Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Bürger! In diesen Coronazeiten – wir haben es in dieser Woche schon öfter gehört – ist wenig normal. Die Bewältigung der Coronakrise hat erhebliche Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.
Besonders davon betroffen ist – kein Wunder – der Bereich des Einzelplans 11, Arbeit und Soziales. Der Haushaltsentwurf 2021 für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Umfang von insgesamt rund 165 Milliarden Euro und ist damit wieder der größte Einzelplan im Bundeshaushalt. Vom Entwurf bis zur Bereinigungssitzung wuchs dieser Haushaltsplan auf knapp 1 Milliarde Euro auf.
Ein Teil dieses Aufwuchses ist nachvollziehbar, da sich einige Zuschüsse und Leistungen an die Herbstprojektion und die Steuerschätzung anlehnen und dadurch zur Bereinigungssitzung angepasst werden. Was mich aber ärgert, sind neue Maßnahmen, die erst zur Bereinigungssitzung auftauchen und für die dann neue Mittel beantragt werden. Im letzten Jahr waren es die Hilfen für Zeitungszusteller, in diesem Jahr sind es knapp 5 Millionen Euro für die Förderung der Sicherung von Arbeitsplätzen an deutschen Häfen. Das mag ja alles gut sein – oder gut gemeint. Aber fallen solche Ideen immer kurz vor der Bereinigungssitzung vom Himmel und werden dann noch schnell eingebracht? Sollten nicht die Abgeordneten aller Parteien vorher die Chance haben, sich in den Einzelplanberatungen über diese Maßnahmen zu informieren? Wir sollen hier einen Blankoscheck über 5 Millionen Euro ausstellen für einen Antrag, dessen Begründung nur einen Satz umfasst. Das ist nicht sauber.
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Sauber ausgestaltet ist leider auch nicht die Finanzierung der Grundrente. Dabei haben Sie das, Herr Minister Heil, in den Beratungen zur Grundrente immer wieder versprochen. Nun versteckt sich die Finanzierung des Ganzen in ungenau abgerechneten Bundeszuschüssen und einer globalen Minderausgabe in Höhe von 400 Millionen Euro. Es wird also mit Einsparungen im eigenen Haushalt geplant, um die Grundrente finanzieren zu können. Und was ist, wenn die geplanten Mittel nicht ausreichen? Werden dann wieder neue versicherungsfremde Leistungen generiert? Wir müssen hier vor allem eines sehen: Die Ausgaben für die Grundrente sind keine einmaligen Ausgaben, die man notgedrungen dieses eine Mal im Haushalt zusammenkratzt und wo man froh ist, das irgendwie finanziert zu haben. Die Grundrente wird ab dem nächsten Jahr ein stetiger Ausgabeposten im Haushalt sein. Soll dann die Finanzierung immer so laufen, über globale Minderausgaben?
Wie wir die Grundrente solide und sauber und vor allem nachvollziehbar finanzieren können, haben wir als AfD-Fraktion in den Haushaltsberatungen aufgezeigt. Es wäre schön gewesen, hätten Sie, Herr Minister Heil, diese Idee zur Bereinigungssitzung aufgegriffen. Aber gut, mit diesem von Ihnen geschaffenen Durcheinander wird sich dann der nächste Arbeitsminister herumschlagen müssen.
In den Haushaltsberatungen haben wir als AfD-Fraktion aufgezeigt, wie sich Geld sparen ließe, wenn sich die Bundesregierung und die Länder an bestehende Gesetze halten würden. Es geht hier um die anfallenden Kosten für abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden. Das sind immerhin 4,4 Milliarden Euro allein im Einzelplan 11. Ein weiteres Einsparpotenzial ist die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft. Die Bundesbeteiligung wurde prozentual erhöht, die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes verringert. Dabei gibt es gerade in diesem Bereich sehr viele Missbrauchsfälle. Der Bundesrechnungshof hat in seiner Stellungnahme zu den KdU-Leistungen bemängelt, dass die Kosten der Unterbringung von Flüchtlingen oft mehr als doppelt so hoch liegen wie die ortsübliche Vergleichsmiete. Hier jetzt mehr Geld zu verteilen und weniger zu prüfen, wird die Länder und Kommunen nun gerade nicht dazu anhalten, sparsam mit diesen Mitteln umzugehen.
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Wir haben außerdem einen Haushaltsvermerk eingebracht, der die Höhe der Zuschüsse an die Deutsche Rentenversicherung kritisiert und einen konsequenten Ausgleich der versicherungsfremden Leistungen fordert.
Im Ergebnis sind wir mit diesem Haushaltsplan nicht einverstanden und werden ihn ablehnen.
Der Gesamthaushalt, wie wir ihn in dieser Woche debattieren, umfasst ein Ausgabevolumen von knapp 500 Milliarden Euro, dem nur geschätzte 293 Milliarden Euro an Steuereinnahmen gegenüberstehen. Es müssen Schulden in Höhe von rund 180 Milliarden Euro aufgenommen werden. Wir bezahlen damit also auch unsere Sozialleistungen über Kredite. Es ist richtig und notwendig, Betrieben und Arbeitnehmern zu helfen, wenn Umsätze einbrechen, Einkommen plötzlich wegfallen und sich viele Menschen unverschuldet in existenzieller Krise befinden. Vor allem, da es in erster Linie die fragwürdigen Lockdown-Maßnahmen einer nicht demokratisch legitimierten Kungelrunde der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten waren und sind, wegen derer heute ganze Branchen in ihrer Existenz gefährdet sind.
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Wenn aber Unternehmen und Beschäftigte mit immer neuen Hilfsmaßnahmen gerettet werden müssen, ist die Frage – auch die wurde in dieser Woche öfter gestellt –: Wer soll das bezahlen, wie lange und vor allem wovon? Was Sie tun, ist Folgendes: Sie stopfen Löcher mit Geld, das Sie nicht haben, und schieben die Belastung in die Zukunft.
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Zur Wahrheit gehört aber auch: Das ist nicht neu und hat mit Corona nicht viel zu tun. Die Ausgaben für Sozialleistungen – darum handelt es sich ja im Wesentlichen im Einzelplan 11 – steigen seit Jahren. Das ist kein Grund zur Freude und kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen; denn unser Etat zeigt wie durch ein Brennglas die Schieflage einer einfallslosen und kurzsichtigen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Das ist eine Binse. Ich ergänze: Die Kurzarbeiter von heute sind die Arbeitslosen von morgen und die armen Rentner von übermorgen.
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Indem wir den Menschen über Sozialleistungen das zurückgeben müssen, was wir ihnen vorher an Steuern und Abgaben abgenommen haben, schaffen wir keine Beitragszahler, sondern zukünftige Leistungsempfänger in einem Transferleistungsstaat, den wir uns dann nur nicht mehr leisten können. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das Hauptproblem Ihrer Sozialpolitik.
Vielen Dank.
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Jetzt erteile ich das Wort dem Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Coronavirus hat uns mit voller Wucht getroffen. Das Ausmaß der Pandemie – wir erleben das auch heute angesichts neuer Infektionszahlen – ist historisch. Es ist allerdings eine Krise, die die gesamte Welt erfasst hat, und in vielen Ländern ist aus dieser Gesundheitskrise längst mehr geworden, nämlich eine dramatische soziale Krise mit Massenarbeitslosigkeit, mit Hunger, mit Obdachlosigkeit, und das auch in entwickelten Industriestaaten.
In den USA beispielsweise lag die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr streckenweise bei über 14 Prozent. Vor den Food Banks, den amerikanischen Suppenküchen, bildeten sich teilweise kilometerlange Autoschlangen – auf der Suche nach Lebensmitteln. Übrigens, auch das ist ein Grund, warum es gut ist, dass – hoffentlich – jetzt ein amerikanischer Präsident ins Weiße Haus einzieht, der ein soziales Gespür hat.
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Meine Damen und Herren, auch bei uns hat die Pandemie unsere Wirtschaft schwer erschüttert. Trotz dieser massiven wirtschaftlichen Erschütterung ist in Deutschland aus dieser Pandemie kein soziales Erdbeben geworden.
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Auch bei uns ist die Arbeitslosenquote durch die Krise um 1,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr auf 5,9 Prozent gestiegen. Aber ich will sagen: Angesichts der massiven wirtschaftlichen Erschütterungen ist das weit weniger, als es zu befürchten stand. Liegt das daran, dass wir mehr Glück gehabt haben als die Amerikaner?
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Die Antwort ist: Nein, das liegt daran, dass wir in Deutschland einen der leistungsfähigsten Sozialstaaten der Erde haben,
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einen Sozialstaat, der sich gerade in dieser Krise auch bewährt, einen Sozialstaat, in dem übrigens seit Monaten und auch im Moment Zehntausende von Beschäftigten für soziale Sicherheit sorgen. Ob die Pflegerin in der Klinik oder der Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur: Dieser Sozialstaat ist einer, indem viele Menschen jetzt mithelfen, dass Hilfen auch ankommen.
Dieser Sozialstaat, meine Damen und Herren – ich sage das gerade in Bezug auf die Vorrede –, wirkt auch wie ein Immunsystem für unsere Gesellschaft. Dieses Immunsystem schützt uns vor den sozialen, aber eben auch den politischen Infektionen in der Krise; denn da, wo Vertrauen in soziale Sicherheit verloren geht, gewinnen politische Scharlatane. Lassen Sie mich das deutlich sagen: Egal ob sie innerlich Pickelhaube, Stahlhelm oder Aluhut tragen, das werden wir in Deutschland nicht zulassen.
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Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir debattieren in dieser Woche einen Haushalt mit außergewöhnlich hohen Ausgaben. Dazu gehören auch die Ausgaben für das Kurzarbeitergeld, für den erleichterten Zugang zur Grundsicherung und die Ausbildungsprämie. Wir haben mit dem Kurzarbeitergeld dafür gesorgt, dass in der Krise Millionen von Arbeitsplätzen in Deutschland gesichert wurden. Es war richtig und vernünftig, dass wir diese Regeln, auch mit Blick auf die aktuelle Situation, in das nächste Jahr verlängert haben. In der Autobranche waren zwischenzeitlich fast 60 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit, im Gastgewerbe sogar noch viel, viel mehr. In einzelnen Regionen war es zum Teil so, dass jeder zweite Beschäftigte in Kurzarbeit war, beispielsweise in Weiden in der Oberpfalz. Keiner von uns will sich vorstellen, wie es in diesen Branchen und Regionen ausgesehen hätte, wenn es kein Kurzarbeitergeld gegeben hätte.
Frau Schielke-Ziesing, das, was Sie sagen, ist wahrheitswidrig. Die meisten Menschen sind von Kurzarbeit in Beschäftigung zurückgekehrt.
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Wir hatten im Mai 6 Millionen Menschen in Kurzarbeit, jetzt sind es 2,5 Millionen; die Zahl steigt wieder an. Aber Kurzarbeit ist eine Brücke in Arbeit und in der Regel eben nicht in Arbeitslosigkeit.
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Ja, es ist richtig: Kurzarbeit kostet sehr viel Geld. Seit Jahresbeginn haben wir fast 20 Milliarden Euro für das konjunkturelle Kurzarbeitergeld und die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Betriebe aufgewandt. Aber ich sage Ihnen auch: Massenarbeitslosigkeit und die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit wäre für dieses Land finanziell, wirtschaftlich und sozial viel teurer.
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Wir haben die Kraft, dafür zu sorgen, dass in dieser Krise dauerhafte Massenarbeitslosigkeit nach Deutschland nicht zurückkehrt. Da hilft die Kurzarbeit. Deshalb dürfen Sie dieses Instrument nicht so madig machen, wie Sie das hier gerade getan haben.
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Arbeit, meine Damen und Herren, hat einen Wert für diese Gesellschaft, einen Wert auch für gesellschaftlichen Zusammenhalt, einen Wert aber auch für die Menschen an sich, nämlich selbstbestimmt leben zu können. Es gibt aber auch eine andere Seite, wenn wir über den Wert der Arbeit reden.
Wir haben in dieser Coronakrise erlebt, dass viele Menschen, die den Laden am Laufen halten, viel Applaus bekommen haben, aber zu wenig Lohn. Deshalb war es wichtig, dass wir gerade in diesen Zeiten, Frau Schielke-Ziesing, die Grundrente nicht gestrichen haben, sondern sie für die Menschen, die ihr Lebtag gearbeitet haben – das sind vor allem Frauen – und aufgrund von viel zu niedrigen Löhnen nicht genug Rente bekommen, einzuführen. Sie wird zum 1. Januar allen Widerständen zum Trotz in diesem Land eingeführt, meine Damen und Herren.
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Es ist auch richtig, dass der Mindestlohn steigt. Die Mindestlohnkommission hat entsprechende Empfehlungen auf den Weg gebracht.
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– Ja, kleinen Moment mal. – Die Kommission wird zum 1. Januar einen Schritt in die richtige Richtung gehen.
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Wir feiern jetzt fünf Jahre Mindestlohn. Der Mindestlohn hat übrigens – im Gegensatz zu dem, was vor fünf Jahren behauptet wurde – keine Arbeitsplätze vernichtet. Im Gegenteil: Er hat die Kaufkraft gestärkt.
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Ich sage aber auch: Die Mindestlohnerhöhung kann für die Menschen, die jetzt den Laden am Laufen halten, die zum Beispiel Regale in unseren Supermärkten einräumen, nur ein Zwischenschritt sein. Wir müssen – darüber werden wir reden; ich werde dazu Vorschläge machen – den Mindestlohn weiter erhöhen und weiterentwickeln, meine Damen und Herren. Auch das ist notwendig.
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Aber vor allen Dingen müssen wir dafür sorgen, dass wir oberhalb des Mindestlohns wieder zu mehr Tarifbindung in diesem Land kommen; denn Tarifbindung heißt in der Regel bessere Löhne und Gehälter. Wir haben über viele Jahrzehnte einen Rückgang der Tarifbindung in Deutschland erlebt, zum Beispiel im Einzelhandel, wo nur noch 20 Prozent der Beschäftigten tarifgebunden sind, aber zum Beispiel auch in der Altenpflege, wo auch nur 20 Prozent der Beschäftigten tarifgebunden sind.
Wir reden alle immer so schön über die Helden und Heldinnen des Alltags, und wir klatschen hier im Bundestag auch ganz kräftig für sie. Aber Klatschen zahlt für die Pflegerinnen und Pfleger keine Rechnung und keine Miete. Deshalb haben wir nicht nur den Mindestlohn erhöht, und zwar differenziert erhöht, auch für Pflegehilfskräfte und für qualifizierte Pflegekräfte, sondern wir haben die Chance für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag eröffnet. Wenn der Antrag vorliegen wird, wir ihn prüfen und die Voraussetzungen erfüllt sind, will ich, dass wir im nächsten Jahr für die Altenpflege diesen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären, meine Damen und Herren.
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Es geht also um den Wert der Arbeit in der Krise. Aber es geht auch um die Würde der Arbeit. Der Harvard-Philosoph Michael Sandel hat es auf den Punkt gebracht – ich zitiere mit der Genehmigung des Präsidenten –: Unser größtes Problem ist die wachsende Ungleichheit, nicht nur mit Blick auf Einkommen und Wohlstand, sondern auch mit Blick auf die soziale Wertschätzung. – Ich sage das, weil wir in der Krise auch erlebt haben, dass es an Wertschätzung gefehlt hat, zum Beispiel in der Fleischindustrie, wo wir seit vielen Jahren ein System der Ausbeutung erlebt haben, das unter den Bedingungen der Pandemie zu einem großen Gesundheitsrisiko für viele Menschen geworden ist. Deshalb bin ich den Koalitionsfraktionen außerordentlich dankbar, dass wir in der nächsten Woche – da bin ich zuversichtlich – das Arbeitsschutzkontrollgesetz durchsetzen, um mit solchen ausbeuterischen Verhältnissen aufzuräumen.
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Ich habe aber bei den Koalitionsfraktionen auch die Hoffnung, dass wir, wenn wir über die Würde der Arbeit reden, nicht nur den nationalen Blick haben, sondern im Kampf um menschenwürdige Arbeitsbedingungen unserer Verantwortung auch weltweit gerecht werden. Deshalb setze ich darauf, dass wir zu einer Einigung beim Lieferkettengesetz kommen. Meine Damen und Herren, es geht an dieser Stelle nicht um Kapitalinteressen, sondern es geht um Menschenwürde.
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Es geht also um den Wert der Arbeit und die Würde der Arbeit. Es geht aber gerade in dieser Pandemie auch um den Wandel der Arbeit; denn Corona wird vieles beschleunigen: in der Digitalisierung, im Strukturwandel unserer Industrie, aber auch in der Art und Weise, wie wir arbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass wir in der Krise nicht nur Krisenmanagement machen, sondern auch Zukunftsvorsorge betreiben. Das tun wir in diesem Haushalt, indem wir beispielsweise mithelfen, den Instrumenten, die wir jetzt geschaffen haben, Flügel zu verleihen, damit die Beschäftigten von heute auch die Chance haben, die Arbeit von morgen zu machen. Es geht um die Instrumente, die die Kurzarbeit mit Qualifizierung verbinden, die Instrumente, die vor allen Dingen kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Fachkräftesicherung helfen. Im Sinne der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sorgen wir damit dafür, die Krise für Qualifizierung und Weiterbildung zu nutzen.
Es geht aber auch um das mobile Arbeiten. Wir arbeiten an einem Rechtsrahmen, der mithilft, dieser neuen Realität für viele Beschäftigte Rechnung zu tragen, indem wir da, wo es möglich ist, den Beschäftigten rechtlich den Rücken stärken, auch einmal ein, zwei Tage Homeoffice machen zu können, aber auch dafür sorgen, dass Homeoffice nicht zur Entgrenzung von Arbeit und Privatleben führt. Auch im Homeoffice, meine Damen und Herren, muss einmal Feierabend sein. Das ist Teil des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten.
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Herr Präsident, meine Damen und Herren, es geht in diesen Zeiten darum, unser Land zusammenzuhalten. Wir haben nach wie vor schwierige Monate vor uns. Am Wochenende sind Entscheidungen zu treffen, die wiederum wahrscheinlich unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben einschränken werden, um die Gesundheit von Menschen zu schützen.
Aber Sie können sich, meine Damen und Herren, auch draußen an den Bildschirmen, darauf verlassen: Diese Bundesregierung kämpft um jeden Arbeitsplatz. Diese Bundesregierung weiß um den Wert, die Würde und den Wandel der Arbeit, und das kennzeichnet auch diesen Haushalt.
Herzlichen Dank.
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Johannes Vogel, FDP, ist der nächste Redner.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2020 war in der Tat – ich glaube, das kann man so sagen – ein furchtbares Jahr: Sorgen um die Gesundheit, Sorgen um die Gesundheit der Lieben, der eigenen Familie, Sorgen um die wirtschaftliche Existenz, Depressionen, familiäre Herausforderungen, Beklemmung durch die Einschränkungen, durch die Enge. Ich glaube, das treibt uns dieser Tage alle um.
In der Tat – da will ich dem Arbeitsminister zustimmen –: Ich glaube, es ist gut, dass wir hier in Gemeinsamkeit der Demokraten dafür gesorgt haben – da hat die Regierung auch unsere Unterstützung; das weiß sie auch –, dass die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Gott sei Dank erheblich geringer waren als in vielen anderen Ländern. Das ist eine gute Nachricht, die, glaube ich, Regierung und Opposition hier eint, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Die zweite gute Nachricht ist, dass es Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels gibt. In beeindruckender Zeit, noch nicht mal ein Jahr nach Entdeckung dieser Pandemie, hat die Menschheit jetzt schon mehrere seriöse Impfstoffe in Zulassungsverfahren. Das hat es so noch nie gegeben. Wenn man die eigene Vorstellungskraft ein ganz klein bisschen bemüht, dann kann man wissen: Wir werden uns wieder umarmen, wir werden wieder reisen können, damit es nicht zum Lockdown des Horizonts kommt – all das wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt, der näher liegt, als uns die Pandemie bisher beschäftigt. Das ist eine großartige Aussicht zum Ende des Jahres; auch das muss man sich einmal vergegenwärtigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Was wir heute tun sollten, wenn wir den Bundeshaushalt 2021 beraten, ist, darüber nachzudenken, was wir aus diesem furchtbaren Jahr 2020 für die Zukunft lernen können. Da will ich mal zwei Lehren aus meiner persönlichen Sicht und aus Sicht meiner Fraktion nennen:
Erstens. Man muss festhalten: Absehbare Versäumnisse holen einen in der Krise ein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da ist dieses Jahr auch reich an Erfahrungen gewesen. Pandemiepläne waren nicht ausreichend umgesetzt mit entsprechender Vorratshaltung. Wir haben bis heute keinen guten Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten und Homeoffice, sondern wir drängen Menschen derzeit millionenfach in rechtliche Grauzonen; das ist die Realität. Das Gesetz liegt noch nicht vor.
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– Da nicken selbst Kolleginnen und Kollegen der Union.
Wir haben einen erschreckenden Zustand der Digitalisierung in diesem Land. Der DigitalPakt Schule kam doch viel zu spät und ist bis heute nicht ausreichend ausgerollt. Ich finde auch, es ist ein Armutszeugnis, dass Novemberhilfen für die Unternehmen in diesem Land im Januar erst ausgezahlt werden können, weil die entsprechende Software noch programmiert werden muss, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist zu wenig.
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Das zeigt, wie wichtig Vorausschau ist. Mit Blick auf Vorausschau, lieber Hubertus Heil, sehr geehrter Herr Arbeitsminister, muss ich sagen: Also, Zukunftsvorsorge, wie Sie das eben genannt haben, die finde ich in diesem Haushalt zu wenig. Im Gegenteil: Der größte Posten des Haushalts des Bundesarbeitsministeriums ist der Zuschuss zur Rente.
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Jeder, der sich seriös mit der Rente beschäftigt und in längeren Zeiträumen als in Legislaturperioden denkt, der weiß: Dieses Land ist katastrophal vorbereitet auf die demografische Herausforderung, die in diesem Jahrzehnt auf uns zukommt. – Da haben Sie zur Verschlechterung beigetragen, und nicht zur Vorsorge, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Das müssen wir besser machen,
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aber nicht so, wie die Linkspartei das will, sondern ganz im Gegenteil: mit zukunftsfester und enkelfitter Rente, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die zweite Lehre, die man aus diesem Jahr ziehen kann, ist: Fortschritt und Innovation geben uns Hoffnung für den Weg aus der Krise. Schauen wir mal auf den BioNTech-Impfstoff. Ginge es nach der AfD, dann hätte es die Gründer dieses Unternehmens als Kinder türkischer Einwanderer in Deutschland nie gegeben,
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und es ist großartig, dass wir sie in diesem Land haben.
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Man muss aber ehrlicherweise auch sagen: Ginge es nach dem einen oder anderen harten Kritiker von Kapitalismus und Globalisierung, hätte es wahrscheinlich die Kooperation mit dem Pharmamulti Pfizer nie gegeben, und ich sage: Es ist auch gut, dass wir die haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Aber was können wir daraus für die Zukunft lernen? Ich finde, zweierlei: Erstens. Wir brauchen auch in Zukunft mehr Einwanderung in diesem Land und deshalb endlich ein modernes Einwanderungsgesetz, wie uns das Kanada, Neuseeland und andere vormachen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Da ist diese Legislaturperiode zu wenig passiert.
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Zweitens. Unternehmertum und Gründer sind es eben auch, die Innovation fördern. Das ist auch der Grund, lieber Hubertus Heil, warum wir so erschreckt sind, wie Sie mit den Selbstständigen in diesem Land umgehen. Die leben nämlich Unternehmertum jeden Tag, und die lassen Sie als einzige Gruppe katastrophal im Regen stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
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Das muss sich in den nächsten Wochen endlich ändern. Dann haben wir aus 2020 die richtigen Lehren für 2021 gezogen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
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Axel Fischer, CDU/CSU, erhält als nächster Kollege das Wort.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf 2021 für den Bereich Arbeit und Soziales, den wir heute hier debattieren, ist ein wichtiger Beitrag, um die aktuellen und die zu erwartenden negativen Auswirkungen der seit Frühjahr bestehenden Coronakrise abzufedern und gleichzeitig die erfolgreiche Modernisierungspolitik der Koalition fortzusetzen.
Nach einem Jahrzehnt wirtschaftlichen Aufschwungs sind Wirtschaft und Gesellschaft durch Corona in schwere Fahrwasser geraten. Nach ersten Erholungszeichen im Sommer verschärft sich mit dem von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder verhängten Lockdown die wirtschaftliche Situation seit Anfang November zusehends. Unser soziales Leben ist erheblich eingeschränkt. Wirtschaftlich, am Ausbildungs- und am Arbeitsmarkt läuft es nicht gut. Die kurze wirtschaftliche Erholung des Sommers wurde unterbrochen. Die aktuelle Verlängerung der Coronaeinschränkungen bis ins neue Jahr verschlechtert den Ausblick weiter. Es scheint fast so, als drohe unsere Gesellschaft auseinanderzudriften.
Vor diesem Hintergrund haben wir auf Basis des erst spät vorgelegten Haushaltsentwurfs der Bundesregierung für das kommende Jahr in den Beratungen der vergangenen Wochen einige notwendige Akzente, vor allem im Bereich der Rentenversicherung, der Arbeitsmarktpolitik und im Ausbildungsbereich, gesetzt. Die im ersten Regierungsentwurf geplanten Ausgaben, die bereits um 21 Milliarden Euro über den vor einem Jahr geplanten Ausgaben lagen, wurden für das kommende Jahr noch um knapp 1 Milliarde Euro auf 165 Milliarden Euro allein im Bereich Arbeit und Soziales ausgeweitet. So wollen wir dazu beitragen, den entstandenen und weiter entstehenden Schaden für die Betroffenen möglichst kleinzuhalten.
