Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nehmen
Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich noch eine
Mitteilung zu machen .
Interfraktionell ist vereinbart worden, dass die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stellungnahme
des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung auf der Drucksache 18/11536 zu dem bereits
überwiesenen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes dem federführenden Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
sowie zur Mitberatung dem Finanzausschuss und dem
Haushaltsausschuss überwiesen werden soll .
Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stellungnahme des Bundesrates auf
der Drucksache 18/11560 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten
Verkehrsteuerungsänderungsgesetzes an den federführenden Finanzausschuss sowie zur Mitberatung an den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Verkehr und
digitale Infrastruktur und den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen
werden .
Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Das
ist der Fall . Dann ist das so beschlossen .
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht der Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und
Raumfahrt - „Innovation und Hochtechnologie für
eine Welt im Wandel“.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie,
Frau Brigitte Zypries . - Bitte .
Vielen Dank . - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Das
Bundeskabinett hat heute den Bericht zur Lage und Zukunft der Luft- und Raumfahrtindustrie verabschiedet .
Ich habe ihn hier, allerdings nur ein Exemplar . Ich gehe
davon aus, dass Sie ihn in Kürze zugeschickt bekommen,
ansonsten steht er auf unserer Website . Es ist der erste
Bericht nach dem meines leider viel zu früh verstorbenen
Amtsvorgängers Peter Hintze, der 2009 den letzten Bericht zur Lage der Luft- und Raumfahrt abgegeben hat .
Sie können daraus erkennen, dass wir in diesem Bereich
seit 2009 eine Menge angestoßen haben und dass auch
in diesem Industriebereich eine Menge Veränderungen
eingetreten sind .
Die gute Nachricht zuerst: Die Branche ist auf Wachstumskurs . Die Anzahl der Beschäftigten ist deutlich
gewachsen . Wir haben jetzt 106 000 direkt Beschäftigte . Damit arbeiten so viele Menschen in der Luft- und
Raumfahrt wie noch nie zuvor . Die Branche macht einen
Jahresumsatz von 35 Milliarden Euro und ist damit gut
aufgestellt . Das Ganze liegt natürlich auch daran, dass
der Flugverkehr weltweit zunimmt, und auch an den Entwicklungen in China .
Mehr Mobilität fördert das Wachstum . Dazu kommt
die technologische Revolution, die Digitalisierung, die
uns in allen Bereichen der Gesellschaft und der industriellen Produktion beschäftigt und dementsprechend auch
in der Luft- und Raumfahrt . Auch dort gibt es Industrie 4 .0 und neue digitale Geschäftsmodelle . Diese Veränderungen werden auch die Luft- und Raumfahrt von
morgen prägen .
In den letzten Jahren, also in dieser Legislaturperiode,
haben wir den Dialog mit der Industrie, der Forschung
und den Bundesländern gesucht . Das umfasst selbstverständlich auch die Betriebsräte und die Gewerkschaften .
Bei allen Plattformen, die das Bundeswirtschaftsministerium in dieser Legislaturperiode initiiert hat, hatten
wir immer beide Sozialpartner am Tisch . So war es auch
hier - ganz egal, ob es um den Branchendialog Luft- und
Raumfahrt ging oder um den Runden Tisch Luftfahrtindustrie, eine Einrichtung, die ich ins Leben gerufen hatte,
um die Zukunft der Branche gemeinsam zu besprechen .
Aus der Vielzahl der Punkte, die Sie in diesem Bericht
nachlesen können, möchte ich zwei herausgreifen:
Erstens: die klare Fokussierung auf die Zukunftsthemen der Branche . Ich denke da vor allen Dingen an
unsere Innovationsagenda Digitale Luft- und Raumfahrtforschung . Dazu gehört auch die Gründung von vier
DLR-Instituten, die möglich werden konnte, weil der
Deutsche Bundestag - das will ich ganz klar so sagen dafür im Haushalt das entsprechende Geld bereitgestellt
hat . Da geht es einmal um eine Gründung in Jena mit
den Schwerpunkten Big and Smart Data und Internet der
Dinge . Da geht es um die Gründung eines weiteren Instituts in Dresden mit den Schwerpunkten Softwareforschung und Simulation . In Hamburg, wo Airbus einen
großen Standort hat, haben wir ein DLR-Institut mit den
Schwerpunkten Wartung und Systemarchitekturen gegründet, in Augsburg ein Test- und Simulationszentrum
für Gasturbinen .
Daneben haben wir in unserem Luftfahrtforschungsprogramm LuFo, bei dem Unternehmen auf Antrag Fördermittel zur Verfügung gestellt werden können, eine
Förderlinie Industrie 4 .0 eingesetzt . Sie wird ausgesprochen gut angenommen . Wir haben 47 Millionen Euro für
Industrie-4 .0-Themen eingestellt, und wir werden den
Betrag mit der neuen Förderlinie steigern . Die Idee ist,
dass Unternehmen gemeinsam mit der Wissenschaft an
bestimmten Themen forschen, die der Entwicklung der
Luftfahrt dienen .
Zweitens: das Schlagwort „New Space“ in der Raumfahrt . Da geht es darum, dass man mit privaten Raumfahrtprojekten Geld verdienen kann . Sie kennen es aus
den USA, wo es darum geht, Privatleute auf den Mars
oder auch auf den Mond zu schaffen . Wir sind jetzt
nicht ganz so weit, dass wir sagen würden, das wollen
wir unterstützen . Aber wir haben erst einmal eine Studie zu New Space in Auftrag gegeben zu der Frage, was
eine Kommerzialisierung der Raumfahrt eigentlich für
Deutschland heißt .
Eine Konsequenz aus dieser Studie ist unsere Initiative
„Raumfahrt bewegt!“ . Damit wollen wir die strategische
Vernetzung der Raumfahrt mit anderen Mobilitätsbranchen voranbringen . Denn wir sind ganz sicher: Nur zusammen können unsere Unternehmen die Potenziale, die
New Space birgt, auch tatsächlich entdecken und heben,
und sie können dies vor allen Dingen nur gemeinsam mit
den Start-ups . Auch in der Luft- und Raumfahrt - obwohl man es gar nicht denken sollte, weil es doch eine
sehr hochtechnologische Industrie ist - gibt es sehr viele
Start-ups . Wir haben in dem Bereich mit unseren StartUp
Nights angefangen, und inzwischen gab es drei Veranstaltungen, bei denen etablierte Industrie und Start-ups
zusammenkamen . Daraus haben sich durchaus gute Verbindungen ergeben .
Unser Ziel ist klar - das können Sie auch in unserem
Bericht nachlesen -: Wir wollen den Luft- und Raumfahrtstandort Deutschland nachhaltig stärken . Wir wollen
ihn zum einen stärken, damit er auch morgen noch im
Wettbewerb in der Welt bestehen kann . Wir wollen ihn
zum anderen deshalb stärken, weil wir glauben, dass von
der Luft- und Raumfahrt eine große Faszination ausgeht .
Die Fragen, was da eigentlich im All ist, wie es eigentlich weitergeht, woher der Mensch kommt und wohin
er geht, haben alle damit zu tun . Diese Faszination des
Alls möchten wir gerne nutzen, um junge Menschen zu
motivieren, sich mit den sogenannten MINT-Fächern zu
beschäftigen - Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik . Sie sollen, wenn möglich, Fächer aus
diesem Bereich studieren .
Das Gute ist, dass wir mit Alexander Gerst im Moment einen Botschafter für diese Themen haben, der
Jugendliche auch mit seiner Social-Media-Arbeit ausgesprochen toll anspricht . Nachdem er einmal im Weltall
war und dann zu den Schulen gefahren ist, wird er 2018
das nächste Mal ins All, auf die ISS, gehen und dort sogar Kommandant sein . Wir erhoffen uns davon auch noch
einen weiteren Schub . - Frau Präsidentin, ich sehe leider
keine Uhr . Deswegen bin ich unsicher, wie ich in der Zeit
liege .
Sie müssen bitte zum Schluss kommen .
Dann höre ich auf .
Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu
stellen, über den soeben berichtet wurde . Das Wort zur
ersten Frage hat der Kollege Lutze .
Vielen Dank für den Bericht . - Mich interessieren
zwei Punkte, was den Flugverkehr angeht . In der Luftfahrt wird zunehmend damit gearbeitet, dass die Pilotinnen und Piloten pro Flug bezahlt werden . Ich möchte wissen, wie die Einstellung der Bundesregierung zu
dieser neuen Entwicklung ist; denn wir alle wissen, dass
diese Entwicklung wesentliche Risiken, gerade wenn es
um Krankmeldungen usw . geht, in sich birgt .
Meine zweite Frage, die ich in diesem Zusammenhang
habe: Es ist ein deutlicher Anstieg bei der Beschäftigung
von Piloten als Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu verzeichnen . Wie schätzt die Bundesregierung
diesen Trend ein? Planen Sie, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, damit diesem Unfug ein Ende bereitet wird? Danke schön .
Herr Abgeordneter, ich bin die Koordinatorin der
Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt . Ich bin vielleicht leider - nicht für alle Bereiche zuständig . Die
beiden Bereiche, die Sie angesprochen haben, fallen in
die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministers; ich weiß
nicht, ob Frau Kollegin Bär etwas dazu sagen würde . Aus meiner Kenntnis dieser Branche kann ich nur sagen:
Die Bundesregierung sieht diese Entwicklung mit Sorge .
Gibt es weitere Fragen zum Bericht? - Dann sind Sie
sofort wieder dran, Kollege Lutze .
Okay, dann versuche ich es mit dem Thema Raumfahrt . In Deutschland wird gerade darüber diskutiert,
dass der Etat für den Rüstungsbereich auf 2 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes angehoben werden soll . Meine
beiden Fragen in diesem Zusammenhang sind: Gibt es
Gedankenspiele der Bundesregierung in dem Sinne, dass
Teile der Luft- und Raumfahrtförderung, die zurzeit unter „zivil“ verbucht werden, künftig unter „militärisch“
laufen? Die zweite Frage in dem Zusammenhang ist, wie
Sie grundsätzlich die Entwicklung einschätzen . Wie sieht
die Perspektive der zivilen Raumfahrt aus, was die Finanzierung angeht?
Die Bundesrepublik ist bei der zivilen Raumfahrt in
eine internationale Institution, in die ESA, die European
Space Agency, eingebunden . Das heißt, wir bauen die Raketen nicht alleine, sondern gemeinsam mit noch 21 anderen Staaten . Herr Professor Wörner, ein Deutscher, ist
jetzt Leiter der ESA . Es werden in regelmäßigen Abständen Ministerratskonferenzen abgehalten, auf denen festgelegt wird, welche Budgets welcher Länder in welche
Projekte fließen. Koordiniert wird das alles entweder
von der ESA oder, soweit es die Zuständigkeit der Europäischen Union betrifft, von der Europäischen Union .
Galileo beispielsweise ist ein Projekt der Europäischen
Union, aber die Ariane-Trägerraketen, die Satelliten ins
All schießen, sind ein Projekt der ESA . Im Rahmen der
letzten ESA-Ministerratskonferenz im Dezember letzten
Jahres hat die Bundesregierung festgelegt, welche Gelder
sie in den nächsten Jahren zur Verfügung stellen wird .
Eine Verknüpfung von ziviler Raumfahrt mit militärischen Teilen kann ich erst einmal nicht erkennen .
Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht überlegen, ob
man nicht gegebenenfalls bestimmte Bereiche etwa der
Grundlagenforschung, beispielsweise wenn es um Optik
geht, gemeinsam finanzieren sollte. Das liegt allerdings
noch in ferner Zukunft . In dieser Legislaturperiode ist
das keine Realität und wird es auch keine mehr werden .
Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch .
Frau Ministerin, wir haben wirklich ausgesprochen erfolgreiche Zeiten gerade im Bereich der Raumfahrt hinter uns; Sie haben darauf hingewiesen . Wir freuen uns,
dass der deutsche ESA-Astronaut Alex Gerst erneut ins
All fliegen und als ISS-Kommandant wirken wird. Ich
bin mir sicher, dass er seine kommunikativen Fähigkeiten, die er bereits bei seinem letzten Aufenthalt im All
deutlich unter Beweis gestellt hat, wieder einsetzen wird .
Ich möchte eine Frage zu den Ergebnissen von Luzern
stellen . Die Überlegung, wie wir uns vor Gefährdungen
aus dem All, sowohl vor selbst erzeugten Gefahren als
auch vor Gefahren durch Asteroiden, schützen können,
wurde leider nicht behandelt . Ich sage es einmal so:
Bruce Willis kommt langsam in ein Alter, wo wir uns
nicht mehr darauf verlassen können, dass er das alleine
macht .
({0})
Bleibt es für die Bundesregierung ein wichtiges Ziel, vor
solchen Gefährdungen zu warnen? So etwas macht ja
auch den Sinn der Raumfahrt sichtbar und kann die Leute
überzeugen, dass es klug ist, dass wir in diesem Bereich
etwas machen und das auf der Agenda haben .
Lieber Herr Kollege Willsch, ich habe es sehr bedauert, dass wir es in Luzern nicht geschafft haben, eine größere Menge an Staaten zusammenzubringen, die bereit
sind, für dieses Projekt Geld zu geben . Die Idee war,
quasi eine Asteroidenabwehr zu entwickeln, vielleicht in
Form von Roboterarmen, die in der Lage sind, Asteroiden oder alte Satelliten - dazu gibt es ja vergleichbare
Projekte - einzufangen . Das ist nicht geglückt . Wir haben nicht genug Staaten gefunden, die bereit waren, dafür Geld zu geben . Weil unklar war, wie die Entwicklung
weitergeht, habe ich für Deutschland gesagt: Wir wollen
uns nicht an einem Projekt beteiligen, das uns vielleicht
in drei, vier oder fünf Jahren zu erheblichen finanziellen Verpflichtungen nötigt, weil das Projekt sonst eingestellt würde . Deswegen haben wir lieber, so schwer es
uns auch gefallen ist, von vornherein Nein gesagt . Wir
wollten nichts auf den Weg bringen, was nicht wirklich
überlebensfähig ist .
Wir machen jetzt Folgendes: Wir geben ein kleines
Gutachten in Auftrag zu der Frage, wie es weitergehen
könnte . Dafür haben wir genug Geld . Hinzu kommt ein
bisschen Grundlagenforschung . Ich hoffe, dass wir das
mit den anderen Staaten auf den Weg bringen können .
In der Tat gibt es genug Länder, die Interesse an einem
solchen Projekt haben . Insbesondere die Luxemburger
drängen sehr darauf, dass das Projekt zustande kommt .
Es müssten sich aber auch große Staaten wie Frankreich
und andere daran beteiligen .
Die nächste Frage stellt wieder der Kollege Lutze .
Ich komme noch einmal zurück zum Bereich der
klassischen Luftfahrt . Es geht also nicht um die Raumfahrt . Weil Sie in Ihrem Ministerium auch für Fragen des
Klimawandels, der Energiepolitik usw . zuständig sind,
möchte ich Sie fragen, was die Bundesregierung jenseits
der Maßnahmen im Bereich des Emissionshandels plant
und für notwendig erachtet, um den CO2-Ausstoß durch
die zivile Luftfahrt zu begrenzen . Es ist kein Geheimnis,
dass im Verkehrsbereich diesbezüglich an allen Fronten
verschiedene Maßnahmen ergriffen werden . Leider wird
im Bereich der Luftfahrt relativ wenig gemacht . Mich
würde Ihre Position interessieren . Wann werden wir in
Deutschland und Europa endlich eine Kerosinsteuer bekommen?
Die Bundesregierung versucht vor allem, dafür zu
sorgen, dass erst gar keine Treibhausgase erzeugt werden, zum Beispiel dadurch, dass auf den Flughäfen mit
Elek tromobilität gearbeitet wird . Auf dem Frankfurter
Flughafen und auf anderen Flughäfen laufen Projekte,
bei denen es darum geht, die Flugzeuge mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in ihre Startposition zu bringen .
