Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie
herzlich .
Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, die mit
der Regierungsbefragung beginnt, möchte ich Sie auf
die interfraktionelle Vereinbarung aufmerksam machen,
dass die Unterrichtung der Bundesregierung über die
Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung
der Bundesregierung auf Drucksache 18/11620 zu dem
bereits überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie ({0}) 2016/1148 des Europäischen
Parlaments aus der laufenden Legislaturperiode und des
Rates vom 6 . Juli 2016 - jetzt kommt die berühmte Frage, worum es da eigentlich geht - über Maßnahmen zur
Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union dem federführenden Innenausschuss sowie zur Mitberatung dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz,
dem Haushaltsausschuss, dem Verteidigungsausschuss,
dem Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
und dem Ausschuss Digitale Agenda überwiesen werden
soll und den wenigen nicht genannten Ausschüssen nicht .
Hat jemand dagegen Einwände? - Das ist nicht der Fall .
Dann ist das so beschlossen, und dann können sich die
Ausschüsse gegebenenfalls schon heute Nachmittag mit
diesem Thema befassen .
Ich rufe jetzt unseren Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Sachverständigenkommission für den Zweiten Engagementbericht
„Demografischer Wandel und bürgerschaftliches Engagement: Der Beitrag des Engagements zur lokalen
Entwicklung“.
Hierzu erhält unseren Regeln folgend zunächst die
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Gelegenheit für einen einführenden fünfminütigen Bericht . Frau Schwesig, Sie haben das Wort . - Wer
bereits weiß, dass er dazu sicherlich Nachfragen hat,
kann das vielleicht schon jetzt zur Sortierung der Wortmeldungen anmerken .
Bitte schön, Frau Schwesig .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Sehr geehrte Damen
und Herren Abgeordnete! Die Bundesregierung legt dem
Deutschen Bundestag den Zweiten Engagementbericht
vor . Er war Gegenstand der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts . Er umfasst den Bericht der Sachverständigenkommission und die Stellungnahme der Bundesregierung, die durch mein Ressort federführend erstellt wurde .
Sie alle erinnern sich, dass mit Beschluss vom Deutschen
Bundestag 2009 entschieden wurde, dass wir in jeder Legislaturperiode einen Engagementbericht vorlegen . Das
ist ein Zeichen der Wertschätzung des Deutschen Bundestages für das Ehrenamt . In diesem Jahr hatten wir den
Schwerpunkt: Wie wirkt das Ehrenamt vor allem in Bezug auf den demografischen Wandel, aber auch in Bezug
auf die lokale Ebene? Wir reden und lesen oft darüber,
was unser Land bedroht und spaltet . Die internationalen Entwicklungen machen uns Sorge . Über das Thema
Flucht wird in Deutschland sehr kontrovers diskutiert .
Wir haben mit Extremismus und Islamismus im Land zu
tun, bis hin zu Gewalt . Wir diskutieren über die Gegensätze zwischen armen und reichen Regionen und auch
über den demografischen Wandel.
Der Zweite Engagementbericht verschließt vor all
diesen Fragen nicht die Augen . Aber er macht vor allem
deutlich, wie stark die Kräfte sind, die unser Land zusammenhalten und stärken . Ich glaube, das ist das Entscheidende des Engagementberichts, worauf wir aufbauen sollten . Wir sollten vor allem das in den Fokus rücken,
was das Land zusammenhält und stärkt . Das ist das ehrenamtliche Engagement . 80 Prozent des Engagements
in Deutschland finden auf lokaler Ebene statt. Damit ist
schon die Frage beantwortet, wie sich Engagement lokal
auswirkt . Ehrlich gesagt: ohne bürgerschaftliches Engagement kein gesellschaftliches Leben in unseren Dörfern und Städten .
Die Kommission hat mit Bürgerinnen und Bürgern,
zum Beispiel in Frankfurt am Main, aber auch in Berlin-Friedrichshagen oder in Loitz in Mecklenburg-Vorpommern, diskutiert . Sie hat damit die unterschiedlichen
Rahmenbedingungen und auch Kulturen des Ehrenamtes
kennengelernt . Aber überall hat sie Menschen gefunden,
die einen hohen Gestaltungswillen haben, weil ihnen am
Herzen liegt, was in ihrer Gemeinde, in ihrem Dorf, in
ihrer Stadt passiert . Das hält unser Land ganz konkret vor
Ort zusammen .
Der Zweite Engagementbericht liefert wertvolle Informationen über Strukturmerkmale der Regionen . Der
demografische Wandel wirkt sich logischerweise in der
ländlichen Region in Vorpommern anders aus als vielleicht in Oberbayern oder in Großstädten . Bürgerschaftliches Engagement kann helfen, diesen Wandel so zu gestalten, dass die Lebensqualität und die Daseinsvorsorge
erhalten bleiben .
In vielen Regionen unseres Landes fördern Kommunen das bürgerschaftliche Engagement deshalb auch
ganz gezielt . Für die ältere Generation wird zum Beispiel
ein Bürgerbus für Fahrten zum nächsten Arzt oder Einkauf organisiert . Eine solche Kommune habe ich zum
Beispiel im letzten Jahr mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet . Dort ist es mit bürgerschaftlichem
Engagement gelungen, einen ganzen Ort, aus dem viele
Menschen weggezogen sind, zu neuem Leben zu erwecken . Ich bin überzeugt, dass das auch in anderen Regionen gelingen kann .
Die Bundesregierung sieht sich durch den Bericht bestärkt, den eingeschlagenen Weg ihrer Engagementpolitik weiterzugehen . Wir wollen vor allem die Menschen
unterstützen, die unser Land zusammenhalten wollen,
die das, was eigentlich am wertvollsten im Leben ist,
die eigene Zeit, für andere Menschen geben, die den
Gedanken der Solidarität nach vorne bringen anstatt des
Gegeneinanders, die den Gedanken des Zusammenhalts
nach vorne bringen anstatt des Gedankens des Gegeneinanders und die vor allen Dingen den Gedanken des Optimismus und der Zuversicht nach vorne bringen anstatt
der Angstmache und der Spaltung .
Wir wollen Menschen unterstützen, die sich dafür
starkmachen, und dabei arbeiten wir auf Augenhöhe mit
der Zivilgesellschaft zusammen . Wir unterstützen auch
ganz konkret das Engagement vor Ort . Die lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz und die Mehrgenerationenhäuser sind zum Beispiel wichtige Anlaufstellen für
bürgerschaftliches Engagement in den Kommunen .
Besonders wichtig ist das Engagement von Initiativen
und Vereinen, die sich vor allem für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit und Extremismus einsetzen .
Dazu haben wir das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ aufgelegt, das die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen vor Ort verlässlich unterstützt . Wir wollen von der zeitlich befristeten Projektitis wegkommen
hin zu sicheren Strukturförderungen . Ich bin froh, dass
die Expertenkommission den Ansatz, mehr Verlässlichkeit bei der Unterstützung und Förderung zu gewähren
anstatt Schnelligkeit und punktuelle Förderung vorzusehen, unterstützt .
Ich möchte mich an dieser Stelle im Namen der Bundesregierung bei der Kommission, die viel Leidenschaft
und Arbeit in die Erarbeitung des Zweiten Engagementberichts gelegt hat, bedanken . Diese Leidenschaft zeigt
sich darin, dass sie einen Beschluss des Deutschen Bundestages ignoriert hat; denn der Deutsche Bundestag hat
damals darum gebeten, dass dieser Bericht auf 300 Seiten kommt . Das Engagement ist aber so vielfältig, dass
es auf 600 Seiten passt . Ich möchte an dieser Stelle um
Nachsicht für die Kommission werben .
Wir müssen weiter darüber reden, was den Zusammenhalt in unserem Land bedroht, und dafür sorgen, dass
Ungerechtigkeit und Spaltung kleiner anstatt größer werden . Nur wenn die Menschen merken, dass auch die Politik ihnen den Rücken stärkt, dann werden sie auch die
Zeit und die Kraft für das Gemeinwohl weiter einsetzen .
Deshalb freue ich mich auf die gemeinsame Beratung des
Engagementberichts und auf die gemeinsame Diskussion
darüber, wie wir die Menschen im Land unterstützen, die
unser Land zusammenhalten - in den Kommunen, in den
Bundesländern -, und was wir auch seitens des Bundes
dafür tun können .
Vielen Dank .
Auch ich bedanke mich . - Frau Ministerin, der Umfang eines Berichts ist nicht immer ein verlässlicher Ausdruck der Bedeutung desselben . Im konkreten Fall gehen
wir selbstverständlich davon aus; aber das lässt sich jetzt
durch Nachfragen noch erhärten .
Die erste Nachfrage geht an Frau Dr . Hein für die
Fraktion Die Linke .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Vielen Dank, Frau
Ministerin . - Der Erste Engagementbericht wurde am
22 . August 2012 vorgelegt . Nun soll pro Legislaturperiode ein solcher Bericht vorgelegt werden . Diese Legislaturperiode ist fast um, und erst jetzt hat die
Bundesregierung im Kabinett die Stellungnahme der
Bundesregierung verabschiedet . Ich möchte Sie fragen:
Wann wird die Bundesregierung diesen Bericht in seiner
schönen Umfänglichkeit dem Parlament zur Beratung
vorlegen - außerhalb der Berichterstattung heute?
Mit der Beschlussfassung heute im Kabinett wird der
Bericht dem Deutschen Bundestag zugeleitet, und dann
sind Sie frei, ihn zu beraten und den weiteren Zeitplan zu
bestimmen .
Herr Brase .
Danke schön, Herr Präsident . - Frau Ministerin, Sie
haben angesprochen, dass in dem Bericht und von der
Expertenkommission vor allen Dingen die lokale BedeuBundesministerin Manuela Schwesig
tung von bürgerschaftlichem Engagement herausgestellt
wurde . Ist es nicht notwendig, darüber nachzudenken,
wie wir die Infrastruktur für bürgerschaftliches Engagement stärken können? Welche Möglichkeiten sehen Sie,
dort den Weg weiterzugehen?
Vielen Dank . - Der Bericht zeigt ganz klar, dass das
Engagement je nach lokaler Voraussetzung wirkt, dass es
in Dörfern andere Engagementbereiche gibt als in Städten
und dass wir mit all dem, was wir fördern, lokal aufsetzen müssen . Deshalb gibt es auch aus meiner Sicht nicht
das eine Gesetz oder das eine Programm, mit dem man
Engagement fördert, sondern man muss unterschiedliche
Angebote machen . Ich will einmal drei nennen:
Wir haben zum Beispiel das Programm „Engagierte
Stadt“, wo wir vor allem kleine, aber auch mittelgroße
Städte beim Thema bürgerschaftliches Engagement unterstützen .
Wir haben die Mehrgenerationenhäuser . Sie haben
nicht nur fraktionsübergreifend dafür gesorgt, dass wir
die, die wir haben, erhalten können, sondern auch dafür,
dass 100 neue dazukommen, und sie sind halt in Dörfern
und großen Städten .
Außerdem haben wir das Programm „Menschen stärken Menschen“, mit dem wir nicht in Strukturen gehen,
sondern darauf setzen, dass die persönlichen Begegnungen zwischen Menschen, Nachbarschaftshilfen und Patenschaften, unterstützt werden .
Diese verschiedenen Ansätze sind - das zeigt der Bericht - notwendig .
Frau Schulz-Asche .
Frau Ministerin, zunächst ist es schön, dass es das
Thema „bürgerschaftliches Engagement“ endlich einmal
ins Plenum des Deutschen Bundestages geschafft hat .
Von daher: Herzlichen Dank!
Die Kollegin Hein hat schon darauf hingewiesen, dass
wir kurz vor Ende der Legislaturperiode sind und dass
dieser Bericht trotz mehrerer Nachfragen, auch des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“, erst
sehr spät vorgelegt worden ist . Die 630 Seiten, die der
Bericht umfasst, liegen uns nicht schon so lange vor, dass
wir darüber in Vorbereitung der Regierungsbefragung im
Detail hätten arbeiten können . Deswegen frage ich Sie
jetzt ganz direkt: Welche konkreten Handlungsempfehlungen wird die Bundesregierung jetzt, da die Legislaturperiode nur noch sechs Monate dauert, noch geben,
um vor Ende der Legislaturperiode beim Thema „bürgerschaftliches Engagement“ noch zu Potte zu kommen?
Vielen Dank . - Es wäre von der Bundesregierung natürlich fahrlässig gewesen, für das bürgerschaftliche Engagement erst zu handeln, wenn der Bericht vorliegt . Wir
haben, so wie vom Deutschen Bundestag gewünscht, den
Bericht in Auftrag gegeben, aber wir haben schon von
Anfang der Legislaturperiode an das bürgerschaftliche
Engagement unterstützt . Ich habe drei Beispiele genannt:
das große Programm „Engagierte Stadt“, die Mehrgenerationenhäuser; ihre Anzahl auszuweiten, ist mithilfe
der Fraktionen, insbesondere mithilfe ihrer Vertreter im
Haushaltsausschuss gelungen . Die Anzahl der „Lokalen
Allianzen für Menschen mit Demenz“ haben wir jetzt auf
500 aufgestockt .
Der Bericht zeigt, dass der Schritt, mit dem Engagement an unterschiedlichen Bedürfnissen anzusetzen,
richtig ist . Außerdem haben wir zur Kenntnis genommen,
dass Ehrenamt oft Hauptamt braucht und dass den Kommunen das Geld fehlt . Deswegen hat diese Bundesregierung wie noch keine Bundesregierung vorher Programme
zur kommunalen Entlastung auf den Weg gebracht . Wir
sehen nämlich, dass die Kommunen Entlastungen brauchen, um ihren anderen Aufgaben, wie die Unterstützung
des bürgerschaftlichen Engagements, Rechnung zu tragen . Sie sehen also: Wir handeln natürlich schon längst
und haben jetzt nicht nur auf den Bericht gewartet .
({0})
Frau Schlegel .
Herzlichen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin,
ich habe Ihre Ausführungen am Anfang oder auch Ihre
Kernaussagen so verstanden, dass es bei diesem Engagement immer um den Zusammenhalt und die Stärkung unserer Gesellschaft geht, dass Sie vor allem wegkommen
wollen von Projekten und hin zu einer Verstetigung oder
auch zu Programmen . Viele Vereine und Verbände klagen über Nachwuchssorgen . Meine Frage ist: Steht das
so auch im Engagementbericht? Wird das unterstrichen?
Was haben Sie schon auf den Weg gebracht, oder was
wird die Bundesregierung in diesem Bereich noch tun?
Der Bericht zeigt ganz klar die Entwicklung, von der
wir alle erfahren, wenn wir selber Vereine oder Verbände besuchen . Es wird darüber geklagt, dass der Nachwuchs fehlt . Der Bericht zeigt klar, was die Ursache ist:
Der Nachwuchs fehlt nicht, weil sich junge Leute heute
weniger engagieren als früher . Im Gegenteil: Der Hauptteil des ehrenamtlichen Engagements wird von jungen
Menschen und Menschen mittleren Alters getragen . Aber
wenn heute irgendwo junge Leute dazukommen, wollen
sie sich nicht sehr langfristig binden . Um es salopp zu
sagen: Nicht jeder, der in einen Verein eintritt, will sich
damit verpflichten, für die nächsten 35 Jahre Schatzmeister zu werden . Viele sind interessiert, sich kurzfristig an
einer Initiative oder an einem Projekt zu beteiligen . Deshalb müssen sich Vereine oder Verbände da neu ausrichten .
Das ist, finde ich, ein Punkt aus dem Bericht, den wir
aufgreifen können: Wie können wir das von Bundesseite besser unterstützen? Es gibt bisher ein Projekt, und
zwar ist das ein Projekt mit dem Deutschen Olympischen
Sportbund . Sie müssen wissen: Der Sport ist der größte
Engagementbereich . Wir haben da das Projekt „Attraktives Ehrenamt im Sport“ . Gesucht werden Funktionärsträgerinnen und -träger in der zweiten Lebenshälfte für
Sportvereine . Dabei geht es uns darum, zum Beispiel für
die Besetzung von Leitungs- und Vorstandspositionen zu
werben . Wir werden den Bericht zum Anlass nehmen, zu
überlegen: Wie können wir das noch weiter ausbauen?
Frau Wagner .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, es
wird immer wieder sehr betont, wie wichtig das Engagement im Zusammenhang mit der demografischen
Entwicklung ist . Sie selbst haben es heute wieder betont .
Das kommt in Ihrer Pressemitteilung zum Ausdruck, und
auch der Titel des Berichts lässt darauf schließen . Sie
wissen: Ich bin Mitglied einer AG gewesen, die in Ihrem
Hause angesiedelt war, nämlich der AG „Jugend gestaltet
Zukunft“ . Mich würde interessieren: Wenn das Engagement zum demografischen Wandel derartig wichtig ist,
ein solches Gewicht hat, warum hat es dann zu diesem
Thema keine eigene AG gegeben? Ich hätte das für sehr
sinnvoll gehalten .
({0})
Ich habe mich als Ministerin dafür eingesetzt, dass im
Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung
eine AG Jugend gegründet wird . Ich bin, ehrlich gesagt,
eigentlich kein großer Fan davon, viele Arbeitsgruppen
einzurichten; mir geht es eher darum, zur Sache zu kommen . Aber als ich festgestellt habe, dass die Bundesregierung sich in zehn Arbeitsgruppen mit dem Thema Demografie beschäftigt, aber die Jugend nicht beteiligt wird,
habe ich gesagt: Da müssen wir mit der Jugend rein .
Es gab eine Arbeitsgruppe . Was ich toll fand: Die Jugend wurde direkt beteiligt . Um es mal konkret zu machen: Beteiligungsprojekte, die wir unterstützt und gefördert haben, haben dazu geführt, dass zum Beispiel im
Landkreis Friesland 500 Jugendliche mitgemacht haben
und sich damit durchgesetzt haben, dass am 24 . September nicht nur der Deutsche Bundestag, sondern auch das
Jugendparlament im Landkreis Friesland gewählt wird .
Dafür gibt es ein eigenes Budget von 50 000 Euro .
Ich glaube, das zeigt, wie wir Dinge anstoßen können .
Aber entschieden und gemacht werden muss es vor Ort .
Es wird kein Gesetz, kein Programm geben, mit dem wir
vom Bund das Engagement vor Ort verordnen können .
Frau Crone .
Danke schön, Herr Präsident . - Frau Ministerin, es
gibt nicht nur das gute Engagement . Es gibt auch ein Engagement, das nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist,
das im Dunklen arbeitet . Hat sich der Bericht auch damit
beschäftigt, und zu welchem Fazit ist er gekommen?
Die Kommission hat sich auch mit dem Thema „dunkles Ehrenamt“ beschäftigt . Das ist erstmalig geschehen .
Die Kommission hat dazu im Bericht eine ganz klare
Sprache gefunden: Nicht überall, wo man sich engagiert,
ist es zugunsten des Landes, zugunsten der Gesellschaft,
zugunsten des Miteinanders . Es gibt auch Engagement
in der Freizeit, das sich gegen den Zusammenhalt, gegen
die Demokratie richtet . Die Politik hat den Auftrag, das
voneinander zu trennen und klarzustellen, dass öffentliche Förderung nur in den ehrenamtlichen Bereich gehen
darf, wenn es dem Gemeinwohl dient, wenn es dem Zusammenhalt dient .
Frau Pahlmann .
Frau Ministerin, recht herzlichen Dank für die Darlegungen zum Bericht . - Wir haben in der Vergangenheit
ein enormes Engagement unserer Bevölkerung erlebt .
Wir sehen, dass das Engagement freiwillig ist, unbezahlbar ist; man ist da nicht weisungsgebunden . Aber trotzdem muss das Engagement eine Anerkennung erfahren .
