
({7})
Das Wort hat der Kollege Christian Schmidt für die CDU/CSU-Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Nouripour hat eigentlich die genau richtige politische Begründung gegeben: Es reicht nicht, Chemiewaffenangriffe theoretisch zu verdammen, wenn die Gefahr besteht, dass zweimal gelogen wurde. Einmal wurde gelogen bei der Feststellung, dass alle Chemiewaffenpotenziale in Syrien vernichtet wurden. Diese rote Linie wurde nicht eingehalten. Jetzt wurden wieder Chemiewaffen eingesetzt. Ich glaube, wir sollten uns nicht damit aufhalten – auch wenn Frau Wagenknecht hier herumturnt –, die Tatsache, dass diese Waffen eingesetzt wurden, infrage zu stellen. Das heißt, wenn die Gefahr besteht, dass in Idlib Giftgas verwendet wird, dann lautet die Handlungsmaxime für uns: Wir müssen jetzt handeln und nicht nach langwierigen Verfahren.
Kollege Gauland, ich war ein bisschen überrascht. Sie haben ja auf Winkeladvokatenniveau argumentiert. Sie wissen doch, dass Saddam Hussein Giftgas eingesetzt hat: Halabdscha, 5 000 Tote im Jahr 1988.
({0})
– Verteidigen Sie jetzt Saddam Hussein, oder was?
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Lieber Herr Gauland, der Internationale Strafgerichtshof hat dieses Vorgehen von Saddam Hussein als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewürdigt. Dazu habe ich von Ihnen nichts gehört. Verwunderlich ist, dass Frau Wagenknecht bei all ihren eigenartigen Turnaktionen hier nicht sagt, worum es eigentlich geht, nämlich darum, dem Grundprinzip von Humanität zum Durchbruch zu verhelfen.
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Dort liegen tote Kinder auf den Straßen und in den Häusern, und Sie philosophieren hier über irgendwelches Zeug, das hier nichts verloren hat.
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Der Bundesaußenminister hat völlig recht: Es muss jetzt gehandelt werden. Wir sind spät genug dran. Sieben Jahre lang haben wir nach dem Motto „Lieber nicht zu viel intervenieren“ gehandelt und damit vielleicht manche Chance vertan.
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Mit Blick auf die Frage, wie wir dem Recht zum Durchbruch verhelfen können, sind wir heute eigentlich an genau dem Punkt, den der Bundesminister angesprochen hat. Ja, es braucht neue Initiativen, es braucht diplomatische Initiativen; sie müssen aber von Ernsthaftigkeit getragen sein.
Trotz der Twitterei hin und her ist nicht Herr Trump der Ansprechpartner in dieser Frage. Ansprechpartner in dieser Frage ist derjenige, der mit seinen Verbündeten nicht verhindert hat oder nicht verhindern konnte oder wollte, dass Giftgas eingesetzt worden ist. Dieser Mann heißt Putin.
Omid Nouripour hat auf die Probleme und Gefahren hingewiesen, die im Hinblick auf die politische Entwicklung zwischen dem Iran und Israel in den nächsten Wochen und Monaten drohen. Gerade die Iraner, die selbst Opfer eines Giftgaseinsatzes wurden – durch Saddam Hussein im ersten Irakkrieg –, sollten heute Verantwortung übernehmen und sollten sich dazu bekennen, dass es darum geht, wieder ein regelbasiertes Werk der Sicherheit in der Welt zu etablieren.
Henry Kissinger hat in seinem jüngsten Buch „Weltordnung“ geschrieben, dass die Balance der Macht und die Legitimität die zwei wichtigen Anker in der Außenpolitik sein müssen. Deswegen sind die Friedensinitiative als ein Versuch der Balance der Macht und die Aktion der drei Sicherheitsratsmitglieder auch als ein Akt der Legitimität zu sehen. Wir müssen darüber reden, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zwischenzeitlich leider im gleichen Blockadezustand ist, in dem er zu Zeiten des Kalten Krieges war.
Man kann „Uniting for Peace“ wieder hervorholen; das wird sicherlich auch geschehen. Wir müssen aber auch völkerrechtliche Institute schaffen, die ein Handeln in diesem Rahmen ermöglichen. Ich weise darauf hin, dass wir mit dem Institut der Schutzverantwortung, das aufgrund der Erfahrungen in Ruanda entwickelt worden ist, einen entsprechenden Ansatz haben. Auch das Völkergewohnheitsrecht wird uns in diesen Fragen weiterhelfen. Deswegen: Führen Sie nicht den Winkeladvokatenkampf, wer wie wo wann was durfte. Fragen Sie, was sein muss. Es muss verhindert werden, dass in Zukunft Giftgas wie Sarin, das weltweit geächtet ist, eingesetzt wird, um Menschen zu töten. Hier haben wir eine Verantwortung, in die wir politisch und übrigens auch finanziell investieren müssen.
