Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle
herzlich und rufe gleich ohne weiteren Verzug Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Als Thema der heutigen Kabinettssitzung hat die Bundesregierung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur
Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten.
Was sich hinter dieser etwas umständlichen Beschreibung konkret verbirgt, wird uns der zuständige Bundesminister der Justiz, Heiko Maas, in seinem einleitenden
Beitrag vermitteln . Soweit es schon erkennbare Wünsche
zu Nachfragen gibt, bin ich wie immer dankbar, wenn
mir die PGFs Hinweise geben, damit wir schon vorsortieren können .
Herr Minister, Sie haben das Wort .
Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Meine Damen
und Herren Abgeordnete!
Jetzt wollen wir einmal nicht übertreiben .
({0})
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident! Ich hoffe,
Sie empfinden das nicht als Beleidigung.
Nein, es hätte ja auch sein können, dass es Bestandteil
der neuen Sortierung innerhalb Ihrer Fraktion gewesen
wäre . Das wollen wir jetzt aber nicht vertiefen .
({0})
Auch diese Entscheidungen werden immer sehr kurzfristig verkündet .
({0})
Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Gesetzentwurf, den das Kabinett heute beschlossen hat, geht auf
ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Juli
letzten Jahres zurück . Dort hat das Bundesverfassungsgericht eine Gesetzeslücke im Betreuungsrecht festgestellt und den Gesetzgeber aufgefordert, diese Gesetzeslücke zu schließen .
Dabei handelt es sich um Folgendes: Es gibt Menschen, die etwa wegen einer Altersdemenz oder einer
psychischen Krankheit unter rechtlicher Betreuung stehen und nicht mehr in der Lage sind, über ihre medizinische Behandlung selbst zu entscheiden . Bislang durften
diese Menschen nach geltender Gesetzeslage nur dann
gegen ihren Willen ärztlich behandelt werden, wenn sie
durch Gerichtsbeschluss in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht sind . Es gibt aber Konstellationen solche lagen dem Bundesverfassungsgericht und vorher
dem BGH vor -, in denen eine solche Unterbringung
nicht erforderlich ist und deshalb rechtlich gar nicht angeordnet werden kann . Letztlich, meine Damen und Herren, ist in einem solchen Fall eine medizinische Zwangsbehandlung außerhalb einer geschlossenen Einrichtung
angezeigt, aber nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut
nicht möglich . Die Konsequenz - sie ist paradox - lautet: Entweder wird die Freiheit oder die Gesundheit geschützt . Beides zusammen geht nach unserer jetzigen
Gesetzeslage nicht . Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert, diese Gesetzeslücke zu schließen .
Der Entwurf, den das Kabinett heute beschlossen hat,
sieht vor, dass eine zwangsweise ärztliche Behandlung
auch dann erlaubt sein kann, wenn der Betreute nicht in
einer geschlossenen Einrichtung untergebracht ist . Uns
ist dabei wichtig, dass die Behandlung in eine umfassende medizinische Versorgung eingebunden ist . Deshalb
haben wir vorgesehen, die Behandlung an einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus zu koppeln, wo
dann auch eine erforderliche Nachbehandlung auf jeden
Fall sichergestellt wäre .
Wir sind uns bei der Regelung bewusst, dass jede
Zwangsbehandlung ein gravierender Eingriff in die Freiheit des Betroffenen ist und deshalb immer nur das letzte
Mittel sein darf . Auch dem trägt der Gesetzentwurf ausdrücklich Rechnung .
Wir wollen in dem Zusammenhang auch das Selbstbestimmungsrecht von Betroffenen weiter stärken . Dazu
hebt der Gesetzentwurf ausdrücklich hervor: Patientenverfügungen oder Behandlungswünsche, die jemand
noch vor der Erkrankung mit freiem Willen geäußert hat,
sind in jedem Fall zu beachten, und wo es so etwas nicht
gibt, muss der mutmaßliche Wille ermittelt werden, etwa
durch eine noch mögliche Befragung der Angehörigen .
Sicherer ist es aber, wenn man genau weiß, was die
betroffene Person selbst will . Deshalb wollen wir Patientenverfügungen und Behandlungsvereinbarungen auf
diesem Wege noch bekannter machen . Das tun wir, indem wir die Betreuer dazu verpflichten, auf diese Möglichkeiten hinzuweisen, solange die Betreuten noch fit
genug sind, um selbst zu entscheiden, wie sie später
behandelt werden möchten . Sie sollen die Betreuten außerdem dabei unterstützen, ihre Wünsche zu Papier zu
bringen, damit sie nachvollziehbar sind .
Das ist uns auch wichtig: Wir wollen alles dafür tun,
dass ärztliche Zwangsmaßnahmen nach Möglichkeit vermieden werden . Denn eine solche Maßnahme stellt immer einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte
der betroffenen Person dar . Auch vor dem Hintergrund
der UN-Behindertenrechtskonvention gilt es, das Selbstbestimmungsrecht zu stärken und Zwangseingriffe auf
das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren . Auch
dem folgt der Gesetzentwurf .
Meine Damen und Herren Abgeordnete, mit diesem
Gesetzentwurf verhelfen wir beiden Aspekten, um die
es geht, zur Geltung: der Pflicht des Staates, Gesundheit
und Leben zu schützen, und dem Recht des Einzelnen,
über medizinische Behandlung, soweit das eben möglich ist, selber zu entscheiden . Wir wären dankbar, meine
Damen und Herren Abgeordnete, wenn wir diesen Gesetzentwurf hier im Parlament beraten und noch in dieser
Legislaturperiode verabschieden könnten, zum einen, um
dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes zu entsprechen, zum anderen, um den Menschen, um die es geht,
möglichst schnell auf einer sicheren Rechtsgrundlage
helfen zu können .
Herzlichen Dank .
Vielen Dank . - Die erste Nachfrage stellt der Kollege
Wunderlich .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Justizminister,
wir begrüßen, dass gerade bei der Förderung der Verbreitung von Patientenverfügungen angesetzt werden soll,
um die Zahl der Zwangsbehandlungen zu minimieren .
Das Gesetz sieht aber jetzt die Einschränkung vor: „in
geeigneten Fällen“ . Der Betreuer oder die Betreuerin soll
also den Betreuten in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinweisen . Was sind denn
geeignete Fälle, und welche Fälle sind nicht geeignet?
Bedarf es überhaupt so einer Einschränkung, oder sollte grundsätzlich auf eine Patientenverfügung hingewirkt
werden?
Hingewiesen wird auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung insgesamt, wie ich finde, immer häufiger,
von unterschiedlichen Stellen . Es gibt vom Bundesjustizministerium eine Broschüre zum Thema Patientenverfügung . Das ist die Broschüre, die in unserem Hause
mit großem Abstand am häufigsten von Bürgerinnen und
Bürgern nachgefragt wird .
Wir wollen dennoch eine Beschränkung auf die Fälle,
in denen eine Patientenverfügung angezeigt sein kann .
Ich kann jetzt nicht im Detail auseinanderdividieren, in
welchen Fällen sie angezeigt ist und in welchen nicht .
Aber es ergibt sich, wie wir finden, aus dem Wesensgehalt der Patientenverfügung . Entweder durch den Verlauf
einer Krankheit oder durch die Krankheit als solche und
ihren bekannten Verlauf ergeben sich Hinweise darauf,
dass eine Patientenverfügung irgendwann nötig sein
kann, weil der Patient aufgrund des Krankheitsverlaufes
möglicherweise irgendwann keinen eigenen Willen mehr
bilden können wird .
Nächste Frage: Elke Ferner . - Wo haben wir sie?
({0})
- Hat mir aber einer angegeben . Wäre von dort aus auch
ein bisschen schwierig . ({1})
Entschuldigung! Das war dann hier ein Übertragungsfehler . Dann erhält der Kollege Fechner das Wort .
Herr Minister, ich habe eine Frage zu der von Ihnen
angesprochenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes . Da das Gericht betont, dass der Gesetzgeber
durch - ich zitiere - „inhaltlich anspruchsvolle und hinreichend bestimmt formulierte materielle und begleitende verfahrensrechtliche Voraussetzungen“ sicherzustelBundesminister Heiko Maas
len habe, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme nur „als
letztes Mittel“ in Betracht kommt: Könnten Sie erläutern,
wie Sie das im Detail umsetzen?
Herr Abgeordneter Fechner, das ist im Bundesverfassungsgerichtsurteil ausdrücklich ausgeführt . Ich denke,
das angesprochene Ultima-Ratio-Prinzip ist ganz grundsätzlich außerordentlich bedeutend in seiner Anwendung .
Die entsprechende Umsetzung sieht so aus, dass die
Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von der
freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt wird das ist ja das Problem, das wir bisher hatten - und künftig an das Erfordernis eines stationären Aufenthaltes in
einem Krankenhaus gebunden ist . Man hätte sie auch im
Rahmen einer ambulanten Behandlung erlauben können,
aber das halten wir aus sachlichen und auch aus medizinischen Gründen für nicht angezeigt .
Wir werden auch die bereits geltenden strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen so belassen,
wie sie im Gesetz stehen; an der einen oder anderen Stelle werden wir sie noch klarer fassen . Im Gesetzentwurf
sind darüber hinaus Regelungen vorgesehen, durch die
wir das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen bei
ärztlichen Maßnahmen weiter stärken wollen .
Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass ärztliche
Zwangsmaßnahmen in der Betreuungspraxis soweit wie
möglich vor allem durch den stärkeren Einsatz von Behandlungsvereinbarungen ersetzt werden . Damit nehmen
wir die von Ihnen angesprochene Formulierung aus dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht nur ernst,
sondern wir setzen sie gesetzlich um .
Kollege Terpe .
Herr Minister, zunächst vielen Dank für die Einführung zu dem Gesetzesvorhaben . In der Diskussion ist bereits darauf hingewiesen worden, dass man die Möglichkeit hat, eine Patientenverfügung aufzusetzen . Allerdings
glaube ich, dass dies nicht weitreichend genug ist; denn
die Patientenverfügung ist die Verfügung eines Willens .
Nun will man infolge des Bundesverfassungsgerichtsurteils eine Gesetzesregulierung voranbringen . Mit einer
Zwangsmaßnahme soll erreicht werden, den Gesundheitszustand irgendwie zu verbessern, aber ich glaube
nicht, dass die Formulierung einer Patientenverfügung
hier ausreicht .
Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie das Instrument
der Behandlungsvereinbarung stärken wollen . Sie haben
dabei vor allen Dingen auf die Verpflichtung der Betreuer
hingewiesen. Wie sieht es denn mit der Verpflichtung der
stationären Einrichtungen aus? Sie heben ja auf stationäre Einrichtungen ab . Gibt es aus Ihrer Sicht die Notwendigkeit, verpflichtende Regelungen für stationäre
Einrichtungen vorzuschreiben? Denn sie sind ein Teil der
Zwangsmaßnahmen, die möglicherweise ergriffen werden .
Ich glaube, es ist sinnvoll, in den Krankenhäusern und
in den stationären Einrichtungen sehr früh auf die verschiedenen Möglichkeiten hinzuweisen . Wir haben aber
davon abgesehen, das gesetzlich zu fixieren; denn in den
Krankenhäusern ist oftmals die Situation so, dass die Patienten, die dort eingeliefert werden, eben nicht mehr einen eigenständigen Willen bilden können; deshalb haben
wir mit der Patientenverfügung gesetzgeberisch früher
angefangen und klar im Gesetz niedergelegt, dass wir die
entsprechenden Maßnahmen fördern wollen .
Klar ist: Auch in einem Krankenhaus oder in einer
Station muss auf die entsprechenden Möglichkeiten hingewiesen werden . Wir haben allerdings nicht den Weg
eingeschlagen, das gesetzlich zu fixieren.
Wir haben in dem Entwurf allerdings vorgesehen, das
Gesetz nach drei Jahren zu evaluieren . Einer der Punkte,
die bei der Evaluation eine Rolle spielen werden, wird
sicherlich sein, ob in Zukunft möglicherweise darüber
hinausgehende, auch gesetzliche Verpflichtungen, die
Einrichtungen bzw . Krankenhäuser betreffen, angezeigt
wären oder nicht . So weit sind wir in diesem Gesetzentwurf nicht gegangen .
Frau Sütterlin-Waack .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister Maas, ich
möchte auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückkommen, die ja Grundlage für den Gesetzentwurf war und die ausdrücklich nicht über die Situation
der Betreuten in ambulanter Behandlung entschieden hat .
Dabei kann man sich zum Beispiel Patienten vorstellen,
die eben nicht in ein Krankenhaus eingewiesen wurden,
aber eine dringend notwendige Zahnbehandlung oder
Ähnliches brauchen . Deshalb wollte ich Sie fragen: Sehen Sie die Notwendigkeit, ambulante Zwangsmaßnahmen in ganz engen Grenzen zuzulassen? Und die Anschlussfrage lautet, ob Sie durch die jetzt vorgesehene
Nichtzulassung den Gleichheitsgrundsatz verletzt sehen .
Wir haben uns, wie Sie gesagt haben, dafür entschieden, Zwangsmaßnahmen nur im Rahmen einer stationären Behandlung zu ermöglichen, da wir - auch nach
den Gesprächen mit Vertretern der Praxis - davon ausgegangen sind, dass in einer ambulanten Behandlung
eben nicht die gleiche Sachlage wie in einer stationären
Behandlung mit den Möglichkeiten der Nachbetreuung
besteht . Wir sind, weil die Ausgangslage einfach unterschiedlich ist, der Auffassung, dass es sich um keine
Ungleichbehandlung handelt . Es gibt durchaus Stellungnahmen, die davon ausgehen, dass dadurch eine weitere
Gesetzeslücke entsteht . Ich bin aber der Auffassung, dass
unsere Entscheidung in der Sache begründbar ist .
Im Übrigen sieht das Gesetz auch die Möglichkeit vor,
Patienten in eine stationäre Behandlung zu verbringen,
ohne dass dies eine freiheitsentziehende Unterbringung
ist, um dort - in der stationären Behandlung - dann auch
ärztliche Zwangsmaßnahmen durchzuführen . Insofern
glaube ich, es ist keine Ungleichbehandlung, da die Situation eine unterschiedliche ist . Ich glaube auch, dass
die Gesetzeslücke, von der da gesprochen worden ist, so
nicht besteht, weil wir auf der Grundlage dieses Gesetzes
für den Fall, dass es sich um keine freiheitsentziehende
Unterbringung handelt, die Möglichkeit schaffen, Menschen in stationäre Behandlung zu verbringen, um dort
auch ärztliche Zwangsmaßnahmen durchführen zu können .
Frau Wöllert .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Inwiefern ist der stationäre Aufenthalt, der künftig statt der Zwangsunterbringung Voraussetzung für eine Zwangsbehandlung sein
soll, in Punkt 7 des neuen Paragrafen ausreichend definiert? Könnte damit auch eine teilstationäre Unterbringung gemeint sein, zum Beispiel in einer Tagesklinik?
Das geht aus dem, was im Gesetzentwurf steht, nicht
ganz klar hervor .