Gibt es irgendwelche Punkte in dem Bericht, die Bezug nehmen auf die Anerkennungskultur? Was können
wir tun, um die Leute bei der Stange zu halten, damit sie
wirklich gewillt sind, weiterzumachen und sich weiterhin
zu engagieren? Welche Punkte werden eventuell explizit
in dem Bericht genannt?
Der Bericht sagt ganz klar, dass die Strukturen vor Ort
so sein müssen, dass man sich ehrenamtlich engagieren
kann . Der Bericht zeigt auch, dass da, wo ein gutes, stabiles soziales Umfeld ist, da, wo die Leute soziale Teilhabe
haben, egal ob es Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund sind, die Engagementbereitschaft und auch
die Möglichkeiten, mitzumachen, größer sind . Deswegen
sagt die Kommission, wir müssen uns Gedanken darüber
machen: Wie kann insgesamt im Land eine gute Struktur
aussehen, damit alle die Möglichkeit haben, sich zu engagieren?
Die Kommission sagt in einer ziemlichen und auch für
mich überraschenden Deutlichkeit, dass sie darauf hinweisen will, dass das Engagement von dem Thema „Unentgeltlichkeit“ geprägt ist und dass es dabei bleiben soll
und dass wir die Aufgabe haben, alle Debatten im Sozialrecht und im Steuerrecht, zum Beispiel die Übungsleiterpauschale, stark zu trennen von einem Vergütungsgedanken . Ich muss sagen, in diesem Punkt sind wir im
Spannungsfeld; denn wir alle kennen zum Beispiel die
Forderungen vor Ort . Bei der Übungsleiterpauschale
war diese ja, zumindest Verbesserungen zu erwirken .
Die Kommission hebt hier den Zeigefinger und sagt: Da
müsst ihr aufpassen, das Engagement müsst ihr klar vom
Vergütungsgedanken trennen .
Ich habe jetzt noch vier Nachfragen zu diesem Thema,
die ich noch aufrufen möchte . Dann würde ich gerne die
Fragen zu diesem Bereich abschließen, weil es noch eine
Reihe von angekündigten Fragewünschen über den vorgetragenen Bericht hinaus gibt . - Frau Hein .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, Sie
haben eben gesagt, dass Sie schon handeln, bevor der Bericht der Bundesregierung vorliegt . Das hoffe ich auch .
Nun wurde der Bericht der Bundesregierung aber schon
im Mai des vergangenen Jahres vorgelegt . Mich würde
interessieren, welche inhaltlichen Auseinandersetzungen, Gründe oder Widersprüche bewirkt haben, dass Sie
heute erst im Kabinett die Stellungnahme der Bundesregierung beschlossen haben .
({0})
Wir haben parallel zu diesem Bericht den Siebten
Altenbericht gehabt, der sich vor allem mit der demografischen Entwicklung, mit den Strukturen vor Ort, mit
der kommunalen Situation und auch mit dem Thema Engagement beschäftigt hat . Weil beide Bereiche zumindest
Schnittmengen beim Thema Ehrenamt hatten, war es mir
wichtig, zunächst diesen Bericht abzuwarten und auszuwerten, damit wir nicht etwas parallel machen, was nicht
zusammengeführt wird . Dieser Bericht kam später, erst
im Oktober letzten Jahres . Wir haben ihn auch ausgewertet und miteinander beraten . Wir haben jetzt sozusagen
beide Berichte aufs Gleis geschickt . Sie werden es sehen,
wenn die 600 Seiten kommen . Ich bitte um Verständnis,
dass auch mein Haus sich intensiv mit diesen 600 Seiten
auseinandergesetzt hat .
Insofern haben wir fleißig daran gearbeitet. Vor allem
wollten wir die Dinge nicht machen, ohne sie miteinander abgestimmt zu haben .
Herr Brase .
Herr Präsident! Frau Ministerin, der Freiwilligensurvey hat auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir
mit unserer Engagementpolitik insgesamt nur einen bestimmten Teil der Bevölkerung erreichen . Menschen, die
als bildungsfern beschrieben werden oder die aus materiell weniger guten Verhältnissen kommen, gewinnen wir
kaum . Gibt der Bericht dazu Auskunft oder Hinweise,
wie wir perspektivisch auch diesen Menschen ein Mehr
an Beteiligung, an bürgerschaftlichem Engagement ermöglichen können? Und wird dies ein Stück weit auch
durch das gedeckt, was damals im Freiwilligensurvey
zum Ausdruck gekommen ist?
Vielen Dank . - Vielleicht dies vorweg: Der Freiwilligensurvey zeigt, dass das ehrenamtliche Engagement
in den letzten 15 Jahren gestiegen ist; nicht erst seit der
Flüchtlingshilfe, sondern schon früher . 30 Millionen
Menschen in unserem Land engagieren sich . Er zeigt
aber auch genau diese Zusammenhänge, nämlich dass
Menschen, die keine soziale Teilhabe haben, die zum
Beispiel bildungsfern sind, keinen so guten Zugang zum
Engagement haben . Er zeigt, dass deshalb die Voraussetzung für bürgerschaftliches Engagement auch eine
gute soziale Lage im Land ist . Diese ist Voraussetzung .
Deswegen kann man sagen: Voraussetzung für bürgerschaftliches Engagement sind am Ende auch eine gute
Bildungspolitik und eine gute Sozialpolitik .
Die Schieflagen, die wir in unserer Gesellschaft haben, kann nicht das ehrenamtliche Engagement ausbügeln . Das sagt der Bericht aus . Zum Beispiel beim Thema
„Menschen mit Migrationshintergrund“ zeigt sich auch:
Diejenigen, die gut integriert sind, engagieren sich auch .
Die anderen haben nicht die Zugänge . Deswegen haben wir uns vorgenommen, keine Extraprogramme mit
Migrationsorganisationen zu machen, aber alle Migrationsorganisationen anzusprechen, sich an den regulären
Programmen zu beteiligen, damit wir dort mehr Menschen erreichen .
Frau Schulz-Asche .
Frau Ministerin, Freiwilligendienste sind eine besondere Form des Engagements . Der Evaluationsbericht der
Freiwilligendienste liegt uns schon länger vor . Deswegen
meine Frage: Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus dem Evaluationsbericht gezogen? Welche
Regelungen wollen Sie in Konsequenz dieses Berichts in
dieser Legislaturperiode noch auf den Weg bringen?
Zunächst zeigt auch dieser Bericht, der jetzt vorgelegt
worden ist, dass der Bundesfreiwilligendienst im ehrenamtlichen Bereich wichtig ist . Für uns war wichtig, den
Freiwilligendienst auszubauen . Das haben wir mit den
zusätzlichen 10 000 Stellen für die Flüchtlingshilfe konkret gemacht . Hier haben wir den Ansatz gebracht - in
der vorherigen Frage wurde das schon angesprochen -,
den Freiwilligendienst nicht nur für Menschen anzubieten, die sich für Flüchtlinge engagieren, sondern auch
für Flüchtlinge, die sich selbst engagieren, also jeden in
den Bundesfreiwilligendienst zu integrieren . Die Fragen
bezüglich des Zugangs der verschiedenen Träger zu Stellen oder Fragen bezüglich der Finanzierung werden im
alltäglichen Geschäft mit den Trägern von Freiwilligendiensten beraten und besprochen .
Frau Crone, oder hat es sich erledigt?
({0})
- Es hat sich erledigt . Vielen Dank .
Gibt es über den gerade vorgetragenen Bericht hinaus
Fragen zur heutigen Kabinettssitzung? - Das scheint
nicht der Fall zu sein .
Dann rufe ich sonstige Fragen an die Bundesregierung
auf . Ich erteile zunächst der Kollegin Britta Haßelmann
das Wort .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, ich
habe eine Frage aus ganz aktuellem Anlass zur Genehmigung der Bundesregierung, Brennelemente für Tihange
und Doel zu liefern . Das hat uns sehr irritiert; denn die
Ministerin hat sich ganz eindeutig positioniert und den
Menschen in der Region ziemlich viele Versprechungen
gemacht . Wir halten Tihange und Doel für gefährlich .
Sie sind als Schrottreaktoren nicht mehr weiter zu betreiben . Dennoch liefern Sie, was in diesen Tagen deutlich
geworden ist, Brennelemente für Tihange und Doel aus
Deutschland und haben mit der Bundesregierung eine
Genehmigung dafür erteilt . Wir fragen Sie: Warum ist
das so, obwohl es ganz eindeutige Rechtsgutachten gibt,
dass das auch bei der heutigen gesetzlichen Grundlage zu
verhindern wäre?
Diese Lieferung war heute nicht Gegenstand der Kabinettssitzung . Deswegen wäre ich Ihnen dankbar, wenn
Sie einverstanden sind, dass der Staatssekretär antwortet,
weil er sich mit dieser detaillierten Frage bestimmt besser auskennt .
({0})
Sehr geehrte Kollegin, meine Ministerin hat sich, wie
Sie richtig bemerkt haben, wiederholt an die belgische
Regierung gewandt, um die Gefährdungslage, die durch
die Unsicherheiten in den Atomkraftwerken besteht, entsprechend zum Thema zu machen . Alles, was im Rahmen internationaler Vereinbarungen möglich ist, haben
wir unternommen . Unabhängig davon ist die rechtliche
Grundlage für die Genehmigung und Lieferung von
solchen Brennstäben im Atomgesetz verankert . Es gibt
ein Kurzgutachten von Greenpeace, das unterstellt, man
könnte das untersagen . Wir haben dazu ein ausführliches
Gutachten gemacht . Das Umwelt- und Bauministerium
ist zu dem Ergebnis gekommen, dass wir auf Basis des
geltenden Rechts diese Versagung nicht begründen können . Deswegen haben wir das genehmigen müssen . Auch
wenn es uns politisch nicht gefällt, sind wir gehalten,
nach Recht und Gesetz zu handeln . Das ist der Grund,
warum diese Exportgenehmigung erteilt worden ist .
Herr Krischer .
Herr Staatssekretär, vielen Dank für Ihre Antwort auf
die Frage der Kollegin Haßelmann . - Ehrlich gesagt verstehe ich Ihre Argumentation nicht ganz; denn Ihr Ministerium und Ihre Ministerin stellen fest, dass der Betrieb
von Tihange 2 - das ist der Reaktor mit den Rissen nicht sicher ist und er in Deutschland so nicht betrieben
werden dürfte . Ihr eigenes Gutachten - ich würde es an
der Stelle unterstützen; es wird übrigens auch durch das
Gutachten von Frau Ziehm im Auftrag von Greenpeace
bestätigt - sagt klar: Wenn die Verwendung des radioaktiven Materials im Ausland nicht sicher erfolgt - und das
ist nach Aussagen der Ministerin beim Reaktor Tihange 2
der Fall -, dann darf ein Export nicht erfolgen . - Ich bitte
Sie, mir zu erklären, wie Sie an der Stelle die Erteilung
der Exportgenehmigung zulassen konnten, obwohl Sie
selber sagen, dass der Betrieb dort nicht sicher möglich
ist .
Ich glaube, dass Sie hier eine Fehlinterpretation unseres eigenen Gutachtens vornehmen:
Nach der Entstehungsgeschichte und Systematik des
Atomgesetzes betrifft die Genehmigungsvoraussetzung lediglich den Schutz vor einer missbräuchlichen Verwendung der … Kernbrennstoffe …
Das Atomgesetz entspricht damit bindenden Vorgaben
des Europarechts . Der Tatbestand ist losgelöst von der
Frage der Sicherheit des Betriebes eines ausländischen
Atomkraftwerks zu betrachten .
Deswegen ist es an der Stelle, auch wenn es uns nicht
passt, aufgrund der europarechtlichen Vorgaben bzw .
ihrer Umsetzung in unserem Atomgesetz zwingend,
dass wir eine solche Genehmigung erteilen . Wir haben
das selber sehr ausführlich geprüft und sind zu diesem
Schluss gekommen .
Frau Scharfenberg .
Vielen Dank . - Meine Frage geht an Frau Ministerin
Schwesig. Frau Ministerin, wir befinden uns ja schon
lange im Prozess der Pflegeberufereform, und Sie haben
sich im Februar sehr engagiert dafür ausgesprochen, dass
die Reform der Pflegeausbildung nun endlich ganz bald
komme, und haben der Unionsfraktion eine Blockadehaltung bei der Reform vorgeworfen .
Ich möchte Sie nun fragen, ob Sie uns hier und auch
den ganzen Pflegekräften draußen im Land, die die Diskussion sehr aufmerksam verfolgen, Informationen darüber geben können, was denn die genauen Ursachen des
gestrigen, sehr irritierenden Nichtzustandekommens eines scheinbar getroffenen Kompromisses der Koalitionspartner zu der Reform, die jetzt letztendlich doch nicht
zustande gekommen ist, waren . Es war ja eine Pressekonferenz einberufen - lediglich die Union war anwesend, die SPD nicht -, und es wurde mitgeteilt, dass es
wohl doch keinen Kompromiss gibt . Was ist da jetzt gerade Sache?
Mein Kollege Herr Gröhe und ich haben gemeinsam
einen Gesetzentwurf vorgelegt, basierend auf dem Koalitionsvertrag, der vorsieht, dass wir die drei Abschlüsse in
der Altenpflege, der Kinderkrankenpflege und der Krankenpflege zu einem einheitlichen Berufsbild zusammenführen . Bedauerlicherweise gehört ja auch Ihre Fraktion
zu denjenigen, die ein solches Gesetz kritisieren und den
Vorwurf erheben, dass es für die Altenpflege schädlich
ist . Insofern gibt es viele Stimmen im politischen Raum,
aber auch in der Fachwelt, die diesen Weg richtig finden,
und viele Stimmen, die diesen Weg nicht richtig finden.
Die Fraktionen werten jetzt die Ergebnisse der Anhörung
aus und diskutieren darüber . Die Gespräche zwischen
den Fraktionen zum Pflegeberufegesetz dauern noch an.
Die Pressearbeit der Fraktion unseres Koalitionspartners
möchte ich nicht kommentieren .
Frau Höger .
Ich habe eine Frage an Staatsminister Roth . - Am
Montag haben die UN-Verhandlungen über die Ächtung
von Atomwaffen begonnen . Gleichzeitig haben am Montag die Staaten USA, Großbritannien und Frankreich gegen diese Verhandlungen protestiert, obwohl ihnen doch
eine UN-Resolution vorangegangen ist, die mit großer
Mehrheit beschlossen worden ist . Wie positioniert sich
die Bundesregierung zu diesen Protestnoten gegen die
Verhandlungen?
Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Abgeordnete
Höger, ich habe schon damit gerechnet, dass Sie diese
Frage hier stellen, weil das Thema ja auch Gegenstand
einer dringlichen Frage war, die offensichtlich hier nicht
zugelassen wurde . Ich bin aber gerne bereit, darauf einzugehen .
Am Anfang lassen Sie mich klarstellen: Die Bundesregierung ist selbstverständlich dem Ziel einer Welt ohne
Nuklearwaffen verpflichtet, und ihr Handeln ist darauf
ausgerichtet, dieses Ziel Schritt für Schritt zu erreichen .
Für uns ist der wesentliche Maßstab dieser Arbeit, der
wir seit Jahrzehnten verpflichtet sind - gemeinsam mit
vielen anderen Partnern im Rahmen der Vereinten Nationen -, der sogenannte Nichtverbreitungsvertrag .
Wir haben selbstverständlich die Äußerungen einiger
der wichtigsten Nuklearstaaten vom vergangenen Montag zur Kenntnis genommen . Zwei Positionen, die auf
der Pressekonferenz zum Ausdruck gebracht wurden,
machen wir uns von der Bundesregierung ausdrücklich
zu eigen: erstens, dass die notwendige weltweite Abrüstung schrittweise erfolgt, und zweitens, dass wir uns ganz
klar zum vorhandenen Vertragsregime, das heißt zum
Nichtverbreitungsvertrag, bekennen . In der vergangenen
Woche haben wir darüber auch schon im Bundestag debattiert .
Eine Initiative, die von den Staaten, die Atomwaffen
haben, nicht getragen wird, ist für uns sehr schwer zu
unterstützen . Alleine Russland und die Vereinigten Staaten von Amerika halten 90 Prozent des Atomwaffenarsenals in ihren Händen, sind aber an diesen Verhandlungen
nicht beteiligt .
Frau Mihalic .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute hat
die Große Koalition mit Ihrer Mehrheit im Innen- und im
Rechtsausschuss zwei Tagesordnungspunkte, die meine
Fraktion beantragt hatte, von der Tagesordnung abgesetzt . Dabei ging es um neue Erkenntnisse zum Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz mit 12 Toten und
50 Schwerverletzten und um neue Erkenntnisse zum Attentäter Anis Amri, die in den letzten Tagen in der Presse
veröffentlicht worden sind .
({0})
Bevor ich meine Frage stelle, will ich deutlich machen: Ich finde es unmöglich, wie hier mit dem parlamentarischen Aufklärungsrecht umgegangen wird . Es
geht nicht, den Tagesordnungspunkt mit dem Hinweis
abzusetzen, dass dieser Sachverhalt heute Nachmittag im
geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium
behandelt wird . Es kann nicht sein, dass das Parlamentarische Kontrollgremium bestimmt, über was der Innenausschuss diskutiert . Und auch inhaltlich ist es unheimlich fragwürdig, dass Informationen in der Presse landen,
die zugleich uns Abgeordneten vorenthalten werden,
obwohl wir beantragt haben, entsprechende Unterlagen
beizuziehen .
Frau Kollegin, jetzt ist die Minute um, in der Sie Ihre
Frage hätten stellen können .
Das tut mir leid . Die Vorrede war aus meiner Sicht
aber dringend notwendig, weil ich damit begründe, warum ich hier diese Frage stellen muss und nicht darauf
verzichten kann . Wir können nämlich nicht akzeptieren,
dass diese Angelegenheit im Geheimen versenkt wird
und wir das Thema, bevor wir uns dann drei Wochen in
die Osterpause begeben, nicht mehr diskutieren können .
Im Internetauftritt des RBB findet sich ein Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz, aus
dem hervorgeht, dass dem BfV schon im Januar 2016
bekannt war, dass Anis Amri eine hohe Beweglichkeit
aufwies und in mehreren Bundesländern aktiv war .
({0})
Deswegen möchte ich die Bundesregierung fragen: Warum wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz keine
Überwachungsmaßnahme gegen Anis Amri eingeleitet,
obwohl klar war, dass das BfV zuständig ist, weil es sich
um länderübergreifende Sachverhalte handelt? Warum
wurde da vonseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz nichts unternommen?
Ich vermute, dass das Innenministerium diese Frage
auf sich bezieht . - Bitte schön, Herr Kollege Schröder .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Sehr verehrte Kollegin, lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, dass die
Bundesregierung nicht dafür zuständig ist, was im Innenausschuss oder in sonstigen Gremien des Deutschen
Bundestages beraten wird . Das macht allein das Parlament. Darauf haben wir keinen Einfluss.
({0})
Zu dem zweiten Punkt, den Sie eben angesprochen
haben . Wir können den Fall Amri gerne hier diskutieren;
das haben wir auch schon gemacht . Ich möchte noch
einmal darauf hinweisen, dass natürlich auch die Verfassungsschutzämter und insbesondere die Landesämter für
Verfassungsschutz Kenntnis von Amri hatten . Das Problem im Fall Amri war nur, dass die Polizeibehörden des
Landes Nordrhein-Westfalen zu dem Ergebnis gekommen sind, dass Amri kein Gefährder ist, keine gefährliche Person mehr darstellt, und ihn als Kleinkriminellen
eingestuft haben .
