Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/28/2016

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle herzlich . Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Das ist nicht ganz so harmlos, wie es sich anhört . Deswegen begrüße ich es auch, dass der zuständige Minister für einen Bericht zu diesem Thema und seinen Implikationen zur Verfügung steht . - Lieber Herr Gabriel, Sie haben damit das Wort .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Sehr geehrter Herr Präsident, ich darf ja keine Fragen stellen, aber wenn ich es doch dürfte, würde ich fragen, warum Sie mich mit „nicht so harmlos“ in Zusammenhang bringen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nein, bei Ihnen würde ich auf diesen Zusammenhang natürlich niemals kommen, ({0}) aber bei diesem Gesetz könnte man den Verdacht haben, dass es nicht ganz so harmlos ist, wie es sich anhört .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Womit Sie recht haben . Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kabinett hat heute die neunte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beschlossen und damit unser zentrales Regelwerk in diesem Bereich auf den Stand der Zeit im Zeitalter der Digitalisierung gebracht . Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das althergebrachte Instrumentarium des Wettbewerbsrechts nur zum Teil auf die neuen Geschäftsmodelle der digitalisierten Wirtschaft passt . Mit der Novelle beginnen wir nun, ein Wettbewerbsrecht 4.0 zu schaffen. Das Bundeskartellamt hat sich bereits intensiv mit Facebook, Amazon und Co . befasst . Wir geben ihm für solche Fälle nun neue Beurteilungskriterien an die Hand, unter anderem auch, weil uns die Monopolkommission in einem Gutachten dafür Vorschläge gemacht hat . Das neue Regelwerk erfasst nun auch die Konsequenzen neuer Netzwerk- und Skaleneffekte oder des Zugangs zu wettbewerbsrelevanten Daten . Gleichzeitig erweitern wir die Fusionskontrolle auf Fälle, die bislang außerhalb unseres Radars geblieben sind . Zum Beispiel zeigt die Übernahme von WhatsApp durch Facebook, dass auch Unternehmen ohne große Umsätze eine erhebliche wettbewerbliche Bedeutung haben können . Beim internationalen Zusammenschluss von Unternehmen gibt es die Größe von, glaube ich, über 500 Millionen Euro, beim nationalen Zusammenschluss immerhin von 25 Millionen Euro, und einer der beiden Teile muss mindestens 5 Millionen Euro Umsatz haben . Bei WhatsApp lag der Umsatz deutlich darunter . Gleichzeitig wissen wir, dass der Verkauf 19 Milliarden Dollar gebracht hat, was zeigt, dass fehlende Umsätze allein kein Kriterium sind, um den Wert eines Zusammenschlusses und die damit möglicherweise einhergehende marktbeherrschende Stellung zu prüfen . Das ändern wir jetzt . Dabei haben wir bewusst darauf geachtet, dass die deutsche Start-up-Szene nicht beeinträchtigt wird . Die Regelung greift bei Unternehmensübernahmen erst ab einem Kaufpreis von mehr als 400 Millionen Euro . Solche Übernahmen gab es in den letzten Jahren in Deutschland maximal einmal pro Jahr . Wir gehen davon aus, dass das so bleibt . Im Übrigen ist wichtig: Eine Prüfung von wettbewerbsrechtlichen Nachteilen heißt nicht, dass die Fusion verboten ist . Es geht nur darum, dass das Kartellamt hinschauen kann . Bei den Bußgeldern schließen wir mit der Novelle eine Lücke, die uns schmerzlich bewusst wurde, als die Kartellbehörde in der Fleischwarenindustrie Kartellrechtsverstöße festgestellt hat. Das betroffene Unternehmen hat nach Ergehen eines Bußgeldbescheids genau den Teil des Unternehmensverbundes aufgelöst, der davon betroffen war, und sich damit letztlich der Bußgeldzahlung entzogen . Das wollen wir nicht noch einmal zulassen . Wir schließen diese Lücke und führen eine Konzernhaftung ein . Das geht leider nicht rückwirkend, aber das soll eben nicht noch einmal vorkommen . Künftig wird sowohl die Muttergesellschaft für ihre Tochter als auch der Nachfolger eines Unternehmens die Bußgelder für frühere Kartellrechtsverstöße zahlen müssen . Damit schließen wir, glaube ich, auch eine Gerechtigkeitslücke am Markt; denn derartige Tricks können sich Mittelständler nicht leisten . Diese Möglichkeit haben nur Konzerne, und die wollen wir ihnen nehmen . Ein Mittelständler mit einfacher Unternehmensstruktur, der häufig nicht die treibende Kraft bei einem Kartell gewesen ist, konnte bisher nur zuschauen, wie die großen Kartellanten davonkamen . Neben hohen Bußgeldern fürchten die betroffenen Unternehmen zu Recht zunehmend hohe Schadenersatzforderungen von Geschädigten, die zum Beispiel überteuerte Produkte gekauft haben . Auch da verbessern wir die Situation der Geschädigten . Mit der Novelle setzen wir die EU-Richtlinie zum Schadenersatz bei Kartellen um . Die Klagen von Geschädigten sollen künftig erleichtert werden . Wir geben mit der Novelle des Wettbewerbsrechts auch ein wichtiges Signal gegen den Preiskampf im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels, indem wir das Verbot entfristen, Lebensmittel unter Einstandspreis zu verkaufen, um Kunden sozusagen ins Geschäft zu locken und damit einen unfairen Wettbewerb zu betreiben . Das war ein großes Anliegen insbesondere der Landwirtschaft und der Lebensmittelhersteller . Schließlich erleichtern wir mit der Novelle die Kooperation von Presseverlagen . Das hatte sich die Koalition im Koalitionsvertrag vorgenommen . Künftig können Verlage außerhalb der redaktionellen Zusammenarbeit, also in der klassischen Verlagszusammenarbeit - damit ist letztlich das Anzeigengeschäft gemeint -, kooperieren und das Geschäft gemeinsam organisieren; wie gesagt, nicht im Bereich der redaktionellen Zusammenarbeit . Das wird gerade kleinen Verlagen und Lokalzeitungen helfen, ihre wichtige Aufgabe auch in digitalen Zeiten zu erfüllen . Meine Damen und Herren, die neunte GWB-Novelle umfasst Projekte mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen, die das deutsche Wettbewerbsrecht neu gestalten sollen und den Kartellbehörden die notwendige Durchsetzungskraft geben . Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich danke Ihnen, Herr Minister . - Ich habe bislang dazu nur Wortmeldungen von der Fraktion Die Grünen vorliegen, was immer das für einen Grund haben mag . Vielleicht entschließt sich der eine oder andere noch oder gibt mir ein Signal, wenn es übersehene Fragewünsche gibt . - Wir beginnen mit der Kollegin Dröge .

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für die Vorstellung der GWB-Novelle. Ich finde es erst einmal sehr begrüßenswert, dass Sie einen Schwerpunkt auf das Thema „Regulierung digitaler Plattformen“ gelegt haben . Dort besteht aus meiner Sicht großer Handlungsbedarf . Dass Sie in dem Entwurf der GWB-Novelle Vorschläge aufgegriffen haben, ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung . Sie greifen auch viele Vorschläge auf, die aus unserer Sicht wirklich gute Verbesserungen mit sich bringen . Darüber freue ich mich zunächst einmal . Ich hätte zu einigen Regelungen allerdings noch Nachfragen an Sie . Zum Beispiel wollen Sie einführen, dass bei der Prüfung von Fusionen der Kaufpreis eine Rolle spielt . Das ist eine Lehre aus der Fusion von Facebook und WhatsApp . Ich frage mich, warum nicht auch die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer, die durch die Fusion zusammengeführt werden, bei der Prüfung eine Rolle spielen kann; denn gerade das macht die Marktmacht im digitalen Wettbewerb aus . Die Frage ist, welche Nutzerzahlen, welche Portfolios dort zusammengeführt werden . Die zweite Möglichkeit wäre, den Zugang zu Analysemethoden bei der Fusionskontrolle mit zu berücksichtigen, also Algorithmen, die sich die Firmen teilweise patentieren lassen, wodurch mehr Marktmacht entsteht . Sollte nicht auch das bei der Fusionskontrolle berücksichtigt werden? Ein weiteres Thema ist die Marktabgrenzung . Bei der Fusion von Facebook und WhatsApp haben die Kartellbehörden gesagt, dass das zwei unterschiedliche Märkte sind . Muss das Wettbewerbsrecht nicht auch dahin gehend novelliert werden, um das in Zukunft verhindern zu können?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Vielen Dank für die Nachfrage, die mehr als berechtigt ist . - Nach meinem Verständnis ist es so, dass all die Fragen, die Sie gestellt haben, jetzt durch die Kartellrechtsbehörde geprüft werden müssen . Bisher gab es eine Aufgreifschwelle, sodass sie das gar nicht konnte . Diese Aufgreifschwelle haben wir jetzt neu definiert. Sie hängt nicht mehr vom Umsatz ab, sondern von dem genannten Kaufpreis, den man übrigens nach ein paar Jahren sicher auch noch einmal überprüfen muss, um zu sehen, ob das eigentlich die richtige Schwelle war . Bislang gehen wir davon aus, dass es gut abgewogen ist . Wenn die Prüfung stattfindet, muss, finde ich, sozusagen die marktbeherrschende Stellung genau auf die Daten hin überprüft werden, nach denen Sie eben gefragt haben; denn bei WhatsApp geht es um die Frage, wie viele Daten man eigentlich ansammelt . Das ist die eigentBundesminister Sigmar Gabriel liche Währung, die offensichtlich so wertvoll war wie mehr als 19 Milliarden Dollar; ich glaube, das war die Summe . Insofern wäre meine Interpretation dessen, was wir gesetzlich besser möglich machen - ich hoffe, das Kartellamt teilt das -, dass genau die Fragen, die Sie eben gestellt haben, geprüft werden müssen . Wir haben jetzt endlich eine Aufgreifschwelle, mit der das erfolgen kann .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Andreae .

Kerstin Andreae (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003493, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank für die Möglichkeit, zur GWB-Novelle zu sprechen . Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie die Konzernhaftung angesprochen haben, weil diese Problematik unter dem Stichwort „Wurstlücke“ aufgetaucht ist .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Ich wollte es nicht sagen .

Kerstin Andreae (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003493, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich denke, ich darf es hier einmal aussprechen . - Tatsächlich beschäftigt das Thema der Eigentümerstrukturen uns generell . Ist es aus Ihrer Sicht notwendig, dass die Kartellbehörden bei Fusionen auch prüfen können, wer die Anteilseigner der Unternehmen sind, die fusionieren? Planen Sie Veränderungen, um das Kartellrecht auch da nachzuschärfen? Vorstellbar ist ja durchaus, dass durch Verflechtungsstrukturen und durch Anteilseigner an den fusionierenden Unternehmen am Ende wettbewerbsverzerrende Situationen auftreten .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Nach meinem Verständnis müsste das die Kartellrechtsbehörde schon heute tun . ({0}) Wenn sie das nicht tun muss, ist das ein Thema - das kann ich als Regierungsmitglied jetzt nur empfehlen -, das im parlamentarischen Verfahren in der Tat noch einmal geprüft werden sollte . Aber nach meinem Verständnis wäre das eigentlich schon heute notwendig .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

In der Sache besteht offenkundig jedenfalls Einvernehmen . - Der Kollege Janecek hat die dritte Frage .

Dieter Janecek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004312, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, wir haben ja das Grundproblem, dass große amerikanische Plattformen es können in der Zukunft auch chinesische und indische sein - ihre Regeln diktieren und wir unsere eigenen Regeln zum Teil nicht durchsetzen, insbesondere was den Wettbewerb angeht . Die jüngste Entscheidung des Hamburger Datenschutzbeauftragten gehört zum Beispiel auch in diesen Kontext; das ist jetzt nicht direkt in Ihrem Metier . Er hat entschieden, dass WhatsApp die Daten an Facebook nicht weitergeben darf . Aber eine Marktmacht entsteht natürlich durch die Weitergabe von Daten . Wie bewerten Sie dieses Urteil? Zum Zweiten: Die Portabilität von Daten, also dass Sie Daten mitnehmen können, wenn Sie irgendwo sind, zum Beispiel bei Facebook, ist jetzt in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen . Würden Sie sagen, dass es etwas Gutes für den Wettbewerb, für den Markt, ist, dass wir darauf achten, dass das möglich ist?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Erstens . Es geht uns genau um diese Unternehmen, bei denen Sie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterschreiben und mit denen dann eine solche Datennutzung möglich wird . Es geht uns darum, dass wir sozusagen einen Zugriff bekommen, den wir bislang nicht hatten. Zweitens . Wir haben natürlich mit der Datenschutz-Grundverordnung und übrigens auch mit dem EuGH-Urteil zum Marktortprinzip eine rechtliche Klarstellung, dass jedes Unternehmen, das in Europa tätig ist, die in Europa geltenden Datenschutzregeln einhalten muss . Drittens . Ich erwarte nicht, dass das hier die letzte GWB-Novelle ist, was diese Frage angeht . Deswegen habe ich gesagt: Wir beginnen, uns damit auseinanderzusetzen . Denn zum Beispiel das Kartellamtsverfahren gegen Facebook wegen des Themas Datennutzung, das es aktuell gibt, aber auch das Verfahren der Wettbewerbskommissarin Frau Vestager in Brüssel gegen Google ich glaube, auch noch gegen Amazon; aber gegen Google auf jeden Fall - werden uns Hinweise bringen, ob wir in diese Richtung sozusagen weiterarbeiten müssen . Das wird mit Sicherheit nicht die letzte Frage oder das letzte Instrument sein . Ich bin jetzt auf das gespannt, was aus der Kommission kommt . Ich bin nach den letzten Entscheidungen von Frau Vestager jedenfalls außerordentlich optimistisch, dass die Kommission hier eine klare Position zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher einnimmt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Dröge .

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich möchte noch einmal auf das Thema Marktabgrenzung zu sprechen kommen; es kam ja etwas zu kurz am Ende meiner vorherigen Frage . Bei der Fusion von Facebook und WhatsApp haben die Kartellbehörden ja so argumentiert, dass es sich um zwei unterschiedliche Märkte handelt und deshalb die Marktmacht nicht relevant steigen würde . Einen ähnlichen Fall - allerdings auf einem ganz anderen Markt - haben wir jetzt gegebenenfalls mit der Fusion von Bayer und Monsanto . Auch dort stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um zwei unterschiedliche Märkte handelt, auf der einen Seite den Saatgutmarkt und auf der anderen Seite den Pestizidmarkt . Deswegen ist meine Frage hinsichtlich Ihrer Einschätzung - das werden in diesem Fall zwar die europäischen Kartellbehörden prüfen; bei einer niedrigeren Umsatzschwelle könnten es auch die deutschen prüfen -: Reicht das jetzige Kartellrecht aus, um sich auch vorund nachgelagerte Märkte anzuschauen? Beim Thema „Saatgut und Pestizide“ handelt es sich ja eigentlich um einen Markt, wenn man das Ganze als Koppellösung verkauft . Reicht das jetzige Kartellrecht also schon aus, oder müssen wir als Gesetzgeber es so präzisieren, dass wir den Wettbewerbsbehörden die klare Leitlinie geben: „Wir wollen, dass ihr euch die gesamte Produktkette anschaut“, sodass man eine Fusion von Bayer und Monsanto gegebenenfalls auch verhindern könnte?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Ich habe die von Ihnen aufgeworfene Frage zwar nicht im Fall von Bayer und Monsanto, aber im Fall von Google gegenüber der Monopolkommission thematisiert . Denn natürlich bildet auch dieses Unternehmen mit dem Geschäftszweck „Advertising“ inzwischen eine Kette, und es hat eine Marktdurchdringung erreicht - angefangen beim Browser bis hin zum Content -, angesichts der man sich die Frage stellen kann: Gibt es für einen Wettbewerber überhaupt noch die Chance, dort am Markt zu bestehen? Es gab ja immer das Argument: Das geht ganz schnell, auch im Zeitalter des Internets . Die Monopolkommission hat uns die Antwort gegeben, sie glaube, dass das derzeitige Kartellrecht diese Fragen abdeckt . Das habe ich erst einmal zur Kenntnis genommen . Auch da, glaube ich, wird uns die Entwicklung - die Entscheidungen der Wettbewerbskommission und auch das Facebook-Verfahren - Anlass geben, noch einmal der Frage nachzugehen, ob wir hier weitergehen müssen, als wir es mit der jetzigen Novelle getan haben .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Andreae noch einmal .

Kerstin Andreae (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003493, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Das bisherige GWB klärt folgenden Tatbestand: Die Erforderlichkeit für eine Ministererlaubnis muss begründet werden . Jetzt haben wir ja den Fall der Ministererlaubnis bei der Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann . Es gab einen Vermerk aus Ihrem Haus, der nach dem Übernahmeangebot von Rewe klargestellt hat, dass die Ministererlaubnis nicht mehr erteilt zu werden braucht . Nach dem GWB hätten Sie dann die Erforderlichkeit begründen müssen . Sie haben sich aber dafür entschieden, eine Ministererlaubnis auszusprechen . Hätten Sie zu dem Zeitpunkt des Vermerkes eigentlich nicht wissen müssen, dass die Ministererlaubnis einer gerichtlichen Prüfung nicht standhält?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Ich habe den Vermerk, den Sie mir vorhalten, nicht vor mir . Aber ich weiß, dass mein Haus empfohlen hat, den Antrag von Edeka nicht zu genehmigen . Das haben wir auch nicht getan; denn der Antrag von Edeka behauptete, man könne die Arbeitsplätze - die für uns ein Gemeinwohlgrund sind - durch Betriebsvereinbarungen schützen . Das war schon deshalb fragwürdig, weil die Betriebsräte nur in zwei von drei Regionen bereit waren, eine solche Betriebsvereinbarung zu schließen . Wir haben - auch durch Nachfragen im Bundesarbeitsministerium - festgestellt, dass es sehr fragwürdig ist, ob damit der Gemeinwohlgrund der Sicherung der Arbeitsplätze zu erfüllen ist . Deswegen sind wir dem Antrag nicht gefolgt, sondern haben einen ganz anderen Weg gewählt, der in unserem Haus einvernehmlich für richtig empfunden wurde, nämlich den über Tarifverträge . Der Erfolg der Tarifvertragsverhandlungen zeigt Ihnen ja, dass wir damit den Gemeinwohlgrund der Sicherung der Arbeitsplätze erfüllen könnten . Jetzt droht etwas, was eher zeigt, wie wichtig eine Ministererlaubnis gewesen wäre . Wenn es jetzt nämlich nicht zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen den Unternehmen kommt, die während des Verfahrens überhaupt nicht denkbar war, dann passiert das, was passiert wäre, wenn ich die Ministererlaubnis verweigert hätte: Dann verlieren bis zu 8 000 Menschen ihren Arbeitsplatz . Das ist der Grund, warum ich der festen Überzeugung bin, dass gerade das, was jetzt passiert, zeigt, wie richtig es gewesen ist, eine Ministererlaubnis zu erteilen, um bis zu 8 000 Arbeitsplätze zu sichern .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erinnere an die Eine-Minute-Regel für Fragen und Antworten . - Frau Dröge .

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister Gabriel, um beim Thema Ministererlaubnis zu bleiben: Das GWB beinhaltet ja eine zeitliche Vorgabe, bis wann Sie entscheiden sollen, nämlich vier Monate . Bei dieser Ministererlaubnis haben Sie aber deutlich länger gebraucht . Wenn man sich anschaut, in welcher Situation das Unternehmen Kaiser’s Tengelmann jetzt ist, stellt man fest: Es wurden zwei Jahre für das Fusionsprüfverfahren gebraucht . Es ist so, dass Kunden wegbleiben, dass teilweise Mietverträge nicht verlängert werden, dass Lieferanten Aufträge aufkündigen, dass sich gute Mitarbeiter wegbewerben . Das heißt, das Unternehmen steht jetzt deutlich schlechter da als vor zwei Jahren . Das Unternehmen hat zwei Jahre verloren, in denen es auf der Suche nach nachhaltigen beschäftigungssichernden Lösungen für die Mitarbeiter hätte vorankommen können, um heute deutlich besser dazustehen . Aus dieser Sicht ist unsere Interpretation, dass durch dieses lange Verfahren auch Sie Verantwortung tragen für die Situation, in der Kaiser’s Tengelmann jetzt ist . Nun frage ich Sie: Sollte man vor diesem Hintergrund nicht über deutlich striktere zeitliche Vorgaben der Prüfung nachdenken? Denn Unternehmen, die mit solchen monatlichen Verlusten operieren, können sich ein solch langes Prüfverfahren aus meiner Sicht einfach nicht leisten .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Frau Kollegin, Sie vermischen zwei Zeiträume, nämlich den des Fusionsprüfverfahrens beim Kartellamt und den des Prüfverfahrens für die Ministererlaubnis . Beide zusammen haben die zwei Jahre ergeben, nicht allein die Prüfung des Ministererlaubnisverfahrens . ({0}) - Ich beantworte gerade nur Ihre Frage . - Im Übrigen muss man im Zuge des Ministererlaubnisverfahrens auch Anhörungsfristen einhalten; wenn zum Beispiel Verfahrensbeteiligte beantragen, eine längere Frist zu bekommen, verlängert sich das Verfahren . Wir haben uns präzise an die Verfahrensvorschriften gehalten . Übrigens, jedes Unternehmen, das sich auf den Weg macht, eine Fusion zu beantragen, weiß, dass es das Risiko trägt, dass das Kartellamt prüft, danach im Ministererlaubnisverfahren die Monopolkommission prüft, dann Anhörungsverfahren stattfinden und erst am Ende eine Ministererlaubnis erfolgt . Dieses Risiko eines so langen Verfahrens können wir dem Unternehmen nicht abnehmen . Aber, wie gesagt, das Ministererlaubnisverfahren selber hat nicht zwei Jahre gedauert, sondern das vorherige Fusionsverfahren und die Beteiligung der vielen Beigeladenen haben ebenfalls dazu beigetragen . Ob man das strecken kann, muss man überlegen . Ich bin ja der festen Überzeugung, dass wir vor dem Bundesgerichtshof obsiegen würden . Dann hätten wir, glaube ich, einen guten Anlass, über das Verfahren zu reden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Andreae noch einmal .