Nein, wir gehen davon aus, dass es sich um eine vollstationäre Unterbringung handeln muss, insbesondere
auch deshalb, weil bei ärztlichen Maßnahmen, die auf
der Gesetzesgrundlage, die wir schaffen wollen, durchgeführt werden können, auch die Möglichkeit der Nachbeobachtung und Nachbehandlung bestehen muss . Das
ist nach unserer Auffassung in einer Tagesklinik nicht der
Fall . Allerdings ist - so wie der Gesetzentwurf formuliert ist - nicht Voraussetzung, dass jemand zum Beispiel
stationär in einer geschlossenen Abteilung untergebracht
wird, sondern es reicht die stationäre Unterbringung . Sie
muss nicht in einem geschlossenen Teil des Krankenhauses durchgeführt werden, das geht auch auf einer offenen
Station. Aber es muss vollstationäre Versorgung stattfinden .
Frau Rode-Bosse .
Besten Dank, Herr Präsident . - Sehr geehrter Herr
Minister, es ist gerade aus psychiatrischen Einrichtungen
bekannt, dass aus zeitlichen und personellen Gründen der
Wille und die Wünsche des Patienten/der Patientin nicht
immer so berücksichtigt werden können, wie es eigentlich angesagt wäre . Könnten Sie verdeutlichen, welche
Möglichkeiten es da gibt? Setzt dieses Gesetz Anreize
und schafft Instrumente, dies zu ändern und die Lage der
Patienten und Patientinnen zu verbessern?
Wir gehen davon aus, dass die Möglichkeiten über
die Patientenverfügung im Grundsatz bestehen; aber wir
beobachten seit einiger Zeit, dass mit Erfolg auch das Instrument der Behandlungsvereinbarung eingesetzt wird,
also einer Vereinbarung, die zwischen dem Betroffenen
und dem behandelnden Arzt bzw . dem Behandlungsteam getroffen wird . Wir würden dieses Instrument gerne
neben die Patientenverfügung stellen . Letztlich gehen
solche Behandlungsvereinbarungen ja in eine rechtlich
verbindliche Patientenverfügung über . Wir wollen diesen
Prozess mit Blick auf stationäre psychiatrische Behandlungen auch in quantitativer Hinsicht stärken .
Mit dem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, streben wir eine Vereinfachung an . Wir wollen stärker auf
diese Möglichkeit hinweisen und ihre Anwendung vereinfachen . Nach drei Jahren wollen wir eine Evaluation
durchführen und prüfen, ob die Möglichkeiten, die mit
diesem Gesetz geschaffen werden, ausreichend sind, um
dieses Instrument weiterzuverbreiten . Sollte das nicht der
Fall sein, muss man noch einmal darüber nachdenken,
ob der gesetzliche Anwendungsbereich möglicherweise
noch weiter ausgeweitet werden sollte .
Frau Haßelmann .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Vielen Dank, Herr Minister, für Ihre Ausführungen . Ich glaube, dass viele der
Betroffenen, aber auch viele Betreuerinnen und Betreuer
und Angehörige auf eine rechtliche Regelung in diesem
Bereich warten. Von daher finde ich es gut, dass wir uns
mit diesem Thema jetzt intensiv beschäftigen .
In meiner Frage geht es um medizinische Zwangsbehandlungen . Wir bewegen uns dabei in einem grundgesetzlichen Spannungsfeld . Sie haben gesagt, dass eine
medizinische Zwangsbehandlung auch ohne Zwangseinweisung in eine stationäre oder psychiatrische Einrichtung möglich ist . Sie haben erläutert, dass das „auf freiwilliger Basis“ möglich ist . Aber wie soll ich mir das
vorstellen? Wer behandelt werden soll, kann die freiwillige Einweisung in eine stationäre Einrichtung ablehnen . Und damit bin ich dann doch wieder bei einer
Zwangseinweisung in eine stationäre Einrichtung, oder?
Wie wollen Sie das im Gesetz regeln?
Es geht nur um Menschen, für die die Betreuung bereits angeordnet ist . Dabei gibt es Fälle - darauf basiert
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts -, in
denen eine freiheitsentziehende Unterbringung gar nicht
angeordnet werden konnte, zum Beispiel, weil es sich
entweder um eine freiwillige Unterbringung handelt oder
weil der Betroffene gar nicht mehr bewegungsfähig ist,
also auch gar nicht woandershin verbracht werden konnte, sich also - in Anführungszeichen - auch gar nicht
mehr wegbewegen konnte . Ich glaube, dass es solche
Fälle geben kann; ihre Anzahl ist relativ begrenzt .
Für solche Fälle würde die Möglichkeit geschaffen,
zumindest im stationären Rahmen ärztliche Zwangsmaßnahmen durchzuführen, ohne dass die Voraussetzungen
für eine freiheitsentziehende Unterbringung vorliegen .
Kollege Bartke .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Bundesminister,
zunächst einmal möchte ich meine Anerkennung dafür
ausdrücken, dass Sie diesen Gesetzentwurf recht bald
nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vorgelegt haben . Das zeigt, dass die Große Koalition handlungsfähig
ist .
Meine Frage ist eine sachliche: Kann ein Mensch mit
einer psychischen Erkrankung eine Patientenverfügung
oder eine Behandlungsverfügung abschließen?
Grundsätzlich kann eine wirksame Patientenverfügung jeder erstellen, der einwilligungsfähig ist, also über
die Fähigkeit verfügt, Art, Bedeutung und Tragweite bzw .
Risiken einer medizinischen Maßnahme zu verstehen und
auf dieser Grundlage einen eigenen Willen zu bilden . Die
Bestellung eines Betreuers in gesundheitlichen Angelegenheiten bedeutet eben nicht automatisch, dass der Betreute die erforderliche Einwilligungsfähigkeit nicht hat .
Von daher können grundsätzlich auch psychisch kranke
Menschen mit rechtlicher Betreuung wie alle anderen
eine Patientenverfügung erstellen . Mit dieser legen sie
dann für den Fall ihrer späteren Einwilligungsunfähigkeit, etwa im Verlauf der Krankheit, schriftlich fest, ob
sie in eine noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahme einwilligen oder ob sie sie untersagen . Es
ist also auch für Menschen mit psychischer Erkrankung
möglich, eine Patientenverfügung zu erstellen, nur eben
in einem vorgelagerten Zeitraum .
Frau Werner .
Danke schön . - Sie haben ja in Ihren einführenden
Worten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das vorliegende Papier UN-behindertenrechtskonform ist . Da
möchte ich Ihnen gerne widersprechen . Ich gebe in dem
Zusammenhang den Hinweis, dass es im März 2015 zur
Staatenprüfung durch den UN-Fachausschuss für die
Rechte von Menschen mit Behinderungen kam . In den
Abschließenden Bemerkungen vom 17 . April 2015 wurde gefordert,
({0}) . . . alle Formen der ersetzten Entscheidung abzuschaffen und ein System der unterstützten Entscheidung an ihre Stelle treten zu lassen;
({1}) professionelle Qualitätsnormen für Mechanismen der unterstützten Entscheidung zu entwickeln;
({2}) in enger Zusammenarbeit mit Menschen mit
Behinderungen auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene für alle Akteure, einschließlich öffentlich
Bedienstete, Richter, Sozialarbeiter, Fachkräfte im
Gesundheits- und Sozialbereich, und für die umfassendere Gemeinschaft Schulungen zu Artikel 12 …
- der UN-Behindertenrechtskonvention bereitzustellen, die der Allgemeinen Bemerkung
Nr . 1 entsprechen .
Insofern wäre meine Frage, wie Sie das in der Kürze
der Zeit in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen
Akteuren, die erwähnt wurden, entwickeln konnten und
inwieweit Sie Schulungsmaßnahmen geplant haben .
Wir sind der Auffassung - das ist ja der Kern Ihrer
Frage -, dass der Gesetzentwurf so, wie wir ihn vorgelegt haben, nicht konventionswidrig ist . Letztlich hat
das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil eine
Schutzpflicht des Staates aus dem Grundgesetz abgeleitet, und zwar hat es für nicht einsichtsfähige Betreute
bei drohenden erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und unter strengen Voraussetzungen eine ärztliche Zwangsbehandlung als letztes Mittel vorgesehen .
Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich
der Rechtsauffassung des von Ihnen angesprochenen
UN-Fachausschusses widersprochen, die im Übrigen
auch nicht völkerrechtlich verbindlich ist .
Prüfungsmaßstab war für uns insoweit allein die Konvention, die nach den völkerrechtlichen Vorgaben der
Wiener Vertragsrechtskonvention auszulegen ist . Die
Bundesregierung ist genauso wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil der Auffassung, dass auch
unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des zuständigen UN-Fachausschusses nichts dafür spricht, dass
Menschen mit Behinderungen, die keinen freien Willen
bilden können und sich in hilfloser Lage befinden, nach
Text und Geist der UN-Behindertenrechtskonvention ihrem Schicksal überlassen werden sollten .
Kollege Brunner .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, es ist
anerkennenswert, dass der Gesetzentwurf nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nunmehr in
sehr umfänglicher und klarer Weise und vor allen Dingen sehr zügig vorgelegt worden ist . Einige Fragen hinsichtlich der stationären und ambulanten Behandlung
sind aber immer noch offen . Deshalb frage ich: Besteht
eine Rechtsgrundlage auch dafür, dass ein Betroffener,
der nicht geschlossen untergebracht werden muss - Sie
wiesen auf den Grundsatz „stationär vor ambulant“ hin -,
gegen seinen Willen in ein offenes Krankenhaus gebracht
wird, damit die erforderliche medizinische Behandlung
dort vorgenommen werden kann? Hat also der medizinische Eingriff gegenüber der Unterbringung Priorität?
Ja, das ist im Gesetzentwurf so vorgesehen . Ich muss
sagen, dass wir durch einige Stellungnahmen im Rahmen
der Länder- und Verbändeanhörung darauf aufmerksam
gemacht worden sind . Wir haben unseren Entwurf daraufhin entsprechend ergänzt und festgelegt, dass eine
betroffene Person notfalls auch gegen ihren natürlichen
Willen in ein offenes Krankenhaus, wie von Ihnen erwähnt, verbracht werden kann, wenn dies zur Durchführung der ärztlichen Zwangsmaßnahme erforderlich ist .
Wir haben auf diese Art und Weise eine an dieser Stelle
entstehende Regelungslücke, wie wir finden, vermeiden
können .
({0})
Herr Terpe .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, eine
Frage in Richtung: Prävention vor Zwangsmaßnahmen .
Sie haben ja richtigerweise gesagt, dass Ihr Anliegen ist,
Zwangsmaßnahmen als Mittel der letzten Wahl zu formulieren . Nun wissen wir aber, dass dahinter natürlich
auch eine gewisse Entwicklung stehen kann, beispielsweise - das ist von der Kollegin aus der SPD schon angedeutet worden - dass in Kliniken organisatorische Veränderungen ermöglichen könnten, auf Zwangsmaßnahmen
zu verzichten . Das hat vielleicht etwas mit der Personalsituation oder auch mit Deeskalationsstrategien insgesamt zu tun . Sehen Sie für die Zukunft Forschungsbedarf
auf diesem Gebiet, sollte also erforscht werden, wie man
auf Zwangsmaßnahmen in diesem Zusammenhang möglicherweise verzichten kann, und würden Sie empfehlen,
dass wir dieses Thema in der Forschung vorantreiben?
Diese Frage kann ich fachlich nicht abschließend
beantworten . Durchaus kann ich mir vorstellen, dass
entsprechende Forschung dabei helfen könnte, über
das Maß hinaus, das wir jetzt gesetzlich zu deklarieren
versucht haben, die Zahl ärztlicher Zwangsmaßnahmen
weiter zu reduzieren . Oftmals - darauf haben Sie hingewiesen; auch das kann ich aber nicht abschließend beurteilen - sind auch die personellen und organisatorischen
Voraussetzungen in Einrichtungen maßgebend dafür, ob
man sich mit diesem Thema rechtzeitig befassen kann
oder ob man - möglicherweise mangels Personal oder
mangels vernünftiger Ausstattung - zu schnell zu einer
ärztlichen Zwangsmaßnahme greift . Das wollen wir ja,
soweit es geht, zurückdrängen .
Ich kann mir vorstellen, dass es uns helfen würde,
wenn man in fachlicher Hinsicht und auf diesem Forschungsgebiet weitere Kenntnisse über dieses Thema gewinnt . Ich würde sagen, dass letztlich die personelle und
organisatorische Situation in der Praxis, aber sicherlich
auch die Schulung des Personals ganz wesentliche Voraussetzungen dafür sind, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen, die ja niemand will, weiter zurückgedrängt werden
können . Im Ergebnis kann man Ihre Frage also nur mit Ja
beantworten, wobei ich fachlich bzw . medizinisch nicht
abschließend beurteilen kann, welche Möglichkeiten es
dort theoretisch oder wissenschaftlich noch gibt .
Frau Sütterlin-Waack .
Herr Minister, Sie haben eben erläutert, dass der Gesetzentwurf nur Zwangsmaßnahmen bei Patienten in
stationärer Behandlung vorsieht . Wir haben auch gehört,
dass ärztliche Zwangsmaßnahmen von dem Begriff der
Unterbringung entkoppelt werden sollen. Nun findet
sich aber in Ihrem Gesetzentwurf in § 312 FamFG der
Sachverhalt, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen unter
dem Begriff „Unterbringungssachen“ subsumiert werden . Deshalb meine Frage: Können Sie uns erläutern,
warum der materiell-rechtlichen Entkopplung keine formell-rechtliche folgt und ob der eigentliche Zweck des
Gesetzentwurfes dadurch nicht möglicherweise etwas
konterkariert wird . Das würde mich interessieren .
Wir glauben nicht, dass das der Fall sein wird . Der
Fall, der dem Bundesverfassungsgericht vorlag, bestand
darin, dass sich eine Patientin eigentlich wegen eines anderen Krankheitsbildes im Krankenhaus befand und dort
eine Krebserkrankung festgestellt worden ist, dass sie
sehr schnell nicht mehr in der Lage war, einen eigenen
Willen zu bilden, sie aber bereits so schwer erkrankt war,
dass die Voraussetzungen für eine freiheitsentziehende
Unterbringung gar nicht mehr vorgelegen haben und deshalb auch eine ärztliche Zwangsbehandlung nicht mehr
angeordnet werden konnte . Das heißt, das Betreuungsgericht konnte das nicht entsprechend genehmigen .
Vor diesem Hintergrund haben wir den Weg, den wir
gewählt haben, gestaltet, auch in Abstimmung mit den
Fällen, die uns aus der Praxis vorgetragen worden sind .
Wir sind der Auffassung, dass das ausreichend ist . Wir
haben uns vorgenommen, das Gesetz nach drei Jahren
zu evaluieren und dann noch einmal zu prüfen, ob möglicherweise weiterer Änderungsbedarf besteht . Aber wir
glauben, dass wir diese Frage materiell-rechtlich so geregelt haben, dass diese Gesetzeslücke nicht mehr besteht
und damit auch die Problemfälle, die es in der Praxis bisher gegeben hat, so nicht mehr entstehen können .
Vielen Dank . - Weitere Fragen zu diesem Thema der
heutigen Kabinettssitzung?
