Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/8/2017

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Nehmen Sie Platz . Erst einmal einen wunderschönen guten Tag . Die Sitzung ist eröffnet . Interfraktionell wurde vereinbart, dass die Unterrichtung der Bundesregierung auf der Drucksache 18/11282 über die Stellungnahme des Bundesrates zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik an den federführenden Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und den Ausschuss Digitale Agenda überwiesen wird . Sind Sie mit diesem Vorschlag einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch . Dann ist so beschlossen . Weiterhin gibt es eine interfraktionelle Vereinbarung, die heutige Tagesordnung um die erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze auf Drucksache 18/11398 zu erweitern und jetzt gleich im Anschluss als Zusatzpunkt 1 ohne Aussprache aufzurufen . - Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind . Dann verfahren wir so . Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 1 auf: Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/ CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze Drucksache 18/11398 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ({0}) Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Eine Aussprache ist für heute nicht vorgesehen . Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/11398 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen . Gibt es dazu von Ihrer Seite aus anderweitige Vorschläge? - Ich sehe, das ist nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht über die Regelungen zu den Anerkennungsverfahren in Heilberufen des Bundes. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister für Gesundheit, Herr Hermann Gröhe . - Bitte schön, Herr Bundesminister . ({1})

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Bundeskabinett hat heute Morgen den Bericht über die Regelungen zum Anerkennungsverfahren in Heilberufen des Bundes beschlossen, der jetzt Ihnen, dem Deutschen Bundestag, und dem Bundesrat zugeleitet wird . In diesem Zusammenhang sind aber auch weitere Heilberufsgesetze des Bundes geändert worden . Schließlich sind darüber hinaus auch das Verfahren und einzelne Anpassungsmaßnahmen in einer Verordnung geregelt worden . Insgesamt zeigt der Bericht ein gelungenes Anerkennungssystem . Wir ermöglichen mit unseren Regelungen den zum Teil dringend benötigten Fachkräften, die ihre Berufsausbildung im Ausland gemacht haben, den Zugang zu unserem Arbeitsmarkt . Ein Blick auf das Monitoring zu dem Anerkennungsgesetz des Bundesbildungsministeriums insgesamt zeigt, dass 2015 über die Hälfte der Anträge von Menschen in Gesundheitsberufen gestellt wurden . Das ermöglicht Zuwanderinnen und Zuwanderern bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz in Deutschland . Messlatte für die Anerkennung der Berufsabschlüsse ist der Vergleich mit den Berufsabschlüssen in unserem Land . Das gebietet schon der Patientenschutz . Verfügen die Anerkennungsbewerberinnen und -bewerber nicht über eine gleichwertige Ausbildung, kann eine entsprechende Anpassungsmaßnahme ihnen dennoch den Berufszugang ermöglichen . Dabei orientieren wir uns am europäischen Recht, haben also für die Anerkennung - auch für die sehr anspruchsvollen Fristen im Anerkennungsverfahren - die gleichen Maßstäbe wie innerhalb der Europäischen Union . Wir bewegen uns im europäischen und vor allem bundesgesetzlichen Rechtsrahmen, aber die Umsetzung liegt in der Verantwortung der Länder . Dabei stellen sich immer wieder die Fragen: Wie können Unterschiede in der Rechtsanwendung vermieden werden? Wie kann die sehr anspruchsvolle Arbeit der zuständigen Behörde in der Bewertung einzelner Ausbildungsabschlüsse erleichtert werden? Hier ist von herausragender Bedeutung, dass die Länder nach langer Diskussion im Januar 2016 eine gemeinsame, länderübergreifende Gutachtenstelle eingerichtet haben . Sie hat ihre Arbeit zum 1 . September 2016 aufgenommen, und sie hat unter anderem die Aufgabe, den zuständigen Behörden vor Ort mit den entsprechenden Gleichwertigkeitsprüfungen Informationen an die Hand zu geben, um entscheiden zu können, ob eine Ausbildung in einem anderen Land einer Ausbildung in Deutschland entspricht oder nicht . Ein solches einheitliches Niveau ist nicht nur im Hinblick auf die Fachausbildung bei den Gesundheitsberufen dringend erforderlich, sondern neben den Berufsausübungsvorgaben geht es natürlich auch um angemessene Sprachkenntnisse in den diversen Gesundheitsberufen . Es ist gut, dass sich Mitte Mai 2014 die Gesundheitsministerkonferenz der Länder auf Eckpunkte für ein einheitliches Überprüfungsverfahren für die sogenannten verkammerten Heilberufe verständigt hat, was die Kenntnisse der deutschen Sprache angeht, und ein hohes Niveau in der Fachsprache vorgibt . Die Länder sind derzeit dabei, solche Eckpunkte auch für die Gesundheitsfachberufe, also die nicht verkammerten Berufe, zu entwickeln . Wir sind mit den Ländern in einem umfassenden Austausch, nicht zuletzt in der Arbeitsgruppe „Berufe des Gesundheitswesens“ . Einen aktuellen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung nicht . Sie hat Ihnen, wie gesagt, die Vorstellungen zur Straffung der Zusammenarbeit in den Ländern etc ., die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, in dem Bericht vorgelegt und zeigt damit einen guten Weg auf, auch und gerade im Gesundheitsbereich Berufszugang für qualifizierte Menschen mit einer Berufsausbildung aus einem anderen Land zu eröffnen . Vielen Dank .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Ich bitte, jetzt die Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den der Herr Bundesminister berichtet hat . Ich habe dazu schon einige Wortmeldungen, und zwar von der Kollegin Klein-Schmeink, dem Kollegen Rudolf Henke, von Frau Vogler und Herrn Meier . - Bitte schön .

Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004072, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön für den Bericht, Herr Minister . Ohne Zweifel ist es ein Fortschritt, dass wir jetzt eine zentrale Gutachtenstelle für die Gesundheitsberufe haben; denn es hat im Vorfeld große Unterschiede gegeben . Dabei stellt sich aber auch die Frage, inwiefern dadurch ein Nadelöhr entsteht . Inwiefern reichen die Kapazitäten der zentralen Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe aus, um den Behörden bei der Prüfung und Bewertung der Bewerbungsunterlagen beratend zur Seite zu stehen? Und, sollten die Kapazitäten nicht ausreichen, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den Ausbau der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe zu fördern?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Vielen Dank, Frau Kollegin Klein-Schmeink . Das ist eine sehr berechtigte Frage, weil wir lange auf diese Stelle gewartet haben . Ich bitte umgekehrt um Verständnis: Die zentrale Stelle hat ihre Arbeit am 1 . September des letzten Jahres aufgenommen . Zum gemeinsamen Austausch mit den Ländern gehört auch die Frage, ob die auch unter Einbeziehung von Landesfinanzministern und anderen erörterte Personalzurverfügungstellung durch die Länder ausreicht . Ich halte es jedenfalls für erforderlich, dass wir weiter sozusagen mit einem Monitoring begleiten, damit die gewünschte Arbeit dieser Stelle tatsächlich geleistet werden kann . Dazu gehört nicht nur die Personalausstattung; ich will ausdrücklich auf das Thema Datenbank und Zentralregister hinweisen . Es hat also auch technische und andere Dimensionen . Es muss sichergestellt werden - wir haben den Behörden vor Ort ein ziemlich strenges Fristenkorsett mit auf den Weg gegeben -, dass die Arbeit tatsächlich geleistet wird . Das müssen wir im Blick behalten .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Dann erteile ich jetzt dem Kollegen Rudolf Henke das Wort .

Rudolf Henke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich habe den Bericht noch nicht lesen können; er wird uns erst zugeleitet werden . Aber ich mache die Erfahrung, dass es jedenfalls bis dato Unterschiede in der Anerkennungspraxis der Länder gibt . Von den Ärztekammern ist zum Teil zu vernehmen, dass Interessenten von einem Bundesland zu einem anderen Bundesland wechseln, weil sie das Gefühl haben, dass in bestimmten Bundesländern die Anerkennung einfacher zu erhalten ist, und dass damit ein gewisser Anerkennungstourismus entsteht . Das kann bei einem bundeseinheitlich geregelten Berufsanerkennungsprozess sicherlich nicht das Ziel sein . Meine Frage lautet daher: Welche Maßnahmen sind notwendig, um diesen Anerkennungstourismus zwischen den Ländern zu unterbinden?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Vielen Dank, Herr Kollege Henke . - Ich unterstelle zunächst, dass es keinen Wettlauf zwischen den Ländern um einen möglichst einfachen Berufszugang gibt . Aber es ist in der Tat eine anspruchsvolle Aufgabe, bei Verfahren, die unter Umständen nur einmal eine Behörde in einem bestimmten Bundesland betreffen, entsprechend klug und abwägend eine Vergleichsprüfung vorzunehmen . Deswegen ist es so wichtig, dass die Zentralstelle entsprechende Maßstäbe bereithält . Eine weitere Maßnahme, die ich vorhin in meiner Antwort auf die Frage von Frau Klein-Schmeink erwähnt habe, ist das Zentralregister, das zum Beispiel Doppelanträge vermeiden hilft . Wir spüren in der Zentralstelle, aber auch im Zusammenhang mit den einheitlichen Eckwerten für deutsche Sprachkenntnisse ein gewisses Interesse der Länder daran, einerseits eigene Kompetenzen wahrzunehmen und andererseits das Verfahren zu vereinheitlichen . Es kann in der Tat nicht in unserem Interesse liegen, wenn hier ein Anerkennungstourismus stattfindet. Insofern geht die Monitoringarbeit vier Monate nach Einrichtung der betreffenden Stelle weiter .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich möchte nach den Sprachkenntnissen fragen . Gerade im ärztlichen Bereich, insbesondere in den fachärztlichen Bereichen im Krankenhaus, ist ein entscheidender Punkt nicht nur für den Behandlungserfolg, sondern auch für die Patientensicherheit, dass die Kommunikation zwischen Patientinnen und Patienten einerseits sowie Ärztinnen und Ärzten andererseits, aber auch zum Pflegepersonal und zu anderem medizinischem Personal funktioniert . Es gibt zum Beispiel Berichte über die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses in Mecklenburg-Vorpommern, in der mindestens ein Arzt aus Rumänien arbeitet, der nicht ausreichend deutsch spricht, um sich mit seinen Patientinnen und Patienten verständigen zu können . Erstens . Sehen Sie das Sprachniveau, auf das sich die Länder nun geeinigt haben, als ausreichend an, um solche Fälle in der Zukunft zu vermeiden? Zweitens . Denkt die Bundesregierung darüber nach, für die Ärztinnen und Ärzte, die schon anerkannt sind, aber noch immer kein ausreichendes Sprachniveau vorweisen können, eine Nachqualifizierung vorzusehen?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Die Diskussion über das einheitliche Sprachniveau hat unter den Ländern eine Weile in Anspruch genommen . Aber sie wurde mit dem Ziel geführt, ein sehr hohes Sprachniveau zu etablieren, sowohl was die allgemeinen Sprachkenntnisse als auch was die fachsprachlichen Kenntnisse angeht . Die höchsten Sprachkenntnisse werden übrigens von Psychologischen Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten verlangt . Gerade dort, wo Sprachkenntnisse eine besondere Rolle spielen, wurde in der Differenzierung der Berufe darauf geachtet . Aber Aufgabe derjenigen, die die Führungsverantwortung in den Krankenhäusern innehaben, ist, sicherzustellen, dass den Maßstäben - diese halte ich nicht nur für ausreichend, sondern auch für geeignet tatsächlich Rechnung getragen wird . Das muss bei den Entscheidungen vor Ort berücksichtigt werden . Aufgabe der Arbeitgeber vor Ort ist gegebenenfalls, sprachlich nachqualifizierend zu helfen. Dazu gibt es unterschiedliche Maßnahmen, auch der Bundesagentur für Arbeit .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat der Kollege Meier das Wort .

Reiner Meier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004350, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich beziehe mich in meiner Frage auf den Mangel an qualifizierten Heilberufspraktikern und möchte gerne von Ihnen wissen, welche Maßnahmen die Länder im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ergreifen könnten, um Fachkräften aus dem Ausland einen schnelleren Berufseinstieg bei einem gleichzeitig hohen Patientenschutzniveau zu ermöglichen .

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Ich bin der Überzeugung, dass auch der Zugang von Zuwanderern mit entsprechenden Qualifikationen ein wesentlicher Bestandteil ist, um Fachkräftemangel in bestimmten Berufen, nicht zuletzt in den Gesundheitsberufen, entgegenzuwirken . Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass das nicht die einzige Maßnahme ist . Es hat mit Attraktivität von Arbeitsplätzen und vielem anderen mehr zu tun, dass auch Menschen aus unserem Land gerne diese Berufe ergreifen . Aber ein Element einer klugen Politik der Fachkräftesicherung muss die Anerkennung von Qualifikationen sein. Hier ist, denke ich, das Wichtigste, dass die jeweils zuständigen Behörden angemessen mit Personal ausgestattet sind, damit fristgerecht entschieden werden kann . Dies wurde seinerzeit beim sogenannten Asylgipfel zugesagt, weil damals auch die Frage hinsichtlich der Anerkennung von Qualifikationen von Menschen gestellt wurde, die zu uns geflohen sind. Das kann dann zusammen mit den Dingen, die die Länder übergreifend tun, in der Zentralstelle mit Datenbanken etc . eine gute Unterstützung erfahren . Die Zusammenarbeit, sicher auch immer wieder die Prüfung, ob die Zentralstelle ausreichend ausgestattet ist, und vor allen Dingen die Ausstattung der Behörden vor Ort sind die wichtigen Elemente .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat sich noch einmal die Kollegin Klein-Schmeink gemeldet .

Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004072, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön . - Der Bericht weist aus, dass es in den Ländern sehr unterschiedliche Umgangsweisen mit denjenigen gibt, die einen Antrag zur Anerkennung ihrer Kompetenzen trotz fehlender oder unvollständiger Unterlagen stellen möchten . Mindestens in einem Bundesland gibt es Kompetenzfeststellungsverfahren mit anschließendem Anpassungslehrgang, der eine gewisse Qualitätskontrolle darstellt . Andere Länder scheinen sich dazu nicht in der Lage zu sehen . Dadurch haben wir sehr unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen . Welche Entwicklung gibt es beim Umgang mit Personen, die trotz fehlender oder unvollständiger Unterlagen einen Antrag auf Berufsanerkennung stellen, und mit welchen Maßnahmen wird in diesen Fällen der Patientenschutz gewährleistet, auch im Hinblick auf eine bundesweit einheitliche oder angepasste Regelung? Das ist unter anderem auch wichtig, um viele von denen, die geflüchtet sind und die oft ihre Unterlagen nicht mitnehmen konnten, einbeziehen und integrieren zu können .

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Vielen Dank, Frau Kollegin Klein-Schmeink . - Es ist zunächst vorgesehen, dass es bei den sogenannten verkammerten Berufen - kurz gesagt betrifft dies auch Ärztinnen und Ärzte - eine Kenntnisprüfung geben muss . Da gibt es nicht nur einen Anpassungslehrgang, dessen Inhalt nachher geprüft wird, sondern auch die Kenntnisprüfung, die gerade auf den Patientenschutz abzielt . Dann gibt es im Bereich der Anpassungsmaßnahmen die Prüfung dessen, was in den Anpassungsmaßnahmen gelernt worden ist . In diesem Zusammenhang ist es ganz wichtig, zu erwähnen, dass wir mit der sehr großen Ausweitung des Programms „Integration durch Qualifizierung“, IQ, des BMAS einen großen Schritt machen, um selber ein Angebot zu machen, das nicht nur für diejenigen, die diese Maßnahme wahrnehmen, sondern auch maßstabbildend für andere Anpassungsmaßnahmen ist . Insofern ist die erhebliche Ausweitung dieses Programms auch eine Antwort darauf, dass es hier in der Vergangenheit unzureichende Angebote gab .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat der Kollege Kühne das Wort .

Dr. Roy Kühne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004334, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Erst einmal herzlichen Dank für die Ausführungen . Mir geht es in Ergänzung der Fragen, die bisher gestellt worden sind, um Folgendes: Welche Möglichkeiten sehen Sie denn, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ländern bei den Anerkennungsverfahren so vereinfacht werden kann, dass die Anerkennungsverfahren schneller werden? Sehen Sie irgendwelche Maßnahmen, die wir demnächst durchführen könnten?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Ich sehe keinen umfangreichen gesetzgeberischen Handlungsbedarf auf Bundesebene . Wir werden mit der Neufassung der zahnärztlichen Approbationsordnung noch einen Beitrag leisten, der auch Auswirkungen auf unseren Themenkomplex hat . Im Kern ist jetzt mit der Weichenstellung zur Errichtung der Zentralstelle das Wichtige geschehen . Wenn man ein Zentralregister oder eine bestimmte Datenbank aufbaut, dann beginnt die Maßnahme erst . Das ist das Entscheidende, damit Behörden Abschlüsse aus Kirgisistan, aus der Ukraine oder etwa dem Libanon möglichst schnell bewerten und auf Daten zugreifen können . Das ist wichtig, um Doppelanträge zu vermeiden . Diese Maßnahmen haben eher mit der Umsetzung zu tun . Deswegen ist das Wichtigste, dass wir bei einem weiteren Monitoring im Bund-Länder-Gespräch darauf achten, dass die weiteren Schritte gegangen werden . Aus Gründen der Fachkräftesicherung gibt es ein gemeinsames Interesse daran . Wir müssen auch darauf setzen, dass die Länder ihrer Verantwortung mit angemessener Personalausstattung oder etwa mit der Einigung über Eckpunkte für deutsche Sprachkenntnisse bei den Gesundheitsfachberufen gerecht werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, wir haben jetzt viel über die Anerkennung und die Kenntnisprüfung gesprochen . Ich möchte noch einmal einen Blick auf die Ausgleichsmaßnahmen werfen, die ja darauf gerichtet sind, vorhandene Kenntnisse, die unzureichend sind, zu vertiefen bzw . zu erweitern . Da kam ja von den Ländern immer wieder auch der Wunsch, gerade bei den nichtärztlichen Heilberufen und vor allem bei solchen, die seltener sind und bei denen in einem Bundesland vielleicht nur mal ein Ergotherapeut um Anerkennung sucht, eine gemeinsame Ausbildung zu gewährleisten . Gibt es aus Ihrer Sicht in dieser Richtung Fortschritte?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Das Entscheidende ist natürlich zunächst, dass im Rahmen der Länderzuständigkeit die Länder, auch mehrere Länder, gerade bei kleinen Berufsgruppen jederzeit zusammenarbeiten können . Das werden sie in eigener Kompetenz tun . Bei der Gesundheitsministerkonferenz, auf der Beschlüsse gefasst worden sind, war die Bundesebene Gast . Dort treffen die Länder untereinander Verabredungen . Allerdings habe ich das Programm „Integration durch Qualifizierung“ genannt. Damit geht der Bund einen ganz großen Schritt, um etwas zur Verfügung zu stellen, was sowohl für die Betroffenen Anpassungen ermöglicht als auch die entsprechenden Maßstäbe setzt . Im Übrigen geht es bei seltenen Berufen bei den Anpassungsmaßnahmen häufig nicht so sehr um einzelne Kenntnisse, zum Beispiel der Physiotherapie, vielmehr geht es zum Beispiel auch darum, sich in unserem Gesundheitssystem mit dieser Fachkenntnis zurechtzufinden und zu wissen, wo bei uns der Ort für die Erbringung dieser Leistung unter welchen Bedingungen ist . Insofern können Sie bei diesem Teil von Anpassungsmaßnahmen durchaus auch mehrere Berufsbilder zusammenführen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Zu diesem Themenbereich liegen mir keine weiteren Fragen vor . Ich bitte aber den BundesmiMaria Klein-Schmeink nister, noch zu bleiben, da zu anderen Themenbereichen noch Fragen an Sie gerichtet werden . Ich frage jedoch zunächst einmal: Gibt es andere Themen der heutigen Kabinettssitzung, zu denen jemand fragen möchte? - Ich sehe, das ist nicht der Fall . Dann kommen wir jetzt zu sonstigen Fragen an die Bundesregierung . Das Wort hat die Kollegin Kordula Schulz-Asche . Der Herr Bundesminister ist, glaube ich, derjenige, der von ihr angesprochen wird .

Kordula Schulz-Asche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004405, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Genau . Das mache ich auch sehr gerne, vielen Dank . Vielen Dank auch, Herr Gröhe, dass Sie für Antworten zur Verfügung stehen . Die Bundesregierung hat ja zwei Jahre lang im Pharmadialog unter anderem mit der pharmazeutischen Industrie verhandelt, und wir werden morgen hier im Hause das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz verabschieden, das im Prinzip die Ergebnisse des Pharmadialogs umsetzen soll . Ziel des Gesetzes ist es, die Arzneimittelversorgung weiterhin auf hohem Niveau sicherzustellen, die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten und Deutschland als pharmazeutischen Standort zu stärken . Jetzt fragen sich viele, die an diesem Pharmadialog teilgenommen haben - wir Bundestagsabgeordnete haben es ja leider nicht -, was überhaupt als Ergebnis des Pharmadialogs vorliegt . Wir Bundestagsabgeordnete haben heute alle einen Brandbrief von den Betriebsräten der pharmazeutischen Unternehmen bekommen, die besorgt über das AMVSG in der jetzigen Form sind . Deswegen frage ich Sie, welche tatsächlich wirksamen Ergebnisse aus dem Pharmadialog Sie selbst sehen, um den Standort Deutschland im Bereich der Arzneimittelherstellung und der Arbeitsplätze, die damit verbunden sind, zu sichern .

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Die Ergebnisse des Pharmadialogs als Dialog dreier Ministerien mit Wissenschaft, Gewerkschaften und Industrie sind umfassend veröffentlicht . Alle Maßnahmen haben bei den verschiedenen Betroffenen große Zustimmung gefunden . Es hat dann auch parlamentarische und öffentliche Debatten gegeben, auf die sich die Sorgen der Gewerkschaften und der Betriebsräte richten; sie sind ja weniger auf das Ergebnis des Dialogprozesses gerichtet . Ich kann und will der morgigen Debatte nicht vorgreifen; aber ich bin überzeugt, dass das, was wir in der Kombination vieler Maßnahmen erreicht haben, etwa besondere Anreize zur Entwicklung von Maßnahmen zur Heilung seltener Krankheiten und zur Entwicklung von Kinderarzneimitteln, zum Beispiel von neuen Antibiotika, genau diesem Ansatzpunkt - Innovationen schnell in die Patientenversorgung zu bringen - gerecht wird . Wir haben Maßnahmen zum Thema Lieferengpässe im Dialogbericht im parlamentarischen Verfahren ergänzt, etwa um das Thema „Verzicht auf Ausschreibungen im Impfstoffbereich“ und anderes mehr . Da verbinden sich durchaus Interessen der Versorgung mit denen all derjenigen, die auf diesem Markt tätig sind . Ich bin davon überzeugt: Es ist ein guter Ausgleich zwischen Versorgungsinteresse, Wissenschafts- und Standortinteresse und Finanzierbarkeit .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Klein-Schmeink, gehe ich recht in der Annahme, dass auch Sie noch eine Frage an den Bundesminister haben? - Dann sind Sie jetzt an der Reihe .

Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004072, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön, Frau Präsidentin . - Ich habe ebenso eine Frage zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz . Wir mussten heute im Ausschuss erfahren, dass die Umsatzschwelle zur Kostendämpfung für neue Arzneimittel ersatzlos gestrichen wurde . Sie hatten als Minister einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, da Sie es durchaus für notwendig gefunden haben, ein Instrument zur Reglementierung als Schutz gegen Mondpreise vorzusehen . Mittlerweile ist dieses Instrument ersatzlos gestrichen . Welche anderen Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit wir die Versichertengemeinschaft in Zukunft vor Mondpreisen schützen können?

Hermann Gröhe (Minister:in)

Politiker ID: 11002666

Vielen Dank für diese Frage . - Das besagte Gesetz es ist das Ergebnis eines Dialoges - ist geprägt von dem Wunsch nach Zusammenhalt, Innovationsfreundlichkeit und langfristiger Finanzierbarkeit . Dazu gehört beispielsweise, dass wir das Moratorium verlängern und anderes mehr . Einige Aspekte zielen sehr klar auf Einsparungen, andere auf einen schnellen Versorgungszugang . Es ist richtig, dass wir im Ergebnis - es geht nicht allein um den in meinem Haus verantworteten Gesetzentwurf, sondern um den von drei Ministern unterzeichneten Abschlussbericht des Pharmadialogs - eine Umsatzschwelle vorgesehen hatten . Diese Maßnahme ist auch im Sinne eines Ausbalancierens vorgeschlagen worden, nachdem wir zur nichtöffentlichen Listung der entsprechenden Erstattungspreise zurückkehren wollten . Wir haben uns im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens auch aus der Überzeugung der beteiligten Parlamentarierinnen und Parlamentarier entschieden, dass auch davon eine den Preis in Schach haltende Wirkung ausgeht, dass es bei der öffentlichen Listung bleibt, und wir verzichten parallel dazu im ersten Jahr auf andere Maßnahmen . Man muss das also als Gesamtkunstwerk sehen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank, Herr Minister Gröhe . - Wir fahren fort mit den weiteren Fragen an die Bundesregierung . Das Wort hat der Kollege Jan van Aken .

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Das ist eine Frage an das BMVg und an das Auswärtige Amt . Es geht um einen Angriff der kurdischen Peschmerga aus dem Nordirak am letzten Freitag auf eine jesidische Siedlung im Irak . Dazu gibt Vizepräsidentin Ulla Schmidt es mehrere Videos im Internet, in denen man mehrfach deutsche Waffen sehen kann . Bei mindestens zwei davon ist gut verifizierbar, dass sie am letzten Freitag in einer jesidischen Stadt eingesetzt worden sind . Es soll sich um mindestens zwei deutsche G36-Gewehre handeln . Nachdem in der gesamten Debatte um die Waffenlieferungen an die Peschmerga immer der Schutz der Jesiden im Zentrum stand - von September 2014 bis heute ging es um den Schutz der Jesiden -, werden genau diese aus Deutschland gelieferten Waffen gegen die Jesiden eingesetzt . Dazu habe ich zwei Fragen . Erstens . Ist dieser Einsatz durch die KDP-Peschmerga gegen Jesiden durch die Endverbleibskontrolle eigentlich gedeckt? Oder untersagt die Endverbleibserklärung, die die Peschmerga damals unterzeichnet haben, einen Einsatz gegen andere als ausgerechnet gegen den IS? Zweitens . Wenn in dieser Endverbleibserklärung tatsächlich festgelegt ist, dass diese Waffen ausschließlich gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ eingesetzt werden dürfen, heißt das dann nicht, dass die Bundesregierung sofort jede weitere Waffenlieferung an die Peschmerga und auch die Ausbildung der Peschmerga einstellen müsste?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Sie hatten eigentlich nur eine Frage; aber ausnahmsweise durften Sie beide stellen . Frau Staatsministerin Böhmer beantwortet sie gerne . Bitte schön .

Not found (Gast)

Frau Präsidentin! Ich darf zunächst eine Vorbemerkung machen . - Der Kollege van Aken hat diese Frage, sinngemäß, zweimal als dringliche Frage eingereicht . Sie wurde zweimal nicht zugelassen. Die Kollegin Dağdelen hat ebenfalls eine solche Frage, sinngemäß, eingereicht . Sie wurde ebenfalls nicht zugelassen . Von daher stellt sich natürlich die grundsätzliche Frage, ob nicht zugelassene dringliche Fragen im Rahmen der Regierungsbefragung gestellt werden können . ({0}) Ich darf noch die Anmerkung machen, dass wir vom Auswärtigen Amt im Auswärtigen Ausschuss zu diesem Komplex soeben Rede und Antwort gestanden haben . Wir haben uns sehr intensiv mit dieser Frage befasst . Ich kann selbstverständlich auch hier etwas dazu sagen . Aber es ist eine grundsätzliche Frage an das Präsidium .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Staatsministerin, wenn das so grundsätzlich wäre, hätte ich die Frage nicht zugelassen . ({0})

Not found (Gast)

Gut .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jeder Abgeordnete hat das Recht, hier unter „andere Fragen“ Fragen zu stellen, auch wenn sie als dringliche Fragen nicht zugelassen worden sind . Ich bitte Sie als Bundesregierung einfach, darauf zu antworten . ({0})

Not found (Gast)

Gern . - Wenn das so weit geklärt ist, dass Fragen, die als dringliche Fragen nicht zugelassen worden sind, in der Regierungsbefragung gestellt werden können, gebe ich Ihnen gern eine Antwort - so wie es auch eben im Auswärtigen Ausschuss erfolgt ist . ({0}) - Es ist überhaupt keine Aufregung notwendig . ({1}) - Es ist überhaupt keine Aufregung notwendig . Ich will dem Kollegen van Aken sehr deutlich sagen, dass wir, wenn es um die Endverbleibserklärung geht, die Regierung der Region Kurdistan-Irak darauf verpflichten, dass aus Deutschland geliefertes Material ausschließlich im Kampf gegen den IS einzusetzen ist . Das ist für uns eine unabdingbare Kondition . Wir haben auch immer wieder Wert darauf gelegt und nachgehakt, auch in diesem Fall, weil es uns natürlich genauso umtreibt wie Sie; da gibt es überhaupt keinen Zweifel . Ich bin auch sehr froh, dass Sie diese Frage stellen; ({2}) denn diese Frage ist eine sehr grundsätzliche . Sie sagen, dass aus dem Video der Einsatz von zwei Gewehren verifiziert werden konnte. Wir können noch nicht sagen, dass eine solche Verifikation möglich ist. Das Video wird noch einer genaueren Auswertung unterzogen . Ich möchte Ihnen auch noch eine grundsätzliche Antwort geben . Es war gewiss keine einfache Entscheidung hier im Deutschen Bundestag, sich dieser Frage zu stellen, ob wir vonseiten Deutschlands Material liefern . Wir haben uns damals so entschieden, weil es um den Schutz der Jesiden ging . Jeder hier erinnert sich noch, welche Bedrohung es war, dass es darum ging, die Jesiden vor dem Genozid zu bewahren, und wie sich der IS dieser Minderheit gezielt zugewandt hat, um sie systematisch zu verfolgen und zu ermorden . Ich stehe zu dieser EntJan van Aken scheidung, und die Bundesregierung steht zu dieser Entscheidung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat die Kollegin Höger das Wort .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Auch ich habe eine Frage ans Auswärtige Amt . Ende März beginnen in New York die Verhandlungen im Rahmen der sogenannten humanitären Initiative zu einem Verbot und zur Ächtung von Atomwaffen . Die Bundesregierung hatte seinerzeit in den UN gegen den Versuch gestimmt, diese Initiative zu starten . Jetzt ist meine Frage: Werden Sie die Verhandlungen begleiten und bei den Verhandlungen anwesend sein?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, im Detail kann ich Ihnen darauf jetzt nicht antworten, aber ich weiß, dass wir es hier schon einmal erörtert haben und dass ich Ihnen dazu auch eine Begründung gegeben habe . Wir können das gern noch einmal konkretisieren . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Sie haben eine Antwort bekommen, Frau Höger . - Jetzt ist die Kollegin Renner an der Reihe . An wen richten Sie die Frage? Auch ans Auswärtige Amt, Frau Renner?

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja, Frau Präsidentin, auch an Frau Staatsministerin Böhmer . - Ich möchte gern noch einmal zu dem in Rede stehenden Einsatz von deutschen Waffen durch die Peschmerga zum Schaden der Jesiden zurückkommen und ganz konkret fragen: Plant die Bundesregierung, vor Ort selbst zu recherchieren, zum Beispiel indem sie den Militärattaché aus Bagdad zu den Jesiden entsendet und dann auch Informationen vor Ort einholt? Wird sie sich also nicht nur ein Video anschauen oder hier von KDP-Vertretern berichten lassen, sondern selbst mit den Betroffenen reden und vor allem auch die Situation vor Ort in Augenschein nehmen?

Not found (Gast)

Ich glaube, Sie dürfen großes Vertrauen in die Bundesregierung haben, was die Frage angeht, wie wir uns um dieses Thema kümmern; denn es ist für uns ganz zentral, dass die Waffen so eingesetzt werden, wie es vereinbart ist, das heißt im Kampf gegen den IS . Das haben wir auch gegenüber dem Vertreter der Region Kurdistan-Irak hier deutlich gemacht . Aber wir haben auch in Erbil nachgehakt . Wir werden uns nicht darauf beschränken, uns ein Video anzuschauen - das haben wir auch nicht getan -; denn diese Frage ist eine sehr ernste . Aber jeder hier im Raum weiß auch, dass, als wir die Entscheidung damals getroffen haben, wir, ich sage mal, die Dinge nicht mit 101-prozentiger Sicherheit klären konnten . Deshalb haken wir so deutlich nach, auch gegenüber dieser Regionalregierung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat Uwe Kekeritz das Wort .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön . - Meine Frage bezieht sich auf Wirtschaftsverträge . Vielleicht erinnern Sie sich, dass wir über zwei Jahre darüber diskutiert haben, ob die EPAs, Economic Partnership Agreements, mit den afrikanischen Wirtschaftseinheiten hier im Hause ratifiziert werden müssen oder nicht . Nach über zwei Jahren kamen wir zu dem Ergebnis: Es muss ratifiziert werden. Jetzt ist es so, dass die EPAs vorläufig in Kraft gesetzt worden sind, wenn auch nicht mit allen Regierungen . Wir haben beim Wissenschaftlichen Dienst und bei anderen Juristen nachgefragt, ob auch ein Interimsabkommen ratifiziert werden muss . Ich habe im November 2016 bei der Regierung schriftlich nachgefragt . Als Antwort habe ich erhalten: Es wird geprüft . Jetzt sind stolze fünf Monate vorbei . Ich will wissen, inwieweit Sie zu einem Ergebnis gekommen sind und ob ein solches Interimsabkommen ratifiziert werden muss oder nicht .

Not found (Gast)

Herr Kollege Kekeritz, ich verstehe gut, dass Sie nach fünf Monaten nachfragen . Ich bitte umgekehrt um Verständnis, dass ich Ihnen diese Frage nicht aus der Hand beantworten kann . Selbstverständlich bekommen Sie so schnell wie möglich eine Antwort .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt der Kollege Mutlu .

Özcan Mutlu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004360, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Meine Frage geht auch an das Auswärtige Amt . In den türkischen Medien wird in diesen Tagen eine absurde Behauptung aufgestellt; es sind angeblich Zitate der türkischen Regierung . Dort werden türkische Regierungsvertreter zitiert mit der absurden Behauptung, die deutsche Auslandsvertretung hätte den inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel den türkischen Behörden übergeben, weil er spioniert hätte . Ich würde gerne wissen, was Sie dazu sagen . Wie wird man mit solch absurden Behauptungen umgehen, die das deutsch-türkische Verhältnis sehr wohl trüben, so wie hier, und nachhaltig schädigen könnten?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin .

Not found (Gast)

Danke . - Herr Kollege Mutlu, Sie haben sicherlich verfolgt, dass die Bundesregierung diesen Spionageverweis sehr klar zurückgewiesen hat . Sie wissen, wie alle hier im Raum - das betone ich noch einmal -, dass sich der Journalist Yücel freiwillig gestellt hat . Es ist also keine Übergabe erfolgt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ich habe jetzt noch zwei Fragen . Ich setze niemanden mehr auf die Redeliste . Eigentlich ist die Zeit schon abgelaufen, aber wir haben heute ein bisschen Spielraum . Jetzt kommen Herr van Aken und Herr Beck mit ihren Fragen . Danach beenden wir die Regierungsbefragung . Bitte schön .

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich möchte noch einmal zu dem Angriff auf die Jesiden möglicherweise mit deutschen Waffen nachfragen . Es geht mir nicht um Geschichte . Es geht mir nicht darum, was 2014 oder in den letzten zwei Jahren richtig oder falsch war . Sie wissen, ich war gegen diese Waffenlieferung, andere in der Linken waren dafür . Das ist jetzt nicht meine Frage . Meine Frage ist: Wenn Ihre eigene Untersuchung bestätigt, dass bei dem Angriff auf die Jesiden auch deutsche Gewehre aus Bundeswehrbeständen dabei waren Sie sagen ja gleichzeitig: es war immer klar festgelegt, dass sie nur gegen den IS eingesetzt werden dürfen -, dann ist das ein klarer Verstoß gegen diese Bedingung . Was werden Sie dann tun? Werden Sie dann sofort mit den Waffenlieferungen aufhören? Was werden Sie mit der Bundeswehr im Irak tun? Werden Sie aufhören, weiter auszubilden? Welchen Wert hat es, wenn Sie eindeutig sagen: „Es gibt die klare Bestimmung: nur gegen den IS und nichts anderes“? Und wenn dagegen verstoßen wird, was passiert dann?

Not found (Gast)

Herr van Aken, ich glaube, das Thema hat Sie nicht nur heute umgetrieben, sondern es ist auch im Ausschuss erörtert worden . Ich vermute, dass Sie das Thema immer wieder aufgreifen . Uns treibt es auch um . Deshalb haken wir so deutlich nach . Wir spüren das nicht nur in den Gesprächen, sondern es wird uns auch sehr deutlich von der Regionalregierung Kurdistan-Irak gesagt, dass man genau weiß, wie wichtig und wie sensibel dieses Thema und diese Verpflichtung für die deutsche Seite sind. Das sage ich als Parlamentarierin und nicht nur als Staatsministerin, weil das für uns ein entscheidender Gesichtspunkt war . Deshalb ist auch die Regionalregierung gehalten, dies einzuhalten und zu überprüfen, und deshalb führen wir die Gespräche und legen größten Wert darauf, dass es in Zukunft auch weiter eingehalten wird . Das heißt auch, dass wir den Kampf gegen den IS weiter unterstützen, aber die Waffen entsprechend verwandt werden müssen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt abschließend der Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist im Wesentlichen eine Frage an das Bundeskanzleramt oder an das Bundesinnenministerium . Sie bezieht sich auch auf die Vorgänge im Zusammenhang mit der Türkei . Am 18 . Februar war unter anderem Ministerpräsident Yildirim in Oberhausen . Für die Veranstaltung in Oberhausen wurde maßgeblich von Herrn Keskin von der Diyanet mobilisiert, der das Schreiben mit der Aufforderung zur Auslandsspionage an die Generalkonsulate der Republik Türkei versandt hat . Ich wollte die Bundesregierung fragen, was sie über den Aufenthalt von Herrn Keskin, dem Leiter der Abteilung für Auslandsbeziehungen der Diyanet in Ankara, in Deutschland im Rahmen des Aufenthalts von Herrn Yildirim weiß und ob sie mit mir die Annahme teilt, dass Herr Keskin selbstverständlich nicht die Immunität genießt, die womöglich der Ministerpräsident genießen mag .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Wer antwortet seitens der Bundesregierung? - Herr Staatssekretär Frings . - Krings!

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Klingt besser . Genau . ({0}) Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege, ich kann Ihnen dazu aktuell nichts sagen . Wir können das gerne recherchieren . Ich kann auch zum Status nichts sagen . Wenn er nur die von Ihnen beschriebene Funktion hat, würde ich mich auch sehr wundern, wie man da auf Immunität kommen sollte . Ich kann aber zu der Person ad hoc hier nichts sagen . Wir können die Informationen gerne beibringen .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich wäre für eine schriftliche Unterrichtung sehr dankbar .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Dann bedanke ich mich bei den Fragern, bei Herrn Bundesminister Gröhe, bei Frau Staatsministerin und Herrn Staatssekretär Krings für die Beantwortung der Fragen und schließe jetzt die Regierungsbefragung ab . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/11364 Ich rufe die mündlichen Fragen auf der Drucksache 18/11364 in der üblichen Reihenfolge auf . Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet . Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramts . Für die Beantwortung ist Herr Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche hier . Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Martina Renner auf: Wie bewertet die Bundesregierung, dass der Bundesnachrichtendienst laut Medienberichten über mehrere Jahre hinweg Journalisten und Redaktionen überwacht haben soll?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsidentin, vielen Dank . - Frau Abgeordnete, ich gehe davon aus, dass Ihre Frage sich auf den Spiegel-Artikel „Neue Dimension“ vom 25 . Februar 2017 bezieht . Zunächst muss ich festhalten, dass ich dem Artikel nicht entnehmen kann, dass dem BND der Vorwurf gemacht wird, er habe „über mehrere Jahre hinweg Journalisten und Redaktionen überwacht“, wie Sie das in Ihrer Frage formulieren . Ganz allgemein kann ich Folgendes sagen: Der Bundesnachrichtendienst sammelt nach § 1 Absatz 2 des BND-Gesetzes „zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus .“ Die Bundesregierung und auch der BND messen dabei der Pressefreiheit große Bedeutung zu . Nachrichtendienstliche Maßnahmen, die Journalisten betreffen, sind daher nicht die Regel, sondern die Ausnahme, bei der die Verhältnismäßigkeit im Besonderen zu prüfen ist . Darüber hinaus gelten im Bundesnachrichtendienst in diesen Fällen weitere besondere Vorgaben . Dass aber Journalisten nicht generell von staatlichen Maßnahmen ausgenommen sind - und dies schließt auch die Überwachung der Telekommunikation ein -, zeigt sich an verschiedenen Stellen im Gesetz, etwa in § 3b Absatz 2 des Artikel 10-Gesetzes . Nach diesem Paragrafen sind bestimmte Zeugnisverweigerungsrechte, zum Beispiel von Journalisten, bei Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 des Artikel 10-Gesetzes im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu berücksichtigen . Der Gesetzgeber hat sich folglich ausdrücklich dagegen entschieden, einen absoluten Schutz der Kommunikation von Journalisten einzuführen; vielmehr hat er sich für eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ausgesprochen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Renner, Sie haben sicher eine Nachfrage . Bitte schön .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin, ja, die habe ich . - Herr Fritsche, ich würde gerne wissen, inwieweit das Bundeskanzleramt als zuständige Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht im Nachgang zu der Spiegel-Veröffentlichung geprüft und insbesondere beim BND nachgefragt hat, ob die in Rede stehenden Suchbegriffe, die sich wohl auf Redaktionen im Ausland beziehen, im Rahmen von G-10-Anordnungen gesteuert wurden oder ob es sich hier um eine gezielte Steuerung zu bestimmten Sachverhalten handelt, die dem Auftragsprofil des Bundesnachrichtendienstes entsprechen, oder ob es dritte Gründe gab, die zu der Steuerung dieser Ziele führten . Also: Was haben Sie seit der Veröffentlichung unternommen, um zu klären, wie es zu der Überwachung von Journalisten - ich würde es tatsächlich so nennen - gekommen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Tatsächlich haben wir - und das ist für die Fach- und Dienstaufsicht ganz selbstverständlich - beim BND nachgefragt, was zu dem, was im Spiegel steht, zu sagen ist . Wir sind derzeit noch bei der Prüfung . Sie wissen aus dem 1 . Untersuchungsausschuss dieser Legislaturperiode, dass es um die Selektoren der Nachrichtendienste geht, und darüber kann nicht in öffentlicher Sitzung gesprochen werden . Ich kann Ihnen aber zweierlei sagen: Wir werden zum einen die dafür vorhandenen parlamentarischen Gremien unterrichten - das ist selbstverständlich -, und zum anderen bin ich gerne bereit, Ihnen eine eingestufte Antwort über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung zu stellen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Renner? - Bitte .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich habe noch eine zweite Nachfrage . - Sie sprachen von besonderen Vorkehrungen, die über die Rechtslage hinaus getroffen würden . Gibt es im Bundesnachrichtendienst eine schriftlich formulierte Weisungslage zum Einsatz von Selektoren, die Journalistinnen oder Journalisten oder Presse- und Medienvertreter und -vertreterinnen betreffen? Wenn ja, würde ich darum bitten, dass uns entsprechende Informationen gegebenenfalls auch über den Weg der Geheimschutzstelle zugänglich gemacht werden .

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin gerne bereit, Ihnen das über die Geheimschutzstelle zur Verfügung zu stellen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jetzt hat der Kollege Ströbele noch eine Zusatzfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Das hat Herr Fritsche wahrscheinlich schon erwartet . Vizepräsidentin Ulla Schmidt

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Manches kann man voraussehen .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja . - Mich interessiert zu den Selektoren, zu den Erkenntnissen, die im Spiegel veröffentlicht worden sind, ob die Meldung, die der Spiegel herausgegeben hat, sich auf Sachverhalte bezog, die der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon bekannt waren . Wenn ja: Wann war das, und wann fanden diese Abhöraktionen statt?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich gehe davon aus, dass Sie meinen, dass die aktuelle Veröffentlichung bzw . ihr Inhalt der Bundesregierung vorher bekannt waren . ({0}) Das ist nach meiner Kenntnis nicht der Fall . Es ist vielmehr so - das habe ich auch der Abgeordneten Renner gesagt -, dass wir, nachdem wir das gehört haben, beim BND nachgefragt haben und die entsprechenden parlamentarischen Gremien darüber unterrichten werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Herr van Aken .