Es gibt Projekte, bei denen es darum geht, dass Flugzeuge nach einem besonderen Anflugverfahren zur Landung kommen . Ziel ist es, zu verhindern, dass sie immer
wieder Gas geben und bremsen müssen . Sie sollen quasi
smooth einsegeln. Diese Art des Landeanflugs verringert,
wenn ich es richtig im Kopf habe, den Ausstoß schädlicher Gase um 60 Prozent, und natürlich wird dadurch
auch die Lärmbelastung verringert . Darauf legen wir, um
ehrlich zu sein, unseren Schwerpunkt . Dafür vergeben
wir auch Gelder aus dem Luftfahrtforschungsprogramm .
Wir wollen auch, dass die Turbinen ertüchtigt werden, damit sie erstens leiser und zweitens verbrauchsärmer sind . Das ist das Ziel beim Bau von Flugzeugen: Je
leichter ein Flugzeug ist, desto weniger Kerosin wird verbraucht, desto weniger wird in die Luft geblasen . Deswegen trachten wir auch beim Bau von Flugzeugen danach,
die Flugzeuge leichter zu machen; Stichwort: 3-D-Druck .
({0})
- Über die Frage, wie es beim Thema Kerosinsteuer weitergeht, wird innerhalb der Bundesregierung immer mal
wieder diskutiert . Soweit ich das sehe, gibt es da in dieser
Legislaturperiode keinerlei Änderungen .
Danke, Frau Ministerin, für die Beantwortung der Fragen zu diesem Bereich .
Wir kommen jetzt zu den Fragen zu anderen Themen
der heutigen Kabinettssitzung . Die erste Frage stellt der
Kollege Volker Beck .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich denke, heute
ist ein guter Tag, weil das Kabinett etwas sehr Richtiges beschlossen und gezeigt hat, dass Deutschland ein
souveräner Rechtsstaat ist, so wie Herr Bundespräsident
Steinmeier vorhin auch gesagt hat, dass Demokratie davon lebt, dass sie eine Fehlerkultur zulässt und die Chance zur Selbstverbesserung bietet .
Sie haben einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung
und Entschädigung der Paragraf-175-Opfer verabschiedet . Allerdings ist mir bei den Entschädigungsregelungen
aufgefallen, dass da meines Erachtens eine Lücke klafft .
Sie entschädigen für das Strafurteil und für die Haftzeiten . Allerdings hatte damals, vor 1969, ein eröffnetes
Ermittlungsverfahren nach § 175 StGB auch dann zur
Vernichtung der sozialen Existenz geführt, wenn es aus
Mangel an Beweisen zu einer Einstellung des Verfahrens
oder zu einem Freispruch kam . Den Leuten wurde trotzdem gekündigt, sie wurden aus dem Beamtenverhältnis
entlassen und verloren oftmals auch ihre Wohnung .
Deshalb frage ich Sie: Was bekommt jemand, der auf
diese Art und Weise mit der Vernichtung seiner sozialen
Existenz bestraft wurde, weil ein Verfahren eröffnet wurde, ohne dass es zu einem strafrechtlichen Urteil kam,
und warum sind die Berufs- und Rentenschäden, die Leute außerstrafrechtlich erlitten haben, anders als bei den
Opfern des Nationalsozialismus nach dem Allgemeinen
Kriegsfolgengesetz kein Anknüpfungspunkt für Entschädigungsleistungen? Vielleicht weiß das Herr Lange genauer .
Zuallererst hat die Ministerin das Wort .
Dieser Gesichtspunkt ist heute im Kabinett nicht angesprochen worden, Herr Abgeordneter . Deswegen würde ich in der Tat den Kollegen Lange bitten, die Beantwortung der Frage zu übernehmen .
Kollege Beck, zunächst herzlichen Dank, dass Sie den
Gesetzentwurf der Bundesregierung so würdigen . Sie
wissen, Bundesminister Maas war es ein Herzensanliegen, hierzu auf jeden Fall in dieser Wahlperiode noch zu
einem Ergebnis zu kommen .
Zu Ihrer ersten Frage, was mit denjenigen passiert,
die kein Strafurteil bekommen haben, aber deren Existenz trotzdem zerstört worden ist, und dies in vielfacher
Hinsicht, worauf Sie zu Recht hingewiesen haben: Sie
wissen, dass wir insbesondere, was ihre soziale Existenz
und ihre Anerkennung in unserer Gesellschaft anbelangt,
ein Verfahren der Kollektiventschädigung vorgesehen
haben .
({0})
Dieses Verfahren der Kollektiventschädigung ist freilich
nicht im Gesetz normiert, sondern in anderer Form .
Deshalb darf ich Ihnen darauf wie folgt antworten:
Ergänzend und parallel zum Gesetzentwurf der vorgesehenen Individualentschädigung ist diese Kollektiventschädigung vorgesehen . Für viele Betroffene steht der
Wunsch nach einer Kollektiventschädigung im Vordergrund, während eine Individualentschädigung eher nachrangig betrachtet wird . Das haben wir insbesondere in
vielen Gesprächen in Erfahrung gebracht, die wir geführt
haben .
({1})
Außerdem haben auch ohne Verurteilung bereits die
Existenz der Strafvorschrift und die damit verbundene
Stigmatisierung, auf die Sie hingewiesen haben, zu einer
Einschränkung der Lebensführung geführt .
Die Kollektiventschädigung soll haushaltsrechtlich in
Form einer institutionellen Förderung der Bundesstiftung
Magnus Hirschfeld erfolgen . Der Haushaltsgesetzgeber
hat im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2017 vorgesehen, dass aus dem Haushalt des Bundesministeriums
der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2017 eine
institutionelle Förderung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung in Höhe von 500 000 Euro erfolgt . Es ist beabsichtigt, dass diese institutionelle Förderung auch in den Folgejahren in gleicher Höhe wie in 2017 fortgesetzt wird .
Ziel der Förderung ist es, die Arbeit der Bundesstiftung
langfristig zu stärken und auf eine gesicherte Grundlage
zu stellen .
Die Stiftungszwecke der Bundesstiftung erfassen gerade auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Strafverfolgung nach dem damaligen § 175 Strafgesetzbuch
sowie die Durchführung von Bildungsprojekten zu diesem Thema . Die Bundesstiftung führt nicht nur eigene
Projekte wie etwa ein Zeitzeugenprojekt durch, „Archiv
der anderen Erinnerungen“ genannt, sondern fördert
auch Projekte Dritter .
Erst einmal eine Nachfrage . - Kollege Petzold, ist das
auch zu diesem Themenbereich? Sonst würde ich dem
Kollegen Beck für die Nachfrage das Wort geben . - Gut,
dann machen wir erst mit dem Kollegen Petzold weiter
und schauen, ob die Ministerin oder der Herr Staatssekretär weiterhelfen können .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich würde gerne
noch einmal auf die Frage von Herrn Beck zurückkommen - Sie haben sie ja nicht beantwortet -, inwieweit für
diejenigen, bei denen keine Verurteilung erfolgt ist, deren Lebenswege aber ebenfalls durch die durchgeführte
Ermittlung zerstört worden sind - diese brachte bereits
Nachteile mit sich, zum Beispiel die Kündigung von Arbeitsrechtsverhältnissen, die Kündigung der Wohnung,
Einschränkungen in der Lebensqualität insgesamt -,
Entschädigungen geplant sind . Diese Frage des Kollegen
Beck haben Sie nicht beantwortet . Deswegen möchte ich
sie gerne noch einmal stellen . Meine Frage hinsichtlich
der Kollektiventschädigung haben Sie ja beantwortet;
nicht zu meiner Zufriedenheit, aber zumindest haben Sie
sie beantwortet .
Bitte, Herr Staatssekretär .
Der Gesetzentwurf knüpft an ein Strafrechtsurteil an;
das ist richtig . Aber wir haben eben auch Kollektiventschädigung für die Fälle vorgesehen, in denen wir ein
solches Strafrechtsurteil nicht als Anknüpfungspunkt haben . Darauf habe ich ausdrücklich hingewiesen . Das ist
die Antwort auf die Frage .
Dazu, Kollege Beck, die Nachfrage?
Ja . - Von der Kollektiventschädigung hat das Kollektiv etwas, aber naturgemäß eben nicht der individuell
Betroffene . Ich glaube, Ihnen ist die Folge für das heutige Leben dieser Menschen nicht klar . Wer damals seine
Karriere verloren hat, wer seinen Beamtenstatus verloren
hat, der hat heute eine geringere Rente, weil er über Jahre
hinweg keinen Anschluss an seine bürgerliche Existenz
gefunden hat . Deshalb frage ich Sie noch einmal, ob
Sie in den parlamentarischen Beratungen vielleicht der
Überlegung nähertreten könnten, womöglich auch durch
eine Formulierungshilfe des Hauses, dass man einen
Härtefonds für die Fälle einführt, in denen das Ermittlungsverfahren zwar nicht zu einer Verurteilung geführt
hat, aber die Existenz vernichtet wurde . Dies gilt auch
für die Berufs- und Rentenschäden, die nicht zwingend
mit einer strafrechtlichen Verurteilung zusammenhängen . Diese zwei Tatbestände, die wir sonst im Entschädigungsrecht der Bundesrepublik kennen, sind hier nicht
berücksichtigt worden . Sind Sie in der Lage, dem vielleicht näherzutreten? Oder können Sie begründen, warum Sie finden, dass die Leute heute zu Recht geringere
Renten bekommen?
Herr Kollege Beck, im Respekt vor dem Deutschen
Bundestag sage ich Ihnen, dass die Bundesregierung
heute im Kabinett entschieden hat . Wir leiten diesen
Gesetzentwurf dann im Anschluss dem Bundestag, also
Ihnen, zu . Dann obliegt es den Fraktionen, darüber zu
entscheiden, ob unser Gesetzentwurf Ihre Zustimmung
findet oder nicht oder ob er ergänzt werden soll. Die Bundesregierung beteiligt sich an diesen Gesprächen immer
sehr konstruktiv .
Die Kollegin Haßelmann hat noch eine Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär,
darf ich noch einmal nachfragen? Das heißt, Sie haben
für all die Personen, die damals mit Ermittlungsverfahren
zu kämpfen hatten oder gegen die es Ermittlungsverfahren gab, die aber eingestellt wurden, nichts vorgesehen,
auch keinen Härtefonds?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Frau Kollegin, ich habe ausgeführt, dass wir an eine
strafrechtliche Verurteilung anknüpfen und dass wir für
alle anderen Fälle, die wir sehr wohl im Blick haben - so
hatten wir es sowohl bei den Eckpunkten als auch in unseren öffentlichen Äußerungen dargestellt -,
({0})
eine Kollektiventschädigung vorsehen .
Gut . Ich denke, diese Debatte werden wir dann in der
weiteren parlamentarischen Befassung fortsetzen . - Ich
beende damit die Befragung zum Themenbereich der
heutigen Kabinettssitzung .
Wir kommen zu darüber hinausgehenden sonstigen
Fragen wieder an die Ministerin . Dazu hat die Kollegin
Brugger das Wort .
Vielen Dank . - Ich wollte insbesondere mit Blick auf
die Presseberichterstattung, dass Rheinmetall eine Beteiligung an einer Panzerproduktion in der Türkei plant,
fragen, ob das Thema „Rüstungsexporte in die Türkei“
in der Kabinettssitzung Thema war, vor allem auch, weil
es eine widersprüchliche Berichterstattung darüber gibt,
inwiefern die Bundesregierung in diesem Prozess eine
Rolle gespielt hat oder nicht .
Bitte, Frau Ministerin .
Frau Kollegin, das Thema Rüstungsexporte hat heute
keine Rolle in der Kabinettssitzung gespielt .
Zu einer weiteren Frage hat der Kollege Mutlu das
Wort .
Ich habe keine Frage zur Kabinettssitzung, Frau Präsidentin .
Ich hatte auch schon den dritten Teil der Regierungsbefragung aufgerufen .
Genau . Ich wollte das nur sicherstellen, damit ich nicht
dieselbe Antwort wie Frau Kollegin Brugger bekomme .
Wieso? Sie hat danach gefragt .
Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung .
Wir haben heute unseren Bundespräsidenten Steinmeier
gehört . Er hat sehr prominent für die Freilassung des
in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel geworben . Wir alle wissen, dass Deniz
Yücel inklusive Polizeigewahrsam nun schon seit 35 Tagen in Haft ist, ohne konsularische Betreuung . Man hat
zwar über die Presse hin und wieder Entrüstung und Enttäuschung in Richtung Türkei geäußert . Aber ich frage
die Bundesregierung: Was tut die Bundesregierung konkret, um mindestens die konsularische Betreuung des in
der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten
Deniz Yücel zu gewährleisten?
Die zweite Frage ist: Wann wird Herr Maas in die Türkei bzw. nach Istanbul fliegen, um Herrn Yücel selbst zu
besuchen?
Frau Präsidentin, Staatsminister Roth würde auf die
Frage, welche Bemühungen das Auswärtige Amt unternimmt, antworten . Denn selbstverständlich unternimmt
die Bundesregierung Bemühungen, um die konsularische
Betreuung von Herrn Yücel zu ermöglichen .
Dann hat der Herr Staatsminister Roth das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Lieber Herr Kollege,
die Forderung des Bundespräsidenten ist auch die Forderung der gesamten Bundesregierung . Wir sind nach wie
vor mit der türkischen Regierung und mit den türkischen
Verantwortlichen im Gespräch . Wir sind aber irritiert darüber, dass die türkische Regierung bislang offenkundig
nicht bereit ist, ihre konkreten Zusagen einzuhalten . Der
türkische Premierminister hat gegenüber der Bundeskanzlerin und der türkische Außenminister gegenüber
Außenminister Sigmar Gabriel deutlich gemacht, dass es
für Herrn Yücel, der ja sowohl über die türkische als auch
über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, eine konsularische Betreuung gibt . Diese konsularische Betreuung
ist derzeit zu unserem großen Bedauern noch nicht möglich . Ich kann mir nicht vorstellen, dass man am Wort des
Premierministers oder auch am Wort des Außenministers
derartige Zweifel hegen sollte .
({0})
Ich bitte erst einmal alle, auf die Zeit zu achten . Wir
haben verabredet: eine Minute Frage, eine Minute Antwort . Wenn Herr Roth sagt, dass er noch nicht fertig war,
dann lasse ich das natürlich noch zu .
({0})
- Sie waren fertig .
Dann mache ich jetzt darauf aufmerksam, dass es
noch fünf Wortmeldungen gibt . Ich bin, obwohl wir die
Zeit schon ausgeschöpft haben, bereit, noch alle fünf
sonstigen Fragen an die Bundesregierung aufzurufen . Ich
bitte alle Fragesteller und natürlich auch die Antwortenden von der Regierungsbank, zu versuchen, sich an die
verabredete Frage- und Antwortzeit zu halten, sodass wir
den vorhandenen Fragebedarf noch abdecken können .
Das Wort hat der Kollege Kekeritz .
Danke schön . - Nach Auskunft von Stephen O‘Brien
rollen wir gerade auf die größte humanitäre Katastrophe
seit 1945 zu . Im Jemen sind 17 Millionen Menschen vom
Hunger bedroht . Ursache dafür ist, dass dieses Land auch
über das Meer völlig abgeriegelt wird . Diese Abriegelung erfolgt auch von Saudi-Arabien .
Wir konnten letzte Woche in der Süddeutschen Zeitung lesen, dass der Bundessicherheitsrat oder das Wirtschaftsministerium - da bin ich mir nicht mehr ganz
sicher; ich nehme an, das Wirtschaftsministerium - die
Auslieferung von zwei Fregatten an Saudi-Arabien genehmigt hat . Die Begründung lautete wieder: Das sind ja
keine neuen Genehmigungen; das sind alte Genehmigungen . Da musste man so handeln . - Heute Morgen habe
ich im Deutschlandfunk gehört, dass Waffenlieferungen
an die Türkei gestoppt worden sind . Auch hier hat es sich
um alte Genehmigungen gehandelt . Wieso kann die Bundesregierung Fregattenlieferungen an Saudi-Arabien, die
sicherlich auch zur hermetischen Abriegelung des Jemen
dienen, nicht zurückhalten?