({0})
- Ganz kurz . - Wir wollen ja noch ein bisschen Zeit für
sonstige Fragen haben, aber diese beiden Fragen lasse
ich noch zu . Danach schließen wir diesen Teil der Regierungsbefragung im allgemeinen Einvernehmen ab, und
dann rufe ich noch weitere Fragen an die Bundesregierung auf . - Kollege Wunderlich .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Maas, habe ich
Sie richtig verstanden oder verstehe ich den Gesetzentwurf in Artikel 7 bezüglich der Evaluation richtig, dass
da erstmalig anonymisiert die Zahlen und tatsächlichen
Fälle von Zwangsbehandlungen statistisch erfasst werden sollen? Anders, so denke ich, lässt sich eine Evaluation ja schlecht bewerkstelligen .
Ja, so ist es vorgesehen .
Frau Vogler . - Das hat sich erledigt . Vielen Dank .
Fragen zur heutigen Kabinettssitzung sind mir jedenfalls nicht angekündigt worden . Aber es gibt weitere
Fragen an die Bundesregierung, zunächst vom Kollegen
Volker Beck .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Das ist eine Frage an
das Bundesministerium für Bildung und Forschung .
Es gab in dieser Woche eine Veranstaltung des
Max-Planck-Instituts in Halle, wo mit einem Flugblatt
geworben wurde, das behauptet hat, es hätte 2014 keine
Raketenangriffe der Hamas auf Israel gegeben, keinen
Tunnelbau der Hamas gegeben, und es gäbe auch kein
Selbstverteidigungsrecht Israels in diesem Fall .
Ich bin der Ministerin außerordentlich dankbar, dass
sie mir in einem Schreiben mitgeteilt hat, dass die Bundesregierung die Max-Planck-Gesellschaft bitten will,
diesen Vorgang aufzuklären, und ich wollte von der Bundesregierung wissen, welche Vereinbarung dazu mittlerweile hinsichtlich der Aufklärung, die sicherlich auch
das Parlament interessiert, in den Blick genommen wurde, zumal die Max-Planck-Gesellschaft öffentlich über
den Titel der Veranstaltung anscheinend gelogen hat,
die zunächst öffentlich als „Legitimation staatlicher Gewalt“ angekündigt war und intern mit einem Flugblatt als
„Märtyrertum Gazas“ - in der Formulierung von Herrn
Finkelstein - beworben wurde . Es wurde anscheinend
gelogen über den Titel, die Frage „externe versus interne
Veranstaltung“, und die Quellen des Peer Reviews werden nicht offengelegt . Das sind - nur, damit das Haus
weiß, worüber wir reden - die Kritikpunkte, denen man
nachzugehen hat, und ich möchte wissen, wann uns die
Aufklärung dieser Fragen erreichen wird .
Herr Präsident, da ich weder die Veranstaltung noch
das Flugblatt kenne, kann ich zur Aufklärung der Frage
nichts beitragen .
Aber offenkundig gibt es eine Antwort des zuständigen Ressorts . Bitte schön .
Herr Präsident, ich will Kollegen Beck die Frage gerne beantworten . - Wenn Sie gestatten, würde ich gerne
den Brief vorlesen, den Sie von Frau Ministerin Wanka
bekommen haben, damit das Haus vollumfänglich über
das informiert ist, was unser Ministerium Ihnen geantwortet hat; zumindest will ich Teile daraus zitieren . Ich
glaube, dass der entscheidende Satz ist: Die Ministerin
und damit auch die Bundesregierung teilt Ihre kritische
Sicht auf die Veranstaltung des Max-Planck-Instituts in
Halle .
Sie wissen, dass der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft - der Brief liegt Ihnen ja ebenfalls vor - hier
bereits dazu Stellung genommen hat, und ich darf dazu
zitieren:
Das BMBF sieht mit Sorge, wenn im Kontext kontroverser Wissenschaftsdiskussionen möglicherweise antisemitischen Thesen eine Plattform geboten
werden könnte .
Dann wird auf das eingegangen, auf das Sie jetzt auch
Bezug nehmen, dass wir die Max-Planck-Gesellschaft
auffordern, diesen Vorgang auch noch einmal aufzuarbeiten . Eine Antwort der Max-Planck-Gesellschaft liegt
bislang nicht vor .
Frau Kollegin Künast .
Danke . - Eine Frage an das Bundesministerium des
Innern . Nachdem die Koalition im Rechtsausschuss verhindert hat, dass der Fall Amri/Breitscheidplatz behandelt wird, stelle ich die Frage hier .
Nach aktueller Berichterstattung ist es so, dass es eine
nachrichtendienstliche Beobachtung von Amri seit dem
13 . Oktober 2016 gegeben hat, scheinbar bis zum Attentat . Deshalb frage ich: Welche ganz konkreten Maßnahmen hat es dabei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz im Rahmen der Beobachtung von Amri gegeben,
und welche Erkenntnisse sind dabei konkret gewonnen
worden, zum Beispiel, dass er in der Moschee, die der
Treffpunkt des IS in Berlin ist, ein und aus gegangen ist
oder dort geschlafen hat oder bestimmte Kontakte zu Gefährdern oder Foreign Fightern hatte?
Sie müssen einen Augenblick warten . - Ja, jetzt geht
es .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Ich kann die Frage
im Detail nicht beantworten, unabhängig davon, welche
Informationen den Kolleginnen und Kollegen dazu aus
dem Innenministerium vorliegen und welche möglicherweise auch eingestuft sind oder nicht .
({0})
Das Innenministerium sieht sich offenkundig zu weiterführenden Auskünften in der Lage . - Herr Staatssekretär .
({0})
Selbstverständlich, Herr Präsident . - Frau Künast,
Ihre Frage ist in etwa identisch mit der nicht zugelassenen dringlichen Frage,
({0})
von daher konnten wir uns das schon einmal genauer
ansehen . Es ist sehr freundlich, dass man das sozusagen
vorher ankündigt .
Im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung des
Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde die Person
Amri seit Bekanntwerden Anfang 2016 durch das Bundesamt für Verfassungsschutz natürlich bearbeitet . Erkenntnisse zu Amri wurden be- und ausgewertet sowie
im Rahmen des GTAZ erörtert, wie ich und andere Kollegen - unter anderem auch im Rechtsausschuss - das ja
schon vorgetragen haben .
Die Person Amri wurde von Beginn an, allerdings
durch die Polizeibehörden federführend, bearbeitet . Eine
Überwachung Amris durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, wie Sie es gerade nahegelegt haben - etwa
mit nachrichtendienstlichen Mitteln -, fand zu keiner
Zeit statt .
Kollege Ströbele .
Danke . - Herr Minister, ich habe in Erinnerung, dass
Sie nach dem Fall Amri, nach dem schrecklichen Attentat, immer wieder Aufklärung gefordert und sich ein bisschen an die Spitze der Bewegung gestellt haben . Deshalb
fehlt mir jedes Verständnis dafür, dass die SPD heute im
Rechtsausschuss beantragt hat, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen .
({0})
Ich habe dann im Innenausschuss Zuflucht gesucht. Dort
wurde wenigstens eine Frage beantwortet .
An Sie habe ich jetzt ganz konkret die Frage: Ist Ihnen
bekannt, ob sich US-Behörden - etwa das Militär oder
Geheimdienste - in irgendeiner Weise in Deutschland
mit dem Fall Amri befasst und sich darin eingemischt
haben?
Nein, das ist mir nicht bekannt .
Weitere Anfragen sehe ich nicht . - Dann schließe ich
hiermit mit Dank an alle Beteiligten die Regierungsbefragung .
Ich rufe unseren nächsten Tagesordnungspunkt auf,
nämlich den TOP 2:
Fragestunde
Drucksache 18/10922
Wir rufen die Fragen, wie immer, in der rotierenden
Reihenfolge der Ressorts auf . Das liegt Ihnen vor .
Vorab erlaube ich mir den Hinweis, dass die gelegentlich von mir nahegelegten Überlegungen zur Neustrukturierung der Fragestunde durch die Erfahrungen nicht
nur mit der Anzahl, sondern auch mit der Ernsthaftigkeit
des Auskunftsbegehrens eigentlich Woche für Woche
bestätigt werden . Von den für diese Woche übersichtlich vorliegenden 36 Fragen zur mündlichen Beantwortung bleiben tatsächlich weniger als 10 übrig, weil die
Kolleginnen und Kollegen in der Zwischenzeit es nun
so dringlich auch wieder nicht finden, ihre Fragen hier
mündlich beantwortet zu bekommen, um nachfragen zu
können .
Ich fürchte, wir werden das auch in der verbleibenden
Zeit dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einem rundum überzeugenden Ergebnis führen . Da ich aber nicht
mehr ganz so viele Gelegenheiten habe, das vorzutragen,
nutze ich diese, um zu sagen: Wir haben auch hier ein ich sage jetzt mal - Justierungsproblem .
({0})
Als Erstes kommen wir nun zum Geschäftsbereich
des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit . Die Frage 1 der Kollegin Sylvia
Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Die Frage 2
der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl wird ebenfalls schriftlich beantwortet .
Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung . Die Frage 3 des Kollegen Niema Movassat
und die Frage 4 des Kollegen Uwe Kekeritz werden
schriftlich beantwortet .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes . Für die Beantwortung steht der Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche
zur Verfügung .
Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Welche Erkenntnisse ergaben sich im Fall des Gefährders
Anis Amri aus der Abklärung des BND zu den beiden libyschen Rufnummern ({1}) und aus gegebenenfalls daraus abgeleiteten Maßnahmen des BND, und wie war der BND insgesamt,
über eine Beteiligung an den GTAZ-Arbeitsgruppen hinaus,
im Fall Anis Amri tätig?
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Abgeordneter
Ströbele, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Zu Ihrer
Teilfrage, wie der BND insgesamt im Fall Amri tätig
war, kann ich öffentlich sagen, dass im Vorfeld des Anschlags - im Zeitraum September bis Oktober 2016 der marokkanische Sicherheitsdienst dem BND parallel
zum BKA insgesamt vier Meldungen übermittelt hatte .
Die Hinweise waren Gegenstand einer Bewertung der
deutschen Sicherheitsbehörden im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum . Nach einer gemeinsamen Bewertung waren die Schreiben für eine weiter gehende Gefährdungsbewertung über die bereits bei den deutschen
Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse hinaus
nicht geeignet .
Zu Ihrer Teilfrage nach den beiden libyschen Rufnummern bitte ich um Verständnis, dass ich hierzu in öffentlichen Sitzungen keine Ausführungen machen kann .
Arbeitsmethoden und Vorgehensweise der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige
erfolgreiche Auftragserfüllung besonders schutzwürdig,
da aus ihrem Bekanntwerden sowohl staatliche als auch
nichtstaatliche Akteure Rückschlüsse auf den Modus
Operandi sowie die Fähigkeiten und Methoden der Nachrichtendienste ziehen könnten . Dadurch würde die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste erschwert oder
unmöglich gemacht .
Im Ergebnis kann dies für die Funktionsfähigkeit der
Nachrichtendienste und für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein .
({0})
Die künftige Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste
des Bundes würde beeinträchtigt . Ich habe diesen Teil
der Antwort auf Ihre Frage daher für Sie in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegen lassen . - Vielen Dank .
Nachfrage, Herr Kollege Ströbele .
Danke erst einmal, Herr Staatssekretär . - Ich habe
dazu natürlich eine Nachfrage . Wir alle haben aus den
Medien zur Kenntnis genommen, dass in der Nacht vom
18 . zum 19 . Januar US-Bomber in Libyen angeblich
mehrere Lager des IS bombardiert haben - mit 90 bis
150 Toten .
Können Sie ausschließen, dass diese Bombardierungen auf der Grundlage der Handynummern, die auf dem
Telefon von Amri entdeckt worden sind, durchgeführt
wurden und dass da ein Ursachenzusammenhang besteht? Diese Frage drängt sich insbesondere auf, weil der
US-Verteidigungsminister selber den Zusammenhang jetzt nicht zu Amri, sondern allgemeiner - hergestellt hat,
indem er gesagt hat:
Die Angriffe richteten sich gegen einige IS-Strategen, die Operationen gegen unsere Verbündeten in
Europa planten und die möglicherweise auch Verbindungen hatten mit einigen Anschlägen, die bereits in Europa passierten .
Herr Abgeordneter, ich habe dazu keine Kenntnis .
Ich werde aber der Sache nachgehen und Ihnen - wie
ich vorhin schon einleitend gesagt habe -, weil es sich
hier um nachrichtendienstliche Sachverhalte handelt, die
auch die operativen Fähigkeiten betreffen, eine Antwort
in die Geheimschutzstelle geben .
Weitere Nachfrage?
Ja . - Herr Staatssekretär, ganz Deutschland, jedenfalls
die Menschen, die sich mit dem Fall Amri beschäftigen,
rätseln darüber, warum die deutschen Sicherheitsbehörden, Verfassungsschutz, BND, aber vor allen Dingen
Polizeibehörden und auch Gerichte, so zurückhaltend
waren und von den Möglichkeiten, Herrn Amri festzunehmen, keinen Gebrauch gemacht haben .
Könnte es eine Erklärung sein, dass US-Behörden,
insbesondere die NSA oder ein anderer Nachrichtendienst, aber auch politische Gremien in Deutschland
mit dem Ziel interveniert haben: „Lasst den Amri weiter
laufen, damit unsere ins Auge gefasste Aktion in Libyen
reibungslos durchgeführt werden kann und niemand gewarnt wird“?
Präsident Dr. Norbert Lammert
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, das ist ein für mich
vollkommen neuer Sachverhalt, jedenfalls die Verknüpfung, die Sie hier herstellen . Auch hierzu habe ich keine
Kenntnis . Ich werde Ihnen eine Antwort in der Geheimschutzstelle zur Verfügung stellen .
Frau Mihalic .
Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Staatssekretär,
jetzt ist schon nach dem BND gefragt worden . Aber möglicherweise können Sie mir auch Auskunft zum Agieren
eines anderen Nachrichtendienstes geben . Wir wissen ja,
dass die polizeilichen Überwachungsmaßnahmen im Fall
Amri im September letzten Jahres enden mussten, weil
das Amtsgericht Tiergarten die Maßnahme nicht weiter
verlängert hat und weil sich ein konkreter Sachverhalt
über eine konkrete Anschlagsplanung nicht verdichten
ließ .
Allerdings wurde die Person Amri weiterhin als ein
Gefährder betrachtet, als jemand, dem durchaus Anschlagsplanungen und Anschläge zugetraut wurden . Deshalb stellt sich die Frage, ob oder warum das Bundesamt
für Verfassungsschutz nicht in die Überwachung eines
solchen Gefährders in dem Moment eingetreten ist, in
dem die Polizei am Ende ihrer rechtlichen Möglichkeiten
war .
Frau Abgeordnete, das ist zwar eine Frage, die in den
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern
fällt, aber lassen Sie mich als Beauftragter für die Nachrichtendienste ganz allgemein sagen: Es ist - das sage ich
auch vor dem Hintergrund dessen, was ich den Medien
entnommen habe - ein Missverständnis, dass es im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum eine Weisungslage gibt - es ist ja nicht einmal eine Behörde -, sodass
verschiedene Behörden, die dort teilnehmen und Informationen austauschen, zu irgendwelchen Handlungen
angewiesen werden könnten . Das verbleibt in der Zuständigkeit der jeweiligen Landes- oder Bundesbehörde .
Am Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum sind
die Bundesnachrichtendienste - der BND, der MAD, soweit er einbezogen ist, und das BfV - beteiligt und tauschen hier Informationen aus, um - in dem Fall - ein
Gesamtbild über die Person Amri, von der Sie zu Recht
sagen, dass sie von den Ländern als Gefährder eingestuft
worden ist, zu bekommen . Was dann anschließend an
Maßnahmen erfolgt, erfolgt in der Zuständigkeit der jeweiligen Landes- oder Bundesbehörden .
