Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen! Die Sitzung ist eröffnet.
Die Kollegin Agnes Alpers hat auf die Mitgliedschaft
im Deutschen Bundestag verzichtet. Für sie ist die Kollegin Birgit Menz nachgerückt. Im Namen des ganzen
Hauses begrüße ich die neue Kollegin sehr herzlich und
wünsche eine gute Zusammenarbeit.
({0})
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, lassen Sie
mich eine Anmerkung machen. Auch dieser Tag ist kein
Sitzungstag wie jeder andere. Wenn wir heute im Deutschen Bundestag um wichtige Entscheidungen ringen
und Gesetze beschließen, dann tun wir das unter dem
Eindruck unfassbaren menschlichen Leids durch den
Absturz des Flugzeugs in Südfrankreich. Wir haben gestern gemeinsam im Deutschen Bundestag in einer würdigen Weise unsere Zusammengehörigkeit auch mit den
Angehörigen der Opfer zum Ausdruck gebracht. Auch
heute sind wir mit unseren Gedanken und mit unseren
Herzen bei denjenigen, die ihre Liebsten verloren haben.
Sie alle sind nicht allein.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, wollen wir
einen Geschäftsordnungsantrag behandeln.
({1})
Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die
zweite und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes
zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes zu erweitern und jetzt im
Anschluss zu beraten.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat zunächst die Kollegin Dr. Petra Sitte.
({2})
Herr Präsident! Es ist natürlich nicht einfach, in die
Gesetzesberatung bzw. in diese Geschäftsordnungsdebatte einzusteigen. Ich will zunächst für Unkundige
erklären, warum wir eigentlich hier debattieren. Üblicherweise ist es so, dass die Tagesordnung einer Bundestagssitzung in der Sitzungswoche zuvor im Ältestenrat
zwischen den Fraktionen vereinbart wird. Das haben wir
getan. Wir haben dann in den Tagen danach aus der
Presse erfahren - wohlgemerkt: aus der Presse -, dass
die Koalition erwägt, das Thema Maut auf die Tagesordnung dieser Sitzungswoche zu setzen. Das bedeutet, es
handelt sich um eine Änderung der Tagesordnung. Mit
der ist die Opposition nicht einverstanden, und aus diesem Grund diskutieren wir hier.
({0})
Wir stellen fest, dass die Koalition wieder einmal versucht, ein hochumstrittenes Projekt im Turbotempo
durchzudrücken.
({1})
Das heißt, Herr Straubinger muss nachher sehr genau erklären, warum die Maut unbedingt heute diskutiert werden soll. Schon bei der ersten Lesung - ich erinnere noch
einmal daran - haben wir Sie zwingen müssen, dieses
Thema nicht am frühen Abend in einer Kurzdebatte zu
beraten. Sie haben dann Ihrerseits nachgegeben, und die
Debatte wurde anders platziert, sodass auch Bürgerinnen
und Bürger daran teilhaben konnten.
Zwischen erster und zweiter Lesung ist nun nur ein
Monat vergangen, und das, nachdem Sie das Thema seit
2009 diskutieren, aber erst jetzt wissen, was Sie eigentlich wollen und wie es umgesetzt werden soll.
Am 5. November 2009 hat Herr Ramsauer, der damalige CSU-Verkehrsminister, gesagt, er wolle eine stärkere Nutzerfinanzierung der Straßen. Nur einen Tag später, am 6. November, hieß es dann, die Maut stehe nicht
auf der Tagesordnung. Am 21. Juni 2010 - also ein gutes
halbes Jahr später - war die Maut angeblich nie auf dem
Tisch. Dann kam sozusagen die bayerische BastaVariante in Gestalt von Herrn Seehofer, der sagte, er
wolle bei der Maut nicht mehr lockerlassen. Jetzt hatte
der Herr Ramsauer natürlich ein Problem: Die Leit9318
planke näherte sich. Er versuchte dann aber, sich in den
Windschatten von Herrn Seehofer einzudocken und ist
mitgetörnt.
({2})
Im August 2013 hieß es, man wolle keinen Koalitionsvertrag ohne Maut unterschreiben. Eigenartigerweise hatte die Kanzlerin das irgendwie nicht so richtig
ernst genommen oder nicht mitbekommen - keine Ahnung. Jedenfalls hat sie am 2. September 2013 eine ganz
klare Ansage vor der Wahl getroffen: Mit mir wird es
keine Maut geben. - Genau ein Jahr später - bemerkenswerterweise tatsächlich ein Jahr später - kam dann die
ganz klare Ansage nach der Wahl. Es hieß - ich zitiere -:
Um es ganz klar zu sagen: Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen.
Die SPD ihrerseits als Koalitionspartner schlingert da
jetzt so hinterher.
Nachdem es nun fünf Jahre gedauert hat, sprachen
sich die SPD-Vertreter in der ersten Lesung zu Recht dafür aus, sich ausreichend Zeit zu lassen. Es seien ja noch
so viele Fragen offen. Man wolle auch keinen Schnellschuss. - Ja, das sehe ich auch so, ist in Ordnung, okay.
Und warum wollen wir es dann heute hier übers Knie
brechen?
({3})
In drei Ausschüssen gab es in einer Woche Anhörungen und Expertengespräche.
({4})
Die Fragen blieben nicht nur, sondern es sind mehr geworden. Die Experten widersprachen sich. Die EUKommission ihrerseits hält die Regelung immer noch für
rechtswidrig und erwägt sogar - wie auch Österreich dagegen zu klagen. Meine Damen und Herren, und so etwas soll der Bundespräsident unterschreiben?
({5})
Wovor Sie immer noch Angst haben, ist ja, dass die Länder den Vermittlungsausschuss anrufen könnten.
Wir als Opposition, die Grünen und die Linken, haben
dann getan, was eine gute Opposition tun muss. Wir haben gesagt: Eigentlich muss man die ganze Kiste vertagen und muss weiter beraten, um einen seriösen Abschluss zu sichern.
({6})
Auch das haben Sie abgelehnt.
Am Montagabend dieser Woche - am 23. März - gab
es dann eine Koalitionseinigung bei den Vignetten, und
es gab die Vereinbarung, dass man in drei Jahren einmal
schauen will, was herausgekommen ist. Na großartig!
Am Mittwoch tagte abschließend der Verkehrsausschuss. Um 7.48 Uhr morgens sind die Anträge eingegangen. Um 8.45 Uhr hat der Ausschuss seine abschließende Beratung begonnen. Meine Damen und Herren,
wenn es nicht so ernst wäre, könnten Sie die Nummer als
Singspiel und Fastenpredigt auf dem bayerischen Nockherberg aufführen.
({7})
Wir aber sind im Bundestag, und eine solche Politik, einen solchen Politikstil dürfen wir uns hier einfach nicht
erlauben. Auch deshalb lehnen wir die Beratung der
Maut heute ab.
({8})
Für die Unionsfraktion hat jetzt der Kollege Max
Straubinger das Wort.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der SPDBundestagsfraktion bitte ich, das Gesetz zur Einführung
einer Infrastrukturabgabe und eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes heute auf die Tagesordnung zu
setzen. Dies steht im Einklang mit § 81 unserer Geschäftsordnung, Frau Kollegin Sitte. Ich möchte hier
darlegen, dass vor allen Dingen alle Dokumente und Unterlagen zeitgerecht an die Ausschüsse verteilt worden
sind und somit auch eine gute Beratungszeit zur Verfügung stand.
Diese gute und lange Beratungszeit, Frau Kollegin
Sitte, haben Sie gerade illustriert. Sie sind ja fünf Jahre
zurückgegangen, um zu zeigen, seit wann wir intensiv
über eine Mautgesetzgebung in Deutschland diskutieren,
({0})
und zwar in unterschiedlichen Formationen und natürlich an unterschiedlichen Plätzen. Ich glaube also, dass
es durchaus angebracht ist, heute die Gesetzgebung mit
der zweiten und dritten Lesung abzuschließen.
({1})
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich darf diesem Hohen Hause jetzt doch schon etwas länger angehören. Ich
habe kaum ein Gesetzgebungsverfahren erlebt, das so intensiv sowohl außerhalb des Parlaments wie innerhalb
des Parlaments diskutiert worden ist.
({2})
Was die intensive Beratung betrifft, so möchte ich
schon auch feststellen: Eckpunkte zum Mautgesetz sind
im Sommer vergangenen Jahres bekannt gemacht worden, jawohl.
({3})
Diese wurden dann auch sehr kritisch in den Regierungsfraktionen diskutiert. Ich weiß auch, wie sich die Oppositionsfraktionen an diesen Diskussionen beteiligt haben.
Wir können hier also eine sehr umfangreiche, auch parlamentarische Beratung vorweisen. So ist der Gesetzentwurf, als er in erster Lesung eingebracht wurde, intensiv
beraten worden. Zwischenzeitlich hatten wir eine Aktuelle Stunde zur Beratung der Inhalte dieses Gesetzentwurfs gehabt, wobei nicht verkannt werden sollte, dass
auch schon vorher Aktuelle Stunden über eine Mautgesetzgebung in diesem Haus stattgefunden haben. Wir
haben drei Expertenanhörungen in verschiedenen Ausschüssen gehabt, eine im Verkehrsausschuss, eine im
Haushaltsausschuss und eine im Finanzausschuss. Im
Verkehrsausschuss haben CDU/CSU, SPD und die Opposition gemeinsam beschlossen, dass die Anhörungszeit zwei Stunden beträgt. Tatsächlich ist dann über drei
Stunden im Verkehrsausschuss darüber beraten worden.
({4})
All das zeigt sehr deutlich, dass intensivst beraten worden ist.
Wir haben vor allen Dingen natürlich im Verkehrsausschuss die Anregungen der Experten aufgenommen, die
in den veränderten Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden, mündeten.
({5})
All das zeigt sehr deutlich, dass wir es uns nicht leicht
gemacht haben. Im Gegenteil: Es gab eine breite Beratung, wobei es allen Mitgliedern des Parlaments möglich
war - darauf möchte ich hinweisen -, sich einzubringen.
Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen, können
wir heute ganz beruhigt den Gesetzentwurf in zweiter
und dritter Lesung verabschieden. Wir haben ausführlichst darüber gesprochen und diskutiert, und wir haben
vor allen Dingen einen schlüssigen und EU-rechtskonformen Gesetzentwurf
({6})
im Bundestag vorgelegt.
({7})
Unter diesen Gesichtspunkten kann ich Ihnen, werte
Kolleginnen und Kollegen, nur empfehlen, Folgendes zu
bedenken: In einer Demokratie müssen Beratungen auch
zu Ende gebracht werden. Die Bürgerinnen und Bürger
jammern sowieso, dass die Gesetzesberatungen zu lange
dauern. Deshalb ist es gut, Gesetzesberatungen zeitgerecht zum Abschluss zu bringen.
({8})
Sie haben heute die Möglichkeit dazu, zum einen dadurch, dass Sie der Aufsetzung der beiden Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung zustimmen, zum anderen
dadurch, dass Sie beim Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens den Gesetzentwürfen zustimmen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({9})
Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin
Britta Haßelmann das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!
In der Tat ist es für uns alle heute sehr schwer - das will
ich eingangs sagen -, einen ganz normalen Parlamentsalltag zu bestreiten, denn wir sind in Gedanken bei den
Opfern der Flugzeugtragödie und ihren Angehörigen;
aber es ist unsere parlamentarische Pflicht. Ich sage das
am Anfang, weil wir heute ein wichtiges Gesetz beraten.
Da haben wir die Verantwortung und die Pflicht, hier
auch in der Sache zu streiten, zu diskutieren und um Lösungen zu ringen.
({0})
Nun zur Sache selbst, meine Damen und Herren: Den
Aufsetzungsantrag der Unionsfraktion und auch der
Fraktion der SPD zum Thema Maut - die SPD-Fraktion
möchte zu der gewünschten Aufsetzung heute ja nicht
einmal reden ({1})
werden wir heute ablehnen.
Herr Straubinger, wenn Sie hier vor dem Plenum sagen, Sie hätten bisher kein Gesetz erlebt, was so intensiv
diskutiert worden sei, dann frage ich mich: Wo waren
Sie eigentlich in der gesamten Zeit, die Sie hier im Parlament sitzen?
({2})
Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wirklich, wir sind
hier doch nicht in Bayern am Stammtisch.
({3})
Das Ding ist doch nicht beratungsreif. Es ist nicht entscheidungsreif. Was hier stattfindet, ist eine Entparlamentarisierung des Parlamentes - das haben wir hier! -,
({4})
und zwar aus folgendem Grund, meine Damen und Herren - deshalb rede ich hier zur Geschäftsordnung -: Es
besteht erheblicher weiterer Beratungsbedarf
({5})
über die Europarechtswidrigkeit der Abgabe, über das
drohende Vertragsverletzungsverfahren, über die Änderungsanträge, die zum Beispiel den Rechtsausschuss um
7.48 Uhr am Mittwochmorgen erreichten und den mitberatenden Finanzausschuss um 8.01 Uhr am Mittwochmorgen erreichten, wobei um 9.30 Uhr schon die Ausschusssitzungen begannen, in denen dann über dieses so
komplexe Gesetz beraten werden sollte. In diesen Änderungsanträgen, die uns morgens vorgelegt wurden, sind
enthalten: die Einführung einer neuen Infrastrukturabgabebehörde und die Auflistung ihrer Aufgaben, die Frage
der neuen Datenaufbewahrungsregelung, die Festlegung
einer neuen Preisstruktur. All das sind Themen, die nicht
ausreichend diskutiert werden konnten.
({6})
Das alles war in den Änderungsanträgen, die morgens
um 7.48 Uhr bzw. 8.01 Uhr vorgelegt wurden.
({7})
Hier findet kein ordentliches Beratungsverfahren statt,
und deshalb kann dieser Aufsetzung nicht zugestimmt
werden.
({8})
Das trifft auch auf die ganzen Fragen der Festlegung einer neuen Preisstruktur für Kurzzeitvignetten, der veränderten Kosten für die Betreiber zu.
Sie haben der Opposition, Bündnis 90/Die Grünen
und der Linken, hier eine weitere Anhörung, die aufgrund der neuen Sachverhalte notwendig gewesen wäre,
({9})
versagt. Damit haben Sie auch grobe Verfahrensverstöße
in diesem Verfahren begangen.
({10})
Eine gründliche Beratung war durch die späte Vorlage
der Änderungsanträge nicht möglich. Eine Anhörung,
die aufgrund der Neuerungen gerechtfertigt gewesen
wäre und beantragt worden ist, haben Sie uns im federführenden Ausschuss versagt. Materiell sind diese Gegenstände in der vorherigen Anhörung nicht erörtert
worden. Das alles sind grobe Verfahrensverstöße, die begründen, weshalb eine Aufsetzung heute nicht gerechtfertigt ist, meine Damen und Herren.
({11})
Deshalb sage ich Ihnen allen, die Sie sich bei diesem
Projekt bisher weggeduckt haben, bisher immer wieder
so getan haben, als sei es ein Projekt von Dobrindt und
der CSU: Wenn Sie heute diesem Aufsetzungswunsch
zustimmen und am Ende auch noch der Maut zustimmen, dann, liebe SPD, ist Schluss mit lustig! Dann ist
das auch Ihr Projekt!
({12})
Was haben Sie sich weggeduckt in der Debatte! Was waren das für hehre Sprüche nach dem Motto: „Kein Gesetz verlässt das Parlament …“, „Hier gibt es ein ordentliches Beratungsverfahren“.
({13})
Wo ist denn das ordentliche Beratungsverfahren geblieben? Mit Zustimmung zu den Gesetzentwürfen ist die
Maut ab heute auch eine Maut von Angela Merkel und
der SPD, meine Damen und Herren.
({14})
Die Geschäftsordnungsdebatte ist damit beendet.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den
Aufsetzungsantrag? Ich bitte um ein Handzeichen. - Wer
stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Aufsetzungsantrag ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
({0})
Ich rufe die Zusatzpunkte 4 a bis 4 c auf:
a) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen
Drucksache 18/3990
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur ({1})
Drucksache 18/4455
- Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/4459
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und digitale
Infrastruktur ({3}) zu dem Antrag der
Abgeordneten Herbert Behrens, Sabine Leidig,
Thomas Lutze, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE
Vizepräsident Johannes Singhammer
Keine Einführung einer Pkw-Maut in
Deutschland
Drucksachen 18/806, 18/4455
c) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes
({4})
Drucksache 18/3991
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({5})
Drucksache 18/4448
- Bericht des Haushaltsausschusses ({6}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/4458
Ich weise darauf hin, dass wir über die beiden Gesetzentwürfe später namentlich abstimmen werden. Weiterhin werden wir über drei Änderungsanträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls namentlich abstimmen. Außerdem haben die Fraktionen von CDU/CSU
und SPD einen Entschließungsantrag vorgelegt. Zu diesem Tagesordnungspunkt werden wir also insgesamt
fünf namentliche Abstimmungen durchführen. Zur Auszählung der Stimmen zu den Änderungsanträgen werde
ich die Sitzung dann zweimal unterbrechen.
Im Laufe des frühen Nachmittags - darauf darf ich
jetzt auch schon hinweisen - werden weitere zwei namentliche Abstimmungen zu Tagesordnungspunkt 22
- Liegenschaftspolitik des Bundes - folgen.
Für die Debatte, die wir jetzt führen, sind nach einer
interfraktionellen Vereinbarung 96 Minuten vorgesehen. Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Bundesregierung das Wort dem Bundesminister Alexander Dobrindt.
({7})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Entscheidung für eine Infrastrukturabgabe schaffen wir
mehr Kapazität im Netz durch mehr Zweckbindung auf
der Straße. Das folgt einem klaren ordnungspolitischen
Grundgedanken: Mobilität finanziert Infrastruktur. Das
ist das Prinzip der Infrastrukturabgabe.
({0})
Wir stellen den klaren Bezug her zwischen Einnahmen und Ausgaben. Das haben wir gestern übrigens hier
im Deutschen Bundestag bei der Lkw-Maut auch so beschlossen.
({1})
Gestern haben wir die Verbreiterung und Vertiefung der
Lkw-Maut in diesem Jahr beschlossen. Auch das ist ein
wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur.
Das Gleiche machen wir jetzt mit der Infrastrukturabgabe. Wir setzen auf einen echten Finanzierungskreislauf und vollziehen einen klaren Systemwechsel: weg
von der Steuerfinanzierung der Infrastruktur hin zur Nutzerfinanzierung der Infrastruktur,
({2})
weg von nicht zweckgebundenen Steuermitteln hin zur
zweckgebundenen Nutzerfinanzierung. Das sorgt für
Stabilität bei der Finanzierung der Infrastruktur, meine
Damen und Herren.
({3})
Wir bewegen mit dieser Infrastrukturabgabe 3,7 Milliarden Euro vom Haushalt des Bundesfinanzministeriums hin zum Haushalt des Bundesverkehrsministeriums,
({4})
und das jedes Jahr, dauerhaft und zweckgebunden. Damit schaffen wir Unabhängigkeit, mehr Planbarkeit,
mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Straßen.
({5})
Und wir vollziehen das nach, was die meisten unserer
Nachbarländer schon seit vielen Jahren vollzogen haben,
({6})
nämlich die Finanzierung der Infrastruktur durch drei
Säulen:
({7})
Mineralölsteuer, Kfz-Steuer und Mautsystem. Wir haben
bisher zwei Säulen: Mineralölsteuer und Kfz-Steuer.
Jetzt kommt die dritte Säule, die Maut, dazu.
({8})
Dabei haben wir die Infrastrukturabgabe nach ökologischen Kriterien ausgerichtet.
({9})
Wir vermeiden Doppelbelastungen. Und sie ist europarechtskonform. Glauben Sie es endlich.
({10})
Schauen Sie: Jahresvignetten und Kurzzeitvignetten
sind nach ökologischen Grundsätzen gestaffelt, umweltschonende Kfz werden besonders berücksichtigt.
({11})
Der mittlere Mautsatz liegt bei 74 Euro, aber es gibt eine
große Spreizung beim Preis der Jahresvignette. Auch bei
den Kurzzeitvignetten variieren die Preise nach ökologischen Kriterien. Die Zehntagesvignette kostet zum Beispiel zwischen 5 und 15 Euro. Dabei sind übrigens die
Preise im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn
bei uns im unteren Bereich angesiedelt. Wir haben mit
Abstand das größte Straßennetz in Europa und haben
jetzt Vignettenpreise, die mit denen unserer Nachbarländer vergleichbar sind. Daran zeigt sich, dass wir nach
dem Prinzip „Gerechtigkeit heißt auch, einen fairen
Preis zu schaffen“
({12})
ein vergleichbares Angebot wie unsere Nachbarländer
haben.
({13})
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Künast?
Gern.
Herr Minister, Sie haben gerade gesagt: „Und sie ist
europarechtskonform.“ Wie kann es dann sein, dass Sie
diese Meinung vertreten, vonseiten des Bundesjustizministeriums am Mittwoch im Rechtsausschuss aber erhebliche Bedenken geäußert wurden
({0})
und die Vertreterin Ihres Hauses, die Sie in den Rechtsausschuss geschickt haben, auf Nachfrage sagte: Das
muss man einmal abwarten, wie Europa das sieht;
({1})
wir haben uns angenähert; aber wir wissen nicht, wie die
rechtliche Haltung auf europäischer Ebene ist.
Wer hat denn jetzt gelogen?
({2})
Sehr geehrte Frau Künast, ich glaube, wir haben in
den letzten Monaten eindrucksvoll nachgewiesen,
({0})
dass die Europarechtskonformität besteht, indem wir das
erstens mit Gutachten hinterlegt haben,
({1})
deren Argumente Sie sich einmal anschauen sollten,
({2})
zweitens die Bundesregierung eine Prüfung durchgeführt hat, wie wir sie bei jedem Gesetzgebungsverfahren
durchführen, und zwar mit klarem Ergebnis. Und drittens, Frau Künast, kann das, was wir jetzt machen, dann,
wenn es in allen anderen Ländern in Europa heute möglich oder schon Realität ist, nur europarechtlichen
Grundsätzen entsprechen. Das sollten Sie zur Kenntnis
nehmen.
({3})
Wir haben in der Debatte, die übrigens in den letzten
Monaten intensiv geführt worden ist und von Kompromissen geprägt war, auch die Frage des Grenzverkehrs
diskutiert und haben sehr deutlich gemacht, dass es uns
wichtig ist, dass der Grenzverkehr und die Anliegen des
kleinen Grenzverkehrs bei der Infrastrukturabgabe Berücksichtigung finden. Deswegen wird die Infrastrukturabgabe für Halter von im Ausland zugelassenen Kfz nur
auf 13 000 Kilometer Autobahn der 53 000 Kilometer
des Bundesfernstraßennetzes erhoben. Das heißt, dass
80 Prozent unseres Fernstraßennetzes nach wie vor kostenfrei genutzt werden können. Die Lösung, die wir für
unsere Grenzregionen gefunden haben, trägt wesentlich
dazu bei, dass es da nicht zu Belastungen kommt, meine
Damen und Herren.
({4})
Dass es bei einem Systemwechsel, den ich beschrieben habe, indem man also eine dritte Säule der Finanzierung entwickelt, nicht zu Doppelbelastungen kommen
darf, ist, glaube ich, selbstverständlich. Es ist geradezu
eine Grundvoraussetzung für einen Systemwechsel, dass
man Doppelbelastungen vermeidet.
Deswegen haben wir im Kfz-Steuergesetz auch Steuerentlastungsbeträge aufgenommen, die dazu führen,
dass es für in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge
keine Mehrbelastung gibt. Meine Damen und Herren,
genau das steht im Einklang mit dem Europarecht. Ich
würde Sie bitten, liebe Frau Künast: Schauen Sie sich
einmal an, was Europa in den letzten Jahren über die
Entwicklung von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung geschrieben hat. Im Weißbuch Verkehr von
2011 fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf,
eine umfassende Anwendung des Prinzips der Kostentragung durch den Nutzer einzuführen. Es war das klare
Signal an Deutschland, Nutzerfinanzierung zu schaffen.
Im Weißbuch von 1998 schreibt die Kommission eindeutig:
In vielen Fällen
- wenn es zum Systemwechsel von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung kommt müssten zum Ausgleich … verkehrsbezogene Steuern … gesenkt werden.
Genau das machen wir im Auftrag und im Einklang mit
der Europäischen Kommission.
({5})
Die Infrastrukturabgabe behandelt alle gleich. Das
Prinzip heißt: Wer Bundesfernstraßen mit nutzt, zahlt
mit. Das ist das Prinzip der Gleichbehandlung. Damit ergeben sich auch Mehreinnahmen. Wir haben Nettomehreinnahmen in Höhe von einer halben Milliarde Euro jedes Jahr,
({6})
2 Milliarden Euro Mehreinnahmen in einer Wahlperiode,
die wir zusätzlich in den Erhalt und den Neubau stecken
werden. Das ist übrigens dringend notwendig, wenn man
sich die Situation der Anmeldungen für den Bundesverkehrswegeplan ansieht, den wir in diesem Jahr ebenfalls
auf den Weg bringen. Wir werden in diesem Bundesverkehrswegeplan eine klare Priorisierung implementieren
- ja -, aber wir werden auch klare Aussagen über die Finanzierung des Bundesverkehrswegeplans machen. Hier
ist die Infrastrukturabgabe ein wesentlicher Bestandteil.
Ich weiß, es gibt immer noch eine Gruppe von Verkehrspessimisten, die mit ihren straßenfeindlichen Entmobilisierungsprogrammen die Stärkung der Straßeninvestitionen überhaupt nicht wollen. Ich weiß das.
({7})
- Offensichtlich fühlen Sie von den Grünen sich betroffen. - Ich muss aber sagen: Liebe Frau Wilms, Sie müssen sich gar nicht mehr betroffen fühlen; denn Sie haben
in diesen Tagen ein neues Verkehrskonzept der Grünen
vorgestellt.
({8})
Sie sagen: Wir Grüne schließen den Neubau von Straßen
nicht aus.
({9})
Respekt. Da sind Sie ja einen weiten Weg gegangen.
({10})
Sie schließen den Bau von Straßen nicht aus.
({11})
Ich habe neben Ihren Aussagen etwas tiefer in Ihr
Konzept hineingeblickt. Wenn man dort hineinschaut
und nachliest, dann findet man den Straßenbau an einer
einzigen Stelle.
({12})
Hier schreiben Sie von einem „Restbedarf für Erweiterungsmaßnahmen“. Es gibt Ihrer Meinung nach einen
Restbedarf für Erweiterungsmaßnahmen im deutschen
Straßennetz. Unsere Verkehrsprognosen sagen aus:
({13})
40 Prozent Steigerung im Güterverkehr in den nächsten
15 Jahren, 13 Prozent Steigerung im Personenverkehr in
den nächsten 15 Jahren. Und Sie sehen einen Restbedarf
an Erweiterungsmaßnahmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden massiv
in den Erhalt und die Erweiterung unseres Autobahnnetzes investieren, weil das, was Sie als Restbedarf bezeichnen, nur Stau produzieren würde. Sie verursachen mit
Ihren Vorschlägen einen volkswirtschaftlichen Schaden,
der nicht zu verantworten ist. Deshalb gilt: Erhalt und
Neubau gehen nebeneinander und brauchen viele Investitionen.
({14})
Aber, Frau Wilms, Sie sagen wenigstens, wie Sie Ihren Restbedarf finanzieren wollen. Winni Hermann:
Man könnte in einem ersten Schritt die Mineralölsteuer
erhöhen. Toni Hofreiter: Benzin ist immer noch zu billig.
Michael Kellner: Extragroschen auf den Spritpreis.
Liebe grüne Kollegen, das ist doch kein Verkehrskonzept, was Sie da vorgestellt haben!
({15})
- Entschuldigung, aber das ist doch der entscheidende
Unterschied zwischen Ihnen und uns. Sie schließen den
Neubau von Straßen nicht aus und wollen den Spritpreis
erhöhen. Wir steigern die Mittel für den Erhalt, finanzieren den Neubau und wollen Gerechtigkeit bei der Finanzierung der Straße. Das ist der Unterschied.
({16})
Wir setzen mit der Infrastrukturabgabe auf diesen
ordnungspolitischen Grundgedanken: Mobilität -
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Gambke?
Gerne.
Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. - Nachdem Sie es so elaboriert haben, dass die Grünen, wie Sie sagen, Restbedarfe zulassen, will ich Sie
auf eine Sache aufmerksam machen. Sie kennen das Projekt vielleicht: B 15 neu. Es geht um eine autobahnähnliche Straße immerhin von Regensburg nach Rosenheim.
Es gibt einen Beschluss des von Ihrer Partei getragenen
bayerischen Kabinetts, diese Straße nicht zu bauen, sondern gemäß dem grünen Vorschlag nur Umgehungsstraßen zu bauen. Sie von der CSU haben dann nach zwei
Wochen Ihren eigenen Kabinettsbeschluss wieder umgedreht und wollen jetzt für 1,8 Milliarden Euro eine Autobahn bauen, obwohl schon ein Autobahnstück fertiggestellt ist, das mit 7 000 Fahrzeugen pro Tag den
Charakter einer Kreisstraße hat.
Würden Sie nach wie vor sagen, dass der grüne Vorschlag, nämlich sehr bewusst mit dem Thema Straßenbau umzugehen und das zu realisieren, was bezahlbar ist
und nur die unbedingten Bedarfe abdecken soll - ich
nenne das Beispiel B 15 neu; Sie kennen das sehr gut -,
falsch ist? Würden Sie mir zustimmen, dass der grüne
Vorschlag ein praktikabler ist und es nicht praktikabel
ist, hier 1,8 Milliarden Euro auszugeben, wie Sie von der
CSU es wollen?
Lieber Kollege, ich würde Ihnen dringend vorschlagen: Schaffen Sie mal Klarheit in Ihrer Fraktion, für oder
gegen was Sie eigentlich sind!
({0})
Sie reden hier über Einzelprojekte und haben vor Ort
nicht einmal eine klare Meinung dazu. Wir werden in
den Ausbau und den Neubau der Infrastruktur auch im
Bereich der Straße investieren. Ihr Kollege Cramer hat
gesagt: Das Auto ist der „Irrsinn des Jahrhunderts“.
({1})
Wir sagen: Wir brauchen den Individualverkehr, und
wir brauchen den Verkehr auf der Straße. Deswegen
werden wir diese Investitionen vornehmen.
({2})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilität finanziert
Infrastruktur. Das heißt, dass wir auch mit der Infrastrukturabgabe etwas erfüllen, was ich in der Vergangenheit
auch hier im Deutschen Bundestag angekündigt habe,
nämlich den Fünf-Punkte-Investitionshochlauf: Steigerung der Investitionen, die Ausweitung der Nutzerfinanzierung, stärkere Einbindung von privatem Kapital
- ÖPP -, klare Prioritätensetzung - beispielsweise mit
dem Programm zur Seehafenhinterlandanbindung - und
das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ mit dem Brückenmodernisierungsprogramm, bei dem übrigens weitere Investitionen vorgesehen sind.
({3})
Das ist der Fünf-Punkte-Investitionshochlauf, den wir
umsetzen. Das wird Punkt für Punkt eingelöst, übrigens
auch jetzt mit den Haushaltsberatungen: 4,35 Milliarden Euro zusätzlich für die Infrastruktur in den nächsten
drei Jahren.
An dieser Stelle möchte ich dem Bundesfinanzminister, dem Bundesfinanzministerium ganz herzlich dafür
danken,
({4})
dass es gelungen ist, einen wesentlichen Teil der zusätzlichen Spielräume, die wir uns in dieser Wahlperiode erarbeiten, für Investitionen in die Infrastruktur zu nutzen.
4,35 Milliarden Euro zusätzlich - das ist ein echtes
Wort. Danke schön an den Finanzminister!
({5})
Wir steigern die Verkehrsinvestitionen in unserer Investitionslinie von 10,5 Milliarden Euro pro Jahr auf
14,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Das können Sie in
der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen. Dabei ist
die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen,
die wir im Jahr 2018 einführen werden, noch nicht mit
eingerechnet. Das wird weitere Beträge von 1,5 bis
2 Milliarden Euro pro Jahr bringen.
({6})
Das heißt, wir erreichen mit einem Mittelaufwuchs
von 40 Prozent in einer Wahlperiode einen Rekord bei
den Infrastrukturinvestitionen.
({7})
Das ist die größte Modernisierungsoffensive der bundesdeutschen Geschichte und übererfüllt das, was Daehre
und Bodewig in ihrer Kommission vom Bund an zusätzlichen Einnahmen gefordert haben. Das ist ein echter Erfolg im Zusammenspiel mit dem Fünf-Punkte-Investitionshochlauf: Nutzerfinanzierung, Mittel aus öffentlichprivaten Partnerschaften und zusätzliche Haushaltsmittel. Das ist im Ergebnis der Erfolg einer Rekordinvestition.
({8})
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Meiwald?
Jetzt ist gut, danke.
({0})
Nutzerfinanzierung, Zweckbindung, Investitionswende - all das bringen wir hier auf den Weg. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere Infrastruktur. Wir
sorgen für Gerechtigkeit bei der Finanzierung unserer
Straßen, und ich bleibe dabei: Die Infrastrukturabgabe
ist sinnvoll, fair und gerecht. Sie ist sinnvoll, weil jeder
Euro, den wir einnehmen, zusätzlich in die Infrastruktur
investiert wird.
({1})
Sie ist fair, weil sie bei den meisten unserer Nachbarländer genauso praktiziert wird,
({2})
und sie ist gerecht, weil sie diejenigen, die bisher unsere
Straßen kostenlos benutzen, angemessen an der Finanzierung beteiligt, und heute beschließen wir sie.
Danke schön.
({3})
Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der
Kollege Herbert Behrens.
({0})
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Als ich
gestern mit einem Kollegen aus Bayern über unsere Debatte heute sprach, sagte er: Bis heute war der Dobrindt
der Wackeldackel von Seehofer. Ab heute wird er der
Watschenmann der Republik werden. Ich glaube, der
Kollege hatte recht.
({0})
Die Watschen hat er verdient; denn er hat mit diesem
Gesetzentwurf, den er hier auf den Weg gebracht hat und
der hier beschlossen werden soll, schweren Schaden angerichtet.
({1})
Erstens. Unsere europäischen Nachbarn, die uns besuchen oder nahe der Grenze einkaufen oder tanken wollen, müssen künftig Eintritt bezahlen, wenn sie mit dem
Auto kommen. Wenn sie das nicht wollen, dann fahren
sie halt über die Bundesstraßen. Da gilt zwar auch die
Maut, aber sie wird noch nicht erhoben; so künstlich hat
das Gesetz dies vorgesehen.
Anders ist es bei Besitzern von Autos in Deutschland.
Sie müssen dazu noch nicht einmal mit dem Auto fahren. Sie bezahlen sowieso für eine Jahresvignette auf allen Bundesstraßen und auf allen Autobahnen, egal ob sie
dort fahren oder nicht. Aber der Betrag, den eine Jahresvignette kostet, wird von der Kfz-Steuer wieder abgezogen. Die Mautformel Dobrindts heißt: Ausländer müssen
zahlen, deutsche Autofahrer nicht. - Das ist ein Taschenspielertrick. Das wird die EU so nicht akzeptieren. Diese
Umgehung wird sofort bemerkt werden, und die EUKommission wird eingreifen. Wir wissen: Das geht
schief.
({2})
Das haben mehrere Kommissare im Vorfeld gesagt.
Beispielsweise sagte Siim Kallas, dass die Maut so nicht
aufgesetzt werden könne. Selbst Violeta Bulc, die neue
Kommissarin, hat dazu gesagt: Die Dobrindt’sche Ausländermaut verstößt gegen europäisches Recht. Die Erhebung einer Abgabe auf der einen Seite und die entsprechende Entlastung deutscher Autofahrer auf der
anderen Seite sind nicht europarechtskonform. Europa
soll ein vereintes Europa ohne Grenzen werden. Dazu
passt keine Wegelagerei.
({3})
Die Bundestagsmehrheit aus Unionsfraktion und SPD
nimmt billigend in Kauf, dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in Europa Schaden zuzufügen - schweren Schaden. Eine Ausländermaut gibt es so - anders, als
Sie es gerade gesagt haben, Herr Dobrindt - in keinem unserer europäischen Nachbarländer. Die Bundestagsmehrheit hier im Hause riskiert ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission. Sie provoziert Staatenklagen
gegen die Bundesrepublik oder Verfahren vor deutschen
Gerichten. Schon der erste - meinetwegen - holländische
Autofahrer, der sich weigert, das Eintrittsgeld zu bezahlen
und einen Bußgeldbescheid ablehnt, kann eine gerichtliche Prüfung des Gesetzes auslösen.
({4})
Unionsfraktion und SPD ermuntern unsere Nachbarländer sogar, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, wie Sie
das tun wollen, nämlich in ihrem Zuständigkeitsbereich
eine Maut ausschließlich für Ausländer einzuführen. Das
ist keine gute Perspektive für ein Europa der Völker.
({5})
Der Verkehrsminister bleibt sich aber treu.
({6})
Im Oktober 2012 erhielt Dobrindt von der Europa-Union
den Negativpreis Europa-Distel für den größten europapolitischen Fauxpas. Er hatte damals den EZB-Chef
Draghi als Falschmünzer bezeichnet. Der Beschluss,
eine Ausländermaut einzuführen, ist gegen die Idee für
ein Europa ohne Grenzen gerichtet. Sie ist europapolitisch verantwortungslos. Die Europa-Distel 2015 gehört
auf jeden Fall Ihnen.
({7})
Zweitens. Auch der Parlamentarismus hat durch dieses unselige Projekt Schaden genommen.
({8})
Über Monate wurden Anfragen unserer Fraktion und
auch anderer faktisch nicht beantwortet. Immer wieder
wurde geschrieben, das Ministerium arbeite noch, ein
Gesetzentwurf liege noch nicht vor,
({9})
der Gesetzentwurf befände sich in der Abstimmung zwischen den Ressorts oder sonst irgendwas. Auch in den
Fragestunden hier im Plenum wurde gemauert. Das kann
das Plenum so nicht akzeptieren; wir haben das in der
Geschäftsordnungsdebatte bereits zum Thema gemacht.