Kerstin Andreae (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003493, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine Möglichkeit, die Ministererlaubnis noch einmal in ihrer Struktur zu diskutieren und über die Frage, ob sie reformbedürftig ist, ist die GWB-Novelle . Wir haben wahrgenommen, dass Sie über die Ministererlaubnis für Kaiser’s Tengelmann und Edeka verschiedene Gespräche mit vielen Leuten geführt haben, unter anderem mit Verdi . Im gesamten Verfahren haben Sie den Deutschen Bundestag nicht informiert . Das ist aus unserer Sicht nicht gut . Wir hätten gerne eine Diskussion und auch eine Reform der Ministererlaubnis - die wir im Übrigen nicht abschaffen wollen - dergestalt, dass es auch eine Erklärung des Wirtschaftsministers gegenüber dem Deutschen Bundestag gibt . Deswegen fragen wir, ob im Rahmen der GWB-Novelle geplant ist, die Ministererlaubnis an dieser Stelle oder bezüglich der Fristen zu reformieren .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Von uns aus nicht . Wenn das Parlament das möchte, kann es das machen . Es widerspricht allerdings dem Ansatz von Frau Dröge, die Verfahren zu verkürzen . Da müssen Sie sich einfach entscheiden . ({0}) - Das können Sie doch beantragen, dann beraten wir darüber; das ist ja nicht das Problem . ({1}) Das Zweite ist: Man muss interessanterweise sehen, dass gerade Ihre Fraktion schon vor der Ministererlaubnis der Meinung war, man sollte sie verweigern . Wenn man das schon vorher weiß, dann sollte man hinterher auch dazu stehen, wenn das Ergebnis da ist, nämlich dass 8 000 Leute ihren Job verlieren können . Da sollte man sagen: Das ist ein Risiko, das wir bewusst in Kauf nehmen wollten. - Das, finde ich, gehört zur Fairness. Ich wollte das nicht in Kauf nehmen . Deswegen habe ich die Ministererlaubnis erteilt . ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Jedenfalls braucht es, falls das Parlament eine solche Beteiligung für notwendig hält, dafür nicht eine Genehmigung der Bundesregierung . ({0}) Dann müssen wir das ins Gesetz reinschreiben, und dann muss sich die Bundesregierung daran halten . ({1}) Letzte Frage jetzt von Frau Dröge . ({2})

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Einen Antrag, Herr Präsident, mit den entsprechenden Reformvorschlägen haben wir bereits eingebracht . Da regeln wir auch die zeitlichen Fristen, sodass es zu keiner Verzögerung kommt . Herr Gabriel, um es noch einmal konkret zu sagen: Sie hätten innerhalb von vier Monaten entscheiden müssen und haben ein Jahr gebraucht, um die Entscheidung zu treffen. Das ist deutlich länger. Aber weil Sie auf das Thema Information und Beteiligungsrechte in dem ganzen Verfahren eingegangen sind, möchte ich Sie noch Folgendes fragen: Experten können sich eigentlich nicht erklären, warum Herr Haub den riskanten Weg gegangen ist, allein auf Edeka zu setzen und sich auf diese langwierige Ministererlaubnis einzulassen - außer es hat frühzeitig Signale aus dem BMWi gegeben, dass das Ganze durchgezogen wird . Jetzt haben wir Sie gefragt: Was haben Sie mit Herrn Haub und Herrn Moser am 23 . September 2014 - damals haben Sie ja mit ihnen über das Fusionsverfahren gesprochen besprochen? Ist das Wort „Ministererlaubnis“ gefallen? Darauf habe ich keine Antwort bekommen . Deswegen wüsste ich gerne, ob Sie mit den beiden damals schon konkret über die Ministererlaubnis gesprochen haben . Die zweite Frage wäre: Sieht das Verfahren des GWB solche frühzeitigen Gespräche vor, oder sollte es sie aus Ihrer Sicht vorsehen?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Erstens . Die beiden Unternehmen haben sich bei mir angemeldet, um mir mitzuteilen, dass sie die Absicht haben, eine Fusion vorzubereiten . Ich glaube, kein Gesetz, egal was drinsteht, wird es Unternehmen verbieten können, dem Minister mitzuteilen, dass sie eine solche Absicht haben . Daraufhin haben wir den Unternehmen erklärt, wie das formale Verfahren ist . Ich vermute - das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht -, dass wir gesagt haben: Sollte das Kartellamt das verweigern, bleibt Ihnen die Möglichkeit der Beantragung einer Ministererlaubnis . Konkret über die Ministererlaubnis haben wir ganz gewiss nicht geredet . ({0}) - Ganz gewiss nicht . Zweitens . Sie sprachen gerade von vier Monaten . Ich weise darauf hin, dass wir schon deshalb nicht verantwortlich für die Beantragung einer Ministererlaubnis sein können, weil wir den Antrag von Edeka und Kaiser’s Tengelmann, den sie gestellt haben, abgelehnt haben . Wir haben gesagt: Diesen Antrag, in dem ihr nur sehr unsicher die Arbeitsplätze schützt, können wir euch nicht genehmigen . Das Verfahren ist auch deshalb länger geworden, weil wir die Bedingungen von Edeka und Kaiser’s Tengelmann nicht akzeptiert haben, da sie uns keine Sicherheit für die betroffenen Arbeitsplätze gebracht haben . Schon daran sehen Sie, dass es selbst bei größtem Bemühen der Opposition wohl schwerlich möglich ist, eine Verbindung zwischen dem Antrag und unserem Verhalten herzustellen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Fragen zu diesem Thema der Kabinettssitzung liegen nicht vor . - Der Kollege Beck wollte zu einem anderen Thema des Kabinettes eine Frage stellen .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Ich habe eine Frage zur Kabinettsplanung. Sie betrifft den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Wann, in welcher Kabinettssitzung, wird das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung und Entschädigung von nach § 175 StGB verurteilten Homosexuellen beschließen, und welchen Stand gibt es im BMJV bezüglich des Referentenentwurfes?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Keine Ahnung .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Schlichtweg die Frage: Wo ist er?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Das weiß ich nicht .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich wäre einverstanden, wenn Sie das an das Justizministerium weitergeben würden .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Aber selbstverständlich . - Die ehrliche Antwort lautet, dass das heute nicht Gegenstand der Kabinettsberatung war, dass ich das nicht weiß und dass ich nur hoffen kann, dass dieser Gesetzentwurf schnell kommt . Ich gebe Ihre Frage aber gerne weiter und bin an der Antwort genauso interessiert wie Sie .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Minister, da an der wahrheitsgemäßen Auskunft, dass das heute nicht im Kabinett beraten worden ist, ja kein Zweifel besteht, muss ich nur darauf aufmerksam machen, dass die Möglichkeit besteht, diese Frage, ob und welche Planungen sie insofern hat, nachher an die Bundesregierung zu richten, was die Wahrscheinlichkeit nahelegt, dass dann doch ein anderes Mitglied auf der Regierungsbank diese Frage beantworten müsste . Das könnten wir auch gleich haben, falls jemand dazu bereit ist und sich in der Lage sieht, eine Auskunft zu geben . Das sieht so aus . Wie schön! Danke . - Herr Staatssekretär Lange . ({0}) - Bleiben Sie aber einmal stehen, weil es ja gut sein könnte, dass es noch weitere Fragen gibt . ({1})

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Ich kann die Antwort von Herrn Bundesminister Gabriel nur bestätigen, dass wir im Augenblick dabei sind, den Referentenentwurf zu erstellen, und zwar so schnell wie möglich . Herr Bundesminister Maas hat erklärt, dass er dies im Monat Oktober finalisieren möchte, und daran arbeiten wir . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ja .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich hatte danach gefragt, in welcher Kabinettssitzung der Gesetzentwurf nach Planung der Bundesregierung beschlossen werden soll, Herr Lange .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben, weil nach dem Referentenentwurf traditionell die Ressortabstimmung stattfindet, und wenn die Ressortabstimmung erfolgreich abgeschlossen worden ist, dann wird es - da bin ich mir sicher - auch im Kabinett aufgesetzt werden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

So ähnlich haben wir uns das gedacht . ({0}) Jetzt gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung . Zunächst Herr Kollege Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, die Erweiterung des Unterhaltsvorschussgesetzes als ein wirksames Instrument gegen Kinderarmut, das hat sich inzwischen ja bis in die Regierungskreise herumgesprochen . Sie selbst haben im Sommer die Entfristung der Zahlungen und die Anhebung der Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre gefordert . Familienministerin Schwesig erhebt die gleichen Forderungen, weite Teile des Familienausschusses teilen diese Auffassung, und nach meiner Kenntnis ist das auch Beschlusslage in der SPD-Fraktion und in Ihrer Partei . Deswegen meine Frage: War das Thema „Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes“ heute Thema in der Kabinettssitzung, und ist mit einem entsprechenden Gesetzentwurf noch in diesem Jahr zu rechnen, um auch die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Antwort zum ersten Teil der Frage: Auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung stand das heute nicht . Antwort zum zweiten Teil der Frage: Ich gehe davon aus, dass die Kollegin Schwesig einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet, der dann aber in das gleiche Verfahren geht, wie eben bereits besprochen, nämlich in die Ressortabstimmung . Wenn wir uns dort einig sind, dann wird es auch das Kabinett und danach das Parlament erreichen . Ich halte eine Änderung - das ist meine persönliche Auffassung - für zwingend erforderlich.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich habe in der vergangenen Woche gelesen, dass Sie zu Protesten gegen die USA und Russland aufrufen und dass Sie angesichts des Kriegs in Syrien einen Aufschrei fordern. Das finde ich richtig. Ob man nun da die USA und Russland in einem Atemzug nennen und auf der gleichen Ebene sehen sollte, sei einmal dahingestellt . Aber grundsätzlich ist der Aufruf richtig . Sie waren zwei Tage vorher bei Herrn Putin in Russland . Da habe ich diesen Aufschrei von Ihnen so nicht wahrgenommen . Vielleicht habe ich ihn auch nicht mitbekommen . Aber in diesem Zusammenhang interessiert mich konkret: Denken Sie, auch angesichts Ihrer eigenen Äußerungen und der Entwicklungen globaler Art, darüber nach, Ihre positive Einstellung zu Nord Stream 2 und Ihre Haltung, dass die Sanktionen gegenüber Russland eigentlich aufgehoben werden sollten - so habe ich Sie bisher immer verstanden -, zu ändern, sich also gegen Nord Stream 2 und für die Beibehaltung der Sanktionen auszusprechen?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Erstens . Ich habe gesagt, dass ich mich wundere, dass zu Themen wie CETA Hunderttausende auf die Straßen gehen, aber gegen die Tötung von vielen Tausend Menschen in Syrien in ganz Europa niemand . ({0}) Zweitens . Ich habe gesagt, dass ich mich selbst frage, warum diejenigen, die aus meiner Generation in der Friedensbewegung aktiv gewesen sind, da so wenig machen, und dass ich relativ sicher bin, dass es, wären die Hauptverantwortlichen für den Krieg in Syrien die Vereinigten Staaten, diese Demonstrationen längst gäbe . Drittens . Ich habe gesagt: Es gibt nur zwei Länder, die helfen können, diesen Krieg zu beenden . Das sind die USA und Russland . Genau an sie muss man appellieren . Viertens . Genau darüber und auch über die katastrophalen Folgen in der deutschen Öffentlichkeit im Verhältnis zu Russland habe ich sehr wohl mit dem russischen Präsidenten gesprochen . Fünftens . Ich glaube, dass Deutschland in der Frage von wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechtsinteressen nie so tun darf, als ob wir nur eines von beiden verfolgen würden . Es nutzt überhaupt nichts, darüber hinwegzutäuschen, dass wir ein Land sind, das mit Staaten weltweit wirtschaftliche Beziehungen pflegt, zum Beispiel mit China, wo die Menschenrechtslage vermutlich noch deutlich schlechter ist als in Russland, und dass wir immer einen doppelten Dialog führen müssen: den über wirtschaftliche Beziehungen und den über Frieden, Abrüstung und Menschenrechte . ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Schade, dass Sie Ihre Position nach dem Russlandbesuch nicht laut und vernehmlich artikuliert haben . ({0}) Aber das kann ja jeder für sich beurteilen . - Wenn sich der Ministerrat am 18. Oktober treffen soll und bis zum Ausschuss der Ständigen Vertreter am 12 . Oktober dieses Jahres alle vermeintlichen Klarstellungen zu CETA vorliegen sollen: Wieso liegen dann dem Deutschen Bundestag bis heute, 14 Tage vor Abschluss, keine Entwürfe über Beschlüsse oder Klarstellungen vor? Oder plant die Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag dahin gehend nichts vorzulegen? Ich frage das vor dem Hintergrund, dass hier in der letzten Woche in der CETA-Debatte das Thema einer dringend notwendigen Klarstellung einen so breiten Raum eingenommen hat, dass der Tenor war: Entweder ist CETA abzulehnen oder nur mit Klarstellungen und Präzisierungen anzunehmen . Daher gehe ich davon aus, dass Sie das dem Deutschen Bundestag noch vorlegen wollen . Aber wir haben bis dahin gar keine Sitzung mehr .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Erstens . Frau Kollegin, ich habe meine Position genauso laut geäußert wie hier . Das ist übrigens auch in Zeitungen nachzulesen . Insofern bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass ich diesen Vorwurf nicht akzeptieren kann . Wenn man allerdings gar nicht hinfährt, dann kann man den Beteiligten auch nichts sagen . ({0}) Zweitens . Hier vor der entscheidenden Abstimmung, die in einem Sonderhandelsministerrat am 18 . Oktober stattfinden soll, etwas vorzulegen, ist Aufgabe der Europäischen Kommission . Das hat die Handelskommissarin der EU zugesagt, und zwar rechtlich verbindlich, da das Abkommen mit Kanada ausgehandelt wurde . Es spricht überhaupt nichts dagegen, das Ergebnis dessen, was die Kommission uns gegenüber, den Handelsministern, vorlegt, dem Bundestag zuzuleiten . Ich wüsste nicht, was dagegen spräche .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Im Gegenteil, Herr Minister: Die Bundesregierung ist verpflichtet, das zu tun.

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Dann werden wir das natürlich machen, weil wir uns ja an Recht und Gesetz halten . ({0}) - Ich habe doch gerade gesagt, dass die Europäische Kommission diejenige ist, die das machen muss . Ich kann keine rechtsverbindlichen Abkommen mit Kanada schließen, weil es ein Abkommen mit der EU ist . Übrigens: 26 Mitgliedstaaten der Europäischen Union finden dieses Abkommen super . Ich möchte dazu raten, in der öffentlichen Debatte ein bisschen aufzupassen, nicht auch in der Handelspolitik den Eindruck zu vermitteln, wir Deutschen wollten allein bestimmen, was in Europa passiert . ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Dröge .

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Gabriel, Ihrer Antwort auf die Frage von Frau Haßelmann entnehme ich, dass die deutsche Bundesregierung nicht vorhat, der Europäischen Kommission eigene Vorschläge zu übermitteln, wie das Ganze ausgestaltet werden könnte . Denn diese könnten Sie ja dem Deutschen Bundestag zur Verfügung stellen . Oder spricht etwas inhaltlich dagegen, uns eigene konkrete Textvorschläge vorzulegen? Heute im Wirtschaftsausschuss konnte man mir noch nicht einmal klar erläutern, welche Rechtsnatur diese Protokollerklärungen haben sollen . Auch das blieb im Nebulösen . Auch das sollte den Deutschen Bundestag doch interessieren . Ich frage Sie deshalb noch einmal konkret: Haben Sie in Bratislava vorgeschlagen, die Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem Vertrag auszunehmen? Herr Machnig schien das heute Morgen im Wirtschaftsausschuss anders zu sehen. In der Öffentlichkeit wurde aber suggeriert, dass es die Position des Wirtschaftsministers sei, dass man das tun sollte . Das hat der SPD-Konvent auch beschlossen . Die zweite Frage bezieht sich auf TTIP . Denn Sie haben in der Haushaltsdebatte gesagt: Sie fordern einen Neustart der Verhandlungen, oder TTIP ist gescheitert . Ich entnehme jetzt den Berichten: Sie haben zugestimmt, dass die Verhandlungen unverändert fortgesetzt werden . Sie haben sich nicht dem Vorschlag der Franzosen angeschlossen, den Abbruch der Verhandlungen zu fordern, und Sie haben sich auch nicht dafür ausgesprochen, ein neues Verhandlungsmandat zu fordern . Was haben Sie denn überhaupt getan, um die TTIP-Verhandlungen in irgendeiner Art und Weise zu verändern?

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Erstens, Frau Kollegin Dröge: Wir haben selbstverständlich der Kommission Vorschläge übermittelt . ({0}) - Die kennen Sie, wenn Sie den Vorschlag der kanadischen Handelsministerin und meinen gelesen haben . Der ist schriftlich niedergelegt; den haben wir übermittelt . ({1}) - Wenn Sie mich bei der Antwort unterbrechen: Es gibt Menschen, die können zuhören und reden . Ich kann immer nur eins von beiden . ({2}) - Ich bewundere Sie auch in dieser Fähigkeit . Ich versuche nur, Ihre Frage zu beantworten . - Wir haben also Vorschläge übermittelt . Zweitens ist es so, dass nicht ich, sondern die Kommission diese Vorschläge vorlegen muss . Sie müssen dann eben bewerten, ob Ihnen das ausreicht oder nicht . Nochmals: Ich rate dringend davon ab, zu glauben, Deutschland könne sich in Europa mal eben über 26 andere Mitgliedstaaten hinwegsetzen . Außer in Österreich gibt es eine solche kritische Debatte über CETA nicht . Wir werden sehen, was die Kommission vorlegt . Ich bin sehr optimistisch . Zu TTIP, Frau Kollegin Dröge, gab es überhaupt keinen Antrag, die Verhandlungen abzubrechen, auch nicht von Frankreich . ({3}) - Nein, das gab es nicht; glauben Sie mir . Und es ist auch nicht abgestimmt worden . Frau Kollegin, das war ein informeller Handelsministerrat . Der kann gar keine Beschlüsse fassen - um einmal damit anzufangen . Es gab auch keinen Antrag dazu . Im Übrigen liegt das auch nicht in der Kompetenz des Handelsministerrats; vielmehr gibt es einen Mandatsauftrag der Europäischen Kommission . Die Europäische Kommission ist bekanntermaßen anderer Auffassung. Sie will im Oktober eine weitere Verhandlungsrunde durchführen . Ich glaube, dass das Ziel, in diesem Jahr ein gutes Abkommen zu verabschieden, nicht erreichbar ist . Ob es überhaupt zur Fortsetzung dieser Verhandlungen kommt, hängt vom Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahlen ab. Meine persönliche Auffassung ist: Ohne ein neues Mandat wird ein Neustart nicht gelingen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Hajduk .

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich habe eine Nachfrage zu den sinnvollen Vorbereitungen, die jetzt auf der europäischen Ebene zu treffen sind, wenn es, wie Sie gerade gesagt haben, Ihre Überzeugung ist, dass man bei TTIP jetzt so nicht zum Abschluss kommen wird . Ich möchte Sie auch fragen, inwiefern Sie bei dieser informellen Runde, die Sie gerade erwähnt haben, die Chance ergriffen haben oder wenn nicht, warum Sie sie ausgelassen haben -, im Kreis der Minister zu erörtern, was gegebenenfalls für einen erfolgreicheren Neustart sinnvoll und notwendig wäre . Ich glaube, wenn man eine so tiefe Überzeugung hat wie Sie, dass TTIP so nichts werden kann, wie Sie auch die Öffentlichkeit wissen lassen, dann ist Ihr Interesse an dem Thema groß genug, um jetzt schon Ihre alternativen Ideen einzubringen . Deswegen bitte ich Sie, in diesem Sinne Stellung zu nehmen, was Sie für einen erfolgreichen Neustart wichtig finden und wie Sie dem Ausdruck gegeben haben bzw . beabsichtigen, dem demnächst Ausdruck zu geben .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Wir haben natürlich darüber diskutiert, und die Antwort ist ganz einfach: Den Standard von CETA zu erreichen, wäre klasse . Das ist der Standard, den wir für die USA brauchen . Das ist das, was die USA ablehnen, mehr noch: Sie haben versucht, Kanada massiv unter Druck zu setzen, dieses Abkommen nicht so zu schließen, wie wir es jetzt mit ihnen verhandeln und verhandelt haben . Daran können Sie erkennen, dass CETA ein Schutz vor einem schlechten TTIP ist . Wenn Sie wissen wollen, was in TTIP stehen müsste, dann lesen Sie CETA . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich lasse noch zwei Fragen vom Kollegen Beck und Frau Haßelmann zu . Ich möchte damit die Regierungsbefragung abschließen .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Zu einem anderen Thema, zu dem Sie durchaus einen Bezug haben, Herr Minister . Ich möchte wissen, was der Stand der Vorbereitung eines eventuellen Besuchs des iranischen Staatspräsidenten Rohani in Berlin ist und wann ein solcher Besuch möglicherweise geplant ist .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Ich weiß, dass es Gespräche zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Amt des iranischen Staatspräsidenten gibt . Wenn ich aber richtig informiert bin, gibt es dafür bislang keinen konkreten Termin .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Herr Präsident . - Herr Minister, ich möchte gern auf die Frage von Frau Dröge zurückkommen . Sie haben auf das gemeinsame Papier von Frau Freeland und Bundeswirtschaftsministerium hingewiesen . In dem Dokument, das uns vorliegt, sind die Klarstellungen, die Sie angesprochen haben, nicht enthalten . Vielleicht kennen wir das Dokument, über das Sie sprechen, nicht . Deshalb bitte ich Sie, uns das zur Verfügung zu stellen . Das, was im Wirtschaftsausschuss vorlag, enthält jedenfalls die nun angeführten Punkte nicht .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Natürlich können Sie das bekommen .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr schön .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Das steht, glaube ich, im Internet . Das sind die Punkte, die Frau Freeland und ich verabredet haben . ({0})

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da ist das nicht drin .

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Ich weiß, dass es schöner ist, zu reden als zuzuhören . Das geht mir genauso .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann haben wir ein doppeltes Einvernehmen . Uns geht es gelegentlich wechselseitig so . Die Dokumente sind verfügbar . Auf welchem Weg, stellen wir noch fest, sie werden jedenfalls zugänglich gemacht . Damit beende ich die Regierungsbefragung . Vielen Dank, Herr Minister . Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/9730 Ich werde die eingereichten Fragen in der Ihnen bekannten Reihenfolge der Ressorts aufrufen . Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Für die Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold zur Verfügung . Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Peter Meiwald auf: Welche umweltpolitischen Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den zu hohen Nitratbelastungen des Grundwassers in Deutschland, und wie gedenkt die Bundesregierung die Klage der Europäischen Kommission gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Gewässerverunreinigung durch Nitrat abzuwenden? Bitte, Herr Staatssekretär .

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Lieber Kollege Meiwald, ein wesentlicher Schritt hin zu einer Reduzierung der Nitratbelastung ist die Anpassung des Aktionsprogramms an die Nitratrichtlinie der EU . Wesentlich für die Umsetzung des Aktionsprogramms ist die Düngeverordnung, die in nationales Recht umgesetzt werden soll . Derzeit wird die Düngeverordnung umfassend überarbeitet . Durch die vorgesehenen Änderungen wird ein Rückgang der Nitratbelastung des Grundwassers erwartet . Die Düngeverordnung muss einer Strategischen Umweltprüfung unterzogen werden . Das federführende Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat den Umweltbericht zur Novelle betreffend die Düngeverordnung in dieser Woche veröffentlicht. Der Umweltbericht und der Verordnungsentwurf liegen einen Monat lang öffentlich aus. Danach können andere betroffene Behörden und die betroffene Öffentlichkeit noch einen Monat Stellung nehmen . Im Anschluss werden die übermittelten Stellungnahmen geprüft und gegebenenfalls erforderliche Änderungen am Entwurf der Novelle vorgenommen . Die Europäische Kommission hat bereits entschieden, vor dem Europäischen Gerichtshof Klage zu erheben . Die Klageschrift liegt uns allerdings noch nicht vor .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege Meiwald .

Peter Meiwald (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004351, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . Vielen Dank, Herr Staatssekretär . - Sie selber haben gerade Bezug auf die Klage der Europäischen Kommission genommen . Meine Rückfrage lautet dahin gehend: Ruht das Verfahren nach Ihrer Einschätzung so lange, bis das von Ihnen skizzierte Verfahren in den nächsten zwei oder drei Monaten in Deutschland zum Abschluss gekommen ist, oder treibt die EU-Kommission auch in dieser Zeit ihr Verfahren voran?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Da uns die Klageschrift noch nicht vorliegt, ist es mir zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer möglich, eine Einschätzung abzugeben . Sobald wir weitere Erkenntnisse haben, kann ich diese gerne mitteilen . Wir bemühen uns schon seit längerem, die Düngeverordnung zügig umzusetzen . ({0}) Wir sind jetzt in einem Stadium, wo es Licht am Ende des Tunnels gibt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ihre zweite Zusatzfrage .

Peter Meiwald (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004351, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Ich habe noch eine Zusatzfrage, die sich nicht auf die Düngeverordnung und das entsprechende Verfahren, das wir schon eine gewisse Zeit verfolgen, bezieht . Es gibt andere Hebel, die man ansetzen kann, wenn es um Überdüngung und Nitratbelastung des Grundwassers geht . Einen haben Sie in Ihrem Haus schon benannt . Dabei geht es um eine Veränderung der Privilegierung von Stallbauten im Baugesetzbuch . Sehen Sie sich angesichts der aktuellen, dramatischen Entwicklung der Nitratbelastung motiviert, das Verfahren schneller voranzutreiben? Haben Sie schon einen Zeitplan, aus dem hervorgeht, wie es mit einer Novelle zum Baugesetzbuch betreffend die Stallbauten vorangeht?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Wie ich in der letzten Fragestunde vor exakt einer Woche dazu geantwortet habe, ist es so, dass wir demnächst einen Entwurf vorlegen und der in die Ressortabstimmung geht . Dann gilt das, was auch für die vorher beantwortete Frage gilt . Sobald er ressortabgestimmt ist, kann der Entwurf ins Kabinett gehen . Ich kann nur unterstreichen: Angesichts der Grundwasserbelastung, die wir haben, und im Wissen, wie lange es dauert, bis sich solche Belastungen zurückentwickeln, ist dringende Eile geboten .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Lemke, bitte .

