Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/1/2016

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die Sitzung ist eröffnet . Ich grüße Sie von ganzem Herzen . Herzlich willkommen, Herr Minister de Maizière und die anderen Kollegen auf der Regierungsbank! Ich grüße auch meine Kollegen recht herzlich . Wundern Sie sich bitte nicht, wenn die Medienwand zu meiner Linken heute nicht funktioniert . Bei der letzten Sitzung betraf es die andere Wand . Das hat sich jetzt geändert: Dieses Mal funktioniert die Wand auf der rechten Seite, und die andere wird repariert . Ich möchte Ihnen vor Eintritt in die Tagesordnung eine Mitteilung machen: Interfraktionell ist vereinbart worden, den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung auf der Drucksache 18/8042 dem Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung zu überweisen . Des Weiteren soll der Antrag auf Drucksache 18/8395 mit dem Titel „Vorsorgeprinzip ernst nehmen - Keine erneute Genehmigung für Glyphosat“ dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für Gesundheit, dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ebenfalls zur Mitberatung überwiesen werden . Da Sie es interfraktionell vereinbart haben, gehe ich davon aus, dass Sie damit einverstanden sind . - Ich sehe und höre keinen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen . Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Ich möchte die Parlamentarischen Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen bitten, uns, falls es Fragen gibt, die Namen der Fragesteller und Fragestellerinnen schon einmal zur Kenntnis zu geben, damit wir es richtig geordnet machen können . Wenn der Innenminister da ist, müssen wir uns ja anstrengen . ({0}) - Wir strengen uns immer an . Stimmt! Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat der Bundesminister des Innern, Dr . Thomas de Maizière . Bitte, Herr Minister .

Not found (Minister:in)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Terrorgefahr in Europa, auch für Deutschland, ist und bleibt hoch . Wir haben in dieser Legislaturperiode viel gemacht: Gesetze verändert, Personal aufgestockt . Wir werden das auch weiter tun . Dennoch haben wir uns nach den Anschlägen von Istanbul, Brüssel und Paris gefragt: Was ist noch zu tun? Gibt es Sicherheitslücken, die es vernünftigerweise auch im Rahmen der Gesetzgebung zu schließen gilt, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu erhöhen? Ergebnis dieser Überlegungen ist der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung heute auf meinen Vorschlag hin beschlossen hat und der sehr bald im Deutschen Bundestag beraten wird . Es geht dabei um drei Kernregelungen: Die erste Regelung betrifft Rechtsgrundlagen für gemeinsame Dateien, die das Bundesamt für Verfassungsschutz mit wichtigen ausländischen Nachrichtendiensten einrichten und betreiben kann . Dabei geht es ganz wesentlich um EU-Partner, um NATO-Partner und um mit NATO-Mitgliedern gleichgestellte Partner . Nach den Anschlägen in Paris und Brüssel war klar, dass die Terrornetzwerke sich international vernetzen . Sie arbeiten aus dem Ausland, sie schleusen Menschen nach Europa, sie arbeiten mit Menschen zusammen, die in Europa aktiv sind oder dort leben . Wenn sich Terroristen international vernetzen, dann müssen sich auch Sicherheitsbehörden international vernetzen . Es gab nach den Anschlägen ja auch viel Kritik am mangelnden Informationsaustausch . Da ist in Europa einiges passiert . Jetzt schaffen wir die Rechtsgrundlage dafür, dass etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz mit anderen Nachrichtendiensten eine gemeinsame Datei führen kann, also nicht nur Daten austauschen kann . Natürlich muss dabei ein ausreichendes Datenschutzniveau gewährleistet sein; das ist für uns selbstverständlich . Die zweite Regelung betrifft die Herkunftsermittlung von Telefonen und Telefonanschlüssen . Die Erbringer von Telekommunikationsleistungen sind auch jetzt schon verpflichtet, den Namen desjenigen, dem sie ein Prepaidhandy verkaufen, festzustellen . Allerdings werden oft Fantasienamen wie Donald Duck oder irgendwelche wildfremden Namen aus Telefonbüchern aufgeschrieben und damit akzeptiert . Das macht Strafverfolgung unmöglich . Das ist nicht in Ordnung . Das ist eine schwere Sicherheitslücke . Mit dem Gesetzentwurf wollen wir jetzt regeln, dass die Daten von Prepaidkunden anhand geeigneter Identitätsdokumente zu überprüfen sind . Die Regelung wird technikoffen gestaltet . Die Bundesnetzagentur wird das mit der Wirtschaft so regeln, dass die gängigen Geschäftsmodelle, auch im Sinne des Kunden, weiterhin gut betrieben werden können . Aber Bequemlichkeit ist nicht alles, Sicherheit hat auch ihren Preis, und im Zweifel hat Sicherheit Vorrang vor Bequemlichkeit . Der dritte Regelungsgegenstand betrifft den Einsatz von verdeckten Ermittlern . Wohlgemerkt: Ich spreche nicht von V-Leuten, sondern von Beamten, die als verdeckte Ermittler Kriminalität aufklären . Solche verdeckten Ermittler kann nach der bisherigen Rechtsgrundlage das Bundeskriminalamt einsetzen . Wir wollen jetzt auch der Bundespolizei - zu etwa den gleichen Bedingungen den Einsatz von verdeckten Ermittlern, insbesondere zur Aufklärung abgeschotteter Strukturen der Schleusungskriminalität, ermöglichen . Es gibt noch ein paar weitere kleinere Regelungen etwa im strafrechtlichen Bereich des Vereinsrechts, nämlich dass Vereinsverbote nicht so leicht umgangen werden können, und anderes mehr; aber in meinem Bericht, Frau Präsidentin, möchte ich mich erst einmal auf die drei genannten Kernregelungen beschränken .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister . - Wie Sie wissen, sagt unsere Regel, dass wir zunächst Fragen zum Themenbereich stellen, zu dem der Minister gerade vorgetragen hat . Ich habe als erste Fragestellerin Petra Pau für die Linke .

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Bundesminister, Sie haben eben die bisher vorherrschende Nichtregistrierung bzw. -identifikation der Erwerber von Prepaidkarten als schwere Sicherheitslücke bezeichnet . Ich bin jetzt allerdings auf einen Widerspruch gestoßen . Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfiehlt die Nutzung von Prepaidtelefonie für Mobilfunkteilnehmer mit erhöhtem Sicherheitsbedarf . Die EU-Kommission schreibt in einem Papier, dass es keine Beweise für die Wirksamkeit der vorgesehenen Maßnahme bei der Strafverfolgung gibt . Und der Verband der Anbieter von Telekommunikationsund Mehrwertdiensten schreibt Ihnen, dass durch diese Maßnahme die Kosten für die Verbraucher deutlich erhöht würden, ohne die Sicherheitslage auch nur granular - schönes Wort - zu verbessern . Deshalb würde mich interessieren: Welche Erkenntnisse oder Fakten haben Sie veranlasst, genau diese Maßnahme trotzdem in das Gesetz aufzunehmen? Gibt es Untersuchungen, die uns nicht zugänglich sind, oder anderes?

Not found (Minister:in)

Frau Abgeordnete Pau, das Ergebnis von Auskunftsverfahren nach den Regeln des Telekommunikationsgesetzes - das betrifft die §§ 112 und 113 - erlaubt den Sicherheitsbehörden nach Maßgabe der jeweiligen Fachgesetze bei Verdacht auf Straftaten oder zur Gefahrenabwehr, Bestandsdaten aufzurufen . Wenn man aber danach fragt, stellt sich oft heraus, dass Anschlussinhaber mit Donald Duck oder mit anderen Fantasienamen bezeichnet werden; und das macht Strafverfolgung unmöglich . Das wollen wir beenden . Wir wollen diese Sicherheitslücke schließen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Vielen herzlichen Dank . - Der nächste Fragesteller: Konstantin von Notz für die Grünen .

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich möchte daran anschließen . Bezüglich der Burner Phones kann man auf eine Ausweispflicht bestehen . Ich stimme Ihnen zu: Bisher schon gilt eigentlich diese Regelung, aber sie wird umgangen . Aber wenn Sie von schweren Sicherheitslücken reden: Wie verhält sich das denn mit öffentlichen Telefonzellen, mit der Möglichkeit, in Internetcafés zu telefonieren, oder mit der Möglichkeit - die, glaube ich, auch heute noch problemlos weiter besteht -, dass man ein solches Telefon einfach über das Internet in den Niederlanden bestellt? Schließt man hier also tatsächlich eine Lücke, oder ist das eher eine symbolische Handlung?

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter von Notz, ist das jetzt der Vorschlag, diese anderen Themen auch noch alle anzugehen? Das würde mich wundern bei den Grünen . ({0})

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Werde ich befragt? Also, wir können das umdrehen . Ich hätte viele Meinungen zu dem Thema, Herr Minister .

Not found (Minister:in)

Nein, das war ein Spaß, den verstehen Sie ja auch . ({0}) Natürlich gibt es, wie immer, Gegenargumente . In Österreich zum Beispiel gibt es diese Regelung nicht . Man kann sich in Österreich eine Prepaidkarte kaufen, das ist wahr . Aber, sehen Sie: Man kann im Kampf gegen schwere Straftaten nicht immer jede Sicherheitslücke schließen . Aber die großen Lücken, die wollen wir schließen . Und es kann nicht richtig sein, dass jemand, wenn er sich ein Smartphone kauft und sich umfangreich bei einem Telekommunikationsdienstleister anmeldet, damit ermöglicht, dass strafrechtlich gegen ihn ermittelt werden kann, dass jedoch jemand, der ein Prepaidhandy in einer Drogerie kauft, sozusagen dazu beiträgt, dass gegen ihn nicht ermittelt werden kann . Da machen wir es Straftätern zu leicht, und das wollen wir beenden . Das heißt nicht, dass es nicht andere Sicherheitslücken gibt und dass man auf ein einziges Mittel im Bereich der Straftatenbekämpfung setzt . Aber diese Sicherheitslücke, die groß ist, wollen wir schließen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Die nächste Frage hat Kollegin Martina Renner für die Linke .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, meine Frage betrifft den Datenaustausch deutscher Sicherheitsbehörden mit denen anderer Staaten in der EU bzw . der NATO . Darunter sind ja auch Länder, die im bewaffneten Drohnenkrieg involviert sind . Sie wissen, diese Problematik treibt uns derzeit im NSA-Untersuchungsausschuss um . Deswegen meine Frage: Inwieweit wird bei diesem Datenaustausch, der jetzt vereinbart ist, die Weisung aus dem November 2011 fortgeschrieben, dass keine Daten an bestimmte Länder weitergegeben werden dürfen, die zur Geolokalisation von Personen geeignet sind? Oder wurde diese Weisung mittlerweile aufgehoben? Wie ist da der Sachstand im Ministerium? Insbesondere interessiert mich in diesem Zusammenhang auch, was passiert, wenn entgegen den Absprachen unter den Ländern die Daten dennoch zur Zielerfassung genutzt werden, wie es ja in der Vergangenheit insbesondere durch die USA geschehen ist . Wird es dann Restriktionen geben, was die Datenweitergabe angeht? Vielen Dank .

Not found (Minister:in)

Frau Abgeordnete Renner, der Datenaustausch zwischen Staaten ist gar nicht Gegenstand dieses Gesetzes, sondern Gegenstand dieses Gesetzes ist auf Dienstebene, nicht auf Polizeiebene, die Einrichtung gemeinsamer Dateien . Ich vermute aber, Sie meinen mit Ihrer Frage den Datenaustausch etwa mit den Vereinigten Staaten von Amerika und in dem Zusammenhang möglicherweise die Vereinbarung, die ich in der letzten oder in der vorletzten Woche mit meiner amerikanischen Kollegin unterzeichnet habe . Ist es das, worauf Ihre Frage zielt?

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Beides! Auch Daten, die ich in Datenbanken einspeisen kann, können Telekommunikationsdaten zu Personen enthalten und können geeignet sein, dann auch im Drohnenkrieg eingesetzt zu werden . Natürlich zielt die Frage auch auf das MoU, aber ich halte diese Problematik auch bei den Datenbanken für relevant .

Not found (Minister:in)

Der Austausch richtet sich auch bei dem Datenaustausch immer nach deutschem Recht, sodass alles, was dort an Restriktionen besteht, auch weiterhin gilt . Was den Gesetzentwurf angeht, so wird unterschieden zwischen EU- und NATO-Staaten - in diesen Fällen brauchen wir ein erhebliches Sicherheitsinteresse, ein ausreichendes Datenschutzniveau und die Achtung rechtsstaatlicher Prinzipien - und anderen Staaten . Bei diesen sind die Anforderungen höher: Da muss ein erhöhtes Sicherheitsinteresse bestehen und auch ein erhöhtes Datenschutzniveau . Zusammenarbeit ist in solchen Fällen auch durch das Bundesinnenministerium genehmigungspflichtig. Bei den anderen Staaten, die EU- und NATO-Staaten gleichgestellt sind, muss dies sogar und erstmalig durch den Bundesminister des Innern in Person erfolgen . Es gibt also eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen, die dafür sorgen, dass es nicht zu Missbräuchen kommen kann .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Nächste Frage von Irene Mihalic für die Grünen .

Dr. Irene Mihalic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich möchte eine Frage zu den neuen Registrierungsvorschriften in Bezug auf SIM-Karten stellen: Sollen diese Vorschriften nur für SIM-Karten gelten, oder sind damit auch neue Registrierungsvorschriften für andere Wege der Kommunikation wie beispielsweise für E-Mail-Adressen gemeint oder mitenthalten?

Not found (Minister:in)

Das gilt auf jeden Fall für SIM-Karten - mit all dem, was jetzt im Vertrieb möglich ist . Wenn Sie mit den SIM-Karten entsprechende Dienste anbieten, dann gilt das auch . Es geht also um den Erwerb von SIM-Karten .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Der Kollege Marian Wendt hat die nächste Frage .

Marian Wendt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004441, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, vielen Dank für Ihren Vortrag . Sie haben ja ausgeführt, dass das neue Gesetz auch zur Verbesserung der Arbeit der Nachrichtendienste in Deutschland führen wird . Vor dem Hintergrund zahlreicher Gefährder - das sind Tausende, zum Beispiel Menschen, die aus Europa nach Syrien gereist sind und nun auf dem Weg zurück sind - ist zu fragen, wie sich das Ganze auf europäischer Ebene gestaltet . Von daher zielt meine Frage auf die Bemühungen der Bundesregierung zur Koordinierung des Austausches von Daten über potenzielle Terroristen auf europäischer Ebene . Was ist diesbezüglich geplant, und was wurde bereits umgesetzt? Wie wurden die Datenschutzbedenken in diesem Rahmen erläutert, bzw . wie kann für ein einheitliches Datenschutzniveau gesorgt werden, wenn es zu einem entsprechenden Austausch kommt?

Not found (Minister:in)

Da ist ja viel passiert, nachdem es jahrelang Versäumnisse gab . Wir haben die europäische Fluggastdatenrichtlinie, PNR, geschaffen . Wir tauschen jetzt also Fluggastdaten von Flügen nach Europa und auch innerhalb Europas aus; diese Richtlinie müssen wir mit einem Bundesgesetz noch umsetzen . Wir hatten im bestehenden Recht Mängel bei der Zulieferung von Daten an Europol . Vier, fünf Länder, darunter Deutschland, hatten 80 Prozent der Daten geliefert; andere Staaten waren zögerlich . Das ist noch verbesserungsfähig; aber immerhin hat sich der Anteil der Lieferungen deutlich erhöht, auch angesichts der Anschläge . Wir sehen Vorschlägen, die auch auf deutsche Initiative hin zustande gekommen sind, für ein sogenanntes Smart-Border-System, also für eine intelligente Steuerung an den EU-Außengrenzen, entgegen . Wir wollen wissen, wer in den Schengen-Bereich ein- und wieder ausreist . Das ist ein technisch anspruchsvolles Vorhaben; das wird aber durch die EU-Kommission betrieben . Und die Nachrichtendienste sind dabei, in Den Haag eine Austauschplattform aufzubauen, um besser Informationsaustausch betreiben zu können . In diesem Bereich ist also sehr viel passiert . Im letzten Jahr ist mehr passiert als in den letzten zehn oder fünf Jahren, sage ich mal . Aber wir müssen dranbleiben, damit das fortgesetzt wird .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Die nächste Frage bekommen Sie von Frank Tempel von der Linken .

Frank Tempel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003899, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, Sie haben sich ja kurz zum Einsatz verdeckter Ermittler geäußert, die auch im Bereich der Gefahrenabwehr zum Einsatz kommen sollen . Wir haben uns die Fakten angeschaut: An den Grenzen gibt es relativ wenige Feststellungen von Schleusern; es gibt da Taxifahrer und andere Leute, die sich etwas dazuverdienen wollen, aber keine Feststellungen in nennenswerten Größenordnungen . Wir schauen uns natürlich an, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen dem angegebenen Zweck auch tatsächlich dienlich sind: Wie soll also dieser Einsatz verdeckter Ermittler aussehen? In welchen Bereichen sollen sie überhaupt eingesetzt werden? Und vor allen Dingen: Wie wird dieser Einsatz mit den Ländern abgestimmt? Wie wird also sichergestellt, dass der Einsatz der Bundespolizei, die stärker in den präventiven Bereich, in den gefahrenabwehrenden Bereich eingreifen soll, im Einklang mit dem föderalen Prinzip steht?

Not found (Minister:in)

Zur zweiten Frage: Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern wird hier nicht angetastet . Ich würde es anders betrachten: Jede Landespolizei kann im Rahmen der Gesetze verdeckte Ermittler einsetzen . Auch das Bundeskriminalamt kann auf Basis des Bundeskriminalamtgesetzes verdeckte Ermittler einsetzen . Es stellt sich doch die Frage, warum der Einsatz von verdeckten Ermittlern nicht längst auch zum normalen polizeilichen Instrumentarium der Bundespolizei gehört . Diesen Mangel beheben wir jetzt mit diesem Gesetz . Bezüglich der grenzüberschreitenden Schleuserkriminalität bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Tempel . Die Zahlen sind gestiegen; gerade in den letzten Tagen sind sie wieder gestiegen . Und für eine erfolgreiche Arbeit gegen Schleuser muss man mehr tun, als Taxifahrer kritisch anzuschauen . Man muss vielmehr die OK-Strukturen, die hinter den organisierten Reisebewegungen von Menschen aus bestimmten Staaten in Afrika nach Deutschland stecken, und die Wertschöpfungsketten, die damit verbunden sind - es gibt Banden, die damit sehr viel Geld verdienen -, besser ausforschen, um sie bekämpfen zu können . Und dafür sind verdeckte Ermittler exakt das richtige Instrument .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die nächste Frage: Hans-Christian Ströbele für die Grünen .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Minister, ich habe zunächst eine kleine Vorfrage: Ich habe Ihr Ministerium am 20 . und am 25 . Mai dieses Jahres gebeten, mir den Gesetzentwurf zur Verfügung zu stellen . Leider habe ich keine Reaktion bekommen, obwohl ich einen Anspruch darauf habe . Ich konnte dann nur voll Neid auf die Journalisten schauen, die Sie ausreichend versorgt hatten . Die Journalisten hatten den Gesetzentwurf, das Parlament hatte ihn nicht . Vielleicht können Sie mir die Frage beantworten, wie so etwas kommt . Meine zentrale Frage ist folgende: Nach welchem Gesetz werden die gemeinsamen Dateien errichtet, also welches Gesetz ist maßgeblich? Ist es das deutsche? Und wer ist für die Kontrolle zuständig: der bzw . jetzt die Bundesbeauftragte für Datenschutz oder das deutsche Parlament? Wie funktioniert das dann, wenn Sie zum Beispiel mit Ungarn oder Bulgarien vereinbaren, eine solche gemeinsame Datei zu errichten?

Not found (Minister:in)

Zur ersten Frage: Das kann ich jetzt aus dem Stand nicht beantworten . Normalerweise sind Sie relativ gut inMarian Wendt formiert, was Dinge angeht, über die Sie normalerweise nicht unterrichtet sein sollten . ({0}) Es wundert mich, dass es hier anders gewesen sein soll . ({1}) Allerdings hat auch die Ressortabstimmung lange gedauert . Sie ist erst kurz vor der Kabinettssitzung abgeschlossen worden . Sie sollen jedenfalls nicht schlechter unterrichtet werden als andere Abgeordnete . Das ist, glaube ich, richtig . Zur Sache selbst . Die Rechtsgrundlage für die Errichtung der Dateien kann natürlich nur deutsches Recht sein . Wir ändern hierfür vor allem das Bundesverfassungsschutzgesetz . Das richtet sich also nach deutschem Recht . Die Führung einer Datei wird dann sicherlich durch ein Abkommen mit dem entsprechenden Land eine weitere Rechtsgrundlage bekommen . Aber dieses Abkommen kann die Ermächtigung nach deutschem Recht nicht toppen . ({2}) - Kontrolle findet dann nach deutschem Recht statt. Ich hatte im Zusammenhang mit einem solchen Abkommen nicht an Ungarn als erstes Land gedacht, sondern eher an Frankreich . Ich denke, dass wir dann nach deutschem Recht das Verhalten deutscher Behörden kontrollieren und nicht nach deutschem Recht das Verhalten französischer Behörden . Wir werden sicher auch keinen Dritten akzeptieren, der das nach supranationalem Recht macht .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Jetzt haben wir noch vier Kolleginnen und Kollegen, die zu diesem Themenkomplex Fragen haben . - Ich fange an mit Petra Pau .

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, ich komme noch einmal auf die Prepaidkarten zurück . Es ist ja vorgesehen, dass die Telekommunikationsanbieter die Daten für Anschlüsse, die ab dem 22 . Juni 2004 bestanden, nacherheben sollen . Jenseits der Frage, ob diese Regelung, die jetzt vorgesehen ist, uns überhaupt etwas bringt, stellen sich mir die Fragen: Warum dieses Datum? Ist das hinsichtlich des Aufwandes, der den Telekommunikationsanbietern entsteht, verhältnismäßig? Also welche Begründung gibt es dafür?

Not found (Minister:in)

Die Antwort auf die Frage, warum dieses Datum gewählt wurde, würde ich Ihnen gerne schriftlich nachreichen . Das kann ich Ihnen aus dem Stand nicht sagen . Ich finde nur, es darf keine Prämie für die Anbieter geben, wenn sie das, wozu sie längst verpflichtet gewesen wären, wie Herr von Notz zu Recht festgestellt hat, bisher nicht gemacht haben . Wir haben aber erstens in dem Gesetzentwurf vorgesehen, dass wir im nächsten halben Jahr mit den Anbietern ein technikoffenes und für die Kunden praktikables Verfahren entwickeln . Zweitens haben wir eine Übergangsfrist, die sehr lang ist - ich finde sie recht lang; vielleicht kann man sie noch verkürzen -, eingeräumt . Sie beträgt 18 Monate . Innerhalb dieser 18 Monate sind, glaube ich, alle diese Fragen, ohne dass es zu einer übergroßen Belastung der Unternehmen kommt, zu regeln .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Konstantin von Notz .

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, zu dem Punkt des Kollegen Ströbele nur die Anmerkung: Dass die Presse sozusagen über diesen Gesetzentwurf informiert wurde, bevor das Parlament informiert wurde, ist kein guter Stil . Ich wollte noch einmal bezüglich der Datenbanken nachfragen . Meiner Ansicht nach ist es ein Paradigmenwechsel, dass man gemeinsam mit anderen Ländern Datenbanken errichtet . Gibt es dann Errichtungsanordnungen durch die BfDI? Und: Um welche Staaten könnte es sich handeln? Sie reden jetzt gerne von Frankreich und sagen zu Ungarn: Vielleicht . Wie ist es denn mit Syrien oder Ägypten? Ist das ausgeschlossen? Vor allen Dingen im Hinblick auf den Zweck muss man sagen: Das Paket ist ja überschrieben mit „Antiterror“ . Sie haben eben von Sicherheitsbelangen geredet, die Grundlage für die Errichtung dieser Datenbanken sein können . Kann es also sein, dass sogar für andere Zwecke als Antiterror deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger - ich spitze es jetzt einmal zu - in Datenbanken gemeinsam mit Assad ({0}) landen, auf die dann von Nachrichtendiensten beider Seiten zugegriffen werden kann - ist das möglich? -, oder könnten Sie abschließend die Zwecke, für die solche gemeinsamen Dateien errichtet werden können, aufzählen?

Not found (Minister:in)

Ich kann Ihnen erst einmal sagen: Ihr Beispiel ist vollständig abwegig . ({0}) - Meine Meinung ist, dass Ihr Beispiel vollkommen abwegig ist; das kann ja so stehen bleiben . Sie sagen, es sei nicht abwegig . Ich bin der Meinung, es ist abwegig . ({1}) Sie sprachen von einem Paradigmenwechsel . Dieses Wort ist vielleicht ein bisschen zu groß . Das Wort „Paradigmenwechsel“ wird meines Erachtens ein bisschen zu häufig verwendet. ({2}) Aber ich stimme Ihnen zu: Es ist tatsächlich eine qualitative Veränderung, dass wir mit bestimmten Staaten nicht nur Daten austauschen, sondern auch eine gemeinsame Datei mit ihnen führen . Das ist ein großer sicherheitspolitischer Gewinn . Sozusagen als Vorsichtsmaßnahme muss man dann natürlich entsprechende Vorkehrungen treffen . Dabei spielt die Definition eine Rolle. Es geht um erhebliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland; diese Definition ist noch genauer, schränkt weiter ein: Die Teilnahme setzt notwendige Standards wie ein angemessenes Datenschutzniveau und die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien voraus . Darüber muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz vergewissern; das wird genau geprüft . Das BMI muss in allen Fällen gemeinsamer Dateien zustimmen, und der Bundesminister des Innern in Person muss zustimmen, wenn es um Drittstaaten außerhalb des Kreises unserer Nachbarn oder unserer Sicherheitspartner in EU und NATO geht . Das wird aber die große Ausnahme sein . Mit den Staaten, die Sie genannt haben, wollen wir keine gemeinsamen Sicherheitsdateien führen . ({3}) - Wenn mir die Präsidentin noch ein bisschen Zeit gibt,

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ja, die ist heute gut aufgelegt . ({0})

Not found (Minister:in)

- will ich schnell nachsehen, welche Zwecke es sind . Es müssen jedenfalls Tatsachen vorliegen, bestimmte Bestrebungen existieren, es müssen erhebliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betroffen sein . Das sind die Voraussetzungen . ({0}) - Nicht zwingend Terror . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Es haben sich noch André Hahn und Irene Mihalic gemeldet . Dann frage ich, zu welchem Punkt es weitere Fragen gibt . - Herr Hahn .

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Herr Minister, der Gesetzentwurf enthält die Regelung, dass Daten nur dann übermittelt werden dürfen, wenn der andere Nachrichtendienst zusagt, dass er über die weitere Verwendung dieser Daten später im Zweifel auch Auskunft gibt . Es gibt diese Regelung bereits jetzt im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Dienste . Wir haben in einer Kleinen Anfrage nachgefragt, in wie vielen Fällen das Bundesamt für Verfassungsschutz oder der BND nachgehakt haben, was mit diesen Daten passiert ist, und ob die Auskunft erteilt worden ist . Sie haben uns diese Frage nicht beantworten können . Insofern gibt es derzeit gar keine parlamentarische Möglichkeit der Kontrolle, ob dieser Schutzmechanismus, der im Gesetz steht, auch greift . Deshalb möchte ich gerne fragen, ob Sie inzwischen Erkenntnisse zusammengetragen haben, was die Weitergabe oder Weiterverwendung von Daten durch andere Dienste angeht, und was dabei das Ergebnis gewesen ist .

Not found (Minister:in)

Nein, ich kann Ihnen aus dem Stand nicht sagen, ob es weitere Erkenntnisse gibt . Aber es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Staaten, mit denen dies im Wesentlichen stattfindet - etwa europäische Staaten wie Frankreich und Großbritannien, aber auch andere -, die Daten, die sie von uns bekommen, rechtsmissbräuchlich verwenden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Nun steht noch Kollegin Irene Mihalic für die Grünen auf der Liste .

Dr. Irene Mihalic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass Sie eben sagten, dass Sie gemeinsame Dateien auch mit Sicherheitspartnern anstreben . Wir haben vorhin gehört: Das Bundesamt für Verfassungsschutz tauscht Daten mit Syrien aus . An dieser Stelle möchte ich gerne noch einmal konkret nachfragen: Ist Syrien solch ein Sicherheitspartner? Die gleiche Frage bezieht sich auch auf Ägypten . Sie waren ja kürzlich in Ägypten und haben sich mit dem dortigen Innenminister über eine engere, auch polizeiliche, Zusammenarbeit ausgetauscht . Möglicherweise ging es dabei auch um den Austausch von Informationen der Nachrichtendienste . Meine konkrete Frage lautet: Welche Länder können Sie ausschließen, wenn es um eine Zusammenarbeit im Hinblick auf gemeinsame Datenbanken geht? Bei welchen Ländern käme Ihrer Ansicht nach eine Zusammenarbeit also nicht infrage?

Not found (Minister:in)

Das sind alle Staaten, bei denen die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien nicht gewährleistet ist . ({0}) Unser besonderes Interesse richtet sich auf die EU-Staaten, auf die NATO-Staaten und auf die der NATO gleichgestellten Staaten . Da Sie Sicherheitsexpertin sind, wissen Sie, welches Land dafür insbesondere in Betracht kommt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Minister . - Damit kommen wir jetzt - das wissen Sie - zum zweiten Punkt der Regierungsbefragung . Ich frage Sie daher, ob es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung gibt . Christian Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mir drängt sich eine Frage auf, Herr Minister: Ist heute in der Kabinettssitzung auch über die neueste, jetzt bekanntgewordene Panne beim Bundesamt für Verfassungsschutz - offenbar sind SIM-Karten des verstorbenen V-Mannes „Corelli“ aufgetaucht; das ist ja nur eine Panne in einer ganzen Pannenserie - gesprochen worden, und ist auch darüber gesprochen worden, wer und welches Ministerium nun langsam einmal die Verantwortung für diese Pannenserie, die jetzt ja schon seit drei Jahren andauert, übernimmt?

