Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/13/2016

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Ich begrüße Sie herzlich . Die Sitzung ist eröffnet . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Das Wort für den einleitenden Bericht hat der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Herr Christian Schmidt . - Herr Minister, bitte .

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ beschlossen . Sie finden die Rechtsgrundlage dafür in Artikel 91 a des Grundgesetzes . Es handelt sich hier um ein Ausführungsgesetz zu dem Artikel 91 a . Mit der Gesetzesänderung verbinde ich eine klare Erwartung: Die Gemeinschaftsaufgabe wird den ländlichen Raum durch die Erweiterung der Möglichkeiten zur Förderung von Infrastruktur und von Klein- und Kleinstbetrieben voranbringen . Deshalb wollen wir die GAK so lautet die Abkürzung für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ - zu einem starken politischen Steuerungsinstrument weiterentwickeln, zu einem Steuerungsinstrument, das Perspektiven für Landwirtinnen und Landwirte schafft, aber auch für die Menschen in den ländlichen Räumen insgesamt . Wir haben für die Landwirtschaft, die modern und leistungsfähig sein soll und ist, mit der Gemeinschaftsaufgabe ein Instrument der Bund-Länder-Finanzierung, das sich sehr bewährt hat . Zu den Volumina: Wir haben im letzten Jahr gemeinsam einen Bundesanteil von 590 Millionen Euro, dazu kommt ein 40-prozentiger bzw ., was den Sonderrahmenplan „Verbesserung des Küstenschutzes“ angeht, ein 30-prozentiger Anteil der Länder, die in den Programmen gemeinsam beschlossen werden . Das gilt auch für den Forstbereich . Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wollen wir nun weitergehen . Bisher beschränkt sich das Verständnis von Landwirtschaft auf die landwirtschaftliche Produktion an sich . Wir wollen nun auch die strukturellen Fragestellungen, die im ländlichen Bereich entstehen, mit einbeziehen . Das Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land . Dieser Anspruch gehört zu den Grundpfeilern unserer Gesellschaft . Das heißt, wir wollen die Attraktivität der ländlichen Räume stärken . Deswegen müssen wir auch Instrumente für die Situation finden, dass beispielsweise in kleineren Orten keine Daseinsvorsorge mehr verfügbar ist oder fehlende berufliche Per­ spektiven die demografische Entwicklung in diesen Räumen noch zusätzlich verstärken . Wir haben uns bei diesem Gesetzentwurf deswegen darauf konzentriert, die Möglichkeiten von Investitionen in nichtlandwirtschaftliche Kleinstbetriebe zu fördern . Das betrifft zum Beispiel den Friseurbetrieb, der investieren will, den Bäcker am Dorfplatz oder ein Multifunktionshaus . Wir haben dann einen Hebel, um die Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen vor Ort zu verbessern . Auch der ländliche Tourismus kann mit GAK-Mitteln angekurbelt werden . Zusätzliches Geld ist dafür notwendig . Wir werden noch für dieses Jahr - ich hoffe, dass wir dieses Gesetz noch im Herbst dieses Jahres im Gesetzblatt haben 30 Millionen Euro seitens des Bundes sowie den entsprechenden Länderanteil zur Verfügung haben, um diese Zusatzaufgabe, soweit das noch möglich ist, zu bedienen . Die Gemeinschaftsaufgabe ist damit vom Verständnis her eine Gemeinschaftsaufgabe der ländlichen Entwicklung und der ländlichen Räume insgesamt . Herr Präsident, so weit meine einleitenden Ausführungen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . - Wir haben eine ganze Reihe von Fragen . Wir nehmen zuerst die Fragen zu dem Komplex, der vorgetragen wurde . Ich nenne einmal die Namen der Fragesteller: Willi Brase, SPD, Markus Tressel, Bündnis 90/Die Grünen, Heidrun Bluhm, Linke, Frau Dr . Tackmann, Linke, Ingrid Pahlmann, CDU/CSU . Das ist bis jetzt der Stand der Dinge . ({0}) - Ach so, Sie auch noch . Entschuldigung, das war ein Missverständnis . Bitte schön, Herr Kollege Brase .

Willi Brase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Herr Minister! Das Wirtschaftsministerium hat kürzlich festgestellt, dass wir in den peripher gelegenen Regionen mehr gegen die Abwärtsspirale aus Fachkräftemangel, steigenden Infrastrukturkosten, geringen kommunalen Einnahmen und fehlender ökonomischer Perspektive machen müssen . Andererseits stellen wir bei der Betrachtung fest, dass sich 40 Prozent aller Arbeitsplätze in wissens- und innovationsbasierten und Unternehmen in der Fläche befinden, davon zwei Drittel in den ländlichen Regionen . Wenn wir auf der einen Seite Kenntnis erhalten, dass wir etwas tun müssen, und auf der anderen Seite wissen, dass die Fläche insgesamt und auch die ländlichen Regionen stark sind: Reicht dann die Gebietskulisse, die im Gesetzentwurf beschrieben ist vom demografischen Wandel betroffene und periphere Gebiete -, aus, oder müssen wir an der Stelle nicht einen größeren Wurf wagen, damit das Positive, das wir in den ländlichen Regionen in Form von wissensbasierten, innovativen, wirtschaftlich und industriell starken Bereichen haben, noch stärker genutzt werden kann?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Kollege . - Wir sind bei der Begrenzung der Gebietskulisse in der Ressortabstimmung einem Vorschlag des Wirtschaftsministers nachgekommen, weil wir ja parallel dazu auch die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ haben, die beim BMWi ressortiert . Wir haben uns jetzt für diese Form der Abgrenzung entschieden . Gleichwohl will ich sagen, dass wir einerseits eine Doppelförderung vermeiden wollen, andererseits aber in der Praxis feststellen werden, ob es Fehlstellen, weiße Flecken, gibt, die von niemandem bedient werden . Ich nehme das als Hinweis, der sicherlich bei den Gesetzesberatungen im Hause - davon gehe ich aus - eine gewisse Rolle spielen wird . Die Abgrenzung ist um der Abgrenzung willen da, und nicht um zu beschreiben, dass es hier keine Überschneidungen gäbe .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank . - Nächster Fragesteller ist Markus Tressel, Bündnis 90/Die Grünen .

Markus Tressel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004178, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, das BMEL hat ja zu Beginn der Wahlperiode die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zu einer Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ als eines seiner wichtigsten Vorhaben für diese Legislaturperiode bezeichnet . Statt der konsequenten Weiterentwicklung wird ja jetzt lediglich eine neue Maßnahme in die alte GAK aufgenommen . Was konkret kann über die neue Maßnahme im Bereich der ländlichen Entwicklung gefördert werden, was vorher nicht förderfähig war, insbesondere im Bereich der ländlichen Daseinsvorsorge und der Diversifizierung der Wirtschaft? Welche nicht landwirtschaftlichen Bereiche - Sie haben vorhin den Frisiersalon angesprochen - werden förderfähig? Und: Wie adressieren diese Förderbereiche die Herausforderungen schrumpfender ländlicher Regionen?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Sie haben völlig zu Recht zitiert, Herr Kollege, was sich die Regierungskoalition in der Koalitionsvereinbarung vorgenommen hat, nämlich die derzeitige Gemeinschaftsaufgabe zu einer Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ weiterzuentwickeln . Wir haben uns dafür entschieden, dieses unterhalb des Rahmens der Änderung des Grundgesetzes zu machen . Deswegen bleibt die Begrifflichkeit die alte. Die Funktion wird allerdings insofern sehr stark ausgeweitet, weil wir sowohl die Frage der Ökologie im Bereich der Landwirtschaft als auch die Infrastrukturentwicklungen, die nur sehr peripher mit landwirtschaftlicher Produktion zu tun haben, mit aufnehmen . Es bleibt dem PLANAK und den Abstimmungen zwischen Bund und Ländern vorbehalten, das im Einzelnen zu konkretisieren . Wir decken damit jetzt den kompletten Bereich des ELER, der Förderungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene, ab . Ich darf ergänzen, dass wir zusätzlich ein Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ eingeführt haben, das keine Bund-Länder-Finanzierung vorsieht, sondern Pilotprojekte zu diesen Fragen allein mit Bundesmitteln zu finanzieren erlaubt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Heidrun Bluhm, Fraktion Die Linke .

Heidrun Bluhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003740, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihre bisherigen Ausführungen . Auch ich gehe davon aus, dass Sie sowohl die ELER- als auch die Grundgesetzkonformität geprüft haben und wir da nach Einführung des Gesetzes nicht wieder ranmüssen . Ich möchte mich aber bei meiner ersten Frage auf Haushaltsfragen konzentrieren . Wir haben für dieses Jahr, 2016, für die GAK insgesamt 40 Millionen Euro mehr als für das vorangegangene Jahr eingestellt . Sie haben eben gesagt, davon sind 30 Millionen Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums vorgesehen . Meine erste Frage ist: Wie wird sich das in den Folgehaushalten weiterentwickeln? Man muss ja, wenn man solch ein Programm neu einführt, davon ausgehen, dass die Mittel erst am Jahresende dort ankommen, wo sie hinsollen, und es erst in den Folgejahren zu großen Aktivitäten kommen wird . Welche Vorstellungen haben Sie dazu, eine Nachhaltigkeitskomponente in dieses Programm zu bringen? Können wir damit rechnen, dass zumindest 2017 - da stehen Sie ja auf jeden Fall noch in der Verantwortung tatsächlich Impulse gesetzt werden? Denn mit 30 Millionen Euro - darüber sind wir uns alle einig - werden wir keine großen Effekte erzielen .

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, liebe Kollegin Bluhm . - In diesem Zusammenhang habe ich zu den Zahlen zu sagen, dass wir die Mittel in Höhe von 590 Millionen Euro in diesem Jahr um 30 Millionen Euro für die klassischen Maßnahmen der Agrarstrukturförderung und um weitere 30 Millionen Euro für die neuen Maßnahmen aufgestockt haben . Ich darf nachrichtlich ergänzen, dass wir von den Kosten des Sonderrahmenplans „Präventiver Hochwasserschutz“ im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe weitere 100 Millionen Euro in diesem Jahr übernehmen werden . Das ist aber ein Sonderrahmenplan, dessen Mittel im Rahmen der Bund-Länder-Zusammenarbeit nur für den Hochwasserschutz verwendet werden können . Mein Ziel ist, dass sich die ländliche Entwicklung zur Blüte entfaltet und sich die Höhe der finanziellen Mittel auch danach richtet . Wir stellen im Augenblick fest, dass die Kofinanzierungspotenziale der Länder wohl in dem einen oder anderen Land erst noch geprüft und aktiviert werden müssen . Mein Ziel als Ressortminister ist es natürlich, diese Aufgabe zukünftig mit mehr als 30 Millionen Euro zu unterlegen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Dr . Kirsten Tackmann, Fraktion die Linke .

Dr. Kirsten Tackmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003853, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Minister . - Versprechen hinsichtlich blühender Landschaften sind ja auch mit Blick auf die deutsche Geschichte schwierig . Ich kann an die Ausführungen des Kollegen Brase anschließen . Ich wohne selber im ländlichen Raum, in einem kleinen 60-Seelen-Dorf, und weiß um die Problemlage . Es ist durchaus sehr viel Gehirnschmalz notwendig, um sich den Herausforderungen, die wir dort haben, zu stellen, zumal ich in der Politik die Erfahrung mache, dass häufig gedacht wird, da wohnten in der Mehrzahl nur Leute, die nicht schnell genug weggekommen sind . Ich kann tatsächlich versichern, dass es nicht so ist . Mir ist es deswegen aber besonders wichtig, dass hier nicht nur Verwaltungshandeln besprochen wird, sondern auch mal gefragt wird: Wie kommen wir denn zu Entscheidungen darüber, was die ländlichen Räume brauchen? Und in der Tat tragen wir als Linke schon lange die Kritik vor, dass die parlamentarische Beteiligung bei der GAK nicht gesichert ist: Es wird dafür zwar von den Parlamenten relativ viel Geld zur Verfügung gestellt, aber am Ende haben die Parlamente kein Mitspracherecht . Insofern möchte ich Sie gerne fragen, ob Sie das Problem überhaupt sehen und inwiefern wir da zu einer deutlich besseren Lösung kommen können .

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, Frau Kollegin . Ihrer Beschreibung der Einschätzung ländlicher Räume darf ich mich ausdrücklich anschließen . Da liegt ein Missverständnis vor . Ländliche Räume sind attraktiv bzw . können es sein . Im Rahmen der Dialogreihe „Gut leben in Deutschland“ der Bundesregierung habe ich für mein Ressort zehn unterschiedliche ländliche Regionen ausgesucht . Wir haben festgestellt, dass es dort sehr unterschiedliche Fragestellungen gibt . In manchen Bereichen ist Struktur zwar nicht mehr vorhanden, aber der Wohnwert ist so hoch, dass es zu Zuzügen von anderer Seite kommt . In anderen Bereichen gibt es demografische Entwicklungen, die in den nächsten Jahren 30 Prozent weniger Bevölkerung erwarten lassen . Da wollen wir ansetzen . Das heißt, es muss in diese Bereiche investiert werden . Das muss aber vor allem aus den ländlichen Bereichen selbst kommen . Dadurch gewinnen die Länder an Bedeutung; das ist die Rechtfertigung für ihre Mitwirkung an dieser Gemeinschaftsaufgabe . Allerdings zieht das auch eine Einschränkung der Verfügbarkeit parlamentarischer Beteiligung nach sich . Es geht hier um das exekutive Handeln zwischen Bund und Ländern . Sie können mir glauben: Die Arbeit mit den von mir hochgeschätzten 16 Bundesländern funktioniert praktisch ganz gut, aber sie ist manchmal nicht ganz einfach . Das jetzige Gesetzgebungsverfahren bietet aber eine gute Möglichkeit, dass sich das Parlament intensiv mit den Grundlagen dieser Gesetzgebung beschäftigt .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Ingrid Pahlmann, CDU/CSU-Fraktion .

Ingrid Pahlmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, recht herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen . - Nun ist von vielen Vorrednern schon darauf hingewiesen worden, dass der Fokus darauf liegt, dass man den ländlichen Raum attraktiver gestalten will, dass man ihn voranbringen will . Im Entwurf steht zum Beispiel, dass Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete nur dort durchgeführt werden [sollen], wo aufgrund demographischen Wandels und geographischer Abgelegenheit besondere Anstrengungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge erforderlich sind . Meine Frage lautet: Wie wollen Sie denn die Regionen konkret abgrenzen? Wir haben in unserem Land ja viele Regionen mit ganz unterschiedlichen Strukturen . Es gibt relativ viele einsame Gegenden mit kleinen Dörfern . Ist die genannte Einschränkung sinnvoll? Grenzen wir nicht eventuell viele Gebiete von vorneherein aus, wenn wir die Parameter zu eng stricken?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank . - Ihre Frage schließt an die des Kollegen Brase an . Noch einmal als Antwort: Dass danach gefragt wird, wie die Bereiche gemäß der Formulierung im Entwurf abzugrenzen sind, zeigt, dass es auch Bewertungsund Beurteilungsspielräume gibt . Die konkreten Kriterien sind noch nicht festgelegt . Im Kern geht es um eine Absage an das Gießkannenprinzip hin zu dem Versuch, dort zu investieren, wo Probleme am stärksten sichtbar werden . Wir müssen aber sehen - ich nehme das hier auf -, dass es da und dort auch dazu kommen wird, dass sich bei Abgrenzungen Entwicklungen zugunsten von anderen Räumen ergeben . Man soll und darf das Ganze nicht als Grenze betrachten, an die man sich sklavisch halten muss . Vielmehr geht es um einen rechtlichen Ansatz, der in der Ausführung dann konkretisiert werden muss .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Petra Crone, SPD-Fraktion .

Petra Crone (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke schön, Herr Präsident . - Herr Minister, auch ich danke für Ihre Antworten . Ich möchte dennoch an die vorherigen Fragen anknüpfen . Sie haben ja eben angedeutet, wie unterschiedlich die ländlichen Räume sind und welche unterschiedlichen Anforderungen da bestehen . Sie haben auch darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, eine Abgrenzung vorzunehmen . Ich denke auch: Demografischer Wandel ist ein Schlagwort und keine tatsächliche Beschreibung der Zustände . Ich möchte insofern einen Vorschlag machen: Aufgrund der Ländervorschläge hat eine vollumfängliche Anpassung der ELER-Verordnung durch die EU-Kommission stattgefunden . Warum kann man dies nicht als Grundlage für eine Beschreibung der Regionen nehmen?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, Frau Kollegin Crone . - Die ELER-Ansätze sind in den Gesetzentwurf mit eingeflossen und sollten sich im Gesetz auch widerspiegeln, sowohl in Bezug auf das Volumen als auch in Bezug auf die Technik der Abgrenzung . Das wird ja dann auch im PLANAK, in der Arbeitsgruppe, die für die Ausarbeitung der konkreten Programme zuständig ist, thematisiert werden . Ich würde die Vorschläge aber in der Tat auf den gedanklichen Ansatz dieses Gesetzentwurfs übertragen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Kordula Kovac, CDU/CSU-Fraktion .

Kordula Kovac (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004604, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Minister, danke schön, dass Sie sich der Sache angenommen haben . Auch ich möchte an die Vorredner anschließen und noch einmal fragen: Besteht nach den vielen Änderungen, die jetzt kommen werden, die Gefahr, dass Flurbereinigung, Investitionsförderung bei ländlichen Betrieben oder auch in Bereichen des Forstes künftig zu kurz kommen, oder sind auch diese Maßnahmen weiterhin noch förderungsfähig?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, Frau Kollegin . - Ja, die sind nach wie vor förderungsfähig . Ich darf aber noch einmal eine Besonderheit, die die finanzielle Ausstattung dieses Gesetzes betrifft, erwähnen . Hier liegt wohl einer der wenigen Fälle vor, in denen Mittel im Bundeshaushalt bereits für ein Gesetzesvorhaben vorgesehen sind, das ja als Entwurf jetzt erst in der Beratung ist . Bei dieser Gelegenheit sage ich noch einmal herzlichen Dank an den Haushaltsausschuss dieses Hohen Hauses für seine wohlgefälligen Entscheidungen, die er in diese Richtung getroffen hat . Die Frage, ob sich daraus eine Reduzierung der bisherigen Leistungen ergeben kann, die ja per se auch schon einige andere Programme - ich nenne als Stichwort zum Beispiel die Breitbandförderung - im ländlichen Bereich mit aufgenommen haben, kann ich mit Nein beantworten . Das ist ein Addendum, ein Zusatz, und kommt nicht aus der Substanz der bisherigen Förderung .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen .

Friedrich Ostendorff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003604, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, verschiedene Aspekte sind ja schon intensiv beleuchtet worden . Ist daran gedacht, hier eine Gesamtstrategie vorzulegen? Oder was steckt dahinter, dass wir in der Gemeinschaftsaufgabe, die 1970 mit der Maßgabe entstanden ist, Landwirtschaft wettbewerbs- und weltmarktfähig usw . zu machen - ich kann mich noch gut an die Reden erinnern, die vom damaligen Minister Herrn Ertl gehalten wurden -, jetzt den Bereich ländliche Entwicklung auf eine Stufe mit der landwirtschaftlichen Entwicklung stellen? Und wenn man eine Gesamtstrategie fährt, wie wird man damit umgehen, dass auf der einen Seite Großtieranlagen gefördert werden und auf der anderen Seite gleichzeitig ländlicher Tourismus und die ländliche Entwicklung gefördert werden sollen? Das kann ja schon mal Konfliktfelder beinhalten. Wie hofft man, das aufzulösen? Wie kann man sich hier eine Gesamtstrategie auch unter der Maßgabe vorstellen, dass wir beobachten müssen, dass die Artenvielfalt und die biologische Diversität im ländlichen Raum stark zurückgehen und sehr unter Druck stehen?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Herr Kollege, herzlichen Dank . - Ich darf mit Blick auf die Geschichte noch ergänzen, dass sich nicht nur mein Vorgänger Josef Ertl, sondern in der vorangegangenen Großen Koalition auch die beiden Minister Schiller und Strauß für die Gemeinschaftsaufgaben erwärmt haben, die damals verfassungsrechtlich nicht unumstritten waren, um es einmal vorsichtig zu sagen . Es erfordert ja auch heute noch gewisse Anstrengungen, um sie umzusetzen . Sie haben sich aber bewährt . Das Ziel heute ist und kann nur ein anderes sein, als es damals 1970 unter der Agrarpolitik von Mansholt mit der „Wachse oder weiche“-Diskussion gewesen ist . Heute geht es um eine Gesamtkonzeption und darum, dass wir den ländlichen Raum per se stärken . Die Fragen, die Sie angesprochen haben, sind bei den Grundsätzen abgebildet . So haben wir erstens für die Zukunft umweltgerechte Landwirtschaft in den alten Fördertatbestand mit hineingenommen . Zweitens werden wir diese Frage im Zusammenhang mit den Plänen und Programmen für die Gemeinschaftsaufgabe zusammen mit den Ländern im Einzelnen mit abbilden. Das findet bereits heute in einem sehr hohen Maße statt . Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die erste und zweite Säule der Direktzahlungen diese Entwicklung widerspiegeln; aber das kennen Sie ja sehr gut . Wir werden also zukünftig noch darüber zu reden haben . Es ist keine reine agrarstrukturelle Förderung alter Art, sondern es ist eine Erweiterung um die Förderung des ländlichen Raums insgesamt .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Karin Binder, Fraktion Die Linke .

Karin Binder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003738, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Kann ich mein Fragerecht an meine Kollegin Heidrun Bluhm abgeben?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Sie hat sich auch gemeldet . Wenn wir auf eine Frage verzichten, können wir das so machen .

Heidrun Bluhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003740, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herzlichen Dank, Herr Präsident, für die Flexibilität . Herr Minister, ich würde gerne noch einmal auf die neue Aufgabe der Entwicklung der ländlichen Räume bzw . der Regionalentwicklung eingehen . Sie sagen zu Recht, dass Sie zuerst die Gebiete mit dem größten Bedarf fördern wollen . Die Frage, wo der größte Bedarf besteht, können die Länder, glaube ich, viel besser beantworten . Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Ländern kann man das sicherlich klären . Meine Frage aber lautet: Sie sagen, dass Sie dafür eine sogenannte Gebietskulisse brauchen . Ich kenne das aus der Städtebauförderung: Man stellt eine Satzung auf und regelt darin, um welches Gebiet es mit welcher Zielstellung geht und welche Maßnahmen zielführend sind . Sie würden mich nicht weiter verunsichern, wenn Sie mir sagen würden, auf welchen Ebenen das stattfinden soll . Sie können ganz schlicht antworten und sagen: „Ja, das soll so laufen wie bei der Städtebauförderung“, dann wäre ich beruhigt . Ansonsten stünden folgende Fragen im Raum: Wer sind die Antragsteller? Sind das die Gemeinden oder die landwirtschaftlichen Betriebe? Ist das Land der Adressat, an den entsprechende Anträge gerichtet werden müssen? Muss das vom Bund noch einmal genehmigt werden? Wie kann man sich das vorstellen?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Ich darf noch einmal zitieren . In Absatz 2 des § 2 fügen wir folgende Formulierung ein: . . . Maßnahmen können nur dort durchgeführt werden, wo auf Grund demographischen Wandels und geographischer Abgelegenheit besondere Anstrengungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge erforderlich sind . Man spürt, dass schon alleine diese Formulierung bei dem Oberamtsrat, der das umsetzen muss, Fragen aufwerfen wird . Das kann nur vor der Umsetzung vom PLANAK, also vom gemeinsamen Planungsausschuss von Bund und Ländern, gefiltert werden und muss dann konkretisiert und umgesetzt werden; denn der Begriff „geografische Abgeschiedenheit“ beinhaltet ein Stück weit auch subjektive Vorstellungen . Manch einer meint, kurz hinter der Berliner Stadtgrenze schon geografisch abgeschieden zu sein, ein anderer meint, dort mittendrin im Leben zu sein . Ich bin für diese gesetzgeberische Unschärfe sehr dankbar, weil sie die Möglichkeit bietet, besser auf die Bedürfnisse einzugehen, die von den Ländern an uns herangetragen werden, als der Bund das von sich aus ansonsten tun könnte . Das heißt, die Länder sind ihrerseits in ihren Programmen aufgefordert, das gemeinsam mit den Kommunen bzw . einzelnen Antragstellern zu konkretisieren .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke . - Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Waldemar Westermayer, CDU/CSU-Fraktion .

Waldemar Westermayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004611, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke schön . - Herr Minister, ich habe nur eine kurze Frage: Welche Zweckbindung wird es bei welchen Teilen der neuen Gemeinschaftsaufgabe geben?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Beim bisherigen Teil?

Waldemar Westermayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004611, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bei der neuen Gemeinschaftsaufgabe .

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Entschuldigung, ich hatte das akustisch nicht verstanden . - Lieber Kollege Westermayer, es wird eine Zweckbindung geben, damit die Förderung der ländlichen Strukturen in den genannten Gebieten, die wir nicht ganz genau definieren konnten, stattfinden kann. Das heißt, es wird Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Union geben . An dieser Stelle kommt ELER ins Spiel, wonach Kollegin Crone gefragt hatte . Es geht um Maßnahmen, die mittelbar oder unmittelbar dem ländlichen Raum und der Landwirtschaft dienen . Ich kann aus verfassungsrechtlichen Gründen den Bezug zur Landwirtschaft nicht aufgeben, muss aber berücksichtigen, dass Landwirtschaft heute sehr viel diversifizierter ist. Deswegen wollen wir zum Beispiel in Dörfern, in denen es sonst keine Gemeinschaftseinrichtungen gibt, ein Mehrfunktionenhaus schaffen - so habe ich das genannt -, in dessen Räumen sowohl Ärzte als auch Vertreter des Bauernverbandes Sprechstunden abhalten können . Solche Dinge sind da mit angedacht .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Bärbel Höhn, Bündnis 90/Die Grünen .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, wir haben den Eindruck, dass es immer mehr Gebiete und immer mehr Themen gibt, die über die GAK gefördert werden . Ich möchte auf den Naturschutzbereich zurückkommen . Ihre Kollegin vom Umweltministerium hat ja gesagt, dass sie zum Schwerpunkt der Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ den Naturschutz machen will . Das hat sie im Zusammenhang mit ihrer Naturschutzoffensive gesagt . Wir haben dramatische Verluste bei Insekten und in der Folge bei den Vögeln zu verzeichnen, und im Zusammenhang mit der Nitratrichtlinie, über die wir gerade heute im Ausschuss gesprochen haben, gibt es ein Vertragsverletzungsverfahren . Wir haben also im Umweltund Naturschutz keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung . Welche zusätzlichen Standards wollen Sie vonseiten des Ministeriums jetzt bei den Verhandlungen mit den Ländern auflegen, damit diese Defizite im Natur­, Umwelt- und auch Klimaschutz in der Landwirtschaft beseitigt werden?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, Frau Kollegin Höhn . - Ich darf hier auf den Nachsatz zu § 2 Absatz 1 in unserer Gesetzesfassung rekurrieren . Da heißt es: Dabei sind die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung, Landesplanung, des Umwelt- und Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Tierschutzes zu beachten . Das ist neu, und das wird in die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern einfließen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Alois Gerig, CDU/CSU-Fraktion .

