Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/4/2015

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet . Nehmen Sie bitte Platz . Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, habe ich Ihnen eine interfraktionelle Vereinbarung mitzuteilen, nämlich: Die Unterrichtung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates auf der Drucksache 18/6447 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2015 soll an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen werden . Ich vermute, das wird Ihnen einleuchten . Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates auf der Drucksache 18/6448 zu dem ebenfalls bereits überwiesenen Gesetzentwurf zur Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank dem federführenden Finanzausschuss und zur Mitberatung dem Auswärtigen Ausschuss, dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit überwiesen werden . Ich darf Sie zu beiden Vorschlägen fragen, ob es Einwände gibt . - Das ist nicht der Fall . Dann ist das so beschlossen . Damit rufe ich nun den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Als Thema der heutigen Kabinettssitzung hat die Bundesregierung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Schwesig . Soweit schon Wortmeldungen absehbar sind, möchte ich die Fraktionen bitten, mir das kenntlich zu machen; dann kann man das etwas vorsortieren . Bitte schön, Frau Ministerin .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Herr Präsident . - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben heute im Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes beschlossen, der Ihnen schnell zugeleitet werden soll . Es geht darum, zukünftig auch den Verkauf von E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendliche zu verbieten . Sie wissen, dass Tabakwaren eigentlich nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben werden dürfen - nicht in Gaststätten, nicht von Verkaufsstellen und auch nicht am Arbeitsplatz . Auch dürfen Kinder und Jugendliche in der Öffentlichkeit nicht rauchen . Das ist ein Grundpfeiler des Jugendschutzgesetzes und gleichzeitig auch ein Grundpfeiler der Prävention gegen die Nikotinsucht . Wie wir aus dem aktuellen Tabakatlas, der gestern mit der Drogenbeauftragten vorgestellt worden ist, wissen, ist es so, dass Verbot und Prävention gemeinsam bei Kindern und Jugendlichen zum Erfolg führen . Die Nikotinsucht ist zwar zurückgegangen, aber es gibt einen zunehmenden Konsum von sogenannten E-Zigaretten und E-Shishas . Das überrascht nicht; denn sie sind frei zugänglich, und sie sind sehr attraktiv, sie sind elektronisch, sie gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Mango, Erdbeere oder Schokolade . Sie wirken also sehr harmlos, aber sie sind es nicht . Sie sind genauso gesundheitsschädigend . Die Abgabe- und Konsumverbote, die wir für Tabakwaren bereits haben, gelten eben nicht für elektronische Zigaretten und elektronische Shishas, bei denen sogenannte Liquids verdampfen . Diese Regelungslücke müssen wir dringend schließen; das haben wir heute im Kabinett auch so beschlossen . Nach einer Auswertung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben etwa 20 Prozent der 12- bis 17-Jährigen schon einmal eine E-Shisha und etwas weniger, und zwar 15 Prozent, eine E-Zigarette probiert . 11,3 Prozent derjenigen, die bereits eine E-Shisha oder eine E-Zigarette konsumiert haben, haben bisher nie eine Tabakzigarette konsumiert . Daran sehen Sie also: Die E-Zigaretten und E-Shishas verführen zum Konsum, auch wenn man noch gar keine Tabakzigaretten probiert hat . Deshalb ist es wichtig, dass wir zu diesem jugendschutzrechtlichen Verbot kommen . Wir haben gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesgesundheitsministerium und der Geschäftsstelle der Drogenbeauftragten Erkenntnisse eingeholt . Die Studien des Bundesinstitutes für Risikobewertung und des Deutschen Krebsforschungszentrums belegen definitiv, dass der Konsum nikotinfreier E-Shishas und E-Zigaretten gesundheitsschädlich ist, weil dabei Stoffe entstehen oder auch schon darin enthalten sind, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen . Außerdem dringen feine Partikel in die Lunge ein; sie reizen sie und hindern die Lunge vor allem am Wachsen . Wie Sie wissen, ist die Lunge bei Kindern und Jugendlichen noch im Wachsen begriffen . Deshalb ist es wichtig, die Lunge vor diesen Gefahren zu schützen . Mit den neuen Regelungen setzen wir deshalb auch ein Signal, dass der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas nicht so harmlos ist, wie man meint, und dass wir Kinder und Jugendliche besonders schützen müssen . Das Konsum- und Abgabeverbot wird den Zugang einschränken das ist richtig -, aber gleichzeitig ist es auch ein Signal an die Kinder und Jugendlichen selbst sowie an Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Ärzte, dass wir auch in diesem Bereich die Prävention ausbauen müssen, weil diese Dinge nicht harmlos sind, sondern ungesund . Ein Verbot allein reicht nicht . Nur wenn wir präventiv auf Kinder und Jugendliche hinwirken, so wie wir es bisher schon beim Tabakkonsum machen, werden wir erfolgreich sein . Das ist im Interesse der Kinder und Jugendlichen . Wir haben Eilbedürftigkeit beantragt, damit dieses Gesetz so schnell wie möglich in Kraft treten kann . Ich kann mir vorstellen, dass das auch in Ihrem Interesse ist . Insofern freue ich mich auf die parlamentarischen Beratungen . Vielen Dank .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich bedanke mich . - Ich rufe jetzt die Fragen auf . Ich schlage vor, dass wir aus nachvollziehbaren Gründen die Vorgehensweise so modifizieren, dass die Fragen, wie üblich, im Stehen gestellt werden und die Antworten ausnahmsweise im Sitzen erfolgen dürfen . Als erstem Fragesteller gebe ich dem Kollegen Müller das Wort .

Norbert Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004613, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich denke, es ist in Ordnung, dass Sie im Sitzen antworten . Das ist überhaupt keine Frage . Ich schicke vorweg: Wir sind sicherlich alle vorbildlicherweise Nichtraucher und geben dementsprechend hinsichtlich Kinder- und Jugendschutz kein schlechtes Vorbild ab . Nichtsdestotrotz würde mich interessieren, warum Sie bei der angestrebten Regulierung keinen Unterschied machen hinsichtlich der gesundheitsgefährdenden Wirkung zwischen herkömmlichen Tabakprodukten, die bereits sanktioniert werden, und E-Shishas bzw . E-Zigaretten, die, wie Sie beschrieben haben, möglicherweise eine andere oder gar eine geringere gesundheitsschädliche Wirkung haben . Müsste die angestrebte Regulierung nicht sozusagen noch einmal nachgearbeitet werden und in Abhängigkeit von der Schädlichkeit eine Unterscheidung vorgenommen werden?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Eine Unterscheidung ist nicht geplant; denn im Endergebnis kommen die Gutachten und die Bewertung der Kinder- und Jugendärzte dazu, dass es schädlich für Kinder und Jugendliche ist . Deshalb fallen zukünftig die E-Zigaretten und E-Shishas genauso und mit den gleichen Konsequenzen unter das Jugendschutzgesetz wie die bisherigen Tabakprodukte, also Zigaretten und Zigarren zum Beispiel .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Lehrieder .

Paul Lehrieder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003799, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, E-Shishas und E-Zigaretten werden, wie Zigaretten ja auch, nicht nur im üblichen Handel vertrieben, sondern können auch über Onlineangebote bezogen werden . Wie kann hier der Jugendschutz aus Sicht des Ministeriums gewährleistet werden? Wie funktioniert der Jugendschutz beim Onlinekauf in der Praxis?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Herr Abgeordneter . - Es ist richtig: Wir müssen auch den Verkauf im Onlinehandel verbieten, ansonsten würde das Verbot ziemlich ins Leere laufen . Deshalb unterliegen zukünftig auch E-Shishas und E-Zigaretten dem Verbot, online an Kinder und Jugendliche verkauft zu werden . Hier gelten zukünftig die gleichen Regelungen wie bei anderen Sachen, die man nicht online an Kinder und Jugendliche verkaufen darf . Wie funktioniert das praktisch? Zum einen muss schon bei der Onlinebestellung eine Altersprüfung vorgenommen werden . Zum anderen darf die Ware, wenn sie an die Haustür geliefert wird, nur jemandem gegeben werden, der nachweisen kann, dass er sie bestellt hat, und vor allem, dass er über 18 Jahre alt ist .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Terpe .

Dr. Harald Terpe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003854, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, ich habe die Frage, ob die Bundesregierung im Sinne des Jugendschutzes auch eine Änderung des Bundesnichtraucherschutzgesetzes - das ist ein langes Wort - plant .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Nein, das ist nicht geplant .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Schwartze .

Stefan Schwartze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004150, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen . Im Gesetzentwurf wird zwischen nikotinhaltigen und nichtnikotinhaltigen Liquids nicht unterschieden; beide werden in das Jugendschutzgesetz aufgenommen . Vielleicht könnten Sie uns erklären - mich würde das interessieren -, warum das so ist .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Herr Abgeordneter . - Es hat damit zu tun, dass auch die nichtnikotinhaltigen Liquids gesundheitsschädigend sind . Ich würde gerne nachschlagen; denn ich habe im Vorfeld schon ein paar besondere chemische Begriffe aufgeschrieben . Die Studien, also die Studie des Bundesinstitutes für Risikobewertung und die des Deutschen Krebsforschungszentrums aus 2015, haben gezeigt, dass beim Dampfen der nikotinhaltigen, aber auch der nikotinfreien E-Zigaretten Verbindungen entstehen - Carbonylverbindungen einschließlich Formaldehyd, Akrolein und Azetaldehyd -, die alle Krebs auslösen können . Das ist das Problem; denn auch die aromatisierten Liquids besitzen unabhängig vom Nikotingehalt zellschädigende Eigenschaften . Geschädigt werden vorrangig Stammzellen, die bei Wachstum und Entwicklung eine wichtige Rolle spielen . Darüber hinaus enthalten die Aerosole von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas feine und ultrafeine Partikel, die aus den Vernebelungsmitteln entstehen . Diese Partikel können bis in tiefe Regionen der Lunge vordringen, sich dort ablagern und oxidativen Stress und Entzündungsreaktionen auslösen . Eine chronische Schädigung durch diese Partikel wirkt sich insbesondere in der Wachstumsphase aus und beeinträchtigt bei jungen Menschen die Lungenentwicklung . Das Wachstum der Lunge endet, wie wir wissen, erst im jungen Erwachsenenalter . Zudem kann der anfängliche Gebrauch von vermeintlich harmlosen nikotinfreien E-Zigaretten dazu verleiten, neue Reize zu suchen und dann auf nikotinhaltige E-Zigaretten oder herkömmliche Zigaretten umzusteigen . Sie sehen also: Die Inhaltsstoffe sind so schädigend, dass eigentlich auch Erwachsene sie nicht konsumieren sollten; aber wir beschränken uns bei dem Verbot hier auf die Kinder und Jugendlichen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nur der guten Ordnung halber weise ich darauf hin, dass die Verlesung dieser eindrucksvollen Liste von problematischen Chemikalien natürlich wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als nach den Regularien unserer Regierungsbefragung eigentlich vorgesehen ist . Aber da wir an einer möglichst vollständigen Erfassung des Sachverhalts interessiert sind, sind wir froh, dass es auf diese Weise im Protokoll steht . Nun hat der Kollege Wunderlich das Wort .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, plant die Bundesregierung, in absehbarer Zeit die Tabakrahmenkonvention umzusetzen, mit der sich Deutschland ja verpflichtet hat, ein generelles Verbot der Werbung für Tabak zu erlassen? Nach meinem Kenntnisstand war eine entsprechende Regelung im ursprünglichen Gesetzentwurf enthalten . Ist es richtig, dass das Kanzleramt und das Wirtschaftsministerium interveniert haben, um entsprechende Werbung weiterhin zu ermöglichen?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Das ist ein Thema, das in den Zuständigkeitsbereich des Landwirtschaftsministers fällt . Wenn der Präsident und Sie damit einverstanden wären, könnte vielleicht die Parlamentarische Staatssekretärin beim Landwirtschaftsminister etwas zum aktuellen Sachstand der Umsetzung der Richtlinie sagen . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann fragen wir sie doch mal, ob sie das möchte . Bitte schön .

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herr Präsident! Herr Kollege! Wir sind gerade in der Frühkoordination der entsprechenden Gesetz- und Verordnungsentwürfe, die unser Haus vorbereitet hat, und werden dann bald zügig in die Ressortabstimmung eintreten .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollegin Schulte .

Ursula Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004404, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, gibt es Erkenntnisse darüber, dass Jugendliche, die zunächst E-Zigaretten geraucht haben, häufiger auf nikotinhaltige Zigaretten umsteigen?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Ja, diese Gefahr besteht, weil der Einstieg nur vermeintlich harmlos ist . Man wird dann animiert - wie wohl jeder aus seiner eigenen Kinder- und Jugendzeit weiß -, auch etwas anderes auszuprobieren .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Stadler .

Svenja Stadler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004412, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe noch eine Frage zu den Onlineshops . Was passiert, wenn sich die Onlineshops nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Frau Abgeordnete . - In einem solchen Fall sind Bußgelder vorgesehen . Und zwar ist es so, dass bei Zuwiderhandlung gegen Verbote des Jugendschutzgesetzes eine Geldbuße in Höhe von bis zu 50 000 Euro ausgesprochen werden kann .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Ministerin, mancher Zuschauer wird gestaunt haben, warum auf die Frage des Kollegen Wunderlich die Kollegin aus dem Landwirtschaftsministerium geantwortet hat . Deswegen ist es der Sache wert, einmal nachzufragen, warum die Tabakregulierung nicht wie andere Suchtmittel beim Gesundheitsministerium und damit im Bereich der Drogenbeauftragten angesiedelt ist und ob die Bundesregierung auch weiterhin daran festhält, die Tabakregulierung beim Landwirtschaftsministerium zu belassen .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Diese Frage kann ich gerne beantworten, Frau Abgeordnete . Die Bundesregierung hat nicht vor, die Zuständigkeiten zu ändern . Bisher gibt es wegen dieser Zuständigkeitszuordnungen auch keine Probleme, auch nicht aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger . Denn wie bei dem Gesetzentwurf, den ich heute vorgestellt habe, arbeiten Bundesminister Schmidt, Bundesminister Gröhe und ich eng zusammen . So haben wir auch heute am Rande der Kabinettssitzung darüber gesprochen, dass Herr Schmidt die weiteren gesetzlichen Regelungen auf den Weg bringen wird . Wir haben keine Sorge, dass deshalb etwas auf der Strecke bleibt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Frau Ministerin Schwesig, Sie haben im Zusammenhang mit den nikotinfreien Liquids gesagt, Sie wollten auch vermeiden, neue Reize für Kinder und Jugendliche zu setzen, damit diese später nicht auf nikotinhaltige Liquids oder gar auf Zigaretten umsteigen . Im Kontext des Jugendschutzes, um den es ja hier geht, möchte ich Sie fragen: Gibt es auch Überlegungen, alkoholfreien Kindersekt zu verbieten? In der letzten Legislatur ist es mir gemeinsam mit Frau Dyckmans, der damaligen Drogenbeauftragten, gelungen, einen Werbespot für Kindersekt, in dem es hieß „Feiern wie die Großen“, aus dem Verkehr zu ziehen . Gleichwohl steht alkoholfreier Kindersekt immer noch in den Regalen neben dem - in Anführungsstrichen - „normalen“ Sekt . Dadurch werden Kindern Anreize geboten, möglichweise irgendwann einmal auf alkoholhaltigen Sekt umzusteigen, bzw . sie werden von klein auf an die Riten des gesellschaftlich anerkannten Saufens, für das es eigentlich überhaupt keinen Grund gibt, herangeführt .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Herr Abgeordneter . - Eine solche Überlegung gibt es derzeit nicht . Das hat damit zu tun, dass es, wie Sie eben richtigerweise dargestellt haben, natürlich in vielen Bereichen Verleitungen gibt; letztendlich auch im Bereich Süßigkeiten, wie wir alle wissen . Bei Produkten, die an sich nicht schädlich sind, stellt sich immer die Frage: Verleiten sie vielleicht zu einem schädlichen Konsum oder zu einem Konsum, der in der Perspektive schädlich sein könnte? Die Frage, die Sie stellen, ist berechtigt, aber man muss im Zusammenhang mit klaren Verboten immer abwägen und dosiert vorgehen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich würde gerne noch ein anderes Thema aufmachen: Welche wissenschaftlich validen Erkenntnisse hat die Bundesregierung in Bezug auf die Gefährdung durch den Passivkonsum von E-Zigaretten und E-Shishas?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Ich kann Ihnen jetzt keine detaillierte Aussage geben und weiß nicht, ob das Bestandteil der Studien war, aus denen ich zitiert habe . Unser Fokus lag vor allem darauf, herauszufinden, ob auch die nichtnikotinhaltigen E-Shi shas so gesundheitsgefährdend sind, dass wir einen Grund haben, sie für Kinder und Jugendliche zu verbieten . Ich sage es noch einmal: Ein Verbot bringt immer eine Einschränkung von Persönlichkeitsrechten mit sich; deshalb ist es wichtig, valide Daten zu haben . Ich kann im Anschluss an die heutige Regierungsbefragung aber gerne klären, ob es dazu valide Daten gibt, und sie Ihnen, wenn das so ist, zur Verfügung stellen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich habe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem vorgetragenen Thema der Kabinettssitzung gesehen . Dann können wir das zunächst abschließen . Ich frage, ob es sonstige Fragen zur heutigen Kabinettssitzung gibt? - Herr von Notz, dann Frau Vogler .

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident, vielen Dank . - Ich habe eine Frage zur Innenpolitik, zu den schlimmen Straftaten, zu den rechtsextremistischen Übergriffen, die es beklagenswerterweise seit Wochen in unserem Land auf Flüchtlinge, auf ehrenamtliche Helfer, auf Polizisten, auf Politiker, auf Journalistinnen und Journalisten gibt . Darunter waren zahlreiche Mordanschläge . Das sage ich auch mit Blick auf den Anschlag auf Frau Reker und die Aussage unseres Innenministers, der am 18 . Oktober 2015 im Bericht aus Berlin im Hinblick auf Pegida gesagt hat: Inzwischen ist völlig eindeutig . Diejenigen, die das organisieren, sind harte Rechtsextremisten . - Das fand ich gut, auch in der Klarheit . Die Frage ist: Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung zu, dass es sich bei den Anschlägen, die wir seit Monaten jeden Tag zu verzeichnen haben, um rechtsterroristische Anschläge handelt? Herzlichen Dank .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, stimmt der klaren Einschätzung des Innenministers zu, dass es sich bei den Organisatoren von Pegida um Rechtsextreme handelt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Nachdem wir gerade über die Jugendschutzpläne in Bezug auf die E-Zigaretten und E-Shishas gesprochen haben, möchte ich eine Frage bezogen auf die Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie insgesamt stellen . Es verlautet ja, dass der ursprüngliche Entwurf aus dem Landwirtschaftsministerium von Herrn Schmidt ein vollständiges Tabakwerbeverbot vorgesehen hat . Mich würde interessieren: Welche Intervention welcher Ministerin bzw . welches Ministers hat dazu geführt, dass dies in der jetzt geplanten Version nicht mehr enthalten ist? Und warum hat man hinsichtlich der Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie den Punkt E-Shishas und E-Zigaretten so stark herausgegriffen, ist aber in Bezug auf die Regulierung von nikotinhaltigen Tabakprodukten sonst nicht weiter vorangekommen?

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Frage hätte zwar auch vorhin, im unmittelbaren Kontext, gestellt werden können, aber gerne auch jetzt . Bitte, Frau Schwesig .