({1})
Und wenn eine Polizeibehörde zu dem Ergebnis kommt,
dass wir es mit einem Kleinkriminellen zu tun haben,
({2})
dann ist es in unserem Rechtsstaat nun einmal nicht zulässig, dass der Verfassungsschutz, das heißt ein Nachrichtendienst, diese Person so einfach überwacht .
({3})
Stellen Sie sich vor, eine Polizei - jetzt einmal abgesehen
vom Fall Amri - kommt zu dem Ergebnis: „Das ist ein
Kleinkrimineller“, und das Bundesamt für Verfassungsschutz zieht daraus die Schlussfolgerung: Den überwachen wir 24 Stunden, 7 Tage die Woche . Was würden Sie
dazu wohl sagen?
Hier geht es um einen polizeilichen Fall, und selbstverständlich muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz an die polizeiliche Bewertung des Landes Nordrhein-Westfalen halten .
({4})
Ausnahmsweise gestatte ich eine Zusatzfrage, bitte
Sie aber, es dieses Mal wirklich in einer Minute hinzubekommen, Frau Mihalic .
Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie die Frage zulassen . Das ist wirklich wichtig, weil das, was Sie jetzt gerade gesagt haben, Herr Schröder, nachweislich falsch ist .
In der Presse wird aus Dokumenten zitiert, es werden sogar Dokumente veröffentlicht, die glasklar belegen, dass
das Bundesamt für Verfassungsschutz über die Gefährlichkeit von Anis Amri informiert war und er auch nach
Beendigung der polizeilichen Maßnahmen weiterhin als
Gefährder mit Anschlagsbereitschaft eingestuft wurde .
Das heißt, das, was Sie hier erzählen, stimmt nicht . Er
war kein Kleinkrimineller, er war ein Gefährder . Deswegen meine Frage: Wieso hat das Bundesamt für Verfassungsschutz trotz glasklarer Zuständigkeit in länderübergreifenden Sachverhalten und trotz Gefährlichkeit dieser
Person nichts unternommen in Sachen Überwachung?
({0})
Sie müssen jetzt schon die Chronologie beachten .
Selbstverständlich hatten die VerfassungsschutzbehörIrene Mihalic
den Kenntnisse von einer möglichen Verstrickung auch
in das terroristische Milieu . Selbstverständlich . Aber das
war eben ein polizeilicher Fall . Dann gab es eben eine
polizeiliche Observation in Berlin - zusammen mit den
Kollegen von der Landespolizei Nordrhein-Westfalen,
die das mit den Berliner Kollegen abgesprochen haben .
({0})
Das Grundproblem im Fall Amri war: Es gab die
ausländerrechtliche Möglichkeit des Landes Nordrhein-Westfalen, diese Person in Abschiebehaft zu nehmen . Es gab die Möglichkeit, zu verhindern, dass er
einfach nach Berlin geht . Der Mann stand ja unter Residenzpflicht in Nordrhein-Westfalen. Das Ganze war ein
polizeilicher Fall . Selbst wenn Landesämter für Verfassungsschutz oder natürlich auch das Bundesamt für Verfassungsschutz Kenntnisse hatten, ist es aber doch so,
dass dann, wenn nach einer polizeilichen Observationsphase die Landespolizeien zu dem Ergebnis kommen - in
diesem Fall die von Nordrhein-Westfalen -, dass es sich
hier um einen Kleinkriminellen handelt,
({1})
nicht einfach das Bundesamt für Verfassungsschutz übernehmen kann . Das geht innerhalb unserer Rechtsordnung
nun einmal nicht .
Eine kurze Bemerkung zur Geschäftslage: Wir haben
die für die Regierungsbefragung vorgesehene Zeit ausgeschöpft . Mir liegen aber noch acht Wortmeldungen
vor, und die würde ich auch gerne aufrufen, zumal wir
wegen der zurückgezogenen Fragen in der Fragestunde
unseren Zeitplan insgesamt trotzdem einhalten können .
Dazu würde ich jetzt gerne Ihr Einvernehmen feststellen . - Über diese acht notierten Wortmeldungen hinaus
lasse ich aber keine Wortmeldungen mehr zu .
Nächste Wortmeldung: Frau Wagner .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Der Außenminister hat
sich in den vergangenen Wochen des Öfteren zu verteidigungspolitischen Fragen geäußert, so auch am Montag
dieser Woche, als er seine Vorstellung von einer europäischen Verteidigungsunion beschrieben hat . In diesem
Zusammenhang ist ein in meinen Augen sehr bemerkenswerter Satz gefallen, den ich gerne kurz zitieren würde:
Europa ist der Sicherheit seiner Bürgerinnen und
Bürger, einschließlich der territorialen Integrität seiner Mitglieder, verpflichtet.
Das hört sich für mich fast so an, als solle die EU eine
neue NATO werden . Deswegen meine Frage an die Bundesregierung: Welche Aufgaben soll die EU Ihrer Meinung nach übernehmen, um die territoriale Integrität ihrer Mitglieder konkret zu schützen?
Vielen Dank .
Herr Staatsminister .
Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin! Das gesamte
außen- und sicherheitspolitische Engagement der Europäischen Union ist darauf ausgerichtet, partnerschaftlich
mit der NATO zusammenzuarbeiten und NATO-Engagement, wenn Bedarf besteht, entsprechend zu ergänzen .
Wir müssen natürlich zur Kenntnis nehmen, dass nicht
alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleichermaßen Mitglied der NATO sind .
Die Sicherheitslage hat sich selbstverständlich verändert . Ich will darauf hinweisen, dass das Bedrohungspotenzial für Mitgliedstaaten der Europäischen Union
insbesondere im Baltikum, aber auch für Polen konkret
zugenommen hat . Wir können noch so lange darüber hinwegsehen: Wenn es dieses Gefühl der Bedrohung gibt,
müssen wir damit verantwortungsbewusst umgehen . Zugleich ist nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika immer
wieder darauf hingewiesen worden, dass die Europäer
mehr Verantwortung zu übernehmen haben, und uns ist
noch nicht klar, welche Rolle die Vereinigten Staaten zukünftig in der NATO spielen werden .
Die engere Zusammenarbeit zwischen NATO und EU
ist jedoch bereits im Sommer vergangenen Jahres, unter
anderem auf dem NATO-Gipfel in Warschau, aber auch
schon zuvor in Wales, bekundet worden . Diese engere
Zusammenarbeit trifft auf unsere uneingeschränkte Unterstützung .
Frau Müller-Gemmeke .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Ich habe eine Frage an
die Bundesregierung zum geplanten Entgelttransparenzgesetz . Der Auskunftsanspruch, der in diesem Gesetz
vorgesehen ist, gilt nur für Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten . Jetzt gibt es in diesem Zusammenhang eine
weitere Zahl: 92 Prozent der auskunftsberechtigten Frauen arbeiten in Betrieben, in denen entweder ein Tarifvertrag gilt oder die sich auf einen Tarifvertrag beziehen .
Laut Gesetzentwurf soll von einer sogenannten Angemessenheitsvermutung ausgegangen werden . Man geht
also davon aus, dass Tarifverträge angemessen entlohnen . Deswegen bekommen die genannten 92 Prozent der
Frauen, wenn sie Auskunft verlangen, auch nur wenige
Informationen . Sie bekommen die Informationen, welcher Tarifvertrag gilt und wo er eingesehen werden kann .
Diese Frauen können aber auch jetzt schon, also ohne
dieses Gesetz, bei der Gewerkschaft nachfragen, wie der
Tarifvertrag aussieht . Im Zuge des Gesetzes würden sie
also nicht weniger und auch nicht mehr Informationen
bekommen . Von daher lautet meine Frage: Für wen wird
dieses Gesetz eigentlich gemacht?
Vielen Dank . - Dieses Gesetz wird für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland gemacht;
denn das erste Mal wird in einem Gesetz der Grundsatz
„Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“
ganz klar festgeschrieben . Dieser Grundsatz gilt für alle .
In diesem Gesetz werden sich mehrere Instrumente befinden, mit denen dieses Thema vorangebracht werden
soll, zum Beispiel das Instrument der Berichtspflicht.
Dies hört sich zuerst für viele bürokratisch an .
({0})
Aber dieses Instrument führt dazu, dass sich Betriebe mit
mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den
Gründen der Lohnlücke auseinandersetzen . Dabei spielt
nicht nur der Transparenzgedanke eine Rolle, sondern
auch Fragen der Teilzeitfalle und des Verhältnisses von
Einstufungen . Im Gesetz ist ja mehr als nur dieser Auskunftsanspruch enthalten; zum Beispiel verweisen wir
auch auf verbindliche Prüfverfahren . Ich möchte noch
auf eines hinweisen: Wenn man sich die Statistik anschaut, sieht man: umso größer die Betriebe, desto höher
die Lohnlücke .
Wir werden in diesem Gesetz dem Grundsatz folgen,
den die Bundesregierung in vielen Gesetzen angelegt hat .
Es ist ja so, dass dort, wo es Tarifbindung gibt, oft die
Lohnsituation für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch die Situation hinsichtlich der gleichen Entlohnung besser sind als dort, wo es keine Tarifbindung
gibt . Deshalb verfolgen wir mit diesem Gesetz das Ziel,
die Tarifbindung zu fördern, und gewähren Betrieben in
diesem Falle Erleichterungen .
Volker Beck .
Zunächst habe ich eine Frage, die sich auf die Antwort
der Bundesregierung in der letzten Fragestunde bezieht .
Manche werden es noch wissen, anderen sage ich es: Ich
habe am 18 . Februar den Generalbundesanwalt und das
Bundeskriminalamt per E-Mail und den Generalbundesanwalt zusätzlich per Telefax darüber informiert, dass
sich Halife Keskin, der Leiter der Abteilung für Auslandsbeziehungen der Diyanet, in Köln und Oberhausen
aufhält . Es war dieser Herr, der die Anweisung der Diyanet an die Generalkonsulate zum Ausspionieren von Mitgliedern der Gülen-Bewegung unterschrieben hat . Herr
Lange hatte hier berichtet, dass die E-Mail beim Generalbundesanwalt am Montag nach der Unterrichtung gelöscht wurde und dass das Fax nie aufgefunden wurde .
Wo die E-Mail beim Bundeskriminalamt geblieben ist,
sei unerfindlich.
Nun haben wir heute vom Innenministerium im Innenausschuss gehört, dass der Generalbundesanwalt entschieden hat, gar nicht gegen Halife Keskin zu ermitteln .
Das ist natürlich eine andere Nachrichtenlage . Nach § 26
StGB in Verbindung mit § 99 StGB ist Halife Keskin der
Anstifter dieser Spionageaktion, wegen der der Generalbundesanwalt zunächst gegen unbekannt ermittelt hat
und nun gegen einige Imame namentlich ermittelt . Können Sie mir sagen, wie der Herr Generalbundesanwalt
erklärt - er ist ja am Mittwoch auch beim Bundesjustizminister vorstellig geworden -, dass er gegen die Person Halife Keskin nicht ermittelt? Warum wird er, auch
wenn nicht gegen ihn ermittelt wird, nicht zumindest als
Zeuge einvernommen? Ob er etwas sagt oder von seinem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, weiß man
nach einer Vernehmung; aber man verzichtet nicht auf
eine Vernehmung, weil man dies befürchtet .
Kollege Beck, ich bitte Sie, darauf zu achten, dass sich
selbst bei Wechseln im Präsidium die Fragezeit nicht verdoppelt .
({0})
Sie müssen jetzt bitte ein Fragezeichen setzen .
Das wusste ich nicht .
({0})
Herr Kollege Beck, wir sind uns in der Tat zunächst
einmal einig - das habe ich schon in der letzten Fragestunde gesagt und will das auch hier betonen -, dass die
Löschungen dieser E-Mails nicht hätten stattfinden dürfen .
({0})
Das Gespräch mit dem Generalbundesanwalt fand
nur zu dem Thema „E-Mails“ statt . Dazu kann ich Ihnen
Folgendes sagen: Das Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz hat ihn gebeten, diesen Vorkommnissen sofort nachzugehen und umgehend für organisatorische Konsequenzen zu sorgen . Zudem sind diese Vorgänge Gegenstand dienstrechtlicher und gegebenenfalls
auch disziplinarischer Überprüfungen .
Frau Staatssekretärin Wirtz hat am Abend des
22 . März 2017 ein Gespräch mit Herrn Generalbundesanwalt Dr . Frank geführt . Herr Dr . Frank hat seine bisherigen Aufklärungsschritte dargelegt und die weiteren,
kurzfristig beabsichtigten Anstrengungen zur Aufklärung
des Vorgangs erläutert . Er hat zudem die Sofortmaßnahmen geschildert, mit denen umgehend sichergestellt
wurde, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholen
kann . Schließlich hat er in dem Gespräch mitgeteilt, dass
er in der kommenden, also in dieser Woche mit den betroffenen Arbeitseinheiten in der Bundesanwaltschaft
eine Überarbeitung der Arbeitsabläufe bei Wochenenddiensten und Bereitschaftsdienstangelegenheiten abstimmen und dann unserem Haus berichten wird . Am Morgen
des 23 . März 2017 fand ergänzend dazu ein Gespräch
zwischen dem Leiter der Strafrechtsabteilung und Herrn
Dr . Frank statt, bei dem es ebenfalls um die oben dargestellten Komplexe ging .
({1})
Darüber, ob der Herr Generalbundesanwalt Ermittlungen anstellen lässt - danach haben Sie ja des Weiteren
gefragt -, wurde nicht gesprochen .
Bevor ich der Kollegin Haßelmann das Wort gebe, erinnere ich an die Verabredung, die vor circa einer Viertelstunde mit dem Parlamentspräsidenten getroffen wurde,
dass wir nur noch die bis dahin gemeldeten Fragen aufrufen und danach tatsächlich zur Fragestunde übergehen .
Meldungen zu diesem Sachverhalt sind jetzt nicht mehr
möglich .
({0})
- Ist ja in Ordnung, Frau Kollegin Künast . Wir haben
deshalb entsprechend unseren Regeln die Regierungsbefragung verlängert . Ich habe gerade nur auf weitere
Wortmeldungen reagiert, die ich nicht zulassen darf, weil
es eine andere Verabredung gibt . - Kollegin Haßelmann .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich habe eine Frage
an Herrn Pronold, kann mir vorher aber Folgendes nicht
verkneifen: Frau Ministerin Schwesig, was Sie geantwortet haben, stimmt so nicht . Das ist nicht Gegenstand
des Gesetzes . Das gilt nicht für alle Frauen, sondern ab
einer Grenze von 200 Beschäftigten im Betrieb .
Aber jetzt, Herr Pronold, zu Ihnen: Ich habe eine Frage
zu dem Thema „Brennelementelieferungen nach Tihange
und Doel“ . Wie viele Lieferungen von Brennelementen
in diese Schrottreaktoren stehen jetzt noch an? Und wie
viele haben Sie in jüngster Zeit genehmigt?
Die Information liegt mir nicht vor; die muss ich
schriftlich nachreichen .
({0})
- Nein, das ist mir nicht unangenehm . Vielmehr habe ich
die Zahlen nicht vorliegen . Bevor ich hier im Nebel stochere, gebe ich Ihnen eine präzise schriftliche Auskunft,
wie es das Parlament verdient hat .
Das ist damit verabredet, und der Kollege von Notz
fragt .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Meine Frage richtet sich an den Staatssekretär Schröder als Vertreter des
Innenministeriums . Es geht um Anis Amri . Die Diskrepanz, Herr Schröder, ist entstanden, weil Ihr Innenminister in der entscheidenden Sitzung im Dezember nach
dem Anschlag gesagt hat, die einzige Bundesbehörde,
die nach seiner Vorstellung mit dem Fall zu tun haben
könne, sei das BAMF .
Jetzt wissen wir, dass der Bundesnachrichtendienst
Chats mitgelesen hat . Das wissen wir nicht von Ihnen,
sondern das lesen wir in der Presse . Die Chronologie,
die wir bekommen haben, war offensichtlich falsch . Da
gilt wie vor Gericht: Was unvollständig ist, ist falsch . Angesichts des schwersten salafistischen Anschlags auf
deutschem Boden müssen Sie uns zutreffend informieren . Das ist nicht passiert .
Deswegen frage ich Sie: Wie konnte es passieren, dass
der immer noch als Gefährder eingestufte Amri - nicht
der Sachverhalt „Kalaschnikows irgendwo“ -, der seinen
Lebensmittelpunkt in Berlin hatte und zwischen Bundesländern hin- und hergewechselt ist, nicht vom BfV überwacht wurde, obwohl man die Zelle um Abu Walaa Anfang November hochgenommen hat und wusste, dass er
an denen dranhängt? Wir haben also diese hochgefährliche, psychisch labile Person in diesen Zusammenhängen,
die sich selbst umbringen will - das wurde protokollfest
gesagt -, und das Bundesamt für Verfassungsschutz unternimmt nichts . Wie können Sie dies angesichts der
schweren Folgen, die das hatte, erklären?
Der Fall Amri war ein Fall, der von der Polizei in
Nordrhein-Westfalen geführt wurde; es war ein polizeilicher Fall . Anis Amri ist auch polizeilich observiert worden .
({0})
Die Polizeien, insbesondere das Landeskriminalamt
Nordrhein-Westfalen, sind zu dem Ergebnis gekommen,
dass Amri eben nicht gefährlich ist . Das war die fatale
Fehleinschätzung .
({1})
Selbstverständlich hatte auch das Bundesamt für Verfassungsschutz insbesondere zu Beginn des gesamten
Falles, vor der polizeilichen Observation, eine Einschätzung dazu, was für Verbindungen Amri unter Umständen
sonst noch haben könnte . Man hat dann auch entsprechende Nachfragen gestellt . Aber am Ende ist im Fall
Amri das Problem, dass es hier eine Fehleinschätzung
der Landespolizei in Nordrhein-Westfalen gab . Es ist in
unserer verfassungsrechtlichen Ordnung nun einmal so:
Wenn jemand von einer Polizei als Kleinkrimineller eingestuft wird, dann kann nicht einfach ein VerfassungsParl. Staatssekretär Christian Lange
schutzamt, ein Nachrichtendienst übernehmen und die
Person weiter observieren .
Es wundert mich schon, dass gerade die Grünen jetzt
der Auffassung sind, dass die Kompetenzen und Möglichkeiten unserer Nachrichtendienste so massiv ausgeweitet werden sollten,
({2})
dass selbst solche Personen, die von den Polizeien als
Kleinkriminelle eingeschätzt werden, plötzlich von den
Nachrichtendiensten observiert werden sollten .
({3})
Dass das nun gerade von den Grünen kommt, verwundert
mich .
({4})
Das nächste Problem im Fall Amri ist, dass man versäumt hat, ihn wirklich in Abschiebehaft zu nehmen, obwohl das rechtlich möglich gewesen wäre .
Ich bitte alle Beteiligten, Fragesteller wie natürlich
auch Antwortende, mit der Zeit so umzugehen, wie wir
es verabredet haben, sodass ich auch noch die letzten drei
Fragen aufrufen kann .
Der Kollege Krischer hat das Wort .
Danke, Frau Präsidentin . - Auch wenn es mir bei der
Antwort des Kollegen Schröder gerade fast die Sprache
verschlagen hat - denn das, was Sie hier ausgeführt haben, war meines Erachtens eine absurde Darstellung -,
möchte ich dem Kollegen Pronold noch eine Frage zum
Thema Tihange stellen . Ich habe Sie so verstanden: Für
die Bundesregierung ist es keine missbräuchliche Verwendung von Brennelementen und radioaktivem Material, wenn dies in nach Ihrer Auffassung eindeutig nicht
sicheren Reaktoren eingesetzt wird . - Deshalb meine
Nachfrage: Sind Sie denn bereit, die Klage der Städteregion Aachen und 60 weiterer Kommunen des Landes
Nordrhein-Westfalen und des Landes Rheinland-Pfalz zu
unterstützen, damit hier klares Recht geschaffen wird?