Alois Gerig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004040, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihr Engagement für die GAK . Wir alle hätten uns natürlich die große Lösung mit noch sehr viel mehr finanziellen Mitteln gewünscht . Aber wir kämpfen weiter dafür, dass das Finanzbudget in den nächsten Jahren anwächst . Ich wollte fragen, wie man sich in Zukunft die Aufgabenteilung zwischen GAK und GRW vorstellt . Muss man das besser vernetzen? Müssen die Landwirte gar darum fürchten, dass man ihnen auf dem Gebiet ihrer klassischen Aufgabe Mittel wegnimmt? Wird da ein gewisser Konkurrenzkampf entstehen, oder wie wird diese Problematik zu lösen sein?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Wir haben uns für eine grobe regionale Abgrenzung entschieden, lieber Kollege Gerig, die natürlich auch Überlappungsfragen nicht ganz beantwortet . Ich will ein Beispiel bilden: In einem Dorf, in dem vor 20 Jahren noch fünf Vollerwerbsbetriebe waren, gibt es heute vielleicht einen Vollerwerbsbetrieb und zwei, drei Betriebe, die einem Neben- oder Zuerwerb nachgehen, zum Beispiel im Bereich Tourismus, also Urlaub auf dem Lande, im Bereich der Digitalisierung oder in anderen Bereichen . Da gibt es Überschneidungen, sodass wir das grundsätzlich auch an die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ geben könnten . Aber wir haben uns entschieden - deswegen ist der Begriff so weit gefasst -, dass man beispielsweise einem Landwirt, der sich verändern will, auch zukünftig mit den Mitteln aus der GAK helfen kann . Da gibt es eine enge Abstimmung zwischen dem Wirtschaftsministerium und meinem Hause . Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir das seitens der Bundesregierung in guter Weise fortsetzen werden .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Geschäftsordnungslage ist wie folgt: Wir sind fast am Ende mit der Befragung der Bundesregierung . Wir haben noch eine Reihe von Zweitfragen, und wir haben drei Fragen zu anderen Bereichen . Ich lasse die Zweitfragen jetzt nicht mehr zu und komme zu den Fragen zu den anderen Bereichen . So war es bisher immer vereinbart. Das wäre jetzt als Erste Frau Dağdelen, dann Frau Buchholz und dann Herr Wunderlich. - Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Ich hätte eine Frage in Sachen Causa Böhmermann . Das beschäftigt uns und die ganze Republik ja seit Tagen . Frau Bundeskanzlerin Merkel hatte sich höchstpersönlich eingeschaltet und sich in einem Telefonat mit dem türkischen Premierminister entschuldigt und distanziert . Ich würde gerne Folgendes wissen: Inwieweit war die Causa Böhmermann heute Bestandteil der Kabinettssitzung? Inwieweit wurde darüber gesprochen? In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas wissen; hier beziehe ich mich auf aktuelle Informationen . Im Vorfeld der ARD-Talkshow Anne Will ist bei der ARD eine Bombendrohung eingegangen . Der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann steht mittlerweile unter Polizeischutz . Ich würde gerne wissen: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Bedrohungslage im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um dieses Schmähgedicht von Jan Böhmermann? War das auch Thema der Kabinettssitzung?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Liebe Kollegin Dağdelen, herzlichen Dank für die Fragen . - Zur ersten Frage: Als ein ordentlicher Tagesordnungspunkt in der Kabinettssitzung ist die Causa Böhmermann nicht besprochen worden . Ich verzichte jetzt auch darauf, in irgendeiner Weise eine Bewertung Sie haben auch keine angefragt - literarischer, satirischer oder sonstiger Art des Gedichtes von Herrn Böhmermann vorzunehmen . Das ist nicht meine Aufgabe . Die Botschaft der Türkei hat im Zusammenhang mit der Fernsehsendung Neo Magazin Royale im ZDF eine Verbalnote an das Auswärtige Amt gerichtet . Die Bundesregierung wird den Inhalt sorgfältig prüfen und so zügig wie möglich darüber entscheiden, wie mit dem förmlichen Verlangen der türkischen Seite nach Strafverfolgung im Zusammenhang mit in dieser Sendung gemachten Äußerungen weiter zu verfahren ist . Hinsichtlich der Bedrohungslage, nach der Sie ebenfalls fragten, will ich seitens der Bundesregierung ganz klar meine Abscheu vor Bedrohungen von Journalisten oder Autoren zum Ausdruck bringen . Es verbietet sich schon und gerade aus Gründen des Schutzes des Betroffenen, die Details der Bedrohungslage öffentlich zu kommunizieren . Ich bitte dafür um Verständnis .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächste Fragestellerin ist die Abgeordnete Christine Buchholz, Fraktion Die Linke .

Christine Buchholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004022, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Am Montag hat Verteidigungsministerin von der Leyen den Entwurf für das neue Weißbuch in Umlauf gebracht . In der Presseberichterstattung war zu lesen, dass die Bundeswehr zukünftig auch im Innern eingesetzt werden soll, dass der Bundessicherheitsrat zusätzliche Aufgaben übernehmen soll und dass die Rechtsgrundlage, um die Bundeswehr ins Ausland zu schicken, erweitert werden soll . Meine Frage lautet: Ist diese Position, die in dem Entwurf für das Weißbuch offensichtlich enthalten ist, die Position der gesamten Bundesregierung, und wie soll bei derart gravierenden Veränderungen das Parlament beteiligt werden?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank . - Der Entwurf des Weißbuches war nicht Gegenstand der heutigen Kabinettssitzung; er ist noch nicht vorgelegt worden . Es ist in der Tat richtig, dass die Bundesministerin der Verteidigung vor einem halben Jahr angekündigt hat, diese Themen in einem diskursiven öffentlichen Prozess anzusprechen und zu erörtern . Es ist, wenn ich es richtig verstanden habe, gesagt worden, dass dies als Diskussionsgrundlage zu verstehen ist . Die Bundesregierung hat sich über diese Fragen aber noch keine abschließende Meinung gebildet, weil das Weißbuch noch gar nicht zur Beratung vorlegt worden ist .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Jörn Wunderlich, Fraktion Die Linke .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Wir konnten der Presse entnehmen, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Oppermann, gesagt hat, im Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse sei beabsichtigt, den § 103 des Strafgesetzbuches - den, wie er sagte, antiquierten Majestätsbeleidigungsparagrafen - abzuschaffen . Man konnte auch verfolgen, dass die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU, Frau Winkelmeier-Becker, gesagt hat, man solle keine Schnellschüsse machen . Insofern möchte ich fragen - in diesem Kontext muss man das natürlich fragen -: Waren Böhmermann und § 103 des Strafgesetzbuches Themen der Kabinettssitzung?

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Ich darf darauf hinweisen, dass ich schon gesagt habe, dass es keine Diskussion über diese Fragen gegeben hat . Es ist aber interessant, festzustellen, dass einzelne Diskussionen über Änderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches im parlamentarischen Raum eine Rolle spielen . Die Bundesregierung wird sich zu gegebener Zeit hierzu äußern .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Letzte Fragestellerin in dieser allgemeinen Fragerunde: die Abgeordnete Bärbel Höhn, Bündnis 90/Die Grünen .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das Europaparlament hat gerade beschlossen, einer 15-jährigen Zulassungsverlängerung von Glyphosat ohne erhebliche Einschränkungen nicht zustimmen zu wollen . Das ist de facto eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung und das BfR, die zu einer anderen Bewertung kommen . Welche Konsequenzen zieht das Ministerium daraus? Dem BfR ist ja mehrfach vorgeworfen worden, bestimmte Studien, in denen die Gefährlichkeit von Glyphosat angesprochen wurde, nicht berücksichtigt zu haben .

Christian Schmidt (Minister:in)

Politiker ID: 11002003

Vielen Dank, liebe Kollegin, für diese Frage . - Das Bundesinstitut für Risikobewertung ist eine unabhängige Institution, die von der hinter Ihnen sitzenden Kollegin, meiner Vorgängerin Renate Künast, eingerichtet worden ist . ({0}) Das begrüße ich sehr, weil sie damit die Wissenschaft zum Primat bei der Ermittlung der Gefährlichkeit bzw . bezüglich der Zulassungsfähigkeit von Produkten aus dem chemischen Bereich - in anderen Instituten geschieht Vergleichbares im Hinblick auf Produkte aus dem pharmazeutischen Bereich - gemacht hat . Ich glaube, das ist ein sehr richtiger Weg . Die Politik sollte es sich deswegen verbieten, sich an die Stelle der Wissenschaft setzen zu wollen . Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einen Vergleich bilden: Man stelle sich vor, die Zulassung von Arzneimitteln würde zukünftig per Abstimmung stattfinden. Jeder würde spüren, dass das ein Weg wäre, der so nicht geht . Ich verlasse mich deswegen auf die Expertise . Die kritischen Punkte, die genannt worden sind, müssen untersucht werden, und ich darf darauf hinweisen, dass die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission eine einschränkende Verlängerung vorgeschlagen hat . Insbesondere der Bereich der Biodiversität und die Frage von Mischungen mit anderen Stoffen sollten bei uns nicht mehr Gegenstand der Zulassung sein . Auch die Nutzung im privaten Bereich sehe ich mit sehr großer Skepsis . Wir werden jetzt abwarten, wie sich die Europäische Kommission über die Zulassung und das Verfahren bis zum 30 . Juni 2016 noch äußern wird . Diese Antwort des Kommissars steht noch aus .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön . - Ich schließe damit die Regierungsbefragung . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/8051 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner bereit . Ich rufe die Frage 1 der Abgeordneten Katrin Werner, Die Linke, auf: Welche Personen bilden derzeit den Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen d . ö . R .? Frau Staatssekretärin .

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Liebe Frau Kollegin Werner, der Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen besteht aus Marlene Rupprecht als Vorsitzende und Frau Margit Hudelmaier .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie zu dieser präzisen Antwort eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? - Bitte .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Mir ist bekannt, dass die Antwort richtig ist . Bei dieser Fragestellung konnte auch nur diese Antwort kommen . Deswegen möchte ich meine Frage etwas umformulieren: Können Sie kurz darauf eingehen, wie es zu dem ganzen Hin und Her kam? Das ist ja auch der Hintergrund meiner Frage, wer den Vorstand jetzt bildet . Ende März kam aus dem Hause der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ein beglaubigtes Schreiben, in dem formuliert wurde, dass ein anberaumter Termin nicht stattfinden kann, weil es zum Rücktritt des Vorstandes gekommen ist . Jetzt gab es aus Ihrem Hause - von Herrn Linzbach - ein Schreiben, in dem einfach nur bestätigt wurde, dass der Vorstand im Amt ist . Dem entnehme ich, dass es zu einem kurzzeitigen Ruhen des Amtes gekommen ist . Vielleicht können Sie darauf noch einmal kurz eingehen .

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Es hat keinen wirksamen Rücktritt des Vorstandes gegeben . Wenn Sie auf die Homepage der Conterganstiftung schauen, dann sehen Sie, dass die Geschäftsstelle der Stiftung auf die vermehrt eingegangenen Anfragen zum Vorstand der Conterganstiftung mitteilt, dass der Vorstand im Amt ist und seiner Tätigkeit nachgeht .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? Nein . Ich rufe die Frage 2 der Abgeordneten Katrin Werner, Fraktion Die Linke, auf: Welche Konsequenzen zieht das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Rücktritt einzelner oder mehrerer Vorstandsmitglieder der Conterganstiftung für behinderte Menschen? Frau Staatssekretärin, bitte .

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Der Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen ist im Amt und geht seiner Tätigkeit nach .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie dazu eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? - Bitte schön .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Auch diese Antwort überrascht mich nicht, aber meines Wissens besteht der Vorstand ja eigentlich aus drei Personen . Schon vor längerer Zeit gab es einen Rücktritt . Insofern möchte ich meine erste Nachfrage genau auf diesen Rücktritt beziehen: Was wurde unternommen, um den dritten Vorstandsposten wieder zu besetzen, und wann soll er wieder besetzt werden?

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Im Conterganstiftungsgesetz steht, dass der Vorstand aus bis zu drei Personen besteht . Derzeit besteht er aus zwei Personen . Unser Haus strebt an, die dritte Position so rasch wie möglich wieder zu besetzen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie noch eine Zusatzfrage? - Bitte schön .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Eine habe ich noch . - Es geht noch einmal um die Konsequenzen . Ich bin vorhin ja schon darauf eingegangen: Wir haben ein kurzzeitiges Ruhen des Amtes wahrgenommen . Dafür muss es ja irgendwelche Hintergründe geben . Gibt es demnächst Konsequenzen, Umstrukturierungen oder sonst irgendetwas? Es muss ja einen Grund für diesen ganzen Vorgang geben .

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Wie gesagt, es gab keinen wirksamen Rücktritt . Es gab in unserem Haus Gespräche, um die der Vorstand nachgesucht hat . Dabei ging es um die Arbeitsweise und auch um die Frage der Unterstützung der Arbeit des Vorstandes . Die Gespräche sind, soweit mir bekannt ist, zu einem guten Ende gebracht worden . Die Konsequenz daraus ist, dass der Vorstand im Amt ist und dass die dritte Position so rasch wie möglich besetzt wird .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön . - Wir bleiben bei diesem Komplex . Wir kommen zu Frage 3 der Abgeordneten Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen: Wird nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung der Vorstand der Conterganstiftung regulär bis zum 31 . Dezember 2019 im Amt bleiben, oder gibt es aktuelle Änderungen bei der Zusammensetzung des Vorstandes? Frau Staatssekretärin, bitte .

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Frau Kollegin Rüffer, der jetzige Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen wird nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Bundesregierung bis zum 31 . Dezember 2019 im Amt bleiben .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie dazu eine Zusatzfrage?

Corinna Rüffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004390, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, klar . Deshalb bin ich ja hier .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Das habe ich mir schon gedacht . - Bitte .

Corinna Rüffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004390, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bedanke mich für die knappen Antworten . Aber es ist trotzdem ein bemerkenswerter Vorgang, der in der letzten Zeit sehr viele betroffene Menschen in Atem gehalten hat . Der Brief der Bundesdatenschutzbeauftragten, der auch mir vorliegt, zeigt, dass dort einiges im Argen liegt . Wir haben nach diesem Hinweis herumtelefoniert: mit der Geschäftsstelle der Conterganstiftung, mit der zuständigen Mitarbeiterin im Ministerium und auch mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates . Bemerkenswert ist, dass wir keine Antwort auf unsere Fragen bekommen und auch von keinem Dementi des Rücktritts erfahren haben . Wie erklären Sie sich das? Es ist schon erstaunlich, dass ein Abgeordnetenbüro trotz großer Bemühungen nicht an die Information herankommt, dass alles in Ordnung ist, so wie Sie das hier vorgeben . Können Sie dazu vielleicht etwas sagen?

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Ich kann nur noch einmal auf meine Antworten von eben verweisen . Die Stiftung selber und die Geschäftsstelle der Stiftung teilen auf der Homepage mit, dass der Vorstand im Amt ist und seinen Tätigkeiten nachgeht . Ich habe eben mehrfach erläutert, dass es keinen wirksamen Rücktritt der Vorstandsmitglieder gegeben hat und dass es nach Gesprächen in unserem Haus von uns die Zusage gegeben hat, dass wir die Arbeit des Vorstandes weiterhin - nach Möglichkeit noch besser als bisher - unterstützen und dass der Posten des dritten Vorstandsmitglieds so rasch wie möglich nachbesetzt wird .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie dazu noch eine Frage?

Corinna Rüffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004390, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, gerne . - Es ist seit längerem bekannt, dass es in der Stiftung Probleme gibt . Ein Problem ist, dass der ehrenamtliche Vorstand damit überfordert ist, die ihm gestellten Aufgaben in der entsprechenden Zeit zu erfüllen, gerade was die Beantragung der spezifischen Bedarfe anbelangt . Da interessiert mich jetzt genauer, welche strukturellen Veränderungen da offensichtlich nötig sind . Man hätte den dritten Posten sicher schon besetzen können, wenn er in irgendeiner Weise attraktiv und mit angemessenem Aufwand auszufüllen wäre . Können Sie ein bisschen darauf eingehen, worüber gesprochen worden ist? Wenn nicht: Wann bekommen wir diese Informationen?

Elke Ferner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000535

Ich selber war bei dem Gespräch nicht anwesend, bin aber gerne bereit, Ihnen die konkreten Ergebnisse, die ich Ihnen im Moment nicht nennen kann - die Themen, über die gesprochen worden ist, kann ich Ihnen mitteilen -, schriftlich nachzureichen . ({0}) - Sehr gerne .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Die Fragen 4 und 5 des Abgeordneten Stephan Kühn werden schriftlich beantwortet . Ebenso werden die Frage 6 des Abgeordneten Matthias Gastel und die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten Oliver Krischer schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Die Fragen 9 und 10 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet . An sich wäre jetzt die Frage 11 des Abgeordneten Dr . André Hahn an der Reihe, aber der Kollege Hahn ist nicht im Saal . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Frage 12 des Abgeordneten Peter Meiwald wird ebenfalls schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel bereit . Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen, auf: Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die gemeinsam mit den Ländern im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz ({0}) erarbeitete Vereinbarung zur Fortführung der Exzellenzinitiative dem Deutschen Bundestag vorzulegen, oder ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein solch zukunftsweisendes Programm im Umfang von mehr als 4 Milliarden Euro und mit einer Bindungswirkung über drei Legislaturperioden hinaus nur im Rahmen der Gesamthaushalte 2018 ff . dem Parlament zur Entscheidung vorzulegen ist? Herr Staatssekretär Rachel, bitte .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Gehring, dazu kann ich Ihnen antworten, dass die Bundesregierung beabsichtigt, dem Deutschen Bundestag die Verwaltungsvereinbarung zur Nachfolge der Exzellenzinitiative umgehend nach der Beschlussfassung in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zur Verfügung zu stellen . Es ist vorgesehen, den Entwurf einer Bund-Länder-Vereinbarung in der GWK am 22 . April weiter mit den Ländern zu beraten . Ziel ist es, zu einer Beschlussfassung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am 16 . Juni zu kommen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Herr Kollege Gehring? - Bitte schön .

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Weil Sie am Kern der Frage vorbei geantwortet haben, provoziert das natürlich eine Nachfrage. Die Exzellenzinitiative sowie deren Neuauflage und konkrete Ausgestaltung wird seit vielen Monaten öffentlich wissenschaftspolitisch diskutiert . Zudem gibt es ganz konkrete Verhandlungen zwischen Bund und Ländern . Wir wissen alle miteinander, dass sich diese Verhandlungen auf der Zielgerade befinden. Ich möchte von Ihnen wissen, ob eine Koalitionsfraktion oder sogar beide Koalitionsfraktionen das Ansinnen an die Bundesregierung herangetragen haben, dass es hinsichtlich dieser Vereinbarung zwischen Bund und Ländern einen Beschluss des Deutschen Bundestages als Gesetzgeber und Haushaltsgesetzgeber geben sollte .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Die Bundesregierung beachtet die Vertraulichkeitsregelungen in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, die zwischen Bund und Ländern vereinbart worden sind . Zur Frage der parlamentarischen Behandlung kann ich Folgendes sagen: Wie Sie wissen, bin ich als Parlamentarischer Staatssekretär gebeten worden, in der nächsten Ausschusssitzung über einen dann gegebenenfalls vorliegenden Stand der Beratung zur Exzellenzinitiative vorzutragen . Das werde ich selbstverständlich gerne machen .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage dazu .

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Offensichtlich gibt es eine gewisse Auskunftsfreude gegenüber der Presse . Deshalb möchte ich hier im Deutschen Bundestag noch einmal nachfragen, insbesondere auch deshalb, weil sich die Verhandlungen auf der Zielgerade befinden und die Bundesforschungsministerin mit großem Tamtam die Ergebnisse der Imboden-Kommission, die die bisherige Exzellenzinitiative untersucht und Handlungsempfehlungen herausgegeben hat, vorgestellt hat . Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen, welche Elemente und Instrumente aus den Empfehlungen der Imboden-Kommission aus Sicht der Bundesregierung in der GWK-Vereinbarung und damit in den Spielregeln zur neuen Exzellenzinitiative enthalten sein werden . Umgekehrt gefragt: Welche Elemente und Instrumente wandern in Ihre Schubladen und Archive? Welche wollen Sie nicht umsetzen? Sowohl die Ergebnisse der Kommission als auch ihre Handlungsempfehlungen sind ja öffentlich gemacht und in der Presse schon breit diskutiert worden .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Presseberichterstattungen über laufende vertrauliche Verhandlungen zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung kommentiert die Bundesregierung grundsätzlich nicht, auch in diesem Fall nicht . Insofern werde ich und kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen, welche Elemente, die die Imboden-Kommission vorgeschlagen hat, in einer Beschlussfassung der Wissenschaftsminister in der GWK tatsächlich vorkommen werden; denn die Wissenschaftsministerkonferenz wird, wie ich Ihnen gerade erläutert habe, erst am 22. April stattfinden. Die abschließende Entscheidung wird ohnehin erst im Juni von der Bundeskanzlerin gemeinsam mit den Ministerpräsidenten getroffen werden .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Wir bleiben bei diesem Themenkomplex und kommen zur Frage 14 des Abgeordneten Kai Gehring: Welche Gesamtstrategie strebt die Bundesregierung an, um im Sinne der Einschätzung der Internationalen Expertenkommission Exzellenzinitiative ({0}) eine Gesamtstrategie für das deutsche Hochschul- und Forschungssystem zu entwickeln - „Die IEKE ist überzeugt, dass … die durch den neuen Art . 91 b GG … entstandenen Chancen dazu genutzt werden sollten, aus den verschiedenen Initiativen ({1}) eine neue Gesamtstrategie für das deutsche Hochschulund Forschungssystem zu entwickeln“ -, und inwiefern sollten aus Sicht der Bundesregierung die einzelnen Pakte bzw . Programme dauerhaft fortgeführt werden ({2})? Herr Staatssekretär .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Gehring, die Bundesregierung setzt auf zielorientierte, in sich schlüssige und miteinander kohärente Maßnahmen, die das Wissenschaftssystem insgesamt im Blick haben . Im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz befinden sich Bund und Länder kontinuierlich in einem strategischen Prozess zu allen gemeinsam berührenden Fragen der wissenschafts- und forschungspolitischen Strategien . Im Rahmen dieses Prozesses werden die in der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Artikels 91 b Grundgesetz skizzierten Möglichkeiten zur Anwendung im Hochschulbereich ergebnisoffen diskutiert .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Zusatzfrage, Kollege Gehring .

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Herr Staatssekretär, die Öffnung des Grundgesetzes für eine dauerhafte Wissenschaftskooperation durch die Änderung des Artikels 91 b ist von der Bundesregierung immer wieder als großer Erfolg verkündet und gefeiert worden . Was aber bisher völlig fehlt, ist eine Definition, welche Rolle der Bund aus Sicht der Bundesregierung künftig bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre nach Artikel 91 b spielen soll . Das frage ich Sie jetzt . Wollen Sie so etwas wie ein Leuchtturmbauer sein, oder wollen Sie Feuerwehr spielen oder Dauerfinanzier sein? Es ist uns sehr wichtig, welche Rolle die Bundesregierung für sich definiert und welche Strategie sie mit dieser Änderung des Artikels 91 b verfolgt .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Die Bundesforschungsministerin hat sich, wie im Übrigen auch die Mehrheit im Deutschen Bundestag, intensiv für eine Änderung im Sinne des neuen Artikels 91 b eingesetzt . Sie können davon ausgehen, dass die neuen Möglichkeiten des Artikels 91 b Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern auch im Zuge der Fortsetzung und Neuformulierung der Exzellenzinitiative sind .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Zusatzfrage?

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, gerne . - Wenn Sie in diesem Zusammenhang die Exzellenzinitiative ansprechen, dann möchte ich noch einmal auf den Bericht der Imboden-Kommission zurückkommen . Denn Herr Professor Imboden skizziert eine denkbare Gesamtstrategie, wie der Artikel 91 b für die Bündelung und Verstetigung der verschiedenen Wissenschaftspakte - beispielsweise des Hochschulpaktes, des Paktes für Forschung und Innovation und des Qualitätspaktes Lehre - genutzt werden könnte . Ist die Befürchtung von uns Grünen zutreffend, dass die Bundesregierung jetzt ausgerechnet und widersinnigerweise den dynamischsten und am stärksten wettbewerblich ausgerichteten aller Pakte, nämlich die Exzellenzinitiative, auf eine Dauerförderung nach Artikel 91 b umstellen will? Wenn das der Fall ist, frage ich Sie, warum ausgerechnet die Exzellenzinitiative in der Form gefördert werden soll, statt beispielsweise auf die gemeinschaftliche Studienplatzfinanzierung durch eine verstärkte Förderung des Hochschulpaktes zu setzen?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Die Bundesregierung kommentiert grundsätzlich nicht Befürchtungen einzelner Fraktionen, auch nicht die der Grünenfraktion . Das Thema und die skizzierte Gesamtstrategie der Imboden-Kommission sind natürlich Gegenstand der Beratungen zwischen Bund und Ländern . Wie Sie wissen, sind auch Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen, die verschiedenen Landesregierungen angehören, daran beteiligt . Sie sind also Teil dieses Diskussionsprozesses, der, wie gesagt - das wurde zwischen allen 16 Ländern und der Bundesforschungsministerin vereinbart -, vertraulich stattfindet und der am 22. April in seine nächste Stufe eintreten wird . ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Bei den Fragen 15 und 16 der Abgeordneten Nicole Gohlke, Fraktion Die Linke, bleiben wir beim Thema Exzellenzinitiative . Ich rufe zunächst Frage 15 auf: Wie gestalten sich die Details bei der durch die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof . Dr . Johanna Wanka, in der Presse bekanntgegebenen Fortführung der ExzellenzParl. Staatssekretär Thomas Rachel initiative durch Bund und Länder, insbesondere hinsichtlich Fördervolumen und Förderkriterien? Herr Staatssekretär, bitte .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Gohlke, Bund und Länder beraten in vertraulichen Verhandlungen die Grundzüge für die Nachfolge der Exzellenzinitiative . Es gibt bis zur Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 22 . April noch Fragen zu klären . Die abschließende Entscheidung wird am 16 . Juni von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten getroffen werden .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Gohlke?

Nicole Gohlke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004041, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Im Bund-Länder-Grundsatzbeschluss zur Nachfolge der Exzellenzinitiative hieß es, man werde bei der Fortführung die neuen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielräume nutzen . Gemeint ist die Lockerung des Kooperationsverbotes . Können Sie aufzeigen, was das bei den neuen Plänen konkret bedeutet bzw . in welchen Punkten dies erfolgen soll?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Letzteres werde ich nicht machen, weil die Gespräche vertraulich sind . Aber Sie können davon ausgehen, dass das, was Bund und Länder in der grundsätzlichen Entscheidung, die Exzellenzinitiative fortzuführen, vereinbart haben, auch Eingang in die Vorbereitung der Beschlussfassung für die Wissenschaftsminister gefunden hat .

Nicole Gohlke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004041, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Können Sie das Parlament vielleicht darüber informieren, wann die neue Förderphase genau beginnen soll und was mit den aktuell bestehenden Exzellenzclustern und Exzellenzstandorten künftig passieren soll? Das ist nämlich nicht nur für Bund und Länder, sondern auch für das Parlament nicht gerade von untergeordneter Bedeutung . ({0})

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Die grundsätzliche Richtung ist im Grundsatzbeschluss von Bund und Ländern vorgegeben . Hier wird die Rolle derjenigen angesprochen, die eine zweite Chance in einer zweiten Förderphase haben sollen . Über den genauen Instrumentenkasten und die Detailregelung kann ich Sie heute nicht informieren, da die Wissenschaftsminister der Bundesländer und die Bundesforschungsministerin darüber noch nicht abschließend beraten haben . ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Wir bleiben beim Thema . Ich rufe die Frage 16 der Abgeordneten Nicole Gohlke, Fraktion Die Linke, auf: Wie möchte die Bundesregierung den Deutschen Bundestag über die geplanten Details hinsichtlich der Fortsetzung der Exzellenzinitiative informieren, und plant die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag über die gesetzliche Grundlage zur Fortführung der Exzellenzinitiative als weitreichende strukturverändernde wissenschaftspolitische Maßnahme und über die zur Verfügung gestellten Bundesmittel entscheiden zu lassen? Herr Staatssekretär, bitte .