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Fritsche, mich würde interessieren, ob Sie, jemand im BND oder jemand in der Bundesregierung eigentlich mal auf die Betroffenen zugegangen ist, also sowohl auf die, die direkt überwacht worden sind, aber auch auf die Redaktionen von Washington Post, von Reuters und von der BBC, um mit ihnen zu erörtern, wann, warum, wie und mit welchem Ergebnis die Überwachung stattgefunden hat und wann sie eingestellt worden ist . Denn auf der Seite der Journalisten gibt es wahrscheinlich eine große Verunsicherung .

Not found (Staatssekretär:in)

Zunächst einmal: Ich habe bereits der Abgeordneten Renner gesagt, dass wir derzeit noch prüfen, was an dem Sachverhalt dran ist - da scheint manches historisch sehr weit zurückzuliegen -, und dass es vor dem Hintergrund - das ist Frau Abgeordneter Renner ja bekannt -, dass es im Bundesnachrichtendienst aus anderer Tätigkeit gespeichert worden ist, von uns noch aufgeklärt werden muss . Zum anderen Teil Ihrer Frage . Wenn wir das aufgeklärt haben, dann werden wir natürlich nur allgemein - so wie ich es vorhin in der Antwort gesagt habe: dass es nicht einen generellen Schutz der Kommunikation von Journalisten gibt; nicht einmal im G 10-Gesetz, das der Gesetzgeber hier in diesem Haus verabschiedet hat - dazu Stellung nehmen können, aber niemals zu Einzelfällen; dafür gibt es die Berichterstattung gegenüber den dafür zuständigen Gremien . Das ist notwendig und richtig .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Damit gibt es zu dieser Frage keine Nachfragen mehr . Die Kollegin Renner hat aber noch die Frage 4 gestellt: Wie will die Bundesregierung verhindern, dass dies auch künftig ständige Praxis des Bundesnachrichtendienstes bleibt? Bitte schön . - Oder waren Sie mit allem, was geantwortet worden ist, schon zufrieden? - Das ist auch mal was Neues . Gut . Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes . Die Frage 5 des Kollegen Movassat wird schriftlich beantwortet . Wir kommen zur Frage 6 der Abgeordneten Dr . Franziska Brantner: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem am 1 . März 2017 veröffentlichten Bericht der UN-Untersuchungskommission über Kriegsverbrechen der syrischen Konfliktparteien ({0})? Bitte schön, Frau Staatsministerin Böhmer .

Not found (Gast)

Danke, Frau Präsidentin . - Ich darf Ihnen wie folgt antworten, Frau Kollegin Brantner: Der jüngste Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zu Syrien über die Eroberung von Aleppo im Herbst 2016 ist erschütternd . Es wird ein weiteres Mal eindeutig dokumentiert, mit welcher Brutalität und Rücksichtslosigkeit insbesondere das syrische Regime und seine Verbündeten vorgehen . Damit wird erneut unterstrichen, wie dringlich die Beendigung dieser gravierenden Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts ist und wie wichtig es ist, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen . Die Bundesregierung wird sich daher weiterhin sowohl in den internationalen Foren und in politischen Gesprächen als auch in der Zusammenarbeit mit zuständigen Organen der Vereinten Nationen, die Ihnen bekannt sind, und durch die Unterstützung dieser Organe mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Ziele erreicht werden . Dafür ist es auch wichtig, die Verhandlungen in Genf fortzusetzen und dabei schnell in Substanzgespräche einzusteigen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Brantner . http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-un-bericht-kriegsverbrechen-101.html http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-un-bericht-kriegsverbrechen-101.html

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke für die Antwort . - Ich habe noch eine Rückfrage . Es gab ja vor allen Dingen mit Blick auf den Einsatz der Chemiewaffen auch Sanktionsversuche durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die am Veto von Russland und China gescheitert sind . Daher meine Nachfrage, inwieweit Sie als Bundesregierung vorhaben, dies auch im Rahmen der Generalversammlung zu diskutieren und dort mögliche Sanktionen voranzubringen .

Not found (Gast)

Frau Kollegin Brantner, ich war auch sehr erschüttert . Hier geht es ja um Chlorgas, das nicht unter die zu vernichtenden Chemiewaffen fällt . Man lernt immer noch dazu . - Aber die Wirkung von Chlorgas ist ebenfalls katastrophal . Wir haben leider hinnehmen müssen, dass eine entsprechende UN-Resolution durch Russland und China verhindert worden ist . Aber ich kann Ihnen versichern: Wir bleiben am Ball . Auch auf EU-Ebene geht es um die Verschärfung möglicher Sanktionen . In Bezug darauf, inwieweit das wirklich etwas ändert, habe ich zwar meine Zweifel, wie ich gestehen muss . Ich glaube aber, dass wir an dieser Stelle trotzdem nicht lockerlassen dürfen und das auf allen Ebenen der Politik und in allen Gremien brandmarken müssen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Brantner, sind Sie zufrieden? - Sie haben noch eine Frage .

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich nicht sicher sind, ob das etwas bringt . Eigentlich gibt es ja ein Chemiewaffenabkommen . Chlorgas fällt allerdings nicht darunter . Inwieweit arbeiten Sie daran, das zu erweitern und Chlorgas dort eindeutig mit hinzuzufügen?

Not found (Gast)

Das scheint mir von der rechtlichen Möglichkeit der Kategorisierung her schwierig zu sein . Deshalb habe ich in den Diskussionen, die wir auch im Auswärtigen Amt führen, den Blick noch einmal besonders auf die Frage gerichtet - darauf bezog sich dann auch meine Anmerkung -, ob eine Verschärfung der Sanktionen möglich ist und ob andere Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene weitergeführt werden können . Das wird derzeit geprüft . Meine Zweifel, die ich eben anmerkte, bezogen sich auf die Sanktionen . Wie Sie wissen, haben wir jetzt schon sehr zahlreiche und auch verschärfte Sanktionen . Sie führen nicht zu dem Ergebnis, das Sie sich wünschen, das wir anstreben und das wir uns alle erhoffen . Meines Erachtens müssen wir deshalb alles daransetzen - unabhängig von der Frage, ob es gelingt, weitere Verbote bzw . weitere Verschärfungen herbeizuführen -, dass dieser so mühselige Prozess, der jetzt in Genf wieder in Gang gekommen ist, fortgesetzt wird und dass substanzielle Fragen dann auch miteinander erörtert werden . Es geht um die Menschen und deren Schicksal . Und das, was sich dort abspielt, ist grauenhaft .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Wir haben noch eine Zusatzfrage des Kollegen van Aken . Bitte schön .

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Dieser UN-Bericht ist ja eindeutig: Einige der Chemiewaffeneinsätze in Syrien werden dem sogenannten IS zugewiesen, andere eindeutig dem Regime . - Jetzt befindet sich das Regime ja in dem Prozess zum Beitritt zur Chemiewaffenkonvention . Meine Frage lautet: Welche Auswirkungen hat das eigentlich im Exekutivrat der OVCW? Was passiert dort? Wird das dort thematisiert? Wird der Beitritt Syriens bzw. die Ratifizierung der Chemiewaffenkonvention durch Syrien infrage gestellt? Welche Konsequenzen hat das dort?

Not found (Gast)

Herr Kollege van Aken, das habe ich vor dieser Fragestunde nicht abgeklopft; aber ich teile Ihnen das gerne mit .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Die Frage 7 des Abgeordneten Omid Nouripour, die Fragen 8 und 9 des Abgeordneten Özcan Mutlu sowie die Fragen 10 und 11 der Abgeordneten Tabea Rößner werden schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 12 der Abgeordneten Inge Höger auf: In welcher Form ({0}) hat die Bundeskanzlerin im Rahmen ihres Besuches in Ägypten die ägyptische Regierung vor dem fortgesetzten Abbau von Menschenrechten durch die vom Machthaber Abdel Fattah el-Sisi zu unterzeichnende Nichtregierungsorganisationsgesetzgebung gewarnt, und welche Form von Sicherheitskooperation ({1}) besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ägypten? Bitte schön, Frau Staatsministerin . Sie sind heute sehr gefragt .

Not found (Gast)

Ja, das sind ja auch politische Fragen, die uns alle derzeit sehr intensiv bewegen . - Frau Kollegin Höger, ich darf Ihnen wie folgt antworten: Bei ihrem Besuch in Kairo hat die Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel die Lage der Menschenrechte und der Zivilgesellschaft in Ägypten als zentrales Thema angesprochen . Ein Schwerpunkt ihrer Gespräche lag auf der Situation der deutschen politischen Stiftungen, die selbst und über ihre lokalen Partner einen wichtigen Beitrag zur Demokratieförderung, zur politischen Partizipation und zum zivilgesellschaftlichen Engagement leisten . Gespräche mit Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten und Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft waren wesentlicher Bestandteil des Programms . Über den Entwurf eines neuen NGO-Gesetzes ist die Bundesregierung besonders besorgt . Das Gesetz schränkt die Freiheiten der Zivilgesellschaft in Ägypten in empfindlicher Weise ein. Auch die Bundeskanzlerin hat den Entwurf eines neuen NGO-Gesetzes gegenüber Staatspräsident el-Sisi angesprochen . Sie hat insbesondere auf die Bedeutung hingewiesen, die wir freien Medien, Rechtsstaatlichkeit, politischen Mitwirkungsrechten und einer aktiven Zivilgesellschaft für eine gute Entwicklung und die Stabilität des Landes beimessen . Sie hat auch bessere Arbeitsmöglichkeiten für Menschenrechtsorganisationen und NGOs gefordert und dabei auch konkrete Fälle angesprochen . Im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit haben Deutschland und Ägypten am 11 . Juli 2016 ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet . Es dient dazu, die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden insbesondere bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität und des Terrorismus zu verbessern und dadurch die innere Sicherheit beider Staaten zu erhöhen . Das Abkommen ist bislang noch nicht in Kraft getreten . Darüber hinaus unterstützt Deutschland Ägypten durch Einzelmaßnahmen im Bereich der polizeilichen Aufbau- und Ausstattungshilfe . Die militärische Zusammenarbeit mit Ägypten beschränkt sich auf das Angebot von Lehrgangsplätzen in Deutschland im Rahmen der militärischen Ausbildungshilfe . Für 2017 sind unter anderem ein Erfahrungsaustausch im Bereich der Bekämpfung improvisierter Sprengfallen, ein Seminar zur inneren Führung sowie Informationsbesuche beim ägyptischen Sanitätsdienst vorgesehen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Höger, Sie haben bestimmt eine Nachfrage .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja . - Vielen Dank, Frau Staatsministerin . Ich habe eine Nachfrage zu einer konkreten NGO . Das ägyptische Al Nadeem Center, ein Menschenrechtszentrum für Folteropfer, das allein für Februar die Tötung oder Ermordung von 107 Menschen festgestellt hatte, wurde inzwischen geschlossen . Hat die Bundeskanzlerin nachgefragt, wie diese NGO weiterarbeiten kann, weil sie eine sehr wichtige menschenrechtspolitische Arbeit leistet?

Not found (Gast)

Ich verstehe, dass Sie danach fragen . Solche Gespräche werden in der Regel vertraulich gehandhabt; aber ich darf Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin auch sehr konkret nachgefragt hat .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Eine weitere Zwischenfrage?

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich hätte noch eine Nachfrage zu dem Sicherheitsabkommen bzw . der bisherigen Zusammenarbeit mit der Polizei . Das ägyptische Regime ist ja für Folterungen im Gefängnis und andere schwere Menschenrechtsverletzungen bekannt . Wie können Sie ausschließen, dass die Polizei, die Sie mit ausbilden, an solchen Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist?

Not found (Gast)

Das ist eine Frage, die uns im Vorfeld des Abkommens natürlich schon sehr bewegt hat und die für alle Sicherheitsabkommen gilt . Wir werden ja nachher über Tunesien sprechen . Daher darf ich Ihnen sagen: Wenn Sie diese Fragen auch bezogen auf Tunesien haben, werde ich sie in gleicher Weise beantworten . Das Sicherheitsabkommen mit Ägypten - analog Tunesien - sieht vor, dass die Zusammenarbeit der Vertragsparteien in allen Bereichen nach den Maßgaben ihres jeweiligen innerstaatlichen Rechts erfolgt . Das heißt, es enthält eine allgemeine Vorbehaltsklausel zur Ablehnung der Zusammenarbeit, wenn diese in Widerspruch zum innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei steht . Eine Anwendung des Vertrags ist also bei drohenden Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Wir kommen dann zur Frage 13 der Abgeordneten Inge Höger: Welche Sicherheitskooperationen ({0}) bestehen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Tunesien? Bitte schön, Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Danke schön, Frau Präsidentin . - Ich darf Ihnen wie folgt antworten: Im September 2016 hat die Bundesregierung ein Sicherheitsabkommen mit Tunesien unterzeichnet . Das Abkommen ist bislang noch nicht in Kraft getreten . Es dient dazu, die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden insbesondere bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des Terrorismus zu verbessern und dadurch die innere Sicherheit beider Staaten zu erhöhen . Zudem ist Tunesien eines von fünf Schwerpunktländern der im Jahr 2016 erstmals aufgelegten Ertüchtigungsinitiative . Im Jahr 2016 wurden Projekte im Wert von 17,5 Millionen Euro durchgeführt . Für 2017 sind Projekte im Wert von 30,7 Millionen Euro geplant . Bei den Projekten geht es unter anderem um die Sicherung der Grenzen zu Libyen, um die Grenzpolizei und den Polizeiaufbau allgemein . Ich kann Ihnen auch die Beträge nennen: im ersten Fall 16 Millionen Euro, im zweiten 2,1 Millionen Euro und im dritten 0,5 Millionen Euro . Tunesien ist auch Schwerpunktland des 2017 anlaufenden vierjährigen Programms zur polizeilichen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe . Das Projektvolumen für Tunesien beträgt allein 2017 circa 2,7 Millionen Euro . Die Schwerpunkte sind Grenzmanagement, Aus- und Fortbildung, Führungsmanagement und kriminalpolizeiliche Spurensicherung . Zudem werden seit 2004 im Rahmen bilateraler Jahresprogramme zahlreiche Kooperationsmaßnahmen durchgeführt . Das Programm 2017 beinhaltet unter anderem Maßnahmen zum Kampf gegen improvisierte Sprengfallen, zur allgemeinen Stabsoffiziersausbildung, zur Seeraum- und Küstenüberwachung sowie ein Seminar zu Streitkräften in der Demokratie . Tunesien erhält schließlich seit 1972 militärische Ausbildungshilfe . Bisher schlossen 400 tunesische Soldaten eine Ausbildung in Deutschland erfolgreich ab . Schwerpunkt ist die Technikerausbildung . In Tunesien wurde ein Polizeiprojektbüro eingerichtet . Inhaltliche Schwerpunkte liegen auf dem Grenzmanagement, der Aus- und Fortbildung, der Dokumentenund Urkundensicherheit, der maritimen Sicherheit, der Schulpartnerschaften, dem Sachbeweis und der Ausbildung von Führungskräften . Zudem gibt es ergänzende Ausstattungshilfen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Frau Kollegin Höger, Ihre Nachfrage .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort . - Ich habe eine Nachfrage zu der sogenannten Ertüchtigungsinitiative . In diesem Rahmen sind der tunesischen Regierung elektronische Grenzüberwachungsanlagen geschenkt worden . Die Firma Airbus, die diese Anlagen installiert hat bzw . herstellt, bewirbt die Anlagen auf ihrer Webseite als besonders zur Migrationskontrolle geeignet . Geht es Ihnen im Rahmen dieser Ertüchtigungs initiative um Unterstützung der Grenzsicherung, oder geht es Ihnen vorrangig um die Begrenzung von Migrationsbewegungen?

Not found (Gast)

Bei der Ertüchtigungsinitiative - das habe ich Ihnen ja gesagt - geht es um die Sicherung der Grenze zu Libyen, die Grenzpolizei und den Polizeiaufbau allgemein .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Eine weitere Nachfrage?

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sie haben im Rahmen der militärischen Grenzüberwachung in Tunesien den Aufbau von Polizeistationen entlang der Grenze zu Libyen gefördert und monetisiert . Inzwischen plant die Europäische Union, an der libyschen Grenze ein Flüchtlingslager für aus der EU Abgeschobene aufzubauen . Steht das miteinander in Verbindung, und welche Überlegungen stellt die Bundesregierung zu dem Bau dieses Flüchtlingslagers an?

Not found (Gast)

Ein solcher Zusammenhang ist mir nicht bekannt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Da die Kollegin Dağdelen um schriftliche Beantwortung der Frage 14 gebeten hat, Frau Staatsministerin, bedanke ich mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen . Wir schließen diesen Geschäftsbereich ab . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Frings - - Krings zur Verfügung . ({0}) - Das war eine Freud’sche Fehlleistung . ({1}) - Man denkt eben immer ans Fringsen, weil es ja um das Innere geht . ({2}) Die Frage 15 der Kollegin Britta Haßelmann wird schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Hans-Christian Ströbele auf: Warum beantwortet die Bundesregierung den zweiten Teil meiner schriftlichen Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 18/11220 nicht, der lautete, warum die im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum ({3}) am 2 . November 2016 vereinbarte Prüfung der Erkenntnisse durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ({4}) beim marokkanischen Nachrichtendienst vollständig unterblieb, und wer hat diese Nichterfüllung der im GTAZ am 2 . November 2016 ({5}) übernommenen Aufgabe, die vier Mitteilungen aus Marokko vom 19 . September, 11 . Oktober, 13 . Oktober, 26 . Oktober 2016 mit Erkenntnissen zu deutschlandfeindlichen Äußerungen Anis Amris, zu einem Projekt, das er ausführt, und zu IS-Anhängern in Berlin, bei denen er unterkommt, zu prüfen, veranlasst bzw . zu verantworten?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Es ist schon richtig: Das Innenministerium ist ja sowohl das Sicherheits- als auch das Kirchenministerium . Insofern kann sich bei „Frings“ der doppelte Vergleich schon anbieten . Auch als Protestant betrachte ich das als durchaus ehrbaren Versprecher . Lieber Herr Kollege Ströbele, die Antwort auf Ihre Frage ist nicht, wie Sie unterstellen, unterblieben . Sie ist im Kontext der Antwort sehr wohl zu verstehen . Der Vollständigkeit halber gebe ich diese gern noch einmal wieder, um Missverständnisse, die Sie angesprochen haben, auszuräumen . Bei den Meldungen des marokkanischen Nachrichtendienstes handelte es sich um Erkenntnisanfragen . In der Regel werden mit einer Erkenntnisanfrage natürlich auch Erkenntnisse übermittelt . So war es auch hier . Nach Abwägung des Informationsinteresses im GTAZ, also im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum, wurde zunächst eine Erkenntnisanfrage an einen anderen Nachrichtendienst gestellt, um die Informationen weiter anzureichern oder bewerten zu können . Dies geschah nicht zuletzt, weil die Mitteilungen nach einer gemeinsamen Bewertung der Sicherheitsbehörden keine konkretisierenden Informationen enthielten und für eine weiter gehende Gefährdungsbewertung nicht geeignet waren . Diese Vorgehensweise ist nicht unüblich, sondern regelmäßige Praxis . Die Überprüfung von Informationen ausländischer Partner ist nachrichtendienstliches Tagesgeschäft; das wissen Sie als langjähriger Kontrolleur . Dabei obliegt die Art der Vorgehensweise natürlich dem Nachrichtendienst, hier dem Bundesamt für Verfassungsschutz . Das BfV hat die Informationen in diesem Fall vorerst über Dritte bewerten lassen . Diese Vorgehensweise entspricht, wie bereits ausgeführt, zu Recht und mit guten Gründen der gängigen Praxis . Weitere, vor allem inhaltliche Angaben zur Arbeit der Nachrichtendienste kann ich in diesem Rahmen aus den Ihnen bekannten Gründen natürlich nicht machen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Herr Kollege Ströbele, ich sehe, Sie sind nicht zufrieden . Sie haben die Gelegenheit zu zwei Nachfragen .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie drücken sich weiter . Ich habe Ihnen doch vorgehalten - das können Sie auch nachlesen -, dass in der Chronologie unter dem 2 . November 2016 der Satz steht: „Bundesamt für Verfassungsschutz prüft“, und zwar nicht irgendwo, bei irgendwem, sondern bei marokkanischen Behörden . Dabei geht es um die Meldungen, die da gekommen sind . Das andere, was Sie sagen, stimmt ja alles . Aber dieser Prüfauftrag, der eindeutig und klar ist, wurde nicht ausgeführt . Dazu habe ich die Frage gestellt: Warum nicht, und wer hat das entschieden?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Lieber Herr Kollege, ich habe doch gerade ausgeführt, dass die Überprüfung - unabhängig davon, was ursprünglich im GTAZ angedacht worden ist ({0}) natürlich auf eine solche Art und Weise durchgeführt werden muss, dass sie etwas bringt, dass sie zielführend ist, dass die Informationen dadurch wirklich werthaltiger werden . Die Fachleute im entsprechenden Dienst waren offenbar nicht der Auffassung, dass dies der richtige Weg ist, und haben einen anderen Weg eingeschlagen, der erfolgversprechender war . Das war gut so, weil sie das fachlich natürlich eher bewerten können als eine Gruppe, die vielleicht nicht so sehr im operativen Geschäft tätig ist .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Ströbele, die zweite Nachfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das befriedigt mich überhaupt nicht . - Sie sagen, die Fachleute haben das gemacht . Aber warum werden im GTAZ als Adressat dieser Prüfung ganz eindeutig die marokkanischen Behörden genannt? Es stimmt auch nicht, dass diese Meldungen oder Erkenntnisse, die der eigenen Anfrage beigefügt waren, nichts Neues erbracht hätten . Da war sensationell Neues dabei, zum Beispiel, dass Amri ein Projekt ausführt . Da müssen doch - es geht schließlich um einen Höchstgefährder - alle Alarmglocken klingeln: Was ist das für ein Projekt, wo haben die das her, und was kann das bedeuten? - Vielleicht ging es bei diesem Projekt um den Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin . Man konnte doch nur bei den marokkanischen Behörden herausbekommen, was das zu bedeuten hat und woher das stammt . Warum haben Sie das nicht gemacht?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Herr Kollege, natürlich hat man diese Hinweise ernst genommen . Gerade deshalb hat man den Weg gewählt, der die bestmögliche Klärung versprach, und das war eben der Weg, den man hier aus fachlicher Sicht eingeschlagen hat .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Hans-Christian Ströbele auf: Welche Angaben macht die Bundesregierung zu Inhalt und Herkunft der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden des Bundes, Bundesnachrichtendienst, BfV, Bundeskriminalamt, aus den beiden libyschen Telefonnummern, die im Februar 2016 bei Anis Amri sichergestellt wurden ({0}), sowie zu dem Zeitpunkt deren jeweiliger Erlangung bis zum Anschlag in Berlin am 19 . Dezember 2016, und welche Informationen aus Erkenntnissen zu den libyschen Telefonnummern hat sie nicht nur an Tunesien im Februar 2016, wie ausweislich des Protokolls der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings in der Fragestunde vom 15 . Februar 2017 in der Antwort auf meine Frage 22 behauptete, sondern bis zum 19 . Dezember 2016 auch an andere ausländische Behörden weitergegeben ({1})? Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ja, sehr gerne . - Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege! Meine Damen und Herren! Wie ich der Fragestellung entnehmen kann, gibt es zu dem Komplex der libyschen Rufnummern ganz offenbar einen andauernden Informationsbedarf . Ich komme dem gerne nach und will das noch einmal zusammenhängend in einigen Sätzen darstellen . Bei Anis Amri wurde im Februar 2016 im Zuge einer Personenkontrolle im Zentralen Omnibusbahnhof in Berlin ein mitgeführtes Mobiltelefon aufgrund einer INPOL-Ausschreibung zur Eigentumssicherung sichergestellt und durch das Landeskriminalamt Berlin mit Unterstützung des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen ausgewertet . Die Auswertung des Mobiltelefons ergab keine Hinweise auf Anschlagsplanungen oder sonstige Straftaten . Im GTAZ wurden im Februar 2016 die bis dahin vorliegenden Erkenntnisse zu Amri ausgetauscht und die weitere Vorgehensweise abgestimmt . Die Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr lag beim Landeskriminalamt Berlin . Das Bundeskriminalamt wurde in Amtshilfe um Sicherung der Inhalte des sichergestellten Mobilfunkgerätes gebeten . Durch das Bundeskriminalamt wurden daraufhin im Rahmen der Auswertung und der Zentralstellenfunktion im Februar 2016 zwei libysche Kontaktrufnummern des Amri an Tunesien übermittelt . Die tunesischen Behörden wurden gebeten, zu prüfen, ob zu Anis Amri, den genutzten Alias-Personalien sowie den genannten libyschen Telefonnummern Erkenntnisse vorliegen . Dabei haben alle durchgeführten Abklärungen zu den in Rede stehenden Rufnummern keinen Tatzusammenhang ergeben . Das sind alle vorliegenden Informationen aus der Befassung der Sicherheitsbehörden zum Fall Amri im Zusammenhang mit den libyschen Rufnummern, die ich Ihnen hier auf diesem Weg mitteilen kann . Ich kann inzwischen erkennen, dass Ihre Frage auch auf die Arbeit und den Umgang der Nachrichtendienste abzielt . Hierzu kann ich Ihnen aber - das wissen Sie ja bestens - aus Gründen des Staatswohls keine offenen Angaben machen; denn dies würde die Arbeit der Nachrichtendienste gefährden und gegen die Ihnen bekannte „Third Party Rule“ verstoßen . Dennoch können Sie gewiss sein, dass alle Informationen hierzu bereits ausführlich - und die Unterlagen im Original - der Task Force des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Verfügung gestellt worden sind . Insofern empfehle ich gerade Ihnen eine Einsichtnahme in diese Unterlagen in dem dafür vorgesehenen Gremium . Sie haben ja als Mitglied die Möglichkeit, das zu tun .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Ich würde ja gerne alle Akten einsehen, wenn sie da wären . Darum geht es jetzt aber nicht . Sie behaupten, dass - die Nachrichtendienste lassen wir einen Augenblick beiseite - das Bundeskriminalamt und die LKAs keine anderen Erkenntnisse über den Inhalt der Telefonate und über den sonstigen Informationsaustausch, der mittels der Handys vorgenommen wurde, haben . Gab es also keine Informationen beim BKA oder bei den LKAs? Und warum teilen Sie sie hier nicht mit, wenn es welche gegeben hat?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich habe geschildert, wann welche Informationen he rausgegangen sind, und Sie haben jetzt noch einmal intensiv nachgefragt; das verstehe ich auch . Ich habe dargelegt, dass das Bundeskriminalamt erst nach dem Vorfall Informationen an andere Dienste, die Sie hier angesprochen haben, weitergegeben hat .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Ströbele, noch eine weitere Nachfrage?

