Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/27/2015

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Guten Morgen! Die Sitzung ist eröffnet. Die Kollegin Agnes Alpers hat auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet. Für sie ist die Kollegin Birgit Menz nachgerückt. Im Namen des ganzen Hauses begrüße ich die neue Kollegin sehr herzlich und wünsche eine gute Zusammenarbeit. ({0}) Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, lassen Sie mich eine Anmerkung machen. Auch dieser Tag ist kein Sitzungstag wie jeder andere. Wenn wir heute im Deutschen Bundestag um wichtige Entscheidungen ringen und Gesetze beschließen, dann tun wir das unter dem Eindruck unfassbaren menschlichen Leids durch den Absturz des Flugzeugs in Südfrankreich. Wir haben gestern gemeinsam im Deutschen Bundestag in einer würdigen Weise unsere Zusammengehörigkeit auch mit den Angehörigen der Opfer zum Ausdruck gebracht. Auch heute sind wir mit unseren Gedanken und mit unseren Herzen bei denjenigen, die ihre Liebsten verloren haben. Sie alle sind nicht allein. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, wollen wir einen Geschäftsordnungsantrag behandeln. ({1}) Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die zweite und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes zu erweitern und jetzt im Anschluss zu beraten. Das Wort zur Geschäftsordnung hat zunächst die Kollegin Dr. Petra Sitte. ({2})

Dr. Petra Sitte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003848, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Es ist natürlich nicht einfach, in die Gesetzesberatung bzw. in diese Geschäftsordnungsdebatte einzusteigen. Ich will zunächst für Unkundige erklären, warum wir eigentlich hier debattieren. Üblicherweise ist es so, dass die Tagesordnung einer Bundestagssitzung in der Sitzungswoche zuvor im Ältestenrat zwischen den Fraktionen vereinbart wird. Das haben wir getan. Wir haben dann in den Tagen danach aus der Presse erfahren - wohlgemerkt: aus der Presse -, dass die Koalition erwägt, das Thema Maut auf die Tagesordnung dieser Sitzungswoche zu setzen. Das bedeutet, es handelt sich um eine Änderung der Tagesordnung. Mit der ist die Opposition nicht einverstanden, und aus diesem Grund diskutieren wir hier. ({0}) Wir stellen fest, dass die Koalition wieder einmal versucht, ein hochumstrittenes Projekt im Turbotempo durchzudrücken. ({1}) Das heißt, Herr Straubinger muss nachher sehr genau erklären, warum die Maut unbedingt heute diskutiert werden soll. Schon bei der ersten Lesung - ich erinnere noch einmal daran - haben wir Sie zwingen müssen, dieses Thema nicht am frühen Abend in einer Kurzdebatte zu beraten. Sie haben dann Ihrerseits nachgegeben, und die Debatte wurde anders platziert, sodass auch Bürgerinnen und Bürger daran teilhaben konnten. Zwischen erster und zweiter Lesung ist nun nur ein Monat vergangen, und das, nachdem Sie das Thema seit 2009 diskutieren, aber erst jetzt wissen, was Sie eigentlich wollen und wie es umgesetzt werden soll. Am 5. November 2009 hat Herr Ramsauer, der damalige CSU-Verkehrsminister, gesagt, er wolle eine stärkere Nutzerfinanzierung der Straßen. Nur einen Tag später, am 6. November, hieß es dann, die Maut stehe nicht auf der Tagesordnung. Am 21. Juni 2010 - also ein gutes halbes Jahr später - war die Maut angeblich nie auf dem Tisch. Dann kam sozusagen die bayerische BastaVariante in Gestalt von Herrn Seehofer, der sagte, er wolle bei der Maut nicht mehr lockerlassen. Jetzt hatte der Herr Ramsauer natürlich ein Problem: Die Leit9318 planke näherte sich. Er versuchte dann aber, sich in den Windschatten von Herrn Seehofer einzudocken und ist mitgetörnt. ({2}) Im August 2013 hieß es, man wolle keinen Koalitionsvertrag ohne Maut unterschreiben. Eigenartigerweise hatte die Kanzlerin das irgendwie nicht so richtig ernst genommen oder nicht mitbekommen - keine Ahnung. Jedenfalls hat sie am 2. September 2013 eine ganz klare Ansage vor der Wahl getroffen: Mit mir wird es keine Maut geben. - Genau ein Jahr später - bemerkenswerterweise tatsächlich ein Jahr später - kam dann die ganz klare Ansage nach der Wahl. Es hieß - ich zitiere -: Um es ganz klar zu sagen: Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen. Die SPD ihrerseits als Koalitionspartner schlingert da jetzt so hinterher. Nachdem es nun fünf Jahre gedauert hat, sprachen sich die SPD-Vertreter in der ersten Lesung zu Recht dafür aus, sich ausreichend Zeit zu lassen. Es seien ja noch so viele Fragen offen. Man wolle auch keinen Schnellschuss. - Ja, das sehe ich auch so, ist in Ordnung, okay. Und warum wollen wir es dann heute hier übers Knie brechen? ({3}) In drei Ausschüssen gab es in einer Woche Anhörungen und Expertengespräche. ({4}) Die Fragen blieben nicht nur, sondern es sind mehr geworden. Die Experten widersprachen sich. Die EUKommission ihrerseits hält die Regelung immer noch für rechtswidrig und erwägt sogar - wie auch Österreich dagegen zu klagen. Meine Damen und Herren, und so etwas soll der Bundespräsident unterschreiben? ({5}) Wovor Sie immer noch Angst haben, ist ja, dass die Länder den Vermittlungsausschuss anrufen könnten. Wir als Opposition, die Grünen und die Linken, haben dann getan, was eine gute Opposition tun muss. Wir haben gesagt: Eigentlich muss man die ganze Kiste vertagen und muss weiter beraten, um einen seriösen Abschluss zu sichern. ({6}) Auch das haben Sie abgelehnt. Am Montagabend dieser Woche - am 23. März - gab es dann eine Koalitionseinigung bei den Vignetten, und es gab die Vereinbarung, dass man in drei Jahren einmal schauen will, was herausgekommen ist. Na großartig! Am Mittwoch tagte abschließend der Verkehrsausschuss. Um 7.48 Uhr morgens sind die Anträge eingegangen. Um 8.45 Uhr hat der Ausschuss seine abschließende Beratung begonnen. Meine Damen und Herren, wenn es nicht so ernst wäre, könnten Sie die Nummer als Singspiel und Fastenpredigt auf dem bayerischen Nockherberg aufführen. ({7}) Wir aber sind im Bundestag, und eine solche Politik, einen solchen Politikstil dürfen wir uns hier einfach nicht erlauben. Auch deshalb lehnen wir die Beratung der Maut heute ab. ({8})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für die Unionsfraktion hat jetzt der Kollege Max Straubinger das Wort. ({0})

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der SPDBundestagsfraktion bitte ich, das Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe und eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes heute auf die Tagesordnung zu setzen. Dies steht im Einklang mit § 81 unserer Geschäftsordnung, Frau Kollegin Sitte. Ich möchte hier darlegen, dass vor allen Dingen alle Dokumente und Unterlagen zeitgerecht an die Ausschüsse verteilt worden sind und somit auch eine gute Beratungszeit zur Verfügung stand. Diese gute und lange Beratungszeit, Frau Kollegin Sitte, haben Sie gerade illustriert. Sie sind ja fünf Jahre zurückgegangen, um zu zeigen, seit wann wir intensiv über eine Mautgesetzgebung in Deutschland diskutieren, ({0}) und zwar in unterschiedlichen Formationen und natürlich an unterschiedlichen Plätzen. Ich glaube also, dass es durchaus angebracht ist, heute die Gesetzgebung mit der zweiten und dritten Lesung abzuschließen. ({1}) Werte Kolleginnen und Kollegen, ich darf diesem Hohen Hause jetzt doch schon etwas länger angehören. Ich habe kaum ein Gesetzgebungsverfahren erlebt, das so intensiv sowohl außerhalb des Parlaments wie innerhalb des Parlaments diskutiert worden ist. ({2}) Was die intensive Beratung betrifft, so möchte ich schon auch feststellen: Eckpunkte zum Mautgesetz sind im Sommer vergangenen Jahres bekannt gemacht worden, jawohl. ({3}) Diese wurden dann auch sehr kritisch in den Regierungsfraktionen diskutiert. Ich weiß auch, wie sich die Oppositionsfraktionen an diesen Diskussionen beteiligt haben. Wir können hier also eine sehr umfangreiche, auch parlamentarische Beratung vorweisen. So ist der Gesetzentwurf, als er in erster Lesung eingebracht wurde, intensiv beraten worden. Zwischenzeitlich hatten wir eine Aktuelle Stunde zur Beratung der Inhalte dieses Gesetzentwurfs gehabt, wobei nicht verkannt werden sollte, dass auch schon vorher Aktuelle Stunden über eine Mautgesetzgebung in diesem Haus stattgefunden haben. Wir haben drei Expertenanhörungen in verschiedenen Ausschüssen gehabt, eine im Verkehrsausschuss, eine im Haushaltsausschuss und eine im Finanzausschuss. Im Verkehrsausschuss haben CDU/CSU, SPD und die Opposition gemeinsam beschlossen, dass die Anhörungszeit zwei Stunden beträgt. Tatsächlich ist dann über drei Stunden im Verkehrsausschuss darüber beraten worden. ({4}) All das zeigt sehr deutlich, dass intensivst beraten worden ist. Wir haben vor allen Dingen natürlich im Verkehrsausschuss die Anregungen der Experten aufgenommen, die in den veränderten Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden, mündeten. ({5}) All das zeigt sehr deutlich, dass wir es uns nicht leicht gemacht haben. Im Gegenteil: Es gab eine breite Beratung, wobei es allen Mitgliedern des Parlaments möglich war - darauf möchte ich hinweisen -, sich einzubringen. Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen, können wir heute ganz beruhigt den Gesetzentwurf in zweiter und dritter Lesung verabschieden. Wir haben ausführlichst darüber gesprochen und diskutiert, und wir haben vor allen Dingen einen schlüssigen und EU-rechtskonformen Gesetzentwurf ({6}) im Bundestag vorgelegt. ({7}) Unter diesen Gesichtspunkten kann ich Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, nur empfehlen, Folgendes zu bedenken: In einer Demokratie müssen Beratungen auch zu Ende gebracht werden. Die Bürgerinnen und Bürger jammern sowieso, dass die Gesetzesberatungen zu lange dauern. Deshalb ist es gut, Gesetzesberatungen zeitgerecht zum Abschluss zu bringen. ({8}) Sie haben heute die Möglichkeit dazu, zum einen dadurch, dass Sie der Aufsetzung der beiden Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung zustimmen, zum anderen dadurch, dass Sie beim Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens den Gesetzentwürfen zustimmen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. ({9})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Britta Haßelmann das Wort.

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat ist es für uns alle heute sehr schwer - das will ich eingangs sagen -, einen ganz normalen Parlamentsalltag zu bestreiten, denn wir sind in Gedanken bei den Opfern der Flugzeugtragödie und ihren Angehörigen; aber es ist unsere parlamentarische Pflicht. Ich sage das am Anfang, weil wir heute ein wichtiges Gesetz beraten. Da haben wir die Verantwortung und die Pflicht, hier auch in der Sache zu streiten, zu diskutieren und um Lösungen zu ringen. ({0}) Nun zur Sache selbst, meine Damen und Herren: Den Aufsetzungsantrag der Unionsfraktion und auch der Fraktion der SPD zum Thema Maut - die SPD-Fraktion möchte zu der gewünschten Aufsetzung heute ja nicht einmal reden ({1}) werden wir heute ablehnen. Herr Straubinger, wenn Sie hier vor dem Plenum sagen, Sie hätten bisher kein Gesetz erlebt, was so intensiv diskutiert worden sei, dann frage ich mich: Wo waren Sie eigentlich in der gesamten Zeit, die Sie hier im Parlament sitzen? ({2}) Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wirklich, wir sind hier doch nicht in Bayern am Stammtisch. ({3}) Das Ding ist doch nicht beratungsreif. Es ist nicht entscheidungsreif. Was hier stattfindet, ist eine Entparlamentarisierung des Parlamentes - das haben wir hier! -, ({4}) und zwar aus folgendem Grund, meine Damen und Herren - deshalb rede ich hier zur Geschäftsordnung -: Es besteht erheblicher weiterer Beratungsbedarf ({5}) über die Europarechtswidrigkeit der Abgabe, über das drohende Vertragsverletzungsverfahren, über die Änderungsanträge, die zum Beispiel den Rechtsausschuss um 7.48 Uhr am Mittwochmorgen erreichten und den mitberatenden Finanzausschuss um 8.01 Uhr am Mittwochmorgen erreichten, wobei um 9.30 Uhr schon die Ausschusssitzungen begannen, in denen dann über dieses so komplexe Gesetz beraten werden sollte. In diesen Änderungsanträgen, die uns morgens vorgelegt wurden, sind enthalten: die Einführung einer neuen Infrastrukturabgabebehörde und die Auflistung ihrer Aufgaben, die Frage der neuen Datenaufbewahrungsregelung, die Festlegung einer neuen Preisstruktur. All das sind Themen, die nicht ausreichend diskutiert werden konnten. ({6}) Das alles war in den Änderungsanträgen, die morgens um 7.48 Uhr bzw. 8.01 Uhr vorgelegt wurden. ({7}) Hier findet kein ordentliches Beratungsverfahren statt, und deshalb kann dieser Aufsetzung nicht zugestimmt werden. ({8}) Das trifft auch auf die ganzen Fragen der Festlegung einer neuen Preisstruktur für Kurzzeitvignetten, der veränderten Kosten für die Betreiber zu. Sie haben der Opposition, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken, hier eine weitere Anhörung, die aufgrund der neuen Sachverhalte notwendig gewesen wäre, ({9}) versagt. Damit haben Sie auch grobe Verfahrensverstöße in diesem Verfahren begangen. ({10}) Eine gründliche Beratung war durch die späte Vorlage der Änderungsanträge nicht möglich. Eine Anhörung, die aufgrund der Neuerungen gerechtfertigt gewesen wäre und beantragt worden ist, haben Sie uns im federführenden Ausschuss versagt. Materiell sind diese Gegenstände in der vorherigen Anhörung nicht erörtert worden. Das alles sind grobe Verfahrensverstöße, die begründen, weshalb eine Aufsetzung heute nicht gerechtfertigt ist, meine Damen und Herren. ({11}) Deshalb sage ich Ihnen allen, die Sie sich bei diesem Projekt bisher weggeduckt haben, bisher immer wieder so getan haben, als sei es ein Projekt von Dobrindt und der CSU: Wenn Sie heute diesem Aufsetzungswunsch zustimmen und am Ende auch noch der Maut zustimmen, dann, liebe SPD, ist Schluss mit lustig! Dann ist das auch Ihr Projekt! ({12}) Was haben Sie sich weggeduckt in der Debatte! Was waren das für hehre Sprüche nach dem Motto: „Kein Gesetz verlässt das Parlament …“, „Hier gibt es ein ordentliches Beratungsverfahren“. ({13}) Wo ist denn das ordentliche Beratungsverfahren geblieben? Mit Zustimmung zu den Gesetzentwürfen ist die Maut ab heute auch eine Maut von Angela Merkel und der SPD, meine Damen und Herren. ({14})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die Geschäftsordnungsdebatte ist damit beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den Aufsetzungsantrag? Ich bitte um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Aufsetzungsantrag ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. ({0}) Ich rufe die Zusatzpunkte 4 a bis 4 c auf: a) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen Drucksache 18/3990 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur ({1}) Drucksache 18/4455 - Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4459 b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur ({3}) zu dem Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens, Sabine Leidig, Thomas Lutze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Vizepräsident Johannes Singhammer Keine Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland Drucksachen 18/806, 18/4455 c) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes ({4}) Drucksache 18/3991 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({5}) Drucksache 18/4448 - Bericht des Haushaltsausschusses ({6}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/4458 Ich weise darauf hin, dass wir über die beiden Gesetzentwürfe später namentlich abstimmen werden. Weiterhin werden wir über drei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls namentlich abstimmen. Außerdem haben die Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Entschließungsantrag vorgelegt. Zu diesem Tagesordnungspunkt werden wir also insgesamt fünf namentliche Abstimmungen durchführen. Zur Auszählung der Stimmen zu den Änderungsanträgen werde ich die Sitzung dann zweimal unterbrechen. Im Laufe des frühen Nachmittags - darauf darf ich jetzt auch schon hinweisen - werden weitere zwei namentliche Abstimmungen zu Tagesordnungspunkt 22 - Liegenschaftspolitik des Bundes - folgen. Für die Debatte, die wir jetzt führen, sind nach einer interfraktionellen Vereinbarung 96 Minuten vorgesehen. Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Bundesregierung das Wort dem Bundesminister Alexander Dobrindt. ({7})

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Entscheidung für eine Infrastrukturabgabe schaffen wir mehr Kapazität im Netz durch mehr Zweckbindung auf der Straße. Das folgt einem klaren ordnungspolitischen Grundgedanken: Mobilität finanziert Infrastruktur. Das ist das Prinzip der Infrastrukturabgabe. ({0}) Wir stellen den klaren Bezug her zwischen Einnahmen und Ausgaben. Das haben wir gestern übrigens hier im Deutschen Bundestag bei der Lkw-Maut auch so beschlossen. ({1}) Gestern haben wir die Verbreiterung und Vertiefung der Lkw-Maut in diesem Jahr beschlossen. Auch das ist ein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur. Das Gleiche machen wir jetzt mit der Infrastrukturabgabe. Wir setzen auf einen echten Finanzierungskreislauf und vollziehen einen klaren Systemwechsel: weg von der Steuerfinanzierung der Infrastruktur hin zur Nutzerfinanzierung der Infrastruktur, ({2}) weg von nicht zweckgebundenen Steuermitteln hin zur zweckgebundenen Nutzerfinanzierung. Das sorgt für Stabilität bei der Finanzierung der Infrastruktur, meine Damen und Herren. ({3}) Wir bewegen mit dieser Infrastrukturabgabe 3,7 Milliarden Euro vom Haushalt des Bundesfinanzministeriums hin zum Haushalt des Bundesverkehrsministeriums, ({4}) und das jedes Jahr, dauerhaft und zweckgebunden. Damit schaffen wir Unabhängigkeit, mehr Planbarkeit, mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Straßen. ({5}) Und wir vollziehen das nach, was die meisten unserer Nachbarländer schon seit vielen Jahren vollzogen haben, ({6}) nämlich die Finanzierung der Infrastruktur durch drei Säulen: ({7}) Mineralölsteuer, Kfz-Steuer und Mautsystem. Wir haben bisher zwei Säulen: Mineralölsteuer und Kfz-Steuer. Jetzt kommt die dritte Säule, die Maut, dazu. ({8}) Dabei haben wir die Infrastrukturabgabe nach ökologischen Kriterien ausgerichtet. ({9}) Wir vermeiden Doppelbelastungen. Und sie ist europarechtskonform. Glauben Sie es endlich. ({10}) Schauen Sie: Jahresvignetten und Kurzzeitvignetten sind nach ökologischen Grundsätzen gestaffelt, umweltschonende Kfz werden besonders berücksichtigt. ({11}) Der mittlere Mautsatz liegt bei 74 Euro, aber es gibt eine große Spreizung beim Preis der Jahresvignette. Auch bei den Kurzzeitvignetten variieren die Preise nach ökologischen Kriterien. Die Zehntagesvignette kostet zum Beispiel zwischen 5 und 15 Euro. Dabei sind übrigens die Preise im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn bei uns im unteren Bereich angesiedelt. Wir haben mit Abstand das größte Straßennetz in Europa und haben jetzt Vignettenpreise, die mit denen unserer Nachbarländer vergleichbar sind. Daran zeigt sich, dass wir nach dem Prinzip „Gerechtigkeit heißt auch, einen fairen Preis zu schaffen“ ({12}) ein vergleichbares Angebot wie unsere Nachbarländer haben. ({13})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Künast?

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Gern.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, Sie haben gerade gesagt: „Und sie ist europarechtskonform.“ Wie kann es dann sein, dass Sie diese Meinung vertreten, vonseiten des Bundesjustizministeriums am Mittwoch im Rechtsausschuss aber erhebliche Bedenken geäußert wurden ({0}) und die Vertreterin Ihres Hauses, die Sie in den Rechtsausschuss geschickt haben, auf Nachfrage sagte: Das muss man einmal abwarten, wie Europa das sieht; ({1}) wir haben uns angenähert; aber wir wissen nicht, wie die rechtliche Haltung auf europäischer Ebene ist. Wer hat denn jetzt gelogen? ({2})

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Sehr geehrte Frau Künast, ich glaube, wir haben in den letzten Monaten eindrucksvoll nachgewiesen, ({0}) dass die Europarechtskonformität besteht, indem wir das erstens mit Gutachten hinterlegt haben, ({1}) deren Argumente Sie sich einmal anschauen sollten, ({2}) zweitens die Bundesregierung eine Prüfung durchgeführt hat, wie wir sie bei jedem Gesetzgebungsverfahren durchführen, und zwar mit klarem Ergebnis. Und drittens, Frau Künast, kann das, was wir jetzt machen, dann, wenn es in allen anderen Ländern in Europa heute möglich oder schon Realität ist, nur europarechtlichen Grundsätzen entsprechen. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. ({3}) Wir haben in der Debatte, die übrigens in den letzten Monaten intensiv geführt worden ist und von Kompromissen geprägt war, auch die Frage des Grenzverkehrs diskutiert und haben sehr deutlich gemacht, dass es uns wichtig ist, dass der Grenzverkehr und die Anliegen des kleinen Grenzverkehrs bei der Infrastrukturabgabe Berücksichtigung finden. Deswegen wird die Infrastrukturabgabe für Halter von im Ausland zugelassenen Kfz nur auf 13 000 Kilometer Autobahn der 53 000 Kilometer des Bundesfernstraßennetzes erhoben. Das heißt, dass 80 Prozent unseres Fernstraßennetzes nach wie vor kostenfrei genutzt werden können. Die Lösung, die wir für unsere Grenzregionen gefunden haben, trägt wesentlich dazu bei, dass es da nicht zu Belastungen kommt, meine Damen und Herren. ({4}) Dass es bei einem Systemwechsel, den ich beschrieben habe, indem man also eine dritte Säule der Finanzierung entwickelt, nicht zu Doppelbelastungen kommen darf, ist, glaube ich, selbstverständlich. Es ist geradezu eine Grundvoraussetzung für einen Systemwechsel, dass man Doppelbelastungen vermeidet. Deswegen haben wir im Kfz-Steuergesetz auch Steuerentlastungsbeträge aufgenommen, die dazu führen, dass es für in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge keine Mehrbelastung gibt. Meine Damen und Herren, genau das steht im Einklang mit dem Europarecht. Ich würde Sie bitten, liebe Frau Künast: Schauen Sie sich einmal an, was Europa in den letzten Jahren über die Entwicklung von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung geschrieben hat. Im Weißbuch Verkehr von 2011 fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, eine umfassende Anwendung des Prinzips der Kostentragung durch den Nutzer einzuführen. Es war das klare Signal an Deutschland, Nutzerfinanzierung zu schaffen. Im Weißbuch von 1998 schreibt die Kommission eindeutig: In vielen Fällen - wenn es zum Systemwechsel von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung kommt müssten zum Ausgleich … verkehrsbezogene Steuern … gesenkt werden. Genau das machen wir im Auftrag und im Einklang mit der Europäischen Kommission. ({5}) Die Infrastrukturabgabe behandelt alle gleich. Das Prinzip heißt: Wer Bundesfernstraßen mit nutzt, zahlt mit. Das ist das Prinzip der Gleichbehandlung. Damit ergeben sich auch Mehreinnahmen. Wir haben Nettomehreinnahmen in Höhe von einer halben Milliarde Euro jedes Jahr, ({6}) 2 Milliarden Euro Mehreinnahmen in einer Wahlperiode, die wir zusätzlich in den Erhalt und den Neubau stecken werden. Das ist übrigens dringend notwendig, wenn man sich die Situation der Anmeldungen für den Bundesverkehrswegeplan ansieht, den wir in diesem Jahr ebenfalls auf den Weg bringen. Wir werden in diesem Bundesverkehrswegeplan eine klare Priorisierung implementieren - ja -, aber wir werden auch klare Aussagen über die Finanzierung des Bundesverkehrswegeplans machen. Hier ist die Infrastrukturabgabe ein wesentlicher Bestandteil. Ich weiß, es gibt immer noch eine Gruppe von Verkehrspessimisten, die mit ihren straßenfeindlichen Entmobilisierungsprogrammen die Stärkung der Straßeninvestitionen überhaupt nicht wollen. Ich weiß das. ({7}) - Offensichtlich fühlen Sie von den Grünen sich betroffen. - Ich muss aber sagen: Liebe Frau Wilms, Sie müssen sich gar nicht mehr betroffen fühlen; denn Sie haben in diesen Tagen ein neues Verkehrskonzept der Grünen vorgestellt. ({8}) Sie sagen: Wir Grüne schließen den Neubau von Straßen nicht aus. ({9}) Respekt. Da sind Sie ja einen weiten Weg gegangen. ({10}) Sie schließen den Bau von Straßen nicht aus. ({11}) Ich habe neben Ihren Aussagen etwas tiefer in Ihr Konzept hineingeblickt. Wenn man dort hineinschaut und nachliest, dann findet man den Straßenbau an einer einzigen Stelle. ({12}) Hier schreiben Sie von einem „Restbedarf für Erweiterungsmaßnahmen“. Es gibt Ihrer Meinung nach einen Restbedarf für Erweiterungsmaßnahmen im deutschen Straßennetz. Unsere Verkehrsprognosen sagen aus: ({13}) 40 Prozent Steigerung im Güterverkehr in den nächsten 15 Jahren, 13 Prozent Steigerung im Personenverkehr in den nächsten 15 Jahren. Und Sie sehen einen Restbedarf an Erweiterungsmaßnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden massiv in den Erhalt und die Erweiterung unseres Autobahnnetzes investieren, weil das, was Sie als Restbedarf bezeichnen, nur Stau produzieren würde. Sie verursachen mit Ihren Vorschlägen einen volkswirtschaftlichen Schaden, der nicht zu verantworten ist. Deshalb gilt: Erhalt und Neubau gehen nebeneinander und brauchen viele Investitionen. ({14}) Aber, Frau Wilms, Sie sagen wenigstens, wie Sie Ihren Restbedarf finanzieren wollen. Winni Hermann: Man könnte in einem ersten Schritt die Mineralölsteuer erhöhen. Toni Hofreiter: Benzin ist immer noch zu billig. Michael Kellner: Extragroschen auf den Spritpreis. Liebe grüne Kollegen, das ist doch kein Verkehrskonzept, was Sie da vorgestellt haben! ({15}) - Entschuldigung, aber das ist doch der entscheidende Unterschied zwischen Ihnen und uns. Sie schließen den Neubau von Straßen nicht aus und wollen den Spritpreis erhöhen. Wir steigern die Mittel für den Erhalt, finanzieren den Neubau und wollen Gerechtigkeit bei der Finanzierung der Straße. Das ist der Unterschied. ({16}) Wir setzen mit der Infrastrukturabgabe auf diesen ordnungspolitischen Grundgedanken: Mobilität -

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gambke?

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Gerne.

Dr. Thomas Gambke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004037, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. - Nachdem Sie es so elaboriert haben, dass die Grünen, wie Sie sagen, Restbedarfe zulassen, will ich Sie auf eine Sache aufmerksam machen. Sie kennen das Projekt vielleicht: B 15 neu. Es geht um eine autobahnähnliche Straße immerhin von Regensburg nach Rosenheim. Es gibt einen Beschluss des von Ihrer Partei getragenen bayerischen Kabinetts, diese Straße nicht zu bauen, sondern gemäß dem grünen Vorschlag nur Umgehungsstraßen zu bauen. Sie von der CSU haben dann nach zwei Wochen Ihren eigenen Kabinettsbeschluss wieder umgedreht und wollen jetzt für 1,8 Milliarden Euro eine Autobahn bauen, obwohl schon ein Autobahnstück fertiggestellt ist, das mit 7 000 Fahrzeugen pro Tag den Charakter einer Kreisstraße hat. Würden Sie nach wie vor sagen, dass der grüne Vorschlag, nämlich sehr bewusst mit dem Thema Straßenbau umzugehen und das zu realisieren, was bezahlbar ist und nur die unbedingten Bedarfe abdecken soll - ich nenne das Beispiel B 15 neu; Sie kennen das sehr gut -, falsch ist? Würden Sie mir zustimmen, dass der grüne Vorschlag ein praktikabler ist und es nicht praktikabel ist, hier 1,8 Milliarden Euro auszugeben, wie Sie von der CSU es wollen?

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Lieber Kollege, ich würde Ihnen dringend vorschlagen: Schaffen Sie mal Klarheit in Ihrer Fraktion, für oder gegen was Sie eigentlich sind! ({0}) Sie reden hier über Einzelprojekte und haben vor Ort nicht einmal eine klare Meinung dazu. Wir werden in den Ausbau und den Neubau der Infrastruktur auch im Bereich der Straße investieren. Ihr Kollege Cramer hat gesagt: Das Auto ist der „Irrsinn des Jahrhunderts“. ({1}) Wir sagen: Wir brauchen den Individualverkehr, und wir brauchen den Verkehr auf der Straße. Deswegen werden wir diese Investitionen vornehmen. ({2}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mobilität finanziert Infrastruktur. Das heißt, dass wir auch mit der Infrastrukturabgabe etwas erfüllen, was ich in der Vergangenheit auch hier im Deutschen Bundestag angekündigt habe, nämlich den Fünf-Punkte-Investitionshochlauf: Steigerung der Investitionen, die Ausweitung der Nutzerfinanzierung, stärkere Einbindung von privatem Kapital - ÖPP -, klare Prioritätensetzung - beispielsweise mit dem Programm zur Seehafenhinterlandanbindung - und das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ mit dem Brückenmodernisierungsprogramm, bei dem übrigens weitere Investitionen vorgesehen sind. ({3}) Das ist der Fünf-Punkte-Investitionshochlauf, den wir umsetzen. Das wird Punkt für Punkt eingelöst, übrigens auch jetzt mit den Haushaltsberatungen: 4,35 Milliarden Euro zusätzlich für die Infrastruktur in den nächsten drei Jahren. An dieser Stelle möchte ich dem Bundesfinanzminister, dem Bundesfinanzministerium ganz herzlich dafür danken, ({4}) dass es gelungen ist, einen wesentlichen Teil der zusätzlichen Spielräume, die wir uns in dieser Wahlperiode erarbeiten, für Investitionen in die Infrastruktur zu nutzen. 4,35 Milliarden Euro zusätzlich - das ist ein echtes Wort. Danke schön an den Finanzminister! ({5}) Wir steigern die Verkehrsinvestitionen in unserer Investitionslinie von 10,5 Milliarden Euro pro Jahr auf 14,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Das können Sie in der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen. Dabei ist die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen, die wir im Jahr 2018 einführen werden, noch nicht mit eingerechnet. Das wird weitere Beträge von 1,5 bis 2 Milliarden Euro pro Jahr bringen. ({6}) Das heißt, wir erreichen mit einem Mittelaufwuchs von 40 Prozent in einer Wahlperiode einen Rekord bei den Infrastrukturinvestitionen. ({7}) Das ist die größte Modernisierungsoffensive der bundesdeutschen Geschichte und übererfüllt das, was Daehre und Bodewig in ihrer Kommission vom Bund an zusätzlichen Einnahmen gefordert haben. Das ist ein echter Erfolg im Zusammenspiel mit dem Fünf-Punkte-Investitionshochlauf: Nutzerfinanzierung, Mittel aus öffentlichprivaten Partnerschaften und zusätzliche Haushaltsmittel. Das ist im Ergebnis der Erfolg einer Rekordinvestition. ({8})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Meiwald?