Meine Damen und Herren, die Aufwüchse resultieren im Wesentlichen aus Ansatzerhöhungen bei der Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung. Hier übernimmt der Bund verstärkt ehemals rein kommunale Aufgaben und Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge für sozial Bedürftige. Beim Arbeitslosengeld II mussten angesichts verschlechterter Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, aber auch wegen rechtlicher Änderungen noch 300 Millionen Euro draufgepackt werden. In Erwartung einer erhöhten Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes auch im kommenden Jahr haben wir den von der Bundesregierung vorgesehenen Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit um 250 Millionen Euro angehoben. Die Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme sowie für den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit summieren sich damit auf 48,8 Milliarden Euro.
Erfreulicherweise zeigt sich unser Arbeitsmarkt derzeit trotz der teilweise erheblichen wirtschaftlichen Einbrüche noch relativ stabil. Zwar liegt die Zahl der Arbeitslosen rund eine halbe Million über der des Vorjahrs, und auch die Zahl der Kurzarbeiter dürfte derzeit deutlich höher liegen als noch mit 2,2 Millionen im September, aber die Nachfrage nach Arbeitskräften hat sich von April bis zum erneuten Lockdown Anfang November merklich erholt.
Welche Folgen sich angesichts der neuen Beschränkungen für die Beschäftigten in den ohnehin besonders betroffenen Sektoren wie Hotel, Gaststätten, Ausbildung und Kultur bzw. dem Dienstleistungssektor insgesamt und auch im kränkelnden verarbeitenden Gewerbe ergeben, ist derzeit nicht absehbar. Offenkundig sind jedoch – nach den Meldungen über Entlassungen und Konkurse im industriellen Bereich und ersten Insolvenzen größerer Dienstleister –, insbesondere im Automobilbereich, Berichte über umfassende Produktionsverlagerungen ins Ausland. Gerade auch Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat bereits mehrfach von einer Verschiebung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse aufgrund der Coronakrise zulasten Europas und zugunsten Chinas und Südostasiens gesprochen.
Da stellt sich uns dann die Frage, ob wir die Coronakrise ebenso durchstehen können wie die Finanzkrise 2009 bzw. wie wir das am besten hinbekommen. Mit dem Kurzarbeitergeld ist es uns bislang gelungen, in einigen Bereichen die schlimmsten Folgen abzufedern. Aber Kurzarbeitergeld ist kein Geschäftsmodell, und dauerhaft finanzierbar ist es aus leeren öffentlichen Kassen bei erheblicher staatlicher Neuverschuldung schon gar nicht. Wohlstand wird von leistungsfähigen Arbeitskräften an produktiven Arbeitsplätzen erwirtschaftet, nicht durch die Auszahlung von Lohnersatzleistungen.
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Meine Damen und Herren, angesichts der erheblichen derzeitigen Bedrohung und Aushöhlung großer Teile der wirtschaftlichen Basis unseres Gemeinwesens muss unser Hauptaugenmerk daher insbesondere auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und Ausbildungsplätzen gerichtet sein. Es wäre fatal, wenn nach dem noch gut verlaufenden aktuellen Ausbildungsjahr 2020 im kommenden Jahr 2021 junge Menschen aufgrund der aus wirtschaftlichen Gründen notwendigen Zurückhaltung von Unternehmen keine Ausbildung antreten könnten.
Die aktuell gestiegene Zahl an Jugendarbeitslosen ist ein deutliches Warnsignal. Wir müssen unbedingt vermeiden, dass eine junge Coronageneration jetzt durch Unterrichtsausfall, vermeidbare emotional-soziale Belastungen oder fehlende Arbeits- oder Ausbildungsplätze um Lebenschancen gebracht wird und so zu einer zusätzlichen erheblichen Belastung für unser Gemeinwesen gemacht wird.
Daher begrüße ich ausdrücklich die Initiative der Bundesregierung zur Sicherung von Ausbildungsplätzen. Mit Ausbildungsprämien, Übernahmeprämien sowie über Zuschüsse wird kleinen und mittleren Unternehmen seit August dieses Jahres bei ihrem Ausbildungsengagement geholfen. Etwa 20 000 Prämien- und 900 Zuschussanträge wurden bislang bewilligt. Es ist zu hoffen, dass es mit unternehmerischem Willen und dem Programm „Ausbildungsplätze sichern“ insgesamt gelingt, die Ausbildungsplätze für die Fachkräfte der Zukunft im wirtschaftlichen Mittelstand als dem Herzen unserer Wirtschaft zu sichern. Nur gemeinsam können wir erfolgreich an einer guten Zukunft für unser Land arbeiten.
Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Wort zur Entwicklung der Eingliederungstitel für Langzeitarbeitslose. Richtig ist, dass das Gesamtbudget zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen mit etwas mehr als 10 Milliarden Euro konstant auf erhöhtem Niveau verbleibt. Mit weiteren zusätzlichen Mitteln von bis zu über 1 Milliarde Euro wollen wir Langzeitarbeitslosen in einem ganzheitlichen Ansatz den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen. Die Mittel haben sich bisher als auskömmlich erwiesen.
Abschließend möchte ich allen, die mitgeholfen haben, diesen Etat auf den Weg zu bringen, sehr herzlich danken, insbesondere Ekin Deligöz als Hauptberichterstatterin und den Mitberichterstattern Michael Groß, Ulrike Schielke-Ziesing, Gesine Lötzsch und Otto Fricke. Es war eine ausgezeichnete, inhaltlich gute Zusammenarbeit. Mein Dank gilt auch dem Ministerium und der Bundesagentur für Arbeit. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im kommenden Jahr.
Herzlichen Dank.
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Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke, erhält jetzt das Wort.
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat: Der Etat für Arbeit und Soziales ist der größte im Bundeshaushalt. Doch ist deshalb dieser Haushalt insgesamt sozial gerecht? Da müssen wir eindeutig Nein sagen, meine Damen und Herren;
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denn es gibt Gewinner und Verlierer, und das muss sich ändern.
Schauen wir in den Armutsbericht 2020 des Paritätischen Gesamtverbandes. Dort steht: 13 Millionen Menschen sind in unserem reichen Land arm. – Das ist doch wirklich ein trauriger Rekord im 30. Jahr der deutschen Einheit. Das hat nichts mehr mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, das ist purer Kapitalismus, und dagegen steht Die Linke, meine Damen und Herren.
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Besonders stark betroffen sind Alleinerziehende, Erwerbslose, Menschen mit niedriger Qualifikation und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Besonders bemerkenswert ist, dass die größte Gruppe der Armen erwerbstätig ist. Das ist doch eine Bankrotterklärung für die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Das muss sich dringend ändern, meine Damen und Herren.
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Darum fordert die Linke einen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde und einen Hartz‑IV-Satz von 658 Euro im Monat, damit alle menschenwürdig leben können. Das ist unser Ziel.
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Wir sagen Ihnen auch ganz deutlich: Die Regierung muss gegen Unternehmen vorgehen, die mit legalen und illegalen Methoden Menschen um ihren gerechten Lohn bringen. Lohnbetrug darf nicht länger ein Kavaliersdelikt sein.
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Für uns ist auch unerträglich, dass mit Steuergeldern die Entlassung von Tausenden Menschen bei der Lufthansa finanziert wurde. Wir sagen deutlich: kein Steuergeld für Entlassungsmanager und Großaktionäre.
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Gerne wird hier im Bundestag von den Menschen gesprochen, die früh aufstehen und zur Arbeit gehen. Mal nebenbei: Was ist eigentlich mit denen, die Nachtschichten schieben?
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Wie ist deren Situation? Die Bruttomonatsverdienste waren im zweiten Quartal 4 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum, sagt das Statistische Bundesamt, und die Verbraucherpreise stiegen um 0,8 Prozent. Das ist ein realer Verlust von 4,7 Prozent, der historisch stärkste seit 2007. Das können wir nicht hinnehmen.
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Gleichzeitig sind die Vermögen der Milliardäre in der Krise explodiert. Wenn die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, dann muss der Staat endlich entschieden umsteuern. Und ich sage Ihnen ganz deutlich: Unsere Forderung nach einer Vermögensabgabe hat überhaupt nichts mit einer Neiddebatte zu tun, sondern es ist genau das Gegenteil, nämlich die Forderung, endlich soziale Gerechtigkeit herzustellen, meine Damen und Herren.
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Schauen wir uns mal ein konkretes Beispiel an. Staatssekretär Kukies von der SPD sitzt im Aufsichtsrat der Deutschen Post. Also weiß er genau, dass der Chef des Unternehmens das 232-Fache des durchschnittlichen Einkommens eines Beschäftigten erhält. Damit ist die Deutsche Post auf Platz eins der Liste mit der größten Gehaltsdifferenz zwischen Vorstandsvorsitzenden und Beschäftigten. Das muss Sie doch stören, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Tun Sie was dagegen!
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Konkreter Vorschlag: Nehmen wir uns ein Beispiel an Kalifornien. In Zukunft zahlt dort jedes Unternehmen, dessen Führungskraft 100-mal mehr verdient als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, einen Zuschlag auf die jährliche Gewerbesteuer. Machen Sie von der SPD sich diesen Vorschlag zu eigen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, Sie müssen viel Geld für Soziales ausgeben, weil das Steuersystem unsozial ist. Es begünstigt die Vermögenden und bestraft die arbeitenden Menschen. Wo sind denn zum Beispiel die Milliarden aus der Finanztransaktionsteuer, die uns versprochen wurden?
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Die Grundrente sollte damit finanziert werden.
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Meine Damen und Herren, schauen wir noch einmal in den Paritätischen Armutsbericht 2020. Dort steht: Die mit Abstand stärkste Zunahme des Armutsrisikos betrifft die Rentnerinnen und Rentner, und deren Armutsquote ist seit 2006 um 66 Prozent gestiegen. – Wir sagen Ihnen: Die Grundrente wird dieses Problem nicht ansatzweise lösen. Darum fordern wir als Linke eine solidarische, armutsfeste Mindestrente, die diesen Namen wirklich verdient, meine Damen und Herren.
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Das Grundproblem liegt in unserem Steuersystem, und ein erster Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit wäre eine Vermögensabgabe.
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Es reicht nicht, sie in Talkshows zu fordern, Herr Scholz. Die Vermögensabgabe muss hier im Bundestag beschlossen werden. Und wenn die Union das ablehnt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dann ziehen Sie doch endlich mutig den Koalitionsstecker!
Vielen Dank.
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Ekin Deligöz, Bündnis 90/Die Grünen.
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Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Ja, es ist richtig: Wir haben einen starken Sozialstaat. Aber das ist nichts Statisches, das ist auch kein Selbstläufer, und es ist erst recht keine Selbstverständlichkeit. Man muss auch etwas dafür tun, dass der starke Sozialstaat stark bleibt. Und da, finde ich, tun Sie zu wenig, und das will ich Ihnen in meiner Rede hier zeigen.
Ich fange mit dem Thema Rente an. Es ist nicht so sehr im Fokus, aber es wird uns wieder einholen. Vieles von dem, was bei der Rente auf uns zukommt, war eigentlich schon vor der Krise klar, und da haben Sie auch schon zu wenig gehandelt. Sie haben die Finanzierungsprobleme einfach in die Zukunft geschoben.
Ich mache es konkret: Für die Mütterrente werden 11 Milliarden Euro im Moment komplett aus der Rentenkasse, von den Beitragszahlerinnen und ‑zahlern, finanziert. Darauf haben Sie immer noch keine Antwort. Der Demografiebeitrag – es geht um 2 Milliarden Euro –, der ja hätte kommen sollen, ist jetzt aus dem kommenden Etat gestrichen, und zwar komplett. Das heißt, Sie haben uns zwar etwas in Aussicht gestellt, aber Sie halten das nicht ein.
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Die Rentenkommission, die Sie uns jahrelang groß als diejenige prophezeit haben, die Ergebnisse erbringen soll, hat faktisch keine Ergebnisse geliefert. Ihre Grundrente ist nicht solide und redlich finanziert. 400 Millionen Euro sollen aus der globalen Minderausgabe finanziert werden. Für ein Jahr kriegen Sie das hin. Was machen Sie dann aber übernächstes Jahr? Was machen Sie überübernächstes Jahr? Insgesamt müssen Sie sogar 700 Millionen Euro aus Ihrer GMA finanzieren, und das in einem Etat, in dem die meisten Mittel für gesetzliche Leistungen gebunden sind. Da haben Sie nur zwei Alternativen, um das hinzubekommen. Entweder müssen wir im nächsten Jahr frisches Geld zuschießen, oder Sie fangen irgendwann an, gesetzliche Leistungen zu kürzen. Gerade in einer Pandemie kann das doch nicht die Antwort sein, Herr Minister.
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Ja, das Kurzarbeitergeld ist gut, es ist wichtig, es hält auch dieses Land stabil. Aber es gibt auch Menschen, die trotz Kurzarbeitergeld nun langsam in Armut kommen, die schmerzhafte Einkommensverluste hinnehmen müssen. Wir als Grüne haben Ihnen da sehr gute Vorschläge gemacht. Ein Vorschlag war, die Bemessung der Grundlage von der Steuerklasse abzukoppeln. Ein anderer Vorschlag war, dass wir Menschen mit niedrigen Löhnen einen höheren Beitrag geben. Betroffen sind davon vorwiegend Frauen, Herr Minister. Fakt ist: In diesem Land ist Armut weiblich und jung. Sie trifft die Alleinerziehenden; sie trifft die Frauen, und sie trifft die Familien. Herr Minister, Sie sind noch nicht mal darauf eingegangen. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, den Bundeszuschuss für die Bundesagentur für Arbeit im nächsten Jahr um eine weitere Milliarde zu erhöhen. Der Hintergrund war genau das: Spielräume zu schaffen, damit Sie flexibel reagieren können und die Umsetzung unserer Vorschläge gegenfinanzieren können. Sie sind noch nicht einmal verbal darauf eingegangen, was man in diesem Bereich tun muss, trotz Kenntnis der Tatsache – das haben Sie selber mehrfach zugegeben-, dass es so ist. Weggucken ist doch keine Lösung!
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Völlig unverständlich ist mir, ehrlich gesagt, auch, dass Sie bei der Jobcenterfinanzierung nicht weiterkommen. Wir wissen, dass im Moment die Zugänge zur Grundsicherung moderat sind. Wir wissen aber nicht, wie wir aus dieser Pandemie herauskommen werden. Wir wissen auch nicht, wie hoch die Zahl der Insolvenzen im nächsten Jahr sein wird. Wir wissen auch nicht, wie der Arbeitsmarkt sein wird. Gerade deshalb ist es gut, vorausschauend zu denken und die Qualifizierung und die aktive Vermittlung mit in den Blick zu nehmen, damit die Jobcenter finanziell gewappnet sind und reagieren können. Nein, Herr Minister, von Ihnen kam da leider bisher nichts.
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Gut ist tatsächlich, dass der soziale Arbeitsmarkt recht unbeschadet durch die Krise gekommen ist. Mir scheint, dass die Regelinstrumente in diesem Bereich durchaus recht erfolgreich sind und dass es, wenn wir in ruhigeres Fahrwasser kommen, vielleicht auch noch mal zu einem Aufschwung kommt; das wäre gut. Ich denke, auch hier haben wir noch eine Baustelle. Wenn die Instrumente wirklich so gut sind, wie wir glauben, sollten wir sie verstetigen und ausweiten sowie den Einsatz von Passiv-Aktiv-Transfers voranbringen.
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An dieser Stelle will ich mich auch noch mal bei den Berichterstattern und Berichterstatterinnen bedanken. Ich glaube, wir haben echt harte Arbeit geleistet. Das ist nicht nur der größte, sondern auch der arbeitsintensivste Etat. Vielen Dank dafür! Ich kann Ihnen aber sagen: Auch im kommenden Jahr ist unsere Arbeit als Berichterstatter und ‑erstatterinnen noch lange nicht zu Ende, weil die Punkte, die ich Ihnen gerade aufgezählt habe, Hinweise sind, dass wir das alles spätestens in einem Vierteljahr wieder auf dem Tisch haben werden und darüber reden müssen, wenn wir in diesem Land für einen starken Sozialstaat einstehen. Wir als Grüne bekennen da Farbe. Wir tun das, auch in der Überzeugung, dass das zu unserer Demokratie dazugehört. Ich hoffe, dass ich auch Sie dafür gewinnen kann.
Vielen Dank.
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Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Katja Mast, SPD.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir mit diesem Haushalt mit 165 Milliarden Euro für den Bereich Arbeit und Soziales richtig Geld in die Hand nehmen. Wir haben einen Haushalt vor uns, der sozialen Fortschritt bringt, für das ganze Land: einen Haushalt für Zusammenhalt und soziale Sicherheit, einen Haushalt, der Zuversicht gibt und Vertrauen schafft, gerade auch in dieser Pandemie. Das ist deshalb für uns so wertvoll, weil es letztendlich schlichtweg auch gesellschaftlich notwendig ist, in den sozialen Zusammenhalt zu investieren, und weil viele Bürgerinnen und Bürger übrigens die Solidarität auch mit uns allen gemeinsam leben.
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Der Grundsatz des Zusammenhalts spiegelt sich natürlich auch in der Finanzpolitik wider, nicht nur im Haushalt für Arbeit und Soziales, sondern – wir sind ja mitten in der Haushaltswoche – im gesamten Haushalt. Er steht eben auch für Wirtschaftskompetenz. Er steht dafür, die erschütterte Wirtschaft zu stützen und den Zusammenhalt hinzubekommen. Ich freue mich natürlich, dass dieser Bundeshaushalt einen sozialdemokratischen Namen trägt, nämlich den unseres Finanzministers Olaf Scholz.
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Viele merken: Trotz Krise, trotz erschütterter Wirtschaft keine Kündigung! – anders als in den USA; Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat schon darauf hingewiesen. Viele merken, dass in der Not der Sozialstaat zur Stelle ist. Ich bin nicht nur für einen starken Sozialstaat, sondern ich bin auch froh, dass es uns gelungen ist, in dieser Krise den Sozialstaat auszubauen, indem wir die Grundrente eingeführt haben, indem wir Zukunft gestalten. Wir haben mit dem Kurzarbeitergeld gezeigt, zu welcher Leistung dieser Sozialstaat in ganz kurzer Zeit in der Lage ist. Für mich persönlich ist es eine wichtige Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger: Hier sind Sozialstaat und Zusammenhalt nach vorne gebracht worden. Wir sind gemeinsam erfolgreich durch die Krise gekommen. Wir wissen: Wenn wir Zukunft gestalten wollen, brauchen wir einen Sozialstaat auf der Höhe der Zeit, der die Wirtschaft und unser Gemeinwohl stützt, Kolleginnen und Kollegen.
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Bei all dem geht es eben auch darum, nach vorne zu gucken, in die Zukunft zu gucken. Gute Haushaltspolitik schaut nach vorne. Deshalb ist mir wichtig, dass der Haushalt, den wir hier diskutieren, auch etwas mit Zukunftsperspektiven zu tun hat, nämlich mit dem Sozialstaatskonzept: der Sozialstaat als Partner. Das haben wir verabschiedet. Aber viele merken – gerade diejenigen, die jetzt in der Krise vielleicht zum ersten Mal Anträge stellen und auf den Sozialstaat angewiesen sind –, dass sie überfordert sind, Zugang zu Leistungen zu bekommen, weil die Komplexität groß ist. Deshalb wollen wir als SPD den zugewandten Sozialstaat als Partner mit Leistungen aus einer Hand und auf Augenhöhe. Niemand soll als Bittstellerin oder Bittsteller zum Amt gehen müssen.
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Leistungen sind für uns Rechtsansprüche. Deshalb sollen die Leistungen – das ist die große Perspektive; daran arbeiten wir jeden Tag in unserer Regierungsverantwortung – einfach zu den Bürgerinnen und Bürgern kommen, ohne großen Antragswust, um es umgangssprachlich zu sagen. Genau das setzen wir bei der Grundrente, bei den digitalen Familienleistungen und nun auch beim Kurzarbeitergeld um, sodass die Leistungen, die auf Rechtsansprüchen beruhen, einfach zu den Bürgerinnen und Bürgern – sie sind keine Bittsteller – kommen.
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Natürlich arbeiten wir in unserem Sozialstaat auch an Zukunftskonzepten, an den nächsten Schritten. Wir haben zum Beispiel ganz klar vor Augen, dass Deutschland eine Kindergrundsicherung braucht.
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Deshalb haben wir den Kinderzuschlag entsprechend reformiert. Wir wollen die Erwerbstätigen weiter stärken. Der Arbeitsminister hat schon etwas zur Tarifbindung im Bereich der Pflege gesagt. Aber natürlich geht es auch darum, überall zu höheren Tarifbindungen, überall zu mehr Mitbestimmung zu kommen; denn das stärkt den Schutz und die Würde der Arbeit und gibt Sicherheit.
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Natürlich – und das unterscheidet uns dann schon fundamental von den Redebeiträgen beispielsweise der FDP – wollen wir, dass die Menschen im Alter auch in Würde leben können und stärken deshalb
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perspektivisch die gesetzliche Rentenversicherung. Darum geht es.
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Ich bin froh, dass wir es in der Fleischindustrie hinkriegen, dass wir in der Transformation durch Qualifizierung sind.
Frau Kollegin.
Ich komme zum Schluss.
Ja, bitte.
Wir haben eine klare Perspektive und die Entschlossenheit, das Gegebene zum Besseren zu wenden und den Alltag jeden Tag besser zu machen. Zukunft sagen und Zukunft machen: Das ist unsere Handschrift in diesem Haushalt und für die Bundesrepublik Deutschland.
Vielen Dank.
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Nächster Redner ist der Kollege René Springer, AfD.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun hat sich die Große Koalition 50 Minuten lang selbst gelobt und dabei völlig vergessen, über den rosa Elefanten zu sprechen, der hier mitten im Raum steht,
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aber das kennen wir schon. Deshalb: Lassen Sie uns mehr Realität wagen! Gerade noch 15 Millionen Nettosteuerzahler finanzieren heute ein Heer von über 5,5 Millionen Hartz-IV-Empfängern. Das ist fast die gesamte Bevölkerung Dänemarks; nur damit man es mal gehört hat.
Zu diesen Hartz-IV-Empfängern gehören auch über 2 Millionen ausländische Staatsbürger. Vor fünf Jahren waren es fast 600 000 weniger.
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– Ich will mal auf 10 Sekunden kommen; ich arbeite daran. – Diese 2 Millionen nichtdeutschen Leistungsbezieher kosten uns etwa 13 Milliarden Euro im Jahr, und da sind die Ausgaben für Asylbewerber und ausländische Sozialhilfeempfänger noch nicht einmal mit eingerechnet.
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Das alles erwähnen Sie hier mit keinem einzigen Wort. Dafür haben Sie schon Schwielen an den Händen vom gegenseitigen Schulterklopfen für Ihre Grundrente, die Sie dreisterweise „Respektrente“ nennen, für die Sie aber gerade einmal 1,3 Milliarden Euro aufbringen, also nur ein Zehntel dessen, was Sie für ausländische Hartz-IV-Empfänger zahlen.
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Sie speisen unsere Eltern und Großeltern mit Armutsrenten ab, während Sie die Früchte ihrer Lebensleistung völlig verantwortungslos an alle Welt verschleudern.
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Von 2012 bis 2019, also in nur sieben Jahren, sind rund 4 Millionen Menschen aus aller Welt nach Deutschland gekommen. Das ist etwa die Einwohnerzahl von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zusammengenommen. Im Gegenzug haben 3,4 Millionen Deutsche, etwa die Einwohnerzahl Berlins, das Land verlassen: meist hochqualifizierte Fachkräfte, die woanders bessere Perspektiven vorfinden als im ausgemerkelten Land mit der höchsten Steuer- und Abgabenlast der Welt.
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Die Leistungsträger von heute fliehen, und die, die unseren Wohlstand aufgebaut haben, verarmen. Seit Amtsantritt der Bundeskanzlerin hat sich die Zahl der Rentner, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, fast verdoppelt. 1,3 Millionen Altersrentner müssen zusätzlich arbeiten gehen. Da sind die Flaschensammler, die man leider immer häufiger in unseren Stadtbildern sieht, nicht mit dabei.
Und dennoch wollen Sie im vorliegenden Haushalt, dass der Bund jetzt auch noch zu 100 Prozent die Kosten der Unterkunft für jene neuen Asylforderer übernimmt, die einzelne Kommunen noch zusätzlich aufnehmen wollen, darunter die etwa 220 Kommunen der Initiative Seebrücke, die auch von der Antifa und anderen gewaltbereiten Linken unterstützt wird,
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im Übrigen auch vom Potsdamer Oberbürgermeister, Ihrem SPD-Kollegen, Herr Minister.
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Das heißt, zumeist links-grün regierte Kommunen locken nun als sogenannte sichere Häfen eigenmächtig Asylsucher ins Land, während wir angesichts drohender Massenarbeitslosigkeit und einer Viertelmillion Ausreisepflichtiger in Deutschland vielmehr eine Abschiebeoffensive bräuchten.
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Der deutsche Arbeitnehmer darf diese Menschen dann über den Bundeshaushalt mittels Hartz IV und Wohnkosten voll finanzieren, während er selbst die höchste Lebensarbeitszeit aller Euro-Länder ableisten muss, die niedrigsten Renten bekommt und am wenigsten Vermögen in der Tasche hat.
Nun wollen Sie im kommenden Jahr mehr als 164 Milliarden Euro für Sozialpolitik ausgeben. Das sind über 26 Milliarden Euro mehr als im letzten Jahr. Allein diese Steigerung von 26 Milliarden Euro ist mehr, als Sie insgesamt in Bildung und Forschung stecken, und doppelt so hoch wie das, was Sie für Familien ausgeben wollen. Das zeigt, wo Ihre Prioritäten liegen. Ihre Prioritäten liegen nicht da, wo wir sie als AfD sehen. Sie haben unsere Kinder zum Armutsrisiko gemacht und unsere Rentner zu Bedürftigen.