({10})
Das stärkste Stück aber ist der Schweinsgalopp in diesem Gesetzgebungsverfahren. Ende Februar kamen die
Entwürfe der beiden Gesetze zur Ausländermaut und zur
Entlastung bei der Kfz-Steuer ins Parlament. Heute, vier
Wochen später, soll endgültig abgestimmt werden. So
mussten wir erleben, dass umfangreiche Änderungsanträge der Koalition - wir haben das gehört - bis einen
Tag vor der Ausschussberatung oder sogar am selben
Tag vorgelegt worden sind und dass Anhörungen mit
Sachverständigen binnen 14 Tagen vorbereitet und ausgewertet werden mussten. Das ist der politische Stil der
Regierungskoalition, und der ist gewollt.
In Wirklichkeit hat die Große Koalition gar kein Interesse daran, diesen Mautmurks prüfen zu lassen.
({11})
Expertenmeinungen aus den Anhörungen berücksichtigen? Fehlanzeige! Einwände aus Brüssel prüfen? Vergiss es! Ich zitiere:
Wir sehen aber unsere Auffassungen in den Expertenmeinungen, die auch zu hören waren, bestätigt.
Deshalb sehen wir uns auch nicht veranlasst, unsere
Auffassung zu ändern.
Das sagte mir Staatssekretär Barthle in der Fragestunde
vor gut 14 Tagen.
Es ist dann wohl egal, ob Sachverständige überhaupt
einbezogen werden, um zu prüfen, draufzuschauen und
uns als Parlamentariern die Tricks in diesem Gesetz aufzuzeigen. Das ist nicht gewollt. Wenn der Staatssekretär
sagt: „Wir sehen uns nicht veranlasst, unsere Auffassung
zu ändern“, dann ist das ein deutliches Zeichen für das
falsche Demokratieverständnis der tonangebenden Fraktion hier im Hause.
({12})
Die Opposition sollte gar nicht die Chance bekommen, die Machwerke und deren Folgen gründlich durchzuarbeiten. Einigen Kolleginnen und Kollegen aus der
Koalition dürfte es nicht anders gegangen sein. Noch vor
vier Wochen haben Sie, Herr Kollege Bartol, darum gebeten, sich für die Beratung ausreichend Zeit zu nehmen;
denn die Pkw-Maut könne aus Sicht der SPD wegen der
vielen ungeklärten Fragen nicht im Schnellverfahren beschlossen werden. Jetzt beginne die Kärrnerarbeit, meinten SPD-Kollegen. Diese Seifenblasen sind geplatzt. Sie
waren daran beteiligt. Die CSU setzt sich mit ihrem
Schnellverfahren durch. Sie akzeptieren das. Das ist die
Missachtung der parlamentarischen Beteiligungsrechte.
So nimmt der Parlamentarismus Schaden.
({13})
Drittens. Auch auf die Wählerinnen und Wähler wird
keine Rücksicht genommen. Sie vertrauten noch am
Wahltag der Aussage der Kanzlerin, die sagte: Mit mir
wird es keine Pkw-Maut geben. - Im November desselben Jahres war diese Aussage nichts mehr wert. Dieses
Versprechen war eine Wählertäuschung.
Ich frage mich auch, wie lange das Wort des Koalitionspartners SPD Bestand haben wird; denn die Kollegen behaupten, sie stimmen einer Ausländermaut nur
dann zu, wenn sie europarechtskonform ist. Der niedersächsische Ministerpräsident - SPD - sagte vorgestern,
er sei sicher, dass die Pkw-Maut vom Europäischen Gerichtshof gekippt wird.
Die Maut soll keinen deutschen Autofahrer belasten.
Das ist die zweite Bedingung, die Sie gestellt haben.
Wie lange gilt diese Zusage denn noch? Bis die EUKommission die Eins-zu-eins-Entlastung kassiert? Die
sogenannte Infrastrukturabgabe ist für die Kommission
unbedenklich, zumindest dieser Teil. Am Ende liefern
also die Autofahrer, egal ob deutsche oder ausländische, 3,7 Milliarden Euro jährlich ab ohne Ausgleich,
weil die EU den Ausgleich kassiert hat. Genau das ist
gemeint, wenn wir hier über dieses unsägliche Projekt
sprechen. Wenn der Verkehrsminister von einem echten
Systemwechsel spricht, heißt das: Privatisierung der
Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland. Widerspruch in der Koalition gibt es nicht. So steht es eigentHerbert Behrens
lich auch im Koalitionsvertrag, wenn man das Ganze
einmal entblättert und im Kern offenlegt. Sie weigern
sich, das offen auszusprechen. Das akzeptieren wir
nicht. Ihre Devise lautet: Nur keinen Streit in der Koalition.
Die Kanzlerin hat hier im Plenum in einem anderen
Zusammenhang gesagt:
Abenteuer darf ich aber nicht eingehen: Das verbietet mein Amtseid.
Dann wäre es Ihre Pflicht gewesen, Frau Bundeskanzlerin, Ihren Minister bei dieser abenteuerlichen Ausländermaut zu stoppen. Sie haben es nicht getan.
({14})
Wenn so wie bei der Ausländermaut in der Großen
Koalition geschachert wird, dann nimmt die Demokratie
Schaden und die Menschen wenden sich enttäuscht ab.
Dieser Preis ist unverantwortlich hoch für ein Gesetz,
bei dem es lediglich darum geht, eine CSU-Stammtischidee durchzusetzen.
({15})
Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sören Bartol.
({0})
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen hier heute
die Entscheidung treffen, ob wir den vorliegenden Gesetzentwürfen und dem Entschließungsantrag zustimmen oder nicht.
({0})
Die SPD wird zustimmen. Wir stehen zu unserem Wort,
das wir bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages
gegeben haben. Diese Koalition ist handlungsfähig.
({1})
Lieber Kollege Behrens von den Linken, Sie haben in
den letzten Tagen meine Fraktion aufgefordert, heute dagegenzustimmen. Ich bin mir auch nach Ihrer Rede gerade
ganz sicher, dass Sie nicht verstanden haben, wie Koalitionen funktionieren. Da kann nicht jeder das machen,
was ihm gerade so in den Kopf kommt.
({2})
Das hat auch nichts mit Geschacher zu tun. Zum Glück
sind Ihre Parteifreunde in Brandenburg und in Thüringen
einen Schritt weiter. Man ringt um Vereinbarungen,
sucht gemeinsam nach Lösungen und setzt am Ende den
Koalitionsvertrag um.
({3})
Wir brauchen in Deutschland eine funktionierende
Verkehrsinfrastruktur. Sie sichert die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger und schafft so wirtschaftliches
Wachstum.
({4})
Wir wollen, dass Deutschland mobil bleibt. Ein Land mit
kaputten Brücken und Straßen schränkt Mobilität ein
und gefährdet letztlich auch Arbeitsplätze. Wir werden
bis zum Ende der Legislaturperiode ein Niveau der Verkehrsinvestitionen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr
erreichen. Das kann nicht alles auf Pump bezahlt, sondern muss vernünftig gegenfinanziert werden. Neben zusätzlichen Steuereinnahmen müssen wir daher auch die
Nutzerfinanzierung ausweiten.
Es gibt wohl kein verkehrspolitisches Thema, über
das in Deutschland aufgeregter und emotionaler diskutiert wurde als über die Pkw-Maut.
({5})
Seit der Unterschrift der Parteivorsitzenden von CDU,
CSU und SPD unter den Koalitionsvertrag war klar: Es
soll auf Wunsch der CSU in Deutschland eine Pkw-Maut
geben. Die Frage war immer nur, wie.
({6})
Dafür hat die SPD im Koalitionsvertrag klare Bedingungen formuliert. Eine davon war für uns, dass kein deutscher Autofahrer durch die Pkw-Maut zusätzlich belastet
wird. Diese Bedingung ist erfüllt.
({7})
Wir legen Ihnen heute auch ein verkehrspolitisches
Gesamtpaket aus einem veränderten Gesetzentwurf zur
Pkw-Maut, einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf
allen Bundesstraßen und einer eindeutigen Strategie zur
Priorisierung der Verkehrsinvestitionen vor. Wir haben
lange und ausführlich über den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diskutiert. Begonnen hat dies übrigens mit der parlamentarischen Debatte
in einer Aktuellen Stunde im Juli letzten Jahres, die Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damals
beantragt haben.
({8})
In den letzten Wochen haben wir in drei verschiedenen Ausschüssen über ein Dutzend externe Fachleute angehört. Der Verkehrsausschuss hat zweimal mit der EUVerkehrskommissarin Bulc über die Einführung einer
Pkw-Maut diskutiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und
SPD haben in den letzten Wochen und Monaten die Nerven behalten. Wir haben ordentlich miteinander gearbeitet, wir haben allerdings auch hart miteinander gerungen,
und wir sind schlussendlich zu einer Lösung gekommen.
({9})
Heute ist klar: Die Pkw-Maut wird kommen, allerdings
anders, als sie in den Deutschen Bundestag hineingekommen ist.
({10})
Wir haben in der SPD-Fraktion nach den Expertenanhörungen beschlossen, dass wir der Pkw-Maut nur mit
Änderungen zustimmen können. Wir haben als SPD einen besseren Datenschutz gefordert; jetzt werden die
Speicherfristen für persönliche Daten von drei Jahren
auf ein Jahr reduziert.
({11})
Wir haben gefordert, dass Ausländer bei den Zeitvignetten nicht diskriminiert werden dürfen; jetzt wird es bei
den Zeitvignetten eine Staffelung nach Ökoklassen geben. Ich finde, das ist auch eine wichtige Forderung aus
Europa gewesen.
({12})
Wir haben gefordert, dass es eine automatische Überprüfung der Pkw-Maut zwei Jahre nach der Einführung im
Bundestag geben muss;
({13})
jetzt gibt es im Gesetz einen verbindlichen Einnahmeund Bürokratiecheck.
({14})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß um die
Sorgen in den Grenzregionen. Ich bedaure sehr - das
muss ich so sagen -, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU nicht dazu durchringen konnten, an dieser Stelle unseren Vorschlag mitzutragen. Besser wäre es gewesen, in Ausnahmefällen gegebenenfalls
einzelne Autobahnabschnitte aus der Maut herauszunehmen.
({15})
Ich sage klar und deutlich: Vor diesem Hintergrund wundere ich mich schon über die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die
in den letzten Tagen versucht hat, dieses Thema ausgerechnet bei uns abzuladen.
({16})
Aber ich sage es einmal so: Ich verbuche das einfach als
nervöses Wahlkampfgetöse.
({17})
Die Pkw-Maut allein wird unsere Probleme bei den
Verkehrsinvestitionen nicht lösen. Heute werden wir
deswegen im Bundestag einen Entschließungsantrag mit
einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen beschließen.
({18})
Wir erwarten, dass die Bundesregierung bis zum
Sommer 2016 die rechtlichen Voraussetzungen dafür
schafft. Damit sichern wir dann ab Mitte 2018 bis zu
2 Milliarden Euro an Mehreinnahmen.
({19})
Wer von Steuer- und Mautzahlern zusätzliche Einnahmen haben will, der muss dafür sorgen, dass die Gelder
ordentlich investiert werden. Ich bin froh - wirklich
froh -, dass wir uns in der Koalition auf eine klare Strategie zur Priorisierung, die wir heute zur Abstimmung
stellen, geeinigt haben.
({20})
Wir werden künftig dort investieren, wo es den größten
Nutzen für Pendlerinnen und Pendler sowie für Unternehmen hat. Vorrang haben Projekte mit überregionaler
Bedeutung. Das ist genau die moderne Verkehrspolitik,
die wir brauchen. Das Prinzip Gießkanne ist damit Vergangenheit.
({21})
Es wird nicht nach Himmelsrichtung investiert, sondern
von dieser Koalition wird dort investiert, wo es verkehrspolitisch notwendig ist.
Vielen Dank.
({22})
Der Kollege Dr. Anton Hofreiter spricht jetzt für
Bündnis 90/Die Grünen.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der heutige Tag ist ein richtig peinlicher Tag
für die - zumindest zahlenmäßig - Große Koalition.
({0})
Denn was geschieht am heutigen Tag? Eine Stammtischparole der CSU wird in Gesetzesform gegossen.
({1})
Gegen jede Vernunft haben Horst Seehofer und Herr
Dobrindt ein europarechtswidriges, ausländerfeindliches und bürokratisches Machwerk durchgesetzt.
({2})
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD,
lassen sich von dieser CSU am Nasenring durch das Parlament führen. Schämen Sie sich eigentlich nicht?
({3})
Durch diese Entscheidung ist das CSU-AusländermautProjekt inzwischen auch zum Projekt der SPD
({4})
und zum Projekt der CDU geworden.
({5})
Stellen wir uns einmal fiktiv vor, ein anderes europäisches Land würde einen solch bürokratischen Unsinn
beschließen. Stellen wir uns mal vor, Griechenland
würde ein Gesetz beschließen, wo zwei Drittel - im Minimum - der Einnahmen in unsinniger Bürokratie verschwinden würden! Wie sehr würde die CDU schreien,
wie sehr würde die CSU schreien! Jetzt lästern Sie still
und heimlich auf den Hinterbänken; aber Sie beschließen es. Schämen Sie sich eigentlich nicht, was für ein
Vorbild Sie hier für Europa abgeben?
({6})
Ihre Maut ist antieuropäisch, verkehrspolitisch unsinnig, bürokratisch und bringt nicht einmal Einnahmen.
Ich meine, wir haben ja schon verschiedene Gesetze hier
beschlossen, über die man streiten kann; aber wirklich
selten, wirklich selten war ein Gesetz so offensichtlicher
Unsinn.
({7})
Herr Dobrindt, Sie sind politisch, fiskalisch und
rechtlich auf dem Holzweg. Wir hoffen sehr, dass dieses
Gesetz noch irgendwo gestoppt wird, bevor es dann endgültig vor dem EuGH scheitert; denn es ist offensichtlich
europarechtswidrig. Wie meine Kollegin bei der Einbringung bereits gesagt hat: Eine diskriminierungsfreie
Diskriminierung gibt es halt nicht.
({8})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre ja schon
viel, wenn Sie mit Ihrem Gesetz eine schwarze Null erreichen würden. Finanzminister Schäuble - wir vermuten, er hat häufiger mit Zahlen und Einnahmen und Ausgaben zu tun - hat im Herbst letzten Jahres noch gesagt:
So wie das Gesetz sich darstellt, besteht die Gefahr, dass
die Ausgaben sogar deutlich höher sind als die Einnahmen. - Glauben Sie doch einfach mal Ihrem Finanzminister!
({9})
Ich glaube, er hat mehr mit Zahlen zu tun und versteht
mehr von Finanzen als die gesamte CSU.
Aber was mich, ehrlich gesagt, wirklich am meisten
verärgert, was mich als ehemaligen Verkehrspolitiker so
richtig ärgert, ist, was dieser Minister aus dem Ministerium gemacht hat, was dieser Minister aus dem Thema gemacht hat. Das Ministerium ist wichtig, das Thema ist
wichtig. Wir haben ganz entscheidende Aufgaben.
Deutschland ist eine der größten Export- und Importnationen. Deutschland ist ein Land, das eine funktionierende
Infrastruktur braucht. Deutschland ist ein Land, das allein
aus ökologischen Gründen auch eine moderne Infrastruktur braucht. Und was haben Sie die ganze Zeit gemacht?
Sie haben aus einem wichtigen Ministerium ein Ausländermautministerium gemacht.
({10})
Sie haben nichts unternommen, um die DB AG endlich auf Vordermann zu bringen. Die verplempert weiter
das Geld bei seltsamen Investitionen weltweit, und Herr
Grube träumt weiter davon, dass sie irgendwann mal ein
Global Player wird. Aber das kümmert den Ausländermautminister anscheinend nicht.
Beim BER erleben wir ein Desaster. Die Bundesrepublik hat am BER einen erheblichen Anteil: 26 Prozent.
Da werden Monat für Monat im Minimum 30 Millionen
Euro verplempert. Das heißt, in fünf Monaten verplempert der Bund da so viel Geld, wie die Ausländermaut im
Maximum einbringen kann. Aber der Ausländermautminister scheint dafür nicht zuständig zu sein.
({11})
Wenn wir uns die Infrastruktur anschauen, müssen
wir feststellen: Die Straßen bröckeln, und eine Brücke
nach der anderen wird für den Lkw-Verkehr gesperrt.
({12})
Und was macht der Ausländermautminister? Der Ausländermautminister kümmert sich nicht darum. Er hat
überhaupt kein vernünftiges Konzept zur Unterhaltung
unserer Infrastruktur - weder der Straßen noch der Wasserstraßen noch der Schienen.
({13})
Dieser Minister macht einfach da weiter, wo er als
CSU-Generalsekretär angefangen hat: Mit ausländerfeindlichen Parolen macht er Stimmung. Aber er ist inzwischen Bundesminister und damit Mitglied des Kabinetts von Frau Merkel. Ich frage mich dann schon: Wann
sorgt Frau Merkel endlich dafür, dass Herr Dobrindt begreift, dass er nicht mehr CSU-Generalsekretär, sondern
Bundesminister ist
({14})
und damit für einen wichtigen Themenbereich eine ganz,
ganz große Verantwortung trägt? Frau Merkel, sorgen
Sie endlich dafür, dass dieser Minister versteht, dass er
nicht mehr Generalsekretär ist, sondern Bundesminister!
({15})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier nicht
alle Kritiker der Ausländermaut aufzählen;
({16})
aber eine Gruppe möchte ich besonders benennen: Das
sind die Grenzregionen. Die Grenzregionen sorgen sich
nämlich zu Recht, dass Ihr Gesetz dazu führt, dass die
Ortsdurchfahrten mit Stau geflutet werden. Die Grenzregionen sind jedoch auf ein gutes nachbarschaftliches
Verhältnis angewiesen. Sie leben unter anderem davon.
Sie begrüßen gern die Bürgerinnen und Bürger aus den
anderen Grenzregionen. Sie sind auch ökonomisch auf
ein gutes Nachbarschaftsverhältnis angewiesen. Die
Grenzregionen müssen nun mit der Tatsache leben, dass
an allen Autobahnen de facto ein Schild mit der Aufschrift „Für Ausländer gilt ab hier die Maut“ steht. Ist Ihnen das nicht selber peinlich? Schämen Sie sich dafür in
einem vereinten Europa eigentlich nicht?
({17})
- Da Sie schon wieder „Die Österreicher“ schreien: Hören Sie endlich auf, hier die Unwahrheit zu behaupten!
Hören Sie endlich auf!
({18})
In Österreich gibt es eine Maut. In Frankreich gibt es
eine Maut. In Italien gibt es eine Maut. Aber da zahlen
alle. Das ist der entscheidende Unterschied.
({19})
In Österreich zahlen die Österreicher mit. In Italien zahlen die Italiener mit, und in Frankreich zahlen die Franzosen mit. Da gibt es keine Ausländermaut. Hören Sie
also endlich auf, die Unwahrheit zu behaupten!
({20})
Ich will nicht nur von Herrn Dobrindt reden, sondern
auch von den lieben Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition. Sie haben sich wirklich verdammt kleingemacht. Ich kann mich noch erinnern: Die SPD wollte
grundsätzliche Änderungen durchsetzen.
({21})
Eigentlich wollte die SPD das ganze Gesetz überhaupt
nicht. Sören Bartol, du hast davon gesprochen, dass man
in Koalitionen Kompromisse eingehen muss.
({22})
Das stimmt, aber normalerweise sieht ein Kompromiss
so aus, dass man ein Projekt durchbringt, zum Beispiel
den Mindestlohn - wenn auch etwas verhunzt -, und dafür einem anderen Projekt zustimmt. Koalitionen funktionieren nicht so, dass der eine Partner ein vielleicht inhaltlich umstrittenes, im Kern aber sinnvolles Projekt
bekommt, während der andere Partner dafür offensichtlichen Unsinn erhält. So funktioniert das normalerweise
nicht.
({23})
Noch ein Wort an die CDU. Frau Merkel hat einmal
gesagt: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben. - Wo ist
denn nun Frau Merkel, die gesagt hat, dass es mit ihr
keine Pkw-Maut geben wird?
({24})
Es gibt nun sogar Schlimmeres, nämlich eine AusländerPkw-Maut. Offensichtlich führt hier die CSU die angeblich mächtigste Frau Europas vor. Ist Ihnen das nicht selber peinlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
CDU? Pro Legislaturperiode gestehen Sie der CSU offensichtlich ein Unsinnsprojekt zu. In der letzten Legislaturperiode war es das Betreuungsgeld. Nun ist es die
Ausländermaut.
Herr Kollege.
Schämen Sie sich dafür eigentlich nicht selber?
({0})
Für die CSU langt es aber auch nicht für mehr. Die CSU
macht sich selber klein. Sie beschämt damit Bayern im
Rest der Bundesrepublik. Da ich aus Bayern komme, ärgert mich das am meisten. Hören Sie endlich auf, Bayern
im Rest der Bundesrepublik mit solchen Maßnahmen lächerlich zu machen! Das ist wirklich peinlich.
({1})
Nächster Redner ist der Kollege Arnold Vaatz, CDU/
CSU.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Was wäre der Deutsche Bundestag ohne zeitweilige Ausbrüche des bayerischen Temperaments? Es
ist eine sehr erfreuliche Feststellung, dass dieses Temperament offensichtlich über alle Fraktionen gleichmäßig
verteilt ist.
({0})
Nun aber zur Sache. Lieber Herr Hofreiter, ich
glaube, dass durch das Gesetz, das wir heute verabschieden werden, die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in
Deutschland gerechter wird, und zwar aus einem einfachen Grund: Bisher gab es Nutzer unserer Verkehrsinfrastruktur, die dafür überhaupt kein Entgelt geleistet haben. Dies wird nun verändert. Das halte ich für eine gute
Nachricht für die Infrastrukturnutzer in Deutschland.
({1})
Es gibt keinen Grund, dies zu skandalisieren. Wenn wir
wollen, dass sich unsere Infrastruktur gut entwickelt,
dann müssen wir darauf achten, dass die Lasten, die aus
ihrer Nutzung folgen, auf alle möglichst gleichmäßig
und gerecht verteilt werden. Dazu ist es notwendig, dass
wir eine starke Komponente „Nutzerfinanzierung“ in unsere Infrastrukturprojekte einbauen. Nur so haben wir
die Gewissheit, dass sich alle mit unserer Infrastruktur
identifizieren.
Wir haben eine ganz hervorragende Infrastruktur in
Deutschland. Wir erfüllen Baustandards und Umweltschutzanforderungen, die außerhalb Europas fast jedes
Land der Welt völlig überfordern würden.
Eine so teure Infrastruktur unterliegt - das haben wir
ganz besonders schmerzlich in den letzten Jahren gemerkt - auch einem ganz rapiden Werteverzehr. Damit
dieser Werteverzehr unsere Infrastruktur nicht immer
weiter bröckeln lässt, haben wir nach neuen Haushaltsmitteln gerufen. Das ist auch gut so. Um diesem Werteverzehr aber wirklich kontinuierlich und dynamisch entgegenzuwirken, ist es notwendig, dass der Infrastruktur
in dem Maße ihrer Nutzung und damit ihrer Abnutzung
Geld zufließt, das dafür sorgt, dass diese Infrastruktur regelmäßig erneuert werden kann.
({2})
Die Devise „Erhalt vor Neubau“ ist zwar hilfreich
und notwendig, aber nicht hinreichend, wenn man eine
dauerhaft leistungsfähige Infrastruktur haben will. Darum war es eine konsequente Entscheidung der Koalition, auf dem Weg von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung weiter voranzugehen.
Mit den Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe und
der auf alle Bundesstraßen erweiterten Lkw-Maut können die Investitionen in die Verkehrswege auf eine solide
und vor allem dynamische Basis gestellt werden. Ihre Finanzierung wird damit auch unabhängiger von den
Zwängen des Bundeshaushalts.
Mit dem Gesetzentwurf ist es Minister Dobrindt jetzt
gelungen, eine tragfähige und allen Belangen gerecht
werdende Lösung zu finden - und das, obwohl wir ihm
im Koalitionsvertrag Rahmenbedingungen aufgeschrieben haben, die alles andere als leicht zu erfüllen waren.
({3})
Dafür gilt ihm mein ganz besonderer Respekt.
({4})
Herr Bartol hat das in seiner Rede auch deutlich gemacht: Es war wirklich keine leichte Geburt; es war eine
schwierige Geburt. In der Gesetzgebung ist es aber ähnlich wie bei den Menschen: Auch Menschen, die durch
eine schwierige Geburt auf die Welt kommen, können in
ihrem Leben Enormes leisten. So kann es auch mit
schwierig zustandegekommenen Gesetzen sein. Hoffen
wir darauf! Das wäre dringend notwendig.
({5})
Herr Kollege Vaatz, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen von Notz?
Ja, wenn es sein muss. - Bitte schön.
({0})
Herzlichen Dank, Herr Kollege, für das Zulassen der
Zwischenfrage. - Sie haben den Minister gelobt.
Ja.
Und Sie haben gesagt, man solle diesen Gesetzentwurf nicht skandalisieren, obwohl das Verfahren - es
geht darum, wie das hier gehandhabt wird - und der Inhalt skandalös sind. Ich habe jetzt eine Frage zum Inhalt.
Unter jeder Mautbrücke, unter der ein Fahrzeug durchfährt, wird derzeit ein Foto gemacht, auf dem der Pkw, das
Nummernschild - Stichwort automatische Kennzeichenerfassung -, der Fahrer bzw. die Fahrerin und gegebenenfalls der Beifahrer bzw. die Beifahrerin zu erkennen sind.
Außerdem werden darauf das Datum und die Zeit erfasst.
Diese Daten werden gespeichert. Bei dem heutigen System werden dann weit über 99 Prozent der Bilder sofort
wieder gelöscht - vor allen Dingen die aller Pkws.
In Deutschland gibt es 42 Millionen Pkws. Wie wollen Sie es datenschutzrechtlich organisieren, dass die
Leute, die mautpflichtige Straßen nicht benutzen, einen
Rückerstattungsanspruch haben? Wie sollen sie den
Nachweis führen, dass sie diese Straßen nicht benutzen,
wenn Sie es so machen, wie es gestern im Innenausschuss gesagt wurde, dass nämlich alle Fotos, die gemacht werden, nicht ein Jahr lang gespeichert werden,
um die entsprechende Nutzung gegenüber den Pkw-Führern nachzuweisen?
({0})
Meine Frage ist: Zwingen Sie also alle Leute, die
keine Maut zahlen wollen, weil sie diese Straßen nicht
benutzen, dazu, ein Fahrtenbuch zu führen, wie das gestern im Innenausschuss gesagt wurde? Halten Sie das
nicht für eine massive Zumutung - insbesondere im Hinblick auf die Bürokratie, die dies für Millionen von Menschen in Deutschland wahrscheinlich bedeuten würde?
({1})
Herr von Notz, ich glaube, wir sollten die ersten derartigen Fälle einmal abwarten und uns anschauen, wie
sie abgewickelt werden. Dann werden wir feststellen, ob
Korrekturen erforderlich sind oder nicht.
({0})
- Das war die richtige Antwort auf so eine verknotete
Frage.
({1})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war
dabei, etwas über unsere Finanzquellen zu sagen. Ich
möchte in diesem Bereich gerne einen Schritt weitergehen. Wir reden im Augenblick über öffentliche Finanzierung und Nutzerfinanzierung. Meines Erachtens ist es
notwendig, den Horizont etwas zu erweitern.
({2})
Das ist insofern notwendig, als wir im Augenblick in einer einzigartigen Situation sind: Wir haben eine Niedrigzinsphase. Ich glaube, es wäre eine sträfliche Unterlassung, wenn wir nicht darüber nachdächten, einen Teil
des anlagesuchenden Kapitals in Verkehrsinfrastrukturprojekte zu lenken. Deshalb halte ich es für richtig,
darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft vermehrt privates Kapital in die Infrastrukturfinanzierung einbinden
können.
({3})
PPP-Projekte und Pooling-Projekte drängen sich hier
auf. Ich denke, über diesen Punkt sollten wir reden.
Schließlich und endlich möchte ich noch einen weiteren Punkt nennen, der mir sehr wichtig ist. Es ist nicht
so, dass alleine mehr Geld die Zukunft unserer Verkehrsinfrastruktur sichert. Wenn wir in Deutschland weiter
diese starke wirtschaftliche Rolle spielen und diese enormen Volumina für unsere Sozialsysteme zur Verfügung
stellen wollen, müssen wir erreichen, dass effizienter gearbeitet und damit Infrastruktur schneller bereitgestellt
werden kann.
Das große Problem sind im Augenblick rechtliche
und organisatorische Rahmenbedingungen, teilweise mit
Verfahrenswegen, deren Umsetzung viele Jahre dauern
und die einer solchen Industrienation, wie wir eine sind,
unangemessen sind. Deshalb ist es dringend erforderlich,
darüber nachzudenken, wie wir Planungsverfahren vereinfachen und verkürzen können, wie wir die Rechtswege so gestalten können, dass einerseits die Rechtswegegarantie erhalten bleibt und andererseits ein
Verkehrsinfrastrukturprojekt immer noch realisierbar
bleibt.
Wir müssen außerdem darauf achten, dass wir auf
diese Weise im Kostenrahmen bleiben; denn wenn sich
die Realisierungszeiten immer mehr verlängern, dann ist
natürlich auch die Gefahr sehr groß, dass sich infolge der
natürlichen Baukostenerhöhung und einer Auflagenerhöhung durch ein Genehmigungspingpong, das fast kein
Ende findet, unsere Verkehrsprojekte immer schwieriger
umsetzen lassen und dabei immer mehr Geld sinnlos
aufgefressen wird. Das kann nicht das Ziel unserer Infrastrukturpolitik sein. Denken wir in Zukunft gemeinsam
darüber nach. Ich wünsche uns dabei viel Erfolg.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({4})
Als nächste spricht die Kollegin Sabine Leidig, Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte über zwei Punkte sprechen, die hier noch unterbelichtet sind. Der erste Punkt ist die Gerechtigkeit;
das hat der Kollege Vaatz angesprochen. Der zweite
Punkt ist die Privatisierung, die Sie mit diesem Schritt
zur allgemeinen Maut in die Wege leiten.
Sie sagen, dass der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Maut, den Sie hier im Eilverfahren in den Bundestag einbringen, dazu dient, die
Gerechtigkeit in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
zu erhöhen. Ich muss Ihnen sagen: Es wäre gut, wenn
Sie sich darüber informieren würden, wie die Belastung
der Straßen in der Bundesrepublik, aber auch in Europa
tatsächlich zustande kommt. Es sind die Lastkraftwagen,
die Lkws, die mit ihren ungeheuren Gewichten und groSabine Leidig
ßen Achslasten die Straßen kaputtmachen - das ist unter
allen Verkehrsexperten unbestritten -, und zwar um einen Faktor 10 000 bis 100 000. Das heißt, 10 000 bis
100 000 Pkws könnten die Straße benutzen, bis sie den
gleichen Schaden wie ein Lkw verursachen würden.
Fakt ist, dass in Europa nur etwa 1 Prozent aller
Straßen mit einer Lkw-Maut belegt ist. Daran muss man
etwas ändern, um zu einer gerechten Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu kommen.
({0})
Die ungerechte Grenze verläuft nicht zwischen polnischen, französischen, österreichischen und deutschen
Autofahrern. Die Grenze verläuft zwischen zerstörerischem und umweltverträglichem Verkehr. Da müssen
Sie ansetzen, wenn Sie etwas in Richtung Gerechtigkeit
verändern wollen.
({1})
Die Eisenbahnen übrigens zahlen in Europa überall
Maut. 100 Prozent des Schienennetzes sind mit einer
Maut belegt. Sorgen Sie endlich dafür, dass die Lkws
den gerechten Anteil gemessen am Grad der Zerstörung
beitragen! Sorgen Sie dafür, dass die Lkw-Mautabgaben
wie in der Schweiz verdoppelt werden! Sorgen Sie dafür,
dass alle Straßen für Lkws mautpflichtig werden!
({2})
Dann können Sie getrost darauf verzichten, eine Maut
für Autofahrer zu erheben.
Ich möchte Ihnen noch eine Kleinigkeit mit auf den
Weg geben. Wir haben gestern in der Debatte über die
Ausweitung der Lkw-Maut vorgeschlagen, zumindest
die Ausnahmeregelung, die Sie für Linienfernbusse geschaffen haben, wieder abzuschaffen. Man könnte ohne
jeden bürokratischen Aufwand allein dadurch, dass man
auf dem Papier einen Satz streicht, 90 Millionen Euro
pro Jahr einnehmen. Das wäre ein Schritt zur Gerechtigkeit, weil die Fernbusse nämlich der Bahn Konkurrenz
machen, die die volle Maut bezahlen muss. Es wäre
überhaupt nicht ungerecht, wenn die Menschen, die
weite Reisen mit dem Fernbus machen, 1 bis 2 Euro
mehr pro Fahrt zahlen.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, den
Sie gerade angesprochen haben. De facto ist in dem Gesetzentwurf verankert, dass alle Autofahrerinnen und
Autofahrer in Deutschland Maut zahlen. Auf dieser
Grundlage erwägen Sie die Privatisierung der Straßen.
Das haben Sie gerade gesagt. Wir haben es in der
Debatte mehrfach vorgebracht. Sie haben aufgejault und
so getan, als wenn das völlig aus der Welt wäre. Wir wissen aber, dass der Infrastrukturfonds von Minister
Gabriel in diese Richtung geht.
Wir lehnen die Privatisierung von Straßen ab.
({3})
Sie wird dazu führen, dass große Baukonzerne auf
Kosten derer, die auf das Autofahren angewiesen sind,
Gewinne scheffeln. Sie wird dazu führen, dass Straßen
gebaut werden, weil sie profitabel sind, und das zulasten
der Umwelt und zulasten der Bürgerinnen und Bürger,
die schon heute enorm unter einem wachsenden
Verkehrsaufkommen leiden. Sie sollten deshalb dafür
sorgen, dass der Verkehr reduziert wird. Dann brauchen
wir diese ganzen absurden Konstruktionen nicht.
({4})
Gestatten Sie mir einen letzten Satz zur SPD und zu
denen in diesem Hause, die der Ausländermaut von
Herrn Dobrindt skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Dafür gibt es unendlich viele Gründe. Wir haben sie
alle schon gehört.
Ich bin der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land von der Politik abgeschreckt werden,
wenn sie immer wieder beobachten, wie es jetzt wieder
der Fall ist, dass die Sachargumente überhaupt nicht zählen und dass es um reine Machtpolitik geht. Das widert
die Leute an.
({5})
Frau Kollegin Leidig, Sie haben einen letzten Satz angekündigt.
Ich fordere Sie auf: Lehnen Sie das ab! Dann tritt
Herr Dobrindt vielleicht zurück, aber einen besseren
Verkehrsminister finden Sie immer.
({0})
Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sebastian
Hartmann.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Heute beraten und beschließen wir die Gesetzentwürfe
zur Einführung einer Infrastrukturabgabe und zum
Verkehrsteueränderungsgesetz, umgangssprachlich: die
Einführung einer Pkw-Maut.
({0})
- Herr Krischer, auf das Stichwort werde ich nicht nur
Ihnen zuliebe gleich näher eingehen.
({1})
- Dann stelle ich es an den Anfang. Was erlauben Sie
sich eigentlich? Wenn ich Ihr heutiges Verhalten einmal
Revue passieren lasse, muss ich als überzeugter Sozialdemokrat und Europäer sagen: Kochen Sie die Debatte
über die Form unserer Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
auf das Niveau herunter, auf das es gehört! Es geht um
Verwaltungsfragen und eine Gebührenerhebung.
({2})
Mit insgesamt fünf namentlichen Abstimmungen versuchen Sie, hier einen riesigen Popanz aufzubauen,
({3})
als ob es in diesem Hause um eine Entscheidung höchster Art und Güte ginge, meine Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen.
({4})
Wenn Sie das schon tun, unterlassen Sie vor allen
Dingen aber bitte eines, nämlich den Angehörigen
meiner stolzen Partei, der SPD - das ist die Partei von
Otto Wels und Willy Brandt -, unterschwellig oder ganz
offen Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen.
({5})
Lasst uns ein Volk guter Nachbarn sein. 15 andere
europäische Staaten - um das hier einmal einzuordnen haben auch Bemautungssysteme und Vignetten, meine
Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({6})
- Jetzt langt es aber!
Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie gleich zwei
Zwischenfragen, und zwar vom Kollegen Krischer und
von der Kollegin Künast?
Herr Krischer, zu diesem Zeitpunkt ist alles gesagt
worden.
Sie gestatten also keine Zwischenfragen. Dann fahren
Sie fort.
Entschuldigung, Herrn Krischer habe ich angesprochen. Bitte.
Also, Herr Krischer, Ihre Zwischenfrage ist zugelassen. Damit haben Sie das Wort.
Herr Kollege Hartmann, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
({0})
Herr Kollege Hartmann, als ich Ihre Rede und die des
Kollegen Bartol heute Morgen hörte, war ich an einer
Stelle wirklich erstaunt. Denn bisher habe ich gedacht
- einige haben das angesprochen -, dass Sie das machen,
weil Sie sich in einer Koalition befinden. Wenn ich mir
aber anhöre, wie Sie hier davon reden, das sei ein formaler Verwaltungsakt usw., komme ich zu dem Ergebnis,
dass Sie sich mit diesem Projekt identifizieren.
({1})
Durch das, was Sie hier gerade machen, wird es zu einer
sozialdemokratischen Maut. Das ist doch wohl das
Interessante, was hier passiert. Ihre Rede geht in diese
Richtung.
({2})
Herr Bartol hat sich ja gerade dafür auf die Schulter
geklopft, was die Sozialdemokratie hier im Parlament
alles Weltbewegendes an diesem Projekt von Herrn
Dobrindt noch verändert hat. Sie und auch Herr Bartol
haben hier bei der Einbringung als zentralen Punkt
genannt, dass dann, wenn bei der Ausländermaut die
Kompensation für Deutsche über die Kfz-Steuer wegfällt, die gesamte Maut wegfallen muss. Das war der
zentrale Punkt, den Sie eingebracht haben. Das ist in den
Reden nachzulesen.
({3})
Ich frage Sie: Warum ist diese Kopplung in diesem
Gesetz, das wir gleich beschließen, nicht drin? Wir stellen das hier gleich zur Abstimmung. Kann ich davon
ausgehen, dass die Sozialdemokraten nach ihren Ankündigungen in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs unseren Änderungsanträgen bezüglich der Kopplung von
Wegfall der Kompensation mit dem Wegfall der Maut
insgesamt zustimmen?