Es geht ja bei diesen Klagen unter anderem auch um diese Frage .
Herr Kollege Krischer, es wäre gut, wenn man nichts
unterstellt . Noch einmal: Wir haben juristisch umfassend
geprüft, ob diese Ausfuhr auf Basis des Atomgesetzes
unterbleiben kann . Es wäre in unserem Interesse gewesen, diese Ausfuhr zu untersagen; aber wir sind an Recht
und Gesetz gebunden . Deswegen war die Genehmigung
zu erteilen . So ist es nun einmal, auch wenn es einem
politisch nicht passt .
Außerdem hat die Bundesregierung alles getan - auch
das habe ich vorhin schon gesagt -, um gegenüber Belgien deutlich zu machen, wie wir die Gefährdungslage
einschätzen und wie wir unterbinden wollen, dass etwas
geschieht .
({0})
- Ich habe Ihnen zugehört, und es wäre ganz gut, wenn
Sie auch mir zuhören würden . - Wir sehen von daher keine Notwendigkeit, die genannte Klage zu unterstützen,
weil wir auf der Ebene, auf der die Bundesregierung etwas unternehmen kann, alle Hebel in Bewegung gesetzt
haben, um den berechtigten Sorgen der Bevölkerung in
der Region Aachen und in ganz Deutschland Rechnung
zu tragen .
({1})
Die nächste Frage stellt der Kollege Mutlu .
Danke, Frau Präsidentin . - Auch meine Frage geht an
Herrn Schröder vom Innenministerium . Ich bekomme in
meiner Sprechstunde in letzter Zeit immer mehr Besuch
von türkischstämmigen Berlinerinnen und Berlinern und
entsprechende E-Mails auch aus anderen Bundesländern .
Sie beklagen sich darüber, dass ihnen von türkischen
Konsularbehörden die Pässe entzogen werden, wodurch
ihre Reisefreiheit massiv eingeschränkt wird, was für
diejenigen, die dienstlich unterwegs sein müssen, ein
großes Problem ist .
Wie möchte die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Betroffenen helfen, die, aus welchen Gründen auch immer, befürchten müssen, dass ihre Pässe von
Ankara nicht verlängert oder sogar entzogen werden - in
einem Fall hier in Berlin sogar mit deutscher Amtshilfe?
Die Bundesrepublik Deutschland hat innenpolitisch
keinen Einfluss darauf, inwieweit die türkische Regierung oder die türkischen Botschaften Pässe ihrer Staatsangehörigen einziehen . Darauf kann allenfalls auf dem
diplomatischen Wege Einfluss genommen werden. Ich
weiß, dass das Auswärtige Amt auch zu anderen Fällen
mit der Regierung in Ankara in Kontakt ist und insbesondere die Thematik der türkischen Staatsangehörigen, die
hier in Deutschland leben, anspricht .
Dieser Aspekt unterfällt natürlich auch der gesamten
Problematik, die wir zurzeit mit der türkischen Regierung haben . Das wird selbstverständlich auch vom AusParl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder
wärtigen Amt angesprochen . Insofern schlage ich vor,
dass das Auswärtige Amt gegebenenfalls noch ergänzen
kann . Aber natürlich gibt es für uns innenpolitisch keine
Handhabe gegenüber der türkischen Regierung, dafür zu
sorgen, dass Pässe verlängert werden; denn es sind ja türkische Staatsangehörige .
({0})
Ich sehe, dass Sie mit der Antwort nicht zufrieden
sind, aber wir müssen jetzt mit der letzten angemeldeten und zugelassenen Frage fortfahren . - Der Kollege
Ströbele hat das Wort .
Danke, Frau Präsidentin . - Ich hätte eigentlich gerne
eine Frage an Ihren Kollegen Krings gestellt, nämlich
warum er mir in der Fragestunde vom 15 . Februar 2017
auf eine Frage zum Fall Amri die Unwahrheit gesagt hat .
Leider geht das nicht, weil wir das im Geheimen erörtern
müssen . Deshalb stelle ich jetzt an Sie eine Frage, Herr
Staatssekretär Schröder .
Ich frage Sie: Wann wusste die Bundesregierung was
über die jetzt in mehreren Medien veröffentlichten Erkenntnisse aus einem Chatverkehr von Herrn Amri - die
Telefonverbindung ging nach Libyen - mit, vermutlich,
einer Person im Kampfgebiet des IS, vermutlich mit einem IS-Angehörigen? Diese Frage bezieht sich nicht nur
auf das Ministerium, sondern auch auf die unterstellten
Dienste Bundesamt für Verfassungsschutz und BKA .
Den Sicherheitsbehörden war bekannt - insbesondere
natürlich auch den nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden -,
({0})
dass Amri solche Kontakte hatte, gerade zu Beginn der
Gesamtthematik Amri . Wann wer was genau wusste, haben wir in der Chronologie aufgeführt . Sie wird natürlich
immer weiter fortgeführt . Sie werden aber verstehen,
dass ich Ihnen zu einem so speziellen Sachverhalt hier
aus dem Stegreif nicht ein ganz konkretes Datum nennen
kann .
({1})
Man muss nicht Prophetin sein, um zu wissen, dass
uns dieses Thema auch in diesem Format weiter beschäftigen wird .
Gleichwohl beende ich jetzt die Regierungsbefragung .
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksachen 18/11681, 18/11719
Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nummer 10 Absatz 2 der Richtlinien für die Fragestunde die
dringliche Frage auf Drucksache 18/11719 auf . Sie bezieht sich auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur Verfügung .
Ich rufe die dringliche Frage 1 der Kollegin Dağdelen
auf:
Welche Maßnahmen werden umgehend von der Bundesregierung gegebenenfalls in Kooperation mit den Ländern
getroffen, um betroffene deutsche bzw . türkische Staatsangehörige in Deutschland aus Sicherheitsgründen zu warnen, vor
dem Hintergrund, dass der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes,
Bruno Kahl, am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz
im Februar 2017 eine Liste mit Informationen über mehr als
300 Personen mit Meldeadressen, Handy- und Festnetznummern sowie in vielen Fällen Fotos der Betroffenen und mehr
als 200 angeblich der Gülen-Bewegung zuzurechnenden Vereinen, Schulen und anderen Einrichtungen übergeben haben
soll ({0})?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Frau Kollegin Dağdelen, das Bundesamt für Verfassungsschutz hat den Erhalt der genannten
Unterlagen zum Anlass genommen, die Sachlage am
10 . März 2017 mit dem Bundeskriminalamt und den betroffenen Verfassungsschutz- und Polizeibehörden der
Länder in einer Sondersitzung der AG „Operativer Informationsaustausch“ des Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrums, abgekürzt GETZ, zu
besprechen .
Zu beachten ist, dass Gefährdungsbewertungen und
daraus erwachsende Gefährdetenansprachen bzw . Sensibilisierungsgespräche grundsätzlich - das wissen Sie Sache der Landespolizeien sind . Das Bundeskriminalamt
übermittelte den Landespolizeibehörden mit Schreiben
vom 13 . März 2017 eine eigens zusammengestellte Liste
mit Personennamen zur Lageeinschätzung und Veranlassung von Maßnahmen in eigener Zuständigkeit .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
http://www.faz.net/aktuell/politik/tuerkei/tuerkei-bespitzelt-offenbar-guelen-anhaenger-in-deutschland-14945808.html
http://www.faz.net/aktuell/politik/tuerkei/tuerkei-bespitzelt-offenbar-guelen-anhaenger-in-deutschland-14945808.html
http://www.faz.net/aktuell/politik/tuerkei/tuerkei-bespitzelt-offenbar-guelen-anhaenger-in-deutschland-14945808.html
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Verehrter Herr
Staatssekretär, laut Medienberichten gab es nur in vier
Bundesländern Gefährdetenansprachen . Meine Frage
zielt darauf ab, ob Sie sicherstellen können, dass überall Gefährdetenansprachen mit all denen stattgefunden
haben, deren Namen auf dieser Liste stehen, und ob Sie
ausschließen können, dass sich auf dieser Liste des türkischen Geheimdienstes an den BND auch die Namen von
Mitgliedern des Deutschen Bundestages befinden.
Vielen Dank für diese beiden Fragen, Frau Kollegin . Die letzte Frage kann ich konkret beantworten: Es war
der Name eines Mitglieds dieses Hauses auf der Liste dieses ist bereits angesprochen worden -, in diesem Fall
wegen seiner Tätigkeit hier im Haus durch das Bundeskriminalamt .
Im Übrigen sind die Landespolizeien zuständig . Es ist
im Einzelfall eine Abwägungsfrage, ob und in welcher
Form alle angesprochen werden, bei denen Gefahren bestehen . Teilweise stehen auch die Namen von Einrichtungen, zum Beispiel von Stiftungen, auf der Liste, bei
denen die Frage ist, ob da eine konkrete Gefährdetenansprache Sinn macht . Das müssen die Landespolizeien
in eigener Zuständigkeit entscheiden . Allerdings gibt es
dort auch immer Kontakte zum Bundeskriminalamt, das
die Angelegenheit natürlich streng im Auge behält .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, neben dieser Liste und vor dem
Hintergrund der seit längerem bekannten und gehäuft
auftretenden Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes
auf deutschem Territorium - es gibt auch ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn F . Sayan, der in Untersuchungshaft ist - interessiert mich, ob Sie ausschließen können,
dass durch den türkischen Geheimdienst auf deutschem
Territorium Vorbereitungen zu Entführungen getroffen
worden sind . Mir wurde gesagt, dass es Hinweise auf
die Vorbereitung von Entführungen durch den türkischen
Geheimdienst in Deutschland gegeben hat . Können Sie
das ausschließen oder bestätigen?
Ich kann es, Frau Kollegin, jedenfalls nicht ausschließen . Auch mir ist zu Ohren gekommen, dass es offenbar
Hinweise darauf gab, dass es so etwas gegeben haben
könnte . Aber mir ist nicht bekannt, ob sich diese Hinweise erhärtet haben .
Zu einer Nachfrage hat der Kollege Volker Beck das
Wort .
Herr Kollege, Sie sprachen gerade an, dass ein Mitglied des Deutschen Bundestages auf der Liste steht .
Können Sie denn ausschließen, dass sich auf dieser Liste
weitere Abgeordnete von anderen Parlamenten befinden?
Und, wenn sie auf dieser Liste sein sollten, wann wurden
diese Abgeordneten im Rahmen einer Gefährdetenansprache informiert?
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Beck, ich kann
die Frage gut verstehen, weil eben im Innenausschuss das darf ich für diejenigen erklären, die nicht dabei waren - von zwei Abgeordneten die Rede war . Was wir
sagen können, ist: Es war jedenfalls eine weitere Politikerin auf der Liste . Ich kann aber nicht sagen, ob die Gefährdetenansprache schon stattgefunden hat . Wenn nicht,
wird sie sehr zeitnah durchgeführt . Es war kein weiteres
Mitglied des Bundestages auf der Liste .
({0})
Die nächste Nachfrage stellt die Kollegin Hänsel .
Danke schön . - Herr Staatssekretär, wie viele solcher
Listen mit der Bitte um Amtshilfe seitens der Bundesregierung oder der nachgeordneten Behörden - BKA,
BND, Verfassungsschutz - sind vom türkischen Geheimdienst MIT seit Anfang letzten Jahres übergeben worden?
Frau Präsidentin! Ich kann Ihnen dazu keine Zahlen
nennen . Ich gehe davon aus, dass es sicherlich einen weiteren Fall gab, wo Namen, ob es eine Liste war oder Einzelnamen, mitgeteilt worden sind . Wenn uns solche Namen mitgeteilt worden sind, sind sie, soweit mir bekannt
ist, dann jeweils auch an den Verfassungsschutz und
andere Sicherheitsbehörden weitergeleitet worden, also
in einem ähnlichen Verfahren wie dieses Mal . Aber eine
Liste vergleichbarer Art ist mir jedenfalls nicht bekannt .
Die Kollegin Haßelmann stellt die nächste Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär,
bevor ich meine Frage stelle, möchte ich kurz zu Ihrem
Zwischenruf von der Regierungsbank sagen: Ich finde
das völlig unangemessen und inakzeptabel .
Ich entschuldige mich dafür . Das war es in der Tat; da
haben Sie recht .
Das ist sehr gut; denn ansonsten hätte ich Sie darauf
hingewiesen, dass das gegenüber dem Parlament nicht
möglich ist .
Ich entschuldige mich dafür . Das war nicht in Ordnung .
Vielen Dank .
Dann habe ich noch eine Frage, und zwar zum gleichen
Sachverhalt: Wie gedenken Sie als Bundesregierung die
Mitglieder des Rechtsausschusses regelmäßig über diesen Sachverhalt und auch die weitere Entwicklung dazu
zu informieren, nachdem heute mit Koalitionsstimmen
aus Union und SPD die Behandlung des Tagesordnungspunktes, der von hoher Relevanz und hoher Brisanz ist,
abgesetzt worden ist?
Müssen die Mitglieder meiner grünen Fraktion jetzt
regelmäßig von ihrem Fragerecht in der Fragestunde und
von Kleinen Anfragen Gebrauch machen, da der Tagesordnungspunkt in den entsprechenden Ausschüssen von
den Fraktionen nicht gewünscht ist, oder werden Sie uns
auch ohne Kleine Anfragen oder schriftliche Fragen regelmäßig darüber informieren?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Frau Präsidentin! Frau Kollegin, jetzt verwirren Sie
mich etwas . In der dringlichen Frage, die Gegenstand
dieser Fragestunde ist, geht es um Tätigkeiten des türkischen Geheimdienstes MIT . Jedenfalls im Innenausschuss wurde dieses Thema nicht abgesetzt . Ich weiß
nicht, ob im Rechtsausschuss anders verfahren wurde .
({0})
- Dort wurde dieses Thema abgesetzt, okay . Eben wurde darauf Bezug genommen, dass ein Thema im Innenausschuss nicht behandelt werden konnte . Das ist mir
nicht bekannt, dass es abgesetzt worden ist . Dass eine
Ausschussmehrheit zu dem Schluss kommt, dass in einer
bestimmten Sitzung etwas nicht behandelt werden kann,
heißt ja nicht, dass es nicht behandelt wird . Ich kann jetzt
nicht für die Kollegen sprechen .
({1})
- Es ist sogar nur vertagt worden .
({2})
Jedenfalls gehe ich davon aus, dass die Debatte in einer
der nächsten Sitzungen stattfinden wird. Ich kann an der
Stelle nicht sozusagen die Ausschussmehrheit präkludieren . Aber dass man etwas in einer bestimmten Sitzung
absetzt, heißt nicht, dass man das Thema nicht behandelt .
({3})
- Nur in der konkreten Sitzung .
Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Hunko .
Vielen Dank . - Herr Staatssekretär, eine Frage zu Ihrer Einschätzung: Erlauben die neusten Erkenntnisse des
Bundesinnenministeriums die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den MIT-Agenten Gergerlioglu, der - das
ging durch die Medien - einen Agentenring des MIT gesteuert haben soll? Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Dazu
gab es in Koblenz bereits ein Verfahren .
Herr Kollege, ich gehe davon aus, dass entweder eine
Landesjustizbehörde oder der Generalbundesanwalt diese Entscheidung treffen muss . Deshalb, glaube ich, stünde es dem Innenministerium nicht zu, eine Bewertung
vorzunehmen .
Die letzte Nachfrage zu dieser Frage stellt der Kollege
Weinberg .
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie gerade richtig verstanden habe, waren auf der Liste, von der eben die Rede
war, ein Abgeordneter dieses Hauses und ein Abgeordneter eines Landesparlaments . Mich würde interessieren: Haben Sie das auch hinsichtlich der Mitglieder von
Kommunalparlamenten überprüft?
Herr Kollege, ich kann das zurzeit nicht bestätigen .
Ich werde dem Hinweis nachgehen . Ob weitere politische Verbindungen oder Funktionen abgeklopft worden
sind, kann ich Ihnen ad hoc nicht beantworten .
({0})
- Nicht uns .
Nachdem die dringliche Frage aufgerufen und behandelt worden ist, rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 18/11681 in der üblichen Reihenfolge auf .
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Zur Beantwortung der Fragen steht der
Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold zur Verfügung .
Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Kotting-Uhl sollen
schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Peter Meiwald auf:
Welche Konsequenzen zum nachhaltigen Schutz unseres
Trinkwassers zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen
der Grundwasseruntersuchungen der Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet von Trinkwasserbrunnen, und welche sich hieraus
ergebenden Maßnahmen dazu ergreift sie über die aktuelle Reform der Düngegesetzgebung hinaus?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Wie Sie wissen, gibt es einen Bericht von 2016, aus
dem hervorgeht, dass es seit 2008 keine Verbesserung
der Trinkwassersituation gibt . Sie ist in etwa gleich geblieben . Rund 18 Prozent der Trinkwasserbrunnen weisen eine Nitratbelastung über dem Grenzwert auf . Wir
als Bundesregierung versprechen uns eine deutliche Verbesserung durch die Novellierung der Düngeverordnung,
die, wenn ich es richtig im Kopf habe, diese Woche im
Bundesrat abschließend behandelt wird .
Ihre Frage bezieht sich auch darauf, was darüber hinaus getan werden soll und kann . Das obliegt im Regelfall den Ländern . Die Länder haben umfangreiche Möglichkeiten und haben auch bisher schon davon Gebrauch
gemacht. Es gibt entsprechende landesspezifische Vereinbarungen, zum Beispiel zwischen den für das Wasser
und den für die Landwirtschaft zuständigen Stellen .
Außerdem gibt es die Möglichkeit, dass die Länder
weitere Trinkwassergebiete ausweisen können, für die
sie dann verbindliche Richtlinien vorschreiben können .
Das Zentrale aber wird sein, dass wir nun die Düngeverordnung in Kraft setzen . Wir hoffen, dass es dadurch mittelfristig zu signifikanten Verbesserungen kommen wird.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Vielen Dank, Herr
Staatssekretär . Die erste Nachfrage geht in die Richtung,
dass zumindest ein Großteil der Experten davon überzeugt ist, dass das, was jetzt durch die Ländergesetzgebung neu geregelt wird, nicht ausreichen wird, sondern
dass wir mittelfristig noch zu einer Veränderung der Situation bezüglich der Tierbesatzdichten kommen müssen .
Deswegen habe ich die Frage an Sie, ob es Gespräche
zwischen dem zuständigen Landwirtschaftsministerium
und dem Umweltministerium gibt, um entsprechende
Anreize zu schaffen, mittelfristig die Tierbesatzdichten
in den Intensivtierhaltungsregionen zu reduzieren .
Wie Sie aus den Debatten, die wir im Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hatten,
wissen, war zum Beispiel keine Einigung über die Frage
einer baulichen Stärkung der kommunalen Seite zu erzielen, was die Massentierhaltung angeht . Natürlich hatten
wir während des gesamten Prozesses der Beratung der
Düngeverordnung intensive Gespräche. Ich finde, dass
wir mit dieser Düngeverordnung nun wesentliche Verbesserungen erzielen werden . Das ist ein guter Schritt in
Bezug auf die Sicherheit des Trinkwassers in Deutschland .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herzlichen Dank . - Ich möchte noch auf einen anderen Bereich zu sprechen kommen, der in der bisherigen
Betrachtung zu kurz gekommen ist, nämlich die Einträge,
die aus der Luft kommen . Das betrifft die Stickstoffeinträge aus dem Straßenverkehr und auch aus der Industrie,
insbesondere aus den Kraftwerksbetrieben . Ich habe die
Frage, inwieweit es Bestrebungen des Ministeriums gibt,
diese Einträge zu reduzieren bzw . überhaupt erst einmal
in Bezug auf die Problematik der Trinkwasser- bzw .