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja . - Gibt es außer den beiden Handys noch andere Handys, die bei Amri gefunden worden sind und libysche Telefonnummern enthielten?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Lieber Kollege, das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht beantworten . Mir sind darüber keine Kenntnisse zugetragen worden . Ich kann das gerne noch einmal abklären .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Die Frage 18 des Kollegen Dr . André Hahn, die Fragen 19 und 20 des Kollegen Andrej Hunko, die Frage 21 der Kollegin Sevim Dağdelen und die Frage 22 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer werden schriftlich beantwortet .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Dann kommen wir zu Frage 23 des Abgeordneten Volker Beck: In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2016 und 2017 Staatsangehörigen aus Staaten, in denen die Apostasie ({0}) strafbar ist, trotz ihrer nach der Einreise erfolgten Taufe und der fortbestehenden Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche die Abschiebung angedroht, und in wie vielen Fällen ist die Abschiebung erfolgt ({1})?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Kollege Beck, Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor . Derartige Sachverhalte werden weder im Ausländerzentralregister noch in der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge noch in den Statistiken der Bundespolizei gesondert erfasst .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck, Sie haben die Möglichkeit, nachzufragen .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist bedauerlich, dass ich offensichtlich mehr weiß als die Bundesregierung; aber das kann ja mal vorkommen .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich bin gespannt, was Sie uns so erzählen können .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da Sie hier ja schon als Kardinal Frings tituliert wurden, hoffe ich, dass Sie auch ein gewisses Maß an Empathie für verfolgte Christen aus Ländern mitbringen, wo auf Apostasie die Todesstrafe steht . - Mir sind zwei Fälle von getauften Iranern aus dem Kirchensprengel Soest bekannt, die nach ihrer Taufe in der evangelischen Kirche - das ist nicht irgendein obskurer Klub - Abschiebeandrohungen bekommen haben . Ich möchte Sie fragen, ob Sie mit mir der Auffassung sind, dass man getaufte Christen, denen man Apostasie vorwerfen kann, nicht in Länder zurückschicken kann, in denen dies unter Todesstrafe steht .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin, vielleicht sollten wir für alle anderen noch einmal erklären: Apostasie ist - jedenfalls in diesem konkreten Fall - der Abfall vom Islam . ({0}) Das steht in manchen Ländern unter Strafe, bis hin zur Androhung von Strafen entsprechend einem Kapitalverbrechen . Es gibt hier aber erfreulicherweise positive Entwicklungen . Dabei denke ich an die neuesten Nachrichten aus Marokko, wo man offenbar von der Ächtung der Apostasie abrückt . Sie ist allerdings in der Tat in vielen Ländern ein sehr ernster Vorwurf . Man muss sich jetzt das ganze Verfahren anschauen: Den Entscheidern des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge liegen für die Prüfung der Asylanträge von zum Christentum konvertierten Antragstellern immer umfangreiche Informationen auch über die Lage in den Herkunftsländern vor, also ob dort die freie Ausübung des Christentums möglich ist oder nicht und welche Sanktionen drohen . Ist der Antragsteller getauft worden, hat die Kirche zuvor bereits die Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts geprüft; davon gehen wir jedenfalls aus . Dies wird nach Mitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge von ihm auch nicht infrage gestellt und erneut geprüft . Das Bundesamt prüft im Rahmen des Asylverfahrens vielmehr, ob christlichen wie auch allen anderen Antragstellern bei Rückkehr in ihr Herkunftsland wegen ihres Glaubens Verfolgung droht . Dies gilt gleichermaßen für Antragsteller, die bereits in ihrem Herkunftsland Christen waren - das gibt es ja auch -, wie auch für Konvertiten, die in Deutschland zum christlichen Glauben übergetreten sind . Im Rahmen der persönlichen Anhörung - die, glaube ich, sehr wichtig ist prüft das BAMF darüber hinaus im Einzelfall, wie der Antragsteller seinen Glauben in Deutschland lebt, um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können, wie er sich bei seiner Rückkehr ins Herkunftsland voraussichtlich verhalten wird und ob daraus konkret eine Verfolgungsgefahr entsteht .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

So weit, so bürokratisch . - Mir geht es ganz konkret um Personen . Wir sind uns sicher einig, dass im Iran Menschen, die im Christentum aufgewachsen sind, in der Regel keiner Verfolgung ausgesetzt sind, zumindest, wenn sie den etablierten orthodoxen oder katholischen Kirchen angehören . Bei Protestanten sieht das aber schon anders aus, und gänzlich anders sieht es bei Konvertierten aus . Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass wir keine hier getauften Christen in den Iran zurückschicken können, weil ihnen dort ansonsten die Todesstrafe droht?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

In bestimmten Ländern - Sie haben eben eines genannt - ({0}) - Ich will versuchen, darauf zu antworten, und schaue mir die konkreten Fälle gerne auch noch einmal an . Bei der Antwort auf Ihre Frage handelte es sich nicht um Bürokratendeutsch, sondern schon um eine klare Differenzierung . Ich glaube, grundsätzlich - das gilt für viele Fälle - würde die Taufe dazu führen, dass eine Abschiebung in solche Länder gar nicht möglich ist . Vielleicht ist sogar Asyl bzw . der Flüchtlingsstatus zu gewähren . Es gibt aber auch Fälle - die sind dokumentiert, teilweise auch gerichtlich -, wo man sich zum Zeitpunkt der Taufe zwar hat ernsthaft taufen lassen, diesen Glauben allerdings überhaupt nicht auslebt . Insofern würde jemandem, der den Glauben in Deutschland nicht auslebt, auch im Heimatland keine Verfolgung drohen . Jedenfalls sind solche Konstellationen vorstellbar . Deshalb würde ich mich in Bezug auf eine ganz generelle Aussage zurückhalten . Ich sage aber: Abgesehen von diesen Fällen ist es richtig, dass die Taufe natürlich ein sehr starker Hinweis darauf ist, dass asylrechtlich entsprechend verfahren werden muss . ({1})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs . Ich bedanke mich bei Staatssekretär Krings für die Beantwortung der Fragen . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz auf . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange bereit . Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Volker Beck auf: Inwiefern erwägt die Bundesregierung, das Protokoll Nummer 12 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über das Diskriminierungsverbot vom 4 . November 2000 zu ratifizieren, und wie rechtfertigt sie, dass dies bislang nicht geschehen ist, vor dem Hintergrund der am 28 . Februar 2017 veröffentlichten Stellungnahme der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, die dies bemängelt ({0})? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Deutschland bleibt bei seiner Haltung, das Protokoll Nummer 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu ratifizieren. Bis heute haben von den 47 Mitgliedstaaten des Europarats 26 das Protokoll nicht ratifiziert; 9 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben es nicht einmal gezeichnet . Das sind die Staaten Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Litauen, Monaco, Polen, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich . Deutschland hat das Protokoll am Tag der Auflegung zur Zeichnung zwar unterzeichnet, aber bisher nicht ratifiziert. Maßgeblich für diese Entscheidung ist, dass bestimmte Unterscheidungen, die das deutsche Recht mit Blick auf die Nationalität macht, vom EGMR, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, als Verstoß gegen das generelle Diskriminierungsverbot nach Artikel 1 des Protokolls Nummer 12 eingestuft werden könnten . Das Verbot der Diskriminierung in Artikel 1 des Protokolls Nummer 12 eröffnet sehr weitreichende Auslegungsmöglichkeiten, nicht zuletzt aufgrund des weitgefassten Kriteriums der Diskriminierung aufgrund eines sogenannten sonstigen Status . Konkrete Auslegungsvorgaben des EGMR liegen dazu bisher nicht vor . Vor diesem Hintergrund bleibt die Bundesregierung bei ihrer abwartenden Haltung, bis sich eine klare Rechtsprechungslinie des EGMR zur Auslegung des Artikels 1 des Protokolls Nummer 12 entwickelt hat . Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die geltende deutsche Rechtsordnung Diskriminierungen bereits umfassend verbietet, insbesondere durch Artikel 3 des Grundgesetzes, an den Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung unmittelbar gebunden sind . Im Arbeits- und Zivilrecht gewährleistet das am 18 . August 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz einen weitgehenden Diskriminierungsschutz .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gerade beim Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz haben wir aber Diskriminierungsschutz auf zwei Niveaus: zum einen die Regelungen, die wir aufgrund von Richtlinien umzusetzen gezwungen sind, zum anderen fehlen uns Regelungen, weil die Bundesregierung die entsprechende Richtlinie blockiert, etwa für das Zivilrecht . Da haben wir ein Zweiklassenrecht . Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie den „sonstigen Status“ im Zusatzprotokoll neu für sich entdecken . Ist Ihnen bekannt, dass Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, das allgemeine Diskriminierungsverbot der geltenden Konvention, diesen Begriff bereits enthält? Was hat das für die Positionierung, die Sie gerade vorgetragen haben, für Auswirkungen? Von Anfang an stand das drin . - Ich sehe an Ihrem verdutzten Gesicht, dass Ihnen das nicht bekannt war . Aber dann war Ihr ganzer Vortrag neben der Sache .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Herr Kollege Beck, an der Position der Bundesregierung hat sich durch Ihre Ausführungen sicher nichts geändert. Ich weise noch einmal darauf hin, dass Defizite im praktischen Bereich, die durch eine Ratifizierung beseitigt werden könnten, in Deutschland nicht nachgewiesen werden konnten . Das ist ein weiterer Grund für die Bundesregierung, bei ihrer Haltung zu bleiben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Beck, noch eine Nachfrage?

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das wäre zumindest ein neues Verhältnis der Bundesregierung gegenüber internationalen Menschenrechtskonventionen . Ist es in Zukunft so, dass wir nur noch unterzeichnen, wenn wir erheblichen Umsetzungsbedarf haben? Ich habe es immer so verstanden, dass wir zur Durchsetzung von Menschenrechten auf internationaler Ebene gerade dann unterzeichnungsfreudig sind, wenn dem kein Umsetzungsbedarf oder rechtliche Bedenken entgegenstehen . Das wäre eine völlig neue Positionierung der Bundesregierung, die Sie hier gerade vorgenommen haben . Ist das abgestimmt?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Herr Kollege Beck, auch diese Äußerungen sind nicht sensationell . Die Bundesregierung nimmt die Empfehlung internationaler Gremien stets sehr ernst und setzt sich mit ihnen auseinander, freilich nicht unkritisch . Keines der Gremien, die die Ratifikation des 12. Protokolls empfehlen, hat auf praktische Defizite in Deutschland hingewiesen, die durch eine solche Ratifikation beseitigt werden könnten . Das ist ein weiterer Grund, weshalb wir bei unserer seitherigen Position bleiben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs angelangt . Herzlichen Dank für die Beantwortung der Frage . Vizepräsidentin Ulla Schmidt http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-Country/Germany/DEU-IFU-V-2017-006-ENG.pdf http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-Country/Germany/DEU-IFU-V-2017-006-ENG.pdf Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zur Verfügung . Die Frage 25 des Abgeordneten Manuel Sarrazin wird schriftlich beantwortet . Ich rufe deshalb die Frage 26 des Abgeordneten Uwe Kekeritz auf: Inwiefern sind die von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble in seinem Gastbeitrag in der Zeit angekündigten Investitionspartnerschaften mit den fünf afrikanischen Ländern - Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien - im Rahmen des von ihm initiierten „Compact with Africa“ ({0}) kohärent mit dem „Marshallplan“ von Bundesentwicklungsminister Dr . Gerd Müller, und wurden die aktuellen Pläne des Bundesfinanzministers vorab mit der Bundeskanzlerin und dem Bundesentwicklungsminister abgestimmt, ehe diese in der neunten Kalenderwoche die Elfenbeinküste und Tunesien besucht haben? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kekeritz, die G-20-Partnerschaft mit Afrika ist ein zentrales Vorhaben im Rahmen der deutschen G-20-Präsidentschaft . Die G-20-Initiative im Finanzstrang der G 20 verfolgt das Ziel, Investitionspartnerschaften - das sind die sogenannten Compacts - zwischen einzelnen afrikanischen Ländern, internationalen Organisationen wie etwa der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank und dem Internationalen Währungsfonds und gegebenenfalls bilateralen Partnern abzuschließen mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für private Investitionen zu verbessern . Diese Compact-Initiative ist nachfrageorientiert . Das heißt, die Länder müssen ihr Interesse und ihre Bereitschaft signalisieren, die Rahmenbedingungen für private Investitionen in ihrem Land zu verbessern . Die Initiative steht grundsätzlich allen afrikanischen Ländern offen . Fünf Länder haben bisher starkes Interesse an der Initiative bekundet und dieses mit einem Schreiben an den Bundesminister der Finanzen unterstrichen . Das sind die Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien . Diese Länder wurden daraufhin zum G-20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure in Baden-Baden eingeladen und sollen auch an der G-20-Konferenz zur Afrika-Partnerschaft am 12 . und 13 . Juni 2017 teilnehmen . Mögliche deutsche Beiträge zu solchen Compacts werden gemeinsam von dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung konzipiert und nach Sachlage mit anderen Ressorts abgestimmt . Hierbei können die im Papier des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „Afrika und Europa - Neue Partnerschaft für Entwicklung, Frieden und Zukunft“ dargestellten Eckpunkte in die Diskussion mit einfließen.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat der Kollege Kekeritz die Möglichkeit, noch zwei Nachfragen zu stellen . Bitte schön .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Eines der neuesten Wörter in der Regierung ist „Kohärenz“ . Das heißt, die einzelnen Ministerien sollten möglichst weit abgesprochen politische Initiativen ergreifen, und zwar nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch mit der EU oder darüber hinaus . Dabei stellt sich die Frage, wie viele solcher Initiativen parallel sinnvoll sind . Es gibt bekanntlich den Müller’schen Marshallplan, es gibt den Juncker’schen Plan zur EIB, und jetzt gibt es noch den „Compact with Africa“ auf G-20-Ebene . Wie korrelieren diese drei Pläne miteinander, wie ist das abgesprochen? Und warum bestand niemals der Versuch, diese drei Initiativen zu vereinigen?

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Zunächst einmal habe ich den Eindruck, Herr Kollege Kekeritz, dass das Verhalten und die Handlungsweise der Bundesregierung kohärent sind, weil die drei Initiativen, die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, miteinander korrelieren und miteinander abgestimmt sind, aber jeweils unterschiedliche Zielrichtungen haben . Bei der G-20-Initiative, die unser Haus vorantreibt, geht es darum, dass wir auf Ebene der G 20 ein gemeinsames Vorgehen organisieren . Es geht also weniger um Beiträge, die die Bundesrepublik Deutschland direkt aus öffentlichen Mitteln leistet, sondern um ein abgestimmtes Vorhaben auf G-20-Ebene . Wir zielen darauf, Rahmenbedingungen für private Investitionen in Afrika zu verbessern, und wollen dazu animieren, dass bereits existierende internationale Organisationen sich in diesem Sinne an Investitionen privater Natur oder Infrastrukturinvestitionen in Afrika beteiligen . Wenn die Frage gestellt werden sollte, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland sich aus öffentlichen Mitteln beteiligt: Das könnte im Rahmen dessen erfolgen, was der Kollege Müller vorgeschlagen hat und Sie in Ihrer Frage als Marshallplan für Afrika bezeichnet haben . ({0}) Das würde sozusagen ergänzend in dieses Konzept passen und wäre dann ein originär deutscher Beitrag in diesem Zusammenhang . Selbstverständlich kann sich im Geleitzug internationaler Organisationen auch die Europäische Union einbringen . Dort wäre der dritte Teil, den Sie angesprochen haben, als Initiative möglich . Insofern passen die Dinge in der Struktur sehr gut zueinander .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kekeritz . Vizepräsidentin Ulla Schmidt http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Namensbeitrag/2017/03/2017-03-02-zeit-schaeuble.html http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Namensbeitrag/2017/03/2017-03-02-zeit-schaeuble.html

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Diese Antwort hätte mir auch das BMZ gegeben, und zwar mit der genau gleichen Begründung . Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Plänen des Herrn Müller, seinem Marshallplan, und den Plänen des Global Compact . Aber zur Sache noch einmal: Es gibt einen gemeinsamen Bericht der Afrikanischen Entwicklungsbank, der Weltbank und des IWF . Dieser Bericht sollte analysieren, welche Projekte und welche Investitionen sinnvoll sind und wie sie gefördert werden können . Das ist sicherlich eine interessante Studie . Aber sie liegt uns nicht vor . Warum liegt sie uns bislang nicht vor, und wann legen Sie uns diese Studie vor?