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Jetzt ist gut, danke. ({0}) Nutzerfinanzierung, Zweckbindung, Investitionswende - all das bringen wir hier auf den Weg. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere Infrastruktur. Wir sorgen für Gerechtigkeit bei der Finanzierung unserer Straßen, und ich bleibe dabei: Die Infrastrukturabgabe ist sinnvoll, fair und gerecht. Sie ist sinnvoll, weil jeder Euro, den wir einnehmen, zusätzlich in die Infrastruktur investiert wird. ({1}) Sie ist fair, weil sie bei den meisten unserer Nachbarländer genauso praktiziert wird, ({2}) und sie ist gerecht, weil sie diejenigen, die bisher unsere Straßen kostenlos benutzen, angemessen an der Finanzierung beteiligt, und heute beschließen wir sie. Danke schön. ({3})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Herbert Behrens. ({0})

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Als ich gestern mit einem Kollegen aus Bayern über unsere Debatte heute sprach, sagte er: Bis heute war der Dobrindt der Wackeldackel von Seehofer. Ab heute wird er der Watschenmann der Republik werden. Ich glaube, der Kollege hatte recht. ({0}) Die Watschen hat er verdient; denn er hat mit diesem Gesetzentwurf, den er hier auf den Weg gebracht hat und der hier beschlossen werden soll, schweren Schaden angerichtet. ({1}) Erstens. Unsere europäischen Nachbarn, die uns besuchen oder nahe der Grenze einkaufen oder tanken wollen, müssen künftig Eintritt bezahlen, wenn sie mit dem Auto kommen. Wenn sie das nicht wollen, dann fahren sie halt über die Bundesstraßen. Da gilt zwar auch die Maut, aber sie wird noch nicht erhoben; so künstlich hat das Gesetz dies vorgesehen. Anders ist es bei Besitzern von Autos in Deutschland. Sie müssen dazu noch nicht einmal mit dem Auto fahren. Sie bezahlen sowieso für eine Jahresvignette auf allen Bundesstraßen und auf allen Autobahnen, egal ob sie dort fahren oder nicht. Aber der Betrag, den eine Jahresvignette kostet, wird von der Kfz-Steuer wieder abgezogen. Die Mautformel Dobrindts heißt: Ausländer müssen zahlen, deutsche Autofahrer nicht. - Das ist ein Taschenspielertrick. Das wird die EU so nicht akzeptieren. Diese Umgehung wird sofort bemerkt werden, und die EUKommission wird eingreifen. Wir wissen: Das geht schief. ({2}) Das haben mehrere Kommissare im Vorfeld gesagt. Beispielsweise sagte Siim Kallas, dass die Maut so nicht aufgesetzt werden könne. Selbst Violeta Bulc, die neue Kommissarin, hat dazu gesagt: Die Dobrindt’sche Ausländermaut verstößt gegen europäisches Recht. Die Erhebung einer Abgabe auf der einen Seite und die entsprechende Entlastung deutscher Autofahrer auf der anderen Seite sind nicht europarechtskonform. Europa soll ein vereintes Europa ohne Grenzen werden. Dazu passt keine Wegelagerei. ({3}) Die Bundestagsmehrheit aus Unionsfraktion und SPD nimmt billigend in Kauf, dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in Europa Schaden zuzufügen - schweren Schaden. Eine Ausländermaut gibt es so - anders, als Sie es gerade gesagt haben, Herr Dobrindt - in keinem unserer europäischen Nachbarländer. Die Bundestagsmehrheit hier im Hause riskiert ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission. Sie provoziert Staatenklagen gegen die Bundesrepublik oder Verfahren vor deutschen Gerichten. Schon der erste - meinetwegen - holländische Autofahrer, der sich weigert, das Eintrittsgeld zu bezahlen und einen Bußgeldbescheid ablehnt, kann eine gerichtliche Prüfung des Gesetzes auslösen. ({4}) Unionsfraktion und SPD ermuntern unsere Nachbarländer sogar, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, wie Sie das tun wollen, nämlich in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Maut ausschließlich für Ausländer einzuführen. Das ist keine gute Perspektive für ein Europa der Völker. ({5}) Der Verkehrsminister bleibt sich aber treu. ({6}) Im Oktober 2012 erhielt Dobrindt von der Europa-Union den Negativpreis Europa-Distel für den größten europapolitischen Fauxpas. Er hatte damals den EZB-Chef Draghi als Falschmünzer bezeichnet. Der Beschluss, eine Ausländermaut einzuführen, ist gegen die Idee für ein Europa ohne Grenzen gerichtet. Sie ist europapolitisch verantwortungslos. Die Europa-Distel 2015 gehört auf jeden Fall Ihnen. ({7}) Zweitens. Auch der Parlamentarismus hat durch dieses unselige Projekt Schaden genommen. ({8}) Über Monate wurden Anfragen unserer Fraktion und auch anderer faktisch nicht beantwortet. Immer wieder wurde geschrieben, das Ministerium arbeite noch, ein Gesetzentwurf liege noch nicht vor, ({9}) der Gesetzentwurf befände sich in der Abstimmung zwischen den Ressorts oder sonst irgendwas. Auch in den Fragestunden hier im Plenum wurde gemauert. Das kann das Plenum so nicht akzeptieren; wir haben das in der Geschäftsordnungsdebatte bereits zum Thema gemacht. ({10}) Das stärkste Stück aber ist der Schweinsgalopp in diesem Gesetzgebungsverfahren. Ende Februar kamen die Entwürfe der beiden Gesetze zur Ausländermaut und zur Entlastung bei der Kfz-Steuer ins Parlament. Heute, vier Wochen später, soll endgültig abgestimmt werden. So mussten wir erleben, dass umfangreiche Änderungsanträge der Koalition - wir haben das gehört - bis einen Tag vor der Ausschussberatung oder sogar am selben Tag vorgelegt worden sind und dass Anhörungen mit Sachverständigen binnen 14 Tagen vorbereitet und ausgewertet werden mussten. Das ist der politische Stil der Regierungskoalition, und der ist gewollt. In Wirklichkeit hat die Große Koalition gar kein Interesse daran, diesen Mautmurks prüfen zu lassen. ({11}) Expertenmeinungen aus den Anhörungen berücksichtigen? Fehlanzeige! Einwände aus Brüssel prüfen? Vergiss es! Ich zitiere: Wir sehen aber unsere Auffassungen in den Expertenmeinungen, die auch zu hören waren, bestätigt. Deshalb sehen wir uns auch nicht veranlasst, unsere Auffassung zu ändern. Das sagte mir Staatssekretär Barthle in der Fragestunde vor gut 14 Tagen. Es ist dann wohl egal, ob Sachverständige überhaupt einbezogen werden, um zu prüfen, draufzuschauen und uns als Parlamentariern die Tricks in diesem Gesetz aufzuzeigen. Das ist nicht gewollt. Wenn der Staatssekretär sagt: „Wir sehen uns nicht veranlasst, unsere Auffassung zu ändern“, dann ist das ein deutliches Zeichen für das falsche Demokratieverständnis der tonangebenden Fraktion hier im Hause. ({12}) Die Opposition sollte gar nicht die Chance bekommen, die Machwerke und deren Folgen gründlich durchzuarbeiten. Einigen Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition dürfte es nicht anders gegangen sein. Noch vor vier Wochen haben Sie, Herr Kollege Bartol, darum gebeten, sich für die Beratung ausreichend Zeit zu nehmen; denn die Pkw-Maut könne aus Sicht der SPD wegen der vielen ungeklärten Fragen nicht im Schnellverfahren beschlossen werden. Jetzt beginne die Kärrnerarbeit, meinten SPD-Kollegen. Diese Seifenblasen sind geplatzt. Sie waren daran beteiligt. Die CSU setzt sich mit ihrem Schnellverfahren durch. Sie akzeptieren das. Das ist die Missachtung der parlamentarischen Beteiligungsrechte. So nimmt der Parlamentarismus Schaden. ({13}) Drittens. Auch auf die Wählerinnen und Wähler wird keine Rücksicht genommen. Sie vertrauten noch am Wahltag der Aussage der Kanzlerin, die sagte: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben. - Im November desselben Jahres war diese Aussage nichts mehr wert. Dieses Versprechen war eine Wählertäuschung. Ich frage mich auch, wie lange das Wort des Koalitionspartners SPD Bestand haben wird; denn die Kollegen behaupten, sie stimmen einer Ausländermaut nur dann zu, wenn sie europarechtskonform ist. Der niedersächsische Ministerpräsident - SPD - sagte vorgestern, er sei sicher, dass die Pkw-Maut vom Europäischen Gerichtshof gekippt wird. Die Maut soll keinen deutschen Autofahrer belasten. Das ist die zweite Bedingung, die Sie gestellt haben. Wie lange gilt diese Zusage denn noch? Bis die EUKommission die Eins-zu-eins-Entlastung kassiert? Die sogenannte Infrastrukturabgabe ist für die Kommission unbedenklich, zumindest dieser Teil. Am Ende liefern also die Autofahrer, egal ob deutsche oder ausländische, 3,7 Milliarden Euro jährlich ab ohne Ausgleich, weil die EU den Ausgleich kassiert hat. Genau das ist gemeint, wenn wir hier über dieses unsägliche Projekt sprechen. Wenn der Verkehrsminister von einem echten Systemwechsel spricht, heißt das: Privatisierung der Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland. Widerspruch in der Koalition gibt es nicht. So steht es eigentHerbert Behrens lich auch im Koalitionsvertrag, wenn man das Ganze einmal entblättert und im Kern offenlegt. Sie weigern sich, das offen auszusprechen. Das akzeptieren wir nicht. Ihre Devise lautet: Nur keinen Streit in der Koalition. Die Kanzlerin hat hier im Plenum in einem anderen Zusammenhang gesagt: Abenteuer darf ich aber nicht eingehen: Das verbietet mein Amtseid. Dann wäre es Ihre Pflicht gewesen, Frau Bundeskanzlerin, Ihren Minister bei dieser abenteuerlichen Ausländermaut zu stoppen. Sie haben es nicht getan. ({14}) Wenn so wie bei der Ausländermaut in der Großen Koalition geschachert wird, dann nimmt die Demokratie Schaden und die Menschen wenden sich enttäuscht ab. Dieser Preis ist unverantwortlich hoch für ein Gesetz, bei dem es lediglich darum geht, eine CSU-Stammtischidee durchzusetzen. ({15})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sören Bartol. ({0})

Sören Bartol (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen hier heute die Entscheidung treffen, ob wir den vorliegenden Gesetzentwürfen und dem Entschließungsantrag zustimmen oder nicht. ({0}) Die SPD wird zustimmen. Wir stehen zu unserem Wort, das wir bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages gegeben haben. Diese Koalition ist handlungsfähig. ({1}) Lieber Kollege Behrens von den Linken, Sie haben in den letzten Tagen meine Fraktion aufgefordert, heute dagegenzustimmen. Ich bin mir auch nach Ihrer Rede gerade ganz sicher, dass Sie nicht verstanden haben, wie Koalitionen funktionieren. Da kann nicht jeder das machen, was ihm gerade so in den Kopf kommt. ({2}) Das hat auch nichts mit Geschacher zu tun. Zum Glück sind Ihre Parteifreunde in Brandenburg und in Thüringen einen Schritt weiter. Man ringt um Vereinbarungen, sucht gemeinsam nach Lösungen und setzt am Ende den Koalitionsvertrag um. ({3}) Wir brauchen in Deutschland eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur. Sie sichert die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger und schafft so wirtschaftliches Wachstum. ({4}) Wir wollen, dass Deutschland mobil bleibt. Ein Land mit kaputten Brücken und Straßen schränkt Mobilität ein und gefährdet letztlich auch Arbeitsplätze. Wir werden bis zum Ende der Legislaturperiode ein Niveau der Verkehrsinvestitionen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr erreichen. Das kann nicht alles auf Pump bezahlt, sondern muss vernünftig gegenfinanziert werden. Neben zusätzlichen Steuereinnahmen müssen wir daher auch die Nutzerfinanzierung ausweiten. Es gibt wohl kein verkehrspolitisches Thema, über das in Deutschland aufgeregter und emotionaler diskutiert wurde als über die Pkw-Maut. ({5}) Seit der Unterschrift der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD unter den Koalitionsvertrag war klar: Es soll auf Wunsch der CSU in Deutschland eine Pkw-Maut geben. Die Frage war immer nur, wie. ({6}) Dafür hat die SPD im Koalitionsvertrag klare Bedingungen formuliert. Eine davon war für uns, dass kein deutscher Autofahrer durch die Pkw-Maut zusätzlich belastet wird. Diese Bedingung ist erfüllt. ({7}) Wir legen Ihnen heute auch ein verkehrspolitisches Gesamtpaket aus einem veränderten Gesetzentwurf zur Pkw-Maut, einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen und einer eindeutigen Strategie zur Priorisierung der Verkehrsinvestitionen vor. Wir haben lange und ausführlich über den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diskutiert. Begonnen hat dies übrigens mit der parlamentarischen Debatte in einer Aktuellen Stunde im Juli letzten Jahres, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damals beantragt haben. ({8}) In den letzten Wochen haben wir in drei verschiedenen Ausschüssen über ein Dutzend externe Fachleute angehört. Der Verkehrsausschuss hat zweimal mit der EUVerkehrskommissarin Bulc über die Einführung einer Pkw-Maut diskutiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und SPD haben in den letzten Wochen und Monaten die Nerven behalten. Wir haben ordentlich miteinander gearbeitet, wir haben allerdings auch hart miteinander gerungen, und wir sind schlussendlich zu einer Lösung gekommen. ({9}) Heute ist klar: Die Pkw-Maut wird kommen, allerdings anders, als sie in den Deutschen Bundestag hineingekommen ist. ({10}) Wir haben in der SPD-Fraktion nach den Expertenanhörungen beschlossen, dass wir der Pkw-Maut nur mit Änderungen zustimmen können. Wir haben als SPD einen besseren Datenschutz gefordert; jetzt werden die Speicherfristen für persönliche Daten von drei Jahren auf ein Jahr reduziert. ({11}) Wir haben gefordert, dass Ausländer bei den Zeitvignetten nicht diskriminiert werden dürfen; jetzt wird es bei den Zeitvignetten eine Staffelung nach Ökoklassen geben. Ich finde, das ist auch eine wichtige Forderung aus Europa gewesen. ({12}) Wir haben gefordert, dass es eine automatische Überprüfung der Pkw-Maut zwei Jahre nach der Einführung im Bundestag geben muss; ({13}) jetzt gibt es im Gesetz einen verbindlichen Einnahmeund Bürokratiecheck. ({14}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß um die Sorgen in den Grenzregionen. Ich bedaure sehr - das muss ich so sagen -, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU nicht dazu durchringen konnten, an dieser Stelle unseren Vorschlag mitzutragen. Besser wäre es gewesen, in Ausnahmefällen gegebenenfalls einzelne Autobahnabschnitte aus der Maut herauszunehmen. ({15}) Ich sage klar und deutlich: Vor diesem Hintergrund wundere ich mich schon über die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die in den letzten Tagen versucht hat, dieses Thema ausgerechnet bei uns abzuladen. ({16}) Aber ich sage es einmal so: Ich verbuche das einfach als nervöses Wahlkampfgetöse. ({17}) Die Pkw-Maut allein wird unsere Probleme bei den Verkehrsinvestitionen nicht lösen. Heute werden wir deswegen im Bundestag einen Entschließungsantrag mit einem klaren Bekenntnis zur Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen beschließen. ({18}) Wir erwarten, dass die Bundesregierung bis zum Sommer 2016 die rechtlichen Voraussetzungen dafür schafft. Damit sichern wir dann ab Mitte 2018 bis zu 2 Milliarden Euro an Mehreinnahmen. ({19}) Wer von Steuer- und Mautzahlern zusätzliche Einnahmen haben will, der muss dafür sorgen, dass die Gelder ordentlich investiert werden. Ich bin froh - wirklich froh -, dass wir uns in der Koalition auf eine klare Strategie zur Priorisierung, die wir heute zur Abstimmung stellen, geeinigt haben. ({20}) Wir werden künftig dort investieren, wo es den größten Nutzen für Pendlerinnen und Pendler sowie für Unternehmen hat. Vorrang haben Projekte mit überregionaler Bedeutung. Das ist genau die moderne Verkehrspolitik, die wir brauchen. Das Prinzip Gießkanne ist damit Vergangenheit. ({21}) Es wird nicht nach Himmelsrichtung investiert, sondern von dieser Koalition wird dort investiert, wo es verkehrspolitisch notwendig ist. Vielen Dank. ({22})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Dr. Anton Hofreiter spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Tag ist ein richtig peinlicher Tag für die - zumindest zahlenmäßig - Große Koalition. ({0}) Denn was geschieht am heutigen Tag? Eine Stammtischparole der CSU wird in Gesetzesform gegossen. ({1}) Gegen jede Vernunft haben Horst Seehofer und Herr Dobrindt ein europarechtswidriges, ausländerfeindliches und bürokratisches Machwerk durchgesetzt. ({2}) Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, lassen sich von dieser CSU am Nasenring durch das Parlament führen. Schämen Sie sich eigentlich nicht? ({3}) Durch diese Entscheidung ist das CSU-AusländermautProjekt inzwischen auch zum Projekt der SPD ({4}) und zum Projekt der CDU geworden. ({5}) Stellen wir uns einmal fiktiv vor, ein anderes europäisches Land würde einen solch bürokratischen Unsinn beschließen. Stellen wir uns mal vor, Griechenland würde ein Gesetz beschließen, wo zwei Drittel - im Minimum - der Einnahmen in unsinniger Bürokratie verschwinden würden! Wie sehr würde die CDU schreien, wie sehr würde die CSU schreien! Jetzt lästern Sie still und heimlich auf den Hinterbänken; aber Sie beschließen es. Schämen Sie sich eigentlich nicht, was für ein Vorbild Sie hier für Europa abgeben? ({6}) Ihre Maut ist antieuropäisch, verkehrspolitisch unsinnig, bürokratisch und bringt nicht einmal Einnahmen. Ich meine, wir haben ja schon verschiedene Gesetze hier beschlossen, über die man streiten kann; aber wirklich selten, wirklich selten war ein Gesetz so offensichtlicher Unsinn. ({7}) Herr Dobrindt, Sie sind politisch, fiskalisch und rechtlich auf dem Holzweg. Wir hoffen sehr, dass dieses Gesetz noch irgendwo gestoppt wird, bevor es dann endgültig vor dem EuGH scheitert; denn es ist offensichtlich europarechtswidrig. Wie meine Kollegin bei der Einbringung bereits gesagt hat: Eine diskriminierungsfreie Diskriminierung gibt es halt nicht. ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre ja schon viel, wenn Sie mit Ihrem Gesetz eine schwarze Null erreichen würden. Finanzminister Schäuble - wir vermuten, er hat häufiger mit Zahlen und Einnahmen und Ausgaben zu tun - hat im Herbst letzten Jahres noch gesagt: So wie das Gesetz sich darstellt, besteht die Gefahr, dass die Ausgaben sogar deutlich höher sind als die Einnahmen. - Glauben Sie doch einfach mal Ihrem Finanzminister! ({9}) Ich glaube, er hat mehr mit Zahlen zu tun und versteht mehr von Finanzen als die gesamte CSU. Aber was mich, ehrlich gesagt, wirklich am meisten verärgert, was mich als ehemaligen Verkehrspolitiker so richtig ärgert, ist, was dieser Minister aus dem Ministerium gemacht hat, was dieser Minister aus dem Thema gemacht hat. Das Ministerium ist wichtig, das Thema ist wichtig. Wir haben ganz entscheidende Aufgaben. Deutschland ist eine der größten Export- und Importnationen. Deutschland ist ein Land, das eine funktionierende Infrastruktur braucht. Deutschland ist ein Land, das allein aus ökologischen Gründen auch eine moderne Infrastruktur braucht. Und was haben Sie die ganze Zeit gemacht? Sie haben aus einem wichtigen Ministerium ein Ausländermautministerium gemacht. ({10}) Sie haben nichts unternommen, um die DB AG endlich auf Vordermann zu bringen. Die verplempert weiter das Geld bei seltsamen Investitionen weltweit, und Herr Grube träumt weiter davon, dass sie irgendwann mal ein Global Player wird. Aber das kümmert den Ausländermautminister anscheinend nicht. Beim BER erleben wir ein Desaster. Die Bundesrepublik hat am BER einen erheblichen Anteil: 26 Prozent. Da werden Monat für Monat im Minimum 30 Millionen Euro verplempert. Das heißt, in fünf Monaten verplempert der Bund da so viel Geld, wie die Ausländermaut im Maximum einbringen kann. Aber der Ausländermautminister scheint dafür nicht zuständig zu sein. ({11}) Wenn wir uns die Infrastruktur anschauen, müssen wir feststellen: Die Straßen bröckeln, und eine Brücke nach der anderen wird für den Lkw-Verkehr gesperrt. ({12}) Und was macht der Ausländermautminister? Der Ausländermautminister kümmert sich nicht darum. Er hat überhaupt kein vernünftiges Konzept zur Unterhaltung unserer Infrastruktur - weder der Straßen noch der Wasserstraßen noch der Schienen. ({13}) Dieser Minister macht einfach da weiter, wo er als CSU-Generalsekretär angefangen hat: Mit ausländerfeindlichen Parolen macht er Stimmung. Aber er ist inzwischen Bundesminister und damit Mitglied des Kabinetts von Frau Merkel. Ich frage mich dann schon: Wann sorgt Frau Merkel endlich dafür, dass Herr Dobrindt begreift, dass er nicht mehr CSU-Generalsekretär, sondern Bundesminister ist ({14}) und damit für einen wichtigen Themenbereich eine ganz, ganz große Verantwortung trägt? Frau Merkel, sorgen Sie endlich dafür, dass dieser Minister versteht, dass er nicht mehr Generalsekretär ist, sondern Bundesminister! ({15}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier nicht alle Kritiker der Ausländermaut aufzählen; ({16}) aber eine Gruppe möchte ich besonders benennen: Das sind die Grenzregionen. Die Grenzregionen sorgen sich nämlich zu Recht, dass Ihr Gesetz dazu führt, dass die Ortsdurchfahrten mit Stau geflutet werden. Die Grenzregionen sind jedoch auf ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis angewiesen. Sie leben unter anderem davon. Sie begrüßen gern die Bürgerinnen und Bürger aus den anderen Grenzregionen. Sie sind auch ökonomisch auf ein gutes Nachbarschaftsverhältnis angewiesen. Die Grenzregionen müssen nun mit der Tatsache leben, dass an allen Autobahnen de facto ein Schild mit der Aufschrift „Für Ausländer gilt ab hier die Maut“ steht. Ist Ihnen das nicht selber peinlich? Schämen Sie sich dafür in einem vereinten Europa eigentlich nicht? ({17}) - Da Sie schon wieder „Die Österreicher“ schreien: Hören Sie endlich auf, hier die Unwahrheit zu behaupten! Hören Sie endlich auf! ({18}) In Österreich gibt es eine Maut. In Frankreich gibt es eine Maut. In Italien gibt es eine Maut. Aber da zahlen alle. Das ist der entscheidende Unterschied. ({19}) In Österreich zahlen die Österreicher mit. In Italien zahlen die Italiener mit, und in Frankreich zahlen die Franzosen mit. Da gibt es keine Ausländermaut. Hören Sie also endlich auf, die Unwahrheit zu behaupten! ({20}) Ich will nicht nur von Herrn Dobrindt reden, sondern auch von den lieben Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition. Sie haben sich wirklich verdammt kleingemacht. Ich kann mich noch erinnern: Die SPD wollte grundsätzliche Änderungen durchsetzen. ({21}) Eigentlich wollte die SPD das ganze Gesetz überhaupt nicht. Sören Bartol, du hast davon gesprochen, dass man in Koalitionen Kompromisse eingehen muss. ({22}) Das stimmt, aber normalerweise sieht ein Kompromiss so aus, dass man ein Projekt durchbringt, zum Beispiel den Mindestlohn - wenn auch etwas verhunzt -, und dafür einem anderen Projekt zustimmt. Koalitionen funktionieren nicht so, dass der eine Partner ein vielleicht inhaltlich umstrittenes, im Kern aber sinnvolles Projekt bekommt, während der andere Partner dafür offensichtlichen Unsinn erhält. So funktioniert das normalerweise nicht. ({23}) Noch ein Wort an die CDU. Frau Merkel hat einmal gesagt: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben. - Wo ist denn nun Frau Merkel, die gesagt hat, dass es mit ihr keine Pkw-Maut geben wird? ({24}) Es gibt nun sogar Schlimmeres, nämlich eine AusländerPkw-Maut. Offensichtlich führt hier die CSU die angeblich mächtigste Frau Europas vor. Ist Ihnen das nicht selber peinlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU? Pro Legislaturperiode gestehen Sie der CSU offensichtlich ein Unsinnsprojekt zu. In der letzten Legislaturperiode war es das Betreuungsgeld. Nun ist es die Ausländermaut.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Kollege.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Schämen Sie sich dafür eigentlich nicht selber? ({0}) Für die CSU langt es aber auch nicht für mehr. Die CSU macht sich selber klein. Sie beschämt damit Bayern im Rest der Bundesrepublik. Da ich aus Bayern komme, ärgert mich das am meisten. Hören Sie endlich auf, Bayern im Rest der Bundesrepublik mit solchen Maßnahmen lächerlich zu machen! Das ist wirklich peinlich. ({1})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Nächster Redner ist der Kollege Arnold Vaatz, CDU/ CSU. ({0})

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wäre der Deutsche Bundestag ohne zeitweilige Ausbrüche des bayerischen Temperaments? Es ist eine sehr erfreuliche Feststellung, dass dieses Temperament offensichtlich über alle Fraktionen gleichmäßig verteilt ist. ({0}) Nun aber zur Sache. Lieber Herr Hofreiter, ich glaube, dass durch das Gesetz, das wir heute verabschieden werden, die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in Deutschland gerechter wird, und zwar aus einem einfachen Grund: Bisher gab es Nutzer unserer Verkehrsinfrastruktur, die dafür überhaupt kein Entgelt geleistet haben. Dies wird nun verändert. Das halte ich für eine gute Nachricht für die Infrastrukturnutzer in Deutschland. ({1}) Es gibt keinen Grund, dies zu skandalisieren. Wenn wir wollen, dass sich unsere Infrastruktur gut entwickelt, dann müssen wir darauf achten, dass die Lasten, die aus ihrer Nutzung folgen, auf alle möglichst gleichmäßig und gerecht verteilt werden. Dazu ist es notwendig, dass wir eine starke Komponente „Nutzerfinanzierung“ in unsere Infrastrukturprojekte einbauen. Nur so haben wir die Gewissheit, dass sich alle mit unserer Infrastruktur identifizieren. Wir haben eine ganz hervorragende Infrastruktur in Deutschland. Wir erfüllen Baustandards und Umweltschutzanforderungen, die außerhalb Europas fast jedes Land der Welt völlig überfordern würden. Eine so teure Infrastruktur unterliegt - das haben wir ganz besonders schmerzlich in den letzten Jahren gemerkt - auch einem ganz rapiden Werteverzehr. Damit dieser Werteverzehr unsere Infrastruktur nicht immer weiter bröckeln lässt, haben wir nach neuen Haushaltsmitteln gerufen. Das ist auch gut so. Um diesem Werteverzehr aber wirklich kontinuierlich und dynamisch entgegenzuwirken, ist es notwendig, dass der Infrastruktur in dem Maße ihrer Nutzung und damit ihrer Abnutzung Geld zufließt, das dafür sorgt, dass diese Infrastruktur regelmäßig erneuert werden kann. ({2}) Die Devise „Erhalt vor Neubau“ ist zwar hilfreich und notwendig, aber nicht hinreichend, wenn man eine dauerhaft leistungsfähige Infrastruktur haben will. Darum war es eine konsequente Entscheidung der Koalition, auf dem Weg von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung weiter voranzugehen. Mit den Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe und der auf alle Bundesstraßen erweiterten Lkw-Maut können die Investitionen in die Verkehrswege auf eine solide und vor allem dynamische Basis gestellt werden. Ihre Finanzierung wird damit auch unabhängiger von den Zwängen des Bundeshaushalts. Mit dem Gesetzentwurf ist es Minister Dobrindt jetzt gelungen, eine tragfähige und allen Belangen gerecht werdende Lösung zu finden - und das, obwohl wir ihm im Koalitionsvertrag Rahmenbedingungen aufgeschrieben haben, die alles andere als leicht zu erfüllen waren. ({3}) Dafür gilt ihm mein ganz besonderer Respekt. ({4}) Herr Bartol hat das in seiner Rede auch deutlich gemacht: Es war wirklich keine leichte Geburt; es war eine schwierige Geburt. In der Gesetzgebung ist es aber ähnlich wie bei den Menschen: Auch Menschen, die durch eine schwierige Geburt auf die Welt kommen, können in ihrem Leben Enormes leisten. So kann es auch mit schwierig zustandegekommenen Gesetzen sein. Hoffen wir darauf! Das wäre dringend notwendig. ({5})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Kollege Vaatz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen von Notz?

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, wenn es sein muss. - Bitte schön. ({0})

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Herr Kollege, für das Zulassen der Zwischenfrage. - Sie haben den Minister gelobt.

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Und Sie haben gesagt, man solle diesen Gesetzentwurf nicht skandalisieren, obwohl das Verfahren - es geht darum, wie das hier gehandhabt wird - und der Inhalt skandalös sind. Ich habe jetzt eine Frage zum Inhalt. Unter jeder Mautbrücke, unter der ein Fahrzeug durchfährt, wird derzeit ein Foto gemacht, auf dem der Pkw, das Nummernschild - Stichwort automatische Kennzeichenerfassung -, der Fahrer bzw. die Fahrerin und gegebenenfalls der Beifahrer bzw. die Beifahrerin zu erkennen sind. Außerdem werden darauf das Datum und die Zeit erfasst. Diese Daten werden gespeichert. Bei dem heutigen System werden dann weit über 99 Prozent der Bilder sofort wieder gelöscht - vor allen Dingen die aller Pkws. In Deutschland gibt es 42 Millionen Pkws. Wie wollen Sie es datenschutzrechtlich organisieren, dass die Leute, die mautpflichtige Straßen nicht benutzen, einen Rückerstattungsanspruch haben? Wie sollen sie den Nachweis führen, dass sie diese Straßen nicht benutzen, wenn Sie es so machen, wie es gestern im Innenausschuss gesagt wurde, dass nämlich alle Fotos, die gemacht werden, nicht ein Jahr lang gespeichert werden, um die entsprechende Nutzung gegenüber den Pkw-Führern nachzuweisen? ({0}) Meine Frage ist: Zwingen Sie also alle Leute, die keine Maut zahlen wollen, weil sie diese Straßen nicht benutzen, dazu, ein Fahrtenbuch zu führen, wie das gestern im Innenausschuss gesagt wurde? Halten Sie das nicht für eine massive Zumutung - insbesondere im Hinblick auf die Bürokratie, die dies für Millionen von Menschen in Deutschland wahrscheinlich bedeuten würde? ({1})

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr von Notz, ich glaube, wir sollten die ersten derartigen Fälle einmal abwarten und uns anschauen, wie sie abgewickelt werden. Dann werden wir feststellen, ob Korrekturen erforderlich sind oder nicht. ({0}) - Das war die richtige Antwort auf so eine verknotete Frage. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war dabei, etwas über unsere Finanzquellen zu sagen. Ich möchte in diesem Bereich gerne einen Schritt weitergehen. Wir reden im Augenblick über öffentliche Finanzierung und Nutzerfinanzierung. Meines Erachtens ist es notwendig, den Horizont etwas zu erweitern. ({2}) Das ist insofern notwendig, als wir im Augenblick in einer einzigartigen Situation sind: Wir haben eine Niedrigzinsphase. Ich glaube, es wäre eine sträfliche Unterlassung, wenn wir nicht darüber nachdächten, einen Teil des anlagesuchenden Kapitals in Verkehrsinfrastrukturprojekte zu lenken. Deshalb halte ich es für richtig, darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft vermehrt privates Kapital in die Infrastrukturfinanzierung einbinden können. ({3}) PPP-Projekte und Pooling-Projekte drängen sich hier auf. Ich denke, über diesen Punkt sollten wir reden. Schließlich und endlich möchte ich noch einen weiteren Punkt nennen, der mir sehr wichtig ist. Es ist nicht so, dass alleine mehr Geld die Zukunft unserer Verkehrsinfrastruktur sichert. Wenn wir in Deutschland weiter diese starke wirtschaftliche Rolle spielen und diese enormen Volumina für unsere Sozialsysteme zur Verfügung stellen wollen, müssen wir erreichen, dass effizienter gearbeitet und damit Infrastruktur schneller bereitgestellt werden kann. Das große Problem sind im Augenblick rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen, teilweise mit Verfahrenswegen, deren Umsetzung viele Jahre dauern und die einer solchen Industrienation, wie wir eine sind, unangemessen sind. Deshalb ist es dringend erforderlich, darüber nachzudenken, wie wir Planungsverfahren vereinfachen und verkürzen können, wie wir die Rechtswege so gestalten können, dass einerseits die Rechtswegegarantie erhalten bleibt und andererseits ein Verkehrsinfrastrukturprojekt immer noch realisierbar bleibt. Wir müssen außerdem darauf achten, dass wir auf diese Weise im Kostenrahmen bleiben; denn wenn sich die Realisierungszeiten immer mehr verlängern, dann ist natürlich auch die Gefahr sehr groß, dass sich infolge der natürlichen Baukostenerhöhung und einer Auflagenerhöhung durch ein Genehmigungspingpong, das fast kein Ende findet, unsere Verkehrsprojekte immer schwieriger umsetzen lassen und dabei immer mehr Geld sinnlos aufgefressen wird. Das kann nicht das Ziel unserer Infrastrukturpolitik sein. Denken wir in Zukunft gemeinsam darüber nach. Ich wünsche uns dabei viel Erfolg. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({4})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Als nächste spricht die Kollegin Sabine Leidig, Fraktion Die Linke. ({0})

Sabine Leidig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004089, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte über zwei Punkte sprechen, die hier noch unterbelichtet sind. Der erste Punkt ist die Gerechtigkeit; das hat der Kollege Vaatz angesprochen. Der zweite Punkt ist die Privatisierung, die Sie mit diesem Schritt zur allgemeinen Maut in die Wege leiten. Sie sagen, dass der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Maut, den Sie hier im Eilverfahren in den Bundestag einbringen, dazu dient, die Gerechtigkeit in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu erhöhen. Ich muss Ihnen sagen: Es wäre gut, wenn Sie sich darüber informieren würden, wie die Belastung der Straßen in der Bundesrepublik, aber auch in Europa tatsächlich zustande kommt. Es sind die Lastkraftwagen, die Lkws, die mit ihren ungeheuren Gewichten und groSabine Leidig ßen Achslasten die Straßen kaputtmachen - das ist unter allen Verkehrsexperten unbestritten -, und zwar um einen Faktor 10 000 bis 100 000. Das heißt, 10 000 bis 100 000 Pkws könnten die Straße benutzen, bis sie den gleichen Schaden wie ein Lkw verursachen würden. Fakt ist, dass in Europa nur etwa 1 Prozent aller Straßen mit einer Lkw-Maut belegt ist. Daran muss man etwas ändern, um zu einer gerechten Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu kommen. ({0}) Die ungerechte Grenze verläuft nicht zwischen polnischen, französischen, österreichischen und deutschen Autofahrern. Die Grenze verläuft zwischen zerstörerischem und umweltverträglichem Verkehr. Da müssen Sie ansetzen, wenn Sie etwas in Richtung Gerechtigkeit verändern wollen. ({1}) Die Eisenbahnen übrigens zahlen in Europa überall Maut. 100 Prozent des Schienennetzes sind mit einer Maut belegt. Sorgen Sie endlich dafür, dass die Lkws den gerechten Anteil gemessen am Grad der Zerstörung beitragen! Sorgen Sie dafür, dass die Lkw-Mautabgaben wie in der Schweiz verdoppelt werden! Sorgen Sie dafür, dass alle Straßen für Lkws mautpflichtig werden! ({2}) Dann können Sie getrost darauf verzichten, eine Maut für Autofahrer zu erheben. Ich möchte Ihnen noch eine Kleinigkeit mit auf den Weg geben. Wir haben gestern in der Debatte über die Ausweitung der Lkw-Maut vorgeschlagen, zumindest die Ausnahmeregelung, die Sie für Linienfernbusse geschaffen haben, wieder abzuschaffen. Man könnte ohne jeden bürokratischen Aufwand allein dadurch, dass man auf dem Papier einen Satz streicht, 90 Millionen Euro pro Jahr einnehmen. Das wäre ein Schritt zur Gerechtigkeit, weil die Fernbusse nämlich der Bahn Konkurrenz machen, die die volle Maut bezahlen muss. Es wäre überhaupt nicht ungerecht, wenn die Menschen, die weite Reisen mit dem Fernbus machen, 1 bis 2 Euro mehr pro Fahrt zahlen. Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, den Sie gerade angesprochen haben. De facto ist in dem Gesetzentwurf verankert, dass alle Autofahrerinnen und Autofahrer in Deutschland Maut zahlen. Auf dieser Grundlage erwägen Sie die Privatisierung der Straßen. Das haben Sie gerade gesagt. Wir haben es in der Debatte mehrfach vorgebracht. Sie haben aufgejault und so getan, als wenn das völlig aus der Welt wäre. Wir wissen aber, dass der Infrastrukturfonds von Minister Gabriel in diese Richtung geht. Wir lehnen die Privatisierung von Straßen ab. ({3}) Sie wird dazu führen, dass große Baukonzerne auf Kosten derer, die auf das Autofahren angewiesen sind, Gewinne scheffeln. Sie wird dazu führen, dass Straßen gebaut werden, weil sie profitabel sind, und das zulasten der Umwelt und zulasten der Bürgerinnen und Bürger, die schon heute enorm unter einem wachsenden Verkehrsaufkommen leiden. Sie sollten deshalb dafür sorgen, dass der Verkehr reduziert wird. Dann brauchen wir diese ganzen absurden Konstruktionen nicht. ({4}) Gestatten Sie mir einen letzten Satz zur SPD und zu denen in diesem Hause, die der Ausländermaut von Herrn Dobrindt skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Dafür gibt es unendlich viele Gründe. Wir haben sie alle schon gehört. Ich bin der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land von der Politik abgeschreckt werden, wenn sie immer wieder beobachten, wie es jetzt wieder der Fall ist, dass die Sachargumente überhaupt nicht zählen und dass es um reine Machtpolitik geht. Das widert die Leute an. ({5})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Frau Kollegin Leidig, Sie haben einen letzten Satz angekündigt.

Sabine Leidig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004089, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich fordere Sie auf: Lehnen Sie das ab! Dann tritt Herr Dobrindt vielleicht zurück, aber einen besseren Verkehrsminister finden Sie immer. ({0})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für die SPD spricht jetzt der Kollege Sebastian Hartmann. ({0})

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten und beschließen wir die Gesetzentwürfe zur Einführung einer Infrastrukturabgabe und zum Verkehrsteueränderungsgesetz, umgangssprachlich: die Einführung einer Pkw-Maut. ({0}) - Herr Krischer, auf das Stichwort werde ich nicht nur Ihnen zuliebe gleich näher eingehen. ({1}) - Dann stelle ich es an den Anfang. Was erlauben Sie sich eigentlich? Wenn ich Ihr heutiges Verhalten einmal Revue passieren lasse, muss ich als überzeugter Sozialdemokrat und Europäer sagen: Kochen Sie die Debatte über die Form unserer Verkehrsinfrastrukturfinanzierung auf das Niveau herunter, auf das es gehört! Es geht um Verwaltungsfragen und eine Gebührenerhebung. ({2}) Mit insgesamt fünf namentlichen Abstimmungen versuchen Sie, hier einen riesigen Popanz aufzubauen, ({3}) als ob es in diesem Hause um eine Entscheidung höchster Art und Güte ginge, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({4}) Wenn Sie das schon tun, unterlassen Sie vor allen Dingen aber bitte eines, nämlich den Angehörigen meiner stolzen Partei, der SPD - das ist die Partei von Otto Wels und Willy Brandt -, unterschwellig oder ganz offen Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen. ({5}) Lasst uns ein Volk guter Nachbarn sein. 15 andere europäische Staaten - um das hier einmal einzuordnen haben auch Bemautungssysteme und Vignetten, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({6}) - Jetzt langt es aber!

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie gleich zwei Zwischenfragen, und zwar vom Kollegen Krischer und von der Kollegin Künast?

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Krischer, zu diesem Zeitpunkt ist alles gesagt worden.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Sie gestatten also keine Zwischenfragen. Dann fahren Sie fort.