Steffi Lemke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002720, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, dem leichten Lächeln auf Ihren Lippen während Ihrer Ausführungen beim Benutzen der Worte „zügig“ und „Eile geboten“ entnehme ich, dass Sie selber die Situation nicht so beurteilen, dass es wirklich um Eile ging . Wir haben seit, ich glaube, zwei Jahren die Ankündigung, dass die Novelle der Düngeverordnung demnächst dem Parlament vorgelegt werden soll . Mein letzter Stand nach der Information im Umweltausschuss war, dass September jetzt wirklich die absolute Deadline zur Vorlage der Novelle sein soll. „Zügig“ ist da definitiv nicht die richtige Beschreibung . Der ganze Vorgang ist verschleppt und verzögert worden . Das Landwirtschaftsministerium hat blockiert, dass wir endlich zu einer Novelle kommen . Die Probleme sind währenddessen aber noch größer geworden . Eine Anfrage der Kollegin Höhn hat erst kürzlich ergeben, wie gravierend die Verschmutzung von Grundwasserkörpern ist und wie hoch die Nitratbelastung bereits vorangeschritten ist, während die Bundesregierung tatenlos verharrt hat . Das wollte ich noch zur Korrektur Ihrer Aussagen hier anfügen . Außerdem wollte ich konkret nachfragen: Für den Fall, dass die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland fortsetzt und weiter gegen die Bundesregierung vorgeht: Haben Sie Szenarien errechnet, welche Konsequenzen das auch in monetärer Form haben kann? Das heißt: Was wird es die deutschen Steuerzahler im Zweifelsfall kosten, dass dort nicht hinreichend schnell gehandelt worden ist, wenn die Klage von der Europäischen Kommission vorangetrieben werden wird?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Sehr geehrte Frau Kollegin, ich finde es spannend, wie Sie meine Körpersprache deuten . Wir arbeiten nun seit 2013 gemeinsam an der Umsetzung; federführend ist das Landwirtschaftsministerium . Es ist tatsächlich so, dass sich viele mehr Eile gewünscht haben, aber manchmal dauern Abstimmungsprozesse länger. Ich finde, das Ergebnis, das jetzt vorliegt, rechtfertigt, dass wir uns die Zeit genommen haben . Ich glaube, dass es zu wesentlichen Verbesserungen des Grundwasserschutzes durch diese Novellierung der Düngeverordnung in Zukunft kommen wird . Zum zweiten Punkt . Ich kann das derzeit nicht abschätzen . In meinen Unterlagen steht, dass die Bundesregierung nicht davon ausgeht, dass es zu Strafzahlungen kommen wird . Aber ich bin heute - das bitte ich zu verzeihen - ein bisschen beim Sehen gehandicapt und kann deswegen meine Vorlage nur aus dem Kopf wiedergeben . Ich werde das schriftlich nachreichen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann rufe ich jetzt die Frage 2 des Kollegen Meiwald auf: Welche umweltpolitischen Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Initiative Frankreichs, bis zum Jahr 2020 Plastikbesteck, -teller und -becher verbieten zu wollen, und plant die Bundesregierung gesetzliche Initiativen in diese Richtung?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Ausgangspunkt Ihrer Frage war die Ankündigung in Frankreich, die den Eindruck erweckt hat, dass man Einwegteller und Einwegbecher in Frankreich verbietet . Nach unserem Kenntnisstand ist es so, dass in Frankreich die angesprochenen Einwegteller und Einwegbecher, welche unter den Anwendungsbereich der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle der EU fallen, von der Reglung ausgenommen sind und deswegen nicht, wie das öffentlich wahrgenommen worden ist, mit einem Verbot belegt werden können . Damit sind Einwegteller und -becher der sogenannten Schnellgastronomie vom vorgesehenen Verbot in Frankreich auch nicht betroffen. Deswegen ist es nicht möglich, eine vergleichbare Regelung, die es in Frankreich auch gar nicht gibt, auf Deutschland zu übertragen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Peter Meiwald (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004351, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Deutschland ist erwiesenermaßen trotzdem Verpackungseuropameister, was die absoluten Mengen an Verpackungsmaterial angeht . Auch wenn es in Frankreich weiterhin kein umfassendes Verbot gibt, müssen wir uns trotzdem die Frage stellen, was wir in Deutschland tun können, um insbesondere diese Form von Einwegverpackungen, gerade aus der Convenienceindustrie, zu reduzieren . Haben Sie im Moment konkrete Vorhaben, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden sollen?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Sie wissen, dass wir erstens an dem Verpackungsgesetz arbeiten, da auch in der Endphase sind und bald in die parlamentarischen Beratungen gehen . Das Zweite ist, dass wir gerade bei den Getränkeverpackungen - wie in vielen anderen Bereichen auch - feststellen, dass die Mehrwegquote stetig nach unten geht, und dass wir nun eine freiwillige Übereinkunft mit der Getränkewirtschaft getroffen haben, die auf eine bessere Kennzeichnung hinausläuft . Sie wissen, dass wir schon lange auch über eine verbesserte Kennzeichnung an den entsprechenden Regalen in den Supermärkten diskutiert haben, die in die gleiche Richtung zielt wie diese freiwillige Übereinkunft . Der Dreh- und Angelpunkt ist das Verbraucherverhalten . Da bedarf es auch weiterhin der Aufklärung und der Appelle, weil es ohne verändertes Verbraucherverhalten nicht gelingen wird, Einwegverpackungen wirksam zu reduzieren; denn es handelt sich um Verpackungen, die, wie ich vorher gesagt habe, der entsprechenden Richtlinie unterfallen, wodurch Verbote schwer durchsetzbar erscheinen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zweite Zusatzfrage .

Peter Meiwald (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004351, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn es darum geht, über Einsicht, aber auch über Reduzierung an der Quelle, also nicht nur über besseres Recycling zu arbeiten, dann ist das sicherlich etwas, wo es noch viel zu tun gibt . Die End-of-Pipe-Frage stellt sich aber auch . Heute ging über den Ticker, dass die Bundesregierung sich in Brüssel dafür einsetzt, die Recyclingquoten im EU-Kreislaufwirtschaftspaket zu reduzieren oder deutlich herunterzufahren . Wie verträgt sich diese Positionierung damit, oder ist das eine Falschmeldung?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Es tut mir leid, ich kann zu dieser Meldung nichts sagen, weil Sie sie eher gelesen haben als ich . Ich gehe dem jedoch gerne nach . Nach dem, was wir bisher gemacht haben, dass wir uns nämlich für die Erhöhung von Recyclingquoten eingesetzt haben, kann ich mir aber schlechterdings nicht vorstellen, dass es sich um eine richtige Meldung handelt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Frage 3 der Kollegin Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet . Ich rufe deswegen die Frage 4 der Kollegin Lemke zur Eisschmelze in der Arktis auf: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem diesjährigen Negativrekord der Arktisschmelze ({0})?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Die Arktisschmelze ist, glaube ich, in diesem Hause entsprechend bekannt . Die Entwicklungen sind dramatisch . Der Weltklimarat weist in seinem Fünften Sachstandsbericht ausführlich darauf hin . Es war ja auch die Frage, wie wir als Bundesrepublik Deutschland auf dieses Abschmelzen reagieren . Der zentrale Hebel ist natürlich das, was wir in Paris beschlossen haben . Wir haben letzte Woche in diesem Haus einstimmig die zügige Ratifikation des Übereinkommens von Paris beschlossen . Es geht jetzt um die ambitionierte Umsetzung. Das müssen wir in Angriff nehmen, und zwar nicht nur in Deutschland und in der EU, sondern auch weltweit . Mitverantwortlich für das starke Abschmelzen des Eises in der Arktis sind auch die Schadstoffe, die sich in der Luft befinden. Sie wissen, dass es auch hier insbesondere um die Frage der Rußpartikel geht . Insbesondere wird durch die dunkle Farbe auf dem hellen Eis eine noch stärkere Wirkung hervorgerufen . Deutschland mindert bereits die Rußemissionen aus allen relevanten Quellen nach dem Stand der Technik mittels diverser Regelungen . Ich nenne nur die Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bezüglich Klein- und Großfeuerungsanlagen, die wir dazu gemacht haben, und die Förderung von Rußpartikelfiltern in den Kraftfahrzeugen . Worauf es jetzt ankommt, ist aber, dass wir international den Druck erhöhen, dass der Ruß im arktischen Raum, der insbesondere durch die Abfackelung von Erdgas dort hervorgerufen wird, drastisch reduziert wird .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Steffi Lemke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002720, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Herr Staatssekretär . Mir ging es mit meiner Frage durchaus um das nationale Handeln . Dass wir international die Anstrengungen zum Klimaschutz verstärken müssen, ist in Paris dokumentiert und beschlossen worden . Mir geht es jedoch darum, ob die Bundesregierung aus den Informationen über das Fortschreiten der Klimakatastrophe in Form von Arktisschmelze - ich hätte auch anführen können, dass 2015, das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, voraussichtlich von 2016 getoppt werden wird, wie wir auch anhand des Wetterberichts in diesem Jahr feststellen mussten -, die 2010 noch nicht vorgelegen haben, im Hinblick auf den Klimaschutzplan 2050 Schlussfolgerungen zieht, die Änderungen zur Folge haben, ob sie also weiter bei dem Erkenntnisstand von 2010 verharrt oder ob sie zur Kenntnis nimmt, dass sich die Welt seitdem weitergedreht und die Klimakatastrophe massiv verschärft hat .

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Wie Sie aus allen Debatten, die wir hier im Ausschuss und auf internationalen Konferenzen führen, wissen, handeln wir immer auf Basis der aktuellen Entwicklungen . Selbstverständlich wird der Klimaschutzplan, der sich auf das Jahr 2050 bezieht und der sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet, daraus Schlussfolgerungen ziehen. Aber er befindet sich noch, wie gesagt, in der Ressortabstimmung . Wir können über das Ergebnis reden, sobald die Ressortabstimmung erfolgt ist .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zweite Nachfrage .

Steffi Lemke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002720, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das stimmt mich nicht optimistisch, weil die Ressortabstimmung nach öffentlichen Berichten gegenwärtig ja eher in die andere Richtung driftet . Die Deutsche Umwelthilfe hat es als Katastrophe für den Klimaschutz beschrieben, was sich dort gerade abspielt: dass sich die Verbände aus Protest teilweise aus der Diskussion zurückziehen . Deshalb meine Frage: Müssen Sie denn nicht den Erkenntnisstand, wenn er im Umweltministerium hinreichend vorhanden ist, vielleicht innerhalb anderer Ressorts der Bundesregierung doch noch auf das aktuelle Niveau bringen?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Sie können davon ausgehen, dass der Kenntnisstand, der in der wissenschaftlichen Debatte insgesamt vorhanden und breit verankert ist, in allen Ressorts gleichermaßen vorliegt. Wir befinden uns derzeit in einer Abstimmung zwischen den Ressorts darüber - Sie wissen das -, wie wir den Klimaschutzplan 2050 ausgestalten werden . Ich kann dem Ergebnis nicht vorgreifen . Ich rate nur dazu, dass man darüber tatsächlich auf Basis von Ergebnissen und nicht auf der Basis von Befürchtung diskutiert .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Es gibt keine weiteren Wünsche nach Zusatzfragen hierzu . Ich rufe die Frage 5 der Abgeordneten Steffi Lemke auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Eintrag von Wattestäbchen mit Kunststoffträgern, Kosmetiktüchern und Ähnlichem aus unter anderem Kläranlagen in Oberflächengewässer und daraus resultierend in Uferlandschaften und Strände, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

In Deutschland ist es so, dass normalerweise gröbere, mit dem Abwasser angelieferte Stoffe in den Kläranlagen durch mechanische Vorbehandlung mithilfe von Rechensieben und Sand- und Fettfängen vollständig zurückgehalten werden . Es kann allerdings bei Starkregenereignissen passieren, dass es dazu kommt, dass - ich sage es jetzt einmal untechnisch - ungereinigtes Abwasser in den normalen Wasserkreislauf kommt . Das ist relativ selten; aber es kommt vor . Uns liegen Informationen über Art und Ausmaß solcher Einträge in das Oberflächengewässer nicht vor . Die Abwasserbeseitigung gehört - das wissen Sie - zu den Aufgaben der Länder und Kommunen . Das Problem ist nach unserem Kenntnisstand dort bekannt und muss von den Abwasserbeseitigungspflichtigen in Angriff genommen werden . Das heißt, es müssen auch bestehende Kläranlagen umgerüstet werden, damit diese mechanische Vorklärung auch bei Starkregenereignissen stattfinden kann .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Erste Zusatzfrage .

Steffi Lemke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002720, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bedauere, Herr Staatssekretär, dass im Bundesumweltministerium dazu keine Kenntnisse vorliegen . Ich halte es für notwendig, dass ein solcher Kenntnisstand herbeigeführt wird . Hintergrund meiner Frage ist, dass ich im Sommer selber auf mehreren Flüssen, an mehreren Oberflächengewässern zum Mülleinsammeln unterwegs gewesen bin und eine erschreckende Menge der beschriebenen Produkte - ich könnte Ihnen jetzt noch eine halbe Stunde lang weitere Produkte aufführen; ich habe mich in meiner Frage auf einige wenige konzentriert - festgestellt habe . Anscheinend sammelt sich über Kläranlagen und vermutlich auch auf anderen Wegen in Deutschland, in unseren Bundesländern massenhaft Plastikmüll an, der dann natürlich zumindest teilweise in die Meere gespült wird und dort zum Plastikstrudel beiträgt . Aber mir geht es jetzt um die nationale Verunreinigung . Ich glaube, dass das Bundesumweltministerium da nicht einfach nur auf die Länder verweisen kann, sondern sich dieser Problematik annehmen muss .

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Gut .

Steffi Lemke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002720, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich deute das „gut“ so: Sie werden einen Kenntnisstand herbeiführen und den Umweltausschuss unterrichten, sobald der Kenntnisstand vorliegt?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Wir können eine Abfrage bei den Ländern machen; da sehe ich überhaupt kein Problem . Wir sind allerdings auf die Daten der Länder angewiesen, und es geschieht ja öfter, dass die Auskünfte, die wir auf Bundesebene bei einer Länderbeteiligung erlangen, nicht immer ganz zufriedenstellend sind . Da verweise ich nur einmal auf den Bereich des sozialen Wohnungsbaus oder auf andere Dinge . Wir können dem gerne nachgehen . Ich halte das für ein relevantes Problem . Aber die bisherigen Erkenntnisse, die wir zu dem sogenannten Littering in Deutschland haben, sprechen nun nicht dafür, dass es von hier aus massenhaft Einträge von Plastikabfällen in die Flüsse bzw . später dann in die Meere gibt . Wir gehen dem jedoch nach, und wir erbitten von den zuständigen Ländern einen Bericht dazu, in welchem Umfang solche Einträge stattfinden und was aus ihrer Sicht da zu unternehmen ist. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Die Frage 6 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer wird schriftlich beantwortet . Die Fragen 7 und 8 des Kollegen Niema Movassat aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden ebenfalls schriftlich beantwortet . Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: Die Frage 9 der Kollegin Bärbel Höhn, die Frage 10 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl und die Frage 11 der Kollegin Heike Hänsel sollen auch schriftlich beantwortet werden . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts . Zur Beantwortung der Fragen steht der Staatsminister Michael Roth zur Verfügung . Die Frage 12 der Kollegin Heike Hänsel und die Frage 13 der Kollegin Sevim Dağdelen werden schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 14 der Kollegin Inge Höger auf: Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung in der „Offenen Arbeitsgruppe zu nuklearer Abrüstung“ auf UN-Ebene im August 2016 gegen die Aufnahme von Verhandlungen für ein internationales Kernwaffenverbot gestimmt ({0})? Bitte, Herr Staatsminister .

Not found (Gast)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin Höger, Sie haben dazu zwei Fragen gestellt . Ich will mit der Beantwortung der ersten Frage beginnen . Ein Vertrag, der die Ächtung oder das Verbot von Atomwaffen zum Ziel hat, ohne die Kernwaffenstaaten als die maßgeblichen Akteure und Verantwortlichen mit einzubinden, greift aus Sicht der Bundesregierung ins Leere . Deshalb drängt die Bundesregierung darauf, auch im Verbund mit ihren Partnern - es gibt eine sogenannte Nichtverbreitungs- und Abrüstungsinitiative, NPDI; der gehören wir an, und da arbeiten wir auch aktiv mit -, die Kernwaffenstaaten zu weiteren konkreten Abrüstungsschritten aufzufordern . Das ist zuletzt geschehen am 15. September 2016 bei einem Treffen dieser Gruppe von Staaten, der auch Deutschland angehört, und der sogenannten P-5-Staaten, also der Staaten, die selbst über Atomwaffenarsenale verfügen. Aus Sicht der Bundesregierung sollte die nächste nukleare Abrüstungsrunde zwischen den USA und Russland erfolgen . Sie alle müssen wissen, dass 90 Prozent der Atomwaffenarsenale in den Händen dieser beiden Staaten liegen . Es ist bedauerlich, dass Russland bislang eine Antwort auf den Vorschlag von Präsident Obama aus dem Jahr 2013 in Berlin schuldig geblieben ist, bei dem es um ein Angebot ging, zur weiteren Reduzierung bei den nuklearen Sprengköpfen beizutragen . Darüber hinaus leitet die Bundesregierung die Sorge, dass die Orientierung an einem Nuklearwaffenverbot zu einer Schwächung des Nichtverbreitungsvertrags, NVV, führt . Dieser ist bislang für uns der Eckpfeiler des geltenden völkerrechtlichen Regimes für Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung . Diesem NVV haben eben alle Staaten zugestimmt, bzw . es leisten dazu auch Staaten einen Beitrag, die über Atomwaffenarsenale verfügen. Auch dort ist das Ziel Global Zero, also eine Welt ohne Atomwaffen, schon festgelegt. Entscheidend ist aus Sicht der Bundesregierung, dass Maßnahmen und Schritte hin zu nuklearer Abrüstung im Kontext genau dieses Vertrages, des NVV, entwickelt und umgesetzt werden sollen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Staatsminister . - Sie wissen sicherlich auch, dass der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag zwar seit Jahrzehnten besteht und auch zum Ziel hat, alle Atomwaffen abzurüsten, dass aber die atomwaffenbesitzenden Staaten bisher zu keinerlei Schritten bereit sind . Auch die USA und NATO-Staaten sind dazu bisher nicht bereit. Deswegen finde ich es nicht richtig, Russland einseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben . Die letzten beiden NVV-Überprüfungskonferenzen sind fast gescheitert, weil die Staaten, die keine Atomwaffen besitzen, nicht länger bereit sind, abzuwarten . Genau deshalb haben sie diese Initiative gestartet . Ich frage mich da schon: Wieso können nicht beide Initiativen, wo sie doch das Ziel haben, Atomwaffen weltweit abzurüsten, nebeneinander bestehen?

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Frau Kollegin Höger, erst einmal kann ich Ihren Eindruck nur bestätigen . Ich selbst habe an der letzten Konferenz über eine Weiterentwicklung von NVV in New York teilgenommen . Ich kann mich an die zähen und, offen gestanden, auch enttäuschenden Debatten erinnern. Wir haben da versucht, mit ambitionierten Vorschlägen gemeinsam voranzukommen . Ich will aber noch einmal begründen, warum ich differenziere, auch zwischen Russland und den Vereinigten Staaten . In meiner ersten Antwort hatte ich schon darauf hingewiesen, dass es von Präsident Obama einen konkreten Vorschlag gibt . Er ist bislang von russischer Seite komplett unbeantwortet geblieben . Für uns bleibt das NVV-Regime immer noch die nachhaltigste und wirkmächtigste Chance, konkret zu einer Welt ohne Atomwaffen beizutragen. Denn genau das ist das Ziel, dem sich die Bundesregierung verpflichtet fühlt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage . http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/ http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Wie ist das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen damit vereinbar, dass im Moment Atomwaffen modernisiert und aufgerüstet werden? Das gilt auch für die Atomwaffen, die in Büchel, also in Deutschland lagern . Das unterstützt die Bundesregierung ja .

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Liebe Frau Kollegin Höger, ich würde Ihnen gerne einige konkrete Schritte benennen, die einen spürbaren Beitrag leisten könnten . Ein wichtiges Instrument ist beispielsweise das Verbot von Atomtests . Trotz breiter Unterstützung ist der Atomteststoppvertrag, Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty, CTBT - ich kann Ihnen das leider nicht ersparen -, immer noch nicht in Kraft getreten . Aber immerhin: Es gibt bislang schon ein weltumspannendes technisches Netzwerk . Es ist aufgebaut und ist im Einsatz . Dessen Messeinrichtungen sind in der Lage, weltweit jeden militärisch relevanten Atomtest zu erfassen, so zum Beispiel auch den jüngsten nordkoreanischen Atomwaffentest am 9 . September 2016 . Weitere effektive Schritte wären die Aufnahme von Verhandlungen über ein Verbot der Produktion von atomwaffenfähigem Material sowie die Stärkung der sogenannten negativen Sicherheitsgarantie für Nichtkernwaffenstaaten. Das waren einige Beispiele, die illustrieren sollen, dass wir nicht tatenlos sind, sondern dass wir schon konkrete Schritte erwarten . Bei deren Realisierung gibt es aber sehr viele Schwierigkeiten, die Sie ja auch geschildert haben .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen zur Frage 15 der Kollegin Höger: Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, dass die internationale Ächtung von Atomwaffen den Druck auf die Atommächte erhöhen würde, nuklear abzurüsten ({0})? Bitte, Herr Staatsminister .

Not found (Gast)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin Höger, auch das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen: Da die zweite Frage in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der ersten Frage steht, überschneidet sich die Antwort ein klein wenig, aber ich möchte Ihnen so ausführlich wie irgend möglich antworten . Noch einmal: Die Bundesregierung bleibt dem Ziel verpflichtet, zu einer Welt ohne Atomwaffen beizutragen . Dieses Ziel ergibt sich auch aus Artikel VI des sogenannten Nichtverbreitungsvertrages, auf den ich schon mehrfach zu sprechen gekommen bin . Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung - auch hier sind wir völlig einer Meinung - sind dringend erforderlich . Deshalb haben wir uns auch intensiv an den Verhandlungen der offenen Arbeitsgruppe, OEWG, wo diese Debatten ja auch stattgefunden haben, beteiligt . Unser Ansatz, den wir schon seit Jahren vertreten, ist bekannt . Wir sind für einen schrittweisen und vor allem auch pragmatischen Ansatz hin zu einer Welt ohne Atomwaffen. Für einen solchen Ansatz haben wir uns auch im Rahmen der OEWG-Verhandlungen eingesetzt . Noch einmal - das ist für mich, für uns, für die Bundesregierung der wichtigste Punkt -: Verhandlungen über ein Kernwaffenverbot und über einen Antrag, ohne dass die Staaten eingebunden sind, die selbst über Kernwaffen verfügen, sind aus Sicht der Bundesregierung nicht zielführend . Grund sind vor allem auch - darauf haben Sie mich auch schon angesprochen - unsere Verpflichtungen als NATO-Bündnispartner, die nukleare Teilhabe einschließen, aber natürlich auch deutsche Sicherheitsinteressen . Zudem - auch das hatte ich bereits erwähnt - wird von vielen Seiten das Risiko einer Schwächung des Nichtverbreitungsvertrags gesehen, falls ein Nuklearwaffenverbot ohne Einbeziehung der Nuklearwaffenstaaten erfolgt. Denn - das will ich noch einmal unterstreichen - Global Zero ist auch das Ziel des NVV . In der Schlussphase der Verhandlungen der OEWG traten dann Empfehlungen hin zu einem sofortigen Verbot von Atomwaffen in den Vordergrund, und die Bundesregierung hat daher - ganz auf ihrer Linie, einen schrittweisen Ansatz zu verfolgen - gegen den Abschlussbericht der OEWG gestimmt . Ein sofortiges Verbot von Atomwaffen wäre zudem mit Deutschlands Verpflichtungen im NATO-Bündnis, zu denen die Bundesregierung uneingeschränkt steht, unvereinbar . Wir haben aber, weil das komplex und auch begründungswürdig ist, unseren Standpunkt in einer nationalen Stimmerklärung zum OEWG-Abschlussbericht erläutert . Ich kann Ihnen den bei Bedarf gerne zukommen lassen, Frau Höger .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank für die Antwort . Gerne würde ich das Angebot annehmen, mir diese Stellungnahme zukommen zu lassen . Sie verweisen ja immer auf die anderen atomwaffenbesitzenden Staaten . Da stellt sich die Frage: Inwieweit hat sich die Bundesregierung mit ihren NATO-Partnern bezüglich des Abstimmungsverhaltens abgestimmt, warum haben die anderen atomwaffenbesitzenden Staaten nicht auch an dieser offenen Arbeitsgruppe teilgenommen, und warum haben Sie nicht in der Richtung Druck auf die Partner ausgeübt und gesagt, wir müssen da endlich einen Schritt weiterkommen? Es gibt ja auch aus der letzten Legislaturperiode einen Antrag hier aus dem Bundestag, in dem alle Fraktionen im Deutschen Bundestag zumindest den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland gefordert haben .

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Ich kann Ihnen noch einmal versichern, Frau Kollegin Höger, dass die Bundesregierung alles in ihren Möglichkeiten Stehende tut, um dem Beschluss des Deutschen Bundestages entsprechend Rechnung zu tragen . Ich habe in meinen vorhergehenden Antworten erläutert, wo die Schwierigkeiten konkret liegen . Wir stehen natürlich mit den Staaten, die über Atomwaffen verfügen, in einem engen Gespräch . Ich hatte die Gespräche mit den sogenannten P 5, die jetzt im September in New York stattfanden, schon erwähnt . Leider ist dort nicht die Bewegung erkennbar, die wir brauchen . Ich darf auch daran erinnern, wie die Verhandlungen im vergangenen Jahr in New York über eine Weiterentwicklung des NVV gelaufen sind . Daran wird deutlich, dass wir derzeit in einer ausgesprochen schwierigen Phase sind .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Die beiden letzten Überprüfungskonferenzen in New York sind im Grunde an der starren Haltung der atomwaffenbesitzenden Staaten gescheitert . Deshalb sind ja die Nichtatomwaffenstaaten so ungeduldig und haben den anderen Prozess angestoßen . Es gibt aus der vorletzten Überprüfungskonferenz zum Beispiel den Beschluss zur Einrichtung einer Konferenz, um Verhandlungen über eine atomwaffenfreie Zone in Nahost zu führen. Auch da gibt es kein Vorankommen . Inwieweit sehen Sie da einen Zusammenhang?

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Frau Kollegin Höger, ich bleibe dabei: Für uns ist der Nichtverbreitungsvertrag die wesentliche Grundlage . Er bietet die einzige Chance, die wir überhaupt haben - völkerrechtlich gesehen -, auf die Staaten Einfluss zu nehmen, die über Atomwaffen verfügen, weil sie sich eben auf das verpflichtet haben, was Bestandteil des NVV ist. Ansonsten engagieren wir uns in vielerlei Formaten und Gesprächen, auf die ich auch schon eingegangen bin, um Ihrem, unserem gemeinsamen Ziel näherzukommen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen damit zur Frage 16 der Kollegin Christine Buchholz . Es geht um eine mögliche Konvention zur Ächtung von Atomwaffen.

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Frau Kollegin Buchholz, Ihre Fragen schließen unmittelbar an die Fragen von Frau Höger an . Ihre erste Frage kann ich ganz kurz beantworten: Die Bundesregierung pflegt hervorragende bilaterale Beziehungen sowohl zu Österreich als auch zu Mexiko . Wenn wir unterschiedliche Auffassungen - beispielsweise zur Frage eines möglichen Kernwaffenverbots - haben, beeinträchtigt das in keiner Weise unsere sehr guten Beziehungen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Herr Staatsminister, nur der guten Ordnung halber: War das jetzt die Antwort auf Frage 16 oder Frage 17?