Frau Künast .
Wir haben in den Unterlagen an verschiedenen Stellen
gelesen, dass Herr Amri als Nachrichtenmittler eingeschätzt wurde . Man ist also offensichtlich davon ausgegangen, dass er Nachrichten bzw . Informationen für andere Leute transportiert hat, die glauben, dass sie selber
unter Observation, unter einer TKÜ oder wie auch immer
stehen .
Ich möchte Sie fragen: In welchem Zusammenhang
wurde er als Nachrichtenmittler gesehen? Auf was hat
sich das bezogen? Sie sollen mir nicht den Namen des
späteren Angeklagten nennen, sondern ich würde gerne
den Zusammenhang wissen: Auf was für ein Verfahren
hat es sich bezogen? Handelt es sich dabei zum Beispiel
um den Verdacht, dass er Nachrichtenmittler für eine ausländische terroristische Vereinigung nach § 129a StGB
ist, der potenzielle Täter und handelnde Personen angehört haben, und aus welchen Ländern stammen diese
gegebenenfalls? Und ab wann und warum haben Sie ihn
möglicherweise nicht mehr als Nachrichtenmittler betrachtet? Oder haben Sie ihn noch bis zum 20 . Dezember
als selbigen betrachtet?
Frau Abgeordnete Künast, wir sind mitten in der
Aufklärung dieses Falles, und die Bundesregierung hat
sehr weitgehend in der Chronologie dazu Stellung genommen, welche Kenntnisse für die Öffentlichkeit offen
dargestellt werden können . Das ist auf mehreren Seiten
geschehen .
Was die weiteren operativen Maßnahmen angeht, soweit es die Nachrichtendienste betrifft - ich kann nicht
für die Polizeien sprechen -, so ist das in den zuständigen
Gremien zu besprechen . Das ist das Parlamentarische
Kontrollgremium, und nach meiner Kenntnis wird demnächst dazu auch eine Taskforce vom Parlamentarischen
Kontrollgremium eingesetzt .
Weitere Nachfragen hierzu habe ich nicht .
Dann rufe ich die nächsten Geschäftsbereiche auf .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes . Die Frage 6 des Abgeordneten Uwe Kekeritz und
die Frage 7 des Abgeordneten Andrej Hunko werden
schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Die Frage 8 des Abgeordneten Andrej
Hunko, die Fragen 9 und 10 des Abgeordneten Dr . André
Hahn, die Fragen 11 und 12 der Abgeordneten Katrin
Kunert, die Frage 13 der Abgeordneten Ulla Jelpke und
die Frage 14 des Abgeordneten Niema Movassat werden
schriftlich beantwortet .
Ich rufe jetzt die Frage 15 des Kollegen Volker Beck
auf:
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht
die Bundesregierung aus den Äußerungen des thüringischen Fraktionsvorsitzenden der AfD, Björn Höcke: „Diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch
viel mehr als zu Franz Josef Straußʼ Zeiten. Wir brauchen
nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um
180 Grad“ ({0}), und inwiefern hält sie diese Äußerungen für strafrechtlich, verfassungsschutzrechtlich
({1}) oder beamtenrechtlich relevant - auch vor
dem Hintergrund, dass der Bundesminister für Wirtschaft und
Energie nunmehr die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz fordert?
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer
Staatssekretär Schröder bereit . - Herr Staatssekretär, bitte .
Sehr geehrter Herr Kollege Beck, ich beantworte Ihre
Frage wie folgt: Zur Alternative für Deutschland, AfD,
werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz fortlaufend die offen vorliegenden Informationen bewertet . Geprüft wird dabei auch, ob der organisierte Rechtsextremismus die AfD als Plattform für Aktivitäten nutzt .
Bei der Prüfung, ob bei einer Organisation tatsächlich
Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen
vorliegen, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich . Bisher ist die AfD insgesamt kein Beobachtungsobjekt des
Verfassungsschutzes . Die Verfassungsschutzbehörden
werden die weitere Entwicklung der AfD aufmerksam
verfolgen .
Für die Beobachtung des thüringischen AfD-Landesverbandes ist das thüringische Landesamt für Verfassungsschutz zuständig .
Zur beamtenrechtlichen Bewertung . Nach Kenntnis
der Bundesregierung war Herr Höcke bis zu seinem Einzug in den thüringischen Landtag Oberstudienrat in Hessen . Daher ist für die beamtenrechtliche Einschätzung
der Äußerung von Herrn Höcke das hessische Kultusministerium zuständig .
In strafrechtlicher Hinsicht gilt, dass die Beurteilung,
ob ein Verhalten strafrechtlich relevant ist, zunächst von
der zuständigen Staatsanwaltschaft und abschließend
von den unabhängigen Gerichten zu prüfen ist und nicht
vorgreifend durch die Bundesregierung .
Nachfragen, Herr Kollege Beck .
Ich befürchte, dass wir bei der AfD ähnliche Fehler
machen, wie wir sie bei den Reichsbürgern gemacht
haben, indem man das alles auf die Länder abschiebt .
Meine Ausgangsfrage war darauf bezogen, ob das Umfeld von Herrn Höcke - nicht die gesamte AfD - verfassungsschutzrechtlich relevant ist . Deshalb möchte ich
Sie präzise fragen zu der parteiinternen Vereinigung, der
Herr Höcke vorsteht, dem „Flügel“, und der Jugendorganisation Junge Alternative, kurz JA, und der Patriotischen Plattform . Aus offenen Quellen, die mir und Ihnen
zugänglich sind, geht hervor, dass sich auf den Veranstaltungen dieser Vereinigungen rechtsextremistische Aktivisten und Ideologen tummeln . Wird geprüft, ob diese
Unterorganisationen Beobachtungsgegenstand werden
können? Bei der Linkspartei war es offensichtlich ganz
einfach, so vorzugehen . Warum das angesichts der Befunde bei der AfD bislang nicht geprüft wurde, ist mir
schleierhaft .
Selbstverständlich werden fortlaufend die offen vorliegenden Informationen bewertet . Geprüft wird dabei
auch, ob der organisierte Rechtsextremismus die AfD als
Plattform für Aktivitäten nutzt .
Eine weitere Zusatzfrage .
Jetzt haben Sie mir noch einmal die gleiche Passage
von Ihrem Sprechzettel vorgelesen . Aber das ist nicht die
Antwort auf meine Frage . Ich habe Sie gefragt, ob die
Vereinigung „Der Flügel“ - diese ist mit der AfD nicht
identisch, sondern nur eine Teilmenge - überprüft wird .
Wenn Sie sich die öffentlich zugänglichen Tapes über die
entsprechenden Veranstaltungen anschauen, dann stellen
Sie fest: Da wird offen an nationalsozialistischen Jargon angeknüpft . Mit „Höcke, Höcke!“-Rufen wird eine
Atmosphäre erzeugt, die wir sonst nur aus dem Bürgerbräukeller aus dem letzten Jahrhundert kennen . Vor dem
Hintergrund, dass dort versprochen wird, einen endgültigen Sieg herbeizuführen - das ist im Rahmen unserer
verfassungsrechtlichen Ordnung nicht denkbar -, frage
ich Sie, ob Sie nicht die Voraussetzungen von § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz hier als gegeben sehen .
Bisher werden sie nicht als gegeben angesehen . Auch
Teil- und Unterorganisationen der AfD sind bisher nicht
Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes . Wie ich
eben schon ausgeführt habe, wird das fortlaufend überprüft .
Kollege Mutlu .
Danke, Herr Präsident . - Meine Frage geht in eine
ähnliche Richtung . Die Äußerungen von Herrn Höcke
wurden hier bereits zitiert . Er hat als ehemaliger Geschichtslehrer unter anderem bei einem Auftritt kürzlich
das Holocaustmahnmal in der Hauptstadt sinngemäß als
eine Schande für unser Land bezeichnet . Ich möchte gerne von Ihnen wissen, ob Sie mit mir einer Meinung sind,
dass jemand mit einer solchen Einstellung nie wieder als
Geschichtslehrer an eine Schule zurückkehren darf und
dass man alle beamtenrechtlichen und disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreifen muss, um zu verhindern,
dass jemand mit einer solchen Gesinnung wieder vor einer Schulklasse steht .
Präsident Dr. Norbert Lammert
https://www.youtube.com/watch?v=sti51c8abaw
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-die-hoecke-rede-von-dresden-in-wortlaut-auszuegen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170118-99-928143
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-die-hoecke-rede-von-dresden-in-wortlaut-auszuegen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170118-99-928143
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/parteien-die-hoecke-rede-von-dresden-in-wortlaut-auszuegen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170118-99-928143
Selbstverständlich sind bei Vorliegen solcher Sachverhalte auch disziplinarrechtliche Maßnahmen zu überprüfen . Das ist aber, wie gesagt, nicht Aufgabe der Bundesregierung, sondern das ist Aufgabe der Dienstbehörde,
nach unseren Recherchen in diesem Fall des Kultusministeriums in Hessen .
Meine Frage geht in Richtung der Frage von Herrn
Beck in Bezug auf Herrn Höcke, ob den entsprechenden
Informationen nachgegangen wird . Es gibt eindeutige
Hinweise, dass Landolf Ladig, unter dessen Namen Artikel in NPD-Zeitungen veröffentlicht werden, und Herr
Höcke ein und dieselbe Person sind . Zudem wurde schon
zugegeben, dass Herr Höcke zu Thorsten Heise, einem
NPD-Kader, sehr enge Beziehungen hat . Diese Tatsache
kann man nicht einfach im Raum stehen lassen . Vielmehr
sollte man das dringend prüfen, und zwar nicht nur in
Bezug auf die aktuelle Dresdener Rede . Schließlich gibt
es weitaus mehr Reden als nur eine . Der „Flügel“ wurde bereits angesprochen . Auch die Kyffhäuser-Reden
sollte man sich in diesem Zusammenhang noch einmal
anschauen und die Nähe zu Kubitschek und anderen Personen untersuchen .
Ich habe bereits erwähnt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz fortlaufend die vorliegenden offenen Informationen bewertet .
Erst einmal einen schönen Nachmittag!
Ich muss mich noch ein bisschen sortieren . - Es gibt
zu Frage 15 keine Rückfrage mehr .
Wir kommen jetzt zur Frage 16 von Volker Beck:
Welche Maßnahmen ergreifen die Bundesregierung und die
ihr nachgeordneten Behörden, insbesondere der Generalbundesanwalt, und die Länder nach Kenntnis der Bundesregierung, um die Ausreise von Tatverdächtigen im Zusammenhang
mit den Ermittlungen des Generalbundesanwalts wegen mutmaßlicher Spionageaktivitäten von Imamen und Mitarbeitern
der DITIB - Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e . V . zu verhindern, und wie viele potenzielle Tatverdächtige ({0}) sind
nach Kenntnis bzw . Einschätzung der Bundesregierung seit
den Berichten der Cumhuriyet ({1}) bereits ausgereist?
Herr Staatssekretär, bitte .
Die Frage betrifft ein laufendes Ermittlungsverfahren
des Generalbundesanwalts . Weitere Angaben hierzu, insbesondere solche zu etwaigen Tatverdächtigen und möglichen strafprozessualen Maßnahmen, können derzeit
nicht gemacht werden, um den Untersuchungszweck des
Verfahrens nicht zu gefährden .
Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen
Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des
Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Pflicht zur Durchführung von
Strafverfahren und die damit verbundenen berechtigten
Geheimhaltungsinteressen in einem laufenden Ermittlungsverfahren zurück .
Vielen Dank, Herr Dr . Schröder . - Volker Beck .
Vielen Dank . - Ich wollte Sie fragen, ob die Bundesregierung bei diesem Strafverfahren die Ermittlungen des
Generalbundesanwalts dahin gehend unterstützt, dass sie
den Vorsitzenden und den Generalsekretär der DITIB
einbestellt, um sie zu bitten, dass sie den deutschen Behörden ihre Informationen über den Spionagevorgang
und ihre Erkenntnisse über die an der Informationsweitergabe beteiligten Personen übergeben .
Wir vernehmen in diesem Verfahren keine Zeugen;
das muss der Generalbundesanwalt machen .
Herr Beck .
Das war nicht meine Frage . Die DITIB ist Kooperationspartner des Bundesinnenministers in der Islam-Konferenz . Da stellt sich grundsätzlich die Frage: Ist das ein
vertrauenswürdiger Kooperationspartner, oder handelt es
sich hier um eine Spionageorganisation? Vor dem Hintergrund frage ich Sie auch: Gibt es irgendwelche Konsequenzen im Rahmen der Islampolitik Ihres Hauses im
Hinblick auf die Rolle der DITIB in der Islam-Konferenz
als Folge dieses Vorgangs? Wir wissen zwar nicht, wer
genau die Täter waren, aber wir wissen, dass es aus der
DITIB heraus Spionage gegeben hat . Das hat der Generalsekretär selbst zugegeben .
Wir warten zunächst einmal das Ermittlungsverfahren ab . Selbstverständlich stellt sich dann auch die Frage
nach Konsequenzen, insbesondere die Frage, inwieweit
Imame bei der Einreise privilegiert werden können .
({0})
https://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html
https://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html
https://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html
Zu dieser Frage hat die Kollegin Dağdelen eine Nachfrage .
Der Moscheeverband DITIB, der Ansprechpartner der
Bundesregierung bei der Deutschen Islam Konferenz und
beim Integrationsgipfel ist, hat nach Informationen des
Kölner Stadt-Anzeigers und der Kölnischen Rundschau heute gibt es auch eine Meldung der Katholischen Nachrichtenagentur - zwei Prediger bereits Mitte Dezember
zurück in die Türkei beordert, die hier in Deutschland
für die türkische Regierung spioniert haben . Zur Zurückbeorderung sei es offenbar gekommen, um sie vor einer
möglichen Strafverfolgung deutscher Behörden zu schützen . Es handelt sich laut diesen Zeitungen um Imame aus
den Gemeinden Bergneustadt und Engelskirchen . Ich
würde gerne wissen: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, damit es nicht zu einer Flucht von
Imamen der DITIB, die hier spioniert haben, kommt?
Herr Schröder .
Ich habe schon dargestellt, dass es jetzt Sache des Generalbundesanwalts ist, entsprechende Maßnahmen zu
treffen .
({0})
Insbesondere kann der Generalbundesanwalt Haftbefehl
erlassen, um zu verhindern, dass sich Personen einem
Strafverfahren entziehen .
Zu Frage 16 hat der Kollege Wunderlich eine Rückfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Dr . Schröder,
hat sich denn der Kenntnisstand der Bundesregierung
seit letzter Woche gemehrt, und ist die Bundesregierung
heute in der Lage, zu beantworten, wie viele Mitglieder
des Bundesvorstands Staatsbedienstete waren oder wie
die Farbe ihrer Dienstausweise oder Pässe war - oder ist,
wenn sie noch hier sind?
Dazu kann ich Ihnen keine Informationen geben . Die
genauen Zahlen liegen mir nicht vor .
({0})
Vielen herzlichen Dank . - Ich sehe keine weitere
Nachfrage zu Frage 16 .