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht beantworten, Herr Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann bekomme ich die Antwort schriftlich . - Danke schön .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Zu dieser Frage: Ja . Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass ich in der Antwort, die ich gegeben habe, nicht den Eindruck erweckt habe, dass die beiden Initiativen - Marshallplan mit Afrika vom Kollegen Müller und „Compact with Africa“ - ein und dasselbe seien . Vielmehr habe ich ausführlich dargelegt, dass es sich um unterschiedliche Initiativen handelt, die aber untereinander in vernünftiger Beziehung stehen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Dann kommen wir zur Frage 27 des Abgeordneten Uwe Kekeritz: Welche konkreten Inhalte umfassen die von Bundesfinanzminister Dr . Wolfgang Schäuble angestrebten Investitionsvereinbarungen zwischen den einzelnen afrikanischen Ländern, internationalen Organisationen und Partnerländern, und welche Rolle nehmen Vertreterinnen und Vertreter des Bundesentwicklungsministeriums bzw . der Bundesentwicklungsminister beim Treffen der G-20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure am 17 . und 18 . März 2017 in Baden-Baden ein? Bitte schön .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin! Herr Kollege Kekeritz, die individuellen Investitionspartnerschaften werden zwischen den Compact-Ländern, den internationalen Organisationen, wie etwa dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank, sowie den interessierten bilateralen Partnern entwickelt, zu denen unter anderem Deutschland gehören kann . Die internationalen Organisationen erstellen zurzeit einen Bericht - diesen haben Sie angesprochen -, der mögliche Elemente zusammenstellt, aus denen sich Compacts zusammensetzen können und die geeignet sind, die Rahmenbedingungen für private Investitionen zu verbessern . Der Bericht kann dann, wenn er fertiggestellt ist, als Orientierung für die Erarbeitung konkreter Investitionspartnerschaften in Afrika dienen . Das Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure am 17 . und 18 . März dieses Jahres in Baden-Baden ist eine Veranstaltung der deutschen G-20-Präsidentschaft . Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Finanzminister und Notenbankgouverneure der G 20, der Gastländer und Vertreter internationaler Organisationen . Im Hinblick auf Afrika wird im Rahmen dieses Treffens ausschließlich die „Compact with Africa“-Initiative behandelt, die eine Säule der „Partnership with Africa“-Initiative darstellt und zusammen mit den anderen Dialogsträngen bei der G-20-Afrikakonferenz im Juni adressiert wird . Eine aktive Teilnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist dort nicht vorgesehen . Zur Rolle des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Entwicklung deutscher Beiträge darf ich auf das, was ich vorhin gesagt habe, verweisen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Eine Nachfrage?

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, zwei .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das ist hochinteressant . Sie haben gerade erklärt, dass die einzelnen Konzepte - Marshallplan, EIB und Compact - sich ergänzende Systeme darstellen sollen, die irgendwie harmonisch zusammenarbeiten werden . Angesichts dessen stelle ich die Frage, warum der Entwicklungsminister hier nicht mitarbeitet . Selbstverständlich müsste er mitarbeiten, um Doppelungen oder Parallelstrukturen zu verhindern . Es kann doch nicht sein, dass Sie ein so großes Projekt verfolgen, während Herr Müller parallel ebenfalls ein riesengroßes Projekt initiiert . Da kann es eigentlich nicht zu Kohärenz kommen . Welche Maßstäbe haben Sie eigentlich angelegt, um zu sagen, dass Herr Müller daran nicht teilnehmen darf, und nach welchen Kriterien wurden die betreffenden fünf Länder ausgewählt? Sie haben vorhin gesagt, dass sich diese Länder beworben haben . Aber soviel ich weiß, ist die Anzahl der Bewerbungen viel höher als fünf .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Die G 20 ist von ihrer Entstehungsgeschichte her ursprünglich ein Arbeitsgremium der Finanzminister und der Notenbankgouverneure . Später gab es eine Ausweitung, die dazu geführt hat, dass die Regierungschefs im Rahmen ihres eigenen Formats auf G-20-Ebene tätig geworden sind . Die Bundesrepublik Deutschland hat nun dafür gesorgt, dass „Compact with Africa“ als eines der zentralen Themen der deutschen Präsidentschaft in diesem Jahr in das G-20-Format aufgenommen wird . Es ist selbstverständlich, dass sich dadurch das Format der G 20, wie es seit Jahrzehnten besteht, nicht verändert; denn es geht, wie ich ausdrücklich gesagt habe, nicht um eine deutsche Initiative beim „Compact with Africa“, sondern darum, dass wir als Präsidentschaft das Thema für alle G-20-Staaten und die internationalen Organisationen aufsetzen . Wenn wir dann als Bundesrepublik Deutschland einen konkreten Beitrag leisten wollen, dann muss das die Bundesregierung intern abstimmen . Dann stellt sich auch die Frage der Abstimmung mit anderen Ressorts, speziell mit dem BMZ . Aber für das Format in Baden-Baden sind grundsätzlich Notenbankgouverneure und Finanzminister vorgesehen . Was die Bewerbung der Länder betrifft, so haben wir einfach beschrieben, worum es geht . Dann haben wir die Bewerbungen in der zeitlichen Reihenfolge entgegengenommen und diese mit den vorhandenen Zielen abgeglichen; denn es geht um die Frage, wie vernünftige makroökonomische bzw . wirtschaftliche Rahmenbedingungen entstehen können, um speziell private Investitionen, wie ich es genannt habe, zu aktivieren . Vor diesem Hintergrund haben wir uns bei den Bewerbungen angesehen, welche Länder am ehesten infrage kommen, um bei diesen entscheidenden Punkten der Initiative voranzukommen und als Pilotprojektländer dienen zu können .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine letzte Frage ist: Solche großen Projekte verlangen natürlich eine Finanzierung . Wir wissen, dass beim Marshallplan zurzeit null Euro zur Verfügung stehen . Vielleicht ändert sich das noch . Wie viele Mittel wollen Sie denn in das Projekt „Compact with Africa“ einstellen? Welche Hebel wollen Sie da ansetzen? Wie hoch soll der Anteil der öffentlichen Gelder sein, wie hoch soll der private Anteil sein? Sie kennen das Projekt von EIB und Kommission, den Juncker-Plan . In dem heißt es, dass die öffentlichen Kassen 3,5 Milliarden Euro geben, und wie durch einen Zauber entstehen dann Investitionen von über 88 Milliarden Euro . Wir sind alle gespannt darauf . Wie schaut das beim „Compact with Africa“ aus? Sind da auch solche Zaubertricks geplant?

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Bei dem „Compact with Africa“ geht es um etwas ganz anderes . ({0}) Beim „Compact with Africa“, Herr Kollege Kekeritz, geht es darum, dass die Zielländer für Investoren attraktiv werden . Ich habe eben gesagt, dass wir uns die makroökonomischen Rahmenbedingungen in den Zielländern anschauen, um zu erkennen, wie die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Schuldentragfähigkeit aussehen, wie es mit dem Management von öffentlichen Investitionen in diesen Ländern aussieht, wie es mit der Staatswirtschaft aussieht, wie es in den Bereichen Regulierung und Institutionen für Regulierung aussieht, wie es in diesen Ländern mit der Projektvorbereitung aussieht, wenn Projekte realisiert werden sollen, wie es mit der Standardisierung von Projektverträgen und Finanzierungsverträgen aussieht, wie es mit den Regulierungsrahmen für Langzeitinvestitionen aussieht - denn ein Investor will nicht nur wissen, wie die Situation zum Zeitpunkt der Investition ist, sondern welchen Erwartungswert er über die Laufzeit der Investition hat -, wie man Risiken, die in diesen Ländern vorhanden sind, reduzieren kann, wie man im Inland Fremdkapitalmärkte aufbauen und strukturieren kann und wie Finanzinstrumente für Infrastrukturinvestitionen entwickelt werden können . Was wir wollen, sind nachhaltige Investitionen von privaten Investoren, die nicht aus ideellem Grund, sondern weil sie glauben, dass sich die Investition für sie rentiert, dort investieren . Dann ist unser Ziel, ausgehend von den fünf Pilotländern, das auf andere Länder Afrikas zu erweitern . Wir glauben, dass das ein Ansatz ist, bei dem es nicht darum geht, ein Budget zur Verfügung zu stellen und sich dann zu beruhigen, sondern dass es um eine ganz neue Struktur, einen ganz neuen Ansatz der nachhaltigen Hilfeleistung geht .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Es liegen keine weiteren Fragen zu diesem Geschäftsbereich vor . Ich bedanke mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen . Die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten Oliver Krischer zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, die Fragen 30 und 31 der Abgeordneten Katrin Werner, die Fragen 32 und 33 der Abgeordneten Corinna Rüffer und die Frage 34 der Abgeordneten Brigitte Pothmer zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Fragen 35 und 36 des Abgeordneten Friedrich Ostendorff zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die Frage 37 der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Frage 38 des Abgeordneten Dr . André Hahn, die Fragen 39 und 40 der Abgeordneten Sabine Zimmermann sowie die Fragen 41 und 42 der Abgeordneten Pia Zimmermann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit werden schriftlich beantwortet . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auf . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle zur Verfügung . Die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten Herbert Behrens werden schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 45 des Kollegen Matthias Gastel auf: Welche Kriterien legt die Bundesregierung bei der Personalauswahl für ihren Vorschlag gegenüber dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG für die Bestellung des künftigen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG zugrunde, und plant die Bundesregierung eine personelle Neubesetzung der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG innerhalb der nächsten sechs Monate?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, ich gehe einmal davon aus, dass der Kern Ihrer Fragestellung sich durch Zeitlauf und getroffene Entscheidungen eigentlich ein Stück weit überholt hat . Ich will aber hinzufügen, dass sich die Bundesregierung zu Personalspekulationen, wie Sie sicherlich wissen, grundsätzlich nicht äußert . Um aber einer Nachfrage vielleicht zuvorzukommen, darf ich Ihnen mitteilen, dass die erforderliche Neubesetzung in der vermutlich nächsten Aufsichtsratssitzung der DB AG am 22 . März 2017 erfolgen soll .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Herr Kollege Gastel .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär Barthle, ich glaube, ich habe da irgendetwas nicht mitbekommen . Also, ich habe seitens der Bundesregierung noch keinen Personalvorschlag für die Besetzung des Postens des Vorstandsvorsitzenden bei der Deutschen Bahn gehört . Deswegen ist die Frage natürlich nach wie vor aktuell, und ich bitte Sie um Beantwortung: Welche Kriterien legt die Bundesregierung bei ihrem Vorschlag, wer das werden soll, wer die Nachfolge von Herrn Grube antreten soll, zugrunde? Was ist für Sie wichtig? Wie gewichten Sie das Ganze? Der Hintergrund der Frage ist klar: Es geht auch darum, welches Verständnis die Bundesregierung als Vertreterin des Eigentümers, des Bundes, gegenüber dem Bahnkonzern hat, der ja ein etwas seltsames Konstrukt ist, nämlich als Aktiengesellschaft gewinnorientiert arbeiten soll, aber gleichzeitig mit Mobilitätsdienstleistungen auch öffentliche Aufgaben zu erfüllen hat . Ich möchte gerne von Ihnen hören, welche Kriterien Sie ansetzen . Was ist Ihnen bei der Stellenbesetzung wichtig an Voraussetzungen, die diese Person mitbringen soll?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Danke, Herr Kollege Gastel . Ich will nochmals darauf abheben, dass die Entscheidungen noch nicht getroffen worden sind; das ist richtig . ({0}) - Die Kriterien, die zugrunde gelegt werden, sind - wie immer - die notwendige Qualifikation, die die Persönlichkeit mitbringen muss, um einen solchen Konzern zu führen . Das ist eine Vielzahl von Kriterien, die auch unterschiedlich zu gewichten sind, und diese Kriterien werden zugrunde gelegt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Eine weitere Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Lieber Herr Staatssekretär, ob das jetzt das Beste für die Deutsche Bahn erwarten lässt, wenn Sie so genau sagen können, was die Person mitbringen soll, die einen der größten und schwierigsten Konzerne, die es in Deutschland gibt, führen soll, das wage ich einmal zu bezweifeln . Da habe ich dann doch wirklich größte Befürchtungen, wenn Sie nicht einmal wissen, was die Kriterien sind und was die Qualifikation ausmacht. Das ist ein bisschen dünne Suppe . Also, jede Stellenausschreibung für einen Pförtner ist da doch etwas detaillierter als Ihre Kriterien für die Suche nach dem neuen Bahnchef; das muss ich ja schon einmal deutlich sagen . Ich bin da sehr verwundert . Die Frage hat aber noch einen zweiten Frageteil, auf den Sie ebenfalls nicht eingegangen sind . Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Vertrauen zum Aufsichtsratsvorsitzenden seitens der Bundesregierung noch gegeben ist, nachdem ihr Vorschlag, den Vertrag mit Herrn Grube zu verlängern, nicht durchgesetzt werden konnte, offensichtlich auch, weil in der Kommunikation durch den Aufsichtsratsvorsitzenden vieles schiefgelaufen ist und die Aufsichtsratsmitglieder nicht ausreichend mitgenommen worden sind . Deswegen bitte auch hier die Frage: Wie geht es weiter mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats? Halten Sie am jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden fest, oder haben Sie vor, hier eine Neubesetzung in Angriff zu nehmen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, das sind Angelegenheiten des Aufsichtsrats der DB AG, die im Aufsichtsrat auch entsprechend behandelt werden . Die Vertreter der Bundesregierung und des Parlaments, die in diesem Aufsichtsrat zugegen sind, werden sicherlich Sorge dafür tragen, dass dieser Aufsichtsrat ordentlich arbeiten kann . Aber aus Sicht der Bundesregierung bin ich nicht befugt, mich zu diesen Interna öffentlich entsprechend zu äußern .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . Dann rufe ich die Frage 46 des Abgeordneten Matthias Gastel auf: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem drohenden Ausschluss der Tochter des bundeseigenen Bahnkonzerns Deutsche Bahn AG, DB Regio, von laufenden und bevorstehenden Vergabeverfahren aufgrund anhaltender Unzuverlässigkeit des Bahnunternehmens bei der Erbringung vereinbarter Leistungen auf Bahnstrecken wie der Frankenbahn, der Rems- und Filstalbahn und der Bodenseegürtelbahn ({0}), und inwiefern macht die Bundesregierung ihre Einflussmöglichkeiten auf das im Staatseigentum befindliche Unternehmen dahin gehend geltend, dass sich die Fahrgäste wieder auf vertragsgemäße Bahnangebote verlassen können? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Zu dieser Frage 46 lautet die Antwort wie folgt: Bei der Deutschen Vizepräsidentin Ulla Schmidt Bahn AG, DB AG, und ihren Tochtergesellschaften wie der DB Regio AG handelt es sich um in privatrechtlicher Form geführte gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmen, welche den Regelungen des Aktiengesetzes unterliegen . Gemäß § 76 Absatz 1 des Aktiengesetzes werden sie vom Vorstand in eigener Verantwortung geleitet . Das operative Geschäft fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Gesellschafters . Hierzu gehören die vertragsgemäße Erbringung von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr und die Erfüllung der Voraussetzungen zur Beteiligung an wettbewerblichen Vergabeverfahren .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Gastel, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? Bitte .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, eine solche Antwort habe ich befürchtet . Sie haben vom operativen Handeln des Unternehmens gesprochen . Das ist zunächst einmal richtig . Aber es ist erstens Ihr Unternehmen, das Unternehmen des Bundes; für dieses Unternehmen trägt die Bundesregierung in besonderer Weise Verantwortung . Zweitens ist es so, dass sich das operative Ergebnis, also das monetäre Ergebnis in der Bilanz, auch auf den Haushalt des Bundes auswirkt . Wenn nämlich die Deutsche Bahn nicht mehr die Gewinne erzielt, die der Bund erwartet, dann kann keine Dividende gezahlt werden, und davon ist der Bundeshaushalt betroffen . Deswegen können Sie sich nicht so billig davonstehlen wie hier, indem Sie einfach sagen: Wir haben damit nichts zu tun . Das soll die Deutsche Bahn entscheiden . - Es wirkt sich auf den Bundeshaushalt aus . Deswegen muss es auch im Interesse des Bundes sein, dass die Geschäfte laufen . Darüber hinaus sollte es auch im Interesse des Bundes sein, die Fahrgastinteressen zu vertreten . Die Fahrgastinteressen werden eben nicht vertreten, wenn die Leistungen Ihres bundeseigenen Konzerns nicht erbracht werden . Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Selbstverständlich, Herr Kollege Gastel . Sie haben vollkommen recht: Es ist ein zentrales verkehrspolitisches Ziel der Bundesregierung, die Qualität der öffentlichen Personennahverkehre weiter zu verbessern und auch bedarfsgerechte Angebote im Schienenpersonennahverkehr in der Fläche sicherzustellen . Das ist ein Ziel der Bundesregierung . Aber - das füge ich mit großem Nachdruck hinzu - das ist eine Aufgabe der Länder; sie sind hierfür zuständig . In diesem Fall ist es der baden-württembergische Landesverkehrsminister, den wir alle noch gut kennen: Winfried Hermann . Wir, die Bundesregierung, stellen den Ländern über das Regionalisierungsgesetz jährlich 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung, und die Länder haben diese Mittel in erster Linie zur Finanzierung der Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr oder für Investitionen zur Verbesserung des ÖPNV einzusetzen . Insofern liegt die Verantwortlichkeit eindeutig und klar bei den Ländern .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Gastel, Ihre zweite Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

In der Tat setzen die Länder die Regionalisierungsmittel des Bundes ein, um den Schienenpersonennahverkehr zu bestellen; so macht das auch Baden-Württemberg . Das heißt aber umgekehrt auch, dass die Deutsche Bahn bzw . die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio die Mittel des Bundes, die über die Länder vergeben werden, nicht vertragsgemäß einsetzen . Insoweit kann mein Appell an die Bundesregierung nur lauten, die Sache ernst zu nehmen . Es fließen Bundesmittel über die Länder an die DB Regio, die ihre Verträge nicht erfüllt und die Zugfahrten zu häufig ausfallen oder Züge zu spät fahren lässt. Damit haben Sie auch über diese Schiene - im wahrsten Sinne des Wortes - eine Verantwortung dafür, welche Leistungen die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio erbringt . Ich möchte hier nicht nur nach der Verwendung der Regionalisierungsmittel fragen . Sie haben jetzt gesagt: Die Länder können dann ja handeln . - Das Land Baden-Württemberg verlangt Pönale, also Strafzahlungen, droht der Deutschen Bahn mit dem Ausschluss, und jetzt sagen Sie: Die Länder sollen handeln . Was sollen die Länder aus Ihrer Sicht denn noch machen? Was raten Sie den Ländern, wenn die Möglichkeiten, die sie haben, offensichtlich nicht fruchten, um die Züge im Interesse der Fahrgäste regelmäßig und zuverlässig fahren zu lassen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, wie Sie richtigerweise dargestellt haben, schließen die Länder Verträge mit der DB Regio . Wenn die DB Regio den Wortlaut dieser Verträge nicht erfüllt und ihren Leistungen nicht nachkommt, dann ist es Aufgabe der Länder, für die Einhaltung dieser Verträge zu sorgen, und zwar mit dem entsprechenden Nachdruck, bzw . die Verträge so auszugestalten, dass für die DB Regio kein Ausweg möglich ist . Noch einmal: Derjenige, der die Verträge mit der Bahn schließt, der muss auch für die Einhaltung dieser Verträge sorgen . Das ist nicht Aufgabe des Bundes . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Gastel, Sie haben schon zwei Zusatzfragen gestellt . - Die Frage 47 des Abgeordneten Stephan Kühn wird schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches . Ich bedanke mich beim Staatssekretär Barthle für die Beantwortung . Wir sind auch am Ende der Fragestunde angelangt . Ich unterbreche die Sitzung des Deutschen Bundestages bis circa 15 .35 Uhr . ({0})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die unterbrochene Sitzung eröffne ich jetzt wieder und rufe den Zusatzpunkt 2 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ehe für alle Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Volker Beck für Bündnis 90/Die Grünen das Wort .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist Internationaler Frauentag . ({0}) Als schwuler Mann möchte ich da einmal Danke sagen: der Frauenbewegung, den Feministinnen für ihren Kampf für Gleichberechtigung und gegen patriarchale Rollenbilder. Davon haben wir Schwule heftig profitiert. ({1}) Wir Schwulen sind die Kriegsgewinnler des Geschlechterkampfs . Dass wir heute diese Debatte führen können, ist auch ein Erfolg der Frauenbewegung . ({2}) Meine Damen und Herren! Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung . Das sind unsere gemeinsamen Werte . - Das sagte Bundeskanzlerin Merkel am 9 . November 2016, und recht hat sie . Aber 2013 hat Frau Merkel gesagt: Ich tue mich schwer mit der völligen Gleichstellung . - Ich sage: Alles andere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung . ({3}) Lassen Sie uns Deutschland zum 21 . Land machen, das die Ehe für alle einführt! ({4}) Es ist hohe Zeit, und wir müssen uns langsam daranmachen . Wir diskutieren seit 1990, damals aufgrund einer Initiative der damaligen Grünenfraktion in diesem Hohen Hause, also schon 27 Jahre lang, über diese Frage . Wir haben in dieser Wahlperiode 34 Sitzungswochen lang im Rechtsausschuss die Vorlagen von Linken und Grünen sowie vom Bundesrat vertagt . Jetzt sind Entscheidungen gefragt . ({5}) Für wen machen Sie eigentlich Politik? ({6}) 83 Prozent sind für die Ehe für alle . Sie machen eine sektiererische Politik für 17 Prozent im Land, für die AfD, die nur bei der Bundesversammlung hier saß, und für die Splittergruppe der CSU aus Bayern . ({7}) 63,2 Prozent sind für gleiches Adoptionsrecht für homosexuelle Paare . Deshalb war es richtig - ich unterstütze da die Sozialdemokraten ausdrücklich -, dass Ihr Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann im Spiegel gesagt hat: CDU und CSU sollten endlich über ihren Schatten springen und die „Ehe für alle“ nicht weiter blockieren . . . Derzeit sprechen alle davon, dass es gilt, unsere Werte zu verteidigen . Das darf aber nicht nur in Sonntagsreden passieren, sondern muss konkrete Politik sein . Und das sollten wir jetzt hier machen . ({8}) Was haben denn Ihre Obermohren - es gibt bei Ihnen auch viele, die für die Öffnung der Ehe für alle sind - dagegen einzuwenden? ({9}) Ich zitiere Ihren Fraktionsvorsitzenden aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Für mich ist die Ehe im Sinne des Grundgesetzes die Verbindung von Mann und Frau . . . . Die sogenannte Homo-Ehe, also die Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Verbindungen, lehne ich ab . . . Grund: keiner . Weil ich es kann, weil ich die Mehrheit habe, weil ich in der Blockadeposition bin . So geht das aber nicht im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat . ({10}) Das Grundgesetz überlässt es dem Gesetzgeber und der gesellschaftlichen Entwicklung, was unter Ehe und Familie zu verstehen ist . Das haben Sie nie verstehen wollen . Das Bundesverfassungsgericht hat den Familienbegriff mehrmals geändert . Heute gibt es eheliche, nichteheliche und lebenspartnerschaftliche Familien . Das hat das Bundesverfassungsgericht als Wandel des Begriffs der Familie festgestellt . Früher verstand man darunter immer nur die eheliche Familie . Das Gleiche gilt für den Ehebegriff . Schon 1993 hat das Gericht gesagt, dass der Begriff der Ehe einem gesellschaftlichen Wandel unterliegen kann . Der gesellschaftliche Wandel ist eingetreten . Schauen Sie sich die Meinungsumfragen an, wie Ihre Wählerinnen und Wähler darüber reden . Wenn zwei Schwule oder zwei Lesben zum Standesamt gehen, dann reden sie von Ehe, von heiraten und dergleichen mehr und nicht von verpartnern, eintragen und wie es bürokratisch alles heißt . ({11}) Das Bundesverfassungsgericht selbst hat die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen mit seiner Entscheidung zum Transsexuellengesetz geschaffen . Es gibt also bereits gleichgeschlechtliche Ehen in Deutschland, wenn auch wenige . Die internationale Rechtsentwicklung ist auch heranzuziehen, wenn man sich den Begriff anschaut: 20 Länder, die die Ehe geöffnet haben . Damit können Sie nicht mehr behaupten, der Geschlechtsverschiedenheit der Ehe käme eine prägende Bedeutung zu . ({12}) Meine Damen und Herren, zum Schluss will ich den Abgeordneten Kahrs zitieren, der nach mir reden wird . Sie haben schon 2016 gesagt: Es reicht . Ich habe einfach keine Lust mehr . Ich verspreche Ihnen eines: Wenn das Thema hier im Deutschen Bundestag noch einmal aufkommt, dann werden wir in der SPD-Fraktion darüber abstimmen, wie wir hier abstimmen . Ja, meine Damen und Herren, dann lassen Sie es uns endlich machen . ({13}) Lassen Sie uns vor dem 30 . Juni den Gesetzentwurf des Bundesrates, der im Rechtsausschuss liegt, hier in dritter Lesung beraten und ihn mit einer Mehrheit verabschieden . Dann ist die Frage endlich erledigt . Wenn Sie das nicht tun, muss man den Verdacht haben, Sie wollen ewig Sklave in der Großen Koalition bleiben . Hüten Sie sich davor; denn wir wissen nicht, wer die Mehrheit in der nächsten Wahlperiode hat . Wir hoffen, dass es anders kommt . ({14}) Aber es könnte auch sein, dass AfD und Union knapp über 50 Prozent der Sitze haben . Dann hätten wir diese Mehrheit, die wir heute haben, auf jeden Fall nicht mehr . ({15}) Deshalb haben Sie eine hohe Verantwortung, jetzt zu handeln, wenn es möglich ist, statt den 199 . Wahlkampf zum Thema „Öffnung der Ehe für alle und 100 Prozent Gleichstellung nur mit uns“ zu machen . Machen Sie die Gleichstellung jetzt, dann wissen die Leute auch, woran sie sind . Vielen Dank . ({16})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Für die CDU/CSU spricht jetzt die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker . ({0})