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Das war die Antwort auf Frage 16 . ({0}) - Also, bei mir lautet - entschuldigen Sie! - die Frage 16: Inwieweit beeinträchtigt die Frage des Kernwaffenverbots die bilateralen Beziehungen der Bundesregierung zu Österreich und Mexiko . . .? ({1})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Bei mir in der Drucksache ist das die Frage 17; aber dann haben wir das schon einmal geklärt .

Not found (Gast)

Oh, dann bitte ich um Nachsicht .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das ist gar kein Problem . Dann rufe ich jetzt die Frage 17 der Kollegin Buchholz auf: Inwieweit beeinträchtigt die Frage des Kernwaffenverbotes die bilateralen Beziehungen der Bundesregierung zu Österreich und Mexiko, die in der „Open-ended Working Group on Nuclear Disarmament“ auf UN-Ebene Verhandlungen für ein solches Verbot fordern ({0})? Die Kollegin Buchholz stellt jetzt ihre Nachfragen zu dieser Antwort . Und dann gehen wir noch einmal zurück zu Frage 16 .

Not found (Gast)

Okay, prima .

Christine Buchholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004022, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Dann stelle ich an der Stelle nur eine kurze Nachfrage, um die Verwirrung hier nicht noch weiter anzuheizen . Wenn man bei einer derart grundlegenden Frage eine unterschiedliche Position vertritt, stellt sich natürlich ganz konkret die Frage: Wie kann man da als Bündnispartner gemeinsam agieren? Das würde ich von Ihnen gerne noch einmal ausgeführt haben. Ich finde, das, was Sie geantwortet haben, ist nicht nachvollziehbar, weil ja Österreich und Mexiko die Debatte über das Kernwaffenverbot auf UN-Ebene vorangebracht haben und von daher eine andere Zielrichtung als die Bundesregierung vertreten .

Not found (Gast)

Wir sind darüber, Frau Kollegin Buchholz, ja in engen Gesprächen mit den Partnern - nicht nur mit Österreich und Mexiko, sondern auch mit anderen -, weil uns natürlich schon die Frage umtreibt: Was wird aus dem NVV? Wir versuchen, die Partner da natürlich auch zu sensibilisieren . Es ist so, dass wir im Ziel übereinstimmen, dass es aber auf dem Weg dahin ein paar unterschiedliche AufStaatsminister Michael Roth http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/ http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/ fassungen gibt . Zum einen vertreten wir einen eher pragmatischen, schrittweisen Ansatz . Das ist nicht neu . Die Bundesregierung vertritt ihn seit vielen Jahren . Der zweite Aspekt ist, dass wir unter keinen Umständen wollen, dass das, was wir in den Händen halten, nämlich der Nichtverbreitungsvertrag, in irgendeiner Weise geschwächt wird . Unsere Partner können unsere Argumente - so habe ich zumindest das immer verstanden - durchaus nachvollziehen. Wir reden auch sehr vertraulich, sehr offen, sehr freundschaftlich und konstruktiv darüber . Also machen Sie sich keine Sorgen um die Beziehungen zu Österreich und Mexiko .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gut . - Ich habe es so verstanden, dass Sie auf die zweite Nachfrage verzichten .

Christine Buchholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004022, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Dann gehen wir zurück zur Frage 16 der Kollegin Buchholz: Welche politischen und völkerrechtlichen Widersprüche sieht die Bundesregierung zwischen dem Atomwaffensperrvertrag ({0}) und einer möglichen internationalen Konvention zur Ächtung aller Atomwaffen vor dem Hintergrund der anstehenden Abstimmung darüber in der UN-Vollversammlung ({1})?

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Frau Präsidentin, Frau Kollegin Buchholz, ich kann es jetzt den Kolleginnen und Kollegen nicht ersparen, noch einmal die zwei wesentlichen Punkte zu benennen . Selbstverständlich ist die Bundesregierung dem Ziel verpflichtet, zu einer Welt ohne Atomwaffen aktiv beizutragen . Es gibt für uns zwei wesentliche Punkte, bei denen wir offenkundig auch einen Dissens haben. Erstens greift für uns ein Vertrag ins Leere, der die Ächtung von Atomwaffen vorsieht, ohne dass die Staaten, die Atomwaffen besitzen, mit am Verhandlungstisch sitzen, konstruktiv mitberaten und dazu auch Zustimmung erteilen . Ein zweiter Aspekt, der mir sehr wichtig ist: Wir wollen den Nichtverbreitungsvertrag NVV als den wesentlichen Eckpfeiler des geltenden völkerrechtlichen Regimes für Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung nicht gefährden .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer Nachfrage .

Christine Buchholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004022, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Laut Völkerrecht bricht doch die weiter gehende vertragliche Regelung die weniger weitgehende . Folglich wäre ein Kernwaffenverbot für alle Staaten, die einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen, bindend, während für alle anderen die weniger weitgehenden Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages gelten würden. Das Argument der Bundesregierung, dass ein Kernwaffenverbot den Atomwaffensperrvertrag untergraben würde, ist meines Erachtens damit entkräftet. Ich finde, das ist eine Ausrede . Vielleicht können Sie aber noch einmal auf dieses konkrete Argument von mir eingehen . Vielen Dank .

Not found (Gast)

Frau Kollegin Buchholz, das ist mitnichten eine Ausrede - ganz im Gegenteil . Wir haben eine Grundlage . Dieser völkerrechtlichen Grundlage sind ja auch die Staaten beigetreten, die selbst über Atomwaffen verfügen . Wir haben seit Jahren daran gearbeitet, den NVV noch ambitionierter zu machen und ihn - sicherlich in unser aller Interesse - konkret weiterzuentwickeln . Das ist bislang nicht gelungen . Alles andere, was darauf hinausläuft, Verträge zu entwickeln und zu verabreden, die ohne eine Mitwirkung der Atomwaffenstaaten auf den Weg gebracht werden, halten wir für nicht zielführend .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Christine Buchholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004022, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Welche Rolle spielt im Kontext der NATO-Abschreckungspolitik die nukleare Teilhabe bei der Entscheidung, das Kernwaffenverbot nicht zu unterstützen?

Not found (Gast)

Selbstverständlich steht die Bundesregierung, Frau Kollegin Buchholz, zu ihren entsprechenden Verpflichtungen im Rahmen der NATO . Das habe ich eingangs schon deutlich bekundet, und das deckt sich auch mit unseren Sicherheitsinteressen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Ströbele das Wort .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Staatsminister, ich bin aufmerksam geworden bei dem Satz: Die Bundesregierung setzt sich ein für eine Welt ohne Atomwaffen . - Liegt es da nicht nahe, als Allererstes in der Bundesrepublik Deutschland eine atomwaffenfreie Zone einzurichten, das heißt, die Atomwaffen, die sich in Deutschland befinden, zu entfernen bzw. Verhandlungen zu führen, dass die endlich aus Deutschland abgezogen werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Ströbele, ich bleibe dabei: Die Bundesregierung ist dem Ziel einer Welt ohne Atomwaffen verpflichtet. Insofern gibt es dem auch nichts hinzuzufügen. http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/ http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/apocalypse-no-1604/

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Beck das Wort .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Bedeutung des Nichtverbreitungsvertrags ausgeführt . Dazu gehört sicher auch das Wiener Abkommen mit dem Iran . Wir hatten im Innenausschuss in der letzten Sitzungswoche das Bundesamt für Verfassungsschutz, das berichtet hat, dass nach dem Wiener Abkommen die Proliferationsversuche von iranischen Stellen in Deutschland weiter auf hohem Niveau sind . Das sind womöglich versuchte Vertragsbrüche gegenüber dem Wiener Abkommen . Ich wollte Sie fragen - wenn Sie dazu jetzt nichts sagen können, dann bin ich auch mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden -: Welche Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um das zu unterbinden, bzw. inwiefern geht sie dem nach und macht gegenüber den iranischen Stellen geltend, dass Proliferationsversuche hier in Deutschland nicht geduldet werden?

Not found (Gast)

Lieber Kollege Beck, ich bin Ihnen zunächst einmal dankbar, dass Sie das Wiener Abkommen benannt haben . Man kann das in diesem Zusammenhang durchaus erwähnen, weil es einer der wenigen Erfolge ist, die wir in mühseliger Arbeit erreicht haben . Die Bundesregierung ist natürlich nicht nur froh über diesen Vertrag, sondern sie ist noch viel froher, wenn das, was im Vertrag steht, auch konkret beachtet und restriktivst gehandhabt wird . Ich kann Ihnen versichern, Herr Kollege Beck, dass wir allem nachgehen, was uns möglicherweise dazu veranlassen könnte, daran zu zweifeln, dass man den vertraglichen Vereinbarungen nachkommt . Konkrete Hinweise liegen mir derzeit nicht vor . Ich bin aber gerne bereit, mit meinem Haus Rücksprache zu halten und Ihnen diese Frage gegebenenfalls schriftlich zu beantworten . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir sind im Moment aber nicht im Dialog, sondern in der Fragestunde . ({0}) - Ja . Sie können trotzdem gleich stehen bleiben, Kollege Beck; denn ich rufe jetzt die Frage 18 des Kollegen Volker Beck auf: Wie weit ist die Bundesregierung fortgeschritten bei dem Nachgehen von „Hinweisen …, dass die Palästinensische Behörde … das Budget der PLO-Kommission für Gefangenenfragen unterstützt“ ({1}), und wie hat die Bundesregierung seither gegenüber der Palästinensischen Behörde und der PLO deutlich gemacht, dass eine Finanzierung von sogenannten Märtyrerrenten, also finanzielle Leistungen an Terroristen und deren Hinterbliebene ({2}), inakzep tabel ist? Bitte, Herr Staatsminister .

Not found (Gast)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben mich in der vergangenen Woche ja dazu gefragt . Deswegen bin ich froh, dass ich Ihnen heute eine Antwort geben kann . Sie haben ja noch einmal nachgehakt, und jetzt bin ich gut im Bilde. Ich hoffe, dass ich auch Ihren Ansprüchen zu genügen vermag . ({0}) Die Bundesregierung beteiligt sich selbstverständlich nicht an Zahlungen, die von palästinensischer Seite an die Familien von Gefangenen oder an Hinterbliebene gezahlt werden, weder direkt noch indirekt über die Europäische Union . Der Grund dafür ist ziemlich klar: Die palästinensische Seite sieht sich nicht in der Lage, bei diesen Zahlungen nach den Straftaten zu unterscheiden, die jeweils zu einer Verurteilung geführt haben, bzw . nach den Umständen, unter denen jemand ums Leben gekommen ist . Es erhalten also zum Teil auch Angehörige von Menschen Zuwendungen, die für schwere und schwerste Straftaten verantwortlich sind . Diese Thematik ist für ein Gros der Gebergemeinschaft in Palästina insgesamt von großem Interesse . Aus Sicht der Bundesregierung sollten solche Zahlungen auch nicht aus dem Haushalt der palästinensischen Behörde kommen . Das haben wir denen gegenüber auch deutlich zum Ausdruck gebracht . Es hat sich herausgestellt, dass dies durch einen Zuschuss aus dem Haushalt der Palästinensischen Behörde an die Gefangenenkommission der Palästinensischen Befreiungsorganisation, PLO, der Fall gewesen ist . Das haben wir natürlich, auch im Nachgang zu Ihrer ersten Frage dazu vor einigen Wochen, zur Sprache gebracht . Ich möchte zum einen erwähnen, dass unser Regionalbeauftragter für Nah- und Mittelost und Maghreb dies mit dem palästinensischen Premierminister Rami Hamdallah besprochen hat . Darüber hinaus wurde die Problematik auch zum Thema eines Gesprächs des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Thomas Silberhorn, mit Premierminister Rami Hamdallah gemacht . Des Weiteren hat unser Vertretungsbüro in Ramallah dieses Thema im EU-Kreis angesprochen, um die Kolleginnen und Kollegen der Europäischen Union für dieses Thema zu sensibilisieren . Ich kann Ihnen versichern, Herr Kollege Beck: Die Bundesregierung bleibt bei diesem Thema am Ball .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage . http://www.volkerbeck.de/wp-content/uploads/2016/09/160905_PLOPA_Terroristen.pdf http://www.volkerbeck.de/wp-content/uploads/2016/09/160905_PLOPA_Terroristen.pdf http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.html http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.html http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.html http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-25-08-2016/wie-die-palaestinensische-regierung-moerder-und-deren-familien-unterstuetzt.html

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist ja nicht nur so, dass es sozusagen aufgrund von Ungenauigkeiten mögliche Fehlallokationen gibt . Der RBB hatte ja in seinem Kontraste-Bericht den Fall nachgewiesen, dass die Familie eines Palästinensers, der ein Siedlermädchen von drei Jahren im Bett erdolchte, eine sogenannte Märtyrerrente bekommt . Wie das alles funktioniert, wissen wir aus den Unterlagen des Kongresses . Das, was darin steht, ist schon lange bekannt, wurde aber noch nie so gut dokumentiert wie vom Middle East Media Research Institute . Da wird aufgeführt - es ist ja nicht so, dass das nicht spezifiziert würde -, für welche Taten man welche Renten bekommt und nach welchen Gefängnisstrafen man welche Position bekommt . Das ist ein klares Leistungssystem, das fast den Charakter eines Sozialgesetzbuches für Terroristen hat . Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen, ob Sie der palästinensischen Seite gemeinsam mit der EU-Kommission deutlich gemacht haben, dass es nicht sein kann, dass ein Teil der Budgethilfe, die wir zahlen, an die PLO überwiesen wird, um so etwas zu finanzieren. Ansonsten stimmt der Satz, den Sie eingangs zitiert haben und den Herr Steinmeier schon im Juni geschrieben hat, dass wir weder direkt noch indirekt an solchen Zahlungen beteiligt sind, nicht . Wenn unser Geld in einen Haushalt fließt, aus dem das Geld dann in diese Richtung wieder rausfließt, dann kann man nicht sagen, dass Geld weder direkt noch indirekt in diese Richtung fließt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Man müsste schon alle Augen verschließen, um sagen zu können, dass man sich an dieser Finanzierung nicht beteiligt .

Not found (Gast)

Herr Kollege Beck, ich will es noch einmal klarstellen: Wir haben gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde mehrfach unsere Position unmissverständlich zum Ausdruck gebracht . Es hat mehrere Gespräche gegeben . Gleichzeitig will ich aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass es keinerlei Budgetzuschüsse gibt . ({0}) - Ich rede von der Bundesregierung . ({1})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Volker Beck, ich bitte Sie, sich an die Regeln zu halten . Ansonsten wäre das jetzt schon die zweite Nachfrage, ohne dass der Staatsminister die erste hätte beantworten können .

Not found (Gast)

Wir leisten konkret Entwicklungszusammenarbeit . Die ist streng und ausschließlich projektbezogen . Wir haben auch nicht vor, diese Entwicklungszusammenarbeit in irgendeiner Weise einzustellen . Wir werden natürlich darauf achten, dass sie unseren strengen Maßstäben Rechnung trägt, auch im Interesse der Menschen in den palästinensischen Gebieten .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben jetzt die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage, und zwar bitte im Rahmen der vorgegebenen Zeit .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Präsident Abbas ist ja auch der Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation; es gibt da also Doppelfunktionen . Inwiefern machen Sie gegenüber der PLO deutlich, dass man jemanden, der eine solche Praxis übt, nicht zum politischen Partner haben kann? Versuchen Sie auch über die Europäische Kommission, weil wir auf diesem Weg Budgethilfe leisten, Druck zu machen, damit klar ist, dass Zahlungen von europäischer Seite auf Dauer nur dann geleistet werden können, wenn solche Praktiken der Finanzierung von Terroristen - gegen Israel - eingestellt werden?

Not found (Gast)

Frau Präsidentin, Herr Beck, das Ganze hat ja auch eine Vorgeschichte . Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir sehr auf die Schließung des sogenannten Ministeriums für Gefangenenfragen gedrängt haben . Diese Schließung fand im Jahr 2014 statt . Die Kritikpunkte, die Sie eben angeführt haben, bezogen sich im Wesentlichen auf dieses Ministerium . Nach der Schließung hatten wir erst einmal keinerlei Vermutung, dass das, was das Ministerium geleistet hat, dann aus Mitteln der PLO finanziert wurde . Nun ist es in Staaten durchaus üblich, dass Staats- und Regierungschefs auch Vorsitzende von Parteiorganisationen sind; das soll ja auch in Deutschland vorkommen . Ich kann Ihnen versichern, dass wir trotzdem nicht zwei Sprachen, sondern eine klare Sprache sprechen . Wir haben das getan, und wir werden das natürlich auch kontinuierlich tun, nicht nur gegenüber den Vertretern der Palästinensischen Autonomiebehörde oder auch gegenüber dem Präsidenten, sondern natürlich auch gegenüber Repräsentanten der PLO .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Hajduk hat noch eine Nachfrage .

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich möchte noch eine Nachfrage stellen . Herr Staatsminister, Sie haben auf Gespräche verwiesen, in denen die Zielsetzung der Bundesregierung zu diesem Sachverhalt verdeutlicht worden ist, zum einen durch den Vertreter des BMZ, Herrn Silberhorn, und zum anderen auch vor Ort im Kreise von Vertretern der Europäischen Union . Ich möchte Sie einmal danach fragen, ob die Reaktionen auf diese genannten Gespräche, insbesondere auch die im Kreise der Vertreter der Europäischen Union, einhellig in dieselbe Richtung gingen, sodass man sagen kann, dass die Durchsetzungsstrategie in dieser Frage wirklich belastbar ist . Denn Sie haben vorhin gesagt - ich zitiere das aus meiner Erinnerung -: Wir bleiben da am Ball . - Mich würden jetzt die Durchsetzungsstrategie sowie die Beschreibung möglicherweise anderslautender Bewertungen im EU-Kreis interessieren .

Not found (Gast)

Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Frage . - Die Bundesregierung ist ja dem Ziel verpflichtet, dass die Europäische Union auch in außen- und sicherheitspolitischen Fragen möglichst mit einer Stimme auf einer strategischen Grundlage spricht . Die Tatsache, dass das nicht immer der Fall ist, sollte uns eher darin bestärken, bei diesem Ziel nicht nachzulassen . Mir sind jetzt keinerlei Informationen darüber bekannt, dass es in dieser Frage innerhalb der EU bzw . zwischen Mitgliedstaaten der EU einen Dissens gibt . Ich hake aber auch dort gerne noch einmal nach und bin selbstverständlich gerne bereit, Sie zu informieren, sollte es zu einem Dissens gekommen sein . Über einen Dissens weiß ich aber bislang nichts .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Vielen Dank, Herr Staatsminister . - Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Nouripour sowie die Frage 21 des Kollegen Hunko zu Ihrem Geschäftsbereich sollen schriftlich beantwortet werden .

Not found (Gast)

Dann danke ich Ihnen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur Verfügung . Ich rufe die Frage 23 des Kollegen Hans-Christian Ströbele auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass US-Sicherheitsdienste Schadsoftware, mit der die USA im Bedarfsfall ein ganzes Land lahmlegen können, in die Infrastruktur Deutschlands - wie zum Beispiel Kraftwerke - eingebaut haben ({0}), und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus gezogen? Bitte, Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Wenn ich es richtig sehe, kann man auch in meinem Geschäftsbereich über die mündlich zu beantwortenden Fragen im Singular sprechen . Umso mehr freue ich mich, lieber Herr Kollege Ströbele, dass ich Ihnen die Antwort mündlich geben darf, allerdings fällt sie - wahrscheinlich zu Ihrer Enttäuschung - kurz aus: Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor . Ich darf ergänzen: Ich halte es auch für wenig sachdienlich, in der Fragestunde Spielfilme zu kommentieren.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Herr Kollege Ströbele hat das Wort zur ersten Nachfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, das mag ja sein, aber das ist eine Information, die von einem Mann gegeben wird - ich kann den Film nur empfehlen -, der uns seit über drei Jahren intensiv beschäftigt, weil er geheimdienstliche Praktiken der NSA weltweit, auch in Deutschland, aufgedeckt hat . Wenn er nun sagt, dass so etwas stattgefunden hat, sollte die Bundesregierung doch zumindest etwas unternehmen, um der Frage nachzugehen . Deshalb meine Frage - auch wenn Sie den Film noch nicht gesehen haben, haben Sie ja diese Informationen von mir bekommen -: Sind Sie, also die Bundesregierung oder ihr unterstellte Ermittlungsstellen, dieser Frage einmal nachgegangen?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Ströbele, ich bedaure wirklich ausdrücklich, dass ich Ihre cineastische Begeisterung nicht ganz teilen kann . Aber ich darf Ihnen versichern - weil es ja auch schon vorher entsprechende Hinweise aus Medienberichten gab und auch im Untersuchungsausschuss Thema war, dass es Behauptungen gibt, es seien sogenannte Hintertüren eingebaut und ähnliche Strukturen aufgebaut worden, um in die Infrastrukturen und andere Sicherheitssysteme einzudringen -, dass wir diese Medienberichte schon zum Anlass genommen haben, dieser Frage nachzugehen, und zwar nicht erst seit es einen solchen Film gibt . Wir haben veröffentlichte Dokumente analysiert. Seit Sommer 2013 gibt es auch vermehrte Aktivitäten des Bundesamts für Verfassungsschutz . Sie kennen das Stichwort „360-Grad-Überwachung“ . Wir nehmen also die Aktivitäten von Nachrichtendiensten, auch wenn es sich um westliche handelt, komplett ins Visier . Der Ansatz der 360-Grad-Überwachung schließt, wie gesagt, auch die Aktivitäten westlicher Nachrichtendienste, auch die der USA, ein, wenn es um solche Fragen wie die, die Sie eben angesprochen haben, geht . Wir haben weiterhin - das ist wichtig - auch das BSI, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, in diese Strategie eingebunden, gerade wenn es um Präventionsarbeiten geht . Sie wissen, dass der Generalbundesanwalt einen Beobachtungs- und Prüfvorgang angelegt hat . Es wird auch geprüft, ob die geheimdienstliche Agententätigkeit in Bezug auf solche Maßnahmen unter § 99 Strafgesetzbuch fällt .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, dann will ich es ein bisschen konkreter machen . Die Frage benennt ja einen konkreten Sachverhalt, nämlich dass Schadsoftware eingebaut worden sein soll, um in einem möglichen Bedarfsfalle Atomkraftwerke, die in Deutschland noch laufen, lahmzulegen . Sind solche Untersuchungen und Ermittlungen in Atomkraftwerken durchgeführt worden und, wenn ja, wann, wo und von wem?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Wenn ich diese Frage beantworten darf, Frau Präsidentin: Ich kann Ihnen nichts zu konkreten Untersuchungsprojekten und -aufträgen sagen . Einen möglichen Cyberangriff auf kritische Infrastrukturen haben wir ja keineswegs nur von westlichen Diensten zu befürchten . Meine Befürchtung jedenfalls ist, dass andere Gefahrenquellen da viel größer sein könnten . Aber man kann nicht ausschließen, dass dabei die gleichen Hintertüren benutzt würden . Dieses Thema ist natürlich schon seit einigen Jahren Teil unserer Strategie, auch im Bereich der kritischen Infrastrukturen und auch bei der Kooperation mit der Wirtschaft . Wir haben in diesem Zusammenhang ein IT-Sicherheitsgesetz erlassen . Diese Fragen haben wir also immer im Blick, gerade auch dann - nicht nur, aber auch -, wenn es um Kernkraftwerke geht . Allerdings sind auch andere Aspekte und Teilbereiche kritischer Infrastrukturen im Blick der Sicherheitsbehörden . Das gilt nicht nur für das Gefahrenszenario, das Sie angesprochen haben, sondern unsere Perspektive ist viel breiter angelegt . Es wäre, glaube ich, auch ziemlich gefährlich, wenn wir uns hier nur auf eine mögliche Gefahrenquelle konzentrieren würden .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . - Die Fragen 24 und 25 der Kollegin Ulla Jelpke und die Fragen 26 und 27 des Kollegen Dr . André Hahn zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Die Fragen 28 und 29 der Kollegin Caren Lay werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen . Zur Beantwortung der Frage steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zur Verfügung . Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Volker Beck auf: Welche Hinweise auf Verstöße gegen Sanktions- und Embargovorschriften im Zusammenhang mit dem Iran ({0}) sind der Bundesregierung einschließlich ihr unterstellter Behörden und Stellen bekannt, und in welchen dieser Fälle wurden diese Hinweise auf Verstöße gegen Sanktions- und Embargovorschriften den zuständigen Staatsanwaltschaften und Gerichten mitgeteilt ({1})? Bitte, Herr Staatssekretär .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, Zuwiderhandlungen gegen materiellrechtliche Beschränkungen im Zusammenhang mit Sanktions- und Embargomaßnahmen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union stellen bei vorsätzlicher Begehungsweise grundsätzlich Straftaten nach § 17 Absatz 1 oder § 18 Absatz 1 des Außenwirtschaftsgesetzes dar . Werden sie fahrlässig begangen, sind sie grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit zu ahnden und bußgeldbewehrt nach § 19 des Außenwirtschaftsgesetzes . Eine Ausnahme hiervon stellen leichtfertige Verstöße gegen Waffenembargomaßnahmen dar, bei denen es sich nach § 17 Absatz 5 Außenwirtschaftsgesetz ebenfalls um Straftaten handelt . Liegen Hinweise vor, die einen strafrechtlichen Anfangsverdacht begründen, werden diese durch die betreffenden Ermittlungsbehörden an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften übermittelt . Die in Betracht kommenden Strafnormen gelten für alle länderbezogenen Embargomaßnahmen in gleichem Maße . Zur Beantwortung Ihrer Frage wären insoweit umfangreiche statistische Daten in Bezug auf das Bestimmungsland Iran auszuwerten, was wegen des damit verbundenen Aufwands allerdings in der Kürze der Zeit nicht realisierbar gewesen ist . Zudem wären umfangreiche Erhebungen, unter anderem bei den zuständigen Staatsanwaltschaften und beim Generalbundesanwalt, erforderlich . Darüber hinaus wäre eine Konkretisierung hinsichtlich etwaiger Tatzeiträume, auf die sich die Auswertung der statistischen Daten beziehen soll, zwingend erforderlich .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Zur Eingrenzung des Zeitraums: selbstverständlich mit Auslösung des Sanktionsregimes im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Iran bis zum Wiener Abkommen . Das wäre der Zeitraum, der hier von Interesse ist . Es gab ja Presseberichte, dass die Akkreditierungsstelle über eine TÜV-Stelle im Saarland, glaube ich, TÜV InterCert, mehrmals widerrechtlich Firmen für den Außenhandel zertifiziert hat. Da geht es um Dual-Use-Güter, die da womöglich verbracht wurden und wo auch gegen die Embargovorschriften verstoßen wurde . Ich bin ein bisschen erstaunt, dass Sie darüber nach wie vor nichts wissen . Denn der Kollege Janecek und ich fragen Sie seit nunmehr vier Monaten zu dieser Thematik, und wir bekommen immer die Antwort, dass Ihnen im Wesentlichen nichts bekannt ist oder nur ein einziger Fall bekannt ist, wo das gerichtsanhängig geworden ist . Gleichzeitig lesen wir in den Verfassungsschutzberichten von ganz anderen Dingen, und es gab auch schon eine entsprechende Berichterstattung in der Jerusalem Post und in der Bild-Zeitung . Ich erwarte eigentlich, dass Sie dem Parlament über diese Frage Auskunft geben . Wenn Sie sagen, Sie brauchen dafür Zeit, ist mir eine gründliche, umfassende, vollständige Auskunft lieber als eine schnelle sofort . Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dem Hohen Haus das zusagen könnten .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Bitte .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin, Herr Kollege Beck, die Regularien für die Zeiträume zur Beantwortung mündlicher Fragen legt nicht die Bundesregierung fest, sondern der Deutsche Bundestag . Eine nachhaltige Bekämpfung der Proliferation von Massenvernichtungs- und Kriegswaffen sowie Dual-Use-Gütern zählt zu den Eckpfeilern deutscher Außen- und Sicherheitspolitik und ist integrativer Bestandteil der deutschen Exportkontrolle . Die pauschal von Ihnen angefragten Angaben liegen derzeit nicht als kurzfristig abrufbare und aufbereitete Informationen vor, da statistische Erhebungen über Fallzahlen und inhaltlich zu unterscheidende Fallgruppen nicht verfügbar sind . Dort müssten umfangreiche Recherchen mit den zuständigen Landesbehörden, die ich angesprochen habe, stattfinden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie denn Auskünfte geben, in wie vielen Fällen solche Delikte begangen wurden im Zusammenhang mit der Akkreditierungsstelle, für die das Bundeswirtschaftsministerium ja die Aufsichtsbehörde ist? Das ist Ihr Geschäftsbereich als Bundesregierung . Für die Fachaufsicht tragen Sie die politische und die verwaltungsrechtliche Verantwortung . Wissen Sie, wie viele Verstöße mit unzulässigen Akkreditierungen über TÜV-Stellen von iranischen Firmen es gab, die genutzt wurden, um das Embargo zu brechen?