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigung, Herrn Krischer habe ich angesprochen. Bitte.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Also, Herr Krischer, Ihre Zwischenfrage ist zugelassen. Damit haben Sie das Wort.

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Hartmann, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. ({0}) Herr Kollege Hartmann, als ich Ihre Rede und die des Kollegen Bartol heute Morgen hörte, war ich an einer Stelle wirklich erstaunt. Denn bisher habe ich gedacht - einige haben das angesprochen -, dass Sie das machen, weil Sie sich in einer Koalition befinden. Wenn ich mir aber anhöre, wie Sie hier davon reden, das sei ein formaler Verwaltungsakt usw., komme ich zu dem Ergebnis, dass Sie sich mit diesem Projekt identifizieren. ({1}) Durch das, was Sie hier gerade machen, wird es zu einer sozialdemokratischen Maut. Das ist doch wohl das Interessante, was hier passiert. Ihre Rede geht in diese Richtung. ({2}) Herr Bartol hat sich ja gerade dafür auf die Schulter geklopft, was die Sozialdemokratie hier im Parlament alles Weltbewegendes an diesem Projekt von Herrn Dobrindt noch verändert hat. Sie und auch Herr Bartol haben hier bei der Einbringung als zentralen Punkt genannt, dass dann, wenn bei der Ausländermaut die Kompensation für Deutsche über die Kfz-Steuer wegfällt, die gesamte Maut wegfallen muss. Das war der zentrale Punkt, den Sie eingebracht haben. Das ist in den Reden nachzulesen. ({3}) Ich frage Sie: Warum ist diese Kopplung in diesem Gesetz, das wir gleich beschließen, nicht drin? Wir stellen das hier gleich zur Abstimmung. Kann ich davon ausgehen, dass die Sozialdemokraten nach ihren Ankündigungen in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs unseren Änderungsanträgen bezüglich der Kopplung von Wegfall der Kompensation mit dem Wegfall der Maut insgesamt zustimmen? ({4})

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Kollege Krischer, vielen Dank für diese sehr präzise Frage. Ich werde sie auch sehr genau beantworten. - Es bedarf Ihres Antrages nicht; denn es ist anders gelagert, als Sie vielleicht vermuten oder versuchen, hier zu suggerieren. ({0}) Tatsächlich ist es so, dass die SPD dem Koalitionsvertrag unter klaren Bedingungen zugestimmt hat. Die klaren Bedingungen für die Pkw-Maut waren, dass sie mit europäischem Recht vereinbar sein muss und keine Belastung für den deutschen Autofahrer darstellen darf. Des Weiteren muss sie einen tatsächlichen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur leisten. - Das sind die Kriterien des Koalitionsvertrages. ({1}) Für die SPD gelten Verträge, wie der Kollege Bartol ausgeführt hat, in beiderlei Hinsicht. Natürlich ist die Maut für die SPD kein Herzensanliegen oder Kernanliegen gewesen; ({2}) aber sie steht mit klaren Bedingungen im Koalitionsvertrag. Für uns gab es andere Themen wie den Mindestlohn und die Rente mit 63. ({3}) Ich möchte die Antwort mit Blick auf die Zeit nicht allzu sehr ausdehnen, stelle aber fest, dass wir allein nach der ersten Lesung Dinge wie die kommunale Entlastung in Milliardenhöhe auf den Weg gebracht haben. Der gesamte Koalitionsvertrag gilt als solches allumfassend. Das Kriterium der Europarechtskonformität musste aus unserer Sicht erfüllt sein. ({4}) - Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Sie müssen, wenn Sie fragen, auch die Antwort ertragen. ({5}) Die Bedingungen des Koalitionsvertrages müssen erfüllt sein. Dann können wir beschließen. Wir haben hart gerungen und verhandelt. Es gab mehr als ein Dutzend Gespräche, allein sieben im Verkehrsbereich. Am Montag haben wir entschieden, dass wir an dem Punkt sind, ins Plenum zu gehen. Daher wird es heute die Abstimmung geben. Die Koalitionskriterien sind mit den vorliegenden Gesetzentwürfen entsprechend erfüllt. - Vielen Dank, Herr Krischer. ({6}) Wir haben in der Tat hart verhandelt. Wir haben gerungen, und wir haben es uns nicht einfach gemacht. Zwölf Monate nach Abschluss des Koalitionsvertrags ist es tatsächlich zur Einbringung des Gesetzentwurfs gekommen, und wir haben Punkt für Punkt diskutiert und beraten. Ich ergänze noch zwei Anhörungen in zwei Ausschüssen, ein Fachgespräch im Haushaltsausschuss, eine zweistellige Anzahl von Sachverständigen und ebenso viele Gutachten. Wenn Sie jetzt allerdings behaupten, Sie hätten nicht ausreichend Beratungszeit gehabt, dann frage ich mich, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der Opposition, in der Zwischenzeit gemacht haben. ({7}) Ich gehe auf das erste Kriterium, die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht, ein. Natürlich haben wir zugehört, als uns die EU-Kommission Hinweise gegeben hat. Deswegen haben wir doch die Unterscheidung bei der Kurzzeitvignette entlang des ökologischen Kriteriums, nach Fahrzeugen gestaffelt, eingeführt. ({8}) - Dann können Sie froh sein, dass wir monatelang beraten und auch den Zeitablauf eingehalten haben. - Wir haben die Gleichbehandlung auch bei der Kontrolle durchgesetzt. Darüber hinaus gibt es einen Unterschied: Ja, wir bezahlen in der Tat auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen, und tatsächlich sind - Stichwort: Schutz der kleinen Grenzverkehre - auch Bundesstraßen für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa ausgenommen. Wir haben starke Verbesserungen im Datenschutz - zweites Stichwort - durchgesetzt. Es gibt nicht nur eine Fristverkürzung, sondern wir haben auch klargestellt, wo welche Daten für welche Zwecke gespeichert werden, und wir haben eine unverzügliche Löschung vorgesehen, wenn die Kontrollen durchgeführt sind. Der Minister hat bei der Einführung seines Gesetzentwurfs gesagt, das sei das härtest mögliche Datenschutzrecht überhaupt; ich sage, dass wir es noch eine Nummer härter gemacht haben. Es ist gut so, dass wir dem Datenschutz einen solchen Stellenwert eingeräumt haben. ({9}) Ich gehe auf den Punkt der Grenzregionen ein. Ja, zur Wahrheit gehört auch, dass wir das Problem von Anfang an thematisiert haben. Im Juli gab es die Eckpunkte des Konzepts. Am 16. Juli durfte ich in einer Stellungnahme der SPD-Bundestagsfraktion den Fall der Grenzregionen klar benennen. ({10}) Wir haben erreicht, dass die kleinen Grenzverkehre auf Kommunal- und Landesstraßen nicht bemautet werden, ebenso nicht die Bundesstraßen. Aber gut ist nicht immer gut genug; da reden wir nicht drum herum. Wir hätten den weiter gehenden Schutz der Grenzregionen gewünscht. Es gab auch den Vorschlag des Bundeslands Rheinland-Pfalz, das in der Region Trier besondere Schwierigkeiten hat, was die Infrastruktur und die Lage dort angeht, eine Optionspflicht einzuführen, nämlich dass wir Korridore von 30 Kilometern an unseren Grenzen definieren, wo auf Antrag auf die Erhebung der Maut auch weiter gehend verzichtet werden kann. Aber wir haben darüber verhandelt und als Kompromiss das Ergebnis erzielt, dass im Rahmen der Evaluierung der Einnahmen, der Ausgaben, der Aufwendungen und der Bürokratie vor allen Dingen die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Grenzregionen genauestens überprüft werden. Ich sage allen Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause zu: Wir als Große Koalition werden streng darauf achten, dass es zu keinen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen kommt, und wir werden gegebenenfalls Abhilfe schaffen. ({11}) Wir haben mit der Evaluierung etwas erreicht, nämlich zu belegen, mit welchem Konzept hier gestartet wurde. Herr Minister, Sie stehen in der Verantwortung. Wir verlassen uns nach den Beratungen und den Ergänzungen des Gesetzentwurfs auf Ihr Wort, dass dieses Konzept auch gelingt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU und der SPD. Dazu haben wir den Koalitionsvertrag unter klaren Bedingungen, was die Pkw-Maut angeht, geschlossen. Ich möchte abschließend auf die Kritik der Linken eingehen, die hier vorgetragen wurde. Es gibt an einer Stelle einen Widerspruch. Einerseits haben Sie von der Linken von Anfang an den Antrag eingebracht: Keine Pkw-Maut in Deutschland. ({12}) Andererseits haben Sie dann an den Beratungen im Gegensatz zu den Grünen doch mitgewirkt, ({13}) die jetzt Änderungsanträge eingebracht und damit belegt haben, dass sie doch ausreichend Zeit hatten, ({14}) sich mit den Gesetzentwürfen zu beschäftigen. ({15}) Das war gestern der Punkt. Heute hat Ihre Kollegin Leidig ausgeführt, dass Sie die faire Bemautung aller Verkehrsträger wollen, und sie hat die Lkw-Maut als Beispiel angeführt. Gestern haben wir die Erweiterung des Lkw-Mautsystems auf alle Straßen beschlossen. Heute weichen Sie schon wieder davon ab. Was wollen Sie denn? Die Bemautung aller Verkehrsträger und aller Straßen für alle Fahrzeuge oder nur der Schienen oder nur der Lkws? ({16}) Das ist das Problem, wenn man sich von Anfang an ausklinkt. Nach Auffassung der SPD ist das Gesetz mit Unionsrecht vereinbar. Wir verlassen uns dabei auf die Sachverständigen.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie noch eine letzte Zwischenfrage des Kollegen Behrens? ({0})

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, Herr Behrens, bitte.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Hartmann, Sie haben mich eben direkt angesprochen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie bitte zur Kenntnis nehmen mögen, wie unser Konzept zur Bemautung des Straßenverkehrs aussehen soll. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass wir, was die Ausweitung der LkwMaut anbetrifft, von Anfang an gesagt haben: „Die Verkehrsträger müssen entsprechend ihrer Belastung, ihrer Zerstörungskraft herangezogen werden“? Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dazu die Pkw-Maut nach Ihrem Muster, auch nach dem SPD-Muster, eindeutig nicht passt. ({0})

Sebastian Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004291, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Behrens, es ist jetzt die Frage, ob ich das, was Sie gerade gesagt haben, einfach zur Kenntnis nehme. Das wäre eine kurze Antwort. Aber dann müssen Sie sich gefallen lassen, dass ich hier darauf hinweise, dass Sie gestern Abend - das begrüße ich - unserem Konzept zur Lkw-Mautausweitung zugestimmt haben. ({0}) Ich habe es hier doch offen bekannt: Das Kernanliegen der SPD waren auch andere Projekte im Verkehrsbereich. Wir haben dafür gesorgt, dass das Lkw-Mautsystem auf alle Bundesstraßen erweitert wird. Das wird über 2 Milliarden Euro mehr an jährlichen Einnahmen generieren. Insgesamt geht der Trend in Europa zu einer verstärkten Nutzerfinanzierung. Weil wir es uns mit der Pkw-Maut nicht einfach machen, haben wir den Evaluierungscheck im Gesetz vorgesehen, um Einnahmen zu verifizieren, Bürokratie zu überprüfen und Aufwand gegenzurechnen. Wir haben das in den Anhörungen thematisiert, und wir haben die Regelung zu den wirtschaftlichen Grenzregionen hineingenommen. ({1}) Insgesamt muss das Konzept schlüssig sein. Wir werden es heute beschließen. Aber wir werden es strengstens überprüfen. - Ich danke Ihnen für diese Frage. Nach unserer Auffassung ist das Gesetz mit dem Unionsrecht vereinbar, obwohl Fragen aufgeworfen worden sind, und damit diskriminierungsfrei - das ist ein sehr entscheidender Punkt für uns als europäische Partei -; ({2}) es belastet keinen deutschen Autofahrer. Damit erfüllt es die Vorgaben des Koalitionsvertrags. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. ({3})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Valerie Wilms, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne! Tja, worüber reden wir heute? Über die CSU-Maut, das bisher aufwendigste und zugleich sinnloseste Projekt dieser Koalition. ({0}) Die CSU mag sich heute freuen. Ich kann Ihnen aber versprechen, Herr Dobrindt: Das Lachen wird Ihnen noch vergehen. ({1}) - Ich habe gesehen, was da hinten offenbar schon an Erklärungen abgegeben wird. - Viele in dieser Koalition hoffen, dass es jetzt endlich vorbei ist. Ich garantiere Ihnen: Wenn Sie die CSU-Maut heute durchwinken, dann geht der Ärger erst richtig los, nämlich mit Europa. Sie wollen heute ein Gesetz beschließen, das gegen fundamentale europäische Prinzipien verstößt. Früher oder später wird diese Maut von Europa kassiert werden. Bei der Lkw-Maut haben Sie das schon einmal erlebt. Ich bin gespannt, ob dann die Maut für alle übrig bleibt. ({2}) Vielleicht ist das auch Ihr geheimes Ziel, Herr Dobrindt. Die Beratungen in den Ausschüssen haben alle Probleme noch einmal klar bestätigt. Da hilft es überhaupt nichts, wenn die Koalition die gleichen Textbausteine tausendmal wiederholt. Das ganze Konstrukt der CSUMaut setzt auf die persönliche Meinung eines einzigen Professors aus Bonn. Das wird den Europäischen Gerichtshof nicht beeindrucken. ({3}) Der Europäische Gerichtshof orientiert sich an seiner Rechtsprechung. Einzig und allein die bisherige Rechtsprechung ist maßgeblich, und die ist verdammt eindeutig: Die CSU-Maut ist und bleibt eine Diskriminierung von EU-Ausländern. - Darum darf sie nicht in Gang gesetzt werden. ({4}) Wir im Bundestag, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben die Pflicht, europarechtskonforme Gesetze zu verabschieden. Das muss allen in der Koalition heute klar sein. Diese Mautgesetze sind Rechtsbruch mit Ansage. ({5}) Sie biegen sich aber nicht nur das Europarecht so hin, wie es Ihnen gerade in den Kram passt. Viel schlimmer ist die riesige Bürokratiemaschine, die Sie da aufbauen. Eigentlich wollten Sie in dieser Woche Bürokratie abschaffen. Ich habe es noch nicht erlebt, dass eine Bundesregierung so blank dastand wie am Montag im Haushaltsausschuss. Die Experten haben die Berechnungen von Herrn Dobrindt, dem Mautbubi, in der Luft zerrissen. Ihr eigener Gutachter, den Sie selbst bestellt haben, musste bei Nachfragen passen. Für wie dumm wollen Sie uns hier im Parlament eigentlich verkaufen? ({6}) Maximal die Hälfte der geplanten Einnahmen ist möglich. Damit können Sie vielleicht zwei Brücken pro Jahr erneuern. Das ist lächerlich, wenn man bedenkt, was für einen Aufwand Sie hier betreiben. ({7}) Die SPD hat noch eingebracht, dass eine neue Infrastrukturabgabebehörde geschaffen wird. Eine neue Behörde! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. ({8}) Es werden Hunderte Mitarbeiter eingestellt. Es müssen etwa 50 Millionen Briefe an Fahrzeughalter verschickt werden. Toll! Ich rechne einmal nach: Allein das Porto beträgt locker 30 Millionen Euro. Es muss europaweit ein komplett neues Mautsystem ausgeschrieben und aufgebaut werden. Bei dieser CSU-Maut haben Sie anscheinend die Pedale verwechselt. Sie treten noch einmal so richtig auf das Bürokratiegas. Herr Dobrindt, das ist der falsche Weg. ({9}) Allein das sind schon genug Gründe, um endgültig die Finger von der CSU-Maut zu lassen, aber es kommt noch schlimmer. Viele Kommunen in den Grenzregionen haben uns inständig gebeten, keine neuen Barrieren aufzubauen; sie sind nämlich über die Grenzen hinweg zusammengewachsen. Wir können das sehr gut nachvollziehen und haben deshalb den Vorschlag des Städtetages aufgegrif9338 fen. Wir fordern die Koalition auf: Wenn Sie schon nicht von der Maut lassen können, dann verschonen Sie wenigstens die Grenzregionen, die sie nicht wollen. ({10}) Von mir aus soll die CSU diesen Mist in Bayern einführen, ({11}) aber sie soll nicht alle in Haftung nehmen, die ohne Grenzen mit ihren Nachbarn zusammenleben wollen. ({12}) Noch ein Wort zu den Damen und Herren der Sozialdemokratie, der 25-Prozent-Partei. Sie haben uns hier vor vier Wochen ein paar Versprechen gegeben. An ein Versprechen möchte ich Sie besonders erinnern. Vor vier Wochen hat Sören Bartol laut getönt: Es darf keine Maut für alle geben. Wenn Sie das ernst meinen, dann stimmen Sie heute unseren Änderungen zu. ({13}) Wir haben Ihnen eine Selbstzerstörungsklausel angeboten: Wenn der Europäische Gerichtshof einen Teil dieses ganzen Quatsches kippt, dann ist Schluss. Ich kann nur raten: Nutzen Sie diese Chance! Jeder Einzelne von Ihnen kann heute klarmachen, dass er keine Maut für alle will. Da reicht es nicht, nur eine persönliche Erklärung abzugeben. ({14}) Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte an den Mautminister Dobrindt richten, auf dessen Mist das Ganze gewachsen ist. Ganz bestimmt hat Ihnen die Maut im letzten Wahlkampf geholfen, aber Sie haben danach den richtigen Zeitpunkt des Absprungs verpasst. Um Recht zu behalten, haben Sie fette Kröten geschluckt wie Mindestlohn und Frauenquote. ({15}) Und was haben Sie dafür bekommen? Nichts als ein bürokratisches Monstrum, das kein Geld einbringt und früher oder später von Europa gekippt wird.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Frau Kollegin Dr. Wilms, Sie denken an die Redezeit?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Das nenne ich Totalversagen eines CSU-Ministers. Wir haben keine Zeit mehr für lokale Quatschprojekte aus Bayern wie die CSU-Maut. Uns brechen die Brücken weg. Wir müssen uns endlich Gedanken über eine grundsätzlich neue Richtung in der Verkehrspolitik machen. Wenn Sie mit ernsthaften Vorschlägen kommen, verschließen wir uns garantiert nicht. Aber es muss endlich Schluss sein mit noch mehr schlechten Ideen für ein ohnehin schlechtes System. Herzlichen Dank. ({0})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Dr. Philipp Murmann spricht jetzt für die Unionsfraktion. ({0})

Dr. Philipp Murmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004118, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Wilms, dass Sie die Frauenquote als ({0}) dicke fette Kröte bezeichnen, ({1}) das hätten wir von Ihnen so nicht erwartet. ({2}) Wir kennen Sie sonst als sachlich orientiert. Das, was Sie gerade von sich gegeben haben, war von Frust gekennzeichnet. Wir sprechen heute sicherlich über eines der spannenderen Projekte dieser Koalition. ({3}) Es gibt Leute, die es lieben; es gibt Leute, die es hassen nicht in unserer Koalition, aber darüber hinausgehend. ({4}) Wir haben uns dieses Thema vorgenommen, weil damit einige wichtige Aspekte verbunden sind. Ich möchte gerne im Wesentlichen über die Chancen sprechen, die mit diesem Projekt verbunden sind. Wir haben gesagt, es soll keine Doppelbelastung geben. Das wird auch nicht der Fall sein. Die Infrastrukturabgabe fällt für alle an: für Inländer und für Ausländer. Diejenigen, die Kfz-Steuer bezahlen - das sind nicht nur Inländer; es gibt auch Ausländer, die Kfz-Steuer bezahlen -, werden an gleicher Stelle entlastet. Insofern liegt da überhaupt keine Diskriminierung vor. Wir haben das ja auch in den verschiedenen Anhörungen differenziert diskutiert. Wir sind fest davon überzeugt, dass das so, wie wir es jetzt konstruiert haben, auch gut und sinnvoll ist. Die Höhe der Infrastrukturabgabe - auch das ist ja wichtig - bemisst sich am CO2-Ausstoß und am Hubraum, genauso wie wir das bisher in unserer Struktur vorgesehen haben. Man muss also auch an dieser Stelle sagen: Wir sind sehr konsequent geblieben, und auch das ist sinnvoll. Wir wollen alle Nutzer fair beteiligen. Da geht es einfach - Sie haben viel über Gerechtigkeit gesprochen - um eine faire Beteiligung an der Nutzung unserer Infrastruktur. Ich denke, man kann nicht behaupten, dass die Regelung, wie sie jetzt vorliegt, in irgendeiner Form unfair ist. So, wie der Minister das jetzt vorgeschlagen hat, ist das für uns absolut zu machen. Es entspricht auch dem, was wir als fair empfinden. ({5}) Wir haben natürlich eine neue Chance, Infrastruktur über solch eine Nutzerbeteiligung und über eine zweckgebundene Abgabe zu finanzieren. Gerade diese zweckgebundene Finanzierung bedeutet natürlich schon eine Umstellung und eine neue Welt; denn wir gehen weg von der Steuerfinanzierung hin zu einer zweckgebundenen, für die Infrastruktur selber angelegten Nutzerfinanzierung. Ich denke, daraus ergeben sich eine Menge Chancen. Gibt es auch Nachteile? Natürlich. Es ist eine einmalige Umstellung. Diese ist natürlich erst einmal mit Aufwand verbunden. Wir müssen 43,5 Millionen Steuerbescheide verschicken. Das muss man sich einmal vorstellen. ({6}) - Sie können das nachlesen. Insgesamt werden Kosten von 65 Millionen Euro anfallen, davon etwa 22 Millionen Euro für diese Bescheide und 20 Millionen Euro für Auskunftsbedarf. - Ich denke, ein wichtiger Aspekt ist auch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern das, was wir machen, gut erklären, damit sie wissen, was auf sie zukommt, nämlich dass sie die Infrastrukturabgabe leisten, die mit der Kfz-Steuer, die sie bisher bezahlen, gegengerechnet wird, und dass wir natürlich auch einige zusätzliche Beamte beim Zoll brauchen, die das den Bürgerinnen und Bürgern erklären, wenn sie denn Fragen haben. Dazu hat uns die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft in der Anhörung gesagt, dass das im Wesentlichen ein Einmalaufwand ist, aber natürlich noch nicht abzusehen ist, wie schnell der Bedarf abnimmt. Insofern haben wir gemeinsam mit dem Finanzministerium gesagt: Wir wollen nach einem Jahr einen Zwischenbericht haben, um zu sehen: Ist denn das, was wir erwarten, auch in etwa so eingetreten? Müssen wir irgendwo nachsteuern? Insofern ist, denke ich, diese zusätzliche Evaluierung auch im Sinne der Mitarbeiter des Zolls, aber auch in unser aller Sinne; denn wir wollen ja die Maut zu einem erfolgreichen Projekt machen. Drei Behörden sind beteiligt: Das Kraftfahrt-Bundesamt ist als Infrastrukturbehörde für die Erhebung zuständig, das Bundesamt für Güterverkehr soll die Überwachung übernehmen - das macht es ja bisher schon für den Bereich des Lkw-Verkehrs -, und der Zoll soll einschreiten, wenn es denn Vollstreckungstatbestände gibt, also wenn sich jemand weigert, die Infrastrukturabgabe zu bezahlen. Es gibt ja auch bisher schon Leute, die sich weigern, die Kfz-Steuer zu bezahlen. Das werden etwa 120 zusätzliche Zollbeamte machen müssen, die dann in einer Vereinbarung mit dem Verkehrsministerium eingesetzt werden, um das zu vollstrecken. Ich denke, auch das ist sinnvoll. Insofern sehen Sie schon an diesen vielen Details: Es ist gut durchdacht. Sehr geehrter Herr Minister Dobrindt, insofern sind auch viele von uns, die vielleicht am Anfang nicht begeistert waren, inzwischen durchaus überzeugt, dass wir da in eine richtige Richtung kommen. Letzter Punkt: neue Chancen für die Nutzerfinanzierung. Wir sind natürlich darauf angewiesen - auch das wurde schon gesagt -, dass wir zusätzliche Mittel für die Infrastrukturfinanzierung generieren können. Dafür müssen natürlich nach wie vor Haushaltsmittel eingesetzt werden. Dafür brauchen wir aber auch diese Infrastrukturabgabe, und wir brauchen institutionelle Investoren oder andere, die sich an solchen Projekten beteiligen. Diese wissen: Da gibt es keine Riesenzinsen, keine Riesengewinne zu machen, sondern das sind, ich sage einmal, solide Projekte mit einem mittleren Zinsniveau. Der Gewinn aus diesen Projekten bemisst sich am Ende natürlich auch nach dem Erfolg. Wir müssen sicherstellen, dass diese Projekte volkswirtschaftlich vernünftig sind, aber auch, dass sie betriebswirtschaftlich ordentlich gemanagt werden und aus Sicht des Bürgers kundenfreundlich und effizient sind. Alle diese Parameter sind sehr geeignet, sie mit Hilfe einer Infrastrukturgesellschaft durchzuführen. Wir haben im Moment mehrere Projekte, die auf diese Weise durchgeführt werden. Es gab auf der A 1 das Projekt zwischen Hamburg und Bremen; ich weiß nicht, wer dort ab und zu fährt. Es wurde innerhalb der vorgesehenen Zeit bzw. sogar noch etwas schneller fertiggestellt. Es ist von der Qualität überwiegend ordentlich. Es gab einige kleine Qualitätsmängel, die beseitigt wurden. Inzwischen ist es eine Superautobahn. ({7}) - Frau Wilms, ich weiß nicht, wann Sie dort zuletzt gefahren sind. Ich fahre dort ab und zu. Es ist ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Projekt. Bei uns in Schleswig-Holstein haben wir jetzt die A 7. ({8}) Schauen Sie sich einmal an, wie es dort organisiert wird. Durch die Baustellen kommt man relativ gut hindurch. Bisher haben wir dort fast keine Staus. ({9}) Es ist genau so, wie wir uns erhoffen, dass solche Projekte abgewickelt werden. ({10}) Wir diskutieren, ob wir eine Bundesautobahninfrastrukturgesellschaft gründen, eine staatliche Gesellschaft, die wiederum zusätzlich privates Kapital für Projekte einsammeln kann. ({11}) Ich denke, auch über dieses Thema sollten wir diskutieren. ({12}) Auch darin stecken viele Chancen. Abschließend möchte ich darauf hinweisen: Wir sind ein Land des Mittelstands. Mittelstand bedeutet nicht, dass große Firmen in einem großen Zentrum sind, sondern viele kleine Firmen über das Land verstreut sind. Das Nervensystem unseres Mittelstandes ist die Infrastruktur. Deswegen sind wir alle gehalten, gute Lösungen zu finden und auch konstruktiv zu diskutieren und nicht alles in Stammtischmanier herunterzubügeln, wenn einer einen ordentlichen Vorschlag hat. ({13}) Insofern ist diese Infrastrukturabgabe eine Chance, unsere mittelständische Struktur sicherzustellen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. ({14})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Bettina Hagedorn. ({0})

Bettina Hagedorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Herr Kauder, „koalitionstreu“ haben Sie mir gerade zugerufen. Na klar, die Koalitionstreue beweisen wir doch heute. ({0}) Dass der Fanblock für die Pkw-Maut in der SPD nicht nur überschaubar, sondern in Wahrheit gar nicht vorhanden ist, ist kein Geheimnis. ({1}) Das will ich hier noch einmal zu Protokoll geben. ({2}) Aber nichtsdestotrotz - das ist das Entscheidende - ist es Ihnen genauso gegangen bei der Einführung der Mietpreisbremse, bei der Einführung des Mindestlohns und bei der Einführung der Frauenquote. ({3}) Wir sind eine Koalition, die einen Vertrag geschlossen hat, der solide ist, bei dem alle Partner vorkommen. Eine gute Koalition lebt davon, dass man sich gegenseitig Respekt entgegenbringt und den Vertrag eins zu eins umsetzt. Genau das tun wir heute. Darum stimmen wir Sozialdemokraten auch zu. ({4}) Ich will eingangs etwas dazu sagen, dass die Kollegin Haßelmann in der Debatte zur Geschäftsordnung von einer Entparlamentarisierung gesprochen hat ({5}) und von dem Skandal, dass alles im Hauruckverfahren gemacht wurde. Gerade zur Aufklärung der Öffentlichkeit will ich hier noch einmal sagen: ({6}) Wir haben drei Anhörungen in acht Tagen durchgeführt. Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht, wann wir das als Parlament das letzte Mal gemacht haben. Der federführende Verkehrsausschuss hatte fast vier Stunden eine Anhörung, der Finanz- und der Haushaltsausschuss, beide mitberatend, hatten jeweils zwei Stunden Anhörung. Wir hatten 15 Sachverständige. ({7}) Allerdings ist auch der Wahrheit geschuldet - ich habe mir das noch einmal genau angesehen -: Von den 15 geladenen Sachverständigen waren nur 4 von dem Gesetzentwurf zur Pkw-Maut ganz eindeutig begeistert, der hier auf dem Tisch liegt, weil es dazu viele Fragen gibt. Aber wir haben uns intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. An manchen Stellen steht - ich sage einmal Aussage gegen Aussage. Es gibt immer auf beiden Seiten Experten. Wir vertrauen dem Verkehrsminister, dass er mit seiner Prognose recht behält, dass diese PkwMaut europarechtskonform ist, Einnahmen in erheblichem Umfang generieren wird und dass kein deutscher Autofahrer mehr bezahlen wird als bisher. Das sind Ihre Prognosen, Herr Dobrindt. Daran messen wir Sie, und dafür drücken wir Ihnen die Daumen. ({8})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Frau Kollegin Hagedorn, der Kollege Kindler möchte eine Zwischenfrage stellen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir schon viele Zwischenfragen in dieser Debatte hatten. ({0})

Bettina Hagedorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Also, ich will ihn gern zu Wort kommen lassen.

Sven Christian Kindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004070, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen lieben Dank, Frau Kollegin Hagedorn. Wir arbeiten im Haushaltsausschuss gut zusammen. Sie sind eine sehr geschätzte Kollegin der SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss. ({0}) - Nicht nur im Haushaltsausschuss. - Das muss ich vorab sagen, weil es mich umso erstaunter zurücklässt, dass Sie, wenn Sie auf die Anhörung im Haushaltsausschuss zurückblicken, davon ausgehen, dass es deutliche Mehreinnahmen geben wird und der Koalitionsvertrag eins zu eins erfüllt wird, in dem es heißt, dass die PkwMaut der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das Autobahnnetz dienen soll. Auch die Kollegen Hartmann und Bartol von der SPD-Fraktion haben an den Koalitionsvertrag erinnert. Bettina Hagedorn, auch Sie waren in der Anhörung und haben es mitbekommen: Drei von vier Gutachtern haben gesagt, dass maximal die Hälfte der Bruttoeinnahmen zu erwarten ist, wenn man die Verwaltungskosten einrechnet, die auch noch in die Höhe gehen können. Es wird demnach also keine oder kaum Mehreinnahmen geben. Das hat Herr Professor Eisenkopf von der ZeppelinUniversität in Friedrichshafen gesagt, ({1}) das hat der Sachverständige des Auto Clubs Europa gesagt, das hat auch Frank Schmid gesagt, den die SPD als Sachverständigen in dieser Anhörung benannt hat. Ihr eigener Sachverständiger hat in dieser Anhörung gesagt, dass es kaum Mehreinnahmen geben wird. ({2}) Dann will ich auf den Sachverständigen des Bundesverkehrsministeriums zu sprechen kommen, der das Gutachten erstellt hat. ({3}) - Ich muss keine Frage stellen; ich kann laut Geschäftsordnung auch eine Zwischenbemerkung machen. Das wissen Sie.

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Es ist nicht notwendig, eine Frage zu stellen; es kann auch ein Statement sein. Allerdings ist das Ganze auf drei Minuten limitiert.

Sven Christian Kindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004070, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme jetzt zur Frage. - Sehr geehrte Kollegin Hagedorn, Professor Schulz ist einerseits für einen Mautdienstleister tätig, der auch die E-Vignette im Angebot hat, die bei der Pkw-Maut vorgesehen ist, und wurde vom Bundesverkehrsministerium für sein Gutachten bezahlt. Es ist das einzige Gutachten, das die Einnahmeprognose stützt. Er hat selber in der Anhörung gesagt, dass die größte Schwäche bei diesem Gutachten die Tagesgeschäftsreisenden ohne Übernachtung sind, die die Hälfte des Einnahmenblocks in der Berechnung ausmachen, die er dargestellt hat. Er hat gesagt, das ist die größte Schwäche - da zitiere ich ihn jetzt. Es ist gut und richtig und nett, dass man mit dieser Schwäche offen umgeht, dass man sie nicht kaschieren will. Das heißt, selbst der eigene Gutachter hat gesagt, ({0}) dass es eine große Schwäche im Gutachten des Bundesverkehrsministeriums gibt. Dann frage ich mich: ({1}) Wenn drei von vier Gutachtern sagen, dass es kaum Einnahmen bringt, wenn der eigene SPD-Gutachter sagt, es reicht nicht, wie können Sie dann jetzt glauben, dass es Mehreinnahmen gibt? Das stimmt doch alles nicht. ({2})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Herr Kollege Kindler, die drei Minuten sind jetzt erreicht. Ich würde Sie jetzt bitten, Herr Kindler, der Kollegin Hagedorn die Möglichkeit der Beantwortung zu geben.

Bettina Hagedorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Kollege Kindler, Sie können ja nachher im Protokoll genau nachlesen, was ich hier vorhin gesagt habe. Ich habe vorhin gesagt, dass bei den Experten Aussage gegen Aussage stand, ({0}) dass es bei den Experten beide Sichtweisen gab. ({1}) - Hören Sie mir doch mal zu! - Ich habe hier ausdrücklich gesagt, dass in einer Anhörung von 15 geladenen Sachverständigen 4 die Regierungssichtweise unterstützt haben und 11 es kritischer gesehen haben, und zwar in allen Punkten: bei der Frage der Einnahmen, bei der Frage der Europarechtskonformität und auch bei der Frage der Steuern. Das habe ich hier vorhin so gesagt. Dann habe ich gesagt, dass wir, auch ich, dem Verkehrsministerium zutrauen, die eigenen Prognosen einzuhalten. Das heißt, wir drücken ihm dafür die Daumen. Er ist der Verkehrsminister. ({2}) Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine Veranlassung, zu sagen: Wir wissen, dass er nicht recht haben wird. - Weil das so ist, haben wir miteinander eine Evaluierung ins Gesetz geschrieben. Wenn wir dann gemeinsam evaluieren, Herr Dobrindt, dann sind wir am Ende alle schlauer. ({3}) - Ich habe noch Zeit zur Antwort. Richtig ist aber - das will ich Ihnen gerne zugestehen -, dass im Haushaltsausschuss von den vier Sachverständigen drei Sachverständige, unter anderem auch Herr Schmid, der Einnahmenprognose widersprochen haben. Alle Sachverständigen haben ihren Prognosen unterschiedliche Kalkulationsmuster zugrunde gelegt. Sie waren sich also mitnichten einig. Aber in einem Punkt haben sie übereingestimmt: Sie gingen davon aus, dass die Nettoeinnahmen statt der 500 Millionen Euro roundabout bei maximal 150 Millionen Euro liegen werden. Es sind dann allerdings immer noch Nettomehreinnahmen - jedoch sehr viel weniger, als Herr Dobrindt einkalkuliert; sie leisten da nicht mehr einen so großen Beitrag für die Infrastruktur. Da sind wir uns sicherlich einig. Aber die Experten haben nicht von Verlusten gesprochen, wie es Kollegen von Ihnen vorhin getan haben. So, nun will ich weitermachen. Meine Ausführungen zu den Prognosen und zur Einnahmeseite kann ich mir ja jetzt sparen. - Herr Dobrindt, Sie haben - wie auch andere Kollegen - ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht - dies will ich dick unterstreichen -, dass es sich um einen Systemwechsel, einen Paradigmenwechsel, den Einstieg von der Steuerfinanzierung in die Nutzerfinanzierung handelt. Ich will ebenfalls betonen, dass es in diesem Hause eigentlich eine ganz große Mehrheit dafür gibt; denn begonnen haben wir diesen Systemwechsel während der rot-grünen Koalition 2003 mit der Einführung der Lkw-Maut. ({4}) Mit dieser Lkw-Maut nehmen wir inzwischen roundabout 4,4 Milliarden Euro pro Jahr ein. Das ist Geld, das Investitionen in die Infrastruktur zugutekommt. Wir sind uns im Prinzip alle einig, dass diese nutzerfinanzierten Einnahmen gestärkt werden müssen. Es ist richtig - was hier vorhin auch schon gesagt worden ist -, dass die große Schwester der Pkw-Maut, die Lkw-Maut, in diesem Hause gerade in dieser Woche gestärkt worden ist, indem ihre Geltung ausgeweitet wurde und indem wir jetzt auch Lkw mit einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen heranziehen. Uns Sozialdemokraten ist besonders wichtig: ({5}) Wir haben in dem Entschließungsantrag, den wir mit den Kollegen der Union auf den Weg gebracht haben, festgelegt, dass Sie, Herr Dobrindt, bis Mitte 2016 dem Kabinett einen Gesetzentwurf auf den Tisch legen werden, mit dem die Lkw-Maut so, wie es in unserem Koalitionsvertrag steht, auf alle 40 000 Kilometer Bundesfernstraßen in Deutschland ausgedehnt werden kann. Jetzt gilt die Mautpflicht auf ungefähr 14 000 Kilometern Bundesfernstraßen, sodass mit dieser Steigerung ein ganz erheblicher Beitrag erzielt werden kann. Ich glaube, es besteht Einigkeit in diesem Haus darüber, dass in erster Linie die Lkw und der Schwerlastverkehr den schlechten Zustand von Straßen und Brücken verursachen. Darum dient es dem Verursacherprinzip, wenn wir die Lkw-Maut stärken. ({6}) Nichtsdestotrotz: Die kleine Schwester der LkwMaut, die Pkw-Maut, steht im Koalitionsvertrag. Wir Sozialdemokraten sind koalitionstreu. Wir haben in den zweieinhalb Jahren, die uns miteinander bis zur nächsten Wahl bleiben, noch eine Menge vor. Darauf freuen wir uns. In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({7})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Steffen Bilger, CDU/CSU-Fraktion. ({0}) Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Jeder Redner darf seine Redezeit voll ausnutzen, aber er muss es nicht. Das gilt nicht nur für Sie, sondern für alle. ({1}) - Nein, es ist alles in Ordnung. - Also, Steffen Bilger hat das Wort und spricht jetzt im Rahmen seiner Redezeit so lange, wie er es für richtig hält. - itte.