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter Ströbele, darüber ist im Kabinett nicht gesprochen worden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Minister . - Damit kommen wir jetzt zum dritten Punkt der Regierungsbefragung, nämlich zu den Fragen zu Themen, über die in der Kabinettssitzung zwar nicht gesprochen wurde, die für die Kolleginnen und Kollegen hier aber gleichwohl von Interesse sind . Zuerst hat sich die Kollegin Petra Pau gemeldet .

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Meine Frage schließt sich an die Frage des Kollegen Ströbele an: Haben Sie nach dem wundersamen Auftauchen eines Handys vor circa drei Wochen, welches dem ehemaligen V-Mann „Corelli“ zugerechnet wird, im Rahmen Ihrer Dienstaufsicht Maßnahmen getroffen, um eventuell weitere noch vorhandene Beweismittel im Bundesamt für Verfassungsschutz zu sichern, und haben Sie dienstliche Erklärungen von denjenigen eingeholt, die in irgendeiner Weise damit befasst waren? Wie gesagt, wir sind in dieser Woche mit der Tatsache konfrontiert, dass plötzlich vier SIM-Karten aufgetaucht sind . Auch hier gab es übrigens das Phänomen, dass ich schon mittags Anrufe von Journalisten bekommen habe, die mich zu diesem Sachverhalt befragten, während Ihr Ministerium mich erst um 17 .31 Uhr im Vorfeld des Obleutegesprächs per E-Mail über diese Tatsache unterrichtet hat . Mich interessiert: Was geschieht in Ihrem Ministerium, um dort die Dienstaufsicht entsprechend wahrzunehmen und uns vielleicht vor weiteren Überraschungen zu bewahren?

Not found (Minister:in)

Dass dort vier SIM-Karten gefunden worden sind, war auch für das Bundesministerium des Innern überraschend . Die Vorfälle sind Anlass zu sehr kritischer Dienst- und Fachaufsicht . Wir schicken Mitarbeiter dorthin, die dort alles überprüfen, und dann wird es einen Bericht an uns geben, der auch in den entsprechenden parlamentarischen Gremien mündlich oder schriftlich vorgestellt werden wird . Bevor dieser Bericht nicht da ist, möchte ich allerdings keine Bewertung abgeben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Britta Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, das ist aber doch ein skandalöser Vorgang . Wir werden jeden Tag mit neuen Dingen konfrontiert . Gegenüber den Familien und den Opfern des NSU-Terrors ist diese Entwicklung eine dramatische Situation . Wir hatten einen Sonderbeauftragten . Jerzy Montag hat einen umfangreichen „Corelli“-Bericht verfasst . Danach wurden die Parlamentarier in einer Art Salamitaktik mit immer neuen Vorgängen in dieser Sache konfrontiert - und zwar nachdem die Presse informiert wurde, wie Petra Pau gerade gesagt hat -, die skandalös sind, was das Bundesamt für Verfassungsschutz und was Ihre Dienst- und Fachaufsicht angeht . Erst war es das eine Handy . Dann sind es plötzlich vier Handys oder inzwischen sogar sieben oder acht . Jetzt sind es vier neue SIM-Karten . In jeder Woche wird uns gesagt: Das war es jetzt . - Das scheint aber nicht der Fall zu sein . Daher meine Frage: Hat nicht das Parlament ein Recht darauf - schließlich unterhalten sich anscheinend auch alle möglichen Leute mit der Presse darüber -, ausreichend und umfangreich darüber informiert zu werden, und das vielleicht auch einmal im Rahmen einer Regierungsbefragung?

Not found (Minister:in)

Ja, ich teile Ihre Auffassung . Dieses Recht haben Sie . ({0}) Ich werde dem auch nachkommen, in welcher Form Sie das auch immer mögen . Soweit es geheimhaltungsbedürftig ist, wird dies in den dafür vorgesehenen parlamentarischen Gremien geschehen . Das kann ich aber erst dann tun, wenn auch wir im Ministerium einen klaren Überblick darüber haben, was dazu geführt hat, dass jetzt plötzlich vier SIM-Karten auftauchen, nachdem schon dieses Handy nachträglich gefunden worden war, worüber wir in der Tat auch nicht erfreut waren . Wir möchten jetzt genauer wissen, was da los ist, und können erst dann den Vorgang bewerten .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ich gehe davon aus, dass Frau Renner auch zu diesem Bereich fragen möchte und Harald Ebner deswegen bereit ist, noch ein bisschen zu warten . Sie kommen aber auf jeden Fall dran, Herr Ebner . - Dann hat jetzt Martina Renner das Wort .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Nur der Vollständigkeit halber: Vor den Handys und den SIM-Karten ist ja auch schon die von Thomas Richter an das BfV übergebene NSU/NSDAP-CD aufgetaucht . Ich halte diese ganze Geschichte nicht für eine Bagatelle oder etwas, über das wir einfach hinweggehen dürfen . Es handelt sich um Beweismittel in einem Strafverfahren, in dem es um zehnfachen Mord und Terror von rechts geht . Die Daten, die sich auf diesen Gegenständen befinden, ob nun CD, SIM-Karte oder Handy, sind Beweismittel in diesem Verfahren und hätten seit Jahren den zuständigen Ermittlungsbehörden, zum Beispiel dem BKA, und dem OLG München zur Verfügung gestellt werden müssen . Deswegen lautet meine Frage an Sie als Dienstherr des Bundeskriminalamtes: Ist es nicht an der Zeit, dass das Bundeskriminalamt eine Beweissicherungsmaßnahme im Bundesamt für Verfassungsschutz durchführt, um sicherzustellen, dass alle dort noch befindlichen Beweismittel zum Komplex NSU wenigstens noch in das laufende Verfahren vor dem OLG München eingeführt werden können? Ich denke, nach den ganzen Vorgängen - es geht um einen Zeitraum von viereinhalb Jahren und um mehrfache offensichtliche Vertuschungsaktionen, also nicht etwa Fehler oder Pannen - ist es an der Zeit, dass Sie tatsächlich auch die zuständige Ermittlungsbehörde in den Stand versetzen, sämtliche Beweismittel im Bundesamt für Verfassungsschutz zu sichern . Was ist Ihre Haltung dazu?

Not found (Minister:in)

Frau Renner, zunächst möchte ich sagen, dass auch ich das nicht für eine Bagatelle halte . Aber ich möchte erst klarer wissen, was genau los war, warum das nicht vorher erfolgt ist, welche Motive es dafür möglicherweise gab und was auf den SIM-Karten gespeichert ist . Dann muss man den Vorgang bewerten .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Irene Mihalic .

Dr. Irene Mihalic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, es gab inzwischen schon mehrere Gelegenheiten, diesen Vorgang entsprechend zu bewerten . Sie haben vorhin in diesem Zusammenhang auch parlamentarische Berichte angesprochen, die Sie uns hier vorlegen wollen, nachdem Sie diese Vorgänge im BfV hoffentlich tatsächlich einmal lückenlos aufgeklärt haben werden . Ich möchte nur daran erinnern, dass wir uns mit der Angelegenheit V-Mann „Corelli’“ nicht nur ein einziges Mal im Innenausschuss befasst haben . Von Mai 2014 bis Februar 2015 gab es regelmäßig Befassungen mit diesem Thema im Innenausschuss . Es waren regelmäßig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses im Innenausschuss zu Gast . Auch BfV-Präsident Maaßen war regelmäßig Gast im Innenausschuss und hat uns auf unsere dezidierten Nachfragen immer versichert, es gebe im Zusammenhang mit dem ehemaligen V-Mann „Corelli“ fünf Handys und die dazugehörigen SIM-Karten . Auch auf mehrmalige Nachfrage hat er diese Feststellung nicht ergänzt, und es ist auch nicht noch einmal nachgeschaut worden, sondern das war definitiv. Damit mussten wir uns als Parlament ausreichend informiert fühlen . Wir mussten in dem Moment davon ausgehen: Okay, das war es jetzt . Jetzt kommt ein Ding nach dem anderen, um es einmal so zu formulieren: Erst wird ein Handy gefunden, dann vier weitere SIM-Karten . Wir dürfen gespannt sein, was man vielleicht sonst noch alles findet. Ich jedenfalls bin sehr gespannt, was Ihre Mitarbeiter, die Sie ins BfV nach Köln entsenden, dort noch finden werden. Deshalb möchte ich erst einmal wissen: Wem können wir, die wir in Innenausschusssitzungen informiert werden, in diesem Zusammenhang noch glauben? Ich möchte noch etwas von Ihnen wissen . Wenn Sie jetzt Ihre Mitarbeiter ins BfV nach Köln entsenden: Welche konkreten Maßnahmen werden sie dort treffen? Die Kollegin Renner hat vorhin zutreffend festgestellt, was jetzt eigentlich die richtige Maßnahme wäre, nämlich die Beweismittelsicherung durch das Bundeskriminalamt . Die Frage ist also: Was werden die Mitarbeiter des BMI im BfV tun, um diese Angelegenheit tatsächlich einmal lückenlos aufzuklären?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ich darf die Kollegen auf Folgendes hinweisen: Eine Minute ist die Fragezeit, eine Minute ist die Antwortzeit . Sie haben diese Zeit deutlich überzogen . Das heißt, wenn der Minister ebenfalls überziehen möchte, hat er dazu das Recht .

Not found (Minister:in)

Zur ersten Frage, wem Sie glauben können: Diese Frage müssen Sie höchstpersönlich beantworten . ({0}) - Sie können dem Bundesministerium des Innern glauben . Die Auskünfte beziehen sich natürlich immer auf den aktuellen Kenntnisstand . Zum Auftrag . Der Auftrag der Mitarbeiter ist umfassend . Ich möchte jetzt nicht alle Prüffragen vortragen . Es geht zum Beispiel um Fragen wie: Ist es derselbe Safe? Wer hat Zugang zu dem Safe? Was ist eigentlich geschehen, nachdem dieses Handy gefunden wurde? Wer hat wo und wie was protokolliert? Wer hat Zugang zu diesen Schränken? Gibt es noch mehr Schränke? All diese Fragen werden natürlich Gegenstand der Untersuchungen sein .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann Frank Tempel und danach Konstantin von Notz noch zu diesem Punkt .

Frank Tempel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003899, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, meine Kollegen haben zu Recht gefragt, welche Maßnahmen und welche Überprüfungen im Rahmen der Beweismittelsicherung erfolgen werden . Mir geht es aber noch um etwas anderes . Da Sie gesagt haben, es würden Mitarbeiter zur Überprüfung hingeschickt, bitte ich darum, die Frage zu beantworten: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um grundsätzlich etwas zu ändern? Sie wissen, dass ich ein ehemaliger Polizeibeamter bin . Ich weiß, wie man Asservate sicherstellt und wie man solche Fehler grundsätzlich vermeiden kann . Ein wichtiger Zeuge im Untersuchungsausschuss, der zu einer Aussage hätte fähig sein müssen, konnte uns nicht die Frage beantworten, wie normalerweise das Verfahren bei der Sicherstellung solcher Gegenstände ist . Jetzt ist es mehrfach passiert, dass offensichtlich etwas völlig unkontrolliert herumliegt, das nicht mehr zugeordnet werden kann . Ich kann mir in einer deutschen Behörde mit Beamten, ehrlich gesagt, eine solche Schlamperei nicht vorstellen . Was wird getan werden, um das grundsätzlich für die Zukunft auszuschließen? Es geht nicht nur darum, was im Einzelfall passiert ist und welche Beweismittel noch vorhanden sind . Vielmehr ist die Frage: Wie kann so etwas ein für alle Mal ausgeschlossen werden?

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter, das wird man sicher sehen, wenn der Bericht da ist . Ich gehe davon aus, dass der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz selbst ein hohes Interesse an vollständiger Aufklärung hat .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Konstantin von Notz .

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, die Bundeskanzlerin selbst hat während der Trauerfeier für die NSU-Opfer und in Anwesenheit der Familien der Opfer rückhaltlose Aufklärung versprochen . Viele Kollegen, die dabei waren, sind auch heute hier im Saal . Die jetzige Faktenlage spricht dafür, dass es diese rückhaltlose Aufklärung nicht gab und dass das Parlament in verschiedenen Gremien falsch informiert wurde . Mich interessiert einfach, wer dafür die Verantwortung übernimmt, völlig unabhängig von Einzelheiten und auch davon, ob dabei eine große Verschwörung herauskommt oder nicht . Der Sachverhalt, wie viele Handys und wie viele SIM-Karten es gab - darüber gab es Extrasitzungen im Innenausschuss -, war zu dieser Zeit hochrelevant, aber die Wahrheit wurde uns nicht erzählt .

Not found (Minister:in)

Herr von Notz, ich teile Ihre Auffassung nicht . Der deutsche Rechtsstaat, das Parlament, die Länderparlamente haben in einer beispielhaften Weise all diese Zusammenhänge aufgeklärt, Erkenntnisse auf den Tisch gelegt sowie Empfehlungen gegeben . Es hat in einer beispiellosen Weise Selbstkritik der Verfassungsschutz- und Polizeibehörden gegeben . ({0}) - Ich komme gleich darauf zu sprechen . - Es hat einen Reformprozess im Bundesamt für Verfassungsschutz und in den entsprechenden Landesämtern gegeben . Wir haben Empfehlungen des Untersuchungsausschusses bekommen, die im Wesentlichen umgesetzt worden sind und werden . Es gibt einen neuen Untersuchungsausschuss . Wir haben das Gesetz über das Bundesamt für Verfassungsschutz geändert, etwa was die V-Mann-Führung angeht . Wir haben einen Strafprozess, in dem jetzt sehr gründlich verhandelt wird . Der deutsche Rechtsstaat hat also wirklich mit großer Leidenschaft und nüchternem Verstand diese Mordserie zum Anlass genommen, auch strukturelle Defizite aufzuklären und abzustellen . Wenn sich jetzt herausstellt, dass das noch nicht genug war, weil noch weitere Dinge auftauchen, dann ist das zu bewerten . Das muss aber erst einmal aufgeklärt werden, und dann muss weiter dafür gesorgt werden, dass so etwas nicht mehr vorkommt . Aber ich halte es für falsch, zu sagen, wegen dieser vier SIM-Karten, von denen wir noch nicht wissen, was darauf gespeichert ist, sei sozusagen der gesamte Prozess der Aufarbeitung der NSU-Mordserie nicht gelungen . ({1}) Auch das wäre, glaube ich, den Opfern gegenüber nicht richtig und nicht angemessen . ({2})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ich lasse jetzt noch vier Fragen zu, bevor wir dann in die Fragestunde übergehen . Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden . - Noch zu diesem Komplex Frau Haßelmann und Frau Mihalic, und dann Herr Ebner und Herr Krischer, die sich ebenfalls gemeldet hatten . Danach schließe ich die Regierungsbefragung ab, und dann kommen wir zur Fragestunde . - Frau Haßelmann, bitte .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Minister, gerade weil wir das alle wollen und weil wir es mit der Aufklärung und der Verantwortung gegenüber den Familien ernst meinen, kann man das doch nicht vertreten . Unseren Untersuchungsausschüssen im Deutschen Bundestag - dem ersten in der letzten Legislatur und dem zweiten in dieser - und den Untersuchungsausschüssen in den Länderparlamenten sowie unserem Sonderermittler Jerzy Montag, der extra für den Fall „V-Mann Corelli“ eingesetzt worden war und einen riesenlangen Untersuchungsbericht dazu vorgelegt hat, sind alle diese Dinge, über die wir gerade sprechen, vorenthalten worden, und zwar von einer deutschen Behörde . Das kann man einfach nicht erklären . Das ist doch verantwortungslos . Daher kann man nicht sagen: Wir haben alles getan . Wir haben nicht alles getan, und es hat ein Versagen gegeben . Angesichts dieses Versagens ist für uns die Frage: Was kommt noch? Dass es nach der Vorgeschichte Zweifel gibt, müssen Sie doch nachvollziehen können . Es gibt Zweifel, ob wir jetzt wirklich alles wissen, und die Befürchtung, dass vielleicht in der nächsten Woche wieder drei SIM-Karten und vier weitere Handys auftauchen, obwohl man uns seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum dreiundzwanzigsten Mal erklärt hat: Das war jetzt alles . - Das ist die Frage, die uns alle nach den neuen Informationen umtreibt .

Not found (Minister:in)

Frau Haßelmann, ich glaube nicht, dass wir sozusagen in dem Motiv und in dem, was uns ärgert oder bedrückt, auseinander sind . Wir teilen das . Ich habe auf die Frage der Abgeordneten Renner gesagt: Es ist keine Bagatelle, um die es hier geht . Allerdings kann man den Begriff „vorenthalten“, den Sie verwendet haben, so deuten, als gäbe es irgendwelche Beamte, die gesagt haben: Wenn Herr Montag kommt, dann zeigen wir ihm dieses und jenes extra nicht . ({0}) Ich hoffe nicht, dass das so war . Aber es gibt noch andere Gründe, warum man irgendetwas nicht findet. Auch das wäre nicht in Ordnung. Um das vollständig aufzuklären, sind Mitarbeiter vor Ort, um das in gemeinsamer Arbeit mit dem Bundesamt aufzuklären, und dann wird man weitersehen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Minister . - Irene Mihalic .

Dr. Irene Mihalic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004353, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Was man aber doch auf jeden Fall sagen kann - und dem stimmen Sie offensichtlich auch zu -, ist, dass dem Sonderermittler Jerzy Montag nicht alle Informationen zur Verfügung standen und dass wir in zahlreichen Sitzungen des Innenausschusses nicht die Informationen erhalten haben, die wir benötigt hätten, um die ganze Angelegenheit tatsächlich aufklären zu können oder dem im Sinne einer umfassenden Aufklärung Rechnung zu tragen . Deswegen muss ich noch einmal die Frage stellen, wer für diese Falschinformationen des Parlaments - es waren falsche Angaben, die uns gemacht worden sind, aus welchen Gründen auch immer sie getroffen wurden die Verantwortung übernimmt . Wen aus Ihrem Haus entsenden Sie nun in das Bundesamt für Verfassungsschutz, um das aufzuklären? Was sind das für Mitarbeiter?

Not found (Minister:in)

Zu Ihrer ersten Frage: Es ist zu früh, das zu beantworten . Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz unterrichtet das Parlament auf Basis seines jeweiligen Kenntnisstandes . Nun werden wir sehen, wie die Kenntnisse waren und wie sie zustande gekommen sind . Zu Ihrer zweiten Frage: Es sind Mitarbeiter - diese will ich jetzt nicht namentlich nennen - aus dem Aufsichtsbereich der Abteilung Öffentliche Sicherheit .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Nächster Fragesteller ist Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen .

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann wechseln wir das Thema . In der letzten Woche hat der Deutsche Ärztetag gefordert, die Zulassung des Pflanzenkillers Glyphosat zu widerrufen. Am nächsten Montag wird ein Gremium der Europäischen Union, das Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed, über die Verlängerung der Zulassung dieses Pflanzenkillers um 12 bis 18 Monate ohne jedwede Beschränkung entscheiden . Genau das Gleiche sollte schon am 18 . Mai passieren . Aber damals gab es keine deutliche Mehrheit . Deshalb wurde das verschoben . Wir hatten dazu einen Antrag im Plenum eingebracht . Dieser wurde - so will ich es einmal formulieren - nicht sachgerecht in die Ausschüsse überwiesen und seine Beratung heute in dem zuständigen Ausschuss abgesetzt . Wenn am Montag die erwähnte Abstimmung stattfindet, brauchen wir eine Positionierung Deutschlands zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat . War das heute doch noch Thema im Kabinett, und wenn ja, warum gibt es dann kein Ergebnis? Frau Staatssekretärin Flachsbarth hat heute Morgen im Ausschuss gesagt, es gebe dazu momentan keine Position . Wenn nein: Warum wurde das nicht behandelt? Wie gedenkt die Bundesregierung ihre Position in dieser wichtigen Frage bis Montag zu finden und öffentlich zu kommunizieren, was Vizepräsidentin Claudia Roth auch wichtig ist, nachdem das Parlament aus dieser Frage offenbar herausgehalten werden soll?

Not found (Minister:in)

Zu Ihrer ersten Frage: Es war heute nicht Gegenstand der Kabinettsberatungen . Warum etwas nicht Gegenstand der Kabinettssitzung war, lässt sich nicht beantworten; denn es wird nur das behandelt, was aufgesetzt wird . Deswegen ist Ihre Frage so nicht zu beantworten . Die Willensbildung der Bundesregierung zu diesem Punkt ist nach meiner Kenntnis noch nicht abgeschlossen . Es ist durchaus kein ungewöhnlicher Vorgang, dass vor wichtigen Sitzungen - manchmal bis hin zur letzten Minute vor einer europäischen Entscheidung - die Willensbildung einer Bundesregierung erst kurzfristig abgeschlossen ist . Das wird hier vermutlich auch so sein . Das muss nicht bis in die letzten Stunden gehen . Aber heute ist erst Mittwoch . Bis Montag ist also noch viel Zeit .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Der letzte Fragesteller: Oliver Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Minister, auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums findet sich heute eine Erklärung zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs . Ich habe gerade vor fünf Minuten gesehen, dass diese Erklärung Gegenstand der Kabinettssitzung war . In dieser Erklärung ist zu lesen, dass das Nachhaftungsgesetz, dessen Entwurf bereits in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde und das in den Tiefen der Großen Koalition irgendwie untergegangen ist, erweitert werden soll . Meine Fragen lauten: Erstens . Wie wird diese Erweiterung vonstattengehen? Bringen Sie ein neues oder ein geändertes Gesetz ein? Wie sieht die technische Planung aus? Das soll schließlich sehr zügig geschehen . Zweitens . Es wird gesagt, dass die Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden sollen und dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative dazu vorbereitet, um die weiteren Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Atomausstiegs zu klären . Wann können wir mit dieser Gesetzesinitiative rechnen?

Not found (Minister:in)

Es trifft zu, dass das heute Gegenstand der Kabinettssitzung war . Die Erklärung, die Sie im Internet gelesen haben, ist vermutlich identisch mit der, die wir heute im Kabinett beschlossen haben . Der Wirtschaftsminister hat auch dazu vorgetragen, dass wir der Kommission, insbesondere den drei Vorsitzenden, danken, dass es ihr gelungen ist, ein einstimmiges Votum zu diesem sehr schwierigen Thema zustande zu bringen, und dass das jetzt nach und nach gesetzgeberisch umgesetzt wird . Der Zeitplan und das Tempo dieser Gesetzgebung waren heute nicht Gegenstand der Kabinettsberatung . Aber der zuständige Wirtschaftsminister wird das in seiner bewährt klugen Weise so machen, dass das Gesetz rechtzeitig kommt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herzlichen Dank . - Damit beende ich die Befragung . Ich bedanke mich bei den Fragestellerinnen und Fragestellern und selbstverständlich auch beim Minister . Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/8566 Ich rufe die Fragen in der üblichen Reihenfolge auf . Bezüglich der Frage 1 der Abgeordneten Erika Steinbach - Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - verfahren wir, wie in unserer Geschäftsordnung vorgesehen, weil die Kollegin Steinbach nicht mehr im Raum ist . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit . Die Fragen 2 und 3 der Kollegin Katrin Kunert werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Ich begrüße Staatssekretär Norbert Barthle . Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Dr . André Hahn auf: In welcher Weise wurden die Belange von Menschen mit Behinderungen inhaltlich im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ({0}) sowie personell durch ihre Organisationen bei der Durchführung des 9 . Weltverkehrsforums ({1}) sowie den vorhergehenden Weltverkehrsforen berücksichtigt, und welche Initiativen gab es diesbezüglich vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur? Ich gebe Ihnen zur Beantwortung das Wort .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Kollege Hahn, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen ist Grundanliegen des Weltverkehrsforums . Organisatorisch bietet der Veranstaltungsort Messe Leipzig, wo der Jahresgipfel der Verkehrsminister 2016 bereits zum neunten Mal in Folge stattfand, ideale Bedingungen: Spezielle Parkplätze, Vorfahrt des Shuttleservices bis ans Gelände, Audioguides und Liaisonoffiziere sind wichtige Aspekte barrierefreier Veranstaltungsstätten . Inhaltlich setzen sich die 57 Mitgliedstaaten seit dem ersten Gipfel 2008 kontinuierlich dafür ein, dass inklusiver Verkehr in die jahresübergreifende Zusammenarbeit, überjährige Forschung, den Jahresgipfel der Verkehrsminister und dort thematisch und personell in die Podien Eingang findet. Für den diesjährigen Ministergipfel 2016 wurde „Inklusion“ als thematischer Schwerpunkt festgelegt und fand Eingang in den Forumstitel „Green and Inclusive Transport“ . Da ich selbst während der gesamten Veranstaltung vor Ort war, konnte ich mich persönlich davon überzeugen, dass dies so war .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dr . Hahn .

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, die Antwort war insofern für mich unbefriedigend, als ausdrücklich nach barrierefreier Mobilität gefragt worden war . Sie haben selber gesagt, Deutschland sei zum neunten Mal Gastgeber gewesen . Nach unserem Kenntnisstand war noch nicht ein einziges Mal die Frage der barrierefreien Mobilität offiziell auf der Agenda . Es haben aber alle Staaten, die Sie genannt haben, die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Deshalb ist meine Frage: Wann und in welcher Weise werden Sie bzw . das Ministerium dafür Sorge tragen, dass das Thema der barrierefreien Mobilität endlich tatsächlich auch im Weltverkehrsforum eine zentrale Rolle spielt?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Nochmals, Herr Kollege Hahn: Es gab eine Abschlusserklärung zu diesem Weltverkehrsforum . In dieser Abschlusserklärung waren die Themen soziale Inklusion - das beinhaltet nun einmal auch Barrierefreiheit -, Chancengleichheit, Zugang zu Jobs, zu Ausbildung, zu Gütern und Services, der Nutzen bzw . die Aufgabe des Verkehrssektors, die Möglichkeiten neuer Technologien, Digitalisierung und Planungsprozesse Hauptgegenstand . Insofern ist dieser Themenbereich während des Weltverkehrsforums präsent . Ich darf aber auch daran erinnern, dass das Weltverkehrsforum kein Entscheidungsorgan ist, sondern eine Denkfabrik, ein wichtiger Ort, um verkehrsträgerübergreifende internationale Dialoge mit annähernd 70 Staaten zu führen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dr . Hahn, haben Sie eine weitere Frage?

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja . - Ich muss noch einmal nachfragen, weil Sie von Erklärungen sprechen . Die Frage ist ja, was dann tatsächlich passieren bzw . umgesetzt wird . Auf nationaler Ebene scheint die Schaffung von Barrierefreiheit auf der Liste des Verkehrsministeriums ziemlich weit hinten zu stehen . Ich habe einmal nachgeschaut: Seit Amtsantritt von Herrn Dobrindt gab es 376 Pressemitteilungen seines Ministeriums . Lediglich fünf davon betrafen Themen der Barrierefreiheit bzw . des barrierefreien Verkehrs . Bayern dagegen war fast achtmal so oft - nämlich 38-mal - Gegenstand von Presseerklärungen . Deshalb meine Frage: Welche konkreten Akzente will das Verkehrsministerium bzw . Minister Dobrindt bis zum Ende der Legislaturperiode noch setzen, um die Barrierefreiheit im Verkehr zu verbessern?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Hahn, die Frage, wie oft ein Stichwort in einer Pressemitteilung erscheint, ist, glaube ich, nicht das Entscheidende . Ich darf daran erinnern, dass wir schon sehr viel unternommen haben, um die Barrierefreiheit in Deutschland voranzubringen . Ein Beispiel ist die Erhöhung von Bahnsteigen, um das Einsteigen in Nahverkehrszüge zu erleichtern . Weiter ging es darum, in Omnibussen Mitnahmemöglichkeiten für behinderte Menschen zu schaffen . Auch da haben wir gesetzliche Änderungen erreicht . Wir haben also schon viel unternommen, um die bestehenden Barrieren, die es zugegebenermaßen noch gibt, weiter abzubauen, um damit einen barrierefreien Zugang zu allen Verkehrsträgern zu ermöglichen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . Wir kommen jetzt zur Frage 5 des Kollegen Markus Paschke: Stimmt die Aussage, dass derzeit unter Beteiligung des Bundesverkehrsministeriums an alternativen Szenarien für den Masterplan Ems 2050 gearbeitet wird ({0})? Herr Barthle, bitte .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank . - Sehr geehrter Herr Kollege Paschke, die Antwort lautet: Nein . Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, ist Partner des Masterplans Ems 2050 und führt in dem Zusammenhang die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Sohlschwelle im Bereich des Emssperrwerks durch . Neben diesem Projekt beinhaltet der Masterplan weitere Maßnahmenvorschläge, um die zunehmende Verschlickung zu stoppen . Hierbei ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur grundsätzlich auch offen für darüber hinausgehende Vorschläge .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Paschke, bitte .

Markus Paschke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004371, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es war ja ein langer Prozess, bis die Vertragspartner endlich zueinander gefunden und Vertrauen zueinander gefasst hatten, sodass dieser Vertrag möglich wurde . Teilt das Ministerium die Einschätzung, dass durch eine unabgestimmte Infragestellung des gesamten Masterplans oder von Teilen des Plans seitens einzelner Partner ein Keil zwischen die mühsam errungene Einigkeit der Vertragspartner getrieben und Vertrauen zerstört wird, das ja für eine gute Zusammenarbeit in den nächsten 35 Jahren unumgänglich ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, Teil dieser Vereinbarungen aller Vertragspartner sowie dieser Machbarkeitsstudie ist ja auch, dass alle im Masterplan verankerten Elemente entsprechend berücksichtigt werden . Dies ist Aufgabe des sogenannten Lenkungskreises . Diesem Lenkungskreis obliegt es, alle Lösungsansätze bzw . Maßnahmenvorschläge entsprechend zu bewerten und dann einen Maßnahmenplan zu erstellen . Das wird sicherlich auch so geschehen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Sind Sie zufrieden? Haben Sie noch eine Frage? Nein . Gehe ich - weil Herr Barthle sehr deutlich mit Nein geantwortet hat - recht in der Annahme, dass sich die nächste Frage, die Frage 6, gar nicht mehr stellt, denn sie lautet: „Wenn ja, wie sehen diese aus . . .?“, oder soll er sie trotzdem beantworten, auch wenn er mit Nein geantwortet hat? - Er soll sie trotzdem beantworten . Dann rufe ich die Frage 6 des Kollegen Paschke auf: Wenn ja, wie sehen diese aus, und wurden die anderen Vertragspartner darüber informiert? Herr Barthle, bitte .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Präsidentin, Ihre logische Schlussfolgerung ist eigentlich völlig richtig . Ich will trotzdem ergänzen, dass sämtliche Maßnahmen oder Alternativvorschläge innerhalb des über den Masterplan Ems 2050 eingerichteten Lenkungskreises mit allen Partnern erörtert und gemeinsam festgelegt werden . Das ist das, was ich Ihnen gerade eben auch schon erläutert habe . Wir legen großen Wert darauf, dass alle Maßnahmen im Lenkungskreis erörtert und festgelegt werden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Paschke, bitte .