Dann kommen wir zur Frage 17 der Kollegin Sevim
Dağdelen:
Inwieweit kann nach ({0}) Kenntnis der Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass der türkische Nachrichtendienst MIT seine Aufklärungsarbeit in
Deutschland im Zuge des Putschversuchs ausgeweitet und
intensiviert hat ({1}), und der
Anweisung der türkischen Religionsbehörde Diyanet zur Spitzelei für den türkischen Staat ({2}) davon
ausgegangen werden, dass die DITIB-Gemeinden in Deutschland - deren Imame von Ankara ausgebildet, ausgewählt und
bezahlt werden - dem türkischen Staatspräsidenten Recep
Tayyip Erdogan und der AKP bei ihren Versuchen dienen, die
„Auslandstürken“ für ihre politischen Ziele einzuspannen, und
welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei sowie
über Einflussoperationen türkischer Geheimdienste gegen die
türkische Minderheit in Deutschland bzw . gegen Deutsche mit
türkischem Migrationshintergrund ({3})?
Herr Dr . Schröder, bitte .
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Der erste Teil Ihrer Frage betrifft ein laufendes Ermittlungsverfahren des
Generalbundesanwalts . Weitere Angaben hierzu können
derzeit nicht gemacht werden, um den Untersuchungszweck des Verfahrens nicht zu gefährden . Eine abschließende Bewertung des Vorgangs ist der Bundesregierung
zum gegenwärtigen Zeitpunkt daher nicht möglich .
Zum zweiten Teil Ihrer Frage, welche Konsequenzen
die Bundesregierung aus der Besorgnis über die jüngsten
Entwicklungen in der Türkei sowie über Einflussoperationen türkischer Nachrichtendienste gegen die türkische
Minderheit in Deutschland bzw . gegen Deutsche mit
türkischem Migrationshintergrund zieht: Die Bundesregierung nimmt jegliche Hinweise auf ausländische Spionageversuche und nachrichtendienstliche Bemühungen,
Einfluss auf die Meinungsbildung von Teilen der deutschen Bevölkerung zu erlangen, sehr ernst . Dies betrifft
auch eine mögliche Einflussnahme der türkischen Regierung unter anderem auf DITIB bzw . auf türkische und
türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger in Deutschland . Es ist Aufgabe der Länder zu prüfen, ob DITIB
den Status einer selbstständigen Religionsgemeinschaft
verliert .
Frau Dağdelen.
Herr Staatssekretär Schröder, ich kann nachvollziehen, warum die Bundesregierung hier ständig auf das
eingeleitete Ermittlungsverfahren der Generalbundesanwaltschaft verweist . Wir haben es ja begrüßt - es war
auch längst überfällig -, dieses Verfahren nach mehreren Wochen Nichtstuns einzuleiten . Aber ich muss doch
sagen: Dieses Verfahren der Generalbundesanwaltschaft
wurde am 18 . Januar 2017 eingeleitet, und die Spitzelvorwürfe bezüglich DITIB gehen auf Beginn Dezember
zurück . Trifft es zu, dass der Bundesregierung die Spitzelberichte der DITIB-Imame seit Mitte Dezember vorhttp://mobile.reuters.com/article/idUSKBN1532UP
http://mobile.reuters.com/article/idUSKBN1532UP
liegen? Falls dies so ist: Was hat die Bundesregierung
von Mitte Dezember bis zur Einleitung des Verfahrens
der Generalbundesanwaltschaft am 18 . Januar getan, um
diesen sehr schwerwiegenden Vorwürfen nachzugehen?
Heute lese ich beispielsweise, dass sogar fünf Lehrer
an staatlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen durch
DITIB bespitzelt worden sind - und die Landesregierung - das muss ich dazusagen - von SPD und Grünen
ist immer noch willens, mit diesem Verein zusammenzuarbeiten . Ich halte das für skandalös . - Aber können
Sie mir vielleicht sagen, was die Bundesregierung in der
Zwischenzeit getan hat, bis das Verfahren eingeleitet
worden ist?
Die Bundesregierung unterstützt die Generalbundesanwaltschaft in jeder Hinsicht, um dieses Verfahren
durchzuführen . Jetzt ist es Sache der Generalbundesanwaltschaft, das Verfahren zu führen . Die Kritik, dass dies
erst so spät begonnen wurde, trifft die Generalbundesanwaltschaft, aber nicht die Bundesregierung .
Frau Dağdelen, Rückfrage?
Ja . - Ich möchte gerne wissen, inwieweit es in der Zeit
seit Wissen um diese Spitzelberichte bis zur Einleitung
des Verfahrens durch die Generalbundesanwaltschaft
Erwägungen und auch Gespräche von Vertretern der
DITIB-Moscheegemeinden mit Vertretern der Bundesregierung gab . Gab es diese Gespräche, und wenn ja, was
sind die Konsequenzen aus diesen Gesprächen? Denn
nach wie vor sind hier ja Imame, von denen man nicht
weiß, ob sie Andersdenkende, vermeintliche Regimegegner in Kultureinrichtungen, Bildungseinrichtungen oder
sonstigen Einrichtungen in Deutschland bespitzeln .
Wir erwarten, dass DITIB seinerseits jetzt alles dafür
tut, aufzuklären . Es darf nichts vertuscht werden . Das ist
unsere Erwartung .
Der Kollege Beck hat eine Rückfrage .
Ich möchte jetzt eine präzise Antwort auf die Frage,
die Frau Dağdelen gestellt hat, aber nicht beantwortet
bekam: Welche Gespräche gab es seit Anfang Dezember
seitens der Bundesregierung oder der Bundesregierung
unterstellten Behörden mit Stellen der DITIB? Was war
der Gesprächsgegenstand, und was war das Gesprächsergebnis? Wenn Sie das nicht sagen können - vielleicht
weiß es das Bundeskanzleramt besser -, können Sie das
gerne schriftlich beantworten . Aber ich möchte es präzise
wissen .
Ich kann Ihnen jetzt nicht sämtliche Gespräche aufführen, die unter Umständen von nachgeordneten Behörden mit Vertretern von DITIB geführt wurden . Klar
ist aber, dass auch sie darauf geachtet haben, dass das
Ermittlungsverfahren auf gar keinen Fall beeinträchtigt
werden darf .
({0})
Die nächste Nachfrage hat die Kollegin Hänsel .
Danke schön . - Herr Staatssekretär, laut Medienberichten wird Kanzlerin Merkel Anfang Februar in die
Türkei reisen . Meine Fragen: Werden dort die gravierenden Fälle von Spitzelei der DITIB Thema sein? Wird die
Kanzlerin auch Forderungen gegenüber der türkischen
Regierung und Präsident Erdogan im Gepäck haben, was
die Spitzelei der DITIB gegenüber deutschen Staatsbürgern angeht? Ist das Thema? Falls Sie es nicht beantworten können, möchte ich das Bundeskanzleramt um Beantwortung bitten .
Offensichtlich kann Dr . Schröder die Fragen nicht beantworten .
Ich kann dazu gerne etwas sagen .
Dann sagen Sie etwas .
Mit Sicherheit wird die Bundeskanzlerin nicht im Vorhinein ankündigen, was genau sie im Gespräch mit dem
Regierungschef und dem Präsidenten der Türkei thematisieren wird . Sie wird nach dem Gespräch sicherlich vor
die Presse treten und mitteilen, was sie mit ihm besprochen hat . So ist das üblich .
Herr Braun, wollen Sie die Frage ebenfalls beantworten? - Bitte .
Ich kann das, was der Kollege Schröder hier gesagt
hat, bestätigen . Die Gespräche, die zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei
geführt werden, werden sich selbstverständlich auf alle
Bereiche der bilateralen Beziehungen erstrecken .
Vielen herzlichen Dank . - Dann hat die Kollegin
Mihalic eine Nachfrage .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, ich beziehe mich auf die Frage des Kollegen Volker
Beck . Ich möchte Sie bitten, die Frage, die Sie hier nicht
beantworten konnten - sie betraf Gespräche zwischen
der DITIB und der Bundesregierung bzw . nachgeordneten Behörden -, schriftlich zu beantworten, insbesondere was die Zeit seit Anfang Dezember angeht . Es
geht um jedes Gespräch inklusive Gesprächsinhalt und
Gesprächs ergebnis .
Sobald uns das möglich ist, werden wir das gerne beantworten . Aber natürlich ist dafür einiges an Recherche
notwendig, um zu erfahren, was für Gespräche von nachgeordneten Behörden möglicherweise geführt wurden .
Vielen Dank, Dr . Schröder . - Eine Nachfrage von Kollegin Haßelmann .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich bitte jetzt nur um
eine Klarstellung . Herr Schröder, da wir uns kennen: Was
heißt die Einschränkung „sobald“? In die Bitte um Beantwortung möchte ich auch das Kanzleramt einbeziehen . Wenn es seit Anfang Dezember Gespräche gegeben hat,
gehe ich davon aus, dass Sie uns in dieser Woche Informationen darüber zur Verfügung stellen können, welcher
Art auch immer . Damit wir jetzt nicht zu unterschiedlichen Interpretationen über „sobald“ kommen - da haben
wir mit dem Innenministerium sehr negative Erfahrungen gemacht -, spreche ich das hier an .
Herr Dr . Schröder .
„Sobald“ heißt: so schnell als möglich .
({0})
Gut . Danke schön für diese Spracherklärung .
Dann kommen wir jetzt zur Frage 19 des Kollegen
Hans-Christian Ströbele:
Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung
zu den in der Chronologie zum Fall Anis Amri genannten
Zweifeln des Bundeskriminalamtes an der Belastbarkeit der
Aussagen einer V-Person, die in dem vom Landeskriminalamt
Nordrhein-Westfalen geführten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof ({0})
eingesetzt war, über Anis Amri und dessen Angaben über
mögliche Anschlagspläne sowie dessen Möglichkeiten zur
Beschaffung von Schnellfeuergewehren ({1}), und welche
Konsequenzen ergaben sich nach Kenntnis der Bundesregierung daraus für das weitere Verfahren und die weitere Bewertung der folgenden Aussagen der V-Person?
Herr Dr . Schröder, bitte .
Anders als die Fragestellung impliziert, hat das Bundeskriminalamt, BKA, keine grundsätzlichen Zweifel an
der Belastbarkeit aller Aussagen der V-Person des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen geäußert . Die
durch das BKA im Rahmen der genannten Besprechung
am 23 . Februar 2016 thematisierten Zweifel bezogen
sich auf den in Rede stehenden Einzelsachverhalt, die
geplanten Anschläge mit Schnellfeuergewehren im Bundesgebiet, so wie auch in der Chronologie des Bundesministeriums des Innern entsprechend dargestellt . Konkret begründete das BKA die Zweifel unter anderem mit
der Art und Weise der Informationserhebung durch die
V-Person und dem Fehlen bzw . Ausbleiben behördlicher
Bestätigungen trotz umfangreicher polizeilicher Umfeldmaßnahmen .
Auskünfte zu Konsequenzen für das Ermittlungsverfahren müssen im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen unterbleiben . Trotz ihrer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des
Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das
berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück . Eine Auskunft zu Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren
würde konkret weiter gehende Ermittlungsmaßnahmen
erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip
der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung hier
Vorrang vor dem Informationsinteresse hat .
Bevor Christian Ströbele nachfragt, muss ich mich
entschuldigen . Ich habe einen Fehler gemacht: Ich habe
eine Frage von Frau Dağdelen übersehen. Ich sollte ordentlicher schreiben; das ist das Problem . Die Frage 18
kommt also noch - auch für Sie, Herr Dr . Schröder - und
wird nach Frage 19 aufgerufen . Bitte entschuldigen Sie
das .
Dann hat jetzt Christian Ströbele das Wort .
Danke, Frau Präsidentin . Ich hatte mich auch schon
gewundert . - Herr Staatssekretär, ich habe eine Nachfrage, und zwar erneut zum Bundesamt für Verfassungsschutz . Die deutschen Behörden, insbesondere das Bundeskriminalamt und wahrscheinlich auch das Bundesamt
für Verfassungsschutz, sind von September bis zum
26 . Oktober 2016 von den marokkanischen Behörden,
http://www.bmi.de
sprich: den Geheimdiensten, mit Informationen geradezu überschüttet worden . Allein in Ihrem Bericht sind
vier verschiedene Meldungen enthalten, die zum Teil
alarmierend sind . Dann erklärt sich am 2 . November das
Bundesamt für Verfassungsschutz im GTAZ bereit, der
Frage nachzugehen und in Marokko nachzufragen, was
da dran ist und wie das begründet ist . Warum haben Sie
das nicht getan? Hätte vielleicht der Anschlag verhindert
werden können, wenn Sie das getan hätten?
Es sind entsprechende Nachfragen gestellt worden .
({0})
- Aber es sind Nachfragen gestellt worden .
({1})
Das Problem war, dass die Informationen aus Marokko, die vorhanden waren und übergeben wurden, nichts
Neues gebracht haben . Die Polizeibehörden sind zu dem
Ergebnis gekommen, dass das alles bereits bekannt war .
({2})
Herr Ströbele, zweite Nachfrage?
Herr Staatssekretär, noch einmal: Die Behörden haben
diese Mitteilung bekommen, und in Kenntnis dieser Mitteilung - meinetwegen auch aufgrund von Zweifeln an
der Aussage, was auch immer - wurde am 2 . November
2016 gesagt: Ja, wir gehen dem nach . - Aber dann tun
sie es nicht . Auch Sie behaupten ja nicht, dass sie es getan haben . Warum haben die das nicht gemacht bis zum
19 . Dezember 2016, und zwar nicht irgendwo, nicht in
den USA oder in Tunesien, sondern bei den marokkanischen Behörden?
Das ist für mich absolut nachvollziehbar, weil die Marokkaner nur Informationen geliefert haben, die schon
vorhanden waren . Deshalb hat das BfV dann versucht,
sich woanders Informationen zu beschaffen .
Die Polizeien - das war ja ein polizeilicher Fall, kein
nachrichtendienstlicher Fall - sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Informationen aus Marokko keine
weiteren Erkenntnisse gebracht haben . Da müssen Sie
das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen fragen;
das war mit dem Fall betraut .
Vielen Dank . - Dann gibt es jetzt eine Zusatzfrage von
Konstantin von Notz .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär,
anknüpfend an genau diesen Punkt: Ist es denn unzutreffend, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im
GTAZ zugesagt hat, diesen Informationen nachzugehen,
und zwar im Hinblick auf die marokkanischen Behörden,
nicht auf den ominösen, potenten anderen nachrichtendienstlichen Partner? Der Auftrag war, bei den marokkanischen Behörden nachzufassen . Ist das erfolgt, ja oder
nein?
Noch einmal: Das BfV hat nachgefragt . Was sie innerhalb des GTAZ speziell besprochen haben, kann ich
Ihnen nicht sagen . Das kann man ja in den dafür zuständigen Gremien erfahren .
Aber das Problem war, dass die Polizeien von Nordrhein-Westfalen zu dem Ergebnis gekommen sind, dass
diese Informationen aus Marokko keine weiteren Erkenntnisse gebracht haben .
Vielen Dank . - Nächste Zusatzfrage: Kollegin Mihalic .