Frau Ministerin, Sie haben das Wort .
Die Bundesregierung hat eine Genehmigungsentscheidung zu Altverpflichtungen getroffen, die schon
länger bestehen - Sie haben es ja selber referiert; es war
ein Paket von mehreren Booten, von denen jetzt zwei Patrouillenboote zur Auslieferung anstanden .
Die Frage, was wir im Verhältnis zur Türkei machen,
wird die Bundesregierung jetzt gesondert beraten .
Die nächste Frage stellt der Kollege Volker Beck .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Das Bundesministerium des Innern hat für die Bundesregierung am Freitag
die Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion
zum Thema „DITIB, Diyanet, Spionageaffäre“, Drucksache 18/11356, übermittelt . Vor dem Hintergrund der
Kenntnis aller Teile der Antwort, insbesondere der Antworten zu Frage 4, frage ich die Bundesregierung: Warum hatte die Spionageabwehr des Bundesamtes für
Verfassungsschutz Mitte Dezember nicht die konkreten
Erkenntnisse über die von der Diyanet angeordneten Spionageangriffe, die anderen Stellen der Bundesregierung
in Ihrem Verantwortungsbereich bereits seit Wochen vorlagen?
Sollten Sie das nicht unmittelbar beantworten können,
was ja immer mal vorkommen kann, dann bin ich auch
mit einer ausführlichen schriftlichen Nachbeantwortung
zufrieden .
Ich sehe, Staatssekretär Schröder ist bereit, hier zu
antworten .
Vielen Dank für Ihre Frage . - Ich glaube, es ist vor
allem notwendig, dass Sie mir die Frage einmal schriftlich geben, damit ich sie überhaupt verstehe und sehe, wo
ein möglicher Widerspruch vorhanden ist, den Sie hier ja
konstruieren . Von daher schlage ich vor, dass wir das auf
dem schriftlichen Wege machen .
({0})
Erläutern können wir diese Frage jetzt nicht mehr,
Kollege Beck . Wir werden schauen, inwieweit die Frage übermittelbar ist oder ob sie noch einmal in anderer
Form gestellt werden muss . - Die nächste Frage stellt die
Kollegin Keul .
Vielen Dank . - Ich würde die Wirtschaftsministerin gerne noch einmal zu den Rüstungsexporten in die
Türkei befragen . - Wir haben uns sehr gefreut, heute zu
lesen, dass die Bundesregierung jetzt auch Genehmigungen nicht erteilt . Allerdings hat Rheinmetall gleichzeitig
verkündet, dass die Bundesregierung nichts damit zu tun
habe, wenn Rheinmetall ein türkisches Partnerunternehmen dabei unterstützt, dort eine eigene Panzerproduktion
aufzubauen .
Man fragt sich natürlich, wie das sein kann . Wird die
Bundesregierung mit der Firma Rheinmetall darüber
sprechen, und ist es richtig, dass dort keine Genehmigung
erforderlich ist, obwohl das Know-how und die Technologie von Rheinmetall zur Produktion von Panzern in die
Türkei transferiert werden?
Bitte, Frau Ministerin .
Frau Kollegin Keul, die Bundesregierung kommt
den strengen gesetzlichen Vorschriften im Bereich der
Rüstungskontrolle nach . Deswegen wird jeder einzelne
Export geprüft und über jeden einzelnen entschieden . In
diesem Zusammenhang werden wir auch über die ExVizepräsidentin Petra Pau
porte entscheiden, die in die NATO-Staaten gehen, weil
auch sie genehmigt werden müssen; das ist völlig klar .
Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang
auch über die NATO-Staaten reden .
Zur Frage, wie es mit dem Unternehmen, das von
Rheinmetall und anderen gegründet wurde, und dem,
was dort gebaut werden soll, aussieht: Das ist zunächst
einmal nicht Teil der Genehmigungspraxis . Wir werden
uns aber selbstverständlich damit befassen .
Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch .
Ich will noch einmal das Thema Yücel aufgreifen . Er ist bei mir in der Nähe - Flörsheim ist 30 Kilometer
entfernt - zur Welt gekommen und zur Schule gegangen .
Dieser Fall zeigt ja die Schwierigkeiten und Probleme,
die bei einer doppelten Staatsbürgerschaft zu gewärtigen
sind .
Ich fordere bei jeder Gelegenheit, dass Herr Erdogan
aufhören soll, Journalisten einzusperren, und Deniz
Yücel freigeben soll . Er hält mir aber natürlich entgegen:
Das ist mein Türke; mit dem gehe ich um, wie ich es für
richtig halte .
Macht das Auswärtige Amt oder das BMI diesen Fall
zum Thema, um Menschen, die denken, sie könnten sich
aus beiden Staatsbürgerschaften das Beste herausziehen,
hier darauf hinzuweisen, welche Gefahren damit verbunden sind? Es geht nicht nur darum, dem Wehrdienst
zu entkommen. Das war häufig ein Thema, wenn die
Menschen erklärt haben: Wir möchten auch die deutsche
Staatsbürgerschaft haben . - Jetzt zeigt sich, dass das
Ganze ein bisschen schwieriger und gravierender ist .
({0})
Herr Schröder .
Zunächst einmal geht es darum, alles dafür zu tun,
dass Herr Yücel freikommt; das ist selbstverständlich .
Das Auswärtige Amt setzt alles dafür in Bewegung, um
eine konsularische Betreuung zu organisieren .
Aber selbstverständlich zeigt dieser Fall auch die Probleme einer doppelten Staatsbürgerschaft . Herr Yücel
wird jetzt in der Türkei wie ein Türke behandelt .
({0})
Wir haben keinen Anspruch darauf, ihn konsularisch zu
betreuen . Das sind die Gefahren, die mit der doppelten
Staatsbürgerschaft zusammenhängen .
({1})
Jetzt hat die Kollegin Brugger das Wort zu einer Frage .
Vielen Dank, Frau Ministerin . - Noch einmal eine
Frage mit Blick auf die geplante Panzerproduktion durch
Rheinmetall in der Türkei . Der Chef von Rheinmetall
hat gesagt, er sei in engen strategischen Gesprächen mit
der Bundesregierung über dieses Vorhaben gewesen . Die
Bundesregierung selbst hat erklärt, über presseöffentliche
Informationen hinaus habe sie dazu keine Erkenntnisse .
Gab es mit Blick auf die Beteiligung an der Panzerproduktion in der Türkei im Vorfeld durch die Bundesregierung eine Art Zustimmung, irgendeine Form von
Austausch, irgendwelche Genehmigungen? Falls nicht:
Sehen Sie dort nicht eine große Gesetzeslücke, wenn
deutsche Unternehmen so die deutschen Rüstungsexportregeln umgehen?
Bitte, Frau Ministerin .
Frau Abgeordnete, es ist, wie ich Ihnen schon sagte: Die Bundesregierung wird sich mit dieser Thematik
befassen . Dann werden wir Ihnen dazu gerne Auskunft
geben .
Die letzte Frage in diesem Teil unserer Tagesordnung
stellt die Kollegin Haßelmann .
Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie die Frage
zugelassen haben . - Über die Auskunftsfreudigkeit des
Kollegen Schröder kann man ja nur staunen . Der Kollege
Willsch stellte hier im Hinblick auf Doppelstaatlerinnen
und Doppelstaatler in unserem Land, von denen es sehr
viele gibt, eine Frage voller Unterstellungen .
({0})
Und der Kollege Schröder nutzte die Antwort der Bundesregierung als Gelegenheit dazu, zu erklären: Es gibt
erhebliche Probleme mit den doppelten Staatsbürgerschaften . - Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich möchte jetzt einmal wissen, ob das die
Auffassung der Bundesregierung ist .
Ich weiß nicht, wen ich dazu befragen kann und ob dafür das Bundeskanzleramt zuständig ist . Es könnte zum
Beispiel die Migrationsbeauftragte, Frau Özoğuz, oder
wieder Herr Schröder antworten, der sich dann wieder
ganz auskunftswillig zeigen und erklären wird, dass das
alles nicht so gewesen ist . Wir alle haben es gerade gehört .
({1})
Frau Kollegin, das Bundesinnenministerium ist für das
Staatsangehörigkeitsrecht zuständig . Von daher möchte
ich gerne auf Ihre Frage eingehen . Es ist keine politische
Meinung, die ich geäußert habe . Das sind rechtliche Tatsachen .
Der Kollege Willsch hat gefragt, welche Auswirkungen die doppelte Staatsbürgerschaft für den Fall hat, dass
ein Mensch die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat und beispielsweise in der Türkei strafrechtlich
verfolgt wird . Es ist so, dass Herr Yücel dadurch, dass er
beide Staatsbürgerschaften hat, in der Türkei als Türke
behandelt wird . Wenn ein Deutscher auch die türkische
Staatsbürgerschaft hätte, würden wir in Deutschland das
übrigens ganz genauso machen .
Darin liegt das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft im Fall Yücel: Die konsularische Betreuung von
Herrn Yücel wäre selbstverständlich unproblematisch
möglich, wenn er nur die deutsche Staatsbürgerschaft
hätte . Die Türkei kann mit vollem Recht sagen: Dieser
Mensch ist türkischer Staatsbürger . Wir behandeln ihn
als Türken . Die deutsche Regierung hat über die Botschaft kein Recht, Herrn Yücel konsularisch zu betreuen,
weil er türkischer Staatsbürger ist .
({0})
Das ist keine politische Auffassung, sondern das ist
rechtliche Realität .
({1})
Auch diese Debatte wird uns erhalten bleiben . Aber
ich beende jetzt die Befragung und bitte die Kollegen
sowohl der Unionsfraktion als auch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wieder um Aufmerksamkeit .
({0})
- Kollegen, können wir weitermachen?
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksache 18/11554
Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Reihenfolge auf .
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter zur
Verfügung, und - Entschuldigung, Frau Ministerin - ich
hole das noch nach: Herzlichen Dank für die Auskünfte .
Durch das etwas turbulente Ende des ersten Tagesordnungspunktes hatte ich es versäumt, diesen Dank auszusprechen .
Wir beginnen mit der Frage 1 der Kollegin Sylvia
Kotting-Uhl:
Besteht aus fachlicher Sicht des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ({1}) die
Notwendigkeit, die hierzulande angefallenen und lagernden
grafithaltigen abgebrannten Brennelementkugeln zur Konditionierung ins Ausland zu exportieren, um sie in einem hiesigen
tiefengeologischen Endlager endlagern zu können oder nicht
({2}), und kann das BMUB
bestätigen, dass es bei Exportgenehmigungen für hochradioaktive Abfälle weiterhin für die Prüfung des atomrechtlichen
Erfordernisses der schadlosen Verwertung und die Fachaufsicht zuständig ist ({3})?
Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Danke, Frau Präsidentin . - Liebe Frau Kollegin
Kotting-Uhl, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen
für bestrahlte Forschungsreaktorbrennelemente bleibt
infolge der derzeit im parlamentarischen Verfahren befindlichen Ausfuhrregelungen im Entwurf des Gesetzes
zur Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes und
anderer Gesetze dann zulässig, wenn erst durch die Behandlung im Ausland die Herstellung von endlagerfähigen Abfallgebinden ermöglicht wird, die in Deutschland
eingelagert werden sollen .
Das BMUB hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
dies für die Endlagerung hierzulande angefallener und
lagernder grafithaltiger abgebrannter Brennelementekugeln erforderlich ist . Das BAFA unterliegt bei der Ausfuhr von Kernbrennstoffen der Fachaufsicht des Bundesumweltministeriums und ist daher an die fachlichen
Weisungen des Bundesumweltministeriums gebunden .
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Ausfuhr
prüft das BAFA auch die sichere Behandlung der radioaktiven Abfälle und bestrahlten Brennelemente im Ausland .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . Das ist ja eine der
Ausnahmen, die jetzt im Standortauswahlgesetz festgeschrieben wird: zur Konditionierung ins Ausland transportieren, aber dann zur Endlagerung zurückholen . Meine erste Nachfrage: Ab wann kann aus Sicht des BMUB
für einen solchen Transport eine Exportgenehmigung
frühestens erteilt werden, und vor allem: Kann ein diesbezüglicher Exportantrag zwecks Konditionierung positiv beschieden werden, bevor das Endlager auf Basis des
Verfahrens mit all seinen Kriterien usw . ausgewählt ist?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Frau Kotting-Uhl, Ausfuhrgenehmigungen zur Herstellung endlagerfähiger Gebinde können erst dann erteilt werden, wenn die Endlagerungsbedingungen des
neuen Endlagers feststehen . Das ist erst mit Abschluss
des Standortauswahlverfahrens der Fall . Insofern ist es
dann eigentlich auch klar, dass es vorher keine Genehmigung gibt, weil die Bedingungen ja nicht klar sind .
Gut, danke . Also nach Zielvorgabe frühestens 2031,
wobei Sie ja wissen: Da gibt es unterschiedliche Auffassungen . Das wird wahrscheinlich eher später sein .
Ich habe noch eine zweite Frage . In meiner Frage habe
ich auf eine BMU-Pressemitteilung vom 6 . Dezember
2010 Bezug genommen . Dies betraf den Rossendorfer
Atommüll, der damals in das russische Majak verbracht
werden sollte, was dann vom damaligen Bundesumweltministerium gestoppt wurde . Gab es für diesen Rossendorfer Atommüll nach dem 6 . Dezember 2010 noch andere Exportanträge? Und falls ja, wann und mit welchem
Bestimmungsziel? Und wie ging das Bundesumweltministerium damit um?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Nein, Es gab keine anderen Anträge auf Ausfuhr dieser Brennelemente .
Danke schön .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Bitte .
Wir kommen damit zur Frage 2 des Kollegen Hubertus
Zdebel:
Welche Atomkraftwerke und sonstigen Atomanlagen in
Deutschland waren am 10 . März 2017 von dem „Renegade“-Vorfall nach dem Abbruch des Funkkontakts zu einer
Passagiermaschine der Air India betroffen ({0}), und welche Schutzbzw . Sicherungsmaßnahmen sind dort jeweils ergriffen worden?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Kollege Zdebel, Grundlage der Maßnahmen in
den Atomkraftwerken bei einem „Renegade“-Vorfall ist
der „Renegade“-Rahmenplan KKW, und dieser Rahmenplan gilt ausschließlich für die Atomkraftwerke und legt
die Einzelheiten der Warnung und Alarmierung fest .
Am 10 . März dieses Jahres wurden auf der Basis des
„Renegade“-Rahmenplans KKW mit einem sogenannten
Voralarm alle Atomkraftwerke, die über nukleares Inventar verfügen, über den „Renegade“-Vorfall informiert .
Ein Voralarm ist die schnellstmögliche Information
zur Einleitung vorsorgender Maßnahmen in den Anlagen . Zu diesen betreiberseitigen Maßnahmen, die nach
einem Voralarm in der Anlage veranlasst werden, gehört
unter anderem die Teilräumung der Gebäude .
Die Maßnahmen bei Eingang eines Voralarms sind in
den Betriebsvorschriften der jeweiligen Anlage festgelegt und werden in der Verantwortung der Anlage und
unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation vor Ort
veranlasst .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Danke für die Antwort, Frau Staatssekretärin . - Ich
habe eine konkrete Nachfrage . Sie sprachen gerade davon, dass in dem Fall nur die Atomkraftwerke betroffen seien . Wie sieht das mit anderen Atomanlagen in
Deutschland, zum Beispiel der Urananreicherungsanlage
in Gronau oder der Brennelementefabrik in Lingen, aus?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Die Atomkraftwerke sind die nuklearen Anlagen in
Deutschland mit dem höchsten Gefahrenpotenzial bei
einem gezielten Flugzeugabsturz . Bei einer rechtzeitigen
Warnung und Alarmierung können umfangreiche vorsorgende Maßnahmen zur Minderung eines Schadens eingeleitet werden . Es ist also so, dass das höchste Gefahrenpotenzial im Fokus steht .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter
http://www.presseportal.de/pm/7899/3586471
Danke, Frau Präsidentin . - Frau Staatssekretärin,
wenn vom „Renegade“-Vorfall die Rede ist, ist für viele
Menschen gar nicht nachvollziehbar, was das eigentlich
ist . Der WDR hat dafür einen, glaube ich, ziemlich griffigen Begriff geprägt: Luftterroralarm. Auf gut Deutsch
gesagt geht es um die Gefahr eines sogenannten Nuklearterrorismus .