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Mit diesem Haushalt haben Sie schwarz auf weiß den Nachweis erbracht, dass Ihre Politik gegen die eigenen Bürger gerichtet ist. Und das ist exakt das Gegenteil der Politik, die wir als AfD vertreten.
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Die AfD-Fraktion lehnt diesen Haushalt ab.
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Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Hermann Gröhe, CDU/CSU.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Krise zeigt sich der Charakter. Das gilt für den Einzelnen, zum Guten wie zum Schlechten; das kennen wir. Das gilt auch für einzelne Fraktionen, wenn ich an das spalterisch-hetzerische Reden auf der äußeren Rechten denke.
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Wer bei staatlicher Unterstützung zunächst nach dem Abstammungsnachweis fragt – der völkische Versorger ist das Gegenteil von einem menschengerechten Sozialstaat –, der hat von Menschenwürde und Sozialstaatlichkeit nichts verstanden.
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Krise zeigt Charakter – das gilt auch für unser Gemeinwesen, für unseren Staat als Ganzes. Darin zeigt sich: Unser Land ist geprägt durch eine solidarische Gesellschaft und einen starken Sozialstaat. Darauf sind wir stolz, meine Damen, meine Herren.
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Ich erwähne bewusst die solidarische Gesellschaft zuerst; denn es geht nicht nur um die Milliarden – so wichtig sie sind –, zusammengetragen von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, über die wir heute hier entscheiden. Es geht um die Haltung der Menschen in diesem Land. Es geht um diejenigen, die in ihrer täglichen Arbeit für andere Menschen diesen Sozialstaat erst mit Leben füllen, und die in diesen Monaten oft an, ja über die Grenzen der eigenen Belastbarkeit hinausgehen. Es geht aber auch um die Achtsamkeit, um die gelebte Nachbarschaft – es geht um all das, was Menschen in diesen Monaten füreinander getan haben. Das ist die Grundlage für unseren Sozialstaat.
Und gleichzeitig zeigt sich in diesen Monaten noch etwas, das uns von besonderer Wichtigkeit erscheint: Wirtschaftliche Vernunft, wirtschaftliche Stärke und soziale Verantwortung gehören zwingend zusammen. Deswegen stärken wir jetzt Unternehmen den Rücken, die in Not sind, und deswegen haben wir auch einen Schutzschirm für die Sozialstaatsinstitutionen aufgespannt, weil wir den Sozialstaat in der Krise, aber auch nach der Krise brauchen.
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Natürlich steht im Mittelpunkt die Frage: Wie erhalten wir Arbeit? Wie stellen wir sicher, dass Menschen über die Angst um die eigene Gesundheit und die Gesundheit ihrer Lieben nicht auch noch Angst um den Job oder die eigene Firma haben? Da ist das zentrale Instrument die Kurzarbeit. Und auch in diesem Instrument zeigt sich wie durch ein Brennglas, dass wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung zusammengehören; denn das ist wichtig für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gerade noch hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung darauf hingewiesen, dass das Kurzarbeitergeld und die Verbesserungen für Alleinerziehende bei Kinderbonus und Kinderzuschlag wesentlich dabei helfen, Einkommensverluste abzufedern.
Das Kurzarbeitergeld ist aber auch wichtig für die Wirtschaft. Wir haben es im Sommer in den Fabriken und in vielen Einrichtungen gesehen, als wieder gearbeitet werden konnte. Da waren die Beschäftigten wieder schnell an Deck, und deswegen ist das so wichtig. Kurzarbeit ist ein Instrument für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Wirtschaft. Dass wir im Frühjahr beherzt dazu greifen und die Maßnahmen erleichtern konnten, lag auch an den prall gefüllten Kassen der Bundesagentur für Arbeit. Es war richtig, dass wir diesen Schritt gewagt haben; denn wir konnten ihn uns leisten
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als Resultat einer erfolgreichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.
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– Nein. Reserven werden angelegt, damit man sie in der Not einbringt.
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Jetzt schaffen wir in diesem Haushalt mit der Darlehensübernahme und einem erneuten Zuschuss volle Handlungsfähigkeit für die Bundesagentur für Arbeit.
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Es ist nicht überzeugend, dass Sie auf der liberalen Seite den Staat gerne erst aushungern und dann sagen, er tut nicht genug.
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Das ist nicht überzeugend.
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– Nein.
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Der Sozialstaat ist eben als kluger Sozialstaat nicht nur – wiewohl er etwas kostet – Belastung für die Wirtschaft, sondern er ist Voraussetzung für erfolgreiches wirtschaftliches Handeln. Wer umgekehrt einem unbezahlbaren „Wünsch dir was“ huldigt und das für Sozialpolitik hält, wird nachhaltiger Solidarität ebenfalls nicht gerecht.
Ich halte es für wichtig, dass wir in dieser Krise an die Zeit nach der Krise denken. Schon vor Corona herrschte in vielen Regionen Fachkräftemangel. Nach der Coronakrise ist wieder Fachkräftemangel das Hauptthema. Deswegen bin ich mit Kollegen Fischer der Meinung: „Bildet jetzt aus!“ – trotz Krise. Dies ist eine der wichtigsten Ansagen an die Wirtschaft. Deswegen Ausbildungsprämie und andere Unterstützungsleistungen: der jungen Generation zuliebe, aber auch, damit unsere Wirtschaft gut aus der Krise kommt.
Deswegen ist es so wichtig, dass die Wirtschaftshilfen nicht nur Vorhandenes stärken, sondern von künstlicher Intelligenz bis zur Wasserstoffstrategie Zukünftiges in den Blick nehmen. Wir wollen in der Tat Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dabei mitnehmen. Deswegen ist es gut, dass wir die verschiedenen Instrumente der Weiterbildung stärken, mit Kurzarbeit verbinden. Deswegen ist es auch gut, beispielsweise im Rahmen der Zusagen beim Autogipfel, auch in regionalen Weiterbildungsverbünden vor Ort, gerade auch kleinen und mittelständischen Zuliefererbetrieben zu helfen, sich auf diese neue Arbeitswelt vorzubereiten. Vor Ort weiß man am besten, was der Arbeitsmarkt braucht.
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Weil vor Ort zu entscheiden ist, ist dieser Etat – auch dieser Sozialetat – eben auch ein Etat der kommunalen Entlastung. Wenn der Bundesanteil bei den Hilfen in der Grundsicherung im Hinblick auf Kosten der Unterkunft und der Heizung um 25 Prozent auf durchschnittlich 74 Prozent steigt, dann bedeutet das Jahr für Jahr 3,5 Milliarden Euro mehr für die Kommunen. Mit anderen Maßnahmen der letzten Jahre sind das zukünftig jedes Jahr weit mehr als 10 Milliarden Euro, die einen handlungsfähigen Staat genau dort ermöglichen, wo ihn die Bürgerinnen und Bürger erleben: in ihrer Kommune, vor Ort. Deswegen ist auch das eine gute Nachricht für ein handlungsfähiges Gemeinwesen.
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Meine Damen, meine Herren, wir haben über Milliarden geredet. Ich bin auch dankbar für Millionenbeträge, mit denen wir Wichtiges tun. Ich will ausdrücklich danken dafür, dass eine Verständigung erzielt werden konnte im Hinblick auf die Krebsberatungsstellen. Dort wird gerade angesichts des erfreulichen Umstands von Langzeitüberlebenden schwerer Krebserkrankungen wichtige Arbeit in der Begleitung dieser Menschen, auch im Sozialen, geleistet. Gut, dass wir diese Arbeit auf sichere Füße stellen. Auch das zeigt: Dieser Haushalt sichert in guter Weise einen starken, einen leistungsfähigen Sozialstaat.
Vielen Dank.
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Otto Fricke, FDP, ist der nächste Redner.
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Geschätzter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes fange ich mit dem Dank bei den Berichterstattern an. Es ist wirklich ein hochkomplexer Einzelplan, der nicht nur ob seiner Größe, ob seiner Verantwortung, sondern auch ob seiner Differenziertheit einer guten Beratung bedarf. Liebe Ekin – ich darf dich mit deinem Vornamen ansprechen-, du hast mit dafür gesorgt, dass die Spreu vom Weizen getrennt wurde an der Stelle, und das war auch sehr, sehr wichtig. Es ist aber auch wichtig in einer solchen Debatte wie heute hier, die Dinge nicht durcheinanderzubringen, wie das der Kollege Gröhe gerade eben wieder in einer sehr typischen Art und Weise gemacht hat.
Meine Damen und Herren, wir sind in den Sozialhaushalten wieder in einer Phase, die mich sehr daran erinnert, wie es am Ende von Rot-Grün war: Man erkennt, dass es so nicht weitergeht, und der erste Versuch – den auch diese Regierung wieder macht – ist: Alles weiter wie bisher, neue Leistungen dazu, mehr Geld ausgeben, in die Verschuldung gehen – um dann der nächsten Regierung die Erkenntnis zu überlassen, dass man davon wieder zurückmuss. Das ist keine vorausschauende Sozialpolitik. Was Sie hier mit dem Sozialhaushalt machen, ist Wahlkampf.
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Herr Gröhe, ich fand es schon bemerkenswert, wie Sie gesagt haben: Die Kassen waren voll. – Das sind aber nicht Ihre Kassen. Das waren auch nie Ihre Kassen, Herr Gröhe.
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Das waren nie die Kassen der Politik. Es sind auch nicht die Kassen von Herrn Heil, bei dem ich genau weiß, dass er da differenziert. Es ist auch nicht der Steuerzahler, Herr Gröhe, sondern es sind die Beitragszahler gewesen, die die Arbeitslosenversicherung so stark gemacht haben.
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Das ist das, was Sie einfach nicht sehen wollen: Es sind Gelder von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Jetzt sagen Sie: Ja, wir haben da reagieren müssen. – Richtig, wir haben reagieren müssen. Aber Sie müssen sich doch in der Notsituation, in der wir uns befinden – es wird von allen bestätigt, dass wir in einer solchen sind –, fragen: Wenn man in Not ist, wie muss ich dann reagieren? Dann muss ich die Schwächsten schützen. Dann muss ich nicht neue Leistungen ausbauen – darüber kann ich nach der Notsituation einen politischen Diskurs führen. Was Sie aber machen – das sieht man sowohl an der Kurve der Zuschüsse für die Bundesagentur für Arbeit als auch an der Kurve der Zuschüsse für die Rentenversicherung –: Sie tun so, als würde es diese Notsituation nicht geben,
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und überlassen es der nächsten Regierung, dann festzustellen: Liebe Leute, es geht doch nicht so weiter.
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Jetzt sehe ich das Kopfschütteln. Jetzt frage ich Sie, Herr Gröhe: Sagen Sie uns hier, sagt die CDU uns hier, dass das, was Sie jetzt an finanziellen Mitteln zur Verfügung stellen, was Sie gemeinsam beschließen mit der Grundrente – die Sie ja eigentlich gar nicht haben wollten –, in der nächsten Legislatur ausreicht? Ich merke nur eines: Ihre Fraktion sagt sowohl bei der Frage der Einhaltung der Schuldenbremse nichts mehr davon, dass sie das tun will, als auch beim Thema Steuererhöhungen. Ich habe das Gefühl, dass Ihre Aussagen, die Sozialabgaben bei 40 Prozent zu halten, gleichzeitig aber alle Leistungen beizubehalten, nichts anderes bedeuten, als dass der staatliche Zuschuss steigen muss. Und das können Sie nur wie machen? Genau: mit Steuererhöhungen. Und das ist das – bei einem Sozialstaat, wie Sie ihn haben wollen –, was Sie vorher nicht sagen, sondern was Sie uns allen und den Bürgern immer erst nach der Wahl sagen.
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Meine Damen und Herren, ich will mich kurz noch mit der Bundesagentur für Arbeit beschäftigen. Herr Minister, da habe ich eine Bitte. Die Anforderungen an die Bundesagentur für Arbeit werden – auch aufgrund personeller Veränderungen, die ja klar sind – sehr hoch sein. Sie werden im Bereich der Digitalisierung sehr, sehr hoch sein. Ich habe eine Bitte: Nicht vor der Bundestagswahl wieder nach politischer Parität – die Schwarzen kriegen einen, die Roten kriegen einen, und Bayern kriegt irgendwas anderes – vorgehen, sondern bitte nach dem Motto vorgehen, qualifizierte Leute zu bekommen. Gerade beim Thema Digitalisierung brauchen wir eine Bundesagentur für Arbeit, die den Schritt in die nächste Generation macht und die nicht von parteipolitischen Dingen geführt wird, sondern von Verstand, Sachverstand, so wie es dringend notwendig ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
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Meine Damen und Herren, wir müssen – das gehört zur Sozialpolitik dazu – auch ehrlicherweise zugeben, dass viele Arbeitsplätze, die jetzt noch da sind, verschwinden werden. Wir müssen aber – und das ist das Wichtige – klarmachen, dass, wenn es um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht, wir damit meinen: Arbeitsplätze insgesamt. Denn eines ist doch ganz klar – das können wir doch bei der Rentenversicherung sehen –: Hätten wir in den letzten Jahren nicht diese wunderbaren Zahlen auf dem Arbeitsmarkt gehabt – es waren 16 Prozent mehr beitragspflichtig Beschäftigte; es waren 33 Prozent weniger Arbeitslose als 2009 noch prognostiziert –, dann wären uns die Sozialkassen an der Stelle explodiert, und wir hätten, weil es unsere Pflicht in einem Sozialstaat ist und weil es auch essenzielle Voraussetzung für unser Miteinander ist, über andere Zuschussmaßnahmen reden müssen.
Wir müssen die Herausforderung erkennen, die darin besteht, dass folgende Generationen und vor allen Dingen meine Generation – Jahrgang 65, Babyboomer – es uns sehr, sehr übel nehmen werden, wenn wir ihnen in der Rentenpolitik nicht deutlich zeigen, dass wir es trotz des sich verändernden Verhältnisses von Arbeitenden zu Leistungsempfängern schaffen, diese zu stabilisieren. Dafür muss man etwas tun.
Ich möchte zum Schluss sagen: Man muss in einer Krise ehrlich sagen, dass man bei neuen Leistungen auf den Pausenknopf drücken muss. Man muss ehrlich sagen, an welcher Stelle man verzichten kann, um das zu erhalten, was essenziell für die Bundesrepublik Deutschland ist: ein funktionierender Sozialstaat.
Herzlichen Dank.
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Kipping, Die Linke.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manchmal kann es verdammt schnell gehen: Gerade noch läuft das Geschäft gut, gerade noch sind die Auftragsbücher voll, und plötzlich droht das berufliche Aus. – Ja, Corona hat uns vor Augen geführt, wie schnell man unverschuldet in existenzielle Nöte rutschen kann. Insofern sollten wir aus dieser Zeit eine wichtige Lehre ziehen: Wir brauchen ganz dringend soziale Garantien, die alle vor Armut schützen.
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Leider hat diese Regierung bei ihrer Coronapolitik drei Gruppen bisher vernachlässigt. Erstens: die Ärmsten, denen Sie einen Coronaaufschlag bisher verweigern. Zweitens: Rentnerinnen und Rentner, Studierende und alle, die auf Minijobs angewiesen waren, die nun weggebrochen sind. Und drittens: Freischaffende, Soloselbstständige, deren höchste Kosten die eigenen Lebenshaltungskosten sind, die eben bei den Wirtschaftshilfen nicht vorgesehen sind.
Dieser Haushalt ist insofern auch Ausdruck der Ignoranz gegenüber denen, die besonders von der Krise gebeutelt sind. Dieser Haushalt basiert auf gezielt kleingerechneten Hartz-Regelsätzen. Schon deshalb werden wir als Linke diesem Haushalt nicht zustimmen.
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Wir beantragen stattdessen Sozialleistungen, die vor Armut schützen, und mehr Geld für den sozialen Arbeitsmarkt, um jenen zu helfen, denen es besonders schwerfällt. Das ist auch finanzierbar, wenn wir endlich Millionengewinne und Millionenerbschaften ordentlich besteuern.
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Vielen Familienunternehmen hierzulande liegt ihre Belegschaft am Herzen. Aber es gibt eben auch Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen basiert. Und just diese fallen auch durch besondere Nachlässigkeit beim Infektionsschutz auf.
Nehmen wir nur mal Amazon. Dieser Konzern macht gerade das Geschäft seines Lebens. Er verweigert den Beschäftigten höhere Löhne. Um nur ein Beispiel zu nennen: Am Amazon-Standort in Augsburg sind von insgesamt 1 800 Beschäftigten 300 infiziert. Das zeigt doch, dass dort beim Infektionsschutz geschlampt wird. Ein anderes Beispiel sind Schlachtunternehmen wie Tönnies, wo es immer wieder zu Ausbrüchen kommt.
Ich sage: Die Nachlässigkeit von Amazon, Tönnies und Co reißt ein, was Millionen Familien mit Einschränkungen beim Infektionsschutz leisten. Wenn der Lockdown nun verschärft werden muss, dann liegt das auch daran, dass diese Regierung bisher nicht den Mut hatte, die großen Konzerne wie Amazon und Tönnies verbindlich in die Pflicht zu nehmen beim Infektionsschutz, und das muss sich ändern!
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Das Arbeitsschutzkontrollgesetz für die Fleischindustrie, das die CDU lange verhindert hat,
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ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich sage aber auch: Damit es wirklich wirkt, brauchen wir jetzt mehr Personal für unangekündigte Kontrollen bei diesen großen Unternehmen.
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Doch es gibt auch eine ermutigende Entwicklung, die mich als Ostdeutsche besonders freut: Es gibt inzwischen im Osten eine neue Bereitschaft, für ordentliche Löhne zu streiten – sei es beim Bautz’ner Senf, bei den Riesaer Nudeln, bei den Lausitzer Früchten oder, ganz aktuell, beim Balzer Kabelwerk in Meißen. Den dortigen Warnstreik im Morgengrauen durfte ich am Dienstag besuchen. In Meißen zum Beispiel kämpfen die Kolleginnen und Kollegen für eine Selbstverständlichkeit: einen Tarifvertrag. Ja, höhere Löhne sind gut und wichtig für die Binnenkaufkraft. Wer mehr in der Lohntüte hat, kann auch mehr ausgeben, und das ist gut für die krisengebeutelten Läden und Kneipen vor Ort.
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Allen Beschäftigten, denen der Chef immer noch einen Tarifvertrag verweigert, sage ich: Euch steht ein Tarifvertrag zu. Verbündet euch! Beratet euch mit den Gewerkschaften vor Ort, und kämpft für das, was euch zusteht! – Höhere Löhne sind gut für das ganze Land, damit wir alle sozial durch diese Krise kommen.
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Kurzum: Die Zeit ist reif für soziale Garantien und ordentliche Löhne.
Vielen Dank.
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Nächster Redner ist der Kollege Sven Lehmann, Bündnis 90/Die Grünen.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Ausgaben in diesem Etat sind so hoch wie nie. Aber trotzdem hat der Haushalt eine soziale Schieflage; denn er lässt in dieser Krise ausgerechnet die Ärmsten in der Gesellschaft weiter zurückfallen. Trotz milliardenschwerer Hilfspakete enthält ausgerechnet der Einzelplan für Soziales keinen Cent zusätzlich für Erwerbslose oder arme Rentnerinnen in der Grundsicherung. Das ist nicht sozial, das ist lebensvergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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7 Millionen Menschen in der Grundsicherung müssen schon heute jeden Cent dreimal umdrehen. Wir Grüne haben deswegen bereits im Frühling einen Krisenaufschlag in der Grundsicherung beantragt. Denn Erwerbslose, Angestellte im Niedriglohnbereich, Alleinerziehende und Familien in Armut leiden besonders stark unter dem Lockdown und den erhöhten Kosten, zum Beispiel für Lebensmittel.
Ein Krisenaufschlag von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder ist und bleibt notwendig. Deswegen haben wir das mit diesem Haushalt erneut beantragt. Sie lehnen das erneut ab. Aber wir werden da nicht lockerlassen; wir werden das einfach immer weiter beantragen,
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und zwar im Schulterschluss mit Gewerkschaften, mit Sozialverbänden, mit Kinderschutzverbänden, mit Familienverbänden, mit den Tafeln. Wenn dieser Bundestag es nicht schafft, die Grundsicherung auf ein würdevolles Niveau anzuheben, dann wird es der nächste Bundestag tun, und zwar mit einer neuen Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Der Bundeshaushalt ist ausgerichtet auf Schadensbegrenzung; das ist so weit auch richtig. Aber die Aufgaben, gerade in der Sozialpolitik, waren schon vor Corona größer. Das sieht man vor allem am Beispiel von Kindern und Familien.
Der Druck, eine Kindergrundsicherung zu schaffen, wächst und wächst. Nun sagen auch die Bundesländer, dass eine Kindergrundsicherung machbar ist, und legen den Grundstein dafür, sie endlich auf den Weg zu bringen. Ich frage mich: Wie viele Weckrufe braucht es da eigentlich noch? Die Zeit ist überreif für einen Systemwechsel in der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung. Die Weichen müssen jetzt gestellt werden, nicht erst nach der Bundestagswahl – jetzt!
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Das fängt mit einer deutlichen Erhöhung der Kinderregelsätze und einer automatischen Auszahlung des Kinderzuschlags an. Das würde arme Familien und Kinder gezielt erreichen. Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche wachsen nämlich in Armut auf; das ist keine kleine Minderheit. Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung in den letzten Jahren verharrt die Kinder- und Jugendarmut auf erschütternd hohem Niveau.
Auch beim Homeschooling sind Kinder aus armen Verhältnissen mal wieder besonders benachteiligt, weil sie seltener über die notwendige technische Ausstattung verfügen und auch keine Rückzugsräume zum ungestörten Lernen haben. Kinder und Jugendliche waren die Leidtragenden des ersten Lockdowns. Mit der Schließung der Bildungs- und vieler sozialer Einrichtung fielen wichtige Orte für sie auf einen Schlag weg.
Kinder und Jugendliche, die schon vor der Krise in Armut gelebt haben, standen plötzlich vor verschlossenen Türen. Sozialarbeiter/-innen und Menschen in der Erziehungshilfe haben das Schlimmste verhindert und die Kinder zu Hause besucht. Sie sind mit ihnen zum Beispiel eine halbe Stunde spazieren gegangen, weil es viele Kinder in unserer Gesellschaft gibt, die sonst gar nicht aus dem Haus gekommen wären. Ich finde, dafür gebührt allen Beschäftigten in der sozialen Arbeit ein ganz großer Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Die Bundesregierung will viele dieser sozialen Notlagen vor allem mit Sachleistungen mindern. Das ist viel zu kompliziert, gerade in der Krise, und kommt viel zu oft bei den Familien, die es brauchen, nicht an. Deswegen müssen wir Abschied nehmen von Instrumenten, die einfach gescheitert sind, wie dem Bildungs- und Teilhabepaket.
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Wir müssen hin zu direkten, unbürokratischen Zuwendungen an Kinder und Familien in Armut und einem Ausbau der sozialen Infrastruktur. Beides leistet dieser Haushalt leider nicht so, wie es notwendig wäre. Deswegen werden wir diesem Haushalt auch nicht zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Nächste Rednerin ist die Kollegin Antje Lezius, CDU/CSU.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit rund 165 Milliarden Euro ist das Budget für den Bereich „Arbeit und Soziales“ der mit Abstand größte Einzelplan im Haushalt – der größte Einzelplan, der auch für einen starken Sozialstaat steht.
Für Passivleistungen im Arbeitsmarkt – Leistungen also, die Hilfebedürftigen und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Unterstützung garantieren – sowie für die Leistungen zur Bildung und Teilhabe sind knapp 35 Milliarden Euro vorgesehen. Ein Teil davon entlastet die Kommunen, zum Beispiel bei Unterkunft und Heizung. Hier übernimmt der Bund 75 Prozent der Kosten.
Mit einem Zuschuss in Höhe von 3,35 Milliarden Euro und dem Erlass eines gewährten Darlehens für das Jahr 2020 stärken wir die Bundesagentur für Arbeit. Die Agentur hat in den vergangenen Monaten durch hervorragende Arbeit dazu beigetragen, dass Millionen Beschäftigten in Deutschland kurzfristig Kurzarbeit ermöglicht werden konnte. An dieser Stelle noch mal herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
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Kurzarbeit – hier herrscht international Einigkeit – ist das erfolgreichste arbeitsmarktpolitische Mittel in der Pandemie. Sie hilft gesunden Unternehmen, auch während der Krise ihre Beschäftigen zu halten, und ermöglicht damit auch eine schnelle Wiederaufnahme der Tätigkeit, sobald sich die Situation verbessert. Dass die Kurzarbeit in den Monaten mit niedrigen Infektionszahlen schnell zurückgegangen ist – von 6 Millionen im April dieses Jahres auf 2,22 Millionen im September –, zeigt: Dieses Instrument wirkt. Es zeigt, dass wir einen starken Arbeitsmarkt haben.
Vieles spricht dafür, dass nach den Wintermonaten auch wieder erfreuliche Zahlen bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu verzeichnen sind; ich bleibe optimistisch, auch weil der erste Impfstoff aus Rheinland-Pfalz kommt. Umso wichtiger ist es, dass dann wieder Berufsberatung und Berufsvermittlungen im Vordergrund stehen, gerade auch für die jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen und ins Berufsleben starten. Wir wollen kein verlorenes Coronajahr, und wir sind stark genug aufgestellt, dies zu verhindern. Auch dafür wird die Bundesagentur für Arbeit im kommenden Jahr finanziell weiter unterstützt.
Zum Thema Rente. Durch 101 Milliarden Euro werden die Rentenkassen deutlich unterstützt. In den vergangenen Jahren sind eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen worden, die die gesetzliche Rente stärken und zu zusätzlichen Leistungen führen. Die berufliche Altersversorgung haben wir attraktiver gestaltet, bei der privaten Altersvorsorge brauchen wir noch weitere Verbesserungen.