({4})
Lieber Kollege Krischer, vielen Dank für diese sehr
präzise Frage. Ich werde sie auch sehr genau beantworten. - Es bedarf Ihres Antrages nicht; denn es ist anders
gelagert, als Sie vielleicht vermuten oder versuchen, hier
zu suggerieren.
({0})
Tatsächlich ist es so, dass die SPD dem Koalitionsvertrag unter klaren Bedingungen zugestimmt hat. Die
klaren Bedingungen für die Pkw-Maut waren, dass sie
mit europäischem Recht vereinbar sein muss und keine
Belastung für den deutschen Autofahrer darstellen darf.
Des Weiteren muss sie einen tatsächlichen Beitrag zur
Finanzierung der Infrastruktur leisten. - Das sind die
Kriterien des Koalitionsvertrages.
({1})
Für die SPD gelten Verträge, wie der Kollege Bartol
ausgeführt hat, in beiderlei Hinsicht. Natürlich ist die
Maut für die SPD kein Herzensanliegen oder Kernanliegen gewesen;
({2})
aber sie steht mit klaren Bedingungen im Koalitionsvertrag. Für uns gab es andere Themen wie den Mindestlohn und die Rente mit 63.
({3})
Ich möchte die Antwort mit Blick auf die Zeit nicht allzu
sehr ausdehnen, stelle aber fest, dass wir allein nach der
ersten Lesung Dinge wie die kommunale Entlastung in
Milliardenhöhe auf den Weg gebracht haben.
Der gesamte Koalitionsvertrag gilt als solches allumfassend. Das Kriterium der Europarechtskonformität
musste aus unserer Sicht erfüllt sein.
({4})
- Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Sie müssen, wenn
Sie fragen, auch die Antwort ertragen.
({5})
Die Bedingungen des Koalitionsvertrages müssen erfüllt
sein. Dann können wir beschließen.
Wir haben hart gerungen und verhandelt. Es gab mehr
als ein Dutzend Gespräche, allein sieben im Verkehrsbereich. Am Montag haben wir entschieden, dass wir an
dem Punkt sind, ins Plenum zu gehen. Daher wird es
heute die Abstimmung geben. Die Koalitionskriterien
sind mit den vorliegenden Gesetzentwürfen entsprechend erfüllt. - Vielen Dank, Herr Krischer.
({6})
Wir haben in der Tat hart verhandelt. Wir haben gerungen, und wir haben es uns nicht einfach gemacht.
Zwölf Monate nach Abschluss des Koalitionsvertrags ist
es tatsächlich zur Einbringung des Gesetzentwurfs gekommen, und wir haben Punkt für Punkt diskutiert und
beraten. Ich ergänze noch zwei Anhörungen in zwei
Ausschüssen, ein Fachgespräch im Haushaltsausschuss,
eine zweistellige Anzahl von Sachverständigen und
ebenso viele Gutachten. Wenn Sie jetzt allerdings behaupten, Sie hätten nicht ausreichend Beratungszeit gehabt, dann frage ich mich, was Sie, liebe Kolleginnen
und Kollegen insbesondere von der Opposition, in der
Zwischenzeit gemacht haben.
({7})
Ich gehe auf das erste Kriterium, die Vereinbarkeit
mit dem Unionsrecht, ein. Natürlich haben wir zugehört,
als uns die EU-Kommission Hinweise gegeben hat. Deswegen haben wir doch die Unterscheidung bei der Kurzzeitvignette entlang des ökologischen Kriteriums, nach
Fahrzeugen gestaffelt, eingeführt.
({8})
- Dann können Sie froh sein, dass wir monatelang beraten und auch den Zeitablauf eingehalten haben. - Wir
haben die Gleichbehandlung auch bei der Kontrolle
durchgesetzt. Darüber hinaus gibt es einen Unterschied:
Ja, wir bezahlen in der Tat auf Bundesautobahnen und
Bundesstraßen, und tatsächlich sind - Stichwort: Schutz
der kleinen Grenzverkehre - auch Bundesstraßen für
ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa
ausgenommen.
Wir haben starke Verbesserungen im Datenschutz
- zweites Stichwort - durchgesetzt. Es gibt nicht nur
eine Fristverkürzung, sondern wir haben auch klargestellt, wo welche Daten für welche Zwecke gespeichert werden, und wir haben eine unverzügliche Löschung vorgesehen, wenn die Kontrollen durchgeführt
sind. Der Minister hat bei der Einführung seines Gesetzentwurfs gesagt, das sei das härtest mögliche Datenschutzrecht überhaupt; ich sage, dass wir es noch
eine Nummer härter gemacht haben. Es ist gut so,
dass wir dem Datenschutz einen solchen Stellenwert
eingeräumt haben.
({9})
Ich gehe auf den Punkt der Grenzregionen ein. Ja, zur
Wahrheit gehört auch, dass wir das Problem von Anfang
an thematisiert haben. Im Juli gab es die Eckpunkte des
Konzepts. Am 16. Juli durfte ich in einer Stellungnahme
der SPD-Bundestagsfraktion den Fall der Grenzregionen
klar benennen.
({10})
Wir haben erreicht, dass die kleinen Grenzverkehre
auf Kommunal- und Landesstraßen nicht bemautet werden, ebenso nicht die Bundesstraßen. Aber gut ist nicht
immer gut genug; da reden wir nicht drum herum. Wir
hätten den weiter gehenden Schutz der Grenzregionen
gewünscht. Es gab auch den Vorschlag des Bundeslands
Rheinland-Pfalz, das in der Region Trier besondere
Schwierigkeiten hat, was die Infrastruktur und die Lage
dort angeht, eine Optionspflicht einzuführen, nämlich
dass wir Korridore von 30 Kilometern an unseren Grenzen definieren, wo auf Antrag auf die Erhebung der
Maut auch weiter gehend verzichtet werden kann.
Aber wir haben darüber verhandelt und als Kompromiss das Ergebnis erzielt, dass im Rahmen der Evaluierung der Einnahmen, der Ausgaben, der Aufwendungen
und der Bürokratie vor allen Dingen die wirtschaftlichen
Auswirkungen auf die Grenzregionen genauestens überprüft werden. Ich sage allen Kolleginnen und Kollegen
in diesem Hause zu: Wir als Große Koalition werden
streng darauf achten, dass es zu keinen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen kommt, und wir werden gegebenenfalls Abhilfe schaffen.
({11})
Wir haben mit der Evaluierung etwas erreicht, nämlich zu belegen, mit welchem Konzept hier gestartet
wurde. Herr Minister, Sie stehen in der Verantwortung.
Wir verlassen uns nach den Beratungen und den Ergänzungen des Gesetzentwurfs auf Ihr Wort, dass dieses
Konzept auch gelingt, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU und der SPD. Dazu haben wir den
Koalitionsvertrag unter klaren Bedingungen, was die
Pkw-Maut angeht, geschlossen.
Ich möchte abschließend auf die Kritik der Linken
eingehen, die hier vorgetragen wurde. Es gibt an einer
Stelle einen Widerspruch. Einerseits haben Sie von der
Linken von Anfang an den Antrag eingebracht: Keine
Pkw-Maut in Deutschland.
({12})
Andererseits haben Sie dann an den Beratungen im Gegensatz zu den Grünen doch mitgewirkt,
({13})
die jetzt Änderungsanträge eingebracht und damit belegt
haben, dass sie doch ausreichend Zeit hatten,
({14})
sich mit den Gesetzentwürfen zu beschäftigen.
({15})
Das war gestern der Punkt. Heute hat Ihre Kollegin
Leidig ausgeführt, dass Sie die faire Bemautung aller
Verkehrsträger wollen, und sie hat die Lkw-Maut als
Beispiel angeführt. Gestern haben wir die Erweiterung
des Lkw-Mautsystems auf alle Straßen beschlossen.
Heute weichen Sie schon wieder davon ab. Was wollen
Sie denn? Die Bemautung aller Verkehrsträger und aller
Straßen für alle Fahrzeuge oder nur der Schienen oder
nur der Lkws?
({16})
Das ist das Problem, wenn man sich von Anfang an ausklinkt.
Nach Auffassung der SPD ist das Gesetz mit Unionsrecht vereinbar. Wir verlassen uns dabei auf die Sachverständigen.
Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie noch eine letzte
Zwischenfrage des Kollegen Behrens?
({0})
Ja, Herr Behrens, bitte.
Herr Hartmann, Sie haben mich eben direkt angesprochen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie bitte zur Kenntnis
nehmen mögen, wie unser Konzept zur Bemautung des
Straßenverkehrs aussehen soll. Haben Sie zur Kenntnis
genommen, dass wir, was die Ausweitung der LkwMaut anbetrifft, von Anfang an gesagt haben: „Die Verkehrsträger müssen entsprechend ihrer Belastung, ihrer
Zerstörungskraft herangezogen werden“? Nehmen Sie
bitte zur Kenntnis, dass dazu die Pkw-Maut nach Ihrem
Muster, auch nach dem SPD-Muster, eindeutig nicht
passt.
({0})
Herr Behrens, es ist jetzt die Frage, ob ich das, was
Sie gerade gesagt haben, einfach zur Kenntnis nehme.
Das wäre eine kurze Antwort. Aber dann müssen Sie
sich gefallen lassen, dass ich hier darauf hinweise, dass
Sie gestern Abend - das begrüße ich - unserem Konzept
zur Lkw-Mautausweitung zugestimmt haben.
({0})
Ich habe es hier doch offen bekannt: Das Kernanliegen
der SPD waren auch andere Projekte im Verkehrsbereich. Wir haben dafür gesorgt, dass das Lkw-Mautsystem auf alle Bundesstraßen erweitert wird. Das wird
über 2 Milliarden Euro mehr an jährlichen Einnahmen
generieren. Insgesamt geht der Trend in Europa zu einer
verstärkten Nutzerfinanzierung.
Weil wir es uns mit der Pkw-Maut nicht einfach machen, haben wir den Evaluierungscheck im Gesetz vorgesehen, um Einnahmen zu verifizieren, Bürokratie zu
überprüfen und Aufwand gegenzurechnen. Wir haben
das in den Anhörungen thematisiert, und wir haben die
Regelung zu den wirtschaftlichen Grenzregionen hineingenommen.
({1})
Insgesamt muss das Konzept schlüssig sein. Wir werden
es heute beschließen. Aber wir werden es strengstens
überprüfen. - Ich danke Ihnen für diese Frage.
Nach unserer Auffassung ist das Gesetz mit dem Unionsrecht vereinbar, obwohl Fragen aufgeworfen worden
sind, und damit diskriminierungsfrei - das ist ein sehr
entscheidender Punkt für uns als europäische Partei -;
({2})
es belastet keinen deutschen Autofahrer. Damit erfüllt es
die Vorgaben des Koalitionsvertrags.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
({3})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Valerie Wilms,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren auf der Tribüne! Tja, worüber
reden wir heute? Über die CSU-Maut, das bisher aufwendigste und zugleich sinnloseste Projekt dieser Koalition.
({0})
Die CSU mag sich heute freuen. Ich kann Ihnen aber
versprechen, Herr Dobrindt: Das Lachen wird Ihnen
noch vergehen.
({1})
- Ich habe gesehen, was da hinten offenbar schon an Erklärungen abgegeben wird. - Viele in dieser Koalition
hoffen, dass es jetzt endlich vorbei ist. Ich garantiere Ihnen: Wenn Sie die CSU-Maut heute durchwinken, dann
geht der Ärger erst richtig los, nämlich mit Europa.
Sie wollen heute ein Gesetz beschließen, das gegen
fundamentale europäische Prinzipien verstößt. Früher
oder später wird diese Maut von Europa kassiert werden.
Bei der Lkw-Maut haben Sie das schon einmal erlebt.
Ich bin gespannt, ob dann die Maut für alle übrig bleibt.
({2})
Vielleicht ist das auch Ihr geheimes Ziel, Herr Dobrindt.
Die Beratungen in den Ausschüssen haben alle Probleme noch einmal klar bestätigt. Da hilft es überhaupt
nichts, wenn die Koalition die gleichen Textbausteine
tausendmal wiederholt. Das ganze Konstrukt der CSUMaut setzt auf die persönliche Meinung eines einzigen
Professors aus Bonn. Das wird den Europäischen Gerichtshof nicht beeindrucken.
({3})
Der Europäische Gerichtshof orientiert sich an seiner
Rechtsprechung. Einzig und allein die bisherige Rechtsprechung ist maßgeblich, und die ist verdammt eindeutig: Die CSU-Maut ist und bleibt eine Diskriminierung
von EU-Ausländern. - Darum darf sie nicht in Gang gesetzt werden.
({4})
Wir im Bundestag, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben die Pflicht, europarechtskonforme Gesetze zu verabschieden. Das muss allen in der Koalition heute klar
sein. Diese Mautgesetze sind Rechtsbruch mit Ansage.
({5})
Sie biegen sich aber nicht nur das Europarecht so hin,
wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Viel schlimmer
ist die riesige Bürokratiemaschine, die Sie da aufbauen.
Eigentlich wollten Sie in dieser Woche Bürokratie abschaffen. Ich habe es noch nicht erlebt, dass eine Bundesregierung so blank dastand wie am Montag im Haushaltsausschuss. Die Experten haben die Berechnungen
von Herrn Dobrindt, dem Mautbubi, in der Luft zerrissen. Ihr eigener Gutachter, den Sie selbst bestellt haben,
musste bei Nachfragen passen. Für wie dumm wollen
Sie uns hier im Parlament eigentlich verkaufen?
({6})
Maximal die Hälfte der geplanten Einnahmen ist
möglich. Damit können Sie vielleicht zwei Brücken pro
Jahr erneuern. Das ist lächerlich, wenn man bedenkt,
was für einen Aufwand Sie hier betreiben.
({7})
Die SPD hat noch eingebracht, dass eine neue Infrastrukturabgabebehörde geschaffen wird. Eine neue Behörde! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
({8})
Es werden Hunderte Mitarbeiter eingestellt. Es müssen
etwa 50 Millionen Briefe an Fahrzeughalter verschickt
werden. Toll! Ich rechne einmal nach: Allein das Porto
beträgt locker 30 Millionen Euro. Es muss europaweit
ein komplett neues Mautsystem ausgeschrieben und aufgebaut werden. Bei dieser CSU-Maut haben Sie anscheinend die Pedale verwechselt. Sie treten noch einmal so
richtig auf das Bürokratiegas. Herr Dobrindt, das ist der
falsche Weg.
({9})
Allein das sind schon genug Gründe, um endgültig die
Finger von der CSU-Maut zu lassen, aber es kommt
noch schlimmer.
Viele Kommunen in den Grenzregionen haben uns inständig gebeten, keine neuen Barrieren aufzubauen; sie
sind nämlich über die Grenzen hinweg zusammengewachsen. Wir können das sehr gut nachvollziehen und
haben deshalb den Vorschlag des Städtetages aufgegrif9338
fen. Wir fordern die Koalition auf: Wenn Sie schon nicht
von der Maut lassen können, dann verschonen Sie wenigstens die Grenzregionen, die sie nicht wollen.
({10})
Von mir aus soll die CSU diesen Mist in Bayern einführen,
({11})
aber sie soll nicht alle in Haftung nehmen, die ohne
Grenzen mit ihren Nachbarn zusammenleben wollen.
({12})
Noch ein Wort zu den Damen und Herren der Sozialdemokratie, der 25-Prozent-Partei. Sie haben uns hier
vor vier Wochen ein paar Versprechen gegeben. An ein
Versprechen möchte ich Sie besonders erinnern. Vor vier
Wochen hat Sören Bartol laut getönt: Es darf keine Maut
für alle geben. Wenn Sie das ernst meinen, dann stimmen Sie heute unseren Änderungen zu.
({13})
Wir haben Ihnen eine Selbstzerstörungsklausel angeboten: Wenn der Europäische Gerichtshof einen Teil dieses
ganzen Quatsches kippt, dann ist Schluss. Ich kann nur
raten: Nutzen Sie diese Chance! Jeder Einzelne von Ihnen kann heute klarmachen, dass er keine Maut für alle
will. Da reicht es nicht, nur eine persönliche Erklärung
abzugeben.
({14})
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte an den
Mautminister Dobrindt richten, auf dessen Mist das
Ganze gewachsen ist. Ganz bestimmt hat Ihnen die Maut
im letzten Wahlkampf geholfen, aber Sie haben danach
den richtigen Zeitpunkt des Absprungs verpasst. Um
Recht zu behalten, haben Sie fette Kröten geschluckt wie
Mindestlohn und Frauenquote.
({15})
Und was haben Sie dafür bekommen? Nichts als ein bürokratisches Monstrum, das kein Geld einbringt und früher oder später von Europa gekippt wird.
Frau Kollegin Dr. Wilms, Sie denken an die Redezeit?
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Das nenne
ich Totalversagen eines CSU-Ministers. Wir haben keine
Zeit mehr für lokale Quatschprojekte aus Bayern wie die
CSU-Maut. Uns brechen die Brücken weg. Wir müssen
uns endlich Gedanken über eine grundsätzlich neue
Richtung in der Verkehrspolitik machen. Wenn Sie mit
ernsthaften Vorschlägen kommen, verschließen wir uns
garantiert nicht. Aber es muss endlich Schluss sein mit
noch mehr schlechten Ideen für ein ohnehin schlechtes
System.
Herzlichen Dank.
({0})
Der Kollege Dr. Philipp Murmann spricht jetzt für die
Unionsfraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Frau Wilms, dass Sie die Frauenquote
als
({0})
dicke fette Kröte bezeichnen,
({1})
das hätten wir von Ihnen so nicht erwartet.
({2})
Wir kennen Sie sonst als sachlich orientiert. Das, was
Sie gerade von sich gegeben haben, war von Frust gekennzeichnet.
Wir sprechen heute sicherlich über eines der spannenderen Projekte dieser Koalition.
({3})
Es gibt Leute, die es lieben; es gibt Leute, die es hassen nicht in unserer Koalition, aber darüber hinausgehend.
({4})
Wir haben uns dieses Thema vorgenommen, weil damit
einige wichtige Aspekte verbunden sind. Ich möchte
gerne im Wesentlichen über die Chancen sprechen, die
mit diesem Projekt verbunden sind.
Wir haben gesagt, es soll keine Doppelbelastung
geben. Das wird auch nicht der Fall sein. Die Infrastrukturabgabe fällt für alle an: für Inländer und für Ausländer. Diejenigen, die Kfz-Steuer bezahlen - das sind nicht
nur Inländer; es gibt auch Ausländer, die Kfz-Steuer bezahlen -, werden an gleicher Stelle entlastet. Insofern
liegt da überhaupt keine Diskriminierung vor. Wir haben
das ja auch in den verschiedenen Anhörungen differenziert diskutiert. Wir sind fest davon überzeugt, dass das
so, wie wir es jetzt konstruiert haben, auch gut und sinnvoll ist. Die Höhe der Infrastrukturabgabe - auch das ist
ja wichtig - bemisst sich am CO2-Ausstoß und am Hubraum, genauso wie wir das bisher in unserer Struktur
vorgesehen haben. Man muss also auch an dieser Stelle
sagen: Wir sind sehr konsequent geblieben, und auch das
ist sinnvoll. Wir wollen alle Nutzer fair beteiligen. Da
geht es einfach - Sie haben viel über Gerechtigkeit
gesprochen - um eine faire Beteiligung an der Nutzung
unserer Infrastruktur. Ich denke, man kann nicht behaupten, dass die Regelung, wie sie jetzt vorliegt, in irgendeiner Form unfair ist. So, wie der Minister das jetzt vorgeschlagen hat, ist das für uns absolut zu machen. Es
entspricht auch dem, was wir als fair empfinden.
({5})
Wir haben natürlich eine neue Chance, Infrastruktur
über solch eine Nutzerbeteiligung und über eine
zweckgebundene Abgabe zu finanzieren. Gerade diese
zweckgebundene Finanzierung bedeutet natürlich schon
eine Umstellung und eine neue Welt; denn wir gehen
weg von der Steuerfinanzierung hin zu einer zweckgebundenen, für die Infrastruktur selber angelegten
Nutzerfinanzierung. Ich denke, daraus ergeben sich eine
Menge Chancen.
Gibt es auch Nachteile? Natürlich. Es ist eine einmalige
Umstellung. Diese ist natürlich erst einmal mit Aufwand
verbunden. Wir müssen 43,5 Millionen Steuerbescheide
verschicken. Das muss man sich einmal vorstellen.
({6})
- Sie können das nachlesen. Insgesamt werden Kosten
von 65 Millionen Euro anfallen, davon etwa 22 Millionen Euro für diese Bescheide und 20 Millionen Euro für
Auskunftsbedarf. - Ich denke, ein wichtiger Aspekt ist
auch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern das, was
wir machen, gut erklären, damit sie wissen, was auf sie
zukommt, nämlich dass sie die Infrastrukturabgabe
leisten, die mit der Kfz-Steuer, die sie bisher bezahlen,
gegengerechnet wird, und dass wir natürlich auch einige
zusätzliche Beamte beim Zoll brauchen, die das den
Bürgerinnen und Bürgern erklären, wenn sie denn Fragen haben.
Dazu hat uns die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft in der Anhörung gesagt, dass das im Wesentlichen
ein Einmalaufwand ist, aber natürlich noch nicht abzusehen ist, wie schnell der Bedarf abnimmt. Insofern haben
wir gemeinsam mit dem Finanzministerium gesagt: Wir
wollen nach einem Jahr einen Zwischenbericht haben,
um zu sehen: Ist denn das, was wir erwarten, auch in
etwa so eingetreten? Müssen wir irgendwo nachsteuern?
Insofern ist, denke ich, diese zusätzliche Evaluierung
auch im Sinne der Mitarbeiter des Zolls, aber auch in
unser aller Sinne; denn wir wollen ja die Maut zu einem
erfolgreichen Projekt machen.
Drei Behörden sind beteiligt: Das Kraftfahrt-Bundesamt ist als Infrastrukturbehörde für die Erhebung zuständig, das Bundesamt für Güterverkehr soll die Überwachung übernehmen - das macht es ja bisher schon für
den Bereich des Lkw-Verkehrs -, und der Zoll soll einschreiten, wenn es denn Vollstreckungstatbestände gibt,
also wenn sich jemand weigert, die Infrastrukturabgabe
zu bezahlen. Es gibt ja auch bisher schon Leute, die sich
weigern, die Kfz-Steuer zu bezahlen. Das werden etwa
120 zusätzliche Zollbeamte machen müssen, die dann in
einer Vereinbarung mit dem Verkehrsministerium eingesetzt werden, um das zu vollstrecken. Ich denke, auch
das ist sinnvoll. Insofern sehen Sie schon an diesen vielen Details: Es ist gut durchdacht. Sehr geehrter Herr
Minister Dobrindt, insofern sind auch viele von uns, die
vielleicht am Anfang nicht begeistert waren, inzwischen
durchaus überzeugt, dass wir da in eine richtige Richtung kommen.
Letzter Punkt: neue Chancen für die Nutzerfinanzierung. Wir sind natürlich darauf angewiesen - auch das
wurde schon gesagt -, dass wir zusätzliche Mittel für die
Infrastrukturfinanzierung generieren können. Dafür müssen natürlich nach wie vor Haushaltsmittel eingesetzt
werden. Dafür brauchen wir aber auch diese Infrastrukturabgabe, und wir brauchen institutionelle Investoren
oder andere, die sich an solchen Projekten beteiligen.
Diese wissen: Da gibt es keine Riesenzinsen, keine Riesengewinne zu machen, sondern das sind, ich sage einmal, solide Projekte mit einem mittleren Zinsniveau. Der
Gewinn aus diesen Projekten bemisst sich am Ende natürlich auch nach dem Erfolg. Wir müssen sicherstellen,
dass diese Projekte volkswirtschaftlich vernünftig sind,
aber auch, dass sie betriebswirtschaftlich ordentlich gemanagt werden und aus Sicht des Bürgers kundenfreundlich und effizient sind.
Alle diese Parameter sind sehr geeignet, sie mit Hilfe
einer Infrastrukturgesellschaft durchzuführen. Wir haben
im Moment mehrere Projekte, die auf diese Weise durchgeführt werden. Es gab auf der A 1 das Projekt zwischen
Hamburg und Bremen; ich weiß nicht, wer dort ab und
zu fährt. Es wurde innerhalb der vorgesehenen Zeit bzw.
sogar noch etwas schneller fertiggestellt. Es ist von der
Qualität überwiegend ordentlich. Es gab einige kleine
Qualitätsmängel, die beseitigt wurden. Inzwischen ist es
eine Superautobahn.
({7})
- Frau Wilms, ich weiß nicht, wann Sie dort zuletzt gefahren sind. Ich fahre dort ab und zu. Es ist ein gutes
Beispiel für ein erfolgreiches Projekt.
Bei uns in Schleswig-Holstein haben wir jetzt die A 7.
({8})
Schauen Sie sich einmal an, wie es dort organisiert wird.
Durch die Baustellen kommt man relativ gut hindurch.
Bisher haben wir dort fast keine Staus.
({9})
Es ist genau so, wie wir uns erhoffen, dass solche Projekte abgewickelt werden.
({10})
Wir diskutieren, ob wir eine Bundesautobahninfrastrukturgesellschaft gründen, eine staatliche Gesellschaft, die wiederum zusätzlich privates Kapital für Projekte einsammeln kann.
({11})
Ich denke, auch über dieses Thema sollten wir diskutieren.
({12})
Auch darin stecken viele Chancen.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen: Wir sind
ein Land des Mittelstands. Mittelstand bedeutet nicht,
dass große Firmen in einem großen Zentrum sind, sondern viele kleine Firmen über das Land verstreut sind.
Das Nervensystem unseres Mittelstandes ist die Infrastruktur. Deswegen sind wir alle gehalten, gute Lösungen zu finden und auch konstruktiv zu diskutieren und
nicht alles in Stammtischmanier herunterzubügeln, wenn
einer einen ordentlichen Vorschlag hat.
({13})
Insofern ist diese Infrastrukturabgabe eine Chance, unsere mittelständische Struktur sicherzustellen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Stimmen
Sie unserem Gesetzentwurf zu.
({14})
Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin
Bettina Hagedorn.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Lieber Herr Kauder, „koalitionstreu“ haben Sie mir gerade zugerufen. Na klar, die Koalitionstreue beweisen
wir doch heute.
({0})
Dass der Fanblock für die Pkw-Maut in der SPD nicht
nur überschaubar, sondern in Wahrheit gar nicht vorhanden ist, ist kein Geheimnis.
({1})
Das will ich hier noch einmal zu Protokoll geben.
({2})
Aber nichtsdestotrotz - das ist das Entscheidende - ist es
Ihnen genauso gegangen bei der Einführung der
Mietpreisbremse, bei der Einführung des Mindestlohns
und bei der Einführung der Frauenquote.
({3})
Wir sind eine Koalition, die einen Vertrag geschlossen
hat, der solide ist, bei dem alle Partner vorkommen. Eine
gute Koalition lebt davon, dass man sich gegenseitig
Respekt entgegenbringt und den Vertrag eins zu eins umsetzt. Genau das tun wir heute. Darum stimmen wir Sozialdemokraten auch zu.
({4})
Ich will eingangs etwas dazu sagen, dass die Kollegin
Haßelmann in der Debatte zur Geschäftsordnung von einer Entparlamentarisierung gesprochen hat
({5})
und von dem Skandal, dass alles im Hauruckverfahren
gemacht wurde. Gerade zur Aufklärung der Öffentlichkeit will ich hier noch einmal sagen:
({6})
Wir haben drei Anhörungen in acht Tagen durchgeführt.
Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht, wann wir das als Parlament das letzte Mal gemacht haben. Der federführende
Verkehrsausschuss hatte fast vier Stunden eine Anhörung, der Finanz- und der Haushaltsausschuss, beide
mitberatend, hatten jeweils zwei Stunden Anhörung. Wir
hatten 15 Sachverständige.
({7})
Allerdings ist auch der Wahrheit geschuldet - ich habe
mir das noch einmal genau angesehen -: Von den 15 geladenen Sachverständigen waren nur 4 von dem Gesetzentwurf zur Pkw-Maut ganz eindeutig begeistert, der
hier auf dem Tisch liegt, weil es dazu viele Fragen gibt.
Aber wir haben uns intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. An manchen Stellen steht - ich sage einmal Aussage gegen Aussage. Es gibt immer auf beiden Seiten Experten. Wir vertrauen dem Verkehrsminister, dass
er mit seiner Prognose recht behält, dass diese PkwMaut europarechtskonform ist, Einnahmen in erheblichem Umfang generieren wird und dass kein deutscher
Autofahrer mehr bezahlen wird als bisher. Das sind Ihre
Prognosen, Herr Dobrindt. Daran messen wir Sie, und
dafür drücken wir Ihnen die Daumen.
({8})
Frau Kollegin Hagedorn, der Kollege Kindler möchte
eine Zwischenfrage stellen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir schon viele Zwischenfragen in dieser
Debatte hatten.
({0})
Also, ich will ihn gern zu Wort kommen lassen.
Vielen lieben Dank, Frau Kollegin Hagedorn. Wir arbeiten im Haushaltsausschuss gut zusammen. Sie sind
eine sehr geschätzte Kollegin der SPD-Fraktion im
Haushaltsausschuss.
({0})
- Nicht nur im Haushaltsausschuss. - Das muss ich
vorab sagen, weil es mich umso erstaunter zurücklässt,
dass Sie, wenn Sie auf die Anhörung im Haushaltsausschuss zurückblicken, davon ausgehen, dass es deutliche
Mehreinnahmen geben wird und der Koalitionsvertrag
eins zu eins erfüllt wird, in dem es heißt, dass die PkwMaut der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das
Autobahnnetz dienen soll. Auch die Kollegen Hartmann
und Bartol von der SPD-Fraktion haben an den Koalitionsvertrag erinnert.
Bettina Hagedorn, auch Sie waren in der Anhörung
und haben es mitbekommen: Drei von vier Gutachtern
haben gesagt, dass maximal die Hälfte der Bruttoeinnahmen zu erwarten ist, wenn man die Verwaltungskosten
einrechnet, die auch noch in die Höhe gehen können. Es
wird demnach also keine oder kaum Mehreinnahmen geben. Das hat Herr Professor Eisenkopf von der ZeppelinUniversität in Friedrichshafen gesagt,
({1})
das hat der Sachverständige des Auto Clubs Europa gesagt, das hat auch Frank Schmid gesagt, den die SPD als
Sachverständigen in dieser Anhörung benannt hat. Ihr
eigener Sachverständiger hat in dieser Anhörung gesagt,
dass es kaum Mehreinnahmen geben wird.
({2})
Dann will ich auf den Sachverständigen des Bundesverkehrsministeriums zu sprechen kommen, der das
Gutachten erstellt hat.
({3})
- Ich muss keine Frage stellen; ich kann laut Geschäftsordnung auch eine Zwischenbemerkung machen. Das
wissen Sie.
Es ist nicht notwendig, eine Frage zu stellen; es kann
auch ein Statement sein. Allerdings ist das Ganze auf
drei Minuten limitiert.
Ich komme jetzt zur Frage. - Sehr geehrte Kollegin
Hagedorn, Professor Schulz ist einerseits für einen
Mautdienstleister tätig, der auch die E-Vignette im
Angebot hat, die bei der Pkw-Maut vorgesehen ist, und
wurde vom Bundesverkehrsministerium für sein Gutachten bezahlt. Es ist das einzige Gutachten, das die Einnahmeprognose stützt. Er hat selber in der Anhörung gesagt,
dass die größte Schwäche bei diesem Gutachten die
Tagesgeschäftsreisenden ohne Übernachtung sind, die
die Hälfte des Einnahmenblocks in der Berechnung ausmachen, die er dargestellt hat. Er hat gesagt, das ist die
größte Schwäche - da zitiere ich ihn jetzt. Es ist gut und
richtig und nett, dass man mit dieser Schwäche offen
umgeht, dass man sie nicht kaschieren will. Das heißt,
selbst der eigene Gutachter hat gesagt,
({0})
dass es eine große Schwäche im Gutachten des Bundesverkehrsministeriums gibt. Dann frage ich mich:
({1})
Wenn drei von vier Gutachtern sagen, dass es kaum
Einnahmen bringt, wenn der eigene SPD-Gutachter sagt,
es reicht nicht, wie können Sie dann jetzt glauben, dass
es Mehreinnahmen gibt? Das stimmt doch alles nicht.
({2})
Herr Kollege Kindler, die drei Minuten sind jetzt
erreicht. Ich würde Sie jetzt bitten, Herr Kindler, der
Kollegin Hagedorn die Möglichkeit der Beantwortung
zu geben.
Lieber Kollege Kindler, Sie können ja nachher im
Protokoll genau nachlesen, was ich hier vorhin gesagt
habe. Ich habe vorhin gesagt, dass bei den Experten Aussage gegen Aussage stand,
({0})
dass es bei den Experten beide Sichtweisen gab.
({1})
- Hören Sie mir doch mal zu! - Ich habe hier ausdrücklich gesagt, dass in einer Anhörung von 15 geladenen
Sachverständigen 4 die Regierungssichtweise unterstützt
haben und 11 es kritischer gesehen haben, und zwar in
allen Punkten: bei der Frage der Einnahmen, bei der
Frage der Europarechtskonformität und auch bei der
Frage der Steuern. Das habe ich hier vorhin so gesagt.
Dann habe ich gesagt, dass wir, auch ich, dem
Verkehrsministerium zutrauen, die eigenen Prognosen
einzuhalten. Das heißt, wir drücken ihm dafür die Daumen. Er ist der Verkehrsminister.
({2})
Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine Veranlassung, zu
sagen: Wir wissen, dass er nicht recht haben wird. - Weil
das so ist, haben wir miteinander eine Evaluierung ins
Gesetz geschrieben. Wenn wir dann gemeinsam evaluieren, Herr Dobrindt, dann sind wir am Ende alle schlauer.
({3})
- Ich habe noch Zeit zur Antwort.
Richtig ist aber - das will ich Ihnen gerne zugestehen -,
dass im Haushaltsausschuss von den vier Sachverständigen drei Sachverständige, unter anderem auch Herr
Schmid, der Einnahmenprognose widersprochen haben.
Alle Sachverständigen haben ihren Prognosen unterschiedliche Kalkulationsmuster zugrunde gelegt. Sie
waren sich also mitnichten einig. Aber in einem Punkt
haben sie übereingestimmt: Sie gingen davon aus, dass
die Nettoeinnahmen statt der 500 Millionen Euro roundabout bei maximal 150 Millionen Euro liegen werden.
Es sind dann allerdings immer noch Nettomehreinnahmen - jedoch sehr viel weniger, als Herr Dobrindt
einkalkuliert; sie leisten da nicht mehr einen so großen
Beitrag für die Infrastruktur. Da sind wir uns sicherlich
einig. Aber die Experten haben nicht von Verlusten gesprochen, wie es Kollegen von Ihnen vorhin getan haben.
So, nun will ich weitermachen. Meine Ausführungen
zu den Prognosen und zur Einnahmeseite kann ich mir ja
jetzt sparen. - Herr Dobrindt, Sie haben - wie auch
andere Kollegen - ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht - dies will ich dick unterstreichen -, dass es sich
um einen Systemwechsel, einen Paradigmenwechsel,
den Einstieg von der Steuerfinanzierung in die Nutzerfinanzierung handelt. Ich will ebenfalls betonen, dass es
in diesem Hause eigentlich eine ganz große Mehrheit
dafür gibt; denn begonnen haben wir diesen Systemwechsel während der rot-grünen Koalition 2003 mit der
Einführung der Lkw-Maut.
({4})
Mit dieser Lkw-Maut nehmen wir inzwischen roundabout 4,4 Milliarden Euro pro Jahr ein. Das ist Geld, das
Investitionen in die Infrastruktur zugutekommt. Wir sind
uns im Prinzip alle einig, dass diese nutzerfinanzierten
Einnahmen gestärkt werden müssen.
Es ist richtig - was hier vorhin auch schon gesagt
worden ist -, dass die große Schwester der Pkw-Maut,
die Lkw-Maut, in diesem Hause gerade in dieser Woche
gestärkt worden ist, indem ihre Geltung ausgeweitet
wurde und indem wir jetzt auch Lkw mit einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen heranziehen. Uns Sozialdemokraten ist besonders wichtig:
({5})
Wir haben in dem Entschließungsantrag, den wir mit den
Kollegen der Union auf den Weg gebracht haben, festgelegt, dass Sie, Herr Dobrindt, bis Mitte 2016 dem Kabinett einen Gesetzentwurf auf den Tisch legen werden,
mit dem die Lkw-Maut so, wie es in unserem Koalitionsvertrag steht, auf alle 40 000 Kilometer Bundesfernstraßen in Deutschland ausgedehnt werden kann. Jetzt gilt
die Mautpflicht auf ungefähr 14 000 Kilometern
Bundesfernstraßen, sodass mit dieser Steigerung ein
ganz erheblicher Beitrag erzielt werden kann. Ich
glaube, es besteht Einigkeit in diesem Haus darüber,
dass in erster Linie die Lkw und der Schwerlastverkehr
den schlechten Zustand von Straßen und Brücken verursachen. Darum dient es dem Verursacherprinzip, wenn
wir die Lkw-Maut stärken.
({6})
Nichtsdestotrotz: Die kleine Schwester der LkwMaut, die Pkw-Maut, steht im Koalitionsvertrag. Wir
Sozialdemokraten sind koalitionstreu. Wir haben in den
zweieinhalb Jahren, die uns miteinander bis zur nächsten
Wahl bleiben, noch eine Menge vor. Darauf freuen wir
uns.
In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({7})
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Steffen Bilger, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Jeder Redner
darf seine Redezeit voll ausnutzen, aber er muss es nicht.
Das gilt nicht nur für Sie, sondern für alle.
({1})
- Nein, es ist alles in Ordnung. - Also, Steffen Bilger hat
das Wort und spricht jetzt im Rahmen seiner Redezeit so
lange, wie er es für richtig hält. - itte.
Lieber Herr Präsident, ich habe mich schon etwas unter Druck gesetzt gefühlt,
({0})
aber ich freue mich, dass ich meine Redezeit ausschöpfen darf. Ich werde mich bemühen, sie einzuhalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter uns liegt wirklich eine lange währende Diskussion in unserem Land
über die Einführung einer Pkw-Maut. Ich habe mir sagen
lassen, dass bereits seit Anfang der 80er-Jahre in
Deutschland über diese Frage diskutiert wird.