Nach meinen Informationen - das können Sie vielleicht bestätigen - hat es in den letzten Jahren sechs
solcher „Renegade“-Vorfälle gegeben . Bei welchen dieser Vorfälle wurden ähnliche Maßnahmen wie jetzt am
10 . März ergriffen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
In den vergangenen fünf Jahren gab es acht Voralarme
für die Atomkraftwerke . Mit einem Voralarm auf Basis
des „Renegade“-Rahmenplanes KKW werden die Atomkraftwerke sowie die Lagezentren von Bund und Ländern
informiert; sie treffen dann in eigener Verantwortung die
entsprechenden Maßnahmen .
Eine sofortige Information der Öffentlichkeit über die
vorsorglich getroffenen Maßnahmen ist nicht vorgesehen .
Ich will es noch einmal für diejenigen verdeutlichen,
die noch nichts mit dem Begriff „Renegade“ anfangen
können: Es ging darum, dass der Funkkontakt zu einer
Passagiermaschine, einer Boing 787, verloren gegangen
ist .
Es gibt noch zwei weitere Nachfragen . Die erste stellt
die Kollegin Kotting-Uhl .
Frau Staatssekretärin, ein Punkt ist die Frage der
Informationspolitik . Denn man könnte zumindest im
Nachhinein über solche Vorfälle informieren . Mir ist völlig klar, dass man Sorge hat, Panik zu wecken . Aber da
muss, glaube ich, die Bundesregierung eine Gratwanderung hinbekommen .
Ich will aber auf den Hintergrund des Ganzen zurückkommen . Die europaweite Terrorgefahrenanalyse für
AKWs nach Fukushima war nicht mehr als ein schlechter Scherz . Plant die Bundesregierung, eine Initiative zu
ergreifen, um tatsächlich eine ernsthafte Terrorstresstestanalyse vornehmen zu lassen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Das Thema Sicherheit insbesondere in Bezug auf das
Gefahrenpotenzial ist immer wieder Thema in den jeweiligen Gremien .
Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Meiwald .
Vielen Dank . - Frau Staatssekretärin, durch diesen
Fall ist offensichtlich geworden, dass die Anlagen an sich
einem solchen Terroranschlag nicht unbedingt gewachsen wären . Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung jetzt daraus, was den Schutz der Zivilbevölkerung
in der Umgebung angeht? Das Evakuieren der Mitarbeiter schützt vielleicht kurz den einzelnen Mitarbeiter für
den Fall, dass etwas passiert, aber die Bevölkerung in der
Umgebung hat dadurch keinerlei zusätzlichen Schutz erfahren . Gibt es Konsequenzen, die die Bundesregierung
jetzt aus diesem Fall zieht?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Die Bundesregierung hat sich nicht nur mit dem
Schutz der Mitarbeiter in den KKWs beschäftigt, sondern sie beschäftigt sich auch sehr intensiv mit dem
Schutz der Bevölkerung und der Sicherheit der Anlagen .
Insofern verweise ich auch darauf, dass die Aufsicht für
die Sicherheit und die Sicherung der Atomkraftwerke bei
den Ländern liegt .
Die Fragen 3 und 4 des Kollegen Oliver Krischer sollen schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Matthias Gastel auf:
Wird die Bundesregierung die Einführung einer blauen Plakette nun unterstützen, nachdem die EU-Kommission
ausdrückliche Unterstützung bekundet hat ({0}), und falls nein, welche kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte für
die gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffe Stickoxid und
Feinstaub schlägt die Bundesregierung vor?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, die Diskussion
innerhalb der Bundesregierung über den Fortgang des
Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund der Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid
dauert noch an .
Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich einleitend
darauf hinweisen, dass die Feinstaubgrenzwerte im
letzten Jahr deutschlandweit mit nur einer Ausnahme das war Stuttgart - eingehalten wurden . Was macht der
Bund? Der Bund unterstützt flankierend auf verschiedene
Weise eine umweltfreundliche Mobilität, zum Beispiel in
Form der Förderung der Elektromobilität und des ÖPNV .
Das kommt auch der NO2-Reduzierung in den Städten
zugute .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Es ist eine alles andere als zufriedenstellende Antwort, dass die Bundesregierung hier noch immer keine einheitliche Linie gefunden
hat; denn die Grenzwerte, die bei der Luftqualität überschritten werden, sind seit dem Jahr 1999 unverändert .
Das heißt, wir haben seit vielen Jahren einen erkennbaren
und immer dringlicher werdenden Handlungsbedarf zu
verzeichnen . Wir reden in erster Linie über die Stickoxide, Frau Staatssekretärin, und nicht über die Feinstaubbelastungen; denn Letztere stellen nur an wenigen Orten
ein Problem dar . Aber an sehr vielen Orten - von München bis hoch nach Kiel - gibt es ein großes Problem mit
den Stickoxidbelastungen . Man fragt sich, ob die Bundesregierung die Wirkung der blauen Plakette leugnet
bzw . abstreitet oder ob sie den Handlungsbedarf schlicht
und ergreifend nicht sieht .
Meine Frage an Sie lautet: Nachdem Herr Dobrindt
auf eine schriftliche Frage geantwortet hat, die Länder
und die Behörden der Länder könnten auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes selber handeln
und die Dieselfahrzeuge aussperren - er hat dabei die Euronorm-6-Dieselfahrzeuge einbezogen -, stellt sich die
Frage, ob es wirklich im Sinn der Bundesregierung ist,
dass die Behörden der Länder jeweils eigene Regelungen
erlassen, die festlegen, wer mit welchem Auto wo fahren darf, mit der Folge eines Flickenteppichs innerhalb
Deutschlands . Liegt das im Interesse der Bundesregierung?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, ich kann jetzt nicht
für Herrn Minister Dobrindt oder das BMVI sprechen .
Wie ich bereits gesagt habe, befinden sich mehrere Vorschläge in der Diskussion . Auch Baden-Württemberg
hat eine entsprechende Initiative im Bundesrat gestartet .
Aber dafür gibt es noch keine Mehrheit . Wir sind natürlich bemüht, hier eine Lösung zu finden, und sind uns
dieser Problematik bewusst .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Sehr lange haben Sie nicht mehr Gelegenheit, sich um
eine Lösung zu bemühen; denn die EU-Kommission hat
zum wiederholten Mal ein Mahnschreiben nach Berlin
geschickt und hat Ihnen die Frist gesetzt, bis Mitte April
darauf zu reagieren . Wenn Sie sich innerhalb der Bundesregierung gar nicht einig sind, was Sie von der blauen
Plakette, die die EU-Kommission empfiehlt, halten: Was
werden Sie denn dann der EU-Kommission bis Mitte
April antworten?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Herr Kollege Gastel, die Europäische Kommission führt in der mit Gründen versehenen Stellungnahme - dem Subsidiaritätsgrundsatz folgend - aus,
dass die Wahl der Maßnahmen zur Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt . Die Kommission schreibt die Einführung der
blauen Plakette aber nicht verbindlich vor . Die Europäische Kommission ist in Bezug auf Deutschland der
Auffassung, dass sich bislang die unter Rückgriff auf die
35 . BImSchV eingerichteten sogenannten Umweltzonen
als nicht ausreichend erwiesen haben, um den Zeitraum
der Nichteinhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte so
kurz wie möglich zu halten . Deshalb begrüßt sie die
Diskussion in Deutschland über die Fortentwicklung der
35. BImSchV. Genau in der Diskussion darüber befinden
wir uns momentan .
Zu einer Nachfrage hat der Kollege Meiwald das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich habe noch eine
Nachfrage dazu . Sie sprachen die alternativen Maßnahmen an, die die Bundesregierung zum Beispiel in Form
von Förderprogrammen ergreift . Wenn man sich den
Bundesverkehrswegeplan vor Augen führt, fragt man
sich, ob diese nicht sogar kontraproduktiv sind . Aber darum geht es jetzt nicht .
Meine Frage lautet: Wie schätzen Sie ein, innerhalb
welchen Zeitraums die von Ihnen angesprochenen Maßnahmen dazu führen werden, dass zukünftig die Grenzwerte der EU-Kommission an allen Messpunkten eingehalten werden?
Wenn Sie selber sagen würden, dass die Maßnahmen
nicht ausreichen, damit die Grenzwerte zeitnah eingehalten werden, machen Sie sich dann als Bundesregierung
den Vorschlag Baden-Württembergs, eine blaue Plakette
einzuführen, auch wenn der bisher noch keine Mehrheit
im Bundesrat hat, zu eigen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Ich knüpfe am Ende an, Herr Kollege Meiwald . Wir
werden schauen, bis wann Baden-Württemberg eine
Mehrheit für den Vorschlag gefunden hat .
({0})
- Wir sind, wie gesagt, in der Diskussion über mehrere
Maßnahmen, die es geben kann . Das betrifft einmal die
blaue Plakette bzw . die Umweltplakettenverordnung, wie
auch immer sie aussieht . Es gibt ferner die Differenzierung zwischen geraden und ungeraden Kennzeichen, und
es gibt als dritte Möglichkeit die Differenzierung zwischen Dieselfahrzeugen und Benzinern. Darüber befinden wir uns in der Diskussion .
({1})
Sie können jetzt leider keine Nachfrage mehr stellen .
Wir kommen zur Frage 7 des Kollegen Harald Ebner:
Wie ist der Wortlaut der Verständigung innerhalb der Bundesregierung zu neuer Gentechnik, die das BMUB am 16 . Februar 2017 in einem Tweet erwähnt hat ({0})?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Herr Kollege Ebner, der Tweet vom 16 . Februar bezieht sich auf die Begründung, Teil A I ., erster Absatz, im Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des
Gentechnikgesetzes, der vom Kabinett am 2 . November
beschlossen wurde . Der Wortlaut lautet:
Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch
bei der Freisetzung und dem Inverkehrbringen von
Organismen, die mittels neuer Züchtungstechniken wie CRISPR/Cas9 erzeugt worden sind, unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips und des
Innovationsprinzips ein hohes Maß an Sicherheit
gewährleistet wird . Vorbehaltlich einer anderweitig bindenden Entscheidung auf EU-Ebene wird zu
diesem Zweck im Rahmen von Einzelfallprüfungen
im Gentechnikrecht eine prozess- und produktbezogene Betrachtung und Bewertung zu Grunde gelegt .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Uns wurde heute Morgen im Ausschuss gesagt, dass
momentan zwei Feststellungsanträge zu mit neuer Gentechnik erzeugten Organismen bei der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit liegen . Inwieweit
ist dies mit der Aussage, die in dem Tweet getroffen wurde, dass neue Gentechnik jeweils unter Gentechnikrecht
zu bewerten sei, vereinbar? Momentan gilt das geltende Gentechnikrecht und nicht irgendein Entwurf, der im
Nirwana hängt . Wenn die Entscheidung, ob es sich um
Gentechnik handelt oder nicht, jetzt bei der ZKBS liegt,
ist das doch ein Widerspruch .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Es liegen tatsächlich zwei Anträge zur Genehmigung
des Anbaus von Pflanzen, die mit NZT erzeugt wurden,
beim zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit vor . Das Bundesamt für Naturschutz hat eine Stellungnahme zu den Anträgen abgegeben . Es hat sich in beiden Fällen für die Einstufung
der Pflanzen als GVO ausgesprochen. Ein Bescheid des
zuständigen Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu den Feststellungsanträgen liegt
noch nicht vor .
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Danke schön . - Ich übersetze für die Menschen draußen: NZT soll „neue Züchtungstechnologien“ heißen,
was sie aber nicht sind, weil da nichts gezüchtet wird . Es
geht vielmehr um Gentechnik, es ist neue Gentechnik .
Wir haben heute Morgen im Ausschuss etwas Interessantes gehört . Wir wurden auf eine Veranstaltung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur
neuen Gentechnik Ende April aufmerksam gemacht . Es
hieß, es sei eine Dialogveranstaltung . Ich wollte fragen,
ob das BMUB in diesen Dialog eingebunden ist - es wäre
ja spannend, wenn die Ressorts auch miteinander sprechen -, wenn ja, in welcher Form, und, wenn nein, wie
das BMUB sicherstellt, dass die in dem besagten Tweet
genannte Verständigung, wonach neue Gentechnik unter
Gentechnikrecht bewertet wird, so bestehen bleibt und
der Wahrheit entspricht .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Kollege Ebner, mir ist von der Veranstaltung
noch nichts bekannt; aber das will auch nichts heißen .
Irgendwelche Informationen können ja irgendwo in der
Post hängen geblieben sein - was auch immer . Ich werde
noch einmal genau darauf schauen . Das zu diesem Punkt .
Ich würde sagen: Wenn es ein Dialog ist, dann kann
man die unterschiedlichen Positionen - vielleicht gibt es
auch gemeinsame Positionen - mit Ihnen diskutieren .
Wir kommen jetzt zur Frage 6 des Abgeordneten
Harald Ebner:
Wie steht das BMUB zur Aufforderung der französischen
Umweltministerin Ségolène Royal nach der ECHA-Bewertung von Glyphosat, die europäischen Umweltministerinnen
und -minister mögen sich auch weiterhin gegen eine Neuzulassung positionieren ({0})?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Herr Kollege Ebner, die Bundesregierung wird ihre
Position zu einer Wiedergenehmigung von Glyphosat
dann festlegen, wenn die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen entsprechenden Vorschlag zur Wiedergenehmigung vorlegt . Dies ist bisher allerdings noch nicht
der Fall .
Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter
https://twitter.com/bmub/status/832234772302819329
https://twitter.com/bmub/status/832234772302819329
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Herr Ebner .
Die Bundesministerin hat sich am 15 . März 2017 in
der Deutschen Welle ja schon geäußert . Sie hat gesagt,
falls der Stoff wieder zugelassen werde, gehe das nur mit
strengen Anwendungsbestimmungen . Sie erwarte, dass
die EU-Kommission einen Vorschlag mache, der das klar
beachte . Deshalb meine Frage an Sie, Frau Staatssekretärin: Mit welchen konkreten Forderungen aus dem BMUB
wird Deutschland in die Abstimmung auf der EU-Ebene
gehen? Wie wird das BMUB ganz konkret sicherstellen,
dass sich Deutschland auf der EU-Ebene entsprechend
positioniert?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Gleich zu Beginn: Für uns sind die Auswirkungen
von Glyphosat auf die biologische Vielfalt natürlich entscheidend . Wenn unvertretbare Auswirkungen aufgrund
der Anwendung eines beantragten Mittels auf die biologische Vielfalt im Rahmen der Antragsprüfung ermittelt
werden, dann müssen die Mitgliedstaaten dem entgegenwirken, zum Beispiel, indem sie Bedingungen für
die Anwendung festlegen . Diese sollen die befürchteten
Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels so weit absenken, dass sie vertretbar sind; denn die Mitgliedstaaten
dürfen ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn
keine unvertretbaren Auswirkungen zu befürchten sind .
Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Auswirkungen
von Pflanzenschutzmitteln auf die biologische Vielfalt,
sondern für alle Arten von Auswirkungen auf die Umwelt . Wir denken, dass quasi das Bereithalten ökologischer Ausgleichsflächen ein geeignetes Instrument für
eine hinreichende Risikominderung sein kann . Wir sind
aber auch für jede Art eines anderen Instruments offen,
das vorgeschlagen wird, sofern damit das Ziel erreicht
wird, dass unvertretbare Auswirkungen auf die biologische Vielfalt hinreichend gemindert werden . Das heißt,
wir wollen Bedingungen, die gewährleisten, dass der
Schutz der biologischen Vielfalt bei der Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln ausreichend berücksichtigt wird.