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin, Herr Kollege Beck, das liegt in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft . ({0}) Im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle werden Genehmigungen beantragt und, falls die Gesetzeslage es zulässt, auch erteilt . Das im Bereich des Bundeswirtschaftsministeriums zuständige Amt befasst sich allerdings nicht mit der Aufklärung von Straftaten und Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht . Insofern liegen Zahlen, wie Sie sie hier ansprechen, der Bundesregierung nicht vor . ({1})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme zur Verfügung . Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Katrin Werner auf: Wie hoch war die Summe der Ausgleichsabgabe nach Information der Bundesregierung, welche die Integrationsämter in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 erhalten haben, und wofür wurden diese Gelder vorrangig verwendet? Bitte, Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin . - Das Aufkommen der Ausgleichsabgabe hat sich in den Jahren 2012 bis 2014 wie folgt entwickelt: In 2012 waren es 486,3 Millionen Euro, in 2013 531,38 Millionen Euro und in 2014 542,96 Millionen Euro . 80 Prozent des Ausgabevolumens stehen den Integrationsämtern zur Verfügung . Dieser Anteil ist vorrangig für Leistungen zur Förderung des Arbeits- und Ausbildungsplatzangebotes für schwerbehinderte Menschen und für Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zu verwenden . Zulässig sind aber auch Leistungen für Einrichtungen und zur Durchführung von Forschungs- und Modellvorhaben . Ich kann insoweit auf die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung verweisen . Daneben bilden die Integrationsämter aber auch Rücklagen, damit eventuelle Einnahmeschwankungen nicht langfristig erforderliche Leistungen, etwa zur Förderung von Integrationsunternehmen, gefährden . Die Ausgaben der Integrationsämter stellen sich wie folgt dar - auch hier erfolgt wieder die Betrachtung des Zeitraumes von 2012 bis 2014 -: Für Arbeitsmarktprogramme wurden in 2012 30,96 Millionen Euro, in 2013 25,16 Millionen Euro und in 2014 43,11 Millionen Euro verwendet . Weitere Ausgaben werden für die begleitenden Hilfen im Arbeitsleben getätigt . In 2012 waren es 330,37 Millionen Euro, in 2013 waren es 346,08 Millionen Euro, und in 2014 waren es 403,01 Millionen Euro . Für die institutionelle Förderung standen Gelder wie folgt zur Verfügung: in 2012 52,2 Millionen Euro, in 2013 57,81 Millionen Euro und in 2014 57,84 Millionen Euro . Die sonstigen Leistungen lagen im Jahr 2012 bei 14,99 Millionen Euro, in 2013 bei 17,58 Millionen Euro und in 2014 bei 3,12 Millionen Euro . Daraus ergeben sich die Summen, die ich vorhin genannt habe . Volker Beck ({0}) 16 Prozent des Aufkommens erhält die Bundesagentur für Arbeit . Die Bundesagentur für Arbeit bestreitet damit die besondere Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben . Da werden insbesondere Eingliederungszuschüsse an Arbeitgeber gezahlt . 4 Prozent gehen in den Ausgleichsfonds, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales verwaltet wird . Mit Mitteln des Ausgleichsfonds werden befristete überregionale Vorhaben zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben gefördert, wie beispielsweise die Initiative Inklusion .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Thema gewesen . Ich glaube, die Zahlen belegen auch, wie wichtig der Beitrag ist . Genau darauf bezieht sich meine Nachfrage: Plant die Bundesregierung, nachdem sich Herr Schäuble, aber auch Herr Gabriel schon einmal dahin gehend geäußert haben, dass man die Ausgleichsabgabe erhöhen müsste bzw . könnte, eine solche Erhöhung der Ausgleichsabgabe?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Bitte, Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Dazu gibt es keine abgestimmte Position der Bundesregierung . Bei uns im Hause ist natürlich darüber diskutiert worden . Wir haben uns dagegen entschieden .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage . - Sie verzichten . Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Werner auf: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik von Selbstvertreterinnen und Selbstvertretern von Menschen mit Behinderungen, dass eine stärkere Regionalisierung von Leistungen zu unterschiedlichen Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen führt? Bitte, Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Herzlichen Dank . - Zunächst einmal Folgendes als Ausgangspunkt: Die Bundesregierung bekennt sich natürlich zum Grundsatz „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, wie ihn auch das Grundgesetz postuliert . Der Begriff „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ zielt wohl auf Vereinheitlichung, akzeptiert aber auch nachvollziehbare Unterschiedlichkeiten der Lebensverhältnisse, wie etwa zwischen Regionen . Ich kann auf Ihre Frage im Übrigen nur mit einer Vermutung antworten, weil ich nicht genau weiß, auf was Sie mit dieser Fragestellung hinauswollen . Wir vermuten, dass Sie wahrscheinlich eine Frage mittelbar zum Bundesteilhabegesetz stellen wollten und davon ausgehen, dass es in den verschiedenen Bundesländern zu einer ungleichen Rechtsanwendung kommt . Das lässt sich rechtstechnisch leider nicht ausschließen . Es ist so: Das liegt in der eigenen Verantwortung der Bundesländer . Wir haben versucht, der ungleichen Anwendung in gewissem Maße etwas entgegenzusetzen, indem wir in diesen Entwurf des Bundesteilhabegesetzes möglichst viel Verfahrensrecht hineingenommen haben, wie beispielsweise den Teilhabeplan, die Teilhabekonferenz, den Gesamtplan und eine Reihe anderer Verfahrensvorschriften .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ihre Vermutung war richtig . Wie jeden Mittwoch stelle ich in der Fragestunde Fragen zum Bundesteilhabegesetz . Um das vielleicht zu konkretisieren - ich glaube, dass das Ihrem Haus klar ist und Sie wissen, in welche Richtung das geht -: Es geht nicht nur um 16 verschiedene Varianten der Rechtsanwendung, weil wir 16 Bundesländer haben - wir hatten das Thema auch heute im Ausschuss -, sondern es geht speziell auch um die Umsetzung in den Kommunen . Es ist nicht so, dass es nur Mitarbeiter gibt, die nicht wissen, wie dieses Gesetz umgesetzt werden soll . Ich glaube, vielen Menschen ist Inklusion eine Herzensangelegenheit, und sie wissen, wie wichtig dieses Thema ist . Es gibt aber auch - darauf weise ich wieder hin - einen Zusammenhang zwischen einer kommunalen Haushaltslage und gewissen Entscheidungen, die getroffen werden können oder müssen . Wenn in dem Gesetz Formulierungen wie „zumutbar“ oder „angemessen“ stehen oder wenn nach dem Gesetz eine Zustimmung erforderlich ist, ist der Hinweis, den Sie ab und zu geben, der Betroffene könne klagen, die eine Sache . Die andere Sache ist: Sie wissen doch, wie so etwas vonstattengeht . Natürlich gibt es die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde . Aber wie stellen Sie sicher, dass in den Verwaltungen der gleiche Ansatz verfolgt wird?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gestatten Sie mir zwischendurch den Hinweis: Wir haben Regeln und Verabredungen . Wenn die optische Hilfe rot leuchtet, dann ist die tatsächliche Fragezeit wie auch auf der anderen Seite die Antwortzeit überschritten . Ich bitte darum, in Zukunft besser darauf zu achten . Bitte, Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Frau Werner, das Problem lässt sich nicht lösen, wenn wir nicht das Föderalismusprinzip abschaffen wollen. Es ist so: Bundesgesetze werden überwiegend durch die Bundesländer ausgeführt, die diese Ausführung wiederum an die Kommunen delegieren können . Das lässt sich nicht umgehen . Wie gesagt, wir haben versucht, dem mit Verfahrensregeln weitgehend entgegenzuwirken . - Das ist das eine . Das andere zur Erläuterung: Wir könnten natürlich an der einen oder anderen Stelle versuchen, mit Pauschalen zu arbeiten . Aber Sie wissen auch, wie sehr sich die Situationen von Menschen mit Behinderung unterscheiden . Deshalb würde das nicht weiterhelfen . Also, wir sind insoweit an den Grenzen des Möglichen angelangt .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Nur eine kurze Nachfrage . Es müsste aber eine Handreichung geben, auf welcher Grundlage gewisse Entscheidungen getroffen werden sollen. Ich meine, das Gesetz enthält nun einmal unklare Formulierungen . Manchmal ist nicht klar, ob man sich auf die Menschenrechtskonvention oder auf die UN-Behindertenrechtskonvention bezieht . Wird es eine solche Handreichung geben? Oder sagt man auch da, dass das dann die Länder umsetzen müssen und dass sie ihren Kommunen mitteilen sollen, nach welchen Maßstäben die Gesetze umgesetzt werden sollen?

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Frau Werner, selbst wenn wir eine solche Handreichung machten, wäre diese nicht verbindlich; denn das Gesetz wird tatsächlich vor Ort umgesetzt . Was wir selbstverständlich machen werden, ist, dass wir Informationsmaterial umfassend zur Verfügung stellen . Bei jeder Rechtsauslegung ist der historische Wille des Gesetzgebers, also hier des Hauses, von höchster Relevanz . Deshalb müssen Kommunen beispielsweise die Gesetzesbegründungen mit heranziehen . Das ist zwingend .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Frau Staatssekretärin . - Die Frage 33 der Kollegin Sabine Zimmermann zu Ihrem Geschäftsbereich soll schriftlich beantwortet werden . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Fragen 34 und 35 des Kollegen Ostendorff und die Frage 36 der Kollegin Höhn sollen schriftlich beantwortet werden . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verteidigung . Die Frage 22 des Kollegen Hunko wird schriftlich beantwortet . Die Frage 37 der Kollegin Dağdelen sowie die Fragen 38 und 39 des Kollegen Neu sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend . Die Frage 40 des Kollegen Gehring soll schriftlich beantwortet werden . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle zur Verfügung . Ich rufe die Frage 41 des Kollegen Matthias Gastel auf: Zu welchem Zeitpunkt erfolgte der Auftrag der Bundesregierung zur Projektdefinition und -bewertung des Projekts „Großknoten ({0})“ im Rahmen der Projektnummern K-001-V99 K-005-V99 für den neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 an die Gutachter, und wann erwartet die Bundesregierung einen Abschluss der Bewertung des Projekts ({1})? Bitte, Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Kollege Gastel, der Auftrag zur Projektdefinition und Projektbewertung des Projekts Großknoten ist seit April 2016 eingeleitet . Aufgrund der hohen Anforderungen und der Komplexität kann ein Zeitpunkt für den Abschluss der Bewertung derzeit noch nicht genannt werden .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, meines Wissens hat die Deutsche Bahn im Jahr 2013 diesen Antrag gestellt . Wenn Sie dann den Prüfauftrag im Jahr 2016 vergeben, heißt das: Es ist sehr, sehr viel Zeit vergangen, in der nichts passiert ist . Ist Ihnen dieses Thema so unwichtig, dass Sie sich so viel Zeit nehmen, einen entsprechenden Auftrag zu vergeben, mit der Folge, dass bereits der Bundesverkehrswegeplan verabschiedet wurde, ohne die Problematik der Großknoten zu berücksichtigen, und dass Sie dann auch noch das entsprechende Ausbaugesetz auf den Weg bringen, ohne dass die Ergebnisse vorliegen, die entsprechend in das Gesetz aufgenommen werden könnten?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank für die Nachfrage, Herr Kollege Gastel . Sie verweisen zu Recht auf den Bundesverkehrswegeplan . Die Themen, die Sie angesprochen haben, erfordern fahrplanbasierte Untersuchungen, die aufgrund ihres Umfangs und Zeitbedarfs erst im Nachgang zum Bundesverkehrswegeplan abgearbeitet werden können . Das war übrigens auch bei den Bundesverkehrswegeplänen 1992 und 2003 der Fall . Damals war meiner Erinnerung nach Ihre Partei in der Regierung . Also auch damals wurde das erst im Nachgang abgearbeitet . Die Bewertung der Schienenprojekte erfolgt daher immer in zwei Phasen . In der ersten Phase werden die Projekte identifiziert, in denen - abgeleitet von den Engpassanalysen - am dringendsten höhere Kapazitäten bzw . kürzere Fahrzeiten erforderlich sind . In der zweiten Phase werden dann die sinnvollen Ergänzungen untersucht .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, die Frage, weshalb die Bundesregierung so spät zu Potte gekommen ist und erst einmal den Untersuchungsauftrag vergeben hat, ist aber damit noch lange nicht beantwortet . Natürlich ist das Ganze langwierig und aufwendig . Aber die Frage ist wie bei allem: Wann beginnt man mit etwas? Interessant ist, dass Sie mit den Straßen offensichtlich sehr früh begonnen haben . Sie hätten sich nie getraut, einen Bundesverkehrswegeplanentwurf vorzulegen, in dem nicht alle Straßen geprüft sind . Bei der Schiene trauen Sie sich das, und zwar auch in den Bereichen, die von zentraler Bedeutung für die Frage sind, ob es gelingen wird, mehr Güter- und mehr Personenverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern . Meine Frage schließt sich direkt daran an . Ähnlich verhält es sich im Zusammenhang mit dem Deutschland-Takt, also gut vertakteten Knotenbahnhöfen mit optimalen Umsteigemöglichkeiten . Auch hier haben Sie den Auftrag viel zu spät vergeben . Das ist nicht im Bundesverkehrswegeplan mit den Ergebnissen und der entsprechenden Einstufung berücksichtigt . Es ist auch nicht für das entsprechende Ausbaugesetz vorgesehen . Wann werden die Ergebnisse für den Deutschland-Takt vorliegen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Danke, Herr Kollege Gastel . - Ich hatte mich schon gewundert, dass das Stichwort „Deutschland-Takt“ nicht kam . ({0}) Aber Sie wissen so gut wie ich, dass sowohl die Überholgleise als auch die Großknoten und der Deutschland-Takt im Grunde genommen zusammen bewertet werden müssen . Es handelt sich um einen Auftrag . Die Themen bedingen einander und können nur gemeinsam sinnvoll bewertet werden . Wie ich eben schon dargelegt habe, hat sich die Bundesregierung in der ersten Phase intensiv mit dem Bundesverkehrswegeplan beschäftigt, in dem über 2 000 Maßnahmen bewertet wurden . Gerade bei den Bahnmaßnahmen war es so, dass wir bei einer Reihe von Maßnahmen noch keine endgültige Bewertung vornehmen konnten, weil noch entsprechende Unterlagen oder Bewertungen fehlen oder gefehlt haben . Das gilt unter anderem für die Gäubahn, für die das Land Baden-Württemberg eine eigene Bewertung verspätet eingereicht hat . ({1}) Erst dann kann man im Nachhinein die Maßnahmen vollends und endgültig bewerten . Deshalb haben wir dort zuerst den Potenziellen Bedarf gebildet, aus dem dann noch ein Vordringlicher Bedarf werden kann .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur Nachfrage .

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich habe aufmerksam zugehört . Dass komplexe Planungen erforderlich sind, habe ich verstanden . Mein Kollege Gastel hat aber auch danach gefragt, warum das Bundesministerium im Gegensatz zu seinen Erfahrungen mit Straßenprojekten nicht frühzeitig genug mit Planungen für Schienenprojekte begonnen hat, um nun handlungsfähig zu sein . Ich bitte Sie, genau auf diese Frage noch einmal zu antworten .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Hajduk, ich habe gerade ausgeführt, dass es sich um sehr komplizierte, komplexe und fahrplanbasierte Untersuchungen handelt . Wenn es um Straßen geht, muss man keine Fahrpläne studieren . Es ist bei der Erstellung eines Bundesverkehrswegeplans durchaus gang und gäbe, die erste Phase abzuarbeiten und dann mit dem zweiten Teil zu beginnen . Zur Frage nach dem Projekt Großknoten und dem Deutschland-Takt . Beides gehört zusammen . Es handelt sich um einen Auftrag des Koalitionsvertrags . Die Bundesregierung wird sich diesem Auftrag widmen, aber zu gegebener Zeit .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen nun zur Frage 42 des Kollegen Gastel: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den zwei aktuellen Prüfberichten des Bundesrechnungshofes zu dem Projekt Stuttgart 21, in denen weitere Mehrkosten und Belastungen für den Bundeshaushalt als ein Einfallstor für eine unkontrollierte Finanzierung zulasten des Schienenbestandsnetzes und eine vereinfachte Bauausführung befürchtet werden sowie die Kontrollfunktion des Bundesverkehrsministeriums bemängelt wird, und weshalb hat nach mir vorliegenden Informationen bislang niemals ein Vertreter der Bundesregierung an einer Sitzung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 teilgenommen, obgleich die Bundesregierung nach der Geschäftsordnung des Lenkungskreises ein Teilnahmerecht hat und die Bundesregierung von der Deutschen Bahn AG sowie der Landesregierung Baden-Württemberg mehrfach aufgefordert wurde, an den Sitzungen teilzunehmen? Bitte, Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Kollege Gastel, die aus dem Bundeshaushalt zu finanzierenden Investitionen in das Schienenbestandsnetz sind durch Finanzierungsvereinbarungen geregelt . Die Höhe der von der DB AG zu erbringenden Instandhaltungsleistungen ist verbindlich in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung geregelt . Das Projekt Stuttgart 21 ist kein Projekt des Bedarfsplans des Bundes, sondern ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG . Vorhabenträger sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG . Nach § 76 Absatz 1 Aktiengesetz leitet der Vorstand der DB AG das Unternehmen in eigener unternehmerischer Verantwortung . Die Bundesregierung nimmt ihre Kontrollfunktionen über den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG wahr . Einzelheiten dazu unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Aktiengesetz . Die Deutsche Bahn AG nimmt als Vorhabenträgerin und Bauherrin an den Sitzungen des Lenkungskreises teil .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Diese Gelegenheit nutze ich selbstverständlich sehr gerne, Frau Präsidentin . - So kommen Sie mir hier nicht davon, Herr Staatssekretär . Der Verweis auf den Finanzierungsvertrag ist keine Antwort auf meine Frage; denn dieser Vertrag lässt ausdrücklich die Frage offen, was passiert, wenn es teurer wird als die dort festgelegten 4,5 Milliarden Euro . Das heißt, darüber wird zwar dann geredet . Aber wer die Mehrkosten übernimmt, ist nicht geregelt . Deswegen kann darauf nicht verwiesen werden . Jedenfalls ist das keine Antwort auf meine Frage . Wie Sie wissen, sieht die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung keinen Verwendungsnachweis seitens der Deutschen Bahn vor . Deshalb befürchtet der Bundesrechnungshof, dass Mittel aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die für den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur gedacht sind, für den Neubau Stuttgart 21 verwendet werden, ohne dass es nachher entsprechend ausgewiesen werden muss . Die diesbezüglichen Fragen sind ebenfalls nicht beantwortet . Ich möchte nun von Ihnen als Vertreter der Bundesregierung wissen: Prüfen Sie, ob die Gesamtfinanzierung dieses Projekts, das laut der Einschätzung des Bundesrechnungshofs wahrscheinlich teurer wird, gesichert ist, und woher nimmt die Bundesregierung entsprechende Erkenntnisse?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, vorab will ich an dieser Stelle feststellen, dass der Bericht des Bundesrechnungshofs als VS klassifiziert ist. Insofern werde ich zu Einzelheiten dieses Berichts im öffentlichen Raum keine Aussagen machen können . Ich kann Ihnen aber versichern, dass dieser Bericht des Bundesrechnungshofs von der Bundesregierung auf entsprechende Weise gewürdigt und beurteilt werden wird . Wir werden selbstverständlich über diesen Bericht in den zuständigen Gremien des Parlaments beraten, also im Haushaltsausschuss, im Rechnungsprüfungsausschuss und im Finanzierungsgremium, das sich mit Beteiligungen des Bundes befasst . Dort wird dieser Bericht mit Sicherheit diskutiert und bewertet werden . Für die Bundesregierung aber ist es so, dass wir an dem Projekt Stuttgart 21 laut Finanzierungsvereinbarung mit einem Festbetrag in Höhe von 563,8 Millionen Euro beteiligt sind . Der Festbetrag umfasst genau die Kosten, die entstehen würden, wenn der Knoten Stuttgart in das Fernverkehrsnetz ohne den Neubau eines Bahnhofs eingebunden werden müsste . Deshalb wird dieser Festbetrag auch nicht von Kostensteigerungen tangiert; der steht . Die Finanzierungsvereinbarung sieht lediglich eine Sprechklausel unter den Vorhabenträgern vor . Zu den Vorhabenträgern gehört nicht der Bund .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Gelegenheit, Frau Präsidentin, lasse ich mir nicht entgehen . - Das ist natürlich aus meiner Sicht deswegen jetzt auch wieder keine richtige Antwort, weil sich der Bund nicht mit einem Festbetrag beteiligt, und zwar aus dem einen Grund, dass die LuFV-Mittel durchaus in einem höheren Umfang für Stuttgart 21 verwendet werden könnten, als es eigentlich vorgesehen ist . Da kontrollieren Sie offensichtlich nicht ausreichend. Damit kann es doch geschehen, dass mehr Bundesmittel in dieses Projekt fließen. Das Zweite - das haben Sie jetzt gar nicht angesprochen - ist, dass wir seit einigen Tagen wissen, dass der Bund die Deutsche Bahn AG mit 2,4 Milliarden Euro fördert, und zwar zu einem Großteil dadurch, dass die Dividendenerwartung an den bundeseigenen Konzern reduziert wird, wodurch der Konzern finanziell entlastet wird, zum anderen dadurch, dass der Bund 1 Milliarde Euro zum Eigenkapital der DB AG zuschießt und damit natürlich die Spielräume des Bahnkonzerns für Stuttgart 21 entsprechend erweitert . Was ich aber von Ihnen jetzt wissen möchte - auch das hat mit dem Bericht des BRH zu tun -, ist: Wird die Bundesregierung künftig ihr Berichtswesen gegenüber dem Bundestag dahin gehend erweitern, dass der Bundestag regelmäßig über Baufortschritte, Kostenentwicklungen, Finanzierungsfragen etc . pp . des Projekts Stuttgart 21 informiert wird, was derzeit überhaupt nicht der Fall ist? Es mangelt komplett an der Transparenz .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, ich kann einige Dinge, die Sie in den Raum gestellt haben, nicht so stehen lassen . Die Bundesregierung geht so lange davon aus, dass der Kostendeckel von 6,5 Milliarden Euro hält, solange der Bahnvorstand dieses versichert . Das hat er übrigens bei der Grundsteinlegung zu Stuttgart 21 öffentlich wieder getan . Sie waren eingeladen, aber Sie waren leider nicht da . Solange der Aufsichtsrat an dieser Beurteilung festhält, sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, daran zu zweifeln . Der Aufsichtsrat beschäftigt sich intensiv mit den Kosten dieses Projekts . Im Aufsichtsrat ist die Bundesregierung auf Staatssekretärsebene vertreten . Der Aufsichtsrat hat ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, das in Kürze vorliegen wird . Auch dieses Gutachten wird dann im Aufsichtsrat mit Sicherheit behandelt werden . Über dieses Instrument nimmt die Bundesregierung ihre Aufsicht wahr . Dass in das Schienenprojekt - nicht in das Bahnhofsprojekt - auch noch andere Mittel fließen, ist korrekt, Herr Kollege Gastel . Man muss aber beides ein Stück weit auseinanderhalten . Das wird immer vermischt . Es ist richtig: Da fließen noch Mittel aus dem Bundesschienenwegeausbaugesetz hinein, und es fließen Mittel aus dem GVFG und aus der LuFV . Aber es handelt sich hier um das Schienenprojekt Stuttgart 21, das bis Ulm weiterführt, und nicht nur um den Bau eines Bahnhofs .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Hajduk das Wort .