Elisabeth Winkelmeier-Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003865, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die These der heutigen Diskussion lautet offenbar: Wer nicht für die Ehe für alle ist, der ist homophob, der ist diskriminierend . ({0}) Dieser These möchte ich zunächst einmal ganz ausdrücklich widersprechen . ({1}) Für meine Person und für fast alle, die ich kenne, ist dies zu widerlegen . Ich weiß nicht, wem Sie mehr Unrecht tun: denen, denen Sie permanent zu Unrecht unterstellen, dass sie homophob sind und diskriminierend, ({2}) oder vielleicht den Betroffenen selber, die sich dadurch viel mehr gesellschaftlicher Ablehnung ausgesetzt sehen, als es der Wahrheit entspricht . ({3}) Es gibt andere Gründe dafür, an zwei Begriffen festzuhalten . Der wesentliche Einwand ist, dass die Ehe kein staatlicher Begriff ist, sondern es ist ein seit langer Zeit kulturell und religiös vorgeprägter Begriff, der uns in diesem Sinne überhaupt nicht gehört und über den wir nicht alleine verfügen können . ({4}) Er wird von der Kirche immer noch so verstanden, ({5}) er wird von der Gesellschaft in weiten Teilen so verstanden . Deshalb können wir dies nicht abschaffen, solange hier nicht Einigkeit besteht . Es kommen verfassungsrechtliche Bedenken hinzu . Ohne Zweifel haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes ganz klar die Gemeinschaft von Mann und Frau vor Augen gehabt, als sie Artikel 6 formuliert haben . ({6}) Auch das Bundesverfassungsgericht sagt ganz klar, zu den wesentlichen Merkmalen der Ehe gehört die Verschiedengeschlechtlichkeit und die Anlegung auf Dauer, und das auch in der jüngeren Rechtsprechung . Dass dem Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle jemand Homophobie vorgeworfen hätte, habe ich in diesem Jahrtausend jedenfalls noch nicht gehört . ({7}) Ich rate uns im Übrigen, Veränderungen im Recht nicht im Wege der Begriffsjurisprudenz, im Wege des Umdefinierens von Begriffen, vorzunehmen. Das geht schief, wie auch im aktuellen Gesetzentwurf des Familienministeriums zum Mutterschutz . ({8}) Meine Damen und Herren, nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 haben wir viele Änderungen durchgebracht, die wirklich dazu geführt haben, dass eine gleiche rechtliche Situation bei Ehe und Lebenspartnerschaft besteht: Zwischen den Partnern bestehen die gleichen Rechte . Es gibt die gleichen Formvorschriften . Das Erbrecht, das Steuerrecht, weitgehend auch das Adoptionsrecht sind angepasst . Mir persönlich ist die Diskussion über die steuerliche Gleichstellung noch sehr gut in Erinnerung, weil ich mich persönlich sehr stark gegen die damalige echte Diskriminierung eingesetzt habe ({9}) und damit in meiner Partei nicht nur Freude ausgelöst habe . Es bleibt die Frage, ob allein die Verwendung unterschiedlicher Begriffe eine Diskriminierung darstellt . Das Grundgesetz gibt uns da eigentlich schon ein Gegenbeispiel . Da heißt es nämlich in Artikel 3 Absatz 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt . Auch hier gibt es also unterschiedliche Begriffe, aber gleiche Rechte . ({10}) Wenn auch gerade am Weltfrauentag natürlich zu beklagen ist, dass gleiche Rechte noch nicht zu 100 Prozent erreicht sind, kommt keiner auf die Idee, dass man das im Wege der Definition ändern kann. ({11}) Dann wird immer argumentiert, es schade doch der Ehe nicht, wenn wir sie für gleichgeschlechtliche Partnerschaften öffnen . Das ist auch nicht meine Sorge . Aber es geht auch andersrum: Ich war vor meiner Zeit im Bundestag als Familienrichterin tätig und habe viele Familiensachen behandelt . Von daher kann ich Ihnen glaubhaft versichern, dass allein der Begriff der Ehe nicht die Garantie für glückliche Partnerschaft und glückliches Zusammensein ist, ({12}) sondern dabei kommt es auf andere Dinge an, auf Gemeinsamkeit, auf die Beziehung, auf die Liebe, auf den Schatz an Gemeinsamkeiten und die Substanz der Beziehung . Wir haben hier eine Aktuelle Stunde . Das ist normalerweise eine spontane Debatte über eine Frage, die keinen Aufschub verträgt . Nun hatten wir Karneval im Rheinland - vielleicht habe ich etwas verpasst . Aber eigentlich war hier der einzige Anlass - das Einzige, was sich geändert hat - die Äußerung von Fraktionschef Oppermann, dass er an das Thema noch mal ran will . Eigentlich hätte es gereicht, wenn Sie sich deshalb mit ihm zum Kaffee getroffen hätten . Aber okay, wir diskutieren das auch gerne hier in dieser Debatte . ({13}) Es wurde gerade klar, dass Sie die SPD unter Druck setzen wollen und der Union ein altbackenes Image anhängen wollen . ({14}) Ich will dem ausdrücklich entgegentreten . Wir haben ein klares Menschenbild, das Würde und Werte eines MenElisabeth Winkelmeier-Becker schen nicht davon abhängig macht, welcher sexuellen Orientierung er anhängt . ({15}) Wir wollen die Rehabilitierung der früher nach § 175 verurteilten Männer . Wir haben die LSU in unserer Partei; sie wird sehr geschätzt . Da wird natürlich auch für die Öffnung der Ehe geworben . Wir haben eine Verteidigungsministerin, die sich als Erste an das Thema herangewagt hat, die Situation von Homosexuellen in der Bundeswehr aufzuarbeiten . ({16}) Wir haben da, auch was den Zugang zu interessanten und einflussreichen Positionen in unserer Partei angeht, wirklich kein Defizit; auch Menschen mit homosexueller Orientierung kommen in die entsprechenden Ämter, ({17}) und das nicht, weil sie homosexuell sind, auch nicht, weil sie nicht homosexuell sind oder trotzdem, sondern einfach völlig unabhängig davon, weil sie einfach gut sind . Das ist unsere Herangehensweise . Ich denke, es muss so normal und unspektakulär sein, wie es ist . Daher gehe ich schlicht davon aus, dass wir weiterhin bei den Begriffen „Ehe“ und „Lebenspartnerschaft“ bleiben und dass sich daran auch der Koalitionspartner bis zum Ende der Legislaturperiode hält . Vielen Dank . ({18})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Caren Lay, Fraktion Die Linke . ({0})

Caren Lay (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004088, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt knapp zwei Jahre her, dass ich an dieser Stelle zum gleichen Thema, Ehe für alle, gesprochen habe, und ich stelle fest: Im Grunde könnte ich die gleiche Rede hier noch einmal halten . ({0}) Denn was ist seitdem passiert? Im Grunde ist nichts passiert . Stattdessen gab es jahrelangen Stillstand in einer Frage, die doch eigentlich ganz einfach zu beantworten wäre, ({1}) und diese Frage lautet: Sollen zwei Menschen, die sich lieben, auch heiraten dürfen? Aber natürlich, und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Mann und eine Frau, um zwei Frauen oder um zwei Männer handelt . Das sollte heutzutage doch selbstverständlich sein . ({2}) In sehr vielen europäischen Ländern wurde das inzwischen auch erkannt . Finnland, Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Holland, Portugal, aber auch so katholische Länder wie Irland und Spanien haben die Ehe für alle längst eingeführt, ohne dass der heilige Sankt Patrick vom Sockel gefallen wäre oder die heilige Jungfrau Maria blutige Tränen geweint hätte . Meine Damen und Herren, es wird höchste Zeit, dass Deutschland hier endlich aufholt . ({3}) Zum Schutz der Ehe im Grundgesetz . Es steht doch nirgendwo, dass damit nur die Heteroehe gemeint ist . Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer Lesben und Schwulen die Ehe verweigert, der verstößt gegen den Geist des Grundgesetzes, nämlich gegen die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz . ({4}) Seit 2013 liegt ein Gesetzentwurf der Linken zum Thema „Ehe für alle“ vor . Seit 2015 gibt es einen ähnlichen Gesetzentwurf der Grünen ebenfalls zum Thema „Ehe für alle“ . Inzwischen gibt es auch einen Gesetzentwurf des Bundesrates . Nur von der Koalition liegt nichts dazu vor . Leider haben Sie zu diesem Thema nichts hinbekommen in dieser Legislatur . Die SPD hat im letzten Wahlkampf noch stolz verkündet: 100 Prozent Gleichstellung gibt es nur mit uns . ({5}) Ich weiß jetzt, ehrlich gesagt, nicht genau, was Ihre Strategie ist . Thomas Oppermann hat angekündigt, er wolle den Koalitionsausschuss anrufen und die Ehe für alle noch in dieser Legislatur einführen . ({6}) Vor lauter Schreck ist Horst Seehofer dann aber leider krank geworden . ({7}) Woanders heißt es, die SPD wolle damit in den Wahlkampf ziehen, das sei Bedingung für einen neuen Koalitionsvertrag . Der SPD-Parteivorstand hat zum Beispiel getwittert: Es ist Zeit für die Ehe für alle! Es ist Zeit für Adoption für gleichgeschlechtliche Paare! Es ist Zeit für Martin! ({8}) Ja, was gilt denn jetzt eigentlich? Will die SPD denn jetzt alle überfälligen Reformen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben? ({9}) Will sie warten, bis der Heilige Sankt Martin, so eine Art Messias aus Würselen, herabsteigt und es dann endlich richten wird? Also ich meine: Die Ehe für alle ist doch keine Schwungmasse für den Wahlkampf von Martin Schulz, sondern ein Grundrecht, das wir endlich einführen müssen . ({10}) Sie, Herr Kahrs, kündigen ja immer wieder an, dass Sie, wenn sich die Union nicht bewegt, Mehrheiten jenseits der Union suchen werden . Dann tun Sie das doch endlich! Sie können die Ehe für alle sofort haben, noch in dieser Legislatur . Geben Sie die Abstimmung bitte frei! ({11}) Ich finde es einfach schade, dass Sie es verhindern, dass unser linker Gesetzentwurf und der der Grünen zur Abstimmung gestellt werden . Wir haben es jetzt im Rechtausschuss 24-mal durch, immer das gleiche Ritual: Sie verhindern, dass die Gesetzentwürfe weiter behandelt werden . Ich halte das wirklich für ein parlamentarisches Trauerspiel . Die Frage ist: Was würde denn eigentlich passieren, wenn Sie die Abstimmung freigeben und die SPD den Gesetzentwürfen von Linken und Grünen zustimmen würden? Erstens . Wir hätten eine Mehrheit . Ja, wir haben eine rot-rot-grüne Mehrheit hier im Haus . Ja, es gibt eine Mehrheit für die Ehe für alle . Lassen Sie uns das doch endlich nutzen! ({12}) Zweitens . Ja, dann würde die Koalition vielleicht platzen und Frau Merkel zurücktreten, aber ehrlich gesagt: Ich kann mir Schlimmeres vorstellen, und die meisten Bürgerinnen und Bürger auch . ({13}) Ich weiß, dass die Blockierer auf der rechten Seite des Parlaments sitzen. Ich finde, dass die Union hier den Schuss nicht gehört hat . ({14}) In Ihrer eigenen Wählerschaft ist inzwischen eine Mehrheit für die Öffnung der Ehe und für das Appellationsrecht von lesbischen und schwulen Paaren . Es wundert mich auch selbst ein bisschen, dass ich jetzt hier stehe und für die Ehe werbe . Das ist persönlich überhaupt nicht mein Lebensentwurf . Politisch bin ich für die Gleichstellung aller Lebensweisen . Sie müssten doch für die Ehe streiten . Sie sollten sich darüber freuen, dass es Menschen gibt, die heiraten wollen . In meinem persönlichen Bekanntenkreis sind das, ehrlich gesagt, viel mehr Lesben und Schwule als Heteros . ({15}) Das ist doch eigentlich Ihr Thema . Aber Sie haben es völlig verbockt . ({16}) Ich muss in Richtung der SPD sagen: Augen auf bei der Partnerwahl! Das gilt nämlich nicht nur bei der Wahl des Ehepartners, sondern vor allen Dingen auch bei der Wahl des Koalitionspartners. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass Sie die Scheidung endlich einleiten . ({17}) Zu guter Letzt, meine Damen und Herren: Aus meiner Sicht sollte auch die katholische Kirche ihre Positionen überdenken . ({18}) Die römisch-katholischen Bischöfe wollen nämlich nicht, dass Lesben und Schwule heiraten dürfen . Liebe Bischöfe, damit zwingen Sie aber Lesben und Schwule gewissermaßen zum außerehelichen Sex . Das kann doch eigentlich nicht die Position der katholischen Kirche sein . Das sollten Sie dringend überdenken . Vielen Dank . ({19})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Bevor gleich der Kollege Johannes Kahrs für die SPD spricht, doch ein verfahrensleitender Hinweis: Fünf Minuten Redezeit sind für alle gleich . - Herr Kollege Kahrs, jetzt haben Sie das Wort . ({0})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Winkelmeier-Becker, Karneval soll das hier nicht sein, glaube ich . Ich glaube auch nicht, dass man das mit einem Kaffee bei Herrn Oppermann erledigen kann . Ehrlich gesagt, wollen wir Ihnen auch kein altbackenes Image verpassen . Das haben Sie ohnehin . ({0}) In Teilen Ihrer Rede schimmern Dinge durch, die ich vernünftig finde. Sie haben auch in der Vergangenheit bei bestimmten Abstimmungen entsprechend mitgestimmt . Das Problem ist aber der Grundtenor dahinter . Ich halte das tatsächlich für eine Frage, über die man in diesem Hohen Haus wirklich ernsthaft streiten kann . Wenn es keine Gleichstellung gibt, dann ist das Diskriminierung . Insofern können Sie sich jetzt nicht hierhinstellen und sagen, das sei überhaupt keine Diskriminierung . Wenn Menschen nicht gleichbehandelt werden, dann ist das nun einmal Diskriminierung . Ich würde gerne meinen Freund heiraten . Mit ihm bin ich seit 24 Jahren zusammen . ({1}) Wegen Ihrer Fraktion kann ich das nicht . Ich persönlich fühle mich diskriminiert . Ehrlich gesagt: Ich will Ihnen kein altbackenes Image verschaffen, sondern ich würde gerne heiraten . ({2}) Ich weiß nicht, ob mich das am Ende glücklicher macht, als ich jetzt bin . Ehrlicherweise gestehe ich Ihnen das zu . Und ob das nun mit außerehelichem Sex besser oder schlechter ist, weiß ich auch nicht . ({3}) Das konnte ich noch nicht ausprobieren; denn bisher war es immer außerehelich . ({4}) Wie gesagt, kann ich das nicht beurteilen . Ich würde es aber vielleicht gerne einmal beurteilen können . Das Ganze hat auch deswegen nichts mit Karneval zu tun, weil es einen wirklich tragischen Hintergrund hat . Bei den schwulen und lesbischen Jugendlichen liegt die Selbstmordrate deutlich höher als bei vielen anderen . Und das am häufigsten gebrauchte Schimpfwort an deutschen Schulen ist nun einmal „du Schwuler“ oder „du Schwuchtel“ . Ehrlich gesagt, kriegt man einen gesellschaftlichen Wandel nur dann hin, wenn man das gemeinsam macht . ({5}) Dafür ist der Deutsche Bundestag auch da . Wenn wir nach vorne gehen, dann ist das nicht immer populär, führt aber dazu, dass sich auch gesellschaftliche Positionen verschieben . Ich habe bei der Bundeswehr einmal gelernt: Führen durch Vorbild . Wir sind bei bestimmten Gesetzen vielleicht nicht immer auch in der Bevölkerung in der Mehrheit . Aber wir sind es häufig nach vielen Jahren, weil wir auch eine Vorbildfunktion haben . Diese sollte man wahrnehmen . Ich habe ja zur Kenntnis genommen, dass man Sie zu einigen Punkten auch nötigen konnte und dass Sie durchaus mitgemacht haben - allerdings nie wirklich freiwillig; entweder hat Rot-Grün es beschlossen, oder das Bundesverfassungsgericht hat Sie genötigt. Ich finde aber, dass man das irgendwann einmal - ich mache das hier seit 1998 - hinbekommen muss; und ich würde das gerne in dieser Legislaturperiode hinbekommen . ({6}) Es gibt einen Koalitionsvertrag; das Stichwort ist eben genannt worden . Lesen wir einmal im Koalitionsvertrag . ({7}) Ich bin immer für eine gemeinsame Lektüre . Vielleicht bildet das weiter . Im Koalitionsvertrag steht: Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen . ({8}) Ehrlicherweise muss ich jetzt sagen: Ich weiß nicht, was man daran nicht verstehen kann . Die Öffnung der Ehe gehört dazu . ({9}) Jetzt können Sie natürlich sagen: Wir subsumieren die Öffnung der Ehe nicht unter diesem Satz . - Dann haben wir natürlich ein echtes Problem miteinander, weil ich das deutlich anders verstehe . Ich fände es gut, wenn wir das gemeinsam hier hinbekommen, weil gemeinsam soll es sein . Thomas Oppermann hat gesagt, dass wir den Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe in die nächste Sitzung des Koalitionsausschusses einbringen werden . ({10}) Deswegen war ich über diese Aktuelle Stunde gar nicht so unglücklich . Gestern wäre nämlich eigentlich eine Sitzung des Koalitionsausschusses gewesen, und dann hätte man das hier heute abfeiern können . Leider ist die Sitzung gestern ausgefallen . Ich weiß nicht, ob vor Schreck oder weswegen sonst . ({11}) Wir Sozialdemokraten jedenfalls wollen in dieser Legislaturperiode mit allen Parteien, die hier vertreten sind - CSU, CDU, Grüne, SPD und Linke -, die Öffnung der Ehe beschließen, weil das einen Vorbildcharakter für die Menschen in diesem Land hätte . ({12}) Deswegen: Geben Sie sich einen Ruck, und seien Sie dabei . ({13}) Vielleicht bekommt man es ja, wenn die CDU nicht will, mit der CSU hin . Es sollen ja noch Wunder passieren . Vielen Dank . ({14})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Marcus Weinberg spricht jetzt für die CDU/CSU . ({0})