Die Digitale Rentenübersicht – ein Vorhaben aus unserem Koalitionsvertrag – wird Bürgerinnen und Bürgern zukünftig individuelle Informationen über ihre Altersvorsorgeansprüche bereitstellen. Im Jahre 2021 sind hierfür 6 Millionen Euro im Haushalt eingeplant; ein im Vergleich kleiner Betrag mit hoffentlich großer Wirkung.
Zum Thema Digitalisierung. Das Ministerium für Arbeit und Soziales erhält für die Jahre 2021 bis 2024 insgesamt 78 Millionen Euro aus der KI-Strategie. Unter anderem soll hiermit der Aufbau eines Einstiegsportals für eine Weiterbildungsplattform geprüft werden. Wenn wir eine Kultur der Weiterbildung erreichen wollen, brauchen wir eine übersichtliche Plattform mit attraktivem Einstieg; das kann ich nur immer wieder betonen. Gerade jetzt in der Pandemie zeigt sich, wie wichtig der Umgang mit digitalen Medien ist, wie wichtig es ist, die Möglichkeit zu haben, auch von zu Hause aus aktiv zu sein.
Ich komme auf einen weiteren Punkt für das kommende Jahr zu sprechen: Homeoffice und mobiles Arbeiten. Eine Homeoffice-Pauschale im Steuerrecht ist gut und richtig, aber das Thema hat nicht nur finanzielle Aspekte. Wir brauchen einen sicheren Rechtsrahmen, und wir müssen die Chancen nutzen, die mobiles Arbeiten bietet. Wie können wir Berufsleben, Familie und Freizeit noch besser unter einen Hut bringen, welche Änderungen brauchen wir bei der Unfallversicherung, und wie kann mobiles Arbeiten im ländlichen Raum gefördert werden? Die Diskussionen hierzu sind in vollem Gange, und das freut mich sehr; wenigstens etwas Gutes hat diese Pandemie, auf die ich jetzt gerne noch zurückkommen möchte.
Ein Bürger aus meinem Wahlkreis hat mir in der vergangenen Woche am Telefon gesagt, er fühle sich zurzeit sehr an einen Marathonlauf erinnert: 42,2 Kilometer, motiviert gestartet, die Herausforderung zu bewältigen. Die letzten Kilometer, obwohl schon mehr als drei Viertel geschafft, obwohl er das Ziel erahnen konnte, waren die härtesten; sie schienen sich unendlich in die Länge zu ziehen. Es waren letztendlich die gemeinsamen Anstrengungen – die Helfer mit Getränken und Verpflegung, die Menschen an der Strecke –, die ihn diese schwierigste Phase haben überstehen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Coronakrise trifft und fordert einige mehr als andere. Überstehen können wir sie aber nur gemeinsam durch gegenseitige Unterstützung, gerade für die, die sie am dringendsten benötigen, und indem wir das gemeinsame Ziel, diese Kraftanstrengung gesund zu meistern, nicht aus den Augen verlieren. Der Haushalt für Arbeit und Soziales spiegelt dies auf seine Weise wider, wenn auch nur in unzähligen Zahlenkolonnen.
Ich wünsche Ihnen einen besinnlichen dritten Advent. Bleiben Sie gesund!
Danke schön.
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Michael Groß, SPD, ist der nächste Redner.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kollege Gröhe hat mit Helmut Schmidt sozusagen die Vorlage geliefert: „In der Krise beweist sich der Charakter.“ Das ist ein sehr gutes Zitat. Es zeigt sich jetzt wahrlich der Charakter. An die Kolleginnen und Kollegen der AfD gerichtet, muss ich sagen: Hören Sie doch endlich auf, die Menschen in Deutschland gegeneinanderzustellen.
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Wir stehen für Zusammenhalt. Wir wollen, dass hier alle friedlich zusammenleben, und wir haben jetzt Wichtigeres zu tun, als uns gegeneinander aufzustellen. Ich glaube, diese Aufgabe steht auch im Mittelpunkt dieses Haushalts. Und: Otto Fricke, das ist kein Wahlkampf. Das ist die Antwort auf die Anforderungen, auf die Problemlagen der Menschen, auf die Pandemie
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und sicherlich nicht schon ein Blick auf 2021. Ich glaube, ein solcher Vorwurf wird der Sache nicht gerecht.
Was tun wir? Wir stellen 165 Milliarden Euro – die Summe ist genannt – zur Verfügung. Jeder einzelne Euro ist wirklich gut ausgegeben. Wir wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Der Minister – herzlichen Dank an Ihr Haus! – hat deutlich gemacht, dass es immer besser ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, Wertschöpfung und Kaufkraft zu generieren.
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Darüber hinaus – das wurde auch schon angesprochen – sorgen wir mit dem sozialen Arbeitsmarkt dafür, dass Menschen, die lange aus dem Arbeitsleben herausgefallen sind, wieder ein selbstbestimmtes Leben führen können, dass sie Tarifverträge erleben, dass sie Mitbestimmung erleben, dass sie zu Hause erleben, dass sie anerkannt werden, dass sie von ihrem Einkommen leben können, und das ist ein Erfolg dieser Koalition, insbesondere der Sozialdemokratie.
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– Ja.
Ich kann Ihnen sagen: In meinem Wahlkreis, Recklinghausen II, haben inzwischen 950 Menschen einen Arbeitsvertrag; viele haben schon einen unbefristeten. Inzwischen ermöglicht es unser Haushalt, dass die Verwaltungskosten nicht mehr durch den Eingliederungstitel aufgeführt werden müssen. Vielmehr haben wir haben diesen Bereich so ausfinanziert, dass die Jobcenter und die Bundesagentur arbeitsfähig sind. Auch das ist ein Erfolg dieser Koalition.
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Was wollen wir? Wir wollen gute Arbeitsbedingungen schaffen. Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass Menschen, die zu uns kommen – wir brauchen Zuwanderung, gerade in der Pflege, aber auch in der Fleischindustrie; das will ich an dieser Stelle noch mal deutlich sagen –, eine gute Beratung finden und auf ihre Rechte hingewiesen werden. Wir wollen, dass sie auf Augenhöhe mit denjenigen umgehen können, die ihre Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen werden.
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Deswegen werden wir die Angebote des DGB weiter ausbauen und mit 3,25 Millionen Euro finanzieren. Wir werden außerdem im nächsten Jahr erstmals für diejenigen, die in der Mobilitätswirtschaft arbeiten wollen, Geld zur Verfügung stellen, damit auch diese Kolleginnen und Kollegen Beratungsangebote finden. Das ist ein guter Weg.
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Ich möchte noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das etwas zu kurz gekommen ist: Wir wollen Inklusion. Wir wollen, dass die Menschen Teilhabe erleben. Deswegen werden wir weiterhin Geld zur Verfügung stellen, um das Bundesteilhabegesetz umzusetzen, und zwar 511 Millionen Euro. Wir wollen auch die unabhängige Teilhabeberatung stärken. Hierfür werden wir über 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen –
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ein ganz wichtiges Feld.
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Ich will aber auch auf eine Kleinigkeit hinweisen im Haushalt. 200 000 Euro wird die BAG Wohnungslosenhilfe erhalten, damit gerade in der Zeit der Pandemie Menschen eine Anlaufstelle haben, damit wir das gut koordinieren und damit Menschen eine Wohnung finden und nicht auf der Straße leben müssen.
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Die Rente ist schon angesprochen worden. Wir stellen 101 Milliarden Euro für die Rentenkasse zur Verfügung. Davon sind 17 Milliarden Euro für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vorgesehen – als Anerkennung und nicht als Almosen.
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Für die Grundrente stehen 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung – auch nicht als Almosen, sondern als Anerkennung für die geleistete Lebensarbeit. Das ist ein wichtiger Punkt.
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Sie konnten vor Tagen in einer Presseerkärung der Deutschen Rentenversicherung lesen: Die Finanzlage ist stabil. – Wir gehen im nächsten Jahr davon aus, dass das Rentenniveau über 49 Prozent liegen wird, und das bei gleichen Beitragssätzen. Das ist das Ziel der sozialdemokratischen Politik und des Arbeitsministers gewesen, und das ist gut so.
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Wer heute behauptet: „Die Rente ist nicht bezahlbar“, der wagt einen Blick in die Zukunft; Prognosen sind schwierig. Herr Heil hat schon darauf hingewiesen, dass es darauf ankommt, möglichst viele Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen. Davon, ob das gelingt, wird abhängig sein, ob die Rente finanzierbar ist oder nicht. Das ist die zentrale Frage, und dafür arbeiten wir.
Damit komme ich zurück zum Beginn meiner Rede. Wir müssen so viele Arbeitsplätze erhalten wie möglich und so viele Arbeitsplätze schaffen wie möglich, und zwar durch Transformation, auch durch ökologische Transformation. Das ist unser Ziel als Sozialdemokraten.
Herzlichen Dank.
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Stephan Stracke, CDU/CSU, ist der nächste Redner.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten acht Monaten ging es darum, die Substanz unserer Volkswirtschaft zu erhalten und den Menschen in Zeiten größter Unsicherheit Schutz und Sicherheit zu geben. Das tun wir; wir können dies, weil Deutschland ein starker Staat ist, weil wir einen starken Sozialstaat haben.
Im zweiten Quartal dieses Jahres mussten wir mit minus 9,8 Prozent den größten Wirtschaftseinbruch seit der Nachkriegszeit erleben. Nach einer spürbaren Erholung im dritten Quartal wird es jetzt bereits wieder deutlich schwieriger. Dazu kommen weitere Unsicherheiten auf dem Weltmarkt und mit dem drohenden harten Brexit. Wir müssen alles dafür tun, dass der deutsche Arbeitsmarkt durch diese Krise keinen dauerhaften Schaden nimmt, und verhindern, dass Millionen von Menschen vor dem Nichts stehen.
Das beste Mittel, um größten wirtschaftlichen, sozialen oder psychischen Schaden von Deutschland abzuhalten, ist, eine konsequente Pandemiebekämpfung zu machen; denn die Zahlen sind viel zu hoch, und aus dem Krankenhausbereich erreichen uns ja Notsignale. Deswegen müssen wir etwas tun und ändern.
Das beste Mittel im Kampf um Arbeitsplätze – und das hat die Vergangenheit auch gezeigt – ist Kurzarbeit. Deshalb war es klug und vorsorgend, dass wir die Regelungen für die Kurzarbeit bis ins nächste Jahr verlängert haben. Das schafft Planungssicherheit und Liquidität für die Unternehmen und sichert Arbeitsplätze.
Ich finde, es macht Mut, zu sehen: Hohe Kurzarbeiterzahlen bedeuten nicht hohe Arbeitslosigkeit. Unternehmen haben so die Chance, mit ihren Fachkräften nach der Krise wieder voll durchzustarten. So war es nach der Finanzkrise, und so wird es jetzt auch wieder sein; darauf setzen wir. Das dritte Quartal hat es gezeigt.
Wir sorgen dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir auch nach der Krise wirtschaftlich erfolgreich bleiben. Wir setzen auf wirtschaftliche Dynamik, auf Innovation, Forschung und Bildung, beispielsweise im Bereich der künstlichen Intelligenz oder im Bereich der Wasserstoffwirtschaft.
Es gibt auch gute Nachrichten aus dem Ausbildungsmarkt. Es ist gut, zu sehen, dass weiterhin auf hohem Niveau ausgebildet wird. Junge Menschen brauchen Zukunft, und sie brauchen Perspektive. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Betriebe hierbei noch breiter unterstützen, gerade jetzt in der Phase der Nachvermittlung.
Und wir setzen auf Qualifizierung und Weiterbildung gerade während Kurzarbeit; denn die Veränderungsprozesse sind dynamisch und verlangen ein immer höheres Qualifikationsniveau. Wir wollen, dass die Beschäftigen von heute nicht den Anschluss an die Arbeit von morgen verlieren.
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Und wir unterstützen und entlasten unsere Unternehmen, wo immer es geht. Mit der Sozialgarantie 2021 begrenzen wir die Sozialabgaben auf maximal 40 Prozent.
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Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und stabilisiert die Nettoeinkommen der Beschäftigten, gerade die von Geringverdienern. Stabile Sozialabgaben nutzen zweifach, nämlich Unternehmen und Beschäftigten. Deshalb machen wir es und sichern dies mit der Sozialgarantie ab.
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Und mit den milliardenschweren Überbrückungshilfen und Kreditangeboten geben wir den Firmen die notwendige Liquidität, um durch diese Krise zu kommen. Ja, es ist richtig: Die Novemberhilfen kommen spät. Ich hätte es mir auch gewünscht, dass sie früher kommen. Aber wenn ich mir mal anschaue, ob sich eines der Bundesländer – ich blicke mal nach Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz – bereit erklärt hat, zu sagen: „Ja, wir nehmen diese Aufgabe an; wir administrieren dieses und sorgen für schnelle Auszahlungen in diesem Bereich“, dann kann ich das nicht erkennen. So hat sich der Bundeswirtschaftsminister dieses Themas angenommen: 140 000 Anträge sind eingegangen. Über 100 000 Abschlagszahlungen bis 10 000 Euro konnten bereits geleistet werden.
Und ja, auch bei Selbstständigen merkt man natürlich: Allein die Fixkostenerstattung hilft nicht. Deswegen verändern wir dies ja und setzen beispielsweise noch die Betriebskostenpauschale hinzu.
Der alleinige Verweis auf Grundsicherung reicht sicherlich auch nicht aus. Aber 30 000 Anträge auf die Novemberhilfe zu erhalten und dabei bereits 95 Prozent an Abschlagszahlungen abgewickelt und ausgezahlt zu bekommen, das ist etwas, wozu wir auch sagen können: Da läuft etwas gut in diesem Land; wir unterstützen dort, wo es notwendig ist.
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Wir unterstützen die Betriebe aktiv auf dem Weg durch diese schwierige Zeit. Ihnen diese Hilfe durch Steuererhöhungen dann wieder direkt abnehmen zu wollen, ist der falsche Weg aus der Krise. Steuererhöhungen, wie sie jetzt Die Linke wieder fordert, verhindern Aufschwung und wirtschaftliche Dynamik.
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Unternehmen brauchen keine weiteren Erschwernisse à la links,
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sondern sie brauchen Erleichterungen und Perspektiven. Dafür stehen wir, und dafür werden wir auch als Union sorgen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
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Und wir stehen auch für gute Arbeit und gute Löhne. Deswegen haben wir die Missstände in der Paketbranche beseitigt, jetzt in der Fleischindustrie.
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Wir sorgen dabei auch für die notwendige Flexibilität und setzen bewusst auf die Kraft der Tarifvertragsparteien. Und ich sage auch noch mal: Eine flächendeckende Tarifbindung ist gut. Dort, wo Tariflöhne gelten, sind Löhne und Arbeitsbedingungen in der Regel besser.
Deswegen sagen wir auch für die Altenpflege: Wenn die Voraussetzungen geschaffen werden, dann werden wir das Instrument der Allgemeinverbindlichkeit in diesem Bereich ebenfalls ziehen, um auch hier für gerechte und gute Löhne zu sorgen.
Dieser Haushalt steht für Chancen.
Herzliches Dankeschön!
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Voraussichtlich letzter Redner zu diesem Einzelplan ist der Kollege Peter Weiß, CDU/CSU.
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Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wenn ich, Herr Präsident, der voraussichtlich letzte Redner in dieser Debatte zum Einzelplan 11 bin, dann sollte ich jetzt noch mal sagen, was es eigentlich im Kern mit diesem Haushalt auf sich hat.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kern ist: Dieser Einzelplan 11, Arbeit und Soziales, ist das zentrale Bollwerk gegen die Auswirkungen der Coronapandemie. Er ist die klare Zusage der Politik: Wir lassen in dieser Krise niemanden allein – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht, die Unternehmen nicht, die sozialen Dienste und Einrichtungen nicht –, sondern wir stehen solidarisch zu diesem Sozialstaat, zu denen, die in diesem Land etwas leisten, und zu denen, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Das ist die Kernbotschaft des Einzelplans 11.
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Weil in einer Krisenzeit wie während der Herausforderung durch die Coronapandemie diese Fragestellung so zentral ist, würde ich eigentlich erwarten, nachdem die Beiträge der Opposition so halb moderat waren, dass das gesamte Haus diesem Haushalt zustimmt.
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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist schon mehrmals betont worden, und ich will es auch noch mal machen: Mit diesem Haushalt nehmen wir wahnsinnig viel Geld in die Hand, um die Bundesagentur für Arbeit nochmals zusätzlich zu stärken, vor allem, um das Kurzarbeitergeld zu gewährleisten. Das Kurzarbeitergeld ist nicht nur eine Hilfe, um jetzt über eine schwierige Zeit hinwegzukommen, sondern das Kurzarbeitergeld ist in Wahrheit auch eine Investition in die Zukunft, und da haben wir eine konkrete Erfahrung: Das ist die Finanz- und Kapitalmarktkrise 2009/2010.
Alle auf dieser Welt bescheinigen uns: Deutschland wäre so schnell und so stark aus dieser Krise damals nicht herausgekommen ohne Kurzarbeitergeld. Und wir haben anschließend zehn wirklich gute Jahre in Deutschland erlebt, was das wirtschaftliche Wachstum, was den Zuwachs an Beschäftigung anbelangt. Genau deswegen ist Kurzarbeitergeld nicht einfach nur Geldausgeben, sondern ist Zukunftsinvestition, damit es nach dieser Krise schneller und besser aufwärts geht.
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Natürlich haben wir die Bundesagentur für Arbeit mit allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen wir dankbar sind, veranlasst, sich jetzt zu hundert Prozent auf Kurzarbeitergeldbeantragung und Kurzarbeitergeldabrechnungen zu konzentrieren. Aber die Agentur für Arbeit muss natürlich dringend, gerade in dieser Krisenzeit, auch ihre anderen Tätigkeiten wieder vollumfänglich wahrnehmen, nämlich Beratung von Arbeitslosen, Vermittlung in Arbeit, Beratung und Berufsinformation für junge Leute, damit diese einen guten Weg in Ausbildung und Arbeit gehen.
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Deswegen gehört zur Hilfe für die Bundesagentur für Arbeit auch, dafür zu sorgen, dass sie entsprechendes Personal anstellen kann. Sie hat jetzt im Oktober und November die Möglichkeit gehabt, 1 000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Sie wird im Frühjahr des nächsten Jahres erneut eine entsprechend große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einstellen. Und sie hat nach dem Beschluss ihres Verwaltungsrates eine Option, wenn das im nächsten Jahr noch mal notwendig wäre, weitere 2 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu anzustellen.
Also: Dieser Haushalt ist auch Ausdruck der Unterstützung der Agentur für Arbeit, damit sie genügend Personal an Bord nehmen kann, um nicht nur Krise zu bekämpfen, sondern auch Zukunftsinvestitionen zu machen, das heißt, Menschen in Arbeit zu vermitteln und vor allem – das ist mir das Wichtigste – den jungen Leuten, die jetzt noch in der Schule sind, ausreichend Berufsinformation, ausreichend Berufsberatung anzubieten. Ich würde mir wünschen, dass wir das, was wir im Herbst wegen der Pandemie vielleicht versäumt haben, im Frühjahr durch eine starke Offensive für Ausbildung nachholen könnten. Ich möchte, dass die jungen Leute in unserem Lande wissen: Ja, sie bekommen bei uns alle Unterstützung, dass sie auch in Coronazeiten einen gescheiten Job, eine gescheite Ausbildung finden. – Das ist mit unsere Aufgabe.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun ist natürlich zu Recht gefragt worden: Ja, geben wir denn nicht zu viel Geld aus? – Aber wir können es deswegen tun – das will ich noch mal betonen –, weil wir die letzten zehn Jahre gut gewirtschaftet haben. Der Herr Präsident hinter mir war in dieser Zeit unter anderem Bundesfinanzminister und hatte mit dazu einen Beitrag geleistet. Aber vor allen Dingen haben unsere Sozialversicherungen Rücklagen anlegen können. Die Rente ist doch deswegen sicher, weil wir eine ordentliche Rücklage in der Rentenversicherung haben. Wir können deswegen in die Kurzarbeit investieren, weil wir eine Rücklage in der Arbeitslosenversicherung haben. Das ist doch das Entscheidende. Rücklagen sind dazu da, dass man diese in schlechten Zeiten einsetzt, und die Zeit ist jetzt da, diese Rücklagen einzusetzen.
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Wenn ich von dem Beschäftigungsaufwuchs der letzten zehn Jahre rede, der es uns erst ermöglicht hat, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann bitte ich, doch auch zu sehen: Der Beschäftigungsaufwuchs in Deutschland der letzten zehn Jahre, die zusätzlichen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für unsere Sozialsysteme waren nur möglich, weil wir rund 50 Prozent dieser zusätzlichen Arbeitsplätze mit Menschen mit Migrationshintergrund, mit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern besetzen konnten. Es zeigt: Was hier von der rechten Seite gesagt wird, ist grottenfalsch.
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Nein, wir müssen dankbar sein – und ich bin dankbar –, dass die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, dass in den letzten zehn Jahren Rücklagen in unseren Sozialversicherungssystemen aufwachsen konnten. Vielen Dank dafür!
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Herr Kollege Weiß, damit Sie bald erfahren, ob Ihre Erwartungen sich erfüllen, sollten Sie zum Schluss Ihrer Rede kommen.
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Herr Präsident, vielen Dank. – Mit diesem Haushalt stärken wir die soziale Infrastruktur. Deshalb noch mal meine herzliche Bitte an alle Kolleginnen und Kollegen: Stärken Sie den Einzelplan 11 mit Ihrer Stimme! Es ist eine gute Zukunftsinvestition, und es ist eine klare Hilfe für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.
Vielen Dank.
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Damit schließe ich die Aussprache.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Haushaltsgesetz mit über 3 200 Seiten, fast 60 Stunden Ausschussberatungen mit 1 900 Änderungsanträgen, davon über 700 in der Bereinigungssitzung – dafür Dank an die Kollegen aller Fraktionen und an die Vertreter der Regierung und auch an das Ausschusssekretariat; das Team ist ja heute im Plenum anwesend. Ohne Ihre eingespielte Arbeit bis in die Nachtstunden hätten wir es nicht schaffen können. Herzlichen Dank für Ihre erneut sehr zuverlässige und wertvolle Arbeitsleistung!
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Was hat sich in diesem letzten Haushalt der aktuellen Koalition nicht geändert? Weiterhin sind alle ideologiegetriebenen Ausgaben der vergangenen Jahre ohne jede Einsparung darin enthalten: EU-Transferkosten, Immigrationskosten, Kosten der CO2-Klimareligion wie etwa Subventionen für E-Autos, arbeitsplatzvernichtend in der deutschen Industrie – und nun zusätzlich noch hohe Lockdown-Ausgaben. Zudem hat Olaf Scholz auch noch sehr viel Geld auf Vorrat gebunkert.
Wie gelingen diese Wunder? Eben hat uns der Unionskollege Weiß ja weismachen wollen, dass es durch hohe Rücklagen gelingen könne. Das ist natürlich nicht so. Es gelang, Herr Weiß – der Kollege ist, glaube ich, nicht mehr da –, nur über gewaltige Schuldenaufnahme: 180 Milliarden Euro. Schon die Neuschulden 2020 von über 220 Milliarden Euro waren im laufenden Jahr nicht vollständig auszugeben, weil sie zu hoch kalkuliert waren.
Hunderte Milliarden Euro auf Pump werden 2021 nun aber tatsächlich aufgebraucht, allerdings beileibe nicht nur zur Epidemiebekämpfung. Mindestens 100 Milliarden Euro können im Wahljahr auch zu ganz anderen Zwecken ausgegeben werden. Der Finanzminister hat derart hohe Kredite aufgenommen, dass es tatsächlich bis zur Bundestagswahl reichen könnte. Auf Steuerbürgerkosten droht die teuerste Wahlkampffinanzierung aller Zeiten.
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Sofort nach der Bundestagswahl werden dann aber wieder die sehr großen Risiken dominieren. Der Solidaritätszuschlag etwa hat seit 2020 keine Rechtsgrundlage mehr. Hier besteht ein Haushaltsrisiko von bis zu 30 Milliarden Euro. Viele Kredite für Rettungen von Großunternehmen werden abgeschrieben werden müssen. Konzerne wie die Lufthansa, BER oder die Deutsche Bahn machen derzeit Milliardenverluste.
Der mehrheitlich im Besitz ausländischer Investoren befindliche Reisekonzern TUI alleine macht 700 Millionen Euro Verluste – pro Monat. Die Regierung hat hier bereits 4,3 Milliarden Euro an Steuergeldern eingesetzt, um TUI zu retten. Auf jeden TUI-Angestellten entfällt eine Rettungssumme von 430 000 Euro. Tausende kleiner Unternehmen werden gegenüber Konzernen diskriminiert, welche beileibe nicht alle systemrelevant sind.
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Erneut liegt auch ein rechtlich bedenklicher Haushalt vor, der gegen Haushaltsprinzipien verstößt. Coronakreditgelder werden überjährig für krisenfremde Daueraufgaben genutzt; zudem werden Rücklagen in Schattenhaushalten und die Asylrücklage wieder mal nicht angetastet. Wir hatten dem Bundestag dazu bereits zum 2020er-Haushalt eine Verfassungsklage vorgelegt, und den Missbrauch der haushalterischen Notsituation sehen wir nun auch erneut wieder im Haushalt 2021. Aus alldem ergibt sich ein Steuererhöhungsrisiko oder gar die Wahrscheinlichkeit einer Steuerneueinführung: der Coronasoli. Aber das wird uns erst nach der Bundestagswahl erzählt werden.