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Bei dem, was Sie angesprochen haben, handelt es sich um zwei Themen . Wir haben uns nicht die E-Shishas und E-Zigaretten herausgegriffen, während wir in den anderen Punkten nicht weiterkommen . Vielmehr geht es beim Verbot von E-Zigaretten und E-Shishas ausschließlich um das Verbot des Verkaufs an Kinder und Jugendliche, und das ist unter das Jugendschutzgesetz, für das ich zuständig bin, zu fassen . Da gibt es einfach eine Rechtslücke, weil es damals, als das Jugendschutzgesetz in Kraft trat, diese Produkte noch nicht gab . Ich nehme an, es wird noch öfter vorkommen, dass im Zuge neuer Entwicklungen Produkte auf den Markt kommen, die es erforderlich machen, dass wir das Gesetz erneut anpassen . Und parallel dazu arbeitet der Bundeslandwirtschaftsminister an den anderen Regelungen . Wir haben nicht das hier jetzt behandelte Thema irgendwie vorgezogen, sondern an beiden Themen wird intensiv gearbeitet . Und andere Regelungen werden ja auch auf den Weg gebracht, wie die Staatssekretärin angekündigt hat .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Keul .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine Frage knüpft an die Frage des Kollegen von Notz an . Auch mich treibt um, dass wir jetzt täglich über Brandanschläge und rechtsextremistische Angriffe in den Nachrichten lesen müssen . Die Frage ist: In welchen Fällen hat die Generalbundesanwaltschaft schon wegen terroristischer Hintergründe die Ermittlungen an sich gezogen? Gibt es inzwischen ein Ermittlungsverfahren bei der Generalbundesanwaltschaft?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Frau Abgeordnete . - Die Einschätzung, die Sie und auch Ihr Kollege aus Ihrer Fraktion getroffen haben, dass das dramatisch zugenommen hat und dass hier Gefahren drohen, teilen wir . Deswegen sind wir in verschiedenen Bereichen mit den Themen beschäftigt, einmal im BMJV, aber auch im BMI sowie in meinem Bereich aus Sicht der Prävention, weil man sich auch anschauen muss, welche Phasen es gibt, bevor es zu solchen Gewaltexzessen kommt . Im Fall von Frau Reker hat sich der Generalbundesanwalt der Sache angenommen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Auch ich habe eine Frage zum Thema Rechtsterrorismus, Rechtsextremismus . Wir hatten ja in einer der zurückliegenden Innenausschusssitzungen die Frage an das BMI und den Minister gerichtet, der in der Ausschusssitzung anwesend war, welche Erkenntnisse man grundsätzlich über die Entwicklung und die Strukturen hat . Wir wurden auf den Verfassungsschutzbericht und die Diskussion mit Herrn Maaßen verwiesen . Ich sage einmal: Ich habe die Erwartung, dass das demnächst auch vom Bundesministerium selbst kommt . Meine konkrete Frage bezieht sich auch noch einmal auf den Mordanschlag auf Frau Reker . Gibt es Erkenntnisse dazu, und werden diese weiterverfolgt, dass diese Person Frank S . aus rechtsterroristischem Umfeld stammt bzw . Bezüge in rechtsterroristische Strukturen hat? Wird an dieser Frage konsequent gearbeitet?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Vielen Dank, Frau Abgeordnete . - Dazu können wir als Bundesregierung keine Aussage machen . Das obliegt dem Generalbundesanwalt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? ({0}) - Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium, das nach meiner Information auch für Sport zuständig ist . Stimmt das? ({0}) - Okay . Dazu muss man nicht sportlich sein . Hauptsache, man ist für Sport zuständig . ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das gilt im Übrigen nicht nur für die Mitglieder der Bundesregierung . Ähnliche Verteilungen sind in den Fraktionen auch zu beobachten .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, absolut . Ich stimme Ihnen da zu 100 Prozent zu . Ich glaube, wir liegen da auf einer Linie . - Jetzt zum konkreten Thema . Es geht mir nicht um die Sportertüchtigung von uns allen, sondern meine Frage bezieht sich auf den DFB . Es ist ja ganz aktuell in der Presse zu lesen - mir liegen diese Unterlagen nicht vor -, dass im Kontext der Vergabe der WM-Ausrichtung auch das Bundesinnenministerium einbezogen worden ist . Wie werden Sie die Bundestagsabgeordneten über die entsprechenden Zusammenhänge, die da hergestellt werden, informieren? Wie gehen Sie jetzt im Ministerium selbst diesen Fragen, die da aufgeworfen worden sind, nach?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Herr Präsident! Frau Kollegin Haßelmann! Zunächst einmal: Meines Wissens - auch ich habe in concreto nur Pressekenntnisse - sind es Vorwürfe gegen einzelne Funktionsträger beim DFB, nicht gegen den DFB als solchen . Aber das sei einmal dahingestellt . Ich darf darauf verweisen, dass jetzt in etwa zeitgleich der Sportausschuss des Deutschen Bundestages tagt . Mein Kollege, der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Schröder, wird dem Sportausschuss berichten . Es ist mir wichtig, dass der DFB als Organisation selbst - das wurde auch angekündigt - lückenlos aufklärt . Weitere Einzelheiten aus unseren Erkenntnis- oder Ermittlungsschritten kann ich Ihnen noch nicht mitteilen . Ich glaube, es ist wichtig, dass erst einmal der Verband es aufklärt . Wir nehmen es ernst und beobachten das . Es gibt eine Reihe von Ersuchen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes, die wir im Rahmen der gesetzlichen Grundlage bearbeiten werden, um auch unseren Teil beizutragen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Gibt es sonstige Fragen? - Bitte schön .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Antwort hat mich nicht zufriedengestellt . Deshalb frage ich noch einmal . Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass der DFB mit Verve alles dafür tun wird, das aufzuklären . Den Eindruck habe ich zwar im Moment noch nicht, aber vielleicht ergibt sich das ja aus den aktuellen Entwicklungen, sodass das Ganze an Fahrt aufnimmt . In dem Artikel, den ich angesprochen habe, geht es um die Stern-Berichterstattung . Da ist insbesondere von der Wahrnehmung der Aufsichtsratsfunktion durch das Bundesinnenministerium die Rede . Deshalb kann ich mich mit einer Antwort nach dem Motto „Wir warten ab und erwarten vom DFB, dass er das aufklärt“ nicht zufriedengeben . Denn das tun wir, glaube ich, gemeinsam, und das ist selbstverständlich . Aber mich würde interessieren, wie Sie die Wahrnehmung der Aufsichtsratsfunktion durch das Bundesinnenministerium beurteilen und rekonstruieren, worüber Sie uns dann Bericht erstatten können .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Haßelmann, sobald es Erkenntnisse geben sollte, dass damalige Aufsichtsratsmitglieder, die der Bundesregierung angehörten - ich glaube, Otto Schily war damals Innenminister -, hier Fehler gemacht haben, werden wir da selbstverständlich aufklären . Konkrete Anhaltspunkte liegen uns bis jetzt nicht vor, jedenfalls nicht in der Form, dass ich sie hier wiedergeben könnte . Ich kann Ihnen zusagen, dass wir das im Hause noch einmal klären . Sie haben es gemerkt: Der Sport ist nicht mein Leib-und-Magen-Thema . Aber ich kann Ihnen gern zusichern, dass wir da noch einmal nachfassen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Keul .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe noch eine Frage zum Rechtsextremismus . Ich begrüße, dass der Generalbundesanwalt im Fall Reker ermittelt . Gibt es weitere Fälle, in denen er jetzt die Ermittlungen an sich gezogen hat? Ich denke zum Beispiel an Magdeburg, wo ja auch Aufrufe zur Lynchjustiz kursieren und Angriffe auf Landtagsabgeordnete stattgefunden haben . Gibt es da noch weitere Ermittlungsverfahren?

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kann das Justizministerium vielleicht etwas dazu sagen?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Frau Kollegin, dazu kann ich Ihnen im Augenblick nichts sagen . Es ist uns nicht bekannt . Falls es dennoch so sein sollte, würde ich Ihnen das schriftlich nachreichen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht . - Doch? Wen habe ich denn übersehen? - Herr von Notz, Entschuldigung .

Dr. Konstantin Notz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004123, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Ich möchte in Anbetracht der letzten Antwort noch einmal nachfragen . Es geht mir nicht um 30-Mann-Trupps, die mit Baseballschlägern herumlaufen, sondern um die Brandanschläge, die wir schon seit vielen Monaten haben . Viele verlaufen nach einem sehr ähnlichen Muster: gezielt auf noch nicht bezogene Einrichtungen . Gibt es da eine Struktur, die die Bundesregierung erkennt und die man kriminalistisch einordnen kann? Kann man zum Beispiel sagen: „Hier können wir Maßnahmen ergreifen, um die Einrichtungen besser zu schützen“? Es geht um Dutzende von Unterkünften . Meiner Ansicht nach ist es ein reiner Zufall, dass dies bisher keine Menschenleben gekostet hat . Insofern frage ich Sie: Was unternimmt die Bundesregierung konkret, damit sich im Hinblick auf die Brandanschläge - ein unsäglicher und untragbarer Zustand - etwas ändert?

Manuela Schwesig (Minister:in)

Politiker ID: 11005303

Ich wäre dankbar, wenn das BMI darauf antworten darf . ({0})

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege von Notz, ich bedanke mich, dass ich die Gelegenheit habe, auch seitens des BMI noch einmal kurz etwas dazu zu sagen . Ich darf diese Gelegenheit zunächst nutzen, um deutlich zu machen, dass die Abscheu über solche Anschläge, die eben formuliert worden ist, auch seitens unseres Hauses und der gesamten Bundesregierung geteilt wird . Die Zahl der Anschläge ist dramatisch . Es geht mit Schmierereien los und reicht bis hin zu Brandanschlägen, Körperverletzung und sogar Mordversuchen, wie wir zum Beispiel im Fall Reker gesehen haben . Trotzdem bleibt es natürlich richtig, dass hier erst einmal die Landessicherheitsbehörden, die Landespolizeien, zuständig sind . Der Bund tut aber das Seine . Es gibt eine Clearingstelle beim BKA - sie ist an das Bundeskriminalamt angegliedert -, die diese Fälle sichtet, schaut, ob es da Strukturen gibt, und genau diesen Dingen nachgeht . Weil dafür sicherlich besondere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, gilt für uns noch nicht die Sprachregelung „Terrorismus beobachten“ . Aber wir befassen uns intensiv damit und werden prüfen, ob diese Klassifizierung nicht vielleicht doch irgendwann einmal die richtige ist . Zurzeit sehen wir das noch nicht so . Wir beobachten das, wie gesagt, intensiv und unterstützen auch die Länder, die vor Ort natürlich den größten Teil der Arbeit zu erledigen haben . Ich glaube, wir alle sind uns einig darin, dass wir jetzt sicherlich das falsche Signal aussenden würden, wenn wir in Deutschland an vielen Orten oder sogar flächendeckend Bundespolizisten neben diese Einrichtungen stellen würden . Aber wir nehmen das, was dort passiert, sehr ernst und bieten den Ländern auch Unterstützung an . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Letzte Wortmeldung in der Regierungsbefragung: Frau Vogler .

Kathrin Vogler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004181, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - In den letzten Tagen ist von Mitgliedern der Bundesregierung - unter anderem vom Innenminister und vom Kanzleramtsminister - immer häufiger dargestellt worden, dass Afghanistan zumindest regional betrachtet ein sicheres Herkunftsland für Flüchtlinge sein könnte . Vor diesem Hintergrund würde mich sehr interessieren, wie das Außenministerium die Sicherheitslage in Afghanistan insgesamt bewertet und ob Sie es für vertretbar halten, Menschen in dieser Situation nach Afghanistan zurückzuschicken .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Diese Themen werden uns heute in der Fragestunde ja noch sehr intensiv beschäftigen . Im Vorgriff darauf darf ich Ihnen sagen, dass die Situation in Afghanistan regional sehr unterschiedlich ist, sodass dort einige Gebiete in der Tat als sehr gefährdet anzusehen sind, während dies für andere Gebiete weniger gilt . In Bezug auf die Rückführung wissen Sie, dass in der letzten Zeit so gut wie niemand in dieses Land zurückgeführt worden ist .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Auf diese Fragen kommen wir in der Fragestunde gleich ohnehin zurück . Deswegen würde ich die Regierungsbefragung damit gerne abschließen . - Vielen Dank insbesondere an die Ministerin . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/6520 Ich rufe die Geschäftsbereiche in der Ihnen angekündigten Reihenfolge auf . Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Zur Beantwortung steht der Kollege Norbert Barthle zur Verfügung . Die Fragen 1 und 2 des Abgeordneten Stephan Kühn und die Frage 3 des Abgeordneten Christian Kühn werden schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Christian Kühn auf: Welche Bundesbehörde hat seit dem Jahr 2000 Feldüberwachungen bezüglich der Abgaswerte ({0}) von Kfz-Serienfahrzeugen ({1}) durchgeführt, und was waren die Ergebnisse bzw . rechtlichen Konsequenzen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Kollege Kühn, das Umweltbundesamt - UBA - hat seit dem Jahr 2000 insgesamt vier Forschungsvorhaben durchgeführt . Die Bundesanstalt für Straßenwesen - BASt - hat in diesem Zeitraum zur Überprüfung der Vorschriftenkonformität in Betrieb befindlicher Fahrzeuge mehrere Fahrzeugtypen überprüft . Alle geprüften Fahrzeugtypen erzielten gemäß den Anforderungen ein positives Ergebnis .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

War es also so, dass lediglich das UBA geprüft hat und dass das Kraftfahrt-Bundesamt an solchen Forschungsvorhaben nicht beteiligt war?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, Sie haben nach den Forschungsvorhaben gefragt . Diese hat die BASt durchgeführt . Aber auch das Kraftfahrt-Bundesamt hat Nachprüfungen - über tausend - durchgeführt . Diese bezogen sich ebenfalls auf die Vorschriftenkonformität . Auch hier gab es keine Auffälligkeiten, also nur positive Ergebnisse .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Alle Forschungsvorhaben waren positiv, aber viele Fahrzeuge, die jetzt auf der Straße sind, haben offenkundig keinen positiven Befund . Wie erklärt sich die Bundesregierung diese Divergenz?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wenn es einem Fahrzeughersteller bereits bei der Fahrzeugzulassung gelungen ist, zu täuschen, dann ist es kein Wunder, dass das auch bei der Kontrolle gelingt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für Ihre Ausführungen . - Sie haben gerade davon gesprochen, dass es tausend Nachprüfungen des Kraftfahrt-Bundesamtes gegeben hat . Mich würde interessieren, wie diese tausend Nachprüfungen ausgesehen haben . Ist da gemessen worden, oder was hat man da konkret im Einzelnen gemacht?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Bei diesen Nachprüfungen - ich habe es eben schon erwähnt - werden diejenigen Dinge überprüft, die laut Fahrzeug-Zulassungsverordnung eingehalten werden müssen, und genau dies ist geschehen . ({0}) - Natürlich wird dabei gemessen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Frage 5 des Kollegen Meiwald wird schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Gastel auf: Wie viele der 2,4 Millionen VW-Dieselfahrzeuge, für die das Kraftfahrt-Bundesamt am 15 . Oktober 2015 einen Rückruf angeordnet hat, sind in Baden-Württemberg zugelassen, und wie viele Dieselfahrzeuge aus dem VW-Konzern, die mit der Abwrackprämie bezuschusst wurden, sind in Baden-Württemberg zugelassen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, von den circa 2,4 Millionen in Deutschland betroffenen Fahrzeugen des VW-Konzerns sind derzeit circa 350 000 Fahrzeuge in Baden-Württemberg zugelassen . Auf der Basis der Zahlen des Abschlussberichtes des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zur Umweltprämie wurden mit dieser Fördermaßnahme in Baden-Württemberg 96 113 Neufahrzeuge und Jahreswagen der VW-Gruppe gefördert . Wie viele dieser Fahrzeuge mit einem Dieselantrieb versehen waren, kann im Datenbestand des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht ermittelt werden, da die Antriebsart, also Benziner oder Diesel, für die Gewährung der Umweltprämie keine Rolle spielte .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Gelegenheit nutze ich gerne . - Von welchem Stichtag stammen die Zahlen, Herr Staatssekretär Barthle, die Sie genannt haben? Die Affäre geht ja leider weiter . Liegen auch für die Fahrzeuge, für die es in den letzten Tagen neue Erkenntnisse gegeben hat, Zahlen vor?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Zahlen beziehen sich meinem Kenntnisstand nach auf die Laufzeit der entsprechenden Prämie . Präsident Dr. Norbert Lammert

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage gibt es im Augenblick nicht . Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Gastel auf: Weshalb hat der Bund mit der Deutschen Bahn AG eine Finanzierungsvereinbarung für die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Oldenburg-Wilhelmshaven abgeschlossen ({0}), obwohl dort noch das Planfeststellungsverfahren läuft, während der Bund eine solche Vereinbarung für die Elektrifizierung der Südbahn ({1}) ablehnt, solange kein Baurecht für alle fünf Planfeststellungsabschnitte vorliegt ({2}), und wann ({3}) rechnet die Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Finanzierungsvertrages ({4})?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, für die Planfeststellungsabschnitte 2, Rastede-Jaderberg, und 3, Jaderberg-Varel, der Ausbaustrecke Oldenburg-Wilhelmshaven liegen seit 2011 Planfeststellungsbeschlüsse vor . Der zweigleisige Ausbau ist hier bereits erfolgt . Nunmehr steht die Elektrifizierung an. Für den Abschnitt 4, Varel‑Sande, wird der Planfeststellungsbeschluss noch 2015 erwartet . Damit wird dann für drei Abschnitte unmittelbares Baurecht gegeben sein . Insofern war der Abschluss der Finanzierungsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt notwendig, um der Vorhabenträgerin einen kurzfristigen Baubeginn zu ermöglichen . Für die Südbahn wird gegenwärtig mit dem Land Baden-Württemberg die Finanzierung abgestimmt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Damit ist der zweite Teil der Frage aber noch nicht beantwortet . Ich wollte wissen: Wann - bitte mit Datum - wird dieser Finanzierungsvertrag unterschrieben? Ich habe auch geschrieben, dass Sie schon vor Monaten gesagt hatten, der Vertrag würde noch in 2015 unterschrieben . So viel Zeit in 2015 ist gar nicht mehr . Also müsste das Datum schon konkret feststehen . Ich möchte gern wissen: Wann wird dieser Vertrag unterschrieben? Das war Teil der eingereichten Frage .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Gastel, wir sind in intensiven Verhandlungen mit dem Land Baden-Württemberg . Mein Minister Alexander Dobrindt hat öffentlich immer wieder klargestellt, dass wir ein hohes Interesse daran haben, die Elektrifizierung der Südbahn voranzubringen. Das Ganze hängt eben am Zustandekommen einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Baden-Württemberg . Deshalb kann ich Ihnen kein Datum nennen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage?

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wie erklären Sie sich, dass das Land Baden-Württemberg, das für die Elektrifizierung dieser Strecke eigentlich gar nicht zuständig ist, freiwillig zugesagt hat, Geld beizusteuern, und dieses Geld bereits in den Doppelhaushalt 2015/2016 eingestellt hat? Beim Bund aber ist man noch nicht so weit, weder beim Finanzierungsvertrag noch bei der Bereitstellung des Geldes . Wie erklären Sie sich das? Wann soll das Geld in den Haushalt eingestellt werden?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich kann nur für den Bund sprechen, nicht für das Land Baden-Württemberg . Deren Motive müssen Sie dort erfragen . Aus unserer Sicht ist es eben so, dass die Finanzierungsvereinbarung noch nicht getroffen werden kann, weil noch keine Einigkeit besteht . Deshalb muss man darauf hinarbeiten, Einigkeit zu erzielen . Zu einer Finanzierungsvereinbarung gehören immer zwei . Bei dieser Vereinbarung gibt es offensichtlich noch unterschiedliche Vorstellungen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage?

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie denn sicherstellen, dass die Elektrifizierung der Südbahn abgeschlossen ist, wenn Stuttgart 21 in Betrieb geht? Dann können ja in den Bahnhof keine Dieselzüge mehr einfahren .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Vorhabenträgerin, also die Bahn, geht davon aus, dass nach Erlangung des Baurechtes der Baubeginn für die Elektrifizierung der Südbahn 2017 vorgesehen ist.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kühn, Sie hatten noch eine Frage?