Herr Schröder, Sie haben es gerade noch einmal gesagt: Es handelte sich bei den konkreten Anschlagsplänen, die im Raum standen - Anis Amri wollte eine Kalaschnikow bzw . eine Waffe besorgen, um damit einen
Anschlag zu begehen -, in der Tat um einen polizeilichen
Gefährdungssachverhalt, der sich am Ende nicht erhärten
ließ . Nichtsdestotrotz blieb Anis Amri am Ende der polizeilichen Maßnahmen ein Gefährder . Im GTAZ waren
alle übereinstimmend der Meinung, dass ihm durchaus
Anschläge zuzutrauen sind, dass er weiterhin gefährlich
ist, wenn auch abstrakt, wenn ihm auch kein konkreter
Anschlagsplan zugerechnet werden kann . Vielleicht können Sie mir jetzt die Frage beantworten, die Herr Fritsche
vorhin nicht beantworten konnte, warum nach Abschluss
der polizeilichen Maßnahmen das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht in die Überwachung von Anis Amri als
Gefährder, als Person eingetreten ist .
Das kann ich Ihnen ganz einfach beantworten: weil
die rechtlichen Hürden hierfür sehr hoch sind
({0})
und Sie als Grüne - Fraktion und Partei ({1})
uns immer ins Stammbuch schreiben, dass wir hohe Hürden brauchen, damit der Verfassungsschutz jemanden beobachtet .
({2})
Wenn die Polizeien zu dem Ergebnis kommen, dass
eine Person nicht mehr gefährlich ist, sondern nur noch
ein Kleinkrimineller ist, dann ist es den Ämtern für Verfassungsschutz, insbesondere dem Bundesamt für Verfassungsschutz, nicht möglich, eine Person
({3})
mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten .
({4})
Die nächste Zusatzfrage hat die Kollegin Hänsel .
Danke schön . - Herr Staatssekretär, es ist ja schon angeklungen: Es ist wirklich unglaublich, mit welch unterschiedlichen Maßstäben hier argumentiert wird . Zahlreiche Abgeordnete der Linksfraktion wurden überwacht .
Bis heute gibt es Teile der Linken, die vom Verfassungsschutz überwacht werden . Aber Gefährder werden nicht
überwacht . Wo leben wir eigentlich? Ihre Argumentation
hier ist hanebüchen . Der Umgang mit der Sicherheit der
Bürgerinnen und Bürger ist einfach unglaublich .
In den Medien stand, dass die deutschen Behörden
über Projekte von Anis Amri, die er plante, informiert
wurden . Wenn ich das Wort „Projekt“ höre, dann muss
ich doch bei den Sicherheitsbehörden nachfragen . Welche Antwort gab es denn ganz konkret? Projekte von jemandem, der als Gefährder eingestuft wird - das ist doch
schon ein sehr konkreter Hinweis .
Das war kein Fall, mit dem vordringlich die Nachrichtendienste betraut waren, sondern es war ein polizeilicher
Fall . Die Polizeien haben diesen Fall geführt .
Vielen Dank, Herr Dr . Schröder . - Die nächste Zusatzfrage von Kollegin Dağdelen.
Herr Staatssekretär, Sie sagen immer wieder, dass die
Polizei in Nordrhein-Westfalen gesagt hat, die Informationen, die von den Marokkanern an Deutschland weitergegeben worden sind, hätten keine weiteren Erkenntnisse
erbracht . Darum geht es aber nicht in unseren Fragen .
Im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum, in dem
sich Vertreter Dutzender Sicherheitsbehörden versammeln, gab es die Feststellung, dass das Bundesamt für
Verfassungsschutz den Informationen, die von den Marokkanern an Deutschland weitergegeben worden sind,
dass Anis Amri hier ein Projekt habe und gefährlich sei,
nachgehen soll und dass man mit den Marokkanern noch
einmal sprechen soll, um mehr zu erfahren . In der letzten Woche hat ein Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Innenausschuss gesagt, dass man dieser
Aufgabe, die dort erteilt worden ist, nicht nachgegangen
sei . Meine Frage ist: Welche Gründe hatte eine nachgeordnete Behörde, diesen Auftrag des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums nicht zu erfüllen?
Nach meiner Information ist man dem nachgegangen .
Alles Weitere müssen die entsprechenden Gremien in Erfahrung bringen . Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen .
Nächste Zusatzfrage: Renate Künast .
Herr Staatssekretär, ich habe eine Nachfrage, weil
ich Ihre Einschätzung gar nicht verstehe . Warum hat das
Bundesamt für Verfassungsschutz ihn nicht beobachtet,
wo er doch Gefährder, Kämpfer war? Im Personagramm
mit Stand 14 . Dezember, also wenige Tage vor dem Anschlag, wurde er als Gefährder bezeichnet und wurde
darauf hingewiesen, dass er regelmäßig in der Moschee
„Fussilet 33“ verkehrt, also an dem Ort, an dem sich die
gewaltbereiten Islamisten trafen . Wochenlang hatte der
Innensenator von Berlin, Herr Henkel, offensichtlich
schon eine Verbotsverfügung für den entsprechenden
Moscheeverein vorbereitet, weil sich dort potenzielle
Terroristen treffen . Ich verstehe nicht, wo jetzt genau die
rechtliche Hürde gewesen sein soll, wenn er laut Personagramm vom 14 . Dezember doch so gefährlich war . Sie
haben es doch auch geschafft, jemanden wie Albakr zu
beobachten . Sie schaffen es im Zweifelsfall, linke Abgeordnete zu beobachten, die nicht bei „Fussilet“ ein- und
ausgehen . Was also ist die rechtliche Begründung, einen
so gefährlichen Mann - gemäß Festlegung der Sicherheitsbehörden, Stand 14 . Dezember - nicht zu beobachten?
Der Fall Amri war ein polizeilicher Fall der Landeskriminalämter Nordrhein-Westfalen und Berlin
({0})
und eben kein nachrichtendienstlicher Fall . Die Polizeien sind zu einer entsprechenden Gefährdungsbewertung
gekommen, und daran hat sich natürlich dann auch das
Bundesamt für Verfassungsschutz entsprechend gehalten .
({1})
Nächste Nachfrage: Frau Hajduk . - Bitte .
Herr Staatssekretär, ich möchte zum Sachverhalt eine
Nachfrage stellen, auch vor dem Hintergrund der Berichterstattung in der Welt von heute . Wann genau, um
welche Uhrzeit, sind Sie bei der Untersuchung des Lkws,
der für diesen schrecklichen Anschlag benutzt wurde, auf
den Tatverdacht gegen Anis Amri gestoßen, und um welche Uhrzeit wurde dann die Fahndung nach Anis Amri
ausgeschrieben?
Ermittelt hat hier zunächst die Staatsanwaltschaft Berlin mithilfe der Polizei Berlin, und nur die können die
Frage beantworten .
Vielen Dank . - Weil sich manche so aktiv gemeldet
haben: Die Regel heißt, es gibt eine Nachfrage pro Frage .
Das gilt für alle außer den Fragesteller .
({0})
Das heißt, Frau Hajduk, Sie haben keine Chance, noch
einmal nachzufragen . Das geht leider nicht .
Wir kommen jetzt zur Frage 18 der Kollegin Dağdelen:
Kann die Bundesregierung ausschließen, dass der Täter des
Anschlags auf dem Breitscheidplatz, Anis Amri, von einem
ausländischen Geheimdienst geführt wurde bzw . Kontakt zu
einem ausländischen Geheimdienst hatte, und welchen ausländischen Geheimdienst hat die Bundesregierung bzw . haben die
nachgeordneten Behörden nach Beratungen im Gemeinsamen
Terrorismusabwehrzentrum über Anis Amri befragt, um die
Wertigkeit der Warnung des marokkanischen Geheimdienstes,
dass Anis Amri ein „Projekt“ plane, zu überprüfen?
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse, dass
Anis Amri von einem ausländischen Nachrichtendienst
geführt wurde bzw . Kontakt zu einem ausländischen
Nachrichtendienst hatte, vor .
Die Frage nach dem ausländischen Nachrichtendienst,
den die nachgeordneten Behörden nach Beratungen im
Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum über Anis
Amri befragt haben, um die Wertigkeit der Hinweise aus Marokko zu überprüfen, kann hier aus Gründen
des Staatswohls nicht beantwortet werden . Die Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesamtes für
Verfassungsschutz sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 3 Absatz 1 des
Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der
Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und
über das Bundesamt für Verfassungsschutz besonders
schutzbedürftig . Eine entsprechende Beantwortung auch in eingestufter Form - würde zu einer wesentlichen
Schwächung der dem Bundesamt für Verfassungsschutz
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf die
Aufklärungsschwerpunkte, Methoden der Erkenntnisgewinnung und hier insbesondere auf die Kooperation
mit anderen Nachrichtendiensten zu . Dies würde für die
zukünftige Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten bei der Aufklärung des internationalen
Terrorismus und damit für die Auftragserfüllung des
Bundesamtes für Verfassungsschutz Nachteile zur Folge
haben . Insofern könnte die Offenlegung für die Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein .
Frau Dağdelen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär . - Es ist schon bemerkenswert, was alles im Sinne des Staatswohls vertuscht oder verdeckt wird .
({0})
Ich komme gerade aus einem Gespräch mit den Opferanwälten . Sie wären sehr froh, wenn das Wohl der Bürgerinnen und Bürger über dem Staatswohl stehen würde
und man die Aufklärung vorantreiben würde .
Sie sagten, Sie hätten keinerlei Erkenntnisse darüber,
ob Kontakte oder eine Führung durch ausländische Geheimdienste in Sachen Anis Amri bestehe . Die Welt am
Sonntag hat am 22 . Januar über Anis Amri und über Verwicklungen in Italien berichtet . Dort hieß es:
Die Freilassung Amris aus italienischer Abschiebehaft im Juni 2015 könnte Teil einer Geheimoperation des italienischen Inlandsnachrichtendienstes
AISI gewesen sein . Dies berichteten gleichlautend
zwei mit der Untersuchung des Falls Amri unmittelbar befasste Quellen aus dem italienischen Sicherheitsapparat unabhängig voneinander . . . Die
AISI-Aktion habe zum Ziel gehabt, Amri als Köder
in der islamistischen Szene Italiens einzusetzen .
Wegen einer Panne habe man Amri jedoch aus den
Augen verloren .
Gibt es seit dieser Berichterstattung bzw . gab es im
Vorfeld seitens der Bundesregierung oder der nachgeordneten Behörden Bestrebungen, um den Verwicklungen
des italienischen Inlandsnachrichtendienstes in Sachen
Anis Amri nachzugehen?
Das haben wir bereits gemacht . Der Bundesinnenminister hat sich diese Woche mit dem Innenminister Italiens getroffen . Der italienische Innenminister hat diese
Darstellung verneint und den Sachverhalt gegenüber
dem Bundesinnenminister klargestellt .
Frau Dağdelen, zweite Rückfrage?
Ja . - Meine zweite Rückfrage betrifft den US-Luftangriff in Libyen . In der Nacht vom 18 . auf den 19 . Januar
hat die US-Luftwaffe zwei IS-Camps nahe der libyschen
Stadt Sirt bombardiert . Schätzungen des Pentagon zufolge wurden dabei mehr als 80 Kämpfer getötet . Man
sagt, dass der Angriff offenbar einem Kontaktmann des
Berlin-Attentäters Anis Amri gegolten hat . Insofern würde ich gerne wissen: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung - auch nachrichtendienstliche, die Sie mir
gerne schriftlich zukommen lassen können -, dass diese
Angriffe - wie in der Presse kolportiert wurde - im Zusammenhang mit dem Anschlag in Berlin im Dezember
standen und dass dabei mutmaßliche Komplizen bzw .
Kontaktmänner von Amri getötet wurden? Vor allen Dingen: Haben die deutschen Sicherheitsbehörden zwei libysche Mobiltelefonnummern, die auf dem Handy Anis
Amris gefunden wurden, an die USA weitergegeben?
Der Nachrichtenkoordinator Fritsche hat soeben ausgeführt, dass es hierzu keine Erkenntnisse gibt, dass dem
aber nachgegangen wird und dass die Informationen dann
in der Geheimschutzstelle zur Verfügung gestellt werden .
Vielen Dank . - Nächste Rückfrage: Renate Künast .
Ich beziehe mich auf Ihre Aussage, dass der Fall Amri
am Ende eine Polizeiangelegenheit gewesen sei . Da Sie
immer über das GTAZ informiert werden, frage ich Sie:
Um welche konkrete Gefahr ist es da gegangen? Geht
es um ein Versagen der Berliner Polizei unter Herrn
Henkel? In was für einem Fall hat die Berliner Polizei
konkret ermittelt? Ist dabei auszuschließen, dass es dabei nicht um Kontakte zu Personen ging, gegen die der
Verdacht besteht, eine terroristische Vereinigung gemäß
§ 129a StGB gebildet oder mit Drogen gehandelt zu haben? Man vermutet bzw . weiß, dass durch Drogenhandel
hier in Deutschland - Amri stand ja auch unter dem Verdacht, mit Drogen gehandelt zu haben - der IS finanziell
unterstützt wird . Ich habe zum Beispiel Anklagen des
Generalstaatsanwalts von Berlin oder des GBA gelesen,
in denen steht, dass 500 Euro oder 800 Euro in Richtung
IS überwiesen wurden, die hier durch Drogenhandel erwirtschaftet wurden . Ich möchte von Ihnen wissen, Herr
Schröder, ob Sie ausschließen können, und zwar für alle
Fälle, dass Fälle, bei denen es um Menschen, denen die
Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a
StGB vorgeworfen wird, oder um die Finanzierung des
IS durch Drogenhandel geht, eindeutig nie in die Zuständigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz gehören .
So habe ich Sie gerade in Bezug auf Amri verstanden .
Natürlich hat auch das Bundesamt für Verfassungsschutz entsprechende Kompetenzen, um gerade im Bereich des Terrorismus auch im Vorfeld tätig zu sein . Aber
in diesem Fall lag die Federführung eindeutig bei den
Polizeien . Der Generalbundesanwalt hat verneint, diesen Fall zu übernehmen . Diese fatale Fehleinschätzung
ist uns jetzt allen bewusst . Es geht jetzt darum, auch
aufzuklären, wie man vonseiten der Polizei zu dieser
Fehleinschätzung kommen konnte . Es gab ja sehr umfangreiche Maßnahmen . Amri wurde von den Polizeien
entsprechend abgehört . In der Tat ist die entscheidende
Frage, wie es am Ende zu dieser Fehleinschätzung kommen konnte .
Nächste Rückfrage: Kollegin Hänsel .
Anis Amri war in Italien schon inhaftiert . Was sind
denn nach Kenntnis der Bundesregierung - sie steht
mit der italienischen Regierung im engen Kontakt - die
Gründe, dass die italienischen Behörden Anis Amri nicht
abgeschoben haben, obwohl ihnen dem Vernehmen nach
seine Geburtsurkunde vorlag? Wie erklärt sich die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, dass Anis Amri
dann ausgerechnet wieder nach Italien - nach Mailand floh? Bestünde nicht die Möglichkeit, dass er dort ganz
gezielt jemanden von den Sicherheitsbehörden treffen
wollte? Es ist ja nicht normal, dass man, obwohl man
in diesem Land - Italien - schon einmal inhaftiert war,
dorthin zurückgeht .
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung also über
die Kontakte von Anis Amri zu italienischen Sicherheitsbehörden, und wie erklärt sie, dass er nicht abgeschoben
wurde und nach Mailand zurückging?