Markus Paschke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004371, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe noch eine Nachfrage . In dem Zusammenhang wurde in der Öffentlichkeit ja auch ein Kanal ins Gespräch gebracht . Gibt es denn neue Erkenntnisse in Bezug auf diesen vorgeschlagenen Kanal, der schon 2011 in dieser Projektgruppe als nicht durchführbar abgelehnt wurde, die eine neue Überprüfung notwendig machen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ein solcher Kanal, Herr Kollege, kann nach unserer Einschätzung nicht die Maßnahmen des Masterplans ersetzen und darf deshalb auch nicht in Verbindung mit diesem Masterplan gesehen werden . Sie weisen richtigerweise darauf hin, dass dieser Kanal durch europäische Schutzgebiete führt und dass er bereits 2011 nicht nur auf Verwaltungsseite, sondern auch von den Umweltverbänden abgelehnt wurde . Das ist Stand der Dinge . Uns liegen keine anderen Beschlüsse vor .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Wir kommen jetzt zur Frage 7 des Kollegen Johann Saathoff: Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass, falls, wie die Ostfriesen-Zeitung am 20 . Mai 2016 berichtet hat, alternative Szenarien zum Masterplan Ems 2050 erarbeitet werden, die Europäische Kommission doch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einleiten wird?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Saathoff, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, ist Partner des Masterplans Ems 2050 und hält sich an die dort festgelegten Inhalte . Insofern erkennt die Bundesregierung keine entsprechende Gefahr .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Saathoff .

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär . - In diesem Zusammenhang frage ich mich, wie eine Berichterstattung zustande kommen kann, in der es heißt - ich zitiere -, man arbeitet zurzeit unter Beteiligung des Bundesverkehrsministeriums an „alternativen Szenarien“ . Da möchte ich gerne fragen: Welche alternativen Szenarien sind das? Ist es nicht viel besser - zumal erst ein Jahr seit der erfolgreichen Verhandlung, die schwierig genug war, vergangen ist -, die Erreichung der im Masterplan Ems 2050 verankerten Ziele konstruktiv anzugehen, statt Planalternativen auf einer fragwürdigen Ebene zu entwickeln und dann vor allen Dingen auch zu kommunizieren?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, ich darf nochmals betonen: Der Masterplan sieht vor, dass entsprechende Maßnahmen in einem Lenkungskreis erörtert werden und dass dann erst Schlussfolgerungen gezogen werden . Sollte es sich um Maßnahmen handeln, die über den bisher bekannten Maßnahmenkatalog hinausgehen, gilt für diese das eben Gesagte .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Saathoff .

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist der gerade zitierte Kanal, Herr Staatssekretär, überhaupt schon in diesem Jahr Bestandteil der Verhandlungen zum Masterplan Ems 2050 gewesen? Oder liegt er sozusagen außerhalb des Verhandlungsrahmens, der bisher gegolten hat?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Da ich diesem Verhandlungskreis nicht angehöre, kann ich dazu keine dezidierte Auskunft geben . Eine solche Auskunft werde ich Ihnen aber gerne schriftlich nachreichen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Wir kommen jetzt zur Frage 8 des Abgeordneten Johann Saathoff: Trifft die Aussage zu, dass die mit dem Masterplan Ems 2050 verfolgte Idee, den Schlickeintrag mithilfe von Tidepoldern zu verringern, ein „Rohrkrepierer“ sein soll ({0})?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Machbarkeitsstudie für die Tidespeicherbecken wird entsprechend der Festlegung im Masterplan Ems 2050 vom Land Niedersachsen erarbeitet . Es obliegt dann dem über den Masterplan Ems 2050 eingerichteten Lenkungskreis, über die Realisierung von Maßnahmen zu beraten und zu entscheiden . Dies kann erst erfolgen, wenn die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Saathoff, bitte .

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . - Liegen in diesem Zusammenhang denn bereits jetzt, schon zu so früher Zeit, Erkenntnisse vor, dass ein Tidepolder ungeeignet ist, um die Probleme der Ems in diesem Bereich tatsächlich zu lösen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, da ich in meinem Ministerium für die Wasserwege nicht zuständig bin, ich das Fragerecht des Parlaments aber als ein hohes Gut betrachte, möchte ich nicht ausweichend und herumeiernd antworten, sondern möchte Ihnen diese Frage schriftlich beantworten .

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herzlichen Dank dafür . - Eine Frage hätte ich noch, Frau Präsidentin .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ja .

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben beschrieben, dass Erstellung und Umsetzung des Masterplans Ems 2050 in Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen und der Bundesebene erfolgen, was aus meiner Sicht auch absolut sinnvoll ist . Wie würden Sie die Zusammenarbeit zwischen dem Land Niedersachsen und der Bundesregierung gerade hinsichtlich des Umstandes beschreiben, dass sozusagen auf der Landesebene gar nicht bekannt ist, dass in diesem Masterplan an Alternativszenarien wie einem Kanalausbau gearbeitet wird?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Mir ist bisher nicht bekannt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniere - im Gegenteil . Ich glaube, alle sind sich darüber einig, dass die durch das unterschiedliche Tideverhalten an der Unterems aufgetretenen Probleme gelöst werden müssen . Wie das geschehen soll, muss sich erweisen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen herzlichen Dank, Herr Barthle . - Die Fragen 9 und 10 des Kollegen Matthias Gastel, die Fragen 11 und 12 des Abgeordneten Herbert Behrens und die Frage 13 des Kollegen Stephan Kühn werden schriftlich beantwortet . Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Frage 14 des Abgeordneten Stephan Kühn wird schriftlich beantwortet . Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Antworten wird der Parlamentarische Staatssekretär Stefan Müller . Herzlich willkommen! Die erste Frage ist die Frage 15 von Sylvia KottingUhl: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des genauen Datums des für Juni 2016 angekündigten Termins des ITER-Verwaltungsausschusses, an dem über den Umgang mit dem überarbeiteten Zeit- und Kostenplan für den Fusionsreaktor entschieden werden soll ({0}), und wann findet voraussichtlich das nächste Beratungstreffen für die weitere Finanzierung auf EU-Ebene statt?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich darf Ihnen mitteilen, dass nach Informationen der EU-Kommission der ITER-Rat in seiner Sitzung am 15 . bzw . 16 . Juni dieses Jahres über die überarbeitete Zeit- und Kostenplanung für das ITER-Projekt auf der Grundlage der Begutachtung durch ein unabhängiges Expertengremium befinden wird. Dabei muss man wissen, dass die Befassung des ITER-Verwaltungsausschusses hier nur empfehlenden Charakter hat . Insofern ist die Frage: Wie wird der Ministerrat dort verfahren? Da möchte ich Ihnen mitteilen, dass uns derzeit nicht bekannt ist, wann der Ministerrat bzw . dessen Gremien oder das EU-Parlament die überarbeitete Projektplanung behandeln werden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kollegin Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Vielen Dank, Herr Staatssekretär . Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns über dieses Fusionsforschungsprojekt ITER austauschen . Es wurde auch heute Vormittag im Forschungs- und Bildungsausschuss ganz kurz gestreift . Nun gibt es bei ITER nicht nur zum wiederholten Male eine Zeitverlängerung, sondern auch zum wiederholten Male eine Kostensteigerung . Diesmal stehen 4,6 Milliarhttp://www.heise.de/tr/artikel/Fusionsforschung-Zittern-beim-ITER-3208603.html http://www.heise.de/tr/artikel/Fusionsforschung-Zittern-beim-ITER-3208603.html den Euro zusätzliche Mittel im Raum . Wie steht die Bundesregierung dazu? Hält sie das weiterhin für tragbar?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Ihre Frage zielt darauf ab: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich möglicher Mehrkosten? Nach Mitteilung der EU-Kommission ist im ITER-Rat verabredet worden, dass vor der Sitzung des ITER-Rats Mitte Juni keine Zahlen in die Welt gesetzt werden, weil man jedenfalls nicht ausschließen kann, dass diese Zahlen sich durch die unabhängige Begutachtung noch einmal ändern . Dementsprechend hat sich die EU-Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten bislang noch nicht zur Höhe von Mehrkosten geäußert . Im Fortschrittsbericht von Fusion for Energy, der europäischen Beschaffungsagentur für ITER, der allerdings auf Ende 2015 bezogen ist, ist von Mehrkosten in Höhe von 2,4 Milliarden Euro die Rede . Fusion for Energy weist aber darauf hin, dass diese Kostenschätzung von einer ganzen Reihe von Vorbehalten und auch Unsicherheiten geprägt ist, solange keine aktualisierte Zeit- und Kostenplanung vorliegt . Weitere Angaben bzw . Zahlenschätzungen liegen jedenfalls uns nicht vor .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kollegin Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, gerne, danke . - Nach den bisherigen Erfahrungen und auch nach Einschätzung des Experten-Panels sind es eher die 4,6 Milliarden Euro . Hier gehen die Zahlen ja immer nach oben, eigentlich selten nach unten, und sie stagnieren auch nicht . Ich habe noch eine grundsätzliche Frage . Wir haben heute Morgen ganz kurz den Wendelstein 7-X gestreift . Sie wissen, ich bin keine Fusionsforschungsbefürworterin - aus Gründen, die zu erläutern ich jetzt keine Zeit habe; Sie kennen sie . Trotzdem muss man deutlich konstatieren, dass dieses deutsche Projekt in Greifswald mehr Fortschritte macht und dabei deutlich günstiger ist als dieses gewaltige ITER-Projekt . Ändert das denn die Einstellung der Bundesregierung dahin gehend, eventuell doch einmal zu schauen, wo es Sinn macht, Forschungsgelder, die letztlich auch eine begrenzte Ressource sind, hineinzustecken, wenn man denn die Kernfusion für unerlässlich hält, ob man sich nicht doch besser auf so etwas wie Wendelstein 7-X konzentriert und vielleicht das Milliardengrab - anders kann man es nicht bezeichnen ITER einmal etwas skeptischer betrachtet?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Kollegin Kotting-Uhl, ich glaube, es ist schwierig, die beiden Projekte miteinander zu vergleichen . Wir haben es bei Wendelstein mit einem Fusionsforschungsprojekt zu tun, das seinerseits Beiträge leisten soll für ITER . Daran wird deutlich, dass ITER einen größeren Ansatz hat . Wichtig ist, dass bei Wendelstein die Planungen - jedenfalls soweit ich informiert bin - eingehalten worden sind . Ich denke aber nicht, dass das Rückschlüsse darauf zulässt, wie es bei ITER vorangeht . Dass auch die Bundesregierung in der Vergangenheit mit dem Fortgang des ITER-Projektes nicht zufrieden war, ist ja nun in der Tat kein Geheimnis . Wir haben unsererseits immer wieder Beiträge dazu geleistet, dass dort auch im Projektmanagement Verbesserungen zustande kommen . Mein Eindruck ist, dass der neue Generaldirektor auch das Projektmanagement anders angeht, dass wir dort jetzt mehr verlässliche Daten haben und daran gearbeitet wird, das Projekt zum Abschluss zu bringen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Ich rufe Frage 16 des Kollegen Oliver Krischer auf: Wie hat sich die Bundesregierung im Rat „Wettbewerbsfähigkeit“ der Europäischen Union am 26 ./27 . Mai 2016 zum Beschlussvorschlag „Draft Council conclusions on Research and Innovation friendly regulation“ ({0}) im Hinblick auf die gegenüber dem vorherigen Beschlussvorschlagstext erfolgte Einfügung unter Punkt 3 „and technology neutral“ verhalten, die die Basis für Forschungsförderung für Atom- und Kohlekraft auf EU-Ebene ermöglicht, und was hat die Bundesregierung konkret gegen die Aufnahme dieser Formulierung in den Beschlusstext unternommen? Herr Staatssekretär .

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung ist der Auffassung, dass unter den in Ziffer 3 genannten Begriff „Technologieneutralität“ nicht die finanzielle Förderung von Kernkraftwerken fällt . Die Bundesregierung hatte sich entsprechend bereits am 26 . Mai im EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat, Teil Industrie, in diesem Sinne dazu eingelassen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Herr Staatssekretär, mich wundert jetzt, dass das Forschungsministerium diese Frage beantwortet .

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Ich wundere mich da auch manchmal . Aber das sind Dinge, die wir nicht zu beeinflussen haben.

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe jetzt den Geschäftsverteilungsplan der Bundesregierung nicht ganz im Kopf; aber ich würde eigentlich davon ausgehen, dass die Frage des Wettbewerbsrechts im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist . Wer hat denn an diesem Rat teilgenommen? Wie und mit welcher Äußerung hat er oder sie sich zu dieser Änderung, die sehr kurzfristig in den Text eingefügt worden ist, eingebracht? Man muss diese Änderung auch vor dem Hintergrund von anderen Papieren zur AtomfördeSylvia Kotting-Uhl rung sehen; ich habe dazu eine Frage gestellt, ich glaube, Frau Kotting-Uhl auch . Wie ist das vor diesem Hintergrund zu sehen?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Es handelt sich bei dieser Entschließung in der Tat um eine Beschlussvorlage, in der es um Innovations- und Forschungspolitik, um bessere Rechtssetzung und um Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung geht . Insofern fällt die Beantwortung der Frage natürlich in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Die Antwort auf die Frage, wer konkret daran teilgenommen hat, würde ich Ihnen gerne nachreichen . Weil es in der Beschlussvorlage um allgemeine Rahmenbedingungen geht, spielt der Begriff „technologieneutral“ im Übrigen beispielsweise in Bezug auf die Förderung von Kernkraftwerken keine Rolle . Solche Beschlussvorlagen haben lediglich Empfehlungscharakter . Demzufolge sind die nationalen Politiken, auch einzelne Fachpolitiken, nicht davon tangiert .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sind Sie denn, wenn Sie das so sehen, nicht mit mir einer Auffassung, dass die explizite Einfügung des Begriffes „technologieneutral“ in einen lange vorher abgestimmten Text die Möglichkeit eröffnet, am Ende europäische Mittel, wie in anderen Papieren nachzulesen, in die Atomkraftforschung zu stecken, zumal es in dem Kontext stattfindet, dass es auf europäischer Ebene bewusst das Wollen gibt - das kann ja niemand ernsthaft bestreiten -, die Atomkraftforschung wieder einzuführen?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Die Antwort auf die Frage ist Nein . Ich bin nicht Ihrer Meinung, und zwar ganz einfach deswegen, weil Schlussfolgerungen des Rates politische Willenserklärungen der Mitgliedstaaten sind . Wenn man sich Ziffer 3 der Beschlussvorlage ansieht, die den Begriff „technologieneutral“ beinhaltet, dann erkennt man, dass es nicht um Fragen der Nuklearforschungsförderung geht . Für die Nuklearforschungsförderung bleibt der geltende Rechtsrahmen des Euratom-Forschungsprogrammes erhalten; darauf ist es beschränkt . Dieser beschränkt sich wiederum auf die Fragen der nuklearen Sicherheit, der Entsorgung und des Strahlungsschutzes .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wir können nicht daran vorbeischauen, dass es auf europäischer Ebene, gerade von der EU-Kommission aus, eine ganz deutliche neue Hinwendung zur Atomkraft gibt, sowohl, was den Rat angeht, diese als Mittel zur Bekämpfung der Klimakrise anzuwenden, als auch, was die Forschung angeht . Ich nenne jetzt nur einmal die SMRs, die Small Modular Reactors . Da gibt es eine ganz eindeutige Ausrichtung, die sehr viel stärker ist als noch vor ein paar Jahren . Wenn Sie von der Beschränkung der Forschung auf den Bereich der nuklearen Sicherheit reden, dann muss ich Sie schon daran erinnern, dass es vor einiger Zeit es ist schon ein paar Jahre her; das war damals Herr Hennenhöfer - ein Strategiepapier aus dem Bundesumweltministerium gab, in dem die Erforschung neuer Reaktorlinien als Teil der Sicherheitsforschung bezeichnet wurde, da neue Reaktorlinien immer sicherer sind als die althergebrachten . Das schützt uns also nicht . Meine Frage an Sie: Wenn die Bundesregierung auch im internationalen Austausch die Energiewende als Alternative propagiert, wo schlägt sich das von deutscher Seite aus in diesem Forschungsbereich innerhalb der EU-Kommission nieder?

Stefan Müller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003597

Frau Kotting-Uhl, wir haben in der Tat, wie Sie schon erwähnt haben, heute früh im Forschungsausschuss darüber diskutiert . Es wird permanent versucht, der Bundesregierung zu unterstellen, wir würden gewissermaßen über die Hintertür und über die Europäische Kommission den Wiedereinstieg in die Kernenergie forcieren wollen . Dieser Eindruck ist ausdrücklich falsch . Es bleibt dabei - jedenfalls, was Deutschland angeht -: Die Positionierung der Bundesregierung in Nuklearfragen ist, wie sie ist . Wir lehnen einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke weiterhin entschieden ab . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Kollege . Ich bedanke mich für die Beantwortung . Ich hätte eine Bitte: Könnte man die Mikrofone einmal ölen? Das ist ein schreckliches Geräusch, wenn die Mikrofone zurückgeschoben werden . ({0}) Das erinnert mich an irgendwelche anderen Instrumente . Es wäre gut, wenn man sie ölen könnte . Vielen herzlichen Dank . Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Ich begrüße den Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Silberhorn . Die Frage 17 des Abgeordneten Niema Movassat wird schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Uwe Kekeritz auf: Stimmt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({1}) der Aussage zu, dass ein Ministerium, das von seinen Partnern Good Governance und Transparenz einfordert, jeden Verdacht der Begünstigung ausräumen sollte, um seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel zu setzen, und aufgrund welcher entwicklungspolitischen Eignung hat das Bundesministerium vor diesem Hintergrund der Ernennung von Dr . F .-W . zugestimmt ({2})? Herr Silberhorn, Sie haben das Wort .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Kollege Kekeritz, Sie haben in Ihrer Frage schon auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage Ihrer Fraktion verwiesen . Dort wurde bereits erläutert, dass das Personalauswahlverfahren für die Besetzung der Leitung der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung von unserer Durchführungsorganisation, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, nach fachlichen Gesichtspunkten und unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Bewerberinnen und Bewerber durchgeführt worden ist . Das BMZ hat dem nach Abschluss des Auswahlverfahrens übermittelten Besetzungsvorschlag zugestimmt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, diese Antwort entspricht der Antwort auf die schriftliche Kleine Anfrage . Sie beantworten hier eigentlich nichts . Wenn das Bewerbungsverfahren so korrekt abgelaufen ist, warum können Sie dann die wesentlichen Bestandteile dieses Bewerbungsprozesses nicht offenlegen? Warum beantworten Sie auch die Frage nicht, warum die Personalvorschläge von GIZ und DEG - es wurden weitere kompetente Kandidaten genannt - schlicht ignoriert worden sind?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft damit beauftragt, die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung zu betreiben . Deswegen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Agentur Angestellte der DEG bzw . der GIZ . Das Personalauswahlverfahren hat - wie ich bereits dargestellt habe - die GIZ durchgeführt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Eine weitere Nachfrage, Herr Kekeritz?

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, ich habe eine weitere Nachfrage . - Es geht mir um den Prozess . Wenn man eine neue Institution gründet, dann geht es insbesondere bei der Leitungsposition um Aufgabenbeschreibungen und auch um die ungefähre Besoldungshöhe . Ich wundere mich schon, dass eine Arbeitsgruppe von vier Personen mit einer Arbeitsgruppenleiterin in der Besoldungsgruppe zwischen B 9 und B 10 angesiedelt wird . Das entspricht einer Besoldung von ungefähr 140 000 Euro im Jahr . Ich komme aus Bayern . Ich weiß, dass der Landrat dort ungefähr B 6 bekommt, aber er hat Personalverantwortung für 300 Menschen und in der Regel einen Verwaltungsetat von ungefähr 150 bis 250 Millionen Euro . Wie ist die Einstufung in diese Besoldungsgruppe zustande gekommen?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Besoldung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Geschäftsbereich des BMZ orientiert sich an der Aufgabenstellung und an der Tragweite der Tätigkeit . Dass die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft für uns eine hohe Bedeutung hat, das wird unmittelbar einsichtig, wenn Sie sich in Erinnerung rufen, dass die Nachhaltigkeitsziele, die die Vereinten Nationen im letzten September in der Agenda 2030 beschlossen haben, mit unseren öffentlichen Geldern gar nicht umgesetzt werden können, sondern dringend auch die Einbeziehung des privaten Sektors erforderlich ist . Zu diesem Zweck wurde die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung gegründet . Diese Agentur ist insofern ein Instrument zur Umsetzung dieser Nachhaltigkeitsziele .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dazu eine Rückfrage vom Kollegen Movassat .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön . - Herr Staatssekretär, ich habe eine inhaltliche Frage zur Agentur für Wirtschaft und Entwicklung . Der BDI forderte Anfang dieser Woche, dass 5 Prozent der Mittel des Bundesentwicklungsministeriums für die Unternehmensförderung verwendet werden sollen und dass die Wirtschaft gleichbehandelt werden solle mit zivilgesellschaftlichen Organisationen . Mich würde interessieren, ob die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung in diese Richtung orientiert ist .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Diese Forderung des BDI haben wir ebenfalls der Presse entnommen . Wir werden nach der Veröffentlichung dieser Vorstellung des BDI zur Entwicklungszusammenarbeit gern den Kontakt suchen . Ich kann von meiner Seite aus sagen, dass schon seit einiger Zeit eine Unterredung mit mir und dem Arbeitskreis Entwicklungspolitik des BDI vereinbart ist, die im September stattfinden wird, sodass wir hier in guten Gesprächen daVizepräsidentin Claudia Roth rüber sind, wie wir den privaten Sektor noch stärker in die Richtung einbeziehen können, dass private Investitionen und generell private Finanzierung entwicklungsförderlich gestaltet werden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die nächste Frage ist die Frage 19 vom Kollegen Kekeritz: Kann das Bundeskanzleramt als koordinierende Stelle innerhalb der Bundesregierung verbindlich bestätigen - und damit die offensichtliche Unstimmigkeit zwischen den persönlichen Auskünften der beteiligten Minister gegenüber Abgeordneten und der daraufhin erfolgten gegenteiligen Beantwortung meiner schriftlichen Frage 73 auf Bundestagsdrucksache 18/8458 ausräumen -, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag ein Ratifizierungsgesetz zu dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der ECOWAS ({0}) vorlegen wird, und wann beabsichtigt sie, das Gesetz vorzulegen? Herr Staatssekretär .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Vor der deutschen Ratifikation muss das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den ECOWAS-Staaten durch sämtliche Vertragsparteien unterzeichnet und dann von der Europäischen Union ratifiziert werden. Erst im Anschluss daran wird die Beteiligung des Deutschen Bundestags konkret . Derzeit stehen die Unterzeichnungen dreier westafrikanischer Staaten noch aus . Wann genau diese erfolgen werden, ist bisher ungewiss, sodass wir keine Prognose über den weiteren Verfahrensverlauf geben können . In jedem Fall wird die Bundesregierung den Deutschen Bundestag umfassend einbinden, sobald die Voraussetzungen für die Einleitung des Ratifikationsverfahrens vorliegen . Wenn die juristische Bewertung dies ergibt, wird die Bundesregierung zum geeigneten Zeitpunkt einen Entwurf für ein Vertragsgesetz vorlegen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kollege Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist es immer noch nicht klar, ob die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag ein Ratifikationsgesetz vorlegen wird.

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Bundesregierung muss zunächst einmal die Unterzeichnung dieses Wirtschaftspartnerschaftsabkommens durch alle Vertragsparteien abwarten . Danach erfolgt, wie angedeutet, die Ratifikation durch die Europäische Union . Dann wird innerhalb der Bundesregierung durch das Justizministerium und durch das Innenministerium eine verfassungsrechtliche Bewertung und Prüfung erfolgen . Auf dieser Basis kann das federführende Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dann gegebenenfalls einen Entwurf eines Vertragsgesetzes vorlegen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kollege Kekeritz?

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich schließe jetzt aus Ihrer Antwort, dass Sie das jetzt noch nicht wissen . Eine andere Frage ist für mich: In 14 Tagen oder in 3 Wochen wird im Rat über die Annahme und die vorläufige Anwendung der Verträge mit Sadek und der ostafrikanischen Community abgestimmt . Ich hätte gern gewusst, wie sich die Bundesregierung bei der Abstimmung verhalten wird . Wird sie den Verträgen zustimmen? Wird sie vor allen Dingen einer vorläufigen Anwendung, also einer Anwendung, bevor die Verträge in den nationalen Parlamenten ratifiziert sind, zustimmen?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Bundesregierung wird diesen Abkommen zustimmen und sich auch für eine vorläufige Anwendung einsetzen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Kollege Silberhorn . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Ich begrüße herzlich den Staatssekretär Uwe Beckmeyer . Wir kommen zur Frage 20 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl: Inwiefern war das „Issues Paper No . 10 ‚Nuclear‘“ der Europäischen Kommission, das am 6 . April 2016 vom Sekretariat des Strategieplans für Energietechnologie ({0}) der Europäischen Kommission online veröffentlicht wurde, vor dem 13 . Mai 2016 mit der Bundesregierung abgestimmt - insbesondere im Rahmen des SET-Plan-Lenkungsausschusses, in dem die Bundesregierung Mitglied ist ({1}) -, und gegebenenfalls welche Rückmeldungs- bzw . Stellungnahmemöglichkeiten bezüglich des „Issues Paper No . 10 ‚Nuclear‘“ und der darauf basierenden Entwurfserarbeitung einer nichtbindenden Absichtserklärung im Rahmen des SET-Plans haben Bundesbehörden, insbesondere das federführend zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, vor dem 13 . Mai 2016 nicht genutzt ({2})? Herr Staatssekretär .