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, danke . - Herr Staatssekretär, welche offenen Fragen gibt es denn noch mit dem Land Baden-Württemberg hinsichtlich der Finanzierung?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Meinem Kenntnisstand nach geht es um die Höhe der Beteiligung des Landes .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dann rufe ich die Frage 8 der Kollegin Wilms auf: Inwiefern ist inzwischen eine Reaktion der Europäischen Kommission auf die Antwort der Bundesregierung zum ersten Aufforderungsschreiben im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens wegen der geplanten Einführung einer lnfrastrukturabgabe bzw . Pkw-Maut erfolgt, und welche Konsequenzen werden gegebenenfalls hieraus gezogen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, auf die Mitteilung der Bundesregierung an die Europäische Kommission in Antwort auf das Mahnschreiben der Europäischen Kommission nach Artikel 258 AEUV ist bisher keine Reaktion der Kommission erfolgt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bitte schön, Frau Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Staatssekretär, dann wollen wir doch einmal ein bisschen in die Tiefe einsteigen .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Immer gerne .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Aber im Rahmen der Zeitvorgabe, Frau Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Im Rahmen der Zeitvorgabe, Herr Präsident . - Laut dem Haushalt 2015 sollen insgesamt 76 Stellen in unterschiedlicher Besoldung und in verschiedenen Haushaltstiteln des Einzelplans 12 geschaffen werden, nämlich 3 Stellen direkt im BMVI, 17 Beamte und 33 Angestellte im Bundesamt für Güterverkehr und 23 Stellen im Kraftfahrt-Bundesamt . Nach mündlicher Auskunft von Minister Dobrindt waren im Sommer 2015 davon 22 Stellen beim Kraftfahrt-Bundesamt und 2 Stellen beim BMVI besetzt . Wie viele Stellen sind aktuell besetzt, und welche Kosten sind dadurch bereits entstanden? - Das war im zeitlichen Rahmen, Herr Präsident .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Absolut, ja . - Bitte schön .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die exakten Zahlen über die Stellenbesetzungen liegen mir momentan nicht vor . Das kann ich Ihnen gerne schriftlich nachreichen . Das, was Sie eruiert haben, ist richtig, nämlich dass schon verschiedene Vorarbeiten geleistet wurden . Wir haben Ausschreibungen vorgenommen . Wir haben Beratungsaufträge in verschiedenen Bereichen vergeben: für wirtschaftliche und juristische Beratung sowie für Projektmanagementberatung . Das alles ist notwendig, um dann, wenn Rechtssicherheit besteht, möglichst schnell mit der Implementierung beginnen zu können .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Eine weitere Zusatzfrage?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja klar, gerne . - Herr Staatssekretär, Sie haben das, was die neuen Kolleginnen und Kollegen bei Ihnen an Aufgaben übernehmen sollen, ein bisschen wolkig umschrieben . Was geschieht denn mit den Neueingestellten, wenn die CSU-gewünschte Maut nicht kommt, und welche Aufgaben nehmen die Angestellten und Beamten zurzeit wahr, da es doch unmittelbar eigentlich noch gar keinen Aufgabenbereich gibt? Ich bitte, das noch ein bisschen genauer zu präzisieren .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, im Gegensatz zu Ihnen planen wir nicht, dass die Infrastrukturabgabe nicht kommt, sondern wir gehen davon aus, dass die Infrastrukturabgabe kommt . Deshalb gehen wir davon aus, dass die Menschen, die auf diesen Stellen sitzen, dann auch entsprechend beschäftigt sein werden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank für die Ausführungen, Herr Staatssekretär . - Sie haben gesagt, es hat Ausschreibungen, auch für Beratungsleistungen, gegeben; das machen die Mitarbeiter . Mich würde interessieren: Um welche Beratungsleistungen im Einzelnen handelt es sich? Was habe ich mir darunter vorzustellen? Was wird da konkret vorbereitet? Welchen Kostenrahmen hat das Ganze? Wir reden ja nicht nur über die Personalkosten, sondern wir reden auch darüber, dass für diese Beratungsleistungen noch zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe es in der Antwort auf die Frage der Kollegin Wilms gerade schon versucht zu beschreiben . Wir haben einerseits Beratungsleistungen ausgeschrieben für den technisch-wirtschaftlichen Bereich zur Implementierung der Infrastrukturabgabe; sie hat ja durchaus technische Dimensionen . Andererseits haben wir Beratungsleistungen für die juristische Beratung ausgeschrieben . Darüber hinaus haben wir Beratungsleistungen für das eigentliche Projektmanagement ausgeschrieben . Dies alles muss sorgfältig vorbereitet sein, damit wir dann, wenn wir Rechtssicherheit haben und das Vertragsverletzungsverfahren gegebenenfalls eingestellt wird, die Infrastrukturabgabe sehr schnell implementieren können . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Behrens . Präsident Dr. Norbert Lammert

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, Sie haben erwähnt, dass die PkwMaut auf jeden Fall kommt . Die Frage, die das Datum anbetrifft, ist offen geblieben . Ich habe Frau Wilms so verstanden, dass sie konkret nach den Aufgaben im Jahr 2016 gefragt hat, ({0}) in dem ein entsprechender Aufwuchs an Personal vorhanden ist, das sich mit der Einführung der Pkw-Maut befassen soll . Wenn das Vertragsverletzungsverfahren der EU zu dem Ergebnis führt, dass an der Pkw-Maut, an der Ausländermaut, etwas verändert werden muss, verändert sich auch die Grundlage für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen, die eingestellt worden sind . Daher wäre es für mich schon einmal wichtig, von Ihnen zu erfahren: Inwieweit ist es möglich, dass man nach einem alten Fahrplan verfährt, der die Einführung der Pkw-Maut mit Scharfstellung zum 1 . Januar 2016 vorgesehen hat, und quasi so weitermacht wie bisher?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Behrens, das Vertragsverletzungsverfahren ist auf den Weg gebracht worden . Wir haben Frau Kommissarin Bulc einen Antwortbrief zugeleitet . Sie hat nun entsprechend Zeit, ein begründetes Mahnverfahren einzuleiten oder das Verfahren einzustellen . Wenn Frau Kommissarin Bulc sich uns gegenüber geäußert hat, haben wir wiederum Zeit, darauf einzugehen . Erst dann wird sich erweisen, ob das weitere Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof landet oder ob das Vertragsverletzungsverfahren eingestellt wird . Wir richten uns darauf ein, dass das Vertragsverletzungsverfahren eingestellt werden kann, und gehen davon aus, dass die Infrastrukturabgabe danach entsprechend implementiert werden kann . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun kommen wir zur Frage 9 der Kollegin Wilms: Von welchem Zeitrahmen geht die Bundesregierung zur Einführung der lnfrastrukturabgabe bzw . Pkw-Maut derzeit aus, und ab wann plant die Bundesregierung mit Einnahmen aus der lnfrastrukturabgabe bzw . Pkw-Maut ({0})?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, die Bundesregierung wird erst nach Beendigung des Vertragsverletzungsverfahrens und der Bestätigung der EU-Rechtskonformität die technische Einführung der Infrastrukturabgabe umsetzen . Die Einnahmen und ihre Zusammensetzung sind unter www .bmvi .de einsehbar . Die Bruttogesamteinnahmen sind mit 3,9 Milliarden Euro prognostiziert .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Selbstverständlich, Herr Präsident . Denn das, was Herr Staatssekretär Barthle eben auf die Frage des Kollegen Behrens geantwortet hat, nämlich dass die Infrastrukturabgabe dann eingeführt werden kann, fordert geradezu heraus, nachzufragen . Der Bundesrechnungshof hat einen sehr schönen, plastischen Bericht vorgelegt, in dem er schreibt, dass die bisherige Zeitplanung in keiner Weise realistisch ist und frühestens zweieinhalb bis drei Jahre nach Abschluss des Vertragsverletzungsverfahrens daran gedacht werden kann, die Maut zu erheben . Demzufolge könnte die Maut frühestens 2021 kommen . Welche Kosten werden bis zu diesem Zeitpunkt für den Steuerzahler entstehen, und warum stoppt man die Planung der Maut nicht wenigstens bis zum Abschluss des Vertragsverletzungsverfahrens?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, wir teilen die Auffassung des Bundesrechnungshofes nicht in vollem Umfang; denn der Bundesrechnungshof hat eine sehr skeptische Sichtweise an den Tag gelegt . Ich möchte, ohne dem Bundesrechnungshof zu nahe treten zu wollen, darauf hinweisen, dass auch er nur begrenzte prognostische Fähigkeiten hat . Insofern gehen wir davon aus, dass unsere Annahmen richtig sind .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja . Herzlichen Dank, Herr Präsident . - Immerhin ist das schon eine kleine Abweichung gegenüber früher: Sie sagen, dass der Bundesrechnungshof nicht ganz falsch liegt . Herr Staatssekretär, im Bundeshaushalt sind im Zusammenhang mit der Pkw-Maut 4 Millionen Euro für Sachverständige vorgesehen . Laut mündlicher Aussage des Ministers im Sommer sollte bis zum Ende der Sommerpause der Auftrag für ein Gutachten mit einem Volumen von 4 Millionen Euro an externe Berater vergeben werden . Erste Teilfrage: Ist das Gutachten in Auftrag gegeben worden, und was ist der Arbeitsauftrag des Gutachtens? Und die zweite: Wann liegen die Ergebnisse vor?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wenn ich Ihre Frage richtig verstanden habe, meinen Sie ein externes Gutachten, das wir in Auftrag gegeben haben und das die EU-Rechtskonformität der Infrastrukturabgabe festgestellt hat . ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das waren schon zwei Zusatzfragen . - Herr Behrens, haben Sie sich dazu gemeldet? - Bitte schön .

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Die Frage hat sich konkret auf den Zeitplan bezogen . Sie haben gerade zu erkennen gegeben, dass Sie die Ergebnisse der Untersuchung des Bundesrechnungshofes nicht gänzlich teilen . Sie teilen auf keinen Fall - so habe ich Ihre Antwort verstanden - die Befürchtung, dass es erheblich länger dauern könnte . Können Sie mir heute verlässlich sagen, dass es bei der Zeitplanung bleiben kann, die das BAG vorgelegt hat? Danach sind fünf Monate für die Vergabe, zwei Monate für die Vorbereitung von ÖPP, sechs Monate für das Vergabeverfahren und sechseinhalb Monate für den Aufbau und den Test vorgesehen . Das macht insgesamt knapp 19 Monate . Ist denn dieser Zeitplan, den das BAG für die ursprüngliche Planung genannt hatte, verbindlich?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Vorarbeiten, die ich Ihnen soeben geschildert habe, was die Vergabe von Gutachten und Expertisen angeht, zielen darauf ab, den Zeitraum nach Herstellung der Rechtssicherheit so kurz wie möglich zu gestalten . Wir werden dann, wenn wir Rechtssicherheit haben, sehr schnell die Infrastrukturabgabe implementieren können, weil wir die dazu notwendigen Vorarbeiten bereits geleistet haben .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, im Haushalt 2015 sind neben den Personalkosten, über die wir eben geredet haben, 8 Millionen Euro für die Einführung der Pkw-Maut eingestellt . Nun haben wir gerade gehört - das haben Sie bestätigt, wenn ich das richtig verstanden habe -, dass für das Rechtsgutachten bereits 4 Millionen Euro ausgegeben wurden . Was ist denn mit den restlichen 4 Millionen Euro geschehen? Sind diese schon ausgegeben? Wenn ja, für welche Leistungen und für welche konkreten Projekte Sie haben das eben sehr allgemein formuliert - wurde diese Summe ausgegeben?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Krischer, ich habe nicht jede Position unseres großen Haushalts im Kopf . Ich kann Ihnen die Antwort gerne schriftlich nachreichen . Momentan jedenfalls kann ich Ihnen dazu keine konkrete und detaillierte Aussage machen . Die entsprechenden Unterlagen liegen mir nicht vor .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Fragen 10 und 11 des Kollegen Herbert Behrens werden schriftlich beantwortet . Damit können wir diesen Geschäftsbereich abschließen . Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Hier werden die Fragen 12 und 13 der Kollegin Katrin Kunert sowie die Frage 14 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl schriftlich beantwortet . Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Hier werden die Frage 15 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl sowie die Fragen 16 und 17 der Abgeordneten Tabea Rößner schriftlich beantwortet . Wir kommen damit zu Frage 18 der Kollegin Dr . Julia Verlinden: Wie werden die Beschlüsse des G-7-Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Elmau von Juni 2015 zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis Ende des Jahrhunderts und zum Umbau der Energiewirtschaft bis 2050 ({0}) in den Verhandlungen zu den Handelsabkommen TTIP und CETA berücksichtigt, und welche Position hat die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission bisher vertreten, um die Umsetzung dieser Ziele in den Handelsabkommen zu verankern, vor dem Hintergrund, dass in der elften Verhandlungsrunde zu TTIP vom 19 . bis 23 . Oktober 2015 unter anderem über Erleichterungen beim Handel von fossilen Energieträgern wie Kohle, Uran, Gas, Erdgas und Erdöl sowie Technologien, um diese zu nutzen ({1}), verhandelt wurde? Ich darf die Staatssekretärin Zypries um Beantwortung bitten .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Vielen Dank, Herr Präsident . - Frau Kollegin, Sie haben als Erstes gefragt, wie die Beschlüsse des G-7-Gipfels der Staats- und Regierungschefs in den Verhandlungen zu den Handelsabkommen TTIP und CETA berücksichtigt werden . Ich nehme an, dass Sie bei der Formulierung der Frage wussten, dass dies zwischen der EU und den Vereinigten Staaten streitig ist . Wir unterstützen die Position der EU und wollen, dass diese Beschlüsse berücksichtigt werden . Ihre zweite Frage, welche Position die Bundesregierung bisher gegenüber der EU-Kommission vertreten hat, ist damit quasi beantwortet . Wir haben immer gesagt, dass wir die Kommission unterstützen, wenn sie dazu ein eigenständiges Kapitel haben will .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Verlinden, Ihre erste Nachfrage .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Frau Staatssekretärin, Sie kennen ebenfalls die Debatte über TTIP und CETA sowie die Sorge vieler Menschen, die eine kritische Haltung gegenüber den Konzernprivilegien haben, dass möglicherweise der Klimaschutz und die Energiewende unter die Räder kommen, wenn TTIP beschlossen wird . Wir alle kennen das Beispiel Vattenfall . Dieser Konzern klagt gegen den Atomausstieg . Ähnliche Beispiele kennen wir aus anderen Ländern . So hat Lone Pine gegen das Fracking-Moratorium in Quebec geklagt . Es gibt also verschiedene Anlässe, warum sich die Menschen Sorgen machen, dass die energiepolitischen Ziele unter die Räder kommen . Ich frage Sie, wie die Bundesregierung dazu steht, dass bei der elften Verhandlungsrunde der Fokus vor allem auf die fossilen Energieträger gelegt wurde . Was bedeutet es konkret, dass vom 19 . bis 23 . Oktober über Erleichterungen beim Handel mit Kohle, Uran, Gas und Erdöl verhandelt wurde? Alles soll genau geregelt werden . Wie steht die Bundesregierung dazu?

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Frau Abgeordnete, wie gesagt, wir unterstützen die EU dabei, dass es ein eigenständiges Kapitel zu Energie und Rohstoffen gibt . Ich möchte gerne noch einmal darauf hinweisen, dass selbstverständlich auch die Vereinigten Staaten durch den Beschluss von Elmau gebunden sind . Alle Staaten, die in Elmau teilgenommen haben - nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch die Staaten, die der EU angehören -, haben sich zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis zum Ende des Jahrhunderts und zu einem Umbau der Energiewirtschaft verpflichtet. Das war jetzt die elfte Verhandlungsrunde . Dann kommen die zwölfte und die dreizehnte Verhandlungsrunde usw . Irgendwann werden die von Ihnen angesprochenen Themen behandelt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Verlinden, Sie haben sicherlich noch eine zweite Zusatzfrage .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, das ist richtig .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Allein die Tatsache, dass es aus Sicht der Bundesregierung ein eigenständiges Kapitel zur Energiepolitik geben soll, gewährleistet wohl kaum, dass Klimaschutzaspekte ausreichend berücksichtigt werden . Es kann im schlimmsten Fall auch in die andere Richtung gehen . Deswegen wüsste ich gerne, mit welchen Intentionen und mit welchen konkreten inhaltlichen Forderungen die Bundesregierung die EU dabei unterstützt, in diesem Zusammenhang zu verhandeln .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Ausreichend - da haben Sie völlig recht - ist immer relativ . Da bin ich sofort bei Ihnen . Unsere Position ist, dass wir das, was die Staats- und Regierungschefs in Elmau beschlossen haben, die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis zum Ende des Jahrhunderts und den Umbau der Energiewirtschaft, selbstverständlich in diesen Kapiteln verhandeln wollen . Unser Ziel ist es, möglichst viel für das Klima zu erreichen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Es gibt keine weiteren Nachfragen . Wir kommen zur Frage 19 der Abgeordneten Dr . Julia Verlinden: Was gedenkt die Bundesregierung in Zukunft zu tun, um dafür zu sorgen, dass TTIP dem Ziel der Dekarbonisierung nicht zuwiderläuft? Bitte schön, Frau Kollegin .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Ihre Frage betrifft im Grunde das, was wir eben schon besprochen haben . Wir haben eben schon gesagt: Wir wollen ein eigenständiges Kapitel, in das die Klimaziele und die Ziele der nachhaltigen Energieversorgung aufgenommen werden . Deswegen hat die EU in ihrem Positionspapier zum Energie- und Rohstoffkapitel auch entsprechende Regelungen zur nachhaltigen Energieversorgung vorgeschlagen . Die Bundesregierung unterstützt die Vereinbarung eines ehrgeizigen Nachhaltigkeitskapitels im TTIP, in dem beide Seiten sich unter anderem dazu verpflichten, multilaterale Umweltabkommen, deren Vertragsparteien sie sind, wirksam umzusetzen und weitere multilaterale Umweltabkommen zu ratifizieren. Außerdem schlägt die EU eine engere Kooperation beider Seiten in Klimaschutzfragen vor . Wir werden diesen EU-Textvorschlag um Regelungen zum Klimaschutz ergänzen, wenn die Pariser Klimaschutzkonferenz, die diesen Monat stattfindet, wenn ich es richtig im Kopf habe, abgeschlossen ist .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin, bitte schön .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe eine Nachfrage . Es gibt sehr unterschiedliche energiepolitische Interessen, sowohl zwischen den Unternehmen als auch möglicherweise zwischen den Umweltverbänden und - Sie hatten es eben angedeutet - den verschiedenen Verhandlungspartnern . Wenn Sie sagen, Sie wollten den Klimaschutz voranbringen, gerade auch in diesem Prozess, in dem Sie über TTIP verhandeln oder von der EU verhandeln lassen, dann könnten Sie etwas konkreter werden und erklären, wie Sie sicherstellen wollen, dass sich womöglich die wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen nicht gegenüber demokratischen Entscheidungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende, durchsetzen und welche Ziele Sie im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz konkret in diese Verhandlungen einbringen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Staatssekretärin .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Ihre Annahme, dass wir die EU verhandeln lassen würden, wie Sie eben formuliert haben, möchte ich gerne zurückweisen . Das ist nicht so . Es gibt 28 gleichberechDr. Julia Verlinden tigte Staaten in der Europäischen Union, und die Kompetenz zur Verhandlung über solche Handelsabkommen liegt seit den letzten Vertragsänderungen bei der EU . Deswegen ist die Unterstellung, die eben anklang, nämlich dass Deutschland im Grunde der Spiritus Rector des TTIP sei und die EU nur das Werkzeug, ziemlich abwegig . Das entspricht nicht den Tatsachen . Deswegen ist es nicht so, dass wir sagen können: So wird das gemacht, bzw . so wird das nicht gemacht . - Es ist vielmehr so, dass sich alle Staats- und Regierungschefs darauf verständigen müssen, was sie wollen, und gemeinsam mit der EU-Kommission einen Konsens herstellen müssen . Sonst funktioniert das eben nicht . Daran arbeiten wir . Das habe ich Ihnen eben schon einmal gesagt . Ich kann das gerne wiederholen, aber ich glaube, Sie sind intelligent genug, um das beim ersten Mal zu verstehen . Das kann ich mir also sparen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Verlinden .