({1})
Seit der Bundestagswahl konnte auch ich an der
Umsetzung dieses Vorhabens arbeiten. Bei den Koalitionsverhandlungen haben wir klare Regeln festgelegt,
die ich noch einmal darlegen möchte: Es soll eine Vignette mit der Maßgabe eingeführt werden, dass kein
Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als
bisher. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen, und die Abgabe soll zudem einen wesentlichen
Beitrag zur Finanzierung unserer Infrastruktur leisten.
Diese Bedingungen sind erfüllt.
Seit den Koalitionsverhandlungen und unserer Koalitionsvereinbarung liegen viele intensive Gespräche hinter uns. Wir waren als Verkehrspolitiker im Gespräch mit
der EU-Kommission, wir haben Anregungen aus dem
Bundesrat aufgenommen und auf den Rat von Experten
aus unserer Anhörung gehört. Nicht zuletzt haben wir
fraktionsintern und mit der SPD um die beste Lösung
gerungen, und das Ergebnis dieser Beratungen liegt
heute vor. Trotz aller Kritik: Es kann sich wirklich sehen
lassen.
({2})
Ich habe mich doch etwas über die Kritik gewundert,
die auch heute in manchen Zeitungen zu lesen war, nämlich dass dies jetzt im Hauruckverfahren durchgezogen
worden sei. Ich glaube, jeder, der an diesen intensiven
Verhandlungen beteiligt war, kann diesen Eindruck nicht
bestätigen.
({3})
Wir haben wirklich hart gerungen, und es ist gut, dass
diese Diskussion hier im Bundestag heute beendet ist
und dass nicht mehr weiter diskutiert, sondern gehandelt
wird.
({4})
Einen Punkt, den der Minister vorhin schon angesprochen hat, will ich auch betonen: Es ist nämlich so, dass
nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Europäische Kommission immer wieder dafür geworben hat,
die Nutzer unserer Straßen mehr an der Finanzierung der
Infrastruktur zu beteiligen.
({5})
Mit unserem Vorschlag schließen wir Mehrbelastungen für Deutsche aus; darum geht es. Sie würden eine
Doppelbelastung darstellen, nachdem die ausländischen
Autofahrer bislang keinen Beitrag zur Infrastrukturfinanzierung leisten, wenn sie nicht gerade in Deutschland
tanken und dabei Mineralölsteuer zahlen. Deswegen ist
und bleibt es eben doch eine Frage der Gerechtigkeit, ob
nur unsere Landsleute zur Kasse gebeten werden oder
aber alle, die auf unseren Straßen unterwegs sind.
Nun habe ich in den letzten Tagen einige Kommentare gelesen und auch Zuschriften von Bürgerinnen und
Bürgern bekommen, in denen gefragt wurde, weshalb
wir denn einen so hohen Aufwand für eine Infrastrukturabgabe für Pkw treiben, die nur - dieses „nur“ ist für
mich schon eine falsche Beschreibung - 500 Millionen
Euro im Jahr einbringen soll;
({6})
beispielsweise sei es doch besser, die Lkw-Maut auszuweiten. Zum einen: 500 Millionen Euro sind wirklich ein
wesentlicher Beitrag zur besseren Finanzierung unserer
Infrastruktur. Da ringen wir im Verkehrsausschuss viele
Stunden lang um ganz andere Summen.
({7})
Ich will noch einmal deutlich darstellen, was ich in
den vergangenen Debatten zu diesem Thema schon ausgeführt habe: Es geht nicht nur um die Infrastrukturabgabe, sondern es geht um mehrere Schritte. Es geht
darum, mehr Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
Es geht um die massive Ausweitung der Lkw-Maut;
heute wird dies im Entschließungsantrag noch einmal
beschlossen. Dann kommt die Infrastrukturabgabe für
Pkw hinzu, die eben nur einen Teil eines ganzen Maßnahmenpakets darstellt.
Viele Verbesserungen aus den Verhandlungen der vergangenen Wochen wurden bereits gewürdigt. Ich will in
aller Kürze einige noch einmal besonders hervorheben.
Wir hatten im Eckpunktepapier ursprünglich den Vorschlag stehen, dass alle Straßen in Deutschland bemautet
werden sollen, nicht nur die Bundesfernstraßen, sondern
auch die Landes- und Kommunalstraßen. Die Kommunen und die Länder haben sich gegen diesen Vorschlag
gewandt.
Wir haben uns auch über die Grenzregionen Gedanken gemacht. Ich glaube, die Lösung, die wir gefunden
haben, nämlich dass die Infrastrukturabgabe nur die
Bundesfernstraßen und bei ausländischen Fahrzeugen
nur die Bundesautobahnen betrifft, ist gut. Als BadenWürttemberger kann ich all denen, die sich Sorgen um
die Grenzregionen machen, sagen, dass die befürchteten
Folgen, auf die vorhin auch hingewiesen wurde, nach
unserer Erfahrung nicht eintreten werden. Das nachbarschaftliche Verhältnis in den Grenzregionen wird
weiterhin sehr gut sein, auch wenn wir die Infrastrukturabgabe einführen. Eine Maut haben schließlich auch
unsere Nachbarn in der Schweiz und in Österreich.
({8})
Der Datenschutz war ebenfalls ein wichtiger Diskussionspunkt, der auch für uns als Unionsfraktion eine
große Bedeutung hat. Ich denke, dass die vorgenommenen Änderungen durchaus zu einem sehr hohen Datenschutzniveau beitragen. Personenbezogene Daten
müssen nun bereits nach einem Jahr gelöscht werden. So
wenige Daten wie möglich sollen erzeugt werden. Das
ist ein wichtiges Anliegen, das wir in den letzten
Wochen noch einmal vertieft diskutiert haben.
Nächstes Thema: die Kurzzeitvignetten. Hier gab es
Anregungen der EU-Kommission, aber auch die Überlegung, die ökologische Lenkungswirkung zu stärken.
Nun wurden die Abgabensätze für die Zehntages- und
die Zweimonatsvignetten neu ausgestaltet. Die ausländischen Kfz-Halter haben ein Wahlrecht, entweder pauschal eine Zehntagesvignette für 15 Euro bzw. eine
Zweimonatsvignette für 30 Euro zu erwerben oder aber
unter Angabe der genauen Kfz-Daten einen nach ökologischen Kriterien differenzierten Preis zu zahlen. Positiver Nebeneffekt dieser Maßnahme sind Mehreinnahmen in Höhe von rund 13 Millionen Euro, die wir pro
Jahr erwarten.
Nicht zuletzt haben wir eine intensive Evaluierung
vereinbart, bei der wirklich alle Bedenken zu den Auswirkungen der Infrastrukturabgabe überprüft werden
können. So liegt Ihnen heute zur Abstimmung, denke
ich, ein gutes Maßnahmenpaket vor.
Ich will zum Abschluss allen herzlich danken, die daran mitgewirkt haben, vor allem meinem Berichterstatterkollegen Sebastian Hartmann, mit dem wir intensiv
jeden Satz der vorgelegten Entwürfe ausdiskutiert haben
und, glaube ich, einen Beitrag dazu geleistet haben, dass
es noch etwas besser geworden ist. Herzlichen Dank!
Ich freue mich darauf, dass wir jetzt andere Themen,
auch in der öffentlichen Diskussion, wieder verstärkt in
den Mittelpunkt stellen können,
({9})
und gebe hiermit 24 Sekunden meiner Redezeit zurück.
Vielen Dank.
({10})
Danke schön - auch für das kollegiale Verhalten.
Als nächster Redner hat das Wort Andreas Schwarz
von der SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich räume hier
unumwunden ein, dass es für mich als Neuling schon
Gesetzentwürfe gab, bei denen ich mit mehr Begeisterung dabei war und denen ich auch mit mehr Begeisterung zugestimmt habe. Sie haben ja auch schon den
Redebeiträgen aus den sozialdemokratischen Reihen
heute entnommen, dass das kein sozialdemokratisches
Kernprojekt oder Kernthema ist. Ich schaue zu unserem
Verkehrsminister: Das Copyright an dem Gesetz liegt
eindeutig bei ihm. Wir als SPD mussten in den Koalitionsverhandlungen letztendlich die CSU-Maut aus
Bayern akzeptieren, um im Gegenzug uns wichtige sozialdemokratische Kernprojekte in den Koalitionsvertrag
zu bekommen. Das sind allgemeingültige politische
Grundsätze, die für alle demokratischen Parteien gelten,
die Koalitionen eingehen. Die SPD ist ein zuverlässiger
Vertragspartner.
({0})
Ich habe mich im Dezember 2013 an der Basis meiner
Partei sehr für die Annahme dieses Koalitionsvertrages
eingesetzt, weil ich der Überzeugung war, aber auch bin,
dass er unser Land voranbringt. Und er tut es auch.
({1})
Daran wird auch die Maut nichts ändern.
Wir haben die beiden Gesetzentwürfe in den letzten
Wochen auf Herz und Nieren geprüft, zum Teil erheblichen Änderungsbedarf angemeldet und Änderungen
auch durchgesetzt. Ich habe in meiner Rede bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes am 26. Februar gesagt,
dass wir uns im Zuge der parlamentarischen Beratungen
noch einmal sehr genau mit der Arbeitsbelastung in der
Zollverwaltung befassen müssen. An dieser Stelle
möchte ich betonen, dass die Kolleginnen und Kollegen
vom Zoll einen hervorragenden Job machen und mittlerweile fast Mädchen für alles in diesem Land sind.
({2})
Wir als Gesetzgeber haben dafür zu sorgen, dass die Einführung der Infrastrukturabgabe und deren Verrechnung
mit der Kfz-Steuer reibungslos funktionieren. Das sind
wir auch den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land
schuldig.
Der Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer sieht eine Prüfung
der tatsächlichen Höhe des Erfüllungsaufwands nach
zwei Jahren vor. Daran ist nichts zu beanstanden, weil
eine Evaluation vorher aufgrund des fehlenden bzw.
noch nicht ausreichenden Zahlenmaterials wenig
sinnvoll ist. Die Anhörung des Finanzausschusses am
vorangegangenen Montag hat nach unserem Dafürhalten
die Zweifel am möglicherweise zu knapp bemessenen
Personalbedarf für Auskunft, Rechtsbehelfe und
Vollstreckung bei der Zollverwaltung bestätigt. Die Zollgewerkschaft konnte ihre Zweifel an der Personalplanung aus unserer Sicht überzeugend darlegen.
Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, im Begründungsteil des Gesetzentwurfes einen
Zwischenbericht über die Personalsituation nach zwölf
Monaten einzufordern. Nach internen Berechnungen des
BMF soll das Aufkommen von Bürgeranfragen gut ein
Jahr nach Inkrafttreten des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes zurückgehen. Intern im BMF wird davon
ausgegangen, dass man bereits nach 15 Monaten wieder
Personal herunterfahren kann. Die Zollgewerkschaft hat
diesbezüglich aber begründete Zweifel angemeldet. Aus
diesem Grund halten wir es für sinnvoll, zunächst nach
einem Jahr zu prüfen, ob das Personal zurückgefahren
werden kann oder ob es weiter benötigt wird. Wir gehen
zusammen mit der Zollgewerkschaft davon aus, dass der
Beratungsbedarf entgegen den Annahmen des BMF
eventuell doch nicht zurückgehen könnte. Dass wir die
Zahlen nach einem Jahr übermittelt bekommen, wird es
uns ermöglichen, Bedarfe frühzeitig zu erkennen und im
Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger gegenzusteuern.
Noch ein paar Worte zur Situation in den grenznahen
Gebieten; das Thema ist schon mehrmals angeklungen.
Ich selber komme aus Bayern; wir sind ja auch betroffen. Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Grenzregionen sehr ernst und haben uns stets für sie eingesetzt.
Dass die Infrastrukturabgabe entgegen der Referentenentwürfe nur noch für die Nutzung von Bundesfernstraßen erhoben werden soll, war bereits ein wichtiger
Schritt und ist auch als Eingeständnis von Minister
Dobrindt zu verstehen. Der vorliegende Entschließungsantrag hat die Problematik weiter im Blick, wenn dort
davon die Rede ist, dass wir die Auswirkungen der Maut
auf die wirtschaftliche Situation der Grenzregionen sehr
genau beobachten und gegebenenfalls umsteuern müssen. Eines muss klar sein: Die Bewohnerinnen und
Bewohner grenznaher Gebiete dürfen durch zu befürchtende Umsatzeinbußen nicht zu den Leidtragenden dieser Maut werden.
({3})
Zum Schluss möchte ich mich bei meinem Kollegen
Dr. Murmann ganz herzlich für das äußerst konstruktive
Verfahren bei der Berichterstattung bedanken. Ich möchte
mich auch beim BMF und bei der Zollverwaltung bedanken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben als SPDBundestagsfraktion versprochen,
Achten Sie auf die Zeit.
- dass es keine Mehrbelastung für die inländischen Autofahrerinnen und Autofahrer geben wird. Dieses Versprechen haben wir gehalten.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({0})
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Infrastrukturabgabe kommt. Heute ist ein guter Tag für
die Verkehrspolitik in Deutschland.
({0})
Das ist ein echter, großer Erfolg für unsere gemeinsame
Große Koalition. Herzlichen Dank dafür!
({1})
Lieber Bundesminister, lieber Alexander Dobrindt, es
hat doch keiner geglaubt,
({2})
dass wir das schaffen: EU-rechtskonform, ohne Mehrbelastung. Ich weiß doch, wie hier geredet worden ist. Deswegen: Gratulation an den Minister, Gratulation aber
auch an dieses Haus für die vielen guten Beiträge und für
die Konzeption dieses schlüssigen und überzeugenden
Gesetzes.
({3})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, da
nützen Ihre ganzen Anfeindungen nichts. - Lieber Kollege Hofreiter, hör mal zu!
({4})
- Ja, hör mal zu!
({5})
Wenn es darum geht, was in dieser Legislaturperiode
von diesem Haus geleistet worden ist,
({6})
dann zähle ich es einmal auf: WSV-Reform, Leistungsund Finanzierungsvereinbarung, Lärmschutz, mehr Geld
für Radwege, Brückensanierungsprogramm, Investitionshochlauf. Die Wähler und Wählerinnen sind dankbar, dass wir dieses Haus führen und nicht die Grünen.
({7})
Für EU-Rechtskonformität haben wir gesorgt.
Herr Kollege?
Nein, keine Zwischenfragen mehr.
({0})
Dann müssen Sie sich halt mal auf die Rednerliste setzen
lassen, liebe Kollegin Künast. Sie haben hier keine Redezeit mehr, und das war der Wunsch der Wählerinnen
und Wähler.
({1})
Wir kommen dem Wunsch der EU nach mehr Nutzerfinanzierung nach. Ich sage Ihnen noch eines: So wie es
der Kollege Hartmann für die SPD deutlich gemacht hat,
so gilt für die Unionsparteien: Die Parteien von Konrad
Adenauer, Helmut Kohl, Franz Josef Strauß und Theo
Waigel brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in Europapolitik.
({2})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nur
einen Satz zum Thema EuGH sagen: Wir wären schlechte
Parlamentarier und würden unsere Aufgabe als Legislative falsch verstehen, wenn wir erst den EuGH fragen
und dann Gesetze machen würden. Gewaltenteilung
schaut anders aus: Erst Gesetzgeber, dann gerichtliche
Überprüfung.
({3})
Zu den Grenzregionen. Ja, wir haben nachgebessert.
Wir haben die Bundesstraßen herausgenommen. Wie in
vielen anderen europäischen Ländern zahlt der ausländische Kfz-Halter jetzt auch in der Bundesrepublik
Deutschland für die Nutzung der Autobahnen. Das spaltet nicht. Nein, das ist so wie in vielen anderen Teilen
Europas auch.
({4})
Man fährt über die Bundesstraßen, man fährt über die
Kommunalstraßen, man kommt nach Deutschland. Die
Landschaften zwischen Bayern und Tirol blühen. Frau
Wilms, kommen Sie aus dem Norden mal in den Süden!
Dann sehen Sie, wie gut das bei uns funktioniert. Wir
können Ihnen gerne Nachhilfeunterricht geben.
({5})
Wir haben zu Recht diese Lösung für den Grenzverkehr so aufrechterhalten.
({6})
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich würde sagen: Fangen Sie den Vorwahlkampf in Ihren Bundesländern wieder ein! Diese Grenzregionregel ist richtig und
gut.
({7})
Die Einnahmen - das ist konservativ, transparent und
solide gerechnet ({8})
sind keine Peanuts. Kollege Hartmann hat gestern bei der
Lkw-Maut von 380 Millionen Euro gesprochen; das ist
nicht wenig Geld. 500 Millionen Euro, eine halbe Milliarde Euro, sind fast 10 Prozent von dem, was wir für
Straßen ausgeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
10 Prozent mehr allein für die Straßen - das ist richtig
Geld, und das muss man den Bürgerinnen und Bürgern so
auch ehrlich sagen.
({9})
Das parlamentarische Verfahren war zügig, intensiv
und solide. Liebe Kollegin Wilms, der Gesetzentwurf
wurde am 17. Dezember im Kabinett behandelt; die Grünen hatten die Anhörung für den 4. März beantragt; sie
fand statt zwei Wochen später, am 18. März. Sie hatten
damit zwei Wochen mehr Zeit, sich Fragen zu überlegen.
({10})
Wenn Sie dann in drei Anhörungen nicht in der Lage
sind, ausreichend Fragen zu stellen, sollten Sie sich tatsächlich mehr mit der Materie beschäftigen.
({11})
Wir haben - das ist richtig - einige Änderungen aufgenommen. Es geht um kleinere Korrekturen, um Kurzzeitvignette, Datenschutz, Evaluierung. Das ist gut und
richtig, und das ist Teil des parlamentarischen Verfahrens. Wir haben einen Entschließungsantrag, in dem wir
den Systemwechsel nochmals unterstreichen im Hinblick auf die Lkw-Maut. Wenn hier Kollegen von anderen Fraktionen - insbesondere von den Grünen - immer
behaupten, der Lkw mache die Straßen kaputt, aber wir
ließen ihn bei der Maut außen vor, dann stimmt das
nicht, weil wir den Weg des Systemwechsels und der
Lkw-Maut ganz konsequent weitergehen in dieser Koalition.
({12})
Es ist richtig: Beim Bundesverkehrswegeplan - darauf hatten wir uns im Koalitionsvertrag schon verständigt - priorisieren wir. Aber ich sage genauso deutlich:
Wir priorisieren, aber wir hängen die ländlichen Räume
nicht ab. Wir sind für gleiche Lebensbedingungen in
Stadt und Land, und das wird sich im Bundesverkehrswegeplan wiederfinden.
({13})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier einen überzeugenden Gesetzentwurf, eine großartige,
klasse Leistung. Das ist ein stolzer und guter Tag für die
deutsche Verkehrsinfrastruktur.
Herzlichen Dank. Frohe Ostern!
({14})
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort - sie ist
schon selbst nach vorne gekommen - der Abgeordneten
Kirsten Lühmann, SPD-Fraktion.
({0})
Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sie verstehen sicher, dass mein Vortrag nicht ganz so emotional sein
wird wie der des Kollegen Lange.
({0})
Aber zu Beginn lassen Sie mich sagen: Frau Wilms,
dieses Gesetz ist nicht offensichtlich EU-rechtswidrig,
wie Sie es hier behauptet haben.
({1})
Wir haben nämlich die Hinweise der zuständigen Kommissarin Bulc aufgenommen. Da sie es ist, die letztendlich entscheiden wird, ob dieses Gesetz dem EU-Recht
entspricht oder nicht, waren uns ihre Worte besonders
wichtig. Das haben wir umgesetzt, liebe Kollegen und
Kolleginnen.
({2})
Auch Ihr Hinweis, es werde eine neue Behörde geschaffen, stimmt nicht. Wenn Sie einmal im Gesetz
nachlesen - das haben Sie sicher getan; Sie haben sich ja
hervorragend vorbereitet -, sehen Sie, dass in § 4 steht:
Es handelt sich lediglich um eine verwaltungsrechtliche
Regelung. Die Maut wird natürlich von der schon vorhandenen Behörde, dem Kraftfahrt-Bundesamt, erhoben.
Unser Koalitionsvertrag wurde heute schon öfter zitiert. Ich habe mir angeschaut, was wir für den Verkehrsbereich aufgeschrieben haben; das können Sie in
332 Zeilen nachlesen. Über die Pkw-Maut stehen dort
ganze 6 Zeilen, allerdings 6 Zeilen, über die wir schon
ziemlich lange diskutieren. Wir haben um Verbesserungen gerungen. Wir hatten allein mit den Berichterstattern des Verkehrsausschusses sieben Gespräche. Es gab
Expertenanhörungen. Wir haben Änderungsanträge im
Umfang von 36 Seiten formuliert. Es ist uns gelungen,
viele Anregungen der Fachleute aus den Anhörungen
umzusetzen, auch - das muss ich hier deutlich sagen wenn wir uns als SPD für die Grenzregionen eine andere Lösung gewünscht hätten.
({3})
Minister Dobrindt, Sie haben betont, die Erhebung
der Maut allein auf Bundesautobahnen habe keine Auswirkung auf den kleinen Grenzverkehr. Das sehen wir,
aber auch die betroffenen Menschen, Unternehmer genauso wie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker - gleich welcher Partei -, anders.
({4})
Aber genauso wie bei so vielen anderen Annahmen, die
diesem Gesetz zugrunde liegen, werden wir erst nach der
Mauteinführung wissen, wer recht hatte. Deshalb haben
wir uns darauf geeinigt, dass die Auswirkungen auf die
Grenzregionen nach zwei Jahren überprüft werden, und
zwar zusammen mit dem Einnahme- und Bürokratiecheck. Dann werden wir wissen, welche der Prognosen
von Minister Dobrindt und der CSU richtig waren und
welche nicht.
({5})
Wir wollen uns entscheidend darüber auseinandersetzen, wofür wir das Geld, das wir mit der Pkw-Maut einnehmen, ausgeben wollen. Daher verpflichten wir die
Bundesregierung in unserem Entschließungsantrag, über
den wir heute abstimmen werden, sich nun der weitergehenden Vorhaben, die in den restlichen 326 Zeilen des
Koalitionsvertrags erwähnt werden, verstärkt anzunehmen. Neben der Ausweitung der Lkw-Maut gibt es viele
Themen, zum Beispiel die Verpflichtung, die Zahl der
Verkehrstoten zu senken. Hier geht es insbesondere um
die Ausbildung von Fahranfängern. Wir müssen zudem
die Eisenbahnregulierung auf den Weg bringen. Wir
müssen uns um die Arbeitsbedingungen im Bereich
Güterverkehr und Logistik kümmern. Hier warten wir
dringend auf die Fortschreibung des „Aktionsplans Güterverkehr und Logistik“; denn wir beobachten ein zunehmendes Sozialdumping in diesem Bereich, dessen
wir uns zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen
aus dem Bereich Arbeit und Soziales annehmen müssen.
Unser Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann hat
unsere Haltung zur Infrastrukturabgabe in dieser Woche
so auf den Punkt gebracht:
Die Pkw-Maut ist kein verkehrspolitisches Anliegen der SPD. Aber wir haben uns im Rahmen des
erreichten Gesamtpakets im Koalitionsvertrag einverstanden erklärt, dem Vorhaben unseres Koalitionspartners nicht im Wege zu stehen.
Damit hat er vorsichtig zusammengefasst, worüber wir
diskutiert haben.
Der Gesetzentwurf mit den Änderungen, die wir eingearbeitet haben, wird heute eine deutliche Mehrheit bekommen. Damit ist das parlamentarische Verfahren bis
zur Vorlage des Bürokratie- und Einnahmechecks beendet. Nach den Osterferien können wir uns dann anderen
Projekten des Koalitionsvertrags widmen, zum Beispiel
der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen,
was uns im Jahr 2 Milliarden Euro bringen wird. Und bei
dieser Berechnung sind sich alle Experten einig. Ich
freue mich, dass wir uns nun mit ganzer Kraft dieser und
anderen sinnvollen Verbesserungen im Verkehrsbereich
widmen können.
Herzlichen Dank.
({6})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung
von Bundesfernstraßen. Der Ausschuss für Verkehr und
digitale Infrastruktur empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/4455, den Ge-
Vizepräsident Peter Hintze
setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/3990
in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegen
zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen vor, über die wir jetzt namentlich abstimmen.
Wir kommen zuerst zur namentlichen Abstimmung
über den Änderungsantrag auf Drucksache 18/4484. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-
sehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den
Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die erste
namentliche Abstimmung, die über den Änderungs-
antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/4484.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme bei dieser ersten namentlichen Abstimmung
noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die erste namentliche Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen.
Wir kommen nun zur zweiten namentlichen Ab-
stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4485. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze der Schriftführe-
rinnen und Schriftführer zur zweiten namentlichen Ab-
stimmung besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die
zweite namentliche Abstimmung über den Änderungs-
antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/4485.
Ist ein Kollege oder eine Kollegin im Raum, der oder
die bei der zweiten namentlichen Abstimmung die
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die zweite namentliche Abstimmung
und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen.1)
Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung.
({0})
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu
nehmen.
({0})
Ich verlese die Protokolle zu den beiden namentlichen
Abstimmungen und komme zunächst zu Protokoll Num-
mer 1 des von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelten Ergebnisses der namentlichen Abstim-
mung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen zu der zweiten Beratung des Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für
die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksa-
chen 18/3990, 18/4455 und 18/4484: abgegebene Stim-
men 568. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben
gestimmt 451, enthalten haben sich 59. Der Änderungs-
antrag ist damit abgelehnt.
1) Ergebnis Seite 9350 B
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 568;
davon
ja: 58
nein: 450
enthalten: 60
Ja
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck ({1})
Volker Beck ({2})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({3})
Christian Kühn ({4})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Nein
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({5})
Axel E. Fischer ({6})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({7})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Vizepräsident Peter Hintze
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich ({8})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({9})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({10})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({11})
Stefan Müller ({12})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({13})
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({14})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({15})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({16})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({17})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({18})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({19})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({20})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({21})
Sabine Weiss ({22})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({23})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({24})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Vizepräsident Peter Hintze
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Hubertus Heil ({25})
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({26})
Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({27})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir ({28})
Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post ({29})
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth ({30})
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({31})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({32})
Matthias Schmidt ({33})
Dagmar Schmidt ({34})
Carsten Schneider ({35})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({36})
Ewald Schurer
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({37})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Enthalten
SPD
Detlef Müller ({38})
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({39})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({40})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({41})
Zweites Protokoll des von den Schriftführerinnen
und Schriftführern ermittelten Ergebnisses der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten
Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung
einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksachen 18/3990, 18/4455 und
18/4485: Hier haben 564 Kolleginnen und Kollegen an
der Abstimmung teilgenommen. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben gestimmt 446, enthalten
haben sich 60. Dieser Änderungsantrag ist damit ebenfalls abgelehnt.
Vizepräsident Peter Hintze
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon
ja: 58
nein: 446
enthalten: 60
Ja
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck ({42})
Volker Beck ({43})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({44})
Christian Kühn ({45})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Nein
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({46})
Axel E. Fischer ({47})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({48})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich ({49})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({50})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({51})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({52})
Stefan Müller ({53})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Vizepräsident Peter Hintze
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({54})
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({55})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({56})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({57})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({58})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({59})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({60})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({61})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({62})
Sabine Weiss ({63})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({64})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({65})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Hubertus Heil ({66})
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({67})
Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({68})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir ({69})
Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post ({70})
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth ({71})
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({72})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({73})
Matthias Schmidt ({74})
Dagmar Schmidt ({75})
Carsten Schneider ({76})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({77})
Ewald Schurer
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({78})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Enthalten
SPD
Detlef Müller ({79})
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Vizepräsident Peter Hintze
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({80})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({81})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({82})
Etwa 50 Kolleginnen und Kollegen haben beim Präsi-
dium eine Erklärung zur Abstimmung nach § 31 unserer
Geschäftsordnung hinterlegt. Das wird dann im Proto-
koll entsprechend veröffentlicht.1)
Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf den
Drucksachen 18/3990 und 18/4455. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, jetzt um ihr Handzeichen. - Wer stimmt da-
gegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist da-
mit in zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU/
CSU-Fraktion und SPD-Fraktion gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den Ge-
setzentwurf in dritter Lesung namentlich ab. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. - Sind die Schriftführerinnen und
Schriftführer an ihrem Platz? - Das ist der Fall. Ich er-
öffne die dritte namentliche Abstimmung über den Ge-
setzentwurf auf den Drucksachen 18/3990 und 18/4455.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser
dritten namentlichen Abstimmung seine Stimme noch
nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich
schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.2)
Ich bitte Sie, jetzt Platz zu nehmen, weil wir noch ein-
fache Abstimmungen haben.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Druck-
sache 18/4460. Wer stimmt für den Entschließungs-
antrag? - Wer stimmt gegen den Entschließungsantrag? -
Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist mit den
Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion
1) Anlagen 2 bis 6
2) Ergebnis Seite 9354 C
gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Zusatzpunkt 4 b. Wir setzen die Abstimmung über die
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und
digitale Infrastruktur auf Drucksache 18/4455 fort. Der
Ausschuss hat den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 18/806 mit dem Titel „Keine Einführung ei-
ner Pkw-Maut in Deutschland“ in seine Beschlussemp-
fehlung einbezogen. Über die Beschlussempfehlung zu
diesem Antrag soll jetzt ebenfalls abgestimmt werden.
Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall.
Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/806. Wer stimmt
für die Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Wer
stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Frak-
tion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Frak-
tion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
angenommen worden.
Zusatzpunkt 4 c. Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten
Verkehrsteueränderungsgesetzes. Der Finanzausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/4448, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 18/3991 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4486 vor,
über den wir jetzt namentlich abstimmen. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze an den
Urnen einzunehmen. - Sind die Plätze an den Abstim-
mungsurnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die
vierte namentliche Abstimmung über den Änderungsan-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa-
che 18/4486.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser
vierten namentlichen Abstimmung seine Stimmkarte
noch nicht abgegeben hat? - Es sind noch einige. Dann
bitte zu den Urnen! Hier vorne ist eine völlig frei zu-
gängliche Urne, die von den Kolleginnen und Kollegen
Vizepräsident Peter Hintze
zur Beschleunigung des Verfahrens genutzt werden
kann. Es darf jeder jede Urne benutzen.
Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das
seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Das ist nicht
der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-
zählung zu beginnen.1)
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
({83})
1) Ergebnis Seite 9356 D
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich
bitte Sie, Platz zu nehmen.
Ich gebe zunächst das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksachen 18/3990 und 18/4455, bekannt:
abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 433,
mit Nein haben gestimmt 128. 6 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit
angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 568;
davon
ja: 434
nein: 128
enthalten: 6
Ja
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({0})
Axel E. Fischer ({1})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({2})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich ({3})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({4})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({5})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({6})
Stefan Müller ({7})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Vizepräsident Peter Hintze
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({8})
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({9})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({10})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({11})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({12})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({13})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({14})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({15})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({16})
Sabine Weiss ({17})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({18})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({19})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Hubertus Heil ({20})
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Dr. Eva Högl
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Lars Klingbeil
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({21})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir ({22})
Aydan Özoğuz
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post ({23})
Dr. Sascha Raabe
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth ({24})
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({25})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({26})
Matthias Schmidt ({27})
Dagmar Schmidt ({28})
Carsten Schneider ({29})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({30})
Ewald Schurer
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({31})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Nein
SPD
Dr. Daniela De Ridder
Elvira Drobinski-Weiß
Christian Flisek
Michael Gerdes
Michael Groß
Ulrich Hampel
Thomas Hitschler
Matthias Ilgen
Dr. Bärbel Kofler
Markus Paschke
Johann Saathoff
Vizepräsident Peter Hintze
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({32})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({33})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({34})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck ({35})
Volker Beck ({36})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({37})
Christian Kühn ({38})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Enthalten
SPD
Dr. Katarina Barley
Dirk Heidenblut
Petra Hinz ({39})
Detlef Müller ({40})
Dr. Simone Raatz
Dennis Rohde
({41})
Wir kommen jetzt zu dem von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten
Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten
Entwurfs eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes auf Drucksachen 18/3991, 18/4448 und 18/4486:
abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 58,
mit Nein haben gestimmt 448. Enthalten haben sich 59
Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist
damit abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon
ja: 58
nein: 447
enthalten: 59
Ja
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck ({42})
Volker Beck ({43})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({44})
Christian Kühn ({45})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Nein
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Vizepräsident Peter Hintze
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({46})
Axel E. Fischer ({47})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({48})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich ({49})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({50})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({51})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({52})
Stefan Müller ({53})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({54})
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({55})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({56})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({57})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({58})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({59})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({60})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({61})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({62})
Sabine Weiss ({63})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Vizepräsident Peter Hintze
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({64})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({65})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({66})
Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({67})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Susanne Mittag
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir ({68})
Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post ({69})
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth ({70})
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({71})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({72})
Matthias Schmidt ({73})
Dagmar Schmidt ({74})
Carsten Schneider ({75})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({76})
Ewald Schurer
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({77})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Enthalten
SPD
Detlef Müller ({78})
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({79})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({80})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({81})
Vizepräsident Peter Hintze
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf auf
Drucksachen 18/3991 und 18/4448 in der Ausschuss-
fassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. - Ge-
genstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist
damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der CDU/
CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen
der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen
angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den
Gesetzentwurf namentlich ab. Ich bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu-
nehmen.
Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der
Fall. Ich eröffne hiermit die Abstimmung über den Ge-
setzentwurf auf Drucksachen 18/3991 und 18/4448. Die
fünfte namentliche Abstimmung ist eröffnet.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be-
kannt gegeben.1)
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Arnold Vaatz, Erika Steinbach, Elisabeth
Winkelmeier-Becker, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich, Frank Schwabe,
Dr. Johannes Fechner, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung
und Aufgaben des Deutschen Instituts für
Menschenrechte ({82})
Drucksache 18/4421
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ({83})
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, dazu wieder
Platz zu nehmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Als erstem
Redner erteile ich das Wort für die Bundesregierung dem
Parlamentarischen Staatssekretär Christian Lange.
({84})
1) Ergebnis Seite 9360 C
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen
wir das Deutsche Institut für Menschenrechte auf eine
gesetzliche Grundlage stellen. Wir setzen damit erneut
ein wichtiges Versprechen aus dem Koalitionsvertrag
um. Mit dem Gesetz wollen wir ein Institut stärken, das
weltweit hohe Anerkennung und hohes Ansehen genießt. Wir wollen sicherstellen, dass es weiterhin den
höchsten Status behält, den nationale Menschenrechtsinstitutionen erreichen können, den A-Status.
Das Institut für Menschenrechte ist ein Kind des
Parlaments. Es wurde durch einen einstimmigen Beschluss des Deutschen Bundestages am 7. Dezember
2000 geschaffen. Seine Einrichtung orientiert sich an
den sogenannten Pariser Prinzipien der Vereinten
Nationen. Sie stellen für nationale Menschenrechtsinstitutionen verschiedene inhaltliche und formale Kriterien
auf. Zu den formalen Kriterien gehört es, dass die nationalen Institute eine gesetzliche Grundlage haben sollen.
Die Einhaltung der formalen Kriterien ist wichtig, weil
daran der Status der nationalen Institution geknüpft ist,
und nur wer den A-Status bekommt, hat auf internationaler Ebene wichtige Beteiligungsrechte. Es geht etwa
um die Teilnahme und das Rederecht im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat diesen
A-Status, obwohl es bislang keine gesetzliche Grundlage
für seine Tätigkeit gab. Das war ein großzügiges Entgegenkommen des Überprüfungsausschusses in Genf.
Inzwischen aber verweist der Ausschuss auf die Vorbildwirkung gegenüber anderen Staaten. Deshalb verlangt er
nun auch eine gesetzliche Grundlage für unser Institut,
und ich meine, die sollten wir jetzt auch schaffen.
({0})
Wenn wir den A-Status sichern wollen, dann geht es
aber nicht nur um Förmlichkeiten. Das Gesetz muss
auch inhaltlich den Pariser Prinzipien entsprechen. Der
Gesetzentwurf der Bundesregierung tut dies; denn er
stellt sicher, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte seine erfolgreiche Arbeit auch in Zukunft fortsetzen kann.
({1})
Dazu gehört vor allem der kritische Blick auf die Lage
der Menschenrechte im eigenen Land.
Beim Thema Menschenrechte haben sich die Staaten
der Welt lange Zeit ganz ähnlich verhalten wie bei der
Korruption: Probleme wurden immer bei den anderen
gesehen, aber nie im eigenen Land.
Natürlich, meine Damen und Herren - das wissen wir -,
steht Deutschland im internationalen Vergleich bei den
Menschenrechten gut da. Aber es kann uns nicht genügen, dass die Lage bei uns besser ist als in vielen anderen
Ländern. Wir sollten einen höheren Anspruch an uns
selbst haben. Die Rechte von Behinderten, Rassismus in
unserer Gesellschaft, der Zugang zum Recht im Rechtsstaat: All das sind Menschenrechtsthemen, die auch in
Deutschland relevant sind. Deshalb ist der kritische
Blick auf das eigene Land wichtig, und dazu gehört
auch, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte unabhängig ist. Seine Positionen müssen nicht in jedem
Fall diejenigen der Bundesregierung sein oder dem
wissenschaftlichen Mainstream oder dem des Deutschen
Bundestages entsprechen. Es wird immer wieder
unterschiedliche Ansichten darüber geben, wie man
Menschenrechte auf nationaler Ebene am besten verwirklichen und schützen kann.
Wichtig aber ist, dass das Deutsche Institut für
Menschenrechte der notwendigen Debatte darüber wichtige Impulse gibt und den Diskurs anstößt, wie wir die
Menschenrechtssituation bei uns weiter verbessern
können. Öffentliche Kritik und Debatte, das sind nicht
nur die Grundlagen der Demokratie, sondern das sind
und bleiben die besten Garanten für Menschenrechte,
weltweit und auch bei uns in Deutschland.
({2})
Meine Damen und Herren, nur wenn wir die internationalen Vorgaben selbst genau einhalten, haben wir auch die
Möglichkeit zur Kritik an anderen. Deshalb hat der A-Status so große Bedeutung, und nur wenn wir selbstkritisch
mit eigenen Defiziten umgehen, haben wir auch die moralische Legitimation, die Länder zu kritisieren, in denen
Menschenrechte sehr viel stärker beeinträchtigt werden
als bei uns.
({3})
Der vorliegende Gesetzentwurf sichert beides: die Möglichkeiten und die Legitimation für unser Engagement.
Deshalb ist er so wichtig.