Wir sehen zudem hohe Fehlbeträge im Finanzplan. „Finanzpolitischer Handlungsbedarf“ ist der Euphemismus der Regierung für: Wir haben keine Ahnung, wie wir das Loch von mindestens 42 Milliarden Euro bis 2024 stopfen sollen. – Der Finanzminister wird nach seinem letzten Amtsjahr völlig leere Kassen hinterlassen. Die Gelegenheit, im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft bei den Verhandlungen zum neuen Finanzrahmen eine Reduktion des EU-Haushaltsbudgets zu erreichen, wurde von der Bundesregierung schlicht verpasst.
Von der AfD würde die EU aus dem Bundeshaushalt kein Geld mehr enthalten für Mondmomente oder für die große planwirtschaftliche Transformation.
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Geldgeschenke für den Mittelmeerraum im Zuge von „Next Generation EU“ würden von uns niemals mit deutschem Steuergeld finanziert. Und die EU-Schuldenaufnahme über 750 Milliarden Euro ist ein Dammbruch, der den Nichtstaat EU zu einem Gebilde mit einem ausgewachsenen faktischen Staatsbudget macht.
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Und zu einer illegalen Staatlichkeit passen auch gut illegale Programme. Klammheimlich wurde die bislang bilaterale Hilfe aus dem deutschen Haushalt „Ertüchtigung von Partnerstaaten“ erweitert zu einer multilateralen sogenannten European Peace Facility – eine Friedensfazilität, die aber mit Friedensförderung nichts zu tun hat. Bei diesem Fonds handelt es sich um eine Kriegskasse, um künftig die Aufrüstung von Staaten oder Rebellengruppen mit Waffen im Ausland finanzieren zu können.
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Das wäre laut EU-Vertrag glatt illegal, wenn es nicht außerhalb des EU-Haushalts angelegt wäre. Über den deutschen Haushalt, also worüber wir hier entscheiden, ist es aber anscheinend nicht illegal.
Eine weitere Absurdität: Die FDP will ernsthaft Steuerreduktion bei gleichzeitiger Zustimmung zu fast 100 Milliarden Euro Neuverschuldung. Schulden statt Steuern: Ist das die neue FDP-Finanzstrategie?
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Die AfD dagegen konnte für Unternehmen und Bürger trotz Corona ohne exzessive Verschuldung Steuern und Abgaben um 26 Milliarden Euro senken.
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Wir fordern die Bundesregierung auf, den Lockdown zu beenden und nur die kleine Risikogruppe zu schützen. Das ist zwingend und auch verantwortbar.
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Die Fallzahlen werden zwar auf hohem Niveau bleiben – saisonal bis März, wie immer –; wichtig ist aber nur die Beherrschung der Lage in den Intensivstationen, wofür auch die AfD alles tun wird – alles! Intensivstationen aufrüsten! Die AfD trägt diese Ausgaben seit März immer mit. Die GroKo dagegen hat die Krankenhäuser seit Jahren kaputtgespart. Die Intensivstationen fahren im Winter seit Jahren am Anschlag; das ist an der Stelle nichts Neues.
Auch die Kollateralschäden des Lockdowns müssen unbedingt im Blick bleiben – und ich spreche jetzt von den gesundheitlichen, menschlichen Kollateralschäden –: Massenhaft vermeidbare Todesfälle wird es Lockdown-bedingt geben wegen unterlassener Vorsorgeuntersuchungen im Bereich der Herz- oder Krebserkrankungen. Existenzängste von Arbeitslosen – und man darf das nicht kleinreden – werden zu Suiziden führen. Und ein demnächst marodes Gesundheitssystem in einem verarmenden Deutschland wird zu vielen unnötigen Toten führen. Die Zahl der weltweiten Hungertoten – der weltweiten! – durch Lockdowns liegt weit über der der offiziellen Coronatoten; es zählt sie aber niemand. Millionen Menschen werden nicht an einer Coronainfektion, sondern aufgrund der Auswirkungen des Lockdowns auf die Welternährungslage sterben.
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Weitere Lockdown-Schäden betreffen die Bürgerrechte bis hin zum Recht auf körperliche Unversehrtheit, verletzt durch die bereits geforderte – bereits geforderte! – indirekte Impfpflicht. Die Hoffnung auf schnelle Rettung durch einen Impfstoff aber ist unrealistisch. Die Testphasen sind viel zu kurz bei einem neuen Impfprinzip, das noch nie erfolgreich bei Menschen eingesetzt wurde. Der anhaltende Lockdown – ist ja sicher – wird damit auch weiterhin zu Haushaltsbelastungen von 20 Milliarden Euro pro Monat führen. Es ist einfach nicht finanzierbar. Steuern Sie bitte um!
Vielen Dank.
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Das Wort geht an Michael Groß von der SPD-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Boehringer, ich habe heute Morgen jemanden im Kiosk getroffen, der wie ich ein Croissant gekauft hat. Interessanterweise ist ja Ihre Methode, Politik zu machen, alles schwarzzumalen.
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Mir wurde heute Morgen gesagt: Uns geht es eigentlich noch gut. Mit Blick auf die Welt geht es uns sogar besonders gut. Wir müssen auch das Gute in der Welt und in Deutschland sehen und sollten nicht ständig nur auf das Auseinandertreiben der Menschen in Deutschland setzen. Das tun Sie die ganze Zeit, und das lehnen wir als Sozialdemokraten ab. Deswegen ist es auch richtig, einen Haushalt zu haben, bei dem 500 Milliarden Euro ausgegeben werden,
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um die Pandemie zu bekämpfen. Das ist auf keinen Fall Wahlkampf.
Ich möchte noch einmal die Gelegenheit nutzen, Olaf Scholz zu danken,
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den Ministerien, den Häusern, natürlich auch den Mitarbeitern, dem Ausschusssekretariat. Insbesondere Olaf Scholz zu danken, war mir als Abgeordneter aus dem Ruhrgebiet wichtig, weil er vor etwa zwei Jahren im Ruhrgebiet war und sich dort die Sorgen angehört hat. Wir sind eine Region, in der es immer noch hohe Arbeitslosenzahlen gibt und in der wir einen großen Strukturwandel zu bewältigen haben. Olaf, du hast es, Herr Minister, Sie haben es geschafft, durch Ihr Angebot den Kommunen zu helfen und dadurch, dass Sie die Diskussion über die Altschuldenregelung angestoßen haben, wieder Hoffnung in die Städte zu bringen.
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Ich kann Ihnen die Rückmeldung von meinen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern geben: Dass wir jetzt 74,9 Prozent der KdU übernehmen, hilft den Städten, um auch in Zeiten der Pandemie wieder eine Perspektive aufzubauen, Investitionen vorzunehmen, in Kindergärten und Schulen zu investieren und letztendlich auch ein gutes Lebensumfeld für die Familien zu schaffen. – Herzlichen Dank.
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Wann ist die Zeit besser als heute, um mehr als 13 Milliarden Euro für starke Familien, Kinder, Jugendliche und Senioren auszugeben? Wann ist die Zeit angemessener, 165 Milliarden Euro für Arbeit und Soziales auszugeben? Das sind Dinge ähnlich wie die über 20 Milliarden Euro für Bildung und Wissenschaft und die über 60 Milliarden Euro für Straßen, digitalen Ausbau, für eine Energiewende, die insbesondere auch Wasserstoff als neuen Energieträger stärkt, zu denen zu sagen ist: Wann ist die Zeit dafür besser als jetzt? Deswegen danke ich auch allen Kolleginnen und Kollegen hier in diesem Haus, die diesem Haushalt zustimmen wollen; denn das ist ein Haushalt der Zukunft.
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Zum Schluss muss ich auf ein Deckblatt eingehen; da geht es um einen Herdenschutzesel.
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Es soll eine Machbarkeitsstudie geben, ob dieser Esel in der Lage ist, Nutztierherden zu schützen.
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Ich würde die Machbarkeitsstudie gern um die Frage ergänzen, ob nicht dieser Esel geeignet ist, um vor den Fake News der AfD zu schützen.
Herzlichen Dank. Glück auf!
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Wir denken bitte beim Kommen und beim Gehen an die Maske. – Das Wort geht an Bettina Stark-Watzinger von der FDP-Fraktion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Gleich zu Beginn: Man lernt ja nie aus. Ich habe in diesem Haushaltsjahr den Herdenschutzesel kennengelernt, den wir fördern.
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Ich würde mich aber noch mehr freuen, wenn wir diesen Herdenschutzesel nicht nur gegen Wolfsangriffe nutzen würden, sondern wenn wir ihn gegen Angriffe von Minister Scholz auf unseren Haushalt nutzen würden. Dann hätte er nämlich wirklich einen Sinn.
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Deutschland befindet sich in einer Notsituation, das ist unbestritten. Der Staat musste schnell handeln, er musste eine Brücke bauen. Aber das entbindet Sie, liebe Bundesregierung, nicht von der Verpflichtung, in der Notsituation die Maßnahmen – nur für die wirklichen Ausnahmetatbestände – auf das Nötigste zu reduzieren – zur Bekämpfung der Pandemie – und alle Konsolidierungskräfte auszuschöpfen.
Über 70 Milliarden Euro haben Sie, Herr Scholz, im Haushalt geparkt, davon allein 22 Milliarden Euro Ausgabenreste. Statt diese Milliarden zu nutzen, schreiben Sie lieber ungedeckte Schecks auf die Zukunft derer, die heute noch keine Stimme haben. Das ist falsch, Herr Minister.
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Der Fraktionsvorsitzende der Union, Ralph Brinkhaus, hat bei der Einbringung des Haushalts gesagt: Wir werden uns einer Ausgabenkritik stellen müssen. – In über 1 000 Änderungsanträgen wurden praktisch keine substanziellen Einsparpotenziale vorgelegt: Herr Brinkhaus, ein bisschen mehr Durchsetzungsvermögen hätte ich Ihnen in dieser Koalition schon zugetraut.
Alle Kritik am Haushalt bezeichnen Sie als „Kaputtsparen“. Dabei hat Ihr Haushalt eine Schlagseite. Nur 4 Prozent werden in Bildung und Forschung eingesetzt. In 2021 werden unter 30 Millionen – nicht Milliarden – Euro ins Mobilfunknetz gesteckt und weniger als 450 Millionen Euro in den Giganetzausbau. Hubertus Heil gibt an einem Tag mehr aus als die Bundesregierung im ganzen Jahr für den digitalen Ausbau.
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Das ist kein Ausdruck von Zukunftsfähigkeit. Die Leidtragenden sind die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Regionen, in den strukturschwachen Regionen. Und das ist falsch, meine Damen und Herren.
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Mit der Begründung der fehlenden Investitionsmöglichkeiten – dahinter steckt aber mehr – soll die Schuldenbremse aufgelöst werden, weil sie Investitionen verhindert. Seit Einführung der Schuldenbremse sind Investitionen, zumindest die, die im Haushalt stehen, aber gestiegen. Die Milliarden fließen aber nicht ab. Ob die A 49 in Hessen, ob die Fehrmanbeltquerung
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– Fehmarnbeltquerung, danke schön –,
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unser Planungsrecht ist für eines nicht geeignet: Es ist nicht geeignet, Projekte zu fördern, es ist nur geeignet, Projekte zu verhindern, meine Damen und Herren.
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Sie fordern lautstark öffentliche Investitionen, vernachlässigen dabei aber private Investitionen. Dabei kommen von 10 investierten Euro in Deutschland, ob in Bildung, ob in Infrastruktur, ob in Arbeitsplätze, 9 Euro aus dem privaten Bereich. Die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands hängt vor allen Dingen von den privaten Investitionen ab.
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Deshalb ist es genau richtig, jetzt zu entlasten. Und genau deshalb wollen wir die Menschen und die Unternehmen um 36 Milliarden Euro entlasten. Das sind keine Unternehmer, die im Liegestuhl liegen, wie sich die SPD das vorstellt, oder die mordenden Unternehmer im „Tatort“,
({9})
sondern das sind die Mittelständler, die in strukturschwachen Gebieten Arbeitsplätze schaffen oder zu erhalten versuchen; und die müssen entlastet werden.
({10})
Was mir aber noch mehr Sorge macht, ist die mittelfristige Finanzplanung für die nächsten Jahre, also nach 2021; denn schon vor Corona lagen die Ausgabewünsche der Großen Koalition über den Einnahmen, die Sie prognostiziert haben. Man kann jetzt fragen: Wie wollen Sie das Problem lösen? Ich glaube – das ist ja schon von der SPD ins Spiel gebracht worden –, Sie werden die Steuern erhöhen. Ich glaube, das wäre Gift für die Menschen, das wäre Gift für die Heilungskräfte in unserem Land. Man kann das ja politisch ins Spiel bringen, aber dann muss man es auch vor der Wahl und bei der Einbringung des Haushaltsplans ehrlich sagen.
({11})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie haben, wenn Sie diesem Haushalt zustimmen, diesen Steuererhöhungen dann auch schon zugestimmt.
Ich komme zum Ende. Die finanzielle Größe eines Haushalts sagt nichts darüber aus, ob er die Größe hat, die Herausforderungen, die vor uns liegen – Digitalisierung, Demografie und Klimawandel –, auch zu stemmen. Statt sich in der Höhe der Ausgaben, die Sie tätigen, zu sonnen, brauchen wir eine gezielte Entlastung für Wachstum, treffsichere Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen, zum Beispiel negative Gewinnsteuer oder Unternehmerlohn, und wir brauchen effizienten Schutz von Risikogruppen.
Es geht anders. Wir haben einen Gegenentwurf vorgelegt: die Hälfte der Neuverschuldung bei gleichzeitiger Entlastung.
({12})
Jeder Euro, den wir ausgeben, den die Große Koalition ausgibt, der muss verdient werden. Geben wir den Menschen, die diese Euros verdienen müssen, eine Stimme in diesem Bundestag!
Vielen Dank.
({13})
Das Wort geht an Herrn Dr. André Berghegger von der CDU/CSU.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat vor Kurzem das Wort des Jahres 2020 ausgewählt. Welches war es, lieber Ingo?
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Coronapandemie. Und welches war das zweitplatzierte Wort? Weiß das auch einer?
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Es ist wie mit der Mondlandung, da kennt man den zweiten auch nicht. – Lockdown war das zweitplatzierte Wort. Was zeigt uns das, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ich denke, das zeigt, dass uns die Pandemie in diesem Jahr fest im Griff hat, in allen gesellschaftlichen Bereichen. Das wirkt sich natürlich auf den Haushalt aus. Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Deswegen ist der Haushalt 2021 der zweite Haushalt in Folge, der maßgeblich unter dem Einfluss dieser Pandemie steht.
Was wollen wir mit diesem Haushalt erreichen? Wir wollen erstens natürlich die Gesundheit der Bevölkerung schützen, zweitens die Wirtschaft stabilisieren und drittens den Zusammenhalt in der Gesellschaft verbessern. Wir stemmen uns mit gesamter Kraft gegen diese Pandemie, und das ist ein schwerer Weg; aber wir werden ihn weitergehen.
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Das parlamentarische Verfahren haben wir dazu genutzt, nachzujustieren, und zwar in großem Umfang. Wir haben die Wirtschaftshilfen für Unternehmen, für Freiberufler, für Selbstständige, für in der Kultur Tätige fortgeschrieben, umgesetzt, und wir haben natürlich weitere Ausgaben im Gesundheitsbereich festgesetzt. Das alles führte dazu, dass wir nach dem Haushalt in diesem Jahr mit einem Umfang von gut 500 Milliarden Euro – inklusive der zwei Nachträge – im nächsten Jahr wieder ein Haushaltsvolumen von knapp 500 Milliarden Euro erreichen. Das sind Rekordwerte.
Aber diese Rekordwerte haben natürlich auch Schattenseiten; denn sowohl in diesem Jahr als auch im nächsten Jahr werden wir die Nettokreditaufnahme erhöhen müssen: auf 218 Milliarden Euro in diesem Jahr und auf 180 Milliarden Euro im nächsten Jahr. Das sind auch Rekordwerte. An dieser Stelle sei noch mal darauf hingewiesen: Wir finanzieren unseren Haushalt in diesem und im nächsten Jahr zu 40 Prozent aus Schulden.
Die FDP – ich glaube, es war Christian Dürr; ich sehe ihn gerade – hat, glaube ich, am Dienstag gesagt, das sei das süße Gift der Schulden. Aber Christian: Gemach, gemach!
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– Du auch!
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Denn natürlich hat die Regierung einen Beurteilungsspielraum bei der Erstellung des Entwurfes eines Haushaltes. Und wir als Parlament haben natürlich auch einen Beurteilungsspielraum, wie wir einen Haushalt aufstellen und wie wir am Ende das Haushaltsgesetz beschließen.
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Wir wollen damit ein deutliches Signal an alle nach außen senden, dass der Staat alles versucht, was finanziell machbar ist, um zu helfen.
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Und wie finanzieren wir das?
Wir können es erstens finanzieren, weil wir in guten Zeiten vorgesorgt haben. Die Politik der schwarzen Null hat uns finanzielle Spielräume erarbeitet. Wolfgang Schäuble hat sie vor Jahren eingeführt. Auch wenn es nicht jeder sagen mag, glaube ich aber, die allermeisten in diesem Raum, in diesem Hohen Haus freuen sich darüber, dass wir diese Spielräume hatten.
Zweitens. Wir müssen natürlich im kommenden Jahr erneut die Schuldenbremse nach Artikel 115 Grundgesetz aussetzen – nach dem vorgesehenen Verfahren bei einer außergewöhnlichen Notsituation. Da wundert es mich schon – nein, eigentlich wundert es mich nicht –, dass die Linken die Schuldenbremse aussetzen wollen oder dass die Grünen, wie sie formuliert haben, die Schuldenbremse reformieren wollen. Beide wollen auf jeden Fall die bestehende Regelung nicht einhalten.
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Ich finde, gleich bei der ersten Bewährungsprobe, vor der wir jetzt stehen, Änderungen zu diskutieren, zeugt nicht gerade von einem klaren Kompass, sondern eher von einer Schönwetterdenkweise.
Wir wollen die Aussetzungsmöglichkeit der Schuldenbremse gerade für schwierige Bewährungsproben nutzen; wir wenden sie jetzt an. Sie ist dafür konzipiert und nicht für Boomphasen der Wirtschaft. Wir stehen zu der Regelung im Grundgesetz, und wir wollen schnell zur Schuldenbremse zurück, so schnell wie möglich.
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Das ist nachhaltige und gerechte Finanzpolitik.
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Die aktuelle Finanz- und Haushaltspolitik wirkt. Das bestätigt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.
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Die Hilfen für Kommunen, die Zuschüsse für Familien und die geringere Mehrwertsteuer in diesem Jahr heben die Wirtschaftsleistung in diesem und im nächsten Jahr an; sie liegt um 1,3 bzw. 1,5 Prozentpunkte höher im Vergleich zu dem Fall, dass es diese Hilfen nicht gegeben hätte. Ich denke, das ist ein beachtlicher Wert.
Aber diese expansive Finanzpolitik kann nur eine Ausnahme sein. In der Zusammenschau von Artikel 115 und Artikel 109 Grundgesetz wird deutlich, dass die Pandemie der Grund, aber auch die Grenze für die Aussetzung der Schuldenbremse ist. Und sobald wir die Coronapandemie im Griff haben, wird sich die Bewertung verändern müssen. Unsere Aufgabe ist es, dauerhaft nach einem Weg zu suchen, wie wir mit dem Einkommen auch auskommen.
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Die Linke fordert hier den Klassiker. Sie diskutieren wieder Vermögensteuer und Vermögensabgabe.
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In dieser Woche wurde auch deutlich, dass Sie sich noch nicht mal einig sind.
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Wenn Sie überhaupt differenzieren, dann verschweigen Sie wesentliche Punkte. Es gibt nämlich bei diesen beiden Instituten gravierende rechtliche Hindernisse.
Punkt eins: die Vermögensteuer. Sie wurde Mitte der 90er-Jahre eingestellt, abgeschafft vom Bundesverfassungsgericht,
({14})
und vor allen Dingen steht sie den Ländern zu.
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Punkt zwei: die Vermögensabgabe. Die einmalige Vermögensabgabe setzt eine existenzielle finanzielle Notlage des Staates voraus.
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Wenn Sie sich mit den historischen Beispielen beschäftigt hätten, bei denen sie angewendet worden ist, dann würden Sie feststellen, dass diese Voraussetzungen kaum vorliegen werden.
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Aus unserer Sicht müssen wir die Ausgaben priorisieren. Wir müssen den Menschen auch sagen, dass wir die umfassenden Hilfen, die wir derzeit mit großer Kraftanstrengung aufbringen, nicht unbefristet werden aufrechterhalten können. Wir müssen Prioritäten setzen und zukünftig Entscheidungen treffen. Und wir müssen vor allen Dingen mit den Ländern und Kommunen über eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten sprechen. Was meine ich damit? – Die Steuereinnahmen der Länder und Kommunen erreichen bereits 2021 das Vorkrisenniveau. Nehme ich die Zuweisungen des Bundes hinzu, erreichen die Länder und Kommunen bereits dieses Jahr das Vorkrisenniveau. Die Kreditfinanzierungsquote des Bundeshaushaltes in diesem und im nächsten Jahr liegt bei – ich habe es vorhin gesagt – ungefähr 40 Prozent, die der Länder bei ungefähr 10 Prozent.
Der Bund alleine zahlt die Soforthilfe, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, die Überbrückungshilfe I, die Überbrückungshilfe II, die Novemberhilfe, die Dezemberhilfe.
({18})
Ich könnte diese Reihe fortsetzen. Der Bundesrechnungshof hat aktuell die Finanzhilfen des Bundes an die Länder und Kommunen – in den letzten Jahren und für die Zukunft geplante –, insbesondere mit den Investitionen in die Kohleregionen, noch einmal aufgelistet. Demnach geben wir weitere 44 Milliarden Euro an Länder und Kommunen. Irgendwo müssen wir auch auf unsere finanzielle Leistungsfähigkeit achten. Bei aller Wertschätzung der Arbeit in den Ländern und Kommunen – dort wird hervorragende Arbeit geleistet –: Wir müssen über eine faire Verteilung der finanziellen Lasten reden; denn nach dem Grundgesetz erfüllen Bund und Länder gemeinsam die Verpflichtung zur Wahrung der Haushaltsdisziplin.
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Das gilt nicht nur in der Coronapandemie, sondern natürlich grundsätzlich auch darüber hinaus.
Schließen möchte ich mit einem Vergleich, mit einer interessanten Haushaltsstelle aus dem Umweltministerium.
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– Wir alle kennen mehrere Haushaltsstellen. – So wie der Herdenschutzesel die Schafe vor den Wölfen beschützen soll, so schützt die schwarze Null den Haushalt vor weiteren Schulden. – Da wollen wir wieder hin.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören. Ich bitte um Zustimmung.
({21})
Das Wort hat die Abgeordnete Dr. Gesine Lötzsch von der Fraktion Die Linke.
({0})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben zu Anfang dieser Woche die Frage gestellt: Wer soll die Pandemierechnung bezahlen? – CDU/CSU und SPD drücken sich vor der Antwort und wollen es erst nach der Wahl sagen. Das lassen wir ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren!
({0})
Die Union will ja nach der Wahl die Schuldenbremse wieder anziehen. Wir wollen – in der Tat – eine Vermögensabgabe für Milliardäre, so wie es unser Grundgesetz vorsieht. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren!
({1})
Aber auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD wollen eigentlich die Vermögenden stärker besteuern. Ich bitte Sie: Reden Sie nicht nur im Wahlkampf darüber, machen Sie auch ernst, liebe SPD!
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Es gab ja zu Beginn der Pandemie bei vielen die Illusion, die Gesellschaft würde jetzt näher zusammenkommen. Der Befund ist: Das Gegenteil ist passiert. Die Politik der Bundesregierung hat weiter zur Spaltung beigetragen. Hilfen wurden ungerecht verteilt. Milliardäre wurden gerettet, und fast 1 Million Niedriglöhner haben ihre Arbeit verloren und fallen durch die sozialen Netze. So kann das nicht weitergehen!
({3})
Wir haben drei Fragen gestellt: Ist der Haushalt sozial, ist er friedlich, ist er klimafreundlich?
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Alle drei Fragen mussten wir mit Nein beantworten.
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Er ist nicht sozial, weil er zu wenig gegen die soziale Spaltung unserer Gesellschaft tut. Er ist nicht friedlich, weil er mit über 53 Milliarden Euro – nach NATO-Kriterien berechnet – zur Aufrüstung der Bundeswehr beiträgt. Und er ist nicht klimafreundlich, weil Menschen mit dem größten CO2-Abdruck, die Vermögenden, begünstigt werden. So kann das nicht weitergehen, meine Damen und Herren!
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Ich will aber bei der Bewertung des Haushalts Union und SPD nicht über einen Kamm scheren. Hubertus Heil ist ehrlich bemüht, etwas für Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslose und Niedriglöhner zu tun.
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Doch schauen wir uns den Befund an. Der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sagt: 13 Millionen Arme. – Das können wir nicht hinnehmen. Das entspricht nicht unserem Menschenbild.
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Ich sage Ihnen: Das Grundproblem liegt doch nicht in den einzelnen Haushaltszahlen, sondern es liegt im gesamten Politikansatz. Schauen wir uns nur die Bereiche Wohnen, Gesundheit, Bildung, Verkehr und Rente an. In allen diesen Bereichen wurde das Profitprinzip der Neoliberalen eingeführt. Der Markt sollte den Wohnungsbau, das Gesundheits-, Bildungs-, Verkehrs- und Rentensystem auf Vordermann bringen. Doch das Ergebnis ist: Diese Politik ist gescheitert.
({9})
Es fehlen nämlich preiswerte Wohnungen, es fehlt Pflegepersonal in den Krankenhäusern,
({10})
es fehlen Fachkräfte an allen Ecken und Enden, die Autobahnprivatisierung ist ein Desaster, und die kapitalgedeckte Riester-Rente ist gescheitert. So kann das nicht weitergehen!