Dr. Julia Verlinden (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004429, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie haben aber den Teil meiner Frage nicht beantwortet, bei dem es darum ging, wie Sie sicherstellen wollen, dass wirtschaftliche Interessen von Unternehmen gerade im Zusammenhang mit der Energiepolitik sich nicht über demokratische Entscheidungen hinwegsetzen, wenn TTIP so beschlossen wird . Sie haben auch nicht auf meine Frage geantwortet, inwiefern Sie denn die EU dabei unterstützen, vielleicht auch beraten oder eigene Ideen einbringen, damit das Thema der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in diesem Kontext mitdiskutiert und mitverhandelt wird . Sie als Bundesregierung werden in einem regen Austausch mit den EU-Verhandlungspartnern sein und entsprechende Anregungen in den Prozess einspeisen . Wie wollen Sie sicherstellen, dass Deutschland seine Energiewende hin zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz fortführen kann, insbesondere vor dem Hintergrund der Forderung, demokratische Entscheidungen nicht durch unternehmerische Interessen mittels internationaler Schiedsgerichte wieder aufheben zu lassen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Ich glaube, es ist eine fundamentale Fehleinschätzung, zu glauben, dass sich wirtschaftliche Interessen und demokratische Entscheidungen in irgendeiner Form widersprechen können . ({0}) Noch ist es bei uns so - und so soll es auch bleiben -, dass der Gesetzgeber festlegt, in welchem Rahmen die Wirtschaft agiert . Das können wir vielleicht außerhalb dieses Raumes klären; aber es scheint mir auf alle Fälle evident zu sein . Deswegen sehe ich da überhaupt kein Problem . Soweit Sie auf die Schiedsgerichte anspielen, wissen Sie ja - das haben wir zuletzt heute Morgen im Wirtschaftsausschuss ausführlich diskutiert -, dass die Schiedsgerichte bei TTIP aufgrund der Initiative von Sigmar Gabriel eine wesentliche Verbesserung erfahren haben . Ihre Stellung war vonseiten der EU-Kommission schon einmal im Rahmen von CETA verbessert worden, und nun sind sie aufgrund der Initiative von Sigmar Gabriel und fünf anderen europäischen Sozialdemokraten noch einmal verbessert worden . Vorgesehen sind jetzt ein europäischer Handelsgerichtshof, volle Transparenz, die Beteiligung der NGOs und vieles andere mehr, sodass von mangelnder Transparenz oder gar undemokratischen Entscheidungen überhaupt keine Rede sein kann .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Ich sehe keine weiteren Nachfragewünsche . Die Frage 20 der Abgeordneten Bärbel Höhn und die Frage 21 des Abgeordneten Oliver Krischer werden schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Ich bedanke mich bei der Staatssekretärin Zypries für die Beantwortung der Fragen . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes . Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatsministerin Professor Dr . Maria Böhmer zur Verfügung . Die Frage 22 des Abgeordneten Oliver Krischer, die Frage 23 der Abgeordneten Bärbel Höhn sowie die Fragen 24 und 25 der Abgeordneten Sevim Dağdelen werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zur Frage 26 des Kollegen Volker Beck: Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur derzeitigen Menschenrechtssituation von jungen Männern, die unter anderem von den Taliban zwangsrekrutiert werden, und besonders gefährdeten Gruppen ({0}) in Afghanistan vor? Bitte schön, Frau Kollegin .

Not found (Gast)

Herr Beck, ich darf Ihnen die Frage wie folgt beantworten: Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht . Die afghanische Verfassung verfügt über einen umfassenden Grundrechtekatalog, in dem auch der Gleichheitsgrundsatz und die Religionsfreiheit verankert sind . Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung von sozialen oder religiösen Minderheiten durch den Staat findet nach Kenntnis der Bundesregierung nicht statt . Dennoch bleibt die Menschenrechtslage schwierig . Gewalt gegen Frauen ist weiterhin verbreitet . Die gesellschaftliche Anerkennung ihrer unter anderem im Gesetz zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen verankerten Rechte fehlt vielfach . Ein Verbot der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung ist in der afghanischen Verfassung nicht enthalten . Das afghanische Strafgesetzbuch stellt homosexuelle Handlungen unter Strafe . Es wird von gewalttätigen Übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen von homosexuellen Männern durch die afghanische Polizei berichtet . Die Betroffenen haben nur begrenzten Zugang zum Gesundheitssystem und müssen bei Entdeckung ihrer Homosexualität den Verlust ihres Arbeitsplatzes und soziale Ausgrenzung fürchten . Der Bundesregierung liegen unbestätigte Berichte über die Zwangsrekrutierungen von jungen Männern durch die Taliban vor .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin ein bisschen erstaunt, welche geringe Rolle die tatsächlichen Zustände in Afghanistan bei Ihnen spielen . Wir wissen ja genau, dass in Afghanistan das Problem besteht, dass dort kodifiziertes Recht in der Lebenssituation der Menschen oftmals keine Rolle spielt . Der Bundesinnenminister hat gesagt: Wir müssen jetzt verstärkt nach Afghanistan abschieben . Das heißt, man wird bei abgelehnten Asylbewerbern in der Regel weitere Schutzgründe nach der EMRK verneinen, oder man wird behaupten, es gebe innerstaatliche Fluchtalternativen . Kann das Auswärtige Amt benennen, welche Städte und Regionen in Afghanistan für alle in dieser Frage angesprochenen Gruppen so sicher sind, dass sie als innerstaatliche Fluchtalternative gelten können?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Staatsministerin .

Not found (Gast)

Ich will Ihnen mit zwei Punkten antworten: Sie haben eben verneint, dass ich auf die konkrete Situation eingegangen bin . Das war natürlich nicht so . Ich habe zum einen die Verfassungssituation dargestellt, zum anderen aber sehr bewusst gesagt, dass vieles von dem nicht eingehalten wird Das bitte ich einfach noch einmal zur Kenntnis zu nehmen, lieber Herr Beck . Die Sicherheitslage ist in Afghanistan regional sehr unterschiedlich; das deuten Sie ja auch schon in Ihrer Frage an . Es gibt Regionen mit aktiven Kampfhandlungen, etwa Kunduz; es gibt aber auch Regionen, für die wir sagen können: Trotz punktueller Sicherheitsvorfälle sind sie vergleichsweise stabil . - Dazu darf ich beispielsweise Kabul, Bamiyan und Masar-i-Sharif nennen . Insofern kann man keine pauschalen Aussagen für einzelne Landesteile treffen; man muss immer auf den spezifischen Fall und auf die aktuelle Lage abheben . Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass seit 2002 6 Millionen afghanische Flüchtlinge aus dem Ausland in ihr Land zurückgekehrt sind . Im laufenden Jahr sind es 56 000 . Auch das deutet sehr stark darauf hin: Es gibt durchaus Regionen, wo die Menschen leben können und in die sie zurückkehren . Ich glaube, es ist wichtig für uns, auch das im Blick zu behalten .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck, die zweite Zusatzfrage . - Ich darf auch bitten, auf die Zeit zu achten .

Not found (Gast)

Gern!

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Herr Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich darf bitten, auf die Frage zu achten . Frau Staatsministerin, Sie haben zwar viele Worte gemacht, aber nicht mit einem Satz meine Nachfrage beantwortet . Ich habe Sie gefragt, welche Regionen und welche Städte in Afghanistan für die in der Frage aufgeführten Gruppen - namentlich von den Taliban zwangsrekrutierte junge Männer, Frauen, Lesben, Schwule, Transsexuelle, Transgender und religiöse Minderheiten - als sicher gelten können . Da nützt es nichts, dass Sie sagen: Es ist stabiler . - Die Menschenrechtssituation ist doch nicht identisch mit der Sicherheitslage . Die Frage ist: Sind die Leute dort vor staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung sicher? Darauf kommt es bei der Frage an: Können wir sie guten Gewissens dahin abschieben oder eben nicht, weil sie dort nicht sicher sind? Deshalb bitte ich Sie, nicht auf die Sicherheitslage abzuheben, die eine militärische Frage ist, sondern auf die tatsächliche Menschenrechtslage . Ich will Ihnen nur noch sagen: Ich habe in Belgrad, auf der Balkanroute, mit einer Gruppe von jungen afghanischen Flüchtlingen gesprochen . Sie haben mir erzählt, wie sie unmittelbar geflohen sind. Die Taliban sind bei ihren Eltern vorstellig geworden und haben versucht, sie zwangszurekrutieren .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da haben sie ihre Beine in die Hand genommen und sind durch den Iran über die Türkei bis nach Belgrad geflohen.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Frau Böhmer .

Not found (Gast)

Ich habe vorhin schon einmal darauf abgehoben, dass die Situation sehr unterschiedlich ist; ich wiederhole das gern . ({0}) Ich glaube, es ist ein wichtiges Kriterium, Herr Kollege Beck, wie stabil eine Region ist . Wir haben dort nicht umsonst hohen Einsatz gezeigt, und wir werden das weiterhin tun; denn die Stabilität einer Region ist auch eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass jemand dorthin zurückkehrt . Was die Menschenrechtsfrage anbetrifft, habe ich sehr wohl differenziert . Wir sehen zum Beispiel, dass für Frauen einer bestimmten Region oder einer bestimmten sozialen Schicht eine ganz andere Situation gegeben ist als für Frauen anderer Regionen oder Schichten, und da hatte ich erhebliche Bedenken . Das kann man auch auf andere Bereiche übertragen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . ({0}) - Nein, Herr Nouripour, Sie sind noch nicht dran . Sie werden jetzt noch nicht aufgerufen . ({1}) Vor Ihnen kommt noch die Frau Kollegin Haßelmann . Bitte schön, Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Mit dem Herrn Nouripour klären wir das . ({0}) - Genau . Frau Staatsministerin, ich möchte an das anknüpfen, was Herr Beck gesagt hat, und Sie darum bitten, doch einmal konkret die Orte zu nennen; denn auf die Einschätzung der Lage durch das Auswärtige Amt wird es erheblich ankommen . Ich glaube, dass Sie in der Lage sein müssten, für die genannten Personengruppen konkret Orte, Städte oder Regionen zu nennen, in die Rückführungen möglich sind . Der zweite Teil meiner Frage bezieht sich auf die Beschäftigten, die zum Teil Beschäftigte unserer Bundeswehr waren: Dolmetscher, Fahrer, welche Tätigkeiten auch immer sie ausgeübt haben . Es gibt immer wieder eindringliche Berichte darüber, dass für diesen Personenkreis die Frage des Aufenthaltsstatus hier nicht geklärt ist . Deshalb meine konkrete Frage: Was unternimmt das Außenministerium in diesem Kontext, um für eine eindeutige Aufenthaltserlaubnis für diese Menschen zu sorgen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Haßelmann, Sie wissen, dass man nur eine Zusatzfrage stellen darf, auch wenn man diese in einer Minute stellen und in zwei Fragen kleiden kann . Vielleicht schafft es aber die Frau Staatsministerin, diese beiden Fragen in einer Minute zu beantworten . Bitte schön .

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich möchte auf das abheben, was ich bereits sagte . Es gibt stabile Regionen . Ich habe drei Regionen genannt, nämlich Kabul, Bamiyan und Masar-i-Scharif . Ich weiß ebenso wie Sie, dass wir unter Menschenrechtsgesichtspunkten manchmal noch stärker differenzieren müssen . Ich glaube aber schon, sagen zu können, dass wir hier von einer vergleichsweisen Stabilität ausgehen können . Nun zu dem anderen Punkt, den Sie angesprochen haben . Es liegen noch weitere Fragen vor, die im Zusammenhang mit einer möglichen Rückführung stehen . Hierbei stehen wir als Außenministerium in engem Kontakt mit dem Innenministerium .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Dann ist jetzt der Kollege Nouripour dran . Bitte schön, Herr Nouripour .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Staatsministerin, Sie haben über die Sicherheitslage gesprochen und darauf hingewiesen, dass seit 2002 rund 6 Millionen Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgekehrt seien . Das ist völlig richtig . Die Lage ist, was die Sicherheit betrifft, deutlich besser als zum Beispiel im Jahr 1999 . Die Lage ist auch besser als die Lage im Jahr 1812 . Die Frage ist aber, warum die Leute jetzt kommen . Deshalb ist meine Frage, wie die Bundesregierung die Sicherheitslage und die Entwicklung der Sicherheitslage in den letzten zwölf Monaten bewertet . Ich war letztes Jahr im Juni da . Damals war die Lage so gut wie noch nie zuvor . Als ich vor wenigen Wochen da war, war die Lage so schlecht wie noch nie zuvor . Das ist mir so berichtet worden . Deshalb frage ich, wie die Bundesregierung die Entwicklung der Sicherheitslage in den letzten zwölf Monaten bewertet .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Not found (Gast)

Herr Kollege, Sie wissen, dass wir dafür eintreten, dass die Bundeswehr weiterhin in Afghanistan präsent ist . Das deutet darauf hin, dass wir auch weiterhin alles dafür tun wollen, dass sich die Lage in Afghanistan stabilisiert . Ich möchte noch etwas hinzufügen, weil Sie sich vor Ort wirklich sehr gut auskennen . Es treibt einen schon um, wenn wir sehen, wie viele junge Menschen aus Afghanistan den Weg hin zu uns einschlagen . Ich weiß auch von Afghanen, die über den Iran nach Deutschland gekommen sind . Man fragt sich, warum diese Menschen das tun . Diese Frage steht sicherlich nicht nur im Zusammenhang mit den Menschenrechten und ist nicht nur eine Frage der Stabilität, sondern das ist wahrscheinlich auch eine Frage der Perspektive, die diese jungen Menschen in ihrem Land für sich sehen . Ich glaube, deshalb müssen wir uns Gedanken darüber machen, welche Unterstützungsleistungen wir erbringen können, um diesen jungen Menschen insbesondere eine Perspektive im eigenen Land zu eröffnen . Je mehr tüchtige junge Menschen dieses Land verlassen, umso schwieriger wird diese Situation zweifellos werden . Ich räume ein, dass auch mich das sehr umtreibt . Das treibt auch das Auswärtige Amt und die gesamte Bundesregierung um . Ich glaube, dass ein enger Kontakt bei dieser Frage wichtig ist .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Herr Kollege Ströbele, Sie hatten sich gemeldet .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Ich komme gerade rein und höre, dass Sie sagen, dass es in Afghanistan sicher sein soll, insbesondere in Kabul . Frau Staatsministerin, können Sie uns sagen, wann der letzte Anschlag in Kabul gewesen ist? Hätten Sie vor der Einnahme von Kunduz im Handstreich auch gesagt, nach Kunduz könnten die Menschen kommen, da könne man auf der Straße einkaufen gehen und da sei es sicher?

Not found (Gast)