Herr Ebner, Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Danke, Frau Präsidentin . - Ich stelle fest: Das BMUB
räumt jetzt schrittweise seine Position .
Ich möchte jetzt noch auf einen anderen Aspekt zu
sprechen kommen . Die Zeitungen Welt, Süddeutsche
Zeitung und Frankfurter Rundschau sind derzeit voll mit
Artikeln, in denen die Frage behandelt wird, wie manche Studien zustande kommen . Welche Konsequenzen
zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Enthüllungen zum Fall „Monsanto ghostwriting“? Es geht um von
Monsanto geschriebene Studien, die mit, ich sage mal,
den Namen scheinbar unabhängiger Wissenschaftler geschmückt wurden, die auch bei uns in Anhörungen zu
Glyphosat saßen . Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung dahin gehend, ob sie auf dieser Basis noch
der Studiengrundlage des Glyphosat-Bewertungsverfahrens vertraut und ob überhaupt eine Neuzulassung auf so
einer Basis erfolgen kann?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Ich möchte erst einmal auf Ihre Eingangsbemerkung,
dass wir unsere Position räumen, eingehen: Das tun wir
keinesfalls . Wir haben von Anfang an in dieser Diskussion um Glyphosat in dem Bereich, wo wir zuständig sind,
Wert auf den Schutz der biologischen Vielfalt gelegt; sie
steht bei uns im Fokus . Beim BMG steht die Gesundheit
im Fokus; wir sind für die biologische Vielfalt zuständig .
Ich habe Ihnen gerade noch einmal erklärt, wo die
Mitgliedstaaten einwirken werden, sollte es dazu kommen . Jetzt muss erst einmal der Vorschlag auf dem Tisch
liegen, sodass wir wissen, wie er aussieht . Dann können
wir über Bedingungen reden, an die es geknüpft werden
soll . Schließlich kann die Umsetzung Auswirkungen auf
die biologische Vielfalt haben .
Im Übrigen verweise ich darauf, dass sich die Bundesregierung Studien anderer nicht zu eigen macht .
Danke, Frau Staatssekretärin . - Wir sind damit am
Ende Ihres Geschäftsbereichs .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel zur Verfügung .
Wir beginnen mit der Frage 8 des Kollegen Uwe
Kekeritz:
In welcher Höhe wurden in den vergangenen drei Jahren im
Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe Mittel für die Länder Nigeria, Südsudan, Äthiopien,
Somalia, Kenia und Jemen bereitgestellt ({0}), und hält die Bundesregierung ihre derzeitigen Beiträge vor dem Hintergrund der frühen Warnungen vor Dürre
und Hungersnot ({1}) für angemessen?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich hatte den Kollegen so verstanden, dass diese Frage schriftlich beantwortet werden soll . Aber sie soll jetzt
doch behandelt werden . - Okay .
Wir haben eine große Krise am Horn von Afrika . Deshalb haben wir bereits in den Jahren 2011 bis 2015 unsere Mittel merklich erhöht . Wir haben das auf diesem
hohen Niveau 2016 fortgesetzt . Angesichts der großen
Krise werden wir im Jahr 2017 Mittel in mindestens der
gleichen Höhe zur Verfügung stellen .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Danke . - Es ist richtig; Sie haben die Frage heute
Morgen schriftlich beantwortet . Aber ich habe darum
nicht gebeten . Sie haben es gemacht; danke schön . Aber
die Antwort wirft neue Fragen auf .
Zum einen haben wir auch nach den humanitären Hilfen gefragt . Sie haben nur die EZ genannt . Ich wollte
wissen, wie Außenministerium und BMZ zusammenarbeiten . Aber gut; das ist vielleicht ein anderes Thema .
Zum anderen haben Sie gesagt, dass Sie die Mittel erheblich erhöht haben . Ich stelle fest, dass Sie, wenn man
den Zeitraum 2014 bis 2016 betrachtet, die Mittel für
Somalia gekürzt haben, die Mittel für den Jemen minimal gekürzt haben, die Mittel für Nigeria minimal erhöht
haben, und für den Sudan sind die Mittel weggefallen .
Aber: Die Erhöhung kommt daher, dass Sie den Betrag
für Kenia um das Elffache erhöht haben . Es ist mir völlig schleierhaft, warum Kenia plötzlich das Elffache bekommt; denn Kenia ist sicherlich nicht das Hungerland .
Woher kommt diese Erhöhung? Wenn man diese Erhöhung für Kenia abzieht, dann stellt man fest, dass die
Mittel erheblich gekürzt worden sind . Woher also kommt
diese Erhöhung für Kenia?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich komme nochmals auf das Gesamtvolumen zu
sprechen; hier muss man das Ganze sehen . Ich möchte
darauf hinweisen, dass diese Mittel erhöht wurden . Ich
muss das auf die einzelnen Jahre und die einzelnen Länder herunterrechnen . Das kann ich jetzt in der Kürze der
Zeit nicht . Das will ich aber gern nachholen .
({0})
- Ja .
({1})
Wir sind in der Fragestunde, nicht im Dialog .
({0})
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich gehe jetzt einmal die Liste für Kenia durch . Da
betrug die bilaterale Hilfe 2014 20 Millionen Euro,
im Jahr 2015 21 Millionen Euro . Dann hatten wir im
Jahr 2016 für die bilaterale EZ die sehr hohe Summe von
rund 225 Millionen Euro . - Ich weiß nur nicht, ob das in
der Aufstellung hier im Einzelnen richtig erfasst ist . Das
möchte ich gern schriftlich nachreichen .
Dann können Sie jetzt noch eine zweite Nachfrage
stellen .
Dann bedanke ich mich für das Nachreichen . Es kann
natürlich ein Fehler sein . Aber nach den vorliegenden
Zahlen haben Sie die Mittel gekürzt . Das möchte ich nur
festhalten .
Das Zweite, was mich interessiert: Minister Müller ist,
was Public Relations angeht, Weltmeister . Das macht er
hervorragend . Er fordert nur 10-Milliarden-Töpfe . Auch
die letzte Forderung zum Thema Hungerbekämpfung
war: 10 Milliarden US-Dollar . Inwieweit ist denn diese Forderung im Kabinett oder auf europäischer Ebene
schon abgesprochen?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Herr Minister Müller ist sich darüber im Klaren, dass
die Bewältigung der großen Herausforderungen, die am
Horn von Afrika sichtbar sind, auch entsprechend finanziell unterlegt werden muss . Das kann sicher nicht
Aufgabe Deutschlands allein sein; wir sind jetzt schon
der zweitgrößte Geber überhaupt . Also müssen wir auf
der europäischen Ebene vorstellig werden - das hat der
Minister getan -, um die Mitgliedsländer der Europäischen Union für Beiträge zu gewinnen . Das muss auch
in einer Weise auf den Weg gebracht werden, die flexible
Handhabungen ermöglicht . Deswegen hat der Minister
die Forderung erhoben, einen entsprechenden Fonds einzurichten . Er hat das auch im Entwicklungsministerrat
vorgetragen .
Wir kommen damit zur Frage 9 des Kollegen Kekeritz:
Wie hoch sind die Haushaltsmittel, die laut dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Dr . Michael Meister für den sogenannten Marshallplan
mit Afrika zur Verfügung stehen ({0}), und nach welchen Kriterien werden die Partnerländer, die im Rahmen des sogenannten Marshallplans mit
Afrika unterstützt werden sollen, ausgewählt?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Bei dem Marshallplan handelt es sich um ein hochinnovatives Zukunftskonzept . Wir haben jetzt die Eckpunkte dieses Marshallplans fixiert. Das ist Voraussetzung für
den Eintritt in die Diskussion . Wir wollen nämlich eine
Umsetzung dieses Marshallplans - der einem Paradigmenwechsel der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit
gleichkommen wird - erreichen . Auf diesem Wege werParl. Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel
den wir anschließend - wenn wir das in die Wege geleitet
haben - reformorientierte Partnerländer stärker als bisher
unterstützen . In diesem Zusammenhang möchte ich bemerken, dass es sich hier um einen Plan mit Afrika und
nicht für Afrika handelt . Das heißt, wir entwickeln das im
Dialog und nicht irgendwie im Alleingang .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Herzlichen Dank . - Für die Öffentlichkeit: Ich habe
die Frage, wie viel Geld da hinterlegt ist, bestimmt schon
siebenmal gestellt . Der Kollege Meister hatte mir versprochen, er würde schriftlich antworten . Ich habe keine
Antwort bekommen . Sie haben es aber natürlich erklärt:
Wir brauchen überhaupt kein Geld; denn wir haben ja
ein innovatives Konzept, und dadurch wird das sicherlich
kompensiert .
Ich wollte wissen, welche Reformländer denn damit
gemeint sind und welche Konsequenzen das denn eigentlich für Länder hat, die nicht ausgewählt werden . Insbesondere habe ich die Frage: Was passiert mit den LDCs
bzw . mit den Menschen in diesen Ländern?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Zunächst einmal zum Geld: In dieser Zeit geht es darum, das Geld des Steuerzahlers besonders sorgfältig zu
verwenden bzw . zweimal umzudrehen und präzise einzusetzen . Vor diesem Hintergrund handelt es sich jetzt erst
einmal darum, das Geld intelligenter als bisher einzusetzen . Das wollen wir quasi als Katalysator betrachten .
Das heißt, wir brauchen im Augenblick keine weiteren
ODA-Mittel, sondern wir möchten den ersten Schritt aus
der Substanz heraus tun, um dann im Weiteren zu sehen,
welche Entwicklung sich ergibt .
Wir sehen da sehr gute Möglichkeiten, wenn wir eben
auch andere Maßnahmen ergreifen . Ich möchte einmal
nennen: Wir müssen beispielsweise mehr private Investitionen mobilisieren und Eigenmittel der Partner generieren . Das ist in der Vergangenheit viel zu wenig getan
worden .
Ich möchte dann darauf hinweisen, dass in dieser Hinsicht zum Beispiel auch die Frage zu bearbeiten ist, wie
wir bessere Instrumente, Vorschriften und Rahmenbedingungen - beispielsweise durch die Bekämpfung illegaler
Finanzströme oder die Beförderung von Steuermehraufkommen in Afrika - schaffen . Wir haben hier große
Fragen zu stellen . Die Antworten müssen wir gemeinsam
mit den Partnern erarbeiten . - Aus der so erzielten Substanz heraus kann dann wahrscheinlich mehr geschehen,
als in der Vergangenheit durch das Gießkannenverfahren
stattgefunden hat .
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Danke schön . - Eine sinnvolle Verwendung von Geldern ist natürlich immer sinnvoll . Das ist per se richtig .
Allerdings habe ich jetzt Ihrer Antwort entnommen, dass
Sie die Gelder umschichten wollen . Das heißt, Sie wollen
es aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wasser und
Sanitäres herausnehmen . Irgendwo muss es ja herkommen . Das wird dann natürlich in der Entwicklungspolitik
fehlen .
Kohärenz ist das zentrale Thema bei uns in der Entwicklungszusammenarbeit . Wie passt denn der Marshallplan mit den Plänen zusammen, die genau das Gleiche
enthalten? Ich spreche hier vom External Investment
Plan der EU . Damit soll genau so eine Investitionsinitiative gefördert werden . Schäuble will einen „Compact
with Africa“ kreieren . Damit soll das Gleiche gemacht
werden . Der Marshallplan fügt sich genau in diese Logik
ein .
Inwieweit kann man denn überhaupt noch von Transparenz und Kohärenz sprechen, wenn hier drei ganz,
ganz große Initiativen parallel gestartet werden sollen?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Erstens malen Sie da ein bisschen den Teufel an die
Wand, wenn Sie vortragen, was dann überall nicht mehr
passieren würde . Es gibt doch in jedem Jahr sehr viele
Positionen, bei denen die Ansätze nicht voll ausgeschöpft
werden . Das müssen wir uns einfach kritischer anschauen und darauf sehen, wo es im finanziellen Bereich
verfügbare Substanzen gibt . Es kommt nicht überall zu
Einsparungen bei Projekten, die laufen; vielmehr gibt es
in einem Haushalt sehr vieles, das gestaltbar ist . Das als
erste Bemerkung .
Das Zweite . Sie dürfen davon ausgehen, dass Minister
Müller und Minister Schäuble - beide kommen aus Süddeutschland - etwas von Zusammenführen von Geld und
von Effizienzgewinnen verstehen.
({0})
Wir werden das so handhaben, dass wir ein Zusammenwirken der verschiedenen Instrumente durchführen .
Wenn Sie diese Begriffe hier einführen, dann sage ich:
Jawohl, das sind neue Begriffe in der Entwicklungspolitik, Begriffe, die dringend notwendig sind, um in Afrika
besser voranzukommen, als das in der Vergangenheit der
Fall gewesen ist .
({1})
Eine dritte Frage sieht unsere Geschäftsordnung nicht
vor . Deshalb sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . - Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Fuchtel .
Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts . Die Fragen 10 und 11 des Abgeordneten HansChristian Ströbele, Frage 12 des Abgeordneten Niema
Movassat, die Fragen 13 und 14 des Abgeordneten Omid
Nouripour, die Fragen 15 und 16 der Abgeordneten
Sevim Dağdelen, die Fragen 17 und 18 der Abgeordneten
Heike Hänsel sowie Frage 19 des Abgeordneten Andrej
Hunko werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Die Frage 20 des Abgeordneten
Andrej Hunko, die Fragen 21 und 22 der Abgeordneten
Ulla Jelpke, die Fragen 23 und 24 der Abgeordneten Erika
Steinbach sowie Frage 25 des Abgeordneten Dr . Gerhard
Schick werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Lange zur Verfügung .
Frage 26 des Abgeordneten Dr . Gerhard Schick wird
schriftlich beantwortet .
Ich rufe die Frage 27 des Kollegen Beck auf, den ich
im Moment nicht sehe:
Warum war der Bundesregierung und den ihr nachgeordneten Behörden ({0}) der Aufenthalt des Leiters der Abteilung für Auslandsbeziehungen der
Diyanet, Halife Keskin, der mit Schreiben vom 20 . September 2016 Konsulatsangehörige und Mitarbeitende der DITIB
dazu aufgefordert hat, Berichte über Anhänger und Einrichtungen der Gülen-Bewegung anzufertigen und der türkischen
Regierung zur Verfügung zu stellen, am 18 . Februar 2017 in
Deutschland nicht bekannt ({1}),
obwohl der Generalbundesanwalt an diesem Tag per E-Mail
und Fax über die Anwesenheit von Halife Keskin informiert
worden ist und diese durch Fotobeweis belegt ist ({2}),
und welche Konsequenzen hat die Ankündigung des türkischen Außenministers „Demnächst werden Religionskriege
in Europa beginnen“ ({3}) für die
Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam Konferenz?
({4})
Der Herr Staatssekretär Lange hat zur Beantwortung
das Wort .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Kollege, zum
ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen mitteilen, dass der
Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse zu einem
Aufenthalt von Herrn Keskin in Deutschland am 18 . Februar 2017 vorlagen . Das Bundeskriminalamt hat auf
Nachfrage erklärt, dass es Abfragen in diversen Dateien
durchgeführt hat, die seinerzeit keine Bestätigung eines
Aufenthalts des Herrn Keskin in Deutschland erbrachten .
Ihre E-Mail mit dem Hinweis zu einem Aufenthalt
von Herrn Keskin in Deutschland am Samstag, 18 . Februar 2017, ist am selben Tag zweifach beim Generalbundesanwalt eingegangen . Diese Nachrichten wurden
jedoch am Morgen des Montags, des 20 . Februar 2017,
um 7 .04 Uhr vom Mailkonto der Poststelle gelöscht, bevor das zuständige Ermittlungsreferat Kenntnis davon
nehmen konnte . Zugang zu diesem Mailkonto haben nur
die Mitarbeiter der Poststelle .
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Generalbundesanwalt gebeten, diesen
Vorkommnissen nachzugehen und für organisatorische
Konsequenzen zu sorgen . Zudem sind diese Vorgänge
Gegenstand dienstrechtlicher bzw . gegebenenfalls auch
disziplinarischer Überprüfungen .