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Gohlke, die Bundesregierung beabsichtigt, die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Nachfolge der Exzellenzinitiative dem Deutschen Bundestag umgehend nach der Beschlussfassung in der GWK zur Verfügung zu stellen . Die Exzellenzinitiative hat in Artikel 91 b des Grundgesetzes ihre klare verfassungsrechtliche Grundlage . Die Finanzmittel im Rahmen von Verwaltungsvereinbarungen werden wie bisher nur vorbehaltlich der Mittelbereitstellung durch die gesetzgebenden Körperschaften vereinbart .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Nicole Gohlke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004041, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ist der Bundesregierung die juristische Meinung bekannt, die besagt, es sei nicht ausreichend, dass die Exzellenzinitiative nur auf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern beruht, sondern dass es eigentlich einer parlamentsgesetzlichen Grundlage bedürfe, insbesondere da der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsrat im Entscheidungsverfahren die eigentliche Staatsaufgabe der Forschungsförderung übertragen wird und die Exzellenzinitiative eine tatsächlich strukturverändernde Steuerungswirkung entfaltet, die die grundgesetzlich geschützte Wissenschaftsfreiheit tangiert? Wie bewertet die Bundesregierung diese Einschätzung?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Gohlke, diese juristische Einzelmeinung, die kürzlich zu lesen war, haben wir zur Kenntnis genommen . ({0}) Nichtsdestotrotz ist die verfassungsrechtliche Grundlage der Exzellenzinitiative in Artikel 91 b des Grundgesetzes klar geregelt . Wörtlich ist in Artikel 91 b formuliert: Vizepräsident Peter Hintze Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenwirken . Die Verfassungskonformität der Vereinbarung steht in übereinstimmender Meinung von Bund und Ländern außer Zweifel .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wie ich sehe, Frau Gohlke, verzichten Sie auf Ihre zweite Nachfrage . - Dann hat der Kollege Gehring das Wort zu einer Nachfrage .

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich war sehr erstaunt, Herr Rachel, dass Sie hier im Deutschen Bundestag kein Bekenntnis zu einer Überbrückungsfinanzierung abgeben wollen, die für die Exzellenzcluster offenkundig vonnöten ist . Dafür ist es aus unserer Sicht allerdings allerhöchste Zeit . Eine solche Finanzierung ist längst überfällig . Eine entsprechende Ankündigung hatte ich eigentlich schon von der Bundesforschungsministerin auf der Bundespressekonferenz am 29 . Januar erwartet . Schließlich wollen hochanerkannte Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wissen, welche Perspektive sie haben . Ich frage daher noch einmal nach: Inwieweit wird es eine Überbrückungsfinanzierung für die sehr honorigen Exzellenzcluster geben, die sich derzeit in der Förderung befinden?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Über eine Überbrückungsfinanzierung wird - genauso wie über die anderen Elemente der Exzellenzinitiative - zwischen den 16 Bundesländern und der Bundesregierung verhandelt. Wir befinden uns vollkommen im Zeitplan, der allen Beteiligten frühzeitig klar war . Es geht um die Nachfolge der Exzellenzinitiative ab November 2017 . Wir haben uns vorgenommen, bis zum Juni zwischen den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin eine endgültige Entscheidung zu treffen . Diese wird dann ab Mitte 2016 genügend Spielraum bieten, um in den Folgejahren entsprechend zu reagieren .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . - Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereichs . Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn zur Verfügung . Die Frage 17 des Kollegen Kekeritz wird entsprechend unserer Richtlinien schriftlich beantwortet, da das Thema „Briefkastenfirmen und Erarbeitung einer UN-Steuerkonvention“ heute noch auf der Tagesordnung steht . Hierzu halten unsere Richtlinien fest, dass eine solche Frage schriftlich beantwortet wird . Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Kekeritz auf: Wie stellt die Bundesregierung nach dem Beitritt des Textildiscounters Primark und dem damit verbundenen Austritt des Unternehmens MDC Sportswear ({0}) sicher, dass das Bündnis für nachhaltige Textilien die Interessen derjenigen Akteure ausreichend berücksichtigt, die sich für weitreichende, nachhaltige Produktionsstandards einsetzen, und nicht stattdessen von denjenigen Unternehmen dominiert und geprägt wird, die für die schlechten Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern verantwortlich sind, und wann ist mit der Fertigstellung der Überarbeitung der Anhänge des Aktionsplans des Bündnisses zu rechnen? Ich bitte den Herrn Staatssekretär zu antworten .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Gegenstand der Frage des Kollegen Kekeritz ist der Austritt des Unternehmens MDC Sportswear aus unserem Bündnis für nachhaltige Textilproduktion, nachdem das Unternehmen Primark diesem beigetreten ist . Die Bundesregierung nimmt den Austritt von MDC Sportswear mit Bedauern zur Kenntnis . Wir sind davon überzeugt, dass die im Aktionsplan festgeschriebenen ambitionierten Bündnisstandards nur im Verbund von Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften umgesetzt werden können . Der Beitritt von Primark bedeutet einen Schritt in diese Richtung . Das Textilbündnis deckt mittlerweile bereits 55 Prozent des deutschen Einzelhandelsmarkts für Textilien und Bekleidung ab . Alle Mitglieder, also auch Primark, sind verpflichtet, sich für bessere Sozial­ und Umweltbedingungen in den Produktionsländern einzusetzen . Dafür müssen alle Mitglieder einen individuellen Maßnahmenplan umsetzen und über die Fortschritte berichten . Darüber hinaus arbeitet das Textilbündnis derzeit in Arbeitsgruppen an einem robusten Sanktionsmechanismus für den Fall, dass Mitglieder des Textilbündnisses nicht mit dem erforderlichen Engagement die Umsetzung der Bündnisstandards vorantreiben . Außerdem arbeiten die Arbeitsgruppen derzeit daran, die Annexe des Aktionsplans mit dem Ziel zu präzisieren, konkrete Umsetzungsanforderungen zu den vereinbarten Bündnisstandards aufzustellen . Wann das abgeschlossen sein wird, hängt von der Arbeit dieser Arbeitsgruppen ab .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Herr Staatssekretär, es ist schön, dass Sie den Austritt dieser Firma bedauern . Aber es gab eine Begründung, warum diese Firma ausgetreten ist . Es wäre nicht schlecht, wenn Sie diese Begründung bewerten würden . Der Austritt dieser Firma wurde damit begründet, dass mit dem Beitritt von Primark und dem vor circa sechs Monaten erfolgten Beitritt der vier größten Discounter Deutschlands die Standards definitiv nicht erreicht werden, weil das Interesse dieser Firmen gar nicht sein kann, die hohen Standards, die erreicht werden sollen, einzuhalten . Es wird allenthalben behauptet, unter anderem vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, dass das Textilbündnis im Prinzip gekapert worden ist . Sie erinnern sich an eine schriftliche Aussage des Verbandes in seiner Mitgliederzeitschrift, die lautete: Jetzt ist keine Gefahr mehr vom Textilbündnis zu erwarten . Wir bestimmen das Ziel, wir bestimmen auch die Zeit, und wir können jetzt im Rahmen des Textilbündnisses auch für unsere Firmen sehr gut werben . - Ich frage Sie ganz konkret: Wie bewerten Sie das?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Wer Mitglied dieses Textilbündnisses werden kann, hat dieses Textilbündnis selbst festgelegt . Der Steuerungskreis hat am 21 . Januar 2016 Regeln der Zusammenarbeit verabschiedet . Darin steht unter anderem bezüglich einer Mitgliedschaft aus dem Bereich Wirtschaft, dass Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie und des Handels sowie Verbände und Initiativen beitreten können, die im Bereich „nachhaltige Textilien“ aktiv sind . Diese Aufnahmebedingungen erfüllen alle Unternehmen, die beigetreten sind . Den Aufnahmeantrag der Firma Primark hat der Steuerungskreis am 16 . März 2016 einstimmig positiv beschieden . In diesem Steuerungskreis sind alle relevanten Anspruchsgruppen dieses Textilbündnisses vertreten, neben der Wirtschaft also auch Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Bundesregierung . Die Mitglieder dieses Textilbündnisses verpflichten sich gemeinsam auf die festgelegten ambitionierten Bündnisstandards . Sie müssen alle für sich einen Maßnahmenplan vorlegen, wie ich eben berichtet habe, diesen Maßnahmenplan umsetzen und auch darüber berichten, wie sie ihn umsetzen . Natürlich ist ein weiter Weg zurückzulegen, um in der gesamten textilen Lieferkette soziale und ökologische Mindeststandards umzusetzen . Das Besondere an diesem Textilbündnis ist, dass wir mit den Unternehmen, die da schon weiter sind, aber auch mit denen, die noch einen weiten Weg zurückzulegen haben, ein gemeinsames, vergleichbares Wettbewerbsumfeld schaffen wollen . Deswegen brauchen wir beide, auch wenn sie in einem Wettbewerb zueinander stehen . Spannungen wie diese sind nicht ganz auszuschließen . Das war ja gerade der Grund, weshalb mein Minister, Dr . Gerd Müller, das Bündnis für nachhaltige Textilien ins Leben gerufen hat: Wir haben die Zielsetzung, Transparenz in die globalen Lieferketten zu bringen ({0}) und in diesem Wettbewerbsumfeld die gemeinsamen Anstrengungen aller beteiligten Unternehmen um die Standards im sozialen und im ökologischen Bereich zu verbessern .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Herr Kekeritz, bevor Sie Ihre zweite Nachfrage stellen, bitte ich Sie, auch wenn das optische Signal eben etwas verwirrend war, zur Kenntnis zu nehmen, dass, wenn das erste Mal das rote Licht aufleuchtet, Frage­ und gegebenenfalls auch Antwortzeit überschritten sind . Ihre zweite Nachfrage .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich entschuldige mich wegen der Überschreitung meiner Redezeit um acht Sekunden . Herr Silberhorn, Sie haben eben von einem robusten Sanktionsmechanismus gesprochen, der eingeführt werden soll . Ich frage mich schon: Warum sollten eigentlich Unternehmen in einem System, in dem die freiwillige Selbstverpflichtung vorherrschendes Prinzip ist, ein System robuster Sanktionen gegen sich selbst errichten? Sie haben auch davon gesprochen, dass jedes Unternehmen eine individuelle Roadmap, wie es hier heißt, erstellen soll . Wie schaut es mit dieser Roadmap aus? Wann ist mit den ersten Ergebnissen zu rechnen? Es war ja ein Ziel dieses Textilbündnisses, sehr transparent zu sein; es lebt also von der Transparenz . Mittlerweile habe ich mit einigen Unternehmen gesprochen, die sagen: Wir basteln schon an einem individuellen Roadmap-System; aber von Transparenz haben wir keine Ahnung . Wir wissen auch nicht, dass unser weiteres Vorgehen transparent erfolgen soll .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Arbeitsgruppen des Textilbündnisses arbeiten an all den Fragen, die Sie angesprochen haben . Es gibt eine Arbeitsgruppe für den Review-Prozess, die im Zusammenhang mit diesem robusten Sanktionsmechanismus auch berät . Sie hat zuletzt am 24 . März 2016 getagt und eine Vorbereitung dafür getroffen, die nötigen Indikatoren zu entwickeln und ein Konzept für Roadmaps zu erarbeiten, die für alle Mitglieder verpflichtend sind. Bis Ende April dieses Jahres soll im Rahmen dieses Review-Prozesses eine Statusabfrage bei allen Bündnismitgliedern durchgeführt werden . Bis 30 . September dieses Jahres werden die Indikatoren für den Review-Prozess verabschiedet und auch die individuellen Roadmaps entwickelt . Das ist der Zeitplan .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage erhält die Kollegin Renate Künast das Wort .

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke . - Ich will vorab sagen: Da Sie immer von Wettbewerb und Wettbewerbsgleichheit reden, will ich Ihnen einen sachdienlichen Hinweis geben, Herr Staatssekretär: Der Wettbewerb findet nicht innerhalb Deutschlands statt, sondern im europäischen Binnenmarkt . Insofern habe ich den ersten Zweifel an dieser freiwilligen nationalen Initiative . Sie haben gesagt: Alle sollen dann einen Plan haben, und dazu beschließen wir Sanktionen . - Das hört sich toll an . Bei genauerem Hinhören stellt man dann aber fest: Alle sollen einen individuellen, freiwilligen Plan haben . Bisher haben Sie nur angedeutet, wann was stattfinden soll . Ich kann mir, wie der Kollege Kekeritz, schlecht vorstellen, dass jemand ernsthaft etwas in einen solchen Plan hineinschreibt, wofür er sanktioniert werden kann . Dementsprechend allgemein werden die Inhalte dieses Plans sein . Insofern will ich, auch mit Blick auf Ihre AGs, die irgendwann einmal Vorschläge für Standards oder Regeln vorlegen, kurz und knapp fragen: Was ist inzwischen passiert? Dieses Bündnis wurde 2014 geschlossen . Es wurde viel geredet . Greenpeace hat mit vielen Unternehmen eine Vereinbarung getroffen, die besagt: Bis 2020 müssen bestimmte Giftstoffe aus dem Produktionsprozess heraus sein . Ist bei Ihnen schon irgendetwas konkret passiert, weswegen sich ökologisch, gesundheitlich oder sozial irgendetwas verändert hat? Oder liegt der Plan, was später passieren soll, frühestens Ende des Jahres vor?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Frau Kollegin Künast, der Wettbewerb findet in der Tat im europäischen Binnenmarkt statt . Darüber hinaus findet er aber auch weltweit statt. Was den europäischen Binnenmarkt angeht, darf ich ankündigen, dass die Europäische Union Anfang Mai die sogenannte „EU flagship initiative on garment“ vorstellen wird, die auf unseren Erfahrungen mit unserem Bündnis für nachhaltige Textilien aufbauen wird . Frau Kollegin, der Wettbewerb ist international; das geht über den europäischen Binnenmarkt hinaus . Deswegen arbeiten wir in diesem Textilbündnis auch mit Partnern zusammen, die als Unternehmen in den produzierenden Ländern tätig sind oder die Vertreterinnen oder Vertreter der Zivilgesellschaft dort sind . Was die Aufgaben oder die Ergebnisse dieses Textilbündnisses angeht: Es ist eine gewaltige Agenda, die sich alle Mitglieder vorgenommen haben . Sie bereiten das konkret in Arbeitsgruppen vor; einige davon habe ich schon angesprochen . Wir haben allein in den letzten Wochen, im März und April dieses Jahres, Fortschritte bei den Themen Sozialstandards oder Naturfasern erzielt . Hier hat eine Veranstaltung im Rahmen des Review-Prozesses stattgefunden; ich habe es angesprochen . Die Arbeitsgruppe Chemikalien arbeitet konkret an den Fragen, die Sie aufgeworfen haben . Die Arbeitsgruppe Internationalisierung befasst sich mit der Frage, wie wir diesen Prozess über den deutschen Markt und den europäischen Binnenmarkt hinaus verbreitern können . Also: Wir haben eine klare Agenda . Den Zeitplan habe ich genannt, soweit ich das jetzt kann . Wir werden sukzessive zu Ergebnissen kommen . Wir machen uns auch keine falsche Vorstellung . Wir wissen, dass es um das Bohren dicker Bretter geht und dass wir einen langen Atem brauchen, nicht nur hier in Deutschland und in der Europäischen Union, ({0}) sondern auch in unseren Partnerländern, mit denen wir unsere Instrumente der Entwicklungspolitik zum Tragen bringen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das gilt für alle, Kollegin Künast: Wenn es rot leuchtet, ist die Zeit überschritten . Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Movassat das Wort .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, Sie haben mich mit Ihren Antworten ein bisschen in Verwirrung gestürzt . In einer Antwort haben Sie davon gesprochen, dass sich die Unternehmen auf weitgehende Standards des Bündnisses verpflichten. Danach haben Sie gesagt: Es gibt individuelle Maßnahmenpläne . - Das ist ein Widerspruch . Entweder gibt es allgemeine Standards, die alle Unternehmen umsetzen müssen, unabhängig von einem individuellen Maßnahmenplan, oder es gibt einen individuellen Maßnahmenplan, nach dem das Unternehmen das tut, worauf es Lust hat . Insofern müssen Sie mir und dem Bundestag die Frage beantworten: Wird es allgemeine Regeln für alle Unternehmen geben, oder können sich die Unternehmen die Regeln am Ende des Tages frei aussuchen?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Ich hoffe, Herr Kollege Movassat, dass ich Ihre Verwirrung aufklären kann . Die Bündnisstandards stellen die Ziele dar, auf die sich die Mitglieder des Bündnisses verpflichten, und die Roadmap stellt den Weg dar, auf dem die Mitglieder des Textilbündnisses diese Ziele erreichen wollen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Damit kommen wir zur Frage 19 des Kollegen Movassat: Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass die niederländische Entwicklungsbank FMO und alle anderen im Makeni-Projekt involvierten europäischen Entwicklungsbanken - darunter auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH - mit sofortiger Wirkung aus dem Makeni Project des Unternehmens Addax Bioenergy S . A . Sierra Leone aussteigen, wie die FMO nach Informationen des Sierra Leone Network on the Right to Food ({0}) vor kurzem bei einem Vor-Ort-Termin in Makeni angekündigt hat, und mit welchen Konsequenzen rechnet die Bundesregierung bei einem solchen Ausstieg für die betroffene Landbevölkerung vor Ort, die seit dem Verlust ihrer ursprünglichen Ländereien durch das Makeni-Projekt für den Anbau von Lebensmitteln auf die Bereitstellung von Inputs ({1}) angewiesen ist ({2})? Bitte, Herr Staatssekretär . http://www.brotfueralle.ch/fileadmin/deutsch/2_Entwicklungpolitik_allgemein/C_Wirtschaft%20und%20MR/Landgrab/2014_Addax/20140612_Addax_Monitoring_Report_2014.pdf http://www.brotfueralle.ch/fileadmin/deutsch/2_Entwicklungpolitik_allgemein/C_Wirtschaft%20und%20MR/Landgrab/2014_Addax/20140612_Addax_Monitoring_Report_2014.pdf http://www.brotfueralle.ch/fileadmin/deutsch/2_Entwicklungpolitik_allgemein/C_Wirtschaft%20und%20MR/Landgrab/2014_Addax/20140612_Addax_Monitoring_Report_2014.pdf http://www.brotfueralle.ch/fileadmin/deutsch/2_Entwicklungpolitik_allgemein/C_Wirtschaft%20und%20MR/Landgrab/2014_Addax/20140612_Addax_Monitoring_Report_2014.pdf

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Frau Präsidentin! Dieses Vorhaben der Firma Addax Bioenergy in Sierra Leone ist - ich schaue nach dem Jahr; ich habe die exakte Zahl nicht hier -, ich glaube, 2008/09 begonnen worden . Es ist der Bundesregierung bekannt, dass die Firma Addax Bioenergy im Jahr 2015 öffentlich angekündigt hat, dass sie ihre Tätigkeit in Sierra Leone reduzieren und einem Review-Prozess unterziehen wird . Im März 2016 hat das Unternehmen darüber informiert, dass dieser Review-Prozess noch nicht abgeschlossen ist . Das Ergebnis bleibt also abzuwarten . Welche Folgen das für den Fortgang des Projekts haben könnte, kann erst dann beurteilt werden, wenn die Ergebnisse dieses Überprüfungsprozesses vorliegen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär Silberhorn, heute sitzt hier auf der Zuschauertribüne Herr Abbas Kamara . Herr Abbas Kamara kommt aus Sierra Leone, und er vertritt Tausende Kleinbauern in der Region, in der Addax, das Unternehmen, um das es hier geht, aktiv ist und in der über viele Jahre Zuckerrohr angebaut worden ist . Dieses Projekt wurde von europäischen Entwicklungsbanken unterstützt . Er hat über viele Jahre immer wieder mit denen verhandelt und auf die Missstände hingewiesen . Im März dieses Jahres war ein Vertreter der niederländischen Entwicklungsbank FMO in der Region und hat Herrn Kamara persönlich mitgeteilt, dass die europäischen Entwicklungsbanken - damit auch die DEG, die ebenfalls dort engagiert ist - dort aussteigen werden . Die Bauern, die vorher durch den Zuckerrohranbau ihr Land verloren haben, werden damit nun endgültig völlig alleingelassen . Ihnen drohen Armut und Hunger; denn sie haben eben nicht nur ihr Land verloren, sondern jetzt werden dort auch die Arbeitsmöglichkeiten vernichtet . Daher stellt sich schon die Frage, ob es eine Entscheidung der Entwicklungsbank gibt, dort auszusteigen, und was mit den Menschen dort geschehen soll .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Eine solche Entscheidung gibt es bei der beteiligten Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft bisher nicht, weil der Überprüfungsprozess, den ich vorhin angesprochen hatte, noch nicht beendet ist . Man muss dazu sagen, dass dieses Vorhaben unter äußerst schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begonnen worden ist . Das Land hat einen elfjährigen Bürgerkrieg durchgemacht . Über 50 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze . Der wirtschaftliche Einbruch mit seinen Folgen, die das Unternehmen jetzt zu tragen hat, hat auch mit der Ebolaepidemie, die es seit 2014 in Sierra Leone gibt, zu tun . Es war ein Erfolg, dass mit diesem Vorhaben über 3 000 Arbeitsplätze geschaffen worden sind . Zusammen mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und dem Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Ernährungssicherheit Sierra Leones wurde ein Farmer Development Programme mit 2 000 Hektar Land für den Reisanbau etabliert . Dieses Land wurde durch lokale Gemeinden erschlossen . 1 400 Bauern wurden im Rahmen dieses Programms geschult . Insofern verstehe ich die Betroffenheit . Eine Entscheidung der involvierten acht europäischen und afrikanischen Entwicklungsinstitutionen ist noch nicht gefallen . Wenn aber ein Vertreter der Bauern heute hier ist, biete ich gerne an, dass wir Kontakt aufnehmen . Sofern dieses Projekt beendet werden sollte, wozu ich hier aber keine Aussage treffen kann, werden natürlich Folgen zu beachten sein . In diesem Zusammenhang stehen wir gerne für einen Dialog bereit . Ich würde Sie, Herr Kollege, ausdrücklich bitten, dass Sie diesen Kontakt herstellen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön . - Herr Staatssekretär, das werden wir gerne tun . - Jahrelang haben Entwicklungsministerium und auch die DEG die Finanzierung von Addax immer wieder als Vorzeigeprojekt dargestellt . Zum Beispiel haben Sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir - ich zitiere - geschrieben: Die Bundesregierung und die DEG sind von den positiven entwicklungspolitischen Effekten des Engagements mit ADDAX in Sierra Leone überzeugt . Wenn man den Betroffenen vor Ort glaubt, dann sind diese Effekte nicht oder jedenfalls nicht nachhaltig eingetreten, weil sie zum Beispiel Inputs durch Addax bekommen haben, die natürlich wegfallen, wenn sich das Unternehmen dort nicht mehr engagiert . Das heißt, dass es sich dann nicht um eine nachhaltige Entwicklungspolitik handeln würde . Die Menschen dort vor Ort sagen, dass es einen Kollaps in der Region geben würde, wenn jetzt sozusagen der Ausstieg käme . Ich bin froh, dass Sie jetzt hier gesagt haben, dass Sie bereit sind, dann da Verantwortung zu übernehmen . Es wäre aber interessant, wenn Sie konkretisieren würden, was es heißt, Verantwortung vor Ort zu übernehmen . Denn es geht hier wirklich - Sie haben es angesprochen um die Existenz von über 3 000 Menschen - das Ganze beruht auch auf der Projektentscheidung der DEG, dorthin zu gehen -, die unter den Folgen zu leiden hätten, falls Addax aussteigt . Ich glaube, es ist schon wichtig, da mit offenen Karten zu spielen .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Dieses Projekt ist mit großen Hoffnungen gestartet worden - unter anderem auch mit der Zielsetzung, die Bioethanolproduktion zu nutzen, um auf den europäischen Markt zu kommen . Dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse - insbesondere aufgrund der Ebolaepidemie - verändert haben, habe ich bereits angesprochen . Ich will nicht unerwähnt lassen, dass sich die Firma Addax bei der Bekämpfung der Ebolaepidemie vorbildlich eingesetzt bzw . die Beschäftigten und deren Familien nach Kräften unterstützt hat . Ich kann derzeit keine Aussage treffen, wie die Firma Addax ihr Investitionsvorhaben weiterführen wird . Es ist auch nicht auszuschließen, dass in dem Überprüfungsverfahren für den Fall, dass sich ein Projekt nicht so realisieren lässt, wie man es sich vorgenommen hat, mit neuen Investoren gesprochen wird . Da dort eine deutsche Beteiligung in Rede steht, werden wir uns - das habe ich Ihnen zugesagt - mit den Folgen auseinandersetzen . Deswegen habe ich Sie gebeten, den Kontakt zu Herrn Kamara herzustellen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . - Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereiches . Die Fragen 20 der Kollegin Tabea Rößner und 21 des Kollegen Dr . André Hahn aus dem Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes werden schriftlich beantwortet . Dies gilt auch für die Fragen 22 und 23 der Kollegin Bärbel Höhn aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes . Zur Beantwortung der Fragen steht die Staatsministerin Professor Dr . Maria Böhmer zur Verfügung . Die Frage 24 der Kollegin Brigitte Pothmer soll schriftlich beantwortet werden . Wir kommen damit zur Frage 25 der Kollegin Eva Bulling-Schröter . - Diese ist offensichtlich nicht im Saal, sodass wir verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Frage 26 der Kollegin Tabea Rößner soll schriftlich beantwortet werden . Damit rufe ich die Frage 27 der Kollegin Heike Hänsel auf: Worin sieht die Bundesregierung in den heftigen Reaktionen der türkischen Regierung bzw . des türkischen Präsidenten, ausgelöst durch eine Extra-3-Satire, die sich kritisch mit Verletzungen der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei sowie mit dem Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen Kurden im Südosten des Landes auseinandersetzte und zur Einbestellung des deutschen Botschafters in der Türkei führte, eine so maßgeblich andere Tragweite, dass „die Stimme Merkels vermisst“ wurde, sie im Gegensatz dazu nach einem Schmähgedicht Jan Böhmermanns „hingegen schnell zum Telefon“ griff ({0}), und warum war es der Bundeskanzlerin als Zeichen für das hohe Gut der Meinungs- und Pressefreiheit im Gegensatz zum Jan-Böhmermann-Schmähgedicht nicht so wichtig, auch in der Angelegenheit um die Extra-3-Satire und die Einbestellung des deutschen Botschafters mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu zu telefonieren bzw . sich öffentlich zu äußern? Bitte, Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Ja, gerne, Frau Präsidentin . - Ich darf die Frage wie folgt beantworten: In seinem Gespräch im türkischen Außenministerium zur genannten Fernsehsendung extra 3 hat der deutsche Botschafter die Bedeutung der Pressefreiheit verdeutlicht . Bei dem Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu handelt es sich um ein bereits länger verabredetes Telefonat zur Umsetzung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens . Dieses war das beherrschende Thema des Telefonats . Der genannte Beitrag von Jan Böhmermann war ein weiterer Gegenstand des Gesprächs, aber nicht dessen Anlass .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja, danke schön . - Frau Staatsministerin, Sie haben jetzt aber trotzdem die Frage nicht beantwortet, warum es hier so unterschiedliche Reaktionen von Bundeskanzlerin Angela Merkel gegeben hat . In der Sache extra 3 hat sie sich in keinerlei Weise öffentlich geäußert . Aber in der Frage Böhmermann hat sie persönlich dieses Gedicht bewertet und ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht . Da gibt es doch einen fundamentalen Unterschied . Sie hat in Bezug auf extra 3 acht Tage lang geschwiegen . Da hat man überhaupt nichts von der Bundeskanzlerin gehört, obwohl der deutsche Botschafter in der Türkei einbestellt worden war, was bezüglich eines Satirebeitrages ein sehr ungewöhnlicher Vorgang ist . Da hat man von der Bundeskanzlerin nichts gehört . Fehlanzeige! Bei Herrn Böhmermann dagegen ist sie in der Form aktiv geworden . Weshalb diese Doppelstandards?