Grundwasservorräte zu einer Bemessung der Einträge zu
kommen, um dann entsprechende Reduktionsstrategien
zu entwickeln .
Wie Sie zu Recht schildern, betreffen die Einträge
nicht nur die Landwirtschaft, sondern es gibt auch noch
andere Quellen für den Eintrag von Nitraten . Da spielen - das haben Sie richtig wiedergegeben - Verkehr und
Industrie eine Rolle . Das bewegt sich im Geleitzug der
allgemeinen Debatte, die wir dazu führen, bzw . der Maßnahmen insgesamt, was zum Beispiel den Klimaschutz
angeht . Wenn wir beispielsweise insgesamt eine Reduzierung der fossilen Energieträger im Verkehrsbereich
erreichen, wird es auch weniger Einträge ins Grundwasser geben . Deswegen hat die Bundesregierung, wie Sie
wissen, zum Beispiel auch eine Elektromobilitätsstrategie entwickelt . Wir bemühen uns, auch hier so schnell
wie möglich von fossilen Energieträgern wegzukommen .
Dann kommen wir zur Frage 4 des Kollegen Meiwald:
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über verschwundenen Müll ({0}), und welche Konsequenzen wird sie daraus ziehen?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Ich vermute, dass sich das auf einen kürzlich in der
Welt erschienenen Artikel bezieht, der einen bekannten
Sachverhalt aufgreift, nämlich dass es durch die dualen
Systeme zu einer unvollständigen Lizenzierung von Verpackungen gekommen ist, die in den Verkehr gebracht
worden sind; es wurden geringere Mengen lizenziert .
Wir haben mit der siebten Novelle zur Verpackungsverordnung diesen Missstand beseitigt . Hier ist es zu einer
Situation gekommen, die zwar nicht dazu führt, dass im
Zweifel die nichtlizenzierten Mengen in diesem Bereich
irgendwo verschwinden oder im Restmüll landen . Aber
ihre Entsorgung wurde nicht dem Verursacherprinzip
entsprechend finanziert. Das war eine nicht hinzunehmende Situation, die wir bereits mit der siebten Novelle
zur Verpackungsverordnung abgestellt haben . Darüber
hinaus beraten wir in dieser Woche abschließend über
den Entwurf eines Verpackungsgesetzes . Danach wird es
eine zentrale Stelle geben, die eine bessere Überwachung
und Koordinierung der dualen Systeme - auch gegenüber
den Kommunen - bringen wird . Auch davon versprechen
wir uns Verbesserungen .
Streng genommen ist kein Müll verschwunden . Vielmehr wurden - fast strafrechtlich relevant - falsche Angaben gemacht . Das hätte übrigens einen Teil der dualen
Systeme fast an die Grenze des Ruins gebracht . Deswegen sind wir dort eingeschritten .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Heißt das, dass Sie schon mit Untersuchungen belegen
können, dass die siebte Novelle entsprechende Ergebnisse gezeitigt hat und dass die Differenz zwischen dem,
was in Verkehr gebracht wird, und dem, was lizenziert
wird, schon auf null zurückgefahren wurde? Habe ich das
richtig verstanden?
Nein, das können wir nicht belegen; denn so schnell
kann man empirische Daten nicht erfassen . Aber von
zentraler Bedeutung ist in diesem Kontext, dass wir nicht
von virtuellen Mengen, die lizenziert werden sollen,
ausgehen, sondern dass wir mit der siebten Novelle zur
Verpackungsverordnung überprüfbare Mengen zugrunde
legen; das ist der entscheidende Unterschied . Damit ist
die Missbrauchsanfälligkeit sehr stark reduziert worden,
zumindest in den bekannten Fällen . Da es schon sieben
Novellen zur Verpackungsverordnung gegeben hat und
bei mir ein gesundes Misstrauen gegen manche Marktbeteiligte verbleibt, will ich nicht ausschließen, dass wir
auch nach dem Verpackungsgesetz, wenn es neue Umgehungsvarianten oder Missbräuche gibt, eine achte Novelle brauchen . Derzeit sind wir aber zu der Erkenntnis
gekommen, dass wir das Modell aus Falschlizenzierung
von Müll, Kostenersparnis und Konkurrenzkampf durch
die siebte Novelle ausschalten konnten .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Vielen Dank . - Ich hatte die Frage bewusst ein bisschen weiter gefasst, weil wir gerade bei Altautos und
Elektroschrott trotz der gesetzlichen Grundlagen, die wir
an verschiedenen Stellen geschaffen haben - Stichwort:
ElektroG -, weiterhin Probleme haben . Wir stellen fest,
dass sowohl bei den Altautos ein relevanter Teil der Fahrzeuge sozusagen aus der Statistik verschwindet, ohne in
die Wiederverwertung zu gehen, als auch Elektroschrott
deutscher Herkunft insbesondere in Ghana, aber auch an
anderen Stellen auftaucht, obwohl das nicht mehr sein
darf . Welche Möglichkeiten sehen Sie auch im Hinblick
auf die Zusammenarbeit mit den Ländern, die für Kontrolle und Vollzug mit zuständig sind, um diesen Zustand
zu verbessern?
Die von Ihnen angesprochenen Sachverhalte sind vorgekommen und kommen wahrscheinlich zum Teil weiterhin vor . Die empirische Datengrundlage, die wir dazu
haben, ist relativ gering . Wir haben deswegen vor einiger
Zeit eine Studie zu den Altautobeständen in Auftrag gegeben und erwarten demnächst entsprechende Erkenntnisse . Da es sich aber um einen illegalen Bereich handelt, der bereits gegen bestehendes Recht verstößt, ist es
besonders schwierig, aussagekräftige Zahlen zu bekommen . Wir halten uns an die EU-Vorgaben zu den Altautos . Es handelt sich hier primär um ein Überwachungsproblem, weil sich die Unterscheidung zwischen Schrott
und Gebrauchtwagen in der Praxis schwierig gestaltet .
Dasselbe haben wir nun verstärkt bei der Frage der
Elektroaltgeräte . Sie wissen, dass wir jüngst hier im Parlament die Voraussetzungen dafür geschaffen haben . Es
geht insbesondere darum, dass nun auch die Verbringer
dokumentieren müssen, dass es sich tatsächlich um Gebrauchtgeräte handelt, die auch funktionsfähig sind, und
nicht um falsch deklarierten Elektroschrott . Da haben wir
die Anforderungen erhöht . Auch hier kommt es gerade in
der Konstellation mit dem Export darauf an, dass dann
auch die zuständigen Behörden diese neuen Vorgaben
überprüfen . Das ist die einzige Voraussetzung, wie man
diese Missbräuche und diese nicht hinnehmbaren Zustände abstellen kann . Die gesetzlichen und die vollzugsrechtlichen Voraussetzungen dafür haben wir geschaffen .
Danke . - Wir kommen dann zur Frage 5 des Kollegen
Harald Ebner:
Wie steht die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit, Dr . Barbara Hendricks, aus heutiger Sicht zu der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern im Juni 2015 durch sie persönlich an den Münchner Toxikologen Professor Dr . Helmut Greim aufgrund seiner
„Leistungen zum Schutz von Mensch und Umwelt“ ({0}), und welchen Handlungsbedarf leitet das Bundesumweltministerium aus den Vorwürfen gegenüber Professor Dr . Greim ab, er habe einem durch Monsanto-Mitarbeiter
verfassten wissenschaftlichen Artikel, der den Krebsverdacht
gegen den Pestizidwirkstoff Glyphosat zerstreuen sollte, gegen Geld seinen Namen als Erstautor geliehen und den resultierenden Interessenkonflikt in Bezug auf die Unabhängigkeit
seiner Aussagen im Rahmen von Expertenstatements wiederholt verschwiegen ({1})?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Sehr geehrter Herr Kollege Ebner, die Bundesregierung hat zu den Vorwürfen gegen Herrn Professor
Greim bereits in den Antworten auf die schriftlichen Fragen 10/138 vom 21 . Oktober 2016, veröffentlicht in der
Drucksache 18/10202, und 11/253 vom 30 . November
2016, veröffentlicht in der Drucksache 18/10596, Stellung genommen . Dem ist nichts hinzuzufügen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Danke, Frau Präsidentin . - Das wundert mich jetzt
sehr, Herr Staatssekretär; denn die aktuellen Vorwürfe
gegen Herrn Professor Greim können wohl kaum schon
im November geklärt worden sein . Das sind ganz neue
Fragen, die just in den letzten Wochen aufgetaucht sind .
Deshalb würde ich Sie schon bitten, in sich zu gehen und
zu prüfen, ob Sie diese Frage an der Stelle im Vorgriff auf
alles, was da kommen möge, wirklich schon beantwortet
haben .
Jetzt ist es so, dass nicht nur das BfR, sondern auch
das Umweltbundesamt an der Entstehung des Glyphosat-Bewertungsberichts beteiligt war, der die Voraussetzung für die Genehmigungserneuerung darstellt . Wie
wird das BMUB jetzt vor diesem Hintergrund die Aufklärung der Vorwürfe gegen Herrn Greim, die aus meiner Sicht neu sind, und andere Wissenschaftler, die auch
Konsequenzen, was die Glaubwürdigkeit des Handelns
der deutschen Behörden und auch die Glaubwürdigkeit
der bisherigen Bewertung von Glyphosat angeht, nach
sich ziehen, vorantreiben?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Es geht um einen Artikel, soweit ich das weiß, der aus
dem Jahr 2013 resultiert und der mit mehreren Universitäten gemeinsam und unter Einbeziehung auch der Industrie erstellt worden ist . Das ist der Gegenstand der Kritik, soweit ich das wahrnehme . Ich kann allerdings nicht
sehen, dass dieser Artikel in irgendeiner Form Eingang
in die jüngste Entscheidung der zuständigen Stellen auf
europäischer Ebene gefunden hat .
Sie haben das Wort zur nächsten Nachfrage .
Danke schön . - Aus unserer Sicht hat er sehr wohl
Eingang gefunden . Ich möchte Sie aber danach fragen,
wie Sie damit umgehen möchten, dass Mitglieder, die in
für den Gesundheitsschutz relevanten Gremien wie der
deutschen MAK-Kommission sitzen, die den Behörden Grenzwerte für den Arbeitsschutz vorschlagen und
die eigentlich die Interessen der Arbeitnehmer vertreten
sollen - da geht es um Konzentrationen und Grenzwerte
von bestimmten Stoffen am Arbeitsplatz -, gleichzeitig
seit Jahrzehnten nachgewiesenermaßen nicht nur engste,
sondern auch noch entlohnte Kontakte zur notwendigerweise gegenläufige Interessen vertretenden Industrie und
zu Lobbyorganisationen, die sie eigentlich kontrollieren
sollten, pflegen, diese Kontakte aber nur lückenhaft angegeben haben und bis heute nur lückenhaft angeben .
Es gibt meiner Kenntnis nach in den entsprechenden
Gremien auf EU-Ebene wie auch auf nationaler Ebene
die Verpflichtung, Interessenskollisionen offenzulegen.
Wenn dies unterbleibt, ist es ein Verstoß gegen die Vorgaben . Ich bin jetzt nicht in der Lage, hier im Einzelnen
solche Vorwürfe zu prüfen oder zu bewerten; da bitte ich
um Verständnis . Insgesamt will ich aber schon festhalten,
dass wir davon ausgehen, dass wir ein bewährtes System
der Überprüfung haben und dass es eine wissenschaftliche Bewertung der Fragen gibt - nach wissenschaftlichen Standards .
Dass man über einzelne Bewertungen immer wieder
trefflich streiten kann, das ist so. Die Bundesregierung
hat sich bei der Frage entsprechender Prüfungen zum
Beispiel dagegengewandt, dass die Beweislast umgekehrt wird . Wir sind nach wie vor der Auffassung - wir
werden das auch gegenüber der EU vertreten -, dass diejenigen, die wollen, dass ein Produkt zugelassen wird,
erst einmal alle notwendigen Belege vorlegen müssen,
dass das Verhältnis nicht umgekehrt wird und dass das
Ganze durch die infragekommenden Institutionen wissenschaftlich geprüft wird .
Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Meiwald
das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, Professor Greim hat nicht nur gute Kontakte zu
Monsanto, wie wir jetzt nach und nach erfahren, sondern
auch zur Automobilindustrie . Er ist seit Jahren Leiter
Vizepräsidentin Petra Pau
http://www.bmub.bund.de/service/mediathek/fotos/detailview/?tx_cpsbmugallery_pi1%5BshowUid%5D=49973
http://www.bmub.bund.de/service/mediathek/fotos/detailview/?tx_cpsbmugallery_pi1%5BshowUid%5D=49973
https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/detail/article/32544/
https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/detail/article/32544/
https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/detail/article/32544/
http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gekaufte-expertise-100.html
http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gekaufte-expertise-100.html
des Forschungsbeirats der EUGT, einer Lobbyorganisation der Automobilhersteller . Halten Sie es für angemessen, dass er in der Anhörung des Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses zum sogenannten Dieselgate
als unabhängiger Sachverständiger aufgetreten ist, wiederum ohne seine Tätigkeit für dieses andere Gremium
offenzulegen und transparent zu machen? Wie bewertet
Ihr Ministerium das mit Blick auf die zukünftige Zusammenarbeit mit solchen Institutionen?
Ich bin mir als Parlamentarier und als Vertreter des
Ministeriums nicht sicher, ob wir für Sachverständige,
die vor Untersuchungsausschüssen aussagen, vergleichbare Offenlegungspflichten haben; ich habe davon keine
Kenntnis . Aber wenn es eine entsprechende Vorschrift
gibt, müsste man ihr Rechnung tragen . Ich kann aber
nicht die Dinge bewerten, die Sie hier jetzt als Vorhalt
machen . Ich glaube, das steht der Bundesregierung auch
nicht zu . Es handelt sich um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss; insofern ist das dort zu klären .
Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Krischer
das Wort .
Herr Staatssekretär, da kann ich Sie aufklären: Herr
Greim hat als Wissenschaftler beispielsweise im Untersuchungsausschuss die interessante Meinung vertreten,
Stickoxide im Straßenverkehr seien kein gesundheitliches Problem; das will ich nicht weiter ausführen .
Sie haben eben als Antwort auf die entsprechende Frage des Kollegen Ebner gesagt, Sie hätten alles das schon
einmal ausgeführt, was die Bundesregierung hier unternommen hat . Mich würde noch einmal interessieren, ob
Sie aus heutiger Sicht die Notwendigkeit sehen, die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Herrn Greim zu
hinterfragen und zu evaluieren . Da ich nicht erinnerlich
habe, was Sie in der Vergangenheit dazu ausgeführt haben, könnten Sie hier vielleicht noch einmal erläutern,
was Sie im Vorfeld dieser Verleihung unternommen haben .
Die Verleihung, die im Jahr 2015 auf Vorschlag des
BMUB vorgenommen worden ist, hat damit zu tun, dass
Herr Greim über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg in
vielen Expertengremien auf nationaler und internationaler Ebene ehrenamtlich tätig gewesen ist und auch den
Vorsitz von Gremien innegehabt hat . Das - die ehrenamtliche Tätigkeit, die er dort wahrgenommen hat - war die
Voraussetzung dafür, dass er für diese Verleihung vorgeschlagen worden ist .
Die letzte Nachfrage zu dieser Frage stellt die Kollegin Lemke .
Herr Staatssekretär, danke für diese Ausführungen . Die Frage meines Kollegen Ebner richtete sich aber nicht
auf den Grund, warum Herr Greim das Bundesverdienstkreuz erhalten hat bzw . warum das Umweltministerium
ihn für dessen Verleihung vorgeschlagen hatte, sondern
darauf, ob Sie die Notwendigkeit sehen, den in der jüngsten Zeit bekanntgewordenen Vorwürfen gegen Herrn
Greim, die mein Kollege Ebner in seiner schriftlich formulierten Frage erwähnt hat, nachzugehen . Die Vorwürfe
sind, glaube ich, gravierend . Vielleicht können Sie dem
Parlament das heute hier ohne Verweis auf alte Drucksachen beantworten .
Bitte, Herr Staatssekretär .
Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob es üblich ist, dass
diejenigen, die einen Vorschlag für die Verleihung des
Bundesverdienstkreuzes machen, eine Evaluierung vornehmen, wenn nach der Verleihung Vorwürfe im Raum
stehen . Ich nehme an, dass es im Zusammenhang mit der
Verleihung eines Bundesverdienstkreuzes und der damit
verbundenen Ehrung ein Verfahren gibt, wenn angezweifelt wird, dass die Ehrung noch verdient ist . Das kann ich
nicht beurteilen, und das will ich auch nicht beurteilen .
Vielmehr bin ich dafür, dass man das zum Gegenstand
macht, wenn es nicht nur um Vorwürfe geht, sondern
wenn an dieser Stelle Erkenntnisse vorliegen .
Wir kommen damit zur Frage 6 des Kollegen Ebner:
Welche Möglichkeiten sieht das Bundesumweltministerium ({0}) vor dem Hintergrund der aktuellen Manipulationsvorwürfe gegen Monsanto in Bezug auf Glyphosat-Studien ({1}), der Manipulierung von Studien - und damit
von behördlichen Risikobewertungsprozessen - durch Unternehmen in Zukunft durch geeignetere Regularien besser vorzubeugen, und wie verhält sich das BMUB vor diesem Hintergrund zu den Vorschlägen, kurzfristig, wenn möglich auch auf
nationaler Ebene, eine behördliche Registrierungspflicht von
Zulassungsstudien vor der Durchführung einzuführen, damit
deren Ergebnisse im Nachgang gezielt abgefragt werden und
nicht einfach in der Schublade verschwinden können, bzw .
mittelfristig bei den für die Zulassung vorgeschriebenen Studien eine Entkoppelung von Finanzierung ({2}), Vergabe ({3}) und Durchführung ({4}) zu etablieren?
Bitte, Herr Staatssekretär .
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/glyphosat-wie-monsanto-ein-verbot-von-glyphosat-verhindert-1.3429242
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/glyphosat-wie-monsanto-ein-verbot-von-glyphosat-verhindert-1.3429242
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/glyphosat-wie-monsanto-ein-verbot-von-glyphosat-verhindert-1.3429242
Wir haben das zum Teil schon bei den Nachfragen zur
vorangegangenen Frage behandelt .
Die Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen
erfolgt in Deutschland durch wissenschaftlich unabhängige Behörden auf der Grundlage der in der EU festgelegten Verfahren .
Die Bundesregierung - das habe ich schon ausgeführt - wendet sich derzeit auch gegen Vorschläge, die
Beweislast dahin gehend umzukehren, dass Behörden
und nicht Unternehmen für die Erbringung von Studien verantwortlich sind, die anschließend, wie es derzeit
geregelt ist, von unabhängigen Sachverständigen der
europäischen und der nationalen Behörden geprüft und
bewertet werden .
Zuständige EU-Behörden im Bereich Pflanzenschutz
sind insbesondere die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Europäische Chemikalienagentur . Auf der nationalen Ebene prüfen und bewerten das
Bundesinstitut für Risikobewertung, das Julius-Kühn-Institut und das Umweltbundesamt Pflanzenschutzmittel
und ihre Wirkstoffe .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, ich bin, gelinde gesagt, etwas entsetzt angesichts dessen, was Sie hier machen . Sie führen
uns bewusst in die Irre - das ist ganz offenbar -, wenn
Sie hier von Beweislastumkehr sprechen und damit völlig verzerren, was in der Frage eigentlich gefragt wurde .