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Zu einer Kurzintervention hat Herr Hilse das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Hier wird ja von jedem außer von den Linken – das finde ich erst einmal sehr gut – behauptet, es sei bewiesen worden, dass Chemiewaffen eingesetzt worden sind. „ZDF heute“ – nicht unbedingt ein von mir präferiertes Medium, welches nach den Landtagswahlen 2019 hoffentlich nicht mehr durch die Sachsen zwangsfinanziert werden wird –
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schrieb schon am 10. April dieses Jahres, dass UN-Mitarbeiter vor Ort keine Beweise für einen Chlorgasangriff gefunden hätten. Laut WHO wurden in der Region Menschen mit Atembeschwerden behandelt. Es könne aber nicht gesagt werden, ob diese durch Chemiewaffen ausgelöst wurden. Auch Mitarbeiter des UNHCR hätten keine Erkenntnisse zu einem möglichen Chlorgaseinsatz.
Ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie sagen, es sei nachgewiesen worden, dass Chemiewaffen eingesetzt wurden. Sie reden immer davon, dass das nachgewiesen worden sei. Wo sind denn die Beweise? Wo ist offiziell ein einziger Beweis vorgelegt worden? Im Moment sollte nach wie vor gelten: ohne Schuld kein Urteilsspruch.
({1})
Sie haben das Wort zur Erwiderung.
Lieber Herr Kollege, für mich stellt sich die Frage, welchen Kampf Sie hier kämpfen.
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– Herr Gauland, Sie haben gerade völlig daneben gelangt, weil Sie unterstellt haben, Saddam Hussein wäre nicht überführt worden, dass er Giftgas verwendet hat.
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– Es ist ja so daneben, was Sie sagen! Bitte setzen, sechs! 1988 waren Sie 30 Jahre jünger. Damals hätten Sie verfolgen können, was wirklich passiert ist.
Ich sage Ihnen in aller Ruhe, aber in aller Klarheit: Gehen Sie davon aus – auch ich gehe davon aus –, dass die Erkenntnisse, die da sind, aus guten Gründen so bewertet werden, auch wenn vonseiten Syriens alle Möglichkeiten der Vertuschung und Täuschung genutzt werden und neuerdings sogar die Einladung ausgesprochen wird, dass die Zeugen ausgeflogen werden können, wenn sie vielleicht entsprechend präpariert worden sind. Das würde man bei uns nicht als Weg der Wahrheitsfindung ansehen. Die Wahrheit ist da, und die Wahrheit muss gefunden werden können.
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Es geht da so viel durcheinander, und es wird so viel Quatsch erzählt.
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Erstens ist Syrien Mitglied des Chemiewaffenübereinkommens 2013 geworden. Zweitens hat Syrien selbst eingestanden, dass es erhebliche Mengen an Giftgas hatte, das dann in einer gemeinsamen Aktion – es wurde darauf hingewiesen, dass wir darüber debattiert haben – vernichtet worden ist. Wir reden jetzt nicht über die Frage, ob Syrien Giftgas hat.
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Syrien hat selbst eingestanden, Giftgas zu haben. Die Frage, über die wir im Augenblick reden, ist, ob es da und dort noch kleine Verstecke angelegt hat.
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– Wir sind hier nicht beim Amtsgericht.
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Es geht hier um die Rettung von Menschen, die mit brutalsten Mitteln ums Leben gebracht werden sollen und dahinröcheln.
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Das ist das, was Sie unterstützen. Ich wundere mich über die AfD.
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Sollte der Zwischenruf, der eben undeutlich an mein Ohr drang – –
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– Gut, dann ist er hier gefallen. – Ich stelle fest, dass der AfD-Abgeordnete Seitz den Abgeordneten Schmidt hier als „Kriegstreiber“ betitelt hat. Das ist zumindest ein unparlamentarischer Ausdruck. Eine weitere Bewertung werden wir, sollte sich der Abgeordnete Schmidt an seinen Parlamentarischen Geschäftsführer und an den Ältestenrat wenden, dann sicherlich an anderer Stelle vornehmen.
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Wir fahren jetzt aber erst einmal in der Debatte fort. Das Wort hat der Kollege Bijan Djir-Sarai für die FDP-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der syrische Bürgerkrieg läuft schon seit sieben Jahren. Dieser Krieg ist inzwischen kein Bürgerkrieg mehr, sondern ein Stellvertreterkrieg auf Kosten des syrischen Volkes.
Ginge es nur um die Syrer, so wäre eine friedliche Lösung möglich. Leider geht es aber nicht um die Menschen, sondern um machtpolitische Interessen. Das ist die wahre Tragödie des Krieges in Syrien.
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Es gibt heute in Syrien glasklare russische Interessen, und es gibt glasklare iranische Interessen in Syrien. Gleichzeitig erleben wir einen Rückzug der Diplomatie seitens der US-Administration.
Und Europa? Europa findet in Syrien nicht statt. Das ist beschämend. Europa findet in Syrien nicht statt, obwohl sich dieser Konflikt unmittelbar vor der Haustür Europas abspielt und sogar innenpolitische Folgen für Europa hat.
Wir sagen immer, bei jeder Debatte, dass die deutsche Außenpolitik werteorientiert und interessengeleitet sein muss. Die Politik Europas in Syrien ist weder werteorientiert noch interessengeleitet.