Steffen Bilger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Lieber Herr Präsident, ich habe mich schon etwas unter Druck gesetzt gefühlt, ({0}) aber ich freue mich, dass ich meine Redezeit ausschöpfen darf. Ich werde mich bemühen, sie einzuhalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinter uns liegt wirklich eine lange währende Diskussion in unserem Land über die Einführung einer Pkw-Maut. Ich habe mir sagen lassen, dass bereits seit Anfang der 80er-Jahre in Deutschland über diese Frage diskutiert wird. ({1}) Seit der Bundestagswahl konnte auch ich an der Umsetzung dieses Vorhabens arbeiten. Bei den Koalitionsverhandlungen haben wir klare Regeln festgelegt, die ich noch einmal darlegen möchte: Es soll eine Vignette mit der Maßgabe eingeführt werden, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als bisher. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen, und die Abgabe soll zudem einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung unserer Infrastruktur leisten. Diese Bedingungen sind erfüllt. Seit den Koalitionsverhandlungen und unserer Koalitionsvereinbarung liegen viele intensive Gespräche hinter uns. Wir waren als Verkehrspolitiker im Gespräch mit der EU-Kommission, wir haben Anregungen aus dem Bundesrat aufgenommen und auf den Rat von Experten aus unserer Anhörung gehört. Nicht zuletzt haben wir fraktionsintern und mit der SPD um die beste Lösung gerungen, und das Ergebnis dieser Beratungen liegt heute vor. Trotz aller Kritik: Es kann sich wirklich sehen lassen. ({2}) Ich habe mich doch etwas über die Kritik gewundert, die auch heute in manchen Zeitungen zu lesen war, nämlich dass dies jetzt im Hauruckverfahren durchgezogen worden sei. Ich glaube, jeder, der an diesen intensiven Verhandlungen beteiligt war, kann diesen Eindruck nicht bestätigen. ({3}) Wir haben wirklich hart gerungen, und es ist gut, dass diese Diskussion hier im Bundestag heute beendet ist und dass nicht mehr weiter diskutiert, sondern gehandelt wird. ({4}) Einen Punkt, den der Minister vorhin schon angesprochen hat, will ich auch betonen: Es ist nämlich so, dass nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Europäische Kommission immer wieder dafür geworben hat, die Nutzer unserer Straßen mehr an der Finanzierung der Infrastruktur zu beteiligen. ({5}) Mit unserem Vorschlag schließen wir Mehrbelastungen für Deutsche aus; darum geht es. Sie würden eine Doppelbelastung darstellen, nachdem die ausländischen Autofahrer bislang keinen Beitrag zur Infrastrukturfinanzierung leisten, wenn sie nicht gerade in Deutschland tanken und dabei Mineralölsteuer zahlen. Deswegen ist und bleibt es eben doch eine Frage der Gerechtigkeit, ob nur unsere Landsleute zur Kasse gebeten werden oder aber alle, die auf unseren Straßen unterwegs sind. Nun habe ich in den letzten Tagen einige Kommentare gelesen und auch Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, in denen gefragt wurde, weshalb wir denn einen so hohen Aufwand für eine Infrastrukturabgabe für Pkw treiben, die nur - dieses „nur“ ist für mich schon eine falsche Beschreibung - 500 Millionen Euro im Jahr einbringen soll; ({6}) beispielsweise sei es doch besser, die Lkw-Maut auszuweiten. Zum einen: 500 Millionen Euro sind wirklich ein wesentlicher Beitrag zur besseren Finanzierung unserer Infrastruktur. Da ringen wir im Verkehrsausschuss viele Stunden lang um ganz andere Summen. ({7}) Ich will noch einmal deutlich darstellen, was ich in den vergangenen Debatten zu diesem Thema schon ausgeführt habe: Es geht nicht nur um die Infrastrukturabgabe, sondern es geht um mehrere Schritte. Es geht darum, mehr Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Es geht um die massive Ausweitung der Lkw-Maut; heute wird dies im Entschließungsantrag noch einmal beschlossen. Dann kommt die Infrastrukturabgabe für Pkw hinzu, die eben nur einen Teil eines ganzen Maßnahmenpakets darstellt. Viele Verbesserungen aus den Verhandlungen der vergangenen Wochen wurden bereits gewürdigt. Ich will in aller Kürze einige noch einmal besonders hervorheben. Wir hatten im Eckpunktepapier ursprünglich den Vorschlag stehen, dass alle Straßen in Deutschland bemautet werden sollen, nicht nur die Bundesfernstraßen, sondern auch die Landes- und Kommunalstraßen. Die Kommunen und die Länder haben sich gegen diesen Vorschlag gewandt. Wir haben uns auch über die Grenzregionen Gedanken gemacht. Ich glaube, die Lösung, die wir gefunden haben, nämlich dass die Infrastrukturabgabe nur die Bundesfernstraßen und bei ausländischen Fahrzeugen nur die Bundesautobahnen betrifft, ist gut. Als BadenWürttemberger kann ich all denen, die sich Sorgen um die Grenzregionen machen, sagen, dass die befürchteten Folgen, auf die vorhin auch hingewiesen wurde, nach unserer Erfahrung nicht eintreten werden. Das nachbarschaftliche Verhältnis in den Grenzregionen wird weiterhin sehr gut sein, auch wenn wir die Infrastrukturabgabe einführen. Eine Maut haben schließlich auch unsere Nachbarn in der Schweiz und in Österreich. ({8}) Der Datenschutz war ebenfalls ein wichtiger Diskussionspunkt, der auch für uns als Unionsfraktion eine große Bedeutung hat. Ich denke, dass die vorgenommenen Änderungen durchaus zu einem sehr hohen Datenschutzniveau beitragen. Personenbezogene Daten müssen nun bereits nach einem Jahr gelöscht werden. So wenige Daten wie möglich sollen erzeugt werden. Das ist ein wichtiges Anliegen, das wir in den letzten Wochen noch einmal vertieft diskutiert haben. Nächstes Thema: die Kurzzeitvignetten. Hier gab es Anregungen der EU-Kommission, aber auch die Überlegung, die ökologische Lenkungswirkung zu stärken. Nun wurden die Abgabensätze für die Zehntages- und die Zweimonatsvignetten neu ausgestaltet. Die ausländischen Kfz-Halter haben ein Wahlrecht, entweder pauschal eine Zehntagesvignette für 15 Euro bzw. eine Zweimonatsvignette für 30 Euro zu erwerben oder aber unter Angabe der genauen Kfz-Daten einen nach ökologischen Kriterien differenzierten Preis zu zahlen. Positiver Nebeneffekt dieser Maßnahme sind Mehreinnahmen in Höhe von rund 13 Millionen Euro, die wir pro Jahr erwarten. Nicht zuletzt haben wir eine intensive Evaluierung vereinbart, bei der wirklich alle Bedenken zu den Auswirkungen der Infrastrukturabgabe überprüft werden können. So liegt Ihnen heute zur Abstimmung, denke ich, ein gutes Maßnahmenpaket vor. Ich will zum Abschluss allen herzlich danken, die daran mitgewirkt haben, vor allem meinem Berichterstatterkollegen Sebastian Hartmann, mit dem wir intensiv jeden Satz der vorgelegten Entwürfe ausdiskutiert haben und, glaube ich, einen Beitrag dazu geleistet haben, dass es noch etwas besser geworden ist. Herzlichen Dank! Ich freue mich darauf, dass wir jetzt andere Themen, auch in der öffentlichen Diskussion, wieder verstärkt in den Mittelpunkt stellen können, ({9}) und gebe hiermit 24 Sekunden meiner Redezeit zurück. Vielen Dank. ({10})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön - auch für das kollegiale Verhalten. Als nächster Redner hat das Wort Andreas Schwarz von der SPD-Fraktion. ({0})

Andreas Schwarz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004407, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich räume hier unumwunden ein, dass es für mich als Neuling schon Gesetzentwürfe gab, bei denen ich mit mehr Begeisterung dabei war und denen ich auch mit mehr Begeisterung zugestimmt habe. Sie haben ja auch schon den Redebeiträgen aus den sozialdemokratischen Reihen heute entnommen, dass das kein sozialdemokratisches Kernprojekt oder Kernthema ist. Ich schaue zu unserem Verkehrsminister: Das Copyright an dem Gesetz liegt eindeutig bei ihm. Wir als SPD mussten in den Koalitionsverhandlungen letztendlich die CSU-Maut aus Bayern akzeptieren, um im Gegenzug uns wichtige sozialdemokratische Kernprojekte in den Koalitionsvertrag zu bekommen. Das sind allgemeingültige politische Grundsätze, die für alle demokratischen Parteien gelten, die Koalitionen eingehen. Die SPD ist ein zuverlässiger Vertragspartner. ({0}) Ich habe mich im Dezember 2013 an der Basis meiner Partei sehr für die Annahme dieses Koalitionsvertrages eingesetzt, weil ich der Überzeugung war, aber auch bin, dass er unser Land voranbringt. Und er tut es auch. ({1}) Daran wird auch die Maut nichts ändern. Wir haben die beiden Gesetzentwürfe in den letzten Wochen auf Herz und Nieren geprüft, zum Teil erheblichen Änderungsbedarf angemeldet und Änderungen auch durchgesetzt. Ich habe in meiner Rede bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes am 26. Februar gesagt, dass wir uns im Zuge der parlamentarischen Beratungen noch einmal sehr genau mit der Arbeitsbelastung in der Zollverwaltung befassen müssen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Kolleginnen und Kollegen vom Zoll einen hervorragenden Job machen und mittlerweile fast Mädchen für alles in diesem Land sind. ({2}) Wir als Gesetzgeber haben dafür zu sorgen, dass die Einführung der Infrastrukturabgabe und deren Verrechnung mit der Kfz-Steuer reibungslos funktionieren. Das sind wir auch den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land schuldig. Der Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer sieht eine Prüfung der tatsächlichen Höhe des Erfüllungsaufwands nach zwei Jahren vor. Daran ist nichts zu beanstanden, weil eine Evaluation vorher aufgrund des fehlenden bzw. noch nicht ausreichenden Zahlenmaterials wenig sinnvoll ist. Die Anhörung des Finanzausschusses am vorangegangenen Montag hat nach unserem Dafürhalten die Zweifel am möglicherweise zu knapp bemessenen Personalbedarf für Auskunft, Rechtsbehelfe und Vollstreckung bei der Zollverwaltung bestätigt. Die Zollgewerkschaft konnte ihre Zweifel an der Personalplanung aus unserer Sicht überzeugend darlegen. Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, im Begründungsteil des Gesetzentwurfes einen Zwischenbericht über die Personalsituation nach zwölf Monaten einzufordern. Nach internen Berechnungen des BMF soll das Aufkommen von Bürgeranfragen gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes zurückgehen. Intern im BMF wird davon ausgegangen, dass man bereits nach 15 Monaten wieder Personal herunterfahren kann. Die Zollgewerkschaft hat diesbezüglich aber begründete Zweifel angemeldet. Aus diesem Grund halten wir es für sinnvoll, zunächst nach einem Jahr zu prüfen, ob das Personal zurückgefahren werden kann oder ob es weiter benötigt wird. Wir gehen zusammen mit der Zollgewerkschaft davon aus, dass der Beratungsbedarf entgegen den Annahmen des BMF eventuell doch nicht zurückgehen könnte. Dass wir die Zahlen nach einem Jahr übermittelt bekommen, wird es uns ermöglichen, Bedarfe frühzeitig zu erkennen und im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger gegenzusteuern. Noch ein paar Worte zur Situation in den grenznahen Gebieten; das Thema ist schon mehrmals angeklungen. Ich selber komme aus Bayern; wir sind ja auch betroffen. Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Grenzregionen sehr ernst und haben uns stets für sie eingesetzt. Dass die Infrastrukturabgabe entgegen der Referentenentwürfe nur noch für die Nutzung von Bundesfernstraßen erhoben werden soll, war bereits ein wichtiger Schritt und ist auch als Eingeständnis von Minister Dobrindt zu verstehen. Der vorliegende Entschließungsantrag hat die Problematik weiter im Blick, wenn dort davon die Rede ist, dass wir die Auswirkungen der Maut auf die wirtschaftliche Situation der Grenzregionen sehr genau beobachten und gegebenenfalls umsteuern müssen. Eines muss klar sein: Die Bewohnerinnen und Bewohner grenznaher Gebiete dürfen durch zu befürchtende Umsatzeinbußen nicht zu den Leidtragenden dieser Maut werden. ({3}) Zum Schluss möchte ich mich bei meinem Kollegen Dr. Murmann ganz herzlich für das äußerst konstruktive Verfahren bei der Berichterstattung bedanken. Ich möchte mich auch beim BMF und bei der Zollverwaltung bedanken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben als SPDBundestagsfraktion versprochen,

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Achten Sie auf die Zeit.

Andreas Schwarz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004407, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

- dass es keine Mehrbelastung für die inländischen Autofahrerinnen und Autofahrer geben wird. Dieses Versprechen haben wir gehalten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Ulrich Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004087, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Infrastrukturabgabe kommt. Heute ist ein guter Tag für die Verkehrspolitik in Deutschland. ({0}) Das ist ein echter, großer Erfolg für unsere gemeinsame Große Koalition. Herzlichen Dank dafür! ({1}) Lieber Bundesminister, lieber Alexander Dobrindt, es hat doch keiner geglaubt, ({2}) dass wir das schaffen: EU-rechtskonform, ohne Mehrbelastung. Ich weiß doch, wie hier geredet worden ist. Deswegen: Gratulation an den Minister, Gratulation aber auch an dieses Haus für die vielen guten Beiträge und für die Konzeption dieses schlüssigen und überzeugenden Gesetzes. ({3}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, da nützen Ihre ganzen Anfeindungen nichts. - Lieber Kollege Hofreiter, hör mal zu! ({4}) - Ja, hör mal zu! ({5}) Wenn es darum geht, was in dieser Legislaturperiode von diesem Haus geleistet worden ist, ({6}) dann zähle ich es einmal auf: WSV-Reform, Leistungsund Finanzierungsvereinbarung, Lärmschutz, mehr Geld für Radwege, Brückensanierungsprogramm, Investitionshochlauf. Die Wähler und Wählerinnen sind dankbar, dass wir dieses Haus führen und nicht die Grünen. ({7}) Für EU-Rechtskonformität haben wir gesorgt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Kollege?

Ulrich Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004087, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, keine Zwischenfragen mehr. ({0}) Dann müssen Sie sich halt mal auf die Rednerliste setzen lassen, liebe Kollegin Künast. Sie haben hier keine Redezeit mehr, und das war der Wunsch der Wählerinnen und Wähler. ({1}) Wir kommen dem Wunsch der EU nach mehr Nutzerfinanzierung nach. Ich sage Ihnen noch eines: So wie es der Kollege Hartmann für die SPD deutlich gemacht hat, so gilt für die Unionsparteien: Die Parteien von Konrad Adenauer, Helmut Kohl, Franz Josef Strauß und Theo Waigel brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in Europapolitik. ({2}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nur einen Satz zum Thema EuGH sagen: Wir wären schlechte Parlamentarier und würden unsere Aufgabe als Legislative falsch verstehen, wenn wir erst den EuGH fragen und dann Gesetze machen würden. Gewaltenteilung schaut anders aus: Erst Gesetzgeber, dann gerichtliche Überprüfung. ({3}) Zu den Grenzregionen. Ja, wir haben nachgebessert. Wir haben die Bundesstraßen herausgenommen. Wie in vielen anderen europäischen Ländern zahlt der ausländische Kfz-Halter jetzt auch in der Bundesrepublik Deutschland für die Nutzung der Autobahnen. Das spaltet nicht. Nein, das ist so wie in vielen anderen Teilen Europas auch. ({4}) Man fährt über die Bundesstraßen, man fährt über die Kommunalstraßen, man kommt nach Deutschland. Die Landschaften zwischen Bayern und Tirol blühen. Frau Wilms, kommen Sie aus dem Norden mal in den Süden! Dann sehen Sie, wie gut das bei uns funktioniert. Wir können Ihnen gerne Nachhilfeunterricht geben. ({5}) Wir haben zu Recht diese Lösung für den Grenzverkehr so aufrechterhalten. ({6}) Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich würde sagen: Fangen Sie den Vorwahlkampf in Ihren Bundesländern wieder ein! Diese Grenzregionregel ist richtig und gut. ({7}) Die Einnahmen - das ist konservativ, transparent und solide gerechnet ({8}) sind keine Peanuts. Kollege Hartmann hat gestern bei der Lkw-Maut von 380 Millionen Euro gesprochen; das ist nicht wenig Geld. 500 Millionen Euro, eine halbe Milliarde Euro, sind fast 10 Prozent von dem, was wir für Straßen ausgeben, liebe Kolleginnen und Kollegen. 10 Prozent mehr allein für die Straßen - das ist richtig Geld, und das muss man den Bürgerinnen und Bürgern so auch ehrlich sagen. ({9}) Das parlamentarische Verfahren war zügig, intensiv und solide. Liebe Kollegin Wilms, der Gesetzentwurf wurde am 17. Dezember im Kabinett behandelt; die Grünen hatten die Anhörung für den 4. März beantragt; sie fand statt zwei Wochen später, am 18. März. Sie hatten damit zwei Wochen mehr Zeit, sich Fragen zu überlegen. ({10}) Wenn Sie dann in drei Anhörungen nicht in der Lage sind, ausreichend Fragen zu stellen, sollten Sie sich tatsächlich mehr mit der Materie beschäftigen. ({11}) Wir haben - das ist richtig - einige Änderungen aufgenommen. Es geht um kleinere Korrekturen, um Kurzzeitvignette, Datenschutz, Evaluierung. Das ist gut und richtig, und das ist Teil des parlamentarischen Verfahrens. Wir haben einen Entschließungsantrag, in dem wir den Systemwechsel nochmals unterstreichen im Hinblick auf die Lkw-Maut. Wenn hier Kollegen von anderen Fraktionen - insbesondere von den Grünen - immer behaupten, der Lkw mache die Straßen kaputt, aber wir ließen ihn bei der Maut außen vor, dann stimmt das nicht, weil wir den Weg des Systemwechsels und der Lkw-Maut ganz konsequent weitergehen in dieser Koalition. ({12}) Es ist richtig: Beim Bundesverkehrswegeplan - darauf hatten wir uns im Koalitionsvertrag schon verständigt - priorisieren wir. Aber ich sage genauso deutlich: Wir priorisieren, aber wir hängen die ländlichen Räume nicht ab. Wir sind für gleiche Lebensbedingungen in Stadt und Land, und das wird sich im Bundesverkehrswegeplan wiederfinden. ({13}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier einen überzeugenden Gesetzentwurf, eine großartige, klasse Leistung. Das ist ein stolzer und guter Tag für die deutsche Verkehrsinfrastruktur. Herzlichen Dank. Frohe Ostern! ({14})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort - sie ist schon selbst nach vorne gekommen - der Abgeordneten Kirsten Lühmann, SPD-Fraktion. ({0})

Kirsten Lühmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004101, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sie verstehen sicher, dass mein Vortrag nicht ganz so emotional sein wird wie der des Kollegen Lange. ({0}) Aber zu Beginn lassen Sie mich sagen: Frau Wilms, dieses Gesetz ist nicht offensichtlich EU-rechtswidrig, wie Sie es hier behauptet haben. ({1}) Wir haben nämlich die Hinweise der zuständigen Kommissarin Bulc aufgenommen. Da sie es ist, die letztendlich entscheiden wird, ob dieses Gesetz dem EU-Recht entspricht oder nicht, waren uns ihre Worte besonders wichtig. Das haben wir umgesetzt, liebe Kollegen und Kolleginnen. ({2}) Auch Ihr Hinweis, es werde eine neue Behörde geschaffen, stimmt nicht. Wenn Sie einmal im Gesetz nachlesen - das haben Sie sicher getan; Sie haben sich ja hervorragend vorbereitet -, sehen Sie, dass in § 4 steht: Es handelt sich lediglich um eine verwaltungsrechtliche Regelung. Die Maut wird natürlich von der schon vorhandenen Behörde, dem Kraftfahrt-Bundesamt, erhoben. Unser Koalitionsvertrag wurde heute schon öfter zitiert. Ich habe mir angeschaut, was wir für den Verkehrsbereich aufgeschrieben haben; das können Sie in 332 Zeilen nachlesen. Über die Pkw-Maut stehen dort ganze 6 Zeilen, allerdings 6 Zeilen, über die wir schon ziemlich lange diskutieren. Wir haben um Verbesserungen gerungen. Wir hatten allein mit den Berichterstattern des Verkehrsausschusses sieben Gespräche. Es gab Expertenanhörungen. Wir haben Änderungsanträge im Umfang von 36 Seiten formuliert. Es ist uns gelungen, viele Anregungen der Fachleute aus den Anhörungen umzusetzen, auch - das muss ich hier deutlich sagen wenn wir uns als SPD für die Grenzregionen eine andere Lösung gewünscht hätten. ({3}) Minister Dobrindt, Sie haben betont, die Erhebung der Maut allein auf Bundesautobahnen habe keine Auswirkung auf den kleinen Grenzverkehr. Das sehen wir, aber auch die betroffenen Menschen, Unternehmer genauso wie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker - gleich welcher Partei -, anders. ({4}) Aber genauso wie bei so vielen anderen Annahmen, die diesem Gesetz zugrunde liegen, werden wir erst nach der Mauteinführung wissen, wer recht hatte. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, dass die Auswirkungen auf die Grenzregionen nach zwei Jahren überprüft werden, und zwar zusammen mit dem Einnahme- und Bürokratiecheck. Dann werden wir wissen, welche der Prognosen von Minister Dobrindt und der CSU richtig waren und welche nicht. ({5}) Wir wollen uns entscheidend darüber auseinandersetzen, wofür wir das Geld, das wir mit der Pkw-Maut einnehmen, ausgeben wollen. Daher verpflichten wir die Bundesregierung in unserem Entschließungsantrag, über den wir heute abstimmen werden, sich nun der weitergehenden Vorhaben, die in den restlichen 326 Zeilen des Koalitionsvertrags erwähnt werden, verstärkt anzunehmen. Neben der Ausweitung der Lkw-Maut gibt es viele Themen, zum Beispiel die Verpflichtung, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. Hier geht es insbesondere um die Ausbildung von Fahranfängern. Wir müssen zudem die Eisenbahnregulierung auf den Weg bringen. Wir müssen uns um die Arbeitsbedingungen im Bereich Güterverkehr und Logistik kümmern. Hier warten wir dringend auf die Fortschreibung des „Aktionsplans Güterverkehr und Logistik“; denn wir beobachten ein zunehmendes Sozialdumping in diesem Bereich, dessen wir uns zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich Arbeit und Soziales annehmen müssen. Unser Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann hat unsere Haltung zur Infrastrukturabgabe in dieser Woche so auf den Punkt gebracht: Die Pkw-Maut ist kein verkehrspolitisches Anliegen der SPD. Aber wir haben uns im Rahmen des erreichten Gesamtpakets im Koalitionsvertrag einverstanden erklärt, dem Vorhaben unseres Koalitionspartners nicht im Wege zu stehen. Damit hat er vorsichtig zusammengefasst, worüber wir diskutiert haben. Der Gesetzentwurf mit den Änderungen, die wir eingearbeitet haben, wird heute eine deutliche Mehrheit bekommen. Damit ist das parlamentarische Verfahren bis zur Vorlage des Bürokratie- und Einnahmechecks beendet. Nach den Osterferien können wir uns dann anderen Projekten des Koalitionsvertrags widmen, zum Beispiel der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen, was uns im Jahr 2 Milliarden Euro bringen wird. Und bei dieser Berechnung sind sich alle Experten einig. Ich freue mich, dass wir uns nun mit ganzer Kraft dieser und anderen sinnvollen Verbesserungen im Verkehrsbereich widmen können. Herzlichen Dank. ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen. Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/4455, den Ge- Vizepräsident Peter Hintze setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/3990 in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir jetzt namentlich abstimmen. Wir kommen zuerst zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag auf Drucksache 18/4484. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge- sehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die erste namentliche Abstimmung, die über den Änderungs- antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- sache 18/4484. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme bei dieser ersten namentlichen Abstimmung noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die erste namentliche Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh- lung zu beginnen. Wir kommen nun zur zweiten namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4485. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze der Schriftführe- rinnen und Schriftführer zur zweiten namentlichen Ab- stimmung besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die zweite namentliche Abstimmung über den Änderungs- antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- sache 18/4485. Ist ein Kollege oder eine Kollegin im Raum, der oder die bei der zweiten namentlichen Abstimmung die Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die zweite namentliche Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.1) Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen. ({0}) Ich verlese die Protokolle zu den beiden namentlichen Abstimmungen und komme zunächst zu Protokoll Num- mer 1 des von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisses der namentlichen Abstim- mung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zu der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksa- chen 18/3990, 18/4455 und 18/4484: abgegebene Stim- men 568. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben gestimmt 451, enthalten haben sich 59. Der Änderungs- antrag ist damit abgelehnt. 1) Ergebnis Seite 9350 B Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 568; davon ja: 58 nein: 450 enthalten: 60 Ja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({1}) Volker Beck ({2}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({3}) Christian Kühn ({4}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({5}) Axel E. Fischer ({6}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({7}) Alexander Funk Ingo Gädechens Vizepräsident Peter Hintze Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({8}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({9}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({10}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({11}) Stefan Müller ({12}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({13}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({14}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({15}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({16}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({17}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({18}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({19}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({20}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({21}) Sabine Weiss ({22}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({23}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({24}) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Vizepräsident Peter Hintze Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Ulrich Freese Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Hubertus Heil ({25}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({26}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({27}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir ({28}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({29}) Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Michael Roth ({30}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({31}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({32}) Matthias Schmidt ({33}) Dagmar Schmidt ({34}) Carsten Schneider ({35}) Ursula Schulte Swen Schulz ({36}) Ewald Schurer Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({37}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Enthalten SPD Detlef Müller ({38}) DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({39}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({40}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({41}) Zweites Protokoll des von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisses der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksachen 18/3990, 18/4455 und 18/4485: Hier haben 564 Kolleginnen und Kollegen an der Abstimmung teilgenommen. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben gestimmt 446, enthalten haben sich 60. Dieser Änderungsantrag ist damit ebenfalls abgelehnt. Vizepräsident Peter Hintze Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 564; davon ja: 58 nein: 446 enthalten: 60 Ja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({42}) Volker Beck ({43}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({44}) Christian Kühn ({45}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({46}) Axel E. Fischer ({47}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({48}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({49}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({50}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({51}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({52}) Stefan Müller ({53}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Vizepräsident Peter Hintze Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({54}) Andreas Scheuer Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({55}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({56}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({57}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({58}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({59}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({60}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({61}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({62}) Sabine Weiss ({63}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({64}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({65}) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Ulrich Freese Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Hubertus Heil ({66}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({67}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({68}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir ({69}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({70}) Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Michael Roth ({71}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({72}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({73}) Matthias Schmidt ({74}) Dagmar Schmidt ({75}) Carsten Schneider ({76}) Ursula Schulte Swen Schulz ({77}) Ewald Schurer Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({78}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Enthalten SPD Detlef Müller ({79}) DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Vizepräsident Peter Hintze Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({80}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({81}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({82}) Etwa 50 Kolleginnen und Kollegen haben beim Präsi- dium eine Erklärung zur Abstimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung hinterlegt. Das wird dann im Proto- koll entsprechend veröffentlicht.1) Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf den Drucksachen 18/3990 und 18/4455. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- men wollen, jetzt um ihr Handzeichen. - Wer stimmt da- gegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist da- mit in zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU/ CSU-Fraktion und SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den Ge- setzentwurf in dritter Lesung namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Schriftführerinnen und Schriftführer an ihrem Platz? - Das ist der Fall. Ich er- öffne die dritte namentliche Abstimmung über den Ge- setzentwurf auf den Drucksachen 18/3990 und 18/4455. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser dritten namentlichen Abstimmung seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftfüh- rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin- nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2) Ich bitte Sie, jetzt Platz zu nehmen, weil wir noch ein- fache Abstimmungen haben. Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Druck- sache 18/4460. Wer stimmt für den Entschließungs- antrag? - Wer stimmt gegen den Entschließungsantrag? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion 1) Anlagen 2 bis 6 2) Ergebnis Seite 9354 C gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 4 b. Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur auf Drucksache 18/4455 fort. Der Ausschuss hat den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/806 mit dem Titel „Keine Einführung ei- ner Pkw-Maut in Deutschland“ in seine Beschlussemp- fehlung einbezogen. Über die Beschlussempfehlung zu diesem Antrag soll jetzt ebenfalls abgestimmt werden. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/806. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschluss- empfehlung ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Frak- tion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Frak- tion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen worden. Zusatzpunkt 4 c. Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- che 18/4448, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/3991 in der Ausschussfassung anzu- nehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/4486 vor, über den wir jetzt namentlich abstimmen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze an den Urnen einzunehmen. - Sind die Plätze an den Abstim- mungsurnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die vierte namentliche Abstimmung über den Änderungsan- trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa- che 18/4486. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das bei dieser vierten namentlichen Abstimmung seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? - Es sind noch einige. Dann bitte zu den Urnen! Hier vorne ist eine völlig frei zu- gängliche Urne, die von den Kolleginnen und Kollegen Vizepräsident Peter Hintze zur Beschleunigung des Verfahrens genutzt werden kann. Es darf jeder jede Urne benutzen. Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimmkarte nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus- zählung zu beginnen.1) Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. ({83}) 1) Ergebnis Seite 9356 D

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Ich gebe zunächst das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen, Drucksachen 18/3990 und 18/4455, bekannt: abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 433, mit Nein haben gestimmt 128. 6 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 568; davon ja: 434 nein: 128 enthalten: 6 Ja CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({0}) Axel E. Fischer ({1}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({2}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({3}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({4}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({5}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({6}) Stefan Müller ({7}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Vizepräsident Peter Hintze Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({8}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({9}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({10}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({11}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({12}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({13}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({14}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({15}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({16}) Sabine Weiss ({17}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({18}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({19}) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Gabriele Fograscher Ulrich Freese Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Hubertus Heil ({20}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Dr. Eva Högl Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Lars Klingbeil Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({21}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir ({22}) Aydan Özoğuz Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({23}) Dr. Sascha Raabe Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dr. Martin Rosemann René Röspel Michael Roth ({24}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({25}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({26}) Matthias Schmidt ({27}) Dagmar Schmidt ({28}) Carsten Schneider ({29}) Ursula Schulte Swen Schulz ({30}) Ewald Schurer Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({31}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Nein SPD Dr. Daniela De Ridder Elvira Drobinski-Weiß Christian Flisek Michael Gerdes Michael Groß Ulrich Hampel Thomas Hitschler Matthias Ilgen Dr. Bärbel Kofler Markus Paschke Johann Saathoff Vizepräsident Peter Hintze DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({32}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({33}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({34}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({35}) Volker Beck ({36}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({37}) Christian Kühn ({38}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Enthalten SPD Dr. Katarina Barley Dirk Heidenblut Petra Hinz ({39}) Detlef Müller ({40}) Dr. Simone Raatz Dennis Rohde ({41}) Wir kommen jetzt zu dem von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes auf Drucksachen 18/3991, 18/4448 und 18/4486: abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 58, mit Nein haben gestimmt 448. Enthalten haben sich 59 Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 564; davon ja: 58 nein: 447 enthalten: 59 Ja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({42}) Volker Beck ({43}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({44}) Christian Kühn ({45}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Vizepräsident Peter Hintze Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({46}) Axel E. Fischer ({47}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({48}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({49}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({50}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({51}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({52}) Stefan Müller ({53}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({54}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({55}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({56}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({57}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({58}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({59}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({60}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({61}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({62}) Sabine Weiss ({63}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Vizepräsident Peter Hintze Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({64}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({65}) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({66}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({67}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir ({68}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({69}) Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Michael Roth ({70}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({71}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({72}) Matthias Schmidt ({73}) Dagmar Schmidt ({74}) Carsten Schneider ({75}) Ursula Schulte Swen Schulz ({76}) Ewald Schurer Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({77}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Enthalten SPD Detlef Müller ({78}) DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({79}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({80}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({81}) Vizepräsident Peter Hintze Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/3991 und 18/4448 in der Ausschuss- fassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. - Ge- genstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der CDU/ CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf namentlich ab. Ich bitte die Schriftführe- rinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu- nehmen. Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne hiermit die Abstimmung über den Ge- setzentwurf auf Drucksachen 18/3991 und 18/4448. Die fünfte namentliche Abstimmung ist eröffnet. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin- nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be- kannt gegeben.1) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Arnold Vaatz, Erika Steinbach, Elisabeth Winkelmeier-Becker, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich, Frank Schwabe, Dr. Johannes Fechner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte ({82}) Drucksache 18/4421 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ({83}) Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, dazu wieder Platz zu nehmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Als erstem Redner erteile ich das Wort für die Bundesregierung dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian Lange. ({84}) 1) Ergebnis Seite 9360 C