Es ging um etwas völlig anderes . Es ging erstens darum, ob man nicht eine Registrierungspflicht beispielsweise von Untersuchungssettings für Studien vor ihrer
Durchführung einführt, um genau dem Missstand vorzubeugen, dass Studien erst einmal schön ausprobiert
werden und erst dann, wenn sie sozusagen funktionieren,
durchgeführt und evaluiert werden, sodass die Behörden
die entsprechend schön funktionierenden Studien vorgelegt bekommen . Dazu haben Sie nichts gesagt . Ich bitte
Sie, dazu jetzt etwas zu sagen .
Zweitens ging es um die Entkopplung der Finanzierung, der Vergabe und der Durchführung solcher Studien .
Je unabhängiger Studien sind, desto besser ist das für uns
alle . Das hat mit Beweislastumkehr überhaupt nichts zu
tun . Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen .
Wir haben ein System der wissenschaftlichen Überprüfung bei der Zulassung entsprechender Wirkstoffe
oder Pflanzenschutzmittel. Was Pflanzenschutzmittel angeht, fällt das übrigens in den Zuständigkeitsbereich des
BMEL .
Ja, es gibt diese Debatte über die Frage: Welche wissenschaftlichen Sicherungen sind zusätzlich einzubauen
im Hinblick darauf, was an Studien gar nicht vorgelegt
wird? Das ist ein sehr alter Streit, wenn es zum Schluss
um die Frage von wissenschaftlichen Bewertungen geht .
Aber ich finde, dass wir zu wissenschaftlich basierten Erkenntnissen kommen - wenn Sie sich nur anschauen, was
wir insgesamt an Vorgaben in unseren Prüfungsverfahren
haben! Im Einzelfall kann man diese Erkenntnisse dann
auch wieder anders sehen - dafür habe ich Verständnis -;
aber ich sehe jetzt keinen Anlass dafür, dass wir von
dem System, das wir bei der Risikoprüfung sowohl in
Deutschland wie auch in der EU haben, abgehen .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Wenn Sie so überzeugt sind vom Funktionieren der bisherigen Zulassungsverfahren, Herr Staatssekretär, dann
möchte ich Sie fragen, ob Sie gestern beispielsweise das
WDR-Magazin FAKT gesehen haben, in dem berichtet
wurde, dass den Glyphosat-Herstellern die Gelegenheit
geboten wurde, die bereits formulierte, aber noch streng
vertrauliche Entscheidungsvorlage der ECHA bereits vor
der abschließenden Diskussion und Abstimmung schriftlich zu kommentieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, als
die öffentliche Kommentierungsphase zum Sachverhalt
im Sommer bereits ausgelaufen war . Also, da läuft doch
ordentlich etwas schief .
Herr Staatssekretär, ist das vor diesem Hintergrund
überhaupt gar kein Anlass für das BMUB, die ECHA-Entscheidungsfindung zu überprüfen?
Mir persönlich ist dieser Bericht gestern Abend im
Fernsehen nicht bekannt . Ich nehme das mit, und ich
glaube, dass wir in der weitergehenden Debatte über
Glyphosat und ähnliche Stoffe auch die Frage weiter erörtern werden, nach welchen Kriterien dies in Zukunft
stattfinden wird.
Zu einer Nachfrage hat der Kollege Meiwald das Wort .
Vielen Dank . - Ich glaube, es ist in der Tat notwendig,
sich das ganze Zulassungs- und Überprüfungsverfahren
noch einmal wirklich sehr kritisch anzuschauen .
Es gibt ein weiteres Totalherbizid, das im Moment zur
Wiedergenehmigung ansteht und bei dem Ihr Haus und
das Umweltbundesamt an dem Verfahren beteiligt sind .
Das ist das Totalherbizid Glufosinat . Es ist letztlich ein
Vorläuferprodukt von Glyphosat . Auch da würde mich
interessieren, ob Sie vor dem Hintergrund der nach und
nach in die Öffentlichkeit gelangenden Sachverhalte anstreben, dieses Verfahren noch einmal sehr genau unter
die Lupe zu nehmen und sehr kritisch zu schauen, was
die Industrie vorgibt und was eigentlich die unabhängige
Wissenschaft zu diesen Produkten sagt .
Noch einmal, wir sind nicht federführend in diesen
Zulassungsfragen, und ich kann auch die Antwort auf
diese Frage nicht aus dem Ärmel schütteln, weil ich die
Detailkenntnis tatsächlich nicht habe . Ich glaube, dass es
in all diesen Fragen angemessen ist, sich immer die wissenschaftlichen Standards anzuschauen . Es gibt dort eine
große Verunsicherung, auch in der Frage, ob dies alles
korrekt abgeht . Die entsprechenden Vorwürfe wurden im
Rahmen der vorhergehenden Frage angesprochen . Diesen muss man nachgehen und den Sachverhalt aufklären .
Das halte ich für selbstverständlich .
Natürlich halte ich es auch für selbstverständlich, dass
man diese Abläufe verändert, wenn man zu Erkenntnissen kommt, dass hier wissenschaftliche Standards verletzt werden . Ich habe aber zumindest bisher noch keine
Anhaltspunkte dafür, dass man durch das aktuelle System nicht zu wissenschaftlichen Überprüfungen und zu
einer vernünftigen Risikobewertung kommt .
Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Krischer
das Wort .
Herr Staatssekretär, Sie müssen mir jetzt noch einmal
erläutern, wie das BMUB in der Frage Glyphosat jetzt
weiter agieren will . Sie haben Kritik an der Zulassung
geübt . Ihre Ministerin hat das auch in vielfältiger Art und
Weise getan . Jetzt gibt es eine Bewertung der ECHA .
Heißt das in der Konsequenz, das BMUB übt in Zukunft
an der weiteren Zulassung von Glyphosat keine Kritik
mehr und arbeitet nicht daran, dass dieses Pflanzenschutzmittel ersetzt wird?
Wir haben in der gesamten Debatte deutlich gemacht,
dass das BMUB zuständig ist für die Frage der Auswirkungen von Glyphosat auf die Biodiversität und dass die
Frage einer krebserregenden Wirkung von Glyphosat in
der Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums liegt .
Wir haben, wie Sie wissen, damals bezüglich einer
Gesamtbewertung keine Einigung innerhalb der Bundesregierung erzielt, was zu den entsprechenden Auswirkungen auf der europäischen Ebene geführt hat . Das
entsprechende Institut ist nun jüngst zu der Einschätzung
gekommen, dass dieses Mittel nach seiner Auffassung
nicht die Kriterien für eine Einstufung als „krebserregend“ erfüllt, und die EU-Kommission wird demnächst
die Entscheidung treffen . Damit wird das Verfahren
der Legaleinstufung von Glyphosat abgeschlossen . Die
EU-Kommission hat angekündigt, dass sie die Biodiversitätsüberlegungen, die von uns angeregt worden sind,
aufnehmen wird . Das ist für uns ein wichtiger Punkt auf
EU-Ebene .
Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit . - Danke, Herr Staatssekretär .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Die Frage 7 des
Abgeordneten Özcan Mutlu soll schriftlich beantwortet
werden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Die Fragen 8 und 9 des Abgeordneten Uwe
Kekeritz werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts . Zur Beantwortung steht der Staatsminister
Michael Roth zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Andrej Hunko auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Auflistung von persönlichen Angaben deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ({0}) auf der Internetseite der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Mirotworez ({1}) in der Kategorie „Tschistilischtsche“
({2}), auf der auch die zwei ukrainischen Regierungskritiker Oles Busyna und Oleh Kalaschnikow vor ihrer Ermordung geführt wurden, und welche Schritte hat die Bundesregierung zur Entfernung der Daten der auf der oben genannten
Internetseite aufgelisteten deutschen Staatsbürgerinnen und
Staatsbürger gegenüber der ukrainischen Seite unternommen?
Bitte .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Lieber Kollege
Hunko, der Bundesregierung ist die Veröffentlichung
persönlicher Daten auf der Webseite einer ukrainischen
Nichtregierungsorganisation bekannt . Die Bundesregierung hat über unsere Botschaft in Kiew unmittelbar nach
Bekanntwerden der Veröffentlichung im Mai 2016 den
Vorgang mit verschiedenen ukrainischen Stellen besprochen: mit dem Informationsminister, mit dem Innenminister, mit dem Außenministerium . Wir haben das sowohl
bilateral besprochen als auch im Rahmen der EU und im
G-7-Format . Die G-7-Botschafter haben am 2 . Juni 2016
ein Statement veröffentlicht, in dem sie die Offenlegung
der persönlichen Daten auf der Webseite scharf kritisieren .
Das, was wir dort lesen müssen, ist völlig inakzeptabel, Herr Kollege Hunko . Die Bundesregierung hat dies
auch deutlich gemacht . Wir haben noch einmal klargestellt: Die Veröffentlichung persönlicher Daten, unter
anderem auch von deutschen Staatsangehörigen - dort
sind Tausende von Namen aufgelistet -, mit dem Ziel, sie
als angebliche Kollaborateure der separatistischen Kräfte
im Donbass öffentlich zu brandmarken, ist für uns ein
schwerwiegender Vorfall und ein Verstoß gegen die internationalen Standards des Datenschutzes .
https://psb4ukr.org/criminal/
https://psb4ukr.org/criminal/
Wir haben die Löschung der entsprechenden Daten
von der Webseite gefordert . Der Server ist nicht in der
Ukraine, sondern andernorts registriert . Wir haben bei
unserer Kritik insbesondere die Lage der betroffenen
Journalisten in den Mittelpunkt gestellt, indem wir deutlich gemacht haben, dass die Veröffentlichung dieser Liste die Unabhängigkeit von Journalisten verletzt und sie in
ihrer Tätigkeit nicht nur behindert werden, sondern ganz
konkret gefährdet werden .
Auch die Bundeskanzlerin hat dieses Thema zum Gegenstand eines Telefonates mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gemacht . Darin hat die Bundesregierung ihrer großen Sorge noch einmal Ausdruck
verliehen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Herr Staatsminister Roth, für die sehr
klaren Worte, bezüglich der Webseite . - Ich will das noch
einmal verdeutlichen: „Mirotworez“ heißt „Friedensstifter“ . Das ist ein Wortspiel wie beispielsweise „Peacemaker“ für den größten Colt in den USA .
Nach der Veröffentlichung von Daten auf dieser Webseite sind zwei regierungskritische Personen in der Ukraine ermordet worden . Dort gibt es eine Rubrik unter dem
Namen „Fegefeuer“ . In dieser Rubrik sind die auch von
Ihnen genannten deutschen Journalisten und Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit persönlichen Daten
aufgeführt . Ich bin einer davon . Von daher will ich mich
für die klaren Worte der Einschätzung bedanken .
Ich war im Rahmen einer Parlamentarierreise in Russland und habe versucht, diese Webseite von dort aufzurufen . Das geht nicht . Sie ist dort gesperrt . Von Deutschland kann man sie aufrufen . Wäre das vielleicht eine
Möglichkeit, diesem ungeheuerlichen Vorgang ein Ende
zu bereiten?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Hunko, ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Webseite mit diesem
völlig inakzeptablen Inhalt auf einem Server läuft, der
nicht in der Ukraine registriert ist . Die Gesetzeslage in
der Ukraine eröffnet derzeit keine rechtliche Handhabe,
gegen die Initiatoren des Datenlecks einer Nichtregierungsorganisation vorzugehen . Deshalb kann ich Ihnen
nur noch einmal versichern, dass es uns wichtig ist, klarzumachen, dass dies völlig inakzeptabel ist . Die damit
verbundene Sorge, die wir auch gegenüber der ukrainischen Regierung zum Ausdruck gebracht haben, teilen
im Übrigen die dortige Regierung und ihre verschiedenen Vertreterinnen und Vertreter .
Uns ist auch bekannt, dass sowohl ein Parlamentarier als auch ein Journalist, die auf dieser Liste aufgeführt
worden sind, ermordet wurden . Allein die große Anzahl
der dort gelisteten Namen macht deutlich, wie schwerwiegend dieser Vorgang ist . Ich kann nur hoffen, dass
diese Webseite alsbald gelöscht wird und wir das nicht
mehr lesen müssen . Denn ich kann Ihrer Sorge nur zustimmen: Damit wird das Leben von Menschen konkret
bedroht und die Arbeit von freien Journalisten gefährdet .
Haben Sie eine zweite Nachfrage? - Nein . Die Kollegin Vogler hat aber noch eine Frage .
Herr Staatsminister, wir haben hier vorhin im Zusammenhang mit einem anderen Vorgang - da ging es um
den türkischen Nachrichtendienst - sehr viel von Gefährdungsansprachen gehört . Mich würde interessieren,
ob die Bundesregierung vorhat, in irgendeiner Form die
davon Betroffenen, sofern sie deutsche Staatsbürger sind
oder in Deutschland leben, über den Vorgang zu informieren und ihnen auch Hinweise zu geben, wie sie sich
verhalten können, damit sie nicht noch mehr in Gefahr
geraten . Mich hat es wirklich geschockt, zu hören, dass
der Kollege quasi im Ausland davon erfahren hat, dass
er da gelistet ist, und ich hätte eigentlich erwartet, dass
die Bundesregierung und die Bundesbehörden, wenn sie
von so einem Vorgang Kenntnis haben, die Betroffenen
informieren und warnen .
Ich will noch mal deutlich machen: Es handelt sich
nicht um eine staatliche Webseite . Es ist eine Veröffentlichung einer Nichtregierungsorganisation .
Es geht dabei um Tausende von Namen, die gelistet
werden . Deswegen ist die Überprüfung relativ schwierig .
Aber selbstverständlich haben wir ein sehr großes Interesse daran, dass nicht nur Journalistinnen und Journalisten, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben, sondern
alle Journalisten, die sich der freien Meinungsäußerung
verpflichtet fühlen und unabhängig recherchieren wollen, nicht gefährdet werden . Das gilt in Deutschland, das
gilt in der Europäischen Union, das gilt selbstverständlich auch für das Engagement in der Ukraine oder auch
in Russland .
Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Hänsel
das Wort .
Danke . - Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung
denn Kenntnis darüber, wie viele deutsche Staatsbürger
auf dieser Webseite genannt sind?
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Hänsel, ich habe
schon auf die sehr große Zahl von Namen hingewiesen .
Uns ist natürlich bekannt, dass dort auch eine Reihe von
deutschen Journalisten aufgelistet ist . Ich möchte jetzt
aber nicht hier etwas in den Raum stellen, was ich möglicherweise nicht einwandfrei belegen kann . Ich vermag
derzeit nicht zu sagen, ob wir das Gespräch mit allen
Personen, die auf dieser Liste aufgeführt worden sind,
gesucht haben . Ich gehe dieser Frage aber gerne nach .
Danke, Herr Staatsminister . - Die Fragen 11 und 12
des Kollegen Nouripour sollen schriftlich beantwortet
werden .
Wir kommen zur Frage 13 der Kollegin Hänsel:
Durch welche konkreten eigenen Ermittlungen ({0}) hat die Bundesregierung unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe, Peschmerga-Kräfte
der Barzani-Regierung ({1}) hätten von Deutschland an
diese gelieferte Waffen gegen Jesiden im Shengal-Gebirge
an der Grenze des Irak zu Syrien eingesetzt, die vorliegenden Informationen auf Faktengehalt geprüft ({2}), und welche
plausible Erklärung wurde der Bundesregierung seitens des
Amtes für Außenbeziehungen der Regionalregierung Kurdistan-Irak bzw . des Peschmerga-Ministeriums der Regionalregierung Kurdistan-Irak unter anderem zu dem Filmmaterial
der Nachrichtenagentur ANF sowie dem Fernsehsender Rudaw gegeben ({3})?
Bitte, Herr Staatsminister .
Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Hänsel, mit diesem Thema haben wir uns ja hier im Rahmen der Fragestunde, aber auch andernorts parlamentarisch schon sehr
intensiv befasst . Ich kann Ihnen noch einmal versichern:
Wenn wir mit solchen schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert werden, ist es für uns natürlich zwingend, diesen
Vorwürfen unmittelbar und eigenverantwortlich nachzugehen . Das hat natürlich die Bundesregierung auch in
dem von Ihnen aufgeworfenen Fall gemacht . Ich möchte heute abermals bestätigen, dass der Bundesregierung
auch nach Untersuchung dieser vorliegenden Informationen keine eigenen Erkenntnisse vorliegen, die die in Ihrer
Frage aufgebrachten Vorwürfe bestätigen würden .
Wir haben die Angelegenheit natürlich auch direkt
mit der kurdischen Regionalregierung besprochen, und
zwar auf Grundlage einer - den diplomatischen Begriff
muss ich jetzt benutzen - gemeinsamen Demarche des
deutschen Generalkonsulats in Erbil und des Kommandeurs des deutschen Einsatzkontingents im Nordirak am
7 . März dieses Jahres . Auf diese Demarche hin sagte der
Leiter des Amtes für Außenbeziehungen der Regionalregierung Kurdistan-Irak eine vollständige Aufklärung des
Sachverhalts durch den Generalstabschef der Peschmerga zu . Hierauf übermittelte die Regionalregierung dem
Generalkonsulat mit Verbalnote vom 9 . März das Ergebnis der konkreten Untersuchung . Demzufolge seien - ich
zitiere aus der Verbalnote - „keinerlei deutsche Waffen in
irgendeinem Gefecht, außer im Kampf gegen die IS-Terroristen, eingesetzt worden“ .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Danke schön . - Herr Staatsminister, man kann sich
Filmsequenzen aus dem Material der Nachrichtenagentur
ANF und des Fernsehsenders Rudaw auf YouTube ansehen, die eindeutig zeigen, dass die kurdischen Peschmerga im Nordirak, in Khanasor, G3-Gewehre der Firma
Heckler & Koch verwenden, um gegen Jesiden vorzugehen . Sie sagen, es wurden eigenverantwortliche Recherchen betrieben . Meine Frage: Hat die Bundesregierung
dieses Filmmaterial geprüft? Hat die Bundesregierung
selbst alle möglichen Beweise geprüft, und zu welchem
Ergebnis kommt sie?
Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Hänsel, Sie
wissen, dass die Ausstattung mit Waffen an eine entsprechende Endverbleibserklärung geknüpft ist . Wenn
wir Zweifel daran haben müssen, dass die Endverbleibserklärung nicht vollständig umgesetzt bzw . respektiert
wird, dann hat das entsprechende Konsequenzen zur Folge .
Ich habe darauf hingewiesen, dass die Prüfungen
durch die Verantwortlichen der Regionalregierung Kurdistan-Irak keine Erkenntnisse gebracht haben, dass an
diesen Vorwürfen etwas dran ist . Ich kann Ihnen abermals bestätigen, Frau Hänsel, dass auch durch unsere eigenen intensiven Untersuchungen nicht bestätigt werden
kann, dass an diesen schwerwiegenden Vorwürfen etwas
dran ist . Noch einmal: Sie können sich darauf verlassen,
dass wir diesen Vorwürfen eigenständig nachgehen .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Danke schön . - Herr Staatsminister, Sie haben aus der
Verbalnote der Lokalregierung des Nordirak zitiert, in
der versichert wurde, dass keine deutschen Waffen gegen
die Jesiden eingesetzt werden . Ich hätte gerne von Ihnen
gewusst: Welche plausible Erklärung zu diesem Sachverhalt haben Sie von der Regionalregierung des Nordirak
erhalten? Oder haben Sie selbst herausgefunden, dass
es Filmmaterial gibt, das eindeutig zeigt, dass kurdische
Peschmerga mit G3-Gewehren der Firma Heckler &
Koch jesidische Frauen in Khanasor angreifen?