Syrien ist von einer politischen Lösung nach wie vor meilenweit entfernt. Der Westen hat sich in den letzten Jahren stark aus der Region zurückgezogen, und Russland sitzt mittlerweile am längeren Hebel. Ohne Russland wird eine politische Lösung in Syrien nicht möglich sein. Herr Minister, weil Sie das hier angekündigt haben: Ich bin sehr gespannt, welche Kanäle nach Russland Sie demnächst nutzen wollen.
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Wir müssen mit Russland darüber sprechen, wie das Töten in der Region beendet werden kann und wie die Zukunft Syriens aussehen könnte.
Ob der Luftschlag nun richtig oder falsch war: Diese Frage wurde in den letzten Tagen viel diskutiert. Dass die internationale Gemeinschaft den Gebrauch von Chemiewaffen nicht duldet und ein Zeichen setzt, ist richtig, dass dieses Zeichen aber nichts an den Tatsachen vor Ort ändert, darf nicht von der Hand gewiesen werden. Eine politische Lösung werden wir auf diesem Wege nicht erreichen. Zwischen der Reaktion auf den Einsatz von Giftgas und einer Beendigung des Krieges müssen wir in dieser Debatte deutlich unterscheiden.
Von dem diplomatischen Rückzug der USA wird Russland im Nahen Osten ganz klar profitieren; das können wir derzeit beobachten. Daneben wird der Iran weiter an der Umsetzung seiner schiitisch-iranischen Achse bis in den Libanon arbeiten. Somit dringt das Regime auch direkt bis an die israelische Grenze vor. Diesen Gesichtspunkt darf die Bundesregierung unter keinen Umständen aus den Augen verlieren. Die neue räumliche Nähe zum Iran ist für Israel außerordentlich bedrohlich.
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Meine Damen und Herren, Deutschland genießt in dieser Region nach wie vor ein sehr hohes Ansehen. Dieses Ansehen sollte nun in einer europäischen Vermittlerrolle dazu genutzt werden, die Tragödie des syrischen Volkes diplomatisch zu beenden. Eine weitere Eskalation muss mit allen Mitteln verhindert werden. Am Ende des Tages – ein letzter Satz, Frau Präsidentin – wird man die Region nicht mit Gewalt stabilisieren, sondern nur mit Diplomatie, die Russland, die Türkei und den Iran einbindet.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Das Wort hat der Kollege Nils Schmid für die SPD-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit sieben Jahren herrscht Krieg in Syrien. Seit sieben Jahren sterben unzählige Menschen in Syrien, und seit sieben Jahren wird auch die multilaterale Ordnung in Syrien massiv infrage gestellt.
Es ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden: Der Versuch, unter dem Dach der UN, zuletzt durch Staffan de Mistura, eine Friedenslösung herbeizuführen, ist bislang ohne Erfolg geblieben. Eine entsprechende Resolution im UN-Sicherheitsrat als Reaktion auf Kriegsverbrechen wie wiederholte Giftgasangriffe ist blockiert worden. Man muss auch sagen: Zuletzt hat Russland die Fortsetzung der sogenannten JIM-Mission, also einer von der UN initiierten Mission zur Untersuchung von Giftgasangriffen, blockiert. Eines ist auch bei den bisherigen Untersuchungen klar geworden: Wenn die UN Giftgasangriffe untersucht hat, dann wurde in der Regel nachgewiesen, dass sie vom syrischen Regime ausgingen.
Dieser syrische Bürgerkrieg untergräbt auch eine weitere wichtige multilaterale Ordnung, nämlich das, was wir gemeinsam vereinbart haben, das Verbot, die Beseitigung und vor allem auch den Nichteinsatz von Chemiewaffen. Das heißt, auch das wichtige OPCW-Regime wird durch die Giftgasangriffe und durch die mangelnde Reaktion darauf untergraben. Gerade wenn das so ist, ist es umso wichtiger, dass wir politische Initiativen ergreifen, um diesen Bürgerkrieg zu beenden.
Eines ist auch klar: Militärschläge allein ersetzen keine politische Lösung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb ist es richtig, dass Bundesaußenminister Maas wenige Wochen, nachdem er ins Amt gekommen ist, zusammen mit den europäischen Partnern einen neuen Anlauf unternimmt, um eine politische Lösung auf den Weg zu bringen. Rein militärisch gesehen ist die EU außen vor und Deutschland erst recht.
Ich muss in diesem Zusammenhang sagen: Das ist gerade auch die Stärke Deutschlands. Unsere militärische Zurückhaltung versetzt uns in die Lage, zusammen mit europäischen Partnern solch schwierige Gesprächsfäden Richtung Russland, aber auch zu den anderen beteiligten Ländern im Nahen Osten wieder aufzunehmen.
Ich war – lieber Kollege Lambsdorff, diese Bemerkung sei mir gestattet – etwas verwundert, dass Sie in Ihrer ersten Reaktion die militärische Nichtbeteiligung Deutschlands kritisch gewürdigt haben. Sie haben darauf heute nicht mehr zurückgegriffen. Ich glaube, das war richtig so. Angesichts eines FDP-Außenministers, der vor einer militärischen Intervention in Libyen gewarnt hat,
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ist es gut, wenn sich Deutschland gerade bei solchen Konflikten militärisch zurückhält. Das erhöht unsere Chancen, zusammen mit unseren europäischen Partnern politische Gespräche voranzubringen.