Not found (Gast)

Ich sehe keine solchen Doppelstandards, Frau Hänsel .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Damit haben Sie das Wort zu Ihrer zweiten Nachfrage .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Aber diese Doppelstandards sind doch offensichtlich . Ich frage mich, wie die Bundesregierung in diesem Fall eigentlich weitermachen will . Denn mittlerweile eskaliert die ganze Situation . Wir haben eine Bedrohung gegenüber Herrn Böhmermann . Wir haben Bombendrohungen, was die Anne-Will-Sendung angeht . Wir haben hier eine Eskalation, was die öffentliche Sicherheit angeht . Ich frage mich, wie die Kanzlerin das eigentlich verantworten kann, dass sie durch ihre Reaktion diese ganze Diskussion in der Öffentlichkeit in der Form überhaupt erst angeheizt hat . Sie müssen jetzt doch in irgendeiner Form reagieren und können nicht einfach sagen: „Nein, wir sehen hier nichts; es ist alles ganz normal“, wenn alle Medien darüber berichten, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel durch ihr Gespräch und ihre Bewertung bezügParl. Staatssekretär Thomas Silberhorn http://www.tagesschau.de/inland/boehmermann-merkel-101.html http://www.tagesschau.de/inland/boehmermann-merkel-101.html lich des Satirebeitrags von Jan Böhmermann diese ganze Situation zu verantworten hat .

Not found (Gast)

Frau Kollegin Hänsel, ich teile Ihre Auffassung, die Sie in Ihrer Schlussfolgerung ziehen, ausdrücklich nicht . Ich bin auch etwas erstaunt, wie Sie die Bedrohungslage hier darstellen . Das ist, glaube ich, in einer Art und Weise erfolgt, die so nicht nachvollziehbar ist . Ich will noch einmal sehr deutlich machen - das ist wiederholt auch durch den Regierungssprecher und die Kanzlerin deutlich gemacht worden -, dass Artikel 5 Grundgesetz für uns ein höchstes Gut ist . Der deutsche Botschafter hat, als er in das türkische Außenministerium einbestellt worden ist, in seinem Gespräch mit aller Nachdrücklichkeit auf die Bedeutung der Pressefreiheit hingewiesen . Das andere Gespräch - das habe ich deutlich gemacht - war schon länger angesetzt .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Dağdelen das Wort .

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Es ist schon erstaunlich, welch einsilbige Antworten man hier angesichts dessen, was die Republik bewegt, von der Bundesregierung bekommt. Ich finde es auch ziemlich verharmlosend, Frau Staatsministerin, wenn ich die Aussage höre, dass Bombendrohungen gegenüber einer Fernsehsendung aufgrund des Inhalts dieser Sendung nicht so gefährlich seien bzw . man hier übertreibe . Bombendrohungen kann man nicht als Übertreibungen bezeichnen . Mit Blick auf die Satiriker, die sich und ihre Familien aufgrund der Gefährdungslage unter Polizeischutz stellen lassen müssen, finde ich es, gelinde gesagt, sehr verharmlosend, wie die Sicherheitslage hier von den deutschen Sicherheitsbehörden dargestellt wird . Das gilt auch bezüglich der Redaktionen, der Künstlerinnen und Künstler sowie der Journalisten . Hier würde ich mir ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit wünschen . Aufgrund dessen, dass die Bundeskanzlerin sich jetzt inhaltlich zu Kunsterzeugnissen äußert, möchte ich Folgendes wissen: Wird sich die Bundesregierung auch in Zukunft gegenüber ausländischen Staatsoberhäuptern zu Kunsterzeugnissen, zu Erzeugnissen der deutschen Medienlandschaft äußern? Und wenn ja, nach welchen Kriterien wird die Bundeskanzlerin eine Bewertung der deutschen Medien und der Kunstlandschaft gegenüber ausländischen Staatsoberhäuptern vornehmen?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Dağdelen, ich möchte es noch einmal klarstellen: Meine Äußerung hatte nichts mit einer Verharmlosung zu tun . Es war ein großer Bogen, den die Kollegin Hänsel hier gespannt hat . Die Situation bezüglich der Bombendrohungen ist eine erschreckende Entwicklung . Bundesminister Schmidt hat es vorhin noch einmal sehr deutlich gemacht und damit auch die Gesamtposition der Bundesregierung in dieser Frage ausgedrückt . Es ist die Aufgabe der zuständigen Behörden in den Ländern, sich dieser Frage mit allem Nachdruck anzunehmen . Dass Herr Böhmermann jetzt um Polizeischutz nachsuchen musste, ist etwas, was mich sehr erschreckt . Von daher weise ich Ihre Interpretation mit aller Deutlichkeit zurück . Was meinten Sie mit „Kunst“, darf ich den Begriff noch einmal hören?

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr gerne . - Es ging um Presse- und Kunsterzeugnisse in Deutschland .

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Über Presse- und Kunsterzeugnisse kann man doch immer wieder reden . In dieser allgemeinen Art kann ich Ihnen nur eine allgemeine Antwort geben .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir sind in der Fragestunde, Frau Kollegin Dağdelen und Frau Staatsministerin . Insofern bitte ich darum, jetzt nicht in einen Dialog einzutreten . Ich habe die Klarstellung natürlich zugelassen . Wenn es auf die Frage noch etwas zu antworten gibt, können Sie das gerne noch tun . Ansonsten kommen wir zur Frage 28 der Kollegin Dağdelen, die sich auch mit diesem Gegenstand befasst.

Not found (Gast)

Danke, Frau Präsidentin . Ich wollte Ihnen nicht vorgreifen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gut . - Dann rufe ich Frage 28 auf: Inwieweit haben türkische Stellen ({0}) bei der Bundesregierung nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung Neo Magazin Royale am 31 . März 2016, in der Moderator Jan Böhmermann mit einem Gedicht über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan den Unterschied zwischen Schmähkritik und Satire aufgezeigt hat, wegen Präsidentenbeleidigung reagiert ({1}), woraufhin Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel im telefonischen Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu am Abend des 3 . April 2016 die Bewertung versuchte, dass es sich bei dem Beitrag um einen „bewusst verletzenden“ Text handelt ({2}), und inwieweit wird die Bundesregierung die gemäß § 104 a des Strafgesetzbuchs erforderliche Verfolgungsermächtigung gegen Jan Böhmermann und weitere Verantwortliche des ZDF wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes erteilen ({3})?

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Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Die Botschaft der Türkei hat im Zusammenhang mit der ZDF-Fernsehsendung Neo Magazin Royale eine Verbalnote an das http://www.spiegel.de/politik/Deutschland/angela-merkel-kritisiert-jan-boehmermann-verse-ueber-erdogan-deutlich-a-1085333.html http://www.spiegel.de/politik/Deutschland/angela-merkel-kritisiert-jan-boehmermann-verse-ueber-erdogan-deutlich-a-1085333.html http://www.spiegel.de/politik/Deutschland/angela-merkel-kritisiert-jan-boehmermann-verse-ueber-erdogan-deutlich-a-1085333.html http://www.welt.de/politik/deutschland/article154082885/So-kann-die-Tuerkei-gegen-Jan-Boehmermann-vorgehen.html http://www.welt.de/politik/deutschland/article154082885/So-kann-die-Tuerkei-gegen-Jan-Boehmermann-vorgehen.html http://www.welt.de/politik/deutschland/article154082885/So-kann-die-Tuerkei-gegen-Jan-Boehmermann-vorgehen.html Auswärtige Amt gerichtet . Die Bundesregierung wird so zügig wie möglich darüber entscheiden, wie weiter zu verfahren ist .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Haben Sie dazu noch eine Nachfrage? - Bitte .

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Wenn es diese Verbalnote gibt und wenn es diese Prüfung gibt, dann stelle ich meine Frage im Anschluss an die Fragestellung der Kollegin Heike Hänsel: Wieso hat Regierungssprecher Seibert in der Bundespressekonferenz ungefragt kundgegeben, dass Frau Bundeskanzlerin das Stück von Herrn Jan Böhmermann in ihrem Telefonat mit dem türkischen Premierminister Davutoglu als „bewusst verletzend“ eingestuft und sich davon distanziert hat, obwohl eine entsprechende Prüfung vorgesehen ist, die man in einem Rechtsstaat, in dem eine Gewaltenteilung herrscht, den Gerichten überlassen müsste und nicht einem Regierungssprecher und einer Bundeskanzlerin, die den Regierungssprecher in die PK vorschickt und ihn dies ungefragt erklären lässt?

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Gerne . - Ich habe hier das Protokoll der Pressekonferenz vom 4 . April vor mir und sehe, dass Staatssekretär Seibert zunächst über die Umsetzung der EU-Türkei-Vereinbarung berichtet hat . Das war ja auch Anlass des Telefongesprächs; deshalb ist es vereinbart worden . Er hat darauf hingewiesen, es sei … ein wichtiger Tag, denn es beginnt die Umsetzung eines zentralen Teils dieses Abkommens … Sie waren heute Morgen im Ausschuss . Wir haben dort ausführlich darüber gesprochen . - Dann sagte er: Gesprächsgegenstand war auch die jüngste Veröffentlichung eines sogenannten Schmähgedichts gegen den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Alle weiteren Äußerungen dazu sind Ihnen bekannt .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Das war - erstens - keine Antwort auf die Fragestellung . Zweitens würde ich gerne wissen, inwiefern es andere, gerne auch nachrichtendienstliche, Erkenntnisse über Drohungen und Bedrohungssituationen gibt . Sie können uns die Antwort auch später schriftlich zuleiten, wenn Sie mögen . Es gab ja Proteste vor dem ZDF-Studio in der Türkei . Es gab solche Proteste auch hier . Wie wir gehört haben, gibt es eine sehr akute Gefährdung bestimmter Künstlerinnen und Künstler in Deutschland, die unter Polizeischutz stehen - Jan Böhmermann, aber eben auch andere . Da würde ich gerne wissen: Hat die Bundesregierung hier mehr Kenntnisse? Was unternimmt sie, um die Sicherheit der Bedrohten zu gewährleisten?

Not found (Gast)

Frau Kollegin Dağdelen, mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor . Ich bin sicher, dass die zuständigen Länderbehörden und die Polizei dort, wo es notwendig ist, alles tun, damit die Sicherheit gewährleistet ist .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Ströbele das Wort .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke . - Frau Staatsministerin, ich habe heute Morgen im Rechtsausschuss zur Kenntnis genommen, dass das Auswärtige Amt für den Casus Böhmermann zuständig ist - wie auch immer man ihn drehen und wenden will . Die Bundesregierung könnte sich ja viel Ärger ersparen, wenn sie noch in dieser Woche der Empfehlung des Vizekanzlers folgen würde - übrigens auch meiner -, den Deutschen Bundestag um Streichung des § 103 des Strafgesetzbuches zu bitten . Denn es handelt sich bei diesem Paragrafen, der ursprünglich mal den Titel „Majestätsbeleidigung“ trug, um eine sehr überholte Vorschrift . Deshalb an Sie die Frage: Wäre das nicht ein guter Ausweg? Dann könnten Sie sich auch die Entscheidung über die Ermächtigung sparen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort, Frau Staatsministerin .

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Danke schön . - Herr Kollege Ströbele, ich habe vorhin eine Diskussion mit dem Kollegen aus dem Justizministerium gehabt, der auf mich zukam, mich freudig anschaute und sagte, das Auswärtige Amt sei zuständig . Ich habe ihn genauso freudig angeguckt und gesagt, das Bundesjustizministerium sei zuständig . Ich glaube, richtiger ist, zu sagen, dass hier die ganze Bundesregierung gefordert ist - das ist die Bandbreite . Sie brauchen also den Blick nicht nur auf mich und damit stellvertretend auf das Auswärtige Amt zu richten . Ich verstehe, dass Sie heute Morgen darüber diskutiert haben; wir haben das im Auswärtigen Ausschuss erlebt . Ich glaube, die Frage wird uns eindeutig weiter beschäftigen . Sie sind Jurist, ich bin keine Juristin . Ich nehme mit, dass dies für Juristinnen und Juristen eine Frage ist, die offensichtlich weit über den aktuellen Anlass hinaus hochspannend ist . So ordne ich auch Ihre Frage ein . Es ist mit Sicherheit nicht nur eine politische, sondern auch eine rechtliche Frage mit einer großen Bandbreite .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Hänsel hat zu einer weiteren Nachfrage das Wort .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Frau Staatsministerin . - Alle Mitglieder der Bundesregierung legen einen Amtseid auf das Grundgesetz ab . Somit müssen sie im Sinne der dort verankerten Grundwerte Politik machen und Schaden von der deutschen Bevölkerung abwenden . Können Sie nachvollziehen, dass es Empörung in der Bevölkerung darüber gibt, dass die Bundesregierung seit Tagen das Ansinnen von Präsident Erdogan bezüglich der Strafverfolgung überhaupt prüft? Das Ansinnen müsste die Bundesregierung umgehend zurückgewiesen haben . An diesem tagelangen Prüfen, an diesem Hin und Her bezüglich der eigenen Position sieht man: Das ist eine wachsweiche Sache . Ihre Aufgabe ist auch, das Grundgesetz, die Grundwerte gegenüber ausländischen Präsidenten zu vertreten .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Gerne, Frau Präsidentin . - Genau das ist der Punkt, Frau Kollegin Hänsel, weshalb wir den Sachverhalt mit solch großer Intensität prüfen . Wir sind uns unserer Verantwortung nicht nur gegenüber dem Grundgesetz, sondern auch gegenüber der deutschen Bevölkerung sehr bewusst .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Es gibt noch eine Nachfrage . - Herr Kollege Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Sie betonen gerade die Intensität, mit der Sie dieser Frage nachgehen . Die Intensität ist aber so groß, dass diese Frage kein Thema der Kabinettssitzung ist . - Vielen Dank .

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Bitte .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das war offensichtlich dann doch keine Frage . - Vielen Dank, Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Gerne .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereiches . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Ole Schröder zur Verfügung . Die Fragen 29 und 30 der Kollegin Sabine Zimmermann sollen schriftlich beantwortet werden . Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Dağdelen auf: Welche konkreten negativen Erfahrungen liegen dem Bundesministerium des Innern vor zu der Regelung, dass anerkannte Flüchtlinge drei Jahre nach ihrer Anerkennung eine Niederlassungserlaubnis erhalten, wenn ihre Schutzbedürftigkeit fortbesteht, weil der Bundesinnenminister Dr . Thomas de Maizière vorgeschlagen hat, diese Regelung zu ändern, und inwieweit unterscheidet sich die Situation noch erwerbsloser anerkannter Flüchtlinge in Hinblick auf die Aufgabe ihrer Integration substanziell von der Situation anderer noch erwerbsloser Drittstaatsangehöriger, die einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus zum Beispiel im Rahmen der Familienzusammenführung erhalten haben, vor dem Hintergrund, dass nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 1 . März 2016 in der Rechtssache C-443/14 und C-444/14 nur dann eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge zulässig wäre ({0})? Es geht um die Änderung der Regelung zur Niederlassungserlaubnis für anerkannte Flüchtlinge . - Bitte, Herr Staatssekretär .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Asyl- und Flüchtlingsschutz ist auf die Gewährung von Schutz vor Verfolgung im Herkunftsland angelegt . Anerkannte Schutzberechtigte erhalten deshalb zunächst ein befristetes, verlängerbares Aufenthaltsrecht in Deutschland . Dieses kann widerrufen werden . Das deutsche Aufenthaltsrecht enthält in § 26 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes eine Privilegierung für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge . Sie erhalten nach drei Jahren ein Daueraufenthaltsrecht und damit eine unbefristete Niederlassungserlaubnis . Eine solche Privilegierung ist europarechtlich allerdings nicht geboten . Im Gegensatz zu anderen legal hier aufhältigen Ausländern wird anerkannten Flüchtlingen unter erleichterten Voraussetzungen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht gewährt . Es genügt erstens, dass die Voraussetzung für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Anerkennung nicht vorliegt . Außerdem ist es zweitens nicht notwendig, dass die bei anderen Drittstaatsangehörigen erforderlichen Integrationsleistungen gegeben sind . Der in seinem Ausmaß singuläre Zustrom von Schutzsuchenden seit Mitte des vergangenen Jahres erfordert eine Überprüfung dieser Regelung . Hierdurch können integrationsfördernde Impulse gesetzt werden . In seiner Entscheidung vom 1 . März 2016 hat der Europäische Gerichtshof die grundsätzliche Zulässigkeit von Wohnsitzauflagen für anerkannte Schutzberechtigte aus integrationspolitischen Gründen ausdrücklich bestätigt . Der Gerichtshof hat sich auch mit der nach Artikel 33 EU­Qualifikationsrichtlinie erforderlichen Gleichbehandlung mit anderen Drittstaatsangehörigen auseinandergesetzt . Mit Blick auf das Ziel einer Erleichterung der Integration hat der Gerichtshof die Unterschiede zwischen beiden Gruppen deutlich herausgestellt . Bereits hinreichend integrierte Drittstaatsangehörige befinden sich nicht in einer Situation, die vergleichbar ist mit der von Personen mit internationalem Schutzstatus . Letztere sind in stärkerem Maße mit Integrationsschwierigkeiten konfrontiert . Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Gesetzesentwurf, der dem Gleichbehandlungserfordernis gerecht werden wird .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin . Herr Schröder, das, was Sie hier vorgelesen haben, bekommen wir ja noch schriftlich; das ist ganz gut . Ich habe eine Nachfrage: Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es falsch war, in den letzten Jahren und nach jahrelangen Diskussionen mit Expertinnen und Experten und unterschiedlichsten Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertretern davon auszugehen, dass es sinnvoll ist, anerkannten Flüchtlingen keine Residenzpflicht mehr vorzuschreiben, und zwar aufgrund dessen, dass eine Residenzpflicht die Integration eher hemmt?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Ich habe eben von einer Wohnsitzauflage gesprochen. Das ist etwas anderes als die Residenzpflicht. Unter der Residenzpflicht verstehen wir die Verpflichtung, sich insbesondere während des Asylverfahrens in einem bestimmten Gebiet aufzuhalten . Bei der Wohnsitzzuweisung sprechen wir davon, dass einem anerkannten Flüchtling nach einem abgeschlossenen Asylverfahren ein bestimmter Wohnort zugewiesen wird . Wir sehen das als notwendig an, um Parallelgesellschaften zu verhindern . Wir haben jetzt die Situation, dass im letzten Jahr über 1 Million Menschen zu uns gekommen sind . Deshalb ist es noch entscheidender, dass die Integrationsleistungen nicht nur von den Metropolregionen erbracht werden, sondern vom gesamten Land, um die Integration so am Ende zu einem Erfolg zu führen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Es freut mich, dass die Bundesregierung immer irgendwelche Parallelgesellschaften verhindern möchte . Dann könnte sie unter dem Stichwort „Panama Papers“ damit anfangen und dort ansetzen, um diese Parallelgesellschaft einmal anzugehen . Das wäre meiner Meinung nach ein großer Anfang . Sie haben von Parallelgesellschaften bei Flüchtlingen oder Migrantinnen oder Migranten gesprochen: Wird die Bundesregierung Voraussetzungen dafür schaffen, um diese zu vermeiden? Es gibt ein größeres Interesse daran, in die großen Städte zu ziehen statt aufs Land . Werden Sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen auch dort leben können, ohne dass es zu vermeintlichen Parallelgesellschaften kommen kann? Stichworte sind: Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze, Infrastruktur, Wohnungen, flächendeckender bezahlbarer Wohnraum für viele? Welche Ansätze verfolgt die Bundesregierung hier?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Selbstverständlich ist es gerade im ländlichen Raum möglich, sich gut zu integrieren . Ich glaube, dass Sie den ländlichen Raum, was die Möglichkeiten der Ausbildung und der Arbeitsplätze angeht, unterschätzen . Die meisten freien Ausbildungsplätze für Jugendliche in Norddeutschland finden wir nicht in den Metropolregionen, sondern beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Hänsel das Wort .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich denke, die Frage der Wohnsitzauflage ist ein zweischneidiges Schwert . Im Grunde verpasst die Bundesregierung die Chance, die Potenziale, die Flüchtlinge mitbringen, produktiv zu nutzen . Viele Flüchtlinge, die hierherkommen, haben bereits Kontakte zu Angehörigen und Freunden . Es macht Sinn, dass die Flüchtlinge in die gleiche Region ziehen, manchmal sogar in dieselbe Wohnung, und dass sie dann bei der Integration und allem anderen unterstützt werden . Es findet viel an Selbstorganisation statt, wenn Flüchtlinge in eine Umgebung kommen können, in der sie zum Beispiel schon Leute kennen . Das ist ein ganz wichtiges Potenzial, das sie mitbringen . Die Bundesregierung verkompliziert das Ganze, indem sie es eben nicht ermöglicht, dass Flüchtlinge frei wählen können, wo sie ihren Wohnsitz haben und wo sie damit beginnen, sich schnell zu integrieren . Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie enorme Summen für die Flüchtlinge ausgeben - das sind teilweise künstliche Kosten -, obwohl diese sich in anderen Regionen viel schneller selbst helfen und selbst organisieren könnten . Ich kann nicht verstehen, warum Sie stattdessen einen Zwang ausüben und die Flüchtlinge am Reißbrett verteilen wollen . Das ist völlig kontraproduktiv . Durch die gegensätzliche Regelung, durch die Möglichkeit, den Wohnsitz frei zu wählen, entsteht Integration . Die Flüchtlinge könnten viel aktiver sein, und es entstünden viel mehr Möglichkeiten .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Ich bin nicht Ihrer Auffassung . Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es nicht integrationsfördernd, sondern integrationshemmend ist, wenn Flüchtlinge aus einer Herkunftsregion sich geballt in einer Metropole, womöglich sogar in einem Stadtteil ansiedeln . Die gleichen Erfahrungen haben wir mit den Spätaussiedlern gemacht . Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Wohnsitzauflagen sinnvoll sind . Diese Erfahrung hat uns gezeigt, dass es richtig ist, dass es integrationsfördernd ist, wenn die Integrationsleistung nicht nur von wenigen Metropolen erbracht werden muss, sondern von der gesamten deutschen Gesellschaft .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Wir kommen zur Frage 32 des Abgeordneten Movassat . - Er ist nicht anwesend . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Fragen 33 und 34 der Abgeordneten Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet . Die Frage 35 des Abgeordneten Andrej Hunko wird ebenfalls schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 36 des Abgeordneten HansChristian Ströbele auf: Seit wann ist der Bundesregierung oder ihr nachgeordneten Stellen ({0}) der Verdacht bekannt, dass Uwe Mundlos und später auch Beate Zschäpe in dem Unternehmen des Rechtsextremisten und Vertrauensmanns des Verfassungsschutzes, Ralf Marschner, von 2000 bis 2002 - also nach Begehung der ersten NSU-Morde angestellt waren oder für dieses Unternehmen gearbeitet haben sowie dass ein Zeuge Uwe Mundlos zweifelsfrei als Vorarbeiter dieses Unternehmens wiedererkannt hat, und was haben die Bundesregierung oder ihr nachgeordnete Stellen bisher veranlasst, um diesen Verdacht aufzuklären und insbesondere auch um mögliche Beweismittel wie zum Beispiel Unterlagen und Akten bei Ralf Marschner in dessen Unternehmen und beim Bundesamt für Verfassungsschutz sicherzustellen? Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Herr Kollege Ströbele, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Fragestellung berührt die Zuständigkeitsbereiche des Bundesministeriums des Innern und des für den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof zuständigen Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz kann ich Folgendes mitteilen: Am 22 . Dezember 2011 ist der Hinweis eines ehemaligen Geschäftspartners von Ralf Marschner eingegangen . Demzufolge soll Beate Zschäpe in einem von Ralf Marschner in den Jahren 2005 bis 2007 geführten Bekleidungsgeschäft in Zwickau als Aushilfe tätig gewesen sein . Daraufhin wurden entsprechende Ermittlungen im geschäftlichen Umfeld des Zeugen Ralf Marschner durchgeführt . So wurden mehrere Zeugen vernommen, darunter insbesondere auch die für die Einarbeitung von Aushilfen in dem Bekleidungsgeschäft zuständige Angestellte . Darüber hinaus wurde der von Ralf Marschner geschäftlich in den Jahren 2000 bis 2007 genutzte Computer ausgewertet . Belastbare Anhaltspunkte für eine Aushilfstätigkeit von Beate Zschäpe in dem Ladengeschäft von Ralf Marschner haben sich nicht ergeben . Möglich ist, dass Beate Zschäpe als Kundin in diesem Bekleidungsgeschäft verkehrte . Der Hinweisgeber hat seine Behauptungen bei einer Folgevernehmung erheblich relativiert . In den vom Generalbundesanwalt auch nach Anklageerhebung gesondert geführten Ermittlungen gegen unbekannt, also in einem Strukturverfahren, ist weiter eingehend im Umfeld des Zeugen Ralf Marschner ermittelt worden . Im Jahr 2012 war bei der Auswertung der Unterlagen von Kfz-Vermietern aufgefallen, dass seitens des von Marschner betriebenen Bauunternehmens im Jahr 2001 bei einem Zwickauer Autovermieter drei relevante Kfz-Anmietungen erfolgt waren . Diese Anmietungen korrespondierten in zeitlicher Hinsicht mit zwei dem Nationalsozialistischen Untergrund zugerechneten Tötungsdelikten in Hamburg und München sowie mit einem dem NSU zugerechneten Überfall auf eine Postfiliale in Zwickau . Aus diesem Anlass waren mögliche Beziehungen zwischen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt einerseits und der Bauunternehmung des Zeugen Marschner andererseits Gegenstand intensiver Ermittlungen . In deren Rahmen sind zahlreiche weitere Zeugen vernommen worden, darunter allein 16 ehemalige Beschäftigte der Firma Bauservice Marschner . Außerdem wurde Ralf Marschner erneut vernommen . Ferner wurde die Insolvenzakte der Bauunternehmung ausgewertet . Ebenfalls ausgewertet wurde die Akte eines wegen des Vorwurfs der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt durchgeführten und mit rechtskräftiger Verurteilung abgeschlossenen Strafverfahrens gegen Marschner . Beide Akten standen im Zusammenhang mit der Firma Bauservice Marschner . Darüber hinaus wurden Erkenntnisanfragen an das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst sowie die schweizerische Behörde gerichtet . Belastbare Anhaltspunkte für eine Tätigkeit von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der vom Zeugen Marschner betriebenen Bauunternehmung haben sich nicht ergeben .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Ich möchte Sie jetzt nicht unterbrechen, weil ich denke, es liegt in unser aller Interesse, hier die genauen Informationen zu erhalten . Die Zeit ist jedoch überschritten . Es ist wichtig, dass wir die Informationen erhalten . Ich würde jetzt aber trotzdem Herrn Ströbele die Möglichkeit zur Nachfrage geben .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Es tut mir leid, aber das sind nun einmal die Informationen, die ich vom Generalbundesanwalt erhalten habe .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Herr Staatssekretär, ich habe ja gesagt, dass die Informationen in unser aller Interesse sind . Deshalb sollten Sie auch die Möglichkeit haben, die Informationen zu geben . - Herr Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Ich verstehe das auch gar nicht: Akten lesen kann auch ich . Sie haben hier jetzt Akten vorgetragen . Ich habe Ihnen zwei ganz einfache Fragen gestellt, die Sie in fünf bis acht Sekunden beantworten können . Die eine Frage war: Wann hat die Bundesregierung zum ersten Mal davon erfahren, dass ihr V-Mann Herr Marschner, der im Auftrag der Bundesregierung gearbeitet hat und, ich glaube, 37 000 Euro für diese Arbeit bezogen hat, den Herrn Mundlos als Vorarbeiter beschäftigt hat? Wann hat sie es zum ersten Mal erfahren? Die zweite Frage lautet - die können Sie gleich mit beantworten -: Was hat die Bundesregierung getan, als Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn sie das erfahren hat, um sicherzustellen, dass nicht wieder Akten geschreddert werden, sodass man den Vorgang nicht nachvollziehen kann? Das sind doch zwei einfache Fragen . Die können Sie doch schnell beantworten . ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Herr Staatssekretär .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Um die zu beantworten, muss man doch auf das eingehen, was das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ergeben hat . Da muss ich doch erst einmal deutlich machen, dass Ihre Prämisse, dass derjenige, der bei diesem Herrn Marschner gearbeitet haben soll, Herr Mundlos gewesen sei, überhaupt nicht sichergestellt ist . Zum Zweiten kann ich sagen, dass wir als Bundesregierung - das wissen Sie - zu den Hintergründen des möglichen Einsatzes von verdeckten Mitarbeitern aus Sicherheitsgründen grundsätzlich keine Auskunft geben . ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Herr Kollege Ströbele, Sie können noch einmal nachfragen .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Jetzt haben Sie die Frage immer noch nicht beantwortet: Wann hat die Bundesregierung davon erfahren, dass Herr Mundlos für ihren V-Mann als Vorarbeiter gearbeitet hat? Da können Sie mir nicht mit Akten antworten . Es stand in der Zeitung . Spätestens letzte Woche oder vor zwei Wochen, als es zum ersten Mal in der Zeitung stand, muss die Bundesregierung davon erfahren haben . Ich nehme einmal an, dass Sie Zeitung lesen . Was hat die Bundesregierung unternommen, um sicherzustellen, dass die Akten nicht wieder geschreddert werden, bevor die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sie lesen können? Das sind doch einfache Fragen . Jetzt beantworten Sie die doch einmal .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Zur zweiten Frage: Es ist klar, dass überhaupt keine Erkenntnisse in irgendeiner Weise vernichtet werden dürfen . Sie stehen natürlich auch dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung . Zur ersten Frage kann ich nur das wiederholen, was ich eben gesagt habe: Wir müssen jetzt natürlich auf das Ermittlungsverfahren achten und schauen, inwieweit Ihre Prämisse überhaupt richtig ist .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Frau Pau hat als nächste Fragestellerin das Wort .