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Kollegin Kotting-Uhl, die Antwort auf Ihre Frage lautet wie folgt: Das Diskussionspapier „Issues Paper No . 10 ‚Nuclear’“ wurde nicht mit der Bundesregierung abgestimmt . Wie in der Antwort der Bundesregierung vom 24 . Mai dieses Jahres auf Ihre schriftliche Frage dargelegt wurde, hat das SET-Plan-Sekretariat in der Generaldirektion für Forschung und Innovation am 6 . April 2016 eine Konsultation von Stakeholdern aus Forschungsorganisationen, Universitäten, Industrie sowie Gremien von Aufsichtsbehörden eingeleitet . Der SET-Plan-Lenkungsausschuss wurde über diese Stakeholderkonsultation am 7 . April 2016 informiert . Die Bundesregierung wurde bei der Erarbeitung des Entwurfs der Absichtserklärung vom 13 . Mai 2016 nicht beteiligt . Eine erste Konsultation mit Vertretern der Mitgliedstaaten fand am 24 . Mai 2016 im Rahmen einer Sitzung des Lenkungsausschusses zum SET-Plan unter Leitung der verantwortlichen Generaldirektion der EU-Kommission und mit Beteiligung der gemeinsamen Forschungsstelle sowie Stakeholdern statt . Der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat dort dargelegt, dass die Bundesregierung eine EU-Förderung oder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke entschieden ablehnt und kein Interesse an einer Zusammenarbeit oder Finanzierung von Forschung und Entwicklung in den Bereichen „Cost of electricity“ betrifft Kostenoptimierung bei Neubauten und durch Laufzeitverlängerungen - und „Advanced and innovative fission reactors“ hat. Ebenso soll sich eine Absichtserklärung entsprechend dem Ziel des SET-Plans allein auf die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung konzentrieren und sollen darüber hinausgehende Inhalte nicht im Rahmen des SET-Plans behandelt werden . Eine Zusammenarbeit bei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Bereichen „nukleare Sicherheit“ sowie „Entsorgung und Rückbau“, die ebenso Gegenstand des Entwurfs der Absichtserklärung sind, wird seitens der Bundesregierung hingegen ausdrücklich unterstützt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . Die letzte Botschaft gefällt mir durchaus . Aber ich habe doch noch eine Frage . Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wurden Sie am 7 . April 2016 informiert, und am 13 . Mai 2016 wurde der SET-Plan vorgelegt . Warum haben Sie vor der Veröffentlichung nicht noch einmal interveniert? Es geht ja nicht nur darum, dass Deutschland jetzt nicht begeistert sagt: „Ja, her damit, wir machen das auch“, sondern auch um die Botschaft, die wir in andere Länder senden . Und die Botschaften, die derzeit von der EU kommen, sind in meinen Augen nicht allzu gut, wenn man die Energiewende für den besseren Pfad hält als die Rückkehr zur Atomkraft, als den Ausbau der Atomkraft . Ich denke, darüber sind wir Grüne uns mit der Bundesregierung einig . Ich vermisse - das muss ich Ihnen so sagen - mehr Engagement und entsprechende Initiativen, um diese Idee in andere Länder zu tragen, um das als einen positiveren Weg zu beschreiben . Warum haben Sie nach dem 7 . April 2016 nicht die Gelegenheit genutzt, auf diesen Plan Einfluss zu nehmen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Wir haben keinen Einfluss auf diesen Plan genommen, weil der Plan ohne unser Zutun entstanden ist . Wir haben zum ersten Mal am 24 . Mai 2016 im Lenkungsausschuss darauf reagiert, und zwar eindeutig ablehnend . Das ist der Kreis, in dem dies zu geschehen hat, in dem das artikuliert werden kann und muss . Ich denke, das war das richtige Zeichen . Im Übrigen sage ich an dieser Stelle: Die bundesdeutsche Energiepolitik wird weltweit und auch innerhalb Europas hinsichtlich des klaren Bekenntnisses zum Ausphasen der Atomenergie in 2022, wie aber auch des klaren Bekenntnisses zu erneuerbaren Energien sehr wohl beachtet . Sie ist ein Vorbild für viele Länder .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön . - Dieses Signal ist leider nicht mehr so klar, wie Sie das darstellen . Vor etwa zehn Tagen habe ich in Japan wieder gehört, dass das deutsche Beispiel zeige, dass das alles sehr schwierig, sehr teuer und nicht unbedingt leicht zu machen sei . So klar ist unsere Botschaft also nicht mehr . Ich möchte Sie auf die nukleare Sicherheit ansprechen . Sie wird immer wieder als Begründung dafür angeführt, warum man diese Forschung über Euratom usw . betreiben muss, warum sich auch Deutschland daran beteiligen muss, trotz des Atomausstiegs . Ihnen ist schon bewusst, dass das Argument der nuklearen Sicherheit und der Fortführung dieser Sicherheit immer auch genutzt wird, um zu fordern, dass neue Reaktorlinien, die sicherer als alte Reaktorlinien sind, erforscht, entwickelt und damit natürlich auch angewandt werden müssen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Kollegin, das, was Sie aus Japan berichten, teile ich nicht . Ich bin in der letzten Zeit, also im Mai, im Auftrag der Bundesregierung durch einige Länder dieser Welt gereist und habe dort Gegenteiliges erlebt, nämlich dass wir sehr wohl aufmerksam betrachtet werden, dass das deutsche Beispiel hohe Aufmerksamkeit erregt und dass uns viele fragen - Offizielle aus den Regierungen, aber auch Unternehmen -: Wie macht ihr das in Deutschland? Sie merken und wissen, dass die Lernkurve, die wir in einigen Bereichen bezahlt haben, für sie von großem Vorteil ist . Insofern bitte ich Sie persönlich, wenn Sie in Japan solche Gespräche führen, darauf hinzuweisen, wie erfolgreich die Energiewende in Deutschland ist . Zum Thema Sicherheitsforschung . Mithilfe sicherheitsorientierter Forschung - ich denke, das ist auch Ihnen bekannt - will sich die Bundesregierung die Kompetenz bewahren, die Sicherheit von Kernkraftwerken im In- und Ausland weiterhin unabhängig beurteilen zu können . Ich glaube, wir sind es auch unserer Bevölkerung schuldig, dass wir uns dafür einsetzen, dass alte Nuklearanlagen an unseren Grenzen möglichst bald geschlossen werden . Ich denke, wir müssen die Kompetenz haben, das ordentlich beurteilen zu können . Das Entscheidende ist, dass wir in internationalen Gremien sprechfähig sind . Dafür setzen wir uns auch im Bundeswirtschaftsministerium mit Nachdruck ein .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Oliver Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär Beckmeyer, in dem Papier geht es ja nicht nur um Forschung und Weiterentwicklung von neuen Reaktoren und Minireaktoren - das wird dort alles erläutert -, sondern dort steht auch, dass Stresstests bei alten Reaktoren, zum Beispiel den beiden belgischen Reaktoren Tihange und Doel, die Risse aufweisen, erst 2025 durchgeführt werden, diese also erst dann noch einmal grundsätzlich überprüft werden . 2025 ist, wenn ich richtig rechne, in neun Jahren . Was wird die Bundesregierung unternehmen, damit sich eine solche Grundhaltung, die die Kommission - nach meinem Eindruck auch unter Mitwirkung des deutschen Kommissars Herrn Oettinger - an den Tag legt, nicht durchsetzt, sondern dass gerade bei den problematischen Altreaktoren an unseren Grenzen, die nicht nur in Belgien stehen, wesentlich früher entsprechende Überprüfungen stattfinden mit dem Ziel, sie stillzulegen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Unsere Aufgabe wird es sein, mit Nachdruck darauf hinzuarbeiten, dass sich die deutsche Position auch auf europäischer Ebene durchsetzt . Sie wissen: Die einzelnen Mitgliedstaaten haben das Recht, den Energiemix selbst zu bestimmen . Das tun einige Länder mit Nachdruck . Das sehen Sie zum Beispiel, wenn Sie nach Großbritannien schauen . Unsere Aufgabe ist es, bei der Spezifizierung dieser Ziele darauf zu achten, dass unsere Interessenlage in Europa ebenfalls Beachtung findet und sich möglichst durchsetzt . Wir teilen den Inhalt der teilweise von Kommissionsgremien erarbeiteten Unterlagen nicht . Das haben wir auch bei unserer ersten Stellungnahme dazu ausdrücklich zum Ausdruck gebracht .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Beckmeyer . - Dann kommen wir jetzt zur Frage 21 des Kollegen Oliver Krischer: Welche konkrete Stellungnahme hat die Bundesregierung zu dem öffentlich bekanntgewordenen Papier „SET-Plan Draft Declaration of Intent on Strategic Targets in the context of Action 10: ‚Maintaining a high level of safety of nuclear reactors and associated fuel cycles during operation and decommissioning, while improving their efficiency‘“ in der Sitzung der Arbeitsgruppe „Forschung“ des Rates der Europäischen Union in der 20 . Kalenderwoche und gegebenenfalls in weiteren Gremien auf europäischer Ebene abgegeben, und was wird die Bundesregierung weiterhin unternehmen, damit ein derartiges Papier in keiner Weise Beschlussgrundlage oder Ähnliches auf europäischer Ebene wird?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Herr Krischer, Sie fragen in eine ähnliche Stoßrichtung wie Ihre Kollegin . Die Antwort der Bundesregierung zu Ihrer Frage lautet wie folgt: Die Bundesregierung hat zu dem genannten Entwurf einer nichtbindenden Absichtserklärung im Rahmen des europäischen Strategieplans für Energietechnologie, abgekürzt SET-Plan, im Verlauf der Sitzung des Lenkungsausschusses zum SETPlan am 24 . Mai 2016 Stellung bezogen . Der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat dort dargelegt, dass die Bundesregierung eine EU-Förderung oder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke entschieden ablehnt und kein Interesse an einer Zusammenarbeit oder Finanzierung von Forschung und Entwicklung in den Bereichen „Cost of electricity“ das betrifft Kostenoptimierung bei Neubauten und durch Laufzeitverlängerungen - oder „Advanced and innovative fission reactors“ hat. Ebenso soll sich eine Absichtserklärung entsprechend dem Ziel des SET-Plans allein auf die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung konzentrieren, und darüber hinausgehende Inhalte sollen nicht im Rahmen des SET-Plans behandelt werden . Des Weiteren unterstützt die Bundesregierung eine EU-Förderung im Rahmen des Euratom-Forschungsprogramms in den Bereichen „nukleare Sicherheit“, „Entsorgung“ sowie „Strahlenschutz“ . In diesen Bereichen ist eine Zusammenarbeit bei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ebenso Gegenstand des Entwurfes der Absichtserklärung . Die Bundesregierung wird diese Position auch im weiteren Abstimmungsprozess entschieden vertreten . Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das genannte Dokument nach Überarbeitung zu einer unverbindlichen Absichtserklärung der Kommission und interessierter Mitgliedstaaten der EU führen soll und dabei weder rechtlich bindend noch präjudizierend sein würde . Mitgliedstaaten, die die Kernenergie für die Stromerzeugung nicht nutzen möchten bzw . diese Nutzung beenden möchten, würden nicht an diese Absichtserklärung gebunden sein . In der 20 . Kalenderwoche fand keine Sitzung der Arbeitsgruppe „Forschung“ des Rates der Europäischen Union statt . Die Arbeitsgruppe „Forschung“ wurde bisher nicht mit dem Entwurf der Absichtserklärung befasst .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Bevor Herr Krischer nachfragt, möchte ich den Verteidigungsminister Kanadas mit Begleitung herzlich willkommen heißen . A warm welcome in our Parliament! Welcome in our House! Bienvenue au parlement! ({0}) Herr Krischer, bitte .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung . - Teilen Sie denn meine Einschätzung, dass es nicht nur um die Frage geht, ob Mitgliedstaaten, wie es Großbritannien tut, selber in Atomenergie investieren, sondern auch darum, dass dieses Papier ausdrücklich beinhaltet, dass europäische Institutionen wie beispielsweise die Europäische Investitionsbank, die dies bisher nicht tun konnte, jetzt in Atomenergie investieren können? Insofern sind wir als Bundesrepublik, da es hier um gemeinschaftliche Institutionen geht, schon tangiert, wenn dies in Zukunft ermöglicht würde . Deshalb meine Frage an Sie: Was werden Sie ganz konkret unternehmen - auch wenn es sich hier, wie Sie sagen, um ein unverbindliches Papier handelt, wird es im weiteren Prozess genutzt werden, um konkrete Maßnahmen zu ermöglichen -, um zu verhindern, dass auf gemeinschaftlicher Ebene Investitionen in Atomkraft möglich sind?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Herr Krischer, Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und insbesondere der Bundeswirtschaftsminister haben die Position Deutschlands bereits bei ihren Gesprächen in Brüssel sehr deutlich zum Ausdruck gebracht und klargestellt: Atomkraft ist nicht nur hoch gefährlich, sondern auch verdammt teuer . - Jeder Mitgliedstaat hat letztendlich selbst zu entscheiden - das wissen Sie -, ob er eine Atomanlage bauen will . Wir allerdings sind der festen Überzeugung und der festen Meinung: Eine EU-Förderung für den Bau von Atomkraftwerken können und werden wir nicht unterstützen . Wir treten dafür ein, dass es keine Förderung dieser Technologie von gestern gibt . Vielmehr muss die EU-Kommission endlich eine konkrete Strategie zum Ausbau der Erneuerbaren und zum Energiesparen in ganz Europa entwickeln; das ist unsere Position . Wir sind gern bereit, die Erfahrungen aus Deutschland auch hier einzubringen . Unser Standpunkt ist eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, und die europäischen Institutionen, denke ich, haben ihn zur Kenntnis genommen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Herr Beckmeyer . - Ich habe eben es war Frage 16 - eine Frage gestellt, die interessanterweise der Kollege aus dem Forschungsministerium beantwortet hat . Es ging um den Wettbewerbsrat . Ich vermute aber, dass jemand aus Ihrem Hause dabei war; denn ich glaube, an den Sitzungen des Wettbewerbsrates nimmt ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums teil . Wir erleben ja immer mehr, dass die EU-Kommission über das Wettbewerbsrecht konkrete Energiepolitik macht . Ob beim Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz oder beim Erneuerbare-Energien-Gesetz, überall wird durch das Wettbewerbsrecht in konkrete Entscheidungen der deutschen Politik, aber auch der Politik anderer Staaten eingegriffen . Gleichzeitig erleben wir, dass die gleiche Kommission - das haben Sie ja sehr ausführlich beschrieben und auch sehr kritisch kommentiert - die Förderung und Unterstützung von Atomkraft ermöglicht . Mich würde interessieren, was die Bundesregierung und Ihr Haus - ich gehe davon aus, dass jemand aus Ihrem Haus dort anwesend war - in Gremien wie dem Wettbewerbsrat, in denen plötzlich von Technologieneutralität die Rede ist, unternehmen, damit sich solche Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung der Atomkraft nicht in allen möglichen Dokumenten manifestieren .

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Gehen Sie davon aus, dass wir dort genau aufpassen und uns auch entsprechend einbringen . Natürlich haben wir im Bereich des Beihilferechtes auch mit dem Wettbewerbsrat zu tun; das wissen Sie . Das EEG 2014 und das EEG 2016 sind Themen, die wir natürlich aktuell auch mit Brüssel verhandeln . Am Ende ist das auch die Aufgabe der Kommission als Hüterin der Verträge . Das sieht sie so, und das sehen wir auch so . Wir würden allerdings intervenieren, wenn wir das Gefühl bekämen, dass dort die Hüterfunktion missbraucht wird .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kotting-Uhl .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Beckmeyer, ich möchte vorab gerne noch kurz auf Ihre Bemerkung bezüglich Japan eingehen und Ihnen sagen: Sie können versichert sein, Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Gut .

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

- dass ich in Japan vor allem in meiner Funktion als Vorsitzende der deutsch-japanischen Parlamentariergesellschaft vor dortigen Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern keine Dissense aufmache, sondern die deutsche Politik vertrete . Ich habe jetzt noch eine letzte kleine Frage: Sie sagten bezüglich des Bereichs, über den wir die ganze Zeit reden, die Zusammenarbeit von Deutschland aus beziehe sich auf Forschung und Entwicklung . Gilt das auch in Bezug auf neue Reaktorlinien? Wenn ja: Wäre das nicht doch inkonsequent?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Ich will dazu sagen: Wir müssen durch Forschung und Entwicklung in der Lage sein - ich glaube, das ist auch die Position, die die Bundesregierung Ihnen immer wieder vermittelt hat -, unabhängige eigene Sicherheitsbeurteilungen durchführen zu können . Das gilt auch in Bezug auf neue Reaktoren und neue Reaktorkonzepte, die im Ausland geschaffen werden . Wir müssen uns also in die Lage versetzen, solche Reaktoren beurteilen zu können . Das heißt nicht, dass wir an der Entwicklung dieser Reaktoren beteiligt sind, sondern das heißt, dass wir sprechfähig sein müssen . Sprechfähigkeit bedeutet, dass wir uns technologisch damit auseinandersetzen müssen; sonst werden wir überOliver Krischer haupt nicht zur Kenntnis genommen, wenn wir uns in irgendeiner Weise international dazu einlassen . Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt . Sicherheitsorientierte Forschung bedeutet für mich, dass wir in der Lage sind, technologisch zu verstehen, was Dritte tun . Sie haben vorhin von den kleinen Minireaktoren gesprochen, die hier einige im Kopf haben und die, wenn sie hintereinander zusammengeschaltet werden, sicherlich eine größere Menge von Energie - wo auch immer erzeugen können und sollen . Ich glaube schon, dass wir in Deutschland in der Lage sein müssen, unsere Meinung über deren Sicherheit technologisch so fundiert zu äußern, dass sie akzeptiert wird .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Wir bleiben in Ihrem Geschäftsbereich und kommen jetzt zur Frage 22 der Kollegin Bärbel Höhn: Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Mercosur-Verhandlungen ({0}) nicht auf Grundlage des alten Verhandlungsmandates fortzuführen, das lange vor der Verabschiedung des Lissabon-Vertrags und damit unter ganz anderen Vorzeichen erteilt wurde, und wenn nein, warum strebt sie die Möglichkeit einer Mandatserneuerung und Anpassung an die aktuellen handelspolitischen Debatten und Interessen bisher nicht an?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Abgeordnete Höhn, die Antwort lautet wie folgt: Die Mercosur-Verhandlungen sind von der EU im Jahre 2010 und damit nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages auf Grundlage des bereits erteilten Verhandlungsmandates wieder aufgenommen worden . Im Übrigen hatte die EU bereits vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages die grundsätzliche Zuständigkeit für die Verhandlung und den Abschluss von Handelsabkommen . Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung weder rechtlich noch tatsächlich die Notwendigkeit einer Mandatserneuerung .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Kollegin Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, im Rahmen der Mercosur-Verhandlungen sollten Lateinamerika große Mengen zusätzlicher Rindfleisch- und Ethanol-Exporte nach Europa zugestanden werden . Frankreich und die Hälfte der Mitglieder der EU haben sich gegen diese großen Importe gewehrt, Deutschland nicht . Warum hat Deutschland sich nicht gewehrt?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Wir führen die Verhandlungen nicht, liebe Frau Kollegin .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Noch einmal wiederholen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Nein . Ich habe gesagt, dass wir die Verhandlungen nicht führen .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das heißt aber, Sie finden sie trotzdem gut, oder? Ich habe ja danach gefragt, warum das Mitgliedsland Deutschland auf der EU-Ebene nicht interveniert hat . Diese Verhandlungen führen Sie doch wohl . Oder sind Sie anders als Frankreich kein Mitgliedsland?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Höhn, natürlich sind wir Mitgliedsland . Wie ich gerade ausgeführt habe, führt aber - auch entsprechend der Aufgabenstellung innerhalb der Europäischen Union - die Kommission für uns die Verhandlungen mit dem Mercosur . Es hat dabei einige Unterbrechungen gegeben . Diese Unterbrechungen haben jahrelang gedauert . Zuletzt hat jetzt ein erneuter Anlauf stattgefunden, nachdem der Mercosur im Herbst 2015 endlich erklärt hat, welches abgestimmte Warenangebot er im Grunde verhandeln möchte . Seitdem gewann der Prozess dieser Verhandlungen auch mit der neuen Regierung in Argentinien wieder an Dynamik, und ein Austausch von Angeboten wurde vereinbart . Insofern sind die Verhandlungen zwar noch nicht abgeschlossen, aber zumindest wieder in Gang gekommen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe noch eine zweite Nachfrage . Angesichts Ihrer Antwort muss ich Folgendes sagen: Das Landwirtschaftsministerium hat gerade einen Krisengipfel zur Landwirtschaft durchgeführt . Frankreich interveniert bei den Mercosur-Verhandlungen im Sinne seiner Landwirte . Deutschland hat das offensichtlich nicht nötig . Deshalb habe ich Ihre Antwort am Anfang auch gar nicht verstanden . Angesichts dieser Situation hätte ich aber doch gerne gewusst, ob die Bundesregierung eine ökonomische Modellrechnung durchführt, was es eigentlich für die Landwirte bedeutet, wenn wir momentan de facto parallel mit Kanada und den USA - das sind große Länder mit Landwirtschaft -, außerdem mit Lateinamerika, beispielsweise Argentinien und Brasilien, mit Australien und mit Neuseeland verhandeln? Gibt es schon eine Modellrechnung der Bundesregierung, was das für die Landwirte bedeutet?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Mercosur-Staaten haben einen erleichterten Zugang zum europäischen Markt für ihre Agrargüter adressiert . Das sind, wie Sie zu Recht sagen, Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch, Ethanol, Zucker und Soja . Für die Europäische Union sind Marktzugangsverbesserungen für Industriegüter und Dienstleistungen von besonderem Interesse . Das ist unsere Interessenlage . Das BML hat sich aber, wie auch andere Länder in der Europäischen Union, dafür ausgesprochen, vor Angebotsaustausch eine Folgenabschätzung durchzuführen . Das werden wir in der Bundesregierung tun und auch für den gesamten EU-Agrarmarkt tun . Dies ist selbstverständlich . Das gehört zu unserem Geschäft .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann kommen wir zur Frage 23 der Kollegin Bärbel Höhn: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Ausmaß von Arbeitsrechtsverletzungen in den USA, zum Beispiel über die Verweigerung von Toilettenpausen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der amerikanischen Geflügelindustrie ({0}), und welche Sanktionsmöglichkeiten werden nach Kenntnis der Bundesregierung in TTIP ({1}) geplant, um im Falle derartiger Missstände Handelsbeschränkungen zu erlassen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Höhn, ich beantworte die Frage wie folgt: Der Bundesregierung liegen über die Verweigerung von Toilettenpausen für Mitarbeiter in der US-Geflügelindustrie keine weiteren Informationen vor als die von Ihnen in Frage 23 genannte Berichterstattung aus Spiegel Online vom 13. Mai 2016 über die Vorfälle in der US-Geflügelindustrie . Auch über Planungen für Handelsbeschränkungen seitens der EU, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Toilettenpausen durch amerikanische Unternehmen verweigert werden, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor . Nähere Angaben zur Anwendung internationaler Arbeitsstandards in den USA finden sich auf der Webseite der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO, mit Ausführungen des Ausschusses für Vereinigungsfreiheit und der weiteren Normenüberwachungsausschüsse der ILO .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn, bitte .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Welchen Zeithorizont für einen Abschluss der TTIP-Verhandlungen hält die Bundesregierung für realistisch und für wünschenswert? Welche Vorteile für die ökonomische Entwicklung - so verstehe ich die G-7-Erklärung - sieht die Bundesregierung bei einem Abschluss in diesem Jahr gegenüber einem Abschluss zu einem späteren Zeitpunkt, und sei er dann auch mit mehr Substanz?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Abgeordnete, der letzte Begriff ist der entscheidende: mehr Substanz . Es ist ja bei weitem noch nicht die überwiegende Zahl der entsprechenden Punkte überhaupt verhandelt worden . Insofern bin ich skeptisch, dass wir innerhalb der Präsidentschaft des aktuellen US-amerikanischen Präsidenten eine solche Verhandlung zu Ende bringen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn, Ihre zweite Frage, bitte .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das Interesse der Amerikaner an TTIP nach dem Abschluss von TPP merklich nachgelassen hat, wie man insbesondere daran sieht, dass sich zum Beispiel die neuen Präsidentschaftskandidaten ja eher negativ zu TTIP geäußert haben? Folgt daraus nicht, dass ein Entgegenkommen bei den Verhandlungen kaum zu erwarten ist, insbesondere wenn die Verhandlungen in einer großen Schlussphase verhandelt werden?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Man könnte nach einigen Veröffentlichungen dieser Meinung sein . Aber ich möchte mich bei meiner Antwort im Namen der Bundesregierung nicht auf Spekulationen stützen . Insofern kann ich dazu keine weiteren konkreten Antworten geben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Ebner, bitte .

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, da wir gerade bei TTIP sind: Hält die Bundesregierung nach dem, was jetzt öffentlich zu lesen war, ein Gegeneinanderausspielen verschiedener Wirtschaftssektoren, beispielsweise die Interessen der Automobilindustrie gegen Belange der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, in Europa für sachgerecht? Ich meine die Forderungen aus den USA, dass Zugeständnisse für die Automobilindustrie in Europa nur zu erreichen sind, wenn beispielsweise Zugeständnisse im Bereich der Gentechnik und weiteren Feldern im Agrarbereich seitens der EU gemacht werden . Hält das die Bundesregierung für sachgerecht? Und wenn nein: Wie möchte sie es vermeiden, dass unserem Agrarsektor erhebliche Nachteile ins Haus stehen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Ich glaube, dass es außerordentlich unangebracht ist, sich im Rahmen einer Fragestunde über Strategien in den Verhandlungen, die die Europäische Kommission im Inhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.html http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.html http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/oxfam-vielen-arbeitern-in-us-gefluegelindustrie-wird-toilettenpause-verwehrt-a-1092346.html teresse von Mitgliedstaaten zu führen hat, auszutauschen . Zum einen sind die Verhandlungen noch nicht an diesem Punkt . Zum anderen halte ich es für unangemessen, vor Beginn der Verhandlungen zu diesen einzelnen Punkten schon Absichtserklärungen seitens der Bundesregierung abzugeben . Wir werden uns im Rahmen dieses Prozesses einbringen und unsere Interessen wahren .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . Ich darf jetzt eine weitere Delegation auf der Ehrentribüne recht herzlich begrüßen . Es ist eine Delegation von Abgeordneten aus dem Rechts- und Menschenrechtsausschuss aus Tunesien . Bienvenue au parlement! ({0}) Wir kommen jetzt - das passt gut - zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts . Ich begrüße Staatsminister Michael Roth recht herzlich . Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Movassat auf: Inwiefern plant die Bundesregierung einen Ausbau der Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten, und welche Rolle spielen die wiederholten massiven Menschenrechtsverletzungen ägyptischer Sicherheitskräfte ({1}) und die zunehmenden Meldungen, dass es als Transitland für Flüchtlinge in den Fokus rückt ({2}), bei ihren Erwägungen?

Not found (Gast)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Lieber Herr Kollege Movassat, lassen Sie mich einmal mit einer Grundsatzbemerkung beginnen . Die Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten im Bereich der Sicherheit dient niemals der Schwächung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten . Im Gegenteil: Wir sind diesen drei Prinzipien verpflichtet. Deshalb spielen sie bei Sicherheitsabkommen mit anderen Staaten - Sie bezogen sich ja auf Ägypten - eine herausragende Rolle . Die bisherige Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten soll in Kürze durch ein bilaterales Sicherheitsabkommen bekräftigt werden . Wir konzentrieren uns in der Zusammenarbeit vor allem auf folgende Bereiche: Bekämpfung des Terrorismus einschließlich Geldwäsche, Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, der Schleuserkriminalität und der organisierten Kriminalität sowie die Luftsicherheit. Dieses Sicherheitsabkommen befindet sich derzeit in der Endabstimmung . Auf die besondere Bedeutung der Menschenrechtslage habe ich als ein ganz herausragendes Kriterium schon hingewiesen . So sollen zum Beispiel im Rahmen der Sicherheitskooperation die polizeilichen Kompetenzen der ägyptischen Polizeibehörden einschließlich der Grenzpolizeibehörden gestärkt sowie das Verständnis einer nach demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen und Menschenrechten verpflichteten Polizei vermittelt werden . Selbstverständlich nehmen wir die entsprechenden Berichte zur Menschenrechtslage in Ägypten seitens der Menschenrechtsorganisationen und weiterer Nichtregierungsorganisationen ausgesprochen ernst und thematisieren diese immer wieder ganz konkret im Gespräch mit Repräsentanten der ägyptischen Regierung .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Herr Kollege .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Herr Staatsminister . - Mich würde noch interessieren, welche konkreten Maßnahmen geplant sind . Vielleicht könnten Sie das ausführen, insbesondere wer die Akteure auf deutscher Seite sein werden, die dort für die Zusammenarbeit zuständig sind, Stichwort Bundeskriminalamt, Bundeswehr oder andere Organisationen . Hat die ägyptische Seite angemeldet, in welchen Sektoren sie einen besonderen Bedarf an einer Zusammenarbeit sieht?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Movassat, ich habe Ihnen eben schon deutlich gemacht, was die Schwerpunkte dieses Sicherheitsabkommens sind, nämlich Terrorismusbekämpfung, organisierte Kriminalität und Schleusungskriminalität . Bei der Ausbildung bzw . der Ertüchtigung und Sensibilisierung der ägyptischen Polizei- und Grenzpolizeibehörden spielen die Kompetenzen und die Expertise unserer Bundespolizei und Sicherheitsbehörden eine ganz entscheidende Rolle .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatsminister, Sie sagen: Die Menschenrechte werden natürlich besonders angesprochen . - Ich bin mir nicht so sicher, ob man das für bare Münze nehmen kann . Man braucht sich doch nur Berichte über die Menschenrechtslage in Ägypten anzuschauen: Seit dem Amtsantritt des Präsidenten el-Sisi sind 40 000 Menschen aus politischen Gründen in Haft genommen worden, 40 000 Menschen! Im Januar letzten Jahres wurden an einem Tag 183 Menschen zum Tod verurteilt . Es gibt ein massives Menschenrechtsproblem, das wirklich von allen angesprochen wird: von Human Rights Watch, von Amnesty International, von Thinktanks wie der SWP und von der Opposition im Land . Menschen, die an einer Demonstration teilnehmen, werden zu fünf Jahren Haft verurteilt . Das war vor kurzem wieder der Fall . Meine Frage an Sie ist: Überlegen Sie nicht, ob es wirklich sein kann, mit einer solchen Militärdiktatur zu einer Zusammenarbeit zu kommen, die letztlich immer auch ein Stück weit Hofierung eines fragwürdigen Regimes ist? Senden Sie nicht die falschen Signale, wenn zum Beispiel der Herr Vizekanzler davon spricht, dass Herr el-Sisi ein beeindruckender Präsident ist? Wenn ich http://www.hrw.org/de/news/2016/04/21/aegypten-kinder-gefoltert-und-verschleppt http://www.hrw.org/de/news/2016/04/21/aegypten-kinder-gefoltert-und-verschleppt http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-146929.html http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-146929.html http://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.html http://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.html http://www.focus.de/politik/videos/muessen-verhindern-dass-schmuggler-fuss-fassen-vor-dieser-neuen-fluechtlingsroute-fuerchtet-sich-jetzt-europa_id_5568090.html so etwas höre, habe ich nicht den Eindruck, dass die Bundesregierung wirklich auf dem Schirm hat, wie massiv in Ägypten die Menschenrechte verletzt werden .