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Ihre Formel „Was sich nicht rechnet, wird eingespart“ hat fatale Folgen. Vorratswirtschaft war angeblich falsch. Die Neoliberalen wollten alles just in time, also genau auf die Sekunde machen. Das solle Kosten sparen. Welch fataler Irrtum! Das müssen wir jetzt alle gemeinsam ausbaden.
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Der Gesundheitsminister hat Masken und Schutzausrüstungen zu Wucherpreisen aufkaufen müssen. Doch er scheitert natürlich, wenn es ums Pflegepersonal geht. Menschen kann man nicht just in time, also über Nacht, wie bei Amazon bestellen. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren!
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Ich sage Ihnen: Wer eine Gesellschaft wie ein Onlinekaufhaus organisieren will, muss scheitern. Ein Krankenhaus kann nicht wie eine Schraubenfabrik auf Profit getrimmt werden. Im Krankenhaus sollen der Patient und die Patientin und natürlich auch die Menschen, die dort arbeiten, im Mittelpunkt stehen und nicht die Fallpauschale und nicht der Profit. Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren!
({14})
Ich sage Ihnen auch: Wenn wir die Krankenhäuser nicht von den Pandemielasten befreien, werden wir nach der Pandemie noch weniger öffentliche Krankenhäuser haben als vor der Pandemie. Das müssen wir verhindern!
({15})
Selbst die Bundeswehr sollte ja zu einem Unternehmen umgebaut werden. Frau von der Leyen und ihre Unternehmensberaterin sind bei dem Versuch grandios gescheitert.
({16})
Die Ausgaben für die Bundeswehr steigen seit Jahren in einem atemberaubenden Tempo. Aber die Bundeswehr wirkt wie ein Durchlauferhitzer: Das Geld wird an Airbus und Rheinmetall durchgereicht. Die liefern dann zu überhöhten Preisen alles Mögliche, was angeblich oder wirklich nicht funktioniert, und die Rendite von Airbus und Rheinmetall stimmt. Dieses Geld können wir besser für soziale Zwecke verwenden, meine Damen und Herren!
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Viel wurde natürlich auch über die innere Sicherheit gesprochen und über das Geld, das dafür zur Verfügung gestellt werden muss. Auch hier muss man grundsätzlich herangehen; denn das Grundproblem der inneren Sicherheit ist nicht mit Polizei und Geheimdiensten zu lösen. Wirklich extrem ist das zerstörerische Profitstreben. Das muss beendet werden, meine Damen und Herren!
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Wer also wirklich etwas gegen Extremismus tun will, der muss
({19})
sein Denken vom Profit auf sinnstiftende Zwecke umstellen.
Es gibt innovative Unternehmen, die sich vom Profitdenken verabschieden und einen sinnstiftenden Zweck verfolgen. Es haben inzwischen auch Unternehmen erkannt, dass Maximalprofit nicht die Lösung, sondern das Problem ist. Das sollten in diesem Haus hier alle verstehen, meine Damen und Herren!
({20})
Verabschieden Sie sich also von der neoliberalen Ideologie. Globalisierung und Flexibilisierung sind kein Wert an sich. Wir haben doch erlebt, was es heißt, dass bestimmte Medikamente in Europa nicht mehr hergestellt werden. Antibiotika wurden in unserer Überflussgesellschaft plötzlich knapp. Die kapitalistische Globalisierung hat die Arbeitsteilung pervertiert. Sie ist zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Wir als Linke wollen eine solidarische Globalisierung, die nicht auf Konkurrenz, sondern auf Zusammenarbeit beruht. Das ist der richtige Weg.
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Ich sage Ihnen auch in aller Deutlichkeit: Nur so werden wir Kriege und Klimakatastrophen verhindern. Der marktradikale Flügel der Union ist ja immer noch ein großer Freund der Flexibilisierung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen Tag und Nacht für Unternehmen verfügbar sein. Dem stellen wir uns entgegen, meine Damen und Herren!
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Ein Wort zur Außenpolitik. Viele Kolleginnen und Kollegen der SPD, aber auch von meiner Fraktion haben in dieser Woche an den historischen Kniefall von Willy Brandt am 7. Dezember 1970 erinnert. Ich glaube, es ist an dieser Stelle auch Zeit, an die Ostpolitik von Willy Brandt zu erinnern. Für Willy Brandt war eben damals die Sowjetunion nicht das Feindbild,
({23})
sondern er hatte erkannt, dass die Sowjetunion die Hauptlast bei der Befreiung Deutschlands vom Faschismus geleistet hat. Herr Maas, auch Sie sollten das wissen, meine Damen und Herren!
({24})
Nun gibt ja der Finanzminister Scholz hier den Herdenschutzesel. Doch die Wählerinnen und Wähler sind keine Schafe. Sie sind selbstbewusst und lassen sich nicht per Verordnung herumkommandieren. Auch die emotionalen Appelle der Kanzlerin ändern doch nichts daran, dass sie für 15 Jahre Privatisierung und Mangelwirtschaft im Gesundheitswesen Verantwortung trägt.
Wenn Sie eine halbe Billion Euro im kommenden Jahr ausgeben wollen, klingt das beeindruckend. Aber mit einer Bazooka lassen sich Probleme lindern, nicht lösen. Nach der Finanzkrise kam die ökonomisch völlig unsinnige Politik der schwarzen Null; sie ist ja hier auch schon wieder beschworen worden. Diese Politik der schwarzen Null hat unser Land in eine Investitionskrise gestürzt.
({25})
Sie darf nach der Pandemie nicht fortgesetzt werden, meine Damen und Herren!
({26})
Wir wollen endlich raus aus dieser Investitionskrise. Wir wollen in die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder investieren. Dafür brauchen wir bessere Schulen, preiswertere Wohnungen, leistungsfähigere Hochschulen und sichere Krankenhäuser.
({27})
Das alles ist auch bezahlbar, wenn wir endlich ein gerechtes Steuersystem durchsetzen, meine Damen und Herren!
({28})
Ich kann es noch mal wiederholen: Wir wollen eine Vermögensabgabe. Natürlich sind wir auch für andere Formen der Gerechtigkeit offen; das ist doch völlig klar. Nach dem Corona-Lockdown, glaube ich, sollte auch die SPD sich fragen, ob sie das mit der CDU/CSU durchsetzen kann oder – weil es Ihnen vorhin so gut gefallen hat – sich nicht doch lieber dazu entscheidet, den Koalitionsstecker zu ziehen.
({29})
Denn die Union ist der Vermögensverwalter von Millionären und Milliardären. Mit ihr ist keine gerechte Gesellschaft zu machen.
Meine Damen und Herren, es ist ja vielen gedankt worden. Ich bedanke mich auch sehr herzlich beim Sekretariat.
({30})
Ich bedanke mich natürlich auch bei den Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit. Ich bedanke mich bei meiner eigenen Fraktion für die vielen guten Vorschläge, die Sie gemacht haben.
({31})
Ich wünsche Ihnen allen eine gute Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund!
({32})
Das Wort hat die Abgeordnete Anja Hajduk von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, das waren diesmal wirklich besondere Haushaltsberatungen. 85 Milliarden Euro mehr an Ausgaben im Vergleich zur ersten Lesung und eine entsprechende, um fast diesen Betrag gestiegene Kreditaufnahme: Das ist das Ergebnis unserer Haushaltsberatungen. Ich sage ganz klar: Wir Grünen gehören zu denen, die sagen: Wir können uns das leisten, und wir müssen uns das leisten – für die Bekämpfung der Pandemie, für unser Gesundheitswesen und für wirtschaftliche Hilfen für die, die ihren Beruf und ihr Geschäft jetzt eben nicht ausüben können und dürfen.
({0})
Aber, Herr Minister Scholz, zu den Besonderheiten der Coronapandemie, dieser Krise gehört ehrlicherweise auch, zu sagen, dass die Unternehmen und die Menschen sehr unterschiedlich betroffen sind. Deswegen ist das Einfordern von Zielgenauigkeit bei den Hilfen nicht spitzfindig, sondern es ist geboten, auch aus Gerechtigkeitsgründen.
({1})
Sie haben gesagt, die Mehrwertsteuersenkung wäre quasi das Herzstück des Konjunkturpakets. Ich sage Ihnen: Die war sehr teuer und eben nicht zielgenau. Man hätte eher überlegen müssen: Wie können wir dem Einzelhandel in den Innenstädten vor Ort stärker helfen?
({2})
Die Mehrwertsteuersenkung hat dagegen dem Onlinehandel sehr geholfen. Nach dem Lockdown wird das Thema Innenstädte sicher wieder sehr wichtig.
Oder die Überbrückungshilfen: Die sind am Anfang gar nicht in Anspruch genommen worden, also die Überbrückungshilfen I, weil sie schlecht konzipiert waren. Jetzt die Novemberhilfen: Die sind auch nicht zielgenau; denn sie setzen am Umsatz an. Ich kann Sie nur auffordern, gerade Sie, Herr Scholz: Öffnen Sie sich für ein Betriebskostenmodell, nach dem man 100 Prozent der Betriebskosten spätestens ab Januar erstattet, und führen Sie einen Unternehmerlohn ein – für die Zeit der Krise. Geben Sie da Ihren Widerstand auf! Das wäre wichtig.
({3})
Es werden noch andere Dinge unterlassen, die viel hilfreicher wären, zum Beispiel die Ausweitung des Verlustrücktrags. Sie wollen das nur in einem kleinen Umfang machen. Dabei sind sich Wirtschaft und auch Wissenschaftler einig, dass gerade das Unternehmen in der Krise helfen würde. Es würde am besten wirken, wenn wir den Verlustrücktrag für Unternehmen darüber hinaus auch rückwirkend zulassen würden, also für die Jahre 2018, 2017, 2016.
({4})
Das würde den Bundeshaushalt vielleicht mit 4 Milliarden Euro belasten. Dieses Geld würde in den Folgejahren zu 90 Prozent zurückkommen,
({5})
sodass man sagen kann: Das wäre dann im Vergleich zu den Kosten für die Mehrwertsteuersenkung finanziell eher eine Petitesse. Also: Strengen Sie sich an! Korrigieren Sie Ihre Hilfen! Das haben die, die betroffen sind, verdient.
({6})
Sie sagen ja immer, Sie wollen helfen.
Ich muss noch einen anderen Punkt ansprechen, Herr Scholz, weil ich den nicht verstehe. Laut einem aktuellen OECD-Bericht sind die Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung in Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien vorbildlich. Deutschland schneidet da als Land im Verzug ab. Zum Beispiel gibt es keine Sanktionen für Banken und Kontoinhaber, die falsche Angaben machen oder keine ausreichende Prüfung von Selbstauskünften vornehmen. Warum haben Sie in Ihrer Amtszeit das noch nicht besser umsetzen lassen? Es ist ungerecht, bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu trödeln; da haben Sie wirklich noch viel zu tun. Da reichen keine Versprechen für die Zukunft.
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Ich möchte aber auch etwas Versöhnliches sagen. Es ist gut, dass es beim EU-Haushalt eine Einigung gibt. Das war schwer. Wir sind über das Ergebnis nicht nur glücklich, aber es ist gut, dass es eine Einigung gibt. Das ist wichtig, weil es damit auch gelingt, den Wiederaufbaufonds, den Recovery Fund, umzusetzen. Wir in Deutschland dürfen bei aller Krisenbekämpfung hier vor Ort nicht vergessen: Wir werden aus der Krise nur herauskommen, wenn unsere europäischen Nachbarn sie auch überstehen.
({8})
Insofern sage ich mal versöhnlich: Dabei hat die Bundesregierung mitgeholfen.
Zum Schluss. Herr Scholz, es soll ja Herdenschutzesel geben. Aber ich wünsche mir – das würde mir reichen –, dass Sie, von mir aus zusammen mit Frau Merkel, vor Weihnachten den Schutzengel für ein Lieferkettengesetz geben. Das wäre der politische Weihnachtswunsch meiner Fraktion an Sie. Hoffentlich erfüllen Sie ihn.
({9})
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
({10})
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Coronapandemie hat uns alle immer noch im Griff. Das ist eine globale Herausforderung, vor der die ganze Menschheit steht, aber eben auch wir hier in diesem Land. Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass wir, während wir hier diskutieren, schon wissen, dass wir sehr absehbar mit den Impfstoffen Möglichkeiten haben werden, vielen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, aber auch vielen Bürgerinnen und Bürgern in der Welt zu helfen.
Trotz dieses Lichtblicks wissen wir, dass es noch eine ziemlich lange Zeit dauern wird, dass wir jetzt noch über Weihnachten und auch im nächsten Jahr noch lange mit den gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu kämpfen haben werden, die aus dieser Pandemie folgen.
Was braucht man in einer solchen Situation – neben Vertrauen in die Zukunft und Vertrauen in die Wissenschaft, in den Fortschritt, den die Medizin macht, aber auch in die Erkenntnisse, die wir über die Pandemie haben? Was wir immer brauchen, ist Vertrauen in unsere gemeinschaftliche Kraft. Diese gemeinschaftliche Kraft verschafft uns die Möglichkeit, durch diese Krise zu kommen. Das ist das, was dieser Haushalt symbolisiert. Er zeigt: Dies ist ein Land, das stark genug ist, auch eine solche Herausforderung zu bewältigen.
({0})
Ich bin deshalb den Abgeordneten sehr dankbar, dass sie mit der ganzen Arbeit, die in den letzten Wochen und Monaten geleistet wurde, und mit den Beratungen, die in dieser Woche stattgefunden haben, die Voraussetzung dafür geschaffen haben, dass wir mit diesem Haushalt das Signal aussenden: Wir haben die Kraft, das, was im nächsten Jahr erforderlich ist, zu tun. 180 Milliarden Euro zusätzliche Kreditaufnahme ist sehr, sehr viel Geld. Aber es ist auch ein Symbol und ein Zeichen dafür, dass man auf die Gemeinschaft vertrauen kann. Lasst uns das gemeinsam hier aussprechen.
({1})
Ich bin dankbar für die Beratung und will bei dieser Gelegenheit all denjenigen Dank sagen, die in den Abgeordnetenbüros mit den Abgeordneten zusammen mitgeholfen haben. Ich will den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesministerium der Finanzen und in den anderen Ministerien Dank sagen. Ganz besonders möchte ich auch meiner Parlamentarischen Staatssekretärin Bettina Hagedorn danken, die immer für die guten Gespräche zwischen den Abgeordneten und dem Ministerium sorgt.
({2})
Der Dank, der hier so oft ausgesprochen wird und begründet ist, ist in dieser Situation ganz besonders begründet. Natürlich wäre die Situation eine ganz andere, wenn wir in einer solchen Lage kein Vertrauen schaffen würden, weil wir selber durcheinandergeraten, weil wir zu aufgeregt über all das diskutieren, was ist. Dass man besonnen und klug berät, dass man sehr sorgfältig überlegt, was zu tun ist: Das ist genau das, was wir in dieser Situation brauchen.
Deshalb sage ich: Wir werden noch vor großen Herausforderungen stehen. Wir werden noch manche schwierige Entscheidung treffen müssen. Aber der Haushalt legt die Grundlage dafür, dass jeder darauf vertrauen kann, dass wir die notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Hilfen bereitstellen, damit wir gemeinsam gut durch diese Krise kommen.
({3})
Im Übrigen bin ich froh, dass wir, während wir hier sitzen und beraten, wissen, dass es auch in Europa gelingt, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Das war nicht einfach. Ich glaube, man kann sagen: Das hätten viele nicht gedacht, dass wir in Europa eine koordinierte solidarische Antwort auf die Coronakrise geben.
Ich stimme mit der Abgeordneten Hajduk völlig überein: Ja, es ist wichtig, dass wir nicht nur an uns denken, sondern auch daran, dass Europa gemeinsam handeln kann. Das ist das Zeichen, das mit dem Wiederaufbaufonds verbunden ist. Wenn jetzt im Rat der Weg für den Haushalt des nächsten Jahres freigemacht worden ist, dann ist das eine Grundlage dafür, dass es eine gemeinsame europäische Antwort auf die Krise gibt. Sie ist notwendig, meine Damen und Herren.
({4})
Deshalb bleibt die Botschaft: Wir können zusammenhalten. Wir können stark sein. Wir haben ein leistungsfähiges Gemeinwesen. Natürlich müssen wir dafür Sorge tragen, dass dieses leistungsfähige Gemeinwesen auch solidarisch in dem Sinne ist, dass die Gesellschaft zusammenhält. Wenn eine solche Kraft mobilisiert wird, dann darf es eben nicht so sein, dass die einen denken, dass nur an die anderen gedacht worden ist. Das gilt dann nicht nur für diese Krise. Das, was wir hier an Kraft mobilisieren, darf nicht verloren gehen, wenn die Krise zu Ende gegangen ist. Das muss aufrechterhalten bleiben, wenn wir über die Zukunft diskutieren.
({5})
Deshalb sage ich an dieser Stelle ausdrücklich noch mal: Es muss auch fair und gerecht zugehen,
({6})
wenn es darum geht, die Lasten dieser Krise zu schultern,
({7})
wenn es darum geht, den Wiederaufbau in Deutschland zustande zu bringen und die Zukunftsaufgaben zu schultern.
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Letzte Bemerkung. Trotz all der Krise ist es immer wichtig, an die Aufgaben der Zukunft zu denken. Dass in Europa nicht nur über den mehrjährigen Finanzrahmen diskutiert wird, sondern eben auch über den Klimaschutz, ist ein wichtiges Zeichen.
({9})
Dass dieser Haushalt Weichenstellungen beinhaltet, was die Aufgabe betrifft, wie wir den menschengemachten Klimawandel aufhalten können,
({10})
was die Aufgabe betrifft, wie wir Deutschland technologisch so aufstellen können,
({11})
dass wir auch in 10, 20 und 30 Jahren noch gute Arbeitsplätze haben, dass wir dafür sorgen, dass wir auch in Fragen der Digitalisierung mit vornean diskutieren und handeln können,
({12})
das ist ein gutes Zeichen.
Ich glaube, der Haushalt ist ein gelungenes Paket,
({13})
eine Gemeinschaftsleistung dieses Hauses,
({14})
aber auch eine Gemeinschaftsleistung,
({15})
die für unser Land steht, das in so schwieriger Zeit zusammenhält.
Schönen Dank.
({16})
Danke schön. – Das Wort hat Herr Dr. Harald Weyel von der AfD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebes Publikum! Seit Monaten sehen wir von der Regierungsbank den erhobenen Zeigefinger und hören die mahnenden Worte, die uns zur Vernunft bringen sollen. Dann legen Sie hier einen Haushalt vor, der nichts, nicht das Geringste mit Vernunft und Disziplin zu tun hat. Im Gegenteil: Dieser Haushalt ist ein Produkt einer durch die Regierung ausgelösten Massenpsychose, der sie nunmehr selbst zum Opfer gefallen ist.
({0})
Der Haushalt ist eine Operation am offenen Herzen der sozialen Marktwirtschaft,
({1})
der Grundlage unseres Wohlstands. Aber er ist noch weit mehr: Er ist ein Experiment am Menschen, ein Experiment, dessen Notwendigkeit mit ebenso irreführenden wie irrelevanten Coronastatistiken begründet wird.
({2})
Die Blaupause der irrationalen Herangehensweise an nahezu jedwedes Thema liefert hierbei die Klimasonderschule. Hier versteigt man sich in wissenschaftlich unbegründbare Kapriolen einer Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik, die Wirtschaft und Verkehr zunehmend zum Erliegen bringt und obendrein noch Landwirtschaft, Landschaft und Umwelt ruiniert.
Warum können Sie seelenruhig einen solchen Haushalt einbringen und müssen außer dieser Debatte kaum Kritik fürchten? Weil die Massenhysterie alle Jahre wieder durchexerziert wird
({3})
und mit dem diesjährigen Neutronenbombenthema Corona nur auf neue Spitzen getrieben wird. Die Angst wird durch geradezu irre Fallzahlkonstruktionen jenseits relevanter Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsraten erzeugt, die in einer 24-Stunden-Bepeitschung durch Staatsmedien und gekaufte Privatmedien in die Köpfe der Wähler eingehämmert werden.
({4})
Die Brechung des freien Volkswillens durch Informationsunterdrückung und mittelalterliche Endzeitszenarios erleichtert aber auch ungemein die Ausrufung eines neuen Staatsziels, nämlich die Massenimpfungen nach Lobbygusto. Angesichts des vermeintlich drohenden Weltuntergangs mag nämlich keiner mehr über die Kosten reden, die diesen Untergang angeblich abwenden.
({5})
In EU-topia steigen die Grundkosten von derzeit über 32 Milliarden Euro schon im nächsten Jahr auf fast 43 Milliarden Euro. Diese Summe, so wird suggeriert, sei eine Art Versicherung. Nun: Wenn EU-Europa eine Versicherung ist, dann eine schlechte, die keinen wirklichen Leistungsfall kennt, sondern nur Vertragsbruch und unverschämte Prämienerhöhungen ohne vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
({6})
Und wenn es ein Sicherheitskaufhaus ist, dann eines, was noch nie das geliefert hat, was man bestellte. Was man bekommt, sind wertlose Gutscheine und Empfehlungen für Produkte, die nur in der Fantasie existieren.
Wer lang genug dabei ist und als Beobachter eine Lernkurve hat, der müsste den Schwindel doch längst durchschaut haben.
({7})
Aber wie bei allen schlechten Produkten erzeugen gerade die eiskalten Nepper, Schlepper und Bauernfänger, die Berufseuropäer der Altparteien ganz EU-Europas seit Jahrzehnten daraus ihren schäbigen Profit, notfalls auch auf Kosten der eigenen Leute.
({8})
Wenn erst die letzten deutschen Autos in China und sonst wo gebaut werden, wird man hierzulande feststellen, dass man allein von Klimazertifikaten nicht leben kann. Möge all dies den Betreibern von Deindustrialisierung, Steuergeldexport und pseudointernationalisierter Moralhysteriepolitik gerade noch rechtzeitig nicht auf die Füße, sondern auf die bürokratischen Wasserköpfe fallen.
({9})
Nur mit der Alternative für Deutschland kann ein Neustart für Deutschland gelingen. Der Haushalt zeigt, wie sehr der nottut.
({10})
Danke schön.
({11})
Das Wort geht an den Abgeordneten Christian Haase von der CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen haben wir viel über die Ausgestaltung des Weihnachtsfestes gesprochen. Nun steht der dritte Advent bevor, und das Fest der Geburt Christi, der Liebe und der Familie rückt näher. Dieses Jahr werden wir das Fest allerdings in gemeinsamer Verantwortung anders feiern. Wenn ich an die Weihnachtsfeste der Vergangenheit zurückdenke: Da versammelt sich die Familie, da versammeln sich Jung und Alt. Weihnachten ist das Fest der Generationen. Meist finden die kleinsten Familienmitglieder in den ältesten die größten Fans. Alles jubelt und trubelt im Wohnzimmer um den Weihnachtsbaum, und unter dem Baum steht die Krippe mit Ochs und Herdenschutzesel.
({0})
Meine Damen und Herren, was hat das mit Haushaltspolitik zu tun? Eine ganze Menge, meine ich. Denn wenn wir als Eltern oder Großeltern, die wir hier im Parlament Verantwortung übernehmen, unseren Job ernst nehmen, dann muss uns genau dieses Bild der Generationen Ansporn und Verpflichtung für eine solide und generationengerechte Haushaltspolitik sein.
Es ist richtig, dass wir in dieser Zeit mit den Coronahilfen zu unseren Selbstständigen und deren Arbeitnehmern stehen. Wir wollen nach der Coronawelle keine Pleitewelle. Aber ich sage auch: Die Coronahilfen können in der bisherigen Form nicht ewig so weitergehen. Was im November und Dezember gerade noch vertretbar ist, können wir nicht unbegrenzt fortsetzen. Wir müssen zielgenauer werden – und das in gemeinsamer Verantwortung mit den Ländern.
({1})
Diese Debatte brauchen wir jetzt und nicht erst im neuen Jahr. Sonntag ist da vielleicht eine gute Gelegenheit, Herr Finanzminister.
Meine Damen und Herren, dem guten Wirtschaften der unionsgeführten Bundesregierung haben wir die Spielräume für solidarische Hilfen zu verdanken. Deshalb ist eine Lehre der Krise, dass die Einführung der Schuldenbremse richtig war.
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Linken Forderungen, die Schuldenbremse jetzt abzuschaffen, wo sie sich doch gerade bewährt, erteilen wir eine klare Absage.
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Wir wollen möglichst schnell diesen Ausnahmefall beenden.
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Denken wir daran: In der Summe lasten wir den nächsten Generationen mit diesem Haushalt einen bedrohlichen Schuldenberg auf. Wir müssen schon jetzt an diejenigen denken, die diese Schulden wieder zurückzahlen müssen.
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Wir sollten uns keine Illusionen machen. Der Druck zur Haushaltskonsolidierung wird in den nächsten Jahren gewaltig sein.
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Die Tilgung der Neuverschuldung 2021 in Höhe von 180 Milliarden Euro soll über 17 Jahre ab 2026 erfolgen, und das zusätzlich zu den außerordentlichen Schulden dieses Jahres. Im Klartext: Bis 2043 werden wir diese Schulden abstottern, und das mit zweistelligen Milliardenbeträgen jedes Jahr.
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Allerdings bedeutet Generationengerechtigkeit ja nicht, dass wir prinzipiell keine Schulden machen oder gar kein Geld mehr ausgeben.
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Es kommt darauf an, wofür wir das Geld im Bundeshaushalt ausgeben.
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Für Zukunftsaufgaben, für Forschung und Entwicklung und gute Infrastruktur –
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ja, dafür müssen wir Geld bereitstellen.
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Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind solche Zukunftsthemen. Als Berichterstatter für den Haushalt des Bundeslandwirtschaftsministeriums habe ich hier vor allem den Wald im Blick.