Herr Kollege Ströbele, man kann natürlich immer vermuten: Was wäre wenn? Ich habe vorhin gesagt, dass die Situation in diesen drei Regionen vergleichsweise stabil ist . Insofern ist das momentan begründet . Niemand von uns kann letztendlich abschätzen, ob es morgen nicht zu einer anderen Entwicklung kommt . Weil uns das so sehr bewegt, wollen wir durch den Verbleib der Bundeswehr zur Stabilisierung beitragen . Mit Ihrer Frage zielen Sie auf einen Punkt ab, der anschließend in weiteren Fragen noch erörtert wird, nämlich auf die Rückführung . Ebenso wichtig ist aber das, was ich vorhin mit dem Kollegen Nouripour ausgetauscht habe . Was bedeutet das für die Entwicklung dieses Landes, insbesondere mit Blick auf junge Menschen? Ich glaube, wir müssen alles daransetzen, diesen jungen Menschen eine Perspektive zu eröffnen . Das haben wir über Jahre hinweg auch getan .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Ich sehe zu diesem Punkt keine weiteren Zwischenfragen mehr . Die Frage 27 der Kollegin Hänsel wird schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs . Ich bedanke mich bei der Staatsministerin für die Beantwortung . Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur Verfügung . Wir kommen zur Frage 28 des Abgeordneten Volker Beck: Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahlen der Rückführungen bzw . Abschiebungen in den letzten zwölf Monaten im Vergleich zu den zwölf Monaten ({0}) zuvor entwickelt, und in welche Länder fanden diese im Wesentlichen statt? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Beck! In den Monaten Januar bis September 2015 wurden insgesamt 13 464 Personen abgeschoben und 1 025 zurückgeschoben . Die meisten Abschiebungen erfolgten in den Kosovo mit 4 358, nach Serbien mit 2 274, nach Albanien mit 1 369, nach Mazedonien mit 1 016, nach Bosnien-Herzegowina mit 429 sowie in die Russische Föderation mit 350 . Die Zahlen für Oktober liegen noch nicht vor . In den zwölf Monaten Januar bis Dezember 2014 das ist sozusagen der Vergleich zum letzten Jahr, der in der Frage gewünscht war - wurden insgesamt 10 884 Personen abgeschoben und 2 967 zurückgeschoben . Die meisten Abschiebungen erfolgten hier nach Serbien mit 2 177, in die Russische Föderation mit 1 326, nach Mazedonien mit 807, in den Kosovo mit 792, nach Albanien mit 521 und nach Bosnien-Herzegowina mit 445 . Drei Monate vor Ende dieses Jahres erfolgten damit bereits 2 580 Abschiebungen mehr als im gesamten vergangenen Jahr .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das zeigt zumindest, dass es bei dem Thema „Rückführungen und Abschiebungen“ offensichtlich durchaus ein konsequentes Handeln der Länder gibt . Ich habe jetzt eine Nachfrage, weil sich der Minister besonders im Hinblick auf Afghanistan dahin gehend eingelassen hat, dass dorthin verstärkt abgeschoben werden müsste . Woran lag es, dass Afghanistan bisher in Ihrer Liste keine große Rolle spielt? Welche rechtlichen und tatsächlichen Gründe werden dazu von den zuständigen Behörden vorgetragen?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Zunächst einmal, Herr Abgeordneter Beck: Die Bewertung, dass konsequent gehandelt wird, kann ich nur bedingt teilen . Natürlich gehen die Zahlen nach oben; das stimmt . Aber wenn wir sehen, dass wir in Deutschland 193 188 vollziehbar Ausreisepflichtige haben, müssen wir feststellen, dass die Zahl der tatsächlich Ausreisenden immer noch sehr gering ist . Wir müssen also deutlich besser werden . Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, aber es gibt sozusagen ein hohes Delta, das hier noch bearbeitet werden muss . Warum Afghanistan nicht in der Liste auftaucht, kann ich Ihnen nicht ad hoc beantworten . Es gibt dort rein von der logistischen Sichtweise her sicherlich größere Probleme als in vielen Staaten des Westbalkans . Aber ich kann Ihnen hier nicht umfassend sagen, was die einzelnen Gründe waren, zumal die Abschiebungen durch die Bundesländer durchgeführt werden .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das finde ich jetzt erstaunlich, weil Sie ja als Staatssekretär dem Bundesminister de Maizière zugeordnet sind, der sich dazu extra letzte Woche in einem Pressestatement ausgelassen hat . Auf welcher Grundlage bezüglich der Abschiebungs- und Rückführungspraxis gegenüber Afghanistan und der Menschenrechtssituation, wo er von innerstaatlichen Fluchtalternativen sprach, hat er sich denn da eingelassen? Können Sie bitte einmal sagen, was die Grundlagen waren und welche innerstaatlichen Fluchtalternativen der Minister in seinem Statement gemeint hat? Das Auswärtige Amt war ja dazu offensichtlich nicht in der Lage .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das Erstaunen kann ich Ihnen nicht nehmen . Sie dürfen so viel staunen, wie Sie mögen, Herr Abgeordneter . Ich habe auf die Frage geantwortet, warum denn in der Vergangenheit Afghanistan nicht unter den Top 6 der Länder auftauchte . Das mag vielfältige Gründe haben . Der Minister hat sich dazu geäußert - und das teile ich natürlich -, dass wir auch bei Afghanistan die Zahlen der Abschiebungen und hoffentlich auch der freiwilligen Rückreisen deutlich vergrößern müssen, weil auch aus diesem Lande immer mehr zu uns kommen und wir eine Schutzquote von unter 50 Prozent haben . Die asylverfahrensrechtlichen Regeln bilden die rechtliche Grundlage, hier zurückführen zu können . Nun ist die Frage, ob es Gegengründe gibt, die das ausschließen . Das ist eben regional - das haben wir bereits diskutiert; das können wir gleich zu anderen Fragen weiter tun - unterschiedlich zu bewerten . Es gibt - die Staatsministerin hat es eben aufgelistet - Regionen, die als vergleichbar sicher gelten, bei denen wir aufgrund einer Prognoseentscheidung dazu kommen, dass hier Rückführungen stattfinden können.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank, Herr Kollege Beck . - Die Kollegin Haßelmann hat jetzt die Gelegenheit zu einer Nachfrage .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Die Antworten lassen im Hinblick auf das Statement von Herrn de Maizière erstaunte Gesichter und offene Fragen zurück . Ich will Ihnen noch einmal die Gelegenheit zur Erwiderung geben, weil die Staatsministerin in ihrer Antwort auf Sie verwiesen hat . In meiner Frage ging es um Personen, die in irgendeiner Art und Weise für die deutsche Bundeswehr in Afghanistan tätig waren, ob als Dolmetscher, Fahrer, Köche oder wie auch immer, und die besondere Gefährdungslage, der sie ausgesetzt sind . Das ist bekannt . Immer wieder wird bei uns in den Sonntagszeitungen, wie auch am letzten Wochenende, sehr eindrücklich geschildert, wie problematisch und wie schwierig die Klärung des Aufenthaltsstatus für diese betroffene Personengruppe und damit die Anerkennung ist, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist . Ich möchte gerne wissen, was Sie vonseiten des Innenministeriums tun, damit sich das ändert .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Mein Kenntnisstand ist ein anderer . Es gibt ein eingeübtes Verfahren, das im Auswärtigen Amt einen Schwerpunkt hat . Diejenigen, die sich gefährdet fühlen, können sich bei unseren Auslandsvertretungen melden . Sie können auch den Wunsch äußern, ein Visum zu bekommen, was nicht direkt zur Ausreise der Betroffenen führen muss . Es gibt auch manche, die wollen die Möglichkeit haben, das Visum zu bekommen, wollen davon aber nicht gleich Gebrauch machen . Es gibt wiederum andere, denen es genügt, in Kontakt mit deutschen Stellen zu sein, um zu sehen, ob die Gefährdungslage wächst oder ob sie wirklich gefährdet sind . Wir haben bereits eine Reihe von Visa erteilt . Eine Reihe dieser Kräfte sind bereits nach Deutschland gekommen . Es gibt dort ein Verfahren unter Federführung des Auswärtigen Amtes und in Abstimmung mit den entsprechenden Behörden unseres Geschäftsbereichs, sodass diejenigen, bei denen wir die Gefährdung so einschätzen, dass sie aufgrund der früheren oder aktuellen Tätigkeit bei deutschen Stellen gefährdet sind, die Möglichkeit haben, nach Deutschland zu kommen, und zwar legal und nicht über einen illegalen Einreiseweg, wie bei den Fällen, über die wir gerade gesprochen haben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . Die Fragen 29 und 30 der Abgeordneten Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet . Volker Beck ({0}) Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Omid Nouripour auf: Wie erklärt die Bundesregierung die Absicht, Afghanen abzuschieben, obwohl vor kurzem viele deutsche Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ({1}) GmbH aus Afghanistan aus Sicherheitsgründen abgezogen wurden ({2})? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Nouripour, die Sicherheitslage in Afghanistan weist - das haben wir eben erörtert - deutliche regionale Unterschiede auf . Regionen mit aktiven Kampfhandlungen wie beispielsweise in Kunduz stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist . Genannt worden sind beispielsweise Kabul, Bamiyan und Masar-i-Sharif . Dabei können keine pauschalen Aussagen für einzelne Landesteile getroffen werden, sondern die Gefährdung muss im Hinblick auf den spezifischen Fall und die Lage beurteilt werden . Sowohl die Bundesregierung als auch die afghanische Regierung weisen die Aussagen, die getätigt worden sind, auch von Mitgliedern der afghanischen Regierung, zurück . Es gab einen einzigen Minister, der an die Bundesregierung die Bitte äußerte, man solle etwas großzügiger sein . Das ist inzwischen in Afghanistan korrigiert worden . Insofern sind wir mit der afghanischen Regierung einig, dass es im Land sichere Bereiche gibt, in die Rückführungen möglich sind .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Nouripour .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär, für Ihre Antwort . Sie haben gerade drei Regionen genannt, von denen Sie sagen, dass die Sicherheitslage dort anders sei . Sie haben zum Beispiel Masar-i-Sharif, die Hauptstadt der Provinz Balkh, genannt . Können Sie uns, wenn Sie sagen, es ist anders, ein einziges Projekt benennen, an dem in dieser Woche eine deutsche Entwicklungshilfeorganisation mit deutschem Personal vor Ort arbeitet und nicht mit Fernbedienung aus dem Feldlager? Ist es nicht etwa so, dass kein Mensch mehr hinausgeht wegen der Sicherheitslage, auch in Balkh?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich habe keine präsenten Kenntnisse über einzelne Projekte . Ich bin mir darüber im Klaren, dass beispielsweise nach dem Anschlag in Kunduz Entwicklungshelfer aus der Region abgezogen worden sind . Viele haben das Land allerdings nicht verlassen, sondern sind in anderen Regionen Afghanistans . Das heißt, sie sind offenbar an Orten, an denen ihr Verbleib von deutschen NGOs und auch von deutschen staatlichen Stellen als vernünftig und sinnvoll erachtet wird . Es sind also nicht alle Entwicklungshelfer außer Landes gebracht worden . Insofern ist die Lage auch innerhalb der einzelnen Regionen unterschiedlich zu bewerten . Im Übrigen darf ich darauf hinweisen: Natürlich mag es Sicherheitslagen geben, in denen ein Europäer stärker gefährdet ist als ein Einheimischer, weil er vielleicht in besonderer Weise Ziel von Entführungshandlungen oder bestimmten Straftaten sein kann . So, wie man bei denjenigen, die aus Afghanistan zu uns kommen, vielleicht in einzelnen Fällen persönlich differenzieren muss - ich habe eben darauf hingewiesen -, so muss man auch zwischen Einheimischen und Ausländern differenzieren, was den Gefährdungsgrad anbelangt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Nouripour .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Ich wüsste im Übrigen kein einziges Projekt . Ich glaube, dass die Leute dort nicht mehr herausgehen . Man kann sich auch die Zahlen anschauen: In der Hochzeit, vor wenigen Jahren, waren über 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der damaligen GTZ in Afghanistan; heute sind dort knapp 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GIZ . Das hat einen Grund . Der Grund ist, dass die Sicherheitslage schlecht ist . Ich würde gerne eine zweite Frage stellen . Der Minister hat in einem Interview in der Welt vom 28 . Oktober nicht nur in einer Art und Weise über die Sicherheitslage in Afghanistan geredet, die man nicht verstehen kann, wenn man weiß, dass er mal Verteidigungsminister war und sich mit dem Land beschäftigt hat, sondern er hat auch noch einen anderen Satz gesagt . Er lautet: Afghanistan steht im laufenden Monat und auch im Verlauf des ganzen Jahres inzwischen auf Platz zwei der Liste der Herkunftsländer . Das ist inakzeptabel . Er begründet seine Auffassung damit, dass viele Entwicklungshilfemittel dorthin geflossen seien. Da könne man erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben . Wenn ich das nicht als einen Ausbruch von Zynismus bei einem panischen, getriebenen und überforderten Bundesinnenminister verstehen soll, dann bitte ich Sie, mir zu erklären, ob die Höhe der Entwicklungshilfemittel, die geflossen sind, im Hinblick auf die Frage, ob Leute hier bleiben dürfen oder nicht, maßgeblich sein soll . Meines Wissens zahlt Deutschland weiterhin Entwicklungshilfe an China . Müssen jetzt alle Chinesen die Bundesrepublik Deutschland verlassen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Krings . Vizepräsidentin Ulla Schmidt

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Danke schön . - Ich weise sowohl die böswilligen Apostrophierungen als auch die damit verbundenen böswilligen Unterstellungen hinsichtlich der Äußerungen des Ministers zurück . Im Übrigen gibt es nicht nur in China, sondern auch in vielen anderen Ländern Menschen, die aufgrund verschiedener Tatbestände des Aufenthaltsrechtes bei uns sind . Wir sehen, dass wir in Afghanistan viel geleistet haben . Ich gehe davon aus - es gibt Anhaltspunkte dafür -, dass das in manchen Regionen zu einer Verbesserung der Sicherheitslage geführt hat . ({0}) Das, was wir geleistet haben - nicht nur Deutschland, sondern die gesamte westliche Staatengemeinschaft -, hat dazu geführt, dass die Lage in Teilbereichen besser geworden ist . Sie ist heute vielleicht schlechter als vor ein paar Jahren; aber sie ist jedenfalls deutlich besser, als sie es vor Beginn des Engagements der deutschen Entwicklungshilfe war . Wenn ein Minister darauf hinweist, dass mit deutschen Steuergeldern dort etwas Sinnvolles gemacht worden ist, finde ich das richtig und gut. Es ist aber kein hinreichendes Argument für Rückführungen . Nicht das Geld an sich, aber das, was damit erreicht worden ist, ist ein Argument dafür, dass die Lage besser ist, als sie oft dargestellt wird . Aus dem Grunde ist der Hinweis richtig . Im Übrigen nehmen wir Prüfungen der einzelnen Fälle vor . Wir haben in diesem Bereich eine Schutzquote von unter 50 Prozent . Nur bei den Personen, die den Schutz nicht bekommen, geht es um Rückführungen, nicht bei denjenigen, die in der Tat einen Asylgrund oder Fluchtgrund haben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Kollege Beck hat jetzt eine Zusatzfrage . Bitte schön .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie haben gerade richtig gesagt, dass es bei der Frage, ob man ehemals für uns tätiges Personal aufnimmt, auf den jeweiligen Einzelfall ankommt, nicht auf die Herkunft, auf den Ort, an dem sich jemand aufgehalten hat . Das scheint mir grundsätzlich richtig zu sein, weil sich die Situation insgesamt landesweit so darstellt, dass man nicht sagen kann, dass es irgendwo einen sicheren Hafen gibt . Aber wie verträgt sich das mit der Behauptung Ihres Ministers, dass es in Afghanistan solche sicheren Häfen gebe, es also innerstaatliche Fluchtalternativen gebe, die man den afghanischen Flüchtlingen im Asylverfahren entgegenhalten könne? Wo gibt es diese innerstaatlichen Fluchtalternativen? Bitte nennen Sie Ort und Provinz, also die Postanschrift, damit die Leute wissen, wohin sie gehen können .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank . - Ich weiß nicht, ob solche zynischen Bemerkungen für die Debatte hilfreich sind; aber das müssen Sie entscheiden, Herr Kollege Beck . ({0}) Ich glaube, man muss zwei Stufen der Prüfung unterscheiden - Sie versuchen, das zu vermischen -: Zunächst einmal werden Asylanträge in Deutschland nach einem rechtsstaatlichen Verfahren geprüft . Ich glaube, da sind wir uns einig . Das führt dazu, dass es eine Reihe von Antragstellern aus Afghanistan gibt, die hier Asyl oder einen Flüchtlingsstatus bekommen . Sie bleiben natürlich hier . Das ist sozusagen der Sinn des ganzen Verfahrens . Wenn sie den Status nicht bekommen, stellt sich in der zweiten Stufe die Frage: Gibt es in dem Lande, aus dem sie kommen, Alternativen in anderen Regionen, in die sie sicher zurückgeführt werden können . Ich habe Ihnen diese Regionen eben aufgezählt . Das brauche ich nicht noch einmal zu machen . Ich glaube, Ihr Erinnerungsvermögen geht über das Kurzzeitgedächtnis hinaus, sodass Sie sich noch an die Regionen erinnern . Es waren Beispiele für Regionen, in die eine Rückführung möglich ist . Das bezieht sich aber nur auf diejenigen, bei denen kein Asylgrund festgestellt wird .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat der Kollege Wunderlich noch eine Zusatzfrage . Bitte schön .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Die Frage, die ich jetzt stelle, haben Sie provoziert . Sie haben gesagt: Man muss die Gefährdung in Bezug auf NGOs, möglicherweise aus Deutschland stammende NGOs, differenziert betrachten, da in manchen Gebieten die Gefährdung für einen NGO-Mitarbeiter vielleicht größer ist als für einen Landsmann aus Afghanistan . Jetzt frage ich Sie allen Ernstes: Differenzieren Sie nach der Gefährdung, wenn Sie zurückführen? Wenn das so ist, dann muss ich Sie fragen: Ab welcher Wahrscheinlichkeit muss ein Afghane, der sich hier in Deutschland aufhält, damit rechnen, dass er zurückgeführt wird? Ab einer 50-prozentigen Tötungs-, Inhaftierungs- oder Folterwahrscheinlichkeit, ab 30 Prozent oder ab 70 Prozent? Welche Zahlen schweben Ihnen denn da so vor?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Auf solche zynischen Unterstellungen gehe ich gar nicht ein . Ihr Vorwurf ist absurd . Ich habe vorhin darauf hingewiesen - ich muss offenbar etwas langsamer sprechen, damit es alle verstehen -, dass es unterschiedliche Regionen im Land gibt, dass die Gefährdungssituation auch davon abhängt, woher jemand stammt, und dass gerade Europäer Ziel von Angriffen und Entführungen sind . Das ist so . Das kann man einigen Fällen entnehmen . - Vielen Dank .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Der Kollege Grund hat noch eine Zwischenfrage .

Manfred Grund (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002667, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Liegen dem Innenministerium Angaben, vielleicht auch Zahlen über international tätige Schlepperorganisationen vor, die von Afghanistan ausgehend über den Iran und die Türkei Schlepperrouten bis nach Deutschland gezogen haben? Gibt es Zahlen, die belegen, dass mit dem Schlepperwesen mehr Geld zu verdienen ist als mit Rauschgiftschmuggel?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Mir liegen hierzu keine konkreten Zahlen vor . Aber in der Tat: Es gibt solche Schlepperorganisationen . Sie sind allerdings nicht nur in Afghanistan, sondern in der gesamten Region tätig .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Die Frage 32 der Abgeordneten Heike Hänsel wird schriftlich beantwortet . Ich rufe Frage 33 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele auf: Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung des Bundesministers des Innern, Dr . Thomas de Maizière, Flüchtlinge aus Afghanistan sollten vermehrt abgeschoben werden, angesichts dessen, dass Deutschland sich seit 13 Jahren am Krieg im Land beteiligt und dass die Regierung dort keineswegs - wie behauptet - mit der Abschiebung einverstanden ist, sondern der Minister für Flüchtlingsangelegenheiten, Alimi Balki, die deutsche Regierung ausdrücklich gebeten hat, keine afghanischen Asylbewerber abzuschieben, sondern mehr afghanische Flüchtlinge aufzunehmen ({0}), und teilt die Bundesregierung die Ansichten des Ministers, weil das Land so viel Entwicklungshilfe erhalten habe, erwarte man, dass die Flüchtlinge dort bleiben, und es gebe auch sichere Gegenden ({1}), trotz der Eroberung von Kunduz im Handstreich und der steigenden Zahl von Toten und Verwundeten im ganzen Land sowie dem Erstarken des „Islamischen Staats“ im Osten ({2})? Bei der Frage geht es um den gleichen Themenkomplex . - Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Es ist nicht nur eine Frage zum gleichen Themenkomplex, sie gleicht in der Essenz der Frage 31 des Kollegen Nouripour . Deshalb wird sich die Antwort auch sehr ähnlich anhören . Ich wiederhole: Die Sicherheitslage in Afghanistan weist deutliche regionale Unterschiede auf . Das Problem des Landes ist: Es ist sehr groß und heterogen, auch von seinen ethnischen Strukturen her, was es schwierig macht, eine dauerhafte Zentralregierung zu etablieren . Das zeitigt auch der Unterschied hinsichtlich der Sicherheitslage in den Regionen . Regionen mit aktiven Kampfhandlungen - Kunduz wurde mehrfach genannt - stehen anderen gegenüber, die trotz punktueller Sicherheitsvorfälle - die es auch dort gibt -, vergleichsweise stabil sind . Ich habe eben die drei Regionen aufgezählt; das spare ich mir nun . Dabei können - ich betone es noch einmal keine pauschalen Aussagen über einzelne Landesteile getroffen werden . Vielmehr muss die Gefährdung jeweils im Hinblick auf den spezifischen Fall und die Lage beurteilt werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Ströbele, haben Sie eine Zusatzfrage?

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke . - Sie haben recht: Die Frage hätte ich mir selber beantworten können . Ich habe gefragt, ob die Bundesregierung die Ansicht des Innenministers teilt, dass Flüchtlinge nach Afghanistan zurückgeführt werden können, weil Deutschland so viel Entwicklungshilfe geleistet hat . Dass jetzt ausgerechnet jemand vom Innenministerium über seinen Chef sagen soll, ob die Bundesregierung diese Auffassung teilt, finde ich schon etwas seltsam; das hätte ich vielleicht besser beantworten können . Aber das ist jetzt eine Bemerkung, die sich aufdrängt . Meine Frage lautet: Hat die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass wir in Afghanistan, in Kunduz, seit 13 Jahren Krieg führen, nicht eine besondere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Menschen, die gerade aus der Gegend um Kunduz kommen, hier in Deutschland bleiben können, weil sie nach 13 Jahren Krieg in Afghanistan offenbar nicht sicher sind?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Zunächst einmal teilt die Bundesregierung die Auffassung des Innenministers, dass Rückführungen nach Afghanistan möglich sind - nicht in jede Region, nicht in jedem Einzelfall, aber sie sind möglich . Dann hat niemand eine Kausalität aufgemacht, ({0}) auch der Innenminister nicht, nach der, nur weil es Entwicklungshilfe gibt, Rückführungen möglich sind . Vielmehr hat die Entwicklungshilfe dazu geführt - so ist das offensichtlich gemeint -, dass sich die Lage in einigen Regionen verbessert hat, und aus dem Grund ist eine Rückführung möglich . Man muss schon ein wenig mitdenken . Verstehendes Lesen ist immer besser als ein tumbes Lesen . Das zum ersten Teil Ihrer Frage . Der zweite Teil Ihrer Frage bezog sich auf den Krieg . Sie haben gesagt, dass die Bundesrepublik an kriegerischen oder ähnlichen Handlungen beteiligt ist, in einer Region auch an der Befreiung von den Taliban . Das stimmt . Dazu, dass Personal, das - ich sage das einmal etwas weit gefasst - für Deutschland gearbeitet hat, gefährdet ist, habe ich eben schon etwas gesagt: Es gibt Wege und Möglichkeiten, diese Menschen nach Deutschland zu bringen . Aber es gibt - wenn Sie das insinuiert haben sollten - keine allgemeine völkerrechtliche „Ingerenzpflicht“, aufgrund der Teilnahme an kämpferischen, kriegerischen Handlungen die gesamte Bevölkerung dieses Landes aufzunehmen . Das sieht das Völkerrecht nicht vor . Es gibt gar keinen Grund, eine so pauschale Aussage zu machen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, dass, weil Entwicklungshilfe gegeben worden ist, vielleicht sogar viel Entwicklungshilfe - unabhängig von ihrer Effektivität in Bezug auf die Sicherheit -, Menschen, die sich in Afghanistan bedroht sehen, schon aus Dankbarkeit gegenüber Deutschland dort bleiben müssen, dass sie nicht nach Deutschland kommen dürfen?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das hat niemand gesagt, auch ich nicht . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Nouripour .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, ich will kurz vorlesen, was in der Welt vom 28 . Oktober 2015 steht; Sie müssen wohl sagen, dass Die Welt etwas völlig Falsches geschrieben hat . Dort steht: . . . sagte der Minister . Es sei viel Entwicklungshilfe dorthin geflossen. „Da kann man erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben .“ Das ist exakt das, was der Kollege Ströbele gerade beschrieben hat .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich habe es gerade schon einmal dargelegt . Gemeint ist damit, dass nicht nur Geld geflossen ist, sondern mit dem Geld auch etwas angefangen worden ist und das Geld etwas bewirkt hat . Aus dem Grund gibt es Regionen in Afghanistan, wohin zurückgeführt werden kann . Das ist offensichtlich damit gemeint . Das habe ich hier öfters erklärt . Ich erkläre das hiermit jetzt noch einmal und hoffe, dass es damit klargestellt ist .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen . Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Ströbele auf: Wird die Bundesregierung den Beschluss des Europäischen Parlaments vom 29 . Oktober 2015 mit der Aufforderung an alle EU-Mitgliedstaaten, Edward Snowden als Whistleblower und Verteidiger internationaler Menschenrechte Schutz zu gewähren, umsetzen, und wann wird dem Beschluss entsprechend die Bundesregierung Edward Snowden in Deutschland Schutz vor jeder Auslieferung oder Verschleppung garantieren, auch um ihm zu ermöglichen, vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages Zeugnis abzulegen und die Aktivitäten der Geheimdienste in der Europäischen Union und den USA aufzuzeigen? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank . - Die Bewertung der Bundesregierung hierzu hat sich nicht geändert .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Ströbele, eine Zusatzfrage? - Bitte .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Hat die Bundesregierung den Beschluss, den das Europäische Parlament mit Mehrheit gefasst hat, zur Kenntnis genommen, mit dem das Europäische Parlament von allen Mitgliedern der Europäischen Union verlangt, dass sie Edward Snowden Schutz gewähren und ihm die Möglichkeit geben, auszureisen, zum Beispiel nach Deutschland? Hat die Bundesregierung den Beschluss zur Kenntnis genommen? Nimmt sie den Beschluss ernst, und folgt sie dieser Aufforderung der Mehrheit des Europäischen Parlaments, oder ist sie ihr egal?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank . - Die Bundesregierung hat diesen Beschluss nicht nur zur Kenntnis genommen; die Bundesregierung hat die Aufnahmemöglichkeiten auch umfassend geprüft . Zum Ergebnis der Prüfung wird auf den Bericht der Bundesregierung zur Ausschussdrucksache 58 des 1 . Untersuchungsausschusses der 18 . Wahlperiode vom 2 . Mai 2014, Ausschussdrucksache 104, verwiesen . Ehe Sie jetzt einwenden: „Das war vor dem Beschluss“, sage ich: Das stimmt; aber der Beschluss umfasst keine neuen Tatsachen oder sonstigen Erkenntnisse . Das Dokument des Europäischen Parlaments ist wichtig, hat aber keinerlei rechtliche Wirkungen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Ströbele .