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Deutsche Institut für Menschenrechte auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Wir setzen damit erneut ein wichtiges Versprechen aus dem Koalitionsvertrag um. Mit dem Gesetz wollen wir ein Institut stärken, das weltweit hohe Anerkennung und hohes Ansehen genießt. Wir wollen sicherstellen, dass es weiterhin den höchsten Status behält, den nationale Menschenrechtsinstitutionen erreichen können, den A-Status. Das Institut für Menschenrechte ist ein Kind des Parlaments. Es wurde durch einen einstimmigen Beschluss des Deutschen Bundestages am 7. Dezember 2000 geschaffen. Seine Einrichtung orientiert sich an den sogenannten Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen. Sie stellen für nationale Menschenrechtsinstitutionen verschiedene inhaltliche und formale Kriterien auf. Zu den formalen Kriterien gehört es, dass die nationalen Institute eine gesetzliche Grundlage haben sollen. Die Einhaltung der formalen Kriterien ist wichtig, weil daran der Status der nationalen Institution geknüpft ist, und nur wer den A-Status bekommt, hat auf internationaler Ebene wichtige Beteiligungsrechte. Es geht etwa um die Teilnahme und das Rederecht im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat diesen A-Status, obwohl es bislang keine gesetzliche Grundlage für seine Tätigkeit gab. Das war ein großzügiges Entgegenkommen des Überprüfungsausschusses in Genf. Inzwischen aber verweist der Ausschuss auf die Vorbildwirkung gegenüber anderen Staaten. Deshalb verlangt er nun auch eine gesetzliche Grundlage für unser Institut, und ich meine, die sollten wir jetzt auch schaffen. ({0}) Wenn wir den A-Status sichern wollen, dann geht es aber nicht nur um Förmlichkeiten. Das Gesetz muss auch inhaltlich den Pariser Prinzipien entsprechen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung tut dies; denn er stellt sicher, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte seine erfolgreiche Arbeit auch in Zukunft fortsetzen kann. ({1}) Dazu gehört vor allem der kritische Blick auf die Lage der Menschenrechte im eigenen Land. Beim Thema Menschenrechte haben sich die Staaten der Welt lange Zeit ganz ähnlich verhalten wie bei der Korruption: Probleme wurden immer bei den anderen gesehen, aber nie im eigenen Land. Natürlich, meine Damen und Herren - das wissen wir -, steht Deutschland im internationalen Vergleich bei den Menschenrechten gut da. Aber es kann uns nicht genügen, dass die Lage bei uns besser ist als in vielen anderen Ländern. Wir sollten einen höheren Anspruch an uns selbst haben. Die Rechte von Behinderten, Rassismus in unserer Gesellschaft, der Zugang zum Recht im Rechtsstaat: All das sind Menschenrechtsthemen, die auch in Deutschland relevant sind. Deshalb ist der kritische Blick auf das eigene Land wichtig, und dazu gehört auch, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte unabhängig ist. Seine Positionen müssen nicht in jedem Fall diejenigen der Bundesregierung sein oder dem wissenschaftlichen Mainstream oder dem des Deutschen Bundestages entsprechen. Es wird immer wieder unterschiedliche Ansichten darüber geben, wie man Menschenrechte auf nationaler Ebene am besten verwirklichen und schützen kann. Wichtig aber ist, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte der notwendigen Debatte darüber wichtige Impulse gibt und den Diskurs anstößt, wie wir die Menschenrechtssituation bei uns weiter verbessern können. Öffentliche Kritik und Debatte, das sind nicht nur die Grundlagen der Demokratie, sondern das sind und bleiben die besten Garanten für Menschenrechte, weltweit und auch bei uns in Deutschland. ({2}) Meine Damen und Herren, nur wenn wir die internationalen Vorgaben selbst genau einhalten, haben wir auch die Möglichkeit zur Kritik an anderen. Deshalb hat der A-Status so große Bedeutung, und nur wenn wir selbstkritisch mit eigenen Defiziten umgehen, haben wir auch die moralische Legitimation, die Länder zu kritisieren, in denen Menschenrechte sehr viel stärker beeinträchtigt werden als bei uns. ({3}) Der vorliegende Gesetzentwurf sichert beides: die Möglichkeiten und die Legitimation für unser Engagement. Deshalb ist er so wichtig. Der Ausschuss in Genf, der den A-Status des Instituts prüft, hat sich bereit erklärt, seine Entscheidung bis zum Herbst zu vertagen. Drei Monate vorher müssen alle notwendigen Unterlagen vorgelegt werden; das ist also Ende Juli. Ich habe deshalb eine sehr herzliche Bitte an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf möglichst zügig beraten und beschließen; ({4}) denn wenn es um die Menschenrechte geht, sollte Deutschland niemals zweitklassig sein. Herzlichen Dank. ({5})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes, Drucksachen 18/3991 und 18/4448, bekannt: abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben gestimmt 438, mit Nein haben gestimmt 117. 12 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 565; davon ja: 437 nein: 116 enthalten: 12 Ja CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({0}) Axel E. Fischer ({1}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({2}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({3}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({4}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Vizepräsident Peter Hintze Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Andreas Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({5}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({6}) Stefan Müller ({7}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({8}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({9}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({10}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({11}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({12}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({13}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({14}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({15}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({16}) Sabine Weiss ({17}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({18}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({19}) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Gabriele Fograscher Ulrich Freese Sigmar Gabriel Martin Gerster Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Hubertus Heil ({20}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Dr. Eva Högl Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({21}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Susanne Mittag Vizepräsident Peter Hintze Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir ({22}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({23}) Dr. Sascha Raabe Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dr. Martin Rosemann René Röspel Michael Roth ({24}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({25}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({26}) Matthias Schmidt ({27}) Dagmar Schmidt ({28}) Carsten Schneider ({29}) Ursula Schulte Swen Schulz ({30}) Ewald Schurer Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({31}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Nein DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({32}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({33}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({34}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({35}) Volker Beck ({36}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({37}) Christian Kühn ({38}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Enthalten SPD Elvira Drobinski-Weiß Christian Flisek Michael Gerdes Michael Groß Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Petra Hinz ({39}) Thomas Hitschler Matthias Ilgen Detlef Müller ({40}) Dr. Simone Raatz Dennis Rohde Als nächster Rednerin in der Debatte zum Deutschen Institut für Menschenrechte gebe ich das Wort der Abgeordneten Inge Höger von der Fraktion Die Linke. ({41})

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Koalition doch noch eine gesetzliche Grundlage für das Deutsche Institut für Menschenrechte auf den Weg gebracht hat. ({0}) Nach wochenlangen Auseinandersetzungen und viel öffentlichem Druck ({1}) hat das Kabinett sozusagen in letzter Minute, am 18. März, einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er basiert nun auf den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen. So bleiben dem Institut der A-Status bei den Vereinten Nationen und die damit verbundenen wichtigen Beteiligungsrechte auf internationaler Ebene erhalten. Der Bundesregierung bleibt eine äußerst unrühmliche Aberkennung des A-Status erspart. ({2}) Dennoch: Der Weg dorthin war steinig. Es ist ausgesprochen peinlich, dass vorrangig eine Abgeordnete der CSU, Frau Steinbach, ({3}) dieses Gesetz monatelang blockiert hat, und das entgegen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag. ({4}) Grund war wohl die unabhängige Arbeit des Instituts, das auch Verletzungen der Menschenrechte in Deutschland zu Recht anmahnt und kritisiert. Die Fraktionen der CDU/CSU und auch der SPD haben es in Kauf genommen, dass das Deutsche Institut für Menschenrechte seinen A-Status aberkannt bekommen hätte. Nochmals: Der vorliegende Kompromiss ist vor allem aufgrund des massiven Drucks von NGOs und der Oppositionsfraktionen gerade noch rechtzeitig zustande gekommen. ({5}) Es ist gut, dass das Institut Zuwendungen aus dem Haushalt des Bundestages beziehen soll; ({6}) diese Finanzen müssen stabil sein und langfristig erhöht werden. Das haben das Deutsche Institut für Menschenrechte und auch die Linke immer gefordert. Auch die Finanzierung der Umsetzung noch offenstehender Aufgaben und der Ausstattung der Koordinierungsstellen muss gesichert werden. Wir wünschen uns auch, dass die Zusammenarbeit mit anderen Menschenrechtsinstitutionen und Behörden besser unterstützt und mit mehr Ressourcen ausgestattet wird. Es schockiert uns, dass der Kreis um Frau Steinbach so wenig Vertrauen in die Arbeit des Instituts hat, dass die Aufgaben nun im Gesetzentwurf klar festgeschrieben werden mussten. Die Untersuchung von Menschenrechten in Diktaturen sowie im Kriegs- und Nachkriegsgeschehen waren Ihnen anscheinend besonders wichtig. Doch die Aufgabenbeschreibung darf nicht zu einer Beschränkung der Arbeit des Instituts führen. Sie darf die Setzung eigener Schwerpunkte nicht behindern, die sich aus konkreten Situationen ergibt. Das Institut muss seine eigene Definition von Menschenrechtsverletzungen und totalitären Diktaturen erarbeiten können, statt sich den Inhalt von der jeweiligen Bundesregierung vorschreiben zu lassen. ({7}) Das Institut sollte gegenwarts- und zukunftsorientiert arbeiten können. Für historische Aufarbeitungen sind andere Forscherinnen und Forscher notwendig und zuständig. Die Anbindung des Instituts an den Bundestag muss bewirken, dass alle Abgeordneten sich als Hüter seiner Unabhängigkeit verstehen und die Zukunft des Instituts vor Angriffen schützen. Das Institut darf kein Verein der Bundesregierung werden, das je nach globaler geopolitischer Lage selektiv Menschenrechte in gerade ausgewählten und politisch passenden Staaten und Regionen anprangert und das aufhört, vor der eigenen Tür zu kehren. Wir finden es gut, dass der Bundestag sich nun jährlich mit der Arbeit des Instituts auseinandersetzen darf und muss. Das bietet dem Institut Gelegenheit, seine Schwerpunkte zu präsentieren und seine politischen Bedürfnisse und finanziellen Forderungen zu benennen. Das Institut sollte ausgewogen Verletzungen der Menschenrechte weltweit kritisieren, aber auch internationale Entwicklungen mit der Einhaltung menschenrechtlicher Verträge und finanzieller Verantwortung verknüpfen. Auch die Menschenrechte in Deutschland bedürfen der Anwaltschaft des Instituts. Dafür hat das Institut zum Beispiel eine Monitoringstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet. Des Weiteren stellt es Weiterbildungsmöglichkeiten für Anwälte auf dem Gebiet der Menschenrechte bereit. Auch der aktuelle Themenschwerpunkt „Rechte haben und Rechte bekommen“ orientiert sich an den dringenden Notwendigkeiten. ({8})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen.

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die Linke wird dem Gesetzentwurf zustimmen. Wir wünschen dem Institut viel Erfolg bei seiner Arbeit. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Erika Steinbach, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Erika Steinbach-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002808, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Höger, Sie irren: Nicht Deutschland würde den A-Status verlieren, sondern der eingetragene Verein Deutsches Institut für Menschenrechte. Das ist schon ein Unterschied. Was lange währt, wird endlich gut, kann man sagen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte erhält mit dem vorliegenden Gesetzentwurf endlich eine stabile Grundlage für seine Arbeit. Das haben CDU, CSU und SPD in der Koalitionsvereinbarung so festgelegt, und zwar erstmals festgelegt. Seit 15 Jahren existiert das Deutsche Institut für Menschenrechte nämlich ohne gesetzliche Grundlage. ({0}) - Steigen Sie runter von dem Dach, auf das Sie immer gestiegen sind, Herr Koenigs. Sie liegen falsch. Die Pariser Prinzipien waren bei der Formulierung dieses Gesetzes selbstverständlich unser Maßstab. Ansonsten würde das Gesetz nämlich überhaupt keinen Sinn machen. Dann würde der A-Status wieder verloren gehen. Die Pariser Prinzipien sind bei der Formulierung natürlich grundsätzlich mit eingeflossen, was die Zuständigkeit, den Aufgabenbereich und die Zusammensetzung der Gremien dieses Deutschen Instituts für Menschenrechte anbelangt. In allen diesen Punkten ist der Gesetzentwurf so gestaltet, dass der A-Status erhalten werden wird. Davon sind wir fest überzeugt. ({1}) Dieses Institut ist in den vergangenen Jahren wiederholt und schon seit vielen Jahren vom Akkreditierungsausschuss des ICC, einem Zusammenschluss nationaler Menschenrechtsinstitutionen, kritisiert worden. Neben einer fehlenden gesetzlichen Grundlage wurde das Institut auch gerügt, weil es nicht die gesamte Breite der gesellschaftlichen Basis genügend dargestellt und abgebildet hat. Das ist ein wesentlicher Punkt in den Pariser Prinzipien. Die Mitgliederbasis des eingetragenen Vereins war bis vor kurzer Zeit so schmal, dass sie den Pariser Prinzipen in keiner Weise entsprochen hat. Der Verein hat in den letzten beiden Jahren begonnen, diese Defizite aufzuarbeiten. Das halten wir für ganz wichtig, und die Pariser Prinzipien schreiben dies auch so vor. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die Grundlage dafür, dass die Zusammensetzung der Mitgliederversammlung und die Besetzung der Gremien dauerhaft so erfolgen können, dass alle erforderlichen Garantien für eine pluralistische Vertretung der an der Förderung und am Schutz der Menschenrechte beteiligten gesellschaftlichen Kräfte hier in Deutschland gewährleistet werden kann. Das war für uns ein ganz zentrales Anliegen. ({2}) Wir schreiben im Gesetz ausdrücklich fest, dass dieser eingetragene Verein die unabhängige nationale Institution der Bundesrepublik Deutschland zur Information der Öffentlichkeit über die Lage der Menschenrechte im In- und im Ausland wird. Voraussetzung ist, dass die ihm gestellten Aufgaben gemäß den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen wahrgenommen werden. Bei der Betrachtung der Menschenrechtslage in Deutschland ist ausdrücklich auch die Aufgabe gestellt, in geeigneten Fällen eine vergleichende Perspektive zum Ausland vorzunehmen, um Vergleichbarkeit zu erreichen. Aber alleiniger Maßstab sind die Menschenrechte. Bei der Verwirklichung der Menschenrechte nimmt Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung ein und hat in vielen Bereichen auch Vorbildfunktion. Wir wollen uns damit aber nicht begnügen, sondern wollen auch, dass immer wieder überwacht und hinterfragt wird. Zukünftig hat das Deutsche Institut für Menschenrechte dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über seine Arbeit und die Menschenrechtsentwicklung hier in Deutschland vorzulegen; das war uns ein zentrales Anliegen. Dazu können wir als Deutscher Bundestag dann Stellung nehmen. Das ist auch eine Gelegenheit, die Arbeit des Instituts der Öffentlichkeit in größerer Breite vorzustellen. Uns ist an einer objektiven und konstruktiven Beurteilung der Situation hier in unserem eigenen Lande gelegen. Wir wollen nicht nur den Blick ins Ausland lenken. Es gibt Bereiche, die bislang nicht im Fokus des Deutschen Instituts für Menschenrechte gestanden haben, von denen wir aber glauben, dass darauf ein Blick geworfen werden sollte. Die Situation der muslimischen Mädchen und Frauen in Deutschland und die Frage, inwieweit Gleichberechtigung überhaupt gelebt werden kann, zählen mit Sicherheit dazu. ({3}) Die Themen Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen und Kopftuchzwang verletzen die Menschenrechte der betroffenen Mädchen und Frauen erkennbar - leider auch hier in Deutschland. ({4}) Das sollte man auch einmal unter die Lupe nehmen. Handlungsempfehlungen des Instituts dazu wären sicherlich hilfreich. Konstruktive Kritik bedeutet auch, immer mit der Betrachtung der Realität zu beginnen. So ist es, wie ich meine, nicht so sehr hilfreich - wie geschehen -, Entschädigungen für Opfer von Menschenhandel zu fordern, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen und Vorschläge zu machen, wie man das beheben könnte, das Ganze eigentlich noch zu beschönigen und zu ignorieren, dass es in Deutschland massive Zwangsprostitution gibt. Dafür muss sich auch im Institut, meine ich, der Blick öffnen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf - das ist ein wirklich gutes Gesetz; ich kann allen nur empfehlen, ihm zuzustimmen - erreichen wir auf unseren Vorschlag hin, dass die Finanzierung des Deutschen Instituts für Menschenrechte nunmehr aus einem einzigen Etat erfolgt, nämlich dem des Deutschen Bundestages, und nicht mehr über vier Ministerien. Das, finde ich, ist sogar eine Aufwertung des Instituts. Das ist auch ein schöErika Steinbach nes Signal für unsere Haushälter, weil es der Haushaltswahrheit und -klarheit dient. ({5}) Wir schaffen damit neben der von den Pariser Prinzipien geforderten Finanzierungsgrundlage endlich Transparenz. In diesem Sinne: Es freut mich sehr, dass wir mit dieser gesetzlichen Grundlage einen soliden und geregelten Zustand erreichen. Dieses Gesetz schafft eine gute Grundlage für die Arbeit des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Ich bedanke mich bei unseren Koalitionsfreunden von der SPD für intensive, gute und engagierte Beratungen, die nicht immer ganz einfach waren. Aber jetzt scheinen ja alle zufrieden zu sein. Frohe Ostern in absehbarer Zeit wünsche ich Ihnen! ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Tom Koenigs, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Tom Koenigs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004077, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Deutsche Institut für Menschenrechte arbeitet gut. Es hat sich national und international einen guten Ruf erarbeitet, und dafür danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Führung von Frau Professor Rudolf und Herrn Windfuhr sehr herzlich. ({0}) Auch der Vorgänger, Professor Bielefeldt, ist unvergessen. ({1}) Dass wir in letzter Minute diesem Institut die Peinlichkeit des Abstieges in den B-Status ersparen können, ist gut. Ich bedanke mich beim Akkreditierungsausschuss explizit dafür. Das sind die Institute von Kanada, die kanadische Menschenrechtskommission, die Nationale Beratungskommission für Menschenrechte Frankreichs, die nationale Menschenrechtskommission Mauretaniens und die Unabhängige Menschenrechtskommission des Staates Palästina. Der Parlamentarische Staatssekretär Lange hat vorhin gesagt: großzügiges Entgegenkommen. Ich bin ganz sicher, Frau Steinbach, dass wir, wenn die Palästinenser ihre Leute einmal nicht zusammenbringen, ähnlich großzügig sind. ({2}) Jetzt gibt es also die große Einigkeit. Wir haben eben gehört, dass alle Kreide gefressen haben. Man fragt sich wirklich: Was war eigentlich los? Warum ging das nicht sofort? Hat da irgendein Verleihnix geglaubt, er hätte Zaubertrank getrunken, und nachher war es nur warmes Wasser? ({3}) Oder haben Sie vielleicht irgendeinem Troubadix den Mund verbinden müssen? ({4}) Auf jeden Fall hat die Debatte eines gezeigt: Eine sachliche Kontroverse gab es da nie. Da sind unsachliche Dinge im Kuhhandel mit verhandelt worden; wir wissen nicht, welche. Jetzt haben Sie alle Kreide gefressen. Jetzt geht es wieder. Prima. ({5}) Das neue Gesetz hat eine zusätzliche markante Änderung. Wenn es zusätzliche Aufgaben für das Institut gibt - § 2 Absatz 3 -, dann, soweit zusätzliche Finanzmittel verfügbar sind. Der Hinweis auf notwendige zusätzliche Finanzmittel im Gesetz ist sehr gut. ({6}) Jetzt könnten wir natürlich sagen: Wir haben eine einstimmige Grundlage. Diese haben wir aber selbst heute noch nicht so ganz. Denn wir haben einerseits den Kabinettsentwurf. Diesen haben wir dem Koordinierungsausschuss zugeschickt; deshalb haben sie vertagt. Wir haben andererseits den Fraktionsentwurf von CDU/CSU und SPD. Die Entwürfe sind identisch. ({7}) Die Oppositionsfraktionen stimmen beide zu. Trotzdem wird das offensichtlich kein gemeinsamer Antrag. ({8}) Warum nicht? ({9}) Dem Institut könnten wir sehr wohl einen gemeinsam getragenen Gesetzentwurf gönnen. ({10}) Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, zu einer gemeinsamen Verabschiedung zu kommen: Kabinettsentwurf, Koalitionsentwurf, wir bringen denselben wortgleich ein, und die Linke bringt denselben wortgleich ein. ({11}) Das geht aber bisher immer deshalb nicht, weil die CDU/CSU in kindischer Weise sagt: Niemals mit der Linken. Das kommt mir so vor wie in Hundert Jahre Einsamkeit, wo eine Person sagt: Man darf dem Teufel niemals glauben, auch wenn er die Wahrheit spricht. So sind Sie. ({12}) Wenn die doch sagen: „Das ist ein richtiger Gesetzentwurf“, wenn wir sagen: „Das ist ein guter Gesetzentwurf“, wenn die Regierung sagt: „Das ist unser Gesetzentwurf“, dann könnten wir doch alle vier, ja, fünf zusammen einen gemeinsamen Entwurf machen und damit das Institut wirklich unterstützen. ({13}) - Nein, fünf. Vier Fraktionen und die Regierung. - Dann könnten wir gemeinsam sagen: Wir sind stolz auf dieses Institut. Das macht eine unabhängige Arbeit, und das werden wir weiterhin unterstützen. Vielen Dank. ({14})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSUFraktion. ({0})

Elisabeth Winkelmeier-Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003865, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier am Beginn von sehr konstruktiven und sehr konfliktarmen Verhandlungen, wenn ich das ernst nehme, was Sie gerade gesagt haben. Ich freue mich, dass unser Entwurf, über den wir lange und gut verhandelt haben, jetzt schon im Vorfeld so viel Zustimmung findet. Das bestätigt uns darin, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind. Wir schaffen es - dies hatten wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen -, für die Absicherung des Deutschen Instituts für Menschenrechte endlich die gesetzliche Grundlage zu schaffen. Ich denke, der Gesetzentwurf bietet in der Tat eine gute Lösung für den Zielkonflikt, eine finanzielle und institutionelle Absicherung des Institutes zu schaffen, die Vereinsautonomie und die Unabhängigkeit, vor allem die Unabhängigkeit der Arbeit, anzuerkennen, zugleich aber auch die verbindlichen Vorgaben der Pariser Prinzipien einzuhalten, vor allem in den Punkten Pluralität und Offenheit. Wir stellen mit diesem Gesetzentwurf klar, dass auf Ersuchen der Bundesregierung oder auf Ersuchen des Bundestages gutachterlich Stellung zu nehmen ist. Das ist ja gerade dann wichtig, wenn man auf die Politik Einfluss nehmen will. Nachlaufende Kritik ist niemals so wirksam wie gute Anregungen, die schon im Vorfeld, wenn die Politik noch gestaltet wird, gegeben werden und die die Politik dann gleich mit aufnehmen kann. Die Arbeit des Instituts ist vor allem nach innen gerichtet; das hat der Parlamentarische Staatssekretär Lange schon ausgeführt. Der Blick nach innen ist uns auch sehr wichtig. Wir haben sicherlich eine sehr gute Ausgangslage, was die Menschenrechte angeht. Aber Stillstand ist da Rückschritt. Man muss immer wieder schauen: Welche neuen Situationen ergeben sich? ({0}) Wir arbeiten im Moment im Bereich der Rechtspolitik an einer Reform der Straftatbestände gegen den Menschenhandel und an einer Reform des Prostitutionsgesetzes. ({1}) Das ist eine Situation, die wir uns vor zehn Jahren noch nicht hätten vorstellen können. Hier hat sich die Lage, auch in puncto Menschenrechte, verändert. Darauf muss man den Blick immer wieder neu werfen. ({2}) Mir ist trotzdem wichtig, auch auf den internationalen Kontext einzugehen. Denn Menschenrechte - daran muss immer wieder erinnert werden - sind universelle, international geltende Rechte; das wurde in der Deklaration der Menschenrechte ganz ausdrücklich festgestellt. Menschenrechte gelten für jeden Menschen. Sie werden nicht vom Staate verliehen, sondern jeder Mensch bringt sie mit: qua Geburt, qua seines Menschseins, egal wo er lebt, egal wo er geboren ist, egal welcher Staat seine Heimat ist. Deshalb ist es wichtig, auch den internationalen Aspekt aufzunehmen. Aber auch ein anderer Aspekt ist wichtig, nämlich die gegenseitige institutionelle Anerkennung der verschiedenen Institute. Es ist wichtig, sich gegenseitig zu helfen. Durch die Anerkennung eines Instituts kann auch dessen Status zu Hause durchaus gestärkt werden. Bevor wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben, war mir nicht klar, dass den A-Status und all das, was an ihm hängt, auch die Menschenrechtsinstitute zum Beispiel in Afghanistan, in Aserbaidschan, in Nigeria und in Venezuela haben. ({3}) Ich hätte nicht gedacht, dass diese Institute die Voraussetzungen für diesen Status erfüllen. Ich denke, es ist für sie sehr wichtig, sich gerade bei ihrer unabhängigen Arbeit zu Hause darauf berufen zu können, dass sie auch vom Deutschen Institut für Menschenrechte und im Rahmen dieser internationalen Organisation unterstützt werden. ({4}) Im Übrigen ist der Blick über den Tellerrand für uns auch für die innenpolitische Bewertung wichtig. Ich denke, man kann fast gar nicht mehr sagen: Innenpolitik ist das eine, Außenpolitik das andere. - Die Verknüpfung zwischen beiden Bereichen wird immer enger. Dies muss uns bei allem, was wir tun, klar sein. Wenn wir zum Beispiel über TTIP oder über ein Textilsiegel reden, dann wissen wir - das muss sich wie ein roter Faden durch unsere gesamte Politik ziehen -, dass unser Handeln hier auch in fernen Ländern Auswirkungen hat. Das ist eine Verantwortung, der wir uns stellen müssen und die wir uns immer wieder bewusst machen müssen. Auch da kann und muss das Deutsche Institut für Menschenrechte der Politik wichtige Hinweise geben. ({5}) Dies war ein Punkt, der im Vorfeld der Beratungen einer längeren Erörterung bedurft hat. Aber das ist nichts, was dem Deutschen Institut für Menschenrechte fremd wäre. Schon jetzt wird dieser Gedanke bei seiner Arbeit zugrunde gelegt. Schauen Sie sich zum Beispiel an, zu welchen Themen das Deutsche Institut für Menschenrechte Publikationen veröffentlicht hat. Da geht es zum Beispiel in einem Policy Paper um einen Beschwerdemechanismus, den Menschen aus den Partnerländern unserer Entwicklungszusammenarbeit in Anspruch nehmen können, wenn sie durch Projekte, die von deutscher Seite mitgetragen werden, in ihren Rechten betroffen sind. Oder nehmen Sie das ABC of Children’s Rights: Darin sind Daten gesammelt und aufbereitet, die wir gerade für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und unsere Außenpolitik brauchen. Also: Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Es ist uns ganz wichtig, die Arbeit der deutschen Politik und des Deutschen Instituts für Menschenrechte in diesen Kontext zu stellen. Dafür haben wir jetzt die Grundlage geschaffen. In diesem Sinne wünschen wir vor allem auch dem Deutschen Institut für Menschenrechte weiter viel Erfolg bei seiner wichtigen Arbeit. Herzlichen Dank. ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Annette Groth, Fraktion Die Linke. ({0})

Annette Groth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004047, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Meine beiden Vorrednerinnen von der CDU/CSU haben eben den Menschenhandel angesprochen. Ich möchte mich jetzt darauf kaprizieren und fokussieren. Der Menschenhandel ist einer der größten weltweiten Industriezweige. Wir wissen - ich spreche das ja immer im Menschenrechtsausschuss an -, wie wichtig es ist, Menschen, die vor Krieg und Gewalt flüchten wollen, einen legalen Zugang zu uns und in die EU-Länder zu ermöglichen. ({0}) Das ist doch nicht möglich: Ich versuche seit mehreren Monaten, drei Schwestern aus Syrien nach Deutschland zu holen, deren vierte Schwester die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Sie kriegen noch nicht mal einen Termin bei der deutschen Botschaft. ({1}) - Ich bin gezwungen, wenn ich Freundinnen und Freunde aus Syrien, aus dem Irak oder aus anderen Gebieten herholen will, illegale Wege zu finden, ({2}) weil der legale Weg nicht möglich ist. ({3}) Das ist doch ein Skandal. ({4}) Das Deutsche Institut für Menschenrechte prangert das auch immer an und fordert den Zugang für Menschen, die vor Gewalt und Krieg flüchten. Wenn da endlich mal ein bisschen Musik reinkommt und Möglichkeiten geschaffen werden, um diese Art des Menschenhandels einzudämmen, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar. - Sie merken, wie ich da auch sehr emotional werde; denn das ist für mich schon ein großes, großes Problem. Was soll ich solchen Leuten sagen, wenn sie zu mir sagen: „Mensch, versuch doch wieder hier den Zugang zu ermöglichen“? Aber ich möchte auch noch andere Initiativen des Deutschen Instituts für Menschenrechte hier erwähnen. Zum Beispiel gibt es beim Deutschen Institut für Menschenrechte eine eigene Abteilung für die wichtige Menschenrechtsbildung. Das ist viel zu wenig bekannt. Da werden Materialien zur Menschenrechtsbildung entwickelt, Seminare werden angeboten, um die Menschenrechtsbildung etwas mehr in den Fokus zu stellen und Menschen die Möglichkeit zu geben, sich da fortzubilden, was ja ganz wichtig ist. Man schaue nur in unsere Behörden, man schaue nur in Pflegeheime. Wir fordern als Linke, die Befugnisse des Deutschen Instituts für Menschenrechte nicht nur beizubehalten, sondern deutlich auszuweiten. So ist es absolut unabdingbar, dass dem Institut ein Auskunftsrecht bei Behörden eingeräumt wird. Wir fordern, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte das Recht erhalten, bei Behörden auch unangemeldet Akteneinsicht zu erhalten. Wir haben jetzt gerade von diesen Skandalen bei den Jobcentern gehört; da werden auch Menschenrechte mit Füßen getreten. ({5}) Wir freuen uns, dass da ein Paragraf ist - § 2 Absatz 3 in dem Gesetzentwurf -, der anvisiert, dass die finanziellen Mittel für das Deutsche Institut für Menschenrechte erhöht werden könnten, und hoffen, dass es so ist. Wir wünschen dem Deutschen Institut für Menschenrechte alles Gute. Machen Sie weiter eine so gute Arbeit wie bisher! Ich danke. ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Frank Schwabe, SPD-Fraktion. ({0})