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Aber dazu gehört auch, dass wir politische Gespräche zusammen mit den europäischen Partnern voranbringen. Deshalb ist es richtig, dass es eine deutsch-französische Initiative gibt, dass diese im EU-Außenministerrat besprochen worden ist und dass wir in der Tradition sozialdemokratischer Friedens- und Entspannungspolitik, ausgehend von einer Westbindung, gemeinsam mit unseren europäischen Partnern versuchen, politische Konflikte zu lösen, damit sie nicht nur militärisch ausgetragen werden.
Es ist leider eine Verkürzung, die von der Linkspartei immer wieder vorgenommen wird: Die Friedenspolitik von Willy Brandt war nur möglich, weil sich die SPD davor klar zur Westbindung, zur Einbindung in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, in die EG und in die NATO bekannt hat. Das war die Auseinandersetzung in den 50er-Jahren; seien wir doch einmal ehrlich. Das war ein großer Schritt für die SPD. Es war Willy Brandt, der Regierende Bürgermeister von Berlin, der diese Westbindung als junger SPD-Parteivorsitzender vorangebracht hat und damit auch das Sprungbrett, die Ausgangsbasis dafür geschaffen hat, aufgrund einer klaren Westbindung Deutschlands dann den nächsten Schritt zu gehen, hin zu einer Entspannungspolitik.
Genau das gilt auch heute. Mehr denn je wird deutsche Außenpolitik nur wirksam sein können, wenn wir zusammen mit den europäischen Partnern agieren. Das beste Beispiel ist der Nukleardeal mit dem Iran. Das Ziel war eigentlich, unter UN-Ägide ein Abkommen zu schaffen. Dann sind Partner aus der EU zusammen mit Russland und den USA vorangeschritten und haben ein Abkommen geschlossen; das ist eine der größten Errungenschaften der EU-Außenpolitik. Jetzt gilt es, genau diese Idee auf die deutlich schwierigere Situation in Syrien – es handelt sich hier um einen sieben Jahre andauernden heißen Krieg – und die politische Lösung des dortigen Konflikts zu übertragen. Wir werden als Deutsche eine Vermittlungsrolle nur dann einnehmen und unsere Gesprächskanäle zu Russland, die vielleicht besser sind als diejenigen anderer europäischer Staaten, nur dann nutzen können, wenn wir es gemeinsam mit den europäischen Partnern tun. Genau dies macht Heiko Maas. Dafür hat er unsere volle Unterstützung.
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Das Wort hat der Kollege Dr. Norbert Röttgen für die CDU/CSU-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte versuchen, nach vorne zu schauen, und kurze Anmerkungen zu unserer Verantwortung, unseren Interessen und unserem Handeln in der Sache Syrien sowie im Mittleren Osten machen. In der Auseinandersetzung mit dem Islam wird zunehmend betont, dass wir ein christlich-abendländisch geprägtes Land sind. Ich teile diese Sichtweise, kritisiere aber, dass aus dieser Feststellung oft nur sehr selektive Konsequenzen gezogen werden. Diese Identität hat nämlich umfassende Konsequenzen. Für den Fall Syrien bedeutet das, dass wir immer dann, wenn Menschen Opfer von Terror, Unterdrückung sowie von Staats- und Kriegsverbrechen werden, nicht gleichgültig bleiben dürfen. Es geht uns an, auch wenn es nicht in unserem Land geschieht. Deshalb haben wir die Pflicht, uns dort zu engagieren.
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Zu unseren Interessen. Das, was die Welt in den letzten Jahren, also in einem kurzen Zeitraum, so verändert hat, ist, dass die Konflikte, der Hass und die Kriege des Mittleren Ostens nicht mehr in der Region bleiben, sondern dass die Flammen zu uns schlagen und dass die Menschen, die vor diesen Flammen fliehen, zu uns gekommen sind. Das, was wir als Flüchtlingskrise bezeichnen, macht deutlich, dass wir Europäer die Stabilität und die Sicherheit unserer Gesellschaften und Länder nicht mehr von den Konflikten und Kriegen im Mittleren Osten trennen können. Es liegt in unserem Interesse, uns zu engagieren. Nichtengagement ist nichts anderes als eine Verletzung unserer eigenen Interessen.
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Wenn man das berücksichtigt, dann muss man kurz bilanzieren – Selbstkritik schadet nicht, wenn der Staat etwas besser machen will –: Wenn das unsere Verantwortung und unsere Interessenlage ist, dann muss man sagen, dass sieben Jahre Krieg mit 500 000 Toten in unserer unmittelbaren geografischen Nachbarschaft ein beschämendes Ergebnis westlicher, europäischer und auch deutscher Politik sind; das muss man feststellen. Wir sind unserer Verantwortung und unseren Interessen nicht gerecht geworden. Das muss sich jetzt ändern.