Der Eingang Ihres Faxes desselben Inhalts konnte bislang trotz intensiver Recherchen beim Generalbundesanwalt nicht festgestellt werden . Wir haben Herrn Generalbundesanwalt Dr . Frank gebeten, noch heute Abend
ins Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach Berlin zu kommen, um über den aktuellen
Sachstand der Recherchen und Aufklärungen des Generalbundesanwalts hinsichtlich des Umgangs mit bei der
Poststelle eingegangenen E-Mails und bezüglich der in
Aussicht genommenen Konsequenzen zu berichten .
Soweit Sie im zweiten Teil Ihrer Frage nach Konsequenzen der Äußerungen des türkischen Außenministers
für die Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam
Konferenz fragen, weise ich darauf hin, dass diese am
14 . März 2017 zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode getagt hat . Zur Fortführung und Zusammensetzung
der Deutschen Islam Konferenz in der nächsten Wahlperiode wird abzuwarten sein, welche Vorstellungen eine
neue Bundesregierung hierzu haben wird . Im Übrigen
möchte ich zur grundsätzlichen Haltung der gegenwärtigen Bundesregierung auf die Antwort zu Frage 28 der
Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion vom 16 . Februar dieses
Jahres verweisen .
Herr Kollege Beck hat das Wort zur ersten Nachfrage .
Zunächst einmal zum Aufenthalt von Halife Keskin
in Köln, meiner Heimatstadt, am besagten Tage: Ist
der Bundesregierung inzwischen bekannt, ob er sich zu
diesem Zeitpunkt in Köln und wahrscheinlich auch in
Oberhausen aufgehalten hat, nachdem er am Tag zuvor
in Straßburg war und es Presseveröffentlichungen gibt,
die auf einen entsprechenden Link bei Instagram verweisen, in dem ein DITIB-Funktionär oder Religionsattaché
eine entsprechende Ablichtung - aufgenommen auf dem
Dach der DITIB-Moschee - veröffentlicht hat?
Wie beurteilt die Bundesregierung ferner den Umstand, dass man Strafverfolgungsorgane über solche
Sachverhalte informiert, diese aber zwei Tage vertrödeln,
offensichtlich Faxe in den Papierkorb legen und E-Mails
im Posteingang einfach löschen? Dann ist man als Hinweisgeber natürlich irgendwie aufgeschmissen .
Vizepräsidentin Petra Pau
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuerkei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuerkei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland
http://www.bbc.com/turkce/39290288
Zu Letzterem kann ich Ihnen sagen: Ich teile das; diese E-Mail hätte nie gelöscht werden dürfen . Das ist auch
der Grund, warum das Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz zusammen mit dem Generalbundesanwalt diesen Vorkommnissen nachgeht und für organisatorische Konsequenzen sorgen wird . Zudem werden
dienstrechtliche und gegebenenfalls auch diszi plinarische
Überprüfungen stattfinden. - Das ist das Erste.
Das Zweite ist, dass mir der Generalbundesanwalt
über das, was ich Ihnen gesagt habe, hinaus nichts mitgeteilt hat .
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Die zweite Nachfrage stelle ich - weil ich nur zwei
habe - zum zweiten Antwortteil . - Ich würde schon gerne wissen, ob die Bundesregierung nicht meint, dass die
Ankündigung durch den Außenminister der Republik
Türkei „Demnächst werden Religionskriege in Europa
beginnen“ Auswirkungen auf das Verhältnis zur DITIB
haben muss . In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage,
auf die Sie sich gerade bezogen haben, drückt sich die
Bundesregierung bewusst und vorsätzlich um eine Antwort auf diese Frage herum .
Ich meine, dass es angesichts des gegenwärtigen Standes - die DITIB ist der türkischen Regierung unmittelbar
unterstellt und sagt, dass die Imame mit dem deutschen
Verein nichts zu tun haben, sondern Dienstvorgesetzter
allein die Diyanet in Ankara ist, die ja auch ihre Löhne
zahlt und mit ihnen Arbeitsverträge geschlossen hat - und
vor dem Hintergrund der Spionageaffäre jetzt mal Zeit ist,
zu sagen: Auf dieser Grundlage ist eine Kooperation mit
der DITIB als gleichberechtigtem Partner in der Islamkonferenz nicht denkbar . - Es muss in allen Bereichen,
übrigens auch in den Bereichen, in denen die DITIB weiterhin gefördert wird, unmittelbare Konsequenzen geben .
Ich weiß nicht, auf wen Sie Rücksicht nehmen; aber offensichtlich kommt die Botschaft der Rücksichtnahme in
Ankara gegenwärtig nur sehr rudimentär an .
Herr Kollege, zunächst einmal will ich sagen, dass die
neue Bundesregierung darüber entscheiden wird, wie mit
der Islamkonferenz verfahren wird .
Was das Thema der derzeitigen Projektförderung im
Zusammenhang mit DITIB anbelangt,
({0})
kann ich Ihnen, auch wenn dieser Bereich wie das gesamte Thema der Islamkonferenz in den Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministeriums fällt,
({1})
trotzdem Folgendes antworten: Die islamischen Verbände können einen wichtigen Beitrag zum Beispiel in den
Bereichen der Integration oder der Prävention leisten .
({2})
Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklungen
allerdings sorgfältig . Die weitere Zusammenarbeit mit
DITIB im Bereich der Projektförderung wird angesichts
der aktuellen Entwicklungen, insbesondere vor dem Hintergrund des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen aus der Türkei entsandte und in DITIB-Gemeinden
tätige Imame, fortlaufend geprüft und überprüft .
({3})
Danke, Herr Staatssekretär . - Die Frage 28 der Kollegin Zimmermann soll schriftlich beantwortet werden .
Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereiches .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen . Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zur
Verfügung .
Die Frage 29 der Kollegin Zimmermann soll schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Volker Beck auf:
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die
Bundesregierung aus dem Schreiben der EU-Kommissarin für
Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität, Marianne Thyssen, vom 1 . März 2017, in dem sie
die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, den Bundesminister der Finanzen und die Bundesministerin für Arbeit und
Soziales darüber informiert, dass die Kommission beschlossen
hat, eine Änderung der europäischen Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die die Indexierung der Familienleistungen an das Lebenshaltungsniveau in
den Aufenthaltsstaaten der Kinder ermöglichen würde, nicht
einzuführen, und welche Auswirkungen hat dies auf den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines
Gesetzes zur Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen
vom 10 . Februar 2017?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, die Bundesregierung bedauert die ablehnende Haltung der EU-Kommissarin Thyssen zu dem Anliegen, mit einer Änderung
der europarechtlichen Koordinierungsvorschriften eine
Anpassung der Höhe des Kindergelds zu ermöglichen .
Die mit Schreiben vom 13 . Februar 2017 eingeleitete
Ressortabstimmung über den Gesetzentwurf zur Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen konnte bislang
noch nicht abgeschlossen werden .
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Vor dem Hintergrund, dass Sie es von der Europäischen Kommission schwarz auf weiß haben, dass dieser
Gesetzentwurf europarechtlich nicht zulässig ist, frage
ich Sie: Verfolgt die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren zu diesem rechtlichen Projekt in der aktuellen Situation tatsächlich weiter, und wie wollen Sie
dies gegebenenfalls begründen, wenn es entgegen der
Rechtsauffassung der Europäischen Kommission ist?
Herr Kollege Beck, die Bundesregierung wird die
Ressortabstimmung zu dem eben erwähnten Gesetzentwurf weiterführen, und sie wird in geeigneter Weise auf
die EU-Kommission zugehen, um eine Anpassung der
europarechtlichen Koordinierungsvorschriften zum Kindergeld zu erreichen .
Wie wollen Sie mit Blick auf das gegenwärtig geltende Europarecht Ihren Gesetzentwurf begründen? Sie haben doch die Auffassung der Europäischen Kommission
gehört, dass das nicht begründbar ist . Erklären Sie mir
also Ihre konkreten Rechtsgründe, die Sie in der jetzigen Situation ins Feld führen . Das ist ja kontrafaktische
Rechtspolitik, was Sie hier betreiben .
Ich habe eben gesagt, dass die Bundesregierung auf
die Kommission zugeht . Das hat sie mit dem Brief der
drei Bundesminister getan,
({0})
und das wird sie weiterführen, um dafür zu sorgen, dass
das Europarecht so ausgelegt wird, dass dieser Gesetzentwurf umsetzbar ist . Insofern werden wir uns einerseits
um eine europarechtliche Veränderung bemühen und andererseits auf nationaler Ebene als Bundesregierung an
der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes weiterarbeiten .
({1})
Vielen Dank . - Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen
und Kollegen! Das war die Frage 30 .
Die Frage 31 des Abgeordneten Kai Gehring wird
schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . Vielen herzlichen Dank, Herr
Dr . Meister, Sie sind damit von weiteren Fragen befreit .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, und ich begrüße die Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke .
Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl
auf:
Wann genau ({0}) gab es seit
der Antwort der Bundesregierung vom 19 . Oktober 2016 auf
meine mündliche Frage 10, Plenarprotokoll 18/195, weitere
Gespräche der Bundesregierung - insbesondere seitens des
Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Bundesministeriums der Finanzen - mit Vertretern der Atomkraftwerke betreibenden Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang
mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ({1}) zum Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung ({2})?
Frau Gleicke .
Sehr geehrte Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung pflegt
aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Unternehmen . Zu einer systematischen Erfassung dieser
Kontakte ist die Bundesregierung nicht verpflichtet; sie
hält diese auch nicht vor . Eine lückenlose Aufstellung
von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher
grundsätzlich nicht übermittelt werden . Auch kann nicht
ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit
Unternehmensvertretern gekommen ist . Inwieweit dies
tatsächlich der Fall war, kann aus den genannten Gründen nicht nachgehalten werden . Die Bundesregierung hat
vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungsebene nachvollzogen wurden, wie gewünscht analog zu unserer früheren
Antwort . In der Kürze der Zeit kann die Vollständigkeit
der nachfolgenden Auflistung für die Beantwortung der
Frage nicht garantiert werden .
Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener
Unterlagen und Aufzeichnungen . Demnach hat die Bundesregierung seit dem 19 . Oktober 2016 folgende Gespräche mit Vertretern der kernkraftwerkebetreibenden
Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit
einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß Artikel 9 § 1
des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der
kerntechnischen Entsorgung oder anderer Aspekte im
Zusammenhang mit diesem Gesetz geführt:
Erstens . Am 25 . Oktober 2016 wurde ein gemeinsames Gespräch des Bundesministers für Wirtschaft
und Energie, Sigmar Gabriel, der Bundesministerin
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
Dr . Barbara Hendricks, des Bundesministers der Finanzen, Dr . Wolfgang Schäuble, des Chefs des Bundeskanzleramts und Bundesministers für besondere Aufgaben,
Peter Altmaier, des Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, des
Staatssekretärs im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Jochen Flasbarth,
und folgenden Vertretern der Energieversorgungsunternehmen geführt: Dr . Johannes Teyssen, Vorsitzender des
Vorstands der Eon SE, Dr . Leonhard Birnbaum, Mitglied
des Vorstands der Eon SE , Dr . Rolf Martin Schmitz,
Vorsitzender des Vorstands der RWE AG, Dr . Markus
Krebber, Mitglied des Vorstands der RWE AG, Dr . Frank
Mastiaux, Vorsitzender des Vorstands der EnBW AG,
Thomas Kusterer, Mitglied des Vorstands der EnBW AG,
Stefan Dohler, Mitglied des Vorstands der Vattenfall AB,
Dr . Axel Pinkert, Mitglied der Geschäftsführung der Vattenfall GmbH, Dr . Florian Bieberbach, Vorsitzender der
Geschäftsführung der Stadtwerke München GmbH .
Zweitens .
Moment! Auch Sie haben eine Redezeit . Sie sind
schon eine Minute drüber .
Frau Präsidentin, als Parlamentarische Staatssekretärin und langjährige Abgeordnete des Deutschen Bundestages achte ich das Fragerecht der Abgeordneten sehr
hoch . Die Frau Kollegin Kotting-Uhl fragt sehr detailliert
nach . Ich kann diese Frage in 60 Sekunden nicht beantworten .
Sie hatten nicht 60, sondern 120 Sekunden und sind
jetzt eine Minute drüber .
Ich bitte Sie .
Als Vizepräsidentin achte ich auf die herrschende Geschäftsordnung sehr gut . Ich habe mir erlaubt, auf die Redezeit, die auch Sie als Parlamentarische Staatssekretärin
bindet, hinzuweisen . - Bitte schön .
Dann möchte ich mich im Namen der Bundesregierung bei der Frau Abgeordneten Kotting-Uhl entschuldigen . Ich kann Ihnen die Frage gerne schriftlich beantworten . - Ich bitte aber darum, dass das im Ältestenrat
geklärt wird . Danke schön .
Dann bitte ich Sie, die Geschäftsordnung zu ändern .
Das macht aber nicht die Bundesregierung . - Entschuldige bitte . Ich kenne die Geschäftsordnung .
Frau Kotting-Uhl .
Ich hatte in der Tat nach allen Teilnehmern gefragt .
Allerdings hatte ich ganz dezidiert nur nach den Gesprächen im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen
Vertrag gefragt, der im Gefolge des Gesetzes ausgehandelt wurde, mit dem die Empfehlungen der KFK umgesetzt wurden . Ich nehme an, so viele Gespräche wird es
dazu nicht gegeben haben .
Herr Dr . Schäuble jedenfalls war bei dem Gespräch,
das Sie eben genannt haben, dabei . Ich nehme an, dass er
auch bei anderen Gesprächen, die in diesem Zusammenhang stattfanden, dabei war .
Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Klage gegen die Brennelementesteuer oder Kernbrennstoffsteuer,
wie die Koalition sie bezeichnet . Es gab einen klaren
Auftrag des Parlaments, in den Verhandlungen über diesen Vertrag dafür zu sorgen, dass die Klage gegen diese
Steuer ebenso wie die in Washington anhängige Klage
zurückgezogen werden, also die beiden finanzrelevanten
Klagen der EVUs, deren Rückzug bis dato nicht angekündigt ist . Meines Wissens hat auch das Finanzministerium
in Gestalt von Herrn Dr . Schäuble den starken Wunsch
geäußert, dass die Klage gegen die Brennelementesteuer zurückgezogen wird . Meine Frage lautet: Warum hat
die Bundesregierung vorletzte Woche trotzdem, ohne
entsprechende Zusage der EVUs, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, also entgegen dem expliziten
Wunsch des Bundestages und entgegen dem Wunsch des
Finanzministeriums?
Frau Gleicke, bitte .
Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich komme noch einmal
auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe: Es hat sechs
Gespräche gegeben, und zwar mit einer ganzen Reihe
von Betroffenen . Deshalb war die Liste auch so lang .
Nach dem Gesetz hatten wir schließlich einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auszuhandeln . Daher waren diese Gespräche - das ist ganz klar - zu führen .
Ich will daran erinnern, dass die sogenannte TrittinKommission empfohlen hat, dass Klagen zurückgezogen
werden . Bis auf das Vattenfall-Schiedsverfahren, das in
den USA anhängig ist, und die Klage gegen die
({0})
Kernelementesteuer - Sie wissen, was ich meine - wurden die Klagen zurückgezogen . Diese beiden Klagen
wurden aber tatsächlich nicht zurückgezogen . Die KFK
hat die Erwartung geäußert - das war ja auch Teil der
parlamentarischen Debatte hier -, dass entsorgungsrelevante Klagen zurückgezogen werden, und die sind in der
Tat zurückgezogen worden . Über die Empfehlungen der
KFK hinaus, der sogenannten Trittin-Kommission, wurden sogar die sogenannten Moratoriumsklagen, also die
Klagen auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe,
zurückgezogen . Insofern sind wir mit dem Ergebnis der
Verhandlungen durchaus zufrieden .
Frau Kotting-Uhl, Ihre zweite Rückfrage .
Das Parlament ist aber vielleicht nicht so zufrieden .