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Movassat, die Besorgnis über die innenpolitische Lage in Ägypten, insbesondere bezogen auf die Beispiele, die Sie eben genannt haben, teilen wir ausdrücklich, und - ich will das noch einmal wiederholen - sie ist regelmäßig Thema der Gespräche, die wir mit Repräsentanten der ägyptischen Regierung führen . Darüber hinaus will ich Ihnen in einem Punkt sehr offen widersprechen: Sicherheitsabkommen orientieren sich an den rechtsstaatlichen Prinzipien nicht nur des anderen Landes, sondern selbstverständlich auch an den rechtsstaatlichen Prinzipien der Bundesrepublik Deutschland . Diese sehr hohen und sehr strengen Maßstäbe - darin stimmen Sie mir sicherlich zu - sind dementsprechend Richtschnur des Handelns und verpflichten im Übrigen beide Seiten . In dem Abkommen ist eine allgemeine Vorbehaltsklausel enthalten . Das heißt, es kann zu einer Aufkündigung der Zusammenarbeit kommen, wenn diese im Widerspruch zu dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei steht . Also: Sollten die Sicherheitsbehörden im Rahmen des Abkommens Dinge tun oder verantworten, die sich mit den Rechtsstaatsprinzipien und den Menschenrechtsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbaren lassen, dann gibt es die Möglichkeit, dieses Abkommen aufzukündigen . Das gilt im Übrigen für alle Sicherheitsabkommen, die die Bundesregierung geschlossen hat . Ein weiterer Punkt: Bei drohenden Menschenrechtsverletzungen ist die Anwendung des Vertrages ebenfalls ausgeschlossen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . Die Frage 25 der Abgeordneten Sevim Dağdelen wird schriftlich beantwortet . Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Professor Dr . Günter Krings bereit . Die Frage 26 der Abgeordneten Sevim Dağdelen, die Fragen 27 und 28 der Abgeordneten Ulla Jelpke und die Fragen 29 und 30 des Abgeordneten Volker Beck werden schriftlich beantwortet . Dann kommen wir zur Frage 31 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen: Wie sind Inhalt und Wortlaut der Zusagen bzw . der Vereinbarungen des Bundesministers des Innern bei seiner US-Reise vom 17 . bis 19 . Mai 2016 gegenüber US-Regierungsvertretern ({0}) zum Datenaustausch im Sicherheitsbereich etwa über islamistische Gefährder ({1}), und wie stellte das Bundesministerium des Innern dabei - neben kurzfristiger Unterrichtung des Deutschen Bundestages darüber - sicher, dass beim Datenaustausch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten sind, die Zweckbindung der Daten zu wahren und diese weder für Folter noch für Tötungen zu nutzen oder an Dritte weiterzuleiten, insbesondere, mit deutscher Billigung im Einzelfall, nicht an Staaten mit geringerem bzw . zweifelhaftem Datenschutzniveau? Herr Staatssekretär, bitte .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Auf Herrn Ströbele ist Verlass . - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Ströbele, es freut mich, dass ich wenigstens diese Frage mündlich beantworten kann . Die Vereinbarung, auf die Sie in Ihrer Frage anspielen, wurde in der Tat zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Terrorist Screening Center, TSC, das dem FBI zugeordnet ist, welches wiederum zum Geschäftsbereich des US-amerikanischen Justizministeriums gehört, getroffen . Bei dem Terrorist Screening Center werden US-Behörden-übergreifend Daten zu bekannten und mutmaßlichen Terroristen zusammengeführt . Sinn und Zweck des Memorandum of Understanding ist die Einigung auf ein gemeinsames Verfahren beim Datenaustausch zu Personen, die im begründeten Verdacht stehen, terroristische Straftaten zu begehen, also sogenannte Gefährder . Diese Absprache thematisiert den Austausch von biografischen Grunddaten zur Identität, wie zum Beispiel Name, Geburtsdatum und Nummern von Reisedokumenten . Erst im Fall eines Treffers aufgrund übermittelter Grunddaten sollen in einem zweiten Schritt Anfragen zu Hintergrundinformationen folgen . Diese Anfragen bzw . Ersuchen werden im Rahmen des innerstaatlich geltenden Rechts, das heißt auf der Grundlage bestehender nationaler Gesetze und des Unionsrechts, beantwortet . Für das Bundeskriminalamt, das auf deutscher Seite datenübermittelnde Stelle sein wird, ändern sich daher die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Möglichkeiten und Befugnisse für Datenübermittlungen durch die Absprache nicht . Vielmehr fußt die mit der Absprache bezweckte Intensivierung des Datenaustauschs auf dem geltenden innerstaatlichen Recht sowie den darin bereits enthaltenen und auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten Befugnissen zur Datenübermittlung . Die Absprache ist als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft . Daher kann der Wortlaut nicht veröffentlicht werden . Das Bundesministerium des Innern hat den Obleuten der Fraktionen in der heutigen Sitzung des Innenausschusses angeboten - das habe ich getan -, den Text in den Räumen des Innenministeriums einzusehen und erläutert zu bekommen . Auch Ihre Fraktion ist herzlich eingeladen, in Gestalt ihres Obmanns, zu dem Sie ja sicherlich volles Vertrauen haben, Einsicht zu nehmen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Kollege Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Zuerst möchte ich meinen Dank für den ersten Teil der Antwort aussprechen . Noch wichtiger als das, was dort geschrieben steht, ist der Teil, in dem es darum geht, wie Sie sicherstellen, dass die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das uns erst vor wenigen Wochen in einer denkwürdigen Entscheidung gesagt hat, unter welchen Voraussetzungen Daten weitergegeben werden dürfen, eingehalten werden, insbesondere wenn es um die Zweckbindung und das Problem geht, dass Daten möglicherweise zu Zwecken gebraucht bzw . missbraucht werden, die nach deutschem Recht nicht zulässig sind, wie die gezielte Tötung durch Drohnen . Wie haben Sie sichergestellt, dass die Vorgaben zuverlässig eingehalten werden?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das ist eine durchaus verständliche Nachfrage . Darüber haben wir heute schon ausführlich im Innenausschuss gesprochen . Ich möchte das gerne auch hier erläutern . Zunächst einmal - nur der guten Ordnung halber -: Natürlich ist nicht jeder Einsatz einer bewaffneten Drohne gleich völkerrechtswidrig . Es gibt aber Einsätze, die wir mit großen Sorgen und Bedenken sehen . Insofern haben wir das Interesse, dass Daten dafür nicht verwandt werden . Ich glaube, hier sind wir uns, in der Richtung jedenfalls, einig . Wir haben bei dem Abschluss des erwähnten Memorandums großen Wert darauf gelegt, dass wir im Einklang mit der von Ihnen angesprochenen jüngsten Entscheidung des Karlsruher Verfassungsgerichts stehen . Eine wesentliche Vorgabe ist, dass relevante Daten, die weiter für konkrete polizeiliche Einsätze genutzt werden können, mit einem - auf Neudeutsch - Handling-Code versehen werden sollen . Das entspricht der Zielrichtung des Bundesverfassungsgerichts . Die Daten werden also mit Kautelen versehen, sodass sie nicht frei, sondern nur für bestimmte Zwecke genutzt werden können . Dafür gibt es entsprechende Vereinbarungen mit den Amerikanern im Einzelfall . Wichtig ist: Daten, die zu dem führen können, was Sie gerade beschrieben haben, gehören nicht zur ersten Stufe . Hier geht es nur um Name, Geburtsdatum und wenige andere Daten . Alles, was darüber hinausgeht, erfolgt in der zweiten Stufe . Es handelt sich da um eine Einzelfallübermittlung, die im Gespräch zwischen deutschen und amerikanischen Behörden zu erfolgen hat . Dann kann man entsprechende Vorgaben machen . Das ist der Weg, den auch das Bundesverfassungsgericht für gangbar und richtig hält .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ströbele? Bitte schön .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wie Sie wissen, befassen wir uns gerade im NSA-Untersuchungsausschuss intensiv mit der Frage - damit hat sich das Bundesamt für Verfassungsschutz offenbar schon vor Jahren befasst -, ob sich die USA tatsächlich an solche Zweckbindungen halten oder ob sie beispielsweise weitergegebene Handydaten doch nutzen, um etwa im Jemen oder in Somalia gezielte Tötungen - ich sage: illegale Hinrichtungen - durchzuführen . Das Bundesverfassungsgericht hat dazu Auflagen gemacht und gesagt, das müsse regelmäßig überprüft werden . Wir haben eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die klar besagt: Bei den USA ist Misstrauen angebracht, weil es zweifelhaft ist, dass die Daten wirklich nur für den Zweck verwendet werden, für den sie übermittelt werden .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Mir ist bekannt, dass Sie sich mit diesen Fragen beschäftigen . Es gilt hier der Satz, auch unter Verbündeten und Partnern: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser . Dass wir dem nachgehen müssen, ist richtig . Nur, das muss so geschehen, dass wir in den Einzelfällen, in denen es relevant wird, darauf hinweisen, zu welchen Zwecken die Daten verwendet werden können und zu welchen Zwecken sie nicht verwendet werden können . Dass hier Restrisiken bleiben, mag sein . Wenn wir diese komplett ausschließen wollten, dann müssten wir ausschließen, nicht nur mit den Amerikanern, sondern mit fast allen Staaten der Welt jemals Telekommunikationsdaten, Handynummern usw . auszutauschen . Das kann nicht der Weg sein . Das böte zwar die hundertprozentige Sicherheit, dass nie ein Missbrauch erfolgen kann, das würde aber auch jegliche internationale Zusammenarbeit verhindern . Das kann nicht in unser aller Interesse sein . Deshalb müssen wir den schwierigen Weg gehen, der auch Restrisiken beinhaltet . Wir müssen auf die Zweckbindung hinweisen und Hinweisen, dass man sich vielleicht nicht daran gehalten hat, nachgehen . Das ist der Weg, den Karlsruhe und andere vorgeben . Im Einzelfall müssen wir die Zweckbindung vornehmen und dafür Sorge tragen, dass die Amerikaner davon Kenntnis haben und das auch beachten .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank . - Die Fragen 32 und 33 des Abgeordneten Andrej Hunko werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Kelber bereit . Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Christian Kühn ({0}), Bündnis 90/Die Grünen, auf: Warum will die Bundesregierung das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21 . April 2015 ({1}) erst dann evaluieren, wenn mindestens drei Jahre vergangen sind ({2}), seit die ersten Länder davon Gebrauch gemacht haben, also frühestens im Jahr 2018? Herr Staatssekretär, bitte .

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Kühn, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Eine umfassende wissenschaftliche Evaluierung der Vorschriften zur Mietpreisbremse, wie sie im Gesetz vorgesehen ist, setzt voraus, dass die Vorschriften eine gewisse Zeit in Kraft sind und hinreichende Erfahrungen aus der Anwendungspraxis vorliegen . Das ist bislang nicht der Fall . Als erstes Bundesland hat Berlin vor genau einem Jahr, am 1 . Juni 2015, von der Ermächtigung Gebrauch gemacht, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen . Im weiteren Verlauf des Jahres 2015 sind die Bundesländer Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Bremen und Schleswig-Holstein gefolgt . Brandenburg und Thüringen haben erst im Jahr 2016 Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen; Niedersachsen plant die Einführung der Vorschriften der Mietpreisbremse ebenfalls im Jahr 2016 . Eine umfassende Evaluierung kann sich nicht allein auf die Untersuchung der Entwicklung der Angebotsmieten in Portalen beschränken . Die Angebotsmieten geben zunächst nur Auskunft darüber, zu welchem Mietpreis Wohnungen angeboten werden . Dazu, ob Mietverträge zu diesen Mieten tatsächlich abgeschlossen werden, liefern sie keine Erkenntnisse . Zudem liefern sie keine Erkenntnisse, ob sich Mieterinnen und Mieter nach Abschluss des Mietvertrags auf die Vorschriften der Mietpreisbremse berufen und gegenüber dem Vermieter eine zu hohe Miete geltend machen . Ein solches Vorgehen der Mieter dürfte mit einer zeitlichen Verzögerung zu erwarten sein . Vor diesem Hintergrund dürfte derzeit auch noch kaum Rechtsprechung zu den Vorschriften der Mietpreisbremse vorliegen . Von daher: Für eine umfassende wissenschaftliche Evaluierung ist es noch zu früh . Gleichwohl beobachtet die Bundesregierung die Entwicklung auf den Mietwohnungsmärkten genau, auch in dieser Frage, und wird auf erforderlichen Änderungsbedarf reagieren .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Herr Kollege .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Herr Staatssekretär Kelber . - Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sieht das ein bisschen anders . Das DIW hat dieser Tage eine Studie zur Mietpreisbremse veröffentlicht und kommt zu der Einschätzung, dass die Mietpreisbremse, wie sie die Große Koalition auf den Weg gebracht hat - zunächst einmal: sie kam zu spät; es gab einen hohen Vorzieheffekt bei den Mietsteigerungen - und wie sie jetzt in der Praxis besteht, nicht funktioniert, weil sie ein großes Einfallstor hat . Dieses große Einfallstor besteht darin, dass Rügepflicht und Auskunftspflicht in diesem Gesetz nicht vorgesehen sind . Der Minister Heiko Maas hat jetzt bekannt gegeben, dass er sich unter Umständen vorstellen kann, diesbezüglich gesetzlich tätig zu werden . Plant also das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, in dieser Legislaturperiode in Bezug auf diese beiden Punkte Rügepflicht und Auskunftspflicht - noch einmal tätig zu werden?

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Wie ich in der Antwort auf die ursprüngliche Frage schon ausgeführt habe, verlassen wir uns nicht allein auf die umfassende wissenschaftliche Evaluierung, sondern beobachten den Wohnungsmarkt genau . Dabei geht es bei der Mietpreisbremse insbesondere um folgende Fragen: Hält sich die überwiegende Mehrzahl der Vermieterinnen und Vermieter an die Vorgaben? Und sind Mieterinnen und Mieter bereit und in der Lage, ihr Recht, das ihnen die Mietpreisbremse einräumt - nämlich den bestehenden Mietpreis zu rügen und Auskunft über die vorherige Miete zu verlangen -, in Anspruch zu nehmen? Festzustellen, ob dies passiert oder nicht, gehört zu unserer Prüfung . Die Ergebnisse solcher Prüfungen bzw . Beobachtungen sind dann dafür entscheidend, ob wir weitere Maßnahmen vorschlagen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege?

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wie ich schon ausgeführt habe: Die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sagt ja schon jetzt ganz klar, dass die Befunde ausreichen, um festzustellen, dass die bestehende Mietpreisbremse keine bremsende Wirkung hat . Vielmehr ist sie - so, wie sie jetzt konstruiert ist - ein Rieseneinfallstor für weitere Mietsteigerungen . Sie erfüllt nicht ihren eigentlichen Zweck, den Anstieg der Mieten in Deutschland zu bremsen . Zur Evaluierung, von der Sie gesprochen haben: In der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen haben Sie gesagt, dass Sie für die Evaluierung drei Jahre brauchen . Heißt das also, dass die jetzt geltende Mietpreisbremse frühestens nach Beendigung dieser Legislaturperiode wieder angefasst wird, womit der augenblickliche Zustand einer nicht funktionierenden Mietpreisbremse fortbestehen würde? Damit würde das zentrale Projekt der Bundesregierung zur Begrenzung von Mieten eigentlich fehlerhaft bleiben und die angestrebten Wirkungen sowie den beabsichtigten politischen Zweck nicht erfüllen .

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Ich kann noch nicht zu allen Details der Studie des DIW, die es heute veröffentlicht hat, Stellung nehmen . Entschuldigen Sie bitte, dass ich sie noch nicht vollständig auswerten und wissenschaftlich bewerten konnte . Es gibt darin natürlich Punkte, über die man reden muss, zum Beispiel: Ist es richtig, benachbarte Wohnungsmärkte - wobei der eine als angespannt ausgewiesen wurde, der andere nicht - miteinander zu vergleichen? Oder müssen beispielsweise angespannte Wohnungsmärkte miteinander verglichen werden? Mein Haus hat im Zusammenhang der Beantwortung Ihrer Kleinen Anfrage in der Tat auf die Regelungen aus dem Gesetz hingewiesen, dass nämlich die umfassende wissenschaftliche Evaluierung nach drei Jahren erfolgen soll . Ich habe aber gerade ausgeführt, dass wir natürlich darüber hinaus den Wohnungsmarkt auch unabhängig von einer umfassenden wissenschaftlichen Evaluierung beobachten . In Ihrer Kleinen Anfrage hatten Sie sich auf eine andere Studie bezogen, aus der ich nur einen Satz zitieren darf . Es heißt dort zur Frage „Wirkt die Mietpreisbremse doch?“: Dieser Befund legt die Vermutung nahe, dass die Einführung der Mietpreisbremse am 01 .06 .2015 die dynamische Entwicklung der Vorjahre tatsächlich gebremst hat . Das war die Grundlage Ihrer damaligen Anfrage .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . - Wir kommen zur Frage 35 des Abgeordneten Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen: Teilt die Bundesregierung die Position der Europäischen Kommission, dass eine Erklärung der Europäischen Kommission zur genaueren Auslegung der Biopatentrichtlinie ausreichend ist ({0}) sowie eine Änderung der Richtlinie im Gegensatz dazu keine Lösung wäre, um das Patentierungsverbot bei konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren wirksam durchzusetzen ({1}), und falls die Bundesregierung im Gegensatz zur Europäischen Kommission eine Änderung der Biopatentrichtlinie zur Klarstellung des Patentierungsverbotes für notwendig erachtet, welche konkreten Initiativen plant die Bundesregierung auf EU-Ebene in diesem Bereich für das laufende Jahr? Herr Staatssekretär, bitte .

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Sehr geehrter Kollege Ebner, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung teilt die Position der EU-Kommission, die im Übrigen auch mit der Position des Europäischen Parlaments übereinstimmt . Wir halten eine Erklärung der EU-Kommission zur genaueren Auslegung der Patentierungsausnahmen in der Biopatentrichtlinie für eine geeignete und sinnvolle Maßnahme . Dieses Ergebnis deckt sich mit den Ergebnissen der Gespräche, die ich in den letzten Monaten für das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit zahlreichen namhaften Experten geführt habe . Niemand in diesen Runden hat eine Öffnung der Biopatentrichtlinie als ersten Schritt gefordert . Die von der Kommission zur Biopatentrichtlinie eingesetzte Expertengruppe lehnt eine Änderung der Biopatentrichtlinie ab . Auch sie befürwortet als ersten Schritt eine Maßnahme unterhalb der Schwelle eines legislativen Eingriffs . Schließlich deckt sich dieses Ergebnis auch mit der Mehrheit der Stellungnahmen, die am 18 . Mai in Brüssel auf dem Symposium der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft zum Thema Biopatente abgegeben wurden .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Herr Kollege?

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Demnach gehe ich davon aus, dass Sie auch die Position der Expertengruppe teilen, die von der Kommission eingesetzt wurde und Mitte Mai ihren Bericht veröffentlicht hat . In dieser Expertengruppe ist es die mehrheitliche Einschätzung, dass sowohl bezüglich einer Ausweitung des beschränkten Züchterprivilegs im Patentrecht als auch hinsichtlich des Konflikts zwischen Patentschutz und Sortenschutz kein Handlungsbedarf besteht . Ich muss Sie an dieser Stelle fragen: Wie wollen Sie dieses Problem lösen? Bei welchen Punkten sehen Sie jetzt vordringlichen Handlungsbedarf, um diesen Konflikt aufzulösen, wenn Sie es nicht auf legislativem Weg machen wollen?

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Es ist ein Fehler, aus der Zustimmung zu einem Ergebnis der Expertenkommission die Schlussfolgerung zu ziehen, dass allen Empfehlungen der Expertenkommission zugestimmt wird . Ich habe eben insbesondere darüber Auskunft gegeben, dass wir die Position teilen, dass der Schritt, dass die EU-Kommission eine solche Aussage trifft, der wichtige erste Schritt in diesem Bereich ist . Das ist ja auch vom Europäischen Parlament unterstützt worden; das entspricht auch dem, was von den Nichtregierungsorganisationen in diesem Bereich beschlossen wurde: Es ist ein kräftiges politisches Signal aller politischen Ebenen der Europäischen Kommission . Darin kommt ein anderes Verständnis der Frage der Biopatentierung zum Ausdruck als in den Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege?

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ob wir legislativ vorgehen oder über den von Ihnen genannten ersten Schritt: Wir müssen in jedem Fall von einem langen Prozess ausgehen, bis eine rechtliche Klarstellung des Verbotes der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen durchgesetzt ist; ich hoffe, dass wir uns darüber einig sind, dass es notwendig ist . Insofern meine Frage: Wie schützt die Bundesregierung in der Zwischenzeit, bis diese Klarstellung erfolgt ist, das Gemeinwohlinteresse, und wie verhindert sie eine fortschreitende Privatisierung genetischer Ressourcen? Erwägt die Bundesregierung etwa, selber Einspruchsund Klageverfahren gegen Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere anzustrengen oder solchen Klagen zumindest beizutreten - auch das wäre schon ein wichtiger Schritt - und, wenn nein, warum nicht? http://deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrecht http://deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrecht http://deutsch.eu2016.nl/aktuelles/nachrichten/2016/05/24/durchbruch-in-der-debatte-uber-das-patent--und-sortenschutzrecht

Ulrich Kelber (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003450

Im Ziel sind wir uns einig - das habe ich ja auch in den verschiedenen Sitzungen im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz deutlich gemacht . Wir sehen diese Patentierungen kritisch . Die davon abweichende deutsche Rechtspraxis und die Beschlusslage des Deutschen Bundestages umschreiben unsere Position . Wir haben auf europäischer Ebene natürlich keineswegs zugesehen; vielmehr ging es auch auf die Initiative der deutschen Bundesregierung zurück, dass es zu diesem Symposium der niederländischen Ratspräsidentschaft gekommen ist . Ich hatte das Thema im Vorfeld meines Besuches beim Kollegen in den Niederlanden angesprochen . Ich habe übrigens die gleichen Punkte auch in Italien angesprochen . In der nächsten Woche werde ich sie in Polen vortragen . Auf Fachebene sind wir nicht nur im Kontakt mit der EU-Kommission, sondern ebenfalls mit zahlreichen anderen Mitgliedstaaten, um sie zu überzeugen, diese Position mitzutragen . Ich glaube übrigens, dass diese Positionierung der EU-Kommission die schnellstmögliche politische Positionierung ist . Ob die Bundesregierung eine Klage einreicht oder sich einer Klage anderer Organisationen, eventuell sogar nichtstaatlicher Organisationen, anschließt, wird die Bundesregierung natürlich als Gesamtheit beschließen . Das hat im Augenblick aber nicht erste Priorität . Wir versuchen im Augenblick, eine gemeinsame politische Positionierung zustande zu bringen . Darin sind wir uns übrigens mit allen Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen des Europäischen Parlamentes, die auch hier vertreten sind, einig .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön . - Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme bereit . Die Fragen 36 und 37 der Abgeordneten Petra Pau sowie die Frage 38 des Abgeordneten Dr . André Hahn werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zur Frage 39 der Abgeordneten Katrin Werner, Fraktion Die Linke: Aus welchen Gründen waren bei der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes am 24 . Mai 2016 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales weder die Bundesministerin Andrea Nahles, die Parlamentarische Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller noch der zuständige Abteilungsleiter anwesend ({0})? Frau Staatssekretärin, bitte .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Frau Werner, Sie stellen eine Frage zur Anwesenheit der Ministerin bzw . der Parlamentarischen Staatssekretärin Lösekrug-Möller bei der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes am 24 . Mai 2016 . Alle Anhörungen zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes, das heißt die Länderanhörung am 23 . Mai 2016, die Verbändeanhörung am 24 . Mai 2016 und die Ressortanhörung am 25 . Mai 2016, wurden von den fachlich zuständigen Unterabteilungsleitern moderiert und durch die Fachreferate in jeweils identischer personeller Besetzung unterstützt . Selbstverständlich ist es so, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in eigener Verantwortung entscheidet, wie und in welcher Besetzung die Anhörungen durchgeführt werden . Dabei wurde kein Anlass gesehen, für die Verbändeanhörung ein von den übrigen Anhörungen abweichendes Verfahren anzuwenden .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja . - Frau Kramme, Ihnen ist ja bekannt, dass man seit Monaten auf diesen Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes gewartet hat und dass es schon ein extremer Spannungsbogen war, den das Ministerium aufgebaut hat: Die Veröffentlichung wurde sehr oft verschoben; dann gab es die Möglichkeit der Stellungnahme . Dass die Erwartungen in diesen Gesetzentwurf sehr groß sind, ist Ihnen auch bekannt . Das ist klar und deutlich kommuniziert worden im Beteiligungsprozess . Jetzt gibt es - auch aufgrund der Nichtanwesenheit von Vertretern des Ministeriums bei der Anhörung; sogar der Abteilungsleiter war nicht anwesend - den Vorwurf, dass das Ganze als Pseudobeteiligung anzusehen ist . Mich würde, weil dem Ministerium dieser Vorwurf ja bekannt ist, schon interessieren, wie Sie das bewerten . Für mich wäre vor allen Dingen ganz wichtig - denn der Gesetzentwurf ist ja noch nicht im parlamentarischen Verfahren -, welche Konsequenzen Sie aus diesen Vorwürfen ziehen . Denn wir müssen doch wirklich die Beteiligten mitnehmen und dürfen nicht in unserem Raumschiff weiterschweben .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Frau Werner, Sie wissen selber, dass zu dem Bundesteilhabegesetz im Ministerium unzählige Gespräche und Runden durchgeführt worden sind . Dass man hier die Betroffenen nicht in hinreichender Weise einbezogen hat, kann an dieser Stelle wahrlich nicht gesagt werden . Das ist das eine . Das andere bezieht sich im Prinzip auf Ihre nächste Frage . Ich schlage vor, dass ich gleichzeitig Ihre Frage 40 beantworte, wenn der Herr Präsident einverstanden ist .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Er ist einverstanden . - Ich rufe die Frage 40 auf: Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Forderung vieler Selbstvertretungsorganisationen und Verbände, die vorgesehenen Verbesserungen im Entwurf, beispielsweise das Budget für Arbeit und die Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen, ins SGB IX zu übernehmen und den Referentenentwurf zurückzuziehen? http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htm http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htm http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33805/Deutliche-Worte-an-Andrea-Nahles.htm Sie haben dann Zusatzfragen en masse, Frau Werner . Bitte, Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Selbstverständlich ist es so, dass wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass dieser Referentenentwurf und hoffentlich das spätere Gesetz eine spürbare Entlastung für Menschen mit Behinderung bringen werden . Aber natürlich ist es auch so - es wäre unsinnig, wenn wir anders agieren würden -, dass wir uns sehr genau anhören, was es an Kritik, an Einwendungen und an Anregungen gibt . Im Moment sind wir dabei, das alles auszuwerten und erneut zu beleuchten . Aber Sie wissen auch: Wir befinden uns im Moment noch im Prozess des regierungsinternen Handelns, sodass ich zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Auskünfte geben kann .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Sie haben, Frau Kollegin, jetzt noch drei Zusatzfragen . Das müssen Sie nicht ausschöpfen, aber Sie können es .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich habe noch eine Zusatzfrage . - Sie haben selber gesagt, dass Sie im Prozess sind und dass Sie die Betroffenen eingeladen haben und ihnen das Gefühl gegeben haben, dass ihre Vorschläge aufgenommen bzw . gehört werden . Sie haben jetzt, wenn ich das richtig verstanden habe, gesagt, dass Sie alle Vorschläge prüfen . Insofern geht meine Zusatzfrage genau in diese Richtung . Am Montag fand eine Fachtagung der SPD-Bundestagsfraktion zum Bundesteilhabegesetz statt . Ich möchte Sigrid Arnade zitieren, die auf dieser Konferenz gesagt hat: Es sind die Betroffenen . . ., die dieses Gesetz nicht wollen . Für wen ist es denn? Wer soll denn davon profitieren? Die Betroffenen wollen es nicht . Kann das vielleicht mal gehört werden? Kann das ernst genommen werden? Kann das zu irgendwelchen Konsequenzen führen? Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, dass Sie genau diese Variante auch prüfen, dass Sie den Gesetzentwurf in der Form stoppen und wirklich nur die positiven Dinge, die im Moment darin enthalten sind, ins SGB IX aufnehmen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin .

Anette Kramme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003162

Zunächst einmal haben wir eine andere Wahrnehmung als Sie . Dass es diese Äußerung gegeben hat, ist sicherlich richtig . Ich habe Ihnen vorhin bereits dargelegt, dass wir der festen Überzeugung sind, dass es spürbare Verbesserungen für die Betroffenen geben wird . Wir werden an diesem Gesetzentwurf festhalten . Aber wir werden, wie gesagt, Punkte im Detail selbstverständlich noch einmal neu diskutieren .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . - Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Dr . Maria Flachsbarth bereit . Ich rufe die letzte Frage der Fragestunde, die Frage 41 des Abgeordneten Harald Ebner, auf: Wie ist der Stand der Ressortabstimmung zur Glyphosat-Neuzulassung bezüglich des Abstimmungsverhaltens Deutschlands im Fall einer möglichen Abstimmung, und wird die Bundeskanzlerin von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen, um ein eindeutiges Votum Deutschlands zu erreichen? Frau Staatssekretärin, bitte .

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herr Kollege, wie bereits Herr Bundesminister de Maizière eben in der Regierungsbefragung ausgeführt hat, hat die Bundesregierung ihre Meinungsbildung dazu noch nicht abgeschlossen . Laut § 74 Absatz 6 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ist die Haltung der Bundesregierung in den Gremien der Europäischen Union einheitlich darzustellen . Sollte im Ausnahmefall einmal keine gemeinsame Haltung der Bundesregierung hergestellt werden können, so enthält sich Deutschland auf EU-Ebene der Stimme . Auch im Koalitionsvertrag wird mittelbar auf dieses Vorgehen verwiesen, da vereinbart ist, dass die Bundesregierung geschlossen gegenüber den europäischen Partnern und Institutionen auftreten soll .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank . - Zusatzfrage, Herr Kollege Ebner?

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja . - Danke schön, Frau Staatssekretärin . Heute hat der Kommissar Andriukaitis seinen Vorschlag einer Laufzeitverlängerung für Glyphosat vorgelegt . Er hat darin Erstaunliches verlauten lassen . Er möchte nämlich keine Einschränkungen vornehmen . Er sieht die Kommission auch nicht in der Pflicht, das Vorsorgeprinzip anzuwenden . Teilt die Bundesregierung die Position des EU-Kommissars, dass das Vorsorgeprinzip nach Artikel 191 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich der Verlängerung der Zulassung von Glyphosat nicht zur Anwendung zu kommen hat?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herr Kollege Ebner, die Beurteilung und Prüfung des Vorschlags von Herrn Kommissar Andriukaitis ist im Rahmen der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen . Das können Sie sich vorstellen, da dieser Vorschlag erst seit heute Morgen um halb zwölf auf dem Tisch liegt . Vizepräsident Peter Hintze Ich möchte aber gerne darauf hinweisen, dass der Herr Kommissar vorgeschlagen hat, dass es zu einer Verlängerung der derzeitig gültigen Genehmigung bis Ende 2017 bzw . sechs Monate nach der Legaleinstufung durch die ECHA kommen solle . Das ist wesentlich kürzer als eine angedachte Frist für die Verlängerung der Genehmigung, wie Sie sie in Ihrem Antrag, der heute Morgen im Ausschuss zwar aufgerufen, aber nicht diskutiert worden ist, vorschlagen . Dort führen Sie aus, dass eine allenfalls auf zwei bis drei Jahre befristete Verlängerung der Genehmigung ein gangbarer Kompromiss wäre .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ebner?