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Ich will zwei Aspekte betonen, die nach meiner Auffassung in dieser Debatte wichtig sind. Das eine ist der völkerrechtliche Aspekt einschließlich der militärischen Aktionen. Das andere sind die politischen Maßnahmen, die nun folgen müssen. Ich möchte mich vor allen Dingen an die Fraktion der Grünen wenden. Ihre Position besagt, dass das Völkerrecht in dem Fall, dass ein Staat zum Verbrecher wird und gegen das eigene Volk systematisch vorgeht, außer Kraft gesetzt wird, wenn eine Vetomacht des UN-Sicherheitsrates – in diesem Fall Russland – die Rolle einer Schutzmacht annimmt und ein Veto einlegt in dem Bemühen, den Verbrechen entgegenzutreten. Sie sagen, dann gebe es keine Legitimierung, dieser Gewaltanwendung entgegenzutreten. Wenn dies Ihre Rechtsauffassung ist, dann ist das Ergebnis, dass das Völkerrecht am Ende der rechtlichen Absicherung von Staatsverbrechen dient. Das kann nicht richtig sein. Die völkerrechtliche Debatte ist weiter vorangeschritten, als es Ihre Positionierung glauben machen will.
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Kollege Röttgen, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Keul?
Bitte.
Vielen Dank für die Zulassung der Zwischenfrage. – Herr Röttgen, ich hätte Sie sowieso gerne noch etwas zum Völkerrecht gefragt; denn Sie haben sich dazu häufig – auch aus unserer Sicht zutreffend – geäußert. Sowohl im Hinblick auf den Einmarsch in Afrin als auch in dieser Sache sind wir uns völlig einig, dass das Völkerrecht nicht außer Kraft gesetzt werden kann. Wir haben nur ein Völkerrecht, und wenn wir dieses Völkerrecht aufgeben, öffnen wir eine Büchse der Pandora, die wir nicht wieder zukriegen. Deswegen ist es natürlich wichtig, dass wir die UN-Charta ernst nehmen und die UNO stärken. Ich glaube, da haben Sie etwas falsch verstanden in Bezug auf unsere Positionierung.
Ich möchte Sie etwas zu den mich etwas irritierenden Ausführungen Ihres Kollegen Schmidt fragen, der hier vorhin suggeriert hat, auf das Völkerrecht komme es im Zweifelsfall doch gar nicht an, wenn man endlich einmal handeln müsse; schließlich sei das hier kein Amtsgericht, und deswegen komme es auf Rechtsvorschriften und Beweise und so etwas doch wohl nicht an. Das hat mich sehr irritiert; denn die Umsetzung dieser Position wäre die Aufgabe des Völkerrechtes als solches. Das kann doch wohl nicht sein. Was sagen Sie zu diesen Ausführungen Ihres Kollegen?
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Ich sage gern etwas zur völkerrechtlichen Situation, und ich sage gern etwas zu der völkerrechtlichen Position, die Sie vertreten haben.
Zunächst einmal nehme ich Ihre Frage zum Anlass, präziser zu formulieren: Das Völkerrecht tritt nach Ihrer Position nicht außer Kraft; aber es ist unwirksam. Sie erklären die Maßnahmen von Staaten, die sich im Sinne des humanitären Völkerrechts und des Kriegsvölkerrechts gegen einen staatlichen Verbrecher wenden, für völkerrechtswidrig. Das ist Ihre Position; das ist die Position, die hier mehrfach vorgetragen worden ist: dass diejenigen, die einem Staatsverbrecher – gegen das Veto der Schutzmacht des Verbrechers – entgegentreten, völkerrechtswidrig handeln. Das ist Ihre Position.
Die Umsetzung der Position, zu der Sie kommen, führt am Ende dazu, dass das Völkerrecht im Ergebnis zu einer rechtlichen Absicherung der Verbrechen von Herrn Assad wird. Das ist das Ergebnis der Umsetzung Ihrer Position.
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– Doch, es ist so. Sie schütteln jetzt den Kopf, Frau Keul, zutreffend, weil Sie merken: Das kann ja nicht sein. – Das stimmt: Das kann nicht sein. Und weil das nicht sein kann, ist es seit dem Genozid in Ruanda, seit Kosovo auch nicht mehr der Stand der völkerrechtlichen Diskussion. Sie sind sozusagen von der Zeit überholt.
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Man hat erkannt: Man kann diesen Konflikt zwischen dem humanitären Völkerrecht, dem Kriegsvölkerrecht und der Organisation des Völkerrechts, nämlich dem Vetorecht von Siegermächten des Zweiten Weltkriegs, nicht so auflösen, dass man sagt: Die Vetomacht bestimmt das Recht. – Darum ist Ihre Position nicht mehr auf dem aktuellen völkerrechtlichen Stand. Die CDU/CSU-Fraktion mit ihren Rednern Dr. Wadephul und Christian Schmidt hat recht, dass diese Aktion der USA, Frankreichs und Großbritanniens in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Prinzipien, die sich herausgebildet haben, geführt worden ist.
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Das wollte ich zu diesem Punkt sagen.
Ich glaube übrigens, dass die Art und Weise, wie dieser Militärschlag durchgeführt wurde – gezielt und begrenzt – zur Weiterentwicklung des Völkerrechts beitragen wird.