Der Rückzug der ganzen Klagen, die Sie jetzt aufgezählt
haben, war schon angekündigt, bevor Sie die Verhandlungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag aufgenommen haben . Schon zuvor hatten sich die EVUs bereit
erklärt, die Klagen, die mit dem Atomausstieg in Zusammenhang standen und die vom Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden waren - Moratorium usw . -,
zurückzuziehen . In den Verhandlungen mit den EVUs ist
insofern nichts erreicht worden; denn das war schon davor der Status quo .
Bei den 20 Klagen, die zurückgezogen wurden, geht
es ja, wie mal jemand sagte, nur um „Peanuts“. Die finanzrelevanten Klagen sind die Klage gegen die Kernbrennstoffsteuer und die Klage von Vattenfall vor dem
internationalen Schiedsgericht ICSID in Washington .
Zu dieser zweiten Klage, zu der Klage von Vattenfall,
möchte ich Sie jetzt Folgendes fragen: Nachdem in den
Verhandlungen nichts erreicht wurde, ist jetzt die Bundesregierung selbst am Zug . Es gab die klare Bitte des
Parlaments, dafür zu sorgen, dass diese Klagen vom
Tisch kommen, um die KFK-Empfehlungen und die
entsprechende Vereinbarung in der Gesellschaft mit geradem Rücken vertreten zu können . Gab es seit letztem
Herbst Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern
Schwedens - Vattenfall ist ja ein Staatskonzern -, und,
wenn solche Gespräche stattgefunden haben, welche Ergebnisse hatten sie?
Frau Gleicke, bitte .
Dass das Parlament unterschiedlich zufrieden mit den
Ergebnissen ist, die die Bundesregierung erreicht hat,
kann ich nachvollziehen . Es ist gar keine Frage, dass Ihre
Zufriedenheit vielleicht nicht so groß ist wie die anderer
Teile des Parlaments .
Ich will noch einmal deutlich machen, dass es bei
den Empfehlungen, der Debatte und im Zusammenhang
mit diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag um die entsorgungsbezogenen Klagen ging, und die sind zurückgenommen worden . Ich will noch einmal sagen: Ankündigungen sind das eine, Tun ist das andere . Insofern hat die
Bundesregierung an dieser Stelle das Ziel erreicht . Darüber hinaus sind aber eben auch die Moratoriumsklagen
zurückgezogen worden . Deshalb ist das, was die Bundesregierung über die Empfehlungen hinaus erreicht hat, die
wir hier debattiert haben, ein sehr gutes Ergebnis .
Die Frage nach Gesprächen konkret zum Vattenfall-Verfahren kann ich im Moment nicht beantworten .
Dazu müsste ich eine Abfrage der verschiedenen Ressorts machen, wenn Sie das wollen .
Ich sehe keine weiteren Fragen .
Frage 33 des Abgeordneten Özcan Mutlu wird schriftlich beantwortet .
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . - Herzlich willkommen, Anette Kramme .
Ich rufe Frage 34 von Katrin Werner auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach einer nicht repräsentativen Studie des Bundesverbands zur Förderung von
Menschen mit Autismus nahezu jeder fünfte Schüler/jede
fünfte Schülerin im Laufe seiner/ihrer Lernbiografie mindestens einmal vom Unterricht ausgeschlossen wurde, dies sogar
häufig über mehrere Monate, und welchen Handlungsbedarf
sieht die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern, um dieser Tatsache entgegenzuwirken?
Frau Kramme, bitte .
Frau Werner, Ihre Frage müsste natürlich von den Ländern beantwortet werden . Sie wissen, dass die Ausgestaltung der Schulgesetze und die Organisation des Schulbetriebes sowie die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte
nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes den
Ländern obliegt. Die Studie ist daher auch nicht offiziell
an die Bundesregierung herangetragen worden .
Ich kann Ihnen jedoch Folgendes berichten: Die Länder haben ihre Schulgesetze mit Blick auf inklusive Bildung aktualisiert und passen sie auch laufend an . Es gibt
auch dazugehörige Verordnungen, die ständig und laufend angepasst werden .
Der Bund mischt sich natürlich nicht in Kompetenzen
der Länder ein; das würden sich diese auch verbitten . Der
Bund fördert allerdings die schrittweise Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention in vielfältiger Weise,
begleitet diese mit bewusstseinsbildender Öffentlichkeitsarbeit und ebenso mit fachlichem Austausch, Transfer von Informationen zu guter Bildungspraxis und einer
breiten Palette von weiteren Aktivitäten . Ich verweise
an dieser Stelle auf den Nationalen Aktionsplan 2 .0 der
Bundesregierung .
Im Übrigen ist es so, dass die Bundesregierung durch
das Bundesministerium für Bildung und Forschung die
Länder im Rahmen seiner Zuständigkeit durch ForParl. Staatssekretärin Iris Gleicke
schungsförderung unterstützt . Damit sichert das Bundesbildungsministerium eine valide Basis für die Entwicklung von Handlungsstrategien und Umsetzungsszenarien
in der Bildungspraxis .
Vielen Dank, Frau Kramme . - Frau Werner .
Danke schön, Frau Kramme . Danke auch für Ihren
Hinweis . Mir ist schon klar, wer für welche Bereiche zuständig ist . Aber Sie kamen dann zum Ende Ihrer Beantwortung durchaus noch zu den wichtigen Punkten wie
den Nationalen Aktionsplan . Ich erinnere auch noch an
das Bundesteilhabegesetz und den Teilhabebericht . All
das ist in den letzten Monaten diskutiert worden, all das
diskutieren wir auch dieser Tage . Ich glaube schon, dass
ein Ministerium, das mit diesem Thema sehr ausgiebig
beschäftigt ist, Berichte zur Kenntnis nehmen sollte und
dann auch die Möglichkeiten, die es hat, umsetzen kann .
Natürlich geht es nicht darum, sich in andere Hoheiten einzumischen . Dennoch kann ein Bundesministerium den Ländern helfen, zum Beispiel in Bezug auf
die Frage: Wie sensibilisiert man Arbeitskräfte? Wie ist
die Zusammenarbeit, um Lehrerinnen und Lehrer zu
sensibilisieren? - Insofern wäre vielleicht gezielter die
Frage danach zu stellen, welche Schulungsmaßnahmen
und Programme, welche Öffentlichkeitsarbeit, welche
Sensibilisierungsmaßnahmen Sie anbieten . Sie haben ja
im letzten Jahr eine große, sehr teure Kampagne für das
Bundesteilhabegesetz gefahren und in den Antworten
immer darauf hingewiesen, was Sie zusätzlich tun .
Frau Kramme, bitte .
Frau Werner, wenn ich Ihre Fragestellung richtig verstehe, geht es darum, wie viele Gelder das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Ausbildung von
Länderbeamten, nämlich für Lehrer, zur Verfügung stellt .
Sie verstehen sicherlich, dass die Kompetenzen des Bundesministeriums an dieser Stelle nicht so weit reichen,
dass wir für fachfremde Aufgaben Gelder ausgeben . Wie
gesagt, wir sind im Bereich der Bewusstseinsbildung allgemein tätig . Dieser Aufgabe kommen wir nach . Die entsprechenden Handlungsverpflichtungen haben wir auch
im Nationalen Aktionsplan niedergelegt .
Vielen Dank . - Frau Werner, zweite Frage .
Nun mögen ja viele Dinge der Länderhoheit unterliegen, aber, ich glaube, eine finanzielle Unterstützung
vonseiten der Bundesebene - diese Debatte hatten wir
beim Bundesteilhabegesetz immer wieder - kann auch
ein Ministerium nicht ausschließen . Wenn etwas nicht
explizit nur Ihr Ministerium betrifft, dann sind Sie für
die übergreifende Öffentlichkeitsarbeit, die auch andere
Ministerien betrifft, teilweise mitverantwortlich . Darauf
wollte ich hinweisen .
Ich glaube, wer sich im Bereich Autismus ein bisschen
auskennt, wer sich damit beschäftigt oder Geschichten
aus der Familie kennt, der weiß, dass wir Probleme haben und die Integrationshelfer viel zu oft wechseln .
Wenn Kinder vom Schulunterricht ausgeschlossen werden - das alles mag sicherlich Länderhoheit sein -, zu sagen, dass uns das nichts angeht, finde ich, ehrlich gesagt,
schlimm. Das ärgert mich, das reizt mich. Ich finde, die
Bundesregierung muss schauen, welche Möglichkeiten
sie hat und welche Ressourcen sie zusätzlich zur Verfügung stellen kann .
Ich stelle jetzt keine Nachfrage, sondern ich nehme
einfach zur Kenntnis, dass Sie sagen, dass Sie dafür nicht
zuständig sind . Bei meiner weiteren Frage werde ich
noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen .
Ich frage aber trotzdem, ob Sie, Frau Kramme, darauf
antworten wollen .
Ja .
Dann können Sie das gerne tun .
Ich würde das gerne kommentieren . - Frau Werner,
wir dürfen schlichtweg kein Geld für Länderaufgaben
verwenden .
({0})
Die Haushälter dieses Hauses würden dem strikt widersprechen . Im Rahmen der Möglichkeiten machen wir Bewusstseinsarbeit . Das ist eine Selbstverständlichkeit . Wir
sehen die Probleme autistischer Kinder, aber, wie gesagt,
in diesem Bereich haben wir keine unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten .
Vielen Dank . - Dann sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Danke schön, Frau Kramme .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung . Der Parlamentarische
Staatssekretär hat sich schon erhoben . Willkommen,
Dr . Brauksiepe .
Ich rufe die Frage 35 der Kollegin Keul auf:
Wie konnte es aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen
des Bundeswehreinsatzes „Inherent Resolve“ in Syrien zu dem
Tod von mindestens 14 Zivilisten bei einem Luftangriff auf
das Dorf al-Matab kommen ({0}), und welche
konkreten Maßnahmen wurden bzw . werden ergriffen, um solche zivilen „Kollateralschäden“ zukünftig zu vermeiden?
Bitte .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin, ich
antworte Ihnen wie folgt: Die Bundesregierung bedauert zutiefst jedes zivile Opfer militärischer Operationen .
Zusätzlicher Maßnahmen bedarf es jedoch nicht, weil
selbstverständlich schon jetzt alles Menschenmögliche
unternommen wird, um das zu vermeiden, was Sie in Ihrer Frage „Kollateralschäden“ nennen .
Zum Luftangriff im Bereich des Dorfes al-Matab in
Nordsyrien, über den am 9 . März 2017 durch n-tv berichtet wurde, liegen der Bundesregierung keine über die
Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen
vor . Alle Mitglieder der Anti-IS-Koalition gehen in Übereinstimmung mit den Vorgaben des humanitären Völkerrechts vor, auch wenn dies angesichts des Vorgehens des
sogenannten „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer
hervorzurufen, mit besonderen Anstrengungen zur Vermeidung ebensolcher Opfer verbunden ist .
Die Verdichtung des Gesamtlagebildes, zu der die
Aufklärungsflüge der deutschen Tornados im Rahmen
der Operation Inherent Resolve beitragen, dient auch
dem Zweck, durch Unterscheidung zwischen zivilen und
militärischen Objekten zivile Opfer bei Lufteinsätzen der
internationalen Anti-IS-Koalition zu vermeiden und damit die Zivilbevölkerung zu schützen .
Vielen Dank, Herr Dr . Brauksiepe . - Frau Keul .
Dieses Bemühen scheint offensichtlich nicht allzu gut
zu gelingen, zumindest nicht in diesem Monat . Denn
nachdem ich die Frage eingereicht hatte, gab es nicht
nur den Vorfall am 9 . März mit 14 Toten, davon sechs
Kindern, sondern eine Woche später am 16 . März die
Bombardierung einer Moschee mit mindestens 42 Toten . In diesem Fall hatte das US-Zentralkommando die
Verantwortung zunächst eingeräumt und einige Stunden
später gesagt, die Moschee dürfte noch stehen, obwohl
wir alle Schutt und Asche im Fernsehen betrachten konnten. Zu allem Überfluss gab es in der letzten Nacht - darüber konnten wir heute Morgen lesen - einen dritten
Vorfall mit zivilen Opfern, für den unser Bundeswehreinsatz, unsere Koalition verantwortlich ist, nämlich die
Bombardierung einer Schule, in der 40 Familien, die aus
Aleppo geflüchtet waren, untergebracht waren, mit mehr
als 30 Toten .
Irgendetwas scheint dort schiefzulaufen . All diese Informationen haben wir übrigens von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die wir auch im
Hinblick auf die russischen Luftangriffe immer als sehr
glaubwürdig eingestuft haben . Deswegen frage ich Sie
noch einmal: Was tut die Bundesregierung im Rahmen
des Bündnisses, um zu klären, was dort passiert ist?
Wie kann der Verbindungsoffizier, der im gemeinsamen
Hauptquartier in Kuwait sitzt, kontrollieren, dass das
geltende Recht eingehalten wird, wenn Sie nicht nachfragen?
Herr Dr . Brauksiepe, bitte .
Frau Kollegin, zunächst einmal ist es eine Unterstellung, wenn Sie sagen, dass wir nicht nachfragen . Die gesamte Allianz bemüht sich, zivile Opfer zu vermeiden .
Ich warne ausdrücklich davor, auf die zynische Taktik
des sogenannten „Islamischen Staates“ in der Weise hereinzufallen, dass man unterstellt, hier werde unachtsam
vorgegangen . Es gehört zur zynischen Taktik des sogenannten „Islamischen Staates“, Menschen als menschliche Schutzschilder einzusetzen und zivile Opfer bewusst
in Kauf zu nehmen .
Ich darf im Übrigen sagen: Das Ereignis vom 9 . März
kann sich nicht nach Einreichung Ihrer Frage zugetragen
haben, da Sie ja in der Frage auf dieses Ereignis Bezug
nehmen und vermutlich keine hellseherischen Fähigkeiten für sich in Anspruch nehmen .
({0})
- Darauf kann sich das jedenfalls nicht beziehen .
Ich betone in Bezug auf alle Ereignisse: Es gehört zur
Taktik des „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer in
Kauf zu nehmen . Die Bundesregierung kann durch ihren
Einsatz keine zivilen Opfer vermeiden, weil sie zwar im
Rahmen der Aufklärung tätig ist, aber selber keine darüber hinausgehenden militärischen Maßnahmen unternimmt, jedenfalls Luftangriffe nicht selbst durchführt .
Von daher kann es dadurch auch nicht zu Opfern kommen .
Die Maßnahmen, die wir ergreifen, die Bilder, die
wir liefern - das habe ich Ihnen eben schon gesagt; ich
wiederhole es gerne -, dienen dazu, zivile Opfer zu vermeiden . Ich bitte, hier nicht Ursache und Wirkung zu
verwechseln . Wir tun alles Menschenmögliche, damit
klar ist, was zivile und was militärische Ziele sind . Die
IS-Terroristen tun sehr viel, um genau das zu verhindern
und zivile Opfer zu produzieren . Durch die Bundesregierung und die Bundeswehr ist es nicht zu irgendwelchen
zivilen Opfern gekommen, weil wir uns an den eigentlichen Luftschlägen nicht beteiligen, sondern mit unseren
Aktionen dazu beitragen, legitime militärische Ziele von
zivilen Zielen zu unterscheiden .
Frau Keul, Ihre zweite Nachfrage, wenn Sie wollen .
Ich glaube, wir beide wissen, was ein multilateraler
militärischer Einsatz ist und dass man die Verantwortung
dabei nicht je nach Arbeitsteilung im Rahmen eines geVizepräsidentin Claudia Roth
meinsamen Einsatzes aufteilen kann . Insofern sind alle,
die sich daran beteiligen, in der Verantwortung .
Ich habe auch keine hellseherischen Fähigkeiten, sondern ich habe gesagt: Nach dem 9 . März gab es weitere
Vorfälle, nämlich letzte Woche, am 16 . März, und letzte
Nacht, am 22 . März . Das sind die Vorfälle, auf die ich
mich beziehe .