Die These, die Sie jetzt aufstellen, dass die italienischen Sicherheitsbehörden da Kontakte gehabt hätten
und dahintersteckten, dass Amri einfach nach Deutschland weiterzog, hat der italienische Innenminister im Gespräch mit dem Bundesinnenminister klar verneint .
Die nächste Rückfrage: Kollege von Notz .
Herr Staatssekretär, Anis Amri war auch als „Foreign
Fighter“ eingestuft . Da frage ich Sie: Wie viele von all
den Gefährdern, die es in Deutschland gibt, die nicht im
Ausland sind, die nicht inhaftiert sind - Pi mal Daumen
180 Leute -, werden denn überwacht?
Es ist meiner Ansicht nach so, dass man - und das
vermischt sich in Ihren Antworten etwas - einen konkreten Sachverhalt, den es zu ermitteln gilt und wofür natürParl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder
lich die Polizei zuständig ist, von dem Gefährdersein der
Person trennen muss . Dieser Sachverhalt ist im GTAZ
anders eingestuft worden, aber der Gefährder selbst war
ja weiter da und galt auch weiter als gefährlich; man hat
ihn sogar „Foreign Fighter“ genannt . Deshalb stelle ich
die Frage: Wie kann es sein, dass Amri nicht überwacht
wurde? Und wie viele dieser 180 Gefährder werden denn
überwacht? Wo fühlt sich denn das Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig? Ich bitte um ungefähre Zahlen .
Wie viele Gefährder vom Bundesamt für Verfassungsschutz überwacht werden, kann ich Ihnen hier nicht sagen; das würde die Arbeitsweise des Bundesamtes für
Verfassungsschutz offenlegen .
Das Problem im Fall Amri war doch, dass Amri von
den Polizeien als Kleinkrimineller eingestuft wurde,
({0})
dem man nicht mehr zugetraut hat, einen solchen schlimmen terroristischen Akt zu vollziehen . Das war das Fatale .
Die nächste Rückfrage: Kollege Ströbele .
Herr Staatssekretär, Sie schwören immer auf die Polizei und sagen: Das war Aufgabe der Polizei . - Nun ist
ja das Bundesinnenministerium, also Ihre Behörde, für
die Polizei auf Bundesebene, für das Bundeskriminalamt
zuständig . Die waren bei den GTAZ-Sitzungen in der Regel - oder sogar immer - anwesend . Warum sind die nie
auf die Idee gekommen - auch wenn Sie keine Weisung
geben können; das weiß ich ja alles -, einmal die verschiedenen Straftaten, die Amri vorgeworfen werden, an
einer Stelle zu sammeln, sodass das einer betreibt?
Für gewerbsmäßigen Betrug mit mittelbarer Falschbeurkundung gibt es in Berlin, wenn Fluchtverdacht
besteht, einen Haftbefehl mit Untersuchungshaft; dies
müssten neun Fälle gewesen sein, da er neun Aliasnamen führte . Des Weiteren ging es um Körperverletzung,
Drogenhandel und, und, und . Es sind also mehr als zwölf
Verfahren, sodass sich die Frage stellt, ob man das nicht
an einer Stelle betreiben sollte .
Man hat den Eindruck, die Verfahren sind zwar eingeleitet worden, aber nur, um sie gleich wieder einzustellen . Warum ist Ihre dem Bundesinnenminister unterstellte Behörde da nicht tätig geworden?
Ich finde, das ist eigentlich die berechtigte Frage .
Warum das nicht gemacht wurde, warum nicht mal ein
Sammelverfahren bei irgendeiner Staatsanwaltschaft eingeleitet wurde, warum die zuständige Ausländerbehörde
das nicht mal zum Anlass genommen hat, entsprechende
Aktivitäten zu starten, warum auch die Verletzung der
Residenzpflicht einfach so hingenommen wurde, das
sind berechtigte Fragen . Die Bundespolizei hat dafür
aber leider keine Kompetenz .
({0})
Die Bundespolizei und das BKA hatten dadurch, dass
der Fall umfassend vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen geführt wurde und auch vom Berliner
Landeskriminalamt, eben keine Kompetenz nach § 4a
des Bundeskriminalamtgesetzes .
({1})
Eine Rückfrage von Kollegin Bähr-Losse von der
SPD .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Künast, wenn
ich jetzt loslegen dürfte . - Ich greife die Nachfragen auf,
die aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kamen . Herr Schröder, ich bin mittelprächtig entsetzt darüber, dass man sich hier so einen schlanken Fuß
macht . Es geht natürlich auch um die Aufarbeitung von
zurückliegenden Fällen . Wenn man in dieser Ex-post-Betrachtung aber einfach nur sagt, dass es bei jedem, der
Verantwortung getragen habe, zu Fehleinschätzungen
gekommen sei, nur nicht bei der Bundesregierung, dann
macht man sich damit einen schlanken Fuß .
Da Sie sagen, das sei eine polizeiliche Fehleinschätzung gewesen und der Verfassungsschutz habe nicht von
sich aus eingreifen können, frage ich mit Blick darauf,
dass uns allen bekannt ist, dass es noch eine Vielzahl
von sogenannten Gefährdern gibt: Ändert sich jetzt - für
zukünftige Fälle - etwas an der Ermittlungspraxis hinsichtlich der originären Zuständigkeit des Verfassungsschutzes?
Dafür haben wir ja auch das GTAZ, um diese Verantwortung gemeinsam zu besprechen . Im Fall Amri waren
eben das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen und
das Landeskriminalamt Berlin für die Ermittlungen zuständig . Aber selbstverständlich haben auch alle anderen
Behörden immer eine Mitverantwortung zu tragen . Dessen sind wir uns bewusst . Wir müssen den Fall Amri jetzt
so beschreiben, wie er war: Es war ein polizeilicher Fall
des Landeskriminalamtes .
Vielen Dank, Dr . Schröder . - Noch einmal: Es kann
nur eine Rückfrage gestellt werden .
({0})
Ich rufe die Frage 20 der Kollegin Hänsel auf:
Welche Informationen hatte die Bundesregierung vor dem
Anschlag am Berliner Breitscheidplatz am 19 . Dezember 2016
über konkrete Vorhaben des Anis Amri in Deutschland vonseiten der marokkanischen Sicherheitsbehörden, und gab es
Hinweise auf Anschlagspläne oder nicht?
Herr Dr . Schröder, bitte .
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Durch die marokkanischen Behörden wurden den deutschen Sicherheitsbehörden insgesamt vier Schreiben übermittelt, die
Informationen enthielten, Angaben darüber, dass Amri
Anhänger des sogenannten „Islamischen Staats“ sei und
hoffe, sich dem sogenannten IS in Syrien, Irak oder Libyen anschließen zu können . Amri führe ein Projekt aus .
Hierzu wurden allerdings keine weiteren konkreten Angaben gemacht . Amri bezeichne sein Gastland als Land
des Unglaubens, das Erpressungen gegen die Brüder führe . Amri solle zudem eine Rufnummer nutzen und sich illegal in Berlin aufhalten . Er solle in Deutschland in Kontakt mit weiteren IS-Sympathisanten stehen, darunter
einem russischen Staatsangehörigen, der von den deutschen Behörden nach Russland zurückgeschoben werden
solle, und einem marokkanischen Staatsangehörigen, der
verheiratet sei, dessen Pass sichergestellt worden sein
solle, der das Land nicht verlassen dürfe . Amri solle in
Berlin mit einem weiteren marokkanischen Staatsangehörigen zusammen wohnen . Dessen Eltern sollen IS-Anhänger sein, und väterliche Cousins sollen IS-Mitglieder
in Syrien, Irak und Libyen sein . Zu seinen Kontaktpersonen wurden ebenfalls Lichtbilder übersandt .
Vielen Dank, Herr Dr . Schröder . - Frau Hänsel, bitte .
Danke schön . - Ich habe diese Frage jetzt noch einmal
gestellt, weil ich es sehr merkwürdig finde, dass Sie mir
in einer Antwort vom 3 . Januar 2017 auf eine ähnliche
Frage geantwortet haben, dass den deutschen Sicherheitsbehörden in keiner dieser Mitteilungen über mögliche Anschlagspläne von Amri berichtet worden ist, sich
kurz darauf aber Entwicklungsminister Müller in einem
Interview mit dem ZDF, mit dem heute-journal wie folgt
geäußert hat: Hätten die deutschen Behörden auf den marokkanischen Geheimdienst gehört, der vor Wochen vor
Amri gewarnt hatte, dann hätte man den Anschlag vielleicht verhindern können . - Da wollte ich noch einmal
nachfragen: Wie erklären Sie sich diese widersprüchlichen Analysen?
Wie eben schon dargestellt, ist sehr genau analysiert
worden, was von den marokkanischen Sicherheitsbehörden weitergeleitet wurde . Man ist zu dem Ergebnis
gekommen, dass das keine weiterführenden Erkenntnisse sind, die nicht ohnehin schon bekannt sind . Im Laufe
der weiteren Observation und weiteren Ermittlung sind
die Landeskriminalämter zusammen mit den Bundessicherheitsbehörden zu dem Ergebnis gekommen, dass von
Amri nicht mehr eine solche Gefahr ausgeht .
Frau Hänsel, eine zweite Rückfrage?
Ja . - Ich möchte noch einmal darauf bestehen: Wie
erklären Sie sich, dass ein Mitglied des Kabinetts bei der
Bewertung der vorliegenden Informationen zu einer ganz
anderen Schlussfolgerung kommt? Wie kann es sein,
dass professionelle Leute vom Landeskriminalamt, vom
GTAZ, vom Verfassungsschutz usw . zu einer Verharmlosung dieser vorliegenden Informationen neigen - uns
wird hier auch die ganze Zeit erzählt, dass es gar keinen
Anlass gab, ihn zu beobachten - und gleichzeitig ein Mitglied des Kabinetts zu dem Schluss kommt, dass der Anschlag vielleicht hätte verhindert werden können, wenn
man auf die marokkanischen Behörden gehört hätte?
Es gab ja Veranlassung, ihn durch die Polizei zu beobachten . Es gab auch entsprechend Observationsmaßnahmen .
({0})
Diese haben eben genau zum gegenteiligen Ergebnis geführt .
Frau Mihalic .
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Schröder, ich
möchte sinngemäß den Präsidenten des Bundesamtes für
Verfassungsschutz zitieren, der dem Morgenmagazin der
ARD am 11 . Oktober letzten Jahres ein Interview gegeben hat . Er sagte sinngemäß - ich glaube, er sagte es sogar wörtlich so -, dass es eine Handvoll von wirklich gefährlichen Personen gibt, die der Verfassungsschutz rund
um die Uhr, sieben Tage die Woche beobachtet .
Die Fragen, die ich in diesem Zusammenhang habe,
sind: Auf welcher Basis oder aufgrund welcher Kriterien werden diese Personen rund um die Uhr vom Verfassungsschutz beobachtet? Auf welchen Rechtsgrundlagen basiert dies? Sie haben vorhin auf die mangelnden
Rechtsgrundlagen, so etwas zu tun, verwiesen . Wie unterscheiden sich diese Fälle, die rund um die Uhr vom
Verfassungsschutz beobachtet werden, von der Person
Anis Amri? Wie konnte es zu solch einer Fehleinschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz kommen,
Anis Amri nicht ebenfalls, so wie die anderen Gefährder,
rund um die Uhr, also 24 Stunden am Tag, sieben Tage
die Woche, zu beobachten?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann eine Einzelperson nur dann beobachten, insbesondere mit nachrichtendienstlichen Instrumenten, also mit G-10-Maßnahmen, wenn davon ausgegangen wird, dass von dieser
Person wirklich eine Gefahr ausgeht . Das Problem im
Fall Amri ist, dass die Polizeien zu dem Ergebnis gekommen sind, dass von dieser Person eben eine solche Gefahr
nicht mehr ausgeht .
({0})
Man hat ihn als Kleinkriminellen eingeschätzt . Deshalb
ist auch das Bundesamt für Verfassungsschutz zu dem
Ergebnis gekommen, keine entsprechenden Maßnahmen
durchzuführen . Das gilt übrigens nicht nur für das Bundesamt für Verfassungsschutz, sondern natürlich insbesondere auch für das Landesamt für Verfassungsschutz
von Nordrhein-Westfalen .
Die Kollegin Dağdelen hat eine Rückfrage.
Herr Staatssekretär, Sie meinten in Antwort auf die
Frage meiner Kollegin Heike Hänsel, dass diesen Informationen sehr wohl nachgegangen worden ist, aber
die Untersuchungen zu einem anderen Ergebnis geführt
haben . - Ich würde gerne Folgendes fragen: Trifft es
zu, dass die aus dem GTAZ-Auftrag resultierenden Informationen - dabei ging es darum, die Wertigkeit der
Warnung der marokkanischen Behörden mittels eines befreundeten Geheimdienstes, dem man mehr Kompetenzen zugesprochen hat, prüfen zu wollen - erst nach dem
Anschlag eingetroffen sind?
Ich habe Ihre Frage nicht wirklich verstanden .
({0})
Man hat sich ja über Jahre mit Amri beschäftigt, er ist observiert worden, und dann ist man eben zu dieser fatalen
Einstufung gekommen . Es ist ja nicht so, dass sich die
Sicherheitsbehörden nicht mit dem Fall Amri beschäftigt
haben .
Eine Rückfrage von Herrn von Notz .
Herr Schröder, vielleicht haben Sie den Bericht, den
die Landau-Kommission im Hinblick auf den Fall Albakr gestern vorgestellt hat, gelesen . Sie spricht darin
von einer Kultur der Unverantwortlichkeit, die es gäbe,
durchaus auch in Bezug auf Bundesbehörden . So wie
Sie es dargestellt haben, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz ja offensichtlich gar keine rechtlichen Möglichkeiten, Gefährder unabhängig von irgendwelchen
polizeilichen Entscheidungen zu beobachten . Jetzt frage
ich Sie: Ist das tatsächlich so? Ist das eine ernstgemeinte
Aussage von Ihnen, oder ist das vielleicht die Kultur der
Unverantwortlichkeit, die man jetzt auch in Sachsen festgestellt hat?
({0})
Natürlich kann das Bundesamt für Verfassungsschutz
auch unabhängig von polizeilichen Erkenntnissen tätig
werden; das ist selbstverständlich .
({0})
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf polizeiliche
Erkenntnisse nicht ignorieren . Natürlich sind in einem
Rechtsstaat Hürden vorhanden, wenn es darum geht,
wann G-10-Maßnahmen, wann nachrichtendienstliche
Mittel gegenüber einer Einzelperson eingesetzt werden
dürfen . Bei der Bewertung dieser Hürden müssen die
polizeilichen Erkenntnisse einbezogen werden . Dazu,
inwieweit das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber den Landesämtern für Verfassungsschutz weitergehende Befugnisse braucht, hat der Bundesinnenminister
ja Vorschläge gemacht .
Vielen Dank . - Dann liegen mir zu Frage 20 und zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern
keine weiteren Fragen vor . Vielen Dank, Dr . Schröder .
Dann kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Ich begrüße Christian Lange .