Hans Christian Ströbele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002273, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Folgt die Bundesregierung nur Beschlüssen, die das Europäische Parlament mit Mehrheit fasst, wenn darin rechtliche Verpflichtungen ausgesprochen werden, oder nimmt die Bundesregierung dieses immerhin höchste europäische demokratische Organ so ernst, dass sie auch diesen Beschluss ernst nimmt und ihm folgt oder zumindest erneut prüft, ob sie ihm folgen kann? Oder ist ihr das völlig egal?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Die Bundesregierung nimmt Stellungnahmen europäischer Organe nicht nur zur Kenntnis, sondern immer ernst . Das führt aber in diesem Fall zu keiner neuen Bewertung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Die Kollegin Haßelmann hat jetzt darum gebeten, eine Zusatzfrage zu stellen .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, mich irritiert, dass Sie bei einer so weitgehenden Frage ohne weitere Prüfung und ohne Berücksichtigung neuer Aspekte in der Lage sind, Ihr Urteil, das Sie bereits vor dem Beschluss des Europäischen Parlamentes zum Schutz des Whistleblowers Snowden getroffen haben, hier weiterhin als Auffassung der gesamten Bundesregierung vorzutragen . Haben Sie sich im Kabinett mit dieser Frage, die ja für den 1 . Parlamentarischen Untersuchungsausschuss und für die Beweisanträge, die dort gestellt wurden, wichtig ist, und auch mit den neueren Entwicklungen und Enthüllungen in Bezug auf die NSA und den BND, zum Beispiel mit den Veröffentlichungen über Zugriffe auf Daten, befasst? Haben Sie innerhalb der Bundesregierung die Absicht, im Kabinett eine Abstimmung darüber herbeizuführen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Erstens . Soweit Sie das schnelle Handeln oder Bewerten der Bundesregierung irritiert, darf ich sagen, dass Sie die Bundesregierung niemals unterschätzen sollten, auch in dieser Hinsicht nicht . Zweitens . Solche Antworten in parlamentarischen Fragestunden werden zwischen den Ressorts abgestimmt . Sie stellen also keine alleinige Auffassung meines Hauses dar . Drittens . Soweit Sie auf mögliche Kabinettsbefassungen abheben, muss ich sagen: Da ist mir nichts bekannt . Im Übrigen bezieht sich dies auf künftiges Regierungshandeln, über das ich per se keine Auskunft geben könnte .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Jetzt hat die Kollegin Renner noch eine Zusatzfrage .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Eine Rückfrage: Sie sagen, alle anhängigen Fragen zur Prüfung eines möglichen Aufenthaltstitels für Edward Snowden seien von der Bundesregierung schon beantwortet . Dann können Sie mir sicherlich sagen, wie die juristische Frage nach einem möglichen Auslieferungsschutz, weil Edward Snowden in den USA politische Strafverfolgung drohen könnte, durch die Bundesregierung beantwortet wird .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich bitte um Verständnis, Frau Kollegin, dass ich jetzt nicht in allen Einzelheiten das wiedergeben kann, was auch in dieser von mir zitierten Ausschussdrucksache steht . Im Übrigen darf ich allgemein sagen, dass wir, da es sich bei den USA um einen Rechtsstaat handelt, nicht von politischer Strafjustiz ausgehen, sondern davon, dass die USA ihre Strafgesetze zur Anwendung bringen wollen . Das ist per se kein Hindernis für eine mögliche Auslieferung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Es gibt keine weiteren Zusatzfragen . Die Fragen 35 und 36 des Abgeordneten Kai Gehring und die Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Andrej Hunko werden schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . Ich bedanke mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Ich rufe als Erstes die Frage 39 der Kollegin Martina Renner auf: Hat der Generalbundesanwalt zu den am 21 . Oktober 2015 durchgeführten Durchsuchungen von mehreren Wohnungen in Bamberg und Nürnberg im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen führende Mitglieder der neonazistischen Partei Die Rechte und anderen extrem rechten Gruppierungen, bei denen Waffen und illegal nach Deutschland eingeführte Sprengmittel sichergestellt wurden, um nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft offenbar Anschläge auf eine Flüchtlingsunterkunft sowie auf linke Projekte zu verüben ({0}), ein Prüfungsverfahren zur Übernahme der Ermittlungen angelegt, und, wenn ja, mit welchem Ergebnis? Bitte schön, Herr Staatssekretär Christian Lange, der für die Beantwortung der Fragen zur Verfügung steht .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Kollegin Renner, ich beantworte Ihre Frage 39 wie folgt: Das wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung geführte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bamberg gegen eine in Bamberg und Umgebung agierende rechtsextremistische Personenvereinigung ist dem Generalbundesanwalt nach Vorlage der Akten gemäß Nummer 204 Absatz 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren seit Anfang Juli 2015 bekannt . Der Generalbundesanwalt hat in diesem Zusammenhang einen Prüfvorgang angelegt . Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg und die ermittlungsführende Kriminalpolizeiinspektion Oberfranken haben das zuständige Referat des Generalbundesanwalts seither fortlaufend über die weiteren Ermittlungen und deren Ergebnisse, insbesondere während der laufenden Exekutivmaßnahmen am 21 . Oktober 2015, informiert . Diese enge Zusammenarbeit mit den Landesjustiz- und Landespolizeibehörden gewährleistet, dass der Generalbundesanwalt auch beim weiteren Fortgang des Verfahrens seine Zuständigkeit kontinuierlich anhand des aktuellen Ermittlungsstandes prüfen kann .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Renner .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär Lange, das heißt übersetzt: Derzeit erwägt der Generalbundesanwalt nicht die Übernahme der Ermittlungen . Ich würde gerne eine Nachfrage stellen . Ich hatte mich schon im Juli dieses Jahres mit einer schriftlichen Frage an Sie gewandt und gefragt, inwieweit der Generalbundesanwalt in Fällen von Brandanschlägen auf bewohnte, aber auch unbewohnte Flüchtlingsunterkünfte tätig wird . In der Antwort wurde damals ausgeführt, dass das bisher in keinem Anschlagsfall so war, dass aber seit August dieses Jahres eine neue Rechtslage vorliegt, die es dem Generalbundesanwalt erleichtert, solche Fälle an sich zu ziehen . Hier geht es ja auch um die Anschlagsvorbereitung, zum Beispiel beim Anschlag auf das sogenannte Balkan-Zentrum, also auf eine Flüchtlingsunterkunft, in der Migrantinnen und Migranten untergebracht waren . Inwieweit wird denn die neue Rechtslage ab 1 . August dieses Jahres in die Überlegungen der Generalbundesanwaltschaft einbezogen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Das waren zwei Fragen an mich . Die erste Frage, Frau Kollegin Renner, ist identisch mit Ihrer zweiten schriftlichen Frage, die Sie gestellt haben, nämlich mit der Frage 40 . Frau Präsidentin, ich würde sie gerne beantworten, allerdings dann gleich, indem ich die Frage 40 beantworte .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ich rufe die Frage 40 noch auf . Aber dann können Sie ja noch einmal das Gleiche sagen .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Genau .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Ich möchte die Frage 40, die zugleich gerade Ihre erste Frage war, wie folgt beantworten: Aus dem bisher mitgeteilten Sachverhalt - einschließlich der Ergebnisse der Exekutivmaßnahmen vom 21 . Oktober 2015 - lässt sich noch kein Anfangsverdacht für von der Gruppierung geplante oder vorbereitete terroristische Katalogtaten im Sinne von § 120 Absatz 1 Nummer 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit § 129 a Absatz 1 und Absatz 2 des Strafgesetzbuches entnehmen . Namentlich ein ausländerfeindlich motivierter Einsatz der sichergestellten pyrotechnischen Sprengmittel gegen Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünfte für ein Brandstiftungs- oder Sprengstoffverbrechen und/oder gegen Menschen, um diese zu töten oder schwer zu verletzen, lässt sich derzeit nicht mit der für eine Verfahrensübernahme erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegen . Das gilt auch für mutmaßlich geplante Anschläge auf sogenannte linke Projekte, auf die Sie abgestellt haben . Insofern bleiben die weiteren Ermittlungen abzuwarten, auch im Hinblick auf solche Umstände, anhand derer die verfahrensgegenständliche Gruppierung möglicherweise als kriminelle Vereinigung von besonderer Bedeutung im Sinne des § 120 Absatz 2 Nummer 1, § 74 a Absatz 1 Nummer 4 GVG in Verbindung mit § 129 Absatz 1 des Strafgesetzbuches angesehen werden kann . - Das ist die Antwort auf Ihre Frage 40 und auf Ihre erste Nachfrage . Zu Ihrer zweiten Nachfrage kann ich sagen, dass der Generalbundesanwalt selbstverständlich die aktuelle Rechtslage beachtet und entsprechend handelt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Renner, Sie können jetzt noch eine Zusatzfrage stellen .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, wir können jetzt gerne darüber diskutieren, ob die Planung eines Sprengstoffanschlags unter Einbeziehung des Umstands, dass dort Menschen lebten, nicht auch den Tatbestand des versuchten Totschlags oder der Vorbereitung dazu entspricht . Aber mir geht es jetzt um eine andere Sache . Es geht bei der Prüfung durch den Generalbundesanwalt ja auch darum, ob er die besondere Bedeutung des Falles ausgiebig gewürdigt hat . Ich glaube, in einer Phase tatsächlich pogromartiger, rassistischer Mobilisierung inklusive ungezählter - mittlerweile Dutzender - Brandanschläge auf Unterkünfte ist auch die Frage zu stellen, ob es wegen der besonderen Bedeutung dieser Situation die auch ein staatsgefährdendes Element in sich trägt, weil dadurch die Menschenwürdegarantie für hier lebende Schutzsuchende grundsätzlich infrage gestellt wird nicht angezeigt ist, dass es einer Übernahme durch den Generalbundesanwalt bedarf .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Staatssekretär .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Frau Kollegin, Sie wissen, dass die Beurteilung, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, wenn es um in die Zuständigkeit der Bundesjustiz fallende Straftaten geht, der Bundesjustiz und damit dem Generalbundesanwalt obliegt und nicht der Bundesregierung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Ich rufe dann die Frage 40 auf: Sofern der Generalbundesanwalt nicht beabsichtigt, die Ermittlungen zu übernehmen, welche Gründe liegen hierfür vor? Frau Kollegin Renner, wenn Sie damit einverstanden sind, dass der Staatssekretär Ihre Frage schon beantwortet hat, dann dürfen Sie hierzu zwei Zusatzfragen stellen . - Sie haben keine mehr . Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs angelangt . Ich bedanke mich beim Parlamentarischen Staatssekretär für die Beantwortung . Ich komme damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Die Frage 41 der Kollegin Beate Walter-Rosenheimer wird schriftlich beantwortet . Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft . Die Frage 42 des Kollegen Harald Ebner und die Frage 43 des Kollegen Harald Ebner werden schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende der Fragestunde . Ich unterbreche die Sitzung bis 15 .35 Uhr und freue mich, Sie dann alle gesund und munter hier wiederzusehen . - Danke schön . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung wird fortgeführt . Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haltung der Bundesregierung zu neuen Erkenntnissen zur VW-Abgasaffäre Das Wort hat Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss erst noch einmal klarstellen, worum es bei dem Autoabgasskandal eigentlich geht . Es geht nur vordergründig um Software-Abschaltvorrichtungen, RDE, Aktienkurse oder was auch immer . Der eigentliche Punkt ist, dass in Deutschland jedes Jahr 7 000 Menschen an den Folgen von Verkehrsemissionen sterben und Zehntausende krank werden . Deshalb haben wir Grenzwerte eingeführt, zum Beispiel für die gesundheitsgefährdenden Stickoxide . Ich sage hier ganz deutlich: Jeder in der Automobilindustrie und in der Politik, der das Thema schönredet und der Autoindustrie dabei hilft - legal oder illegal -, diese Werte zu manipulieren, der macht sich mitschuldig an Krankheit und Tod von Menschen, und ich glaube, das gehört auch in diese Debatte hinein . ({0}) Vertreter der Automobilindustrie, der Bundesregierung und auch des Kraftfahrt-Bundesamtes haben in den Anhörungen, die wir in dieser Woche durchgeführt haben, erzählt, es sei doch allen bekannt gewesen, dass die Grenzwerte selbstverständlich nicht eingehalten werden, sie seien ja auch nur dazu da, damit sich die Automarken untereinander vergleichen können . Ich sage: Das ist verkommen . Es ist verkommen, dass eine Industrie und die Politik Grenzwerte nicht ernst nehmen und so tun, als ob man sie nicht einhalten müsste . Ich frage Sie: Was würden wir machen, wenn so etwas im Lebensmittelbereich passieren würde, wenn man einen Fett- oder einen Alkoholgehalt von 5 Prozent draufschreiben würde, während das Doppelte drin ist? Wir würden die Produkte sofort vom Markt nehmen . Aber bei der Autoindustrie tun wir das nicht . Dort wird das nonchalant hingenommen . Mit diesen Praktiken muss endlich Schluss sein . ({1}) Ich glaube, inzwischen ist klar - das sollte der heutige Tag endgültig gezeigt haben -, dass es nicht nur um einzelne kriminelle Machenschaften und darum geht, dass nur einzelne Mitarbeiter von VW irgendwas gemacht haben, sondern dass es um systematischen Betrug geht . Es geht um Betrug am Verbraucher und um Greenwashing, und das können wir nicht länger hinnehmen . Diese Strukturen müssen verändert werden . Wir in Deutschland können es nicht länger akzeptieren, dass unsere Leitindustrie in einer solch unverantwortlichen Art und Weise verfährt . ({2}) Meine Damen und Herren, wenn man sich die Enthüllungen der EPA von vorgestern und von VW selber von heute anguckt, dann fragt man sich: Warum werden diese Manipulationen in den USA und nicht in Deutschland entdeckt? ({3}) Warum deckt keine einzige deutsche Behörde irgendetwas auf? Ich kann Ihnen sagen, warum nicht - das ist vom Präsidenten des Kraftfahrt-Bundesamtes am Montag sehr deutlich erläutert worden -: Sie können das gar nicht aufdecken . Wir haben in Deutschland keine Strukturen und keine Kontrollen, durch die irgendetwas aufgedeckt wird . Wenn es die EPA nicht gegeben hätte, dann wüssten wir bis heute noch nicht, dass es diesen Abgasskandal gibt . Wir würden es nie erfahren . Es muss hier mit aller Deutlichkeit gesagt werden: Das ist ein Versagen der Bundesregierung; das ist ein Versagen von Alexander Dobrindt . ({4}) Dieser Skandal ist inzwischen sechs Wochen alt, und man fragt sich ja: Was hat der zuständige Minister in diesen sechs Wochen eigentlich gemacht? Man kann das recherchieren . Wir haben entsprechende Fragen gestellt . Diese Frage kann man mit einem Wort beantworten: Nichts! Rein gar nichts! Der Aufklärungsbeitrag von Alexander Dobrindt in dieser Abgasaffäre ist gleich null . ({5}) Und die Kommentierung der heutigen Enthüllungen durch Herrn Dobrindt war, er sei irritiert . Ja, sapperlot: Der Verkehrsminister ist irritiert . - Der Verkehrsminister hat die Aufgabe, aufzuklären und dafür zu sorgen, dass sich etwas ändert . Und da gibt es überhaupt nichts, meine Damen und Herren . ({6}) Der größte Witz ist: Er hat eine Kommission einberufen, eine Kommission, die aufklären soll . Wir haben etliche Male nachgefragt . Wir wissen noch nicht einmal, wer Mitglied dieser Kommission ist . Wir wissen nicht, was der Auftrag dieser Kommission ist, geschweige denn, dass es irgendwelche Ergebnisse gibt . So wird deutlich: Diese Kommission und die Behörden, denen der Verkehrsminister vorsteht, sind ein organisiertes Staatsversagen; das muss an dieser Stelle ganz deutlich gesagt werden . ({7}) Was wir auch nicht haben, sind irgendwelche Vorschläge, wie sich strukturiert etwas ändern soll, wie wir denn mit Blick auf die Stickoxide weiterkommen sollen und wie in Zukunft solche Skandale vermieden werden sollen . All das haben wir nicht . Sechs Wochen nach Beginn des Skandals ist hier gar nichts . Meine Damen und Herren, ich sage in aller Deutlichkeit: Alexander Dobrindt ist nicht Teil der Lösung, er ist Teil des Problems . ({8})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Sie kommen jetzt bitte zu Ihrem letzten Satz, Herr Kollege Krischer, einem allerletzten kurzen Satz .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mein letzter Satz wird sein: Wir brauchen in Zukunft eine Automobilindustrie, die die umweltfreundlichste der Welt sein müsste, und eine Bundesregierung, die verantwortungsvoll handeln würde . Sie würde dann die Strukturen dafür schaffen, diese Industrie vor sich selber zu schützen, würde kontrollieren, würde ihre Verantwortung wahrnehmen . Das tut sie aber nicht . Deshalb versagt sie . Ich danke Ihnen . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Für die Bundesregierung spricht jetzt der Bundesminister Alexander Dobrindt . ({0})