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Auch das habe ich jetzt mit Interesse verfolgt, Herr Staatssekretär . Deswegen möchte ich nachfragen . Sie haben davon gesprochen, dass es einen Festbetrag gibt und dass Sie, bezogen auf diesen Festbetrag, davon ausgehen, dass dieser für die Zahlungsverpflichtungen des Bundes wirksam ist und nichts anderes . Deswegen möchte ich fragen, ob Sie ausschließen können - ich habe jetzt gerade die Reichweite, auf die sich der Festbetrag bezieht, nicht vor Augen; vielleicht können Sie mir dazu Aufklärung geben -, dass die Verpflichtungen, auf die sich der Festbetrag bezieht, in Zukunft nicht durch Mittel aus der LuFV erweitert werden?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Bei dem Festbetrag - ich wiederhole es - handelt es sich um den Betrag, der zur Einbeziehung des Knotens Stuttgart in das gesamte Schienennetz ohne den Umbau eines Bahnhofs notwendig wäre . Deshalb ist dieser Festbetrag unabhängig von den Baukosten des eigentlichen Bahnhofs ein Festbetrag, der so in der Finanzierungsvereinbarung steht . Die Bundesregierung geht davon aus, dass dieser Festbetrag nicht zur Disposition steht .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . - Die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten Stephan Kühn sowie die Fragen 45 und 46 des Abgeordneten Oliver Krischer zu Ihrem Geschäftsbereich sollen schriftlich beantwortet werden . Wir sind damit am Ende der Fragestunde . Ich unterbreche die Sitzung des Deutschen Bundestages bis zum Beginn der Aktuellen Stunde um 15 .35 Uhr . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Konsequenzen aus Berichten über nicht tragbare Verhältnisse in Tierställen Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Friedrich Ostendorff für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .

Friedrich Ostendorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003604, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieser Legislaturperiode wird es den Tieren besser gehen, versprach Minister Schmidt 2014 . Seit Donnerstagabend wissen wir alle es besser . Das ARD-Magazin Panorama zeigte schreckliche, abstoßende Bilder aus dem Inneren der deutschen Mastindustrie . Die Menschen sind einmal mehr schockiert und entsetzt . Ein Desaster! Doch wer ist für diese Situation verantwortlich zu machen, Herr Minister? Die Betriebsleiter, die sich scheinbar nicht um ihre Tiere scheren? Die Tiere, die in hermetisch abgeschotteten Räumen zu Kannibalen werden können und leider manchmal übereinander herfallen? Dass dieses nur in den schlechten Ställen von schwarzen Schafen des Berufsstandes geschieht, glaubt Ihnen, Herr Minister, doch keiner mehr . ({0}) Dieses Mal ist das „Who’s who“ der sogenannten Veredlungswirtschaft - oh, dieses Wort, ich kämpfe schon seit 40 Jahren mit diesem Wort! - betroffen. Der Fisch stinkt vom Kopfe her . Hier in Berlin philosophiert man über Tierwohl, zu Hause ist man davon weit entfernt . Doch wo liegt dann das Problem? Bei den Verbrauchern etwa? Bei den Menschen, die vonseiten des Bauernverbandes und von Ihnen immer wieder beschuldigt werden, dumm zu sein und von Bullerbü zu träumen? Wie würden sich die Menschen entscheiden, wenn sie wählen sollten einerseits zwischen blutig gebissenen Reststummelschwänzen, bewegungsunfähigen Tieren mit großflächigen Bissverletzungen und Bullerbü andererseits? Die Entscheidung wäre klar . Man kann auch sagen: Agrobusiness gegen Agrarkultur . Dialog wird da unmöglich . Dieses Mal ist es anders . Es gibt nur Verlierer: Das sind einmal die Bauern, die zwischen schlechten Preisen, falscher Beratung und hohen Konsumentenansprüchen aufgerieben werden . Verlierer sind vor allem aber die Nutztiere, die jeder Möglichkeit beraubt werden, ein artgerechtes Leben zu führen . Sie von CDU/CSU wissen wie wir, dass die Industrialisierung der Tierhaltung die Grenzen des Erträglichen überschritten hat und gnadenlos gegen die Wand kracht . ({1}) Man kann fühlende Lebewesen nicht in größter Enge in zwangsbelüfteten Riesenhallen, wo einem selbst das Atmen doch schon schwerfällt, tiergerecht halten . Das wollen wir Grüne nicht, das will die Gesellschaft nicht länger hinnehmen, meine Damen und Herren! ({2}) Nehmen Sie diesen gesellschaftlichen Anspruch doch endlich einmal ernst . Da genügt es doch nicht, immer wieder zu erklären, dass man tagein, tagaus nur für die Tiere und mit den Tieren lebt . Diese scheinbar aussichtslose Situation mit Verlierern auf allen Seiten haben Sie von der Union und Sie, Herr Minister, zu verantworten . ({3}) In Ihrer Hand, Herr Minister, liegt der Schwarze Peter . Wenn Sie ein bisschen Rückgrat zeigen würden, würden Sie klar sagen: Die Tierhaltung muss sich verändern . Die „Initiative Tierwohl“ hat seit dem Ausstieg des Deutschen Tierschutzbundes massive Glaubwürdigkeitsprobleme . Der Abschlussbericht des Kompetenzkreises der „Initiative Tierwohl“, der vor wenigen Tagen vorgelegt wurde, ist wie immer beim Minister sang- und klanglos unter den wachsenden Aktenberg von Nichtentscheidungen geschoben worden - hin zu den anderen kritischen wissenschaftlichen Expertisen über Nutztierhaltung . Herr Minister, so kann es doch nicht weitergehen, da können Sie noch so viele freiwillige Selbstverpflichtungen am Fließband unterschreiben . Dieses Kuschen vor der Agrarlobby haben Sie nun lange genug betrieben . ({4}) Jahrelang haben Sie, Herr Minister, wertvolle Zeit vergeudet und die Interessen der Fleischindustrie zu Ihrem politischen Handeln erklärt . Kompetenzkreis Tierwohl, freiwillige Selbstverpflichtung, ein ominöses Grünbuch - all das sind Beispiele Ihres hilflosen, oft lächerlichen Agierens. Sie geben sich und Ihr Amt in der Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preis . „Was tut eigentlich Minister Schmidt?“, fragte letzte Woche selbst top agrar, das Leitmagazin der industriellen Tierhaltung; nicht gerade verdächtig, Grünen-nah zu sein . Das ist eine interessante Frage . Die Ansprüche von Verbrauchern, Bauern und vor allem die Ansprüche der Tiere, aber auch des Handels müssen in Einklang gebracht werden . Wir brauchen einen Neuanfang, um eine Tierhaltung zu entwickeln, die nicht nur Verlierer und millionenfaches Leid produziert, meine Damen und Herren . Das ist Ihre politische Verantwortung . ({5}) Um Ihre Haut zu retten, soll nun ein staatliches Tierwohlsiegel kommen . Bis vor wenigen Tagen war es noch des Teufels, jetzt, in der Not, kommt es also doch . Ja, bitte, dann sagen Sie: Wann und wie, Herr Minister? Wo sind die Vorschläge? Draußen im Land nimmt Ihnen diese ewigen Ankündigungen doch niemand mehr ab . ({6}) Sie frischen den Lack auf, dabei ist der Unterboden schon komplett durchgerostet, Herr Minister . Leider steht das Märchenschloss „Tierwohl“ in Flammen . ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dieter Stier für die CDU/ CSU-Fraktion . ({0})

Dieter Stier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004168, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir bewerten heute den Fernsehbeitrag des Norddeutschen Rundfunks aus der Reihe Panorama von letzter Woche, doch diese Bewertungen werden meiner Meinung nach unterschiedlicher nicht ausfallen können . ({0}) Welche Bilder konnten wir sehen? Es waren Bilder, die den meisten Bürgerinnen und Bürgern in ihrer alltäglichen Lebenswelt fremd sind, und ja, es waren Aufnahmen von kranken und verletzten Tieren; daran gibt es nichts zu rütteln, die ausgestrahlten Bilder belegen das . Wir konnten zum Beispiel die Tötung eines Ferkels sehen, die nicht gesetzeskonform erfolgte . Solche Vorfälle sind abzustellen und auch zu ahnden . Deshalb ist eine kritische Befassung mit dem Gesehenen durchaus geboten . Meine Schlussfolgerungen sind aber vollkommen andere als die der Panorama-Redaktion . ({1}) Erstens . Die gezeigten Bilder belegen nicht den Alltag oder einen Dauerzustand in der deutschen Tierhaltung, ({2}) wie Sie, lieber Kollege Ostendorff, uns das immer weismachen wollen, sondern sie sind jeweils Momentaufnahmen kranker Tiere; ein Zustand, der von den betroffenen Tierhaltern weder gewünscht noch gebilligt und schon gar nicht akzeptiert worden ist . ({3}) Die Verantwortlichen haben sich zum Teil der Kritik gestellt, und sie waren wie jeder verantwortungsbewusste Landwirt bestrebt, solche Vorfälle sofort abzustellen . Zweitens . Zu den Tatsachen gehört aber leider auch, dass Erkrankungen und Verletzungen bei Tieren immer wieder auftreten können, dass Tiere auch verenden können, im konventionellen wie im Biobetrieb, und zwar im ganzen Land, nicht nur bei bestimmten Verbandsfunktionären . Das wird nie vollständig zu vermeiden sein . Keiner konnte den Bildern entnehmen, ob zum Beispiel eine Behandlung erfolgte . Auch die strengsten Vorschriften und die besten Tierärzte können Erkrankungen nicht verhindern . Drittens will ich feststellen: In unserem Land gibt es die nötigen Gesetze und Regelungen . Diese sind im Vollzug von den Ländern umzusetzen . Das Tierwohl ist zu verbessern . Das ist in unser aller Sinn, und das bleibt eine Daueraufgabe . Der eigentliche Skandal liegt für mich woanders . Er liegt in einer suggerierten Schlussfolgerung, die darauf abzielt, von den gesehenen Defiziten auf die gesamte deutsche Tierhaltung zu schließen . ({4}) Es ist für mich auch erschreckend, dass sich das beitragsfinanzierte öffentlich-rechtliche Fernsehen für eine solche Kampagne gegen die deutsche Landwirtschaft instrumentalisieren lässt . ({5}) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, durch objektive Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten . ({6}) Bildung, Information und Beratung wären meiner Meinung nach seine Pflichten, stattdessen erleben wir erneut eine gezielte und bewusst gesteuerte einseitige Darstellung gegen Tierhalter, ({7}) die jegliche Ausgewogenheit der Berichterstattung vermissen lässt . Viertens . Richtig wäre es meiner Meinung nach gewesen, die Probleme umgehend dem zuständigen Veterinäramt zu melden, sie sofort abzustellen und sie nicht mit politischem Kalkül zu verwenden . ({8}) Verbandsvertreter zu diskreditieren oder die ganze Branche zu verteufeln, das gehört nicht zum Aufgabenspektrum der ARD . ({9}) Die Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Betriebe, die tagtäglich, auch sonn- und feiertags, die Nahrungsgrundlagen für alle Menschen in diesem Land bereitstellen, und das in einer Zeit, in der die Branche genügend Probleme zu bewältigen hat, haben es in der Gesamtheit nicht verdient, generell immer wieder an den Pranger gestellt zu werden . ({10}) Im Gegenteil: Wir sind ihnen für ihre Arbeit zu Dank verpflichtet. Das sollten wir immer wieder deutlich machen. Lassen Sie mich abschließend noch auf einen anderen wichtigen Punkt eingehen . Für mit den geltenden Gesetzen unvereinbar halte ich die angewandten Methoden der Nachrichtenbeschaffung. Auch darüber müssen wir reden . Wer Einbrüche in Tierhaltungsanlagen großzügig als elementaren Bestandteil von Pressefreiheit interpretiert, der lebt außerhalb unserer Rechtsordnung . ({11}) Eine Straftat mit einer anderen zu rechtfertigen, das kann kein gangbarer Weg sein . ({12}) Es ist abenteuerlich genug, wenn sich sogenannte Aktivisten unerlaubt Zutritt zu Betrieben verschaffen, dort, wie ein Fall im Bördekreis in meinem Heimatland Sachsen-Anhalt zeigt, auch noch unerlaubt Videoaufnahmen anfertigen und dann vom zuständigen Amtsgericht freigesprochen werden, weil sie sich auf den rechtfertigenden Notstand berufen durften . ({13}) Auch ein derartiges Urteil ist ein falsches Signal . Ich erwarte, dass wir darüber reden . Ich erwarte, dass auch unser Justizminister dazu Stellung nimmt . ({14}) - Da können Sie gerne schreien; das ist meine Meinung . Wir haben es hier meiner Meinung nach mit einer Verschiebung des Wertesystems zu tun, ({15}) die zumindest ich so nicht mittragen kann . ({16}) Meine Damen und Herren, die Notwendigkeit eines effektiven Tierschutzes ist und bleibt unbestritten. Die deutschen Tierschutzstandards sind im europäischen und internationalen Vergleich hoch . ({17}) Sie setzen Maßstäbe, die andere erst einmal erreichen müssen . Wir sollten uns daher von dramatisierten und kampagnenmäßig verbreiteten Verfehlungen nicht den Blick aufs Ganze verstellen lassen . In der Summe bleiben wir Vorreiter im Tierschutz . Ich sage es Ihnen noch einmal: Den Tieren in unserem Land geht es insgesamt so gut wie noch nie . Vielen Dank . ({18})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Dr . Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke . ({0})

Dr. Kirsten Tackmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003853, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Herr Stier, Ihr Verständnis von der Unabhängigkeit von Gerichten ist sehr spannend . ({0}) Um eines am Anfang ganz klar zu sagen: Die Zustände in den Ställen, die in der Panorama-Sendung gezeigt wurden, sind absolut inakzeptabel . Diese Bilder sind für mich als Tierärztin wirklich sehr, sehr schwer zu ertragen . Man muss, glaube ich, kein tiefes Fachwissen besitzen, um zu erahnen, welche Schmerzen die Tiere in den Videosequenzen haben und dass diese Tiere schon länger unter den Schmerzen leiden . Den Einschätzungen meiner beiden Berufskolleginnen, die in dem Beitrag zu Wort kommen, ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen, und sie bieten auch keinen Bewertungsspielraum . Natürlich muss das endlich ganz konsequent aufgeklärt werden, und zwar ohne Ansehen der Person . ({1}) Ehrlich gesagt überlege ich seit Tagen, was mich eigentlich mehr entsetzt: das unnötige Leid der Tiere, das aus diesen Bildern spricht, oder die Ausflüchte und Rechtfertigungsmanöver der Verantwortlichen, die immerhin hohe Funktionen im Berufsstand bekleiden? Aus vielen Betriebsbesuchen weiß ich, dass es eben nicht in allen Ställen so aussieht wie in diesen Videos . Gerade deshalb sind diese Bilder wahrscheinlich für viele Tierhalterinnen und Tierhalter wirklich bitter . Sie kämpfen seit Monaten ums Überleben und fühlen sich jetzt zu Unrecht an den Pranger gestellt . Umso wichtiger ist es für mich als Linke, die Kritik richtig zu adressieren . Dabei ist es für mich übrigens nicht wichtig, wie die Bilder zustande gekommen sind und warum . Entscheidend ist, dass sie real existierende Probleme zeigen . Ja, natürlich sehe gerade ich als gelernte Tierseuchenbekämpferin Guerillaaktionen, bei denen man sich illegal Zutritt zu Ställen verschafft, problematisch. Auch die totale Ablehnung jeder Nutztierhaltung, die oft hinter solchen Aktionen steckt, entspricht nicht meiner Position - im Gegenteil . Aber das darf uns doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir reale und ernsthafte Probleme in der Nutztierhaltung haben, ({2}) und zwar nicht nur in der konventionellen und auch nicht nur in größeren Ställen . Auch hier ist die Welt eben bunt und nicht schwarz-weiß . Aber deshalb macht es doch gerade Sinn, über die Botschaft zu diskutieren und nicht den Boten zu verteufeln . Wenn allerdings bei Kenntnis der Missstände durch die Akteurinnen und Akteure nicht sofort eine Anzeige erstattet wurde, ({3}) dann riecht das eben ein bisschen sehr nach Kampagne, und zwar auf Kosten der Tiere . Auch das ist nicht akzeptabel . ({4}) Aber die eigentlich spannende Frage an uns als Gesetzgeber ist doch bei dem Thema Tierwohl folgende: Handelt es sich nur um persönliches Fehlverhalten oder um einen Systemfehler? Die eigentliche Ursache der Probleme in der Nutztierhaltung ist doch, dass Tiere oder auch die menschliche Arbeitskraft zur Ware degradiert werden, die möglichst billig sein muss . Das ist natürlich ein Systemfehler . ({5}) Wer profitiert denn von diesem System? Das sind doch nicht die Landwirtschaftsbetriebe, die um ihre Existenz kämpfen, sondern die Handels-, Schlachthof- und Molkereikonzerne, die nicht bereit sind, die Erzeugerpreise zu zahlen, die für mehr Tierwohl und für gute Löhne für gute Arbeit gebraucht werden . Ihr Geschäftsmodell beruht doch auf Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur . Davor muss der Gesetzgeber schützen . ({6}) Die moralischen Appelle der Bundesregierung sind doch glatte Arbeitsverweigerung . Politik muss den Rahmen dafür setzen, dass unmoralisches Verhalten nicht zugelassen, sondern verhindert wird . Ohne die erpresserische Marktübermacht nicht endlich wirksam zu beenden, werden wir auch die Probleme in den Ställen nicht lösen . Verlierer sind nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen, die sie betreuen . Sie fühlen sich zu Recht oft im Stich gelassen . Es läuft doch grundsätzlich etwas schief in einem Land, wenn diejenigen, die unsere Existenzgrundlage, die Versorgung mit Lebensmitteln, sichern, selbst nicht davon leben können . Viele sind allerdings längst weiter als mancher Bauernverbandsfunktionär . Sie wollen Veränderungen . Wir sollten sie dabei unterstützen . ({7}) Wir sollten übrigens auch die Kontrollbehörden vor Ort unterstützen . In der Haut der Kontrolleure möchte ich, ehrlich gesagt, auch nicht stecken . Wer sich mit ihnen unterhält, weiß, dass sie im Brennpunkt dieses Konfliktes stehen. Einerseits wachsen die Erwartungen vieler Menschen, dass es mehr Tierwohl in den Ställen gibt, und damit allerdings auch die Erwartungen an die Kontrollbehörden, genau das durchzusetzen . Andererseits wird die Lücke zwischen dem, was die Gesellschaft erwartet, und dem, was mit den bestehenden Gesetzen tatsächlich durchgesetzt werden kann, immer größer . Ergebnis ist, dass die Kontrollbehörden wieder für die Missstände verantwortlich gemacht werden, die gar nicht sie zu verantworten haben, sondern wir als Gesetzgeber . Deswegen ist es wichtig, dass wir endlich handeln und nicht nur reden . In diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, dass das Personal in den Kontrollbehörden oft so gering ist, dass eine lückenlose oder annähernd vernünftige Überwachungsdichte in den Ställen gar nicht realisiert werden kann . Ich sage ganz klar: Das Thema Tierwohl ist sehr wichtig . Es ist uns ein großes Anliegen, hier Lösungen zu finden, die tatsächlich auch für die Betriebe funktionieren . Wir müssen hier endlich handeln; sonst eskaliert die Situation . Ich möchte nicht, dass wir die einheimische Tierhaltung verlieren . Vielen Dank . ({8})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr . Wilhelm Priesmeier für die SPD-Fraktion . ({0})