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Aber gerne doch . - Frau Staatssekretärin, wenn Sie daraus zitieren, dann würde ich Sie angesichts der Kürze des Antrags bitten, ihn durchaus vollständig zu zitieren . Es würde sich nämlich lohnen, zu sagen, was wir auch geschrieben haben, nämlich dass die Verlängerung dann selbstverständlich mit Einschränkungen vorzunehmen wäre . Das sieht die EU-Kommission jetzt nicht vor; sie möchte es den Mitgliedstaaten allenfalls in einem zweiten Schritt empfehlen . Da es völlig offen zu sein scheint, wie die entsprechende Abstimmung in Brüssel am Montag, dem 6 . Juni, ausgehen wird, nachdem die Position Deutschlands noch nicht klar ist, Frankreich aber schon erklärt hat, mit einem Nein in die Abstimmung gehen zu wollen - es könnte ähnlich knapp werden wie bei den letzten Nichtabstimmungen -, möchte ich Sie fragen: Wenn jetzt keine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der Kommission erreicht würde und die Genehmigung für Glyphosat dann am 30 . Juni ohne Verlängerung ausliefe, was würde das ganz konkret bedeuten? Welche Übergangsfristen gäbe es für den Verkauf und die Anwendung von Glyphosat? Haben Sie dazu Informationen?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herr Kollege Ebner, wir haben die Kommission sehr wohl dahin gehend verstanden - wie gesagt, eine abschließende Prüfung steht noch aus -, dass sie die Verordnung zur Verlängerung der geltenden Genehmigung in den zuständigen Ausschuss überweisen würde . Wenn es dort zu keinen Mehrheiten käme, würde sie in den Berufungsausschuss gehen und hätte dann die Möglichkeit, selbst über eine Verlängerung zu befinden. Darüber hinaus möchte ich Sie darüber informieren, dass die Kommission nach unseren Informationen für den Fall, dass es zu einer Verlängerung der derzeit geltenden Genehmigung käme, vorsähe, entsprechende Verschärfungen zum Beispiel in Bezug auf Tallowamine, auf die sogenannte Sikkation und auf die Anwendung außerhalb der Landwirtschaft einzubringen, und zwar in die derzeit gültige Genehmigung .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön . - Es gibt noch zwei Fragen, die ich zulasse, und zwar des Abgeordneten Kekeritz und der Abgeordneten Höhn . Zuerst der Abgeordnete Kekeritz, bitte .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, nicht seit heute früh, sondern seit anderthalb Wochen ist bekannt, dass das Donauwasser, das ganz massiv als Trinkwasserressource dient, mit Glyphosat hochbelastet ist . Ich könnte ganz simpel die Frage stellen: Was will die Bundesregierung tun, damit das in Zukunft nicht mehr geschieht? Die Antwort kann ich Ihnen gleich geben: Man muss Glyphosat verbieten . Spielt die Trinkwasserqualität bei Ihren Überlegungen eine entscheidende Rolle? Welche Untersuchungen haben Sie in Bezug auf Trinkwasser durchgeführt, und zwar nicht nur bei Trinkwasserressourcen, sondern auch bei Flüssen, die letztlich Trinkwasserressourcen speisen?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Der Schutz von Umwelt und Gesundheit, Herr Kollege, spielt die entscheidende Rolle bei den Überlegungen der Bundesregierung bezüglich einer möglichen Wiederzulassung von Glyphosat . Nach unseren Informationen ist das Donauwasser tatsächlich auch Fundstätte von Glyphosat . Jedoch liegen die Werte weit unterhalb der Grenzwerte für Trinkwasser . ({0}) Insgesamt sind im Rahmen der Wiederzulassung von Glyphosat über tausend unterschiedliche Studien gesichtet worden . Welche sich im Detail mit Trinkwasser bzw . Oberflächenwasser beschäftigen, kann ich Ihnen gerade nicht sagen . Das würde ich Ihnen aber gerne nachliefern .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank . - Die letzte Frage zu diesem Themenkomplex stellt die Abgeordnete Höhn . Bitte .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, letzten Freitag hat der Deutsche Ärztetag, das Gremium der Bundesärztekammer, einen Beschluss gefasst, in dem die Bundesregierung und die EU-Kommission aufgefordert werden, Glyphosat nicht länger zuzulassen, weil es das Erbgut negativ verändern kann . Bisher war es immer das Landwirtschaftsministerium, das auf einer Langfristgenehmigung von Glyphosat bestanden hat . In welcher Weise verändert diese Aufforderung der deutschen Ärzteschaft die Positionierung des Bundeslandwirtschaftsministeriums?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Die Bundesärzteschaft hat auf noch nicht abgeschlossene Studien bezüglich der Genotoxizität hingewiesen . Zu diesen Studien liegen aber sehr wohl Zwischenergebnisse vor . Sie weisen darauf hin, dass vermutlich eine Genehmigungsfähigkeit vorliegt . Die abschließenden Untersuchungen sollen aber erst in einem Jahr vorliegen . Wenn sich der Weg abzeichnet, den der Kommissar Andriukaitis heute Morgen in seiner Stellungnahme gegenüber der Presse angedeutet hat, dann werden diese Ergebnisse selbstverständlich in eine endgültige Zulassung einfließen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber darauf hinweisen, dass, wenn sich nach einer endgültigen Wiederzulassung eines Pflanzenschutzmittels neue Befunde ergeben sollten, die auf eine massive Gesundheitsgefährdung oder auf eine Gefährdung der Umwelt hinweisen, eine solche Zulassung selbstverständlich jederzeit auch wieder entzogen werden kann .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . - Wir sind damit am Ende der Fragestunde . Ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt . Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haltung der Bundesregierung zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa Ich eröffne die Aussprache . Als erster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Dr . Julia Verlinden, Bündnis 90/Die Grünen .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir zurzeit in der Debatte um den Ausbau erneuerbarer Energien erleben, das ist eine unverfrorene Konterrevolution der alten, dreckigen Energiewirtschaft und deren Fürsprecher hier im Parlament . ({0}) Sie von der Bundesregierung wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien nämlich begrenzen, um den Kohledreckschleudern von RWE und Vattenfall einen Bestandsschutz zu geben . Unfassbar! Es ist ja so: Sobald die erneuerbaren Energien einen beträchtlichen Anteil der Stromnachfrage decken konnten, und das zu sinkenden Kosten, haben Sie gemerkt: Huch, das heißt ja, dass die Marktanteile der fossilen Kraftwerke zurückgehen . ({1}) Ich sage Ihnen etwas: Genau das ist der Sinn der Energiewende . ({2}) Erneuerbare Energien sollen fossile Energien und Atomkraftwerke ersetzen . ({3}) Jetzt beklagen Sie etwas, was Sie selbst zu verantworten haben . Wir haben einen Stromüberschuss, weil Sie den Kohleausstieg nicht angehen . Die alten Kohle- und Atommeiler verstopfen das Netz . Und irgendwie passt es Ihnen auch nicht, dass die Energiewende vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen, von Genossenschaften, Landwirten und Bürgerinnen getragen wird . Dass die Energiewende von unten die Energieoligopole der Vergangenheit ablöst, das passt Ihnen nicht . ({4}) Es wäre ein Leichtes, alle Projekte unter einer De-minimis-Grenze von 18 Megawatt vom Ausschreibungszwang zu befreien, wie es die EU-Kommission explizit zulässt . Damit würde man für die Akteursvielfalt tatsächlich etwas Sinnvolles unternehmen . Weniger Bürokratie bedeutete dies allemal . Sie aber wollen das weitere Engagement und Investitionen dieser Akteure abwürgen, und das finde ich unverantwortlich. ({5}) Erst sollten die Menschen den Aufbruch in eine neue Stromwelt gestalten, dann, ein paar Jahre später, sagen Sie die Energiewende von unten wieder ab . ({6}) Dieser Zickzackkurs ist das Gegenteil von verlässlicher Politik . ({7}) Vor gerade einmal sechs Monaten hat diese Bundesregierung in Paris einen Vertrag verhandelt, der eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius vorsieht . ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mir scheint, Sie und auch die Bundesregierung haben sich bisher gar keine Gedanken darüber gemacht, was dieses Ziel und diese Zusagen ganz konkret bedeuten . Um diese internationalen Vereinbarungen zu erreichen, brauchen wir nicht darüber zu streiten, ob wir einen Anteil von 42,5 Prozent oder 45 Prozent an erneuerbaren Energien bis 2025 im Stromsektor brauchen, denn wir bräuchten mindestens 60 Prozent bis dahin . ({9}) Ihr Plan, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu begrenzen, steht auch im krassen Widerspruch zur internationalen Entwicklung in dieser Branche . Es ist also nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch dumm von der Bundesregierung, die Energiewende in Deutschland aufzuhalten . Der Ausbau von Windenergie und Photovoltaik steigt weltweit rapide an . Letztes Jahr wurde global mehr in die erneuerbaren Energien investiert als in fossile Kraftwerke . Und was treibt die Bundesregierung? Sie zerstören Zukunftsbranchen . Ganz nebenbei haben Sie damit Zigtausende Arbeitsplätze vernichtet . Das ist ein Skandal . ({10}) Auch die regionale Wertschöpfung, von der die Kommunen und die Menschen vor Ort profitieren, setzen Sie aufs Spiel, indem Sie kräftig auf die Bremse treten, und das unterscheidet uns voneinander . Ich will als Grüne nicht nur eine vernünftige Politik für die Menschen heute in Deutschland . ({11}) Ich will eine verantwortungsvolle, global gerechte und zukunftsfähige Politik für die Menschen, die uns nicht wählen können, für die zukünftigen Generationen . ({12}) Sie von der Bundesregierung machen das Gegenteil . Sie machen weder eine Politik für die Zukunft, noch machen Sie eine Politik, die dem Willen Ihrer eigenen Wähler entspricht . Das ist doch verrückt . Es ist nämlich so: Die Mehrheit der Menschen in Deutschland will, dass die erneuerbaren Energien noch stärker ausgebaut werden . Nach einer Umfrage will selbst die große Mehrheit Ihrer eigenen Anhänger den Kohleausstieg . Bei der SPD sind es 74 Prozent, bei der Union sogar 80 Prozent, die das wollen . Morgen demonstriert ein breites Bündnis von Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaft, Bauernverband, Umweltverbänden und Bürgerenergiegesellschaften hier in Berlin . Gemeinsam fordern diese Menschen Sie auf, die Energiewende zu retten . ({13}) Gehen Sie da mal hin, liebe Kolleginnen und Kollegen, und hören Sie diesen Menschen zu . Dann können Sie ihnen entweder erklären, warum Sie deren Engagement nicht mehr wollen oder warum Sie Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft mit zweierlei Maß messen, oder Sie nehmen die Kritik an und bringen endlich eine kluge, vernünftige EEG-Novelle auf den Weg, eingebettet in eine konsistente und verlässliche Energiepolitik, die den Energiewendestandort Deutschland stärkt und den entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leistet .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Kollegin .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das wäre verantwortungsvolle Politik . ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Für die folgenden Redner sage ich: Ganz verantwortungsvoll ist es, wenn man zwischendurch immer mal wieder auf die Uhr schaut . - Nächster Redner ist Dr . Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Dr. Michael Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003531, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn man sich dieses Gejammere anhört, dann meint man, man ist auf einem falschen Stern . ({0}) Ich kann mir natürlich sehr gut vorstellen, dass die Grünen Probleme damit haben, dass Firmen, an denen sie massiv beteiligt sind, wie Prokon, in Schwierigkeiten sind . ({1}) Das liegt aber nicht daran, dass die Energiewende falsch läuft, sondern daran, dass es in dieser Branche unternehmerisches Missmanagement bis zum Gehtnichtmehr gibt . ({2}) Wenn Sie darunter leiden, dann kann ich das nicht ändern . ({3}) Meine Damen und Herren, die Branchen im Bereich der erneuerbaren Energien, auch die Windbranche, kassieren mittlerweile rund 25 Milliarden Euro von den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen, und zwar jedes Jahr . Rechnen wir das mal 20 - das können wir ja noch im Kopf, jedenfalls die meisten von uns -, dann kommen wir auf 500 Milliarden Euro Subventionen für die verschiedenen Branchen im Bereich der erneuerbaren Energien . ({4}) Das muss für uns doch verdammt noch mal ein Zeichen sein, dass wir ein bisschen aufpassen müssen . Deswegen finde ich das, was wir gemacht haben, völlig verantwortlich . Wir müssen uns damit beschäftigen, ob wir nicht doch an der einen oder anderen Stelle eine Bremse einbauen müssen . Der Ausbau im Bereich der Windenergie war weitaus größer, als wir das geplant hatten . ({5}) Sie wissen, dass wir gesagt haben: Wir wollen maximal 2 500 Megawatt pro Jahr . - Stattdessen hatten wir 2013 ich darf das vorlesen - über 3 000 Megawatt, 2014 4,8 Gigawatt und 2015 3,7 Gigawatt . ({6}) Wir haben also schon deutlich mehr, als wir geplant hatten . ({7}) Das zeigt ziemlich deutlich, dass wir nicht gebremst haben . Wir haben es eher zu weit laufen lassen . Dafür zahlen die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmer und die Unternehmerinnen . Das kann so nicht weitergehen; denn das wird zu teuer . Wir liegen jetzt bei 6,35 Cent EEG-Umlage . In diesem Jahr werden wir die 7,5 Cent erreichen und im nächsten Jahr über 8 Cent . Rechnen Sie die Mehrwertsteuer dazu, dann sind das 10 Cent . Dann zahlt der Vierpersonenhaushalt 500 Euro pro Jahr nur für die erneuerbaren Energien . Jetzt kommt es noch schlimmer: ({8}) Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht unglaublich schnell voran . ({9}) Was aber nicht schnell vorangeht - daran sind Sie massiv schuld -, ist der Ausbau der Netze . ({10}) - Es wäre besser, wenn Sie zuhören würden; denn dann würden Sie etwas lernen . - Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Auch in Niedersachsen gilt das EnLAG . Dieses EnLAG ist im Jahr 2002 von Rot-Grün beschlossen worden . 2007 herrschte Planungssicherheit . In Niedersachsen sollten laut EnLAG 405 Kilometer Höchstspannungsleitungen mit 380 kV gebaut werden . Wissen Sie, wie viel bis jetzt in Niedersachsen gebaut wurde? Null Kilometer . Dafür tragen Sie Verantwortung . Der zuständige Minister ist ein Grüner . Er verhindert, dass die Leitungen gebaut werden . Jetzt kommt das Schönste: Der Netzverknüpfungspunkt BorWin 3 - das muss man anerkennen - wird schneller fertig, als wir gedacht haben, sogar deutlich schneller . 2018 wird man fertig sein . 2018 wird diese Anlage an Land angekommen sein, und zwar in Emden; dann liegt das Seekabel in Emden . Aber jetzt kommt das kleine Problem: Die Leitung, die von Emden nach Conneforde führt, ist nicht fertig . Das heißt, das Seekabel endet blind . Jedes Jahr werden 900 Millionen Euro ausgegeben, und zwar für nichts - und das haben Sie zu verantworten -; denn der Strom kann nicht weggeleitet werden, das Stromkabel endet sozusagen im Sand . So können wir nicht weitermachen . ({11}) Das ist der Grund, warum wir sagen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss einhergehen mit einem Ausbau der Netze . Nur dann, wenn die Netze vorhanden sind, darf der Ausbau der erneuerbaren Energien in dem Maße weiter betrieben werden . ({12}) Wir wollen den Strom nach Süddeutschland leiten . Da gehört er hin . Da wird er gebraucht . Im Norden haben wir bereits heute viel zu viel Strom . Wir haben in Schleswig-Holstein eine ausgebaute Leistung von rund 8 Gigawatt . Gebraucht werden in Schleswig-Holstein, wenn alle Bügeleisen an sind, wenn alle Stromverbraucher laufen, maximal 3 Gigawatt . Wir haben also round about dreimal so viel Strom zur Verfügung, wie gebraucht wird . Also muss es doch unser Ziel sein, die Leitungen auszubauen . ({13}) - Ich muss Ihnen eines sagen: Da sind Sie überall in der Regierung . Sie tun aber nichts . Das ist Ihr Problem . ({14}) - Herr Krischer, außer schreien tun Sie nichts . Wo ist denn der Leitungsausbau? Wann werden Sie mit Herrn Habeck und mit Herrn Wenzel reden, damit sie ein bisschen schneller machen? Sie sind doch die Bremser . ({15}) Bei jeder Bürgerinitiative gegen die Leitungen sind Sie dabei . Das kann so nicht weitergehen . ({16})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Fraktion Die Linke . ({0})

Eva Maria Bulling-Schröter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002636, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben ja die große Gabe, Herr Gabriel, mit einem Lächeln im Gesicht ständig zu beteuern, wie wichtig Ihnen die Energiewende ist, diese aber gleichzeitig mit dem Hintern einzureißen . ({0}) Ich halte das für unaufrichtig . Das erweist der Energiewende einen Bärendienst . ({1}) Ich sage Ihnen eines: Die Menschen merken das, ({2}) und sie sind erbost . Sie sprechen ja gerne vom Ende des Welpenschutzes für die Erneuerbaren, jetzt seien Windhunde daraus geworden . ({3}) Leider kennen Sie sich mit Hunden nicht so gut aus; denn was Sie machen, nämlich die Hunde, ob Windoder Jagdhunde, dauerhaft in den Zwinger zu verbannen, macht die Hunde krank . ({4}) Nichts anderes ist der rigide Ausbaukorridor bei Windkraft an Land . ({5}) Zudem haben Sie erfolgreich wieder eine unsägliche Kostendebatte losgetreten; Herr Fuchs macht da mit . Diesmal wird Herr Homann, der Chef der Bundesnetzagentur, vorgeschickt . Er hat uns am Montag erzählt, dass im Jahre 2023 4 Milliarden Euro Redispatch-Kosten anfallen, weil der Windstrom aus dem Norden aufgrund des fehlenden Netzausbaus nicht nach Süden abgeleitet werden kann . Dies ist wieder so eine Story wie in der letzten Legislaturperiode . ({6}) Das ist grober Unfug . Herr Homann ist uns während der Beiratssitzung am Montag - Sie waren nicht dabei; aber lassen Sie es sich erzählen - die fachliche Grundlage dieser Schätzung schuldig geblieben . ({7}) Daher muss ich sagen: Das sind einfach schlechte Zahlenspiele . Wir lassen es nicht zu, dass auf dem Rücken der Erneuerbaren schäbige Politik gemacht wird . ({8}) 2011 musste im Rahmen der EEG-Reform die Photovoltaik mit schätzungsweise 100 000 verlorenen Arbeitsplätzen daran glauben und 2014 unter Gabriel die Bioenergie, deren Ausbauzahlen mittlerweile wirklich ein Jammer sind . Diesmal hat der Herr Bundeswirtschaftsminister es besonders auf die Windenergie an Land - sie soll beschnitten werden ({9}) und auf die Bürgerenergie abgesehen . Ich sage Ihnen nur: Die Menschen im Ausland, die dies beobachten, reiben sich die Augen und wundern sich . ({10}) Sie sagen: Deutschland hat mit seiner Vorreiterrolle einst dafür gesorgt, dass die erneuerbaren Energien bezahlbar werden, und jetzt will man die Früchte dieser Arbeit nicht ernten und fährt den Ausbau herunter . Wir fragen uns: Was soll das? Heute Nacht haben Sie sich mit den Länderchefs offenbar auf 2 800 Megawatt brutto für Wind an Land geeinigt . Sie wissen selbst, dass ab 2020 zahlreiche Altanlagen vom Netz gehen oder durch neue ersetzt werden . Mit Ihrer Vereinbarung wird nach 2020 der Zubau stagnieren . Rechnen Sie es nach, Kollegen! Ich hoffe, dass sich dann noch viele daran erinnern, dass Herr Gabriel für den Fadenriss bei der Windenergie an Land verantwortlich war . ({11}) Viele fragen sich: Wollen Sie den Ausbau der Erneuerbaren verzögern, um den Energiekonzernen Luft zu verschaffen, damit die fossil-atomare Energiewirtschaft noch eine Weile länger von ihrer dreckigen Kohleverstromung leben kann? Diesen Eindruck macht es . Ich finde, wir müssen einfach einmal Klartext reden. ({12}) Wir müssen bald aus der Kohle aussteigen, um die Klimaziele zu erreichen . ({13}) Paris hat das gezeigt, wohl wahr, und jetzt müssen wir liefern . Die Wählerinnen und Wähler brauchen Klarheit und Wahrheit . ({14}) Zur Wahrheit gehört auch, dass die Kohleverstromung trotz der Energiewende steigt . Ich frage mich dann schon, welche Arbeitsplätze Ihnen wichtiger sind: die bei der Kohle oder die bei den Erneuerbaren . Es geht ja darum, dass wir ein Ausstiegsszenario brauchen . Da sind Sie einfach nicht bereit, etwas zu tun . 2011 hat Herr Gabriel aus der Opposition heraus angesichts der Atompolitik von Schwarz-Gelb vor den Folgen schlecht gemachter Gesetze gewarnt ({15}) - ich zitiere ihn jetzt einmal -: Die Energieversorgung ist das Herz-Kreislauf-System der deutschen Volkswirtschaft . Sie, Frau Merkel, operieren alle sechs Monate am offenen Herzen . . . ({16}) Mittlerweile sind Sie der Chefarzt, Herr Gabriel . Sie operieren so an der Energiewende herum, dass sie immer kränker wird . ({17}) Das ist für uns Murks . Eine aufstrebende Zukunftsbranche wird geschwächt und kaputtgemacht . Wir setzen uns für die erneuerbaren Energien ein, für die Windhunde . ({18}) Wir wollen, dass sie wachsen und nicht eingesperrt werden . Wir wollen auch, dass die Bürgerenergie eine echte Chance bekommt; denn wir brauchen die Beteiligung der Menschen an der Energiewende . Ich hoffe, dass morgen zur Demo ganz viele Leute kommen und dass auch Sie sich das einmal anschauen . ({19}) - Der Kollege von der SPD sagt, er habe keine Zeit . Prioritäten setzen, Kollege! Das gilt auch für die Sozis . ({20})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Bernd Westphal, SPD-Fraktion . ({0})

Bernd Westphal (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004442, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Energiewende basiert auf drei energiepolitischen Zielen: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit . ({0}) Das, was wir bei meinen Vorrednern eben gehört haben, widerspricht genau diesem Zieldreieck . Die erneuerbaren Energien genießen Privilegien; sie haben den Einspeisevorrang . Das sollten Sie wissen, Frau Verlinden . Das, was Sie hier behauptet haben, stimmt einfach nicht . ({1}) Diese Privilegien gibt es genau deswegen, weil wir erneuerbare Energien stärker fördern wollen . Was haben wir für eine Situation? Die heutige Aktuelle Stunde bietet zumindest die Gelegenheit, über einige Dinge zu reden . Wenn man sich nur auf die Umweltverträglichkeit konzentrieren würde, dann könnte man natürlich sagen: Reform des EEG, Ausbau der erneuerbaren Energien, und das unbegrenzt - Punkt . - Das würde aber nicht funktionieren . Das würde einen Akzeptanzverlust bedeuten, das würde eine Kostenexplosion bedeuten, und das würde bedeuten, dass wir keine Nachahmer für unser Projekt der erneuerbaren Energien bekommen . Das wollen wir mit dieser Reform verhindern . ({2}) Sie müssen die tatsächlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen . Wir haben in dieser Woche die EU-Woche für nachhaltige Entwicklung . Auch da gibt es drei Aspekte . Wir müssen dieses Zieldreieck mit einbauen . Wir Sozialdemokraten glauben, dass wir im Sinne der Nachhaltigkeit auch im Hinblick auf andere Aspekte, die den Menschen in diesem Land wichtig sind, Verantwortung übernehmen . Hier geht es nicht nur um den Ausbau der erneuerbaren Energien auf Teufel komm raus, sondern auch darum, dass wir vernünftige wirtschaftliche Strukturen erhalten . Es war die SPD, die ein wichtiger Antriebsfaktor und Motor für die Energiewende war . Das waren wir nicht nur in der Vergangenheit, das werden wir auch zukünftig bleiben . Wir haben kein Fukushima gebraucht, um aus der Kernenergie aussteigen zu wollen, ({3}) sondern wir haben das fertiggebracht, weil wir dieses Thema auf die politische Agenda gesetzt haben . Genau so verfolgen wir auch den Ausbau der erneuerbaren Energien . Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich offen reden: Umweltverträglichkeit ist nicht allein ein Erfolgsfaktor . Zu einer erfolgreichen Energiewende gehört auch die Berücksichtigung anderer Faktoren . Dabei geht es auch um Versorgungssicherheit, die wir gewährleisten müssen, weil wir einen hohen Qualitätsstandard für unseren Wirtschaftsstandort brauchen . Was die Energieversorgung angeht, sind dies wichtige Aspekte . Für die Zukunft brauchen wir den Ausbau von Netzen, und wir brauchen zukünftig mehr Investitionen in Speicher . ({4}) Was unsere Wettbewerbsfähigkeit angeht, so zeigt sich, dass wir aus der Struktur unserer Wirtschaft, die industriell geprägt ist und einen Mittelstand hat, enorme Potenziale schöpfen, die uns helfen, globale Herausforderungen wie die Energiewende, den Klimaschutz und andere zu bewältigen . Insofern brauchen wir eine starke Wirtschaft mit Investitionen und Innovationen, die uns hilft, diese Lösungspotenziale zu heben . ({5}) Gleichzeitig geht es uns aber auch um Bezahlbarkeit; hier unterscheiden sich die Sozialdemokraten von den Grünen . Uns liegt es schon am Herzen, dass nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Haushalte zukünftig ihre Stromrechnungen bezahlen können . Deshalb bügeln wir jetzt die Fehler der erneuerbaren Energien aus der Vergangenheit, die im System liegen, aus . ({6}) Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht mit ideologischen Kampfparolen, wie Sie hier in dieser Debatte, sondern mit einem vernünftigen Konzept in Bezug auf die wichtigen Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland, das Arbeit und Umwelt nicht als Gegensatz konstruiert, den Umbau wirtschaftlich und sozial balanciert und austariert gemeinsam gestalten . ({7}) Was die Ausbaupfade angeht, war das, was die Ministerpräsidenten gestern zustande gebracht haben, schon hilfreich . Ich denke, sie haben mit der Sitzung im Kanzleramt den entscheidenden Durchstoß erreicht, und sie haben den Willen gezeigt, hier einen klaren Ausbaupfad für erneuerbare Energien aufzuzeigen, gleichzeitig aber auch die Kosteneffizienz nicht aus dem Blick zu verlieren . Ausschreibungen sind ein Instrument, um diesen Ausbaupfad zu steuern und kosteneffiziente Dinge zu berücksichtigen . Diese Zielmarken sind wichtig für die parlamentarische Debatte, die nach dem Kabinettsbeschluss hier zu erfolgen hat . Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Energiewende ist und bleibt ein Projekt, das international hohe Aufmerksamkeit hat . Dementsprechend müssen wir dieses Vorzeigeprojekt mit den entsprechenden Parametern ausstatten, sodass es diese Aufmerksamkeit behält und wir Nachahmer finden. Wir müssen dafür sorgen, dass wir diesen gesellschaftlichen Konsens hinbekommen . Deshalb geht es nicht um ein Gegeneinander, sondern um ein Miteinander . Wir brauchen eine Energiewende, bei der wir den schwierigen Drahtseilakt zwischen Umweltverträglichkeit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit meistern . Ich bin mir sicher, dass wir das nur mit dieser Variante hinbekommen . Hören Sie endlich auf, die Energiewende zu entwerten und schlecht darzustellen! Wir brauchen die Energiewende mit der Wirtschaft, für die Umwelt und vor allen Dingen mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes . Vielen Dank . ({8})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Dr . Georg Nüßlein, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . ({0})

Dr. Georg Nüßlein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003602, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Jürgen Trittin hat im Jahre 2004 gesagt: Das EEG wird eine Familie pro Monat gerade einmal so viel kosten wie eine Kugel Eis . - Ich will Jürgen Trittin an dieser Stelle gar nicht kritisieren, und ich nutze die Gelegenheit, auch einmal zu sagen, dass ich Herrn Trittin bei der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs als einen ausgesprochen konstruktiven und fachlich idealen Partner erlebt habe . Insofern war das an dieser Stelle keine Kritik, sondern nur eine Rückblende . Bei einer EEG-Umlage von 6,35 Cent sind aus der einen Kugel Eis mittlerweile 222 Kugeln Eis geworden . Das ist schon eine ordentliche Portion Eis . Das schlägt wirklich bei den Familien, aber insbesondere auch im gewerblichen Bereich zu Buche, und niemand wird leugnen, dass wir hier auf der Kostenseite ein Problem haben, wie das Kollege Fuchs vorhin auch beschrieben hat . Das EEG ist in der Tat teuer geworden . Das liegt zum einen an ein paar systemimmanenten Dingen, zum Beispiel daran, dass wir in Zukunft Ersatzkapazitäten, Speicher und auch Netze brauchen werden . Zum anderen liegt das aber auch daran, wie die Differenzkosten berechnet werden - man muss einfach eingestehen, dass uns noch nichts Besseres eingefallen ist, um die Differenzkosten zu berechnen - und dass es uns im Deutschen Bundestag lange Zeit nicht gelungen ist, die Erfahrungskurven in Bezug auf die einzelnen erneuerbaren Energiearten abzubilden . Es ist halt so: Die Kosten sind meistens schneller gesunken, als der Deutsche Bundestag nachsteuern konnte . Ganz extrem war es bei der Photovoltaik und ist es jetzt aktuell im Bereich der Windenergie . Deshalb ist es dringend geboten, dass wir hier zu Anpassungen kommen, und das werden wir gemeinschaftlich mit den Kollegen von der SPD auch tun . ({0}) Ich möchte an dieser Stelle aber auch betonen, dass sich all die Schwierigkeiten, die wir an dieser Stelle beschreiben können - Überrenditen, die Tatsache, dass Bauern bis zu 40 000 Euro pro vermieteter Fläche für Windkrafträder bekommen, usw . -, am einfachsten durch die Einführung der Ausschreibung beheben lassen, was wir jetzt tun . Das ist der zentrale Punkt dieses Erneuerbare-Energien-Gesetzes und etwas, was uns in der Tat am Schluss in einer ganz besonderen Art und Weise weiterbringen wird . Es stoppt die Energiewende nicht, meine Damen und Herren, sondern macht sie steuerbar . Darum geht es nämlich: die Energiewende steuerbar machen, sodass sie von den Bürgerinnen und Bürgern auch weiterhin mitgetragen wird . ({1}) Dazu ist tatsächlich eine Synchronisierung zwischen Ausbau der erneuerbaren Energien und Netzausbau erforderlich . Das ist unstrittig . Vorhin haben einige Bayern kritisiert . Die Verhandlungsposition ist das eine; das Ergebnis ist das andere . Ich sage an dieser Stelle relativ selbstbewusst: Sie werden sich wundern, wenn Sie am Ende sehen, wie die Leitungen am Schluss in Bayern umBernd Westphal gesetzt werden - Stichwort „Thüringer Strombrücke“ und wie sie woanders umgesetzt werden . ({2}) Dann schauen wir uns einmal an, meine Freunde von den Grünen, wie Sie diese Energiewende beim Netzausbau unterstützt und vorangebracht haben und wie das am Ende in Bayern der Fall gewesen ist . ({3}) Auch daran werden wir sehen, wer wirklich sinnvolle Sachpolitik macht . Ich will auch noch einmal das aufgreifen, was Kollege Fuchs zum Offshorebereich gesagt hat . Ich verstehe an dieser Stelle jedes landespolitische Interesse . Aber große Windmühlen auf die hohe See stellen und den Strom nicht weitertransportieren, das ist ein Schildbürgerstreich . Es kann sich jeder bewerben, der auf dem Foto sein möchte und zu den Schildbürgern gezählt werden will, wenn das dann einmal groß in der Bild-Zeitung aufgemacht wird . Deshalb tun wir gut daran, uns noch einmal Gedanken darüber zu machen, wie wir gemeinsam genau in der Frage steuern: Wie baut man aus, in welchem Tempo und mit welchem Ziel, und wie bringt man den Strom vom Norden in den Süden, also dorthin, wo er am Ende gebraucht wird? ({4}) Darum geht es doch, nicht darum, die Energiewende zu stoppen, sondern darum, sie rational und sinnvoll zu machen . Ich habe gesagt, ich verstehe das strukturpolitische Interesse an einem Anlagenbau im Norden . In Bezug auf die energieintensiven Unternehmen müssen wir bei dieser Gelegenheit auch das Thema adressieren: Wie schützen wir sie vor einer überbordenden EEG-Umlage und vor Verwerfungen, die uns gelegentlich auch aus Brüssel erreichen? Wie realisieren wir das Ganze so, dass es am Schluss auch für die energieintensiven Unternehmen im Land funktioniert? Für die Landwirtschaft möchte ich noch einmal eine besondere Lanze brechen, meine Damen und Herren . Die Biomasse ist ein wichtiger Pfeiler dieser Energiewende . Wir müssen natürlich schauen, wie sie an dieser Stelle eine Zukunftsperspektive haben kann . ({5}) Das gilt nicht nur, weil die landwirtschaftliche Lage momentan angespannt ist, sondern auch, weil wir hier eine besondere Situation haben . Aufgrund der Rohstoffkosten wird es nämlich schwieriger, sich auf diesem Markt in Zukunft zu behaupten . Unter dem Strich halte ich fest: Wir bringen die Energiewende voran . Wir gestalten sie so, dass sie weiterhin steuerbar bleibt und sinnvoll ist und deshalb von den Bürgerinnen und Bürgern auch mitgetragen wird . Wer es nicht glaubt, den verweise ich auf das, was ich zum Thema „Stromsteuer auf den Eigenverbrauch im Rahmen des EEG“ gesagt habe . Eine solche Steuererhöhung wollen wir nicht . Wir wollen nämlich nichts bremsen, sondern wir wollen vorankommen, und zwar sachlich, rational und gemeinsam . Vielen herzlichen Dank . ({6})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Bundesminister Sigmar Gabriel das Wort . Herr Bundesminister, bitte . ({0})