Wir kommen zur Frage 21 der Kollegin Heike Hänsel:
Inwieweit wird im Zusammenhang mit von Serbien ausgestellten internationalen Haftbefehlen gegen 22 Kämpfer
der einstigen kosovo-albanischen Miliz UCK, darunter mehrere UCK-Kommandanten und Azem Syla, ein Onkel des
aktuellen kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci, auch in
Deutschland gefahndet ({0}), und inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der
ehemalige kosovarische Regierungschef Ramush Haradinaj
in Frankreich wegen Verbrechen während des Kosovo-Kriegs
festgenommen worden ist, dessen Freispruch vor dem Haager Tribunal in 37 Anklagepunkten nur deshalb zustande kam,
weil während der Prozesse insgesamt 19 potenzielle Zeugen
unter mysteriösen Umständen ums Leben kamen ({1})?
Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin, ich
beantworte Ihre Frage wie folgt: Allgemeine Angaben zu
Fahndungsersuchen Serbiens nach UCK-Kämpfern können nicht gemacht werden . Eine Statistik, die nach Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen differenziert, wird
nicht geführt . Soweit die Bundesregierung die Frage
einzelnen Personen zuordnen konnte, wurde keine Fahndung eingeleitet .
Nach Kenntnissen der Bundesregierung wurde
Ramush Haradinaj am 4 . Januar 2017 in Frankreich aufgrund eines serbischen Haftbefehls aus dem Jahr 2004
festgenommen . Die serbischen Behörden werfen ihm
vor, im Kosovo Kriegsverbrechen begangen zu haben .
Am 12. Januar 2017 wurde Herr Haradinaj unter Auflagen freigelassen . Über die Frage der Auslieferung nach
Serbien steht die Entscheidung der französischen Justiz
aus .
Zu den übrigen Teilen der Frage liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor .
Frau Hänsel? - Zu Frage 21 gibt es keine Rückfragen .
Dann möchte ich Herrn Lange verabschieden .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen . Das geht schnell, weil die
Frage 22 der Kollegin Ulla Jelpke schriftlich beantwortet
wird .
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Ich begrüße Frau
Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller .
Wir kommen zur Frage 23 von Katrin Werner:
Wenn laut Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 33, Plenarprotokoll 18/211, Anlage 25, die Einsparungen durch die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe insgesamt in geringem, nicht
quantifizierbaren Umfang denkbar sind, wieso schränkt die
Bundesregierung dann das grundlegende Menschenrecht auf
freie Wahl von Wohnort und Wohnform von Menschen mit
Behinderungen ({0}) weiterhin ein?
Frau Präsidentin! Werte Kollegin Werner, in der Antwort auf Ihre mündliche Frage vom 18 . Januar 2017, die
ja Auslöser für die Frage ist, die ich heute beantworte,
ging es um die Kostenwirkungen der gemeinsamen Inanspruchnahme von Leistungen in allen in § 78 Absatz 1
des Bundesteilhabegesetzes aufgelisteten Lebensbereichen . Ihre Frage wurde mit dem Hinweis auf - ich verkürze es ein wenig - Einsparungen im geringen, nicht
quantifizierbaren Umfang beantwortet.
Sie fokussieren mit Ihrer neuen Frage nunmehr auf die
gemeinsame Inanspruchnahme im Kontext von Wohnort
und Wohnform . Der Bereich des Wohnens ist individuell sehr unterschiedlich . Er reicht vom Leben allein in
der eigenen Wohnung über das Wohnen in Wohngruppen
bis hin zu vollstationären Einrichtungen . Deshalb ist eine
belastbare Quantifizierung der Ausgaben nicht möglich.
Bei einer freien Wahl von Wohnort und Wohnform
können in einzelnen Fällen Mehrkosten in höherem
Umfang entstehen . Zu den Leistungen für die Wohnung
kommen jeweils auch die Leistungen zur sozialen Teilhabe, insbesondere Assistenzleistungen, hinzu . Soweit der
vom Leistungsberechtigten gewünschte Wohnort bzw .
die gewünschte Wohnform nach der Einzelfallprüfung
die adäquate Leistungserbringung ist, werden die Kosten
hierfür übernommen .
In dem neuen partizipativen Teilhabe- und Gesamtplanverfahren wird der Leistungsberechtigte - das gilt
aber auch für die Leistungsberechtigte - zudem an allen
Verfahrensschritten beteiligt . So wird insbesondere gemeinsam mit ihm oder ihr über seine oder ihre Wünsche
auch in Bezug auf das Wohnen beraten .
Vielen Dank . - Frau Werner, bitte .
Dazu habe ich eine Nachfrage, weil Sie in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnt haben, dass da auch
der Assistenzbereich hineinspielt . Insofern können Sie
sich vorstellen, dass ich mit meiner Frage noch einmal in
den Bereich des Poolens oder auch des Zwangspoolens
gehe .
Zum einen habe ich die Frage, ob der Änderungsantrag 23 von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
der Bundesregierung an sich bekannt ist, bei dem es um
die Kosten aufgrund des Verzichts auf das Zwangspooling in den Lebensbereichen „soziale Beziehungen“ und
„persönliche Lebensplanung“ geht . Darin spricht man ja
davon, dass diese Kosten 3,6 Millionen Euro jährlich betragen . Ist der Bundesregierung diese Zahl bekannt, und
wenn ja, wissen Sie, welche Studien es dazu gibt und ob
es zufälligerweise für die anderen Bereiche, in denen ja
das Poolen nicht freigegeben wurde, auch Kostenzahlen
gibt? - Das wären meine Fragen .
Frau Staatssekretärin .
Ich sage das Folgende auch auf die Gefahr hin, dass
ich belehrend wirke, was ich keinesfalls sein will, weil
ich ja weiß, dass Sie eine Kennerin aller Abschnitte des
BTHG sind: Wir sprechen hier über die Eingliederungshilfe, die ab Januar 2020 neu geordnet wird . Wir haben,
weil wir das auflösen, was bisher und zurzeit im geltenden Recht sozusagen in einem Gesamtrahmen ist, nämlich existenzsichernde Leistungen und Fachleistungen
der Eingliederungshilfe zum ersten Mal in einem offenen
Leistungskatalog unter anderem der sozialen Teilhabe .
Wir haben ein ganz bestimmtes Spektrum von AssistenzVizepräsidentin Claudia Roth
http://www.zeit.de/politik/2017-01/kosovo-frankreich-ramush-haradinaj-festnahme
http://www.zeit.de/politik/2017-01/kosovo-frankreich-ramush-haradinaj-festnahme
leistungen so gestellt, dass sie durchaus gemeinsam erbracht werden können; bei allen anderen stellt sich diese
Frage nicht .
Sie erkennen bereits aus diesem Teil meiner Antwort,
dass wir nicht über Erfahrungen verfügen können, weil
wir ein neues Recht einführen . Genau aus diesem Grund
stellen wir aber gerade diese Leistungen unter besondere
Beobachtung; wir sprechen von Wirkungsforschung . Wir
wollen wissen, wie gerade diese Aspekte der sozialen
Teilhabe sich in Assistenzleistungen auswirken . Natürlich schließt dies auch ein - darauf zielt ja ein wenig Ihre
Frage ab -, welche finanziellen Belastungen oder Entlastungen entstehen . Darüber wird das Parlament zeitnah
unterrichtet werden . Aber Sie können sich vorstellen: Da
das erst 2020 in Kraft tritt, wird man noch einen Moment
darauf warten müssen .
Haben Sie eine weitere Rückfrage, Frau Kollegin?
Insofern wäre für mich noch einmal die Frage: Die
3,6 Millionen Euro, die in dem Änderungsantrag 23 genannt waren, sind insofern momentan auch nicht richtig
nachvollziehbar?
Wir haben in einem Gesetzgebungsverfahren, in dem
wir diese Leistungskataloge neu regeln, immer eine gewisse Schwierigkeit, Kosten zu beziffern . Die 3,6 Millionen Euro, die Sie ansprechen, sind in der Tat eine
möglichst solide gegriffene Zahl . Wir haben aber keine
Erfahrungswerte, und wir werden sie erst bekommen,
wenn wir das neue Recht eingeführt haben werden .
Ich habe es schon erläutert: Wir haben in einem neuen
Artikel 25 ja sehr ausführlich beschrieben, dass wir in
vielen Bereichen dieses Gesetzes eine sehr starke Umsetzungsphase haben, die wir wissenschaftlich vorbereiten
und begleiten .
Wir tun all dies immer sehr stark gemeinsam mit den
Bundesländern, weil wir in der Eingliederungshilfe nach
dem SGB IX einen Bereich haben, den wir nicht allein
auf Bundesebene administrieren und finanzieren. Hier
sind die Länder sehr stark mit im Boot . Deshalb machen
wir das alles zusammen .
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . - Ich sehe keine
weitere Rückfrage zur Frage 23 .
Dann kommen wir zur Frage 24 der Kollegin Werner:
Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung angesichts des starken Anstiegs des Armutsrisikos von Menschen
mit Behinderungen von 13 Prozent im Jahr 2005 auf 20 Prozent im Jahr 2013, der im „Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen 2016“ festgestellt wurde?
Frau Staatssekretärin .
Ja, sehr gern . - Auf Basis vorhandener Daten können
über die Gründe von Veränderungen beim Armutsrisiko
von Menschen mit Behinderungen gegenwärtig nur Vermutungen getroffen werden .
Die Zahl der Menschen mit Beeinträchtigungen im
jüngeren und mittleren Lebensalter ist im Zeitraum von
2005 bis 2013 - danach fragen Sie ja - deutlich angestiegen, was unter anderem wohl auch auf eine Zunahme der
Zahl psychischer Beeinträchtigungen zurückzuführen ist .
Wenn Beeinträchtigungen schon in frühen Lebensjahren
auftreten, können dadurch die Chancen der beruflichen
Entwicklung eingeschränkt werden .
Ich will Ihnen daneben sagen: Diese Frage zeigt auch
noch einmal, wie sinnvoll es ist, dass das Haus eine Repräsentativstudie veranlasst hat, die gegenwärtig anläuft
und neue Erkenntnisse zur Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen liefern soll . Wir sind sehr froh, dass sie
nicht nur in Auftrag gegeben wurde, sondern jetzt auch
beginnt, weil wir festgestellt haben, dass wir zu wenig
belastbare Daten über die Lebenssituationen von Menschen mit Beeinträchtigungen haben .
Ich will das einfach einmal auch an einem Beispiel
schildern: Wir haben bei vielen Befragungen, die in der
Vergangenheit durchgeführt wurden - mit „wir“ meine
ich die gesamte Gesellschaft und alle, die forschen -,
Menschen, die in Einrichtungen leben, überhaupt nicht
befragt . - Das soll noch einmal bebildern, wie wichtig es
ist, dass wir dieser Frage nachgehen .
Frau Werner, haben Sie eine Rückfrage? - Ja, es sieht
so aus .
Ja, danke . - Die Studie ist das eine, und natürlich
braucht man Zahlen und Befragungen, um hier mehr ins
Detail zu gehen . Ich habe aber die Nachfrage, ob in Zukunft auch noch andere Maßnahmen ergriffen werden .
Eine Frage ist, ob Sie nicht auch in der Erhöhung der
Ausgleichsabgabe eine Möglichkeit zur Verbesserung sehen, weil sie Unternehmen dazu bringt oder eher zwingt,
mehr Menschen mit Behinderungen einzustellen, und insofern einen inklusiveren Arbeitsmarkt mit vorantreiben
kann .
Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe wird im politischen Raum tatsächlich sehr intensiv diskutiert . Die
Bundesregierung hat in den letzten Jahren aber ausgesprochen erfolgreich sehr stark darauf gesetzt, jenseits
der Erhöhung der Ausgleichsabgabe Arbeitgeber zu motivieren, mehr Menschen mit schweren Behinderungen
einzustellen als bisher . Das war, wie gesagt, auch durchaus erfolgreich .
Die Frage, ob die Ausgleichsabgabe möglicherweise
eine abschreckende Wirkung hat, was dazu führt, nicht
zu zahlen, sondern einzustellen, hat noch niemand wirklich exakt beantworten können .
Die Bundesregierung unternimmt alles, um viele Arbeitgeber zu motivieren, einzustellen . Unsere Erkenntnis
ist: Die größte Schwierigkeit bei der Einstellung von
Menschen mit einer Schwerbehinderung ist die Überwindung der Schwelle von null auf eins . Arbeitgeber, die
einen Menschen mit schweren Behinderungen eingestellt
haben, machen nämlich oftmals sehr gute Erfahrungen
und stellen gerne einen zweiten und dritten ein .
Wir müssen also die überzeugen, die noch Vorbehalte
haben . Dafür gibt es zahlreiche Projekte, die sehr unterstützenswert sind und zeigen, dass dieser Ansatz Aussicht auf Erfolg hat .
Frau Werner hat eine zweite Rückfrage .
Bei der Zahl der von Armut Betroffenen ist gerade
auch die Altersarmut ein Aspekt . Insofern geht meine
zweite Nachfrage in diese Richtung: Denkt die Bundesregierung darüber nach, die Anrechnung von Einkommen und Vermögen für Personen, die Teilhabeleistungen
beziehen, auf lange Sicht komplett abzuschaffen? Diese
Frage ist wichtig; denn wenn weiterhin eine Anrechnung erfolgt, haben diese Menschen ja weitaus größere
Schwierigkeiten, für ihr Alter vorzusorgen .
Dazu kann ich jetzt mit Blick auf die neuen Regelungen des Bundesteilhabegesetzes ganz viel sagen; denn da
haben wir viele große Fortschritte erzielt . Es ist schön,
dass ich Gelegenheit habe, diese kurz zu erwähnen .
Eine Minute, ja .
Eine Minute? - Okay, dann mache ich das im Telegrammstil .
Wir stellen die Partner frei, wenn es um die Heranziehung von Einkommen und Vermögen geht . Wir haben
neue und sehr hohe Freibeträge bei der Anrechnung von
Einkommen und Vermögen erreicht . Da haben wir große
Fortschritte erzielt .
Ich denke, es ist bei Menschen mit Behinderung genauso wie bei allen: Oft ist die Situation im Alter das
Resultat einer langen Erwerbsbiografie. Wir haben gerade über die Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderung gesprochen . Deshalb müssen wir alles tun, um
ihnen aus diesen Schwierigkeiten herauszuhelfen .
Ein weiterer Punkt ist: Ich freue mich, dass es uns in
dieser Legislatur ein zweites Mal gelungen ist, für Menschen, die ihre Erwerbsfähigkeit im Laufe ihres Erwerbslebens verlieren, eine bessere Erwerbsminderungsrente
zu erreichen . Meines Erachtens ist in dieser Legislatur
gerade für diesen Personenkreis schon sehr viel getan
worden . Weiteres ist immer möglich und ganz sicher
auch erstrebenswert .
({0})
Vielen herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin . Dann
darf ich auch Sie verabschieden .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Fragen 25 und 26 des Kollegen Friedrich Ostendorff werden
schriftlich beantwortet .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit . Auch die Fragen 27
und 28 der Kollegin Sabine Zimmermann sowie die
Fragen 29 und 30 der Kollegin Klein-Schmeink werden
schriftlich beantwortet .
Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur .
Die Fragen 31 und 32 des Kollegen Stephan Kühn, die
Fragen 33 und 34 des Kollegen Krischer sowie die Fragen 35 und 36 des Kollegen Behrens werden ebenfalls
schriftlich beantwortet .
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 26 . Januar 2017,
9 Uhr, ein .
Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen, liebe
Kolleginnen und Kollegen, und auch Ihnen auf den Tribünen, einen schönen Restmittwoch . Bis morgen!
Vielen Dank .