Dr. Wilhelm Priesmeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als tierschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion habe ich mich lange Zeit mit den verschiedensten Entwicklungen des Tierschutzrechtes beschäftigt . Wir haben im Laufe der Jahre einen Diskussionsprozess durchlaufen . Tierschutz ist zu einem zentralen Thema in der Gesellschaft geworden und wird auch in Zukunft die Entwicklungschancen vor allen Dingen des Veredelungssektors und vieler landwirtschaftlicher Betriebe und Familien ganz entscheidend bestimmen . Deshalb haben mich die Bilder und auch die Videosequenzen, die ich mir angeschaut habe, als Tierarzt sehr betroffen gemacht. Denn, ich glaube, ich kann aufgrund meiner Ausbildung einschätzen, was chronisch ist . Entzündete Gelenke, Abszesse oder großflächige Wunden mit viel Granulationsgewebe entstehen nicht von heute auf morgen, sondern sind im Regelfall die Folge eines längeren Entzündungsprozesses; andere Tiere haben sich dort sozusagen auch bedient . Wir wissen um die Schwierigkeiten in dem Sektor in Gänze . Wir wissen auch, dass solche Unterlassungen so sehe ich das - in dem Zusammenhang nicht immer vorsätzlich oder absichtlich geschehen . Manchmal sind die Betriebe auch einfach überfordert: auf der einen Seite aufgrund der Erwartungen, die wir an sie haben, auf der anderen Seite im Hinblick auf die Möglichkeiten, die sie haben . Jeder, der einen Betrieb führt, hat dafür die Verantwortung zu tragen . Recht und Gesetz gelten für alle und für jeden . Da kann sich keiner ausnehmen, auch nicht diejenigen, die jetzt namhaft gemacht worden sind . Der Bauernverband hat ja eine Klarstellung verlangt . Ich gehe davon aus, dass es eine Klarstellung geben wird . Ich hoffe im Sinne der jetzt namentlich Erwähnten und Betroffenen, dass sie nicht in der Weise betroffen sind, wie es auf diesen Bildern deutlich wird . Sie werden einen Vertrauensverlust erleiden . Das gilt erst recht für diejenigen, die, wie es zum Teil der Fall ist, eine öffentliche Funktion in Verbänden wahrnehmen . Das Kapital, das man hat und mit dem man überzeugen kann, ist die Glaubwürdigkeit . Wenn Aussage und Handeln nicht übereinstimmen, dann ist man nicht mehr glaubwürdig, dann bekommt man auch in den Funktionen, die man wahrnimmt, Probleme . ({0}) Ich kann daher nur appellieren, wenn denn einige Betroffene dabei sein sollten, die Vorgänge offen aufzuarbeiten und sich dazu zu bekennen . Dann wird es auch für die anderen Betriebe einfacher, die jetzt in Mithaftung genommen werden . Denn ein Nichtkenner, also jemand, der nicht regelmäßig in solchen Ställen ist, weiß nicht, wie es dort zugeht, sondern er vermutet etwas . Deshalb ist es meiner Einschätzung nach sehr wichtig, dass Transparenz gewährleistet wird . Wir brauchen Transparenz, Offenheit und Klarheit. Wir brauchen auch die Bereitschaft, am Schlachthof erhobene Befunde zu dokumentieren und zugänglich zu machen, damit wir die Vorgänge nachvollziehen können . ({1}) Dazu gehört zum Beispiel die Betrachtung der Mortalitätsrate; sie ist der wichtigste Indikator, wenn man eine Aussage über den Hygienezustand eines Betriebes treffen will . Dazu gehören aber auch weitere Faktoren, die einzubeziehen sind, auch wenn es um die Weiterentwicklung unseres Tierschutzrechtes geht . Das, was wir an Tierschutzrichtlinien auf europäischer Ebene haben, ist eine Schweinehaltungsrichtlinie von 1991, bei der wir in Deutschland nach langem Hin und Her nur die vorgegebenen Mindeststandards umgesetzt haben, nicht mehr . Der angekündigte Bericht, der 2008 vorliegen und eine Bewertung enthalten sollte, ist auf europäischer Ebene nie aufgetaucht . Das macht deutlich, dass wir in der Gesellschaft zwar heftig über dieses Thema debattieren, dass es aber auf anderen Ebenen und zum Teil auch in anderen europäischen Mitgliedstaaten nicht die Bedeutung hat, die es bei uns hat . Wir sollten im Sinne unserer Betriebe und ihrer Wettbewerbsfähigkeit dafür sorgen, dass wir auch im Hinblick auf den europäischen Rechtsrahmen gleiche Bedingungen und Voraussetzungen haben . Wichtig ist vor allen Dingen, dass derjenige, der bereit ist, höhere Standards umzusetzen und den Tierschutzanforderungen besser zu entsprechen, für sein Produkt besser bezahlt wird . Deshalb halte ich es für vernünftig und richtig, solche Produkte klar zu kennzeichnen . Was die Bemühungen betrifft, im Rahmen der verschiedensten Strukturen in Schritten voranzugehen, muss man schauen, ob sie dauerhaft Bestand haben . Verglichen mit dem, was der Lebensmitteleinzelhandel und andere, die an der Landwirtschaft verdienen und ihre Wertschöpfung daraus ziehen, übrig haben, hat ein Landwirt im Regelfall zwar ein höheres Risiko, aber weniger übrig . Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen . Wir müssen auch den Unternehmen und Betrieben deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann . Da macht es wenig Sinn, Vorgänge zu skandalisieren und jemanden in die Ecke zu stellen . Das alleine löst das Problem nicht. Ich kann an diejenigen, die jetzt betroffen sind, nur appellieren: Ändern Sie die Bedingungen in Ihren Beständen, und gestalten Sie Ihre Bestände so, dass man jederzeit hineinschauen kann! ({2}) Auch derjenige, der vielleicht zu einer anderen Einschätzung kommt, weil er mit der Landwirtschaft nicht viel zu tun hat, sollte hineinschauen dürfen . Vielen Dank . ({3})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Marlene Mortler für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Marlene Mortler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003596, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir distanzieren uns klar von allen schlimmen Bildern, die der Realität entsprechen und damit dem Tierschutz widersprechen . Mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und mit dem Tierschutzgesetz haben wir ein klares Regelwerk . Wenn sich jemand nicht daran hält, muss das verurteilt bzw . angezeigt werden . ({0}) Abstellen oder Betrieb einstellen! Aber mein Selbstverständnis als Bäuerin war bisher: Zuerst die Tiere und dann die Familie . Wenn es den Tieren gut geht, dann geht es auch der Familie gut . Diese innere Einstellung gilt für viele, viele Bäuerinnen und Bauern in unserem Land, für große und für kleine Betriebe, für konventionelle und für Biobetriebe . Das ist die gute Botschaft . Die schlechte Botschaft ist, dass genau diese Bauern und Bäuerinnen immer häufiger, immer gezielter mit den schwarzen Schafen in einen Topf geworfen werden . Das ist in hohem Maße unfair, und es ist gefährlich . Es verunsichert unsere Bäuerinnen und Bauern . Es verunsichert aber vor allem unsere Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich fragen: Was sollen wir überhaupt noch glauben? Was sollen wir überhaupt noch machen? ({1}) Auf meinem Hof leben 100 Hühner - ich sage mal so gut wie mit Familienanschluss . Trotzdem gibt es immer wieder tote und kranke Tiere . Das sind keine schönen und schon gar keine idyllischen Bilder . Auf der anderen Seite wissen wir: Auch von besten Biohöfen kann man schlimme Bilder produzieren . Bei jeder Geburt fließt Blut, es gibt die Nachgeburt. ({2}) Auch hier gibt es heftige Wunden, Geschwüre, Totgeburten oder den Einsatz von Antibiotika . ({3}) - Hören Sie doch zu! - Der anerkannte und renommierte Biobetrieb Herrmannsdorfer Landwerkstätten kann ein Lied davon singen. Der Hof öffnete dieses Jahr einem öffentlich-rechtlichen Sender bereitwillig seine Tür. Was er nicht wusste: Im Vorfeld war in den Betrieb eingebrochen worden, um Bildmaterial zu besorgen . Dieses illegale Bildmaterial wurde dem öffentlich-rechtlichen Sender übergeben, entsprechend aufbereitet und gesendet . Wer steckte dahinter? Die SOKO Tierschutz, eine Organisation, die die gesamte Tierhaltung abschaffen will und unsere Gesellschaft zur veganen Ernährungsweise umerziehen will . Dafür scheint jedes Mittel recht: Einbruch, einseitige, verfälschende Bilder, verleumderische Anschuldigungen . Solche „Vereine“ - in Anführungszeichen - schießen inzwischen wie Pilze aus dem Boden . Sie nennen sich „gemeinnützig“, sind im Grunde ein Closed Shop und leben davon, andere schlechtzumachen . ({4}) Sie bezeichnen Tierhalter als Serienverbrecher und Sklavenhalter und applaudieren, wenn, wie kürzlich, eine „Rinderpersönlichkeit“ ihren „Sklavenhalter“ fast allegemacht hat . Das muss man mal vom Anfang bis zum Ende denken . In welcher Welt leben wir? Wo soll das hinführen? Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn Landwirte von selbsternannten Tierrechtsorganisationen noch im Tod verunglimpft werden . Es wäre auch ein Schlag ins Gesicht aller Bäuerinnen und Bauern, wenn ein Verein, der sich solcher Methoden bedient, weiterhin steuerbegünstigt Spenden sammeln könnte . ({5}) Und es ist ein Schlag ins Gesicht aller Bauernfamilien, wenn sie - so sieht es das Gesetz vor - bestraft werden, diffamiert werden, öffentlich bloßgestellt werden, aber die Hausfriedensbrecher nicht . Der Glaube an den Rechtsstaat gerät ins Wanken . Meine Bauern sagen mir: Wir beklagen uns nicht über frühmorgendliche Stallarbeit, über Wochenendarbeit, über Arbeit bis spät in die Nacht . Wir ackern, wir rackern für unsere Höfe, für unsere Familien, für unsere Tiere . Aber wenn der Einsatz für meinen Hof nichts mehr wert ist, dann fühle ich mich als Mensch, als Person, auch infrage gestellt . - Vertreter der Landjugend aus dem SaarDr. Wilhelm Priesmeier land haben es in der letzten Woche bei uns im Ausschuss so gesagt: Wir fühlen uns immer mehr als Spielball zwischen Politik, Handel und Medien . ({6}) An dieser Stelle möchte ich innehalten und auf den kommenden Sonntag blicken, auf das Erntedankfest . Ich danke an dieser Stelle allen Bauern und Bäuerinnen weltweit, ({7}) die dafür sorgen, dass wir jeden Tag einen so reichhaltig und vielfältig gedeckten Tisch haben . Ich danke Ihnen . ({8})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke . ({0})

Eva Maria Bulling-Schröter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002636, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich gut an 2002 erinnern, als wir hier in diesem Hause den Tierschutz im Grundgesetz verankert haben, und ich weiß noch, wie wir darum gerungen haben; denn die CDU/CSU wollte das ja absolut nicht . Kurz danach kam aber die Bundestagswahl, und dann hatte man doch entschieden, dass man das tun sollte . Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass der Tierschutzbund draußen ein großes Grundgesetz aufgestellt hatte . Wir haben gefeiert und waren ganz froh . Der Tierschutzbund hatte sich an der Initiative Tierwohl beteiligt, einer Initiative der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels, und viele von uns dachten: Da wird etwas besser . - Inzwischen ist der Tierschutzbund aber wieder aus der Initiative herausgegangen, ({0}) weil er ein Zeichen setzen wollte, dass es nicht hinnehmbar ist, dass die Möglichkeiten so gering sind . Auch Panorama hat ein Zeichen gesetzt, und ich habe jetzt schon das Panorama-Bashing gehört . Es geht um Agrarfunktionäre; es geht nicht um irgendjemanden . ({1}) Es geht darum, dass man nicht den Bock zum Gärtner machen darf und dass sie eine Vorbildfunktion haben müssten, sie aber offensichtlich nicht haben. ({2}) Aus diesem Grund gilt meine große Anerkennung den Undercover-Filmern und den Tierrechtsaktivisten; ({3}) denn diese Transparenz brauchen wir, und ich halte es für richtig und wichtig, diese Verhältnisse aufzudecken . ({4}) Nachdem ich mir angehört habe, was Herr Stier alles zum Recht gesagt hat, kann ich Ihnen nur ein Urteil zitieren . In diesem Urteil wurde das Leid von Schweinen als gewichtiger Notstand gewertet, und alle Tierrechtsaktivisten wurden freigesprochen . Und da können Sie natürlich Gerichtsbashing betreiben . Ferner höre ich: Das öffentlich-rechtliche TV hat diese Aufgabe nicht . - Da haben Sie Demokratie falsch verstanden. Wir wollen definitiv Aufklärung. ({5}) Stichwort „Rechtsstaat“: Wenn das TV das nicht mehr bringen und keine Aufklärung betreiben darf - wir finden es richtig, dass es das tut -, dann landen wir bei ungarischen Verhältnissen . Wollen Sie das? ({6}) Jetzt reden wir über die Ursachen . Es gibt ein weiteres Dumping bei Fleischpreisen . Wenn wir uns die Arbeitsverhältnisse in den Schlachtereien anschauen - das kommt immer wieder -, dann sehen wir, dass dort osteuropäische Arbeiter unter miesesten Bedingungen arbeiten . Bis jetzt ist in dieser Sache noch nicht viel passiert auch nicht gegen die Dumpingpreise . Wir haben gehört: Die Bäuerinnen und Bauern stehen dazwischen . - Es stimmt, dass sie dazwischenstehen . Aber was machen Sie denn als Bundesregierung? Nichts! Sie lassen sie im Regen stehen . ({7}) Der Wettbewerb wird immer brutaler, und die Discounter tragen ihn auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern aus . So geht es nicht weiter . ({8}) Ich kann Ihnen sagen: Ich war auf einem Bauernhof bei mir in der Region in Bayern . Der Bauer hatte 50 Kühe . Die hat er jetzt verkauft, weil er davon nicht mehr leben konnte . ({9}) Ich habe das fotografiert, und er hat geweint. - Das ist das, was man den Menschen antut . Das ist die Verunsicherung der Bäuerinnen und Bauern, Frau Mortler . Was erwarten jetzt die Menschen? Wir erwarten, dass es endlich Tierschutzgesetze gibt, die so etwas nicht zulassen . ({10}) Es darf keine freiwilligen Vereinbarungen mehr geben, sondern vernünftige Gesetze müssen her . Wir erwarten, dass wir wirklich durchgreifen und nicht dem Druck weichen . ({11}) Ich habe gehört, dass sich einige umgebracht haben - es gibt sogar Selbstmorde -, weil sie den Druck nicht mehr ausgehalten haben . Vor die muss man sich stellen, und die muss man schützen . Die Länder müssen mehr Geld zur Verfügung stellen, damit systematisch kontrolliert wird . Wir wollen nicht immer mehr und immer billigeres Fleisch . Wir brauchen auch nicht immer mehr Exporte, sondern wir wollen gesunde Lebensmittel . ({12}) Die Mehrheit der Bevölkerung will gesunde Nahrungsmittel, ohne fürchten zu müssen, dass sich durch den Verzehr von Fleisch Antibiotikaresistenzen einstellen könnten, sodass die Menschen im Krankenhaus vielleicht keine Chancen mehr haben . Wir wollen keine Gentechnik . Wir müssen das Verhältnis Mensch-Tier neu diskutieren . - Ja, Mensch, wo ist denn die Empathie von Ihnen allen? Wir brauchen bessere Gesetze und Kontrollen . Wir brauchen natürlich auch ein anderes Verbraucherverhalten . „Geiz ist geil“ funktioniert eben nicht, sondern gute Ware hat natürlich ihren Preis . Ich denke, das müssen auch die Menschen wissen . Das heißt, wie gesagt, wir brauchen ein anderes Verbraucherverhalten, hin zu weniger Fleisch . Ich persönlich bin seit fünf Jahren Vegetarierin . ({13}) Ich finde das richtig. Wir brauchen keine neuen und größeren Mastanlagen . Wir müssen auch an den Klimaschutz denken, an den CO2-Ausstoß und den Schutz des Wassers . Zum Schluss möchte ich noch Pythagoras zitieren, der schon 570 vor Christus gesagt hat: Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück . Das war vor wirklich sehr langer Zeit . Danke . ({14})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Christina Jantz-Herrmann für die SPD-Fraktion . ({0})

Christina Jantz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004313, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute in der Aktuellen Stunde „über nicht tragbare Verhältnisse in Tierställen“ . Aktuell ist das Thema, ja . Doch neu ist es wahrlich nicht. Betroffen macht es jedes Mal aufs Neue . Jedem, der sich mit dem Thema Nutztierhaltung befasst, ist leider bekannt, dass es in den Ställen große Missstände in Sachen artgerechte Tierhaltung geben kann . ({0}) Hier darf man aber nicht der Versuchung erliegen, nur die konventionelle Landwirtschaft zu nennen . Dennoch ist gerade sie besonders gefährdet, den Tierschutz dem Profit unterzuordnen. Sie steht aktuell wie keine andere Form der Landwirtschaft unter dem ökonomischen Druck . Was zeigt uns die aktuelle Debatte? Erstens . Sie zeigt uns, dass die tierschutzrechtlichen Vorschriften hierzulande offensichtlich immer noch unzureichend sind. ({1}) Zweitens . Sie zeigt, dass selbst die unzureichenden geltenden Regelungen noch lange nicht eingehalten werden . Drittens . Sie zeigt, dass die Kontrollmechanismen vor Ort oft nicht greifen . Ich erwarte daher, dass die Kontrollbehörden ihre Arbeit nun kritisch hinterfragen. Die Beschaffung des Bildmaterials kann und muss - das klang hier an - sicher kritisiert werden. Doch sie scheint immer noch effektiver zu sein als die behördlichen Kontrollen . ({2}) Auch die Spitzenfunktionäre der Agrarverbände sollten ihre Arbeit kritisch hinterfragen . Sie zeichnen ein Bild von guter landwirtschaftlicher Praxis . Dieses Bild ist mit den widerwärtigen Verhältnissen, die es, wie gesagt, leider immer noch in den deutschen Ställen gibt, absolut nicht in Einklang zu bringen . ({3}) Ein einfacher Verweis auf vermeintlich schwarze Schafe oder die Schaffung einer Wagenburgmentalität durch die Landwirtschaft werden dies nicht ändern . Diese Taktik vergrößert eher die Kluft, die wir zwischen Gesellschaft und Bauernschaft haben . Sie nimmt darüber hinaus die Höfe in Geiselhaft, die tatsächlich gute landwirtschaftliEva Bulling-Schröter che Praxis betreiben . Das ist, meine Damen und Herren, wie ich denke, immer noch die Mehrheit . ({4}) Gerade wenn ich in meinem Wahlkreis unterwegs bin, erlebe ich das . Es reicht nicht aus, die bereits relativ hohen Tierschutzstandards in Deutschland immer wieder zu preisen und ansonsten nur die mangelnden Kontrollen zu beklagen . Als Deutscher Bundestag sind wir für die Rechtsetzung zuständig . Doch hier fehlt an mancher Stelle der Mut . Teilweise werden unsere Bemühungen für mehr Tierschutz sogar konterkariert . Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union - ich möchte Sie auch einmal direkt ansprechen - , warum lassen Sie Ihren Minister bei dem Vorstoß, das Töten trächtiger Tiere zu verbieten, bislang im Regen stehen? ({5}) Hier übrigens lobbyiert der Deutsche Bauernverband die Agrarverbände hatte ich vorhin schon erwähnt gemeinsam mit dem Bundesverband Praktizierender Tierärzte dafür, das geplante Verbot der Schlachtung hochträchtiger Tiere auf Rinder zu beschränken . Aber was ist mit Schweinen, Schafen und Ziegen? Hier rücken sich die Akteure ganz von selbst in ein äußerst schlechtes Licht . Es gibt also viel zu tun, um die Situation der Tiere in den Ställen zu verbessern: Wir müssen endlich einen Sachkundenachweis für Nutztierhalter einführen . Wir müssen gegen Qualzuchten vorgehen . Wir müssen die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern verbieten . Und wir müssen vor allen Dingen - ein weiteres wichtiges Thema, meine Damen und Herren - sicherstellen, dass männliche Kälber in der Milchindustrie nicht als genauso wertlos betrachtet werden, wie es derzeit bei männlichen Eintagsküken in der Geflügelzucht der Fall ist. Immerhin tut sich etwas in Sachen Label . Um Landwirten und auch gerade den Verbrauchern ein Instrument an die Hand zu geben, welches ihnen die Entscheidungsfindung erleichtert und den Landwirten die Möglichkeit gibt, ihre guten Haltungsbedingungen zu beschreiben, brauchen wir das staatliche Tierschutzlabel . An Expertise zur Verbesserung des Tierschutzes in Deutschland mangelt es bekanntlich nicht . Alle Expertise der Welt hilft aber nicht, wenn die Erkenntnisse dann kaum oder gar nicht umgesetzt werden . ({6}) Wir erwarten daher von Ihnen, Minister Schmidt, den Abschlussbericht des Kompetenzkreises Tierwohl, der seit kurzem vorliegt, nicht so stiefmütterlich zu behandeln wie das Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ des Wissenschaftlichen Beirats . Minister Schmidt, Sie müssen auch in Sachen Tierschutz deutlich aktiver werden . ({7}) Denn ansonsten ist zu befürchten, dass Ihrem Wirken leider nur das Prädikat „organisierte Unverantwortung“ verliehen wird . ({8}) Insbesondere eine Novelle des Tierschutzgesetzes - das ist angeklungen - ist überfällig . Wir als SPD stehen dafür bereit . Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit . ({9})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr . Anton Hofreiter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, glauben Sie wirklich, dass Sie irgendeinem einzelnen anständigen Bauern oder irgendeiner einzelnen anständigen Bäuerin einen Gefallen tun, wenn Sie die Probleme, die es im Bereich der Massentierhaltung gibt, konstant leugnen und konstant so tun, als gäbe es hier keinen Handlungsbedarf, und immer nur davon sprechen, dass es einzelne wenige schwarze Schafe gibt und wir kein Problem im System der Massentierhaltung haben? Glauben Sie, dass dies nur einem einzigen Bauern oder einer einzigen Bäuerin helfen wird, die in ihrer überwiegenden Mehrheit anständige Leute sind? ({0}) Schauen Sie sich die Bilder doch einmal an! Dort werden Tiere mit klaffenden Wunden gezeigt. Es werden Schweine gezeigt, die über den Boden kriechen . Das ist eine im Kern unanständige Haltung . Es werden ja nicht die Bilder vom Hof irgendeines Massentierhalters gezeigt, den man schon wegen seiner systematischen Verstöße kennt wie Herrn Straathof, sondern die Bilder stammen zum Beispiel von den Höfen von Herrn Hegemann - er ist der Vorsitzende des Zentralverbands der Deutschen Schweineproduktion -, die Bilder stammen von Herrn Storck - er ist der Vorsitzende des Verbands Deutscher Putenerzeuger -, und die Bilder stammen auch leider von Herrn Rörings Hof - er ist der Vorsitzende des Fachausschusses Schweinefleisch im Bauernverband . Das sind die Spitzenfunktionäre in den Standesorganisationen . Von deren Höfen stammt das Ganze . Da müssen Sie doch zugeben: Es gibt ein Problem im System . ({1}) Wenn Sie vielleicht uns nicht glauben wollen, dann möchte ich Professor Matthias Gauly zitieren . Er gehört dem Wissenschaftlichen Beirat Ihres Bundeslandwirtschaftsministeriums an und ist einer der höchsten Tierärzte überhaupt . Er hat zu diesen Bildern, die ihm vorgelegt worden sind, wörtlich gesagt: Das ist „die schlechteste Form der Schweinehaltung, die man sich vorstellen kann“ . Das hat der Vertreter des Wissenschaftlichen Beirats Ihres Bundeslandwirtschaftsministers dazu gesagt . Hören Sie doch einmal auf die Wissenschaft in diesem Zusammenhang! ({2}) - Ich finde es interessant, dass Sie das lustig finden. Es ist bezeichnend, dass Sie das Ganze witzig finden. Sie haben sich offensichtlich diese Bilder noch nicht angeschaut. Ich jedenfalls finde daran überhaupt nichts witzig . Ich glaube, auch alle anständigen Bäuerinnen und Bauern finden daran überhaupt nichts witzig. ({3}) - Sie können ruhig dazwischenschreien . Schauen Sie sich einmal einen Bauernhof an! Ich habe mir viele Bauernhöfe angeschaut . Aber ich war noch nie auf einem Bauernhof, auf dem solche Bilder zu sehen waren . Umso entsetzlicher ist, dass die genannten Verbandsvertreter solche Zustände bei sich zulassen . ({4}) Schauen wir uns einmal an, was während der Amtszeit von Herrn Schmidt passiert ist . Herr Schmidt versteckt sich hinter freiwilligen Selbstverpflichtungen. Herr Schmidt verteidigt das System . Herr Schmidt macht einfach weiter bei „Wachse oder weiche“ . Herr Schmidt unternimmt überhaupt nichts dagegen, dass der Milchpreis total abgestürzt ist . ({5}) Herr Schmidt unternimmt nichts dagegen, dass die Schweinehalter de facto mit dem Rücken an der Wand stehen . Herr Schmidt redet davon, dass es vielleicht irgendwann einmal ein Tierwohlkennzeichen gibt . Was hat Herr Schmidt zu Beginn seiner Amtszeit versprochen? Dass es den Tieren am Ende seiner Amtszeit besser und nicht schlechter gehen soll . Nun gibt es solche Bilder . Glauben Sie noch irgendetwas von dem, was bekannt gegeben wird? Wann fängt dieser Herr Minister eigentlich endlich an, zu arbeiten? Er hat jetzt noch ein knappes Jahr, ein Dreivierteljahr, Zeit . Wann kommen endlich Gesetze und Regelungen? Wann wird etwas getan? Was zu tun ist, ist eigentlich klar . Wir brauchen endlich eine vernünftige Kennzeichnung, sodass der Verbraucher, über den häufig gelästert wird, dass er immer nur das Billigste kauft, weiß, was er da kauft . Ich nenne als Beispiel die fachwerklich geschmückte und ländliche Idylle suggerierende Marke „Gut Drei Eichen“ . Das ist die Handelsmarke von Aldi . Dieses Gut gibt es überhaupt nicht . „Gut Ponholz“ von Netto und „Mühlenhof“ von Penny gibt es in dieser Form ebenfalls nicht . Aber das alles ist vollkommen legal . Gegen eine klare Kennzeichnung, wie es sie schon bei den Schaleneiern gibt - damals wurde eine entsprechende Regelung unter Rot-Grün geschaffen -, wehren Sie sich; das verweigern Sie. Warum führen Sie nicht endlich eine klare Kennzeichnung ein, die simpel und nachvollziehbar ist? Das könnten Sie doch machen . Sie haben hier die Mehrheit . ({6}) Schauen wir uns die Verteilung der Gelder an . Über 25 Prozent der Gelder bekommen 3 bis 4 Prozent der größten Betriebe . Warum verteilen Sie die Gelder nicht stärker nach Kriterien des Tierwohls, um so den Umbau hin zu anständigen Ställen voranzutreiben? Warum tun Sie das alles nicht? Dafür ist es höchste Zeit . Wir brauchen dringend eine Agrarwende, die dafür sorgt, dass es den Tieren, den Landwirten und am Ende auch der Umwelt besser geht; das ist angesagt . Stattdessen verleugnen Sie, schieben es auf die Presse, ducken sich weg und wollen nicht verantwortlich sein . Handeln Sie endlich! Sie haben hier eine 80-Prozent-Mehrheit und stellen den Minister . Tun Sie endlich etwas! ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Rita Stockhofe für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Rita Stockhofe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich sind die Bilder, die uns in dem Fernsehbeitrag präsentiert wurden, nicht schön . Wir alle wissen, dass Bilder von Verletzungen und Krankheiten, die auch in freier Wildbahn oder in Freilandhaltung vorkommen, nie schön sind . Das ist auch hier der Fall . ({0}) Laut Aussage des behandelnden Tierarztes wurden alle Maßnahmen getroffen, die die Verletzung bzw. die Erkrankung erfordern . Deshalb werden die Bilder sicherlich nicht schöner . Aber die Tiere befanden sich in professioneller Betreuung und Behandlung . Wenn eine Wunde durch einen Tierarzt behandelt wird, sieht sie nicht automatisch schön aus . Heilungsprozesse brauchen ihre Zeit . Auch Bilder davon sind nicht immer schön anzusehen . Wir wissen aber auch, dass diese Organisation - ich mag sie ungern „Verein“ nennen - in den Ställen war, sich aber natürlich nicht im gesamten Stall umgesehen hat, sondern im Regelfall in die Krankenbucht, also im Prinzip in das Krankenhaus des Stalles, geht, wo die Tiere, denen es nicht gut geht, untergebracht werden, damit sie eine Sonderbehandlung bekommen können, damit sich die Tierärzte verstärkt kümmern können, damit sie von den gesunden Tieren separiert sind, damit man dann versuchen kann, sie so zu behandeln, dass es ihnen besser geht . Als Nächstes sollte sich der Betrachter fragen, wie es zu solchen Bildern kommen kann . Worauf wollen die Grünen mit dem Titel der Aktuellen Stunde hinaus? Meiner Meinung nach sind solche Verhältnisse, nämlich dass in die Ställe eingedrungen - genauer gesagt: eingebrochen - worden ist, nicht tragbar . ({1}) Schlimm ist, dass die Einbrecher nicht mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen . Wir haben heute schon mehrfach gehört, dass bei Klagen wegen Hausfriedensbruch das Verfahren per Gerichtsurteil eingestellt worden ist . ({2}) Wenn die Situation wirklich so wäre, wie sie uns dargestellt wird, hätte direkt nach Aufnahme des Filmmaterials das Veterinäramt informiert werden müssen . Warum ist das nicht erfolgt? Was wollen die Einbrecher von Animal Rights Watch mit dieser Aktion erreichen? Der Verein hat das Ziel formuliert, dass Menschen kein Fleisch mehr essen sollen . Sie sollen sich ausschließlich von Pflanzen ernähren. Ob es besser ist, wenn man sich von vegetarischen Würstchen ernährt, die, wie Stiftung Warentest gerade festgestellt hat, Mineralöle enthalten, soll jeder für sich entscheiden . Bitte nicht vorschreiben! Was ist an diesem Ziel eigentlich gemeinnützig? Warum gibt es für diesen Verein Steuervorteile? ({3}) Nehmen die Einbrecher tierisches Elend in Kauf, um ihre Ziele durchzusetzen, und zeigen deshalb Missstände nicht beim Veterinäramt an? Wissen sie, dass nur durch die Art der Darstellung der Bilder in ihren Filmen und durch die Kommentare ein widerrechtliches Handeln vorgetäuscht wird? Einer eidesstattlichen Erklärung eines Tierarztes ist zu entnehmen, dass das tote Schwein, das in dem Film gezeigt wird, unmittelbar vor den Filmaufnahmen in den Stall verbracht wurde . ({4}) Haben die Einbrecher das Schwein mitgebracht? Ohrmarkennummern sind nicht zu erkennen . Haben sie das gemacht, um Bilder zu machen, die ihrem Anliegen dienen, und damit billigend in Kauf genommen, Seuchen oder Krankheiten in diesen Stall einzuschleppen? Zusammenfassend möchte ich zu diesem Bereich sagen: Wir müssen genau hinsehen, wenn Vereine als gemeinnützig anerkannt werden . Vielleicht brauchen wir auch für solche Vereine eine Transparenzoffensive. Wie finanzieren sie sich? Wie viele Vorstandsmitglieder haben sie? Wer darf überhaupt Mitglied werden? Darf man vielleicht nur Fördermitglied werden? Geht es vielleicht in Wirklichkeit nicht nur um die hehren Ziele, die sie nach außen tragen? Ich möchte nicht in die Situation geraten, dass in mein Eigentum eingebrochen werden darf, ohne dass unsere Justiz das ahndet . Nachdem ich mit Freunden über das Thema dieser Aktuellen Stunde gesprochen habe, hat mich jemand gefragt: Kannst du das so sagen? Dann stehen sie morgen auch bei euch auf dem Hof . - Da habe ich gesagt: Sicher kann das sein . Diesen Aktivisten traue ich alles zu . Deshalb aber den Mund zu halten und Missstände nicht zu benennen, ist nicht meine Art und darf auch nicht die Konsequenz sein . ({5}) Als Nächstes möchte ich mein Augenmerk auf die Medien lenken . ({6}) Welche Aufgabe haben sie? Pressefreiheit ist ein hohes Gut, Presseverantwortung muss jedoch auch praktiziert werden . Die Bilder wurden den Medien zugespielt, aber leider nicht überprüft, geschweige denn, dass der Betriebsleiter vor Ort damit konfrontiert wurde . Eigene Recherchen dazu wurden augenscheinlich nicht vorgenommen . Welchen Anspruch haben die Medien an sich selbst? Warum gehen öffentlich-rechtliche Medien so mit Informationen um? Geht es auch bei ihnen nur darum, hohe Einschaltquoten zu erreichen? Steht also nur die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund? Dann muss gefragt werden, warum für diese Sender jeder Haushalt Rundfunkgebühren zahlen muss . ({7}) Die Frage ist an dieser Stelle, ob sie ihren Auftrag erfüllen. Ich erwarte von öffentlich-rechtlichen Medien, dass sie mich umfassend informieren und dass beide Seiten eines Themas beleuchtet werden . Wir wissen im vorliegenden Fall, dass die Äußerungen der Stallbesitzer vorlagen, aber nicht gesendet wurden . Hier liegt die Vermutung nahe, dass eine beabsichtigte Aussage des Senders nicht durch andere Aussagen verwässert oder sogar umgekehrt werden sollte . Hier fehlen mir die Professionalität und die Sachlichkeit . Als letzten Punkt frage ich mich immer noch, warum gerade dieser Zeitpunkt der Veröffentlichung gewählt wurde . Wir alle wissen, dass die Bilder mindestens ein Jahr, manchmal anderthalb oder fast zwei Jahre alt sind . Auch hier kann man vieles vermuten, aber die Spekulation, dass es etwas damit zu tun haben könnte, das Abkommen, über das zwischen dem Einzelhandel und der Branche - Stichwort Tierwohloffensive - verhandelt wird, zu beeinflussen, kann ich nicht belegen. Deshalb lasse ich es darauf beruhen . ({8})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Frau Kollegin Stockhofe, Sie müssen zum Schluss kommen .