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Der Wald ist ein Schlüsselfaktor in unserer Klimapolitik. Allerdings haben Dürre, Sturm und Schädlinge den Wald in den letzten Jahren deutlich geschädigt.
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Umso wichtiger sind unsere Förderprogramme für den Wald, etwa in der GAK. Die starke Nachfrage zeigt, wie groß die Not an dieser Stelle ist. Im parlamentarischen Verfahren haben wir die Mittel für die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe und den Waldklimafonds daher erhöht.
Ich unterstütze auch die Forderung, dem Wald aus der CO2-Abgabe eine Prämie zu gewähren. Denn der deutsche Wald speichert jährlich 58 Millionen Tonnen CO2. Dazu kommen positive Substitutionseffekte in gleicher Höhe durch die Nutzung von Holz als Energieträger oder im Holzbau. Diese Klimaleistung des Waldes müssen wir anerkennen, meine Damen und Herren.
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Daneben stehen auch große Fortschritte beim Zukunftsthema schlechthin, der Digitalisierung, an. Das zieht sich durch alle Haushaltspläne des Bundeshaushalts: Digitale Schiene Deutschland, DigitalPakt Schule, digitale Experimentierfelder in der Landwirtschaft,
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Förderung von Quantencomputing und künstlicher Intelligenz.
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Wo heute noch der Herdenschutzesel seinen harten Dienst verrichtet, vertreibt morgen schon ein Roboter hungrige Wölfe.
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All das ist gut und richtig. Nicht bei den Investitionen in die Zukunft, sondern bei den konsumtiven Ausgaben müssen wir genauer hinschauen.
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Denn der demografische Wandel wirft seine Schatten voraus. Immer weniger Erwerbstätige kommen auf einen Rentenbezieher. Immer höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt dienen der Deckung der sozialen Sicherungssysteme.
Die Wirtschaftsweisen machen uns immer wieder auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aufmerksam. Auch die Tragfähigkeitsberichte des Bundes selbst zeigen uns hier steigenden Handlungsbedarf. Die aktuellen Berichte weisen eine Tragfähigkeitslücke von bis zu 3,8 Prozent des BIP auf. Die nächste Legislaturperiode muss daher von einer Haushaltskonsolidierung geprägt sein,
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nachdem wir die Pandemie hoffentlich überstanden haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Ausgabenkritik ist angesagt.
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Und wenn uns der Bundesrechnungshof mahnt, der Bund müsse sich stärker auf die eigenen Aufgaben konzentrieren, dann ist das richtig. Der Bund kann nicht weiter Ausfallbürge für Versäumnisse der Länder sein, zum Beispiel bei der Kommunalfinanzierung. Mit Spannung erwarte ich das Urteil des Verfassungsgerichtshofes am 16. Dezember zu den Fehlentwicklungen in Rheinland-Pfalz.
Der Bund muss sich gerade in dieser Frage keine Vorwürfe machen. Im Bundeshaushalt 2021 stehen rund 65 Milliarden Euro mit direktem oder indirektem kommunalen Bezug zur Verfügung, 5,5 Milliarden Euro mehr als im Haushaltsjahr 2020 und über 22 Milliarden Euro mehr als 2019. Mit dem Coronakommunalpaket im Sommer haben wir gezeigt: Wir stehen auch in Krisenzeiten an der Seite der Kommunen. Kostenübernahmen bei der Grundsicherung im Alter oder den Kosten der Unterkunft entlasten Kommunalhaushalte strukturell, langfristig und nachhaltig.
Meine Damen und Herren, das Haushaltsjahr 2021 wird leider nicht besser für die Kommunen. Durch den Teil-Lockdown sind weitere Steuerausfälle zu erwarten. Aber ich will es wiederholen: Die Länder müssen hier ihre finanzielle Verantwortung wahrnehmen. Der Anspruch auf eine auskömmliche kommunale Mindestausstattung in Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz ist keine Prosa, sondern Rechtsanspruch.
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Liebe Eltern, liebe Großeltern, liebe Tanten und Onkel, liebe Enkelkinder, Nichten und Neffen, erlauben Sie mir zum Abschluss dieser Haushaltswoche noch einen persönlichen Impuls. Unsere Politik muss vom christlichen Menschenbild geleitet sein. Daher sind solide Staatsfinanzen gelebte Generationengerechtigkeit. Lassen Sie uns doch dieses Weihnachtsfest, das ganz anders sein wird als alle anderen zuvor, einmal als Chance begreifen. Lassen Sie uns aus der Not eine Tugend machen. Lassen Sie uns im kleinsten Kreis, so wie damals in Bethlehem an der Krippe, feiern – nur der kleinste Kreis, das Herz der Familie. Weihnachten ist eigentlich kein Fest von Glanz und Gloria. Es ist ein besinnliches Fest. Erinnern wir uns daran!
Vielen Dank.
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Vielen Dank. – Das Wort geht an Herrn Otto Fricke von der FDP-Fraktion.
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Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Trotz der kurzen Redezeit will ich doch eine Minute für Dank verwenden. Ich sage gerne in Richtung des Sekretariats, weil ich das, wie Gesine Lötzsch, noch aus alten Zeiten kenne: 1 800 Anträge und ein bisschen mehr in diesen Haushaltsberatungen – das alles so richtig hinzubekommen, war, weil wir eben bei der Digitalisierung noch nicht ganz so weit sind, eine harte Arbeit. Danke, dass ihr das gemacht habt! Das muss man ausdrücklich noch mal sagen.
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Auch wenn jetzt einige fragen werden: „Warum sagt der das?“, will ich mich ausdrücklich beim stellvertretenden Vorsitzenden und beim Vorsitzenden des Haushaltsausschusses dafür bedanken, dass sie diese 17 Stunden so ordentlich durchgebracht haben, dass wir diese Massenaufgabe, die wir hatten, hinbekommen haben, ohne dass an der Stelle Fehler und Ähnliches mehr passiert sind. Das ist schon eine Aufgabe, die nicht einfach ist, aber die ihr beiden – das darf ich mal sagen – wirklich gut gemacht habt. Danke dafür!
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Meine Damen und Herren, ich muss mich noch bei einem bedanken: Ecki. Ich hätte eigentlich gerne nach dir geredet, um mich zu bedanken; aber ich tue das jetzt hier. Ich sage für alle: Du bist der, der bei aller Kritik immer wieder für diesen Haushalt steht, und du bist der, der als Puffer am meisten aushalten muss, wenn es darum geht, dass das, was du als Haushälter eigentlich willst, nicht das ist, was manche in deiner Fraktion – zu viele in deiner Fraktion – wollen und was insbesondere die Regierung will. Insofern kommt der Dank nicht nur von meiner Seite, sondern, wie ich denke, von allen; denn es ist dein letzter Haushalt!
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Meine Damen und Herren, aber dennoch: Kritik muss sein, und Kritik ist auch notwendig; denn Kritik ist das, was uns voranbringt. Es ist, wenn wir in wenigen Minuten den Haushalt verabschieden, ein Rekordhaushalt, ein Rekordverschuldungshaushalt, der mit dem letzten zusammen die Grenze von 1 Billion Euro überschreitet. Es ist aber ein Haushalt, der – und das muss man sehen – in einer Notsituation entstanden ist, und das wird auch nicht von meiner Fraktion bestritten. Nur gelten in einer Notsituation doch zwei Dinge: Erstens kann ich mich nicht verschulden, wie ich Lust und Laune habe. Zweitens muss ich in einer Notsituation auf Dinge, die im normalen Alltag notwendig sind, verzichten. – Dieses Verzichten fällt großen Teilen dieses Hauses sehr schwer. Daher sind wir bei dieser übermäßigen Verschuldung, die die FDP mit ihren Vorschlägen um 100 Milliarden Euro reduziert hätte.
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Meine Damen und Herren, ich will das auch noch mal sagen: Es wird hier immer in den ganzen Einzelplandebatten so getan – und ich habe hier in dieser Woche lange gesessen, so wie viele andere haushaltspolitische Sprecher und viele andere Mitglieder des Haushaltsausschusses auch –, als gäbe es in diesem Land den Glauben: Alles, was wir machen, ist richtig, überall noch ein bisschen dazu, hier noch was, da noch was, es geht doch eigentlich, ist doch nur eine kurze Unterbrechung. – Dieses Land, die ganze Welt, die Menschheit ist nur dadurch groß geworden, dass sie neue Ideen hatte, weil es Knappheit gab,
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dass sie neu überlegt hat, wie man vorankommt und für sich, für andere im Rahmen sozialstaatlicher und wirtschaftlicher Maßnahmen etwas tun kann. Das machen Sie nicht, indem Sie sagen: Das Alte einfach noch mal und noch ein bisschen drauf und noch neue Leistungen – so kommen wir gut durch die Krise. – Nein, so werden Sie vielleicht noch bis ans Ende der Krise kommen, aber ab dann ist – in Anführungszeichen – das Grauen groß.
Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat hier eine – na, ich will es mal so sagen – interessante Rede gehalten. Aber man muss ja bei ihm immer aufpassen, was er nicht sagt.
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Das ist das Wichtige. Und was erkennbar war: Er hat sich zur Schuldenbremse nicht geäußert. Und er hat ja auch schon seinen Haus- und Hofvolkswirt äußern lassen, dass im Jahre 2022 die Schuldenbremse nicht einzuhalten sei, die wahrscheinlich irgendwo zwischen 10 und 30 Milliarden Euro Neuverschuldung erlaubt. Und ich habe auch genau gemerkt, Herr Minister, dass es bei Ihnen überhaupt kein Thema mehr ist, zu sagen: Wir wollen die Schuldenbremse 2022 einhalten. – Das interessiert gar nicht.
Ich habe gemerkt, dass leider auch bei der Union niemand den Satz gesagt hat – ich wäre froh, wenn einer der Nachredner, vielleicht du, Ecki, es nachholen könnte –: Wir werden die Schuldenbremse 2022 einhalten. – Das war ursprünglich mal der Satz, und dann wurde daraus: Wir wollen … – Der feine Unterschied ist da auch bei der CDU/CSU schon erkennbar.
Das, Herr Scholz, sage ich Ihnen ganz deutlich, wenn es um die Schuldenbremse geht: Die Wahrheit kommt noch vor der Wahl, und wenn Sie den Entwurf des Haushaltes vorlegen, dann können Sie nicht Kanzlerkandidat sein, sondern müssen Finanzminister sein. Und ich warne Sie im Interesse der nachfolgenden Generationen davor, dann wieder mit sogenanntem finanzpolitischem Handlungsbedarf im Umfang von 42 Milliarden Euro zu kommen. Wissen Sie, was das übersetzt heißt?
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„Finanzieller Handlungsbedarf“ bedeutet:
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Ich weiß nicht, woher ich das Geld nehmen soll, ich stelle das jetzt mal ein. – Das ist kein Generationenvertrag, das ist unverantwortlich.
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Meine Damen und Herren, zum Schluss die Position der FDP. Das Interessante ist an dieser Stelle: Wir werden das anders machen; denn wir kommen von einem ganz anderen Niveau, lieber Carsten Schneider, weil wir eben nicht ständig neue, zusätzliche Ausgaben tätigen. Das ist der Unterschied.
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Zum Schluss. Die „FAZ“ sagt heute sehr schön in einem Kommentar zu der Frage der Haushaltspolitik das, was Herr Schneider nicht gerne hört:
Nur die FDP bemüht sich um Vorschläge, die den Schutz der Gesundheit und der Wirtschaft mit dem Schutz öffentlicher Kassen besser zusammenbringen sollen. Das ist der richtige Ansatz für das zweite Pandemiejahr.
Man könnte es aber auch einfach sagen: Die FDP ist der einzige Herdenschutzesel für Wirtschaft, Gesundheit und Generationenvertrag.
Herzlichen Dank.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Tobias Lindner von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir beraten hier einen Bundeshaushalt in Ausnahmezeiten. Als Teil der Opposition hat meine Fraktion in den vergangenen Monaten dieser Krise immer wieder in der Sache entschieden und – das wissen Sie auch – bei der Beratung der beiden Nachtragshaushalte hier in diesem Hohen Haus nicht auf plumpe Opposition gesetzt. Aber wenn man sich den Bundeshaushalt für 2021 anschaut, dann wird man feststellen, wie es hier ja schon Vorredner gesagt haben: Er enthält so manche Eselei, nicht nur Herdenschutzesel, sondern auch Maulesel, beispielsweise – ich schaue die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch an, die hier von diesem Pult viel über Aufrüstung spricht – beim Thema Bundeswehr.
Es mag manche Eselei in diesem Haushalt sein. Aber wenn man sich dann die Frage stellt: „Ist er wirklich eine Antwort auf die Fragen der Zukunft, die auch im kommenden Jahr vor uns liegen?“, dann muss man feststellen: Dieser Haushalt 2021 greift deutlich zu kurz, meine Damen und Herren.
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Es geht doch nicht nur darum, ob man aus der Krise herauskommt, sondern wir müssen auch die Frage stellen: Wie kommen wir denn aus dieser Krise gestärkt heraus? In den letzten Stunden ihres Gipfels hat die EU richtigerweise ihre Klimaschutzziele noch einmal verschärft. Es wäre jetzt an uns, an der Bundesregierung, an Deutschland, hier klare Angebote zu machen und voranzugehen. Wir müssen uns doch die Frage stellen: Machen wir wirklich genug im Bereich der Digitalisierung, nicht nur was den Breitbandausbau betrifft, sondern beispielsweise auch bei der Digitalisierung der Dienstleistungen des Bundes? Wir müssen uns die Frage stellen: Machen wir wirklich genug für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland mit diesem Haushalt? Nein, meine Damen und Herren, was Sie hier liefern, sind nette Überschriften, aber keine Antworten auf diese drängenden Fragen.
({1})
Herr Scholz, um es klar und deutlich zu sagen: Es geht doch nicht darum, dass Sie Schulden machen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite. Auch wir erkennen diese Notwendigkeit an. Aber es geht darum, wofür wir Schulden aufnehmen und wie wir das Geld ausgeben. Wenn ich sehe, dass Novemberhilfen erst im Januar ausgezahlt werden sollen, dass in dieser Woche ruckartig eine Abschlagszahlung hinterherkommt, dass für Soloselbstständige noch immer nicht genug getan wird, dass wir zwar vielen Menschen – meine Kollegin Frau Hajduk ist darauf schon eingegangen – mit einer Umsatzerstattung helfen, dass wir aber an vielen anderen Stellen überhaupt nicht zielgerichtet fördern, dann muss ich feststellen: Sie nehmen zwar Schulden auf, geben aber das Geld nicht zielgerichtet aus, Herr Scholz.
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Um in Ihrem eigenen Bild zu bleiben: Sir haben am Anfang dieses Jahres gesagt: Wir packen jetzt die Bazooka aus. – Wenn Sie aber die Bazooka auspacken, dann dürfen Sie nicht im Streufeuer auf alles Mögliche zielen. Dann müssen Sie auch zielgerichtet vorgehen, Olaf Scholz.
({3})
Letzter Punkt. Hier wurde viel über die Schuldenbremse fabuliert. Kollege Haase, ich war vorhin versucht, die entsprechende Bibelstelle zu finden, als Sie vom christlichen Menschenbild und von der Schuldenbremse sprachen.
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Wir brauchen bei allem Dissens in der Sache, wie wirksam dieses Instrument in der Vergangenheit war, doch eine vernünftige Antwort darauf, wie es uns in den kommenden zehn Jahren gelingen kann, zielgerichtet – nicht nach dem Gießkannenprinzip – Investitionen der öffentlichen Hand in die Zukunftsfelder Klima, Digitalisierung, Zusammenhalt zu tätigen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Darauf bieten Sie keine überzeugende Antwort mit diesem Haushalt und mit Ihrer Haushaltspolitik.
({5})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Debatte wären viele gern Herdenschutzesel gewesen, auch mein Vorredner von der FDP. Herr Scholz, Sie haben die Kanzlerkandidatur vor sich; ich glaube, Sie werden auch das versuchen. Ich habe den Eindruck: Viele hier – auch von der Großen Koalition – sind doch eher Meister Lampe, der sich in die Büsche schlägt, wenn es wirklich gefährlich und kritisch wird.
Herzlichen Dank.
({6})
Das Wort geht an die Abgeordnete Doris Barnett von der SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal gilt bei dem letzten Haushalt, den ich mitzuverantworten habe – die Grundsätze des nächsten Haushalts könnte ich auch noch ein bisschen mitbestimmen –, mein Dank dem Sekretariat, unseren Mitarbeitern, aber auch besonders dem Finanzminister und seinem Haus. Wir haben hier, glaube ich, etwas Gutes geschaffen.
({0})
Aber mein Dank gilt auch Dennis Rohde, unserem haushaltspolitischen Sprecher, der den Haushalt, den er erstmalig in dieser Position zu verantworten hat, gut zusammengehalten hat, halt wie ein guter Herdenschutzesel.
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Jetzt lassen Sie mich aber wenigstens noch ein paar Worte auf die rechte Seite des Hauses verschwenden. Wenn das Coronavirus nicht so tödlich wäre, könnte man die Beiträge der AfD als Satire betrachten und vielleicht sogar darüber schmunzeln. Das Schlimme ist aber: Sie meinen alles, was Sie hier plappern, ernst. Selbst der beste Herdenschutzesel schützt Sie nicht davor. Denn Sie überprüfen Ihren Sermon nicht auf Seriosität und wissenschaftliche Haltbarkeit, im Gegenteil.
Deswegen verwundert es mich auch nicht, dass Sie vorgestern von hier aus noch mal ganz kräftig den Herrn Trump unterstützt haben. Offensichtlich haben Sie mit Demokratie nicht viel am Hut.
({2})
Ihr Ding ist dann eher die Autokratie, und autokratisch regierte Länder sind ja für Sie sowieso ein beliebtes Reiseziel. So waren Sie erst vor Kurzem wieder in Russland, und auch auf die Krim fahren Sie nach wie vor. Sie gehen zu Herrn Assad. Wahrscheinlich holen Sie sich dort nicht nur Anregungen. Ich vermute: Sie würden, wenn Sie könnten und dürften, wahrscheinlich eine Mauer um Deutschland bauen und dann einen hervorragenden Haushalt aufbauen, weil Sie dann keinen Außenhandel haben usw.
Lassen Sie mich aber auf unseren Haushalt zurückkommen. Der Haushalt ist wirklich gut. Es ist ein Rekordhaushalt – das stimmt –, aber wir erleben auch eine ungewöhnliche Zeit, in der viele Menschen sterben. Wir haben schon über 20 000 Tote in unserem Land. Da darf man nicht kleckern. Da muss man sich etwas trauen. Unser Finanzminister hat sich etwas getraut, und ich bin froh, dass er das gemacht hat.
({3})
Er hat viel Geld in die Hand genommen für die Menschen in unserem Land, für die Familien, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Unternehmer. Natürlich muss er auch Unternehmen schützen. Wie sonst sollen denn Arbeitsplätze erhalten bleiben? Man kann natürlich sagen: Hauptsache, die Arbeitnehmer und die Rentner haben etwas. – Aber wenn die Firmen kaputt sind: Wo sollen die Menschen dann arbeiten gehen? Also bitte!
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Es ist wichtig, dass auch die Kommunen unterstützt werden, und – meine Vorredner haben das ja schon ausgeführt – das tun wir. Wir lassen die Kommunen nicht im Stich. Aber die Länder müssen ihren Beitrag auch dazu leisten.
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Es ist gut, dass wir jetzt in Europa einheitliche Regelungen haben und dass Geld nach Europa fließt. Es kann nicht sein, dass nur Deutschland mit viel Geld aus der Krise herauskommt. Wir brauchen auch starke Nachbarn. Auch dort müssen die Menschen wieder Hoffnung fassen. Auch dort müssen sie wissen, dass es weitergeht nach der Krise. Wenn wir hier helfen – die Menschen dort sollen ja unsere Waren kaufen –, dann ist das der richtige Weg, und das ist gut so.
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Ich bin auch froh, dass wir den Entwicklungsländern, zum Beispiel den Ländern in Afrika, helfen und unsere humanitäre Hilfe großzügig aufgestockt haben; denn dort werden wir zukünftig Menschen brauchen, die uns helfen.
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Jetzt möchte ich noch einem Bildungsträger ganz herzlich gratulieren, dem wir auch immer viel Geld geben, der es aber auch gut nutzt. Das ist das Goethe-Institut. Das Goethe-Institut ist ausgezeichnet worden als bester digitaler Bildungsanbieter. Das hat doch was.
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Das ist eine Institution, die wir unterstützen und die sich auf die neuen Zeiten eingerichtet hat und etwas Gutes bewirkt.
Dieser Haushalt hat die Herausforderungen der Zeit aufgenommen und wird sie auch meistern. Deswegen würde ich mich freuen, wenn Sie ihm auch zustimmen könnten.
Vielen Dank.
({9})
Ich gebe das Wort an den Abgeordneten Spaniel aus der AfD-Fraktion für eine Kurzintervention.
({0})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Kollegin, hier in dieser Debatte kommt ja immer wieder das Wort „Herdenschutzesel“ vor. Es mag eine gute Tradition sein, dass man ein solches Wort verwendet. Der Herdenschutzesel dient einer Herde als Schutz gegen Angriffe von außen. Das, was wir bei diesem Bundeshaushalt erleben, ist meiner Ansicht nach etwas völlig anderes. Wir sehen hier einen Bundeshaushalt, der aus einer Lockdown-Politik resultiert. Die Menschen in diesem Land vertrauen dieser Regierung, und diese Regierung führt die Menschen in diesem Land in die Irre, und zwar mit einer katastrophalen Wirtschafts- und Überschuldungspolitik. Das haben wir hier identifiziert.
Ich finde, der Ausdruck „Herdenschutzesel“ ist völlig unangemessen. Es gibt einen ganz anderen Ausdruck, der hier angemessen wäre. Dies ist der Ausdruck „Judasziege“. Die Judasziege führt ihre Herde in den Schlachthof. Und genau das passiert in diesem Land. Deshalb bin ich dafür, dass wir diesen Ausdruck hier auch ins Gespräch bringen. – Vielen Dank.
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Frau Abgeordnete, möchten Sie darauf reagieren? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zu Herrn Sebastian Brehm, der für die CDU/CSU-Fraktion spricht.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verabschieden heute einen der wohl wichtigsten Haushalte in der jüngeren bundesdeutschen Geschichte, neben dem Haushalt zur Finanzkrise zum Beispiel oder dem zur deutschen Wiedervereinigung. Auch dort ging es darum, künftige Weichenstellungen, die in ihrem ganzen Ausmaß noch nicht abzusehen waren, zu beschließen. Und dies gilt auch heute.
Wir befinden uns nach wie vor in einer ernsten Krisensituation, gerade in diesen Tagen. Seit Beginn der Pandemie arbeiten wir unermüdlich mit voller Konzentration und Sorgfalt an der Lösung der großen Herausforderungen, und wir werden dies auch mit aller Kraft weiter tun. Lassen Sie mich drei Punkte ansprechen, die mich im Zusammenhang mit dem Haushalt 2021 bewegen:
Erstens. Dieser Punkt ist etwas allgemeiner. Unser Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus hat am 26. November dieses Jahres zutreffend formuliert: Führung bedeutet eben auch, den anderen etwas zumuten zu können. – Wir haben natürlich versucht, haushalts- und finanzpolitisch unter den gegebenen Umständen das Beste möglich zu machen. Manche Wünsche wurden erfüllt, manche Wünsche konnten aber leider nicht erfüllt werden. Und so ist es auch bei unseren Hilfsmaßnahmen: Das bedeutet, sich diese jeden Tag mit aller Sorgfalt anzusehen, nachzusteuern, zu verbessern, gegebenenfalls auch Fehler zu korrigieren. Wir übernehmen Verantwortung in dieser Zeit wie in keinem anderen Land dieser Erde.
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Zweitens. Betrachtet man einen Staat wirtschaftlich für sich alleine, gibt es aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zwei Möglichkeiten, eine Krise zu kontrollieren: Die erste ist monetär, also geldpolitisch, und die zweite ist fiskalisch, also haushalts- und steuerpolitisch. Im Bereich der Geldpolitik haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, unsere Wünsche zu äußern. Das ist gut und richtig; denn die Zentralbank ist unabhängig.
Den Bereich Haushalt und Finanzen haben wir aber fest in unseren Händen. Der Haushaltsausschuss hat in diesem Jahr mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine unglaubliche Arbeit geleistet und hat den Regierungsentwurf noch mal um 85,2 Milliarden Euro aufgestockt. Die Gesamtausgaben des Bundes belaufen sich somit auf knapp 500 Milliarden Euro.
Um diesen fiskalischen Kraftakt zu stemmen, müssen wir knapp 180 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Die Schuldenquote nach den Maastrichter Kriterien steigt von 60 Prozent auf 71 Prozent. Im Vergleich dazu lag sie nach der Krise im Jahr 2008 bei 80 Prozent. Man kann mit Fug und Recht sagen: Die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren mit der schwarzen Null getroffen haben, waren wichtig für eine solide Haushaltsführung, und deswegen haben wir jetzt die Möglichkeiten zur Verfügung. Wir müssen aber die schwarze Null weiter fest im Auge behalten. Wir müssen sie ab 2022 wieder in den Blick nehmen, und darüber müssen wir hart diskutieren.
Die Schwerpunkte im Haushalt zeigen aber auch eine klare Handschrift. Wir helfen kurzfristig, aber wir investieren mittel- und langfristig. Kurzfristig helfen wir mit 39,5 Milliarden Euro für die Überbrückungshilfe III, mit den November- und Dezemberhilfen. Es gibt ein großes Hilfspaket: 35 Milliarden Euro für den Covid-19-Vorsorgetitel, das KfW-Sonderprogramm, die Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit zur Finanzierung des Kurzarbeitergeldes.