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär - - Einen Moment, das Mikrofon funktioniert nicht richtig . Ich denke, das hat wahrscheinlich etwas mit den anderen technischen Gegebenheiten zu tun . Die vertragen sich hier gerade nicht . ({0}) - Ich weise zurück, dass der Verfassungsschutz im deutschen Parlament irgendetwas sabotiert . Herr Staatssekretär, ich habe zwei Fragen . Sie haben gerade darauf hinwiesen, dass die Bundesregierung prinzipiell nicht auf Fragen zur Tätigkeit von V-Personen der Ämter für Verfassungsschutz antwortet . Können Sie uns einmal erklären - Sie haben uns das letzte Woche ja auch schriftlich mitgeteilt -, was es mit dem Staatswohl zu tun hat, diese Antwort zu verweigern, wenn der ungeheuerliche Verdacht im Raum steht, dass bei einem V-Mann des Verfassungsschutzes, der übrigens kein netter Staatsbürger von nebenan, sondern ein verurteilter Gewalttäter ist, ein des Mordes an zehn Personen verdächtiger Nazi beschäftigt war, und zwar in der Zeit, in der er von diesem Staat bezahlt wurde? Was hat es mit dem Schutz des Staatswohls zu tun, uns die Auskünfte dazu zu verweigern, was die Bundesregierung dort unternommen hat, welche Kenntnisse sie hat, usw .? Ein kleiner Hinweis - da wir uns ja morgen im Untersuchungsausschuss mit diesem Thema befassen -: Es wäre sehr schön, wenn wir dort nicht nur hören würden, was das BKA gemacht hat, sondern wenn wir auch hören würden, ob man wenigstens jetzt auf das Jobcenter, den Zoll und andere zugegangen ist, um zu schauen: Welche Beschäftigungsverhältnisse hat es in den vielfältigen Firmen und Unternehmungen des Herrn Marschner gegeben?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Sie tun jetzt ja so, als wenn es überhaupt keine Möglichkeit gäbe, diesen gesamten Sachverhalt, auch durch das Parlament, aufzuklären . Das Gegenteil ist der Fall, und das wissen Sie auch . Der einschlägige Aktenbestand des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu dem V-Mann „Primus“ wurde dem zweiten Untersuchungsausschuss zu diesem Thema zur Verfügung gestellt . ({0}) Für den ersten Untersuchungsausschuss hat der Ermittlungsbeauftragte die Akten gesichtet, und mit Zustimmung der Bundesregierung wurden diese Dokumente durch den aktuellen NSU-Untersuchungsausschuss beigezogen . Sie stehen somit für die Sachaufklärung zur Verfügung . Genau dafür gibt es ja den Untersuchungsausschuss . Sie sollten also nicht den Eindruck erwecken, dass die Bundesregierung hier irgendetwas verschleiern möchte .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Es gibt eine weitere Nachfrage von Frau Dağdelen.

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich möchte es Ihnen leicht machen, Herr Schröder . Die Frage des Kollegen Ströbele war ja, seit wann der Bundesregierung der Sachverhalt oder der Verdacht bekannt war . Sie haben sich darauf zurückgezogen, dass man doch erst einmal das Ermittlungsverfahren abwarten müsse . Ich möchte die Frage anders formulieren und Ihnen die Möglichkeit geben, hier Aufklärung zu betreiben und der Skepsis, die es gibt, dass es beim Thema NSU-Komplex kein Staatsversagen gab, sondern der Staat mit drinsteckt und die Aufklärung mit sabotiert, entgegenzutreten, indem Sie eine klare Antwort geben . Ich möchte die Frage so formulieren: Seit wann ist der Bundesregierung bekannt geworden, dass Uwe Mundlos bei diesem Unternehmer, dem V-Mann, beschäftigt worden wäre? Es geht mir also nicht um die Tatsache, dass es so war, sondern um die Information . Wann ist diese Information erstmals an die Bundesregierung gelangt? Für diese Auskunft brauchen Sie nicht das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens und kein Ermittlungsverfahren insgesamt . Wann hat die Bundesregierung also zum ersten Mal überhaupt davon gehört?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Ich habe eben schon erklärt, dass ich hier keine Auskünfte zu sogenannten V-Personen geben kann, dass sich aber der Untersuchungsausschuss selbstverständlich bereits mit diesem Themenkomplex auseinandergesetzt hat und sich zukünftig noch damit auseinandersetzen wird . Noch einmal: Der bestellte Ermittlungsbeauftragte, Professor von Heintschel-Heinegg, hat die Unterlagen gesichtet und dann die entsprechend relevanten Unterlagen an den Untersuchungsausschuss weitergeleitet . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Hajduk hat zu einer weiteren Nachfrage das Wort .

Anja Hajduk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003547, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, es handelt sich bei der Frage, ob Herr Mundlos bei dem V-Mann angestellt war, wie wir ja in den Medien gehört haben, nicht mehr um eine Angelegenheit, die vertraulich ist . Vielmehr ist das eine öffentliche Tatsache . Dazu hat mein Kollege Ströbele nun eine Frage gestellt, und ich möchte hier noch einmal nachfragen: Wann hat die Bundesregierung von dieser öffentlichen Angelegenheit zum ersten Mal erfahren, unabhängig davon, ob diese Prämisse richtig ist? Ich kann nicht erkennen, dass das eine Frage ist, auf die Sie uns nicht eine Antwort geben müssen .

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Wenn Sie jetzt auf die Presseberichterstattung hinweisen, wann die Bundesregierung, wann wer davon Kenntnis erlangte: Das kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, aber diese Antwort kann ich Ihnen selbstverständlich gerne nachreichen . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Es tut mir leid, aber Sie haben nur eine Nachfrage . ({0}) - Ich weiß das . ({1}) - Gut, das liegt nicht in meiner Hand . - Die Kollegin Hänsel hat die nächste Nachfrage .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Hier würde ich auch gerne noch einmal nachfragen . Es geht nicht darum, wann die Bundesregierung in der Presse gelesen hat, dass Herr Mundlos eventuell bei einem V-Mann angestellt war, sondern darum, wann sie das allererste Mal von diesem Verdacht Kenntnis bekommen hat . Wann hat sie zuallererst Kenntnis von dem Verdacht bekommen, dass diese Möglichkeit besteht? Wann, zu welchem Zeitpunkt hat das jemand an die Bundesregierung herangetragen? Folgendes würde ich daran gerne noch anhängen - ich denke, es ist Gefahr im Verzuge -: Wurden mittlerweile eigentlich überhaupt schon einmal Akten bei dem Unternehmen Marschner sichergestellt?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Ich habe ja bereits ausgeführt, dass auch die Generalbundesanwaltschaft entsprechende Akten untersucht hat . Von daher sehe ich nicht, wo es hier Gefahr im Verzuge gibt . Zu dem ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen keine Auskunft geben .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Abschließend hat der Kollege Wunderlich eine Nachfrage .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Hat sich geklärt . Er weiß es nicht, sagt er ja .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gut . - Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums des Innern . Herzlichen Dank . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zur Verfügung . Ich rufe die Frage 37 des Kollegen Hans-Christian Ströbele auf: Wie hoch sind die Geldsummen, die die Bundesrepublik Deutschland wegen der infolge der Finanzkrise gesunkenen Zinslasten seit dem Jahr 2010 eingespart hat, und demgegenüber die Kosten der Krise in Griechenland, selbst wenn dieses Land seine Schulden komplett nicht bedienen würde, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Deutschland danach möglicherweise von der Griechenland­Krise profitieren wird? Bitte, Herr Staatssekretär .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Frau Präsidentin! Herr Kollege Ströbele, wie hoch die Geldsummen sind, die Deutschland aufgrund der Folgen der Finanzkrise eingespart bzw . zusätzlich verausgabt hat, lässt sich nicht quantifizieren. Die Entwicklung der Zinsausgaben wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank, Vertrauenseffekte in Bezug auf die deutsche und die europäische Politik, das Anlegerverhalten auf den Kapitalmärkten, Refinanzierungsvolumina der Bundesrepublik Deutschland und die Portfoliostrukturen, die jeweils gewählt werden . Die Bundesregierung rechnet nicht mit Kosten, die beispielsweise durch einen Zahlungsausfall bzw . durch das Nichtbedienen der Griechenland gewährten Kredite entstehen könnten . Deutschland gewährt Griechenland gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone und dem Internationalen Währungsfonds zeitlich begrenzte Kredithilfen . Die Auszahlung der Finanzmittel erfolgt auf Basis eines Reformprogramms und nach erfolgreichem Abschluss einer Programmüberprüfung bzw. der Erfüllung von vereinbarten finanzpolitischen und strukturellen Auflagen. Griechenland hat bekräftigt, allen Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern vollständig und pünktlich nachzukommen . Die Bundesregierung teilt nicht die Aussage, dass Deutschland von der Griechenland­Krise profitiert. Vielmehr hat Deutschland zur Bewältigung der Finanzkrise zahlreiche Maßnahmen unternommen, um die Stabilität der gemeinsamen europäischen Währung zu sichern . Neben den bilateralen Darlehen für Griechenland hat die Bundesrepublik in diesem Zusammenhang erhebliche finanzielle Ressourcen, beispielsweise für die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität und für den Europäischen Stabilitätsmechanismus, bereitgestellt, Leistungen erbracht und auch weitere Garantierisiken übernommen .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke . - Herr Staatssekretär, wenn Sie die Zinsentwicklungen nicht allein auf die Finanzkrise zurückführen - das mag ja stimmen, darüber will ich mich mit Ihnen nicht streiten -, dann sagen Sie mir doch: Wie hoch ist die Summe der Zinslasten, die die Bundesrepublik Deutschland durch die Zinssenkungen gespart hat? Die Zinsen sind inzwischen so weit gesenkt worden, dass sie bei null liegen, jedenfalls der Leitzins und damit natürlich auch die Zinsen, die Deutschland für seine Staatsschulden zahlen muss . ({0}) Nur diese Summe wollte ich wissen . - Gleich kommen wir noch zu Griechenland .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Ich habe darauf hingewiesen, dass wir sehr verschiedene, sehr unterschiedliche Faktoren haben, die für das Zinsniveau ursächlich sind . Insofern ist ein solcher Vergleich immer mit extrem hohen Unsicherheiten behaftet . Ich möchte darauf hinweisen, dass wir auch außerhalb des europäischen Währungsgebietes, etwa in Japan oder in den USA, ein extremes Niedrigzinsniveau haben . Insofern ist das weder eine deutsche noch eine europäische Besonderheit . Wir haben im Jahr 2015 - das sind die letzten Zahlen, die definitiv vorliegen, Herr Kollege Ströbele - 48,5 Milliarden Euro für die staatlichen Gesamtschulden in Deutschland aufgewandt . Wir hatten, bezogen auf das Jahr 2010, einen gesamtstaatlichen Zinsaufwand von 63,9 Milliarden Euro .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich weiß nicht, ob ich kein Deutsch rede . Ich kann mir ja das Ganze nachher noch einmal anhören . - Ich habe Sie nicht gefragt, wie hoch die Zinslasten sind, die Sie getragen haben, sondern danach, wie viel Sie durch die Zinssenkungen seit 2010 weniger bezahlt haben . Einige Institute haben das errechnet . Die eine Summe liegt bei 100 Milliarden Euro, die andere liegt noch höher . Sie können doch sagen, wie hoch diese Summe nach Auffassung der Bundesregierung ist .

Dr. Michael Meister (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002733

Die Bundesregierung beteiligt sich grundsätzlich nicht an Spekulationen . Das, was Sie hier abfragen, ist spekulativ . Wir wissen zwar auf der einen Seite, was wir für Staatsanleihen, die wir begeben, tatsächlich zahlen müssen . Auf der anderen Seite wissen wir aber nicht: Wie hoch wäre die Rendite auf Staatsanleihen in einem anderen Marktumfeld? Insofern würden wir uns da im Bereich der Spekulation bewegen . Und Spekulation ist nicht Aufgabe der Bundesregierung .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär . - Die Frage 38 des Kollegen Andrej Hunko sowie die Fragen 39 und 40 des Kollegen Friedrich Ostendorff sollen schriftlich beantwortet werden . Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Auch die Frage 41 der Kollegin Brigitte Pothmer soll schriftlich beantwortet werden . Ich rufe die Frage 42 der Kollegin Corinna Rüffer auf: Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die vom UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung geforderte umfassende und wirksame Strategie zum Schutz behinderter Frauen und Mädchen vor Gewalt sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich umzusetzen ({0}), und wie rechtfertigt sie, dass sie die Strategie nicht innerhalb der in Nummer 63 gesetzten Frist von zwölf Monaten nach Verabschiedung der Abschließenden Bemerkungen realisiert hat? Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller zur Verfügung . Bitte, Frau Staatssekretärin .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Verehrte Kollegin Rüffer, Sie haben gefragt, ich antworte: Nach Nummer 63 der Abschließenden Bemerkungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderung sind zur Umsetzung von Nummer 36 innerhalb von zwölf Monaten Informationen vorzulegen, wie Deutschland diese Empfehlung umzusetzen gedenkt . Die zwölfmonatige Frist bezieht sich auf das erstmalige Erscheinen der Abschließenden Bemerkungen am 17 . April des vergangenen Jahres, deren endgültige Fassung sogar erst am 13 . Mai 2015 veröffentlicht worden ist . Es reicht also aus, die Stellungnahme zu Nummer 36 der Empfehlung bis zum 17 . April 2016 vorzulegen . Die Bundesregierung wird diese Stellungnahme dem UN-Fachausschuss fristgerecht zuleiten . Aus Respekt vor dem UN-Fachausschuss kann sich die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu den Einzelheiten der Stellungnahme äußern .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .

Corinna Rüffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004390, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das ist eine magere Antwort, wenn ich das sagen darf, da wir schon länger wissen, dass die Situation von behinderten Frauen ganz schwierig ist, was die Frage von Missbrauch anbelangt: Sexuellen Missbrauch und sexuelle Gewalt erleiden Frauen mit Behinderung zwei- bis dreimal häufiger als Frauen ohne Behinderung. Körperliche Gewalt erfahren Frauen mit Behinderung ungefähr doppelt so häufig wie Frauen ohne Behinderung. Diese Zahlen stammen aus einer Studie vom Herbst 2011, die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben wurde . Ich frage Sie: Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung seit 2011 gezogen, um diese Situation zu verbessern?

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Frau Kollegin Rüffer, ich antworte noch einmal darauf, weil Sie das im Kontext des UN-Fachausschusses gefragt haben: Wir werden das nicht nur fristgerecht vorlegen, sondern haben auch die Absicht, wenn wir das eingereicht haben, es unverzüglich auf der Seite „gemeinsam-einfach-machen .de“ öffentlich zu machen und zur Verfügung zu stellen, wie wir das mit vielen Dokumenten machen . Ich darf sagen: Wir vermuten, dass uns das im Laufe der nächsten Woche gelingen wird .

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .

Corinna Rüffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004390, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Trotzdem wiederhole ich die Frage noch einmal . Der UN-Fachausschuss hat der Bundesrepublik Deutschland empfohlen, eine umfassende und wirksame Strategie mit angemessenen Finanzmitteln zu ergreifen . Es wäre für uns als Parlament natürlich wichtig, zu wissen, welche Maßnahmen bisher ergriffen worden sind, um die Situation behinderter Frauen mit Blick auf die Frage sexueller und körperlicher Gewalt zu verbessern .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Ich antworte auch darauf gerne noch einmal, auch wenn das jetzt ein wenig redundant ist . Das ist eine Fülle von Maßnahmen . Wir waren ja auch in der Verantwortung, nachzufragen, wie es in den einzelnen Bundesländern aussieht . Deshalb ist es eine sehr umfassende Antwort, die wir dem Ausschuss vorlegen werden . Im Laufe der nächsten Woche haben nicht nur Sie, sondern hat die gesamte Öffentlichkeit die Gelegenheit, das Ergebnis einzusehen und zu bewerten . ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Frau Staatssekretärin . - Wir sind damit am Ende der Fragestunde . Interfraktionell ist vereinbart, dass die Aktuelle Stunde erst um 16 .10 Uhr beginnen soll . Der Wiederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig durch Klingelsignal angekündigt . Die Sitzung ist unterbrochen . ({0}) http://www.gemeinsam-einfach-machen.de/GEM/DE/AS/Home/as_node.html http://www.gemeinsam-einfach-machen.de/GEM/DE/AS/Home/as_node.html

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet . Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Mehr Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen durch international abgestimmtes Vorgehen durchsetzen Ich eröffne die Aussprache . Als erster Redner hat Dr . Hans Michelbach von der CDU/CSU-Fraktion das Wort . ({0})

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Praxis in Panama ist inakzeptabel . Sie ist verwerflich . Sie ist asozial und schädigt das Gemeinwesen weltweit . Lassen Sie mich deshalb feststellen: Die sogenannten Panama Papers stärken unseren Handlungswillen in der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag . Wir wollen diesem Handlungswillen gemeinsam vermehrt nachkommen . Die CDU/CSU-Fraktion hat das Problem der Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Geldwäsche seit langem erkannt und national und international entsprechend behandelt . ({0}) Beispiele hierfür sind etwa das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung, besser bekannt als Regelung zur Selbstanzeige, und das EU-Amtshilfegesetz, zwei Gesetze zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und das Abwicklungsmechanismusgesetz . Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen: Wir haben mit dem Bundesfinanzminister seit der Finanzkrise über 40 Maßnahmen umgesetzt, die weltweit starke Regulierungen vorsehen und insbesondere für uns als nationaler Gesetzgeber maßgebend sind . ({1}) Ich glaube daher nicht, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, dass man uns als Deutschem Bundestag, wie das leider in den Medien gerade geschehen ist, Tatenlosigkeit vorwerfen kann . Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen und auch international erfolgreich angestoßen . Wir sind Vorbild in der G 7, in der G 20 und bei der OECD, meine Damen und Herren . Das ist die Wahrheit, die wir aussprechen müssen . ({2}) In diesem Zusammenhang ist vor allem die Berliner Steuerkonferenz im Oktober 2014 zu nennen, bei der 51 Staaten den automatischen Informationsaustausch beschlossen haben . Weitere 45 Staaten sind mittlerweile beigetreten oder haben ihre Absicht dazu erklärt . Das ist ein großer Erfolg, der nicht von ungefähr kommt . ({3}) Aber auch die BEPS-Initiative, die Anfang nächsten Jahres erweitert werden soll und Gewinnverlagerungen und Gewinnkürzungen bekämpft, ist dafür ein Paradebeispiel . Sie richtet sich gegen den schädlichen Steuerwettbewerb von Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne . Wir müssen den moralisch-ethischen Grundsatz einer Marktwirtschaft immer wieder hervorheben . Für mich als Unternehmer ist klar: Unsere Wirtschaft funktioniert, wenn Gewinne gemacht und Investitionen getätigt werden . Wer Gewinne auf geheimen Konten einfriert, ist kein Unternehmer . Er ist eher ein Dieb für das Gemeinwohl . ({4}) Ein Dieb, der der Allgemeinheit schadet, muss geächtet und sanktioniert werden . Das ist die Grundlage unseres Rechtsstaats und unserer freiheitlich-demokratischen Politik . ({5}) Der Weg muss also eindeutig hin zu mehr Transparenz gehen . Das ist der Schlüssel zur Eindämmung von Steueroasen . Allerdings will ich nicht verschweigen, dass bislang von den knapp 200 Ländern der UN-Staatengemeinschaft nur rund 100 Länder das Abkommen über einen automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen unterzeichnet haben . Die Hälfte ist immerhin geschafft . Wir sind auf einem guten Weg, den wir nun zu Ende gehen müssen . Ich sage deshalb ganz deutlich: Ein Kurswechsel ist natürlich nicht notwendig, weil wir auf dem richtigen Kurs sind . Aber wir müssen deutlich machen: Es gilt, noch mehr Transparenz zu erreichen . Es gilt, noch mehr Druck auf die Steueroasen auszuüben . Es gilt, noch mehr internationale Unterstützung zu bekommen; denn das Problem kann nur auf internationaler Ebene gelöst werden . Wir können auf nationaler Ebene sicherlich für eine entsprechende Gesetzgebung sorgen . Aber es muss auf internationaler Ebene eine Verbreiterung der entsprechenden Grundsätze geben . ({6}) Wie die jüngsten Enthüllungen zeigen, sind wir noch längst nicht am Ende unserer Bemühungen . Aber wer einfache Lösungen propagiert, ist ein Populist . Einfache Lösungen auf internationaler Ebene gibt es nicht . Vielmehr ist es ein hartes Stück Arbeit und bedarf des Bohrens dicker Bretter, um alle 200 Länder einzubeziehen bzw . die Länder, die mit Steueroasen Geld verdienen, zu beschränken . Wir müssen die Panama Papers als Chance sehen - wir tun das -, um den Druck auf Steueroasen und Steuerflüchtlinge weiter zu erhöhen. Deswegen sind wir mit den Veröffentlichungen einverstanden . Wir wollen, dass Ross und Reiter genannt werden; das verlangen wir vom Medienkonsortium . Dann sind wir gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden auf dem richtigen Weg . Herzlichen Dank . ({7})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächste Rednerin hat Dr . Sahra Wagenknecht für die Fraktion Die Linke das Wort . ({0})