Rita Stockhofe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich komme zum Ende . - Ich halte es für nicht akzeptabel, dass Menschen, die im öffentlichen Leben stehen, durch kriminelles Handeln in solche Situationen geraten . Wir wissen, dass es nicht nur für die Betroffenen schlimm ist . Auch ihre Familien leiden unter dieser Situation . ({0}) Sie trauen sich im Dunkeln nicht mehr auf den Hof . Das heißt, sie fühlen sich in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr sicher . Ich will das nicht . ({1})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Dr . Karin Thissen für die SPD-Fraktion . ({0})

Dr. Karin Thissen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004621, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich erspare Ihnen jetzt, zu sagen, wie betroffen mich die Bilder bei Panorama und auch die, die man im Internet sehen kann, gemacht haben; denn ich habe 22 Jahre als amtliche Tierärztin am Schlachthof gearbeitet, und diese Bilder waren für mich nichts Neues . Ich habe 22 Jahre erlebt, dass Tiere in diesem Zustand am Schlachthof angeliefert wurden . ({0}) - Ich komme gleich darauf, ob es so ist, dass das nicht illegal gewesen sein kann . Nachdenken, bevor man etwas sagt, wäre ganz angebracht . ({1}) Stellen wir uns doch einmal die Frage: Was ist denn eigentlich Tierquälerei? Wenn ich mich mit Funktionären der Bauernverbände darüber unterhalte, dann sagen die gerne: Tierquälerei ist, wenn ein Landwirt seine Tiere vernachlässigt, wenn er sie verhungern lässt, sie also nicht mehr füttert, nicht mehr tränkt; dann sterben sie wirklich elendig im Stall . Das kommt vor . Das ist sehr selten, aber es kommt vor . Wir sind dagegen . Das sind halt diese berühmten schwarzen Schafe, die es immer mal gibt . - Wenn ich dann aber frage: „Einmal abgesehen davon, dass das sehr selten ist: Was ist mit allem anderen? Was sagen Sie denn zum Beispiel zu den Bildern, die wir bei Panorama gesehen haben?“, wird mir immer gesagt: Ja, das war schon immer so . Das ist auch nicht von der Betriebsgröße abhängig. Das finden Sie auch in Biobetrieben . - Das stimmt zwar alles; aber das macht es doch nicht besser . ({2}) Was ist denn nun Tierquälerei? Ein Jurist wird Ihnen sagen: Tierquälerei sind diejenigen Verstöße gegen Tierschutzgesetze, die eindeutig eine Straftat sind . - Das sind die allerwenigsten Tierschutzverstöße . Die meisten sind Ordnungswidrigkeiten, so ähnlich wie Falschparken . Das ist nicht schön . Aber deswegen ist es doch trotzdem nicht legal . Was haben wir denn in diesem Panorama-Beitrag gesehen? Was sehen wir auf den Bildern, die im Internet kursieren? Einmal sehen wir diese unsachgemäße Tötung eines Ferkels . Das geht wahrscheinlich wirklich in Richtung Straftat . Ich bin kein Staatsanwalt; aber das würde ich ungefähr da ansiedeln . Alles andere, was wir da gesehen haben, sind Ordnungswidrigkeiten . Herr Stier und Frau Mortler, ich gebe Ihnen recht: Nicht die verletzten oder toten Tiere als solche sind in irgendeiner Form tierschutzrelevant, sondern die Tatsache, dass man sie sich selbst überlässt, dass sie eben nicht ausgesondert wurden . ({3}) - Woher wissen wir das? Das sehe ich als Tierarzt . ({4}) - Das sind vielleicht für Sie Momentaufnahmen . Die Fachfrau sieht, dass das Schwein schon länger tot ist, und es liegt noch immer drin . Frau Stockhofe, dass jemand das Schwein unter den Arm genommen und da hineingebracht hat, das glauben Sie doch wohl nicht im Ernst . ({5}) - Das ist völlig egal . Ich verliere auch ab und zu einen Ohrring . Schweine verlieren ihre Ohrmarke auch . Das besagt gar nichts . ({6}) - Ich als Tierärztin sehe, dass das Schwein aufgegast ist . Das passiert nicht von einer Minute auf die andere . ({7}) - Nein, das muss nicht unbedingt sein . Man sieht ja im Film, dass die hingehen und daran herumschnuppern . Sie werden nicht zwingend zu Kannibalen, wenn da ein totes Schwein liegt . Aber das tote Schwein hätte herausgenommen werden müssen . Auch die verletzten Tiere hätten herausgenommen und sauber, trocken und weich aufgestallt werden müssen . Die Verletzungen hätten behandelt werden müssen . Es hätte eventuell ein Tierarzt hingezogen werden müssen . Das steht alles in § 4 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, und alle Landwirte haben sich daran zu halten . Nur weil das so ähnlich ist wie falsch parken, ist es trotzdem nicht legal . ({8}) Vorhin wurde gesagt: Man hätte das ja filmen können, das Material dann aber den Veterinärbehörden geben sollen; die hätten sich kümmern müssen . - Dann wäre aber wahrscheinlich wieder nichts passiert . ({9}) - Nein, wir lassen es nicht gleich . Wir unterhalten uns hier über die Konsequenzen, die wir aus diesen Berichten ziehen wollen . Allein die Verschärfung von Gesetzen, sagen manche, wird es nicht bringen . Herr Stier, Sie sagen, wir hätten so hohe Tierschutzstandards in Deutschland . ({10}) - Nein, haben wir nicht . - Wir können uns über unsere Gesetze, unsere Bestimmungen und unsere Verordnungen unterhalten, darüber, ob die verankerten Standards wirklich so hoch sind . Wenn wir aber mit anderen europäischen Ländern vergleichen, wie bei uns Tierschutz betrieben wird, dann stellen wir fest, dass wir erhebliche Vollzugsdefizite haben. ({11}) Die Bußgelder, die bei Tierschutzverstößen verhängt werden, sind in Deutschland am niedrigsten . Sie sind schon niedrig angesetzt . Hinzu kommen aber - wie soll ich sagen? - schmerzfreie Amtsrichter, die auf das Geplärre der Landwirte hören - wir haben ja gehört, was für Ausreden es gibt - und dann einknicken und die Bußgelder drastisch senken, wenn sie sie nicht sogar gleich auf null reduzieren . ({12}) - Wie arbeite ich denn eigentlich? Die Veterinärämter sind personalmäßig schlecht ausgestattet; das stimmt . Wenn man sich zum Beispiel die personelle Ausstattung im Veterinäramt im Kreis Borken anschaut - ich weiß jetzt auch nicht, wie ich auf diesen Kreis komme - und ins Verhältnis setzt, wie viele Betriebe dort zu überwachen sind, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Veterinäre alle zwölf Jahre einmal einen Betrieb besuchen . Sie brauchen also zwölf Jahre, um alle Betriebe kontrolliert zu haben . Ich finde, der eigentliche Skandal sind unsere Vollzugsdefizite. An jedem Schlachthof steht bei der Anlieferung ein Tierarzt, und er sieht genau, in welchem Zustand die Tiere ankommen . Im Übrigen: Wer gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsordnung verstößt, verstößt oftmals auch gegen die Tierschutztransportverordnung . Der amtliche Tierarzt, der vor Ort ist, kann Missstände sofort ahnden . Er sieht, in welchem Zustand die Tiere ankommen . Als Fachmann sieht er, ob Tiere behandelt worden sind - er erkennt, wie frisch Verletzungen und Erkrankungen sind - oder ob sie nicht behandelt worden sind .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollegin Thissen, es tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt einen Punkt setzen muss; aber das Minus vor der Zeitangabe zeigt die Überziehung Ihrer Redezeit an .

Dr. Karin Thissen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004621, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Tatsächlich?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Tatsächlich .

Dr. Karin Thissen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004621, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich noch einen Satz sagen?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Einen Satz, der mit einem Punkt endet .

Dr. Karin Thissen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004621, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Okay, einen Satz, der mit einem Punkt endet . - Dann will ich noch einen Satz zum investigativen Journalismus sagen: Wenn staatliche Strukturen versagen, wenn Missstände auf allen Ebenen bekannt sind und über Jahre hingenommen werden, dann hat die Presse das Recht, mindestens die moralische Pflicht, diese Missstände zu dokumentieren und anzuprangern . Ich danke Ihnen fürs Zuhören . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Ingrid Pahlmann für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Ingrid Pahlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in Deutschland ungefähr 200 000 tierhaltende Betriebe, die Tag für Tag, 365 Tage im Jahr, für ihre Tiere da sind, sie umsorgen und ordentlich mit ihnen umgehen . Wir als CDU/CSU-Fraktion stehen hinter diesen Tierhaltern und hinter der vom Ministerium auf den Weg gebrachten Initiative Tierwohl . ({0}) Die Landwirte sind kooperationsbereit und wollen auch im Interesse ihrer Bestände ein Mehr an Tierwohl erreichen, wo immer es geht . ({1}) Dennoch sehen wir immer wieder Bilder wie die, die wir in der letzten Woche im Fernsehen sehen mussten . Diese Missstände müssen wir sehr ernst nehmen, und wir müssen sie auch zur Ahndung bringen; da bin ich ganz bei meinen Vorrednern . ({2}) Wir haben, Frau Thissen, sehr hohe Tierschutzstandards und erwarten auch, dass sie eingehalten und kontrolliert werden . Ganz klar: Widerrechtliches, tierschutzwidriges Töten von Ferkeln gehört geahndet und bestraft . Wir haben auch Aufnahmen sehen müssen, bei denen es sich nicht um kurzfristige Erkrankungen gehandelt haben kann . Da stellt sich schon die berechtigte Frage, wo neben der Pflicht der Betriebsleiter die Aufsichtspflicht der Tierärzte und Veterinärämter in diesen Fällen geblieben ist . Wird hier vielleicht auch von den Ländern am falschen Ende gespart? Auch da sind wir der Meinung: Solche Missstände gehören geahndet und sind nicht hinnehmbar . Nicht hinnehmbar ist allerdings auch die Art und Weise, wie diese Bilder zustande gekommen sind . Wenn wir so weit sind, dass toleriert wird, dass Gruppen nachts widerrechtlich in Ställe einbrechen, in einem bekannten Fall sogar sechsmal, um endlich die gewünschten Bilder zu erhalten, und sich dann das öffentlich-rechtliche Fernsehen anscheinend nicht zu schade ist, so entstandene Berichte einzukaufen, ist das schon bedenklich . Wenn dann allerdings so schlimme Tierquälereien angetroffen und gefilmt werden und nicht umgehend eine Meldung beim Veterinäramt erfolgt, kann man in meinen Augen nicht von Tierschützern sprechen . Dann muss man von gewissenlosen Menschen sprechen, die bewusst das Leid der Tiere verlängern, um zu gegebener Zeit - nach ungefähr zwei Jahren - mit diesen Bildern Stimmung gegen landwirtschaftliche Tierhaltung zu machen . ({3}) Das ist in meinen Augen genauso verwerflich wie die unzureichende Betreuung von Tieren . Wir haben viele Bekannte und Freunde, die erfolgreich ihre Betriebe führen, die mit viel Sachverstand, Empathie und Engagement ihre Tiere versorgen, Tierhalter, die auch bereit sind, ihre Betriebe der Öffentlichkeit zu präsentieren, die ihre Stalltüren öffnen, um zu zeigen, wie es den Tieren bei ihnen geht, und ein realistisches Bild von den Landwirten vermitteln . Aber auch die sind manchmal einfach frustriert, wenn ihre Bemühungen um die Tiere nicht wahrgenommen werden, wenn sie und ihre Familien immer wieder verallgemeinernd als Tierquäler an den Pranger gestellt werden, wenn ihre Kinder in den Schulen gemobbt werden . Diese Betriebsleiter wissen, dass es immer mal wieder Krankheitsfälle in den Ställen gibt, dass es bei allen Bemühungen auch um ausreichendes Beschäftigungsmaterial immer mal wieder Fälle von Schwanzbeißen gibt, dass es auch immer mal wieder vorkommt, dass Technik nicht hundertprozentig funktioniert . Diese Tierhalter sind es - und das ist die Mehrheit der Tierhalter -, die dann rund um die Uhr vor Ort sind und schnellstmöglich für Abhilfe sorgen . Aber gegen die offensichtlich einseitige Darstellung in der Öffentlichkeit kommen sie oft nicht an . Lassen Sie mich ein Beispiel erzählen: Ein Bekannter von mir, Sauenhalter und Mäster, ist vor einigen Wochen fast fünf Stunden lang zu seiner Tierhaltung interviewt worden. Er hat seine Stalltüren geöffnet und das Filmteam mehrere Stunden drehen lassen . Gespannt haben wir dann abends die angekündigte Sendung in der ARD verfolgt . Und was war? Nichts! Von den fast fünf Stunden Interview und Filmaufnahmen wurde nichts gezeigt . ({4}) Gezeigt wurden weniger schöne Bilder, die in dem sogenannten Schweinehochhaus in der Nähe von Magdeburg aufgenommen wurden . Diese Aufnahmen sollten die Öffentlichkeit aufpeitschen und die Tierhaltung diskreditieren und sind natürlich auch widerrechtlich durch nächtliche Einbrüche in die Ställe zustande gekommen . Unser Bekannter erhielt dann einen Brief des Senders, in dem es unter anderem hieß - ich zitiere -: Im Zuge unserer Recherchen hat sich allerdings der Schwerpunkt des geplanten Beitrags deutlich verändert, so dass wir nicht alle Aspekte berücksichtigen konnten . So viel zur breit aufgestellten Öffentlichkeitsarbeit! ({5}) Für uns alle war klar: Die Aufnahmen bei meinem Bekannten konnten das Bild des Tierquälers nicht belegen . Sie waren zu positiv und passten leider nicht zu dem beabsichtigten Zweck, Tierhalter zu verunglimpfen . Die größte Frechheit war dann noch, dass Bilder von freilaufenden Ferkeln und Sauen, die bei ihm aufgenommen worden sind, wie folgt betitelt wurden: Es geht auch anders, zum Beispiel Österreich . - Ein Witz! Unsere Fraktion wird sich nicht an der Hetze gegen unsere Bauern beteiligen, Bauern, die zurzeit hinnehmen müssen, dass sie und ihr Eigentum nicht ausreichend geschützt werden . Jeder, bei dem einmal eingebrochen wurde, weiß, was es mit den Menschen macht, wenn sie sich in ihrem eigenen Umfeld nicht mehr sicher bewegen können . Tierhaltungsbetriebe sind Familienbetriebe . Wenn Ehefrauen oder halbwüchsige Kinder sich nachts nicht mehr trauen, übliche und nötige Kontrollgänge in den Ställen durchzuführen, weil sie Angst vor militanten sogenannten Tierschützern haben, kann das nicht hingenommen werden und muss Konsequenzen haben . ({6}) Genauso stringent muss es auch Konsequenzen für Tierhalter geben, die Verletzungen ihrer Tiere hinnehmen und kranke Tiere nicht ordentlich behandeln . Das sind wir den ordentlich arbeitenden Betrieben - und das ist die Mehrzahl - schuldig, damit das Bild von unseren Tierhaltern insgesamt wieder geradegerückt wird . Ich danke Ihnen . ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Thomas Mahlberg für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Thomas Mahlberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003893, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank . - Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, die Sie dieser Debatte auf der Tribüne oder auch am Fernseher folgen! Sie haben sicherlich viele Aspekte gehört und machen sich Ihr eigenes Bild . Die Kollegin Pahlmann hat noch einmal die Einbrüche angesprochen . Einbrüche sind an sich schon etwas sehr Unangenehmes, wie ich finde. Aber jetzt spreche ich Sie, Frau Dr . Tackmann, einmal konkret an . Ich habe wirklich großen Respekt vor Ihnen - das sage ich Ihnen ganz ehrlich -, und Sie haben sicherlich einen breiten fachlichen Hintergrund . Aber wenn Sie als Parlamentarierin im Deutschen Bundestag berichten, wie diese Bilder zustande gekommen sind, und damit sagen, Einbruch sei ein probates Mittel, um so etwas zu zeigen, dann habe ich keinen Respekt mehr vor Ihnen . ({0}) - Das haben Sie hier gesagt . ({1}) - Ich habe Ihnen zugehört . Das ist ja der Vorteil, wenn man ein bisschen später in der Debatte redet: ({2}) Man hat die Chance, erst einmal den anderen zuzuhören, einmal zu hören, was die sagen . - Ich habe morgen eine Schulklasse hier . ({3}) Das sind junge Leute . Denen erzähle ich dann von dieser Debatte und sage: Hier gibt es Parlamentarier, die sagen, Einbruch sei ein probates Mittel, um diese Dinge aufzuzeigen . ({4}) Wir können auch das nehmen, was Ihre Kollegin gesagt hat . Sie hat von großer Anerkennung gegenüber den Undercover-Filmern gesprochen . Hören Sie einmal: Dort wird kein Movie gedreht; bei den Leuten ist eingebrochen worden! ({5}) Bei mir zu Hause in Duisburg ist auch schon einmal eingebrochen worden . Wissen Sie, was das mit einem macht? Ich wünsche keinem Menschen, dass ihm das passiert . Hinterher läuft immer ein Film ab; man hat Angst . Sie stellen sich aber hierhin und berichten davon, als sei dort ein Spielfilm gedreht worden. Das geht einfach nicht . ({6}) Das geht vor allen Dingen als Parlamentarier nicht . Damit das klar ist - wir haben es oft genug gesagt -: Tierschutzverstöße müssen geahndet werden, Missstände müssen behoben werden . Das ist doch völlig klar . An dieser Stelle sind wir uns völlig einig . ({7}) Dann sollten wir auch vernünftig darüber diskutieren . ({8}) Herr Hofreiter, es ist Ihnen natürlich ein Vergnügen, Funktionäre anzugreifen; aber es spielt gar keine Rolle, wer einen Verstoß begeht, ob es Max Mustermann oder ein Funktionär ist . Es spielt auch gar keine Rolle, ob es in einem großen Betrieb stattfindet oder in einem kleinen Betrieb . Aber das passt wieder nicht in Ihre Strategie, ({9}) weil Sie etwas gegen Massentierhaltung machen wollen . Kein Mensch definiert, was Massentierhaltung überhaupt ist . Der Verstoß in einem kleinen Betrieb muss genauso geahndet werden . ({10}) Das ist offensichtlich. Das will ich Ihnen auch noch einmal sagen . Sie haben gesagt, es gebe hier ein Systemproblem . ({11}) Ich habe Ihnen von dieser Stelle aus zugerufen: Gehen Sie einmal auf einen Bauernhof! - Sie haben darauf gesagt, Sie seien schon auf so vielen Bauernhöfen gewesen, da war alles in Ordnung . Wo ist denn das Systemproblem, das wir hier haben? ({12}) Wo ist es denn? Wenn Sie auf einen Bauernhof gehen, ist alles in Ordnung . Wie kann man das, was Sie hier erzählen, denn glauben? ({13}) Lassen Sie sich doch einmal eine vernünftige Rede schreiben . Ich habe Ihnen schon bei der letzten Debatte gesagt: Gehen Sie einmal zum BfR! Lassen Sie sich von den Leuten doch einmal beraten, wenn Sie auf einem Bauernhof sind . Es spielt gar keine Rolle, wo die Verstöße begangen worden sind . Tierschutz ist für unsere Fraktion nicht teilbar . ({14}) Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Natürlich muss man den Vorwürfen nachgehen; das ist gar keine Frage . Aber sogenannte Tierschützer, die solches Material anfertigen, nur um eine Kampagne zu starten, und das Tierleid über ein, zwei Jahre billigend in Kauf nehmen und nicht zur Anzeige bringen, sind für mich eben auch keine Tierschützer . ({15}) Wir haben in diesem Bereich eine Gesetzgebung . Wir haben das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung . Frau Dr . Thissen, Sie haben gesagt: Wir haben Probleme im Vollzug . ({16}) - Darüber kann man diskutieren . Dass wir aber keine gesetzlichen Grundlagen haben, darüber können wir nicht diskutieren . ({17}) Deshalb lade ich alle ein, und zwar parteiübergreifend, eine ernsthafte und sehr ehrliche Debatte in diesem Bereich zu führen . ({18}) Der Minister hat den richtigen Weg gewiesen . Ich kenne doch Ihre Strategie . Sie haben kein Thema, und deswegen gehen Sie den Minister an . ({19}) - Ja, natürlich . Ihnen geht es doch darum, die Landwirtschaft an dieser Stelle zu verteufeln . Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie haben sich ein gutes Bild von dieser Debatte machen können . Die einen wollen ernsthaft über Tierschutz debattieren; das war ja auch das Thema . Aber Sie haben bei diesem Thema wieder versagt, weil Sie versucht haben, Ihr parteipolitisch-strategisches Süppchen zu kochen . Herzlichen Dank . ({20})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Aktuelle Stunde ist beendet . Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 29 . September 2016, 9 Uhr, ein . Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen alles Gute .