Im mittel- und langfristigen Bereich treffen wir wichtige Entscheidungen mit 35 Milliarden Euro beim Etat für Gesundheit, zum Beispiel um die Krankenhäuser leistungsfähiger zu machen, neue Impfstoffe zu beschaffen oder auch neue Medikamente gegen Covid-19 zu entwickeln. Wir entlasten die Kommunen, damit weiteres Investitionspotenzial dort verbleibt.
Der Haushaltsausschuss hat die bislang höchsten Investitionen in diesem Haushalt angelegt. Mit 61,8 Milliarden Euro setzt der Staat so starke Investitionspotenziale wie noch nie zuvor:
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Klimaschutz, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Investitionen in Bildung oder unsere Wasserstoffstrategie, Investitionen in den Strukturwandel. Wir müssen für die Zukunft noch mehr in die Ressourcen Mensch und Wissen in Deutschland investieren. Das ist übrigens eine große Chance dieses Haushaltes, und die nutzen wir.
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Drittens. Dieser Punkt ist für mich entscheidend: Wie soll es in Zukunft weitergehen? Wie kommen wir gestärkt aus der Krise? Das wurde während der ganzen Woche schon an vielen Stellen betont, und ich will es noch einmal doppelt unterstreichen: Wenn wir die Krise langfristig meistern wollen, schaffen wir das nur durch Wachstum. Wachstum schafft und sichert Arbeitsplätze. Wachstum führt zu mehr Steuern, und Wachstum führt zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Wachstum erreichen wir aber nicht mit mehr Bürokratie, mit mehr Kontrollen, mit mehr Misstrauen oder mit mehr Steuern. Ich nenne hier die Forderung nach einer Vermögensteuer oder einer Vermögensabgabe. Das ist genau die falsche Richtung.
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Was wir brauchen, ist ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft. Vor allem brauchen wir Vertrauen für die Wirtschaft und für die in der Wirtschaft Tätigen. Was wir aber auch brauchen, ist eine dringende Reform der Unternehmensbesteuerung in Deutschland, und hier haben wir als CDU/CSU-Fraktion ein Papier vorgelegt, das genau die Maßnahmen benennt: Maximalbelastung für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, in Höhe von 25 Prozent, damit Investitionen angestoßen werden können, damit investiert werden kann in die Zukunft.
Wir schaffen damit auch mehr Liquidität für die Bekämpfung des Klimawandels, für Digitalisierung und andere Fragen. Wir brauchen eine Verbesserung des Verlustrücktrages, sodass Unternehmen aus eigener Kraft heraus die Krise meistern können. Lieber Herr Kollege Scholz, ich weiß nicht, warum Sie das nicht mit eingebracht haben. Im Februar haben Sie anlässlich einer Veranstaltung „10 Jahre Hamburger Forum für Unternehmensteuerrecht“ gesagt – ich zitiere –:
Wir beobachten die wirtschaftliche Entwicklung sehr genau, um darüber hinaus auch mit steuerlichen Maßnahmen reagieren zu können, wenn es notwendig ist. Notwendig wird das jedoch erst im Falle eines deutlichen und gravierenden Einbruchs der konjunkturellen Entwicklung.
Wann, wenn nicht jetzt, lieber Herr Bundesfinanzminister? Ich weiß nicht, warum Sie sich in dieser Sache verweigern.
Herr Abgeordneter, haben Sie Lust auf eine Zwischenfrage vom Kollegen Dehm?
Nein, danke.
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Und wenn man diesen Vergleich mit der Vermögensteuer zieht, dann muss man, so glaube ich, auch noch mal den Vergleich mit dem heute viel zitierten Herdenschutzesel und mit den Wölfen machen. Wenn Sie Vermögensteuer und mehr Steuern fordern, dann ist das wie der Wolf, der die Herde bzw. die Substanz der Unternehmen angreift. Wenn der Vermögensteuerwolf um die Herde kreist und immer wieder jemanden rausreißt aus der Herde, dann geht die Herde kaputt. Deshalb brauchen wir mehr steuerliche Herdenschutzesel, die laut aufschreien, wenn der Vermögensteuerwolf und der Steuererhöhungswolf durch die Lande ziehen.
({1})
Um im Tierreich zu bleiben – wir haben es auch in dieser Diskussion wieder gesehen –: Es gibt leider auch dümmere Esel als den Herdenschutzesel, obwohl man dem Tier wahrscheinlich Unrecht tut. Aber das Bild passt.
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Diese dümmeren Esel treiben sich an den dunklen und rechten Rändern der Herde rum. Sie schreien laut, verunsichern die Herde, aber sie bewirken nichts. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herde merkt das. Die Herde braucht einen konzentrierten Herdenschutzesel, der die Herde schützt und der ihr auch Sicherheit gibt.
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Wir wollen das tun, indem wir mit aller Konzentration auch in der Zukunft daran weiterarbeiten.
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Lassen Sie uns die Krise als Chance nutzen – als Chance für mehr Beschäftigung, für mehr Wachstum. Und deswegen lassen Sie uns den Haushalt heute so beschließen.
Herzlichen Dank.
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Ich gebe das Wort an den Abgeordneten Dehm für eine Kurzintervention.
Herr Kollege, Sie hätten natürlich die Frage zulassen können; dann hätte ich es auch in Frageform formuliert. So wird es jetzt zum Statement.
Nachdem immer wieder wie gedroschenes Stroh hier die Legende von der schwarzen Null und der Schuldenbremse verbreitet wird – die schon vorher als Ideologie immer im neoliberalen Teil des Parlaments herumgegeistert ist –,
({0})
wonach eine Rücklage gebildet worden sei, auf die man jetzt zurückgreifen könnte, möchte ich Ihnen einfach nur als Statement – sonst hätte ich es als Frage formuliert – sagen: Durch die Einsparungen, durch die Kürzungen bei den Gesundheitsämtern wurde der Lockdown verschärft. Durch die Einsparung von Schwersttherapie-Pflegepersonal – nicht Betten, aber Pflegepersonal – wurde der Lockdown verschärft. Diese gesamten Maßnahmen, durch die überall dort eingespart wurde, wo wir jetzt an der Belastungsgrenze sind – Sie haben wahrscheinlich auch wie ich das Interview mit dem Chef der Charité gehört –, sind angelegt worden durch die schwarze Null und durch die Schuldenbremse.
Die schwarze Null und die Schuldenbremse haben keine Rücklage erzeugt; sie sind kein Teil der Lösung, sondern sie sind ein Teil der Problemanhäufung. Sie müssen auf Dauer beendet bleiben.
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Herr Abgeordneter Brehm, möchten Sie reagieren? – Nein, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum nächsten Redner: Dennis Rohde aus der SPD-Fraktion.
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Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten uns vorgenommen – auch mit Blick auf die Pandemie –, die Bereinigungssitzung, die ja immer bis in die frühen Morgenstunden geht, vielleicht etwas zu straffen, um nicht wieder auf so viele Stunden zu kommen. Es ist uns nicht gelungen; mit siebzehneinhalb Stunden war es die längste Bereinigungssitzung, an die sich, glaube ich, alle hier im Saal erinnern können.
Das zeigt aber, dass dieser Haushalt mit seinem Riesenvolumen von 500 Milliarden Euro – mit 180 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme – intensiv diskutiert wurde. Ich finde, das ist so einem Haushalt auch angemessen, und es zeigt, dass dieses Parlament in der Krise handlungsfähig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({0})
Wir haben jetzt eine intensive Debatte – über die letzten Tage – zu diesem Haushalt hinter uns. Ich dachte eigentlich nach den letzten drei Jahren, man hätte hier alles erlebt. Aber wie offenkundig in jeder Rede einer bestimmten Fraktion Tote, Schwererkrankte billigend in Kauf genommen wurden, wie offenkundig hier Beihilfe zur Masseninfektion betrieben wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen, das fand ich unerträglich.
({1})
Und es ist nicht nur gemeingefährlich nach draußen – wir haben ja gehört: die Zahl der Infizierten in der AfD-Fraktion ist nach dem Bundesparteitag signifikant gestiegen –, Sie sind auch eine Gefahr für die Kolleginnen und Kollegen, die sich hier selbst schützen wollen.
({2})
Wir haben intensiv über den Bundeshaushalt diskutiert. Es ist auch deutlich geworden, dass es unterschiedlichste Vorstellungen zur Ausgestaltung des Haushalts gibt. Ich habe mir sehr intensiv zum Beispiel angeguckt, was die FDP-Fraktion so beantragt hat. Sie schmücken sich ja damit, die Nettokreditaufnahme würde bei Ihnen 100 Milliarden Euro niedriger ausfallen. Sie wollen den Familien in diesem Land das Baukindergeld streichen.
({3})
Sie wollen im nächsten Jahr die Grundrente nicht in Kraft setzen
({4})
und damit bei denen ansetzen, die ihr Leben lang gearbeitet haben; Sie gönnen denen nicht, dass sie mehr bekommen als das, was Sozialhilfe wäre. Sie sind bereit, bei der Mütterrente anzusetzen,
({5})
und wollen die Gleichstellung von Müttern, die Kinder früh geboren haben, verhindern.
Gleichzeitig wollen Sie die reichsten 5 Prozent dieser Gesellschaft entlasten. Sie wollen eine Politik der Umverteilung von unten nach oben betreiben. Dabei erfahren Sie aber den entschiedensten Widerstand unserer Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({6})
– Otto, ich lasse deine Zwischenfrage nicht zu. Du hast deine Redezeit gehabt. Ich will noch weitergehen.
({7})
Für eine Pressemitteilung „Unsere Nettokreditaufnahme wäre 100 Milliarden Euro niedriger als die der anderen“ sind Sie bereit, die 50-Milliarden-Euro-Rücklage einzusetzen und damit dem nächsten Deutschen Bundestag die Chance zu nehmen, die Schuldenbremseregel der Verfassung wieder einzuhalten.
({8})
Auch das spricht für sich; das ist Politik, die nicht nachhaltig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({9})
Wir haben gesagt – und das ist richtig so –: Die Rücklage, die wir in guter Zeit erarbeitet haben, die nutzen wir in den Jahren 2022, 2023 und 2024, um wieder unter die Schuldenbremseregel der Verfassung zu kommen. Das wird eine Anstrengung mit sich bringen; aber wenn man die Rücklage jetzt auf den Kopf haut, dann hat man eben gar keine Chance mehr. Und das ist der Unterschied hier im Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Ich möchte mich zunächst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltsreferats bedanken, die mit uns diese langen, langen Sitzungen vollzogen haben. Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesfinanzministerium bedanken. Lieber Olaf Scholz, vielen Dank für die viele Zuarbeit! Insbesondere möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Abgeordnetenbüros bedanken, die in dieser Aufzählung schnell zu kurz kommen, und bei denen, die in der Fraktion arbeiten. Wir stehen mit unseren kleinen Teams immer sehr großen Teams in den Ministerien gegenüber, sodass da umso mehr geleistet werden muss. Deshalb auch vielen Dank an all diejenigen, die uns so intensiv in unserer Arbeit unterstützt haben!
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Ich möchte zum Ende meiner Rede – es ist mein erster Haushalt, den ich als Sprecher verhandeln durfte – dir, lieber Ecki Rehberg – es war der letzte Haushalt, den du als Sprecher für die Unionsfraktion verhandeln durftest –, ganz ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit danken. Die Kulturwissenschaftlerin Jutta Person hat einmal gesagt: Im Grunde kann man vom Esel das Neinsagen lernen. – Jetzt würde ich, anders als die Kollegin Doris Barnett, dich nie als „Herdenschutzesel“ bezeichnen.
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Aber Nein sagen gegenüber den vielen Wünschen aus der Fraktion und auch aus den Ministerien, ganz egal welcher politischen Couleur, konntest du, und ganz egal, wer dir nachfolgt, das muss man lernen. Das hast du par excellence gekonnt. Auch dafür vielen Dank, lieber Ecki Rehberg!
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Bundeshaushalt ist Ausdruck für die Handlungsfähigkeit dieses Staates. Ich finde, man sollte denjenigen, die sich jetzt hinstellen und sagen: „Wir können uns das alles gerade nicht leisten“, und: „Man muss mit dem Rotstift durch diesen Haushalt gehen“, ganz entschieden entgegentreten. Wenn wir heute nichts machen würden, dann würde es morgen um ein Vielfaches teurer werden. Das, was wir machen, ist teuer, ja; aber es ist nachhaltig, und es hilft, dieses Land durch die Krise zu bringen. Es ist die Einlösung des Versprechens an unsere Bürgerinnen und Bürger: Wenn dieser Staat in die Krise kommt, dann stehen wir handlungsfähig und solidarisch an eurer Seite.
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Vielen Dank.
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Ich gebe das Wort für eine Kurzintervention dem Abgeordneten Fricke.
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Ja, ich habe schon geredet. Aber ich glaube, man muss das schon klarstellen, was der Kollege Rohde hier anzusprechen versucht hat, und das will ich ganz kurz machen.
Herr Kollege Rohde, Sie behaupten, wir würden an der Stelle nur die Reichen entlasten.
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Jetzt sage ich Ihnen: Das machen Sie doch im Steuerrecht auch, das machen Sie im Steuerrecht doch genauso. Sie haben den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag erhöht. Wollen Sie mir etwa erzählen, dass der größte Teil der steuerlichen Entlastungswirkung nicht bei den Spitzenverdienern ankommt? Ist das nicht Teil Ihres Projektes?
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– Eben, es ist Verfassungsrecht. Und das ist der Unterschied: Sie behaupten einfach mit Ihren Vorurteilen, wir würden die oberen Einkommen entlasten, obwohl Sie es selber genauso machen. Da sollte man doch – Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit – eine gerade Linie verfolgen.
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Das Zweite ist: Man verspricht, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Wenn auf der anderen Seite nicht mehr die Mittel kommen, dann kann man gerne als Koalition darüber diskutieren – wenn Sie das wollen –, die Lohn- und Einkommensteuer zu erhöhen; das kann man dann machen. Aber Versprechen, die man gegenüber allen Bürgern gemacht hat,
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die muss man halten. Die andere Frage hätten Sie klären können; aber selbst das haben Sie in vier Jahren Große Koalition ja nicht geschafft.
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Zum Schluss, um es noch einmal klarzustellen: Die FDP hat bei der Frage der Grundrente ausdrücklich gesagt: Wir müssen hier etwas tun, es muss eine Basisrente sein. – Aber wir haben auch klar gesagt – und dabei bleiben wir –: In einer Notsituation darfst du nicht den Rotstift ansetzen, aber du darfst auch nicht zusätzliche Leistungen einführen; das wäre eine Versündigung am Generationenvertrag.
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Herr Abgeordneter, möchten Sie antworten? – Ja.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich fasse noch einmal zusammen: In der Notsituation ist die FDP bereit, die Grundrente für Menschen mit kleinsten Einkommen zu verschieben und den Soli für die reichsten 5 Prozent abzuschaffen. Das ist genau das, was ich gerade gesagt habe. Ich danke Herrn Fricke für die Bestätigung dessen.
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Vielen Dank. – Das Beste kommt zum Schluss
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– auch wenn noch nicht endgültig Schluss ist –: Ich gebe dem Abgeordneten Eckhardt Rehberg das Wort. Bitte.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Wochen waren schon eine Herausforderung: Zunächst Ende September die erste Lesung – das Bundesfinanzministerium, lieber Olaf Scholz, hat über den Sommer hart arbeiten müssen –, dann zwei Nachträge, ein kompletter Haushalt; das ist schon eine Herausforderung.
Die Bereinigungsvorlage war letztendlich auch nicht ganz dünn. Weil wir in der gebotenen Zeit intensive Beratungen durchführen konnten, geht ein Dank zunächst einmal an das Sekretariat des Haushaltsausschusses.
Die Sitzungen fanden in ungewohnter Umgebung statt, nicht wie gewohnt gleich nebenan im Saal des Haushaltsausschusses, sondern im Großen Protokollsaal, im Fraktionssaal der Union oder der SPD, je nachdem. Die Zahlen sind schon genannt worden: 17 Stunden 37 Minuten Bereinigungssitzung. Insgesamt knapp 60 Stunden Einzelplanberatung. Dank an beide Vorsitzende, gerade an Martin Gester: Freitag früh um 3 Uhr noch 75 Minuten über gut 500 Deckblätter zum Einzelplan 60 abstimmen – Spaß und Vergnügen sieht an der Stelle ein bisschen anders aus. Also Dank an alle Beteiligten, die diesen Bundeshaushalt mit zuwege gebracht haben.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß eigentlich nicht, was man an dieser Stelle zu den – das Wort „Kollege“ kommt mir schon schwer über die Lippen – Kollegen Spaniel und Weyel noch sagen soll. Haben Sie denn wirklich nicht mal Respekt vor der Zahl von knapp 600 Toten gestern und 30 000 Infizierten?
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Stattdessen reden Sie von Massenpsychose. Wissen Sie: Sie sind – ich werde selten so scharf an dieser Stelle – mitverantwortlich mit Ihrem Gebaren, mit Ihrem Reden auch hier im Deutschen Bundestag für die 30 000 Infizierten und für die 600 Toten. Dafür mache ich Sie heute mitverantwortlich!
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Lötzsch,
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Deutschland ist sozial, Deutschland ist klimafreundlich, und Deutschland ist auch friedlich.
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Deutschland hat im Gegensatz zu Russland nicht die Krim annektiert. Ich habe den real existierenden Sozialismus erlebt. Sie reden vom Gesundheitswesen, von Pflegeheimen. Ich habe noch gut im Kopf, wie das in der ehemaligen DDR aussah: 40 Siechende auf einem Flur, ein Waschbecken, eine Toilette.
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Gehen Sie heute mal in die Pflegeheime, in die Krankenhäuser hinein. Ich möchte nicht wieder zurück zum real existierenden Sozialismus. Das, was Sie heute propagiert haben, ist davon ganz in der Nähe. Ich lebe gerne in einer sozialen Marktwirtschaft.
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Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann über diesen Haushalt trefflich diskutieren. Aber er ist eine Brücke, um durch die Krise zu kommen, eine Brücke im Bereich Gesundheitsschutz, Hilfe für Unternehmen, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Aber er macht noch mehr: Er stößt Investitionen an.
Lieber Kollege Tobias Lindner,
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wenn wir Stück für Stück die Einzelpläne durchgehen würden im Hinblick auf die Themen „Klimaschutz“, „Digitalisierung“, „Mobilität“, wird deutlich: Noch nie ist in einem Bundeshaushalt – jetzt und über Verpflichtungsermächtigungen – so viel Geld in diese Bereiche geflossen wie in diesem und im nächsten Jahr.
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Noch niemals! Wir dürfen nicht nur die Einzelpläne anschauen, sondern müssen den Energie- und Klimafonds und den Einzelplan 60 noch mit dazu nehmen. Deswegen ist dieser Haushalt beides: Brücke und Basis für die Zukunft,
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um aus dieser Krise gut herauszukommen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe diese Woche so manchen Fake gehört. Aber die größten Böcke hat Frau Baerbock geschossen.
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Erste Bemerkung zur Behauptung von der Kollegin Baerbock, hier würden 500 Millionen Euro für Regionalflughäfen ausgegeben: Die Wahrheit ist eine andere. Erstens. 300 Millionen Euro für die Deutsche Flugsicherung sind notwendig; denn wir sind Eigentümer. Zweitens. 170 Millionen Euro für drei Flughäfen sind notwendig, weil wir beteiligt sind: Berlin, München, Köln/Bonn. Richtig ist: 20 Millionen Euro haben wir eingestellt, um möglichst, wenn Brüssel Ja sagt, den kleinen Regionalflughäfen beim Thema Flugsicherung zu helfen; das ist die Wahrheit. So viel zu diesen 500 Millionen Euro.
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– Wisst ihr: Entweder schreibt ihr ihr das besser auf, oder sie guckt mal in den Bundeshaushalt rein.
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Diese Rede von der Kollegin Baerbock hat von großer Unkenntnis gezeugt.
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Und Gnade uns Gott, wenn entweder Frau Baerbock oder Herr Habeck Bundeskanzler werden; der eine weiß nicht, was eine Entfernungspauschale ist, und die andere hat noch nicht einmal in den Bundeshaushalt reingeguckt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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Zweite Bemerkung. Kollegin Baerbock behauptet, aktuell wachse das Straßennetz um mehrere Tausend Kilometer, während bei der Schiene sage und schreibe drei neue Kilometer dazugekommen seien. Es gibt da eine ganz andere Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Unter Rot-Grün im Jahr 2004 wurden 3 Milliarden Euro für Neubau und 1 Milliarde Euro für Erhaltung ausgegeben. Heute werden 3,3 Milliarden Euro für Neubau und 4,5 Milliarden Euro für Erhaltung ausgegeben.
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Wenn Sie mal alle Mittel für die Schiene zusammenrechnen, dann sehen Sie, dass für die Schiene fast dreimal so viel ausgegeben wird wie im Bereich der Straße. Deswegen auch hier, Frau Baerbock: Einen Blick in den Bundeshaushalt zu werfen, schützt vor Unkenntnis und vor falschen Aussagen hier im Deutschen Bundestag.
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Herr Kollege Spaniel, scheinbar verstehen Sie überhaupt keinen Spaß. Es ist hier in der Schlussrunde so üblich, weil die Haushälter eine besondere Truppe sind, dass mal das Reeperbahn Festival Thema ist, mal der Glühwein.
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Es gab ja schon eine ganze Menge Aussagen zum Thema Herdenschutzesel. Ich finde es gut – Ingo Gädechens war mit dabei –, das in den Einzelplan 16 einzustellen; ich glaube, die Idee kam vom Kollegen Freese, wenn ich das richtig erinnere. Aber ich habe mich gefragt: Welchen Herdenschutzesel brauchen wir denn ab dem 26. September des kommenden Jahres, nach der Bundestagswahl?
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– Ja, aber Frau Kollegin Roth, das ist ein spannendes Thema. – Denn ich glaube, die Schafe – im übertragenen Sinne – sind die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Bürger dieses Landes. Die Frage ist: Wer muss an der Stelle vor wem geschützt werden? Wenn ich die Pläne höre, die die einzelnen Parteien haben – Abschaffung der Schuldenbremse, Vermögensabgabe usw. usf. –, dann kann ich nur dringend raten: Wir brauchen einen kräftigen, robusten Herdenschutzesel, damit man den Bundeshaushalt vor mancher Wölfin und vor manchem Wolf schützt.
Herzlichen Dank.
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Ich gebe das Wort zu einer Kurzintervention an Anja Hajduk von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Lieber Herr Kollege Rehberg, es ist bekannt, dass ich Sie als Kollegen im Haushaltsausschuss sehr schätze. Aber ich finde es starken Tobak – Sie hätten der Kollegin am Mittwoch selber widersprechen können; Sie waren nämlich im Plenum, als sie hier gesprochen hat –, dass Sie so etwas jetzt am Ende dieser Debatte ins Zentrum der Kritik rücken.
Wir gucken gerne noch mal, was alles gemeint ist: War die Flugsicherung gemeint, oder sind andere Ausgaben für den Luftverkehr gemeint gewesen? Geschenkt, wenn da mal eine Unschärfe war.
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Aber was Sie behauptet haben, finde ich unredlich: Die Zahlen von 2004 – ich war da schon im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages; ich weiß nicht, ob Sie da auch schon dabei waren,
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sind absolute Zahlen im niedrigen einstelligen Milliardenbereich gewesen; das haben Sie gerade gesagt. Das setzten Sie in einen so harten Vergleich zu den absoluten Zahlen von heute. Es geht einmal um 1 Milliarde Euro und 3 Milliarden Euro und einmal um 4 Milliarden Euro und 6 Milliarden Euro, bei einem Bundeshaushalt, der in diesem Zeitraum um über 100 Milliarden Euro bzw. um 200 Milliarden Euro jetzt in der Krise gewachsen ist. Das ist unredlich.
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Unsere Parteivorsitzende so anzugreifen, obwohl man eigentlich Zahlen lesen kann,
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Zahlen ins richtige Verhältnis setzen kann, hätte ich mir von Eckhardt Rehberg weniger prominent gewünscht. Wir – Grüne und CDU – sind im Wettbewerb; aber bleiben wir doch in einem fairen Wettbewerb hinsichtlich Zahlen und Heftigkeit der Kritik. Dann wird es vielleicht auch wieder etwas weihnachtlicher zwischen uns beiden.
Schönen Dank.
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Frau Kollegin Hajduk, Sie müssen es erstens schon mir überlassen, wann ich was hier im Deutschen Bundestag aufgreife. Das ist meine Entscheidung; schlichtweg meine eigene Entscheidung.
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Zweitens. Ich habe in 15 Jahren Landtag und in jetzt gut 15 Jahren Bundestag nie eine Zwischenfrage gestellt und keine Kurzintervention gemacht. Das mache ich nicht, aus ganz wohlerwogenen, eigenen Gründen.
Drittens. Jetzt zitiere ich Ihre Kollegin Baerbock:
Sie wollen 2021 fast eine halbe Milliarde Euro für Regionalflughäfen, etwa so zeitgemäß wie Telefonzellen und Taxisäulen, weiter ausgeben.
Weiter geht’s:
Aktuell wächst das Straßennetz um mehrere Tausend Kilometer, das Schienennetz 2020 um sage und schreibe drei neue Kilometer.
Frau Kollegin, mir ging es ums Verhältnis: Sven Kindler hat immer wieder behauptet, dass wir mehr für Neubau als für Erhalt ausgeben. Nein! Die Wahrheit ist: 2004 war das Verhältnis 3 : 1, und heute fließen mehr als 60 Prozent in den Erhalt und 40 Prozent in den Neubau. Sie müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass es hier um Zahlen und um Fakten geht. Sie machen mit verdrehten Zahlen, mit verdrehten Fakten Politik. Ich habe mir genau diesen Raum genommen, hier und heute in der Schlussrunde, um solchen Behauptungen, die ich sehr massiv finde, entgegentreten zu können.
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Herzlichen Dank.