Dr. Sahra Wagenknecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004183, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das waren richtig eindrucksvolle Worte . ({0}) Ich finde es wirklich beeindruckend, welche Hyperaktivität die Bundesregierung plötzlich entfaltet: ZehnPunkte-Plan, Forderungen nach weltweiter Transparenz, Verbot von Briefkastenfirmen. Es ist schon bemerkenswert, wie Sie versuchen, die Öffentlichkeit für blöd zu verkaufen . Wollen Sie uns ernsthaft weismachen, dass Ihnen erst durch die Panama Papers aufgefallen ist, dass Briefkastenfirmen nicht dem Postempfang dienen, sondern für Steuerhinterziehung, Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten nicht missbraucht, sondern - denn genau dafür sind sie da - gebraucht werden? Sie hätten längst etwas dagegen tun müssen . Aber Sie haben bis heute nichts dagegen getan . ({1}) Natürlich ist der Kern längst bekannt . 2009 hat die deutsche Finanzaufsicht bei deutschen Banken nach Aktivitäten in Steueroasen gefragt . Das Ergebnis war: Über Tochtergesellschaften haben die hiesigen Institute mehr als 1 600 Stiftungen und Trusts in allen Steuerparadiesen dieser Welt unterhalten . Im März 2013 hat die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass prominente Unternehmer und Privatleute über Firmen in Panama verwickelt seien, darunter auch Vertreter der Familien Porsche, Piëch, Quandt, Burda, Jacobs und von Finck . Die Crème de la Crème des deutschen Geldadels tut sich also in einer zweifelhaften Steueroase um, und die Bundesregierung will von all dem überhaupt nichts mitbekommen haben . Das ist doch eine völlig unglaubwürdige Politik . ({2}) 2014 folgte Luxemburg-Leaks . Luxemburg-Leaks hat klargemacht: Man muss nicht in die Karibik gehen, wenn man die Öffentlichkeit und die Allgemeinheit um Steuergeld prellen will . Da wird man auch in der EU wunderbar bedient . Es ist auch längst bekannt, dass US-Steueroasen wie Delaware genau die gleiche Funktion erfüllen . Im Januar 2016 hat Oxfam darauf hingewiesen, dass reiche Personen in Steueroasen 7,6 Billionen Dollar verstecken und dass neun von zehn großen Unternehmen mindestens eine Tochterfirma in Steueroasen haben. Die Regierung hat nichts gehört und nichts gesehen . Jetzt wird sie plötzlich wach . Das ist eine Verhöhnung der Intelligenz derer, denen Sie das weismachen wollen . ({3}) Wenn es wenigstens so wäre, dass Sie die ganze Zeit nichts getan hätten, dann wäre es noch harmlos . Es ist aber in Wirklichkeit noch schlimmer . Trotz der Veröffentlichung haben Sie Panama und andere Steueroasen von der schwarzen und dann sogar noch von der grauen Liste intransparenter Staaten gestrichen und Doppelbesteuerungsabkommen mit diesen Ländern geschlossen, obwohl Sie wissen, dass das Steuerhinterziehungsabkommen sind . Das ist doch Ihre Aktivität . Auf EU-Ebene hat Deutschland verbissen gegen eine Offenlegung der Verzeichnisse der tatsächlichen Profiteure und Eigentümer von Briefkastenfirmen gekämpft. Das heißt, Deutschland hat genau die Transparenz verhindert, die sich Herr Schäuble jetzt so groß auf die Fahne schreibt . Das ist doch zutiefst unehrlich . ({4}) Sie hatten auch keine Einwände, dass anstelle des tatsächlich Berechtigten auch ein Strohmann in das neue Eigentümerverzeichnis eingetragen werden kann, was natürlich das ganze Projekt ad absurdum führt . Das heißt, während die Regierung jetzt plötzlich den Robin Hood im Kampf gegen die Steuerhinterzieher gibt, hat sie in Wahrheit alles dafür getan, dass die Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsmafia ihren dunklen Geschäften völlig unbehelligt weiter nachgehen kann . Das ist Ihre reale Politik . ({5}) Da geht es nicht um Bagatelldelikte; da geht es um organisierte Kriminalität der Reichen und Mächtigen . Es geht um bis zu 100 Milliarden Euro öffentliche Einnahmen im Jahr - und das in einer Situation, in der in Deutschland in vielen Pflegeheimen, in vielen Krankenhäusern Notstand herrscht, in einer Situation, in der Lehrer fehlen und in Schulen der Putz von der Decke fällt . In einer solchen Situation schenken Sie den Reichsten, vor allem dem kriminellen Teil der Reichsten, Summen in derartigen Größenordnungen. Ich finde, das ist eine unerträgliche Politik . ({6}) Sie müssen auch nicht auf den Tag warten, an dem die ganze Welt mitzieht . Es ist immer schön und billig, zu sagen: Wir machen ein Angebot an alle anderen und warten, ob sich die ganze Welt einigt . - Dabei weiß man genau, dass sich die ganze Welt nie einigen wird . Die USA haben, zumindest für ihre eigenen Staatsbürger, vorgemacht, wie es funktioniert . Wir brauchen saftige Quellensteuern - besser wäre es, sie auf EU-Ebene zu beschließen; aber man kann sie auch in Deutschland beschließen - auf Finanzflüsse in Steueroasen. Wir brauchen ein Strafrecht für Unternehmen, und wir brauchen endlich ein Vorgehen gegen Banken, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten . Das sind keine Bagatelldelikte . Schauen Sie sich die Commerzbank an, die im letzten Jahr wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe mit einer Bagatellstrafe von 17 Millionen Euro aus dem Verfahren gekommen ist . Das ist eine skandalöse Politik . ({7}) Wir brauchen endlich ein öffentliches Register über die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen. Hören Sie endlich auf, große Worte zu spucken! Hören Sie endlich auf, sich vor der Finanzmafia wegzuducken! Machen Sie endlich eine Politik, die deren Geschäfte unmöglich macht . Das können Sie auch hier in Deutschland . Hier können Sie vorangehen . Sie können auch in der EU wesentlich mehr durchsetzen, wenn Sie das endlich tun . Ich bin überzeugt: Wer gegen die Steuerhinterziehungsindustrie nicht endlich konsequent vorgeht, der zerstört die Demokratie . Deswegen sagen wir: Dieses Geld muss endlich der Öffentlichkeit zugutekommen . Dafür kämpft die Linke, und dafür werden wir auch weiter kämpfen . ({8})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner hat Landesminister Dr . Norbert Walter-Borjans für den Bundesrat das Wort . ({0}) Dr. Norbert Walter-Borjans, Minister ({1}): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Panama Papers haben eine ganz wichtige Botschaft an uns alle gesendet, nämlich die, dass diejenigen, die Geld verstecken, und diejenigen, die ihnen dabei helfen, nicht mehr sicher sein können, dieses Geschäft im Dunkeln ungestört vollziehen zu können . ({2}) Das ist eine viel wichtigere Botschaft, als manch einer denkt; denn wir alle wissen: Kapital ist ein scheues Reh, und in diesem Punkt ist es besonders scheu . Es kann gar nicht haben, wenn es irgendjemanden gibt, der möglicherweise am Lichtschalter dreht . ({3}) Dafür haben wir dem Recherchenetzwerk zu danken, aber auch - das sage ich ganz offen - den Steuerfahndern in den Ländern, die eine Menge Aufklärungsarbeit geleistet haben, und zwar schon lange vor Veröffentlichung der Panama Papers . Sie werden diese Arbeit auch jetzt, da die Daten bekannt sind, leisten und auch nach den Panama Papers . ({4}) Ein zweiter Punkt macht mir viel mehr Sorge. Ich finde etwas Erschreckendes an dem, was die Panama Papers hervorgebracht haben . Sie werfen eine brisante Frage auf, die sich die Menschen im Land stellen: Wer auf dem internationalen Parkett - in Banken, Unternehmen, Politik, Sportinstitutionen - ist eigentlich nicht verwickelt, wenn sich in irgendeiner Weise die Möglichkeit bietet, sich dem Fiskus mit einer Briefkastenfirma zu entziehen und es den Ehrlichen zu überlassen, zu zahlen? Das ist etwas, was an den Grundfesten unserer Demokratie, unseres Gemeinwesens rüttelt . Wenn wir nicht dagegen vorgehen, wird das dazu führen, dass Menschen in obskuren Alternativen ihren Vorzug sehen und meinen, da werde mit Patentrezepten das geboten, was man bei uns vermisse . Die Frage ist: Was heißt das? Was schließen wir daraus? Die erste Antwort darauf ist, dass Schluss damit sein muss, dass nur angekündigt und abgewartet wird . Vielmehr muss wirklich etwas getan werden, was den Menschen, die zweifeln, die Botschaft vermittelt: In den Parlamenten und Regierungen von Bund und Ländern sitzen Menschen, die es ernst damit meinen, ihren Beitrag, den sie nach dem Gesetz zu leisten haben, zu leisten . Ich will, Herr Michelbach, nicht verkennen, dass da schon eine Menge erreicht ist . BEPS ist eine ganz wichtige Sache . Wir haben in den letzten Jahren allerhand Dinge erreicht . Wenn wir das vor sechs oder sieben Jahren vorhergesagt hätten, dann hätte uns niemand geglaubt, dass man so weit kommen kann . ({5}) Aber wir wissen auch, dass das, was erreicht worden ist, erreicht worden ist, nicht weil es irgendwo eine große moralische Wende gegeben hat, sondern weil denen, die hinterzogen haben, und auch denen, die jetzt mit uns die Abkommen geschlossen haben, klar geworden ist, dass es mit der Geheimniskrämerei nicht so weitergeht, dass man schlicht und ergreifend ein viel zu hohes Risiko eingeht, wenn man Unanständiges macht, - dass man nämlich auffliegt - und dass sich Steuerhinterziehung immer weniger lohnt, da es immer aufwendiger wird, ein solches Versteckspiel zu treiben . Wir müssen auf jeden Fall auf diesem Weg weitergehen, und zwar in erster Linie auf dem internationalen Parkett; denn es nützt nichts, wenn man alleine dasteht, während alle anderen lukrative Möglichkeiten der Steuerhinterziehung anbieten, und nichts dagegen machen kann . Beim Austrocknen dieses Sumpfs muss man sich natürlich darüber im Klaren sein, dass man auch mit Fröschen am Tisch sitzt . Es gibt solche, die mittlerweile nicht mehr anders können, als in der Rhetorik mit uns übereinzustimmen, aber dennoch dafür sorgen, dass es Lücken und Verzögerungen gibt und dass es so schnell nicht möglich ist, etwas gegen die Missstände zu tun . Deswegen geht es neben der Arbeit an den internationalen Abkommen darum, klarzustellen, dass die Kontrolle dessen, was man verabredet hat, genauso wichtig ist . Es geht auch um Sanktionen gegenüber denjenigen, die sich an Verabredungen nicht halten . Man muss deutlich machen: Wir sind ein Teil einer Wertegemeinschaft auf dem internationalen Parkett, die auch wirtschaftlich stark genug ist, Sanktionen durchzusetzen . All das kann man, finde ich, ein Stück weit mehr tun. ({6}) Der Bundesfinanzminister hat mit seinem Zehn­Punkte-Plan einige Maßnahmen angesprochen . Für vieles das füge ich jetzt hinzu - wären die Panama Papers und die dadurch etwas aufgeschreckt schnelle Reaktion gar nicht nötig gewesen . Die nordrhein-westfälische Steuerfahndung arbeitet zusammen mit dem Landeskriminalamt seit eineinhalb Jahren an der Auswertung von Daten, die sich auf das Thema Panama und auf Institutionen, die mit den Panama Papers ans Licht kommen, konzentriert . Es gibt sogar schon staatsanwaltschaftliche Ermittlungen . Das ist also nicht neu . Es ist vielleicht in der Dimension größer, als man gedacht hat . Man dachte, dass man für 16 Milliarden Euro Mehreinnahmen gesorgt hat . Nun weiß man, was für ein kleiner Teil dessen das ist, der hinterzogen und verschoben wird . Es ist natürlich schon bemerkenswert, dass jetzt vieles aufgescheucht wirkt . Wenn ich mir einmal die zehn Punkte des Plans anschaue, dann stelle ich fest, dass beispielsweise unter Punkt 9 von der verspätet einsetzenden Verjährung bei Steuerbetrug die Rede ist . Ich erinnere mich sehr gut daran, als ich im November 2012 beim IRS in Washington war, dass uns genau dies dort vorgestellt wurde und ich diese Forderung damals gestellt habe . Es hat dreieinhalb Jahre gedauert, bis dieser Punkt nun auftaucht . Es gibt auch Punkte, die nicht im Zehn-Punkte-Plan enthalten sind, obwohl sie dort gut stehen könnten . Dankenswerterweise sind sie im Vorschlag der Bundestagsfraktion der SPD enthalten . Ein Beispiel - auch das ist nicht neu -: Seit zwei Jahren liegt dem Bundestag ein Gesetzentwurf des Bundesrates vor . Darin geht es darum, dass man Banken und nicht nur einzelne überführte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belangen können muss . Bisher konnte man immer nur eine lächerliche Strafe verhängen, was einer Lappalie gleichkam . Es muss klar sein, dass diejenigen, die sich geschäftsmäßig an diesem Werk beteiligen, um ihre Lizenz bangen müssen . Sie sind systemrelevant, legen Wert darauf, dass sie gestützt werden, nehmen aber ihre Verantwortung nicht wahr . Sie sagen nicht: „Hier ist eine Lücke; die Politik muss diese Lücke schließen“, sondern sie sind froh, wenn es eine Lücke gibt, die sie ausnutzen können . Das sollte keine systemrelevante Institution machen dürfen . ({7}) Ich will nur kurz drei Punkte nennen, um die man die Vorschläge ergänzen könnte, die auch sofort wirken könnten . Erster Punkt . In Deutschland ist man mit seinem Welteinkommen steuerpflichtig. Wer eine Offshorekonstruktion nutzt - um dort Steuern zu hinterziehen -, ist schon heute meldepflichtig; er muss nicht erst meldepflichtig gemacht werden . Nur, es ist ein Witz, dass es eine Ordnungswidrigkeit ist, wenn er gegen diese Meldepflicht verstößt . Erste Frage also: Wie stellen wir sicher, dass eine andere Sanktion als bisher droht, wenn man nicht meldet, und wie kann man die Banken in die Verantwortung einbeziehen? Jeder Arbeitgeber muss melden, was sein Arbeitnehmer verdient . Aber wenn es darum geht, dass Banken Kapitaleinkünfte angeben sollen, dann wird offenbar ein Menschenrecht verletzt . Das kann nicht sein . ({8}) Der zweite Punkt - er ist mehrfach angesprochen worden -: Banken müssen als Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden können; da darf nicht auf Einzelpersonen abgestellt werden . Im Bundesrat liegt seit gut zwei Jahren ein entsprechender Gesetzentwurf vor . Ich bitte dringend darum, ihn zu behandeln und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen . Der dritte Punkt - auch er ist angesprochen worden -: Es gibt Unternehmen, die die gesamten Gewinne, die sie in Deutschland erwirtschaften - diese sind wegen der Kaufkraft und der Größe des Landes hoch -, über Lizenzgebühren in Steueroasen verschieben, um hier keine Steuern bezahlen zu müssen und auch dort, wohin sie sie verschieben, keine Steuern bezahlen zu müssen . Diese beiden Lücken müssen geschlossen werden . Zu diesem Punkt gibt es schon einen Ansatz . Es geht jetzt darum - neben dem, was man schon verabredet hat und was ergänzt werden kann -, dafür zu sorgen, dass das auch durchgesetzt wird und nicht nur auf dem Papier steht . Es darf nicht sein, dass wir uns bei der nächsten Leaks-Diskussion, die es irgendwann wieder geben wird, hier wieder treffen, über dasselbe reden und fragen: Warum haben wir das eigentlich nicht gemacht, als die Panama Papers vorlagen? Diesen herzlichen Wunsch habe ich an den Deutschen Bundestag . Die Länder und wir als Nordrhein-Westfalen sind in hohem Maß bereit, daran mitzuwirken . Ich glaube, wir tun damit wirklich auch der Demokratie etwas Gutes . Der Zweifel daran, dass wir das wirklich in den Griff bekommen, wäre auch ein Zweifel daran, dass wir am Ende die Ehrlichen entlasten und vor allen Dingen die großen staatlichen Aufgaben wahrnehmen können . Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({9})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Dr . Anton Hofreiter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Panama Papers sind eine eindrucksvolle Liste von Menschen: Superreiche, die die Allgemeinheit um ihre Steuern betrügen wollen, Diktatoren und totalitäre Herrscher, die ihr eigenes Land ausplündern, des Weiteren Waffenhändler, Rauschgifthändler, Terrorfinanziers. Aber: Die Infrastruktur der Briefkastenfirmen, die all diesem dient, braucht in der Regel Unterstützung aus Minister Dr. Norbert Walter-Borjans ({0}) Europa, aus Deutschland, damit die Steuerkriminellen, die Waffenhändler diese auch nutzen können . Herr Schäuble, Sie reden sehr gerne von Law and Order . Sie haben jetzt einen Plan vorgelegt; Sie wollen einiges umsetzen . Aber wenn ich mir Ihr Handeln in den vergangenen Jahren anschaue, dann kommen mir doch ziemliche Zweifel daran, ob Sie das wirklich ernsthaft umsetzen wollen . ({1}) Das Besondere an diesem schönen internationalen Plan ist - das hat auch Herr Michelbach wunderbar dargestellt -: Man braucht die Unterstützung von ganz vielen Ländern, die unter Umständen unkooperativ sind, mit denen schwer zusammenzuarbeiten ist . Wenn man das alles dann am Ende wieder nicht umsetzen kann, dann stellt man sich hin und sagt: Es tut mir leid . An uns hat es gar nicht gelegen . Es wäre möglich gewesen . Wir haben es gewollt . Die anderen wollten nicht . - Das klingt dann alles gut und harmlos, und selber ist man nicht daran schuld . Aber warum setzen Sie denn eigentlich nicht die Maßnahmen um, die europäisch bzw . national umzusetzen wären? ({2}) Warum stellen Sie nicht endlich Ihre Blockade dagegen ein, dass das Country-by-Country-Reporting komplett transparent dargestellt und so umgesetzt wird, dass es wirksam werden kann? Deutschland ist da einer der Hauptblockierer . Deutschland ist auch einer der Hauptblockierer, wenn es darum geht, endlich klarzumachen, welcher Konzern in welchem Land Steuern zahlt . Sie als Bundesregierung haben sogar noch selbst dafür gesorgt, dass Konzerne, die ihren Hauptsitz in den USA haben, da komplett herausfallen . Das betrifft so schöne Konzerne wie Amazon, Apple und Starbucks, von denen wir wissen, dass sie in ganz großem Umfang Steuervermeidung betreiben . Setzen Sie deshalb, wenn Sie das Ganze ernst meinen, endlich das um, was Sie hier umsetzen können! ({3}) Schauen Sie sich die nächste Maßnahme an: Es gibt auf europäischer Ebene eine Transparenzrichtlinie . Diese Transparenzrichtlinie ist schon vor einiger Zeit beschlossen worden . Warum eigentlich ist das Transparenzregister in Deutschland nicht längst umgesetzt? Die jetzigen Umsetzungsvorschläge gehen längst nicht so weit, wie es selbst in solchen Ländern wie Großbritannien und den Niederlanden der Fall ist . Setzen Sie doch endlich die Transparenzrichtlinie komplett um! Sorgen Sie doch endlich für ein Transparenzregister, und zwar für ein Transparenzregister, das voll wirksam ist! ({4}) In Deutschland waren in der Vergangenheit bzw . sind aktuell 28 Banken betroffen . Ja, gibt es denn keine Institution, die diese deutschen Banken kontrolliert? Wer ist denn eigentlich verantwortlich für die Kontrolle dieser Banken? Ich glaube, da gibt es eine BaFin . Wie wäre es denn, wenn Sie endlich einmal den politischen Auftrag geben und die BaFin entsprechend handlungsfähig machen würden, dass sie endlich ihrer Kontrollaufgabe nachkommt und dafür sorgt, dass keine deutschen Banken mehr in diesen Leaks auftauchen, sondern sich endlich in ausreichendem Umfang an Recht und Gesetz halten? Wie wäre es denn damit? ({5}) Schauen wir uns die Steuerverwaltung an: Die Steuerverwaltung in Deutschland ist in 16 föderale Steuerverwaltungen zersplittert . Warum schaffen wir nicht endlich eine Bundessteuerverwaltung wenigstens für die Superreichen und die großen Konzerne, damit wir eine Steuerverwaltung haben, die mit den großen Konzernen und den Superreichen auf Augenhöhe agieren kann? ({6}) Setzen Sie sich endlich dafür ein, dass wir für die großen Konzerne und die Superreichen endlich eine funktionierende Bundessteuerverwaltung bekommen! ({7}) Wenn ich mir anschaue, wie in Deutschland der Zustand bei der Geldwäsche ist, stelle ich fest, dass Deutschland ein Zentrum der Geldwäsche ist . Wenn Sie mit Mafiaexperten sprechen, dann wissen Sie, dass Geld, welches in Italien, im Süden Italiens, oder an anderen schwierigen Standorten - wo es um Drogenhandel und Waffenhandel geht - erwirtschaftet wird, in Deutschland gewaschen wird; denn in Deutschland funktioniert die Kontrolle der Geldwäsche überhaupt nicht . Also sorgen Sie endlich dafür, dass Deutschland nicht mehr europaweit und weltweit ein Spitzenreiter bei der Geldwäsche ist, sondern dafür, dass Geldwäsche in Deutschland endlich effizient bekämpft wird! ({8}) Herr Schäuble, Law and Order, ja! Ich fordere Sie dazu auf: Setzen Sie bei der Steuerkriminalität und bei der Geldwäsche endlich Law and Order um! Das ist Ihr Job, und dann haben Sie auch uns auf Ihrer Seite; denn wir brauchen mittel- und langfristig endlich einen sauberen Finanzplatz Deutschland . Nur dann können wir bei der G 20, bei der G 7 und bei europäischen Verhandlungen glaubwürdig auftreten . So, wie Sie das bis jetzt gemacht haben, wird man es Ihnen nicht abnehmen, und auch wir nehmen es Ihnen nicht ab . ({9})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht der Bundesfinanzminister Dr . Wolfgang Schäuble für die Bundesregierung . ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hofreiter, ({0}) wissen Sie, ein Mindestmaß an Sachkenntnis schadet nicht, wenn man so heftige Vorwürfe erhebt . ({1}) - Ja, Mindestmaß . Lassen Sie mich einmal ein paar Sachen sagen . Das Problem ist wirklich ärgerlich, und es ist nicht neu . Es ist auch so: Ich bin seit Ende 2009 Bundesfinanzminister. Vorher gab es auch Bundesfinanzminister. Ich bin der erste, der mit großem Nachdruck, und zwar konsequent, jedes Jahr, daran arbeitet . Wir haben den automatischen Informationsaustausch . Es ist gesagt worden, wir hätten vor ein paar Jahren nicht für möglich gehalten, was wir alles erreicht haben . Es sind inzwischen über 100 Länder, die sich am automatischen Informationsaustausch beteiligen . Unterschrieben haben wir den Vertrag übrigens in Berlin im Herbst 2014 . Das ist für internationale Verhältnisse relativ schnell . Wir - ich persönlich zusammen mit meinem britischen Kollegen - haben die Initiative für die BEPS-Initiative im Rahmen von G 20 ergriffen; übrigens während der mexikanischen G-20-Präsidentschaft, wenn Sie es überprüfen wollen . Wir haben sie dann relativ schnell - immer für globale Verhältnisse - im globalen Prozess vorangebracht . Seit dem Gipfel in Antalya ist sie implementiert . Dort sind viele Punkte, die jetzt gefordert sind, längst enthalten . Deswegen ist es in der Tat wahr - hier bin ich mit dem Kollegen Walter-Borjans völlig auf derselben Linie -, dass das, was wir in zehn Punkten zusammengefasst haben, keineswegs alles neu ist . Deswegen habe ich die Veröffentlichung auch begrüßt, so wie bei den Luxemburg-Leaks . Sogar Ihr Fraktionskollege im Europäischen Parlament hat öffentlich gesagt: Herr Schäuble hat jede dieser Veröffentlichungen immer genutzt, um international und europäisch Druck dahinter zu machen . - Reden Sie einmal mit Herrn Giegold darüber! ({2}) Wir haben zwei grundlegende Probleme, die wir bei aller Erregung nicht übersehen dürfen . Wir müssen sie lösen . Das erste Problem ist: Ein Land wie wir - wir haben sowieso die Globalisierung -, das so sehr in die internationale Arbeitsteilung eingeflochten ist, muss Regelungen international zustande bringen . Wir können sie nicht im nationalen Alleingang machen, die nützen gar nichts . Angesichts der Fungibilität von Geld sind heute solche Regelungen nur noch global zu erreichen . Deswegen müssen wir diesen Weg gehen . Da kannst du manchmal fast verrückt werden, so mühsam ist das . Das ist alles wahr . Trotzdem muss man es tun . Wir bringen es beharrlich voran . Deswegen machen wir Druck dahinter . Die Europäer sind übrigens nicht die Schlechtesten dabei . Aber weil Sie die Niederlande als Vorbild genannt haben, wäre ich gerade ein bisschen zurückhaltend . Schauen Sie sich einmal die Patentboxen und einige andere Dinge an . ({3}) - Bei der Transparenz . Entschuldigung, wir haben doch in Europa die Richtlinie verabschiedet und beschlossen . Wir sind in der Umsetzung . Wir setzen sie auch um . Das Entscheidende ist, dass wir den automatischen Informationsaustausch hinbekommen . Wir werden jetzt auch in dieser Woche in Washington sagen - meine europäischen Kollegen machen mit -: Die, die nicht mitmachen - Panama ist eines der Länder, das beim automatischen Informationsaustausch nicht mitmacht -, werden wir auf eine schwarze Liste setzen und bestimmte Finanzgeschäfte nicht mehr machen . Wir haben die übrigens von der schwarzen Liste nicht in einer nationalen Entscheidung gestrichen . Das sind immer Empfehlungen des Global Forum . Das gibt es bei der OECD . Das ist das einzige Forum, bei dem man international gegen Steuerhinterziehung und übrigens auch gegen Geldwäsche arbeiten kann . Das zweite Problem, auf das ich Sie aufmerksam machen möchte, ist: Wir sind ein Bundesstaat . Die Verwaltungskompetenz liegt im Wesentlichen bei den Ländern . Das ist auch richtig . Deswegen arbeiten Bund und Länder eng zusammen . Wir machen Gesetze . Der Bundesrat hat die Gesetzgebungsinitiative, aber der Bundestag muss entscheiden . Zum Antrag des Bundesrates vor zwei Jahren hat die Bundesregierung in einer gemeinsamen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass dieser Antrag deswegen ins Leere zielt, weil die Rechtslage im KWG bereits so ist, dass, wenn systematisch gegen diese Vorschriften verstoßen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet wird, dies für Banken und Bankiers auch heute schon strafbar ist . Das ist geltendes Recht . Wer dagegen systematisch verstößt, kann seine Lizenz als Bank verlieren . Das ist geltendes Recht . ({4}) Deswegen hat die Bundesregierung damals gesagt: Diese Initiative zielt ins Leere . So haben wir das übrigens auch mit dem Restrukturierungsmechanismus und -fonds zum ersten Mal umgesetzt; da gibt es nämlich datenschutzrechtliche Probleme . Datenschutz wird ja gelegentlich hochgehalten . Heute sind Sie gerade für Law and Order, beim nächsten Mal sind Sie für Datenschutz . Ich bin immer für beides . Wir haben die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass die BaFin Meldungen an die Steuerbehörden macht, wenn sie bei der Überprüfung von Banken Erkenntnisse zur Verletzung steuerlicher Vorschriften oder zur Beihilfe dazu gewinnt . Seit es diese Rechtsgrundlage gibt, macht dies die BaFin mit großem Nachdruck . Das ist einer der Gründe, warum die Banken, auch ausweislich der Ergebnisse des Rechercheverbunds, die entsprechenden Vorschriften umgesetzt haben . Insofern ist der zentrale Punkt, an dem wir arbeiten, Register anzulegen, damit wir die wirtschaftlichen Eigentümer kennen, und zwar die wirklichen . Die Register müssen einen einheitlichen Standard haben und dann miteinander vernetzt werden, international und national . Auch dafür brauchen wir datenschutzrechtliche Grundlagen . Wir, die fünf Größeren in Europa - Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und wir -, sind jetzt dabei, dies zu verabreden; wir machen das schon einmal vorab zwischen uns fünf . Vor der Umsetzung brauchen wir aber eine rechtliche Grundlage für den Datenaustausch . Sonst können wir es nicht machen . Da bitte ich, die Grundlage dafür schnell zu schaffen . Wenn wir beides miteinander verbinden, haben wir die wesentlichen Punkte, die wir angehen können, umgesetzt . Ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen . In den Bund-Länder-Finanzgesprächen plädiert der Bund - die beiden großen Koalitionsfraktionen - gelegentlich dafür, dem Bund im Zusammenwirken mit der Steuerverwaltung der Länder mehr Kompetenzen zu geben . Regelmäßig lehnen das die Länder mit Abscheu und Empörung ab - und wenn Herr Walter-Borjans nickt, dann ist das so . Das hat ja auch gute Gründe . ({5}) Herr Hofreiter, das müssen Sie nur zur Kenntnis nehmen und dann nicht der Bundesregierung vorwerfen . Ich habe eine Bitte . Im Kampf gegen Steuerhinterziehung sind wir in den letzten Jahren viel besser geworden . Im Kampf gegen Geldwäsche sind wir bei den Vorschriften besser geworden, aber die Umsetzung ist nicht optimal . Deswegen stehen wir in den internationalen Listen nicht so gut da . Herr Michelbach, die Bargelddebatte hat übrigens auch ein bisschen damit zu tun, dass international empfohlen wird, Bargeldgeschäfte mit Obergrenzen zu versehen, jenseits derer die Beteiligten registriert werden müssen . Das ist eine internationale Empfehlung, und ich werde dafür eintreten, dass wir sie auch umsetzen . ({6}) Aber: Auch wenn wir die rechtlichen Vorschriften haben, ist die Verwaltungskapazität im Bereich der Geldwäschebekämpfung bisher nicht ausreichend . Deswegen haben wir in der Bundesregierung vor einigen Monaten entschieden - es hat eine Zeit lang Verhandlungen gegeben -: Wir schaffen eine neue FIU, Financial Intelligence Unit, die nicht beim BKA, sondern beim Zoll angesiedelt wird - im Wesentlichen mit neuen Mitarbeitern -, die die relevanten Informationen filtert. Da bitte ich die Länder deswegen habe ich gebeten, dass wir es, wenn möglich, auch auf der Ministerpräsidentenkonferenz der kommenden Woche behandeln -, einen entsprechenden Unterbau zu schaffen . Die Umsetzung des Polizeirechts ist nach dem Grundgesetz Sache der Länder . Das ist Sache der Gewerbeaufsicht . Die Gewerbeaufsicht ressortiert in den Ländern üblicherweise bei den Arbeits- und Sozialministerien, weil es da vor allen Dingen um Arbeitsschutzvorschriften und Sonstiges geht . Sie können sich vorstellen: Geldwäsche läuft da unter „ferner liefen“ . Es geht aber so nicht weiter . Deswegen ist meine Bitte, dass wir, wenn wir es auf Bundesebene ändern, dies auf Länderebene entsprechend tun . Es ist sehr viel besser, wenn wir alle die rechtlichen Regelungen schaffen . Da können wir auch noch einige Dinge machen . Ich stimme zum Beispiel dem Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Herrn Eigenthaler, zu, der gesagt hat: Lasst uns doch bei Kunden, die Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen haben, nicht mehr den Nachweis führen, ob sie da tatsächlich reale Geschäfte machen, sondern eine Beweislastumkehr vornehmen . - Das ist rechtsstaatlich möglich. Ich finde, wir sollten hier schnell zu einem Ergebnis kommen und es umsetzen . Es ist nicht so, dass wir mit unseren Vorschlägen ein Monopol haben . Es ist gut, wenn es noch bessere Vorschläge gibt, die wir umsetzen können . Bitte diskreditieren Sie nicht den Ansatz, dass wir das europäisch und international umsetzen müssen - sonst bleibt es vergeblich -, und zerstören Sie nicht die Grundlagen der arbeitsteiligen Wirtschaft in globalisierten Finanzmärkten . Herzlichen Dank . ({7})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke . ({0})