Marcus Weinberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003861, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank . - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Johannes Kahrs, du hast gerade zitiert, worauf wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben . Du weißt natürlich, dass das eine klare inhaltliche Ausrichtung hatte: Alle Diskriminierungssachverhalte sollen abgestellt werden; ({0}) das heißt auch steuerliche Gleichstellung . Über eine andere Frage diskutieren wir gerade . Und ich erinnere mich, dass vor zwei Jahren, als wir schon einmal über dieses Thema diskutierten, eine Rehabilitierung der nach § 175 StGB Verurteilten noch in weiter Ferne war . Mittlerweile diskutieren wir darüber, wie wir das machen . ({1}) Das bezieht sich auf das Gebiet der Diskriminierungssachverhalte, auf den Bereich, wo wir Diskriminierung in der Beziehung zueinander abstellen können . Wie gesagt, beim Dienstrecht und beim Steuerrecht sowie bei den sich aus § 175 StGB entstandenen Folgen haben wir das gemacht . ({2}) Zwei Vorbemerkungen sind mir wichtig: Erstens . Ich weiß, dass das eine hochemotionale Debatte ist, weil man betroffen ist, weil man meint, man sei betroffen, oder weil man sich betroffen fühlt . Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir bei dieser Debatte einen kühlen Kopf bewahren, zwar eine hitzige, aber auch eine, wie ich finde, sachlich gerechtfertigte Debatte führen. ({3}) Der zweite Punkt . Man kann ja Positionen vertreten . Ich rede gleich über die Positionen innerhalb der Union, die sehr weit auseinanderliegen . ({4}) Eines muss hier aber, wie ich finde, Gültigkeit haben: der Respekt vor einer anderen Position . ({5}) Herr Beck, dass Sie uns mit Ihrem Hinweis auf die 83 Prozent indirekt vorwerfen, dass wir hier eine Minderheit verteidigen oder vertreten, finde ich ziemlich skurril. Ich finde, auch eine Minderheit hat Anspruch darauf, parlamentarisch vertreten zu werden, und das machen wir als CDU und CSU . ({6}) Deswegen bitte ich um den nötigen Respekt und darum, in der Debatte zu versuchen, auch die Position der anderen zu verstehen . Noch einmal zum Koalitionsvertrag . Ich glaube, allen ist klar, was mit der Formulierung im Koalitionsvertrag gemeint war . ({7}) Die SPD muss also aufpassen, was sie macht, wenn sie jetzt das Thema „Ehe für alle“ für den Koalitionsausschuss anmeldet . - Johannes Kahrs ist doch ein seriöser Hanseat, ({8}) Sozialdemokrat; wenn der Hamburger einem die Hand gibt, dann zählt sein Wort . Ich glaube, Johannes, du wirst dafür sorgen, dass das Wort der SPD in dieser Frage zählt . - Im Koalitionsvertrag haben wir uns damals darauf verständigt, dass die Ehe für alle nicht in dieser Legislaturperiode kommt, ({9}) und dazu stehen wir auch . Dazu solltet ihr auch stehen . ({10}) Jetzt noch einmal zur Diskussion innerhalb der Union . Dass es unterschiedliche Positionen gibt, ist in den letzten Debatten immer deutlich geworden . Es ist keine Schwäche von zwei Parteien bzw . einer Fraktion, wenn sie über verschiedene Positionen debattiert und sie kritisch beleuchtet . ({11}) Es gibt tatsächlich viele in der Union, die unvoreingenommen für die Öffnung der Ehe stehen . ({12}) Es gibt andere in der CDU, auch in der CSU, die die Öffnung der Ehe komplett ablehnen, und es gibt den einen oder anderen - dazu würde ich mich zählen -, der ernsthaft darüber nachdenkt, welchen Weg man gehen kann, wie man Stellschrauben verändern kann, damit man beiden Seiten gerecht wird, ({13}) denjenigen, die das kritisch sehen, ebenso wie denjenigen, die das voranbringen wollen . Die Stärke einer Volkspartei ist, diese Debatte zu führen und auch auszuhalten . Sie müssen schon Geduld aufbringen . Zunächst einmal führen wir die Debatte bei uns, und dann kommen wir möglicherweise auf Sie zu . ({14}) Also spiegelt die Union auch die gesellschaftliche Debatte wider . Noch einmal: Ob es 80, 70 oder 83 Prozent sind, es gibt viele, die damit ein Problem haben, die sagen: Nein, Ehe und Familie - jetzt komme ich sozusagen zum Kern der 49er-Diskussion - stehen unter dem besonderen Schutz des Staates . ({15}) Damit ist und war von den Verfassungsvätern und den vier Verfassungsmüttern ganz deutlich gemeint: Ehe als die Beziehung der Personen zueinander, aber auch die Möglichkeit, dass aus dieser Beziehung Kinder erwachsen können und eine Familie gegründet wird . ({16}) Deswegen ist es auch in der Verfassung ein Alleinstellungsmerkmal . ({17}) Herr Beck, mit Respekt meine ich auch, dass man in einer parlamentarischen Debatte Stil haben muss . Momentan vermisse ich bei Ihnen den Stil . Sie müssen auch einmal zuhören . ({18}) Die Debatte ist weitergeführt worden . Frau Winkelmeier-Becker hat das Thema Adoptionsrecht schon angesprochen . Da sage ich persönlich für mich ganz klar: Ich bin der Meinung, dass auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption zugestanden werden sollte . Das ist gar keine Frage . Auch da gibt es in der Union eine Diskussion . Am Ende der Diskussion werden wir auch eine Entscheidung treffen und in den politischen Diskurs bringen . ({19}) - Kollege Bartke, warten Sie es doch ab . ({20}) Noch ein verfassungsrechtlicher Blick auf die Ehe: Es ist richtig und wichtig, Artikel 6 rechtsgeschichtlich unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass die Verfassungsväter und -mütter damals gesehen haben, dass es mit Blick auf die Familiengründung ein Alleinstellungsmerkmal der Beziehungen von Frau und Mann gibt . ({21}) Ob eine Verfassungsänderung irgendwann notwendig sein wird, lasse ich einmal dahingestellt . Natürlich sehen auch wir, dass sich Menschen diskriminiert fühlen, wenn sie „verpartnert“ eintragen müssen . Das ist ein Problem, aber darüber diskutieren wir ja auch gerade innerhalb der Union . ({22}) Wir haben deutlich gemacht, dass wir diesen Diskussionsprozess zu Ende führen wollen, weil wir möchten, dass es einen möglichst großen Konsens gibt . Ich sage noch einmal: Ich glaube, auch die sogenannte Minderheit - Herr Beck, es ist immer gut, wenn man sich für Minderheiten einsetzt - sollte in dieser Frage mitgenommen werden . Da stehen wir als Union als Ansprechpartner zur Verfügung . Das ist auch unsere demokratische Pflicht. Und dann werden wir in der Union sicherlich eine mögliche Entscheidung treffen . Noch einmal, Johannes Kahrs: Das ist in der Koalitionsvereinbarung so geregelt . ({23}) Herr Bartke, auch mit Blick auf die Zukunft rate ich Ihnen, uns zu ersparen, hier jetzt solch ein Spiel - übMarcus Weinberg ({24}) rigens hat dies Frau Lay gerade richtig dargestellt - zu treiben . ({25}) Sechs Monate vor der Wahl Wahlkampfmanöver zu fahren, mit der Einberufung des Koalitionsausschusses zu taktieren und den Bruch der Koalition anzudrohen, das, glaube ich, sollte nicht der Stil am Ende der Großen Koalition sein . ({26})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Harald Petzold hat das Wort für die Fraktion Die Linke . ({0})

Harald Petzold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004374, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Der Kollege Weinberg hat gerade in dieser Debatte, in der Aktuellen Stunde zum Thema „Ehe für alle“, beklagt, dass hier eine hitzige Debatte geführt werde . ({0}) Der Einzige, der hier hitzig debattiert hat, war, glaube ich, der Kollege Weinberg selbst, ({1}) weil er jetzt offensichtlich gemerkt hat, dass die Mehrheiten hier in diesem Haus tatsächlich andere sind, die das, was er inhaltlich vorgetragen hat, nicht teilen . ({2}) Frau Kollegin Winkelmeier-Becker, niemand hier hat gesagt, dass derjenige oder diejenige, die oder der nicht für die Homo-Ehe ist, homophob sei . Das hat niemand gesagt . ({3}) Vielmehr ist gesagt worden: Wer einem anderen die Gleichstellung verweigert, diskriminiert . - Das ist etwas anderes . ({4}) Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass man in der Union im Zuge von Diskussionsprozessen Fortschritte erzielt hat . Ich bin ja Zeuge solcher Diskussionsprozesse geworden . Sie haben hier das Beispiel der LSU angesprochen . Ich kann Sie nur einladen: Kommen Sie einmal mit zum Straßenfest in die Motzstraße hier in Berlin ({5}) im Sommer, und schauen Sie sich den Stand der LSU an . Die Kolleginnen und Kollegen der LSU stehen ja immer gegenüber von unserem Stand, neben dem Stand der Grünen und neben dem Stand der SPD . Die Leute kommen immer gerne zum Weißwurstessen dorthin, aber inhaltlich nimmt inzwischen niemand mehr ein Stück Brot von diesen Kolleginnen und Kollegen . ({6}) Das ist einfach schade, weil sie möglicherweise etwas zur Diskussion beizutragen haben . Das wäre doch wichtig . Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie möchten, dass der Kollege Professor Hirte bei der nächsten Podiumsdiskussion zum CSD in Köln - vielleicht wird er ja wieder angefragt - wieder wie der letzte Depp ausgebuht wird, wenn er verkünden muss, dass es wieder nicht gelungen ist, die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe durchzusetzen . Ich kann mir ebenfalls nicht vorstellen, dass Sie das der Kollegin Sütterlin-Waack zumuten wollen, dass Sie das dem Kollegen Kaufmann zumuten wollen oder dass Sie das dem Kollegen Luczak zumuten wollen . Letzterer hat ja schon getwittert, dass es endlich Zeit wird, hier für Gleichstellung zu sorgen . ({7}) Doch er wird in Berlin-Schöneberg genauso „verprügelt“, weil Sie sich weigern, endlich dafür zu sorgen, dass es gemäß der Mehrheitsmeinung, die es hier in diesem Hause gibt und die inzwischen auch Teile Ihrer Fraktion mittragen, zu einer gesetzlichen Regelung kommt . Ich kann Ihnen, wenn Sie hier auf Minderheitenmeinungen rekurrieren, nur sagen: Niemand will von Ihnen, dass Sie ab morgen eine schwule Ehe führen, Herr Weinberg . Niemand! Sie können hier Ihre Minderheitenmeinung gerne weiter vertreten; dagegen hat doch niemand etwas . Aber die Mehrheitsmeinung, die es hier in diesem Haus, zumindest rechnerisch, gibt, muss endlich zum Tragen kommen . Deswegen fordern wir, dass Sie Ihre Blockadehaltung endlich aufgeben und wenigstens die Abstimmung freigeben . ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, eines kann ich Ihnen natürlich nicht ersparen: ({9}) Sie haben sich heute im Rechtsausschuss ({10}) Marcus Weinberg ({11}) zum 24 . Mal zum Deppen gemacht, ({12}) indem Sie das schmutzige Geschäft der Union in dieser Frage freiwillig übernommen und zum 24 . Mal verhindert haben, dass die drei vorliegenden Gesetzentwürfe wenigstens beraten werden . Wenigstens beraten! Nach der Rede von Frau Winkelmeier-Becker müsste Ihnen doch endlich aufgegangen sein, dass Sie warten können, bis Sie schwarz werden, ({13}) bis die Union bei der Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe gemeinsame Sache mit Ihnen macht . Wenn Sie nicht begreifen, dass Sie die rechnerische Mehrheit, die wir im Deutschen Bundestag jetzt haben, endlich nutzen müssen, dann werden Sie auch noch dafür sorgen, dass Ihre neue Gallionsfigur, Martin Schulz, zur Witzfigur verkommt. Das passiert nämlich, wenn er nur Versprechungen macht und dann die Leute merken, dass an den Versprechungen nichts dran ist . ({14}) Der Kollege Beck hat den Kollegen Kahrs ja schon zitiert . Den entscheidenden Satz, Volker, hast du aber ausgelassen . ({15}) Der Kollege Kahrs hat nämlich versprochen, dass die Union im Deutschen Bundestag eine Abstimmungsniederlage erleiden werde, ({16}) und die sei auch verdient. Dieser Satz ist, wie ich finde, wichtig . ({17}) Denn es geht darum, dass es hier Abgeordnete gibt, die zu ihrem Wort stehen, und Abgeordnete, die nur ankündigen . Aber das Ankündigen muss endlich ein Ende haben, wenn wir Vertrauen in Politik zurückgewinnen wollen . ({18}) Ich habe in meiner ersten Rede hier gesagt, dass ich es satt habe, wie ein Bittsteller auftreten und betteln zu müssen, wenn es darum geht, dass ich dieselben Rechte in diesem Land haben möchte, wie sie der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU oder der Fraktionsvorsitzende der SPD ganz selbstverständlich haben . Ich habe auch gesagt, dass ich es satt habe, dass gute Gesetzentwürfe wieder einmal dem sogenannten Prinzip des Verfallens anheimfallen, wenn die Wahlperiode abgelaufen ist . ({19}) Das werden wir nicht zulassen . Ich kündige schon jetzt an - darauf können Sie sich verlassen -: Sie haben noch bis zum 26 . April dieses Jahres Zeit . Dann sind die nächsten zehn Wochen abgelaufen . Die Ausschussvorsitzende muss dann Bericht erstatten, was mit den Gesetzentwürfen im Rechtsausschuss passiert ist . Dann werden wir hier die nächste Debatte über dieses Thema führen . Dann wird sich zeigen, ob der Kollege Kahrs nur die Backen aufgeblasen hat oder ob wir hier tatsächlich zu einer Abstimmung kommen und endlich für Gleichstellung und Gleichberechtigung sorgen können . Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit . ({20})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Dr . Karl-Heinz Brunner spricht jetzt für die SPD . ({0})

Dr. Karl Heinz Brunner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004256, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Sie auf den Rängen dort oben werden wahrscheinlich denken: Was soll die ganze Diskussion heute überhaupt? ({0}) Das, was man hier hört, sind ja keine Argumente, sondern ist eigentlich nur die Wiedergabe von teilweise ganz persönlichen Empfindungen. Ich sage aber auch Ihnen, lieber Herr Kollege Petzold, ganz deutlich: Eigentlich schätze ich Sie . Aber das, was Sie jetzt gerade gesagt haben, hat Sie in gewisser Hinsicht disqualifiziert. Sie wissen, was im Koalitionsvertrag von SPD und Union steht . Sie wissen auch, dass die Union, wenn sie die Ehe für alle nicht umsetzt, den Koalitionsvertrag aus meiner Sicht - Kollege Kahrs hat es ausgesprochen - missachtet und bricht . ({1}) Wir, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, haben nicht die Absicht, zuzulassen, dass der Koalitionsvertrag gebrochen wird . Deshalb verhandeln wir mit unserem Koalitionspartner, und ich hoffe, Horst Seehofer wird schnell so weit gesundet sein, dass er an dem nächsten Koalitionsgipfel teilnehmen kann . Wir verhandeln, um das, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nämlich Ungleichbehandlungen zu vermeiden und abzubauen, auch umzusetzen, also hier in diesem Hause Harald Petzold ({2}) gemeinsam zu beschließen, dass die Ehe für alle Wirklichkeit wird . ({3}) Es wird vonseiten der Opposition immer gerne argumentiert, dass wir, die SPD, das verhinderten . Dazu muss ich anmerken: Wir sind zwar in einer Großen Koalition, aber wir sind noch nicht der größere Partner . Wir müssen noch bis zum 24 . September 2017 warten, bis wir die Mehrheit in Deutschland haben . ({4}) Meine Kolleginnen und Kollegen von der Union, wer will denn in Deutschland die Ehe für alles? ({5}) - Für alle! - 83 Prozent aller Deutschen wollen sie . ({6}) Auch die Mehrheit dieses Hohen Hauses und die Mehrheit des Bundesrates will sie, und wenn Sie ganz ehrlich sind, dann müssen Sie zugeben: Das will auch die Mehrheit innerhalb der Unionsfraktion . Deshalb frage ich mich: Warum passiert hier nichts, obwohl wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, Diskriminierung abzubauen? Ich gebe der Kollegin Künast recht, die in ihrer Presseerklärung gesagt hat, dass Spielchen gespielt werden und man sich fragen müsse, ob das Taktik, Machtkalkül oder nur Trotz ist . Es kann ja nicht sein, dass es um religiöse Gefühle geht . Die Mehrheit der Evangelischen Landeskirchen in Deutschland schließt bei Lebenspartnerschaften inzwischen nämlich Ehen, was nur ein bisschen illegal ist . Die Menschen wollen also die Ehe für alle . Deshalb kann ich diese parteitaktische Argumentation politisch nicht akzeptieren . Sie ist unredlich . ({7}) Ich sage aber: Ich akzeptiere es - hier haben Sie mich voll an Ihrer Seite -, wenn jemand in diesem Hohen Hause oder in diesem Lande sagt, dass er aus Gewissensgründen, seinem persönlichen Gewissen folgend, eine bestimmte Entscheidung - zum Beispiel für die Ehe für alle - nicht mittragen kann . Wenn dies der Fall ist - das sage ich nicht nur den Kolleginnen und Kollegen der Union, sondern vorrangig auch unserer Kanzlerin, die mit ihrem Bauchgefühl ja offensichtlich ihr Gewissen ausdrückt -, dann bedeutet das, dass die Entscheidung in diesem Hohen Hause freizugeben ist und hier eine Gewissensentscheidung zu treffen ist . ({8}) Wenn eine Abstimmung im Zuge einer solchen Gewissensentscheidung durchgeführt wird, werte Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, dann - da bin ich mir sicher - werden wir hier über die Parteigrenzen hinaus eine Mehrheit für die Ehe für alle haben . ({9}) Wenn nun der eine oder andere erklärt, dass dies schon aus formellen Gründen in dieser Legislaturperiode vielleicht nicht mehr klappen könne, halte ich ihm entgegen: Wenn wir etwas gewollt haben - Hilfe für Menschen, für Europa, für unsere Freunde in Griechenland -, dann haben wir in diesem Hohen Haus in weit kürzerer Zeit Mehrheiten organisieren, Gesetzesentscheidungen treffen und Gesetze beschließen können . Ich möchte nicht, dass wir bei dieser wichtigen Frage noch länger zuwarten; denn es geht um Menschen, die in Liebe verbunden sind, die gegenseitig Verantwortung übernehmen wollen, die unsere Gesellschaft entlasten und in diesem Land solche Werte leben, wie wir es uns wünschen, indem sie füreinander einstehen, miteinander alt werden und Verantwortung für Kinder übernehmen wollen . Deshalb glaube ich, dass es gut und richtig ist, wenn möglichst schnell ein Gesetzentwurf der Bundesregierung in diesem Hohen Hause beraten wird, ({10}) um danach die Ehe für alle hier mit großer Mehrheit zu beschließen . Viele Dank für die Aufmerksamkeit . ({11})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die Kollegin Renate Künast spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen .

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute ist ja ein besonderer Tag . Es ist eigentlich eine gute Sache, dass wir am Internationalen Frauentag, wo es ja auch um Gleichstellung geht, nicht nur über die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, sondern auch einmal über Liebe und Verantwortung reden . Seit einem Vierteljahrhundert sind wir an diesem Thema dran . Es ist ja schon gesagt worden: 83 Prozent aller Deutschen befürworten Gleichstellung auch bei der Ehe . Das muss man doch endlich einmal realisieren, meine Damen und Herren . ({0}) Ich meine, bei der Atomkraft haben Sie es ja auch irgendwann gelernt, dass das Volk einfach nachhaltig nicht - ({1}) - Ach, Herr Lengsfeld ist auch noch da! - Also, warum ist es ein guter Vergleich? Weil es um den Punkt geht, dass man sich teilweise ewig lange ziert, es aber am Ende doch, wenn auch ein bisschen spät, tut . Ich finde, Sie von der CDU/CSU haben hierbei ziemlich komische Pirouetten vorgeführt . Frau WinkelmeierBecker ist hier angekommen und hat gesagt, das Wort „Ehe“ gehöre uns gar nicht . Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen, Frau Winkelmeier-Becker . Das war eine Pirouette am Redepult des Deutschen Bundestages, bei der ich schon fast den Zwischenruf machen wollte, ihn aber nicht kurz genug hinbekam: Melden Sie das für den Eistanz an! Da sucht man auch immer nach neuen Figuren; und wenn Sie Glück haben, kommen Sie am Ende wieder mit beiden Kufen auf dem Boden an . Es ist doch eine absurde Debatte, darüber zu sprechen, ob uns das Wort „Ehe“ gehört oder nicht, meine Damen und Herren . Es geht um den Punkt, dass wir gesellschaftlich mit diesem Begriff etwas ausdrücken wollen . Wir wollen mit ihm ausdrücken, dass wir Liebe und Verantwortung respektieren und schützen wollen . Es gibt nach unserem Grundgesetz keinen Grund, Gleiches nicht gleich zu behandeln . Das ist der Kern . ({2}) Ich finde es bedauerlich, dass wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens GO-Eiertänze vollziehen . Seit Herbst 2015 werden die Anträge der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jedes Mal wieder vertagt . So auch heute . Herr Brunner hat leider den Job übernommen, das immer wieder per Geschäftsordnung zu beantragen . Mittlerweile ist aber auch schon mehrere Male die Behandlung des Bundesratsbeschlusses vertagt worden, meine Damen und Herren . Ich empfehle Ihnen einen Blick ins Grundgesetz . Das Grundgesetz sagt in Artikel 76 Absatz 3 letzter Satz: Der Bundestag hat über die Vorlagen - des Bundesrates in angemessener Frist zu beraten und Beschluss zu fassen . Also irgendwann werden Sie im Plenum dieses Bundestages einen Beschluss über den Beschluss des Bundesrates fassen müssen . ({3}) Alles andere, meine Damen und Herren, ist verfassungswidrig, echt verfassungswidrig . Herr Weinberg hat hier gesagt, wir sollten einen kühlen Kopf behalten . Das tue ich, Herr Weinberg, mein Kopf wird in dieser Angelegenheit immer kühler und klarer . Ich kann Ihnen deshalb sagen: Ich habe nicht verstanden, wo jetzt eigentlich Ihr Problem ist und wo Sie noch Klärungsbedarf haben . ({4}) Sie führen jetzt eine Diskussion, die zum Beispiel um den Begriff „Reproduktionsgemeinschaft“ kreist . Die Ehe ist keine Reproduktionsgemeinschaft bzw . Reproduktionsinstitution . Das ist so an keiner Stelle unseres Grundgesetzes festgelegt worden . Insofern brauchen Sie sich mit diesem Begriff gar nicht mehr abzumühen . Die Ehe beinhaltet eine Verantwortungsübernahme, hat aber verfassungsrechtlich nicht zwingend etwas mit Reproduktion zu tun, meine Damen und Herren . Warum können Sie als Partei mit dem großen „C“ im Namen eigentlich nicht einmal der Idee des christlichen Ehegelübdes folgen? Da heißt es doch: In guten wie in schlechten Zeiten . - Was hindert Sie eigentlich, wenn Menschen zueinander sagen: „Wir beide wollen uns in guten wie in schlechten Zeiten nicht nur lieben, sondern auch Verantwortung übernehmen . Wir wollen uns bei Krankheit gegenseitig helfen, unsere Eltern pflegen, Patenkindern beim Aufwachsen helfen oder selber Kinder adoptieren“, froh darüber zu sein, dass Menschen Verantwortung übernehmen? Ich verstehe es nicht . ({5}) Ich verstehe es schon gar nicht in diesen Tagen, wo an manchen Stellen so wenig Verantwortung wahrgenommen wird, aber so viel Hass vorhanden ist . Wir haben vor 15 Jahren mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz den ersten Schritt gemacht . 15 Jahre danach gibt es meines Erachtens nicht mehr viel zu diskutieren . Lassen Sie uns einfach das Wort „gleichgeschlechtlich“ in § 1353 BGB hineinschreiben, meine Damen und Herren . Das Bundesverfassungsgericht wird es Ihnen eines Tages sowieso überhelfen . Es überhilft Ihnen ja alles, und Sie müssen dann - so auch bei der Adoption - nachher hinterherklappern . Ich suche manchmal nach eindrucksvollen Lebensweisheiten und Menschen, die mir eine Wegweisung geben . ({6}) Ich habe einen solchen Menschen gefunden: Wilhelm Busch . ({7}) - Na ja, Wilhelm Busch hat das auch schon diskutiert; das werden Sie gleich merken . Er hat nämlich festgestellt, dass es keine Liebe zweiter Klasse gibt . Ich habe allerdings auch festgestellt, dass der Mann neugierig ist . Ein kurzes Zitat von ihm lautet: Liebe - sagt man schön und richtig -, ist ein Ding, was äußerst wichtig . Nicht nur zieht man in Betracht, was man selber damit macht, nein, man ist in solchen Sachen auch gespannt, was andre machen . ({8}) Das finden Sie nur heraus, wenn Sie die Ehe für alle zulassen, meine Damen und Herren . Ich bin überzeugt: Es ist genug Ehe für alle da . ({9})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die Kollegin Dr . Sabine Sütterlin-Waack spricht jetzt für die CDU/CSU . ({0})