Der Ausschuss in Genf, der den A-Status des Instituts
prüft, hat sich bereit erklärt, seine Entscheidung bis zum
Herbst zu vertagen. Drei Monate vorher müssen alle notwendigen Unterlagen vorgelegt werden; das ist also
Ende Juli. Ich habe deshalb eine sehr herzliche Bitte an
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf möglichst zügig beraten und beschließen;
({4})
denn wenn es um die Menschenrechte geht, sollte
Deutschland niemals zweitklassig sein.
Herzlichen Dank.
({5})
Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes, Drucksachen 18/3991 und 18/4448, bekannt:
abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 438,
mit Nein haben gestimmt 117. 12 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit
angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 565;
davon
ja: 437
nein: 116
enthalten: 12
Ja
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Veronika Bellmann
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Jutta Eckenbach
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({0})
Axel E. Fischer ({1})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({2})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Reinhard Grindel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Olav Gutting
Christian Haase
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich ({3})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({4})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Vizepräsident Peter Hintze
Sylvia Jörrißen
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Andreas Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Hartmut Koschyk
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Dr. Ursula von der Leyen
Antje Lezius
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({5})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({6})
Stefan Müller ({7})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({8})
Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({9})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({10})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({11})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({12})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({13})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({14})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({15})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({16})
Sabine Weiss ({17})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Marian Wendt
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({18})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({19})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Dr. Karl-Heinz Brunner
Marco Bülow
Martin Burkert
Dr. Lars Castellucci
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Johannes Fechner
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Sigmar Gabriel
Martin Gerster
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Hubertus Heil ({20})
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Dr. Eva Högl
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({21})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Hilde Mattheis
Dr. Matthias Miersch
Susanne Mittag
Vizepräsident Peter Hintze
Bettina Müller
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Ulli Nissen
Thomas Oppermann
Mahmut Özdemir ({22})
Aydan Özoğuz
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Sabine Poschmann
Joachim Poß
Florian Post
Achim Post ({23})
Dr. Sascha Raabe
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dr. Martin Rosemann
René Röspel
Michael Roth ({24})
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({25})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({26})
Matthias Schmidt ({27})
Dagmar Schmidt ({28})
Carsten Schneider ({29})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({30})
Ewald Schurer
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Claudia Tausend
Michael Thews
Franz Thönnes
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({31})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Nein
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({32})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({33})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({34})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck ({35})
Volker Beck ({36})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({37})
Christian Kühn ({38})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Enthalten
SPD
Elvira Drobinski-Weiß
Christian Flisek
Michael Gerdes
Michael Groß
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Petra Hinz ({39})
Thomas Hitschler
Matthias Ilgen
Detlef Müller ({40})
Dr. Simone Raatz
Dennis Rohde
Als nächster Rednerin in der Debatte zum Deutschen
Institut für Menschenrechte gebe ich das Wort der Abgeordneten Inge Höger von der Fraktion Die Linke.
({41})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Koalition doch noch eine
gesetzliche Grundlage für das Deutsche Institut für Menschenrechte auf den Weg gebracht hat.
({0})
Nach wochenlangen Auseinandersetzungen und viel öffentlichem Druck
({1})
hat das Kabinett sozusagen in letzter Minute, am
18. März, einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er basiert nun
auf den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen. So
bleiben dem Institut der A-Status bei den Vereinten Nationen und die damit verbundenen wichtigen Beteiligungsrechte auf internationaler Ebene erhalten. Der
Bundesregierung bleibt eine äußerst unrühmliche Aberkennung des A-Status erspart.
({2})
Dennoch: Der Weg dorthin war steinig. Es ist ausgesprochen peinlich, dass vorrangig eine Abgeordnete der
CSU, Frau Steinbach,
({3})
dieses Gesetz monatelang blockiert hat, und das entgegen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag.
({4})
Grund war wohl die unabhängige Arbeit des Instituts,
das auch Verletzungen der Menschenrechte in Deutschland zu Recht anmahnt und kritisiert.
Die Fraktionen der CDU/CSU und auch der SPD haben es in Kauf genommen, dass das Deutsche Institut für
Menschenrechte seinen A-Status aberkannt bekommen
hätte. Nochmals: Der vorliegende Kompromiss ist vor
allem aufgrund des massiven Drucks von NGOs und der
Oppositionsfraktionen gerade noch rechtzeitig zustande
gekommen.
({5})
Es ist gut, dass das Institut Zuwendungen aus dem
Haushalt des Bundestages beziehen soll;
({6})
diese Finanzen müssen stabil sein und langfristig erhöht
werden. Das haben das Deutsche Institut für Menschenrechte und auch die Linke immer gefordert. Auch die Finanzierung der Umsetzung noch offenstehender Aufgaben und der Ausstattung der Koordinierungsstellen muss
gesichert werden. Wir wünschen uns auch, dass die Zusammenarbeit mit anderen Menschenrechtsinstitutionen
und Behörden besser unterstützt und mit mehr Ressourcen ausgestattet wird.
Es schockiert uns, dass der Kreis um Frau Steinbach
so wenig Vertrauen in die Arbeit des Instituts hat, dass
die Aufgaben nun im Gesetzentwurf klar festgeschrieben
werden mussten. Die Untersuchung von Menschenrechten in Diktaturen sowie im Kriegs- und Nachkriegsgeschehen waren Ihnen anscheinend besonders wichtig.
Doch die Aufgabenbeschreibung darf nicht zu einer Beschränkung der Arbeit des Instituts führen. Sie darf die
Setzung eigener Schwerpunkte nicht behindern, die sich
aus konkreten Situationen ergibt. Das Institut muss seine
eigene Definition von Menschenrechtsverletzungen und
totalitären Diktaturen erarbeiten können, statt sich den
Inhalt von der jeweiligen Bundesregierung vorschreiben
zu lassen.
({7})
Das Institut sollte gegenwarts- und zukunftsorientiert
arbeiten können. Für historische Aufarbeitungen sind
andere Forscherinnen und Forscher notwendig und zuständig. Die Anbindung des Instituts an den Bundestag
muss bewirken, dass alle Abgeordneten sich als Hüter
seiner Unabhängigkeit verstehen und die Zukunft des
Instituts vor Angriffen schützen. Das Institut darf kein
Verein der Bundesregierung werden, das je nach globaler geopolitischer Lage selektiv Menschenrechte in gerade ausgewählten und politisch passenden Staaten und
Regionen anprangert und das aufhört, vor der eigenen
Tür zu kehren.
Wir finden es gut, dass der Bundestag sich nun jährlich mit der Arbeit des Instituts auseinandersetzen darf
und muss. Das bietet dem Institut Gelegenheit, seine
Schwerpunkte zu präsentieren und seine politischen Bedürfnisse und finanziellen Forderungen zu benennen.
Das Institut sollte ausgewogen Verletzungen der
Menschenrechte weltweit kritisieren, aber auch internationale Entwicklungen mit der Einhaltung menschenrechtlicher Verträge und finanzieller Verantwortung verknüpfen. Auch die Menschenrechte in Deutschland
bedürfen der Anwaltschaft des Instituts. Dafür hat das
Institut zum Beispiel eine Monitoringstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet. Des Weiteren
stellt es Weiterbildungsmöglichkeiten für Anwälte auf
dem Gebiet der Menschenrechte bereit. Auch der aktuelle Themenschwerpunkt „Rechte haben und Rechte
bekommen“ orientiert sich an den dringenden Notwendigkeiten.
({8})
Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die
Linke wird dem Gesetzentwurf zustimmen. Wir wünschen dem Institut viel Erfolg bei seiner Arbeit.
({0})
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Erika Steinbach, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Kollegin Höger, Sie irren: Nicht Deutschland
würde den A-Status verlieren, sondern der eingetragene
Verein Deutsches Institut für Menschenrechte. Das ist
schon ein Unterschied.
Was lange währt, wird endlich gut, kann man sagen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte erhält mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf endlich eine stabile
Grundlage für seine Arbeit. Das haben CDU, CSU und
SPD in der Koalitionsvereinbarung so festgelegt, und
zwar erstmals festgelegt. Seit 15 Jahren existiert das
Deutsche Institut für Menschenrechte nämlich ohne gesetzliche Grundlage.
({0})
- Steigen Sie runter von dem Dach, auf das Sie immer
gestiegen sind, Herr Koenigs. Sie liegen falsch.
Die Pariser Prinzipien waren bei der Formulierung
dieses Gesetzes selbstverständlich unser Maßstab. Ansonsten würde das Gesetz nämlich überhaupt keinen
Sinn machen. Dann würde der A-Status wieder verloren
gehen. Die Pariser Prinzipien sind bei der Formulierung
natürlich grundsätzlich mit eingeflossen, was die Zuständigkeit, den Aufgabenbereich und die Zusammensetzung der Gremien dieses Deutschen Instituts für Menschenrechte anbelangt. In allen diesen Punkten ist der
Gesetzentwurf so gestaltet, dass der A-Status erhalten
werden wird. Davon sind wir fest überzeugt.
({1})
Dieses Institut ist in den vergangenen Jahren wiederholt und schon seit vielen Jahren vom Akkreditierungsausschuss des ICC, einem Zusammenschluss nationaler
Menschenrechtsinstitutionen, kritisiert worden. Neben
einer fehlenden gesetzlichen Grundlage wurde das Institut auch gerügt, weil es nicht die gesamte Breite der gesellschaftlichen Basis genügend dargestellt und abgebildet hat. Das ist ein wesentlicher Punkt in den Pariser
Prinzipien.
Die Mitgliederbasis des eingetragenen Vereins war
bis vor kurzer Zeit so schmal, dass sie den Pariser Prinzipen in keiner Weise entsprochen hat. Der Verein hat in
den letzten beiden Jahren begonnen, diese Defizite aufzuarbeiten. Das halten wir für ganz wichtig, und die Pariser Prinzipien schreiben dies auch so vor.
Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die Grundlage
dafür, dass die Zusammensetzung der Mitgliederversammlung und die Besetzung der Gremien dauerhaft so
erfolgen können, dass alle erforderlichen Garantien für
eine pluralistische Vertretung der an der Förderung und
am Schutz der Menschenrechte beteiligten gesellschaftlichen Kräfte hier in Deutschland gewährleistet werden
kann. Das war für uns ein ganz zentrales Anliegen.
({2})
Wir schreiben im Gesetz ausdrücklich fest, dass dieser eingetragene Verein die unabhängige nationale Institution der Bundesrepublik Deutschland zur Information
der Öffentlichkeit über die Lage der Menschenrechte im
In- und im Ausland wird. Voraussetzung ist, dass die ihm
gestellten Aufgaben gemäß den Pariser Prinzipien der
Vereinten Nationen wahrgenommen werden.
Bei der Betrachtung der Menschenrechtslage in
Deutschland ist ausdrücklich auch die Aufgabe gestellt,
in geeigneten Fällen eine vergleichende Perspektive zum
Ausland vorzunehmen, um Vergleichbarkeit zu erreichen. Aber alleiniger Maßstab sind die Menschenrechte.
Bei der Verwirklichung der Menschenrechte nimmt
Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung ein und hat in vielen Bereichen auch Vorbildfunktion. Wir wollen uns damit aber nicht begnügen,
sondern wollen auch, dass immer wieder überwacht und
hinterfragt wird.
Zukünftig hat das Deutsche Institut für Menschenrechte dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht
über seine Arbeit und die Menschenrechtsentwicklung
hier in Deutschland vorzulegen; das war uns ein zentrales Anliegen. Dazu können wir als Deutscher Bundestag
dann Stellung nehmen. Das ist auch eine Gelegenheit,
die Arbeit des Instituts der Öffentlichkeit in größerer
Breite vorzustellen.
Uns ist an einer objektiven und konstruktiven Beurteilung der Situation hier in unserem eigenen Lande gelegen. Wir wollen nicht nur den Blick ins Ausland lenken. Es gibt Bereiche, die bislang nicht im Fokus des
Deutschen Instituts für Menschenrechte gestanden haben, von denen wir aber glauben, dass darauf ein Blick
geworfen werden sollte. Die Situation der muslimischen
Mädchen und Frauen in Deutschland und die Frage, inwieweit Gleichberechtigung überhaupt gelebt werden
kann, zählen mit Sicherheit dazu.
({3})
Die Themen Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen und
Kopftuchzwang verletzen die Menschenrechte der betroffenen Mädchen und Frauen erkennbar - leider auch
hier in Deutschland.
({4})
Das sollte man auch einmal unter die Lupe nehmen.
Handlungsempfehlungen des Instituts dazu wären sicherlich hilfreich.
Konstruktive Kritik bedeutet auch, immer mit der Betrachtung der Realität zu beginnen. So ist es, wie ich
meine, nicht so sehr hilfreich - wie geschehen -, Entschädigungen für Opfer von Menschenhandel zu fordern, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen und
Vorschläge zu machen, wie man das beheben könnte, das
Ganze eigentlich noch zu beschönigen und zu ignorieren, dass es in Deutschland massive Zwangsprostitution
gibt. Dafür muss sich auch im Institut, meine ich, der
Blick öffnen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf - das ist ein
wirklich gutes Gesetz; ich kann allen nur empfehlen,
ihm zuzustimmen - erreichen wir auf unseren Vorschlag
hin, dass die Finanzierung des Deutschen Instituts für
Menschenrechte nunmehr aus einem einzigen Etat erfolgt, nämlich dem des Deutschen Bundestages, und
nicht mehr über vier Ministerien. Das, finde ich, ist sogar eine Aufwertung des Instituts. Das ist auch ein schöErika Steinbach
nes Signal für unsere Haushälter, weil es der Haushaltswahrheit und -klarheit dient.
({5})
Wir schaffen damit neben der von den Pariser Prinzipien geforderten Finanzierungsgrundlage endlich Transparenz.
In diesem Sinne: Es freut mich sehr, dass wir mit dieser gesetzlichen Grundlage einen soliden und geregelten
Zustand erreichen. Dieses Gesetz schafft eine gute
Grundlage für die Arbeit des Deutschen Instituts für
Menschenrechte.
Ich bedanke mich bei unseren Koalitionsfreunden von
der SPD für intensive, gute und engagierte Beratungen,
die nicht immer ganz einfach waren. Aber jetzt scheinen
ja alle zufrieden zu sein. Frohe Ostern in absehbarer Zeit
wünsche ich Ihnen!
({6})
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Tom Koenigs, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Das Deutsche Institut für Menschenrechte arbeitet gut. Es hat sich national und international einen guten
Ruf erarbeitet, und dafür danke ich den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern unter Führung von Frau Professor
Rudolf und Herrn Windfuhr sehr herzlich.
({0})
Auch der Vorgänger, Professor Bielefeldt, ist unvergessen.
({1})
Dass wir in letzter Minute diesem Institut die Peinlichkeit des Abstieges in den B-Status ersparen können,
ist gut. Ich bedanke mich beim Akkreditierungsausschuss
explizit dafür. Das sind die Institute von Kanada, die kanadische Menschenrechtskommission, die Nationale Beratungskommission für Menschenrechte Frankreichs, die
nationale Menschenrechtskommission Mauretaniens und
die Unabhängige Menschenrechtskommission des Staates Palästina. Der Parlamentarische Staatssekretär Lange
hat vorhin gesagt: großzügiges Entgegenkommen. Ich
bin ganz sicher, Frau Steinbach, dass wir, wenn die Palästinenser ihre Leute einmal nicht zusammenbringen,
ähnlich großzügig sind.
({2})
Jetzt gibt es also die große Einigkeit. Wir haben eben
gehört, dass alle Kreide gefressen haben. Man fragt sich
wirklich: Was war eigentlich los? Warum ging das nicht
sofort? Hat da irgendein Verleihnix geglaubt, er hätte
Zaubertrank getrunken, und nachher war es nur warmes
Wasser?
({3})
Oder haben Sie vielleicht irgendeinem Troubadix den
Mund verbinden müssen?
({4})
Auf jeden Fall hat die Debatte eines gezeigt: Eine sachliche Kontroverse gab es da nie. Da sind unsachliche
Dinge im Kuhhandel mit verhandelt worden; wir wissen
nicht, welche. Jetzt haben Sie alle Kreide gefressen. Jetzt
geht es wieder. Prima.
({5})
Das neue Gesetz hat eine zusätzliche markante Änderung. Wenn es zusätzliche Aufgaben für das Institut gibt
- § 2 Absatz 3 -, dann, soweit zusätzliche Finanzmittel
verfügbar sind. Der Hinweis auf notwendige zusätzliche
Finanzmittel im Gesetz ist sehr gut.
({6})
Jetzt könnten wir natürlich sagen: Wir haben eine einstimmige Grundlage. Diese haben wir aber selbst heute
noch nicht so ganz. Denn wir haben einerseits den Kabinettsentwurf. Diesen haben wir dem Koordinierungsausschuss zugeschickt; deshalb haben sie vertagt. Wir haben
andererseits den Fraktionsentwurf von CDU/CSU und
SPD. Die Entwürfe sind identisch.
({7})
Die Oppositionsfraktionen stimmen beide zu. Trotzdem
wird das offensichtlich kein gemeinsamer Antrag.
({8})
Warum nicht?
({9})
Dem Institut könnten wir sehr wohl einen gemeinsam
getragenen Gesetzentwurf gönnen.
({10})
Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, zu einer
gemeinsamen Verabschiedung zu kommen: Kabinettsentwurf, Koalitionsentwurf, wir bringen denselben wortgleich ein, und die Linke bringt denselben wortgleich
ein.
({11})
Das geht aber bisher immer deshalb nicht, weil die
CDU/CSU in kindischer Weise sagt: Niemals mit der
Linken. Das kommt mir so vor wie in Hundert Jahre
Einsamkeit, wo eine Person sagt: Man darf dem Teufel
niemals glauben, auch wenn er die Wahrheit spricht. So sind Sie.
({12})
Wenn die doch sagen: „Das ist ein richtiger Gesetzentwurf“, wenn wir sagen: „Das ist ein guter Gesetzentwurf“, wenn die Regierung sagt: „Das ist unser Gesetzentwurf“, dann könnten wir doch alle vier, ja, fünf
zusammen einen gemeinsamen Entwurf machen und damit das Institut wirklich unterstützen.
({13})
- Nein, fünf. Vier Fraktionen und die Regierung. - Dann
könnten wir gemeinsam sagen: Wir sind stolz auf dieses
Institut. Das macht eine unabhängige Arbeit, und das
werden wir weiterhin unterstützen.
Vielen Dank.
({14})
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSUFraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier am Beginn von sehr konstruktiven
und sehr konfliktarmen Verhandlungen, wenn ich das
ernst nehme, was Sie gerade gesagt haben. Ich freue
mich, dass unser Entwurf, über den wir lange und gut
verhandelt haben, jetzt schon im Vorfeld so viel Zustimmung findet. Das bestätigt uns darin, dass wir hier auf
einem sehr guten Weg sind.
Wir schaffen es - dies hatten wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen -, für die Absicherung des Deutschen Instituts für Menschenrechte endlich die gesetzliche
Grundlage zu schaffen. Ich denke, der Gesetzentwurf
bietet in der Tat eine gute Lösung für den Zielkonflikt,
eine finanzielle und institutionelle Absicherung des Institutes zu schaffen, die Vereinsautonomie und die Unabhängigkeit, vor allem die Unabhängigkeit der Arbeit,
anzuerkennen, zugleich aber auch die verbindlichen Vorgaben der Pariser Prinzipien einzuhalten, vor allem in
den Punkten Pluralität und Offenheit.
Wir stellen mit diesem Gesetzentwurf klar, dass auf
Ersuchen der Bundesregierung oder auf Ersuchen des
Bundestages gutachterlich Stellung zu nehmen ist. Das
ist ja gerade dann wichtig, wenn man auf die Politik Einfluss nehmen will. Nachlaufende Kritik ist niemals so
wirksam wie gute Anregungen, die schon im Vorfeld,
wenn die Politik noch gestaltet wird, gegeben werden
und die die Politik dann gleich mit aufnehmen kann.
Die Arbeit des Instituts ist vor allem nach innen gerichtet; das hat der Parlamentarische Staatssekretär
Lange schon ausgeführt. Der Blick nach innen ist uns
auch sehr wichtig. Wir haben sicherlich eine sehr gute
Ausgangslage, was die Menschenrechte angeht. Aber
Stillstand ist da Rückschritt. Man muss immer wieder
schauen: Welche neuen Situationen ergeben sich?
({0})
Wir arbeiten im Moment im Bereich der Rechtspolitik
an einer Reform der Straftatbestände gegen den Menschenhandel und an einer Reform des Prostitutionsgesetzes.
({1})
Das ist eine Situation, die wir uns vor zehn Jahren noch
nicht hätten vorstellen können. Hier hat sich die Lage,
auch in puncto Menschenrechte, verändert. Darauf muss
man den Blick immer wieder neu werfen.
({2})
Mir ist trotzdem wichtig, auch auf den internationalen
Kontext einzugehen. Denn Menschenrechte - daran
muss immer wieder erinnert werden - sind universelle,
international geltende Rechte; das wurde in der Deklaration der Menschenrechte ganz ausdrücklich festgestellt.
Menschenrechte gelten für jeden Menschen. Sie werden
nicht vom Staate verliehen, sondern jeder Mensch bringt
sie mit: qua Geburt, qua seines Menschseins, egal wo er
lebt, egal wo er geboren ist, egal welcher Staat seine
Heimat ist. Deshalb ist es wichtig, auch den internationalen Aspekt aufzunehmen.
Aber auch ein anderer Aspekt ist wichtig, nämlich die
gegenseitige institutionelle Anerkennung der verschiedenen Institute. Es ist wichtig, sich gegenseitig zu helfen. Durch die Anerkennung eines Instituts kann auch
dessen Status zu Hause durchaus gestärkt werden. Bevor
wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben,
war mir nicht klar, dass den A-Status und all das, was an
ihm hängt, auch die Menschenrechtsinstitute zum Beispiel in Afghanistan, in Aserbaidschan, in Nigeria und in
Venezuela haben.
({3})
Ich hätte nicht gedacht, dass diese Institute die Voraussetzungen für diesen Status erfüllen. Ich denke, es ist für
sie sehr wichtig, sich gerade bei ihrer unabhängigen Arbeit zu Hause darauf berufen zu können, dass sie auch
vom Deutschen Institut für Menschenrechte und im Rahmen dieser internationalen Organisation unterstützt werden.
({4})
Im Übrigen ist der Blick über den Tellerrand für uns
auch für die innenpolitische Bewertung wichtig. Ich
denke, man kann fast gar nicht mehr sagen: Innenpolitik
ist das eine, Außenpolitik das andere. - Die Verknüpfung
zwischen beiden Bereichen wird immer enger. Dies
muss uns bei allem, was wir tun, klar sein. Wenn wir
zum Beispiel über TTIP oder über ein Textilsiegel reden,
dann wissen wir - das muss sich wie ein roter Faden
durch unsere gesamte Politik ziehen -, dass unser Handeln hier auch in fernen Ländern Auswirkungen hat. Das
ist eine Verantwortung, der wir uns stellen müssen und
die wir uns immer wieder bewusst machen müssen.
Auch da kann und muss das Deutsche Institut für Menschenrechte der Politik wichtige Hinweise geben.
({5})
Dies war ein Punkt, der im Vorfeld der Beratungen einer längeren Erörterung bedurft hat. Aber das ist nichts,
was dem Deutschen Institut für Menschenrechte fremd
wäre. Schon jetzt wird dieser Gedanke bei seiner Arbeit
zugrunde gelegt. Schauen Sie sich zum Beispiel an, zu
welchen Themen das Deutsche Institut für Menschenrechte Publikationen veröffentlicht hat. Da geht es zum
Beispiel in einem Policy Paper um einen Beschwerdemechanismus, den Menschen aus den Partnerländern unserer Entwicklungszusammenarbeit in Anspruch nehmen können, wenn sie durch Projekte, die von deutscher
Seite mitgetragen werden, in ihren Rechten betroffen
sind.
Oder nehmen Sie das ABC of Children’s Rights: Darin
sind Daten gesammelt und aufbereitet, die wir gerade für
die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und unsere
Außenpolitik brauchen. Also: Das eine ist vom anderen
nicht zu trennen.
Es ist uns ganz wichtig, die Arbeit der deutschen Politik und des Deutschen Instituts für Menschenrechte in
diesen Kontext zu stellen. Dafür haben wir jetzt die
Grundlage geschaffen. In diesem Sinne wünschen wir
vor allem auch dem Deutschen Institut für Menschenrechte weiter viel Erfolg bei seiner wichtigen Arbeit.
Herzlichen Dank.
({6})
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Annette Groth, Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Meine
beiden Vorrednerinnen von der CDU/CSU haben eben
den Menschenhandel angesprochen. Ich möchte mich
jetzt darauf kaprizieren und fokussieren. Der Menschenhandel ist einer der größten weltweiten Industriezweige.
Wir wissen - ich spreche das ja immer im Menschenrechtsausschuss an -, wie wichtig es ist, Menschen, die
vor Krieg und Gewalt flüchten wollen, einen legalen Zugang zu uns und in die EU-Länder zu ermöglichen.
({0})
Das ist doch nicht möglich: Ich versuche seit mehreren Monaten, drei Schwestern aus Syrien nach Deutschland zu holen, deren vierte Schwester die deutsche
Staatsbürgerschaft hat. Sie kriegen noch nicht mal einen
Termin bei der deutschen Botschaft.
({1})
- Ich bin gezwungen, wenn ich Freundinnen und
Freunde aus Syrien, aus dem Irak oder aus anderen Gebieten herholen will, illegale Wege zu finden,
({2})
weil der legale Weg nicht möglich ist.
({3})
Das ist doch ein Skandal.
({4})
Das Deutsche Institut für Menschenrechte prangert
das auch immer an und fordert den Zugang für Menschen,
die vor Gewalt und Krieg flüchten. Wenn da endlich mal
ein bisschen Musik reinkommt und Möglichkeiten geschaffen werden, um diese Art des Menschenhandels
einzudämmen, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar. - Sie
merken, wie ich da auch sehr emotional werde; denn das
ist für mich schon ein großes, großes Problem. Was soll
ich solchen Leuten sagen, wenn sie zu mir sagen:
„Mensch, versuch doch wieder hier den Zugang zu ermöglichen“?
Aber ich möchte auch noch andere Initiativen des
Deutschen Instituts für Menschenrechte hier erwähnen.
Zum Beispiel gibt es beim Deutschen Institut für Menschenrechte eine eigene Abteilung für die wichtige Menschenrechtsbildung. Das ist viel zu wenig bekannt. Da
werden Materialien zur Menschenrechtsbildung entwickelt, Seminare werden angeboten, um die Menschenrechtsbildung etwas mehr in den Fokus zu stellen und
Menschen die Möglichkeit zu geben, sich da fortzubilden, was ja ganz wichtig ist. Man schaue nur in unsere
Behörden, man schaue nur in Pflegeheime.
Wir fordern als Linke, die Befugnisse des Deutschen
Instituts für Menschenrechte nicht nur beizubehalten,
sondern deutlich auszuweiten. So ist es absolut unabdingbar, dass dem Institut ein Auskunftsrecht bei Behörden eingeräumt wird. Wir fordern, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Instituts für
Menschenrechte das Recht erhalten, bei Behörden auch
unangemeldet Akteneinsicht zu erhalten. Wir haben jetzt
gerade von diesen Skandalen bei den Jobcentern gehört;
da werden auch Menschenrechte mit Füßen getreten.
({5})
Wir freuen uns, dass da ein Paragraf ist - § 2 Absatz 3
in dem Gesetzentwurf -, der anvisiert, dass die finanziellen Mittel für das Deutsche Institut für Menschenrechte
erhöht werden könnten, und hoffen, dass es so ist. Wir
wünschen dem Deutschen Institut für Menschenrechte
alles Gute. Machen Sie weiter eine so gute Arbeit wie
bisher!
Ich danke.
({6})
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Frank Schwabe, SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Damen und Herren! Es ist nicht leicht, in diesen
Tagen über sachlich-fachliche Inhalte zu sprechen. Aber
es ist notwendig, weil es sich um ein wichtiges Thema
handelt, bei dem wir nun endlich vorankommen müssen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte bleibt in seinen Strukturen bestehen und wird durch diese schwierige Debatte und das, was auf dem Tisch liegt, durchaus
gestärkt.
({0})
Vor knapp 15 Jahren wurde das Institut per fraktionsübergreifendem Beschluss im Deutschen Bundestag gegründet. Ich habe nachgeschaut. Es gab damals eine
Pressemitteilung des damaligen Sprechers der SPDFraktion für Menschenrechte und humanitäre Hilfe,
Rudolf Bindig. Er hat geschrieben:
Das Institut soll politisch unabhängig sein. Darin
waren sich alle am Antrag beteiligten Fraktionen
sowie das Forum Menschenrechte als Gesprächspartner auf Nichtregierungsseite einig. Die Vereinsgremien werden daher mehrheitlich mit Vertretern
nichtstaatlicher Bereiche besetzt sein.
Lassen Sie es mich anders ausdrücken: Das Deutsche
Institut für Menschenrechte ist auch die Monitoringstelle
zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Deswegen gibt das Institut Broschüren in leichter Sprache heraus. Wenn man unter den Begriffen „Unabhängigkeit“ und „Orientierung auf die Menschenrechtslage
im Inland“ nachliest, dann stellt man fest, dass dort sehr
einfach und klar in leichter Sprache beschrieben wird,
worum es eigentlich geht. Dort steht zur Unabhängigkeit:
Das Institut für Menschen-Rechte zeigt: Es hält sich
an die Pariser Regeln. Das Institut ist selbständig.
Das Institut ist frei. Die Regierung darf nicht mit
bestimmen. Die Regierung bestimmt nicht über die
Arbeit in dem Büro. In schwerer Sprache heißt das:
Das Institut ist unabhängig.
Zum Thema der Orientierung auf die innenpolitische
Menschenrechtslage heißt es dort:
Ein Institut arbeitet für die Menschen-Rechte in seinem eigenen Land. Ein Institut für MenschenRechte achtet besonders darauf: Werden die Menschen-Rechte in seinem Land beachtet. Was muss
man machen, damit die Menschen-Rechte beachtet
werden. Was kann man machen, damit die Menschen-Rechte weiter entwickelt werden.
Genauso war es und bleibt es auch beim Deutschen Institut für Menschenrechte.
({1})
Im Übrigen noch der Hinweis: Es waren nicht wie vermutet Deals, die gemacht worden sind, sondern es war
die Überzeugung, die am Ende dazu geführt hat, dass wir
zu einem solch guten Gesetz gekommen sind.
({2})
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Justizministerium für die Arbeit, die geduldig geleistet wurde. Ich bedanke mich bei allen, die die Verhandlungen geführt haben. Nicht anwesend sein können heute Johannes
Fechner und Bernd Fabritius, die eine wichtige Rolle gespielt haben. Ich bedanke mich aber auch bei der Opposition für ihre konstruktiv-kritische Haltung. Wenn ich
das richtig verstanden habe - wie auch immer wir das
schließlich technisch organisieren -, wird es wieder eine
breite Basis im Deutschen Bundestag geben. Das ist der
Zivilgesellschaft und dem Deutschen Institut für Menschenrechte besonders wichtig. Vielen Dank an alle, die
das Herz dafür in die Hand genommen haben.
({3})
Der Hauptdank geht allerdings an die Zivilgesellschaft, stellvertretend an das Forum Menschenrechte. Es
gab großen Zuspruch und riesige Unterstützung aus der
Zivilgesellschaft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es
ohne diesen Zuspruch - anders formuliert: ohne diesen
vorsichtig ausgeübten Druck - nicht gegangen wäre. Wir
haben es schließlich hinbekommen, sodass am Ende das
Deutsche Institut für Menschenrechte und seine Direktorin Frau Professor Rudolf mit der Situation zufrieden
sind. Wir haben sogar eine Kampagne organisiert, wie
sie eine Werbeagentur nicht besser hätte durchführen
können.
({4})
Mittlerweile wissen viel mehr Menschen in Deutschland, was für ein gutes Institut wir haben und was für
eine tolle Arbeit dort geleistet wird. Das bleibt auch so.
Was bedeutet das alles in internationaler Hinsicht? Ich
will nichts mehr zum Grund des Gesetzes und zum Akkreditierungsausschuss sagen. Dazu wurde bereits alles
gesagt. Es wäre in der Tat peinlich gewesen, wenn wir
unseren bisherigen Status verloren hätten. Aber das ist
nicht das zentrale Problem. Vielmehr hätten wir uns
selbst der Stimme beraubt. Wie bereits gesagt, ist die im
Inland geleistete Menschenrechtsarbeit die Eintrittskarte
dafür, weltweit die Menschenrechtssituation in anderen
Ländern überzeugend zu kritisieren. Es ist wichtig, dass
wir weiterhin zu Aserbaidschan, Russland und SaudiFrank Schwabe
Arabien mit starker Stimme sprechen können. Das ist
nun gesichert worden.
({5})
Der Verein bleibt; das war zentral für uns. In allen
Gremien gibt es eine zivilgesellschaftliche Mehrheit.
Das Inland bleibt im Fokus. Darüber, wie viel betreffend
das Ausland gemacht wird, entscheidet das Institut selber unter Berücksichtigung seiner finanziellen Lage. Das
wurde bereits angesprochen: Wenn wir wollen, dass das
Institut mehr tut, dann müssen wir auch sicherstellen,
dass sich die finanzielle Situation des Instituts verbessert.
({6})
Dafür können wir nun sorgen; das wurde gerade richtigerweise erwähnt.
Ich glaube, es gibt eine Festigung der Beziehungen
zwischen dem Institut und dem Deutschen Bundestag,
der in Zukunft den Haushalt des Instituts beschließen
wird. Daneben entsenden wir zukünftig Kuratoriumsmitglieder aus der Wissenschaft und aus der Zivilgesellschaft, und wir werden einen jährlichen Bericht über die
Menschenrechtssituation in Deutschland bekommen, mit
dem wir uns dann hier auseinanderzusetzen haben. Auch
darauf freue ich mich.
({7})
Ich freue mich auch auf die außen- und innenpolitischen Impulse des Instituts, über die es unter Berücksichtigung seiner Finanzmittel selbst entscheidet, und
insbesondere auf die jetzt im Gesetzentwurf genannten
Analysen zur Wirkung der europäischen und deutschen
Politik auf die Lage der Menschenrechte in anderen Ländern. Neben der Entwicklungszusammenarbeit ist nämlich auch wichtig, welche Wirtschaftspolitik wir in
Deutschland betreiben und welche Auswirkungen zum
Beispiel Rüstungsexporte, Rohstoffabkommen und andere Dinge auf Lateinamerika und andere Staaten in der
Welt haben.
Im Übrigen freue ich mich auch - sicherlich mit Frau
Steinbach gemeinsam - auf die Analysen des Instituts zu
den menschenrechtlichen Folgen totalitärer Diktaturen
und zum Nachkriegsgeschehen. Es ist doch interessant,
auch einmal den Blick des Deutschen Instituts für Menschenrechte auf solche Dinge zu erfahren. Das kann die
Debatte sicherlich erweitern.
({8})
Liebes Institut für Menschenrechte, es war eine
schwere Geburt, aber das Kind ist gesund und munter.
Sie sind eigenständig und unabhängig. Ein paar Bitten
darf ich aber doch äußern: Sprechen Sie weiterhin aus,
was ist! Legen Sie die Finger in die Wunden! Inspirieren
Sie uns zum Nachdenken und Diskutieren! Konfrontieren Sie uns mit Ihren Erkenntnissen! Die Lage der Menschenrechte in Deutschland ist nämlich zwar besser als
in manchen anderen Ländern, aber eben noch nicht gut
genug. Auch hier sind Dinge zu verändern.
Ich denke zum Beispiel an die menschenrechtliche
Verpflichtung im Hinblick auf die Unterbringung von
Flüchtlingen. Dazu gibt es eine spannende Untersuchung
des Instituts vom Dezember des letzten Jahres.
Außerdem denke ich an das Thema Racial Profiling.
({9})
Es geht um die polizeiliche Kontrolle aufgrund äußerer
Merkmale, wie zum Beispiel der Hautfarbe. Dazu gibt es
eine Pressemitteilung von vor wenigen Tagen. Es ist
eben leider so, dass es Racial Profiling in Deutschland
gibt, und wir sind gefordert, etwas dagegen zu unternehmen.
({10})
Sofern die äußeren Umstände dieser Tage - das ist
wirklich schwierig - so etwas wie Freude aufkommen
lassen, freue ich mich in der Tat über diesen Gesetzentwurf, der hier jetzt auf dem Tisch liegt. Er wird das
Deutsche Institut für Menschenrechte stärken, und ich
bin fest davon überzeugt, dass er auch die Menschenrechtslage in Deutschland, in Europa und in der Welt
stärken wird. Deswegen herzlichen Dank an alle, die
dazu beigetragen haben.
({11})
Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten
Renate Künast, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja
schön, dass jetzt so viel eitel Sonnenschein herrscht. Ich
kann aber nicht umhin, noch einmal an den Anfang dieser Geschichte zu erinnern.
Frau Steinbach, Sie haben es mit Ihrer sanftmütig vorgetragenen Rede hier trickreich gemacht. Wir alle hier
wissen aber, was Sie wollten. Man erlebt es selten: Ein
Gesetzentwurf, der zwischen allen Ministerien abgestimmt ist - auch das Kanzleramt und die zuständigen
Abteilungen dort üben keinerlei Kritik mehr -, soll auf
die Tagesordnung des Kabinetts, während plötzlich eine
einzelne Abgeordnete anruft und sagt: „So nicht!“, sodass das Bundeskanzleramt sagt: Okay, dann halten wir
den Gesetzentwurf auf. - Das war es doch in Wahrheit.
({0})
Frau Steinbach, in Zeiten, in denen am rechten Rand
der politischen Szene viel Aufruhr und Unruhe ist, haben
Sie an dieser Stelle - ich sage es einmal so - wirklich die
rechte Karte gezogen und kritisiert, dass sich dieses
Institut im Wesentlichen nur mit den Menschenrechtsverletzungen im Inland und nicht auch im Ausland auseinandersetzt. Dank des Drucks von NGOs und dank der
Opposition, die die Machenschaften, die da passiert sind,
an die Medien durchgestochen haben, hat sich dann ein
Druck entwickelt. Sonst wäre es wahrscheinlich schlimmer als heute gekommen.