Klaus Ernst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003753, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ach, Herr Schäuble! Es ist schon interessant, zu verfolgen, was die Presse von Ihren Vorschlägen hält . Da sagt zum Beispiel ({0}) der Vizechef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, der mit diesen Vorgängen betraut ist: „Das ist eine Nebelkerze .“ Es fehlten wichtige Vorschläge wie öffentliche Firmenregister und ein Unternehmensstrafrecht . Der Spiegel zerreißt in einem Artikel alle zehn Punkte, die Sie vorgelegt haben, weil diese weit hinter den Anforderungen zurückbleiben . Als ich Ihnen zugehört habe, hatte ich den Eindruck: Es ist alles in Ordnung, weil Sie schon so viel getan haben . Wenn ich Herrn Kohl einmal zitieren darf . Er hat gesagt: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt .“ Wenn bei Ihrer Politik das herauskommt, was die Panama Papers jetzt belegen, dann kann man nur sagen: Sie haben auf der ganzen Linie versagt, Herr Schäuble, ({1}) der Koalitionspartner übrigens mit, auch er hat Finanzminister in unserem Land gestellt . Heute war der Wirtschaftsminister im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, und er hat gesagt - eigentlich haben Sie das heute noch einmal bestätigt -: Das macht sprachlos, aber irgendwie haben es alle geahnt . - Vorhin habe ich sogar gehört: Wir haben es alle gewusst, hat Herr Schäuble gesagt . - Wenn Sie alles gewusst haben: Warum bedarf es dann eines solchen Vorgangs wie den der Panama Papers - Sie haben zehn Punkte vorgelegt, die SPD zwanzig -, um aktiv zu werden? Wissen Sie, was das Problem ist? Das Problem ist die Stimmung bei den Bürgern . Die Bürger haben nämlich den Eindruck: Das, was plötzlich offensichtlich ist, haben Sie immer schon gewusst, haben es geahnt . ({2}) Es ist doch so: Die Spitzenpolitiker, die Spitzenleute in der Wirtschaft, die Sportler, die Eliten der Wirtschaft verstecken ihr Geld vor der Steuer, ({3}) aber jeder normale Steuerzahler in diesem Land kriegt sie vom Gehalt abgezogen . Wenn man dann einen erwischt das ist die Haltung der Bürger -, dann gibt es die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige oder man kommt sehr schnell wieder aus dem Knast oder man wird überhaupt nicht verfolgt . In diesem Zusammenhang fällt mir der Zumwinkel ein . Damals wurde die Steuerschuld kurzfristig auf unter 1 Million Euro gedrückt, damit man ihn nicht verknacken muss . Das ist der Zustand in unserem Land, und das haben die Bürger satt . Sie trauen Ihnen nicht mehr . Sie wenden sich von der Politik ab, wenn Sie das nicht beenden . Dafür sind Sie in der Regierung mit Ihrem Nichtstun mit verantwortlich . ({4}) Hinzu kommt das Versagen der Institutionen . Nehmen wir den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der in der Öffentlichkeit immer als Anwalt für Steuergerechtigkeit auftrat . Dann kommt heraus, dass er als Minister selber daran beteiligt war, es Firmen zu ermöglichen, ihre Steuern zu reduzieren . Wie soll da Vertrauen in Institutionen entstehen? Kommen wir zu den Banken . 28 deutsche Banken sind an dem Steuerbetrug beteiligt, von den sieben größten Banken sind es sechs: Deutsche Bank, Dresdner Bank, UBS Deutschland usw . Selbst die BayernLB ist dabei . Der bayerische Finanzminister ist übrigens eine der Aufsichtspersonen . Hat Finanzminister Söder nicht geguckt? Das kann ich gar nicht glauben . Er stellt sich an, Ministerpräsident zu werden . Glauben Sie, dass das das Vertrauen der Bürger in unseren Staat stärkt? Ich kann nur sagen: Da haben wir alle miteinander ein Problem . ({5}) Reden wir über die Banken . In einem gegenwärtig bestehenden Gesetz ist geregelt - der Wirtschaftsminister hat heute im Wirtschaftsausschuss darauf hingewiesen -, dass bandenmäßiger und organisierter Betrug mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden kann . Warum sitzt bei uns eigentlich noch kein Vorstandsmitglied einer Großbank ein? ({6}) Das ist geltendes Recht . Warum verknacken wir die nicht endlich!? Wenn wir sie verknacken würden, dann würden sie ihre Geschäfte vielleicht auch ordnungsgemäß und im Sinne der bundesrepublikanischen Gesetze durchführen . Aber das tun wir nicht, ({7}) sondern wir schauen weg und sagen: Es ist doch alles in Ordnung . Es gibt Vorschläge, die in Deutschland umzusetzen sind, Herr Schäuble, aber das machen Sie nicht; das schreibt ja auch die Presse . Ein Punkt wäre zum Beispiel die Quellensteuer . Das heißt schlichtweg, dass Gewinne dort zu besteuern sind, wo sie entstehen . Warum tun wir das nicht? Warum reden wir nur darüber? Warum reden Sie nur darüber? Übrigens: Die Gewinne, die nicht mehr versteuert werden müssen, weil die Firma, die die Gewinne macht, in irgendeinem Land sitzt, das Steuerschlupflöcher anbietet, werden hier angelegt und dann wieder steuerfrei transferiert . Wenn eine Quellensteuer vorhanden wäre, wäre das nicht möglich . - Das ist der erste Punkt . Der zweite Punkt: Wir haben eine Bundespolizei gefordert . Die haben Sie immer abgelehnt . Meine Damen und Herren, wir haben seit 2010 drei Anträge gestellt, in denen Teile stehen, die Sie jetzt selbst als Forderung erheben . Sie haben im Deutschen Bundestag jede Forderung der Linken, die Finanzmärkte vernünftig zu kontrollieren, diese Offshorepolitik zu stoppen und zu verhindern, dass der ehrliche deutsche Steuerzahler betrogen wird und andere, die Reichen, ihr Geld verschieben, abgelehnt . Deshalb kann ich sagen: Diese Regierung, auch Sie, Herr Schäuble, ist mitverantwortlich für das, was einige in diesem Land zulasten der Allgemeinheit treiben . ({8})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Jetzt spricht Carsten Schneider für die SPD-Fraktion . ({0})

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal will ich dem Qualitätsjournalismus in Deutschland Danke sagen; denn die Süddeutsche Zeitung hat mit der starken investigativen Recherche gezeigt, wofür Qualitätsjournalismus gut ist . Das sage ich gerade vor dem Hintergrund der Debatte, die wir generell über Meinungsfreiheit und Pressefreiheit führen . Uns hat es geholfen, Licht in das Dunkel zu bringen . Dass in den Konstruktionen der Briefkastenfirmen alles andere als weiße Ware und weiße Wäsche gewaschen wurde, war mir persönlich immer klar . Wie groß das Ausmaß ist, war mir nicht klar . Vermutungen kann man haben, aber jetzt wird deutlich, dass es sich insbesondere im Fall Panama, über den wir hier sprechen - der aber nicht der einzige Fall weltweit ist; denn es gibt noch britische Überseeinseln, andere Inseln in der Karibik, es gab den Fall Zypern und, und, und -, um Steuerhinterziehung handelt, vor allen Dingen aber um organisierte Kriminalität, die den Schutz der Dunkelheit nutzt, um illegal erworbenes Geld zu legalisieren und in den normalen Geschäftskreislauf einzubringen . Dazu kommen noch Diktatorengeld und anderes . Bisher sind noch keine prominenten deutschen Personen darunter . Ich hoffe, das bleibt auch so . Im Kern müssen wir das aufgreifen, was Herr Schäuble in zehn Punkten vorgeschlagen hat . Die SPD-Fraktion ist in Abstimmung mit den Ländern weitergegangen: zwanzig Punkte, die nicht nur internationale Verpflichtungen umfassen, sondern auch nationale avisieren, und darauf will ich eingehen, weil wir bei den internationalen Verpflichtungen keinen Dissens haben. Deutschland wird die Präsidentschaft und den Vorsitz der G-20-Gruppe im Dezember dieses Jahres übernehmen . Ich glaube, es muss die Hauptaufgabe sein, die Frage der Transparenz im Finanzsektor an die erste Stelle zu setzen, damit es gelingt, die Allgemeinheit vor denen zu schützen, die die Dunkelheit suchen, um ihre Geschäfte zu machen und Korruption und Unfrieden ins Land zu bringen . Dabei haben Sie unsere Unterstützung . Ein zweiter Punkt ist eine europäische Regelung . Am besten ist, wenn wir das europäisch geregelt bekommen, damit wir den großen Markt in Europa als Vorbildfunktion haben . Hier wird es ein bisschen schwieriger . Die BEPS-Initiative wurde angesprochen . Ja, es stimmt, sie liegt auf dem Tisch . Es sind einige Länder, zum Beispiel die Niederlande, genannt worden, die in manchen Punkten transparent sind . In dem Punkt der Steuergestaltungsmöglichkeiten für Großkonzerne gilt das eher nicht . Es muss klar sein: Steueroasen, die es auch in Europa gibt, müssen ausgetrocknet werden; denn sie sind Gerechtigkeitswüsten . Sie entziehen der Allgemeinheit das Geld, das die anderen, die Bürger dieses Landes, bezahlen müssen, um die Staatsleistungen erbringen zu können . Ein dritter Punkt ist die Frage: Gibt es nicht auch Möglichkeiten, die wir national umsetzen können? Hier haben wir einen Dissens . Ich fange aber mit dem Konsens an: Wir haben als SPD-Fraktion klar gesagt: Geldwäsche und Steuerhinterziehung müssen geächtet werden . Deswegen sind wir für eine ganz scharfe Umsetzung eines gerechten Steuervollzugs in Deutschland . Hier ist NRW Vorbild . ({0}) Die Gesetze gelten deutschlandweit . In NRW werden sie mit einer harten Steuerfahndung durchgezogen . Bayern ist in diesem Zusammenhang eine Gerechtigkeitswüste . Ein mittleres Unternehmen in Bayern wird im Schnitt alle 40 Jahre geprüft . Diese Zahl kommt nicht von mir, sondern das ist eine Zahl des bayerischen Rechnungshofs . Das muss sich zwingend ändern, weil wir die Durchsetzung des Rechts brauchen . Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Bargeldobergrenze . Herr Hofreiter, ich glaube, diesen Punkt haben Sie vorhin nicht genannt . Wir sind für eine Bargeldobergrenze, weil man Zahlungen von mehr als 5 000 Euro zum einen auch per Überweisung erledigen kann und zum anderen dem Schwarzgeldhandel, der Korruption, der organisierten Kriminalität das Leben dadurch zumindest erschwert wird . ({1}) Die Grünen haben sich dazu nicht bekannt, im Gegenteil . Das sollten Sie sich vielleicht noch einmal überlegen . Jetzt kommen wir zu einem Punkt, an dem wir noch einen Dissens haben . Es geht um den Entzug der Banklizenz bei Steuervergehen . Dazu gibt es einen Bundesratsantrag von 2013 . Es gibt - da haben Sie recht - eine Gegenäußerung der Bundesregierung dazu; ich habe sie mir eben noch einmal genau angeschaut . Ich teile diese Gegenäußerung nicht - ich sage das hier für die SPD-Fraktion -, weil bezüglich des Entzugs der Banklizenz auf das KWG verwiesen wird . Laut § 35 Absatz 2 Nummer 6 KWG - ich sage das für diejenigen, die das nachlesen wollen - kann die Lizenz aber nur bei nachhaltigen Verstößen gegen das Kreditwesengesetz, gegen das Geldwäschegesetz oder das Wertpapierhandelsgesetz entzogen werden, nicht bei Verstößen gegen Steuergesetze . ({2}) Da die Banken aber ganz oft zentral, als Spinne im Netz auftreten, auch bei der Beratung hinsichtlich einer Steueroptimierung, wollen wir, dass auch diese Frage gesetzlich normiert wird, damit die Banken im Zweifel auch haften . Und das schärfste Schwert dabei ist, ihnen die Lizenz zu entziehen. Ich finde, darüber sollten wir uns noch einmal austauschen . ({3})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Dr . Gerhard Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen .

Dr. Gerhard Schick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003837, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Panama Papers haben das Licht der Öffentlichkeit auf ein riesengroßes Problem gelenkt, nämlich auf das Briefkastenunwesen, das es weltweit gibt und das eine zentrale Voraussetzung für ganz viele der Probleme darstellt, die uns heftig beschäftigen: Drogenkriminalität, Terrorismusfinanzierung, das Ausplündern von Staaten durch ihre despotischen Herrscher, Steuerhinterziehung . Es ist gut, dass das Licht der Öffentlichkeit darauf fällt; denn gegen dunkle Geschäfte ist das wichtigste Instrument immer öffentliches Licht . ({0}) Die Panama Papers haben das Licht der Öffentlichkeit aber auch auf ein anderes Problem gelenkt - das kann man jetzt sehr gut wahrnehmen -, nämlich darauf, dass Carsten Schneider ({1}) der Bundesminister der Finanzen die Probleme in diesem Bereich seit Jahren ignoriert ({2}) und die Problemlösungen immer wieder erschwert hat . ({3}) Es ist gut, dass auch das an das Licht der Öffentlichkeit kommt . ({4}) Einer kann von dem, was jetzt öffentlich wurde, auf jeden Fall nicht überrascht gewesen sein, und das ist der Bundesfinanzminister; denn seit Jahren ist bekannt, dass es Tausende von Briefkastenfirmen gibt, und seit Jahren ist auch bekannt, dass es diesbezüglich massive Defizite in Deutschland gibt . Vor einigen Jahren schon hat Nordrhein-Westfalen einen Datensatz angekauft, der zeigt, dass die Commerzbank mit genau dieser Anwaltskanzlei in Panama Geschäfte betreibt . Die Bankenaufsicht, deren Vorgesetzter Sie sind, Herr Schäuble, weiß seit Jahren über die Probleme bei der Berenberg Bank Bescheid . Die internationale Fachorganisation Financial Action Task Force hat 2010 und 2014 auf die massiven Defizite Deutschlands bei der Geldwäschebekämpfung hingewiesen . Es gab 2012 eine Studie des Bundeskriminalamts, die gezeigt hat, wie massiv die Probleme mit der Geldwäsche im deutschen Immobiliensektor sind . Was haben Sie auf diese ganzen Hinweise und Problemanzeigen hin getan, Herr Finanzminister? Sie haben nichts Entscheidendes zur Beseitigung dieses Problems getan . Deswegen verbreiten Sie jetzt kurzfristig Aktionismus: ein Zehn-Punkte-Plan, ein Gastbeitrag in der Bild-Zeitung . Das sind Ankündigungen . Aber an Ihren Ankündigungen werden wir Sie nicht messen, sondern an Ihren Taten . ({5}) Sie reden jetzt gerne über den automatischen Informationsaustausch . Das hat aber mit dem Problem, um das es bei den Panama Papers geht, herzlich wenig zu tun, und das wissen Sie genau . Sie reden über Bereiche, in denen Sie etwas getan haben, damit nicht so stark auffällt, dass Sie im zentralen Problemfeld nichts getan haben . ({6}) Der automatische Informationsaustausch funktioniert nicht, wenn wir die Person, die hinter dem Unternehmen steht, nicht kennen, und deswegen braucht es hier endlich Öffentlichkeit . ({7}) Aber Öffentlichkeit und Transparenz sind leider etwas, gegen das sich Wolfgang Schäuble in seiner Zeit als Bundesfinanzminister immer wieder gestellt hat. Ein erstes Beispiel ist das Steuerabkommen mit der Schweiz . Sie wollten Anonymität und Dunkelheit für den Finanzplatz Schweiz . Wir haben Sie daran gehindert . Erst danach haben Sie den richtigen Weg eingeschlagen . Sie haben sich gegen ein Transparenzregister auf der europäischen Ebene eingesetzt und loben sich jetzt für die Umsetzung, zu der Sie gezwungen sind . Das ist ein Bluff . Bei der Umsetzung sind Sie gegen eine Öffentlichkeit dieses Registers, obwohl in Ihrem Koalitionsvertrag - 2013 festgelegt - bereits von einem öffentlichen Register für Unternehmen die Rede ist . Geschehen ist an dieser Stelle nichts . Das hätten Sie längst tun können . ({8}) Das gilt auch für das Thema Geldwäschebekämpfung in Deutschland . Sie wollen als Erstes - anderes haben wir von Ihnen nicht gehört -, dass Millionen Deutsche bei dem Thema Bargeld angegangen werden . Darüber kann man ja durchaus diskutieren, aber wer gleichzeitig bei den Steuertricks großer Unternehmen sagt, dass das nicht an die Öffentlichkeit kommen soll, geht die Probleme wirklich von der falschen Seite aus an . ({9}) Über 350 000 Menschen haben eine Petition der europäischen Grünenfraktion unterzeichnet . Sie wollen, dass wir dieses Briefkastenunwesen endlich angehen und vor allem das tun, was wir in Deutschland und in Europa tun können . Denn der Ansatzpunkt für die internationale Geldwäsche ist häufig unser Bankensystem. Deswegen lassen wir es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie hier über die internationale Ebene und die Schwierigkeiten dort philosophieren . Wir wollen, dass Sie dort, wo Sie zuständig sind, das Ihrige dazu beitragen, dass das Briefkastenunwesen ein Ende findet und die Unternehmen nicht mehr vermummt herumlaufen, sondern transparent sind . Das ist Ihre Aufgabe . Sie müssen die BaFin, die Finanzaufsichtsbehörde in Deutschland, neu aufstellen . Wir wollen, dass Sie sich dafür einsetzen, dass Banken eine Strafe zahlen müssen, wenn sie mit Unternehmen, mit Briefkastenfirmen aus Panama oder den Jungferninseln Geschäfte machen . So können wir es ökonomisch unattraktiv machen, dass man sich in diese Schattengeschäfte hineinbegibt . Wir können in Deutschland viel tun . Wissen Sie, von einem Bundesminister der Finanzen erwarten die Leute nicht, dass er irgendwann, wenn die Zeitungen voll damit sind, die Probleme angeht, sondern dass er sie dann angeht, wenn er Kenntnis davon bekommt . Kurzfristigen Aktionismus aufzublasen, wenn alle Leute davon reden, das ist ein reaktives Politikverständnis. Ich finde, Sie sollten hier endlich einmal in die Offensive gehen . Dann können wir Sie auch an Ihren Taten messen . Bisher gibt es nur leere Worte . ({10})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Dr . Mathias Middelberg für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Dr. Mathias Middelberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004110, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich finde, es steht der Opposition ohne Frage zu, scharf zu kritisieren und dabei auch scharfe Worte zu wählen . Hier sind ja scharfe Worte gefunden worden . Deutschland sei beim Thema Steuertransparenz der Hauptblockierer gewesen, wir hätten Transparenz verhindert . Auch die Ausführungen von Herrn Schick erwecken ja den Eindruck, als ob hier in den letzten Jahren quasi alles verschlafen worden ist . Gerade von Ihnen, Herr Schick, hätte ich das nicht erwartet, ({0}) weil Sie die Beratungen, die wir gerade im Finanzbereich regelmäßig durchführen, ja seit Jahren verfolgen, auch hochintensiv, ({1}) und weil Sie auch kompetent genug sind, zu begreifen, dass eigentlich das Gegenteil der Fall ist . ({2}) Hier ist ja übereinstimmend von unserem Finanzminister Wolfgang Schäuble und von Herrn Walter-Borjans zu Recht dargestellt worden, dass es ganz erhebliche Fortschritte gegeben hat . Es ist auch dargestellt worden, dass wir letzten Endes nur in einem internationalen Kontext weiterkommen . ({3}) Es hört sich ja toll an, Herr Ernst, wenn Sie sagen, dass wir alle Probleme einfach lösen können, wenn wir die Quellensteuer einführen . Nur müssen Sie dann die Quellensteuer mit dem panamaischen Finanzminister und auch mit allen anderen Finanzministern auf dieser Welt verhandeln; sonst können Sie das Problem auf diesem Weg nicht so einfach lösen . Das heißt, Sie brauchen internationale Abreden . Auf diesem Feld sind wir ganz entscheidend weitergekommen . Der, der es nicht verstanden hat, hat hier in den letzten Jahren wirklich komplett gepennt . ({4}) Der automatische Informationsaustausch, also dass wir ab dem kommenden Jahr automatisch, ohne nachzufragen, über jedes Konto, das ein deutscher Steuerpflichtiger im Ausland unterhält, informiert werden und auch umgekehrt, ist doch der absolut grundlegende Schritt für Steuertransparenz überhaupt . Das ist der grundlegende Schritt dafür, dass man überhaupt Steueransprüche vollstrecken kann . Sie sagen immer, da müsse mehr getan werden . Wir müssen aber erst einmal an die Auslandskonten herankommen, und wir müssen diese Informationen haben . Wir bekommen sie über den automatischen Datenaustausch . Er tritt ab nächstem Jahr in Kraft . Er ist im Oktober 2014 federführend von unserem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble initiiert und hier in Berlin unterzeichnet worden, zunächst von 51 Staaten; mittlerweile sind über 100 Staaten daran beteiligt . Das, finde ich, ist der grundlegendste Erfolg, den man bei diesem Thema überhaupt erreichen und feststellen kann . ({5}) Wir haben uns in den letzten Jahren - ich erinnere mich noch gut - über die Steuerparadiese Schweiz und Luxemburg unterhalten . Wir haben uns über den Fall Hoeneß unterhalten . Wir haben uns hier über Alice Schwarzer unterhalten . All diese Probleme sind mit dem Informationsaustausch erledigt . Das ist künftig Geschichte; denn man kann in der Schweiz oder in Luxemburg kein Konto mehr unerkannt unterhalten . Das heißt, die Zahl der Steuerparadiese wird mit Unterzeichnung dieses Informationsaustausches immer kleiner . Es gibt noch Steuerparadiese wie Panama und die Britischen Jungferninseln; es kommen auch noch ein paar andere in Betracht . Sie müssen jetzt nach und nach - das hat Herr Walter-Borjans ja zu Recht angesprochen - politisch isoliert werden . Das müssen wir jetzt politisch angehen . Da sind das Aufkommen dieser Daten und die Berichterstattung über Panama doch eine tolle Unterstützung . Das wird den Panamesen - oder Panameten; keine Ahnung, wie die sich nennen ({6}) eine Lehre sein . Sie werden sich fragen, ob sie in Zukunft noch der Zufluchtsort für verdecktes, verstecktes Kapital sein wollen, wenn das diese Konsequenzen hat . Deswegen müssen wir den Weg, den wir bisher beschritten haben, konsequent weitergehen . Das tun wir mit dem Zehn-Punkte-Plan . Dieser Zehn-Punkte-Plan ist die konsequente Fortschreibung dessen, was wir bisher auf die Bahn gebracht haben . ({7}) Ich könnte noch die BEPS-Initiative ansprechen . Ich finde, sie ist der zweite große und ganz erhebliche Baustein, um mit all den legalen Steuerverschiebungen und -vermeidungen Schluss zu machen . Sie ist der zweite grundlegende Schritt . Ihn haben federführend Wolfgang Schäuble und der britische Finanzminister Osborne diese beiden sind hier zu nennen - ins Werk gesetzt . Die europäischen Regierungschefs haben das jetzt beschlossen . Wir werden die ersten Schritte noch in diesem Jahr im Deutschen Bundestag umsetzen . Die EU erarbeitet jetzt eine Anti-BEPS-Richtlinie . Das heißt, es geht ganz konkret voran . Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, fiel bei Ihnen, Herr Hofreiter . In der Presseerklärung, die Sie gemeinsam mit Herrn Schick herausgegeben haben, schreiben Sie, Sie wünschten sich mehr Law and Order statt vornehmes Wegschauen beim Thema Panama-Leaks . Ich würde mir wünschen, dass man dieses Stichwort - mehr Law and Order - auch in politischen Debatten zu anderen Fragestellungen von Ihnen hört, etwa dann, wenn es um Speicherfristen, um Videoüberwachung, wenn es insgesamt um Sicherheitspolitik und die konsequente Verfolgung von Straftätern geht . Auch dann würde ich mir diese Forderung von Ihnen wünschen . Herzlichen Dank . ({8})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Lothar Binding für die SPD-Fraktion . ({0})