Frank Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003846, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Es ist nicht leicht, in diesen Tagen über sachlich-fachliche Inhalte zu sprechen. Aber es ist notwendig, weil es sich um ein wichtiges Thema handelt, bei dem wir nun endlich vorankommen müssen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte bleibt in seinen Strukturen bestehen und wird durch diese schwierige Debatte und das, was auf dem Tisch liegt, durchaus gestärkt. ({0}) Vor knapp 15 Jahren wurde das Institut per fraktionsübergreifendem Beschluss im Deutschen Bundestag gegründet. Ich habe nachgeschaut. Es gab damals eine Pressemitteilung des damaligen Sprechers der SPDFraktion für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Rudolf Bindig. Er hat geschrieben: Das Institut soll politisch unabhängig sein. Darin waren sich alle am Antrag beteiligten Fraktionen sowie das Forum Menschenrechte als Gesprächspartner auf Nichtregierungsseite einig. Die Vereinsgremien werden daher mehrheitlich mit Vertretern nichtstaatlicher Bereiche besetzt sein. Lassen Sie es mich anders ausdrücken: Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist auch die Monitoringstelle zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Deswegen gibt das Institut Broschüren in leichter Sprache heraus. Wenn man unter den Begriffen „Unabhängigkeit“ und „Orientierung auf die Menschenrechtslage im Inland“ nachliest, dann stellt man fest, dass dort sehr einfach und klar in leichter Sprache beschrieben wird, worum es eigentlich geht. Dort steht zur Unabhängigkeit: Das Institut für Menschen-Rechte zeigt: Es hält sich an die Pariser Regeln. Das Institut ist selbständig. Das Institut ist frei. Die Regierung darf nicht mit bestimmen. Die Regierung bestimmt nicht über die Arbeit in dem Büro. In schwerer Sprache heißt das: Das Institut ist unabhängig. Zum Thema der Orientierung auf die innenpolitische Menschenrechtslage heißt es dort: Ein Institut arbeitet für die Menschen-Rechte in seinem eigenen Land. Ein Institut für MenschenRechte achtet besonders darauf: Werden die Menschen-Rechte in seinem Land beachtet. Was muss man machen, damit die Menschen-Rechte beachtet werden. Was kann man machen, damit die Menschen-Rechte weiter entwickelt werden. Genauso war es und bleibt es auch beim Deutschen Institut für Menschenrechte. ({1}) Im Übrigen noch der Hinweis: Es waren nicht wie vermutet Deals, die gemacht worden sind, sondern es war die Überzeugung, die am Ende dazu geführt hat, dass wir zu einem solch guten Gesetz gekommen sind. ({2}) Ich bedanke mich ganz herzlich beim Justizministerium für die Arbeit, die geduldig geleistet wurde. Ich bedanke mich bei allen, die die Verhandlungen geführt haben. Nicht anwesend sein können heute Johannes Fechner und Bernd Fabritius, die eine wichtige Rolle gespielt haben. Ich bedanke mich aber auch bei der Opposition für ihre konstruktiv-kritische Haltung. Wenn ich das richtig verstanden habe - wie auch immer wir das schließlich technisch organisieren -, wird es wieder eine breite Basis im Deutschen Bundestag geben. Das ist der Zivilgesellschaft und dem Deutschen Institut für Menschenrechte besonders wichtig. Vielen Dank an alle, die das Herz dafür in die Hand genommen haben. ({3}) Der Hauptdank geht allerdings an die Zivilgesellschaft, stellvertretend an das Forum Menschenrechte. Es gab großen Zuspruch und riesige Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ohne diesen Zuspruch - anders formuliert: ohne diesen vorsichtig ausgeübten Druck - nicht gegangen wäre. Wir haben es schließlich hinbekommen, sodass am Ende das Deutsche Institut für Menschenrechte und seine Direktorin Frau Professor Rudolf mit der Situation zufrieden sind. Wir haben sogar eine Kampagne organisiert, wie sie eine Werbeagentur nicht besser hätte durchführen können. ({4}) Mittlerweile wissen viel mehr Menschen in Deutschland, was für ein gutes Institut wir haben und was für eine tolle Arbeit dort geleistet wird. Das bleibt auch so. Was bedeutet das alles in internationaler Hinsicht? Ich will nichts mehr zum Grund des Gesetzes und zum Akkreditierungsausschuss sagen. Dazu wurde bereits alles gesagt. Es wäre in der Tat peinlich gewesen, wenn wir unseren bisherigen Status verloren hätten. Aber das ist nicht das zentrale Problem. Vielmehr hätten wir uns selbst der Stimme beraubt. Wie bereits gesagt, ist die im Inland geleistete Menschenrechtsarbeit die Eintrittskarte dafür, weltweit die Menschenrechtssituation in anderen Ländern überzeugend zu kritisieren. Es ist wichtig, dass wir weiterhin zu Aserbaidschan, Russland und SaudiFrank Schwabe Arabien mit starker Stimme sprechen können. Das ist nun gesichert worden. ({5}) Der Verein bleibt; das war zentral für uns. In allen Gremien gibt es eine zivilgesellschaftliche Mehrheit. Das Inland bleibt im Fokus. Darüber, wie viel betreffend das Ausland gemacht wird, entscheidet das Institut selber unter Berücksichtigung seiner finanziellen Lage. Das wurde bereits angesprochen: Wenn wir wollen, dass das Institut mehr tut, dann müssen wir auch sicherstellen, dass sich die finanzielle Situation des Instituts verbessert. ({6}) Dafür können wir nun sorgen; das wurde gerade richtigerweise erwähnt. Ich glaube, es gibt eine Festigung der Beziehungen zwischen dem Institut und dem Deutschen Bundestag, der in Zukunft den Haushalt des Instituts beschließen wird. Daneben entsenden wir zukünftig Kuratoriumsmitglieder aus der Wissenschaft und aus der Zivilgesellschaft, und wir werden einen jährlichen Bericht über die Menschenrechtssituation in Deutschland bekommen, mit dem wir uns dann hier auseinanderzusetzen haben. Auch darauf freue ich mich. ({7}) Ich freue mich auch auf die außen- und innenpolitischen Impulse des Instituts, über die es unter Berücksichtigung seiner Finanzmittel selbst entscheidet, und insbesondere auf die jetzt im Gesetzentwurf genannten Analysen zur Wirkung der europäischen und deutschen Politik auf die Lage der Menschenrechte in anderen Ländern. Neben der Entwicklungszusammenarbeit ist nämlich auch wichtig, welche Wirtschaftspolitik wir in Deutschland betreiben und welche Auswirkungen zum Beispiel Rüstungsexporte, Rohstoffabkommen und andere Dinge auf Lateinamerika und andere Staaten in der Welt haben. Im Übrigen freue ich mich auch - sicherlich mit Frau Steinbach gemeinsam - auf die Analysen des Instituts zu den menschenrechtlichen Folgen totalitärer Diktaturen und zum Nachkriegsgeschehen. Es ist doch interessant, auch einmal den Blick des Deutschen Instituts für Menschenrechte auf solche Dinge zu erfahren. Das kann die Debatte sicherlich erweitern. ({8}) Liebes Institut für Menschenrechte, es war eine schwere Geburt, aber das Kind ist gesund und munter. Sie sind eigenständig und unabhängig. Ein paar Bitten darf ich aber doch äußern: Sprechen Sie weiterhin aus, was ist! Legen Sie die Finger in die Wunden! Inspirieren Sie uns zum Nachdenken und Diskutieren! Konfrontieren Sie uns mit Ihren Erkenntnissen! Die Lage der Menschenrechte in Deutschland ist nämlich zwar besser als in manchen anderen Ländern, aber eben noch nicht gut genug. Auch hier sind Dinge zu verändern. Ich denke zum Beispiel an die menschenrechtliche Verpflichtung im Hinblick auf die Unterbringung von Flüchtlingen. Dazu gibt es eine spannende Untersuchung des Instituts vom Dezember des letzten Jahres. Außerdem denke ich an das Thema Racial Profiling. ({9}) Es geht um die polizeiliche Kontrolle aufgrund äußerer Merkmale, wie zum Beispiel der Hautfarbe. Dazu gibt es eine Pressemitteilung von vor wenigen Tagen. Es ist eben leider so, dass es Racial Profiling in Deutschland gibt, und wir sind gefordert, etwas dagegen zu unternehmen. ({10}) Sofern die äußeren Umstände dieser Tage - das ist wirklich schwierig - so etwas wie Freude aufkommen lassen, freue ich mich in der Tat über diesen Gesetzentwurf, der hier jetzt auf dem Tisch liegt. Er wird das Deutsche Institut für Menschenrechte stärken, und ich bin fest davon überzeugt, dass er auch die Menschenrechtslage in Deutschland, in Europa und in der Welt stärken wird. Deswegen herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben. ({11})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Renate Künast, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja schön, dass jetzt so viel eitel Sonnenschein herrscht. Ich kann aber nicht umhin, noch einmal an den Anfang dieser Geschichte zu erinnern. Frau Steinbach, Sie haben es mit Ihrer sanftmütig vorgetragenen Rede hier trickreich gemacht. Wir alle hier wissen aber, was Sie wollten. Man erlebt es selten: Ein Gesetzentwurf, der zwischen allen Ministerien abgestimmt ist - auch das Kanzleramt und die zuständigen Abteilungen dort üben keinerlei Kritik mehr -, soll auf die Tagesordnung des Kabinetts, während plötzlich eine einzelne Abgeordnete anruft und sagt: „So nicht!“, sodass das Bundeskanzleramt sagt: Okay, dann halten wir den Gesetzentwurf auf. - Das war es doch in Wahrheit. ({0}) Frau Steinbach, in Zeiten, in denen am rechten Rand der politischen Szene viel Aufruhr und Unruhe ist, haben Sie an dieser Stelle - ich sage es einmal so - wirklich die rechte Karte gezogen und kritisiert, dass sich dieses Institut im Wesentlichen nur mit den Menschenrechtsverletzungen im Inland und nicht auch im Ausland auseinandersetzt. Dank des Drucks von NGOs und dank der Opposition, die die Machenschaften, die da passiert sind, an die Medien durchgestochen haben, hat sich dann ein Druck entwickelt. Sonst wäre es wahrscheinlich schlimmer als heute gekommen. ({1}) Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist wirklich eine fantastische Organisation. Das war es schon, bevor es diesen Gesetzentwurf gegeben hat. Es hat einen hervorragenden Vorstand und ein hervorragendes Team dahinter. In Wahrheit haben Sie deren Arbeit in Zweifel gezogen und tun es immer noch, wenn Sie jetzt im Gesetzentwurf über die „vergleichende Perspektive“ reden. Frau Winkelmeier-Becker hat hier gerade gesagt, dass die Menschenrechte der Maßstab sind und über allem stehen. Gleichzeitig haben Sie über die „vergleichende Perspektive“ geredet. Nein, Menschenrechte haben in Wahrheit keine vergleichende Perspektive; sie gelten für sich. ({2}) Auch der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ wird bei uns nicht im Verhältnis zu der Situation in Afghanistan diskutiert. Da, finde ich, hat Ihr Gesetzentwurf einen Mangel. Mit wem wollen wir uns denn vergleichen? Wollen wir, dass das Institut in Zukunft Texte und Stellungnahmen schreibt, in denen steht: Bestimmte Dinge sind hier zu kritisieren - zu Recht, sage ich, Frau Steinbach -, etwa die Situation von Frauen in diesem Land. Das fängt mit häuslicher Gewalt an ({3}) und geht über das Sexualstrafrecht bis hin zum Thema Menschenhandel. Dabei geht es um sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und darum, was die Ursachen dafür sind. Wie soll man denn, wenn man das beschrieben hat, am Ende eine vergleichende Perspektive in den Text schreiben? Soll dort etwa stehen: „Aber in Nordkorea oder in Usbekistan ist es noch schlimmer“? Ich finde, das ist wirklich absurd. Ich hoffe, dass das Institut in der Praxis hierfür eine gute Lösung findet. ({4}) Ich glaube auch, dass an dieser Stelle das Prinzip nicht ganz verstanden wurde, oder Sie wollten es nicht verstehen. Der Witz ist doch gerade, dass wir international einen Menschenrechtsausschuss haben und jeder in seinem Land per gesetzlicher Grundlage, also nachvollziehbar und nicht par ordre du mufti, über die Errichtung eines Menschenrechtsinstituts entscheidet, das im eigenen Land beobachtet und unabhängig Stellungnahmen verfassen kann. Niemand hat doch behauptet, dass sich in Afghanistan, Somalia oder wo auch immer, selbst wenn dort Menschenrechtsinstitute existieren, alles richtig sei. Nein, aber ein solches Institut ist ein Instrument, mit dem dafür gesorgt werden soll, Jahr für Jahr für die Einhaltung der Menschenrechte in diesen Ländern zu kämpfen. Dieses Prinzip funktioniert am Ende aber nur, wenn wir es vorbildhaft vormachen und uns dabei nicht ausnehmen. So ist das mit UN-Prinzipien. ({5}) Lassen Sie mich als Letztes sagen: Am Ende ist daraus - selber schuld, Frau Steinbach - eine große Werbeinitiative für das Institut geworden. Jetzt möchten wir gerne mehr Finanzmittel sehen. Schließlich haben Sie dem Institut mehr Aufgaben übertragen. Auch wollen wir sehen, dass Fakten geschaffen werden. Der Kollege hat über Flüchtlingsunterbringung, Racial Profiling - man könnte auch ein Scoring dazunehmen - geredet. Auch möchte ich sagen: Machen wir endlich Butter bei die Fische und sorgen dafür, dass Produkte, die nach Europa und insbesondere nach Deutschland importiert werden, dahin gehend gekennzeichnet werden, ob im Rahmen ihrer Herstellung die Menschenrechte verletzt wurden oder nicht, ob sie aus besetzten Gebieten stammen, also Land, das man anderen weggenommen hat, ob es bei der Produktion zu Sklaven- oder Kinderarbeit gekommen ist. Ich gehe einmal davon aus, Frau Steinbach: In Zukunft engagieren Sie sich dafür, dass dieses Institut solche Dinge umsetzt und dass für eine entsprechende Kennzeichnung und EU-Politik gesorgt wird. ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Michael Frieser, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Michael Frieser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte während der Rede von Frau Künast Angst, dass sie keine Luft mehr bekommt. Das war eine Tour de Force durch sämtliche Themen. Sie haben am Anfang der Kollegin Steinbach gesagt, sie habe eine sanftmütige Rede gehalten. Frau Künast, der Vorwurf des Sanftmuts wird Sie sicherlich nie erreichen. Da brauchen Sie keine Angst zu haben. ({0}) Aber alles in einen hypotaktischen Satz zu packen, damit auch wirklich jedes Argument einmal untergebracht wurde, reicht allein nicht. Ich will in Richtung der Opposition sagen: Wir hätten auch mit rückhaltlosem Lob leben können. Wir hätten uns auch bedankt, wenn Sie uns dafür gelobt hätten, dass wir eine Botschaft ins Land senden: Die Menschenrechte, die Achtung dieser Menschenrechte und der Einsatz für diese Menschenrechte waren erstklassig und bleiben erstklassig. - Das ist der Wille dieses Parlaments. Das können und werden wir durchsetzen. Dafür hätten wir ein Lob verdient. ({1}) Aber gut. Wir können an dieser Stelle auch mit der Aufgabenkritik leben. Man sieht genau, wie sich die Redner der Opposition drehen und wenden, um dann irgendwie sagen zu können: Da habt ihr ganz schlechte Arbeit gemacht. - Die Tatsache, dass das Parlament in der Frühphase eines Gesetzgebungsverfahrens mitberaten will, nennt man nicht Rückschlag und schon gar nicht „rechte Karte“, ({2}) sondern das nennt man Parlamentarismus. ({3}) - Noch nicht einmal jetzt muss Frau Künast Luft holen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag mit genau diesem Thema beschäftigt, was wir im Koalitionsvertrag ganz bewusst so formuliert haben: Wir brauchen eine „stabile Grundlage“. - Jede stabile Grundlage und jedes stabile Fundament brauchen ihre Zeit bis zur Fertigstellung, in der man um die Inhalte tatsächlich ringen kann. Nur dann kommt ein gutes Ergebnis dabei heraus. Insofern halte ich fest: Entscheidend ist ({4}) erstens die gesetzliche Grundlage - die haben wir erstellt und zweitens die Unabhängigkeit. Was haben wir uns an Vorwürfen anhören müssen, dass wir es überhaupt wagen, in einem Gesetzentwurf zu regeln, dass ein Deutsches Institut für Menschenrechte beim Bundestag, bei einem Ministerium oder bei irgendeiner anderen Stelle der Bundesrepublik Deutschland aufgehängt wird. Schon das würde den Verdacht nähren, dieses Institut sei nicht unabhängig. Das ist kompletter Unsinn. Denn die Unabhängigkeit ergibt sich daraus, ob die dort angesiedelten Aufgaben tatsächlich frei von Beeinflussung wahrgenommen werden können. Das ist durch die Beantwortung entscheidender Fragen sichergestellt worden: Erstens kann die Institution eine Rechtsform wählen, die ihr Genüge leistet. Zweitens ist sie unabhängig, da sie sich auf eine stabile Finanzierung verlassen kann, und drittens ist eine plurale Gesellschaft daran beteiligt. Das alles sind Fragen, die einer Ordnung bedurften. Das haben wir erledigt. Deshalb haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur den Auftrag, den wir uns selbst gegeben haben, sondern, glaube ich, auch die Erwartungen der Öffentlichkeit an diese Fragen vollständig erfüllt. ({5}) Ein entscheidender Punkt ist - das will ich auch ansprechen - die vergleichende Grundlage. Wenn einem bei der Argumentation zu diesem Thema gar nichts mehr einfällt, verweist man gerne auf die Aussage „Menschenrechte sind unteilbar“. Was für ein Satz! Jawohl, Menschenrechte sind tatsächlich unteilbar; sie sind nicht in einen innen- und außenpolitischen Teil teilbar; sie gelten im In- und Ausland. Aber genau darum geht es beim Deutschen Institut für Menschenrechte, nämlich eine 360-Grad-Perspektive einzunehmen, die es zulässt, über die Fragen nachzudenken, wie Deutsche im Ausland auftreten - zum Beispiel im Zusammenhang mit den zivilen Diensten -, wie die Politik, die wir im Ausland betreiben, dort ankommt und was uns davon zurückgespiegelt wird. Jetzt wird der Menschenhandel als das entscheidende Problem angesehen. Was passiert denn in Deutschland? Deutschland ist der Hort des Menschenhandels. ({6}) Deutschland ist zu einer Plattform geworden, die im internationalen Zuschnitt benutzt wird. Genau darum geht es: die Auswirkungen der Bedingungen im Ausland auf das Inland mit zu untersuchen. Diese Aufgabe geht mir gerade im Zusammenhang mit dem Menschenhandel sehr nahe und ist mir sehr wichtig. Deshalb bedarf es auch der internationalen Perspektive. ({7}) Nur dann, wenn wir all das gewährleisten, haben wir unseren gesetzgeberischen Auftrag tatsächlich erfüllt. ({8}) Deshalb ist es gut, dass Sie trotz des gesamten Feuerwerks, das Sie hier abbrennen, am Ende dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. Denn er hat es verdient. Vielen Dank. ({9})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Der Kollege Arnold Vaatz spricht jetzt noch für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich glaube, dass die entscheidenden Punkte, die wir gemeinsam angestrebt haben, verwirklicht sind. Das Institut ist unabhängig. Es ist frei in seiner Tätigkeit. Es hat aber eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen, auf deren Erfüllung wir als Gesetzgeber bestehen müssen. Ich glaube, so war es auch von Anfang an gedacht. Demzufolge möchte ich mich bei allen, insbesondere bei den Kollegen von unserem Koalitionspartner, dafür ganz herzlich bedanken. ({0}) Ich finde, dass die Diskussion um dieses Gesetz für alle sehr fruchtbar war, weil sie uns dazu gebracht hat, uns eingehend mit diesem Thema zu beschäftigen und uns darüber klarzuwerden, was die Funktion eines solchen Instituts sein muss, wo die Grenzen und Möglichkeiten liegen. Meine Damen und Herren, bitte gestatten Sie mir, dass ich zwei Punkte herausgreife, die in der Diskussion angerissen worden sind, aber meines Erachtens noch nicht erschöpfend behandelt worden sind. Vielleicht schaffe ich zeitlich nur einen Punkt, aber auch er ist es wert. Ich bin genauso wie der Kollege Schwabe und Frau Künast der Meinung, dass es in unserem Land Racial Profiling gibt und dass entsprechende Fälle zur Sprache gebracht und mit aller Entschiedenheit bekämpft werden müssen. Das ist überhaupt keine Frage. ({1}) Aber den Vorwurf, insbesondere den pauschalen Vorwurf an Menschen, dass sie Rassisten seien, ohne dass sie sich dagegen wehren können, halte ich ebenfalls für schädlich. Ich möchte Ihnen eine Begebenheit aus meiner Tätigkeit als Abgeordneter erzählen und Ihnen das Urteil überlassen. Vor etwa drei Jahren kam eine junge Polizistin in meine Abgeordnetensprechstunde und erklärte, dass sie aus psychischen Gründen den Polizeidienst verlassen werde. Ich habe gefragt, aus welchem Grund sie das machen wolle. Daraufhin sagte sie - sie war in Leipzig tätig -, dass sie ständig großen Auseinandersetzungen ausgesetzt sei, dass sie teilweise in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt worden sei, bei denen es auch unter Kollegen Verletzte gegeben habe usw., und dass sie es nicht ertragen könne, pauschal als Rassistin beschimpft zu werden. Das belaste sie psychisch so sehr, dass sie ihren Dienst aufgeben werde. Daraufhin habe ich mich einmal mit diesem Thema befasst. Ich habe mir die Studie des Instituts angeschaut. Dann habe ich einen Brief an die Deutsche Polizeigewerkschaft geschrieben und gefragt, wie sie eigentlich zu diesem Vorwurf des Racial Profilings stehe, der sich allein aus § 22 Bundespolizeigesetz ergäbe. Die Antwort lautete - ich zitiere - folgendermaßen: „Ein Racial Profiling gemäß aller auffindbaren Definitionen findet in der Bundespolizei nicht statt.“ Das sagte die Polizeigewerkschaft. Ich stelle Ihnen den Briefwechsel gern zur Verfügung. Weiter hieß es: Die Forderung in der Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte nach einem nicht kompensierten Wegfall der lagebildabhängigen Befragung nach § 22 Absatz 1 Bundespolizeigesetz oder der Identitätsfeststellung nach § 23 Absatz 3 Bundespolizeigesetz ist gerade im Hinblick auf die derzeit geradezu explodierende Migration in Richtung Deutschland völlig abwegig und widersinnig. - Es gibt also nicht nur ausschließlich Bestätigungen für die Arbeit des Instituts. Aber auch das hat mich nicht zufrieden gestellt; denn selbstverständlich weiß ich, dass jemand natürlich auch pro domo reden kann und dass das möglicherweise auch wieder eine sehr parteiische Stellungnahme ist. Demzufolge bin ich weitergegangen und habe mich als Nächstes bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erkundigt. Ich wollte wissen, wie viele gemeldete Fälle von Racial Profiling es eigentlich gibt. Ich habe die Antwort erhalten, dass es bei der Antidiskriminierungsstelle im Zeitraum zwischen 2006 und 2014 - das sind insgesamt acht Jahre - insgesamt 32 Meldungen von Racial-Profiling-Vorfällen gegeben hat. Obwohl das eine sehr geringe Zahl ist, bin ich selbstverständlich der Meinung, dass jedes einzelne dieser Vorkommnisse entsprechend gewürdigt und ihm nachgegangen werden muss. Demzufolge gab es die Rückfrage, welche Details dazu vorlägen, ob der jeweiligen Beschwerde nachgegangen worden sei und ob sie habe bestätigt werden können. Ich habe festgestellt, dass nicht einer einzigen Beschwerde wirklich auf den Grund gegangen wurde oder sie gar aufgeklärt wurde. Das legt für mich persönlich den Verdacht nahe, dass die Dimension dieses Problems möglicherweise nicht unbedingt eine pauschale Anklage der gesamten Bundespolizei rechtfertigt. Meines Erachtens sind solche Fragen Fragen des Maßes und der Maßstäblichkeit und bedürfen der Berücksichtigung. Das möchte ich dem Institut einfach einmal mit auf den Weg geben - nichts anderes. Das ist keine Kritik, sondern ein Vorschlag. Im Endeffekt möchte ich noch etwas sagen: Ich bin bis zu meinem 35. Lebensjahr daran gehindert gewesen, meine Meinung frei auszudrücken, frei zu wählen und meinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Das alles sind Dinge, die für diejenigen, die diesen Zustand nicht kennen, selbstverständlich sind. Ich habe mir geschworen, niemals Zustände zu akzeptieren, die von solchen Ländern, in denen Verhältnisse herrschen, die ich damals gewohnt war, verwendet werden können, um die eigene Lage zu rechtfertigen. Das ist dann der Fall, wenn es unser Prinzip ist, auf uns zu zeigen, was ja richtig ist. Falsch wäre aber, ausschließlich auf uns zu zeigen, während zugleich andere Länder, die elementare Menschenrechte überhaupt nicht achten, ebenfalls nach dem Prinzip vorgehen, auf uns zu zeigen. Dann zeigen zwei auf uns, und die anderen sind exkulpiert. Das ist gerade das Gegenteil der Universalität von Menschenrechten. Vielen Dank. ({2})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Wir sind damit am Ende der Debatte angekommen. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/4421 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es Vizepräsidentin Ulla Schmidt dazu anderweitige Vorschläge? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, hat die Fraktion Die Linke die Gelegenheit zu einer Erklärung zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/4460 gewünscht. Bitte schön, Herr Wunderlich.

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es hat nach meinem Kenntnisstand eine Irritation über das Abstimmungsver- halten der Linken gegeben. Deswegen möchte ich für meine Fraktion richtigstellen, dass sich die Fraktion Die Linke zu diesem Entschließungsantrag der Koalition auf der besagten Drucksache enthalten hat.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön. - Dann ist das so im Protokoll ver- merkt. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 c auf: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Privatisierung von Bundesliegenschaften stoppen - Liegenschaftspolitik des Bundes nachhaltig reformieren Drucksache 18/4419 Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss ({0}) Innenausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Caren Lay, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen ({1}) Drucksache 18/2882 Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) Drucksache 18/3873 c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses ({3}) zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn ({4}), Dr. Tobias Lindner, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes Drucksachen 18/3044, 18/3873 Über den Gesetzentwurf und über die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses werden wir später namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke. ({5})

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Tribünen! Wohnungsnot ist wieder zu einem drängenden Problem in deutschen Großstädten geworden. Es bilden sich lange Schlangen in Treppenhäusern, wenn es um die Vermietung der wenigen preiswerten Wohnungen geht. Allein hier in Berlin, der deutschen Hauptstadt, fehlen 120 000 preisgünstige Wohnungen. In München haben im vergangenen Jahr 24 000 Menschen eine Sozialwohnung beantragt. Nur 3 800 konnten eine vom Staat geförderte Wohnung bekommen. Die Zahl der akut Wohnungslosen hat in München einen Rekordstand erreicht. Ende vergangenen Jahres waren es 4 300 Menschen, darunter 1 000 Kinder, die in Pensionen und Notquartieren untergebracht werden mussten. Ich finde, das ist mehr als ein Alarmzeichen; da müssen wir handeln. ({0}) Die hochverschuldeten Kommunen verkaufen weiter Immobilien, um ihre Kassen kurzfristig aufzubessern. Das muss endlich ein Ende haben; denn bezahlbarer Wohnraum wird so nicht geschaffen. ({1}) Investoren wollen doch eine maximale Rendite aus ihren gekauften Immobilien erzielen. Es werden eben keine preisgünstigen Wohnungen, sondern Luxuswohnungen gebaut. Wohnungen werden zur Ware. Wir als Linke sagen dagegen: Wohnen ist ein Grundrecht. ({2}) Was macht die Bundesregierung? Die Bauministerin, Frau Hendricks, hat ein Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen organisiert. Das könnte eine gute Sache sein, wenn der Finanzminister mit im Boot wäre. Aber er handelt nicht anders als Miethaie, die auf maximale Rendite setzen. ({3}) - Guter Vorschlag. - Ich will daran erinnern, dass im Jahr 2012 die Bundesregierung 11 500 Wohnungen in Ostdeutschland an einen Finanzinvestor verkaufte. Es gab damals eine Alternative: das Angebot der Genossenschaft TLG FAIRWOHNEN. Das Konzept dieser Genossenschaft ist im Namen enthalten, nämlich faires Wohnen, keine Rendite. Das ist der richtige Weg. ({4}) Wir wollen mit unserem Gesetzesantrag die renditeorientierte Politik der Bundesregierung endlich ändern. Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, müssen beim sozialen Wohnungsbau Ihrer Verantwortung endlich gerecht werden. ({5}) Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verfügt über 26 000 Objekte, 500 000 Hektar Grundstücksfläche sowie bundesweit noch 39 000 Wohnungen. Die Mieten dieser Wohnungen sind meist noch günstig. Geeignete Grundstücke könnten für Wohnungsbau oder gemeinwohlorientierte Vorhaben günstig abgegeben werden. Sie wissen doch selbst: Viele Bundesländer und Kommunen suchen händeringend günstige Grundstücke für solche Zwecke. Trotzdem veräußert die Bundesregierung seit Jahren öffentliche Wohnungen und für den Wohnungsbau geeignete Grundstücke. Das geschieht grundsätzlich nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisverfahren. Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag. Sozialpolitische Erwägungen spielen da keine Rolle. Das, meine Damen und Herren, können wir nicht mehr länger akzeptieren. ({6}) Wir als Linke haben im Haushaltsausschuss, der über solche Verkäufe zu entscheiden hat, immer wieder versucht, die Privatisierung von Bundeswohnungen zu stoppen, wie aktuell bei der Veräußerung der Wohnungen in Berlin-Schöneberg in der Großgörschenstraße oder am Lützowufer in Berlin-Tiergarten oder auch beim Dragoner-Areal in Berlin-Kreuzberg. Aber leider scheiterte dieser vernünftige Versuch immer wieder an den Stimmen von Union und auch SPD, obwohl die Berliner SPD-Abgeordneten hier durch die Stadt laufen und so tun, als würden sie eine andere Politik machen. Meine Damen und Herren, das ist nicht ehrlich. ({7}) Wir fordern: Erstens. Der Verkauf von Bundeswohnungen zum Höchstpreis wird abgeschafft. Das Gleiche gilt für Grundstücke, die für den Wohnungsbau geeignet sind. Zweitens. Den Bundesländern wird ein gesetzliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Details stehen ja in den Vorlagen. Ich will noch hinzufügen: Vor gut drei Wochen, nachdem die Fraktion Die Linke den Gesetzentwurf vorgelegt hatte, reagierte die SPD-Fraktion immerhin mit einem eigenen Positionspapier mit dem Titel „Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik für bezahlbares Wohnen und Bauen“. Einige Punkte wurden aus unserem Gesetzentwurf übernommen. Das ist gut. Aber daraus ist weder eine parlamentarische Initiative mit dem Koalitionspartner Union erwachsen, noch hat sich das Abstimmungsverhalten der SPD-Abgeordneten im Haushaltsausschuss verändert. Im Gegenteil: Bei der Behandlung unseres Gesetzentwurfs haben die Berliner SPD-Abgeordneten den Saal verlassen, und bei den folgenden Abstimmungen haben sie sämtlichen Liegenschaftsveräußerungen zugestimmt. Und das, meine Damen und Herren, ist nicht nur schlecht, sondern das ist unehrlich. ({8}) In Berlin haben Mieterinitiativen einen Volksentscheid für ein „Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“ auf den Weg gebracht. So etwas, meine Damen und Herren, brauchen wir auch auf der Bundesebene. Ich schlage Ihnen vor - das ist das Vernünftigste -: Nehmen Sie unser Gesetz an! Dann kann aus dem Miethai Bund ein Wohnungseigentümer mit sozialer Verantwortung werden. Und das ist dringend erforderlich. Vielen Dank. ({9})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächster Redner ist André Berghegger, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. André Berghegger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema, über das wir hier heute debattieren, ist nicht neu. Es kommt regelmäßig auf die Tagesordnung. Wir tauschen uns hier immer wieder aus und versuchen, die anderen von unserer eigenen Meinung zu überzeugen. Egal wie wir das Thema nennen, welchen Titel wir den Anträgen oder Gesetzentwürfen geben - im Kern geht es aus meiner Sicht doch immer um das Thema „Erhalt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung“. Frau Lötzsch, Sie werden sich nicht wundern, wenn wir dezidiert anderer Auffassung als Sie sind. Ich versuche es erneut, Sie von unserer Meinung zu überzeugen. ({0}) - Das wird schwierig, ja; aber ich versuche es immer wieder. ({1}) Das Ziel, das wir gerade beschrieben haben, ist ja in Ordnung, aber die Frage ist doch, ob die Liegenschaftspolitik des Bundes dafür das richtige Mittel ist. Ich denke, dass angespannte Wohnungsmärkte und der angesprochene Verdrängungswettbewerb kein flächendeckendes Problem in Deutschland sind, sondern dass das insbesondere in bestimmten Gebieten, in Ballungsräumen oder in Studentenstädten etc., eine Rolle spielt. Deswegen lohnt sich, glaube ich, ein Blick auf die Gesamtkonzeption unserer Wohnungspolitik, anstatt nur die Liegenschaftspolitik isoliert zu betrachten. Unser gesellschaftspolitisches und wirtschaftspolitisches Leitbild in Deutschland ist die soziale Marktwirtschaft. Das haben wir auch im Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR 1990 festgehalten und im Lissabonner Vertrag auf die europäische Ebene gehoben. Das heißt, dass der Staat den rechtlichen Rahmen für wirtschaftliches Handeln setzt. Wettbewerbsbeschränkungen sollen möglichst vermieden werden, aber sozialpolitische Maßnahmen sind natürlich möglich. Das Ziel muss sein: größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung. Was bedeutet das für die Wohnungspolitik? Ich bin der Meinung, dass weder der Staat noch Private immer garantieren können, dass ein ausreichender Bestand an notwendigen Sozialwohnungen vorhanden ist. Wir brauchen dringend verschiedene Akteure. Wichtig ist aus meiner Sicht: Wir als Staat können und wollen nicht überall alles regeln, schon gar keine Einzelfälle. Es gibt einen großen Instrumentenkoffer in Deutschland im Bereich der Wohnungspolitik - beim BMUB, bei den Ländern und bei den Kommunen. Kommen wir zunächst auf die Instrumente von Ländern und Kommunen zu sprechen: Umwandlungsverbote von Miet- in Eigentumswohnungen in sogenannten Milieuschutzgebieten, Zweckentfremdungsverbote bei Wohnraummangel, insbesondere hinsichtlich der Umwandlung in Ferienwohnungen. Vor allen Dingen gibt es aber die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, und gerade diese haben doch auch den Auftrag, bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung in den Städten zur Verfügung zu stellen. Gerade hier können wir Projekte quersubventionieren. Gerade die öffentlichen und teilöffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen doch nicht bei jedem Projekt auf die Rendite achten, sondern sie können auch andere Projekte durchführen und trotzdem wirtschaftlich handeln. Damit erzeugt man, denke ich, eine Vorbildwirkung. Als Bürgermeister der Stadt Melle war ich auch Aufsichtsratsvorsitzender einer Wohnungsbaugesellschaft. Wir haben immer versucht, mit dieser durch genau solche Tätigkeiten dort, wo private Investoren nicht oder noch nicht gehandelt haben, Stadtentwicklung anzustoßen. Wir sind damit Schritt für Schritt ganz gut vorangekommen. Zum Bund. Der Bund unterstützt wohnungspolitische Maßnahmen der Länder und der Kommunen, ersetzt sie aber nicht. Der Bund hat hier verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Als Erstes wäre die Wohnraumförderung zu nennen. Seit der Föderalismusreform liegt die Zuständigkeit für diesen Bereich ausschließlich bei den Ländern. Als Kompensation für diesen Zuständigkeitswechsel erhalten die Länder für diese Aufgabe jährlich über 500 Millionen Euro. An dieser Stelle erwarte ich natürlich von den Ländern, dass sie diese Mittel zweckentsprechend und nicht zur Konsolidierung des Haushaltes einsetzen. ({2}) Dann gibt es die Städtebauförderung. Die Koalition hat eine deutliche Aufstockung der Mittel von 455 auf 700 Millionen Euro pro Jahr vorgenommen. Insbesondere die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ sind deutlich erhöht worden; entsprechende Projekte sollen ja gerade der Stabilisierung von strukturschwachen Gegenden, von strukturschwachen Stadtteilen dienen. Darüber hinaus haben wir die Mietpreisbremse beschlossen. Über sie wird, glaube ich, heute noch im Bundesrat beraten. Zu guter Letzt komme ich auf das Wohngeld zu sprechen. Das Wohngeld hat in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Wohn- und Mietpolitik eine Ausgleichsfunktion. Es soll der Zugang zu Wohnraum zu durchschnittlichen Kosten erleichtert werden. Und eine Wohngeldreform wurde auf den Weg gebracht. Sie sehen also: Es gibt viele Instrumente, um bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen. Diese sollten wir zuerst nutzen, bevor wir neue Wünsche formulieren. Durch verschiedene Förderprogramme können wir Investitionen anschieben. Doch aus meiner Sicht ist und bleibt das wichtigste Mittel zur Entspannung des Wohnungsmarktes der Bau von neuen Wohnungen. Neubau ist der beste Mieterschutz. ({3}) Eine isolierte Betrachtung der Liegenschaftspolitik führt hier nicht weiter. Liegenschaftspolitik verfolgt ganz andere Ziele. Zweck der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemäß § 1 BImAG ist es, Liegenschaften nach kaufmännischen Grundsätzen einheitlich zu verwalten und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Wirtschaftlich veräußern bedeutet in der Regel: zum vollen Wert - einige Antragsteller heute seien daran erinnert, dass das Gesetz am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, das heißt zur Zeit einer rotgrünen Koalition -, aber von diesem bewährten Prinzip wollen die Oppositionsfraktionen heute abkehren. Ziel ist die Neuausrichtung der BImA. Das finde ich aus verschiedenen Gründen problematisch: Es passt nicht in die Gesamtkonzeption unserer Wohnungsbaupolitik, es verschiebt Verantwortungen, und in Anbetracht der vielen Steuerungsmöglichkeiten, die die Länder und die Kommunen haben - ich konnte sie gerade nur andeuten -, ist diese Verschiebung auch nicht notwendig und damit abzulehnen. Liegenschaften, die die BImA verwaltet, gehören zum Vermögen des Bundes. Das ist Vermögen des Steuerzahlers, und wir haben verantwortungsvoll damit umzugehen, zum größtmöglichen Nutzen für die Allgemeinheit. Die BImA verwaltet alljährlich 2 000 bis 3 000 Objekte. Aus meiner Sicht ist das keine den gesamten Wohnungsbestand in Deutschland beeinflussende Größe. Emotional diskutiert werden im Wesentlichen Einzelfälle. Ich kann auch die Sorgen und Ängste der Betroffenen vor einer möglichen Verdrängung verstehen, so wie wir es im Vorrednerbeitrag gehört haben. Aber das ist aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für eine bundesweite Regelung. Der Wohnungsmarkt in ganz Deutschland unterscheidet sich zu stark, und wir müssen an die Gesamtheit aller Mieter denken. Deswegen finde ich es sehr klug, wenn die entsprechenden Maßnahmen vor Ort, so nah wie möglich an den Betroffenen, ergriffen werden. Instrumente gibt es genügend. ({4}) Die Liegenschaftspolitik dient insofern aus meiner Sicht vor allem der seriösen Haushaltspolitik. Das ist auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs zum BImA-Gesetz aufgenommen worden. Dort heißt es, dass „überwiegend fiskalisch geprägte Aufgabenbereiche der Bundesvermögensverwaltung“ eine Rolle spielen. Es wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass entbehrliche Liegenschaften veräußert werden sollen. In Ihren Anträgen wird ein Punkt besonders hervorgehoben, den ich hier deshalb auch gesondert erwähnen möchte: die Konversionsflächen. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Kommunen bei der Übernahme ehemals militärisch genutzter Liegenschaften weiter unterstützt werden sollen. Das ist ein mehrstufiges Verfahren. Bereits 2012 hat der Haushaltsausschuss eine Erstzugriffsoption für Kommunen eingeführt. Dadurch können die Kommunen entsprechende Liegenschaften ohne ein Bieterverfahren direkt zum Verkehrswert erwerben. In einem zweiten Schritt werden wir jetzt in einer Richtlinie festlegen, wie die verbilligte Abgabe der entsprechenden Flächen unterhalb des Verkehrswertes erfolgen kann, und das in einem Volumen von 100 Millionen Euro. ({5}) Hier gibt es ein bundesweites Interesse an diesem Thema; denn diese Liegenschaften sind bundesweit verteilt und überall vorzufinden. Diese Liegenschaften - da dürfen wir die Kommunen nicht alleinlassen - müssen zukunftsfähig genutzt werden. Insgesamt lässt sich also festhalten: Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht haben wir ein schlüssiges, aufeinander abgestimmtes Konzept in der Wohnungsbaupolitik. Änderungen sind nicht erforderlich. Deswegen werden wir Ihre Anträge und den Gesetzentwurf ablehnen. Vielen Dank fürs freundliche Zuhören. ({6})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Dr. Tobias Lindner das Wort.