({1})
Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist wirklich
eine fantastische Organisation. Das war es schon, bevor
es diesen Gesetzentwurf gegeben hat. Es hat einen hervorragenden Vorstand und ein hervorragendes Team
dahinter. In Wahrheit haben Sie deren Arbeit in Zweifel
gezogen und tun es immer noch, wenn Sie jetzt im Gesetzentwurf über die „vergleichende Perspektive“ reden.
Frau Winkelmeier-Becker hat hier gerade gesagt, dass
die Menschenrechte der Maßstab sind und über allem
stehen. Gleichzeitig haben Sie über die „vergleichende
Perspektive“ geredet. Nein, Menschenrechte haben in
Wahrheit keine vergleichende Perspektive; sie gelten für
sich.
({2})
Auch der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ wird bei uns nicht im Verhältnis zu der Situation in
Afghanistan diskutiert. Da, finde ich, hat Ihr Gesetzentwurf einen Mangel.
Mit wem wollen wir uns denn vergleichen? Wollen
wir, dass das Institut in Zukunft Texte und Stellungnahmen schreibt, in denen steht: Bestimmte Dinge sind hier
zu kritisieren - zu Recht, sage ich, Frau Steinbach -,
etwa die Situation von Frauen in diesem Land. Das fängt
mit häuslicher Gewalt an
({3})
und geht über das Sexualstrafrecht bis hin zum Thema
Menschenhandel. Dabei geht es um sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und darum, was die Ursachen dafür sind.
Wie soll man denn, wenn man das beschrieben hat, am
Ende eine vergleichende Perspektive in den Text schreiben? Soll dort etwa stehen: „Aber in Nordkorea oder in
Usbekistan ist es noch schlimmer“? Ich finde, das ist
wirklich absurd. Ich hoffe, dass das Institut in der Praxis
hierfür eine gute Lösung findet.
({4})
Ich glaube auch, dass an dieser Stelle das Prinzip
nicht ganz verstanden wurde, oder Sie wollten es nicht
verstehen. Der Witz ist doch gerade, dass wir international einen Menschenrechtsausschuss haben und jeder in
seinem Land per gesetzlicher Grundlage, also nachvollziehbar und nicht par ordre du mufti, über die Errichtung
eines Menschenrechtsinstituts entscheidet, das im eigenen Land beobachtet und unabhängig Stellungnahmen
verfassen kann.
Niemand hat doch behauptet, dass sich in Afghanistan, Somalia oder wo auch immer, selbst wenn dort
Menschenrechtsinstitute existieren, alles richtig sei.
Nein, aber ein solches Institut ist ein Instrument, mit
dem dafür gesorgt werden soll, Jahr für Jahr für die Einhaltung der Menschenrechte in diesen Ländern zu kämpfen. Dieses Prinzip funktioniert am Ende aber nur, wenn
wir es vorbildhaft vormachen und uns dabei nicht ausnehmen. So ist das mit UN-Prinzipien.
({5})
Lassen Sie mich als Letztes sagen: Am Ende ist daraus - selber schuld, Frau Steinbach - eine große Werbeinitiative für das Institut geworden. Jetzt möchten wir
gerne mehr Finanzmittel sehen. Schließlich haben Sie
dem Institut mehr Aufgaben übertragen. Auch wollen
wir sehen, dass Fakten geschaffen werden. Der Kollege
hat über Flüchtlingsunterbringung, Racial Profiling
- man könnte auch ein Scoring dazunehmen - geredet.
Auch möchte ich sagen: Machen wir endlich Butter
bei die Fische und sorgen dafür, dass Produkte, die nach
Europa und insbesondere nach Deutschland importiert
werden, dahin gehend gekennzeichnet werden, ob im
Rahmen ihrer Herstellung die Menschenrechte verletzt
wurden oder nicht, ob sie aus besetzten Gebieten stammen, also Land, das man anderen weggenommen hat, ob
es bei der Produktion zu Sklaven- oder Kinderarbeit gekommen ist. Ich gehe einmal davon aus, Frau Steinbach:
In Zukunft engagieren Sie sich dafür, dass dieses Institut
solche Dinge umsetzt und dass für eine entsprechende
Kennzeichnung und EU-Politik gesorgt wird.
({6})
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Michael Frieser, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Ich hatte während der Rede von Frau
Künast Angst, dass sie keine Luft mehr bekommt. Das
war eine Tour de Force durch sämtliche Themen. Sie haben am Anfang der Kollegin Steinbach gesagt, sie habe
eine sanftmütige Rede gehalten. Frau Künast, der Vorwurf des Sanftmuts wird Sie sicherlich nie erreichen. Da
brauchen Sie keine Angst zu haben.
({0})
Aber alles in einen hypotaktischen Satz zu packen,
damit auch wirklich jedes Argument einmal untergebracht wurde, reicht allein nicht. Ich will in Richtung der
Opposition sagen: Wir hätten auch mit rückhaltlosem
Lob leben können. Wir hätten uns auch bedankt, wenn
Sie uns dafür gelobt hätten, dass wir eine Botschaft ins
Land senden: Die Menschenrechte, die Achtung dieser
Menschenrechte und der Einsatz für diese Menschenrechte waren erstklassig und bleiben erstklassig. - Das
ist der Wille dieses Parlaments. Das können und werden
wir durchsetzen. Dafür hätten wir ein Lob verdient.
({1})
Aber gut. Wir können an dieser Stelle auch mit der
Aufgabenkritik leben. Man sieht genau, wie sich die
Redner der Opposition drehen und wenden, um dann irgendwie sagen zu können: Da habt ihr ganz schlechte
Arbeit gemacht. - Die Tatsache, dass das Parlament in
der Frühphase eines Gesetzgebungsverfahrens mitberaten will, nennt man nicht Rückschlag und schon gar
nicht „rechte Karte“,
({2})
sondern das nennt man Parlamentarismus.
({3})
- Noch nicht einmal jetzt muss Frau Künast Luft holen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag mit genau diesem
Thema beschäftigt, was wir im Koalitionsvertrag ganz
bewusst so formuliert haben: Wir brauchen eine „stabile
Grundlage“. - Jede stabile Grundlage und jedes stabile
Fundament brauchen ihre Zeit bis zur Fertigstellung, in
der man um die Inhalte tatsächlich ringen kann. Nur
dann kommt ein gutes Ergebnis dabei heraus.
Insofern halte ich fest: Entscheidend ist
({4})
erstens die gesetzliche Grundlage - die haben wir erstellt und zweitens die Unabhängigkeit. Was haben wir uns an
Vorwürfen anhören müssen, dass wir es überhaupt wagen, in einem Gesetzentwurf zu regeln, dass ein Deutsches Institut für Menschenrechte beim Bundestag, bei
einem Ministerium oder bei irgendeiner anderen Stelle
der Bundesrepublik Deutschland aufgehängt wird.
Schon das würde den Verdacht nähren, dieses Institut sei
nicht unabhängig. Das ist kompletter Unsinn. Denn die
Unabhängigkeit ergibt sich daraus, ob die dort angesiedelten Aufgaben tatsächlich frei von Beeinflussung
wahrgenommen werden können. Das ist durch die Beantwortung entscheidender Fragen sichergestellt worden: Erstens kann die Institution eine Rechtsform wählen, die ihr Genüge leistet. Zweitens ist sie unabhängig,
da sie sich auf eine stabile Finanzierung verlassen kann,
und drittens ist eine plurale Gesellschaft daran beteiligt.
Das alles sind Fragen, die einer Ordnung bedurften.
Das haben wir erledigt. Deshalb haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur den Auftrag, den wir
uns selbst gegeben haben, sondern, glaube ich, auch die
Erwartungen der Öffentlichkeit an diese Fragen vollständig erfüllt.
({5})
Ein entscheidender Punkt ist - das will ich auch ansprechen - die vergleichende Grundlage. Wenn einem
bei der Argumentation zu diesem Thema gar nichts mehr
einfällt, verweist man gerne auf die Aussage „Menschenrechte sind unteilbar“. Was für ein Satz! Jawohl,
Menschenrechte sind tatsächlich unteilbar; sie sind nicht
in einen innen- und außenpolitischen Teil teilbar; sie gelten im In- und Ausland. Aber genau darum geht es beim
Deutschen Institut für Menschenrechte, nämlich eine
360-Grad-Perspektive einzunehmen, die es zulässt, über
die Fragen nachzudenken, wie Deutsche im Ausland
auftreten - zum Beispiel im Zusammenhang mit den zivilen Diensten -, wie die Politik, die wir im Ausland betreiben, dort ankommt und was uns davon zurückgespiegelt wird.
Jetzt wird der Menschenhandel als das entscheidende
Problem angesehen. Was passiert denn in Deutschland?
Deutschland ist der Hort des Menschenhandels.
({6})
Deutschland ist zu einer Plattform geworden, die im internationalen Zuschnitt benutzt wird. Genau darum geht
es: die Auswirkungen der Bedingungen im Ausland auf
das Inland mit zu untersuchen. Diese Aufgabe geht mir
gerade im Zusammenhang mit dem Menschenhandel
sehr nahe und ist mir sehr wichtig. Deshalb bedarf es
auch der internationalen Perspektive.
({7})
Nur dann, wenn wir all das gewährleisten, haben wir
unseren gesetzgeberischen Auftrag tatsächlich erfüllt.
({8})
Deshalb ist es gut, dass Sie trotz des gesamten Feuerwerks, das Sie hier abbrennen, am Ende dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. Denn er hat es verdient.
Vielen Dank.
({9})
Vielen Dank. - Der Kollege Arnold Vaatz spricht jetzt
noch für die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich glaube, dass die
entscheidenden Punkte, die wir gemeinsam angestrebt
haben, verwirklicht sind. Das Institut ist unabhängig. Es
ist frei in seiner Tätigkeit. Es hat aber eine Reihe von
Aufgaben zu erfüllen, auf deren Erfüllung wir als Gesetzgeber bestehen müssen. Ich glaube, so war es auch
von Anfang an gedacht. Demzufolge möchte ich mich
bei allen, insbesondere bei den Kollegen von unserem
Koalitionspartner, dafür ganz herzlich bedanken.
({0})
Ich finde, dass die Diskussion um dieses Gesetz für
alle sehr fruchtbar war, weil sie uns dazu gebracht hat,
uns eingehend mit diesem Thema zu beschäftigen und
uns darüber klarzuwerden, was die Funktion eines solchen Instituts sein muss, wo die Grenzen und Möglichkeiten liegen.
Meine Damen und Herren, bitte gestatten Sie mir,
dass ich zwei Punkte herausgreife, die in der Diskussion
angerissen worden sind, aber meines Erachtens noch
nicht erschöpfend behandelt worden sind. Vielleicht
schaffe ich zeitlich nur einen Punkt, aber auch er ist es
wert.
Ich bin genauso wie der Kollege Schwabe und Frau
Künast der Meinung, dass es in unserem Land Racial
Profiling gibt und dass entsprechende Fälle zur Sprache
gebracht und mit aller Entschiedenheit bekämpft werden
müssen. Das ist überhaupt keine Frage.
({1})
Aber den Vorwurf, insbesondere den pauschalen Vorwurf an Menschen, dass sie Rassisten seien, ohne dass
sie sich dagegen wehren können, halte ich ebenfalls für
schädlich.
Ich möchte Ihnen eine Begebenheit aus meiner Tätigkeit als Abgeordneter erzählen und Ihnen das Urteil
überlassen. Vor etwa drei Jahren kam eine junge Polizistin in meine Abgeordnetensprechstunde und erklärte,
dass sie aus psychischen Gründen den Polizeidienst verlassen werde. Ich habe gefragt, aus welchem Grund sie
das machen wolle. Daraufhin sagte sie - sie war in Leipzig tätig -, dass sie ständig großen Auseinandersetzungen ausgesetzt sei, dass sie teilweise in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt worden sei, bei denen es
auch unter Kollegen Verletzte gegeben habe usw., und
dass sie es nicht ertragen könne, pauschal als Rassistin
beschimpft zu werden. Das belaste sie psychisch so sehr,
dass sie ihren Dienst aufgeben werde.
Daraufhin habe ich mich einmal mit diesem Thema
befasst. Ich habe mir die Studie des Instituts angeschaut.
Dann habe ich einen Brief an die Deutsche Polizeigewerkschaft geschrieben und gefragt, wie sie eigentlich
zu diesem Vorwurf des Racial Profilings stehe, der sich
allein aus § 22 Bundespolizeigesetz ergäbe. Die Antwort
lautete - ich zitiere - folgendermaßen: „Ein Racial Profiling gemäß aller auffindbaren Definitionen findet in der
Bundespolizei nicht statt.“ Das sagte die Polizeigewerkschaft. Ich stelle Ihnen den Briefwechsel gern zur Verfügung. Weiter hieß es: Die Forderung in der Studie des
Deutschen Instituts für Menschenrechte nach einem
nicht kompensierten Wegfall der lagebildabhängigen
Befragung nach § 22 Absatz 1 Bundespolizeigesetz oder
der Identitätsfeststellung nach § 23 Absatz 3 Bundespolizeigesetz ist gerade im Hinblick auf die derzeit geradezu explodierende Migration in Richtung Deutschland
völlig abwegig und widersinnig. - Es gibt also nicht nur
ausschließlich Bestätigungen für die Arbeit des Instituts.
Aber auch das hat mich nicht zufrieden gestellt; denn
selbstverständlich weiß ich, dass jemand natürlich auch
pro domo reden kann und dass das möglicherweise auch
wieder eine sehr parteiische Stellungnahme ist. Demzufolge bin ich weitergegangen und habe mich als Nächstes bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erkundigt. Ich wollte wissen, wie viele gemeldete Fälle von
Racial Profiling es eigentlich gibt. Ich habe die Antwort
erhalten, dass es bei der Antidiskriminierungsstelle im
Zeitraum zwischen 2006 und 2014 - das sind insgesamt
acht Jahre - insgesamt 32 Meldungen von Racial-Profiling-Vorfällen gegeben hat. Obwohl das eine sehr geringe Zahl ist, bin ich selbstverständlich der Meinung,
dass jedes einzelne dieser Vorkommnisse entsprechend
gewürdigt und ihm nachgegangen werden muss.
Demzufolge gab es die Rückfrage, welche Details
dazu vorlägen, ob der jeweiligen Beschwerde nachgegangen worden sei und ob sie habe bestätigt werden können. Ich habe festgestellt, dass nicht einer einzigen Beschwerde wirklich auf den Grund gegangen wurde oder
sie gar aufgeklärt wurde. Das legt für mich persönlich
den Verdacht nahe, dass die Dimension dieses Problems
möglicherweise nicht unbedingt eine pauschale Anklage
der gesamten Bundespolizei rechtfertigt. Meines Erachtens sind solche Fragen Fragen des Maßes und der Maßstäblichkeit und bedürfen der Berücksichtigung. Das
möchte ich dem Institut einfach einmal mit auf den Weg
geben - nichts anderes. Das ist keine Kritik, sondern ein
Vorschlag.
Im Endeffekt möchte ich noch etwas sagen: Ich bin
bis zu meinem 35. Lebensjahr daran gehindert gewesen,
meine Meinung frei auszudrücken, frei zu wählen und
meinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Das alles sind
Dinge, die für diejenigen, die diesen Zustand nicht kennen, selbstverständlich sind. Ich habe mir geschworen,
niemals Zustände zu akzeptieren, die von solchen Ländern, in denen Verhältnisse herrschen, die ich damals gewohnt war, verwendet werden können, um die eigene
Lage zu rechtfertigen.
Das ist dann der Fall, wenn es unser Prinzip ist, auf
uns zu zeigen, was ja richtig ist. Falsch wäre aber, ausschließlich auf uns zu zeigen, während zugleich andere
Länder, die elementare Menschenrechte überhaupt nicht
achten, ebenfalls nach dem Prinzip vorgehen, auf uns zu
zeigen. Dann zeigen zwei auf uns, und die anderen sind
exkulpiert. Das ist gerade das Gegenteil der Universalität von Menschenrechten.
Vielen Dank.
({2})
Vielen Dank. - Wir sind damit am Ende der Debatte
angekommen.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/4421 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
Vizepräsidentin Ulla Schmidt
dazu anderweitige Vorschläge? - Ich sehe, das ist nicht
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,
hat die Fraktion Die Linke die Gelegenheit zu einer Erklärung zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/4460 gewünscht.
Bitte schön, Herr Wunderlich.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es hat nach meinem
Kenntnisstand eine Irritation über das Abstimmungsver-
halten der Linken gegeben. Deswegen möchte ich für
meine Fraktion richtigstellen, dass sich die Fraktion Die
Linke zu diesem Entschließungsantrag der Koalition auf
der besagten Drucksache enthalten hat.
Danke schön. - Dann ist das so im Protokoll ver-
merkt.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Privatisierung von Bundesliegenschaften
stoppen - Liegenschaftspolitik des Bundes
nachhaltig reformieren
Drucksache 18/4419
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss ({0})
Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm,
Caren Lay, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen ({1})
Drucksache 18/2882
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({2})
Drucksache 18/3873
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses ({3})
zu dem Antrag der Abgeordneten Christian
Kühn ({4}), Dr. Tobias Lindner, Britta
Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Für eine nachhaltige und zukunftsweisende
Liegenschaftspolitik des Bundes
Drucksachen 18/3044, 18/3873
Über den Gesetzentwurf und über die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses werden wir später namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke.
({5})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen!
Wohnungsnot ist wieder zu einem drängenden Problem
in deutschen Großstädten geworden. Es bilden sich
lange Schlangen in Treppenhäusern, wenn es um die
Vermietung der wenigen preiswerten Wohnungen geht.
Allein hier in Berlin, der deutschen Hauptstadt, fehlen
120 000 preisgünstige Wohnungen.
In München haben im vergangenen Jahr 24 000 Menschen eine Sozialwohnung beantragt. Nur 3 800 konnten
eine vom Staat geförderte Wohnung bekommen. Die
Zahl der akut Wohnungslosen hat in München einen Rekordstand erreicht. Ende vergangenen Jahres waren es
4 300 Menschen, darunter 1 000 Kinder, die in Pensionen und Notquartieren untergebracht werden mussten.
Ich finde, das ist mehr als ein Alarmzeichen; da müssen
wir handeln.
({0})
Die hochverschuldeten Kommunen verkaufen weiter
Immobilien, um ihre Kassen kurzfristig aufzubessern.
Das muss endlich ein Ende haben; denn bezahlbarer
Wohnraum wird so nicht geschaffen.
({1})
Investoren wollen doch eine maximale Rendite aus
ihren gekauften Immobilien erzielen. Es werden eben
keine preisgünstigen Wohnungen, sondern Luxuswohnungen gebaut. Wohnungen werden zur Ware. Wir als
Linke sagen dagegen: Wohnen ist ein Grundrecht.
({2})
Was macht die Bundesregierung? Die Bauministerin,
Frau Hendricks, hat ein Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen organisiert. Das könnte eine gute Sache
sein, wenn der Finanzminister mit im Boot wäre. Aber er
handelt nicht anders als Miethaie, die auf maximale Rendite setzen.
({3})
- Guter Vorschlag. - Ich will daran erinnern, dass im
Jahr 2012 die Bundesregierung 11 500 Wohnungen in
Ostdeutschland an einen Finanzinvestor verkaufte. Es
gab damals eine Alternative: das Angebot der Genossenschaft TLG FAIRWOHNEN. Das Konzept dieser Genossenschaft ist im Namen enthalten, nämlich faires
Wohnen, keine Rendite. Das ist der richtige Weg.
({4})
Wir wollen mit unserem Gesetzesantrag die renditeorientierte Politik der Bundesregierung endlich ändern.
Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
müssen beim sozialen Wohnungsbau Ihrer Verantwortung endlich gerecht werden.
({5})
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfügt
über 26 000 Objekte, 500 000 Hektar Grundstücksfläche
sowie bundesweit noch 39 000 Wohnungen. Die Mieten
dieser Wohnungen sind meist noch günstig. Geeignete
Grundstücke könnten für Wohnungsbau oder gemeinwohlorientierte Vorhaben günstig abgegeben werden.
Sie wissen doch selbst: Viele Bundesländer und Kommunen suchen händeringend günstige Grundstücke für
solche Zwecke. Trotzdem veräußert die Bundesregierung seit Jahren öffentliche Wohnungen und für den
Wohnungsbau geeignete Grundstücke. Das geschieht
grundsätzlich nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisverfahren. Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag.
Sozialpolitische Erwägungen spielen da keine Rolle.
Das, meine Damen und Herren, können wir nicht mehr
länger akzeptieren.
({6})
Wir als Linke haben im Haushaltsausschuss, der über
solche Verkäufe zu entscheiden hat, immer wieder versucht, die Privatisierung von Bundeswohnungen zu stoppen, wie aktuell bei der Veräußerung der Wohnungen in
Berlin-Schöneberg in der Großgörschenstraße oder am
Lützowufer in Berlin-Tiergarten oder auch beim Dragoner-Areal in Berlin-Kreuzberg. Aber leider scheiterte
dieser vernünftige Versuch immer wieder an den Stimmen von Union und auch SPD, obwohl die Berliner
SPD-Abgeordneten hier durch die Stadt laufen und so
tun, als würden sie eine andere Politik machen. Meine
Damen und Herren, das ist nicht ehrlich.
({7})
Wir fordern: Erstens. Der Verkauf von Bundeswohnungen zum Höchstpreis wird abgeschafft. Das Gleiche
gilt für Grundstücke, die für den Wohnungsbau geeignet
sind. Zweitens. Den Bundesländern wird ein gesetzliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Details stehen ja in
den Vorlagen.
Ich will noch hinzufügen: Vor gut drei Wochen, nachdem die Fraktion Die Linke den Gesetzentwurf vorgelegt hatte, reagierte die SPD-Fraktion immerhin mit
einem eigenen Positionspapier mit dem Titel „Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik für bezahlbares Wohnen und Bauen“. Einige Punkte wurden aus unserem Gesetzentwurf übernommen. Das ist gut. Aber daraus ist
weder eine parlamentarische Initiative mit dem Koalitionspartner Union erwachsen, noch hat sich das Abstimmungsverhalten der SPD-Abgeordneten im Haushaltsausschuss verändert. Im Gegenteil: Bei der Behandlung
unseres Gesetzentwurfs haben die Berliner SPD-Abgeordneten den Saal verlassen, und bei den folgenden Abstimmungen haben sie sämtlichen Liegenschaftsveräußerungen zugestimmt. Und das, meine Damen und
Herren, ist nicht nur schlecht, sondern das ist unehrlich.
({8})
In Berlin haben Mieterinitiativen einen Volksentscheid für ein „Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“ auf den Weg gebracht. So etwas, meine Damen und Herren, brauchen
wir auch auf der Bundesebene.
Ich schlage Ihnen vor - das ist das Vernünftigste -:
Nehmen Sie unser Gesetz an! Dann kann aus dem Miethai Bund ein Wohnungseigentümer mit sozialer Verantwortung werden. Und das ist dringend erforderlich.
Vielen Dank.
({9})
Vielen Dank. - Nächster Redner ist André
Berghegger, CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema, über
das wir hier heute debattieren, ist nicht neu. Es kommt
regelmäßig auf die Tagesordnung. Wir tauschen uns hier
immer wieder aus und versuchen, die anderen von unserer eigenen Meinung zu überzeugen.
Egal wie wir das Thema nennen, welchen Titel wir
den Anträgen oder Gesetzentwürfen geben - im Kern
geht es aus meiner Sicht doch immer um das Thema „Erhalt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für
breite Schichten der Bevölkerung“. Frau Lötzsch, Sie
werden sich nicht wundern, wenn wir dezidiert anderer
Auffassung als Sie sind. Ich versuche es erneut, Sie von
unserer Meinung zu überzeugen.
({0})
- Das wird schwierig, ja; aber ich versuche es immer
wieder.
({1})
Das Ziel, das wir gerade beschrieben haben, ist ja in
Ordnung, aber die Frage ist doch, ob die Liegenschaftspolitik des Bundes dafür das richtige Mittel ist. Ich
denke, dass angespannte Wohnungsmärkte und der angesprochene Verdrängungswettbewerb kein flächendeckendes Problem in Deutschland sind, sondern dass das
insbesondere in bestimmten Gebieten, in Ballungsräumen oder in Studentenstädten etc., eine Rolle spielt.
Deswegen lohnt sich, glaube ich, ein Blick auf die Gesamtkonzeption unserer Wohnungspolitik, anstatt nur die
Liegenschaftspolitik isoliert zu betrachten.
Unser gesellschaftspolitisches und wirtschaftspolitisches Leitbild in Deutschland ist die soziale Marktwirtschaft. Das haben wir auch im Staatsvertrag zwischen
der Bundesrepublik und der DDR 1990 festgehalten und
im Lissabonner Vertrag auf die europäische Ebene gehoben. Das heißt, dass der Staat den rechtlichen Rahmen
für wirtschaftliches Handeln setzt. Wettbewerbsbeschränkungen sollen möglichst vermieden werden, aber
sozialpolitische Maßnahmen sind natürlich möglich. Das
Ziel muss sein: größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung. Was bedeutet das für die
Wohnungspolitik? Ich bin der Meinung, dass weder der
Staat noch Private immer garantieren können, dass ein
ausreichender Bestand an notwendigen Sozialwohnungen vorhanden ist. Wir brauchen dringend verschiedene
Akteure. Wichtig ist aus meiner Sicht: Wir als Staat können und wollen nicht überall alles regeln, schon gar
keine Einzelfälle.
Es gibt einen großen Instrumentenkoffer in Deutschland im Bereich der Wohnungspolitik - beim BMUB,
bei den Ländern und bei den Kommunen.
Kommen wir zunächst auf die Instrumente von Ländern und Kommunen zu sprechen: Umwandlungsverbote von Miet- in Eigentumswohnungen in sogenannten
Milieuschutzgebieten, Zweckentfremdungsverbote bei
Wohnraummangel, insbesondere hinsichtlich der Umwandlung in Ferienwohnungen. Vor allen Dingen gibt es
aber die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, und gerade diese haben doch auch den
Auftrag, bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der
Bevölkerung in den Städten zur Verfügung zu stellen.
Gerade hier können wir Projekte quersubventionieren.
Gerade die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen doch nicht bei jedem Projekt
auf die Rendite achten, sondern sie können auch andere
Projekte durchführen und trotzdem wirtschaftlich handeln. Damit erzeugt man, denke ich, eine Vorbildwirkung.
Als Bürgermeister der Stadt Melle war ich auch Aufsichtsratsvorsitzender einer Wohnungsbaugesellschaft.
Wir haben immer versucht, mit dieser durch genau solche Tätigkeiten dort, wo private Investoren nicht oder
noch nicht gehandelt haben, Stadtentwicklung anzustoßen. Wir sind damit Schritt für Schritt ganz gut vorangekommen.
Zum Bund. Der Bund unterstützt wohnungspolitische
Maßnahmen der Länder und der Kommunen, ersetzt sie
aber nicht. Der Bund hat hier verschiedene Handlungsmöglichkeiten.
Als Erstes wäre die Wohnraumförderung zu nennen.
Seit der Föderalismusreform liegt die Zuständigkeit für
diesen Bereich ausschließlich bei den Ländern. Als
Kompensation für diesen Zuständigkeitswechsel erhalten die Länder für diese Aufgabe jährlich über 500 Millionen Euro. An dieser Stelle erwarte ich natürlich von
den Ländern, dass sie diese Mittel zweckentsprechend
und nicht zur Konsolidierung des Haushaltes einsetzen.
({2})
Dann gibt es die Städtebauförderung. Die Koalition
hat eine deutliche Aufstockung der Mittel von 455 auf
700 Millionen Euro pro Jahr vorgenommen. Insbesondere die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ sind
deutlich erhöht worden; entsprechende Projekte sollen ja
gerade der Stabilisierung von strukturschwachen Gegenden, von strukturschwachen Stadtteilen dienen.
Darüber hinaus haben wir die Mietpreisbremse beschlossen. Über sie wird, glaube ich, heute noch im Bundesrat beraten.
Zu guter Letzt komme ich auf das Wohngeld zu sprechen. Das Wohngeld hat in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Wohn- und Mietpolitik
eine Ausgleichsfunktion. Es soll der Zugang zu Wohnraum zu durchschnittlichen Kosten erleichtert werden.
Und eine Wohngeldreform wurde auf den Weg gebracht.
Sie sehen also: Es gibt viele Instrumente, um bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen. Diese sollten wir zuerst nutzen, bevor wir neue Wünsche formulieren.
Durch verschiedene Förderprogramme können wir
Investitionen anschieben. Doch aus meiner Sicht ist und
bleibt das wichtigste Mittel zur Entspannung des Wohnungsmarktes der Bau von neuen Wohnungen. Neubau
ist der beste Mieterschutz.
({3})
Eine isolierte Betrachtung der Liegenschaftspolitik
führt hier nicht weiter. Liegenschaftspolitik verfolgt
ganz andere Ziele. Zweck der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemäß § 1 BImAG ist es, Liegenschaften
nach kaufmännischen Grundsätzen einheitlich zu verwalten und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Wirtschaftlich veräußern bedeutet in der Regel: zum vollen Wert - einige Antragsteller
heute seien daran erinnert, dass das Gesetz am 1. Januar
2005 in Kraft getreten ist, das heißt zur Zeit einer rotgrünen Koalition -, aber von diesem bewährten Prinzip
wollen die Oppositionsfraktionen heute abkehren. Ziel
ist die Neuausrichtung der BImA. Das finde ich aus verschiedenen Gründen problematisch: Es passt nicht in die
Gesamtkonzeption unserer Wohnungsbaupolitik, es verschiebt Verantwortungen, und in Anbetracht der vielen
Steuerungsmöglichkeiten, die die Länder und die Kommunen haben - ich konnte sie gerade nur andeuten -, ist
diese Verschiebung auch nicht notwendig und damit abzulehnen.
Liegenschaften, die die BImA verwaltet, gehören
zum Vermögen des Bundes. Das ist Vermögen des
Steuerzahlers, und wir haben verantwortungsvoll damit
umzugehen, zum größtmöglichen Nutzen für die Allgemeinheit. Die BImA verwaltet alljährlich 2 000 bis
3 000 Objekte. Aus meiner Sicht ist das keine den gesamten Wohnungsbestand in Deutschland beeinflussende Größe. Emotional diskutiert werden im Wesentlichen Einzelfälle. Ich kann auch die Sorgen und Ängste
der Betroffenen vor einer möglichen Verdrängung verstehen, so wie wir es im Vorrednerbeitrag gehört haben.
Aber das ist aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für
eine bundesweite Regelung. Der Wohnungsmarkt in
ganz Deutschland unterscheidet sich zu stark, und wir
müssen an die Gesamtheit aller Mieter denken. Deswegen finde ich es sehr klug, wenn die entsprechenden
Maßnahmen vor Ort, so nah wie möglich an den Betroffenen, ergriffen werden. Instrumente gibt es genügend.
({4})
Die Liegenschaftspolitik dient insofern aus meiner
Sicht vor allem der seriösen Haushaltspolitik. Das ist
auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs zum
BImA-Gesetz aufgenommen worden. Dort heißt es, dass
„überwiegend fiskalisch geprägte Aufgabenbereiche der
Bundesvermögensverwaltung“ eine Rolle spielen. Es
wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass entbehrliche
Liegenschaften veräußert werden sollen.
In Ihren Anträgen wird ein Punkt besonders hervorgehoben, den ich hier deshalb auch gesondert erwähnen
möchte: die Konversionsflächen. Im Koalitionsvertrag
steht, dass die Kommunen bei der Übernahme ehemals
militärisch genutzter Liegenschaften weiter unterstützt
werden sollen. Das ist ein mehrstufiges Verfahren. Bereits 2012 hat der Haushaltsausschuss eine Erstzugriffsoption für Kommunen eingeführt. Dadurch können die
Kommunen entsprechende Liegenschaften ohne ein Bieterverfahren direkt zum Verkehrswert erwerben. In einem zweiten Schritt werden wir jetzt in einer Richtlinie
festlegen, wie die verbilligte Abgabe der entsprechenden
Flächen unterhalb des Verkehrswertes erfolgen kann,
und das in einem Volumen von 100 Millionen Euro.
({5})
Hier gibt es ein bundesweites Interesse an diesem
Thema; denn diese Liegenschaften sind bundesweit verteilt und überall vorzufinden. Diese Liegenschaften - da
dürfen wir die Kommunen nicht alleinlassen - müssen
zukunftsfähig genutzt werden.
Insgesamt lässt sich also festhalten: Aus meiner Sicht,
aus unserer Sicht haben wir ein schlüssiges, aufeinander
abgestimmtes Konzept in der Wohnungsbaupolitik. Änderungen sind nicht erforderlich. Deswegen werden wir
Ihre Anträge und den Gesetzentwurf ablehnen.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.
({6})
Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Dr. Tobias Lindner das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Mieterinnen und Mieter bundeseigener Wohnungen! Herr Dr. Berghegger, Sie haben ja
eben hier eine Rede gehalten ganz nach dem Motto „Alles prima mit der BImA“.
({0})
Sie haben einen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich
dass man die Liegenschaftspolitik der BImA nicht isoliert betrachten dürfe und sie deshalb nicht nutzen
könne, um alle Probleme der Wohnungsbaupolitik in
Deutschland zu lösen.
({1})
Auch wenn ich jetzt einen Zuruf direkt von der Regierungsbank höre, vom Herrn Staatssekretär, will ich
sagen: Ja, klar, man kann mit der BImA nicht alle
Probleme lösen. Aber so, wie es diese Koalition tut,
nämlich die BImA zu ignorieren und eine Wohnungsund Städtebaupolitik zu betreiben, die sich in ein Paradoxon hineinbegibt, zu dem ich gleich kommen werde,
geht es auch nicht.
({2})
Die Sozialdemokraten konnten sich ja hier vor wenigen Wochen vor Kraft kaum noch abfeiern für die Mietpreisbremse. Sie haben erzählt, Herr Berghegger, was
Sie alles Tolles tun. Nur, am Ende wird es Mieterinnen
und Mietern - gerade in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt; in München, in Frankfurt, erst recht hier in
Berlin - nichts nutzen, wenn der Bund weiterhin auf
Bieterverfahren beharren muss und dadurch die Preise
für Liegenschaften hochgetrieben werden, was sich dann
auch in den Mieten widerspiegelt. So erreichen Sie keine
sozialverträglichen Mieten in Berlin und anderswo in
Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({3})
Wenn man über den Verkauf einer Dienstvilla oder eines Gewerbegebietes oder über Verkäufe, die nicht der
öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, reden würde,
müsste der Bund selbstverständlich im Interesse des
Steuerzahlers schauen, dass er einen ordentlichen Kaufpreis erzielt; das ist unstrittig in diesem Haus. Nur, Verantwortung des Bundes für seine Liegenschaften, Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum in Deutschland das ist eben mehr als der Kaufpreis.
({4})
Sie haben, Herr Kollege Berghegger, den § 1 des
BImA-Gesetzes angesprochen und erwähnt. Ich würde
Ihnen raten, sich mit Herrn McAllister zu unterhalten,
ein Parteifreund von Ihnen.
({5})
Nach meinem Kenntnisstand war er am 6. Dezember
2012 noch Ministerpräsident Ihres Bundeslandes. Er hat
an diesem Tag an einem einstimmigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mitgewirkt, in dem gefordert
wird, diesen von Ihnen erwähnten § 1 des BImA-Gesetzes derart zu erweitern - das haben wir Grüne in diesem
Hause oft beantragt -, dass nicht nur der Kaufpreis allein
zählt, sondern dass der Bund wohnungsbau- und regionalentwicklungspolitische Aspekte aufnehmen muss.
Das ist nach wie vor richtig und notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
({6})
Der SPD in diesem Haus kann ich eines nicht ersparen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist so - das ist
in einer Demokratie nicht überraschend -, dass Opposition und Koalition andere Meinungen haben. Es ist Ihr
gutes Recht, im Haushaltausschuss bei Verkäufen wie
dem Dragoner-Areal - wir Ausschussmitglieder haben
Hunderte von E-Mails dazu erhalten - zu sagen: Das sehen wir anders. Wir möchten es verkaufen.
Aber ich finde es schon verwunderlich, dass am
Dienstag in der Berliner Zeitung von Ihrer Fraktionskollegin, Frau Kiziltepe, zu lesen war - Zitat -:
Der Verkauf des Dragoner-Areals muss vom Haushaltsausschuss des Bundestages gestoppt werden.
Am Mittwoch, einen Tag später, verkündete Herr
Schulz in der taz, gegen den Vertragsentwurf zu stimmen. Weil ich sichergehen wollte, dass ich es im Ausschuss richtig mitbekommen habe, teilte uns der Haushaltsausschuss durch sein Sekretariat noch einmal mit,
dass der Veräußerung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
zugestimmt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, es mag ja sein, dass Sie sich nicht durchsetzen
können, es mag ja sein, dass Sie eine andere Meinung
haben als wir, aber dann unterlassen Sie bitte eines: Hören Sie auf, durch Berlin zu ziehen und den Leuten zu erzählen, Sie verhindern die Verkäufe. Denn im Haushaltsausschuss machen Sie das Gegenteil.
({7})
Das ist Sand in die Augen der Mieterinnen und Mieter
streuen, die sich Sorgen machen.
({8})
Wir Grüne haben deswegen heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir verschiedene Schritte fordern. Wir
wollen, dass es nicht nur um Konversionsliegenschaften
geht, sondern dass das Erstzugriffsrecht auf alle Liegenschaften ausgedehnt werden muss, wenn es um öffentliche Daseinsvorsorge geht. Wir wollen auch - ich verstehe die Große Koalition hier nicht, dass sie die
Bemühungen der Großen Koalition in Berlin konterkariert -, dass es ein Verkaufsmoratorium in den Städten
gibt, wo der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist.
Es kann nicht sein, dass das Land Berlin Liegenschaften
ankaufen will und man dann wie bei einer Salami
Scheibchen für Scheibchen verhökert. So ist keine gute
Liegenschaftspolitik zu machen. Das ist gegen die Interessen der Mieterinnen und Mieter in diesem Land für
einen bezahlbaren Wohnraum. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind diese Anträge von uns und
von den Linken heute bitter notwendig.
Ich danke Ihnen.
({9})
Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion erhält jetzt die
Kollegin Petra Hinz das Wort.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich denke, eines ist hier im Hause festzuhalten: Wir alle,
jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin, die hier
sitzen, arbeiten daran, dass jeder Mieter eine adäquate
Wohnung hat, dass wir keine Probleme mit dem Wohnraum haben, dass wir im Bereich der kommunalen Politik für die Menschen vor Ort unsere Arbeit machen. Ich
glaube, das können wir hier gemeinsam feststellen.