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Krischer, Sie haben in Ihrer Aufzählung der Freundlichkeiten vergessen, dass wir gerade in der letzten Woche als Ergebnis der Diskussion der vergangenen Monate eine Entscheidung in Brüssel getroffen haben - einer Diskussion, die die Bundesregierung aktiv begleitet hat . Es geht darum, den Schritt von dem Test auf der Rolle hin zum Test auf der Straße zu gehen, ({0}) damit wir uns mithilfe des RDE-Verfahrens, also des Tests auf der Straße, dem realen Fahrverhalten der Autofahrer schneller annähern . Es ist gelungen, hierüber in Europa eine Einigung zu erreichen, sodass die Entscheidung getroffen wurde, jetzt das RDE-Verfahren endlich umzusetzen . Das ist eine Debatte, die wir lange Zeit geführt haben und die durch uns wieder ganz oben auf die Tagesordnung gekommen ist . ({1}) Ich selber habe diese Debatte in Brüssel beantragt, die jetzt zu einer Entscheidung geführt hat . Wir freuen uns, dass wir diese Entscheidung erreicht haben . ({2}) Ich habe gestern mit Vertretern des Volkswagen-Vorstands und des Aufsichtsrates eine Diskussion gehabt, ({3}) die einen Termin bei mir hatten . ({4}) Sie haben uns in der Tat „mal wieder“ darüber in Kenntnis gesetzt, ({5}) dass die angegebenen Werte von 800 000 Fahrzeugen von Volkswagen bei Verbrauch und den CO2-Emissionen nicht den realen Werten entsprechen . ({6}) Wir haben daraufhin sofort die Mitglieder der Untersuchungskommission für heute zu einer Sondersitzung mit Vertretern von Volkswagen zusammengerufen, ({7}) um weitere und nähere Informationen über die Situation zu erhalten und um über erste Maßnahmen zu sprechen . ({8}) Heute ist uns mitgeteilt worden, dass 98 000 Benzinfahrzeuge betroffen sind und dass beim Test der CO2-Emissionen und des Verbrauches seitens VW offensichtlich Maßnahmen ergriffen worden sind, um die Verbrauchswerte nach unten zu verfälschen . Das ist von der Innenrevision von Volkswagen erkannt worden . ({9}) Dieses Ergebnis hat übrigens auch damit zu tun, dass wir zusammen mit Volkswagen in enger Abstimmung mit der Untersuchungskommission sind und Wert darauf legen, dass alle Maßnahmen, die möglicherweise zu einer Verfälschung von Emissionswerten geführt haben, dezidiert nachgeprüft und untersucht werden . Dies ist eines der Ergebnisse . Dennoch - um auch das klar zu sagen -: Sowohl das Vorgehen, das zu diesen Ergebnissen geführt hat, als auch die Ergebnisse selbst sind inakzeptabel . ({10}) Deswegen ist Volkswagen klar in der Verantwortung und in der Pflicht, ({11}) den Schaden, der daraus gerade auch für die Kunden entstanden ist, zu beheben . Auch hier gilt wieder: Wenn man Vertrauen zurückgewinnen will, dann muss man als Allererstes dafür sorgen, dass der Schaden behoben wird und nicht die Kunden auf dem Problem sitzen bleiben . ({12}) Wir haben das heute genau so gegenüber Volkswagen formuliert . Wir haben heute Entscheidungen getroffen, die Volkswagen bereits mündlich mitgeteilt wurden; schriftlich wird dies noch geschehen . Es müssen neue Prüfwerte für die betroffenen Fahrzeuge erstellt werden . Diese Prüfwerte werden als Anordnung des KBA an Volkswagen ergehen bzw . werden unter Aufsicht des KBA erstellt werden . Wir haben heute weiter angeordnet, dass die laufende Serie der aktuellen VW-Pkw nachgeprüft wird . Auch das ist ein Teil der Aufarbeitung, dass man sich dezidiert weiter anschaut, ob es an anderer Stelle Probleme geben kann . Wir haben Volkswagen heute in unserer Untersuchungskommission aufgefordert, ein Kundenberatungszentrum einzurichten, das die Kundeninteressen gegenüber Volkswagen vollumfänglich wahrnimmt . Volkswagen hat zugesagt, dieses Kundenbetreuungszentrum umgehend einzurichten . Warum ist dies von großer Bedeutung? Bei den 800 000 betroffenen Fahrzeugen, bei denen offensichtlich andere CO2-Werte real zu erwarten sind, als dies bisher angegeben ist, kommt es zu Auswirkungen auf die Kfz-Steuer . Das bedeutet, dass, falls die Werte nach oben korrigiert werden müssen - wovon auszugehen ist -, eine andere Kfz-Steuer fällig wäre . Das gilt auch rückwirkend . Deswegen sind wir schon in Abstimmung mit dem Finanzministerium und arbeiten an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern . Auch da steht Volkswagen in der Verantwortung, meine Damen und Herren . ({13}) Sie sehen, dass wir auch an dieser Stelle entschlossen handeln und dafür sorgen, dass zum einen die Aufarbeitung des Falles stattfindet und dass zum anderen die Problemlagen erörtert und auch schon im Vorfeld bereinigt werden, soweit sie die Kunden betreffen . ({14}) Ich habe schon bei unserer letzten Debatte darauf hingewiesen, dass wir im Nachgang der NOX-Diskussion bezüglich VW Nachprüfungen angeordnet haben, die durch das KBA aktuell durchgeführt werden . Die Fahrzeuge werden sowohl auf der Rolle als auch auf der Straße und auch in Crosstests geprüft . Bei diesen Prüfungen werden auch die CO2-Werte gemessen . Ich habe darauf hingewiesen, dass es, wenn diese Fahrzeuge, sowohl inländische auch als ausländische, die sich im deutschen Markt befinden, geprüft sind, ein Gesamtergebnis geben wird . Dieses Gesamtergebnis wird veröffentlicht werden . In diesem Gesamtergebnis werden auch die entsprechenden CO2-Werte ausgewiesen sein . Wir haben den Rückruf der infragestehenden Dieselfahrzeuge angeordnet, was die NOX-Thematik angeht, und wir sind damit übrigens deutlich weiter, als es unsere amerikanischen Kollegen sind . ({15}) Ich habe mit den amerikanischen Kollegen Kontakt aufgenommen . In Amerika ist man heute bei der Abarbeitung der NOX-Thematik noch nicht annähernd bei einem Rückruf angekommen . Weder hat man einen Fahrplan zur technischen Aufarbeitung, noch hat man die dezidierten technischen Lösungen . Es ist auch ein Teil unserer Aufarbeitungskultur, dass wir sehr schnell an den Lösungen arbeiten und den Rückruf schon zum 1 . Januar 2016 - mit den technischen Lösungen - angeordnet haben . ({16}) Meine Damen und Herren, es gilt, jetzt auch auf Basis dieser Informationen nicht nur am Thema RDE zu arbeiten, wie ich zu Beginn im Zusammenhang mit unseren Entscheidungen auch in der letzten Woche erklärt habe, sondern wir wollen auch ein einheitliches internationales Testverfahren erreichen, den sogenannten WLTP . Ich gehe davon aus, dass auch die Entscheidungen hierüber in wenigen Monaten fallen können . Wir haben großes Interesse daran, dass es diesen internationalen Standard gibt . Vergleichbarkeit schaffen wir nur durch internationale Standards bei den Abgasmessungen . Das kann durch ein WLTP-Verfahren entsprechend gewährleistet werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Minister .

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Auch mögliche irreguläre Einflussnahmen bei den Testverfahren können damit reduziert werden . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Minister, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern .

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

Danke schön . - Das, was wir hier zurzeit in der Frage der CO2-Messungen erleben, kann darauf zurückzuführen sein,

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Minister .

Alexander Dobrindt (Minister:in)

Politiker ID: 11003516

- dass man während der Testverfahren Manipulationen beispielsweise am Öl- oder am Reifendruck vorgenommen hat . Dies wollen wir auch für die Zukunft mit unseren internationalen Standards ausschließen und dafür sorgen, dass Manipulationen in dieser Art und Weise nicht vorkommen . Wenn sie vorkommen, wie geschehen, dann werden sie von uns nicht geduldet, sondern geahndet und im Sinne der Kunden reguliert . Danke schön . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Sabine Leidig das Wort . ({0})

Sabine Leidig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004089, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gesagt: „Sie sehen, dass wir entschlossen handeln .“ Ich muss sagen: Wir können eigentlich gar nichts sehen . Sie haben nicht veröffentlicht, wer der Untersuchungskommission angehört . In der Fragestunde in der letzten Sitzungswoche konnte ich Ihnen sozusagen entlocken, dass der Vorsitzende dieBundesminister Alexander Dobrindt ser Untersuchungskommission Staatssekretär Odenwald ist . Derselbe Herr Odenwald ist seit 2010 im Verkehrsministerium zentral für Verkehrspolitik verantwortlich . ({0}) - Nicht als Staatssekretär, sondern als Abteilungsleiter der Grundsatzabteilung . Seit 2007 redet die Deutsche Umwelthilfe öffentlich und auch gegenüber dem Ministerium sehr dezidiert davon, dass die Werte bei den Abgasen, die die Automobile in die Luft blasen, von den Grenzwerten abweichen . Wir haben vom ADAC schon lange nachweislich Listen darüber bekommen, wie die Automobilindustrie systematisch dafür sorgt, dass auf dem Prüfstand, unter Prüfbedingungen, die Werte niedrig sind . Das geht von abgeklebten Rückspiegeln bis zu einer Prüfachse und sonst irgendwas . Die Höchstgeschwindigkeit wird auf 130 km/h festgelegt . Es gibt also jede Menge Hinweise darauf, dass und wie manipuliert wird . Sie hätten das viel früher in Erfahrung bringen können, wenn Sie nicht nur 72-mal in Ihrem Ministerium mit Spitzenvertretern der Automobilindustrie gesprochen hätten, wie wir mit einer Kleinen Anfrage herausgefunden haben, sondern auch mit der Deutschen Umwelthilfe, dem ADAC und anderen Experten, die seit Jahren genau diese Sachverhalte öffentlich thematisieren . Sie haben nichts dergleichen gemacht . Nun sagen Sie, Sie hätten sich von VW über den Sachverhalt informieren lassen. Das finde ich ärmlich, und es entspricht genau dem Bild, das Sie immer wieder abgeben . ({1}) Sie bestätigen damit im Grunde, dass Sie mit der Autolobby unter einer Decke stecken und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, gesundheitliche Aspekte sowie den Klimaschutz in diesem Land hintanstellen . ({2}) Ich will noch ein bisschen ausführen, wie Sie, Ihr Ministerium und auch Ihr Vorgänger - Herr Ramsauer hat keineswegs eine andere Linie verfolgt - sehr systematisch der Automobilindustrie den Betrug bzw . - wie das so freundlich formuliert wird - die Schummelei ermöglicht haben . In der Anhörung am vergangenen Montag hat Herr Ziegler vom Kraftfahrt-Bundesamt gesagt: Ja, wir haben Hinweise darauf gehabt . Aber wir dürfen gar keine anderen Kontrollen durchführen und müssen für die gleichen Prüfbedingungen sorgen wie bei den Zulassungsverfahren . - Auf meine Frage, was er seit 2011, als ihm das eklatant aufgefallen ist, getan hat, um seine Möglichkeiten zu erweitern, herrschte großes Schweigen im Walde . Wenn aber ich als Gesetzgeber und als Prüfbehörde weiß, dass die Mittel, die mir zur Verfügung stehen, um zu prüfen, nicht ausreichen, um Betrug und Abweichungen von gesetzlichen Regelungen aufzudecken, dann muss ich doch dafür sorgen, dass sich meine Mittel verändern bzw . dass ich bessere Mittel in die Hand bekomme . ({3}) Das haben Sie nicht getan . Stattdessen unternehmen Sie auch jetzt wieder alles, um für die Automobilindustrie ein Schonpaket zu schnüren . Sie haben dafür gesorgt, dass auf europäischer Ebene verabredet wurde, dass die Grenzwerte auch in Zukunft um das Doppelte überschritten werden dürfen . Der Faktor zwei beim Einhalten der Grenzwerte bedeutet: Die dürfen doppelt so viel rausblasen, wie für Gesundheit und Umwelt verträglich ist . Das halte ich für absolut unverantwortlich . ({4}) Noch eine Kleinigkeit, die zeigt, wie wenig Ihren Worten zu glauben ist . Sie haben gerade gesagt, dass die Kunden auf keinen Fall auf dem Schaden sitzen bleiben sollen; auch das hätten Sie mit VW verabredet . Stephan Harbarth, Ihr Kollege von der Union und Obmann im Rechts- und Verbraucherausschuss des Bundestages, ist zugleich im Vorstand einer Anwaltskanzlei tätig, die nun von VW mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt wurde . Just hat die Union am heutigen Tag zum dritten Mal dafür gesorgt, dass das Thema „VW-Abgasaffäre und Verbraucherschutz“ von der Tagesordnung gekickt wird . Unterstützung der Verbraucherinnen- und Verbraucherinteressen sieht anders aus . ({5})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön, Frau Kollegin Leidig .

Sabine Leidig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004089, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Wir werden mit Sicherheit noch öfter über dieses Thema reden . Die Grünen und wir haben kluge Anträge gestellt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Leidig!

Sabine Leidig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004089, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ihnen wird nicht erspart bleiben, sich weiterhin mit uns in dieser Frage auseinanderzusetzen . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ich mache noch einmal alle darauf aufmerksam, dass nach unserer Geschäftsordnung in einer Aktuellen Stunde die Redezeit von fünf Minuten nicht überschritten werden darf . Ich bitte alle, die nun noch reden werden, darauf zu achten, dass das letzte Wort fällt, wenn sich die Uhr der Null nähert . Der Kollege Arno Klare von der SPD-Fraktion darf uns nun zeigen, wie das geht . - Bitte schön . ({0})

Arno Klare (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004329, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt angesichts dessen, was hier geschieht, zwei große Aufgabenfelder . Erstens gibt es ein technisch-instrumentelles Aufgabenfeld, bei dem sich die Frage stellt: Wie stellen wir sicher, dass die Prüfwerte, die bei der Typenzulassung ermittelt werden, die realen Emissionen und Verbräuche wiedergeben? Das ist ein ganz entscheidender Punkt; darauf wurde schon mehrfach hingewiesen . Zweitens gibt es ein perspektivisch-konzeptionelles und in die Zukunft weisendes Aufgabenfeld, bei dem sich die Frage stellt: Was müssen wir jetzt tun, dass der noch schmale Dekarbonisierungsweg, den wir beschritten haben, zum achtstreifigen Highway wird? Das ist ein weiterer entscheidender Punkt . ({0}) - Das habe ich gar nicht gesagt . Aber wir reden gerade über Autos . Wir brauchen, glaube ich, ein Fünf-Punkte-Programm . Das, was ich jetzt aufzeige, ist so eine Art Roadmap . Erstens . Wir müssen bei den Testverfahren sicherstellen, dass diese aussagekräftig sind, aber dass sie eben auch die Verbraucher insofern zufriedenstellen, dass die Werte nicht wieder variieren . Reliabilität nennt man so etwas . Das ist ein Fachbegriff, den ich erläutern muss . Es geht darum, dass man RDE nicht zum Allheilmittel erklären darf; denn RDE muss standardisiert sein, damit es reproduzierbare Ergebnisse gibt . Alles, was reproduzierbar ist, kann aber eventuell von einer Software als Testzyklus erkannt werden . Ich will nicht den Wettlauf erleben, den es im Sport schon gegeben hat, Stichwort „WADA“ . Ich möchte vielmehr Tests haben, die so valide sind, dass wir nachher wirklich vernünftige Ergebnisse haben . Das heißt, wir brauchen Tests auf der Rolle, und RDE, standardisiert, damit das vergleichbar wird . ({1}) Zweiter Punkt . Es ist sehr wichtig, dass die Motorsteuerungssoftware eine Open-Source-Software ist . Es kann nicht sein, dass da jeder machen kann, was er will . Vielmehr muss der Quellcode offengelegt werden, damit dort keine Trojaner sitzen, die irgendetwas herunterregeln . Das ist die Bedingung dafür, dass der erste Punkt überhaupt gelingt . ({2}) Dritter Punkt. Wir müssen das KBA offiziell mandatieren, in stichprobenartigen Nachprüfungen das Ganze zu überprüfen . Das muss gesetzlich festgelegt sein und auch strafbewehrt sein und mit Sanktionen versehen werden für den Fall, dass die Werte dem nicht entsprechen . Vierter Punkt . Wir müssen - das ist etwas ganz Simples, denke ich - die Abgasuntersuchungen aufwerten, die wir klassischerweise durchführen . Darüber haben wir vor kurzem mit Vertretern einiger technischer Untersuchungseinrichtungen gesprochen . Die haben uns gesagt: Allein diese Onboard-Diagnosegeräte auszulesen, reicht nicht . Man sollte schon wie früher - ich kenne das noch; ich bin älteren Datums - am Endrohr messen . ({3}) Ich bin relativ sicher, dass analog in diesem Fall digital schlägt . Manchmal muss man auf die alten Dinge zurückgreifen . Der fünfte Punkt ist der perspektivische Punkt, ein ganz wichtiger Punkt . Herr Rimkus und ich, wir reden uns in dieser Sache den Mund fusselig; weil wir immer wieder dasselbe sagen müssen . Ich hatte eigentlich von den Grünen erwartet, dass sie so etwas sagen; ich hoffe aber, dass Herr Kühn das noch sagen wird, der ein wenig pragmatischer an die Sache herangeht als der Redner vorher . ({4}) Wir brauchen eine Low-Carbon-Route, die wir ausschildern müssen . Dazu gehören - bitte zuhören - Incentives wie eine Sonder-AfA, damit die Flotten hochgefahren werden . Wir brauchen so etwas wie Tilgungszuschüsse über KfW-Mittel, damit deutlich wird, dass die privaten Kunden diese Fahrzeuge kaufen können . Das ist ein ganz wichtiger Schritt . Wir brauchen Ladeinfrastruktursysteme, die wir hochfahren müssen; denn sonst werden wir die Elektromobilität nicht auf die Straße verlagern können . Wir brauchen aber auch - ein ganz wichtiger Punkt - die Verlängerung der Steuerbefreiung von Erdund Autogas, um diese Brückentechnologie, die wesentlich sinnvoller ist als das, was wir im Moment haben, erst einmal auf der Straße zu halten und um Kaufentscheidungen zu beeinflussen, die derzeit anstehen. Das ist eine Fünf-Punkte-Roadmap, von der ich eigentlich erwartet hatte, dass sie von den Grünen kommt . ({5}) Ich bin sehr dankbar, dass ich das jetzt vortragen konnte . Herr Kühn kann mir da nur noch zustimmen . Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit . ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Oliver Wittke, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . ({0}) Vizepräsidentin Ulla Schmidt

Oliver Wittke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004445, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Krischer, Sie haben gerade ein eindrucksvolles Zeugnis dafür abgelegt, dass es Ihnen und Ihrer Fraktion nicht um Aufklärung geht, sondern ausschließlich um politischen Klamauk und um das Kochen von politischen Süppchen . Wenn man schon eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt, dann muss man doch wenigstens die aktuellen Entwicklungen von diesem Podium aus würdigen . Das haben Sie nicht getan . ({0}) Stattdessen haben Sie hier wieder Ihre Philippika gegen die deutsche Automobilindustrie gehalten . ({1}) Es war gut, Herr Krischer, dass Minister Dobrindt hier klargestellt hat, ({2}) dass es am 28 . Oktober im Europäischen Rat eine Verschärfung von Normen gegeben hat, die Sie offenbar nicht zur Kenntnis genommen haben . ({3}) Es ist gut - auch das muss hier erwähnt werden -, dass der neueste Skandal bei VW eben nicht durch Dritte öffentlich gemacht wurde, sondern offenbar ein Sinneswandel im Konzern eingesetzt hat und das Unternehmen Gott sei Dank endlich den Schritt nach vorne gemacht und selbst die neuen Unregelmäßigkeiten veröffentlicht hat . ({4}) Das ist ein guter Weg, der eingeschlagen wurde . Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das heute hier würdigen . Dazu waren Sie offenbar nicht in der Lage . (Zuruf des Abg . Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Das sieht man im Übrigen, Herr Kollege Hofreiter, auch daran, dass Ihre Fraktion nicht einmal abgewartet hat, bis der erste Antrag, den Sie am 23 . September in dieses Haus eingebracht haben, abschließend beraten wird, ({5}) und schon einen zweiten Antrag eingebracht hat, der in Teilen mit dem ersten Antrag identisch ist . Hauptsache, Sie haben ein neues Event geschaffen, um hier wieder Ihre Philippika gegen die Automobilindustrie starten zu können . Das ist unseriös, was Sie da machen . Das hat mit verantwortungsvoller Politik, Herr Kollege, nichts zu tun . ({6}) Diesen Feldzug gegen das Automobil, Herr Kollege Hofreiter, werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen . In diesem Haus wird immer noch seriöse Politik gemacht; ({7}) hier wird nicht Klamauk betrieben, wie wir es heute von Ihrer Fraktion wieder erlebt haben . ({8}) Wahr ist aber auch: VW hat ein ernstes Problem . Im großen Stil und - ich traue mich, das heute zu sagen auch mit krimineller Energie sind Abgaswerte gefälscht worden . Das ist kein Kavaliersdelikt . Darum ist es wichtig, dass die veraltete Unternehmenskultur, die eine solche Verhaltensweise im VW-Konzern möglich gemacht hat, überwunden wird . Was wir jetzt brauchen, ist eine umfassende Aufklärung, ist absolute Transparenz . Ich will es noch einmal ausdrücklich sagen: Ich bin froh, dass der VW-Konzern mit den neuesten Vorkommnissen so offen und so transparent umgegangen ist, wie wir es gestern und heute erlebt haben . ({9}) Ich will auch der Bundesregierung und Minister Dobrindt ein herzliches Dankeschön sagen . Das Ministerium hat schnell, sachorientiert und umfassend auf diesen Skandal reagiert . ({10}) Im Übrigen, Herr Krischer, um auch das klar und deutlich zu sagen: Es ist falsch, wenn Sie sagen, die amerikanische Umweltbehörde hätte diesen Skandal aufgedeckt . Nein . ({11}) Ich zitiere aus dem Focus vom 21 . September: Die Abgas-Tricksereien bei Volkswagen kamen 2014 durch einen Zufall ans Licht . Das ergaben Recherchen der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg . Es war eben nicht die EPA, die diesen Skandal aufgedeckt hat, sondern eine kleine Non‑Profit‑Organisation, nämlich ICCT . ({12}) Darum ist es falsch, wenn Sie sagen: Die amerikanischen Behörden sind besser als die deutschen Behörden . Auch die amerikanischen Behörden haben diesen Skandal nicht aufdecken können . ({13}) Ich sage aber auch ganz deutlich: Wir müssen darüber reden, wie wir die deutschen Behörden in die Lage versetzen, nicht nur auf Zufallsfunde zu reagieren, sondern systematisch Abgaskontrollen durchzuführen, wie sichergestellt werden kann, dass Abgasnormen eingehalten werden und die Verbrauchsangaben darauf kontrolliert werden, dass sie den Werten entsprechen, die den Typenzulassungen zugrunde gelegen haben . Es darf nicht länger dem Zufall geschuldet sein, ob Schummeleien oder Tricksereien, ob Rechtsbruch ans Tageslicht kommt oder nicht . Da muss nachgearbeitet werden . Aber hier so zu tun, als hätten die Umweltbehörden in anderen Ländern in der Vergangenheit einen besseren Job gemacht, das will ich mit aller Schärfe zurückweisen . Das ist nicht der Fall . Von daher haben wir in den nächsten Monaten noch viel Arbeit vor der Brust . Die ersten Grundlagen sind gelegt . Die Reihenfolge ist doch klar: Zuerst muss analysiert werden . Dann muss bewertet werden, und dann müssen Konsequenzen gezogen werden . Das ist seriöse Politik . Hier aber die Entscheidungen an den Anfang zu stellen, hier großen Klamauk zu veranstalten, wie Sie, Herr Krischer, es heute wieder getan haben, das wird uns nicht weiterführen; das hilft nicht, die Probleme zu lösen . Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit . ({14})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Jutta Krellmann, Fraktion Die Linke, das Wort . ({0})