Lothar Binding (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003050, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hans Michelbach hat vorhin gesagt: Wir brauchen ethische und moralische Grundsätze . - Das sehen wir genauso . Aber es wäre natürlich toll, die Unternehmen würden sich ganz ohne Gesetzgebung und ganz ohne Regulierung daran halten . Dann hätten wir viel weniger Gesetzgebung und Regulierung . Wir haben oft gehört: Über 50 Staaten nehmen am automatischen Informationsaustausch teil . Ganz toll! Panama nimmt nicht teil . Die USA nehmen übrigens auch nicht teil, und die USA sind ein relativ großer Markt . Wer das mit bedenkt, merkt: Wir reden immer noch über stumpfe Schwerter . Gleichwohl haben wir sehr viel gemacht, auch sehr viel Gutes . Deshalb kann man nicht sagen, wir hätten nicht reguliert . Wir haben wirklich viel gemacht . Wir haben sogar so viel gemacht, dass sich der neue Bankenpräsident als Erstes über die Komplexität der Regulierung beklagt hat . Er hat ganz vergessen, dass die Komplexität der Regulierung im Vergleich zur Komplexität des Marktes unterkomplex ist . ({0}) Eigentlich hätte er sich überlegen müssen, wie die Marktgesetze, die er befolgen und definieren kann, etwas zu vereinfachen sind . Dann wäre viel passiert . Umso verdienstvoller ist die Arbeit des Journalistennetzwerkes, das viele Dinge aufgedeckt hat, die wir und viele andere zunächst nicht gesehen haben . Sie haben uns geholfen, sodass wir jetzt von mehreren Tausend Briefkastenfirmen wissen. Das ist doch erstaunlich. Was ist eigentlich so eine Briefkastenfirma? Sie hat keinen Beschäftigten - Arbeitsplätze sind ja manchmal ein Argument -, sie hat überhaupt kein nennenswertes aktives Geschäft zur Erzielung wirtschaftlicher Erträge, und die tatsächlich wirtschaftlich Begünstigten sind verschleiert. Eine Briefkastenfirma bietet sich also zur Geldwäsche, zur Steuerhinterziehung und zu allen anderen Sauereien an . Der Bundesrat - das hat Norbert Walter-Borjans ja schon vorgetragen - hat schon vor zwei Jahren einen ganz guten Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Steuerstraftaten eingebracht . Um es abzukürzen, will ich nur einmal aus der Gegenäußerung der Regierung zitieren . Die Bundesregierung sagt - das ist eine Aussage -: Die bestehenden Rechtsgrundlagen reichen aus . Eine andere Aussage lautet, eine Verschärfung des nationalen Aufsichtsrechts sei nicht sinnvoll . Daneben haben wir von den Kollegen der CDU oft gehört, wir bräuchten eine Regulierungspause . Ich glaube, mit Blick auf die Erkenntnisse, die wir heute haben, können wir feststellen: Diese drei Aussagen waren falsch . ({1}) Nun schauen wir auf die zehn Punkte, die jetzt genannt werden . Das müssen wir Fachpolitiker kritisch betrachten . Einer dieser Punkte ist substanziell, und zwar der hinsichtlich der Verjährungsfristen . Alle anderen sind doch eher Placebo als wirkungsmächtige Regulierungen . Ich glaube, das ist angesichts der Größe des Panama-Skandals zu wenig . ({2}) Um ein paar Dinge konkret zu nennen: Wir müssen in der vierte Geldwäscherichtlinie öffentliche Register der wahren Eigentümer einführen . Das wurde schon ein paar Mal gesagt . Ich glaube, das ist unabdingbar, weil wir die verantwortlichen Personen sonst überhaupt nicht dingfest machen können . Das ist aber nötig . Daneben müssen diese Register international vernetzt sein . Heiko Maas hat kürzlich die Einrichtung eines nationalen Transparenzregisters für Unternehmen vorgeschlagen . Das ist eine sehr gute Sache und ein guter erster Schritt . Diesen ersten Schritt müssen wir aber wahrscheinlich noch weiterentwickeln, um am Ende des Weges anzukommen . Daneben sollten wir die Geldströme von und zu dubiosen Unternehmen blockieren . Wie kann man das erreichen? Man kann hier nationalstaatlich schon etwas machen . Wir haben nämlich schon ganz gute Gesetze dagegen . Dabei ist es egal, ob diese Geldströme der Steuerhinterziehung, der Tarnung von Schwarzgeld, dem Terrorismus, der Geldwäsche, dem Menschenhandel oder dem Drogenhandel dienen . Ich will einmal eine Regelung nennen: Bei Geschäftsbeziehungen mit nicht kooperativen Staaten gibt es erhöhte Mitwirkungspflichten. Das ist eine gute Regel. Dummerweise - das ist jetzt natürlich eine Kritik - hat das BMF vergessen, zu definieren, was unkooperative Staaten sind . Das heißt, dieses Gesetz läuft leer . Es gibt keinen Anwendungsbereich . Wir haben hier eine tolle Regel, die aber nicht funktioniert, weil wir gar nicht wissen, für wen sie gilt . ({3}) Daneben könnten wir die Hinzurechnungsbesteuerung verschärfen . Natürlich gibt es passive oder niedrig beDr. Mathias Middelberg steuerte Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften zum Beispiel Kapitalgesellschaften oder auch Briefkastenfirmen -, und natürlich könnten wir all diese Gewinne schon jetzt den deutschen Gesellschaftern zurechnen . Jetzt hören wir: Du musst doch mit den anderen kooperieren . Das müssen wir nicht . Die Banken kennen die Geldströme doch . Wir würden dann nur die nicht erwischen, die das Geld mit dem Koffer wegtragen . Insofern wäre das ein gutes Instrument . Ich kenne das Cadbury-Schweppes-Urteil . Eine Hinzurechnung ist im europäischen Kontext zwar nur bei echten Missbrauchsfällen nötig, aber in Bezug auf die Hinzurechnung haben wir eine ganz gute Idee . Zur Quellensteuer haben wir schon viel gehört . Auch diese Transfers können die Banken benennen . Die Quellensteuer ist eine gute Idee; sie wurde heute schon mehrfach genannt . Man muss aber natürlich sagen: Nach der Zins- und Lizenzrichtlinie ist das innerhalb Europas nicht so leicht möglich, weil wir die Besteuerung im Zielstaat angestrebt haben . Das gilt europaweit . ({4}) - Sie stimmen dem zu . - Wäre es deshalb nicht wichtig, noch einmal darüber nachzudenken - die Folge dieser guten Regel waren nämlich Lizenzboxen in den Niederlanden und Rulings in Luxemburg -, ob diese Zins- und Lizenzrichtlinie nicht noch einmal überarbeitet werden muss? Das sind Regeln, die dem, was wir heute bekämpfen, letztendlich den Weg bereiten . Deshalb wäre es klug, an dieser Stelle auch noch einmal über europäische Regeln nachzudenken und zu schauen, ob sich hier alle Staaten so verhalten, wie es dem Willen des gesamteuropäischen Volkes entspricht . Ich glaube, hier gilt es, noch einmal nachzuschärfen . Schönen Dank . ({5})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Uwe Feiler für die CDU/ CSU-Fraktion . ({0})

Uwe Feiler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als am 3 . April dieses Jahres die sogenannten Panama Papers in der Öffentlichkeit auftauchten, entwickelte sich sehr rasch eine vielbeachtete öffentliche Debatte über vermeintlich prominente involvierte Privatpersonen, Banken, die ihre Kunden bei Offshoregeschäften unterstützten, und eine panamaische Anwaltskanzlei, die sich anscheinend auf alle Finessen sogenannter Briefkastenfirmen mit Schachtelkonstruktionen versteht. Das Journalistennetzwerk, das wohl in jahrelanger akribischer Kleinarbeit immerhin eine Datenmenge von circa 2,6 Terabyte mit ungefähr 11,5 Millionen Datensätzen zutage förderte, machte zweierlei deutlich: Erstens . Der von Deutschland maßgeblich initiierte Prozess des internationalen Informationsaustausches in Steuersachen war richtig, ist richtig und muss auch in Zukunft den größten Anteil der Bemühungen ausmachen, um zu verhindern, dass Unternehmen und Privatpersonen im Ausland Vermögen möglichst unentdeckt parken können . ({0}) Meine Damen und Herren, dieser Prozess ist mühselig . Aber die rasch wachsende Zahl der am Informationsaustausch teilnehmenden Staaten von 51 Ende 2014 auf 96 Staaten mit Stand Anfang März dieses Jahres zeigt, dass wir hier am Ball bleiben müssen, um auch die über 100 nichtteilnehmenden Staaten von einer Beteiligung an dem Verfahren zu überzeugen . Selbst bei kritischer Würdigung der Arbeit der Bundesregierung kann wohl niemand ernsthaft bestreiten, dass der Bundesfinanzminister Dr . Schäuble an der Spitze der Bewegung innerhalb der OECD und der G 20 steht, um diesen Prozess entschlossen voranzutreiben . Von daher braucht weder der Bundesfinanzminister noch sonst einer der Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion Nachhilfe in Sachen Bekämpfung von Steuerhinterziehung . ({1}) Zweitens . Alleine die schiere Menge an recherchierten Informationen offenbart, dass niemand so kurz nach Veröffentlichung der Daten einen seriösen Gesamtüberblick über die Auswirkungen auf in Deutschland steuerpflichtige Personen haben kann . Der Aktionsplan des Ministers knüpft also an bestehende und bereits geplante Initiativen an, verstärkt den Druck auf die Länder, die sich dem automatischen Informationsaustausch nach wie vor verweigern, und steuert in Einzelfällen, beispielsweise bei der Anlaufhemmung der Verjährung, nach, wenn Steuerpflichtige ihren Meldepflichten nicht nachkommen. An dieser Stelle sei mir als beurlaubter Landesfinanzbeamter aber erlaubt, festzustellen, dass die Länder mit ihren Finanzbehörden hier mitziehen müssen . Immerhin obliegt ihnen unter anderem die Bekämpfung der Geldwäsche im gewerblichen Bereich . Während der Zoll mit der Wahrnehmung der Geldwäscheverdachtsmeldungen seitens des Bundes beauftragt und entsprechend personell ausgestattet wurde, lässt die Kooperation der Länder in diesem Bereich nach wie vor zu wünschen übrig . Dabei reicht es dann auch nicht, nur den Handlungsbedarf aufzuzeigen . Hier müssen den Worten Taten folgen: Die Länder müssen das notwendige Personal stellen und organisatorisch nachbessern . Lassen Sie mich auch noch auf die vielen vermeintlich guten Vorschläge eingehen, die sich bei näherem Hinsehen dann aber doch nur als bedingt gut durchdacht herausstellen . Die Bandbreite reicht hier von der Forderung nach dem allgemeinen Verbot von Briefkastenfirmen, dessen Beschluss außerhalb unserer Staatsgrenzen sicher kaum Eindruck hinterlassen würde, bis zur Novelle des Kreditwesen- und des Geldwäschegesetzes . Letztere Lothar Binding ({2}) Vorschläge setzen sich mit dem Thema immerhin inhaltlich auseinander . Der Vorschlag des Bundesrates sieht vor, das Kreditwesengesetz so zu ändern, dass die BaFin gegen Institute einschreiten und auch die Banklizenz entziehen kann . Der Kollege Schneider hat es vorhin angedeutet: Wenn nachhaltig gegen das KWG, das Geldwäschegesetz oder dazugehörige Verordnungen verstoßen wird, dann kann die BaFin als schärfstes Mittel die genannten Maßnahmen ergreifen . Steuerstraftaten sind hiervon ausgenommen; da gebe ich Ihnen recht, Herr Schneider . Aber der § 35 Absatz 2 Nummer 3 KWG - das habe ich eben nachgesehen - ermöglicht auch den Entzug der Banklizenz, wenn die Zuverlässigkeit oder die fachliche Eignung der Geschäftsführung nicht gewährleistet ist . Dazu gehören selbstverständlich auch Steuerstrafsachen . ({3}) Das Ganze darf nämlich nicht dazu führen, dass die individuelle Verantwortung von Geschäftsführern ausgehebelt wird oder gar Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Banken und deren Kunden durch den vorschnellen Entzug der Lizenz in Mithaftung genommen werden . Deshalb werbe ich an dieser Stelle ausdrücklich dafür, den bisher eingeschlagenen Weg von Transparenz und Austausch von Informationen weiterzugehen . Wenn wir aber glauben, mit ausschließlich nationalen Lösungen Steuerparadiese austrocknen zu können, ({4}) ist die Enttäuschung vorprogrammiert . Vielen Dank . ({5})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion . ({0})

Dr. Jens Zimmermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004603, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, in der Debatte ist deutlich geworden: Die Enthüllungen der Panama Papers sind vor allem eines, nämlich ein Weckruf an uns alle . Es ist gesagt worden, dass es zuvor bereits viele Enthüllungen gab . Es ist auch gesagt worden, dass man gewusst hat, dass es das gibt . Über das Ausmaß sind viele jedoch überrascht . Es sind die unterschiedlichsten Maßnahmen, die die SPD mit angestoßen hat, die wir in der Großen Koalition auf den Weg gebracht haben, genannt worden . Ich glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg . Jetzt muss es aber auch weiter vorangehen . Wir dürfen uns an dieser Stelle nicht zurücklehnen und nicht stillstehen, meine Damen und Herren . ({0}) In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu verstehen, dass wir über einen ganzen Themenkomplex sprechen . Die Briefkastenfirmen in Panama, über die jetzt alle reden, sind ja nur ein kleiner Teil davon . Wir reden über Geld aus illegalen Quellen . Wir reden über Steuerhinterziehung. In der Mitte haben wir diese Briefkastenfirmen, die diese Gelder verwalten . Dort entsteht Schwarzgeld und wird dort verwaltet . Letztlich haben wir auch anonyme Zahlungswege . Ich freue mich darüber, dass die vierte Geldwäscherichtlinie mittlerweile zu großer Berühmtheit gekommen ist . Diese Richtlinie kannten bisher nur Insider . Jetzt wird ein großes Gesetzesvorhaben daraus, das meines Erachtens wichtig und richtig ist, weil wir damit ganz viele Dinge auf den Weg bringen werden . Lassen Sie mich noch einmal auf das Thema Geldwäschebekämpfung eingehen . In Panama haben nicht nur Briefkastenfirmen ihren Sitz. In Panama können Sie auch sogenannte Prepaidkreditkarten erwerben, auf denen kein Name steht . Insofern weiß niemand, wem diese Karten gehören . Mit diesen Karten können Sie in Deutschland Bargeld an Geldautomaten abheben . Ich habe sehr genau zugehört, was der Minister gesagt hat. Ich finde es gut, dass Sie so vehement zu der 5 000-Euro-Schwarzgeldgrenze stehen . - Entschuldigung, Bargeldgrenze . ({1}) - Freud’scher Versprecher . Entschuldigung . Ich glaube, das ist richtig, weil man das in diesem Zusammenhang sehen muss . Ich glaube, alle anderen, die so tun, als hätte das nichts damit zu tun, machen sich an dieser Stelle etwas vor . Viele Bürgerinnen und Bürger und auch Freunde fragen mich: Warum geht das nicht schneller? Woran hängt es denn eigentlich? Diese Fragen halte ich für absolut berechtigt . Ich freue mich, dass der Kollege Gutting, der soeben getwittert hat, einen Teil zur Aufklärung beitragen kann . Er hat nämlich geschrieben: Koalitionspartner SPD gibt sich als Vorkämpfer gegen internationalen Steuerbetrug … ({2}) Meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine sehr richtige Beobachtung . Der zweite Teil kommt aber noch, und der hat mich ein wenig verunsichert . Das passt auch so ein bisschen . Ich fand die Wortbeiträge unseres Koalitionspartners sehr gut . Heute Morgen haben wir zwei Stunden lang im Finanzausschuss darüber diskutiert . Da war eine sehr große Stille aufseiten der Union . Das hat mich verunsichert . Dann habe ich diesen Tweet zu Ende gelesen . Dieser lautet komplett wie folgt: Koalitionspartner SPD gibt sich als Vorkämpfer gegen internationalen Steuerbetrug und sackt unter 20 %. Da muss man doch was merken. ({3}) Eine solche Aussage kann natürlich verschieden interpretiert werden . Wir werden das mit Sicherheit auch bilateral klären können . Dieser Tweet steht aber so in der Welt . Wenn man länger über ihn nachdenkt, kann man eigentlich nur zwei Interpretationsmöglichkeiten finden. Entweder sagt man: Ein Großteil der Wähler sind Steuerbetrüger, und deswegen wollen sie nicht die SPD wählen, weil die SPD ja diese bekämpfen möchte . Oder man zieht das Ganze dermaßen ins Lächerliche, dass man an dieser Stelle vielleicht gar nichts machen wird . ({4}) Ich finde, das hilft uns nicht weiter. Das hilft uns nicht weiter, auch nach außen glaubhaft zu versichern, dass wir alles Mögliche tun, um diesen Machenschaften Herr zu werden . Ich sage damit nicht, dass irgendjemand von Ihnen das persönlich unterstützen möchte . Das sage ich nicht . Aber ich glaube, es ist eine absolut falsche Botschaft, die Sie da nach außen senden . Darüber war ich schon sehr überrascht . Meine Damen und Herren, in der Union mag es eine Schmähung sein, als Vorkämpfer gegen den internationalen Steuerbetrug bezeichnet zu werden . ({5}) Für mich und für die SPD ist das eine Auszeichnung . Vielen Dank . ({6})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner spricht Dr . Heribert Hirte für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Prof. Dr. Heribert Hirte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004302, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an das anknüpfen, was meine Vorredner und insbesondere der Kollege Michelbach schon gesagt haben: Wir haben in den letzten Jahren unglaublich viel im Kampf gegen Steuerverlagerung und Steuerhinterziehung gemacht, und die jetzt vom Bundesfinanzminister vorgestellten Punkte sind ein weiterer Schritt in diese richtige Richtung . ({0}) Deshalb möchte ich auch - darauf wurde nämlich noch nicht hingewiesen - ergänzen, dass wir vor nicht einmal einem Monat im Rahmen der Reform der Abschlussprüfung durch das sogenannte AReG auch die aggressive Steuerplanung als „Nebentätigkeit“ von Abschlussprüfern im Handelsgesetzbuch verboten haben, im Übrigen auch auf Initiative unseres Finanzministeriums . ({1}) Ich will aber auch einmal daran erinnern, was ich damals in diesem Zusammenhang hier gesagt habe, nämlich dass dieser Schritt auch als Signal dafür anzusehen ist, dass wir auf europäischer Ebene eine klarere Regelungskompetenz für das materielle Steuerrecht brauchen . Das hat aber eine manchmal verschwiegene Kehrseite . Diese Kehrseite ist, dass dann auch die Kompetenzen des Europäischen Parlaments, insbesondere seine Haushaltskompetenzen, denen der nationalen Parlamente entsprechen müssten; und das ist zurzeit noch nicht der Fall . Damit bin ich bei der Forderung nach dem sogenannten Country-by-Country-Reporting hinsichtlich der Steuerzahlungen multinationaler Unternehmen . Das ist eine gute Idee, aber sie funktioniert nicht, solange eben die materiellen steuerlichen Vorschriften des Steuerrechts insbesondere zur Gewinnermittlung - nicht untereinander entsprechend angepasst werden, selbstredend mit der gerade geforderten demokratischen Beteiligung . Denn ansonsten vergleichen wir Äpfel mit Birnen . Noch schwieriger wird es bei den grenzüberschreitenden Fällen . Sie lassen sich jenseits des europäischen Rechts nur durch Abkommen - insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen - erfassen; das haben wir schon gehört . Dabei ist es zweifelsfrei richtig, Möglichkeiten zur Manipulation des Steuersubstrats zu verringern . Aber auch hier erfüllt es mich als Rechtspolitiker mit einer gewissen Sorge, dass es sich allein um Regierungsabkommen handelt, die dann allein durch Verständigungsvereinbarungen der beteiligten Regierungen ausgelegt und konkretisiert werden können . Ich meine, hier ist eine Beteiligung des betroffenen Steuerpflichtigen zwingend geboten; denn sonst könnte aus einem Doppelbesteuerungsabkommen, das eigentlich der Vermeidung der Doppelbesteuerung bzw . der Abgrenzung dient - das ist völlig richtig -, leicht ein Abkommen zur Begründung der doppelten Besteuerung werden . In manchen Einzelfällen ist das ja so . Zudem muss man bei der Forderung nach unbeschränktem grenzüberschreitenden Datenaustausch, die gerade von der Opposition sehr oft betont wurde, ein bisschen vorsichtig sein . Den Steuerbehörden in Russland und China vertraue ich, sofern es darum geht, mitzuteilen, dass ein Konto besteht . Aber der Gedanke, alle Daten, die unsere Steuerbehörden haben, auch mit den Steuerbehörden in den genannten Ländern zu teilen, erfüllt mich mit einer gewissen Sorge . Und mich beunruhigt, dass gerade von den Grünen, die sonst den Datenschutz so hochhalten, dieser Punkt so nicht angesprochen wird . ({2}) Lassen Sie mich zum Schluss einen kurzen Blick ins Gesellschaftsrecht werfen . Lieber Kollege Schick - auch er twittert gerade; das kann ich gleich nachlesen ({3}) - ja, doppelte Arbeit geht immer; das ist wunderbar -, es gibt auch durchaus Sachverhalte, bei denen Briefkastenfirmen fast zwingend erforderlich sind. Auch Sie arbeiten ja am Kapitalmarktrecht und wissen von daher, dass die Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft unter einer Schwelle von 3 Prozent gerade noch nicht meldepflichtig ist. Wenn Sie etwas nicht transparent machen wollen, weil eine Beteiligung unterhalb einer gewissen Schwelle das auch nicht erforderlich macht, dann bleibt Ihnen letztlich, weil im Bereich des Börsenhandels sehr schnell darüber geredet wird, nur der Weg über ebendiese Briefkastenfirmen. Man muss einfach in Erinnerung rufen, dass es dafür durchaus notwendige Sachverhalte und legale Zwecke gibt . Anders ist dies - das ist völlig klar - in Bezug auf den Fiskus, die Strafverfolgung und die Geldwäsche . Deshalb brauchen wir - wir haben es gehört - eine Reform auf der Grundlage der vierten Antigeldwäscherichtlinie der EU gerade in Bezug auf Gesellschaftsanteile, die noch nicht auf diese Weise, wohl aber unter Berücksichtigung der Privatsphäre öffentlich gemacht werden . Da setzen wir jetzt an, und das werden wir umsetzen . Aber auch hier müssen wir notwendigerweise die rechtsstaatlichen und datenschutzrechtlichen Vorschriften beachten . Eine Datenabfrage in dem angedachten ergänzenden Handelsregister setzt deshalb eine klare Zweckbestimmung voraus, weshalb sie auch zu dokumentieren ist . Voraussetzung für die Erforderlichkeit muss sein, dass man vorher keine Auskunft vom Gesellschafter bekommen hat, ob er auf der Grundlage eines Treuhandverhältnisses tätig ist . Dementsprechend ist die Öffnung des Zugriffs nur für den Fiskus und nicht etwa für andere interessierte Kreise vorzunehmen . Wir sind - das ist das Entscheidende - auf dem richtigen Weg . Daran lassen Sie uns gemeinsam weiterarbeiten . Vielen Dank . ({4})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als letzter Redner in der Debatte spricht Fritz Güntzler, ebenfalls für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Fritz Güntzler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004285, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Veröffentlichung der Panama Papers verschafft uns die Möglichkeit, in dieser Aktuellen Stunde noch einmal darzustellen, was die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in dieser Legislaturperiode schon geleistet haben . Es schärft auch den Fokus auf das Thema; das wurde bereits mehrfach angesprochen . Ich verstehe nur manchmal die große Aufregung nicht, die nebenbei auch noch vermittelt wird . Man kann darüber diskutieren, ob das Ausmaß bereits so bekannt war . Aber dass es immer Briefkastenfirmen gab, war, glaube ich, allen, die sich mit diesem Thema befassen, schon grundsätzlich bekannt . ({0}) Zur sachlichen Debatte gehört auch, festzustellen, dass es ganz legitime Gründe geben kann, eine Briefkastenfirma oder eine Offshoregesellschaft zu nutzen, und dass das nicht per se illegal oder illegitim ist . Das hat ja auch Minister Walter-Borjans, der leider schon gehen musste, im Handelsblatt erklärt; ({1}) und das fand ich auch vernünftig . Es darf eben keine Vorverurteilung geben . Man wundert sich schon, warum mancher diese Wege geht . Aber das ist nicht per se ein Problem . Deshalb wäre es gut, wenn die Journalisten, die so gelobt worden sind, über ihr Netzwerk die entsprechenden Daten den Strafverfolgungsbehörden bzw . den deutschen Steuerbehörden bekannt machen, damit die Ermittlungen beginnen können, damit wir die am Schlafittchen fassen können, die wir bekommen wollen. ({2}) Herr Kollege Zimmermann, ich will jetzt nicht den Versuch machen, den Tweet von Herrn Gutting zu interpretieren . Ich erlebe ja in Diskussionen, dass Sie an unserer Seite stehen, wenn es um die Bekämpfung von Steuerbetrug geht . Aber vor Wolfgang Schäuble stellte ja die SPD die Finanzminister; ich hatte das Gefühl, dass man damals noch nicht ganz so ernst bei der Sache war ({3}) und es erst losging, seitdem Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister ist. So habe ich jedenfalls den Tweet von Herrn Gutting verstanden . Ich glaube, dann erscheint das auch in einem anderen Licht . ({4}) Meine Damen und Herren, die Debatte hat, wie ich glaube, gezeigt: Rein nationale Lösungen werden nicht zum Erfolg führen . Wir gehen den internationalen Weg . Das ist kein Ausweichen nach dem Motto „Wir machen das international, damit das gar nicht klappt“ . Wir können ja Ergebnisse vorweisen . Einige steuerliche Aspekte, die mich sehr bewegen, wurden bereits genannt . Der automatische Informationsaustausch ist eine riesige Erfolgsgeschichte . Über 100 Staaten sind dabei . Das ist sicherlich noch nicht genug . Panama zum Beispiel macht nicht mit . Die Bundesregierung hatte zwar mit Panama das Auskunftsrecht nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens ausgehandelt . Das wurde aber nur paraphiert, nicht ratifiziert, weil es einen Regierungswechsel in Panama gab . Da müssen wir weiter Druck machen . Vielleicht können wir die Panamaer nun auch zum automatischen Informationsaustausch bewegen . Klar muss dabei sein, dass diejenigen, die nicht mitmachen, auf eine gesonderte Liste - diese kann man meinetwegen auch schwarze Liste nennen - kommen und Konsequenzen zu tragen haben . Aber bei diesen Listen muss klar sein - das ist auch in der heutigen Diskussion im Finanzausschuss deutlich geworden -, dass die Namen von Unternehmen nach den gleichen Kriterien darauf gesetzt werden und es keine unterschiedlichen Kriterien geben darf . Von daher ist es, wie im Zehn-Punkte-Programm vorgeschlagen, sinnvoll, dass die OECD den Prozess begleitet . Die Kollegen haben bereits auf den BEPS-Prozess hingewiesen, den Minister Schäuble eingeleitet hat . Er umfasst 15 Maßnahmen . Die sogenannten Lizenz- und Patentboxen - ein schönes Thema - wurden bereits angesprochen . Es geht darum, Gewinnverlagerungen zu vermeiden . Aber man sieht am BEPS-Projekt auch, dass nicht alles so einfach ist . Wenn es dort heißt, man wolle eine Offenlegung von Steuersparmodellen oder von sogenannter aggressiver Steuergestaltung, dann stellt sich natürlich dem geneigten Leser die Frage: Was ist denn das überhaupt? Wenn ich bei der Veräußerung meiner Immobilie, die ich vermietet habe, die Spekulationsfrist von zehn Jahren ausnutze, ist das, glaube ich, noch keine aggressive Steuergestaltung, wenn ich den § 6 b EStG nutze, auch nicht . Aber wo ist die Grenze überschritten, sodass wirklich aggressive Steuergestaltung vorliegt? Darüber haben wir ja, lieber Kollege Hirte, auch im Rahmen des AReG diskutiert . Das Bundesverfassungsgericht hat ja immer wieder entschieden - ich zitiere -, dass der Steuerpflichtige seine Angelegenheiten und Rechtsverhältnisse so einrichten kann, dass er möglichst wenig Steuern zahlen muss . Er ist also nicht gezwungen, möglichst viele Steuern zu zahlen . Er darf also Steuergestaltung vornehmen - das ist übrigens legal und auch legitim -, er darf die Steuern nur nicht hinterziehen . Solange er die Gesetze anwendet, ist Steuergestaltung in Ordnung . Herr Kollege Hirte hat schon einiges über Country-by-Country-Reporting gesagt . Weil Kollege Hofreiter gesagt hat, wir würden da blockieren, halte ich fest: Das ist im BEPS-Projekt beinhaltet . Das wird kommen . ({5}) - Er hat gesagt, wir blockierten Country-by-Country-Reporting . - Es stimmt, wir haben eine unterschiedliche Auffassung darüber, Herr Kollege Schick, ob wir die Öffentlichkeit einbinden . Ich meine, das Steuergeheimnis hat in Deutschland einen eigenen Wert. Von daher finde ich es richtig, dass die Daten, die für die Steuerermittlung entscheidend sind, zwischen den Finanzbehörden ausgetauscht werden und nicht der ganzen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden . ({6}) Da ist ein Dissens . Wir müssen sehen, dass es Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft geben könnte, wenn wir das anders handhaben . ({7}) Meine Damen und Herren, die Debatte neigt sich jetzt, jedenfalls für heute, dem Ende zu . Als ich Panama hörte, dachte ich an ein Kinderbuch, das ich einmal gelesen habe: Oh, wie schön ist Panama. Da sind ja der Tiger und der Bär unterwegs und kommen da wieder an, wo sie herkommen, und stellen fest, dass es da doch ganz schön ist . Janosch hat dazu einmal erklärt: Jeder lebte schon immer im Paradies, er hat es nur nicht gewusst . Vielleicht bringen einige derjenigen, die ihr Geld nach Panama gebracht haben, ihr Geld doch dorthin zurück, wo sie herkommen, weil es auch dort ganz schön ist . Herzlichen Dank . ({8})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet . Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 14 . April 2016, 9 Uhr, ein . Die Sitzung ist geschlossen, und ich wünsche Ihnen einen schönen Abend .