Dr. Tobias Lindner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004217, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mieterinnen und Mieter bundeseigener Wohnungen! Herr Dr. Berghegger, Sie haben ja eben hier eine Rede gehalten ganz nach dem Motto „Alles prima mit der BImA“. ({0}) Sie haben einen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich dass man die Liegenschaftspolitik der BImA nicht isoliert betrachten dürfe und sie deshalb nicht nutzen könne, um alle Probleme der Wohnungsbaupolitik in Deutschland zu lösen. ({1}) Auch wenn ich jetzt einen Zuruf direkt von der Regierungsbank höre, vom Herrn Staatssekretär, will ich sagen: Ja, klar, man kann mit der BImA nicht alle Probleme lösen. Aber so, wie es diese Koalition tut, nämlich die BImA zu ignorieren und eine Wohnungsund Städtebaupolitik zu betreiben, die sich in ein Paradoxon hineinbegibt, zu dem ich gleich kommen werde, geht es auch nicht. ({2}) Die Sozialdemokraten konnten sich ja hier vor wenigen Wochen vor Kraft kaum noch abfeiern für die Mietpreisbremse. Sie haben erzählt, Herr Berghegger, was Sie alles Tolles tun. Nur, am Ende wird es Mieterinnen und Mietern - gerade in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt; in München, in Frankfurt, erst recht hier in Berlin - nichts nutzen, wenn der Bund weiterhin auf Bieterverfahren beharren muss und dadurch die Preise für Liegenschaften hochgetrieben werden, was sich dann auch in den Mieten widerspiegelt. So erreichen Sie keine sozialverträglichen Mieten in Berlin und anderswo in Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({3}) Wenn man über den Verkauf einer Dienstvilla oder eines Gewerbegebietes oder über Verkäufe, die nicht der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, reden würde, müsste der Bund selbstverständlich im Interesse des Steuerzahlers schauen, dass er einen ordentlichen Kaufpreis erzielt; das ist unstrittig in diesem Haus. Nur, Verantwortung des Bundes für seine Liegenschaften, Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum in Deutschland das ist eben mehr als der Kaufpreis. ({4}) Sie haben, Herr Kollege Berghegger, den § 1 des BImA-Gesetzes angesprochen und erwähnt. Ich würde Ihnen raten, sich mit Herrn McAllister zu unterhalten, ein Parteifreund von Ihnen. ({5}) Nach meinem Kenntnisstand war er am 6. Dezember 2012 noch Ministerpräsident Ihres Bundeslandes. Er hat an diesem Tag an einem einstimmigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mitgewirkt, in dem gefordert wird, diesen von Ihnen erwähnten § 1 des BImA-Gesetzes derart zu erweitern - das haben wir Grüne in diesem Hause oft beantragt -, dass nicht nur der Kaufpreis allein zählt, sondern dass der Bund wohnungsbau- und regionalentwicklungspolitische Aspekte aufnehmen muss. Das ist nach wie vor richtig und notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({6}) Der SPD in diesem Haus kann ich eines nicht ersparen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist so - das ist in einer Demokratie nicht überraschend -, dass Opposition und Koalition andere Meinungen haben. Es ist Ihr gutes Recht, im Haushaltausschuss bei Verkäufen wie dem Dragoner-Areal - wir Ausschussmitglieder haben Hunderte von E-Mails dazu erhalten - zu sagen: Das sehen wir anders. Wir möchten es verkaufen. Aber ich finde es schon verwunderlich, dass am Dienstag in der Berliner Zeitung von Ihrer Fraktionskollegin, Frau Kiziltepe, zu lesen war - Zitat -: Der Verkauf des Dragoner-Areals muss vom Haushaltsausschuss des Bundestages gestoppt werden. Am Mittwoch, einen Tag später, verkündete Herr Schulz in der taz, gegen den Vertragsentwurf zu stimmen. Weil ich sichergehen wollte, dass ich es im Ausschuss richtig mitbekommen habe, teilte uns der Haushaltsausschuss durch sein Sekretariat noch einmal mit, dass der Veräußerung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen zugestimmt wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, es mag ja sein, dass Sie sich nicht durchsetzen können, es mag ja sein, dass Sie eine andere Meinung haben als wir, aber dann unterlassen Sie bitte eines: Hören Sie auf, durch Berlin zu ziehen und den Leuten zu erzählen, Sie verhindern die Verkäufe. Denn im Haushaltsausschuss machen Sie das Gegenteil. ({7}) Das ist Sand in die Augen der Mieterinnen und Mieter streuen, die sich Sorgen machen. ({8}) Wir Grüne haben deswegen heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir verschiedene Schritte fordern. Wir wollen, dass es nicht nur um Konversionsliegenschaften geht, sondern dass das Erstzugriffsrecht auf alle Liegenschaften ausgedehnt werden muss, wenn es um öffentliche Daseinsvorsorge geht. Wir wollen auch - ich verstehe die Große Koalition hier nicht, dass sie die Bemühungen der Großen Koalition in Berlin konterkariert -, dass es ein Verkaufsmoratorium in den Städten gibt, wo der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist. Es kann nicht sein, dass das Land Berlin Liegenschaften ankaufen will und man dann wie bei einer Salami Scheibchen für Scheibchen verhökert. So ist keine gute Liegenschaftspolitik zu machen. Das ist gegen die Interessen der Mieterinnen und Mieter in diesem Land für einen bezahlbaren Wohnraum. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind diese Anträge von uns und von den Linken heute bitter notwendig. Ich danke Ihnen. ({9})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion erhält jetzt die Kollegin Petra Hinz das Wort. ({0})

Petra Hinz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, eines ist hier im Hause festzuhalten: Wir alle, jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin, die hier sitzen, arbeiten daran, dass jeder Mieter eine adäquate Wohnung hat, dass wir keine Probleme mit dem Wohnraum haben, dass wir im Bereich der kommunalen Politik für die Menschen vor Ort unsere Arbeit machen. Ich glaube, das können wir hier gemeinsam feststellen. ({0}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte es - ich will es einmal ganz höflich sagen - für sehr polemisch, dass einzelne meiner Kolleginnen und Kollegen des Haushaltsausschusses herausgegriffen werden. Sie alle leisten hier vor Ort redliche Arbeit. Jeder von ihnen kennt die Situation. ({1}) - Entschuldigen Sie bitte. Zeigen Sie nicht mit dem Finger auf meine Kollegen. Drei Finger zeigen auf Sie zurück. Es ist ja wohl üblich im Ausschuss, dass man für seine Position eintritt, dass man als Wahlkreisabgeordneter deutlich macht, wofür man gerne im optimalen Fall stimmt, und seine eigene Fraktion und die Koalition davon überzeugt. ({2}) - Waren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Grünen, noch nie in einer Koalition? Was ist denn in Frankfurt? Was ist denn in Hessen? Sind Sie da in keiner Koalition? Stehen Sie da etwa beim Thema Flughafen und anderen Dingen nicht vor der Situation, entsprechende Kompromisse einzugehen? ({3})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Hinz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Petra Hinz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen. ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Keine Zwischenfragen. Okay.

Petra Hinz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich finde es unredlich, wie Sie einzelne Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss vorführen, um reine Polemik zu betreiben. ({0}) Petra Hinz ({1}) Mein Kollege hat gerade schon sehr deutlich gemacht, dass es beim Thema Wohnquartiere um mehr geht, nämlich um einen Dreiklang aus Wohnraumförderung - in der Tat -, Mietpreisbremse - sie wird heute im Bundesrat verabschiedet - und Bereitstellung von Geldern für die Infrastruktur; da haben wir gerade ein umfassendes Programm vorgelegt und die entsprechenden Gelder bereitgestellt. Richtig ist auch, dass man bei den Immobilien der BImA schon in den zurückliegenden Jahren zu einer Lösung gekommen ist, wenn Einvernehmen zwischen dem Land und der Kommune, den kommunalen Wohnungsgesellschaften, herrschte. Ich will zwei Projekte aus meiner Stadt hervorheben. Das Gelände der Ruhrlandkaserne hat eine Fläche von 170 000 Quadratmetern. Dort ist bezahlbarer Wohnraum geschaffen worden, und zwar für junge Familien. Auf dem Gelände einer anderen Kaserne in meinem Wahlkreis, in Essen, ist ein Gewerbegebiet geschaffen worden. Ich gebe meinem Kollegen Berghegger recht, wenn er sagt: Es ist ein Dreiklang, ein Zusammenspiel der Kommunen, der Länder und des Bundes mit seiner Gesetzgebung. Eines wollen wir aber nicht: an den Kommunen vorbei wohnungspolitische Gestaltung vor Ort vornehmen. Die Kommunen wissen, wo sie Wohnraum schaffen müssen. Sollen neue Flächen erschlossen werden, oder soll man weitere Brachen erschließen? Soll man da, wo zu kleiner Wohnungsraum besteht, Rückbau vornehmen? Soll man weiteren Wohnungsbau vornehmen, wenn ja, in welchen Bereichen? Wir haben das 100-Millionen-Euro-Programm auf den Weg gebracht, aus dem Gelder an die Kommunen für den Bereich der Konversionsflächen abfließen können. Hier haben die Kommunen ein Instrument in die Hand bekommen, um Wohnungsbaupolitik zu realisieren. Mein Kollege Uli Krüger hat hier in der ersten Lesung, bei der Einbringung dieses Themas, deutlich gemacht, dass die BImA nur einen Bruchteil der benötigten Immobilien zur Verfügung stellt und sie mit Sicherheit nicht allein das Problem der Wohnungsnot beheben kann, das in Ballungsgebieten und bei speziellem Wohnraum herrscht - ob es seniorengerechte Wohnungen, familienfreundliche Wohnungen oder ein anderer Bereich ist. Wir reden nicht über die Postwohnungen, wir reden nicht über die Bahnimmobilien, sondern ausschließlich - da haben wir Einfluss - über die BImA-Immobilien. Da haben wir einiges auf den Weg gebracht. Sie wissen ganz genau, dass dem Haushaltsausschuss seit dem 19. März der Entwurf einer Satzung vorliegt, die in der ersten Sitzungswoche nach der Osterpause eingebracht und hier diskutiert werden soll, mit der wir genau auf die Forderungen eingehen, die Sie in Ihren Anträgen formuliert haben: nämlich zur Frage des Erwerbs zur Errichtung von Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus und zur Frage des Erwerbs zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Hier wird weiter festgelegt, zu welchen Konditionen, zu welchem Kaufpreis die Grundstücke und Immobilien abgegeben werden. Hier wird auch festgelegt, dass der Kaufpreis bis auf 80 Prozent begrenzt werden kann. Das, was Sie jetzt bei uns hier einfordern und was heute beschlossen werden soll, liegt dem Haushaltsausschuss bereits vor. Wir werden es in der ersten Sitzungswoche nach der Osterpause beschließen. Dann geschieht genau das, was Sie gemeinsam mit uns wollen: Wir geben den Kommunen über die Städtebauförderung, über das Programm „Soziale Stadt“ und über das 100-Millionen-Euro-Programm für den Bereich der Konversionsflächen Instrumente an die Hand, um dort, wo Bedarf besteht, genau die richtigen Maßnahmen zu treffen. Herzlichen Dank. ({2})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Dr. Tobias Lindner. ({0})

Dr. Tobias Lindner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004217, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Liebe Frau Kollegin Hinz, ich glaube, wir brauchen uns nicht gegenseitig katholisch zu machen, wenn es darum geht, Koalitionsregierungen anzugehören. Das tut meine Partei in acht Bundesländern, und wir haben auch schon im Bund einer solchen angehört. Darum geht es uns also nicht. Ich finde es interessant, der Opposition Polemik vorzuwerfen, wenn diese darauf hinweist, dass es einen Unterschied zwischen einem angekündigten und einem tatsächlichen Abstimmungsverhalten geben kann. ({0}) Jetzt hat der Kollege Schulz mich eben angesprochen. Ich will das hier der Vollständigkeit halber erwähnen, um keine unnötige Schärfe hereinzubringen. Er sagt, er habe sich gegenüber der taz - was sein Abstimmungsverhalten betrifft - nie so geäußert. Ich war nicht dabei, ich kann das nicht beurteilen. Ich kann nur beurteilen, was ich in Zeitungen lese. Er sagt, er habe im Haushaltsausschuss an der besagten Abstimmung nicht teilgenommen. Das Protokoll verzeichnet im Moment etwas anderes. Vielleicht klären Sie in der Arbeitsgruppe der SPD, wie Sie Ihr Abstimmungsverhalten im Haushaltsausschuss üblicherweise koordinieren. Herr Schulz, vielleicht gehen Sie im Nachhinein auf den Haushaltsausschuss zu und lassen das im Protokoll entsprechend richtigstellen, wenn Sie das anders sehen. Ich will noch einen letzten Satz sagen: Frau Hinz, ich finde es interessant, dass Sie ankündigen, es werde alles kommen, was wir beantragt haben. Dem ist mitnichten so. Die vorgelegten Richtlinien, die im Ausschuss behandelt werden sollen, umfassen Konversionsliegenschaften. Damit ist aber den Menschen in der Großgörschenstraße und den Menschen in Städten mit einem angespannten Wohnungsmarkt kein bisschen geholfen; denn es geht um weitaus mehr als nur um Konversionsliegenschaften. ({1})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön. - Frau Kollegin Hinz, Sie möchten noch einmal das Wort? - Bitte schön.

Petra Hinz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003768, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Kollege, liebe Kollegin, selbstverständlich können Sie hier im Plenum Dinge mitteilen und auch Abstimmungsverhalten und Wortbeiträge meiner Kolleginnen und Kollegen aus den Ausschüssen noch einmal öffentlich machen. Ich habe darüber gesprochen, dass Sie, so glaube ich, keinen meiner Kolleginnen und Kollegen absprechen können, dass sie das, was sie in der Öffentlichkeit sagen, in ihrer parlamentarischen Arbeit auch tatsächlich umsetzen. Das ist aber gerade in zwei Wortbeiträgen gemacht worden. Ich bin in den Arbeitsgruppen und in den Ausschüssen dabei. Die Kollegen, die Sie genannt haben, haben mit Nachdruck und vehement auf die Anliegen der Bürger hier in Berlin aufmerksam gemacht. Parlamentarischer Brauch ist: Wenn man nicht die Meinung der Mehrheit vertritt, dann kann man entweder dagegen stimmen oder sich enthalten. Sie kennen die Gepflogenheiten im Haushaltsausschuss, dass man dort - egal wie man im Plenum abstimmt - sich möglichst dem gemeinsamen Votum anschließt. Es ist unfair, dass Sie jetzt versuchen, meine Kollegin und meinen Kollegen in der Öffentlichkeit so darzustellen, als würden diese das, was sie in der Öffentlichkeit sagen, nicht im Rahmen ihrer parlamentarischen Arbeit umsetzen, und das stimmt in dieser Form nicht.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Jetzt hat der Kollege Alois Rainer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. ({0})

Alois Rainer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns jetzt wieder zum Thema zurückkehren. ({0}) Ich beginne mit einem Zitat von Ludwig Erhard: Unser Tun dient nicht nur der Stunde, dem Tag oder diesem Jahr. Wir haben die Pflicht, in Generationen zu denken. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben veräußert Liegenschaften nach dem Vollwert- bzw. Höchstpreisverfahren. Dies ist in unserer Bundeshaushaltsordnung so geregelt. Diese Verfahren sind völlig unbedenklich und in meinen Augen auch absolut richtig. Die BImA muss sich an die bestehenden Vorschriften halten und tut dies auch. Das Eigentum des Bundes wird und wurde durch den Steuerzahler finanziert. Also hat der Bund in Gestalt der BImA auch dafür Sorge zu tragen, dass marktgerechte Preise bei der Verwertung von Bundesliegenschaften erzielt werden.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Rainer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kühn?

Alois Rainer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, heute nicht mehr.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Heute nicht mehr. ({0})

Alois Rainer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, wessen Vermögen wir hier verwalten. Wir verwalten das Geld und das Vermögen der deutschen Steuerzahler, und deshalb ist es unsere Pflicht, damit verantwortungsvoll umzugehen. Darüber hinaus geht es an den eigentlichen Problemlagen vorbei, wenn man glaubt, dass die BImA die Wohnungspolitik in Berlin mit den bundeseigenen Immobilien aktiv beeinflussen könnte. Der Wohnungsbestand des Bundes in Berlin unterhält mit gerade einmal 0,3 Prozent - das sind circa 5 100 Wohnungen - noch nicht einmal 1 Prozentpunkt des gesamten Bedarfes. Für die Wohnraumpolitik haben wir andere Instrumente; viele davon sind bereits angesprochen worden; ich komme gleich noch darauf zu sprechen. Mit einer Abkehr vom Höchstpreisverfahren bei der Veräußerung bundeseigener Liegenschaften oder einem Verkaufsmoratorium lösen wir nicht das Problem der Wohnungsknappheit und steigender Mieten in den Ballungsräumen, ({0}) sondern verlagern diese Probleme nur. Es kann nicht Aufgabe des Bundes sein - und ist es auch nicht -, mit Ramschverkäufen seiner Immobilien den Wohnungsmarkt in Berlin zu stützen. ({1}) Sie verkennen auch, dass die Immobilien der BImA Bestandteil des Wohnungsmarktes sind. Mit denen von Ihnen geforderten verbilligten Verkäufen erzielen Sie allerhöchstens ein Verlustgeschäft zulasten der Steuerzahler. Das ist mit uns beim besten Willen so nicht zu ma9380 chen. Wir haben nicht so hart darauf hingearbeitet, keine neuen Schulden zu machen, um dann Sachwerte unter Wert zu verkaufen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist keine seriöse und keine nachhaltige Haushaltspolitik. Lassen Sie mich noch kurz auf die Wohnraumpolitik eingehen. Diese Aufgabe wurde aus gutem Grund den Ländern und den Kommunen zugewiesen. Denn diese wissen, wie schon gesagt, am besten, wie die Wohnraumsituation vor Ort aussieht und welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen, um bezahlbaren Wohnraum langfristig erhalten zu können. Der Bund unterstützt die Kommunen bei ihrer bedarfsgerechten Planung und bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte. Bei den Bundesliegenschaften haben die Kommunen ein sogenanntes Erstzugriffsrecht und können Liegenschaften der BImA im Direktkauf erwerben - natürlich zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert. Dazu muss die Kommune ihr Kaufinteresse bekunden und darlegen, dass mit der Nutzung der Liegenschaft Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllt werden müssen. ({2})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege, gestatten Sie mir folgende Bemerkung: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass die Abstimmungen bevorstehen und dann immer Unruhe im Saal herrscht. Aber die Höflichkeit gebietet, dass das jetzt bitte alles leise vor sich geht. Der Kollege Rainer hat hier das Recht, zu reden, und auch das Recht, dass ihm zugehört wird. ({0})

Alois Rainer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die BImA schöpft den weit auszulegenden Anwendungsbereich der Erstzugriffsoption bei Konversionsgrundstücken ebenso aus wie bei der Veräußerung von Nichtkonversionsgrundstücken. Führt das angemeldete Interesse der Kommunen nicht zum Kauf der Liegenschaft, berücksichtigt die BImA im Verlauf des Bieterverfahrens selbstverständlich die kommunalpolitischen Entwicklungsziele, zum Beispiel die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Hier ist der Bund bereits einen großen Schritt auf die Kommunen zugegangen. ({0}) Die Bundesländer können Umwandlungsverbote aussprechen. Das ist eine Möglichkeit, von der Bayern bereits Gebrauch macht. ({1}) Dadurch soll die Aufteilung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen in besonders begehrten Wohnvierteln verhindert werden. Das Baugesetzbuch ermöglicht den Städten und Gemeinden, Milieuschutzsatzungen für Rück- und Umbauten sowie für Modernisierungen festzulegen. Dieses Instrument dient genau wie die Möglichkeit der Einführung von Zweckentfremdungsverboten dazu, einer Verdrängung der ursprünglich ansässigen Bevölkerung aufgrund von steigenden Wohnkosten entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf die Mietpreisbremse zu sprechen kommen. Auch hier haben wir den Handlungsspielraum der Länder erweitert. Denn künftig können sie in einem auf fünf Jahre begrenzten Zeitraum festlegen, in welchen Städten und Stadtteilen der Mietpreis bei Neuvermietungen höchstens 10 Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Mit diesen Instrumenten kann vor Ort mehr erreicht werden als durch den verbilligten Verkauf einzelner Bundesliegenschaften. Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass wir die angesprochenen Probleme nicht lösen, wenn wir nur die Symptome bekämpfen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, die Ursachen zu finden und dann geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Denn das eigentliche Problem in angespannten Wohnungsmärkten ist der Wohnraummangel und nicht der Preis ausgewählter Immobilien. Die vielschichtigen Probleme des Wohnraummangels lösen wir nicht, indem wir einzelne auf dem Markt angebotene Immobilien und Grundstücke aus der Vermögensverwaltung der BImA zulasten der Steuerzahler verbilligt verkaufen. ({2}) Den künftigen Wohnraummangel könnten wir unter anderem auch dann nachhaltig bekämpfen, wenn es uns gelingen würde, auch die ländlichen Regionen um die Ballungsgebiete herum so zu stärken, dass das Wohnen in diesen Gebieten und Regionen attraktiv ist. ({3}) Deshalb verfolgen Ihre Vorschläge den falschen Ansatz und sind vollständig abzulehnen. Vielen herzlichen Dank. ({4})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank, Herr Kollege Rainer. - Jetzt hat der Kollege Klaus Mindrup, SPD-Fraktion, als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort. ({0})

Klaus Mindrup (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004354, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist noch nicht so lange her, da hat mich ein freundlicher Mann angesprochen und mir erzählt, dass seine Wohnung von der BImA im Jahr 2018 verkauft werden soll. Er hat sich unglaublich gefreut, dass Berlin jetzt mit dem Bund über den Verkauf von 4 600 Wohnungen verhanKlaus Mindrup delt und dass auch seine Wohnung dabei ist. Er könne jetzt wieder ruhig schlafen. Es ist ein riesiger Fortschritt, dass die Städte und Gemeinden jetzt ein Erstzugriffsrecht bei Verkäufen der BImA für Wohnhäuser mit mehr als vier Wohnungen haben. ({0}) Offenbar hat sich das bei der Opposition noch nicht herumgesprochen. Aber, ich denke, Sie sollten sich da erkundigen; dann werden Sie das bestätigt bekommen. Dieser Abschied vom Höchstpreisverfahren im Wohnsegment macht auch volkswirtschaftlich Sinn. Herr Bundesfinanzminister Dr. Schäuble hat selbst vor einer Blasenentwicklung am Immobilienmarkt gewarnt. Immobilienblasen drohen immer dann, wenn der Ertrag und der Preis einer Immobilie in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander stehen. Deswegen ist es auch richtig, dass Wohnungen jetzt zum Verkehrswert, was der volle Wert im Sinne der Haushaltsordnung ist, veräußert werden. Natürlich muss, wenn die Werte festgestellt werden - Berlin verhandelt ja gerade mit dem Bund - auf die Rahmenbedingungen geachtet werden und natürlich vor allen Dingen auf den Ertragswert der Immobilien, damit man da zusammenkommen kann. Auflagen zum Mieterschutz sind sinnvoll und zulässig. Diese müssen in den Kaufverträgen abgesichert werden, auch gegenüber den Städten und Gemeinden. Das sage ich ganz bewusst als Berliner: Die Große Koalition in Berlin hat unter der Führung der SPD die Liegenschaftspolitik in Berlin nachhaltig verändert. ({1}) Während unter Rot-Rot mit dem GSW-Verkauf eine der größten Privatisierungen der deutschen Geschichte erfolgt ist, werden in Berlin jetzt wieder Wohnungen von Berlin gekauft und neu gebaut. ({2}) Auch die Mittel für den sozialen Wohnungsbau werden jetzt in Berlin wieder entsprechend eingesetzt und zukünftig durch Landesmittel gegenüber den Ansätzen des Bundes vervierfacht. ({3}) - Ich finde es immer interessant, wenn gerufen wird, dass es die SPD gewesen ist. Beim letzten Mal haben Sie gerufen, dass es einen Finanzsenator der SPD gab. Ich sage Ihnen: Sie haben doch mit am Kabinettstisch in Berlin gesessen und das alles mitgemacht. ({4}) Ich sage doch auch nicht, dass Herr Schäuble jetzt hierfür verantwortlich ist. ({5}) Ich hoffe - das ist wichtig; da haben wir alle eine Verantwortung -, dass sich Berlin, der Bund und die BImA bei den 4 600 Wohnungen einig werden und dass dieser Verkauf zum Abschluss kommt, damit die Bewohnerinnen und Bewohner dieser 4 600 Wohnungen langfristig gut schlafen können. ({6}) Aber wir brauchen auch eine Lösung für Flächen mit Entwicklungspotenzial. Die Konversionsflächen sind ein Teil davon. Auch hier ist die Formulierung im Koalitionsvertrag richtig: Es geht um die Förderung der „am Gemeinwohl orientierten Vorhaben der Kommunen, wie der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und einer lebendigen Stadt“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das umgesetzt werden kann, indem jetzt alle BImA-Potenzialflächen von Kommunen gekauft werden. Das gilt erst recht für Berlin mit den hohen Altschulden. Das wäre ein falscher Weg. ({7}) Aber wir brauchen eine stärkere Einbeziehung der Kommunen bei der Vergabe dieser Flächen. ({8}) Konzeptverfahren bieten hier die Chance, dass sich BImA und Gemeinden von Anfang an auf ein Konzept verständigen und dies dann unter Beteiligung Dritter - das können Genossenschaften, aber auch Private sein umsetzen. Dies ist nach EU-Recht möglich. Berlin macht es mit dem Liegenschaftsfonds vor. ({9}) Das ist auch für die BImA besser; denn wenn man sich vorher einigt, gibt es hinterher keine Schwierigkeiten. Es ist schon mehrfach gesagt worden, dass die Städte und Gemeinden umfangreiche Rechte haben: Aufstellung von Bebauungsplänen, Veränderungssperren, Ausweisung von Entwicklungsgebieten, Ausweisung von Erhaltungssatzungen und Vorkaufsrechte nach dem Baugesetzbuch. Dies müssen die Gemeinden nutzen. Deswegen macht es auch Sinn, von Anfang an zusammenzuarbeiten. Da das Dragoner-Areal hier genannt worden ist: Ich bin gespannt, wie sich der grün regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verhält: ob er seiner Verantwortung gerecht wird, die Mittel des Baugesetzbuches auszunutzen, oder ob er das nicht tut. ({10}) Die meisten Mieterinnen und Mieter in Deutschland leben nicht in Wohnungen der BImA. Deswegen möchte ich den Bogen am Ende etwas weiter spannen. Wir haben in der Großen Koalition die Städtebaufördermittel aufgestockt. Wir haben den Zuschuss für den barrierefreien Umbau geschaffen. ({11}) Wir haben das Bündnis für bezahlbares Wohnen und die Mietpreisbremse auf den Weg gebracht. ({12}) Aber wir sind noch lange nicht durch. Ich möchte aus dem Koalitionsvertrag zitieren: Durch eine Anpassung der Härtefallklausel … werden wir einen wirksamen Schutz der Mieter vor finanzieller Überforderung bei Sanierungen gewährleisten. ({13}) Wir werden auch die Modernisierungsumlage neu regeln. Wir brauchen gutes und bezahlbares Wohnen für alle Mieterinnen und Mieter. Dafür steht diese Koalition, und daran arbeitet diese Koalition. Danke schön für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen schöne Ostertage. Wir sehen uns nach Ostern wieder. Alles Gute! ({14})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Wir beenden damit die Aussprache und kommen zu den Abstimmungen über die Tagesord- nungspunkte 22 a bis 22 c. Hierzu liegt eine Reihe von Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor.1) Tagesordnungspunkt 22 a. Interfraktionell wird Über- weisung der Vorlage auf Drucksache 18/4419 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla- gen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Tagesordnungspunkt 22 b. Wir kommen zur Abstim- mung über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen. Der Haus- haltsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- schlussempfehlung auf Drucksache 18/3873, den Gesetz- entwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/2882 abzulehnen. Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf auf Verlangen der Fraktion Die Linke namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Plätze an den Urnen besetzt? - Ich sehe, das ist der Fall. Ich er- öffne die namentliche Abstimmung über den Gesetzent- wurf auf Drucksache 18/2882. Ist ein Mitglied des Hauses da, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Vielleicht wäre es gut, wenn alle, die schon abgestimmt haben, sich einmal von den Urnen entfernen würden; dann hätte ich von hier aus eine bes- sere Übersicht. Haben jetzt alle Mitglieder des Hauses Ihre Stimmkarte abgegeben? - Ich sehe, das ist der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe- 1) Anlage 7 rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin- nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2) Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen; denn wir kom- men zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22 c. Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine nachhaltige und zu- kunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- che 18/3873 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- sache 18/3044. Wir stimmen nun über Buchstabe b der Beschlussempfehlung namentlich ab. Ich bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Ich sehe, das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung über Buchstabe b der Beschlussempfehlung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Ich sehe, dass alle Stimmen abgegeben sind. Damit schließe ich die Aus- sprache. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekannt gegeben.3) Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 23 a und 23 b auf: a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD Auslaufen der Milchquote - Wettbewerbsfähigkeit der Milchviehhalter sichern Drucksache 18/4424 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft ({0}) Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landwirtschaft braucht flächendeckende Milchviehhaltung - Bäuerliche Milcherzeuger stärken - Milchpreise stabilisieren Drucksache 18/4330 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser. ({1}) 2) Ergebnis Seite 9384 C 3) Ergebnis Seite 9386 B

Peter Bleser (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000198

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst den Minister entschuldigen, der wegen eines Trauerfalls in seiner Heimat sein muss. Wir werden in vier Tagen den 31 Jahre andauernden Versuch staatlicher Mengenregulierung beenden. Am Mittwoch nächster Woche ist die EU-Milchquotenregelung Geschichte, und das ist gut so. ({0}) Beschlossen wurde der Ausstieg aus dieser Quotenregelung 2003 in Europa. Ich darf daran erinnern, dass damals Frau Künast Landwirtschaftsministerin war und diesen Beschluss mitgetragen hat. Das erwähne ich, um von vornherein klarzustellen, wie die politische Geschäftslage ist. Die Milchquotenregelung hat ihre Ziele nie erreicht. Sie konnte sie auch nie erreichen, weil staatliche Markteingriffe vom Prinzip her nie auf Dauer funktionieren können. Nachdem man nach dem Krieg die Nahrungsmittelproduktion mit festgesetzten Interventionspreisen richtigerweise angereizt hatte, glaubte man damals allerdings, diesen kostenintensiven landwirtschaftlichen Produktionsbereich sowie die entstandenen Milchseen und Butterberge mithilfe einer Quotenregelung in den Griff zu bekommen. Ich will den damaligen Kolleginnen und Kollegen aus heutiger Sicht nicht absprechen, dass ihre Zielrichtung richtig war. Diese Regelung hat damals Marktbrüche durchaus verhindert. Aber man hätte viel früher aussteigen müssen. ({1}) Denn diese Quotenregelung hat die Milchbauern sehr viel Geld gekostet und zu einer starken Reglementierung geführt. Die gewünschten Ziele betreffend die Einkommenssituation wurden bei weitem nicht erreicht. Noch 1984 gab es knapp 370 000 Milcherzeuger in Deutschland. Heute sind es nur noch 77 000. Das ist eine Folge des Strukturwandels, den die Milchquotenregelung ebenfalls nicht verhindern konnte. Der Bauernverband schätzt, dass in diesem Zeitraum über 4 Milliarden Euro Quotenkosten von den Landwirten zu tragen waren. Auch das wirkte sich letztlich einkommensmindernd aus. Wir haben allein 1,9 Milliarden Euro als Superabgabe an Brüssel zahlen müssen. Noch im letzten Jahr waren es 163 Millionen Euro. Das alles geht vom landwirtschaftlichen Einkommen ab. Deswegen ist es gut, dass diese Quote abgeschafft wird. ({2}) Wir haben aber nicht nur wie das Kaninchen auf die Schlange auf das erwähnte Datum geschaut. Vielmehr haben wir schon 2005 begonnen, eine Exportstrategie zu entwickeln. Wir sind auf die Märkte gegangen. Wir hatten in den letzten Jahren große Zuwachsraten gerade in diesem Bereich zu verzeichnen. Heute steht im Münchner Merkur: „Die Jagd nach dem weißen Pulver“. Wahrscheinlich verstehen die Grünen etwas anderes darunter als wir. Wir verstehen darunter Milchpulver. ({3}) Wenn uns Besitzer von Drogerien sagen, dass ganze Heerscharen dort die Regale mit Babymilchpulver leerräumen, um es nach China schicken zu können, dann ist dies ein Kompliment für die Qualität der deutschen Milchproduktion, das nicht größer sein könnte. ({4}) Diese Strategie der Öffnung der Märkte und des Abschaffens der Exportsubventionen - wir wollen uns den Märkten stellen - funktioniert. Im letzten Jahr haben wir 18 Millionen Tonnen Milchäquivalente exportiert und 61 Prozent mehr Magermilchpulver - dieses weiße Pulver - verkauft. Dadurch haben wir auch von den hohen Weltmarktpreisen profitieren können. ({5}) Wir haben im letzten Jahr Milchprodukte im Wert von 9,5 Milliarden Euro exportieren können. Fast 8 Milliarden Euro Umsatz erzielten wir mit Ländern der Europäischen Union, und der Rest ging in Länder außerhalb der Euro-Zone, wo unsere Produkte ebenfalls sehr begehrt sind. Meine Damen und Herren, ich appelliere an uns alle, mehr Vertrauen in die Märkte zu haben. Wir sind mit Sicherheit gut aufgestellt; denn die deutsche Milchproduktion ist wettbewerbsfähig. Trotzdem haben wir es nicht versäumt, ein Sicherheitsnetz auf europäischer Ebene zu spannen. Es gibt eine Schwelle, ab der die Kommission entscheiden kann - zum Beispiel bei schweren Marktstörungen -, ob es hilfreich und notwendig ist, vorübergehend einzugreifen, um eine große Kapitalvernichtung in der Landwirtschaft zu vermeiden. Es gibt also - und das ist auch richtig ein Sicherheitsnetz, ({6}) zugegebenermaßen unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze. ({7}) Mit der letzten Agrarreform ist es gelungen, erheblich mehr Mittel für die zweite Säule zur Verfügung zu stellen, um die Milchkühe durch staatliche Transferleistungen gerade in den Regionen zu halten, in denen wir sie halten wollen: in den benachteiligten Gebieten, in den Berggebieten, in den Grünlandgebieten. Damit wollen wir auch die gewünschte Wirkung in Bezug auf den Erhalt der Kulturlandschaft erzeugen. ({8}) Meine Damen und Herren, auch unsere Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ hilft den Landwirten, sich auf die Marktbedingungen einzustellen - bei gleichzeitiger Einhaltung höchster Tierschutzniveaus. Ein Landwirt kann eine Förderung von 40 Prozent erhalten, wenn er tiergerechte Ställe baut. Es gibt keine Produktion in der Landwirtschaft, die die Zielvorgaben bezüglich des Tierwohls derart erfüllt wie die Milchtierhaltung. ({9}) Ich bitte gerade die Grünen, das Bauernbashen in diesem Bereich endlich einzustellen. Das trifft Menschen, die jeden Tag sehr hart arbeiten. ({10}) Die Produktionskosten sind unterschiedlich hoch, und wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Wir müssen aber auch wissen, dass wir nicht nur aufgrund der Produktion im Stall, im landwirtschaftlichen Betrieb, wettbewerbsfähig sind, sondern dazu gehören auch die Transportkette, die Verarbeitung und der Lebensmitteleinzelhandel. In der Summe sind wir wettbewerbsfähig. Ich habe es schon gesagt: Unsere Produkte sind in der Welt sehr begehrt. In China muss die deutsche Schrift auf Milchpackungen sein, weil das das Vertrauen in die Produkte erhöht. Das ist ein Zeichen, das uns sehr zufrieden machen muss. ({11}) Wir wissen nicht - das wird in der Debatte nachher sicherlich noch angesprochen werden -, wie die Marktlage in den nächsten Monaten sein wird. Wir wissen aber, dass langfristig mehr Milch gebraucht wird, weil die Weltbevölkerung wächst und weil sich die Verzehrgewohnheiten ändern, und wir wissen, dass Qualität wichtig ist, um in diesen Märkten zu bestehen. Ich darf Ihnen am Schluss sagen, dass sich die Landwirte darauf verlassen können, dass die Bundesregierung ihnen zur Seite steht. Ich bin ein Milchbauer! Herzlichen Dank. ({12})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Ich gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt: Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Liegenschaftsveräußerungen, Drucksachen 18/2882 und 18/3873: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 56, mit Nein haben gestimmt 409, Enthaltungen 55. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 519; davon ja: 55 nein: 409 enthalten: 55 Ja DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({0}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({1}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({2}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Hans-Christian Ströbele Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens ({3}) Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({4}) Axel E. Fischer ({5}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({6}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Vizepräsidentin Ulla Schmidt Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Jürgen Hardt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Frank Heinrich ({7}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({8}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Antje Lezius Matthias Lietz Andrea Lindholz Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({9}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({10}) Stefan Müller ({11}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({12}) Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({13}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({14}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({15}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({16}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({17}) Lena Strothmann Michael Stübgen Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({18}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({19}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({20}) Sabine Weiss ({21}) Karl-Georg Wellmann Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({22}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({23}) Burkhard Blienert Willi Brase Marco Bülow Martin Burkert Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Ulrich Freese Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({24}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Christina Kampmann Vizepräsidentin Ulla Schmidt Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({25}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller ({26}) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Ulli Nissen Mahmut Özdemir ({27}) Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Florian Post Achim Post ({28}) Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({29}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({30}) Matthias Schmidt ({31}) Carsten Schneider ({32}) Ursula Schulte Swen Schulz ({33}) Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Michael Thews Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({34}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Enthalten BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Annalena Baerbock Volker Beck ({35}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({36}) Christian Kühn ({37}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Das Ergebnis der Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes“, Drucksachen 18/3044 und 18/3873, lautet: abgegebene Stimmen 520. Mit Ja haben gestimmt 410, mit Nein haben gestimmt 56, Enthaltungen 54. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 520; davon ja: 410 nein: 56 enthalten: 54 Ja CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Dorothee Bär Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens ({38}) Sybille Benning Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({39}) Axel E. Fischer ({40}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({41}) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Vizepräsidentin Ulla Schmidt Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Jürgen Hardt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Frank Heinrich ({42}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({43}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Barbara Lanzinger Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Antje Lezius Matthias Lietz Andrea Lindholz Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({44}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({45}) Stefan Müller ({46}) Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({47}) Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Ronja Schmitt ({48}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({49}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({50}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Armin Schuster ({51}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Tino Sorge Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Strobl ({52}) Lena Strothmann Michael Stübgen Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({53}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Albert Weiler Marcus Weinberg ({54}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({55}) Sabine Weiss ({56}) Karl-Georg Wellmann Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({57}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Dr. Katarina Barley Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Bärbel Bas Lothar Binding ({58}) Burkhard Blienert Willi Brase Marco Bülow Martin Burkert Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Ulrich Freese Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Kerstin Griese Gabriele Groneberg Uli Grötsch Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Dirk Heidenblut Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({59}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Vizepräsidentin Ulla Schmidt Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({60}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Hiltrud Lotze Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller ({61}) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Ulli Nissen Mahmut Özdemir ({62}) Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Florian Post Achim Post ({63}) Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({64}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({65}) Matthias Schmidt ({66}) Carsten Schneider ({67}) Ursula Schulte Swen Schulz ({68}) Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Michael Thews Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({69}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Nein BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Annalena Baerbock Volker Beck ({70}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn ({71}) Christian Kühn ({72}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Omid Nouripour Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Manuel Sarrazin Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Enthalten DIE LINKE Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Dr. Rosemarie Hein Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({73}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({74}) Martina Renner Michael Schlecht Kersten Steinke Azize Tank Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Birgit Wöllert Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({75}) Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann, Fraktion Die Linke. ({76})