Dr. Sabine Sütterlin-Waack (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004421, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Warten Sie es ab . ({0}) Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kurz und im Ergebnis wahrscheinlich wenig überraschend eins vorweg: An der Position der CDU/ CSU-Fraktion hat sich seit unserer letzten Debatte zur Geschäftsordnung Ende letzten Jahres nichts geändert . ({1}) Vor wenigen Monaten habe ich an gleicher Stelle schon darauf hingewiesen: Die weit überwiegende Mehrheit in der CDU/CSU-Fraktion ist hinsichtlich des Inhaltes der Gesetzentwürfe der Grünen, der Linken und des Bundesrates entschieden: Wir sind der Auffassung, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers vorbehalten ist . Werte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Auffassung stehen wir übrigens nicht allein . Verfassungsrechtler stützen unsere Position . ({2}) Die Entscheidung zur Eheöffnung kann also nicht einfach durch Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen, wie Sie sich das vorstellen und wie das auch im Bundesrat gesehen wird . Unsere Position hierzu wird sich kurzfristig nicht ändern . ({3}) Genauso wenig wird sich aber, lieber Herr Beck, unsere Einstellung verändern, dass Menschen, die sich lieben und dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen, unsere Anerkennung und Wertschätzung verdienen, unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind . ({4}) Sie verdienen die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates . Wir freuen uns, dass die bürgerlichen Lebensformen nach Jahren der totalen Ablehnung auf ein derart großes Interesse bei der Opposition stoßen . ({5}) Ausdruck der staatlichen Wertschätzung und Unterstützung war und ist das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft . ({6}) Dessen Rechte und Pflichten haben der Gesetzgeber und auch das Bundesverfassungsgericht in den letzten 15 Jahren immer weiter konkretisiert . Auch in dieser Legislaturperiode war hier kein Stillstand . Wir haben gleich zu Beginn der Wahlperiode die Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht . ({7}) Überdies haben wir das nationale Recht im Sinne der Gleichstellung bereinigt . Wir haben schon so viele Debatten zur Öffnung der Ehe in dieser Wahlperiode geführt . Deshalb sehen Sie es mir nach, wenn Sie von mir Bekanntes hören . ({8}) Die Eheöffnung ist eine politische Forderung von vielen . Sie ist aber eben keine zwingende grundgesetzliche Notwendigkeit . ({9}) Ohne Eheöffnung, aber bei völliger rechtlicher Gleichstellung könnte ich den Vorwurf nicht verstehen, dass weiter staatliche Diskriminierung betrieben werde . Viele in meiner Fraktion, auch ich, treten daher für eine vollständige rechtliche Gleichstellung ein und versuchen, eine Konsenslösung herbeizuführen . ({10}) Über die Idee, die eingetragene Lebenspartnerschaft im Grundgesetz zu verankern und den Artikel 6 des Grundgesetzes um den Begriff „Lebenspartnerschaft“ zu erweitern, wird aber leider überhaupt nicht diskutiert . ({11}) Unser Werteverständnis vom Schutz von Familie und Ehe, verbunden mit der Gleichberechtigung und Toleranz gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, würden wir damit festschreiben. Ich finde es äußerst schade, dass dieser Weg nicht mehr als Alternative und Kompromiss diskutiert wird . Damit könnte doch die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau beibehalten werden und die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichberechtigt danebenstehen . Eine zusätzliche Änderung des Personenstandsgesetzes wäre denkbar . Dann bliebe gleichgeschlechtlichen Paaren in administrativen Vorgängen die Offenlegung ihrer sexuellen Identität erspart . Es hat zwar nichts mit der Frage nach der Öffnung der Ehe zu tun, aber damit etwas - darüber haben wir schon gesprochen -, was uns als Fraktion in diesen Debatten immer unterschwellig entgegenschlägt . Dort schwingt mit: Die CDU/CSU-Fraktion ist, weil sie sich gegen die Öffnung der Ehe stellt, irgendwie homophob . Weil sie sich das öffentlich nicht zu sagen traut, wird das latent durch die Abwehrhaltung in dieser Frage ersetzt . Ich möchte diese Aktuelle Stunde dafür nutzen, zu sagen: Das ist großer Unsinn . ({12}) Sicher waren wir nie die Speerspitze der Bewegung, ({13}) und sicherlich wird es nicht sonderlich schwerfallen, in alten Plenarprotokollen Aussagen zu finden, die nicht gerade von einer ganz großen Aufgeschlossenheit für dieses Thema zeugen . ({14}) Aber das ist lange her . Das zeigt im Übrigen auch unsere Herangehensweise an eine Thematik wie die der Rehabilitierung der Opfer des ehemaligen § 175 Strafgesetzbuch . ({15}) Wir erkennen an, dass die Rehabilitierung der Betroffenen ein wichtiges moralisches, politisches und gesellschaftliches Anliegen ist . ({16}) Der Kabinettsbeschluss fehlt noch - das stimmt -, aber uns allen ist klar, dass die verurteilten Personen oftmals hochbetagt sind und wir deshalb einen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in dieser Legislaturperiode brauchen . Dafür werden wir uns einsetzen . Wir wollen, dass die Betroffenen ihre Rehabilitierung noch erleben, und hoffen, dass sie dadurch mit unserem Rechtssystem versöhnt werden . Denen, die mir zugehört haben, danke ich dafür . ({17})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die Kollegin Mechthild Rawert spricht jetzt für die SPD . ({0})

Mechthild Rawert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003825, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Liebe Frauen! Liebe Lesben! Gratulation zum Internationalen Frauentag! - Seit Anfang März können Lesben und Schwule auch im konservativ-liberal regierten Finnland heiraten . Dort gilt nun die Ehe für alle; dort gibt es auch für alle das gleiche Adoptionsrecht . Das ist nun in mehr als 20 Staaten der Welt der Fall, und in allen diesen Staaten gelten gleiche Rechte für hetero- und homosexuelle Paare . So sieht dort die politische und gelebte Realität aus . Und was machen wir? In Deutschland hinken wir schmählich hinterher . Sie alle wissen: Der Widerstand gegen die Ehe für alle kommt aus der Union . Dieser Widerstand ist mir unverständlich . Denn - die Umfragen wurden schon angesprochen - die in Deutschland lebenden Menschen wollen die vollständige Gleichstellung . Die vollständige Gleichstellung wollen auch Ihre Wählerinnen und Wähler, nicht nur die der anderen Parteien . ({0}) Sozialdemokratische Wähler und Wählerinnen in Berlin und anderswo - insbesondere in meinem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg ({1}) wollen 100 Prozent Gleichstellung . Deswegen hat sich die Landesgruppe der Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten bereits 2015 an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die Bundesregierung gewandt und gefordert: Geben Sie die Abstimmung im Deutschen Bundestag frei! Schließen Sie sich der Position der Bundesländer und der SPD an! Setzen Sie sich mit uns gemeinsam für die Einführung des Rechts auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare ein! Wir alle sind Parlamentarierinnen und Parlamentarier . Meine Bitte ist daher: Hören Sie auf das Votum Ihrer Wähler und Wählerinnen! Dann können auch der Widerstand und das Bauchgefühl der Kanzlerin überwunden werden . Ich sage ganz deutlich: Wir werden als SPD einen Gesetzentwurf vorlegen, und wir werden dafür Sorge tragen - zumindest hoffe und erwarte ich dies auch von meiner eigenen Fraktion -, dass es tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode zu einer Entscheidung kommen wird . ({2}) Denn wir haben gesagt und das auch schriftlich niedergelegt: Wir wollen mit jeglicher Form von Diskriminierung Schluss machen . Das heißt, gleiche Rechte für alle schaffen: Menschenrechte und - weil Frauentag ist Frauenrechte, aber selbstverständlich auch gleiche Rechte für heterosexuelle, homosexuelle, trans- oder auch intersexuelle Menschen . Frau Winkelmeier-Becker, Sie kennen vielleicht noch nicht die neueste Studie zum Thema „Geschlecht im Recht“ . ({3}) Wir werden noch intensiv darüber debattieren . Viele der Fragen, die Sie jetzt angerissen haben, werden noch Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen werden, befürchte ich . Denn das ganze Thema Geschlecht wird noch große Debatten nach sich ziehen, nicht nur zu den Fragen, über die wir heute sprechen, sondern auch im Hinblick auf Transsexualität und Intersexualität . Die Untersuchungen und Studien liegen vor . Auf die Debatten bis hin zu der über das dazugehörige Familienbild freue ich mich jetzt schon . Ich selber stamme gebürtig aus einer konservativen Familie . Aber niemand aus dem CDU-geprägten ländlichen Umfeld meiner Familie macht sich für Ungleichheit zwischen Menschen stark . Ich hoffe, dass das alle Parteien eint . Wir wollen gleiche Rechte für alle; denn jeder Mensch ist, unabhängig von seiner sexuellen Identität, gleich zu behandeln . Die Menschenwürde ist unteilbar . ({4}) Deswegen sollen gleichgeschlechtliche Paare genauso viel Unterstützung erhalten wie andere . Lassen Sie uns endlich die Streitfrage „Soll es die Ehe für alle geben?“ überwinden! Kämpfen wir für die Ehe für alle! Ich füge hinzu: Kämpfen wir auch für ein gemeinschaftliches Adop tionsrecht; denn auch die Kinder sind gleich zu behandeln . Ihnen allen gebührt die gleiche Liebe, unabhängig von der sexuellen Identität der Eltern; das beweisen alle Studien . Das schulden wir sowohl den Erwachsenen als auch den Kindern, und das nicht nur heute, am Internationalen Frauentag . ({5})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Der Kollege Alexander Hoffmann spricht jetzt für die CDU/CSU . ({0})

Alexander Hoffmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004304, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brunner, Sie wissen, dass ich Sie schätze . ({0}) Ich sage Ihnen aber angesichts Ihrer Rede ganz ehrlich: In dieser Debatte stelle ich nicht mehr unbedingt so hohe Ansprüche an Inhalt und Qualität . Wenn die Kollegen Beck und Kahrs sprechen, dann weiß ich, dass Emotionen im Spiel sind und dass das manchmal auf Kosten der parlamentarischen Fairness geht . ({1}) Wenn die Kollegin Künast spricht - das weiß ich aus dem Ausschuss -, fehlt manchmal vielleicht die inhaltliche Tiefe . ({2}) Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich, Kollege Brunner: Was Sie heute vorgetragen haben, hatte für mich die Züge einer Büttenrede . Ich will Ihnen auch sagen, warum . Als Sie behauptet haben, dass wir den Koalitionsvertrag brechen, war ich kurz davor, mich kaputtzulachen; denn ich kann mich an von Ihnen gestellte Anträge zur Geschäftsordnung im Rechtsausschuss erinnern, in denen Sie selbst auf den Koalitionsvertrag verwiesen haben . Mir ist wichtig, dass wir bei der Wahrheit bleiben . ({3}) Ich möchte noch vier Aspekte ansprechen, die mir wichtig erscheinen . Auch in dieser Debatte wird der Eindruck erweckt, dass Deutschland in Sachen Gleichstellung das Schlusslicht sei . ({4}) Bisweilen werden Länder - ich höre es schon wieder wie Mexiko, die USA und Brasilien in diesem Zusammenhang genannt . Ich möchte davor warnen, solche Länder als beispielgebende Vorbilder für Deutschland in Sachen Gleichstellung zu nennen; denn wenn Sie sich diese Länder genau anschauen und eine Bestandsaufnahme machen, dann werden Sie feststellen, dass es in diesen Ländern im Moment tragischerweise nur um ein Etikett geht . Aber Inhalte wie Diskriminierungsschutz im Arbeitsrecht und entsprechende Regelungen fehlen in diesen Ländern noch komplett . Deswegen schlage ich vor, damit aufzuhören, hier nur über das Etikett zu diskutieren . Vielmehr sollten wir schauen, was Gesellschaft und Politik in Sachen Gleichstellung tatsächlich geleistet haben . ({5}) Des Weiteren wird behauptet, das Bundesverfassungsgericht fordere die Ehe für alle . Das ist fast eine Originalaussage des Kollegen Beck . Kollegin Künast hat es genauso formuliert . Darüber wundere ich mich jedes Mal . Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7 . Mai 2013 . Ich bitte Sie inständig, diese zu lesen . Dort heißt es nämlich, dass die Ehe ein Institut ist, das alleine der Verbindung von Mann und Frau vorbehalten ist . ({6}) Dann kommt oft die Aussage - das ist der dritte Aspekt -: Nur die Bezeichnung als Ehe beseitigt jegliche Diskriminierung . - In der Anhörung am 28 . September 2015 - der Kollege Kahrs war leider verhindert; sonst würde er die Aussagen kennen - wurde Professor Ipsen gefragt, ob wir eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft als Ehe bezeichnen müssen, um jegliche Diskriminierung zu vermeiden . Die Aussage des Juristen lautete: Nein . Im Übrigen ist es so - die Kollegin WinkelmeierBecker hat es vorhin schon angesprochen -: Auch bei Mann und Frau gibt es unterschiedliche Bezeichnungen, aber gleiche Rechte . Sie selbst, wenn ich Sie erinnern darf, haben immer von Gleichstellung gesprochen . Wenn Sie schauen, was der Begriff „Gleichstellung“ bedeutet, dann sehen Sie, dass es unterschiedliche Dinge sind, die grundsätzlich gleichzubehandeln sind . Und es sind unterschiedliche Dinge, auch wenn Sie das nicht hören mögen . ({7}) Damit komme ich zu meinen Argumenten . Aus einer Ehe, der Verbindung zwischen Mann und Frau, können potenziell Kinder hervorgehen . Deswegen steht sie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, ob Ihnen das gefällt oder nicht . ({8}) Dann kommt der Satz: Das gesellschaftliche Verständnis der Ehe hat sich gewandelt . - Auch das kann ich so nicht mittragen . Die Ehe ist nach wie vor die mit Abstand häufigste Form menschlichen Zusammenlebens. 70 Prozent aller Kinder werden in der Ehe groß . Ich bin dankbar für ein ganz wichtiges Zitat - da dürfen die Grünen immer wieder zuhören -, welches lautet: ({9}) So ist und bleibt die klassische Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen - und das ist auch gut so . Das wurde gesagt von Winfried Kretschmann am 6 . Oktober 2016 in der Zeit. ({10}) - Herr Beck, ich verstehe Ihre Emotionen . In diesem Fall tut wahrscheinlich Zuhören weh . ({11}) Sie sehen also, es gibt tatsächlich viele Argumente, Dinge anders zu sehen . ({12}) Diese andere Meinung werde ich mir nicht nehmen lassen . Ich werde mich auch nicht wegducken . Ich persönlich - das sage ich Ihnen ganz ehrlich - habe keinen Beratungsbedarf . Wir führen diese Debatte nur aus einem Grund, und zwar weil sich die SPD in diesem Punkt nicht findet und sagt: Wir würden ja so gerne, aber wir können nicht wegen denen . ({13}) Ich kann nichts dafür - deswegen scheue ich mich auch nicht vor dieser Debatte -, dass die SPD an dieser Stelle so saft- und so kraftlos ist . ({14}) Danke . ({15})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Zum Abschluss der Aktuellen Stunde spricht jetzt die Kollegin Barbara Woltmann für die CDU/CSU . ({0})

Barbara Woltmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004447, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Präsident hat es gesagt: Ich bin die letzte Rednerin in dieser Debatte, die zwölfte Rednerin zu diesem Thema in der Aktuellen Stunde . Ich wage die Prognose: Auch wenn noch weitere zehn Redner heute hier reden würden ({0}) - und Rednerinnen, vielen Dank -, dann würden wir uns heute hier dennoch nicht annähern; ({1}) denn die Positionen sind miteinander ausgetauscht . In vielen Sitzungswochen - das ist auch schon von Vorrednern angesprochen worden - ist das Thema immer wieder intensiv im Rechtsausschuss und auch in Debatten hier im Parlament behandelt worden . ({2}) - Gut, aber es ist immer wieder debattiert worden . ({3}) Ich weiß, dass es hier im Plenum beraten worden ist und dass Positionen ausgetauscht worden sind . Eines möchte ich auch einmal sagen: Ich möchte mir hier nicht mit einem missionarischen Eifer eine Meinung aufzwingen lassen . Wir sind im politischen Diskurs, ({4}) und da ist es schon erlaubt, dass jemand eine andere Meinung haben kann . Da gibt es unterschiedliche Meinungen, auch bei uns in der Fraktion . Es ist schon angesprochen worden, dass wir da nicht alle einer Meinung sind . Aber ich finde, auch das gehört zu einer Volkspartei. ({5}) Wir müssen sehen, wie wir da zu einer gemeinsamen Linie kommen . Für uns ist es so, dass die Öffnung dieses Rechtsinstituts Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Wertentscheidung des Verfassungsgebers vorbehalten ist . ({6}) Das bedeutet nicht, dass die Union den Menschen, die sich lieben und die dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen und sich Stabilität geben wollen, keine Anerkennung oder Wertschätzung zuteilwerden lassen will . Ganz im Gegenteil: Ob verschieden oder gleichgeschlechtlich, der Staat unterstützt alle Lebensformen, die von Verantwortung füreinander getragen werden . ({7}) Auch wir wollen, dass Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, egal welchem Geschlecht sie angehören . Wir entziehen uns nicht einer Diskussion über eine vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, im Gegenteil . ({8}) Wir haben in den vergangenen Jahren bei der Anpassung der Rechtsvorschriften des Partnerschaftsgesetzes eine Fast-Gleichstellung der Ehe erreicht . ({9}) - Gut, vielleicht nicht immer freiwillig, aber wir haben es gemacht . - Der Gesetzentwurf des Bundesrats vom 11 . November 2015 spricht daher auch von einer symbolischen Diskriminierung . Um Symbolik geht es aber bei der Verfassung nicht . Der verfassungsmäßige Ehebegriff hat sich eben nicht verändert . Was sich durchaus verändert hat, ist die Gesellschaft; das ist hier ja auch schon angesprochen worden . ({10}) Auch das sehen wir natürlich . Viele wollen gar nicht oder erst später heiraten . Es gibt Ehen, in denen man sich gegen oder erst später für Kinder entscheidet, weil man sich vielleicht erst beruflich entfalten möchte. Es gibt also ganz unterschiedliche Lebensentwürfe . Es ist ja auch gut so, dass es diese unterschiedlichen Lebensentwürfe gibt . Es hat sich - das ist auch gut so - auch gesellschaftlich die Einsicht breitgemacht, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in keiner Form diffamiert oder diskriminiert werden dürfen . ({11}) Das bewerten ich und unsere Fraktion sehr positiv . Die Gleichberechtigung ist - in der Tat: bis auf die Eheschließung - erreicht . Schauen wir doch einmal ins Grundgesetz . Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes schützt die Ehe und die Familie . Mit dem Begriff „Ehe“ ist die auf Dauer angelegte, auf freiem Entschluss und auf Gleichberechtigung beruhende und förmlich geschlossene Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau gemeint . Das ist ja auch durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts mehrfach so bestätigt worden . Nicht erfasst werden nichteheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaften . Auch gleichgeschlechtliche Verbindungen wie die eingetragene Lebenspartnerschaft sind nach dem Grundgesetz und auch nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts keine Ehe, da Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes allein heterosexuelle Lebensgemeinschaften meint . Die Ehe zwischen Mann und Frau hat also Verfassungsrang . Da hilft es uns auch nicht weiter, wenn Sie auf andere Länder verweisen . Das Grundgesetz gilt hier . ({12}) Nun zu Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz: Gleichheit vor dem Gesetz . Was ist die Bedeutung dieses Artikels? Er greift, wenn es eine Ungleichbehandlung gibt, also eine unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarer Sachverhalte . ({13}) Die heterosexuelle ist eben nicht mit der gleichgeschlechtlichen Ehe vergleichbar, da zwei Männer oder zwei Frauen keine Kinder zeugen und gebären können . ({14}) Das heißt, dass es kein gleicher Sachverhalt ist . Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem . ({15}) - Das können Sie in Kommentaren nachlesen; da finden Sie das . - Da ist auf der einen Seite eine heterosexuelle und auf der anderen Seite eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft . Das ist eben etwas Unterschiedliches . Die Ungleichbehandlung aufgrund sexueller Orientierung als ein personengebundenes Merkmal unterliegt allerdings einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung . Bei dieser Überprüfung hat das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit entschieden, dass es Ungleichbehandlungen gab . Diese sind mittlerweile beseitigt worden; das ist von Vorrednern schon angesprochen worden . Insofern sehen wir hier keine Verletzung des Artikels 3 oder des Artikels 6 . Daher muss man, wenn von Benachteiligung gesprochen wird, sagen: Die Verfassung sieht das so nicht . Es bleibt also festzuhalten - der Präsident meldet sich; ich muss zum Ende kommen -, dass wir zu keinem Kompromiss kommen werden . Was die Adoption angeht, glaube ich, wird es Veränderungen geben . Das könnte ich mir vorstellen, aber nicht bei der Ehe . ({16})

Johannes Singhammer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002800

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet, und wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 9 . März 2017, 9 Uhr, ein . Kommen Sie alle gesund wieder . Die Sitzung ist geschlossen .