Ich will meinen letzten und entscheidenden Punkt ansprechen. Militärschlag hin oder her, egal ob man ihn für richtig oder falsch oder angemessen oder völkerrechtwidrig hält: Wenn es dabei bliebe, dann wäre nichts gewonnen, dann hätten wir wieder sozusagen einen Empörungszyklus gehabt, und am Ende wären wir wieder bei dem, was wir sieben Jahre hatten: Gleichgültigkeit, Desinteresse und fehlendes Engagement.
Darum ist jetzt unsere eigentliche Verantwortung, auch die Deutschlands, Europas – der Bundesaußenminister hat sich so geäußert, und das finde ich gut und richtig –, dass wir jetzt dafür sorgen, dass wir uns in der Pflicht sehen, dass Syrien und der Mittlere Osten von der Tagesordnung der internationalen Politik nicht mehr verschwinden. Das ist auch unsere Verantwortung, und dafür müssen wir etwas tun. Das stellt sich nicht von selber ein.
Dafür brauchen wir – Kollege Wadephul hat es gesagt – europäische Solidarität; dafür brauchen wir den Westen. Dafür brauchen wir keine deutsche Sonderrolle. Wo sind wir denn eigentlich, dass wir uns einbilden, auf einmal, nur weil wir als Deutsche auftreten, alles auflösen zu können? Nein, wir brauchen eine klare Positionierung, wo wir stehen, wo wir politisch stehen, zu welchen Werten wir stehen – und das sind die europäisch-abendländischen Werte, die wir jetzt wirksam werden lassen müssen. Darum müssen Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die EU zusammenkommen und sich verpflichten. Wir müssen die USA ins Boot nehmen. Wir können Kritik an Trump äußern – völlig zu Recht –; aber die USA sind nicht ersetzbar, und darum müssen wir eine Gruppe des Westens bilden, die sich selber verpflichtet, einen politischen Prozess zu initiieren. Davon dürfen wir nicht mehr abgehen. Dann müssen wir ausgreifen. Wir müssen natürlich mit Russland reden. Wir müssen mit Iran reden. Wir müssen mit der Türkei reden. Wir müssen als Westen, als Teil des Westens – es geht nicht um eine Sonderrolle –, gemeinsam politische Lösungen erzwingen und dürfen nicht mehr davon abgehen.
Es stimmt: Ohne Russland wird es keine Lösung geben. Aber es stimmt noch viel mehr: Wenn der Westen nicht anfängt, politische Lösungen zu wollen und durchzusetzen, dann wird es keine politischen Lösungen geben, sondern dann wird es eine Fortsetzung von Krieg, Verbrechen und Leid geben, und das dürfen wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.
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Bevor wir in der Debatte fortfahren, werde ich das Wort zu zwei Kurzinterventionen erteilen, und danach hat der Kollege Röttgen, wenn er das mag, die Möglichkeit, auf beide zu reagieren.
Als Erstes hat der Kollege Nouripour das Wort.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Röttgen, Sie haben gerade sinngemäß ausgeführt, wir Grüne würden sagen, die Regeln des Völkerrechts würden gebrochen – und das in einer Situation, in der eine Veränderung der Regeln Syrien betreffend wegen der Blockade Russlands im Sicherheitsrat nicht zu erreichen sei; deshalb würden wir die Regeln, die gebrochen werden, sozusagen dafür zuständig machen, dass zum Beispiel Chemiewaffen eingesetzt werden. Das ist, ehrlich gesagt, ziemlich absurd.
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Aber ich will auf eines hinweisen: Es ist extrem misslich, dass der Sicherheitsrat blockiert ist. Das teilen wir alle. Es wäre zu wünschen, dass wir dort zu Lösungen kämen, die auch tragen. – Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass der Sicherheitsrat mindestens vier Resolutionen beschlossen hat, mit der Stimme Russlands, die am Ende nicht umgesetzt worden sind. Daran muss man auch Russland immer wieder erinnern.
Fakt ist also, dass der Sicherheitsrat blockiert ist. Fakt ist, dass die Schutzverantwortung, zu der Sie gerade gesprochen haben, im Kern immer wieder darauf rekurriert, dass eine Souveränitätsverletzung eines Landes durch die Staatengemeinschaft nur dann zu rechtfertigen ist, wenn das durch den Sicherheitsrat beschlossen wird. Aber Fakt ist auch: Für die Situation, dass das nicht funktioniert, gibt es eine Resolution vom 3. November 1950 – von den USA eingebracht, dann beschlossen –; die nennt sich „Uniting for Peace“. Es geht darum, dass genau in der Situation, in der der Sicherheitsrat nicht mehr handlungsfähig ist, die Generalversammlung der Vereinten Nationen beispielsweise beschließt, dass die Schutzverantwortung nun zu greifen hat.
Aus unserer Sicht hätte die Bundesregierung die Aufgabe, die Generalversammlung endlich in dieser Sache anzurufen. Das ist das, was wir wollen. Es geht nicht darum, dass wir jetzt das Völkerrecht verbiegen, wie wir wollen. Es geht nicht darum, dass wir Double Standards schaffen, die dann am Ende von Russland beispielsweise auf der Krim gegen uns verwendet werden. Aber es geht darum, dass es Wege gäbe, völkerrechtliche Legitimität zu schaffen. Bitte, bitte helfen Sie uns, die Bundesregierung zu überzeugen, dass dieser Weg auch endlich gegangen wird.