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Vielen Dank . - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich bei der Rede von Frau Verlinden gefragt, ob sie das, was sie gesagt hat, selbst glaubt . Wenn das zutreffen würde, was Sie sagen, Frau Verlinden, hätten doch Herr Kretschmann und Herr Murawski, die Vertreter der baden-württembergischen Landesregierung und Mitglieder Ihrer Partei, gestern Abend nicht zugestimmt . ({0}) - Ich sage Ihnen ja, was sie gestern gemacht haben . ({1}) - Hören Sie doch auf! - Gestern hat übrigens auch der Vertreter Thüringens, der Ministerpräsident, der der Linken angehört, am Ende des Abends gelobt, wie weit wir gekommen seien . Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Sie das glauben, was Sie hier erzählen . ({2}) - Nein, natürlich nicht . - Passen Sie einmal auf . Ich lese Ihnen einmal etwas vor . Bei Ihnen geht es ja nach dem Motto: Je schriller, desto besser . ({3}) Ich bin sicher, Herr Krischer übertrifft Sie nachher noch . Daran habe ich keinen Zweifel . ({4}) Aber das hat doch alles mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun . Es geht doch nur noch darum, dass Sie mit einer scheinbaren Skandalisierung in die Zeitung kommen wollen . Um mehr geht es doch gar nicht mehr . ({5}) Herr Krischer, ich lese Ihnen einmal etwas vor . ({6}) - Dass Ihnen das unangenehm ist, das weiß ich . Aber trotzdem muss ich es Ihnen vorlesen . - Was haben Sie denn 2014 bei der EEG-Novelle gesagt? Meine Bitte an alle, die sich für dieses Thema interessieren, ist: Lesen Sie einmal die Protokolle mit den Reden von Herrn Krischer und anderen Mitgliedern der Grünen sowie von Frau Bulling-Schröter zum EEG des Jahres 2014 - das war ja der Vorläufer des jetzigen EEG - nach . Dann werden Sie die Reden, die heute hier gehalten wurden, fast wörtlich wiederfinden. Ich lese Ihnen hier einmal etwas vor . Herr Krischer - das kommt nachher bestimmt wieder -: „Abbruchveranstaltung für die Erneuerbaren“ . ({7}) - Vorsicht! Mein Rat ist - ich mache das bei Ihnen auch -: Hören Sie einmal bis zum Ende zu . Mal gucken, ob Sie dann noch so laut sind . - „Abrissbirne“, „Anschlag auf die Energiewende“, auch der Vorwurf: „Sie reduzieren das Ausbautempo der erneuerbaren Energien um die Hälfte“ . Und es heißt, natürlich adressiert an die Lobbyisten der Branche, dass die Energiewende an Tempo verliert . Frau Bulling-Schröter, Ihr Zitat ist zu lang, aber es ist die gleiche Größenordnung . ({8}) Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas zu den Fakten . Seit der Schaffung des EEG im Jahr 2000 - hören Sie gut zu! -, und zwar egal unter welcher Regierung, unter RotGrün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb, gab es noch nie einen so starken Aufwuchs der erneuerbaren Energien wie in den Jahren 2014 und 2015 . Das ist die Realität . ({9}) Jetzt mache ich einmal eine Prophezeiung . Wir treffen uns in zwei Jahren wieder . Wenn es geht, noch ein bisschen früher, weil das für die Bundestagswahl gut ist . Dann halten wir wieder Ihre Reden hoch, sozusagen die Konterrevolution gegen die Energiewende, und stellen fest: Gott sei Dank kümmert sich die Energiewende nicht um solche schrillen Reden . Gott sei Dank geht sie weiter . ({10}) Die erneuerbaren Energien sind 2014 um 2 Prozent und 2015 um 5,4 Prozent gewachsen, zusammen 7,4 Prozent . Ein Wachstum in zwei Jahren in dieser Größenordnung gab es in der Geschichte der Erneuerbaren-Energien-Gesetze in Deutschland noch nie . Das ist die Realität gegenüber den Brandreden, die Sie so halten . Ich frage mich: Gibt es eigentlich noch ein Minimum an Interesse daran, miteinander die Sachfragen zu bereden? ({11}) Wenn es das gibt: Trauen Sie sich doch einmal, zu dem zu kommen, zu was gestern auch die Vertreter von GrünSchwarz, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün und was es noch alles so in Deutschland gibt, bereit waren: nämlich sich mit den Realitäten auseinanderzusetzen . Eine der Realitäten ist, dass wir im Jahr 2025 einen Anteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch erreichen werden, derzeit liegt er bei 33 Prozent . Stichwort „Abbruch“: Bei Anwendung der Grundrechenarten ist eine Steigerung von 33 auf 45 Prozent schwer als Stoppen der Energiewende zu bezeichnen . ({12}) Jetzt sagen Sie: Das ist viel zu wenig . Wir müssen noch mehr machen . - Da sagen wir: Es gibt dafür ein paar Bedingungen. Ich finde, in diesem Punkt hat sich die gestrige Debatte gelohnt . Im Jahr 2010 - ich komme gleich zu Ihrem Argument mit Kohle- und Atomstrom, der angeblich die Leitungen verstopft - lag die Leistung der abgeregelten Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien bei 127 Gigawattstunden . Das sind Anlagen, bei denen wir den Betreibern gesagt haben: Du bekommst Geld dafür, dass du den Strom produzierst . Es tut uns leid, aber wir brauchen deinen Strom nicht . Wir regeln deine Anlage ab, aber das Geld bekommst du trotzdem . - Diese Zahl ist von 127 Gigawattstunden 2010 auf 4 600 Gigawattstunden im Jahre 2015 gestiegen . Wir bezahlen also dafür Geld, dass Strom nicht verbraucht wird . ({13}) Die Kosten dafür liegen zurzeit bei 1,1 Milliarden Euro insgesamt . Wenn wir nichts tun, steigen diese Kosten auf über 4 Milliarden Euro . Ich bin nicht ganz sicher, ob Sie den Mut haben, auf einer Demonstration zu sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, was Sie und auch wir als Grüne fordern, hat den Preis, 4 Milliarden Euro dafür zu zahlen, dass Strom produziert wird, aber nie zum Kunden kommt . - Ich bin gespannt, ob Sie den Mut haben, das den Menschen zu sagen . ({14}) Woran liegt das? Es liegt in diesem Fall, Herr Kollege Hofreiter, gerade nicht am Thema Ausbau der Strombrücke im Süden . Sondern es liegt daran - ich war damals Umweltminister und habe das Gesetz mit eingebracht und beschlossen -, dass sich eine Vielzahl der sogenannten Energieleitungsausbauprojekte nicht hat realisieren lassen - unter anderem deshalb, weil unser Rat damals nicht befolgt wurde, nämlich in die Erdverkabelung zu gehen . Das ist damals nicht gemacht worden . Das ist gar keine Schuldzuweisung . Jetzt haben wir das endlich durchgesetzt . ({15}) - Hören Sie auf! - Ich glaube, das Ganze wird jetzt schneller gehen . Es wird nicht so schnell gehen, wie Sie den Leuten wieder weismachen, weil jetzt nur andere klagen . Trotzdem wird es hoffentlich schneller gehen . Die bestehenden Leitungen haben Netzengpässe . Frau Verlinden, natürlich haben wir berechnet, wie sich das Netz entwickelt, wenn der Atomstrom abgeschaltet wird . Natürlich haben wir berechnet, wie sich das Netz entwickelt, wenn die Leitung nach Norwegen zur Nutzung der Wasserkraft dort steht . Trotzdem haben wir Engpässe . Und nicht einmal die Fraktion der Grünen traut sich, im Deutschen Bundestag zu sagen, dass wir im Jahr 2021 oder 2022 sämtliche Kohle- und Gaskraftwerke in Norddeutschland abregeln sollen . Nicht einmal Sie trauen sich das . Das bedeutet, Sie haben es mit einem Netz zu tun, das in Norddeutschland für den Erfolg der Energiewende nicht ausreichend ist . Es ist immer noch genug . Wir bauen jetzt ungefähr 2 800 Megawatt pro Jahr zu . Das ist nicht gerade ein Abbau . ({16}) - Es ist brutto . - Es ist in der Tat in der installierten Leistung - auch da machen Sie ja den Leuten etwas vor - kein Zubau, aber in der Bruttostromproduktion . Sie wissen, dass die Anlagen leistungsfähiger sind . Hören Sie doch auf, den Menschen etwas vorzumachen! Sie sind doch als eine aufklärerische Partei gestartet . Hören Sie doch auf, Propaganda zu machen! ({17}) Herr Krischer, ich weiß, dass Sie das nachher alles fortsetzen . Ich biete Ihnen an: Ich komme in den Ausschuss und zu Ihrer Fraktion, und wir diskutieren die Sache, aber nicht Ihre Propaganda . Noch ein Hinweis zum Thema „Wie entwickeln sich die Netze?“: Wir haben das Problem und Gott sei Dank die Freude, dass wir in den nächsten Jahren weit mehr Offshorewindenergie produzieren werden, als wir das vor ein paar Jahren gedacht haben - wenn auch übrigens noch immer nicht so viel, wie ein früherer grüner Umweltminister gedacht hat . Jetzt müssen wir es schaffen, zu verhindern, dass der Strom bezahlt wird, ohne dass er die Kunden erreicht . Das ist eines der Probleme: die Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit dem Infrastrukturausbau . Es ist doch völliger Unsinn, dass die Propaganda fortgesetzt wird und die Frage der Energiewende daran gemessen wird, wie viel Prozent wir erreichen . Es ist doch Unsinn, zu behaupten, dass die Energiewende toll ist, wenn der Anteil der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien 55 Prozent statt 45 Prozent beträgt . Sie müssen die Energiewende doch an der Frage messen, ob der produzierte Anteil auch beim Kunden ankommt und wir dafür bezahlen, dass er nicht ankommt . ({18}) Das heißt, Sie schlagen die Schlachten der Vergangenheit . Die Schlacht der Zukunft ist, dafür zu sorgen, dass Infrastruktur und Ausbau parallel erfolgen . Eine zweite dringende Notwendigkeit ist, durch Ausschreibungen dafür zu sorgen, dass der Markt die Preise reduziert . Heute legt der Staat bei den erneuerbaren Energien die Strompreise fest . Natürlich orientiert sich ein Grundstückseigentümer an den staatlich festgelegten Preisen und kassiert dann Pachteinnahmen von 30 000 bis 40 000 Euro pro Jahr . Das entspricht einem mittleren Arbeitnehmereinkommen . Wenn wir ausschreiben, dann geht das auf einmal nicht mehr, weil der Grundstückseigentümer dann im Wettbewerb steht . Dann muss er damit rechnen, dass jemand anders niedrigere Pachtpreise anbietet und er den Zuschlag nicht bekommt . Das wollen Sie verhindern . Sie wollen, dass die Stromkunden diese Leute weiter reich machen . ({19}) Ich will, dass die Stromkunden mithelfen, die Energiewende durchzusetzen . Darum geht es . ({20}) Wir werden heute noch ein paar Reden in der Preisklasse der Skandalisierung hören . Das ist auch alles gut und schön . Aber wenn Sie dann einmal ausgeatmet haben, dann haben Sie doch den Mut, in einer Debatte im Ausschuss an der Sache entlang zu diskutieren, übrigens wenn möglich in einer öffentlichen Ausschusssitzung . ({21}) Ich habe da gar kein Problem . Aber Sie müssen sich dann mit der Sache auseinandersetzen ({22}) und übrigens auch mit der Tatsache, dass offensichtlich auch die Länder, in denen Sie an der Regierung beteiligt sind, bereit sind, zur Durchsetzung der Energiewende Kompromisse einzugehen . Das ist, glaube ich, gestern ganz gut auf den Weg gebracht worden . Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({23})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Oliver Krischer das Wort .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Minister Gabriel, ich hätte mir gewünscht, dass Sie hier und heute das fortgesetzt hätten, was Sie am Katholikentag gefordert haben . Dort haben Sie getwittert: Wir brauchen mehr Klimaschutz . - Herr Gabriel, Sie hätten heute die Gelegenheit gehabt, hier zu erklären, wie Sie die Klimaschutzziele erreichen wollen, wie Sie das Pariser Klimaabkommen umsetzen wollen . Wir brauchen mehr und nicht weniger erneuerbare Energie . ({0}) Sie sind herzlich eingeladen, unsere Fraktionssitzungen zu besuchen . Wir diskutieren über alles, was Sie wollen . Aber eines können Sie gar nicht abstreiten: Ihre geplante EEG-Novelle führt dazu, dass der Ausbau der erneuerbaBundesminister Sigmar Gabriel ren Energien um 70 Prozent reduziert wird . Das streiten die Kollegen der Union noch nicht einmal ab . Sie sagen: Genau das wollen wir; wir wollen das herunterfahren . Sie drücken das zwar ein bisschen anders aus . Aber das ist nicht in Ordnung . ({1}) Was mich, ehrlich gesagt, ärgert, ist das Kostenargument - das haben wir erneut gehört -, und das am heutigen Tag, an dem Sie im Kabinett eine Notoperation beschlossen haben, um Mittel zur Deckung der Milliardenkosten der Atomkraft hereinzuholen, für die die Konzerne nicht aufkommen können . Es ist schon verrückt, dass Sie den erneuerbaren Energien Kosten anlasten, obwohl Sie genau wissen, dass die Alternative viel teurer ist und noch ganz andere Konsequenzen nach sich zieht . ({2}) Da es Ihnen um eine ehrliche Debatte geht: Herr Fuchs hat behauptet, dass die EEG-Umlage explodieren werde . Herr Gabriel hat das nicht erwähnt, weil er genau weiß, dass das nicht stimmt . Die EEG-Umlage wird nicht explodieren . ({3}) Denn die Windenergie ist der Billigmacher der erneuerbaren Energien . Die EEG-Umlage ist in den letzten Jahren sogar gesunken . Sie hätte allerdings deutlicher gesenkt werden können . ({4}) Wir haben 5 Milliarden Euro auf dem Konto liegen . Es gibt keine explodierende EEG-Umlage . Herr Fuchs, das ist Ihre - da komme ich auf die Wortwahl von Herrn Gabriel zurück - freie Propagandaerfindung. ({5}) Da wir bei Zahlen und Fakten sind: Es wird behauptet, dass es 4 Milliarden Euro kostet, das Netz zu regeln . Ich versuche seit drei Wochen, herauszubekommen, woher diese Zahl stammt, welches die Berechnungsgrundlage ist . Herr Homann, der Präsident der Bundesnetzagentur, musste am Montag im Beirat eingestehen - einige Kollegen waren anwesend -: Diese Zahl ist geschätzt; es gibt keine Grundlage . Sie könnte auch bei null liegen . - Herr Gabriel, es ist Propaganda, wenn man mit solchen Zahlen arbeitet; das will ich Ihnen an dieser Stelle sagen . ({6}) Es handelt sich genauso um Propaganda, wenn erzählt wird, die erneuerbaren Energien würden die Netze verstopfen . Wir haben in Deutschland noch in keiner einzigen Minute oder Stunde eine hundertprozentige Deckung des Verbrauchs durch die erneuerbaren Energien erlebt . Kein einziges Elektron an erneuerbaren Energien ist in Deutschland zu viel . Das Problem, das wir haben, ist, dass wir noch haufenweise Atom- und Kohlekraftwerke haben, die rund um die Uhr laufen, nicht geregelt werden können und deshalb die Netze verstopfen . Es wäre eine ehrliche Aussage, wenn Sie sich dazu bekennen würden, Herr Gabriel . ({7}) Ich erwarte von einem Wirtschaftsminister, dass er uns, wenn er schon auf dem Katholikentag von Klimaschutz redet, in dieser Aktuellen Stunde einmal erläutert, wie im Rest der Legislaturperiode der unbedingt notwendige Kohleausstieg angegangen werden soll . Aber dazu kommt von Ihnen kein einziges Wort . Im Gegenteil: Sie haben in dieser Woche - so viel zu den Kosten - den Genehmigungsbescheid der EU-Kommission entgegengenommen, der vorsieht, dass in Zukunft 1,6 Milliarden Euro als Braunkohlesubventionen gezahlt werden dürfen, und zwar von den Stromkunden . Das, lieber Herr Gabriel, erwähnen Sie hier nicht . Aber das sind Kosten, die die Menschen tragen müssen . ({8}) Dann noch etwas zu dem Thema „größter Ausbau in den letzten Jahren“: Ja, wir hatten in den letzten Jahren einen starken Ausbau der Windenergie . Aber wenn Sie hier schon Protokolle der Bundestagssitzungen zitieren - mich freut, dass die „Abrissbirne“ von Ihnen selber immer wieder rezitiert wird -, dann müssten Sie eigentlich auch sagen, dass es um Photovoltaik und Bioenergie ging . Herr Gabriel, das können Sie sich auf die Fahne schreiben: Sie haben die Photovoltaikbranche und die Bioenergiebranche aus dem Land getrieben . Die haben in Deutschland keine Zukunft mehr . Dass wir bei Windenergie gut aussehen, ist auf der letzten Ministerpräsidentenkonferenz von den Bundesländern erreicht worden . Auch das ist im Protokoll nachzulesen . Dazu habe ich etwas gesagt . Sie machen hingegen Propaganda und basteln sich die Wirklichkeit, wie Sie wollen . ({9}) Es ist auch in den Protokollen des Deutschen Bundestages nachzulesen, Herr Gabriel, dass Sie sich um jeden Arbeitsplatz in der energieintensiven Industrie, wo die Arbeiter in der IG BCE organisiert sind, persönlich kümmern . Aber ich habe noch nie von Ihnen gehört, dass Sie als Wirtschaftsminister auch einmal Empathie für Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien entwickeln . Das ist unehrlich . Das ist zynisch . ({10}) Aber es geht noch schlimmer . Das möchte ich zum Schluss noch erwähnen . Ich habe gestern einen Tweet aus der CDU/CSU-Fraktion gelesen, in dem stand, dass die „Windmafia“ jetzt einmal ausgebremst werde. Meine Damen und Herren, ich empfinde es als eine Unverschämtheit, dass mittelständische Unternehmer von CDU-Abgeordneten als Mafiosi bezeichnet werden. Dazu erwarte ich eine Klarstellung . ({11}) Ich erwarte, dass Sie diese Menschen, die die Energiewende und den Klimaschutz voranbringen, unterstützen und sie nicht beschimpfen, indem Sie Begriffe wie „Blutspur“ oder so etwas benutzen . Das ist nicht redlich . Für Sie gibt es offensichtlich zweierlei Wirtschaft . Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen; denn der Klimaschutz kann keine Pause vertragen . Der braucht mehr erneuerbare Energien und nicht weniger . Aber Sie legen hier eine EEG-Novelle vor, die zu viel weniger erneuerbaren Energien führt, als eigentlich notwendig sind . Ich danke Ihnen . ({12})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner hat Thomas Bareiß das Wort . ({0})

Thomas Bareiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003734, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Oliver Krischer, Frau Verlinden, ich muss offen sagen: Ich habe nicht geglaubt, dass solche Debatten zum Thema Energiewende im Deutschen Bundestag noch möglich sind . Da wird von Konterrevolution gesprochen und davon, dass Braunkohle die Stromleitungen verstopfe, Kernenergie natürlich auch . Die Grünen argumentieren an der Realität meilenweit vorbei . Wir haben in den letzten Jahren so viel gemacht - der Minister hat es beschrieben - wie keine andere Bundesregierung zuvor . Heute kommen 33 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . Wir sind über das Ziel, das wir uns ursprünglich gesetzt hatten, weit hi nausgeschossen . Wir haben mehr gemacht, als Sie noch vor zehn Jahren gefordert haben . Jetzt zu behaupten, wir würden die Energiewende abwürgen, ist falsch . Das Gegenteil ist der Fall . Wir versuchen, sie vernünftig und wirtschaftlich zu gestalten, die Systeme zu integrieren, zu vernetzen und Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit in die Energiewende zu bekommen . Was mich aber am meisten an den Debatten, die die Grünen angestoßen haben, stört, ist, dass es keinen Versuch gibt, Vorschläge einzubringen, wie wir das EEG weiterentwickeln und wie wir auf die Herausforderungen der Zukunft eingehen sollen . ({0}) Da kommt nichts von Ihnen, außer Debatten, die wir schon vor fünf Jahren hatten . Sie leben immer noch in der Welt der Markteintrittsinstrumente . Sie beklagen immer, dass die erneuerbaren Energien nicht marktfähig sind . Sie sind es aber . Sie können heute schon auf dem Markt bestehen . Wir haben heute nicht mehr ein zartes Pflänzchen im Bereich der erneuerbaren Energien, sondern einen starken Baum, der allerdings tragfähig sein muss und den wir jetzt in den Markt und in die Systeme integrieren müssen . Deshalb brauchen wir jetzt ein EEG 2016, in dem an den richtigen Stellschrauben gedreht wird . Dazu haben wir viele Dinge vor, die ganz wichtig sind . Eines der Themen - das wurde schon angesprochen - ist der Netzausbau, der in den Ausbau der erneuerbaren Energien integriert werden muss . Es wurden schon Zahlen genannt . Ich möchte das Ganze etwas verdeutlichen . Wir haben 2009 mit dem EnLAG, dem ersten großen Leitungsausbauprogramm, 1 800 neue Leitungen für die nächsten Jahre beschlossen . Wir haben dann nur zwei Jahre später im Bundesbedarfsplan festgestellt, dass wir noch 6 200 Kilometer zusätzlich brauchen, um die erneuerbaren Energien, die wir in den nächsten Jahren zubauen wollen, zu integrieren . Es geht also um 8 000 Kilometer neue Leitungen . Davon haben wir heute 700 Kilometer realisiert . Eigentlich wollen wir in vier oder fünf Jahren fertig sein . Das heißt, wir haben gerade einmal 9 Prozent der Leitungen, die wir dringendst brauchen, fertiggestellt . Ich will gar nicht darüber diskutieren, woran das liegt; denn das wäre eine Scheindebatte . Die Realität aber ist, dass wir nicht so vorankommen, wie wir es bräuchten . Die andere Seite habe ich gerade beschrieben . Wir sind auf dem Stromsektor eigentlich schon bei über 33 Prozent an erneuerbaren Energien . Eigentlich wollten wir dieses Jahr erst bei 28 Prozent sein . ({1}) Das heißt, wir haben mit 120 Prozent die Quote eigentlich schon übererfüllt . Die Netzausbauzahlen und die Ausbauzahlen bei den erneuerbaren Energien passen nicht mehr zueinander . Sie müssen stärker zueinandergebracht werden . Sonst würde das ganze System keinen Sinn mehr machen . Dann würden uns die Bürger zu Recht fragen, ob das, was wir hier machen, überhaupt noch eine Zukunft hat . Wir brauchen jetzt einen wirtschaftlich und technisch besser abgestimmten Prozess . Das sagen übrigens auch Ihre Parteikollegen wie zum Beispiel Herr Habeck aus Schleswig-Holstein, der ja bald Ihr Spitzenkandidat sein will . Er hat am 20 . Mai - ich zitiere - gesagt: Wir müssen jetzt „bei der Umsetzung der Energiewende Tempo rausnehmen“ . Er sieht vor Ort, wo die Probleme liegen, meine sehr verehrten Damen und Herren . Wir wollen das Tempo nicht herausnehmen, sondern in den nächsten Jahren die Tempi besser aufeinander abstimmen und den ursprünglich von uns vorgesehenen Korridor besser einhalten . Ich glaube, dass wir das mit den vorgesehenen Instrumenten auch entsprechend schaffen können . ({2}) Wir müssen jetzt - das ist ganz wichtig; wir, die CDU/ CSU, haben das schon lange gefordert - den SystemOliver Krischer wechsel hin zu Ausschreibungen vornehmen . Das bedeutet, dass wir eine bessere Mengensteuerung haben werden . Die Zubauraten werden für alle Seiten im Bereich der Stromversorgung verlässlicher sein . Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass wir die Preise für erneuerbare Energien durch Markt und Wettbewerb - und nicht mehr im Deutschen Bundestag - festlegen . ({3}) Das wird ganz wichtig sein . Im Übrigen funktioniert das in anderen Ländern gut . Dänemark beispielsweise ist in diesem Bereich wesentlich weiter . Auch dort zeigt sich, dass es funktioniert . In Dänemark werden beispielsweise an Offshorewindparks 10 Cent die Kilowattstunde gezahlt . Bei uns sind es noch 15 Cent . Das heißt, dort hat man die Preissprünge schon realisiert und die Energiewende wesentlich effizienter gestaltet. Im Übrigen funktioniert die Ausschreibung auch in Deutschland . Wir haben in Deutschland extra ein Pilotprojekt über Solarfreiflächenanlagen durchgeführt. Auch hierbei hat es sich gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die Vielfalt der Akteure entsprechend gewährleisten können . Das heißt, dass auch kleine Anbieter mitmachen können . Auch das war ein ganz wichtiges Anliegen, dessen Berücksichtigung dazu führt, dass die Energiewende alle Bürger entsprechend mitnimmt . Ich komme zum Schluss . Das EEG, das wir jetzt anpacken wollen, muss - das ist ganz wichtig - mehr Markt beinhalten und verlässlicher sein . Wir brauchen Planungssicherheit . Und es muss mit diesem Gesetz wirtschaftlicher und günstiger werden . Die Ministerpräsidenten haben gestern Abend getagt . Ich kenne das Ergebnis - darauf bin ich gespannt - im Detail noch nicht . Wir wollen noch vor der Sommerpause mit dem EEG fertig werden . Das heißt, wir müssen uns jetzt sputen und uns anstrengen . Es gibt aber noch weitere Punkte, die wichtig sind . Eigenstrom und besondere Ausgleichsregelungen sind zwei ganz große Bausteine, die für uns - auch in der Debatte während der nächsten drei Wochen - wichtig sind . Das heißt, wir brauchen keine Grabenkämpfe - so wie sie von den Grünen geführt werden -, sondern wir brauchen jetzt Verlässlichkeit auch in der Gesetzgebung . Ich sage Ihnen nur eines: Trauen Sie den erneuerbaren Energien etwas zu! Herzlichen Dank . ({4})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Ralph Lenkert von der Linken das Wort . ({0})