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Hänsel, dies ist nicht
der erste schwerwiegende Vorwurf, der öffentlich erhoben wurde . Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung diesen Vorwürfen intensiv nachgeht, und es ist
auch nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung feststellt, dass an diesen Vorwürfen nichts dran ist .
Ich sage es noch einmal: Es liegen uns keine eigenen
Erkenntnisse vor, und das bedeutet, dass wir den Vorwürfen nachgegangen sind . Ich habe deutlich darauf hingewiesen, dass wir nicht nur an die Verantwortung der
Regionalregierung appelliert haben, sondern dass wir
konkret nachgehakt haben . Aber wir belassen es nicht
beim Nachfassen, beim Schreiben von Demarchen und
bei bilateralen Gesprächen, sondern wir verlassen uns
auf die eigenen Informationen . Ich habe Ihnen gegenüber
nun schon mehrfach deutlich gemacht, dass uns keine eihttp://www.spiegel.de/politik/deutschland/irak-kurden-miliz-kaempft-offenbar-mit-deutschen-waffen-gegen-jesiden-a-1137481.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/irak-kurden-miliz-kaempft-offenbar-mit-deutschen-waffen-gegen-jesiden-a-1137481.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/irak-kurden-miliz-kaempft-offenbar-mit-deutschen-waffen-gegen-jesiden-a-1137481.html
genen Informationen vorliegen, dass an den Vorwürfen
etwas wahr ist .
Die Frage 14 der Kollegin Dağdelen soll schriftlich
beantwortet werden .
Die Frage 15 der Kollegin Dağdelen wurde zurückgezogen .
Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Wird die Bundesregierung ihre Unterstützung der libyschen „Einheitsregierung“, die von westlichen Regierungen
eingesetzt und abhängig ist, aber im Land keine Unterstützung
findet und vom libyschen Parlament nicht anerkannt wird,
überdenken und einstellen angesichts dessen, dass die Lage im
Land immer beunruhigender und bald nicht mehr handhabbar
ist ({0}) sowie die Situation für Hunderttausende von Flüchtlingen unerträglich ist, und wird die Bundesregierung stattdessen Gespräche mit den Stammesführern,
die in Libyen traditionell und noch heute Anerkennung genießen, suchen und sich bemühen, Verhandlungen zu initiieren,
weil nach meiner Auffassung nur so eine Chance besteht, eine
Regierung zu bilden, die die Unterstützung weiter Teile der
Bevölkerung erreichen kann?
Bitte, Herr Staatsminister .
Danke, Frau Präsidentin . - Herr Abgeordneter
Ströbele, das Libysche Politische Abkommen war ja
schon mehrfach Gegenstand eines Gesprächs zwischen
uns und auch Gegenstand von Fragestunden . Ich freue
mich darüber, heute noch einmal ein paar Präzisierungen
vornehmen zu können .
Das Libysche Politische Abkommen, von dem schon
mehrfach die Rede war, ist im Dezember 2015 durch wesentliche Vermittlung der Vereinten Nationen zustande
gekommen . Es bildet den Rahmen bzw . das Fundament
für den notwendigen politischen Einigungsprozess in Libyen und wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entsprechend indossiert .
Das Abkommen beruht auf einem innerlibyschen Dialog, an dem die verschiedensten Akteure beteiligt waren .
Es schließt die Benennung von Mitgliedern des Präsidialrates sowie dessen Vorsitzenden ein, der gleichzeitig
Premierminister der Einheitsregierung ist .
Sie alle wissen um das Engagement der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen . Sie koordiniert die Umsetzung des Abkommens, und wir als
Bundesregierung unterstützen sie dabei . Wir wissen, dass
nur durch ein abgestimmtes Auftreten der internationalen
Gemeinschaft überhaupt Fortschritte bei der Umsetzung
erzielt werden . Eine Reihe wichtiger Umsetzungsschritte
steht noch aus . Das Abkommen ist weiterhin als wesentlicher Bezugsrahmen anerkannt. Derzeit finden in Libyen aber auch Diskussionen darüber statt, ob an diesem
politischen Abkommen nicht Änderungen vorgenommen
werden müssen . Wenn ein entsprechender innerlibyscher
Konsens vorliegt, steht solchen Änderungen nichts im
Wege . Die UN-Mission UNSMIL ist in Kontakt mit den
Vertretern der Kommunen und der Stämme, um diese in
diesen politischen Prozess zu integrieren . Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen der Vereinten
Nationen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, wie lange wollen die Bundesregierung und die anderen westlichen Regierungen die
derzeitige Situation noch hinnehmen? Sie haben eine
Regierung etabliert bzw . eingesetzt, die nur am Leben
bleibt, weil sie von den westlichen Staaten und ihren
Verbündeten finanziert und militärisch geschützt wird.
Die Bevölkerung akzeptiert diese Regierung ganz offensichtlich nicht . Das dort existierende Parlament weigert
sich bis heute, diese Regierung anzuerkennen . Wann reift
bei Ihnen die Einsicht, dass Sie mal wieder aufs falsche
Pferd gesetzt haben, dass Sie sich nach anderen Leuten
umsehen sollten, die dort vielleicht tatsächlich eine Einheitsregierung bilden könnten?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Ströbele, wenn
sich jemand geirrt haben sollte, dann die gesamte internationale Staatengemeinschaft .
({0})
Das Abkommen ist von den Vereinten Nationen indossiert worden . Weil Sie dazwischengerufen haben, sage
ich: Dieses Abkommen wird auch weiterhin als wesentliche Grundlage erachtet, und zwar von Russland, den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, aber auch von
den Nachbarstaaten Ägypten, Tunesien und Algerien .
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wesentliche Umsetzungsschritte noch nicht erfolgt sind,
beispielsweise die Bestätigung der Regierung, die Einleitung einer Verfassungsreform und Neuwahlen . Das
sind für uns essenzielle Dinge . Wir berühren hier einen
Punkt der Außenpolitik, der internationalen Zusammenarbeit, an den wir immer wieder stoßen: Wenn wir nach
Abschluss eines Verfahrens mit der Umsetzung der Vereinbarung nicht zufrieden sind, weil wesentliche Schritte
noch ausstehen, stellen wir dann dieses Abkommen völlig infrage, versuchen wir also, etwas komplett Neues zu
erreichen, oder versuchen wir immer wieder, diejenigen
in die Pflicht zu nehmen, die dieses Abkommen mit auf
den Weg gebracht haben? Ich könnte Ihnen derzeit eine
Reihe von Abkommen in Krisenregionen nennen, in denen wir eine ähnliche Situation haben .
Noch einmal: Auch wir sehen Veränderungsbedarf .
Wir sehen Umsetzungsbedarf . Aber derzeit ist dieses Abkommen die wesentliche Grundlage für weitere Schritte .
Wenn wir das einfach vom Tisch wischten, würde dies
sicherlich nicht zu mehr Stabilität in Libyen führen .
Damit haben Sie das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herr Staatsminister, also weiter wie bisher ohne Rücksicht darauf, dass die Zustände dort immer schlechter
werden . Das stand ja auch in meiner Frage . Dort hatte
ich auf eine entsprechende Meldung verwiesen, aus der
sich dies ergibt .
Könnte es vielleicht sein, dass vom Westen ausgesuchte Regierungsmitglieder gerade deshalb von einem stolzen Volk wie den Libyern nicht akzeptiert werden? Täte
man nicht besser daran, auf die traditionellen, gewachsenen Strukturen in dem Land Rücksicht zu nehmen - wie
übrigens auch in Afghanistan und anderen Ländern - und
mit den Stämmen und Stammesführern zu reden - das
alles sind keine Engel; aber sie haben hohes Ansehen im
Volk - und so zu einer vernünftigen Lösung zu kommen?
Warum weigern Sie sich, dies zu tun?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Ströbele, wir
weigern uns überhaupt nicht . Ich habe davon gesprochen, dass der derzeitige politische Stillstand für uns
nicht akzeptabel ist . Ich habe darüber hinaus darauf hingewiesen, dass wir uns im Rahmen der internationalen
Gemeinschaft für entsprechende Veränderungen einsetzen . Wir haben einmal die Regionalinitiative, die von
Ägypten, von Algerien und von Tunesien angestoßen
wurde . Darüber hinaus habe ich darüber berichtet, dass
die UNSMIL-Mission der Vereinten Nationen gerade um
das bemüht ist, was Sie eben eingefordert haben, nämlich die Kommunen, aber auch die Stämme in diesen Prozess stärker einzubinden . Denn am Ende des Tages - das
wissen wir alle - werden wir in Libyen nur dann einen
Versöhnungs- und Stabilisierungsprozess, der Aussicht
auf Erfolg hat, erringen können, wenn alle wichtigen Akteure einen Schritt aufeinander zugehen . Davon sind wir
derzeit noch entfernt . Aber die wesentliche Grundlage
bleibt dieses Abkommen . Dieses Abkommen muss dort
umgesetzt bzw . verändert werden, wo sich die Tauglichkeit in der Praxis nicht bewiesen hat .
Danke, Herr Staatsminister . - Wir sind damit am Ende
des Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amtes .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Welche Angaben macht die Bundesregierung zu Grund
und Rechtfertigung von Vorsprachen und Warnungen des
Bundesamtes für Verfassungsschutz ({0}) bei Geldinstituten
in Deutschland wegen der Einrichtung und Unterhaltung von
Konten türkischer Gruppen, Vereine und Institutionen, und
welche Kriterien im Einzelnen legt das BfV bei der Auswahl
der türkischen Gruppierungen zugrunde, vor denen es die
deutschen Geldinstitute warnt?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Ströbele, vielleicht eine kurze Vorbemerkung . Da Sie in einem anderen Kontext in der Regierungsbefragung unterstellt
hatten, ich hätte bei einer anderen Beantwortung die Unwahrheit gesagt, wäre ich eigentlich versucht gewesen,
das an dieser Stelle zurückzuweisen . Aber da wir eben
schon Gelegenheit hatten, bilateral darüber zu sprechen,
kann ich, glaube ich, darauf verzichten .
Ich will deshalb gleich Ihre Frage beantworten, muss
aber, wenn man so will, Ihnen mit „Fehlanzeige“ antworten . Denn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz
hat es keine Vorsprachen und Warnungen im Zusammenhang mit der Einrichtung und Unterhaltung von Konten
türkischer Gruppen, Vereine und Institutionen im Sinne
der Fragestellung gegeben .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Ich bin ja ein bisschen ein gebranntes Kind . Das ist
eine sehr apodiktische und klare Antwort . Können Sie
ausschließen, dass Mitarbeiter des Bundesamtes für
Verfassungsschutz bei deutschen Geldinstituten - ich
will die jetzt nicht nennen - aufgetaucht sind, sich zu
erkennen gegeben haben, erklärt haben, sie hätten gern
gewusst, ob dort Konten beispielsweise bestimmter
Gruppen bestehen, und dann Warnungen ausgesprochen
haben? Können Sie das ausschließen? Haben Sie einmal
beim Bundesamt für Verfassungsschutz nachgefragt?
Frau Präsidentin! Lieber Kollege, wenn Sie Fragen
stellen Bezug nehmend auf eine Behörde und auf ihren
Geschäftsbereich, fragen wir natürlich dort nach und
übernehmen ihre Antwort .
Sie haben das in der Nachfrage etwas verkürzt dargestellt . Ich gehe davon aus, dass generell Nachrichtendienste im Rahmen ihrer Kompetenzen bei Geldinstituten nachfragen können . Sie haben sich in Ihrer Frage auf
türkische Gruppierungen und auf entsprechende Hinweise von türkischer Seite, die dort eingegangen sein sollen,
bezogen . Entsprechend dieser Fragestellung - das kann
ich ganz klar sagen - haben wir die nachgeordnete Behörde, die hier genannt worden ist, befragt und die Antwort bekommen, die ich Ihnen gerade wiedergegeben
habe .
Sie haben die Möglichkeit einer zweiten Nachfrage .
Warnungen, bei bestimmten Kontoinhabern aufzupassen, zurückhaltend zu sein und vielleicht Meldung
zu machen, wenn etwas Besonderes passiert, sind Ihnen
nicht bekannt? Besser müsste man „gibt es nicht“ fragen;
denn sonst kommt immer die Aussage, dass das möglicherweise anderswo im Ministerium bekannt ist .
Natürlich wird nicht nur eine nachgeordnete Behörde,
sondern auch das Ministerium insgesamt zur Beantwortung solcher Fragen herangezogen . Es gilt, was ich in der
ersten Antwort gesagt habe .
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums des Innern, da die Fragen 18 und
19 der Kollegin Ulla Jelpke, die Fragen 20 und 21 des
Kollegen Volker Beck sowie die Frage 22 des Kollegen
Özcan Mutlu schriftlich beantwortet werden sollen .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen . Die Fragen 23 und 24 des Kollegen Stephan Kühn und die Frage 25 des Kollegen Oliver
Krischer sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf . Die Fragen 26 und 27
der Kollegin Sabine Zimmermann werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Dr . Maria Flachsbarth zur Verfügung .
Die Frage 28 des Kollegen Oliver Krischer sowie die
Fragen 29 und 30 des Kollegen Friedrich Ostendorff sollen schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Kathrin Vogler auf:
Mit welchen Lobbyisten aus der Tabakindustrie haben
sich Vertreter der Bundesregierung im Laufe der vergangenen
zwölf Monate getroffen, und was wurde dabei auch hinsichtlich eines Tabakwerbeverbots besprochen?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin
Vogler, zur Beantwortung Ihrer Frage verweise ich auf die
Antwort der Bundesregierung auf Drucksache 18/11368
auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Tabaklobby und Tabakregulierung“ und insbesondere auf die dortige Vorbemerkung sowie auf die Antwort der Bundesregierung auf Frage 6 .
Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarische
Staatssekretärinnen bzw . Staatssekretäre und beamtete
Staatssekretärinnen bzw . Staatssekretäre der Bundesministerien pflegen aufgabenbedingt in jeder Wahlperiode
Kontakte mit einer Vielzahl von Akteuren . Auch unterhalb der Leitungsebene gab es aufgabenbedingt über die
bisherige Dauer der Wahlperiode dienstliche Kontakte
von Vertreterinnen und Vertretern der Ressorts zu Unternehmen der Tabakwirtschaft .
Nach § 47 Absatz 3, auch in Verbindung mit § 62 Absatz 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien sind zum Beispiel Zentral- und Gesamtverbände sowie Fachkreise, die auf Bundesebene bestehen,
bei der Erstellung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen zu beteiligen . Zu den so hinzuzuziehenden Verbänden und Fachkreisen zählen im Tabakbereich Vertreter
aus dem Gesundheitsbereich, von Verbraucherverbänden, von Forschungsinstituten und der Wirtschaft .
Die Bundesregierung steht daher grundsätzlich auch
mit Vertretern der Tabakwirtschaft und ihren Verbänden
im Austausch. Eine Auflistung der Gesprächstermine der
vergangenen zwölf Monate befindet sich in der Antwort
auf Frage 6 der zitierten Kleinen Anfrage . Eine Auskunft
über Termine unterhalb der Leitungsebene der Bundesministerien erfolgte nicht .
Der Auflistung kann entnommen werden, ob jeweils
auch die Ausweitung der Werbeverbote für Tabakerzeugnisse und elektronische Zigaretten besprochen wurde .
Grundsätzlich wurden hierzu lediglich allgemeine Positionen ausgetauscht .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . - Warum ich
nachfrage, liegt auf der Hand . Es gibt aus Ihrem Hause
einen Gesetzentwurf, der aber schon seit längerem in den
Schubladen der Bundesregierung schlummert . Wir fragen uns natürlich, ob es die Möglichkeit geben wird, ihn
noch in dieser Wahlperiode zu beschließen .
Dabei interessiert mich, wie die Bundesregierung
die wirtschaftspolitischen Argumente, die immer wieder gegen ein Verbot von Tabakaußenwerbung ins Feld
geführt werden, angesichts der Tatsache bewertet, dass
bis zu 120 000 Menschen jedes Jahr an den Folgen des
Tabakkonsums sterben und dass nach einer Studie des
Deutschen Krebsforschungszentrums aus dem Jahr 2015
ein volkswirtschaftlicher Schaden in Höhe von bis zu
80 Milliarden Euro pro Jahr entsteht . Mich würde interessieren, wie Sie mit diesen wirtschaftspolitischen Gegenargumenten, die von der Wirtschaft vorgetragen werden, umgehen .
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Frau Kollegin, ich widerspreche Ihrer Aussage, in
den Schubladen der Bundesregierung schlummere ein
Gesetzentwurf . Ich will dem entgegensetzen, dass der
Gesetzentwurf am 17 . Dezember 2015 gegenüber der
EU-Kommission notifiziert wurde, das Kabinett in
der Sitzung am 20 . April 2016 diesen Gesetzentwurf
beschlossen hat, der Bundesrat in seiner Sitzung am
17 . Juni 2016 dazu Stellung genommen hat und die Gegenäußerung der Bundesregierung am 28 . Juni 2016 im
Kabinett beschlossen wurde . Die Beratungen im Deutschen Bundestag haben allerdings noch nicht begonnen .
So liegt das Verfahren jetzt beim Parlament .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Vielen Dank . - Wenn die Bundesregierung ihre Hausaufgaben, wie Sie gerade dargestellt haben, erledigt hat
und allein das Parlament der Hemmschuh ist, dann gebe
ich Ihnen jetzt die Gelegenheit, noch ein bisschen für den
Gesetzentwurf aus Ihrem Hause zu werben, uns zu vermitteln, welche Erkenntnisse die Bundesregierung zur
präventiven Wirkung eines Verbots der Tabakaußenwerbung, insbesondere auf Kinder und Jugendliche, hat und
warum es aus Ihrer Sicht wichtig ist, dass wir hier Fortschritte machen und nicht mehr das Schlusslicht in Europa sind, was die Regulierung von Tabakwerbung angeht .
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Frau Kollegin, die Bundesregierung hat diesen Gesetzentwurf vorgelegt . In der Begründung kann ausführlich nachgelesen werden, welche Gründe die Bundesregierung hatte, diesen Gesetzentwurf in dieser Form
vorzulegen . Es gibt darüber hinaus einen gemeinsamen
Brief der Bundesminister Hermann Gröhe und Christian
Schmidt an die Regierungsfraktionen, der ebenfalls bereits das Licht der Öffentlichkeit, insbesondere der Presseöffentlichkeit, erblickt hat . Von daher ist in diesem Zusammenhang alles Notwendige gesagt .
Gleichwohl hat der Kollege Harald Weinberg eine
Nachfrage? - Er zieht sie zurück .
Danke, Frau Staatssekretärin . Damit sind wir am Ende
des Geschäftsbereichs, für den Sie zuständig sind .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung . Die Fragen 32 und 33 des Kollegen Dr . Alexander Neu sollen schriftlich beantwortet
werden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit .
Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 34 der Kollegin Kathrin Vogler auf:
Inwieweit teilt das Bundesgesundheitsministerium die zu
einem möglichen Verbot des Versandhandels rezeptpflichtiger
Medikamente geäußerten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken ({0})?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Frau Präsidentin, herzlichen Dank . - Frau Kollegin
Vogler, Ihre Frage beantworte ich gerne wie folgt: Die
Frage bezieht sich auf einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit im Hinblick auf ein Gesetz zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Der Meinungsbildungsprozess
innerhalb der Bundesregierung zu diesem Entwurf ist
noch nicht abgeschlossen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Inzwischen konnten wir auch Pressemitteilungen entnehmen, Frau Staatssekretärin, dass der Meinungsbildungsprozess zu diesem Thema innerhalb der Bundesregierung und zwischen den Koalitionsfraktionen noch
nicht abgeschlossen ist . Trotzdem würde mich interessieren, welches Interesse aus Ihrer Sicht der Finanzminister mit seinem Widerspruch gegen den Referentenentwurf verfolgt und warum er den Zugang ausländischer
Kapital gesellschaften zur Arzneimittelversorgung in
Deutschland verteidigt . Denn dies würde doch eine erhebliche Minderung der Steuereinnahmen erwarten lassen und Arbeitsplätze gefährden, ganz zu schweigen von
der flächendeckenden Präsenzapotheke auch im ländlichen Raum .