Zu einer weiteren Kurzintervention erhält Tobias Pflüger das Wort.
Kollege Röttgen, wir haben gerade sehr interessante Ausführungen zum Völkerrecht von Ihnen gehört. Ich glaube, man kann sich in der Literatur und in der allgemeinen Debatte darüber erkundigen. Das, was Sie hier erzählt haben, ist dann doch eine sehr breite, sehr weite und abenteuerliche Interpretation. Ich will das mal sehr deutlich beschreiben.
Zur Begründung sagen Sie: Es hat ein Giftgasangriff stattgefunden. – Da muss man schon mal korrigieren: ein mutmaßlicher Giftgasangriff. Es ist so, dass diejenigen, die das untersuchen sollen, nämlich die OPCW, auf dem Weg waren.
Dann erfolgte ein Angriff von drei Staaten, nämlich von den USA, Frankreich und Großbritannien. Dieser Angriff ist in der Form, wie er stattgefunden hat, völkerrechtswidrig.
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Die Bundeskanzlerin sagt, er sei angemessen gewesen, er sei erforderlich gewesen; das sei etwas gewesen, wo Verantwortung übernommen worden sei.
Ich kann Ihnen klipp und klar sagen: Es war weder angemessen noch erforderlich, noch wurde damit Verantwortung übernommen. Es war unverantwortlich, weil damit eine weitere Eskalation möglich war. Wir können froh sein, dass offensichtlich die sogenannte kleine Variante gewählt wurde. Was Donald Trump angekündigt hatte, war eine große Variante. Er hatte, Russland direkt gedroht.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen: Bitte verdrehen Sie hier nicht das Völkerrecht! Da gibt es eindeutige Regelungen, und die besagen, dass dieser Angriff, den die USA, Frankreich und Großbritannien hier durchgeführt haben, völkerrechtswidrig war. Wir sagen auch deshalb Nein zu diesem völkerrechtswidrigen Angriff.
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Kollege Röttgen, Sie haben das Wort zur Erwiderung.
Ich will kurz antworten – ich habe meine Positionen ja dargestellt; wir sollten es vielleicht bei anderer Gelegenheit fortsetzen –,
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wie man mit dem Dilemma umgeht, wenn die Staatsmacht entweder völlig ausfällt oder sich gegen die Bürger wendet und eine Schutzmacht im UN-Sicherheitsrat auftritt.
Zu sagen, dann können wir entweder gar nichts tun oder brauchen eine Debatte in der Generalversammlung, ist, glaube ich, kein effektiver Schutz des humanitären Rechts, kein effektiver Schutz der Opfer der Verbrechen, die hier stattfinden. Darum habe ich meine Position vorgetragen, von der ich glaube, dass sie sich aus den Erfahrungen der Genozide, der Völkermorde, die wir gesehen haben, entwickelt hat.
Ich glaube, dass dieser Angriff – und zwar auch nur dadurch, wie er stattgefunden hat –, wenn irgendwie geschossen worden wäre, nicht zu rechtfertigen gewesen wäre. Es war gerade die Absicht derjenigen, die sich beteiligt haben, durch die gezielte und begrenzte Maßnahme zur rechtlichen Legalität und Legitimierung beizutragen.
Einen zweiten Gesichtspunkt möchte ich kurz aufwerfen, weil ja gesagt wurde – das habe ich eben vergessen –, das sei eine Eskalation, die den politischen Prozess schwieriger gemacht habe. Ich bin davon überzeugt, dass das Gegenteil wahr sein kann. Durch die Entschlossenheit und Einigkeit, die der Westen zuerst im Fall Skripal und jetzt im Fall Syrien gezeigt hat, sind die Möglichkeiten, zu politischen Lösungen zu kommen, aus meiner Sicht gewachsen.
Wir sehen übrigens auf der russischen Seite überhaupt kein Eskalationsverhalten. Und jetzt ist deutlich gemacht worden: Der Westen nimmt sich dieses Verhaltens an, und es ist aus diesem Verhalten – dem militärischen Verhalten – auch unsere Selbstpflicht erwachsen, nun auch zu politischen Lösungen zu kommen. Ich glaube, wenn wir jetzt der Verantwortung gerecht werden, am Tag danach nicht mehr nichts zu tun, sondern zu Diplomatie und Politik zu kommen, ist das am Ende etwas, was deutlich gemacht hat: Der Westen hört auf, gleichgültig zu sein, und wir fangen mit einem dauerhaften politischen Engagement in Syrien, im Mittleren Osten und auch im Verhältnis zu Russland an.
Das Wort hat der Kollege Jürgen Hardt für die CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war wirklich gut, dass wir diese völkerrechtliche Diskussion geführt haben. Mich haben die Argumente von Norbert Röttgen mehr überzeugt. Ich möchte als Schlussredner in dieser Debatte auf einige Aspekte eingehen, die auch in der öffentlichen Meinung eine Rolle spielen.