Dr. Kirsten Tackmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003853, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! In ein paar Tagen fällt nun die Brüsseler Milchquote. Seit 1984 durften Milchbäuerinnen und Milchbauern nur die Milchmenge produzieren, die sie vorher über die Quote teuer gekauft hatten. Damit sollten Milchseen und Butterberge verhindert werden und die Preise stabil bleiben. Aber das hat - zugegeben - nur begrenzt funktioniert: Das Höfesterben wurde nicht aufgehalten, und seit circa 2007 schwankt der Milchpreis wieder erheblich. Viele können sich sicherlich noch an die europaweiten Milchstreiks vor einigen Jahren erinnern. Legendär war die tagelange Belagerung des Kanzlerinnenamtes durch Milchbäuerinnen; das hat mich sehr beeindruckt. Die Politik hat schließlich reagiert. Heraus kam eine sogenannte Kuhschwanzprämie, also Geld für die Betriebe. Allerdings war das eher eine Sterbe- als eine Überlebenshilfe. Das haben wir von Anfang an kritisiert, und leider haben wir damit recht behalten. Manche jubeln jetzt darüber, dass die Fesseln der Quote endlich fallen, damit sie endlich so viel Milch produzieren können, wie sie wollen. Wachstum ist hier das Zauberwort. Der Preis für diese Freiheit könnte sich aber als sehr hoch erweisen; denn die Profiteure dieser Entscheidung arbeiten nicht in den Kuhställen. Sie sitzen vor allen Dingen in den Chefetagen des Lebensmitteleinzelhandels und der Molkereien. Sie werden bald auf große Mengen billiger Milch zugreifen können. Gleichzeitig haben sie die Marktmacht, die Preise für die Erzeuger noch unter die Erzeugungskosten zu drücken, zum Wohl der eigenen Profite. Ich finde, das ist absolut inakzeptabel. ({0}) Die Verlierer sind vor allen Dingen die Milchviehbetriebe, die ihre Leute gut bezahlen, die ihren Kühen etwas mehr Komfort bieten oder die an schwierigen Standorten arbeiten, zum Beispiel im Mittelgebirge; denn in diesem ruinösen Wettbewerb geht es vor allen Dingen um niedrige Erzeugungskosten. Als Linke sage ich: Das ist ein Irrweg. ({1}) Nun heißt es ja immer, dass der nimmersatte Weltmarkt nur auf die deutsche Milch warten würde. Ich zitiere dazu nur zwei Schlagzeilen aus diesem Jahr. Im Januar stand in den Zeitungen: Bauern in China schütten Milch weg, weil seit August die Preise kontinuierlich gesunken waren. - Anfang März hieß es: „Aldi-Kunden bekommen Dürre in Neuseeland beim Butterpreis zu spüren“. - Die Botschaft ist doch klar: China kann die steigende Nachfrage selbst decken. Die Lebensmittelpreise in den Supermärkten sind von den Erzeugungskosten hierzulande längst abgekoppelt. Sie folgen globalen Einflüssen bis hin zu Währungsschwankungen und Embargos. Der Traum von einem blühenden Exportmarkt hat das klare Potenzial zu einem veritablen Alptraum. Das Risiko müssen vor allen Dingen die Milchviehbetriebe tragen. Ich finde, das ist ausgesprochen unfair, und das kann auch so nicht bleiben. ({2}) In der öffentlichen Anhörung dazu am vergangenen Montag erklärten uns dann einige Experten, man könne doch Warenterminbörsen für Milch zur Risikominimierung nutzen. Gerade nach der Finanzmarktkrise finde ich diesen Vorschlag abenteuerlich. Die Linke sagt klar: Milch ist keine Ramschware für den Weltmarkt. ({3}) Deshalb müssen wir bei der Milchpolitik wieder die Menschen und die Kühe in den Mittelpunkt stellen. Es gibt doch Alternativen. In der Anhörung am Montag hat uns beispielsweise Gunnar Hemme von der HemmeMilch deutlich erklärt: Er verarbeitet die Milch von drei regionalen Erzeugern. Untereinander werden die Preisschwankungen ausgeglichen. Auf dem Berliner und Brandenburger Markt findet die Hemme-Milch aus der Uckermark großen Zuspruch. - In einem solchen solidarischen Regionalprinzip gelingt übrigens auch die Steuerung der Milchmenge ohne eine Quote. Auch die Kuh genießt eine höhere Akzeptanz, wenn sie für den eigenen Markt produziert und nicht für China. Was muss sich also ändern, damit Milch nachhaltig und flächendeckend produziert werden kann? Ich nenne zehn wichtige Punkte: Erstens. Wir brauchen wieder mehr regionale Molkereien, insbesondere in Ostdeutschland. Zweitens. Wir brauchen kostendeckende Erzeugerpreise, und Lebensmittel müssen trotzdem bezahlbar bleiben. Drittens. Dazu brauchen wir faire Marktregeln. Dafür muss das Kartellrecht endlich gegen die Marktmacht der Supermärkte und der Molkereien durchgreifen. ({4}) Viertens. Regionale Produkte müssen leichteren Zugang zu den Supermärkten bekommen. Fünftens. Sonderangebote bei Lebensmitteln müssen endlich verboten werden. Sechstens. Irreführende Werbung muss verboten werden. Wo Weidemilch draufsteht, muss sie auch drin sein. Siebtens. Boden- und Pachtpreise müssen wieder durch Milchproduktion finanzierbar sein. Achtens. Ein Flächenerhaltungsgebot muss sichern, dass Milchviehbetriebe ihre Flächen nicht - jedenfalls nicht ohne Not - für Biogas, Straßenbau oder Photovoltaik verlieren. Neuntens wird gut ausgebildetes und gut bezahltes Betreuungspersonal für die Tiere gebraucht. Zehntens. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig: Wir brauchen Milchbetriebsleiterinnen und -betriebsleiter, denen es nicht um kurzfristige Höchstleistungen geht, sondern die die Lebensleistung der Kühe in den Mittelpunkt stellen. Das bedeutet übrigens - damit komme ich zum Schluss - kein Klein-Klein der Milchproduktion; es geht vielmehr darum, dass sie angepasst an die Region und ohne Größenwahn betrieben wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche frohe Ostern mit glücklichen Hasen und glücklichen Hühnern. ({5})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Und glücklichen Kühen. - Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier, SPD-Fraktion.

Dr. Wilhelm Priesmeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Zuhörer auf den Tribünen! Ich freue mich, dass kurz vor Ostern das Interesse an dem Thema Milch noch so groß ist. Mich hat das Thema begleitet, seit ich im Deutschen Bundestag bin und auch schon die vielen Jahre davor in meinem beruflichen Leben. Ich komme aus einem Betrieb, in dem immer gemolken worden ist. Ende der 60er-Jahre gab es plötzlich Abschlachtprämien und Investitionsprämien, und irgendwann war mit dem Gesamtkonzept der europäischen Agrarpolitik die Produktion so weit gestiegen, dass wir aufgrund der sprichwörtlich gewordenen Milchseen und Butterberge in den 80er-Jahren handeln mussten. In dieser Zeit wurde auch die Quote eingeführt. Damals war ich schon in meiner eigenen tierärztlichen Praxis von den Folgewirkungen dieser Quotenregelung betroffen. Wir haben eine ganze Reihe gerichtlicher Auseinandersetzungen geführt. Es ging dabei um Härtefallregelungen und Härtefallklauseln. All das haben wir hier dann auch kennengelernt: Die Folgen der damaligen Regelungen mussten wir auch politisch beseitigen. Wir haben Anpassungen vorgenommen. Wir haben das damalige Quotensystem stetig verändern müssen und dazu beigetragen, dass wir das Quotensystem nächste Woche endgültig abschaffen können. Das war ein kontinuierlicher Prozess, an dem die Bauern beteiligt gewesen sind; sie hatten hohe Ausgaben, die nicht dem Sektor zugutegekommen sind, sondern für Quotenrechte aufgewendet werden mussten. Die SPD hat daraus relativ frühzeitig ihre Konsequenzen gezogen und schon im Jahr 2000 die Abschaffung der Quote gefordert. Ich glaube, dass diese Forderung damals richtig war; und die Entscheidung heute zeigt, dass wir auch in der Ausgestaltung der Politik dazu beigetragen haben, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Wir dürfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht jammern, sondern wir sollten die Chancen im Sinne unserer Landwirte und unserer Betriebe nutzen. Wir sollten die politischen Rahmenbedingungen so setzen, dass wir auch an den Standorten, wo es nicht einfach ist, Milch zu produzieren, eine vernünftige Bewirtschaftung von ökologisch wertvollem Grünland erhalten. Dazu kann die zweite Säule in erheblichem Umfang beitragen. Davon bin ich überzeugt. ({0}) Ich glaube, mit Blick auf den Sektor kann man durchaus optimistisch in die Zukunft schauen. Der Sektor hat eine Wertschöpfung von mehr als 25 Milliarden Euro. Wir produzieren und verarbeiten mehr als 32 Millionen Tonnen Milch, und wir sichern allein rund um den Bereich Molkerei die Arbeitsplätze von über 30 000 Mitarbeitern. Ich finde, auch das sollte man klar und deutlich sagen. Das sind wichtige Arbeitsplätze, die vor allen Dingen im ländlichen Raum Wertschöpfung sichern und dem ländlichen Raum eine Zukunft geben. ({1}) Es ist wichtig, dass man das im Blick behält und sich darauf konzentriert, statt die Milchwirtschaft schlechtzureden. ({2}) Staatliche Milchmengenregelungen oder sich selbst regulierende Systeme sind angesichts der desaströsen Erfahrungen mit regulierten Systemen in diesem Bereich an sich obsolet geworden. Darum kann ich es nicht verstehen, dass man immer noch über diese Systeme spekuliert und diskutiert und versucht, ein bisschen von dem zu retten, was bei der Quote nie funktioniert hat. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Da sind, glaube ich, die Möglichkeiten, die der Markt zur Steuerung des Sektors bietet, wesentlich besser. Der Markt muss aber natürlich funktionsfähig bleiben. Wenn ich mir die Preisbildung ansehe, ist es, glaube ich, noch nicht an der Zeit, die Sektoruntersuchung des Kartellamtes einfach beiseitezulegen. Wir sollten uns das, glaube ich, noch einmal ansehen - auch bei unseren weiteren Entscheidungen beispielsweise zur Feinsteuerung. Wir sollten uns auch anschauen, ob wir das, was auf der europäischen Ebene als Milchpaket mit einer entsprechenden Perspektive verabschiedet worden ist, in Zukunft vielleicht gebrauchen können, wenn es die eine oder andere Marktkrise gibt. Die muss es aber nicht geben. Vielleicht ist es angezeigt, auch danach zu fragen, inwieweit wir zum Beispiel politisch unterstützen können, wenn es darum geht, die Interessen der Milcherzeuger besser zu bündeln, ihre Marktmacht zu stärken und vor allen Dingen die Preisbildung zu verbessern. Denn wir brauchen entsprechende Instrumente, an denen sich Landwirte langfristig orientieren können, um ihre Risiken im Markt abzusichern. Das geht aber nicht so einfach. Wenn an der Eurex pro Tag 146 Kontrakte gehandelt werden, ist das kein Grund zum Jubeln. Das zeigt, dass dieses System bislang nicht funktionsfähig ist. Darum mache ich mir, politisch gesehen, Sorgen, dass wir bisher nicht ausreichend viel getan haben, um dieses System funktionsfähig zu machen. Markt braucht auch Absicherung von Risiken. Das muss nicht unbedingt - wie auf europäischer Ebene auch diskutiert wird - in Form von Versicherungen geschehen. Es wird dann aber das klare Bekenntnis von Politik benötigt, diese Maßnahmen zu begleiten - auch im Sinne vor allen Dingen derer, die uns als Landwirte bzw. Erzeuger am Herzen liegen, weil sie mit ihrer täglichen Arbeit dazu beitragen, dass ganz wichtige Kulturlandschaften in Deutschland und Europa gesichert werden. Was wir als Sozialdemokraten dazu tun können, tun wir gerne. Ich kann nur jeden auffordern, dabei mitzumachen. Vielen Dank. ({3})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Das Wort hat jetzt Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/ Die Grünen.

Friedrich Ostendorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003604, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich will versuchen, wieder zur Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Wir wollen über Milch und nicht über Schnee reden. Am 12. Oktober 1983 demonstrierten fünf westfälische Bäuerinnen und Bauern im Deutschen Bundestag in Bonn anlässlich der Einführung der Milchquote, die der damalige CSU-Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle mithilfe des Deutschen Bauernverbandes durchsetzte, um die weglaufenden Ausgaben einzudämmen. Es demonstrierten fünf junge westfälische Bäuerinnen und Bauern auf der Tribüne des Deutschen Bundestages mit der Parole „Milchkontingentierung - Ruin der Kleinbauern!“. Einer davon war ich. ({0}) Der Richter empfahl, dass ich als Abgeordneter wiederkommen könne, sonst hätte ich keine Chance, wieder in den Bundestag zu kommen. Ich habe das beherzigt. ({1}) - Um die Anekdote anzureichern: Der Zweite, der es noch schneller schaffte, war Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf. Der war dann 18 Jahre im Europaparlament. 1983 gab es 300 000 Milchbauern. Heute sind es etwas mehr als 75 000. Am 1. April 2015 läuft nach 31 Jahren die Quote aus. Was wird passieren? Wird die Menge explodieren? Droht die nächste Milchkrise? Die Risiken sind groß. Das Problem ist aber, dass Deutschland nicht vorbereitet ist. Diese Bundesregierung - das müssen wir feststellen - hat kein einziges Instrument in der Hand, um den totalen Verfall der Milchpreise und den Zusammenbruch der bäuerlichen Milchviehhaltung zu verhindern. Stattdessen bekommen wir von Ihnen immer nur die reine Lehre der Segnungen deregulierter, volatiler Märkte zu hören. Das ist Ihre Antwort. Eine wunderbare Antwort für die Bäuerinnen und Bauern draußen! Was ist, wenn dieser Markt nicht funktioniert, weil zum Beispiel Bäuerinnen und Bauern überhaupt keine Marktmacht gegenüber den Molkereien haben? Was geschieht, wenn der Milchpreis plötzlich - wie bei der Milchkrise 2008 und 2009 - ins Bodenlose fällt, die uns ein Drittel der Milchbetriebe in der EU gekostet hat? War das nur ein milder Vorbote für das, was Milcherzeugern zukünftig bevorsteht? Was werden Sie tun, wenn die Wahlergebnisse in Bayern möglicherweise gefährdet sind? Werden Sie dann wieder Aigner'sche Kuhschwanzprämien einführen? Oder werden Sie wieder wie 2008 und 2009 - als wenn es nicht um Existenzen, sondern nur um Blechschäden gehen würde, die man reparieren kann - sagen: Dies ist eine leichte Preisdelle? Was ist Ihre Antwort? Was wird sein, meine Damen und Herren, wenn die von Ihnen so propagierten Wachstumsbetriebe massiv in Schwierigkeiten kommen, weil sie durch viel zu hohe Schuldenlasten überhaupt nicht mehr in der Lage sind, starke Preisschwankungen auszugleichen? Was wird geschehen, wenn die immer weitere Konzentration und das Wachstum der Viehhaltung in Niedersachsen, NRW und Schleswig-Holstein zu einer weiteren Verschärfung der Grundwasserbelastung führen? Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wo kämpfen Sie für die Erhaltung der flächendeckenden Milcherzeugung? ({2}) Wo kämpfen Sie für eine Milchviehhaltung in benachteiligten Grünlandregionen? Wir finden in Ihrem Antrag davon nichts. Eine ausgedehnte Situationsbeschreibung ist Ihr Antrag, viel hübsche Prosa, keine Lösungen, rein gar nichts. Wir haben anderes auch nicht ernsthaft von Ihnen erwartet. ({3}) Ihr Milchsprecher de Vries empfiehlt den Bäuerinnen und Bauern, zynisch wie er ist: Wer für 32 Cent nicht melken kann, der sollte Beamter werden. Wir Grünen haben gerade parallel zu dieser Debatte im Paul-Löbe-Haus 80 Menschen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Milchwirtschaft, Bäuerinnen und Bauern versammelt. Sie denken dort gerade darüber nach, wie man zukünftig den Milchpreis stabil halten kann, damit das Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe nicht so weitergeht wie bisher; denn wenn wir das linear fortschreiben würden, hätten wir 2020 noch etwas über 60 000 Milchviehbetriebe. Es gab in den letzten Jahren viele Vorschläge von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter; diese haben am Problem orientiert konstruktiv versucht, Konzepte und Ideen für eine breite bäuerliche Milcherzeugung in die Debatte zu bringen. Sie von der CDU/CSU haben diese Vorschläge immer nur diffamiert und ignoriert, weil sie nicht vom Deutschen Bauernverband kamen oder der reinen Marktlehre widersprachen. Das war das, was Sie an Antworten gegeben haben. So eine Arroganz kann sich nur leisten, wer sich weit von Bäuerinnen und Bauern entfernt. ({4}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, anstatt über eine vernünftige Mengenregulierung zu reden, haben Sie sich offenbar das Nachdenken darüber verboten. Anstatt Grünland zu schützen und konsequent zu fördern, haben Sie die Chance vertan, die Weidehaltung zu stärken, um die Milch flächendeckend und im benachteiligten Gebiet zu halten. Anstatt die Markt9392 macht der Bäuerinnen und Bauern zu bündeln, wie wir es seit Jahren fordern, haben Sie weiter das Märchen von der heilen Welt der Genossenschaftsmolkereien erzählt. Anstatt aus schlechten Erfahrungen mit unsicheren Exportmärkten zu lernen, haben Sie die Betriebe ungebremst in die Russland-Krise rauschen lassen. Für die Milchindustrie mag das Ende der Quote wie Weihnachten und Ostern an einem Tag sein, für die Marktideologen die Erfüllung ihrer kühnsten Schreibtischträume. Für viele Bäuerinnen und Bauern wird das zu einem noch schärferen Kampf ums Überleben führen. Wir appellieren daher an Sie, wie am Montag schon bei der Anhörung von den Verbänden, dem Bund Deutscher Milchviehhalter und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, geäußert, die wir ausdrücklich unterstützen: Wir brauchen ein Marktverantwortungsprogramm, wir brauchen eine starke Marktbeobachtungsstelle, und wir brauchen eine belohnte freiwillige Mengenreduktion. Sonst werden wir in Zukunft Probleme bekommen. ({5}) Stimmen Sie unserem Antrag zu! Sorgen Sie dafür, dass Milchbäuerinnen und Milchbauern in Zukunft auch in Bayern und Baden-Württemberg noch Kühe auf der Weide halten können und dass wir in Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch sauberes Wasser trinken können. ({6})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Der Kollege Kees de Vries hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Kees Vries (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004435, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Milchquote, 1984 eingeführt, um die produzierte Milchmenge zu begrenzen, bedeutete bisher besonders für kleinere Betriebe, dass Geld für Wachstum fehlte. So gingen der deutschen Landwirtschaft während der Zeit der Milchquote über 3 Milliarden Euro verloren. Deshalb begrüßen wir den Ausstieg. Wenn ein Betrieb wachsen will, bekommt er jetzt die Chance. Wir wollen nicht nur die flächendeckende Milchviehhaltung sichern, sondern wir tun das auch wirklich. Ich komme selbst aus dem ländlichen Raum und war lange Jahre als Milchviehhalter tätig. Ich weiß sehr genau um die Bedeutung unserer Betriebe für den ländlichen Raum. Die Landwirtschaft bietet nicht nur viele hochwertige Arbeitsplätze, sondern sie gestaltet und pflegt auch unsere Dörfer und Kulturlandschaften. Daher richten wir mit unserem Antrag unser Augenmerk nicht nur auf die Auszahlungspreise, sondern auch auf strukturelle, ökologische und tierschutzrechtliche Aspekte. ({0}) Wir wollen, dass kleinere und mittlere Betriebe weiterhin produzieren können. Das gilt sowohl für die Milcherzeuger als auch für die Molkereien. Deshalb wollen wir die guten Exportchancen unbedingt nutzen. „Made in Germany“ ist weltweit beliebt und steht für höchste Qualität. Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich kommen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken auf unsere Bauern zu. Deshalb wollen wir Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen fördern. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Bundesregierung, neue Märkte zu erschließen. Wir fordern die Milchbauern auf, sich aktiver auch um die Vermarktung ihrer Produkte zu kümmern, zum Beispiel über die Warenterminbörse. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir noch ein paar Bemerkungen zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich sehe da viele gute Ansätze: ({2}) Zum Beispiel ist der Wunsch nach mehr Milch aus Grundfutter der richtige Ansatz. Aber, meine lieben Kollegen, dafür brauchen wir qualitativ gutes Grundfutter, und das ernten wir nicht auf dem von Ihnen gewünschten extensiv bewirtschafteten Grünland. ({3}) Auch die Umstellung der Zucht - weg von der Spitzenleistung hin zu mehr Lebensleistung der Tiere - ist richtig. Nur ist diese Umstellung schon vor zehn Jahren in Gang gesetzt worden. ({4}) Den Wunsch aber nach höherer Förderung von Bio kann ich nicht verstehen. ({5}) Ich denke, wenn der Verbraucher Bio will, muss er auch bereit sein, das zu bezahlen. ({6}) Ein guter Ansatz ist natürlich auch, die Marktmacht der Milchproduzenten zu erhöhen. Aber Erzeugergemeinschaften von Mitgliedern einer Genossenschaft zu fördern, das schießt nun wirklich am Ziel vorbei. ({7}) Die Idee, mal wieder einen Milchgipfel durchzuführen, ist wahrscheinlich nur wie folgt zu erklären: Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis. ({8}) - Das ist Ihre Sicht. Andererseits: Sie und der von Ihnen zitierte BDM haben vollkommen recht, wenn gesagt wird, dass eine gemeinsame freiwillige Mengenreduzierung für die Preise und damit für die Einkommen gut wäre. Nur: An den freiwilligen Verzicht auf Einnahmen kann ich nicht so recht glauben - Sie wohl auch nicht, und deshalb unterstützen Sie die Vorschläge des BDM, die wiederum auf eine weiterführende Mengensteuerung - auf gut Deutsch: Milchquote - hinauslaufen. Erstens hatten wir das schon, und zweitens hat unter anderem das Thünen-Institut schon festgestellt, dass die vorgeschlagenen Konzepte einfach nicht funktionieren können. ({9}) - Kosten sparen. ({10}) Ich denke, ich brauche nicht alle Halbwahrheiten und unausgegorenen Ideen aus diesem Antrag einzeln aufzuführen, um klarzumachen, dass dieser Antrag komplett inakzeptabel ist. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. - Auch ich wünsche frohe Ostern, auch für unsere Kühe. ({11})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächster Redner ist Rainer Spiering, SPD-Fraktion.

Rainer Spiering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004410, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Lassen Sie mich vorab etwas sehr Persönliches sagen. Es ist für meinen geschätzten Kollegen Wilhelm Priesmeier ein langer Weg gewesen, die Quote abzuschaffen. Wilhelm, herzlichen Dank, dass du so lange drangeblieben bist und das auch zu einem guten Ende geführt hast! ({0}) Nun zur Sache. Ich habe meinen Vorrednern sehr aufmerksam zugehört. Es ist sehr intensiv darüber spekuliert worden: Was passiert wann? Das wird die Zukunft zeigen. Das wissen wir jetzt nicht. Ich bin, ich glaube, vor drei oder vier Wochen zu Hause bei unserem Milchviehhalterring gewesen. Da ist der Preis, der aktuell ausgehandelt worden ist, genannt worden. Ich glaube, es waren 31,8 Cent. Es war eine große Gemeinschaft von Milchviehhaltern. Ich hatte nicht den Eindruck, dass dieser Preis für sie völlig niederschmetternd ist, sondern ich hatte den Eindruck: Er ist für sie auskömmlich; damit können sie klarkommen. Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass der Preis so bleibt. Wie sollte das auch sein? Damit komme ich zum Kernpunkt meiner Überlegungen, was die Milchquote angeht. Die deutsche Landwirtschaft ist heute Teil unserer mittelständischen Wirtschaft, nicht mehr und nicht weniger. Wir müssen akzeptieren, dass sich auch dieser Teil des Mittelstands am Markt bewegen muss, und zwar mit allen Vor- und Nachteilen. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, bei einem Produkt wie Milch zu versuchen, einen künstlichen Markt zu schaffen oder zu erhalten. Das wird sich auf Dauer nicht durchsetzen. Ich glaube, dass wir ganz andere Wege gehen müssen, um unsere Kulturlandschaft zu erhalten. Das bäuerliche Produkt, die Milch, ist in der Form, in der wir gerade im mittelständischen Bereich in Deutschland Wirtschaft betreiben, Teil einer Prozesskette, und diese Prozesskette ist exzellent. Weil es eine exzellente Prozesskette ist, ist das Produkt am Markt weltweit veräußerbar. Das ist der einzige vernünftige Schutz, den die deutsche Milchviehwirtschaft hat: ({1}) Sie ist Teil eines Prozesses, in dem langfristig ein Produkt von hoher Güte und hoher Qualität hergestellt wird; darauf setze ich. Die Risiken und alles, was dazu gehört, muss die bäuerliche Landwirtschaft auf den Märkten, die ihr zur Verfügung stehen, wie jeder andere Mittelständler und Handwerker auch, aushalten. Das müssen wir akzeptieren, das ist so. In den Gesprächen mit den Milchbauern hatte ich den Eindruck, dass sie mit der Abschaffung der Quote absolut einverstanden waren. Sie schafft für die, die nach vorne wollen, mehr Freiheit. Ich habe Wilhelm Priesmeier extra noch einmal angesprochen - es war mir aber auch erinnerlich -: Die Quote ist offensichtlich ein Handelsgut gewesen. Dass wir relativ viele Milchbauern verloren haben, ist der Tatsache geschuldet, dass die Quote veräußert worden ist. Ein Teil der kleineren Milchbauern hat diese Quote an größere veräußert. Insofern hatte der eine Bauer mehr Bewegungsfreiheit und der andere mehr Freiheit in Form einer angemessenen Rente. Auch das muss man deutlich sagen: Die Quote ist ein geldwertes Handelsgut geworden. Ob das im Sinne der Gesetzgebung war, das wage ich zu bezweifeln. Lassen Sie mich den Rest meiner Rede auf einen anderen Punkt verwenden, der mir persönlich sehr am Herzen liegt. Bei der Auseinandersetzung mit der Milchviehhaltung ist mir etwas aufgefallen, was ich ausgesprochen toll finde. Das Produkt Milch ist für uns ein ganz wertvolles, eine Art Grundnahrungsmittel und wird entsprechend geschützt. Nun sind in der Debatte über die deutsche Tierhaltung Antibiotika ein sehr großes Thema. Ich habe zu meiner wirklich großen Freude festgestellt, dass Antibiotika bei der Milchviehhaltung so gut wie nicht verwendet werden. Warum nicht? Das hat klare Gründe: Wenn ich einer Milchkuh Antibiotika verabreiche, dann kann ich die Milch nicht verwenden. Wenn ich mich ordnungsgemäß verhalte, dann muss ich die Milch entsorgen. Also hat der Milchviehhalter Systeme entwickelt, um seine Kuh möglichst gesund zu halten. Das bringt mich zu der Einsicht, dass der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung aufgrund von Haltungssystemen sehr stark zu minimieren ist, wenn dahinter ein wirtschaftliches Interesse steht. ({2}) Da die Milchviehhaltung in Deutschland exemplarisch vormacht, mit wie wenig Antibiotika wir auskommen können - das macht sie wirklich ganz toll -, ist das für mich ein Anlass, zu sagen: Der Antibiotikaeinsatz in der deutschen Tierhaltung ist grundsätzlich massiv zurückzufahren. Ich finde, hier geht die deutsche Milchviehhaltung mit tollem Beispiel voran. Herzlichen Dank. Frohe Ostern! ({3})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Artur Auernhammer, CDU/ CSU-Fraktion. ({0})

Artur Auernhammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003706, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fast etwas irritiert. Ich habe festgestellt: Der Kollege Fritz Ostendorff und ich haben ein Stück weit die gleiche Biografie. Unsere Motivation für politisches Engagement bestand darin, gegen die Einführung der Milchquote zu kämpfen. Deshalb ist es für mich ein Tag der Genugtuung, wenn am 1. April die Quote ausläuft. Das ist ein guter Tag für die deutsche Landwirtschaft. Ich frage mich aber auch: Was hätte Ignaz Kiechle heute von diesem Rednerpult aus gesagt? Als Bundeslandwirtschaftsminister hat er 1983/1984 die Debatte über die Milchquote eröffnet. Damals gab es sicherlich gute Gründe für die Quote. Aber er würde heute sagen: Warum habt ihr sie nicht schon längst abgeschafft? ({0}) In den 31 Jahren Milchquotenregelung, lieber Kollege Ostendorff, haben 80 Prozent der Milchviehhalter ihre Milchviehhaltung eingestellt. Wo war also das Element der Strukturpolitik bei der Milchquotenregelung? Das Element der Strukturpolitik bestand darin, dass es durch Pachtkosten, durch Leasingkosten, durch Kaufkosten einen eminenten Geldtransfer innerhalb der Landwirtschaft gab. Es sind innerhalb der Landwirtschaft Milliardenbeträge von den aktiven Milcherzeugern zu den sogenannten Sofamelkern gewandert. Sehr viele Geldmittel sind auch nach Brüssel geflossen, Geld, das unseren aktiven Bäuerinnen und Bauern entzogen worden ist. Das müssen wir in dieser Kalkulation auch offen und ehrlich sagen. ({1}) Jetzt herrscht die große Angst: Kommt am 1. April 2015 die große Milchwelle auf uns zu? Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur einmal zur allgemeinen Erläuterung: Bevor eine Kuh Milch gibt, muss sie erst ein Kalb auf die Welt bringen. Dann kann sie vielleicht mit der Milchproduktion beginnen, wenn sie vernünftig gehalten und vernünftig gefüttert wird. Es kann also nicht sein, dass ab 1. April die Schleusen aufgehen. Die Tiere im Stall werden von diesem Tag nichts merken, und auch die Bäuerinnen und Bauern werden diesem Tag mit Ruhe entgegensehen können. Aber eines muss uns klar sein: In den letzten 31 Jahren hat sich die Weltmilchproduktion um 40 Prozent erhöht. Die Milchproduktion in Europa und auch in Deutschland ist auf gleichem Level geblieben. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, die Weltautoproduktion hätte sich um 40 Prozent erhöht und die Autoproduktion in Deutschland würde sich auf dem gleichen Level wie 1984 bewegen. Wie würde unser Land heute aussehen? Lassen wir doch also unsere Bäuerinnen, unsere Bauern an dieser gestiegenen Nachfrage auf den Weltmärkten teilhaben. Ich bin der Meinung, wir sind dafür gut aufgestellt. Wir haben gute Produktionsvoraussetzungen in unserem Land. Wir haben ausreichend Regen. Wir haben gute Betriebe, die hier ihre Kühe halten und melken. Wir haben vielleicht noch etwas Nachholbedarf - das ist meine eigentliche Sorge im Hinblick auf den 1. April bei der Struktur unserer Molkereiwirtschaft. Wir haben zwar gute Molkereien, die auch für den Export gut aufgestellt sind. Diese müssen sich aber noch besser organisieren, wenn es um Exportleistungen geht. Diesbezüglich bin ich froh, dass die Bundesregierung - allen voran Minister Schmidt und sein Staatssekretär Peter Bleser großes Augenmerk darauf legt, dass auch die Exportmöglichkeiten der deutschen Milchwirtschaft gegeben sind. Dazu gehört auch TTIP. ({2}) Dieses Handelsabkommen ist Teil einer exportorientierten Milchpolitik; auch das müssen wir sehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Punkt noch, weil immer die Strukturpolitik angesprochen wird: Ja, es gibt unterschiedliche Produktionsvoraussetzungen in Deutschland. Wir haben in Sachsen-Anhalt bei Herrn Kees de Vries andere Produktionsvoraussetzungen als bei uns in Bayern. Die Bäuerin, der Bauer im Chiemgau, im Berchtesgadener Land mit seinen Pinzgauer Kühen kann mit den Produktionsvorteilen von großen Milchviehanlagen nicht mithalten. Diese Betriebe müssen wir deshalb nicht über eine Quote fördern, sondern gezielt - Sie erlauben mir, dass ich die Bayerische Staatsregierung hier ausdrücklich lobe -, zum Beispiel mit einem Kulturlandschaftsprogramm, mit gezielten Programmen, mit gezielten Maßnahmen, die die Milchviehhaltung hier vor Ort ermöglichen. Das muss eigentlich die Lösung sein. ({3}) Zum Schluss dieser Debatte: Verehrte Frau Präsidentin, wenn wir schon über Milch reden, wäre im Präsidium vielleicht zu überlegen, ob nicht auch hier am Rednerpult ein Glas Milch stehen könnte. Das heißt natürlich nicht, dass bei der Beratung des nächsten Weingesetzes hier etwas anderes steht. ({4}) Zum Schluss dieser Debatte wünsche ich Ihnen allen gesegnete und frohe Osterfeiertage. Nutzen Sie die Zeit, sich zu entspannen und zu erholen. Fahren Sie durch die Lande. Erleben Sie, wie unsere Wiesen wieder grün werden. Damit diese Wiesen grün bleiben, brauchen wir eine deutsche Milchviehhaltung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({5})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Die Forderung nach Milch bitte ich an Ihren Parlamentarischen Geschäftsführer weiterzutragen; denn wir führen das dann nur aus, wenn das Parlament so beschließt. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 18/4424 und 18/4330 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Sie jetzt alle in die wohlverdiente Osterpause entlasse, bitte ich Sie noch ganz kurz um Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit; denn wir haben noch zwei Überweisungen durchzuführen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Sabine Weiss ({0}), Frank Heinrich ({1}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gabriela Heinrich, Dr. Bärbel Kofler, Axel Schäfer ({2}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Entwicklungspolitische Chancen der Urbanisierung nutzen Drucksache 18/4425 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({3}) Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind die Reden zu Protokoll gegeben worden.1) Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/4425 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nationales Reformprogramm 2015 - Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investitionen stärken Drucksache 18/4464 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Energie ({4}) Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.2) Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/4464 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung angekommen. Ich wünsche Ihnen allen eine wohlverdiente Osterpause. Die letzten Wochen waren sehr intensiv. Ich hoffe, dass Sie alle Zeit für sich und Ihre Familie haben, um sich ein bisschen zu erholen. Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages berufe ich auf Mittwoch, den 22. April 2015, 13 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.