({0})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte es - ich
will es einmal ganz höflich sagen - für sehr polemisch,
dass einzelne meiner Kolleginnen und Kollegen des
Haushaltsausschusses herausgegriffen werden. Sie alle
leisten hier vor Ort redliche Arbeit. Jeder von ihnen
kennt die Situation.
({1})
- Entschuldigen Sie bitte. Zeigen Sie nicht mit dem Finger auf meine Kollegen. Drei Finger zeigen auf Sie zurück.
Es ist ja wohl üblich im Ausschuss, dass man für
seine Position eintritt, dass man als Wahlkreisabgeordneter deutlich macht, wofür man gerne im optimalen Fall
stimmt, und seine eigene Fraktion und die Koalition davon überzeugt.
({2})
- Waren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Grünen, noch nie in einer Koalition? Was ist
denn in Frankfurt? Was ist denn in Hessen? Sind Sie da
in keiner Koalition? Stehen Sie da etwa beim Thema
Flughafen und anderen Dingen nicht vor der Situation,
entsprechende Kompromisse einzugehen?
({3})
Frau Kollegin Hinz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen.
({0})
Keine Zwischenfragen. Okay.
Ich finde es unredlich, wie Sie einzelne Kolleginnen
und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss vorführen,
um reine Polemik zu betreiben.
({0})
Petra Hinz ({1})
Mein Kollege hat gerade schon sehr deutlich gemacht, dass es beim Thema Wohnquartiere um mehr
geht, nämlich um einen Dreiklang aus Wohnraumförderung - in der Tat -, Mietpreisbremse - sie wird heute im
Bundesrat verabschiedet - und Bereitstellung von Geldern für die Infrastruktur; da haben wir gerade ein umfassendes Programm vorgelegt und die entsprechenden
Gelder bereitgestellt.
Richtig ist auch, dass man bei den Immobilien der
BImA schon in den zurückliegenden Jahren zu einer Lösung gekommen ist, wenn Einvernehmen zwischen dem
Land und der Kommune, den kommunalen Wohnungsgesellschaften, herrschte. Ich will zwei Projekte aus meiner Stadt hervorheben. Das Gelände der Ruhrlandkaserne hat eine Fläche von 170 000 Quadratmetern. Dort
ist bezahlbarer Wohnraum geschaffen worden, und zwar
für junge Familien. Auf dem Gelände einer anderen Kaserne in meinem Wahlkreis, in Essen, ist ein Gewerbegebiet geschaffen worden. Ich gebe meinem Kollegen
Berghegger recht, wenn er sagt: Es ist ein Dreiklang, ein
Zusammenspiel der Kommunen, der Länder und des
Bundes mit seiner Gesetzgebung.
Eines wollen wir aber nicht: an den Kommunen vorbei wohnungspolitische Gestaltung vor Ort vornehmen.
Die Kommunen wissen, wo sie Wohnraum schaffen
müssen. Sollen neue Flächen erschlossen werden, oder
soll man weitere Brachen erschließen? Soll man da, wo
zu kleiner Wohnungsraum besteht, Rückbau vornehmen? Soll man weiteren Wohnungsbau vornehmen,
wenn ja, in welchen Bereichen?
Wir haben das 100-Millionen-Euro-Programm auf
den Weg gebracht, aus dem Gelder an die Kommunen
für den Bereich der Konversionsflächen abfließen können. Hier haben die Kommunen ein Instrument in die
Hand bekommen, um Wohnungsbaupolitik zu realisieren.
Mein Kollege Uli Krüger hat hier in der ersten Lesung, bei der Einbringung dieses Themas, deutlich gemacht, dass die BImA nur einen Bruchteil der benötigten
Immobilien zur Verfügung stellt und sie mit Sicherheit
nicht allein das Problem der Wohnungsnot beheben
kann, das in Ballungsgebieten und bei speziellem Wohnraum herrscht - ob es seniorengerechte Wohnungen, familienfreundliche Wohnungen oder ein anderer Bereich
ist. Wir reden nicht über die Postwohnungen, wir reden
nicht über die Bahnimmobilien, sondern ausschließlich
- da haben wir Einfluss - über die BImA-Immobilien.
Da haben wir einiges auf den Weg gebracht.
Sie wissen ganz genau, dass dem Haushaltsausschuss
seit dem 19. März der Entwurf einer Satzung vorliegt,
die in der ersten Sitzungswoche nach der Osterpause eingebracht und hier diskutiert werden soll, mit der wir genau auf die Forderungen eingehen, die Sie in Ihren Anträgen formuliert haben: nämlich zur Frage des Erwerbs
zur Errichtung von Wohnungen im Rahmen des sozialen
Wohnungsbaus und zur Frage des Erwerbs zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Hier
wird weiter festgelegt, zu welchen Konditionen, zu welchem Kaufpreis die Grundstücke und Immobilien abgegeben werden. Hier wird auch festgelegt, dass der Kaufpreis bis auf 80 Prozent begrenzt werden kann.
Das, was Sie jetzt bei uns hier einfordern und was
heute beschlossen werden soll, liegt dem Haushaltsausschuss bereits vor. Wir werden es in der ersten Sitzungswoche nach der Osterpause beschließen. Dann geschieht
genau das, was Sie gemeinsam mit uns wollen: Wir geben den Kommunen über die Städtebauförderung, über
das Programm „Soziale Stadt“ und über das 100-Millionen-Euro-Programm für den Bereich der Konversionsflächen Instrumente an die Hand, um dort, wo Bedarf besteht, genau die richtigen Maßnahmen zu treffen.
Herzlichen Dank.
({2})
Vielen Dank. - Das Wort zu einer Kurzintervention
hat jetzt der Kollege Dr. Tobias Lindner.
({0})
Liebe Frau Kollegin Hinz, ich glaube, wir brauchen
uns nicht gegenseitig katholisch zu machen, wenn es darum geht, Koalitionsregierungen anzugehören. Das tut
meine Partei in acht Bundesländern, und wir haben auch
schon im Bund einer solchen angehört. Darum geht es
uns also nicht. Ich finde es interessant, der Opposition
Polemik vorzuwerfen, wenn diese darauf hinweist, dass
es einen Unterschied zwischen einem angekündigten
und einem tatsächlichen Abstimmungsverhalten geben
kann.
({0})
Jetzt hat der Kollege Schulz mich eben angesprochen.
Ich will das hier der Vollständigkeit halber erwähnen,
um keine unnötige Schärfe hereinzubringen. Er sagt, er
habe sich gegenüber der taz - was sein Abstimmungsverhalten betrifft - nie so geäußert. Ich war nicht dabei,
ich kann das nicht beurteilen. Ich kann nur beurteilen,
was ich in Zeitungen lese. Er sagt, er habe im Haushaltsausschuss an der besagten Abstimmung nicht teilgenommen. Das Protokoll verzeichnet im Moment etwas anderes. Vielleicht klären Sie in der Arbeitsgruppe der SPD,
wie Sie Ihr Abstimmungsverhalten im Haushaltsausschuss üblicherweise koordinieren. Herr Schulz, vielleicht gehen Sie im Nachhinein auf den Haushaltsausschuss zu und lassen das im Protokoll entsprechend
richtigstellen, wenn Sie das anders sehen.
Ich will noch einen letzten Satz sagen: Frau Hinz, ich
finde es interessant, dass Sie ankündigen, es werde alles
kommen, was wir beantragt haben. Dem ist mitnichten
so. Die vorgelegten Richtlinien, die im Ausschuss behandelt werden sollen, umfassen Konversionsliegenschaften. Damit ist aber den Menschen in der Großgörschenstraße und den Menschen in Städten mit einem
angespannten Wohnungsmarkt kein bisschen geholfen;
denn es geht um weitaus mehr als nur um Konversionsliegenschaften.
({1})
Danke schön. - Frau Kollegin Hinz, Sie möchten
noch einmal das Wort? - Bitte schön.
Lieber Kollege, liebe Kollegin, selbstverständlich
können Sie hier im Plenum Dinge mitteilen und auch
Abstimmungsverhalten und Wortbeiträge meiner Kolleginnen und Kollegen aus den Ausschüssen noch einmal
öffentlich machen.
Ich habe darüber gesprochen, dass Sie, so glaube ich,
keinen meiner Kolleginnen und Kollegen absprechen
können, dass sie das, was sie in der Öffentlichkeit sagen,
in ihrer parlamentarischen Arbeit auch tatsächlich umsetzen. Das ist aber gerade in zwei Wortbeiträgen gemacht worden. Ich bin in den Arbeitsgruppen und in den
Ausschüssen dabei. Die Kollegen, die Sie genannt haben, haben mit Nachdruck und vehement auf die Anliegen der Bürger hier in Berlin aufmerksam gemacht.
Parlamentarischer Brauch ist: Wenn man nicht die
Meinung der Mehrheit vertritt, dann kann man entweder
dagegen stimmen oder sich enthalten. Sie kennen die
Gepflogenheiten im Haushaltsausschuss, dass man dort
- egal wie man im Plenum abstimmt - sich möglichst
dem gemeinsamen Votum anschließt. Es ist unfair, dass
Sie jetzt versuchen, meine Kollegin und meinen Kollegen in der Öffentlichkeit so darzustellen, als würden
diese das, was sie in der Öffentlichkeit sagen, nicht im
Rahmen ihrer parlamentarischen Arbeit umsetzen, und
das stimmt in dieser Form nicht.
Vielen Dank. - Jetzt hat der Kollege Alois Rainer,
CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Lassen Sie uns jetzt wieder zum Thema zurückkehren.
({0})
Ich beginne mit einem Zitat von Ludwig Erhard:
Unser Tun dient nicht nur der Stunde, dem Tag oder
diesem Jahr. Wir haben die Pflicht, in Generationen
zu denken.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben veräußert
Liegenschaften nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisverfahren. Dies ist in unserer Bundeshaushaltsordnung
so geregelt. Diese Verfahren sind völlig unbedenklich
und in meinen Augen auch absolut richtig. Die BImA
muss sich an die bestehenden Vorschriften halten und tut
dies auch.
Das Eigentum des Bundes wird und wurde durch den
Steuerzahler finanziert. Also hat der Bund in Gestalt der
BImA auch dafür Sorge zu tragen, dass marktgerechte
Preise bei der Verwertung von Bundesliegenschaften erzielt werden.
Herr Kollege Rainer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kühn?
Nein, heute nicht mehr.
Heute nicht mehr.
({0})
Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen,
wessen Vermögen wir hier verwalten. Wir verwalten das
Geld und das Vermögen der deutschen Steuerzahler, und
deshalb ist es unsere Pflicht, damit verantwortungsvoll
umzugehen.
Darüber hinaus geht es an den eigentlichen Problemlagen vorbei, wenn man glaubt, dass die BImA die Wohnungspolitik in Berlin mit den bundeseigenen Immobilien aktiv beeinflussen könnte. Der Wohnungsbestand
des Bundes in Berlin unterhält mit gerade einmal
0,3 Prozent - das sind circa 5 100 Wohnungen - noch
nicht einmal 1 Prozentpunkt des gesamten Bedarfes.
Für die Wohnraumpolitik haben wir andere Instrumente; viele davon sind bereits angesprochen worden;
ich komme gleich noch darauf zu sprechen. Mit einer
Abkehr vom Höchstpreisverfahren bei der Veräußerung
bundeseigener Liegenschaften oder einem Verkaufsmoratorium lösen wir nicht das Problem der Wohnungsknappheit und steigender Mieten in den Ballungsräumen,
({0})
sondern verlagern diese Probleme nur. Es kann nicht
Aufgabe des Bundes sein - und ist es auch nicht -, mit
Ramschverkäufen seiner Immobilien den Wohnungsmarkt in Berlin zu stützen.
({1})
Sie verkennen auch, dass die Immobilien der BImA
Bestandteil des Wohnungsmarktes sind. Mit denen von
Ihnen geforderten verbilligten Verkäufen erzielen Sie allerhöchstens ein Verlustgeschäft zulasten der Steuerzahler. Das ist mit uns beim besten Willen so nicht zu ma9380
chen. Wir haben nicht so hart darauf hingearbeitet, keine
neuen Schulden zu machen, um dann Sachwerte unter
Wert zu verkaufen. Das, meine sehr verehrten Damen
und Herren, ist keine seriöse und keine nachhaltige
Haushaltspolitik.
Lassen Sie mich noch kurz auf die Wohnraumpolitik
eingehen. Diese Aufgabe wurde aus gutem Grund den
Ländern und den Kommunen zugewiesen. Denn diese
wissen, wie schon gesagt, am besten, wie die Wohnraumsituation vor Ort aussieht und welche Maßnahmen
eingeleitet werden müssen, um bezahlbaren Wohnraum
langfristig erhalten zu können.
Der Bund unterstützt die Kommunen bei ihrer bedarfsgerechten Planung und bei der Umsetzung von
Maßnahmen zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte. Bei den Bundesliegenschaften haben die Kommunen ein sogenanntes Erstzugriffsrecht und können
Liegenschaften der BImA im Direktkauf erwerben - natürlich zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert.
Dazu muss die Kommune ihr Kaufinteresse bekunden
und darlegen, dass mit der Nutzung der Liegenschaft
Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllt werden müssen.
({2})
Herr Kollege, gestatten Sie mir folgende Bemerkung:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass die Abstimmungen bevorstehen und dann immer Unruhe im
Saal herrscht. Aber die Höflichkeit gebietet, dass das
jetzt bitte alles leise vor sich geht. Der Kollege Rainer
hat hier das Recht, zu reden, und auch das Recht, dass
ihm zugehört wird.
({0})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die BImA schöpft
den weit auszulegenden Anwendungsbereich der Erstzugriffsoption bei Konversionsgrundstücken ebenso aus
wie bei der Veräußerung von Nichtkonversionsgrundstücken. Führt das angemeldete Interesse der Kommunen
nicht zum Kauf der Liegenschaft, berücksichtigt die
BImA im Verlauf des Bieterverfahrens selbstverständlich die kommunalpolitischen Entwicklungsziele, zum
Beispiel die Unterbringung von Asylbewerbern und
Flüchtlingen. Hier ist der Bund bereits einen großen
Schritt auf die Kommunen zugegangen.
({0})
Die Bundesländer können Umwandlungsverbote aussprechen. Das ist eine Möglichkeit, von der Bayern bereits Gebrauch macht.
({1})
Dadurch soll die Aufteilung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen in besonders begehrten Wohnvierteln
verhindert werden. Das Baugesetzbuch ermöglicht den
Städten und Gemeinden, Milieuschutzsatzungen für
Rück- und Umbauten sowie für Modernisierungen festzulegen. Dieses Instrument dient genau wie die Möglichkeit der Einführung von Zweckentfremdungsverboten dazu, einer Verdrängung der ursprünglich ansässigen
Bevölkerung aufgrund von steigenden Wohnkosten entgegenzuwirken.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf
die Mietpreisbremse zu sprechen kommen. Auch hier
haben wir den Handlungsspielraum der Länder erweitert. Denn künftig können sie in einem auf fünf Jahre begrenzten Zeitraum festlegen, in welchen Städten und
Stadtteilen der Mietpreis bei Neuvermietungen höchstens 10 Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Mit diesen Instrumenten kann
vor Ort mehr erreicht werden als durch den verbilligten
Verkauf einzelner Bundesliegenschaften.
Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass wir die
angesprochenen Probleme nicht lösen, wenn wir nur die
Symptome bekämpfen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr,
die Ursachen zu finden und dann geeignete Maßnahmen
zu ergreifen. Denn das eigentliche Problem in angespannten Wohnungsmärkten ist der Wohnraummangel
und nicht der Preis ausgewählter Immobilien. Die vielschichtigen Probleme des Wohnraummangels lösen wir
nicht, indem wir einzelne auf dem Markt angebotene Immobilien und Grundstücke aus der Vermögensverwaltung der BImA zulasten der Steuerzahler verbilligt verkaufen.
({2})
Den künftigen Wohnraummangel könnten wir unter
anderem auch dann nachhaltig bekämpfen, wenn es uns
gelingen würde, auch die ländlichen Regionen um die
Ballungsgebiete herum so zu stärken, dass das Wohnen
in diesen Gebieten und Regionen attraktiv ist.
({3})
Deshalb verfolgen Ihre Vorschläge den falschen Ansatz
und sind vollständig abzulehnen.
Vielen herzlichen Dank.
({4})
Vielen Dank, Herr Kollege Rainer. - Jetzt hat der
Kollege Klaus Mindrup, SPD-Fraktion, als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist
noch nicht so lange her, da hat mich ein freundlicher
Mann angesprochen und mir erzählt, dass seine Wohnung von der BImA im Jahr 2018 verkauft werden soll.
Er hat sich unglaublich gefreut, dass Berlin jetzt mit dem
Bund über den Verkauf von 4 600 Wohnungen verhanKlaus Mindrup
delt und dass auch seine Wohnung dabei ist. Er könne
jetzt wieder ruhig schlafen. Es ist ein riesiger Fortschritt,
dass die Städte und Gemeinden jetzt ein Erstzugriffsrecht bei Verkäufen der BImA für Wohnhäuser mit mehr
als vier Wohnungen haben.
({0})
Offenbar hat sich das bei der Opposition noch nicht
herumgesprochen. Aber, ich denke, Sie sollten sich da
erkundigen; dann werden Sie das bestätigt bekommen.
Dieser Abschied vom Höchstpreisverfahren im Wohnsegment macht auch volkswirtschaftlich Sinn.
Herr Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat selbst
vor einer Blasenentwicklung am Immobilienmarkt gewarnt. Immobilienblasen drohen immer dann, wenn der
Ertrag und der Preis einer Immobilie in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander stehen. Deswegen ist
es auch richtig, dass Wohnungen jetzt zum Verkehrswert, was der volle Wert im Sinne der Haushaltsordnung
ist, veräußert werden. Natürlich muss, wenn die Werte
festgestellt werden - Berlin verhandelt ja gerade mit
dem Bund - auf die Rahmenbedingungen geachtet werden und natürlich vor allen Dingen auf den Ertragswert
der Immobilien, damit man da zusammenkommen kann.
Auflagen zum Mieterschutz sind sinnvoll und zulässig. Diese müssen in den Kaufverträgen abgesichert werden, auch gegenüber den Städten und Gemeinden. Das
sage ich ganz bewusst als Berliner: Die Große Koalition
in Berlin hat unter der Führung der SPD die Liegenschaftspolitik in Berlin nachhaltig verändert.
({1})
Während unter Rot-Rot mit dem GSW-Verkauf eine der
größten Privatisierungen der deutschen Geschichte erfolgt ist, werden in Berlin jetzt wieder Wohnungen von
Berlin gekauft und neu gebaut.
({2})
Auch die Mittel für den sozialen Wohnungsbau werden
jetzt in Berlin wieder entsprechend eingesetzt und zukünftig durch Landesmittel gegenüber den Ansätzen des
Bundes vervierfacht.
({3})
- Ich finde es immer interessant, wenn gerufen wird,
dass es die SPD gewesen ist. Beim letzten Mal haben Sie
gerufen, dass es einen Finanzsenator der SPD gab. Ich
sage Ihnen: Sie haben doch mit am Kabinettstisch in
Berlin gesessen und das alles mitgemacht.
({4})
Ich sage doch auch nicht, dass Herr Schäuble jetzt hierfür verantwortlich ist.
({5})
Ich hoffe - das ist wichtig; da haben wir alle eine Verantwortung -, dass sich Berlin, der Bund und die BImA
bei den 4 600 Wohnungen einig werden und dass dieser
Verkauf zum Abschluss kommt, damit die Bewohnerinnen und Bewohner dieser 4 600 Wohnungen langfristig
gut schlafen können.
({6})
Aber wir brauchen auch eine Lösung für Flächen mit
Entwicklungspotenzial. Die Konversionsflächen sind ein
Teil davon. Auch hier ist die Formulierung im Koalitionsvertrag richtig: Es geht um die Förderung der „am
Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen, wie
der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer lebendigen Stadt“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das umgesetzt werden kann, indem jetzt alle BImA-Potenzialflächen von Kommunen gekauft werden. Das gilt erst
recht für Berlin mit den hohen Altschulden. Das wäre
ein falscher Weg.
({7})
Aber wir brauchen eine stärkere Einbeziehung der
Kommunen bei der Vergabe dieser Flächen.
({8})
Konzeptverfahren bieten hier die Chance, dass sich
BImA und Gemeinden von Anfang an auf ein Konzept
verständigen und dies dann unter Beteiligung Dritter
- das können Genossenschaften, aber auch Private sein umsetzen. Dies ist nach EU-Recht möglich. Berlin
macht es mit dem Liegenschaftsfonds vor.
({9})
Das ist auch für die BImA besser; denn wenn man
sich vorher einigt, gibt es hinterher keine Schwierigkeiten. Es ist schon mehrfach gesagt worden, dass die
Städte und Gemeinden umfangreiche Rechte haben:
Aufstellung von Bebauungsplänen, Veränderungssperren, Ausweisung von Entwicklungsgebieten, Ausweisung von Erhaltungssatzungen und Vorkaufsrechte nach
dem Baugesetzbuch. Dies müssen die Gemeinden nutzen. Deswegen macht es auch Sinn, von Anfang an zusammenzuarbeiten.
Da das Dragoner-Areal hier genannt worden ist: Ich
bin gespannt, wie sich der grün regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verhält: ob er seiner Verantwortung
gerecht wird, die Mittel des Baugesetzbuches auszunutzen, oder ob er das nicht tut.
({10})
Die meisten Mieterinnen und Mieter in Deutschland
leben nicht in Wohnungen der BImA. Deswegen möchte
ich den Bogen am Ende etwas weiter spannen. Wir haben in der Großen Koalition die Städtebaufördermittel
aufgestockt. Wir haben den Zuschuss für den barrierefreien Umbau geschaffen.
({11})
Wir haben das Bündnis für bezahlbares Wohnen und die
Mietpreisbremse auf den Weg gebracht.
({12})
Aber wir sind noch lange nicht durch. Ich möchte aus
dem Koalitionsvertrag zitieren:
Durch eine Anpassung der Härtefallklausel … werden wir einen wirksamen Schutz der Mieter vor finanzieller Überforderung bei Sanierungen gewährleisten.
({13})
Wir werden auch die Modernisierungsumlage neu regeln. Wir brauchen gutes und bezahlbares Wohnen für
alle Mieterinnen und Mieter. Dafür steht diese Koalition,
und daran arbeitet diese Koalition.
Danke schön für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche
Ihnen schöne Ostertage. Wir sehen uns nach Ostern wieder. Alles Gute!
({14})
Vielen Dank. - Wir beenden damit die Aussprache
und kommen zu den Abstimmungen über die Tagesord-
nungspunkte 22 a bis 22 c.
Hierzu liegt eine Reihe von Erklärungen nach § 31
unserer Geschäftsordnung vor.1)
Tagesordnungspunkt 22 a. Interfraktionell wird Über-
weisung der Vorlage auf Drucksache 18/4419 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe, das ist
der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 22 b. Wir kommen zur Abstim-
mung über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke
zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen. Der Haus-
haltsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 18/3873, den Gesetz-
entwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/2882
abzulehnen. Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf
auf Verlangen der Fraktion Die Linke namentlich ab.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Plätze an
den Urnen besetzt? - Ich sehe, das ist der Fall. Ich er-
öffne die namentliche Abstimmung über den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 18/2882.
Ist ein Mitglied des Hauses da, das seine Stimme noch
nicht abgegeben hat? - Vielleicht wäre es gut, wenn alle,
die schon abgestimmt haben, sich einmal von den Urnen
entfernen würden; dann hätte ich von hier aus eine bes-
sere Übersicht. Haben jetzt alle Mitglieder des Hauses
Ihre Stimmkarte abgegeben? - Ich sehe, das ist der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
1) Anlage 7
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.2)
Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen; denn wir kom-
men zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22 c. Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts-
ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen mit dem Titel „Für eine nachhaltige und zu-
kunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“. Unter
Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/3873 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 18/3044. Wir stimmen nun über Buchstabe b der
Beschlussempfehlung namentlich ab. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? -
Ich sehe, das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung
über Buchstabe b der Beschlussempfehlung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Ich sehe, dass alle
Stimmen abgegeben sind. Damit schließe ich die Aus-
sprache.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen
später bekannt gegeben.3)
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 23 a und 23 b
auf:
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD
Auslaufen der Milchquote - Wettbewerbsfähigkeit der Milchviehhalter sichern
Drucksache 18/4424
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft ({0})
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald
Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Landwirtschaft braucht flächendeckende
Milchviehhaltung - Bäuerliche Milcherzeuger
stärken - Milchpreise stabilisieren
Drucksache 18/4330
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Peter
Bleser.
({1})
2) Ergebnis Seite 9384 C
3) Ergebnis Seite 9386 B
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich zuerst den Minister entschuldigen, der wegen
eines Trauerfalls in seiner Heimat sein muss.
Wir werden in vier Tagen den 31 Jahre andauernden
Versuch staatlicher Mengenregulierung beenden. Am
Mittwoch nächster Woche ist die EU-Milchquotenregelung Geschichte, und das ist gut so.
({0})
Beschlossen wurde der Ausstieg aus dieser Quotenregelung 2003 in Europa. Ich darf daran erinnern, dass damals Frau Künast Landwirtschaftsministerin war und
diesen Beschluss mitgetragen hat. Das erwähne ich, um
von vornherein klarzustellen, wie die politische Geschäftslage ist.
Die Milchquotenregelung hat ihre Ziele nie erreicht.
Sie konnte sie auch nie erreichen, weil staatliche Markteingriffe vom Prinzip her nie auf Dauer funktionieren
können. Nachdem man nach dem Krieg die Nahrungsmittelproduktion mit festgesetzten Interventionspreisen
richtigerweise angereizt hatte, glaubte man damals allerdings, diesen kostenintensiven landwirtschaftlichen Produktionsbereich sowie die entstandenen Milchseen und
Butterberge mithilfe einer Quotenregelung in den Griff
zu bekommen. Ich will den damaligen Kolleginnen und
Kollegen aus heutiger Sicht nicht absprechen, dass ihre
Zielrichtung richtig war. Diese Regelung hat damals
Marktbrüche durchaus verhindert. Aber man hätte viel
früher aussteigen müssen.
({1})
Denn diese Quotenregelung hat die Milchbauern sehr
viel Geld gekostet und zu einer starken Reglementierung
geführt. Die gewünschten Ziele betreffend die Einkommenssituation wurden bei weitem nicht erreicht.
Noch 1984 gab es knapp 370 000 Milcherzeuger in
Deutschland. Heute sind es nur noch 77 000. Das ist eine
Folge des Strukturwandels, den die Milchquotenregelung ebenfalls nicht verhindern konnte. Der Bauernverband schätzt, dass in diesem Zeitraum über 4 Milliarden
Euro Quotenkosten von den Landwirten zu tragen waren. Auch das wirkte sich letztlich einkommensmindernd aus. Wir haben allein 1,9 Milliarden Euro als Superabgabe an Brüssel zahlen müssen. Noch im letzten
Jahr waren es 163 Millionen Euro. Das alles geht vom
landwirtschaftlichen Einkommen ab. Deswegen ist es
gut, dass diese Quote abgeschafft wird.
({2})
Wir haben aber nicht nur wie das Kaninchen auf die
Schlange auf das erwähnte Datum geschaut. Vielmehr
haben wir schon 2005 begonnen, eine Exportstrategie zu
entwickeln. Wir sind auf die Märkte gegangen. Wir hatten in den letzten Jahren große Zuwachsraten gerade in
diesem Bereich zu verzeichnen. Heute steht im Münchner Merkur: „Die Jagd nach dem weißen Pulver“. Wahrscheinlich verstehen die Grünen etwas anderes darunter
als wir. Wir verstehen darunter Milchpulver.
({3})
Wenn uns Besitzer von Drogerien sagen, dass ganze
Heerscharen dort die Regale mit Babymilchpulver leerräumen, um es nach China schicken zu können, dann ist
dies ein Kompliment für die Qualität der deutschen
Milchproduktion, das nicht größer sein könnte.
({4})
Diese Strategie der Öffnung der Märkte und des Abschaffens der Exportsubventionen - wir wollen uns den
Märkten stellen - funktioniert. Im letzten Jahr haben wir
18 Millionen Tonnen Milchäquivalente exportiert und
61 Prozent mehr Magermilchpulver - dieses weiße Pulver - verkauft. Dadurch haben wir auch von den hohen
Weltmarktpreisen profitieren können.
({5})
Wir haben im letzten Jahr Milchprodukte im Wert von
9,5 Milliarden Euro exportieren können. Fast 8 Milliarden Euro Umsatz erzielten wir mit Ländern der Europäischen Union, und der Rest ging in Länder außerhalb der
Euro-Zone, wo unsere Produkte ebenfalls sehr begehrt
sind.
Meine Damen und Herren, ich appelliere an uns alle,
mehr Vertrauen in die Märkte zu haben. Wir sind mit Sicherheit gut aufgestellt; denn die deutsche Milchproduktion ist wettbewerbsfähig.
Trotzdem haben wir es nicht versäumt, ein Sicherheitsnetz auf europäischer Ebene zu spannen. Es gibt
eine Schwelle, ab der die Kommission entscheiden kann
- zum Beispiel bei schweren Marktstörungen -, ob es
hilfreich und notwendig ist, vorübergehend einzugreifen,
um eine große Kapitalvernichtung in der Landwirtschaft
zu vermeiden. Es gibt also - und das ist auch richtig ein Sicherheitsnetz,
({6})
zugegebenermaßen unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze.
({7})
Mit der letzten Agrarreform ist es gelungen, erheblich
mehr Mittel für die zweite Säule zur Verfügung zu stellen, um die Milchkühe durch staatliche Transferleistungen gerade in den Regionen zu halten, in denen wir sie
halten wollen: in den benachteiligten Gebieten, in den
Berggebieten, in den Grünlandgebieten. Damit wollen
wir auch die gewünschte Wirkung in Bezug auf den Erhalt der Kulturlandschaft erzeugen.
({8})
Meine Damen und Herren, auch unsere Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes“ hilft den Landwirten, sich auf die
Marktbedingungen einzustellen - bei gleichzeitiger Einhaltung höchster Tierschutzniveaus. Ein Landwirt kann
eine Förderung von 40 Prozent erhalten, wenn er tiergerechte Ställe baut. Es gibt keine Produktion in der Landwirtschaft, die die Zielvorgaben bezüglich des Tierwohls
derart erfüllt wie die Milchtierhaltung.
({9})
Ich bitte gerade die Grünen, das Bauernbashen in diesem
Bereich endlich einzustellen. Das trifft Menschen, die jeden Tag sehr hart arbeiten.
({10})
Die Produktionskosten sind unterschiedlich hoch, und
wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir müssen
aber auch wissen, dass wir nicht nur aufgrund der Produktion im Stall, im landwirtschaftlichen Betrieb, wettbewerbsfähig sind, sondern dazu gehören auch die
Transportkette, die Verarbeitung und der Lebensmitteleinzelhandel. In der Summe sind wir wettbewerbsfähig.
Ich habe es schon gesagt: Unsere Produkte sind in der
Welt sehr begehrt. In China muss die deutsche Schrift
auf Milchpackungen sein, weil das das Vertrauen in die
Produkte erhöht. Das ist ein Zeichen, das uns sehr zufrieden machen muss.
({11})
Wir wissen nicht - das wird in der Debatte nachher sicherlich noch angesprochen werden -, wie die Marktlage in den nächsten Monaten sein wird. Wir wissen
aber, dass langfristig mehr Milch gebraucht wird, weil
die Weltbevölkerung wächst und weil sich die Verzehrgewohnheiten ändern, und wir wissen, dass Qualität
wichtig ist, um in diesen Märkten zu bestehen.
Ich darf Ihnen am Schluss sagen, dass sich die Landwirte darauf verlassen können, dass die Bundesregierung
ihnen zur Seite steht. Ich bin ein Milchbauer!
Herzlichen Dank.
({12})
Vielen Dank. - Ich gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der
namentlichen Abstimmungen bekannt:
Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen, Drucksachen 18/2882 und 18/3873: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 56, mit
Nein haben gestimmt 409, Enthaltungen 55. Damit ist
der Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 519;
davon
ja: 55
nein: 409
enthalten: 55
Ja
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({0})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({1})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({2})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Hans-Christian Ströbele
Nein
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens ({3})
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({4})
Axel E. Fischer ({5})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({6})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Vizepräsidentin Ulla Schmidt
Fritz Güntzler
Christian Haase
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Frank Heinrich ({7})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({8})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({9})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({10})
Stefan Müller ({11})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({12})
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({13})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({14})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({15})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({16})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({17})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({18})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({19})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({20})
Sabine Weiss ({21})
Karl-Georg Wellmann
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({22})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({23})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Marco Bülow
Martin Burkert
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({24})
Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Vizepräsidentin Ulla Schmidt
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({25})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller ({26})
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Mahmut Özdemir ({27})
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Achim Post ({28})
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({29})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({30})
Matthias Schmidt ({31})
Carsten Schneider ({32})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({33})
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({34})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Enthalten
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Annalena Baerbock
Volker Beck ({35})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({36})
Christian Kühn ({37})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Das Ergebnis der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für
eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“, Drucksachen 18/3044 und 18/3873,
lautet: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt
410, mit Nein haben gestimmt 56, Enthaltungen 54. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 520;
davon
ja: 410
nein: 56
enthalten: 54
Ja
CDU/CSU
Stephan Albani
Katrin Albsteiger
Dorothee Bär
Günter Baumann
Maik Beermann
Manfred Behrens ({38})
Sybille Benning
Dr. Christoph Bergner
Ute Bertram
Peter Beyer
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexandra Dinges-Dierig
Michael Donth
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Hansjörg Durz
Hermann Färber
Uwe Feiler
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({39})
Axel E. Fischer ({40})
Dr. Maria Flachsbarth
Thorsten Frei
Dr. Astrid Freudenstein
Dr. Hans-Peter Friedrich
({41})
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Cemile Giousouf
Josef Göppel
Ursula Groden-Kranich
Hermann Gröhe
Klaus-Dieter Gröhler
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Oliver Grundmann
Vizepräsidentin Ulla Schmidt
Monika Grütters
Dr. Herlind Gundelach
Fritz Güntzler
Christian Haase
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Matthias Hauer
Mark Hauptmann
Dr. Stefan Heck
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Frank Heinrich ({42})
Mark Helfrich
Uda Heller
Jörg Hellmuth
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Christian Hirte
Dr. Heribert Hirte
Alexander Hoffmann
Thorsten Hoffmann
({43})
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Margaret Horb
Bettina Hornhues
Charles M. Huber
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Erich Irlstorfer
Thomas Jarzombek
Sylvia Jörrißen
Andreas Jung
Dr. Franz Josef Jung
Xaver Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Steffen Kanitz
Alois Karl
Anja Karliczek
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Dr. Georg Kippels
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Markus Koob
Carsten Körber
Kordula Kovac
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Roy Kühne
Günter Lach
Uwe Lagosky
Dr. Karl A. Lamers
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Barbara Lanzinger
Paul Lehrieder
Dr. Katja Leikert
Dr. Philipp Lengsfeld
Dr. Andreas Lenz
Philipp Graf Lerchenfeld
Antje Lezius
Matthias Lietz
Andrea Lindholz
Patricia Lips
Wilfried Lorenz
Dr. Claudia Lücking-Michel
Daniela Ludwig
Karin Maag
Yvonne Magwas
Thomas Mahlberg
Dr. Thomas de Maizière
Gisela Manderla
Matern von Marschall
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({44})
Reiner Meier
Dr. Michael Meister
Jan Metzler
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Dietrich Monstadt
Karsten Möring
Marlene Mortler
Elisabeth Motschmann
Dr. Gerd Müller
Carsten Müller
({45})
Stefan Müller ({46})
Dr. Andreas Nick
Michaela Noll
Helmut Nowak
Dr. Georg Nüßlein
Julia Obermeier
Wilfried Oellers
Florian Oßner
Dr. Tim Ostermann
Henning Otte
Ingrid Pahlmann
Sylvia Pantel
Martin Patzelt
Dr. Martin Pätzold
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Kerstin Radomski
Alexander Radwan
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht
Anita Schäfer ({47})
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Heiko Schmelzle
Ronja Schmitt ({48})
Patrick Schnieder
Nadine Schön ({49})
Dr. Ole Schröder
Dr. Kristina Schröder
({50})
Bernhard Schulte-Drüggelte
Dr. Klaus-Peter Schulze
Armin Schuster ({51})
Christina Schwarzer
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Tino Sorge
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Dr. Wolfgang Stefinger
Albert Stegemann
Peter Stein
Sebastian Steineke
Johannes Steiniger
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Matthäus Strebl
Karin Strenz
Thomas Strobl ({52})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Astrid Timmermann-Fechter
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Volker Ullrich
Oswin Veith
Thomas Viesehon
Michael Vietz
Volkmar Vogel ({53})
Sven Volmering
Christel Voßbeck-Kayser
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Nina Warken
Albert Weiler
Marcus Weinberg ({54})
Dr. Anja Weisgerber
Peter Weiß ({55})
Sabine Weiss ({56})
Karl-Georg Wellmann
Waldemar Westermayer
Kai Whittaker
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese ({57})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Oliver Wittke
Dagmar G. Wöhrl
Barbara Woltmann
Tobias Zech
Heinrich Zertik
Emmi Zeulner
Dr. Matthias Zimmer
Gudrun Zollner
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heike Baehrens
Ulrike Bahr
Dr. Katarina Barley
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dr. Matthias Bartke
Bärbel Bas
Lothar Binding ({58})
Burkhard Blienert
Willi Brase
Marco Bülow
Martin Burkert
Petra Crone
Bernhard Daldrup
Dr. Daniela De Ridder
Dr. Karamba Diaby
Sabine Dittmar
Elvira Drobinski-Weiß
Siegmund Ehrmann
Michaela Engelmeier
Saskia Esken
Karin Evers-Meyer
Dr. Fritz Felgentreu
Elke Ferner
Dr. Ute Finckh-Krämer
Christian Flisek
Gabriele Fograscher
Ulrich Freese
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Glöckner
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Uli Grötsch
Rita Hagl-Kehl
Metin Hakverdi
Ulrich Hampel
Dirk Heidenblut
Gabriela Heinrich
Marcus Held
Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Heidtrud Henn
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({59})
Thomas Hitschler
Dr. Eva Högl
Matthias Ilgen
Christina Jantz
Frank Junge
Josip Juratovic
Thomas Jurk
Oliver Kaczmarek
Vizepräsidentin Ulla Schmidt
Johannes Kahrs
Christina Kampmann
Ralf Kapschack
Gabriele Katzmarek
Ulrich Kelber
Marina Kermer
Cansel Kiziltepe
Arno Klare
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe
Birgit Kömpel
Anette Kramme
Helga Kühn-Mengel
Christine Lambrecht
Christian Lange ({60})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Hiltrud Lotze
Dr. Birgit Malecha-Nissen
Caren Marks
Susanne Mittag
Bettina Müller
Detlef Müller ({61})
Michelle Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Ulli Nissen
Mahmut Özdemir ({62})
Markus Paschke
Christian Petry
Detlev Pilger
Florian Post
Achim Post ({63})
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Dr. Simone Raatz
Martin Rabanus
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Andreas Rimkus
Sönke Rix
Dennis Rohde
Dr. Martin Rosemann
Susann Rüthrich
Bernd Rützel
Johann Saathoff
Annette Sawade
Dr. Hans-Joachim
Schabedoth
Axel Schäfer ({64})
Dr. Nina Scheer
Marianne Schieder
Udo Schiefner
Dr. Dorothee Schlegel
Ulla Schmidt ({65})
Matthias Schmidt ({66})
Carsten Schneider ({67})
Ursula Schulte
Swen Schulz ({68})
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Norbert Spinrath
Svenja Stadler
Martina Stamm-Fibich
Sonja Steffen
Michael Thews
Carsten Träger
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dirk Vöpel
Bernd Westphal
Andrea Wicklein
Dirk Wiese
Waltraud Wolff
({69})
Gülistan Yüksel
Dagmar Ziegler
Stefan Zierke
Dr. Jens Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
Nein
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Luise Amtsberg
Annalena Baerbock
Volker Beck ({70})
Dr. Franziska Brantner
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Matthias Gastel
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Dieter Janecek
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Stephan Kühn ({71})
Christian Kühn ({72})
Markus Kurth
Monika Lazar
Steffi Lemke
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Manuel Sarrazin
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Julia Verlinden
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Enthalten
DIE LINKE
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Gregor Gysi
Dr. André Hahn
Dr. Rosemarie Hein
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Katja Kipping
Jan Korte
Jutta Krellmann
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Thomas Lutze
Birgit Menz
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Norbert Müller ({73})
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Petra Pau
Harald Petzold ({74})
Martina Renner
Michael Schlecht
Kersten Steinke
Azize Tank
Kathrin Vogler
Dr. Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Katrin Werner
Birgit Wöllert
Hubertus Zdebel
Pia Zimmermann
Sabine Zimmermann
({75})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten
Tackmann, Fraktion Die Linke.