Ich würde Sie bitten, diese Frage an das Bundesministerium der Finanzen zu richten . Wir haben unsere Darstellung deutlich gemacht. Wir befinden uns jetzt in der
Ressortabstimmung . Das heißt, jedes Ressort kann seine
Bedenken vortragen . Dann wird ein Meinungsbildungsprozess stattfinden, und dann werden wir auch zu einem
gemeinsamen Ergebnis kommen .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Sie haben ja diesen Meinungsbildungsprozess angesprochen . Mich würde interessieren, wie Sie in den letzten Sitzungswochen dieses Parlaments mit diesem Meinungsbildungsprozess voranschreiten wollen, damit wir
noch in dieser Wahlperiode zum Abschluss eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens kommen .
Konkrete Fragen: Ist das heute Abend Thema im Koalitionsausschuss? Welche Gespräche der unterschiedlichen Ministerien finden in den nächsten drei sitzungsfreien Wochen statt? Können wir damit rechnen, dass es in
der nächsten Sitzungswoche Ende April in dieser Frage
hier vorwärtsgeht?
Ich persönlich habe keine Tagesordnung vorliegen,
aus der hervorgeht, worüber der Koalitionsausschuss
heute Abend spricht . Ich habe heute Morgen im Fernsehen Themen gehört - wie Sie wahrscheinlich auch -, ich
kann sie aber weder bestätigen noch widerrufen .
Deswegen werden wir warten, worüber der Koalitionsausschuss heute Abend spricht . Morgen sind wir
schlauer, und dann kann ich Ihnen gerne eine Antwort
darauf geben .
Ich rufe die Frage 35 des Kollegen Harald Weinberg
auf:
Wie ist der Stand des Vorhabens des Koalitionsvertrages
zwischen CDU, CSU und SPD, „das Psychotherapeutengesetz
samt den Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung ({0}) überarbeiten“, und bis wann ist mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag zu rechnen?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Frau Präsidentin, herzlichen Dank . - Herr Kollege
Weinberg, ich beantworte Ihre Frage sehr gerne .
Das Bundesministerium für Gesundheit hat im Oktober 2016 Eckpunkte zur Novellierung der Psychotherapeutenausbildung vorgelegt und diese zwischenzeitlich
mit den Ländern sowie den psychotherapeutischen und
ärztlichen Verbänden diskutiert . Die Erkenntnisse aus
diesen Gesprächen fließen in die laufende Erarbeitung
eines Arbeitsentwurfs des Gesetzes ein, der im Frühjahr
dieses Jahres vorgelegt werden soll . Zudem hat das BMG
ein Bund-Länder-Begleitgremium installiert .
Neben der Regelung der neuen psychotherapeutischen
Ausbildung in einem Studium ist es auch die Weiterbildung, für die entsprechende Strukturen implementiert
werden müssen . Hinsichtlich der Rahmenbedingungen
für die geplante Weiterbildung hat die Bundespsychotherapeutenkammer im März 2017 zwei Finanzierungsgutachten veröffentlicht . Eines, das von Walendzik &
Wasem, betrifft den ambulanten Bereich, das andere, das
von Steffen & Blum, betrifft den stationären Bereich .
Derzeit ist das BMG hierüber in Gesprächen mit der
Bundespsychotherapeutenkammer .
Mit der vorgesehenen umfassenden Reform der Psychotherapeutenausbildung werden nach Auffassung des
BMG die in der aktuell bestehenden Ausbildung vorhandenen Probleme bereinigt . Gleichzeitig wird eine
Ausbildung geschaffen, die ihre Absolventinnen und
Absolventen auf die zukünftigen Herausforderungen der
psychotherapeutischen Versorgung vorbereitet .
Die sorgfältige Vorbereitung, die dieses Projekt erfordert, führt dazu, dass ein Referentenentwurf voraussichtlich erst zum Ende dieser Legislaturperiode vorgelegt
werden kann .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Frau Staatssekretärin, verstehe ich Sie richtig, dass
Ende der Legislaturperiode ein Referentenentwurf vorgelegt wird, dass wir aber in dieser Wahlperiode kein
Psychotherapeutengesetz sehen werden?
Wir werden im Frühjahr dieses Jahres den Arbeitsentwurf vorlegen . Dann kommt es darauf an, in welcher
Geschwindigkeit wir wirklich wichtige und nachhaltige
Entscheidungen treffen . Wir werden uns die Zeit, die wir
brauchen, auch nehmen, weil wir das den Auszubildenden wirklich schuldig sind . Deswegen gehen wir davon
aus, dass der Referentenentwurf erst zum Ende der Legislaturperiode vorgelegt werden kann .
Ihre zweite Nachfrage .
Ich habe noch eine kurze Nachfrage: Bedeutet das in
diesem Fall, dass das Thema erst einmal der Diskontinuität anheimfällt?
Wir versuchen, alles, was wir noch in dieser Legislaturperiode regeln können, auch zu regeln .
Ich rufe die Frage 36 des Kollegen Harald Weinberg
auf:
Wie ist der Stand des Vorhabens zur Reform des Medizinstudiums, und bis wann ist mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag zu rechnen?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Frau Präsidentin! Herr Kollege Weinberg, auch hierauf antworte ich Ihnen gerne .
Der Masterplan Medizinstudium 2020 soll am
31 . März dieses Jahres, also in Kürze, in einer Abschlusskonferenz auf Ministerebene beschlossen werden .
Die im Masterplan Medizinstudium 2020 vorgesehenen
Maßnahmen, die sich auf die rechtlichen Grundlagen
der medizinischen Ausbildung beziehen, werden in der
Approbationsordnung für Ärzte umzusetzen sein, einer
Ministerverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf . Änderungen in Bundesgesetzen, die durch den
Deutschen Bundestag zu beschließen sind, werden nicht
erforderlich sein .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Ich habe einfach nur eine Verständnisfrage: Heißt das,
wir haben bezüglich dieser Frage keine Handlungsnotwendigkeiten im Bundestag? Werden wir hier also etwas
sehen, was im Wesentlichen über die Ministerrunde und
den Bundesrat auf den Weg gebracht wird?
Wir haben den Koalitionsvertrag umgesetzt, und dieser Masterplan ist Gegenstand einer Absichtserklärung
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und
des Bundesministeriums für Gesundheit .
Ihre zweite Nachfrage? - Sie verzichten darauf .
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums für Gesundheit, da die Fragen 37
und 38 der Kollegin Pia Zimmermann schriftlich beantwortet werden sollen . - Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Enak
Ferlemann zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Matthias Gastel
auf:
Was versteht die Bundesregierung in Bezug auf das Personenbeförderungsgesetz unter dem Begriff „vollständige
Barrierefreiheit“, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass die Aufgabenträger die Umsetzung
einer vollständigen Barrierefreiheit bis zum Jahr 2022 für
nicht erreichbar halten ({0}) und die
Bundesregierung selbst die „zeitgerechte Umsetzung für nicht
möglich“ hält ({1})?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Lieber Kollege, ich
gebe folgende Antwort: Wie sich aus der gesetzlichen
Regelung ergibt, ist die vollständige Barrierefreiheit
als Zielbestimmung zu verstehen . Außerdem können
im Nahverkehrsplan und durch die Länder Ausnahmen
festgelegt werden . Die Verwirklichung der Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr hängt maßgeblich von
dem Engagement der Aufgabenträger und Länder ab . Der
Bund unterstützt deren Bemühungen mit Mitteln aus dem
Regionalisierungsgesetz und dem Entflechtungsgesetz.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, vielen Dank . - Wenn der Bund ein
Gesetz erlässt und dort einen Begriff wie „vollständige
Barrierefreiheit“ einführt, gehe ich schon davon aus, dass
ein Verständnis dessen vorhanden ist, was konkret darunter zu verstehen ist .
Daran füge ich meine erste Nachfrage an: Umfasst der
Begriff der „vollständigen Barrierefreiheit“ aus Sicht der
Bundesregierung beispielsweise auch temporäre Haltestellen, reine Schulbushaltestellen und solche für flexible
Bedienungsweisen? Als Beispiele nenne ich Haltestellen,
an denen nur der Nachtbus oder das Anrufsammeltaxi
hält .
Herr Kollege, Anlass für die Änderung des PBefG,
also des Personenbeförderungsgesetzes, war die UN-Behindertenrechtskonvention, die die Bundesrepublik
Deutschland unterschrieben hat . In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des damaligen Deutschen Bundestages, der den
Vorschlag des deutschen Bundesrates aufgegriffen hatte,
wurde die Einführung der vollständigen Barrierefreiheit
unter anderem damit begründet, dass es Ziel sein müsse, in einem überschaubaren Zeitraum eine vollständige
Barrierefreiheit zu schaffen . Für die Umsetzung dieses
Zieles solle das Regel-Ausnahme-Prinzip zur Anwendung kommen .
Der Gesetzgeber hat damit keine flächendeckende,
vollständige und ausnahmslose Barrierefreiheit für die
Nutzung des ÖPNV zum Stichtag 1 . Januar 2022 verbindlich vorgeschrieben . Vielmehr ist dem Wortlaut der
Vorschrift und der dazugehörigen Gesetzesbegründung
zu entnehmen, dass der Nahverkehrsplan den Charakter
einer Zielvereinbarung hat, die es den Aufgabenträgern
abverlangt, die erforderlichen Maßnahmen und zeitlichen Vorgaben zu benennen, um am 1 . Januar 2022 vollständige Barrierefreiheit erreichen zu können .
Dabei sind sowohl die Unternehmen als auch die Behindertenbeauftragten und Behindertenbeiräte sowie die
Behindertenverbände zu beteiligen . Einzelheiten über
Aufstellung und Inhalt der Nahverkehrspläne regeln die
Länder in eigener Zuständigkeit . Darunter fallen auch die
Punkte, die Sie angesprochen haben .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Vielen Dank . - Herr Staatssekretär, ich schließe eine
zweite Nachfrage an und komme auf den 15 . Februar
2017 zurück, an dem ich Sie bereits zum selben Thema
befragt hatte . Es geht um die mündliche Frage 51 vom
Februar dieses Jahres . Dort hatten Sie unter Verweis auf
die erhöhten Regionalisierungsmittel, die Sie in Ihrer ersParl. Staatssekretärin Ingrid Fischbach
ten Antwort schon angesprochen hatten, ausgeführt - ich
zitiere -:
Insofern kann ich nicht erkennen, dass eine weitere
Erhöhung der Mittel dazu dienen würde, dieses Ziel
- damit ist die vollständige Barrierefreiheit gemeint zu erreichen .
Der VDV beziffert das Investitionsvolumen, das im
Bereich „öffentlicher Verkehr“ zur Erreichung dieses
Ziels benötigt wird, auf etwa 20,5 Milliarden Euro . Das
ist ein Betrag, der deutlich über die Erhöhung der Regionalisierungsmittel hinausgeht und mit dem natürlich die
Kommunen und die Länder sehr stark gefordert werden,
um es einmal vorsichtig auszudrücken .
Angesichts dieser Zahl, aber auch angesichts des
Rückstands, den wir in Sachen barrierefreie Mobilität
noch haben: Halten Sie Ihre Aussage aufrecht, dass es
kein finanzielles Problem ist und dass der Bund das Notwendige getan hat, damit die Länder und die Kommunen
in der Lage sind, dieses Ziel bis 2022 tatsächlich umzusetzen?
Herr Kollege, die Aussage, die ich damals getroffen
habe, war nicht nur gut; sie ist auch korrekt .
Damit kommen wir zur Frage 40 des Kollegen Gastel:
Wie viel Geld hat die Deutsche Bahn AG aus Mitteln der
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ({0}) in den einzelnen Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils für Maßnahmen
der Barrierefreiheit an Bahnhöfen eingesetzt, und nach welchen Kriterien gibt der Bund Vorgaben bezüglich der Bahnsteighöhe an Bahnhöfen ({1})?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Ich beantworte die Frage wie folgt: Nach Auskunft
der DB Station & Service AG hat das Unternehmen in
den angefragten Jahren Mittel aus der Leistungs- und
Finanzierungsvereinbarung wie folgt investiert: 2014
54,9 Millionen Euro, 2015 55,1 Millionen Euro und
2016 58,9 Millionen Euro .
Im Hinblick auf Bahnsteighöhen an Bahnhöfen gilt
die Regelung des § 13 Absatz 1 der Eisenbahn-Bau- und
Betriebsordnung, EBO: Bei Neubauten oder umfassenden Umbauten von Personenbahnsteigen sollen in der
Regel die Bahnsteigkanten auf eine Höhe von 76 Zentimeter über Schienenoberkante gelegt werden; Höhen von
unter 38 Zentimeter und über 96 Zentimeter sind unzulässig . Bahnsteige, an denen ausschließlich Stadtschnellbahnen halten, sollen auf eine Höhe von 96 Zentimeter
über Schienenoberkante gelegt werden .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank . - Sie haben gerade auf den ersten Teil
der Frage geantwortet, dass die Deutsche Bahn jedes Jahr
etwa 50 Millionen bis 60 Millionen Euro aus den Mitteln der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung in die
Hand nimmt, um Bahnsteige aufzuhöhen und die Barrierefreiheit der Bahnhöfe zu verbessern . Insgesamt stehen
der Deutschen Bahn aber 3 Milliarden bis 4 Milliarden
Euro pro Jahr aus diesem Topf zu . Es ist also ein sehr
kleiner Teil der Gesamtmittel, die der Bund der Deutschen Bahn für Ersatzinvestitionen zur Verfügung stellt .
Jetzt ist meine Frage: Kommt aus Ihrer Sicht als
Bundesregierung die Aufgabe, mehr Barrierefreiheit zu
schaffen und damit allen Menschen Mobilität zu ermöglichen, schnell genug voran, wenn die Deutsche Bahn nur
50 Millionen bis 80 Millionen Euro dieser 3 Milliarden
bis 4 Milliarden Euro pro Jahr für diese Aufgabe investiert? Ich kann noch konkreter fragen: Hat die Barrierefreiheit im Bereich Bahn überhaupt eine Chance, wenn
es anders als beispielsweise bei den Eisenbahnbrücken
keine Qualitätskennziffern gibt, die die Deutsche Bahn
einhalten muss, um die Zahlung einer Pönale, also Strafe,
zu vermeiden? Es gibt keine vergleichbaren Vorgaben für
das Thema Barrierefreiheit an den Bahnhöfen .
Herr Kollege, es gibt auch Kennzahlen für die Barrierefreiheit, gerade auch bei der Höhe der Bahnsteige .
Sie werden mit unterschiedlichen Bewertungen ausgewiesen .
Sie fragen, ob es schnell genug vorangeht . Was ist
schon „schnell genug“? Das ist ein sehr dehnbarer Begriff . Nach Auffassung des Bundesverkehrsministeriums
kann es gar nicht schnell genug gehen . Aber die Bahn hat
ein Konzept: zuerst die großen Bahnhöfe, dann die mittleren Bahnhöfe, und dann wird entsprechend abgestuft
weiter verfahren .
Das wird so gehandhabt, weil die Frequenz der Ein-,
Aus- und Umsteiger an großen Bahnhöfen um ein Vielfaches höher ist als an kleinen Bahnhöfen . Es ist logisch:
Für die Reisenden ist es am allerbesten, wenn man mit
den größeren Bahnhöfen beginnt und dann immer weiter abstuft . Wir haben dabei eine Tausenderregelung, das
heißt, auf Bahnhöfen mit unter 1 000 Ein- und Aussteigern wird überhaupt nichts gemacht . Deswegen gibt es
ein Sonderprogramm des Bundesverkehrsministeriums das ist Ihnen bekannt -, aus dem mit Bundesmitteln etwa
162 Bahnhöfe zusätzlich barrierefrei umgebaut werden .
Daran sieht man, dass das Bundesverkehrsministerium
sehr daran interessiert ist, die Barrierefreiheit zu erreichen .
Wir wünschen uns auch, dass mehr Mittel aus der
LuFV eingestellt werden . Allerdings entscheidet das die
Bahn autonom .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Herr Staatssekretär, Sie haben mir bereits das Stichwort für meine zweite Nachfrage geliefert, indem Sie die
kleinen Bahnhöfe mit bis zu 1 000 Reisenden angesprochen haben . Der Bund hatte dazu ein Förderprogramm
mit zunächst 50 Millionen Euro aufgelegt, das dann auf
80 Millionen Euro aufgestockt wurde .
Meine Frage an Sie ist: Wird es eine Neuauflage dieses Förderprogramms geben, und wenn ja, wird dies mit
förderfreundlicheren Kriterien erfolgen? Ich erinnere daran, dass nur dann Mittel zugewiesen werden konnten,
wenn bereits baureife Planungen vorgelegen haben . Das
heißt, es haben in der Regel nur diejenigen profitiert, für
die die Deutsche Bahn bereits baureife Planungen gefertigt hatte . Andere Bahnhöfe, deren Handlungsbedarf genauso groß oder sogar noch größer war, aber für die keine
baureifen Pläne vorlagen, konnten von Ihrem Programm
nicht profitieren. Wird es ein neues Programm geben,
und wenn ja, mit welchen Kriterien?
Es ist schon wundersam: Wir haben gerade ein neues
Programm aufgelegt, dessen Umsetzung noch gar nicht
begonnen wurde, da fragen Sie schon nach einem Nachfolgeprogramm . Hintergrund der Einschränkungen bei
der Bewilligung ist das ZIP, also das Zukunftsinvestitionsprogramm des Bundes . Dieses Programm ist zeitlich
beschränkt . Wir müssen die Mittel im Rahmen dieser
zeitlichen Beschränkung verbaut haben und nachgewiesen haben, wo das geschehen ist . Deswegen konnten nur
Bahnhöfe zum Zuge kommen, die baurechtlich gesehen
schon so weit sind, dass die für sie vorgesehenen Mittel
auch bis zum Auslaufen des ZIP finanziert bzw. verbaut
werden können .
Zusammen mit den Ländern hatten wir dabei eine, wie
ich finde, gute Idee. Die Länder tragen übrigens 50 Prozent der für die Maßnahmen vorgesehenen Mittel . Mithin
beinhaltet das Programm 80 Millionen Euro vom Bund
und 80 Millionen Euro von den Ländern, also insgesamt
160 Millionen Euro . Dabei ist es so, dass während der
ersten Hälfe des Umbaus mit Bundesmitteln und während der zweiten Hälfe mit Landesmitteln gezahlt wird .
Das ist so, um den Zeitraum für die Umsetzung zu verlängern . Das Problem ist, dass der Zeitrahmen des ZIP
für Baumaßnahmen eigentlich viel zu eng gestrickt ist .
Deswegen haben wir uns dieser Idee bedient . Von daher
gesehen, müssen wir das erst einmal abarbeiten .
Ob es dann ein Nachfolgeprogramm geben wird, wird
die kommende Bundesregierung entscheiden . Ich würde
immer dafür plädieren; aber dafür muss mich der Wähler erst wieder in meine Position bringen, damit ich im
Weinberg der Kanzlerin weiterarbeiten darf .
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär .
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 30 . März 2017, 9 Uhr,
ein .
Die Sitzung ist geschlossen .
Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre weiteren Unternehmungen am heutigen Tag .