Zu meiner zweiten Nachfrage . Ich muss sagen: Dafür,
dass Sie angeblich keine Erkenntnisse haben, was dort
am Boden passiert ist, ist es erstaunlich, dass Sie sagen,
es war der IS, der hier zivile Opfer verursacht oder vorgetäuscht hat . Davon haben wir bislang, jedenfalls öffentlich, überhaupt nichts vernommen; da haben Sie scheinbar mehr Informationen als die Öffentlichkeit . Hingegen
lesen wir, dass es in der neuen US-Administration offensichtlich einen Strategiewechsel gibt, weil sich die
Kommandeure des Pentagon beschwert haben, dass die
Vorgängerregierung zu sanft vorgegangen ist, dass man
bei der Planung keine Freiheit habe und dass man jetzt
mehr Flexibilität im Kampf gegen den IS haben wolle .
Von daher frage ich noch einmal: Gibt es Gespräche mit
der neuen Administration über eine größere Flexibilität
bei der Bombardierung in Syrien?
Herr Dr . Brauksiepe, bitte .
Frau Präsidentin, ich gebe zu: Es fällt mir schwer, die
Fülle all dieser in diesem Tempo vorgetragenen und weit
über die vorgesehene Zeit hinausgehenden Fragen zu beantworten .
Es waren zehn Sekunden; ich habe aufgepasst .
Ich sage für die gesamte Koalition noch einmal: Alle
bemühen sich gemeinsam, zivile Opfer zu vermeiden .
Wir verstecken uns hinter überhaupt niemandem . Ich
habe auch nichts speziell zu dem Vorfall vom 9 . März
gesagt . Sie werden im Protokoll nachlesen können, dass
Sie behauptet haben, er habe sich nach Einreichung Ihrer
Frage ereignet . Das können Sie ja dann gegebenenfalls
korrigieren .
Ich wiederhole: Es ist eine von der internationalen
Koalition leider seit Jahren zu beobachtende Taktik des
„Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer hervorzurufen . Auf diese seit Jahren zu beobachtende und von uns
zutiefst verurteilte Taktik habe ich mich bezogen .
In Bezug auf den Vorfall vom 9 . März habe ich ausdrücklich gesagt, dass der Bundesregierung keine über
die Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen vorliegen . Ich verbitte mir deswegen die Unterstellung, ich hätte hier etwas anderes behauptet oder zusätzliche Informationen für mich in Anspruch genommen .
Wir haben zu diesem Vorfall, wie bereits dreimal gesagt,
keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden
Informationen . Wir sind dort aber seit Jahren zum Schutz
der Menschen in der Region militärisch aktiv und kennen
seit Jahren das menschenverachtende Vorgehen des „Islamischen Staates“ .
({0})
Zusatzfrage vom Kollegen Kekeritz .
Herr Staatssekretär, ich muss sagen, dass ich Ihre
Argumentationskette nicht verstehe . Die Informationen
über die Bombardements, die uns erreichen, kommen
von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London; sie ist allgemein als höchst seriös anerkannt . Die Pressemeldungen bestätigen das darüber hinaus . Und Sie erklären uns dauernd, dass der „Islamische
Staat“ dafür verantwortlich ist . Das kann ich überhaupt
nicht nachvollziehen . Die Moschee ist bombardiert und
in Schutt und Asche gelegt worden. Daran waren definitiv
US-Flugzeuge beteiligt . In der Schule, die heute Morgen
bombardiert wurde, waren Menschen, die aus Aleppo geflohen sind. Wir alle wissen, was in Aleppo passiert ist.
Diese Menschen kamen in die Schule, erhofften sich dort
Sicherheit, und dann kamen Bomber und töteten über
30 Menschen . Das ist einfach unerträglich .
Ich finde Ihre Argumentationsbasis, dass das mit dem
„Islamischen Staat“ zu tun hat, irgendwie verwerflich.
Sie müssen doch einfach einmal die Frage von Frau Keul
beantworten, was diese Bundesregierung weiß . Wenn
diese Bundesregierung nichts weiß - auch nicht, was mit
den entsprechenden Bildern passiert -, dann frage ich
mich, ob es gerechtfertigt ist, dass der Deutsche Bundestag der Bundesregierung die Kompetenz erteilt, an diesem Luftkrieg teilzunehmen, auch wenn es sich bloß um
Bildaufnahmen handelt .
Danke schön . Das ist jetzt, glaube ich, klar . - Herr
Brauksiepe, bitte .
Herr Kollege Kekeritz, die Bundesrepublik Deutschland gehört neben Italien, Katar, Marokko, Neuseeland,
Polen, Schweden und Singapur zu den Ländern, die am
Informationsraum dieser Aktion beteiligt sind, selbst
aber keine Luftschläge durchführen . An der Aufklärung
solcher Ereignisse sind die beteiligt, die auch an den
Luftschlägen beteiligt sind . Deswegen erhalten wir nicht
alle Informationen, die diejenigen erhalten, die sich an
den Luftschlägen beteiligen .
Wir haben das gemeinsame Interesse, zivile Opfer zu
vermeiden; das betone ich gerne ein weiteres Mal . Und
ich betone auch ein weiteres Mal, dass wir sehr gute
Gründe haben, zu sagen, dass zivile Opfer vom „Islamischen Staat“ bewusst in Kauf genommen werden .
({0})
Vielen Dank . - Ich sehe keine weitere Frage an das
Bundesministerium der Verteidigung und danke dem
Staatssekretär .
Wir kommen zum Bundesministerium für Gesundheit,
und ich begrüße Ingrid Fischbach .
Ich rufe die Frage 36 der Kollegin Katrin Werner auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern ergreifen, um die im Teilhabebericht erwähnten kommunikativen Barrieren abzubauen, auf
die Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Autismusspektrum im Gesundheitssystem stoßen und die eine angemessene
medizinische Versorgung erschweren?
Liebe Frau Werner, ich antworte Ihnen gerne auf Ihre
Frage . - Der Bundesregierung ist bewusst, dass die Behandlung von Menschen mit Beeinträchtigungen aus
dem Autismusspektrum alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellt, und ich bin Ihnen dankbar, dass
Sie die Frage jetzt stellen, kurz bevor wir am 2 . April
2017 den Tag der Menschen, die an Autismus erkrankt
sind, begehen, sodass wir noch einmal die Gelegenheit
haben, darüber zu sprechen .
Die Bundesregierung nimmt die im Teilhabebericht
enthaltene Aussage des Wissenschaftlichen Beirats ernst
und hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, die auch der
Behandlung von Menschen mit Autismus dienen . So sieht
der § 2a des SGB V ausdrücklich vor, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung den besonderen Belangen
von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen
ist . Daraus folgt, dass alle Verantwortlichen - Kostenträger und Leistungserbringer - bei ihrer täglichen Arbeit
darauf zu achten haben, dass besondere Schwierigkeiten,
die sich bei der Versorgung ergeben, berücksichtigt werden .
Konkret sieht der mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingefügte § 119c SGB V die Einrichtung
von Medizinischen Versorgungszentren für Erwachsene
mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen vor, die zur ambulanten Versorgung ermächtigt werden können . Diese Zentren sollen neben einer zielgruppenspezifischen Diagnose und Therapie auch
eine zielgruppenspezifische Kommunikation durch geeignete Kommunikationsstrategien - einfache Sprache,
Bilder und dergleichen - ermöglichen .
Vielen Dank . - Frau Werner, bitte .
Vielen Dank, Frau Fischbach, für die Antwort . Ich
möchte einmal gezielt nachfragen, weil wir dieser Tage
bei uns im Büro das Thema wieder besprochen haben .
Aus dem Bundesrat gibt es einen Beschluss vom
10 . Februar 2017 zum Thema Assistenzhunde . Darin
wird die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah einen
Gesetzentwurf vorzulegen, um Assistenzhunde in das
Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen . Gleichzeitig ging
es auch darum, dafür die rechtliche Voraussetzung und
bundesweit einheitliche Qualitätsstandards zu schaffen .
Das ist nicht Teil meiner eigentlichen Frage . Aber vielleicht könnten Sie dazu kurz einen Fahrplan skizzieren
oder sagen, ob Sie sich damit schon beschäftigt haben .
Ich wäre sonst auch mit einer schriftlichen Antwort einverstanden .
Sie haben es gerade gesagt: Das ist noch nicht lange
her . Die Sitzung war erst im Februar dieses Jahres . Wir
sind da noch in den Beratungen . Ich möchte Ihnen die
Antwort gerne schriftlich nachreichen .
({0})
Frau Werner, sind Sie mit Ihren Fragen durch? - Gut .
Dann danke ich Ihnen . Auch Frau Fischbach danke ich .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Ich begrüße zur Beantwortung Dorothee Bär .
Die Frage 37 der Kollegin Tabea Rößner wird schriftlich beantwortet .
Damit kommen wir zur Frage 38 vom Kollegen Peter
Meiwald:
Welche Daten ({0}) und welche Schäden wurden bisher an der
Wehrbrücke in Herbrum ({1}) ermittelt, bei
der die Bundesanstalt für Wasserbau seit 2014 eine indirekte
Messung der Belastungen durchführt?
Frau Bär, bitte .
Lieber Herr Meiwald, ich beantworte die Frage 38 wie
folgt: An der Wirtschaftswegebrücke Herbrum ({0})
werden durch die Bundesanstalt für Wasserbau im Rahmen eines Forschungsthemas Dehnungen und Temperaturverteilungen im Brückenträger sowie die dazugehörigen Belastungen, also auch Fahrzeuge, die die Brücke
befahren, gemessen . Es handelt sich um Langzeitmessungen . Die Brücke Herbrum ist eine von sechs weiteren Brücken, an denen die BAW ebenfalls Messungen
durchführt . Ziel ist der Bestandserhalt der nahezu schadensfreien Brücke . Die Messdaten werden derzeit noch
ausgewertet .
Vielen Dank, Frau Bär . - Herr Meiwald .
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . - Eine kurze
Nachfrage bezüglich der maximalen Belastung und der
statischen Auslegung . Können Sie sagen, mit welchem
Sicherheitspuffer bei der statischen Auslegung solcher
Brücken gearbeitet wird?
Ich kann Ihnen antworten, dass in der Nachrechnungsrichtlinie die formulierte Methodik zur Bestimmung des
Ziellastniveaus auf Verkehrsmessungen an drei verschiedenen Autobahnbrücken beruht . Eine Übertragung auf
untergeordnete Straßen und auf Brücken mit zweispurigem Verkehrsquerschnitt ist unter diesen Voraussetzungen zu hinterfragen . Genau deshalb hat die BAW im
Rahmen des Forschungsthemas entsprechende Belastungsmessungen durchgeführt . Die Messungen spiegeln
das momentane zufällige Belastungsbild der Brücke wider .
Ausgehend von der gemessenen Verkehrscharakteristik können durch statistische Betrachtungen und durch
Simulationen andere Verkehrsszenarien und Verkehrszusammensetzungen berücksichtigt werden und auch diese
Auswirkungen analysiert werden . Daraus soll dann ein
angenähertes und auf der sicheren Seite liegendes Verkehrslastmodell entwickelt werden, welches alle Beanspruchungsarten, beispielsweise die Querkraft, das
Biegemoment, und die Bauteile, zum Beispiel die Längsträger, die Fahrbahnplatte und die Hänger, gleichermaßen abdeckt .
Vielen Dank, Frau Bär . - Herr Meiwald, Rückfrage?
Bemerkungen?
Ganz kurz, damit ich planen kann, in welcher Zeit ich
das Ingenieursstudium abschließen muss, um das alles zu
verstehen: Bis wann dürfen wir mit den Auswertungsergebnissen rechnen?
Also, wir planen mit der zweiten Jahreshälfte 2017 .
({0})
Vielen Dank . - Ich sehe keine weiteren Rückfragen
zur Frage 38 .
Die Fragen 39 und 40 des Kollegen Herbert Behrens
werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zur Frage 41 des Kollegen Matthias
Gastel:
Bis wann rechnet die Bundesregierung mit dem Abschluss
konkreter Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem Bund
und der Deutschen Bahn AG für den Ausbau der Gäubahn
({0}), und bis
wann kann nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Baubeginn gerechnet werden?
Frau Bär, bitte .
Herr Gastel, die Antwort lautet: Ein Termin für den
Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen für die Ausbaustrecke Stuttgart-Singen-Grenze steht noch nicht
fest . Auch ein möglicher Baubeginn ist derzeit nicht terminierbar . Für den Abschnitt Horb-Neckarhausen läuft
gegenwärtig das Anhörungsverfahren .
Vielen Dank, Frau Bär . - Herr Gastel .
Frau Staatssekretärin, ich hatte natürlich erwartet,
dass es insbesondere für den Bauabschnitt, den Sie gerade genannt haben - er befindet sich bereits in der Planfeststellung und ist auf der Planungsebene schon relativ
weit gediehen -, einen Finanzierungsvertrag gibt bzw .
dass der Termin für die Unterzeichnung klar ist, damit
die Finanzierungssicherheit gewährleistet ist . Es ist schade, dass das wohl noch nicht geschehen ist . Das ist nicht
ganz nachvollziehbar .
Ich habe eine Nachfrage an Sie: Für die Einhaltung
des Vertrages von Lugano, bei dem es ja um die Reisezeitverkürzung von Stuttgart nach Zürich geht, muss
der Bund auch auf den Einsatz von Neigetechnik setzen;
sonst kann der Vertrag aus heutiger Sicht nicht eingehalten werden . Die Deutsche Bahn, die auf dieser Strecke
fährt, hat sich von der Neigetechnik verabschiedet . Jetzt
ist meine Frage an den Bund als Eigentümer des Bahnunternehmens: Wie gehen Sie damit um, dass Sie den Vertrag nur mit Neigetechnik erfüllen können, Ihr bundeseigenes Bahnunternehmen aber Neigetechnik nicht mehr
einsetzt? Werden Sie Einfluss auf Ihr Bahnunternehmen
nehmen, dass es sich doch wieder auf die Neigetechnik
besinnt? Oder welchen Weg werden Sie hier einschlagen,
um die Reisezeitverkürzung zu erreichen?
Frau Bär, bitte .
Im Personenverkehr wurde ein Fahrplan zur Ermittlung der zweigleisigen Begegnungsabschnitte unterstellt,
der auch den Einsatz von Neigetechnikfahrzeugen beinhaltet . Die DB AG verfolgt den Einsatz dieser Fahrzeuge aber nicht weiter . Im Moment gibt es aber Gespräche zwischen dem Land Baden-Württemberg und der
Schweiz, ob derartige Fahrzeuge zukünftig auch für die
Gäubahn verfügbar sein werden . Diese Ergebnisse bitte
ich abzuwarten .
Herr Gastel?
Es ist natürlich bedauerlich, dass das bundeseigene
Unternehmen Deutsche Bahn AG sich trotz dieser Planungen und der Erfordernisse nicht wieder auf die Neigetechnik besinnt und damit dann aus dem Geschäft ist .
Den Fahrgästen wird es am Ende egal sein, Hauptsache,
sie bekommen ein attraktives Angebot .
Ich möchte gern von Ihnen zweitens wissen, Frau
Staatssekretärin: Was ist die Position der Bundesregierung zur sogenannten Singener Kurve? Es geht darum,
möglicherweise einen Fernverkehrshalt nahe des ehemaligen Landesgartenschaugeländes zu errichten, was
natürlich in Singen nicht unbedingt Freude auslöst, weil
dies Auswirkungen auf die Fernverkehrsanschlüsse am
Singener Bahnhof hätte . Das heißt, dieses Vorhaben ist
strittig . Was ist die Position der Bundesregierung zu dieser Kurve bei Singen?
Frau Bär, bitte .
Zur Singener Kurve kann ich Ihnen derzeit noch nichts
Konkretes sagen . Das bleibt noch abzuwarten, aber sobald ich Ihnen etwas Konkretes sagen kann, teile ich es
Ihnen gerne schriftlich mit .
Vielen Dank . - Ich sehe keine weiteren Fragen an Frau
Bär . Dann sind wir am Ende der Fragestunde angekommen . Wir sind damit auch am Schluss der heutigen Tagesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, 23 . März 2017, 9 Uhr, ein .
Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen noch
einen schönen Restmittwoch .