({76})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Gäste! In ein paar Tagen fällt nun die Brüsseler
Milchquote. Seit 1984 durften Milchbäuerinnen und
Milchbauern nur die Milchmenge produzieren, die sie
vorher über die Quote teuer gekauft hatten. Damit sollten Milchseen und Butterberge verhindert werden und
die Preise stabil bleiben.
Aber das hat - zugegeben - nur begrenzt funktioniert:
Das Höfesterben wurde nicht aufgehalten, und seit circa
2007 schwankt der Milchpreis wieder erheblich. Viele
können sich sicherlich noch an die europaweiten Milchstreiks vor einigen Jahren erinnern. Legendär war die
tagelange Belagerung des Kanzlerinnenamtes durch
Milchbäuerinnen; das hat mich sehr beeindruckt. Die
Politik hat schließlich reagiert. Heraus kam eine sogenannte Kuhschwanzprämie, also Geld für die Betriebe.
Allerdings war das eher eine Sterbe- als eine Überlebenshilfe. Das haben wir von Anfang an kritisiert, und
leider haben wir damit recht behalten.
Manche jubeln jetzt darüber, dass die Fesseln der
Quote endlich fallen, damit sie endlich so viel Milch
produzieren können, wie sie wollen. Wachstum ist hier
das Zauberwort. Der Preis für diese Freiheit könnte sich
aber als sehr hoch erweisen; denn die Profiteure dieser
Entscheidung arbeiten nicht in den Kuhställen. Sie sitzen
vor allen Dingen in den Chefetagen des Lebensmitteleinzelhandels und der Molkereien. Sie werden bald auf
große Mengen billiger Milch zugreifen können. Gleichzeitig haben sie die Marktmacht, die Preise für die Erzeuger noch unter die Erzeugungskosten zu drücken,
zum Wohl der eigenen Profite. Ich finde, das ist absolut
inakzeptabel.
({0})
Die Verlierer sind vor allen Dingen die Milchviehbetriebe, die ihre Leute gut bezahlen, die ihren Kühen etwas mehr Komfort bieten oder die an schwierigen Standorten arbeiten, zum Beispiel im Mittelgebirge; denn in
diesem ruinösen Wettbewerb geht es vor allen Dingen
um niedrige Erzeugungskosten. Als Linke sage ich: Das
ist ein Irrweg.
({1})
Nun heißt es ja immer, dass der nimmersatte Weltmarkt nur auf die deutsche Milch warten würde. Ich
zitiere dazu nur zwei Schlagzeilen aus diesem Jahr. Im
Januar stand in den Zeitungen: Bauern in China schütten
Milch weg, weil seit August die Preise kontinuierlich gesunken waren. - Anfang März hieß es: „Aldi-Kunden
bekommen Dürre in Neuseeland beim Butterpreis zu
spüren“. - Die Botschaft ist doch klar: China kann die
steigende Nachfrage selbst decken. Die Lebensmittelpreise in den Supermärkten sind von den Erzeugungskosten hierzulande längst abgekoppelt. Sie folgen globalen Einflüssen bis hin zu Währungsschwankungen und
Embargos.
Der Traum von einem blühenden Exportmarkt hat das
klare Potenzial zu einem veritablen Alptraum. Das
Risiko müssen vor allen Dingen die Milchviehbetriebe
tragen. Ich finde, das ist ausgesprochen unfair, und das
kann auch so nicht bleiben.
({2})
In der öffentlichen Anhörung dazu am vergangenen
Montag erklärten uns dann einige Experten, man könne
doch Warenterminbörsen für Milch zur Risikominimierung nutzen. Gerade nach der Finanzmarktkrise finde ich
diesen Vorschlag abenteuerlich. Die Linke sagt klar:
Milch ist keine Ramschware für den Weltmarkt.
({3})
Deshalb müssen wir bei der Milchpolitik wieder die
Menschen und die Kühe in den Mittelpunkt stellen. Es
gibt doch Alternativen. In der Anhörung am Montag hat
uns beispielsweise Gunnar Hemme von der HemmeMilch deutlich erklärt: Er verarbeitet die Milch von drei
regionalen Erzeugern. Untereinander werden die Preisschwankungen ausgeglichen. Auf dem Berliner und
Brandenburger Markt findet die Hemme-Milch aus der
Uckermark großen Zuspruch. - In einem solchen solidarischen Regionalprinzip gelingt übrigens auch die Steuerung der Milchmenge ohne eine Quote. Auch die Kuh
genießt eine höhere Akzeptanz, wenn sie für den eigenen
Markt produziert und nicht für China.
Was muss sich also ändern, damit Milch nachhaltig
und flächendeckend produziert werden kann? Ich nenne
zehn wichtige Punkte:
Erstens. Wir brauchen wieder mehr regionale Molkereien, insbesondere in Ostdeutschland.
Zweitens. Wir brauchen kostendeckende Erzeugerpreise, und Lebensmittel müssen trotzdem bezahlbar
bleiben.
Drittens. Dazu brauchen wir faire Marktregeln. Dafür
muss das Kartellrecht endlich gegen die Marktmacht der
Supermärkte und der Molkereien durchgreifen.
({4})
Viertens. Regionale Produkte müssen leichteren Zugang zu den Supermärkten bekommen.
Fünftens. Sonderangebote bei Lebensmitteln müssen
endlich verboten werden.
Sechstens. Irreführende Werbung muss verboten werden. Wo Weidemilch draufsteht, muss sie auch drin sein.
Siebtens. Boden- und Pachtpreise müssen wieder
durch Milchproduktion finanzierbar sein.
Achtens. Ein Flächenerhaltungsgebot muss sichern,
dass Milchviehbetriebe ihre Flächen nicht - jedenfalls
nicht ohne Not - für Biogas, Straßenbau oder Photovoltaik verlieren.
Neuntens wird gut ausgebildetes und gut bezahltes
Betreuungspersonal für die Tiere gebraucht.
Zehntens. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig:
Wir brauchen Milchbetriebsleiterinnen und -betriebsleiter, denen es nicht um kurzfristige Höchstleistungen
geht, sondern die die Lebensleistung der Kühe in den
Mittelpunkt stellen.
Das bedeutet übrigens - damit komme ich zum
Schluss - kein Klein-Klein der Milchproduktion; es geht
vielmehr darum, dass sie angepasst an die Region und
ohne Größenwahn betrieben wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche
frohe Ostern mit glücklichen Hasen und glücklichen
Hühnern.
({5})
Und glücklichen Kühen. - Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Zuhörer auf den Tribünen! Ich
freue mich, dass kurz vor Ostern das Interesse an dem
Thema Milch noch so groß ist. Mich hat das Thema begleitet, seit ich im Deutschen Bundestag bin und auch
schon die vielen Jahre davor in meinem beruflichen
Leben. Ich komme aus einem Betrieb, in dem immer
gemolken worden ist. Ende der 60er-Jahre gab es plötzlich Abschlachtprämien und Investitionsprämien, und
irgendwann war mit dem Gesamtkonzept der europäischen Agrarpolitik die Produktion so weit gestiegen,
dass wir aufgrund der sprichwörtlich gewordenen Milchseen und Butterberge in den 80er-Jahren handeln mussten. In dieser Zeit wurde auch die Quote eingeführt.
Damals war ich schon in meiner eigenen tierärztlichen Praxis von den Folgewirkungen dieser Quotenregelung betroffen. Wir haben eine ganze Reihe gerichtlicher
Auseinandersetzungen geführt. Es ging dabei um Härtefallregelungen und Härtefallklauseln. All das haben wir
hier dann auch kennengelernt: Die Folgen der damaligen
Regelungen mussten wir auch politisch beseitigen.
Wir haben Anpassungen vorgenommen. Wir haben
das damalige Quotensystem stetig verändern müssen
und dazu beigetragen, dass wir das Quotensystem
nächste Woche endgültig abschaffen können. Das war
ein kontinuierlicher Prozess, an dem die Bauern beteiligt
gewesen sind; sie hatten hohe Ausgaben, die nicht dem
Sektor zugutegekommen sind, sondern für Quotenrechte
aufgewendet werden mussten.
Die SPD hat daraus relativ frühzeitig ihre Konsequenzen gezogen und schon im Jahr 2000 die Abschaffung
der Quote gefordert. Ich glaube, dass diese Forderung
damals richtig war; und die Entscheidung heute zeigt,
dass wir auch in der Ausgestaltung der Politik dazu beigetragen haben, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Wir dürfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht jammern, sondern wir sollten die Chancen im Sinne unserer
Landwirte und unserer Betriebe nutzen. Wir sollten die
politischen Rahmenbedingungen so setzen, dass wir
auch an den Standorten, wo es nicht einfach ist, Milch zu
produzieren, eine vernünftige Bewirtschaftung von ökologisch wertvollem Grünland erhalten. Dazu kann die
zweite Säule in erheblichem Umfang beitragen. Davon
bin ich überzeugt.
({0})
Ich glaube, mit Blick auf den Sektor kann man durchaus optimistisch in die Zukunft schauen. Der Sektor hat
eine Wertschöpfung von mehr als 25 Milliarden Euro.
Wir produzieren und verarbeiten mehr als 32 Millionen
Tonnen Milch, und wir sichern allein rund um den Bereich Molkerei die Arbeitsplätze von über 30 000 Mitarbeitern. Ich finde, auch das sollte man klar und deutlich
sagen. Das sind wichtige Arbeitsplätze, die vor allen
Dingen im ländlichen Raum Wertschöpfung sichern und
dem ländlichen Raum eine Zukunft geben.
({1})
Es ist wichtig, dass man das im Blick behält und sich
darauf konzentriert, statt die Milchwirtschaft schlechtzureden.
({2})
Staatliche Milchmengenregelungen oder sich selbst
regulierende Systeme sind angesichts der desaströsen
Erfahrungen mit regulierten Systemen in diesem Bereich
an sich obsolet geworden. Darum kann ich es nicht verstehen, dass man immer noch über diese Systeme spekuliert und diskutiert und versucht, ein bisschen von dem
zu retten, was bei der Quote nie funktioniert hat. Ich
glaube, das ist der falsche Weg. Da sind, glaube ich, die
Möglichkeiten, die der Markt zur Steuerung des Sektors
bietet, wesentlich besser.
Der Markt muss aber natürlich funktionsfähig bleiben. Wenn ich mir die Preisbildung ansehe, ist es, glaube
ich, noch nicht an der Zeit, die Sektoruntersuchung des
Kartellamtes einfach beiseitezulegen. Wir sollten uns
das, glaube ich, noch einmal ansehen - auch bei unseren
weiteren Entscheidungen beispielsweise zur Feinsteuerung. Wir sollten uns auch anschauen, ob wir das, was
auf der europäischen Ebene als Milchpaket mit einer entsprechenden Perspektive verabschiedet worden ist, in
Zukunft vielleicht gebrauchen können, wenn es die eine
oder andere Marktkrise gibt. Die muss es aber nicht geben.
Vielleicht ist es angezeigt, auch danach zu fragen, inwieweit wir zum Beispiel politisch unterstützen können,
wenn es darum geht, die Interessen der Milcherzeuger
besser zu bündeln, ihre Marktmacht zu stärken und vor
allen Dingen die Preisbildung zu verbessern. Denn wir
brauchen entsprechende Instrumente, an denen sich
Landwirte langfristig orientieren können, um ihre
Risiken im Markt abzusichern. Das geht aber nicht so
einfach.
Wenn an der Eurex pro Tag 146 Kontrakte gehandelt
werden, ist das kein Grund zum Jubeln. Das zeigt, dass
dieses System bislang nicht funktionsfähig ist. Darum
mache ich mir, politisch gesehen, Sorgen, dass wir
bisher nicht ausreichend viel getan haben, um dieses
System funktionsfähig zu machen.
Markt braucht auch Absicherung von Risiken. Das
muss nicht unbedingt - wie auf europäischer Ebene auch
diskutiert wird - in Form von Versicherungen geschehen. Es wird dann aber das klare Bekenntnis von Politik
benötigt, diese Maßnahmen zu begleiten - auch im
Sinne vor allen Dingen derer, die uns als Landwirte bzw.
Erzeuger am Herzen liegen, weil sie mit ihrer täglichen
Arbeit dazu beitragen, dass ganz wichtige Kulturlandschaften in Deutschland und Europa gesichert werden.
Was wir als Sozialdemokraten dazu tun können, tun wir
gerne. Ich kann nur jeden auffordern, dabei mitzumachen.
Vielen Dank.
({3})
Das Wort hat jetzt Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/
Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich will versuchen, wieder zur Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Wir
wollen über Milch und nicht über Schnee reden.
Am 12. Oktober 1983 demonstrierten fünf westfälische Bäuerinnen und Bauern im Deutschen Bundestag in
Bonn anlässlich der Einführung der Milchquote, die der
damalige CSU-Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle
mithilfe des Deutschen Bauernverbandes durchsetzte,
um die weglaufenden Ausgaben einzudämmen. Es demonstrierten fünf junge westfälische Bäuerinnen und
Bauern auf der Tribüne des Deutschen Bundestages mit
der Parole „Milchkontingentierung - Ruin der Kleinbauern!“. Einer davon war ich.
({0})
Der Richter empfahl, dass ich als Abgeordneter wiederkommen könne, sonst hätte ich keine Chance, wieder
in den Bundestag zu kommen. Ich habe das beherzigt.
({1})
- Um die Anekdote anzureichern: Der Zweite, der es
noch schneller schaffte, war Friedrich-Wilhelm Graefe
zu Baringdorf. Der war dann 18 Jahre im Europaparlament.
1983 gab es 300 000 Milchbauern. Heute sind es etwas mehr als 75 000. Am 1. April 2015 läuft nach
31 Jahren die Quote aus. Was wird passieren? Wird die
Menge explodieren? Droht die nächste Milchkrise? Die
Risiken sind groß. Das Problem ist aber, dass Deutschland nicht vorbereitet ist. Diese Bundesregierung - das
müssen wir feststellen - hat kein einziges Instrument in
der Hand, um den totalen Verfall der Milchpreise und
den Zusammenbruch der bäuerlichen Milchviehhaltung
zu verhindern. Stattdessen bekommen wir von Ihnen
immer nur die reine Lehre der Segnungen deregulierter,
volatiler Märkte zu hören. Das ist Ihre Antwort. Eine
wunderbare Antwort für die Bäuerinnen und Bauern
draußen!
Was ist, wenn dieser Markt nicht funktioniert, weil
zum Beispiel Bäuerinnen und Bauern überhaupt keine
Marktmacht gegenüber den Molkereien haben? Was geschieht, wenn der Milchpreis plötzlich - wie bei der
Milchkrise 2008 und 2009 - ins Bodenlose fällt, die uns
ein Drittel der Milchbetriebe in der EU gekostet hat?
War das nur ein milder Vorbote für das, was Milcherzeugern zukünftig bevorsteht? Was werden Sie tun, wenn
die Wahlergebnisse in Bayern möglicherweise gefährdet
sind? Werden Sie dann wieder Aigner'sche Kuhschwanzprämien einführen? Oder werden Sie wieder
wie 2008 und 2009 - als wenn es nicht um Existenzen,
sondern nur um Blechschäden gehen würde, die man
reparieren kann - sagen: Dies ist eine leichte Preisdelle?
Was ist Ihre Antwort?
Was wird sein, meine Damen und Herren, wenn die
von Ihnen so propagierten Wachstumsbetriebe massiv in
Schwierigkeiten kommen, weil sie durch viel zu hohe
Schuldenlasten überhaupt nicht mehr in der Lage sind,
starke Preisschwankungen auszugleichen? Was wird geschehen, wenn die immer weitere Konzentration und das
Wachstum der Viehhaltung in Niedersachsen, NRW und
Schleswig-Holstein zu einer weiteren Verschärfung der
Grundwasserbelastung führen?
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wo
kämpfen Sie für die Erhaltung der flächendeckenden
Milcherzeugung?
({2})
Wo kämpfen Sie für eine Milchviehhaltung in benachteiligten Grünlandregionen? Wir finden in Ihrem Antrag
davon nichts. Eine ausgedehnte Situationsbeschreibung
ist Ihr Antrag, viel hübsche Prosa, keine Lösungen, rein
gar nichts. Wir haben anderes auch nicht ernsthaft von
Ihnen erwartet.
({3})
Ihr Milchsprecher de Vries empfiehlt den Bäuerinnen
und Bauern, zynisch wie er ist: Wer für 32 Cent nicht
melken kann, der sollte Beamter werden.
Wir Grünen haben gerade parallel zu dieser Debatte
im Paul-Löbe-Haus 80 Menschen aus Wissenschaft,
Wirtschaft und Milchwirtschaft, Bäuerinnen und Bauern
versammelt. Sie denken dort gerade darüber nach, wie
man zukünftig den Milchpreis stabil halten kann, damit
das Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe nicht so
weitergeht wie bisher; denn wenn wir das linear fortschreiben würden, hätten wir 2020 noch etwas über
60 000 Milchviehbetriebe.
Es gab in den letzten Jahren viele Vorschläge von der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und dem
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter; diese haben
am Problem orientiert konstruktiv versucht, Konzepte
und Ideen für eine breite bäuerliche Milcherzeugung in
die Debatte zu bringen. Sie von der CDU/CSU haben
diese Vorschläge immer nur diffamiert und ignoriert,
weil sie nicht vom Deutschen Bauernverband kamen
oder der reinen Marktlehre widersprachen. Das war das,
was Sie an Antworten gegeben haben. So eine Arroganz
kann sich nur leisten, wer sich weit von Bäuerinnen und
Bauern entfernt.
({4})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
anstatt über eine vernünftige Mengenregulierung zu reden, haben Sie sich offenbar das Nachdenken darüber
verboten. Anstatt Grünland zu schützen und konsequent
zu fördern, haben Sie die Chance vertan, die Weidehaltung zu stärken, um die Milch flächendeckend und im
benachteiligten Gebiet zu halten. Anstatt die Markt9392
macht der Bäuerinnen und Bauern zu bündeln, wie wir
es seit Jahren fordern, haben Sie weiter das Märchen von
der heilen Welt der Genossenschaftsmolkereien erzählt.
Anstatt aus schlechten Erfahrungen mit unsicheren Exportmärkten zu lernen, haben Sie die Betriebe ungebremst in die Russland-Krise rauschen lassen.
Für die Milchindustrie mag das Ende der Quote wie
Weihnachten und Ostern an einem Tag sein, für die
Marktideologen die Erfüllung ihrer kühnsten Schreibtischträume. Für viele Bäuerinnen und Bauern wird das
zu einem noch schärferen Kampf ums Überleben führen.
Wir appellieren daher an Sie, wie am Montag schon bei
der Anhörung von den Verbänden, dem Bund Deutscher
Milchviehhalter und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft, geäußert, die wir ausdrücklich unterstützen: Wir brauchen ein Marktverantwortungsprogramm,
wir brauchen eine starke Marktbeobachtungsstelle, und
wir brauchen eine belohnte freiwillige Mengenreduktion. Sonst werden wir in Zukunft Probleme bekommen.
({5})
Stimmen Sie unserem Antrag zu! Sorgen Sie dafür,
dass Milchbäuerinnen und Milchbauern in Zukunft auch
in Bayern und Baden-Württemberg noch Kühe auf der
Weide halten können und dass wir in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein noch sauberes Wasser trinken können.
({6})
Der Kollege Kees de Vries hat jetzt das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Kolleginnen und Kollegen! Die Milchquote, 1984 eingeführt, um die produzierte Milchmenge zu begrenzen, bedeutete bisher besonders für kleinere Betriebe, dass Geld
für Wachstum fehlte. So gingen der deutschen Landwirtschaft während der Zeit der Milchquote über 3 Milliarden Euro verloren. Deshalb begrüßen wir den Ausstieg.
Wenn ein Betrieb wachsen will, bekommt er jetzt die
Chance. Wir wollen nicht nur die flächendeckende
Milchviehhaltung sichern, sondern wir tun das auch
wirklich.
Ich komme selbst aus dem ländlichen Raum und war
lange Jahre als Milchviehhalter tätig. Ich weiß sehr genau um die Bedeutung unserer Betriebe für den ländlichen Raum. Die Landwirtschaft bietet nicht nur viele
hochwertige Arbeitsplätze, sondern sie gestaltet und
pflegt auch unsere Dörfer und Kulturlandschaften. Daher richten wir mit unserem Antrag unser Augenmerk
nicht nur auf die Auszahlungspreise, sondern auch auf
strukturelle, ökologische und tierschutzrechtliche Aspekte.
({0})
Wir wollen, dass kleinere und mittlere Betriebe weiterhin produzieren können. Das gilt sowohl für die
Milcherzeuger als auch für die Molkereien. Deshalb
wollen wir die guten Exportchancen unbedingt nutzen.
„Made in Germany“ ist weltweit beliebt und steht für
höchste Qualität.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich
kommen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken auf
unsere Bauern zu. Deshalb wollen wir Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen fördern. Wir begrüßen in diesem
Zusammenhang die Bemühungen der Bundesregierung,
neue Märkte zu erschließen. Wir fordern die Milchbauern auf, sich aktiver auch um die Vermarktung ihrer Produkte zu kümmern, zum Beispiel über die Warenterminbörse.
({1})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben
Sie mir noch ein paar Bemerkungen zum Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich sehe da viele gute
Ansätze:
({2})
Zum Beispiel ist der Wunsch nach mehr Milch aus
Grundfutter der richtige Ansatz. Aber, meine lieben Kollegen, dafür brauchen wir qualitativ gutes Grundfutter,
und das ernten wir nicht auf dem von Ihnen gewünschten
extensiv bewirtschafteten Grünland.
({3})
Auch die Umstellung der Zucht - weg von der Spitzenleistung hin zu mehr Lebensleistung der Tiere - ist
richtig. Nur ist diese Umstellung schon vor zehn Jahren
in Gang gesetzt worden.
({4})
Den Wunsch aber nach höherer Förderung von Bio
kann ich nicht verstehen.
({5})
Ich denke, wenn der Verbraucher Bio will, muss er auch
bereit sein, das zu bezahlen.
({6})
Ein guter Ansatz ist natürlich auch, die Marktmacht
der Milchproduzenten zu erhöhen. Aber Erzeugergemeinschaften von Mitgliedern einer Genossenschaft zu
fördern, das schießt nun wirklich am Ziel vorbei.
({7})
Die Idee, mal wieder einen Milchgipfel durchzuführen, ist wahrscheinlich nur wie folgt zu erklären: Wenn
man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis.
({8})
- Das ist Ihre Sicht.
Andererseits: Sie und der von Ihnen zitierte BDM haben vollkommen recht, wenn gesagt wird, dass eine gemeinsame freiwillige Mengenreduzierung für die Preise
und damit für die Einkommen gut wäre. Nur: An den
freiwilligen Verzicht auf Einnahmen kann ich nicht so
recht glauben - Sie wohl auch nicht, und deshalb unterstützen Sie die Vorschläge des BDM, die wiederum auf
eine weiterführende Mengensteuerung - auf gut Deutsch:
Milchquote - hinauslaufen. Erstens hatten wir das schon,
und zweitens hat unter anderem das Thünen-Institut
schon festgestellt, dass die vorgeschlagenen Konzepte
einfach nicht funktionieren können.
({9})
- Kosten sparen.
({10})
Ich denke, ich brauche nicht alle Halbwahrheiten und
unausgegorenen Ideen aus diesem Antrag einzeln aufzuführen, um klarzumachen, dass dieser Antrag komplett
inakzeptabel ist.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. - Auch ich
wünsche frohe Ostern, auch für unsere Kühe.
({11})
Vielen Dank. - Nächster Redner ist Rainer Spiering,
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Lassen Sie mich vorab
etwas sehr Persönliches sagen. Es ist für meinen geschätzten Kollegen Wilhelm Priesmeier ein langer Weg
gewesen, die Quote abzuschaffen. Wilhelm, herzlichen
Dank, dass du so lange drangeblieben bist und das auch
zu einem guten Ende geführt hast!
({0})
Nun zur Sache. Ich habe meinen Vorrednern sehr aufmerksam zugehört. Es ist sehr intensiv darüber spekuliert worden: Was passiert wann? Das wird die Zukunft
zeigen. Das wissen wir jetzt nicht.
Ich bin, ich glaube, vor drei oder vier Wochen zu
Hause bei unserem Milchviehhalterring gewesen. Da ist
der Preis, der aktuell ausgehandelt worden ist, genannt
worden. Ich glaube, es waren 31,8 Cent. Es war eine
große Gemeinschaft von Milchviehhaltern. Ich hatte
nicht den Eindruck, dass dieser Preis für sie völlig niederschmetternd ist, sondern ich hatte den Eindruck: Er
ist für sie auskömmlich; damit können sie klarkommen.
Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass der Preis
so bleibt. Wie sollte das auch sein? Damit komme ich
zum Kernpunkt meiner Überlegungen, was die Milchquote angeht. Die deutsche Landwirtschaft ist heute Teil
unserer mittelständischen Wirtschaft, nicht mehr und
nicht weniger. Wir müssen akzeptieren, dass sich auch
dieser Teil des Mittelstands am Markt bewegen muss,
und zwar mit allen Vor- und Nachteilen. Ich glaube
nicht, dass es sinnvoll ist, bei einem Produkt wie Milch
zu versuchen, einen künstlichen Markt zu schaffen oder
zu erhalten. Das wird sich auf Dauer nicht durchsetzen.
Ich glaube, dass wir ganz andere Wege gehen müssen,
um unsere Kulturlandschaft zu erhalten.
Das bäuerliche Produkt, die Milch, ist in der Form, in
der wir gerade im mittelständischen Bereich in Deutschland Wirtschaft betreiben, Teil einer Prozesskette, und
diese Prozesskette ist exzellent. Weil es eine exzellente
Prozesskette ist, ist das Produkt am Markt weltweit veräußerbar. Das ist der einzige vernünftige Schutz, den die
deutsche Milchviehwirtschaft hat:
({1})
Sie ist Teil eines Prozesses, in dem langfristig ein Produkt von hoher Güte und hoher Qualität hergestellt wird;
darauf setze ich. Die Risiken und alles, was dazu gehört,
muss die bäuerliche Landwirtschaft auf den Märkten, die
ihr zur Verfügung stehen, wie jeder andere Mittelständler und Handwerker auch, aushalten. Das müssen wir akzeptieren, das ist so. In den Gesprächen mit den Milchbauern hatte ich den Eindruck, dass sie mit der
Abschaffung der Quote absolut einverstanden waren. Sie
schafft für die, die nach vorne wollen, mehr Freiheit.
Ich habe Wilhelm Priesmeier extra noch einmal angesprochen - es war mir aber auch erinnerlich -: Die Quote
ist offensichtlich ein Handelsgut gewesen. Dass wir relativ viele Milchbauern verloren haben, ist der Tatsache
geschuldet, dass die Quote veräußert worden ist. Ein Teil
der kleineren Milchbauern hat diese Quote an größere
veräußert. Insofern hatte der eine Bauer mehr Bewegungsfreiheit und der andere mehr Freiheit in Form einer
angemessenen Rente. Auch das muss man deutlich sagen: Die Quote ist ein geldwertes Handelsgut geworden.
Ob das im Sinne der Gesetzgebung war, das wage ich zu
bezweifeln.
Lassen Sie mich den Rest meiner Rede auf einen anderen Punkt verwenden, der mir persönlich sehr am Herzen
liegt. Bei der Auseinandersetzung mit der Milchviehhaltung ist mir etwas aufgefallen, was ich ausgesprochen
toll finde. Das Produkt Milch ist für uns ein ganz wertvolles, eine Art Grundnahrungsmittel und wird entsprechend geschützt. Nun sind in der Debatte über die deutsche Tierhaltung Antibiotika ein sehr großes Thema. Ich
habe zu meiner wirklich großen Freude festgestellt, dass
Antibiotika bei der Milchviehhaltung so gut wie nicht
verwendet werden. Warum nicht? Das hat klare Gründe:
Wenn ich einer Milchkuh Antibiotika verabreiche, dann
kann ich die Milch nicht verwenden. Wenn ich mich ordnungsgemäß verhalte, dann muss ich die Milch entsorgen. Also hat der Milchviehhalter Systeme entwickelt,
um seine Kuh möglichst gesund zu halten. Das bringt
mich zu der Einsicht, dass der Antibiotikaeinsatz in der
Tierhaltung aufgrund von Haltungssystemen sehr stark
zu minimieren ist, wenn dahinter ein wirtschaftliches Interesse steht.
({2})
Da die Milchviehhaltung in Deutschland exemplarisch vormacht, mit wie wenig Antibiotika wir auskommen können - das macht sie wirklich ganz toll -, ist das
für mich ein Anlass, zu sagen: Der Antibiotikaeinsatz in
der deutschen Tierhaltung ist grundsätzlich massiv zurückzufahren. Ich finde, hier geht die deutsche Milchviehhaltung mit tollem Beispiel voran.
Herzlichen Dank. Frohe Ostern!
({3})
Vielen Dank. - Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Artur Auernhammer, CDU/
CSU-Fraktion.
({0})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fast etwas irritiert. Ich habe festgestellt: Der
Kollege Fritz Ostendorff und ich haben ein Stück weit
die gleiche Biografie. Unsere Motivation für politisches
Engagement bestand darin, gegen die Einführung der
Milchquote zu kämpfen. Deshalb ist es für mich ein Tag
der Genugtuung, wenn am 1. April die Quote ausläuft.
Das ist ein guter Tag für die deutsche Landwirtschaft.
Ich frage mich aber auch: Was hätte Ignaz Kiechle
heute von diesem Rednerpult aus gesagt? Als Bundeslandwirtschaftsminister hat er 1983/1984 die Debatte
über die Milchquote eröffnet. Damals gab es sicherlich
gute Gründe für die Quote. Aber er würde heute sagen:
Warum habt ihr sie nicht schon längst abgeschafft?
({0})
In den 31 Jahren Milchquotenregelung, lieber Kollege
Ostendorff, haben 80 Prozent der Milchviehhalter ihre
Milchviehhaltung eingestellt. Wo war also das Element
der Strukturpolitik bei der Milchquotenregelung? Das
Element der Strukturpolitik bestand darin, dass es durch
Pachtkosten, durch Leasingkosten, durch Kaufkosten einen eminenten Geldtransfer innerhalb der Landwirtschaft gab. Es sind innerhalb der Landwirtschaft Milliardenbeträge von den aktiven Milcherzeugern zu den
sogenannten Sofamelkern gewandert. Sehr viele Geldmittel sind auch nach Brüssel geflossen, Geld, das unseren aktiven Bäuerinnen und Bauern entzogen worden ist.
Das müssen wir in dieser Kalkulation auch offen und
ehrlich sagen.
({1})
Jetzt herrscht die große Angst: Kommt am 1. April
2015 die große Milchwelle auf uns zu? Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur einmal zur allgemeinen
Erläuterung: Bevor eine Kuh Milch gibt, muss sie erst
ein Kalb auf die Welt bringen. Dann kann sie vielleicht
mit der Milchproduktion beginnen, wenn sie vernünftig
gehalten und vernünftig gefüttert wird. Es kann also
nicht sein, dass ab 1. April die Schleusen aufgehen. Die
Tiere im Stall werden von diesem Tag nichts merken,
und auch die Bäuerinnen und Bauern werden diesem Tag
mit Ruhe entgegensehen können.
Aber eines muss uns klar sein: In den letzten 31 Jahren hat sich die Weltmilchproduktion um 40 Prozent erhöht. Die Milchproduktion in Europa und auch in
Deutschland ist auf gleichem Level geblieben. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, die Weltautoproduktion hätte
sich um 40 Prozent erhöht und die Autoproduktion in
Deutschland würde sich auf dem gleichen Level wie
1984 bewegen. Wie würde unser Land heute aussehen?
Lassen wir doch also unsere Bäuerinnen, unsere Bauern
an dieser gestiegenen Nachfrage auf den Weltmärkten
teilhaben. Ich bin der Meinung, wir sind dafür gut aufgestellt. Wir haben gute Produktionsvoraussetzungen in
unserem Land. Wir haben ausreichend Regen. Wir haben
gute Betriebe, die hier ihre Kühe halten und melken. Wir
haben vielleicht noch etwas Nachholbedarf - das ist
meine eigentliche Sorge im Hinblick auf den 1. April bei der Struktur unserer Molkereiwirtschaft. Wir haben
zwar gute Molkereien, die auch für den Export gut aufgestellt sind. Diese müssen sich aber noch besser organisieren, wenn es um Exportleistungen geht. Diesbezüglich bin ich froh, dass die Bundesregierung - allen voran
Minister Schmidt und sein Staatssekretär Peter Bleser großes Augenmerk darauf legt, dass auch die Exportmöglichkeiten der deutschen Milchwirtschaft gegeben
sind. Dazu gehört auch TTIP.
({2})
Dieses Handelsabkommen ist Teil einer exportorientierten Milchpolitik; auch das müssen wir sehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Punkt
noch, weil immer die Strukturpolitik angesprochen wird:
Ja, es gibt unterschiedliche Produktionsvoraussetzungen
in Deutschland. Wir haben in Sachsen-Anhalt bei Herrn
Kees de Vries andere Produktionsvoraussetzungen als
bei uns in Bayern. Die Bäuerin, der Bauer im Chiemgau,
im Berchtesgadener Land mit seinen Pinzgauer Kühen
kann mit den Produktionsvorteilen von großen Milchviehanlagen nicht mithalten. Diese Betriebe müssen wir deshalb nicht über eine Quote fördern, sondern gezielt - Sie
erlauben mir, dass ich die Bayerische Staatsregierung
hier ausdrücklich lobe -, zum Beispiel mit einem Kulturlandschaftsprogramm, mit gezielten Programmen, mit
gezielten Maßnahmen, die die Milchviehhaltung hier vor
Ort ermöglichen. Das muss eigentlich die Lösung sein.
({3})
Zum Schluss dieser Debatte: Verehrte Frau Präsidentin,
wenn wir schon über Milch reden, wäre im Präsidium
vielleicht zu überlegen, ob nicht auch hier am Rednerpult
ein Glas Milch stehen könnte. Das heißt natürlich nicht,
dass bei der Beratung des nächsten Weingesetzes hier etwas anderes steht.
({4})
Zum Schluss dieser Debatte wünsche ich Ihnen allen
gesegnete und frohe Osterfeiertage. Nutzen Sie die Zeit,
sich zu entspannen und zu erholen. Fahren Sie durch die
Lande. Erleben Sie, wie unsere Wiesen wieder grün werden. Damit diese Wiesen grün bleiben, brauchen wir
eine deutsche Milchviehhaltung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({5})
Vielen Dank. - Die Forderung nach Milch bitte ich an
Ihren Parlamentarischen Geschäftsführer weiterzutragen; denn wir führen das dann nur aus, wenn das Parlament so beschließt.
Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird
Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 18/4424
und 18/4330 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. - Ich sehe, Sie sind damit
einverstanden. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Sie jetzt
alle in die wohlverdiente Osterpause entlasse, bitte ich
Sie noch ganz kurz um Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit;
denn wir haben noch zwei Überweisungen durchzuführen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Pfeiffer, Sabine Weiss ({0}), Frank Heinrich
({1}), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Gabriela Heinrich, Dr. Bärbel Kofler, Axel
Schäfer ({2}), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD
Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen
Drucksache 18/4425
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung ({3})
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Energie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind die
Reden zu Protokoll gegeben worden.1)
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/4425 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Manuel
Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Nationales Reformprogramm 2015 - Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst
nehmen und Investitionen stärken
Drucksache 18/4464
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie ({4})
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden. -
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.2)
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/4464 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung angekommen. Ich wünsche Ihnen allen eine wohlverdiente
Osterpause. Die letzten Wochen waren sehr intensiv. Ich
hoffe, dass Sie alle Zeit für sich und Ihre Familie haben,
um sich ein bisschen zu erholen.
Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages berufe ich auf Mittwoch, den 22. April 2015, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.