Es wird oft gefragt: Welche Beweise gibt es dafür, dass vom syrischen Regime Chemiewaffen in Ost-Ghuta eingesetzt worden sind? Ich erinnere mich an die vielen Diskussionen in den letzten Jahren, die immer dann geführt wurden, wenn wir von Giftgaseinsätzen in Syrien gehört hatten. Dabei wurden die Fakten geprüft, die auf dem Tisch lagen, und wir haben dann ganz oft Folgendes erlebt: Es gab internationale Ermittlungen, zum Beispiel durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag, und es wurden sehr valide Ergebnisse vorgelegt. Aber das Mandat, das für diese Untersuchungen erteilt wurde, wurde auf russisches Betreiben so ausgelegt, dass aus den Beobachtungen nicht die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden durften, wer denn der Schuldige sei. Es ist höchst perfide, wenn dann behauptet wird, es gäbe ja gar keine offizielle UN-Feststellung von Tätern – wenn man vorher bereits durch die Formulierung des Mandats für die Untersuchung ausschließt, dass es zu einer solchen Feststellung kommen kann. Das war bei dem ersten großen Giftgaseinsatz so, der dann zu der UN-Resolution geführt hat. Die Indizien, woher die Granaten kamen, welche Kaliber sie hatten, welche Art von Chemiewaffen eingesetzt wurde, waren eindeutig, aber die formale Feststellung erfolgte nicht, weil es laut Mandat verboten war. Es ist für mich aber trotzdem kein Grund, daran zu zweifeln, dass diese Waffen tatsächlich eingesetzt worden sind.
Es ist im Übrigen eine perfide russische Strategie, die auch im Fall Skripal angewendet wird. Es wird jetzt behauptet, die Schweizer hätten festgestellt, es seien irgendwelche amerikanischen Giftstoffe gewesen, die Skripal und seine Tochter vergiftet haben. Das ist eine ungeheure Perfidie, weil natürlich derjenige, der das vorträgt, nämlich der Außenminister von Russland, Lawrow, genau weiß, wie die Chemiewaffenbehörde arbeitet und dass sie Proben sehr sorgfältig zur Analyse gibt. Bei diesen Proben werden auch Vergleichsproben mitgeliefert, die ganz bewusst einen anderen Stoff enthalten, damit man hinterher feststellen kann: Hat dieses Institut sauber und sorgfältig gearbeitet? Genau das ist in dem Fall bei diesem Schweizer Institut – offiziell ist das geheim, aber alle vermuten, welches Institut es ist – so gemacht worden. Dann behauptet ein russischer Außenminister, es würde genau das Gegenteil der Wahrheit beweisen.
Deswegen sage ich: Wir müssen uns bei der Bewertung ein Stück weit auf die Faktenlage verlassen. Wir müssen uns um Fakten bemühen; aber wir können in einer solchen Situation natürlich nicht den gerichtsfesten Beweis erwarten wie in einem deutschen Gerichtsprozess, wo der Staatsanwalt mit all seinen Methoden und Möglichkeiten der Durchsuchung, der Anhörung usw. usf. eine solidere und validere Beweislage herstellen kann.
Ich finde an diesem Luftschlag vom Samstagmorgen richtig, dass er sich gegen die Chemiewaffen gerichtet hat, weil ich in erster Linie an die Menschen denke, die von diesen Chemiewaffen bedroht und betroffen sind. Meine Hoffnung ist, dass es gelungen ist, die Fähigkeit Assads, diese Waffen gegen sein Volk einzusetzen, deutlich zu minimieren. Wenn das gelungen wäre – wovon ich ausgehe –, würde das allein diesen Einsatz rechtfertigen in dem Sinne, wie Norbert Röttgen das eben auf der Basis unserer Werte vorgetragen hat.
Es wäre gut, wenn das, was wir am Samstag erlebt haben, auch noch einen zweiten positiven Effekt hätte, nämlich dass wir zu einer neuen Denkweise auf und in neue Gespräche mit der russischen Seite über die Situation in Syrien sowie zu einer Wiederaufnahme des Genfer Prozesses kommen. Denn: Mein Schreckensszenario von Syrien der Zukunft ist, dass dies ein Staat unter der Herrschaft von Assad bleibt, in dem Russland seine Militärbasen hat und in dem der Iran mit seinen regulären Truppen oder zumindest Helfershelfertruppen an die Grenze Israels heranrückt. Das wäre im 70. Jahr der Existenz des Staates Israel eine ausgesprochen fatale Situation.
Wir Deutsche haben die Pflicht, uns mit allen diplomatischen und politischen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, darum zu bemühen, dass eine solche grauenhafte Situation nicht entsteht. Ich finde, das sind wir dem Staat Israel und unserem eigenen Gewissen mit Blick auf die Situation in Syrien schuldig. Deswegen bin ich mit meinem Gewissen wegen dem, was am Samstag geschehen ist, im Reinen. Ich setze darauf, dass wir eine neue Dynamik bekommen, die zu einem besseren Ergebnis führt als das, was wir in den letzten sieben Jahren erreicht haben.
Herzlichen Dank.
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Ich schließe die Aussprache.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 19. April 2018, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss: 16.58 Uhr)