Ralph Lenkert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004091, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit letzter Woche toben Unwetter in ganz Deutschland . Es gab Überschwemmungen in Ilmenau, ({0}) eine Schlammflut in Braunsbach und 50 Zentimeter Hagel in Sachsen . Unser Mitgefühl gilt allen Opfern . Wie viel müssen Betroffene noch erleiden, bevor unsere Gesellschaft, bevor diese Regierungskoalition endlich entschlossen gegen den Klimawandel vorgeht? ({1}) Fragen Sie sich selbst: Sind Unwetter und Naturkatastrophen wie Fluten, Stürme und Dürren nicht häufiger und stärker geworden? ({2}) Wir brauchen die Energiewende und Mut zur Umsetzung . Das Regierungsziel, bis 2025 45 Prozent des Stroms aus erneuerbarer Energie zu gewinnen, ist zu wenig . Ja, die Energiewende kostet Geld . Keine Energiewende ist um ein Vielfaches teurer . Ich habe, bevor ich in den Bundestag kam, Fertigungslinien geplant . Das Falscheste ist, eine neue Fertigung mit 100 Prozent Leistung aufzubauen und die alte Fertigung mit kompletter Kapazität zu erhalten . Der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern in Deutschland liegt heute bei 35 Prozent; aber die Bundesregierung will sich nicht von 100 Prozent konventioneller Erzeugung trennen . Das macht die Energiewende teuer . Das erfordert diesen überdimensionierten Netzausbau . Aber es geht ums Geld, wie immer . Bürgerinnen und Bürger können vielleicht Solaranlagen finanzieren. Landwirte und Genossenschaften können Biogasanlagen und auch ein paar Windräder bauen, und Stadtwerke schaffen vielleicht einen Windpark an Land . Damit haben diese Teilnehmer die Allmacht der Stromkonzerne gebrochen . Das unterstützt die Linke . ({3}) Die Union dagegen blockiert diese Entwicklung und schanzt das Geschäft mit Erneuerbaren-Strom internationalen Fonds und Konzernen zu . Ausschreibungsmodelle benachteiligen Bürger und Energiegenossenschaften . Der Bruttodeckel bei Biomasse reduziert die Bioenergie in 20 Jahren auf ein Drittel des heutigen Standes . Ein geplanter Deckel für Windkraft an Land bremst deren Ausbau aus . Herr Gabriel, auch ich habe Informationen über das gestrige Gespräch . Die Ministerpräsidenten hatten zwei Möglichkeiten: entweder Ihrer Weltformel, die den Ausbau an Land völlig ausgebremst hätte, oder all dem, was Sie da vorgeschlagen haben, halbwegs zuzustimmen . Das nenne ich Erpressung zum Nachteil der Energiewende . ({4}) Das Einzige, was Sie noch richtig stark fördern, ist die Windkraft auf See . Sie ist zwar teuer, aber damit verbunden sind zentrale Großprojekte, bei denen Bürgerinnen und Bürger eben nicht mitbieten können . An Offshorewindparks verdienen beispielsweise Goldman Sachs, RWE, Vattenfall, Eon, der Staat Dänemark und Siemens . ({5}) Die Union nimmt den Bürgern die Energiewende, und das zerstört die Akzeptanz . Das lehnt die Linke ab . ({6}) Jetzt komme ich zu Ihrem Gejammer über den fehlenden Netzausbau . Solarenergie braucht selten Übertragungsnetze . Da richten Sie einen Deckel ein wegen des fehlenden Netzausbaus . Windkraft in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen verhindern Sie durch Ausschreibungen . Dieser Strom würde den Netzausbaubedarf sogar senken . Geschätzte 700 Millionen Euro - Herr Fuchs sprach von 900 Millionen Euro werden Offshorewindparks für die Abschaltungszeiten dieses Jahr erhalten, weil die Netzkapazität bis Hamburg fehlt . Aber diesen Ausbau bremsen Sie nicht . Erklären Sie mir einmal diese schwachsinnige Vorgehensweise . ({7}) Damit keine Irrtümer entstehen: Die Linke ist gegen den massiven Ausbau der Übertragungsnetze und der Gleichspannungsleitungen . Fast 30 Milliarden Euro wird der Ausbau der Stromnetze nach derzeitigen Planungen kosten, bezahlt von Verbraucherinnen und Verbrauchern, von Handwerkern und vom Mittelstand . Allein 1,1 Milliarden Euro jährlich garantierte Rendite für Ihre Freunde von 50Hertz, von TenneT, von EnBW-Netz und von Amprion schanzen Sie mit diesem Bauprogramm diesen Konzernen zu . Das nennen wir eine Umverteilung des Geldes von Verbraucherinnen und Verbrauchern hin zu den Aktionären dieser Gesellschaften . Das lehnt die Linke ab . ({8}) Es gibt heute eine Übertragungskapazität zwischen Nord- und Süddeutschland von 26 Gigawatt . Das reicht aus, um die Windkraftüberschüsse auch im Jahr 2023 sicher nach Süden zu bringen, wenn man den Kohlestrom reduziert . Speicher entlasten die Stromnetze und ersetzen Reservekraftwerke für die Dunkelflaute. Deswegen ist die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen bereit, in Energiespeicher zu investieren - für eine schnellere Energiewende . Biomasse ist die erneuerbare Energie, die unsere Energieversorgung in Zeiten fehlender Sonne und fehlenden Windes sichern kann . Der 100-Megawatt-Bruttodeckel muss weg . Wir fordern einen jährlichen Nettozubau von mindestens 100 Megawatt . Das brauchen übrigens auch die Landwirte, damit ihnen wenigstens diese Verdienstmöglichkeit erhalten bleibt . Nur mit Milch und Ackerbau müssten viele aufgeben . Liebe Landwirte, die CSU-Regierung in Bayern, die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen haben gemeinsam den 100-Megawatt-Zubau gefordert . Es ist die CDU im Bundestag, die diesen Vorschlag blockiert . Diese CDU-Abgeordneten nehmen unseren Bauern die Verdienstmöglichkeiten aus regionaler Stromerzeugung weg . Um noch einmal zu dem Preisargument von Herrn Fuchs zu kommen: Im Jahr 2008 betrug der Börsenstrompreis, zu zahlen von allen mit Strom handelnden Unternehmen, 10 Cent je Kilowattstunde . Im Jahre 2016 ist er auf 2,5 Cent je Kilowattstunde gesunken . Das ist eine Reduzierung um 7,5 Cent . Konzerne wie Audi, wie die Aluminiumhütten bezahlen zurzeit unter 3 Cent je Kilowattstunde für ihren Strom . Das nenne ich preiswert . Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Netzkunden, Sie und jeder Handwerker muss die EEG-Umlage bezahlen . Sie profitieren nicht von den Senkungen. Es ist eine Umverteilung von den Kleinen zu den Großen, die hier stattfindet. Darüber wird im Zusammenhang mit den Kosten nie gesprochen . Wenn wir den Klimawandel und zukünftige verheerende Folgen reduzieren wollen, dann müssen wir zügig auf 100 Prozent erneuerbare Energien kommen . ({9}) Wir in der Bundesrepublik sollten, im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger, für diese sozialökologische Wende kämpfen - auch, damit die Zahl von Unwettern nicht noch weiter zunimmt . Vielen Dank . ({10})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Johann Saathoff . ({0})

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Konterrevolution“ der dreckigen Energie, „Abwürgen“ der Erneuerbaren und deren Pioniere, Plan zur Begrenzung des Ausbaus der Erneuerbaren - so hieß es hier . Ich möchte an dieser Stelle feststellen: Wir haben die Situation, dass wir den Ausbaukorridor von 45 Prozent, den wir im Koalitionsvertrag vorgegeben haben, überschreiten, auch wenn wir im EEG 2014 nichts verändern . Da kann von „Konterrevolution“ und von „Abwürgen“ der Erneuerbaren überhaupt keine Rede sein . ({0}) Das liegt zum einen natürlich an den guten Rahmenbedingungen . Niemand hat darüber nachgedacht, wie sich der Zinssatz in den letzten Jahren entwickelt hat und inwiefern es sich lohnt, plötzlich zu viel niedrigeren Zinsen in erneuerbare Energien zu investieren . Aber es liegt auch - ich glaube, das kann man an dieser Stelle proklamieren - an der guten Gesetzgebung, die wir mit dem EEG 2014 durchgeführt haben . ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das EEG 2014 läuft in der Genehmigung, wie sie bisher besteht, Ende 2016 aus . Daran kann in diesem Hause niemand ein Interesse haben . Damit das nicht passiert, müssen wir das EEG 2016 machen - also nicht, weil wir mit dem EEG 2014 sozusagen Murks gemacht hätten, sondern weil sich die Rahmenbedingungen mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien ständig verändern . Es kommen also ständig unterschiedliche Probleme auf uns zu, die zu unterschiedlichen Zeiten eben unterschiedlich anzufassen sind . Man muss ständig nachjustieren . Um es im ostfriesischen Jargon zu sagen: Fang neet an, uptauhörn, hör neet up, antaufangen . Das ist ganz wichtig: Fang nicht an, aufzuhören, und hör nicht auf, anzufangen . Zentrales Problem bei der Umsetzung sind die Kosten der Energiewende, aber auch die Koordinierung des Netzausbaus und der Ausbau der erneuerbaren Energien, trotz des atmenden Deckels . Warum? Es gibt einen enormen Aufwand bei der Netzausbauplanung im Einklang mit den Bürgerinnen und Bürgern . Ich will das ganz deutlich sagen: Ich freue mich darüber, dass wir die Netzausbauplanung in Kommunikation mit den Bürgern, und damit bürgerakzeptiert, hinbekommen wollen . Aber als Verwaltungsbeamter kann ich an dieser Stelle sagen: Das macht das Ganze natürlich viel komplizierter und dauert damit auch länger . Das ist kein politischer Schaden, der hier entstanden ist, sondern ein Schaden, der der Natur der Sache geschuldet ist . Es gibt einen großen Erfolg beim Ausbau der Offshoreindustrie: 3,3 Gigawatt Zubau in den letzten zwei Jahren . Ich freue mich sehr, dass viele Vertreter der süddeutschen Länder mittlerweile zu großen Freunden von Offshorewindenergie geworden sind . Herr Fuchs, ich lade Sie gerne ein, einmal nach Emden zu kommen, um sich hautnah anzugucken, wie das eigentlich mit der Netz anbindung ist . ({2}) Es gibt auch einen nachhaltig großen Erfolg beim Ausbau der Onshoreindustrie, und zwar entgegen den Prognosen von 2014 . Der Netzausbau aber kommt hinter dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht hinterher . Was ist da zu tun? Ausschreibung kann ein geeignetes Instrument sein, um den Ausbau der Erneuerbaren zu kanalisieren . Es gibt eine Gefahr dabei, nämlich die Akteursvielfalt zu verlieren . ({3}) Deswegen begrüße ich es sehr, dass das BMWi sich besonders damit auseinandergesetzt und einen Vorschlag gemacht hat, der beinhaltet, dass es eben nicht passiert, dass die Akteursvielfalt in Gefahr gerät, ({4}) sondern Präqualifizierungskriterien gerade für Bürgerwindparks heruntergefahren werden . ({5}) Es gibt große Chancen beim Ausbau der Erneuerbaren über Ausschreibungen, nämlich dadurch, dass man die Redispatch-Kosten in den Griff bekommt . Bürgerakzeptanz hat auch etwas damit zu tun, ob wir diese Redispatch-Kosten in den Griff bekommen oder nicht . ({6}) Zu den Zahlen und den Ausführungen von Herrn Homann sagt Kollege Heil gleich noch etwas . Es gibt durch die Ausschreibung natürlich auch einen Anreiz für Effizienz und einen Anreiz für Kostenreduktion . Aber ich finde, wir müssen zusätzlich darüber nachdenken, was man noch machen kann, um den Netzausbau verstärkt in den Blick zu nehmen . Wir müssen uns also in den nächsten Monaten intensiv damit beschäftigen, wie wir die Sektorkopplung hinbekommen . ({7}) Wir müssen uns intensiv damit beschäftigen, wie wir mit der Speichertechnologie umgehen . Darin zu investieren, ist zugegebenermaßen zunächst teuer - keine Frage -, aber es ist auf jeden Fall eine Investition in die Zukunft . Ich glaube, dass sogar schon die ersten Mechanismen des neuen Strommarktgesetzes dafür sorgen werden, dass erste Anreize im Speicherbereich entstehen . Kleinvieh macht auch Mist, meine Damen und Herren . Über die Landstromversorgung haben wir im Zusammenhang mit dem EEG 2014 nachgedacht . Wir müssen sie vielleicht in diesem Zusammenhang auch noch einmal diskutieren . Auch Power Barges und die Frage, wo in Deutschland ein Batteriewerk entstehen könnte, müssen in diesem Zusammenhang noch einmal diskutiert werden, last, but not least auch die Potenziale der Elektromobilität . Wir beschäftigen uns also mit den Fragen . Wir fangen nicht an, aufzuhören, wir hören nicht auf, anzufangen, sondern sind mitten im Prozess, auf einem guten Weg . Wir werden bis 2025 45 Prozent erneuerbare Energien im Netz haben und damit unser Koalitionsziel erreichen . Darauf sind wir stolz . ({8})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Dr . Andreas Lenz von der CDU/CSU-Fraktion das Wort . ({0})

Dr. Andreas Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004339, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einiges habe ich heute schon gelernt: Die Grünen lesen Tweets der Unionsfraktion . Da kann man prinzipiell nur lernen . ({0}) Es ist auch so, dass sich die Sozialisten mit den Herz-Jesu-Sozialisten der CSU vergleichen . ({1}) Da muss ich Sie enttäuschen; da gibt es wenig Übereinstimmungen . ({2}) Zum Thema . Der Koalitionsvertrag ist hinsichtlich der Frage der erneuerbaren Energien und ihres Ausbaus eigentlich sehr klar . Darin steht: Die Energiewende ist ein richtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft, die dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet ist. Wir wollen die Energiewende zum Erfolg führen . Aber Erfolg heißt nicht, möglichst viel Erneuerbare möglichst teuer zu erreichen . Gerade deshalb wurde im Koalitionsvertrag erstmals ein Ausbaukorridor festgelegt: 40 bis 45 Prozent im Jahre 2025, 55 bis 60 Prozent im Jahre 2035 . Schaut man sich an, wo wir jetzt stehen, dann sieht man, dass der entsprechende Korridor jetzt schon bei weitem überschritten ist . Würde der Referentenentwurf, wie er vorlag, umgesetzt, dann stünden wir 2020 bei einem Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch von 44 Prozent . Das hieße, dass das Ziel bereits fünf Jahre früher übererfüllt wäre . Da werden jetzt einige sagen - wir haben es ja auch gehört -: Das ist ja wunderbar . Wir können nicht genügend Strom aus Erneuerbaren haben . - Frau Verlinden, Sie haben es ja angesprochen . Die Erneuerbaren - das muss man so klar sagen - helfen uns aber überhaupt nicht, wenn der Netzausbau nur schleppend vorangeht, wenn der Strom also nicht dorthin gebracht wird, wo er gebraucht wird . Die Synchronisierung des Ausbaus der Erneuerbaren mit dem Netzausbau ist also entscheidend . Wenn man schaut, wo es beim Netzausbau hakt - Kollege Fuchs hat es angesprochen -, dann erkennt man, dass es rot-grün geführte Länder sind, beispielsweise Niedersachsen . Laut Übertragungsnetzbetreiber ist es übrigens so, dass der Netzausbau in Bayern mittlerweile mit am besten läuft . Das liegt sicherlich auch daran, dass die Planungsbehörden und die Ministerien nicht von Grünen besetzt sind . ({3}) Es hilft rein gar nichts, wenn es so ist wie am 8 . Mai, am Muttertag, als wir zwar 95 Prozent des Strombedarfs mit Erneuerbaren decken konnten, aber gleichzeitig 21 Millionen Euro an negativen Strompreisen zahlen mussten . So haben wir übrigens auch die Strompreise in den europäischen Nachbarländern nach unten subventioniert . Wir brauchen also eine bessere Steuerung und Koordinierung der Energiewende . Auch die entsprechenden Ausschreibungen sind Teil des Koalitionsvertrages und können dazu beitragen, den Ausbau besser zu steuern . Die Frage ist heute: Wie geht es mit den erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa weiter? Auch auf europäischer Ebene gibt es klare Ziele und Festlegungen hinsichtlich der Erneuerbaren . Beispielsweise hat die EU insgesamt das Ziel, bis 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix von 27 Prozent zu generieren . Die EU hat das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent zu senken, auch durch eine Reform des Emissionshandelssystems, des ETS . Dabei bleibt es jedoch jedem Land selbst überlassen, für welchen Energiemix es sich entscheidet . Wir dürfen nicht dazu übergehen, eine Art Diktatur irgendwelcher Ideologien im Bereich der Energiepolitik auf europäischer Ebene auszuüben . ({4}) Die angeregte Verbesserung der Forschungszusammenarbeit im Energiebereich betrifft alle Bereiche und ist außerordentlich sinnvoll . ({5}) Der Expertenbericht der Kommission vom Montag befasst sich auch mit Stromspeichern . Diese brauchen wir zum Gelingen der Energiewende ebenso wie flexible Erneuerbare wie die Biomasse, die netzdienlich, dezentral und grundlastfähig ist und wesentlich bei der Einsparung von CO2 hilft . Wir brauchen auch Akzeptanz in Form von Akteursvielfalt und einer breiten Bürgerbeteiligung . Diese Punkte werden wir im parlamentarischen Verfahren berücksichtigen . Der Minister hat gestern angekündigt, dass hierzu noch genügend Zeit bleiben wird . Nach wie vor sind über 90 Prozent der Bevölkerung der Meinung, eine stärkere Nutzung von Erneuerbaren ist wichtig oder außerordentlich wichtig . Nur 26 Prozent sind für Atomkraft; übrigens nur 5 Prozent sind für Kohlestrom, und zwar aus guten Gründen . Aber der Umstieg, die Energiewende, ist eine Generationenaufgabe, und der Umstieg kostet Geld, Geld, das wir möglichst effizient einsetzen müssen . Deshalb müssen wir jetzt nicht nur das Richtige machen, sondern das Richtige auch richtig machen, und das machen wir . Herzlichen Dank . ({6})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Hubertus Heil von der SPD-Fraktion das Wort . ({0})

Hubertus Heil (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003142, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über die Energiewende reden, dann reden wir über eines der größten Innovationsprojekte für unser Land . Ich glaube, es eint uns in diesem Haus, dass wir das so sehen, aber im Gegensatz zu einigen hier tun wir nicht so, als sei das ein Spaziergang . Wir wollen ehrgeizige Klimaschutzziele umsetzen und gleichzeitig den Ausstieg aus der Atomkraft organisieren . Das ist ein grundlegender, ein fundamentaler Wandel in doppeltem Sinne . ({0}) - Frau Verlinden, ich bin mein politisches Leben lang Gegner der Atomkraft gewesen wie Sie wahrscheinlich auch . Ich will, dass wir das miteinander hinkriegen . ({1}) - Sie sind sicherlich jünger als ich, die Gnade der späten Geburt . Ich wollte deshalb daran erinnern . Ich habe Ihrer Rede und auch der Rede des Kollegen Krischer genau zugehört . Ein Begriff hat bei Ihnen keine Rolle gespielt: Kosten . ({2}) Frau Verlinden, Sie haben das Wort „Kosten“ - wir alle können das nachlesen - in Ihrer Rede nicht einmal verwandt . Jetzt müssen wir uns ehrlich machen und darüber reden . Gestern Abend saßen 16 Ministerpräsidenten, die Bundeskanzlerin und der Bundeswirtschaftsminister zusammen . Wir alle wissen doch, wenn wir ehrlich sind: Bei der Energiewende geht es um handfeste regionale und strukturpolitische Interessen . Wenn man im Zuge der Energiewende Jahr für Jahr 24 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien steckt ({3}) noch einmal: 24 Milliarden Euro allein über das EEG plus Netzausbau und Ähnliches; und wir können das als Gesellschaft, weil wir den Strukturwandel wollen, Frau Verlinden -, dann ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass viele Ministerpräsidenten aus Sicht der regionalen Strukturpolitik argumentieren; ich finde das auch völlig berechtigt . Alle wollen ein Stück vom Kuchen . Die einen wollen Industrialisierung im Sinne von Offshore an den Küsten des Nordens, die anderen wollen im Landwirtschaftsbereich etwas ausbauen usw . usf . Aber ich sage auch: Die Einzelinteressen regionaler Strukturpolitik sind noch kein gesamtenergiepolitisches Konzept; denn auch in der regionalen Strukturpolitik wird eine Frage nicht gestellt, nämlich die Frage: Was kostet es? Wir müssen auch die Frage stellen: Was bringt das? Gar keine Frage: Die Energiewende ist eine Riesenchance für unser gesamtes Land, wenn wir sie miteinander hinkriegen . Deshalb bin ich dankbar, dass die Ministerpräsidenten gestern der offensichtlichen Versuchung widerstanden haben, das Ganze zu einem Teppichhandel nur über regionale Strukturpolitik zu machen . Vielmehr hat man miteinander einen Korridor geöffnet, durch den man die Kosten im Blick behält und durch den man auch im Blick behält, Herr Kollege Krischer, dass wir nicht nur über den Ausbau Erneuerbarer reden, sondern auch über Systemintegration und Systemtransformation . Da beißt die Maus keinen Faden ab . Sie haben vorhin Zahlen genannt . Ich würde Ihnen das gerne einmal vorrechnen . Ich möchte zwei Zahlen nennen, die zwar von einem Netzbetreiber stammen, aber von der Bundesnetzagentur und vom Wirtschaftsministerium für plausibel gehalten werden; die Vergangenheit und den Istzustand können Sie nicht bestreiten . Wir hatten 2010 - der Minister hat es vorhin gesagt - 120 Gigawatt abgeregelten EE-Strom . Im Jahr 2015 hatten wir 4 698 Gigawatt abgeregelten Strom . ({4}) Um das einmal in Kosten auszudrücken: Wir haben 2015 gut 1,1 Milliarden Euro, wobei darunter 400 Millionen Euro Kosten des Redispatch und 475 Millionen Euro Kosten der Abregelung waren . ({5}) Alles zusammen ergab dies Kosten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro . Die Prognose, die Sie zitiert haben, halten wir für plausibel: Wenn wir jetzt nichts tun, dann können daraus im Jahr 2023 rund 4 Milliarden Euro werden . Ich sage Ihnen eines: Sie erzählen den Menschen die Unwahrheit, wenn Sie sagen, dies liege an der Verstopfung der Netze durch andere . Sie wissen es ganz genau: In § 14 EEG gibt es einen Einspeisevorrang für erneuerbare Energien . Deshalb kann das Verstopfungsargument an dieser Stelle nicht richtig sein . ({6}) Das Problem ist nicht die Verstopfung, sondern das Problem ist vielmehr der Netzausbau . Wir müssen darüber reden, wie wir diesen hinkriegen, wie wir ihn beschleunigen . Wir brauchen die Netze in diesem Bereich . Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien ein Stück stärker mit den Netzen synchronisieren, sonst organisieren wir volkswirtschaftliche Kosten für Strom, der nicht gebraucht wird . Meine Damen und Herren, wer die Akzeptanz der Energiewende unterminieren will, der muss genauso argumentieren wie Sie: Kosten spielen keine Rolle . - Das wollen wir nicht . ({7}) Das Zweite, das ich Ihnen sagen will, ist, dass die Ministerpräsidenten, wie ich finde, sehr vernünftig argumentiert haben . Einer hat noch nicht unterschrieben, das ist der bayerische Ministerpräsident . Er hatte gestern Abend etwas anderes vor, er ist etwas früher gegangen . ({8}) Er hat nämlich noch ein Interesse, nämlich im Bereich der Biomasse nachzuverhandeln. Ich finde, Biomasse ist ein Sonderfall bei den erneuerbaren Energien und gehört zum Energiemix der Zukunft dazu . Eines sage ich Ihnen aber auch: Wir werden nicht zulassen dürfen, dass wir hier ganz große und teure Fässer aufmachen, sondern wir müssen auch hier auf die Kosten achten . Das sage ich auch in die Richtung der Kolleginnen und Kollegen von der Union . Es kann nicht sein, dass die Kosten auf der einen Seite immer ein Argument sind, dass aber Kosten dann, wenn es um die bestimmten Interessen bestimmter Gruppen in bestimmten Regionen geht, keine Rolle spielen . Das ist ganz klar . ({9}) Ich mahne bei allem Augenmaß ein bisschen Disziplin und auch Standhaftigkeit an, wenn wir jetzt ins Verfahren gehen . Dazu gehört auch, dass wir jetzt etwas nicht mehr gebrauchen können: ideologische Schlachten von gestern . ({10}) Es mag welche geben, die der Atomkraft hinterhertrauern und deshalb versuchen, jedes Windrad mit der Hacke zu zerschlagen . ({11}) Die gibt es auch noch . Es mag auch diejenigen geben, die denken, die Energiewende sei ein Spaziergang, man müsse nur Wünsche haben, Kosten spielen keine Rolle . Man darf nicht ignorieren, dass es Menschen gibt, die handfest - das sei ihnen gegönnt - daran verdienen . Das ist vorhin im Zusammenhang mit den Pachtpreisen beschrieben worden . Ich sage aber: Unser Interesse ist es nicht, Einzelinteressen von Menschen zu vertreten, die daran etwas verdienen . Unser Interesse ist es, das Gemeinwohl zu vertreten, und in diesem Sinne gestalten wir die Energiewende . Deshalb unterstützen wir den Wirtschaftsminister auf diesem Kurs . Herzlichen Dank . ({12})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Andreas Jung von der CDU/CSU-Fraktion das Wort .

Andreas Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003780, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es mag durch die Kontroverse in dieser Debatte etwas aus dem Blick geraten sein, dass wir alle, die wir hier sind, zunächst einmal ein gemeinsames Ziel verfolgen, und dieses gemeinsame Ziel ist: Wir wollen die Energiewende zu einem Erfolg machen . Das nehme ich für uns ganz deutlich in Anspruch . Das haben auch Sie, die Sie hier kritisiert haben, vorgetragen . Ich glaube, es ist richtig, das immer wieder zu betonen, weil wir uns hier nur über den Weg streiten . Wir streiten uns nicht über den Grundsatz . Weil die Fakten angesprochen worden sind: Es ist doch so, dass die Fakten insoweit eindeutig sind, dass der Ausbau bisher immer vorangeschritten ist, dass wir vorangekommen sind bei der Erreichung der Ausbauziele, dass wir auch bei der Erreichung der Klimaziele vorankommen ({0}) und dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem die erneuerbaren Energien den Systemwechsel schaffen müssen und auch schaffen werden, nämlich von dem bewährten System des EEG hin zu einem System mit Wettbewerb und Marktwirtschaft . Diesen Weg gehen wir mit den Ausschreibungen . Ich bin davon überzeugt: Das können die erneuerbaren Energien, weil sie immer besser geworden sind . Sie sind Tabellenführer, diesen Platz werden sie behaupten . ({1}) Sie werden dadurch Schub bekommen, um tatsächlich die tragende Säule unseres Energiesystems zu werden . Darum geht es . Wir wollen die Energiewende zu einem Erfolg werden lassen . Dazu gehören Ausbauziele, dazu gehört Versorgungssicherheit, aber eben auch Energieeffizienz. Das müssen wir alles unter einen Hut bekommen. Jetzt haben wir die EEG-Reform . Sie ist noch nicht ganz ausgehandelt, deshalb können wir sicherlich auch in den nächsten Wochen noch ausführlich darüber diskutieren . Für mich geht es dann darum, dass wir drei Dinge sehr genau betrachten und prüfen, ob diese tatsächlich berücksichtigt sind, und dass wir diese zum Maßstab dieser Reform machen . Ein Aspekt ist dann, wenn wir einen Systemwechsel machen, die Verlässlichkeit . Wer investiert hat, wer Geld in die Hand genommen hat, der tat dies im Vertrauen auf eine gesetzliche Regelung, und das gilt für alle Bereiche, so auch für diesen Bereich, und dieses Vertrauen muss berücksichtigt werden . Dieses VerHubertus Heil ({2}) trauen muss geschützt werden . Das muss auch bei dieser Reform gelten . Das ist für mich selbstverständlich . ({3}) Das Zweite ist, dass wir immer das Gesamtsystem im Blick haben müssen . Dazu gehören selbstverständlich die dezentralen Speichertechnologien, ({4}) die Pumpspeicherkraftwerke, neue Technologien, die Forschung in diesem Bereich und die Umsetzung . Selbstverständlich gehört auch der Netzausbau dazu, bei dem wir vorankommen müssen . ({5}) Genauso selbstverständlich ist, dass wir einen breiten Mix an erneuerbaren Energien brauchen . An dieser Stelle will ich Folgendes sagen: Kollege Heil, ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie sagen, dass es bei dem einen Bereich um das Gemeinwohl geht, in dem anderen Bereich, bei der Biomasse, hingegen nur um irgendwelche Interessen . Gerade das ist falsch; denn auch die Biomasse ist eine systemdienliche Energieform . ({6}) Wir wollen für die Biogasanlagen, die Wärme nutzen, für die Biogasanlagen, die für das Stromsystem dienlich sind, für die Biogasanlagen, die effizient sind und die wir zum Beispiel mit Blick auf den CO2-Ausstoß brauchen, eine Anschlussregelung . ({7}) Wir wollen nicht, dass Investitionsruinen in der Landschaft stehen . Deshalb müssen wir darüber diskutieren und brauchen hier eine Einigung; das hat auch Schorsch Nüßlein gesagt . ({8}) Drittens halte ich es für notwendig, dass wir die breite Basis der Energiewende sichern . Die breite Basis der Energiewende stellt die Beteiligung der Bürger, die Bürgerenergie dar . ({9}) Es hat bisher die Energiewende vorangebracht, dass sich die Leute nicht nur interessieren und sie nicht nur politisch unterstützen, sondern sich auch im Rahmen von Bürgerenergiegenossenschaften tatsächlich engagieren . Hier gilt der Satz von Kurt Tucholsky, der einmal gesagt hat: „Der eigene Hund macht keinen Lärm - er bellt nur .“ Die Konflikte, die wir vor Ort in vielerlei Hinsicht haben - sie kann man, glaube ich, nicht wegdiskutieren; da gibt es Dinge, die in Einklang zu bringen sind -, können wir besser auflösen, da können wir eine bessere Akzeptanz schaffen, wenn Bürger die Möglichkeit haben, sich breit zu engagieren . Deshalb ist ein Maßstab für die Beurteilung dieser Reform und deren Umsetzung, dass das, was wir bisher hatten, auch bei Umstellung auf das Ausschreibungssystem erhalten bleibt . Die Energiewende muss ein Bürgerprojekt bleiben . Dafür werden wir uns einsetzen . ({10}) Das wird ein Maßstab bei den Diskussionen, die wir jetzt zu führen haben, sein . Herzlichen Dank . ({11})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Ich schließe die Aktuelle Stunde . Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 2 . Juni 2016, 9 Uhr, ein . Die Sitzung ist geschlossen .