Jutta Krellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004080, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich persönlich bin schockiert, dass fast jeden Tag ein neues Problem in Verbindung mit VW auftaucht . Bei den VW-Beschäftigten im ganzen Land geht mittlerweile die Angst um, und das nicht nur bei den Stammbelegschaften, sondern auch bei den Leiharbeitnehmern, bei den Werkvertragsbeschäftigten, bei den Beschäftigten der Zulieferbetriebe . Ja, in ganzen Regionen geht die Angst um . Als Abgeordnete aus Niedersachsen kenne ich persönlich viele Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten . Bis vor kurzem sind sie noch ganz normal zur Arbeit gegangen . Jetzt sitzt ihnen die blanke Angst im Nacken . Jetzt beäugt jeder jeden kritisch: Wen wird es treffen? Wer wird derjenige sein, der möglicherweise Konsequenzen tragen muss? - Das Arbeitsklima - das können Sie sich vorstellen - ist unter aller Kanone . Das wurde durch das Fehlverhalten einzelner Topmanager verursacht, und die Leidtragenden sind schon jetzt die Beschäftigten . Ihre Existenzangst nehmen die Kolleginnen und Kollegen mit nach Hause . Jetzt brauchen die Beschäftigten und ihre Familien klare Vorstellungen und deutliche Forderungen, was passieren soll, um die Arbeitsplätze zu erhalten . ({0}) Die notwendige Aufklärung und Aufarbeitung für Kunden und Verbraucher müssen unter der Maßgabe des Erhalts der Arbeitsplätze laufen . Das gehört verdammt noch mal zur unternehmerischen Verantwortung, auch bei VW . ({1}) Das Parlament kann sich davor nicht drücken . Aus den Betrieben kommt mittlerweile eine ganze Menge Zuarbeit . Die VW-Betriebsräte und die zuständige Gewerkschaft IG Metall liefern dazu konkrete Konzepte, verständlich und klar formuliert . Betriebsräte und Gewerkschaft übernehmen somit Verantwortung und handeln nach vorn gerichtet . Es kann niemand ernsthaft glauben, dass es den gleichen Topmanagern, die die Krise verursacht und den Karren in den Dreck geschoben haben, gelingt, das alles wieder in Ordnung zu bringen . ({2}) Die Krise ist nur mithilfe der Beschäftigten in den Griff zu kriegen und zu meistern . Deren betriebliches Knowhow, deren Ideen und Konzepte müssen auf allen Ebenen genutzt werden . Betriebsräten kommt da eine Schlüsselfunktion zu . VW weiß das eigentlich auch . VW hat das in der Vergangenheit immer wieder genutzt . Dass es dort mehr Mitbestimmung gibt als üblich, hat VW im Ergebnis nicht zum Nachteil gereicht, sondern war immer ein Vorteil für diesen Betrieb . Die Krise zeigt aber, dass auch das leider nicht genügt . Wir brauchen mehr Mitbestimmung an der Stelle . ({3}) Ich zitiere hierzu aus der gemeinsamen Erklärung der IG Metall und des VW-Konzernbetriebsrats: Deshalb stehen wir dafür, dieses Mitbestimmungsmodell nicht nur zu verteidigen, sondern es konsequent weiterzuentwickeln . Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Aufgabe ist es, diese Forderung aufzugreifen und umzusetzen . Jetzt bin ich nicht nur bei VW, sondern bei der Mitbestimmung im ganzen Land . Mitbestimmung zeichnet sich nicht dadurch aus, dass Betriebsräte immer erst konsultiert oder hinzugezogen werden, wenn der Karren bereits im Dreck ist . Es geht darum, dass grundlegende Unternehmensentscheidungen nicht mehr länger an den Beschäftigten und ihren Betriebsräten vorbei getroffen werden . Sie brauchen Mitbestimmungsrechte bei wirtschaftlichen Fragen und bei der Frage der strategischen Ausrichtung des Unternehmens . VW will zukünftig Beschäftigte, die Hinweise darauf geben, dass etwas schiefgelaufen ist, schützen . Ich erwarte von der Bundesregierung einen gesetzlichen Schutz für Whistleblower, nicht nur bei VW, sondern in allen Betrieben, in allen Firmen . ({4}) Die Automobilindustrie - nicht nur VW - darf sich dank der Bundesregierung selber kontrollieren . Was ist das denn für ein Mist? Hier erwarte ich von der Bundesregierung klare gesetzliche Kontrollregelungen . Die Belegschaft und die Öffentlichkeit haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der Skandal vollständig aufgedeckt wird . Die Linke steht dabei an der Seite der Beschäftigten . Vielen Dank . ({5})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Abgeordnete, ich möchte Ihnen ein Lob aussprechen, weil Sie die Zeit genau eingehalten haben. Ich finde das super . Prima! Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Dr . Birgit Malecha-Nissen, SPD-Fraktion, das Wort . ({0})

Dr. Birgit Malecha-Nissen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es begann mit einem Paukenschlag im September dieses Jahres . Der VW-Konzern gab erstmals öffentlich zu, bei Abgastests manipuliert zu haben . Danach haben sich die Ereignisse überschlagen . Insgesamt waren bisher etwa 11 Millionen Dieselfahrzeuge von der Manipulation betroffen . Am vergangenen Montag wurde gemeldet, dass die amerikanische Umweltbehörde EPA einen weiteren Verdacht auf Manipulation bei Fahrzeugen mit 3-Liter-Dieselmotoren hat . Volkswagen wies diese Vorwürfe zurück und erklärte, dass keine Software installiert worden sei, um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu manipulieren . Gestern Abend folgte der nächste Paukenschlag . Das Unternehmen selbst hat Unregelmäßigkeiten bei weiteren 800 000 Fahrzeugen eingeräumt . Erstmals sind auch Benziner betroffen . Ging es bisher um Stickoxide, geht es nun auch um CO2-Ausstoß und damit auch um den Spritverbrauch . Das einzig Gute an dieser Nachricht ist, dass der VW-Konzern mit dieser Meldung zeigt, dass er tatsächlich an einer Aufklärung interessiert ist . ({0}) Eine rasche, vollständige, vorbehaltlose und transparente Aufklärung ist dringend notwendig . Mit der Salamitaktik muss Schluss sein . Das ist zurzeit das Allerwichtigste . Es muss endlich Butter bei die Fische . Die Fakten müssen auf den Tisch . ({1}) Es steht tatsächlich viel auf dem Spiel . Die deutsche Industrie steht seit Jahrzehnten für hohe Qualität, für Sicherheit, für Spitzentechnologie, für Verbraucher- und auch für Umweltschutz . Diese Vorfälle sind nicht typisch für die gesamte Automobilindustrie und schon gar nicht für die hart arbeitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Wirtschaftsbereich . ({2}) Deshalb gilt unsere besondere Sorge dem Produktionsstandort Deutschland mit den vielen Zulieferbetrieben und seinen Mitarbeitern . Sie sind verunsichert und wissen nicht, wie es für sie weitergeht; sie bangen um ihren Arbeitsplatz . Wichtig ist jetzt, die Affäre schnell aufzuklären, um das Vertrauen in das Unternehmen und seine Produkte wiederherzustellen . Dazu ist es wichtig, dass der Bericht der Untersuchungskommission, der im September in Auftrag gegeben wurde, möglichst bald auf den Tisch kommt . Was ist zu tun? Als Verkehrspolitiker müssen wir natürlich nach vorne schauen und die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass derartige Manipulationen nicht mehr notwendig sind . Mein Kollege Arno Klare hat dies in Form einer Roadmap schon grob vorstrukturiert . Es geht darum, dass wir die erforderlichen neuen Prüfverfahren möglichst schnell umsetzen und jetzt zur Tat schreiten . Das erste neue Testverfahren, das WLTP, das die weltweit strengsten Prüfstandards aufweist, muss vor 2017 eingeführt werden . Dieses Verfahren wird das alte europäische Messverfahren von 1996 ablösen . Lassen Sie mich nur einen Aspekt des alten Prüfverfahrens erwähnen: Als Durchschnittstempo werden immer noch 34 Kilometer pro Stunde angenommen . Insofern kann man sich durchaus vorstellen, dass ein solches Verfahren wahrhaftig nicht mehr der Realität entspricht . Was wird nun mit dem neuen Testverfahren besser gemacht? Es ist ein standardisiertes Verfahren, das weltweit zur Anwendung kommt . Mein Kollege hat es bereits gesagt: Wir müssen Standards schaffen, um Vergleiche ziehen zu können . Es wird eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit angesetzt, und auch Sonderausstattungen werden beim Verbrauch besser abgebildet . Leider wird der Einsatz von Klimaanlagen hierbei nicht berücksichtigt . Es besteht also immer noch eine große Lücke zwischen den Verbrauchsangaben durch standardisierte Verfahren und dem tatsächlichen Verbrauch . Deswegen brauchen wir dringend ein zweites Kontrollverfahren, das die Schadstoffemissionen im realen Fahrbetrieb auf der Straße abbildet . Auch in diesem Fall setzen wir uns für eine schnelle Einführung des neuen Verfahrens auf EU-Ebene ein, das die realen Emissionen berücksichtigt . Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Verkehrspolitiker gestalten wir die Rahmenbedingungen . Wir müssen aber auf das rasante Tempo der technologischen Entwicklung ein Auge haben . Es ist unverständlich, dass man knapp 20 Jahre Stillstand bei den Prüfverfahren in Kauf genommen hat . Dieser Umstand hat natürlich zu Raum für Manipulationen geführt . Lassen Sie mich zum Schluss ganz klar sagen: Bewusste Manipulationen und Verstöße gegen Umweltauflagen sind kein Kavaliersdelikt. Sie gefährden die Gesundheit der Menschen insbesondere in Ballungsräumen und insbesondere der Kinder, die sich aufgrund ihrer Größe auf Höhe der höchsten Emissionen bewegen . Sehr geehrte Damen und Herren, die beste fossile Energie ist immer noch die, die nicht verbraucht wird . Deswegen lautet mein letzter Satz: Der Elektromobilität gehört die Zukunft . Vielen herzlichen Dank . ({3})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Oliver Wittke, auf Ihre Vorhaltungen möchte ich gerne mit Kurt Tucholsky antworten: In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht . ({0}) So weit zu Ihnen . Meine Damen und Herren, vor anderthalb Wochen hieß es: Der VW-Konzern schließt eine mögliche Ausweitung des Abgas-Skandals auf Teile seiner jüngeren Dieselmotoren-Generation . . . aus . Jetzt wirft aber die amerikanische Umweltbehörde EPA dem Konzern auch bei 3-Liter-Dieselmotoren von aktuellen Modellen von VW, Porsche und Audi Manipulation vor, weil sie eine bis zu neunfache Abweichung der Stickoxidwerte zwischen den Labortests und den Straßentests festgestellt hat . Gestern hat VW zudem einräumen müssen, auch bei Benzinmotoren falsche Werte für den CO2-Ausstoß angegeben zu haben . Die behauptete CO2‑Reduktion findet offensichtlich nur auf dem Papier statt . Wir lagen leider richtig mit unserer Einschätzung in der letzten Aktuellen Stunde, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist . Dass es nur einige wenige Manager waren, die am Betrug am Klima und an den Verbrauchern beteiligt waren, ist ein Märchen . Das Ganze hatte bei VW offensichtlich System . ({1}) Das wäre nicht möglich gewesen, hätte es in Teilen der Politik nicht eine Kultur des Wegschauens gegeben . Bei der Typgenehmigung, wofür das Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland zuständig ist, hat niemand die Manipulationen bei den CO2-Werten bemerkt . Wie auch? Eine Überprüfung der Fahrzeugsoftware ist im Typgenehmigungsverfahren nicht gefordert . Das KBA verstand unter Nachprüfung nur die Prüfung der Unterlagen, die von den Herstellern kamen, auf Vollständigkeit und Plausibilität . Überprüfungen von Typzulassungen in Form von erweiterten Nachmessungen der Abgaswerte haben nicht stattgefunden . Das Kraftfahrt-Bundesamt hat nicht einmal die technischen Voraussetzungen dafür, selbst wenn es das tun wollte . Das Kraftfahrt-Bundesamt ist vollständig auf technische Dienstleister angewiesen . Diese wiederum werden für die Zulassung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen direkt von der Automobilindustrie bezahlt . Auch das Kraftfahrt-Bundesamt selbst wird für die Typgenehmigungen von den Autoherstellern bezahlt . Eine Prüfbehörde, die ihren Namen wirklich verdient, muss wirtschaftsunabhängig sein . Deshalb brauchen wir eine unabhängige europäische Typgenehmigungsbehörde . ({2}) Verkehrsminister Dobrindt hat das Kraftfahrt-Bundesamt vor etwa vier Wochen mit Nachuntersuchungen beauftragt . Nicht aber das KBA hat die neuen Auffälligkeiten von Stickoxiden und CO2 aufgedeckt, sondern eine amerikanische Behörde . Wie auch beim BER-Skandal wurde eilig eine Taskforce unter Leitung von Staatssekretär Odenwald eingerichtet . Das Ergebnis der Taskforce BER ist Ihnen allen hinlänglich bekannt . Meine Damen und Herren, was hier gemacht wird, ist Pseudoaufklärung . ({3}) Wir wollen jetzt Zwischenergebnisse sehen . Vor allen Dingen wollen wir wissen, welche Schlussfolgerungen für die Verbesserung von behördlichen Kontrollen von Schadstoffgrenzwerten in Deutschland gezogen werden . Dieser Skandal muss Konsequenzen haben . Hier muss der Minister endlich liefern . ({4}) Was wir brauchen, ist eine Kultur des Hinschauens . Ich bezweifle allerdings, dass diese Bundesregierung den Willen dazu hat . Die Bundesregierung hat nicht die strengen Werte für Abgastests unter realen Fahrbedingungen, RDE, unterstützt, die von der Bundesumweltministerin und der EU-Kommission vorgeschlagen wurden . In den nächsten fünf Jahren dürfen deshalb die Grenzwerte, die im Labor gemessen werden, auf der Straße um über 100 Prozent überschritten werden . Wer sich darunter nichts vorstellen kann, dem will ich das am Beispiel der Redezeit erläutern: Ich hätte dann nicht nur 5 Minuten, sondern 10 Minuten Redezeit und könnte intensiver auf das Thema „Förderung von Elektromobilität“ eingehen . ({5}) Klar muss sein: Grenzwerte müssen nicht nur im Labor, sondern vor allen Dingen auf der Straße eingehalten werden . Das darf nicht nur für neue Fahrzeuge gelten, sondern muss auch für die 44 Millionen bestehenden Fahrzeuge gelten . Hier muss endlich gehandelt werden . Das vermisse ich bei dieser Bundesregierung . Verkehrsminister Dobrindt will nicht handeln; er will alles so belassen, wie es bisher war . Eine Aufklärung, die diesen Namen auch verdient, ist nicht zu erkennen . Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Steffen Bilger, CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Steffen Bilger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz eindeutig: Die Betrügereien von VW sind absolut inakzeptabel . So etwas ist eine Schande für den Industrie- und Automobilstandort Deutschland, eine Schande, die nicht nur VW Probleme bereitet, sondern unserer gesamten deutschen Industrie . Insofern sage auch ich: Wir müssen sehr deutlich einfordern, dass dieser Skandal vollumfänglich aufgearbeitet wird, damit sich so etwas nie mehr wiederholt und Verantwortung übernommen wird . Deutsche Unternehmen haben Gesetze einzuhalten . Das gilt ohne Wenn und Aber, ungeachtet technischer oder finanzieller Herausforderungen - oder was auch immer -, die die Verantwortlichen zu den Manipulationen bewogen haben könnten, und auch ungeachtet nationaler Interessen des jeweiligen Gesetzgebers, die vielleicht in den USA auch eine Rolle gespielt haben mögen . Nun diskutieren wir angesichts neuer Entwicklungen erneut über den VW-Skandal, und es entsteht ein bisschen der Eindruck, dass Sie sich darüber freuen, meine Damen und Herren von den Grünen . ({0}) Das finde ich sehr bedauerlich; denn das Automobil hat eine so große Bedeutung für den Industriestandort Deutschland ({1}) und vor allem - das wurde heute schon mehrfach angesprochen - für viele Arbeitsplätze, dass Häme und Schadenfreude nun wirklich völlig unangemessen sind . ({2}) Schadenfreude ist das eine, das mich verwundert . Das andere ist die neue und ungewohnte Begeisterung der Opposition für amerikanische Behörden und deren Grenzwerte . Bei den Diskussionen mit Ihnen über TTIP hatte ich bisher nicht den Eindruck, dass nach Ihrer Ansicht alle Grenzwerte in den USA besser sind als in Europa . ({3}) Sie haben eher den Eindruck vermittelt, als ob durch amerikanische Grenzwerte große Gefahren für den deutschen Verbraucher entstünden. Ihren Sinneswandel finde ich durchaus bemerkenswert, meine Damen und Herren . ({4}) Wir haben am Montag im Zusammenhang mit der Ausschussanhörung und in den vergangenen Wochen schon vielfach über den VW-Skandal und seine Folgen diskutiert . ({5}) - Jetzt reicht es aber langsam, Herr Kollege . ({6}) Sie versuchen ganz billig, daraus politisches Kapital zu schlagen . Betrügereien sind aber ein Fall für den Staatsanwalt und die zuständigen Behörden . Sie sollten nicht Grundlage des billigen Versuchs einer Schuldzuweisung in Richtung Bundesregierung sein . Zudem hat das Bundesverkehrsministerium schnell reagiert . Der Minister hat die Maßnahmen benannt . Er ist letzte Woche richtigerweise in die USA gereist, um Gespräche mit Politikern zu führen und um bei den Behörden um neues Vertrauen zu werben . ({7}) Ich will nun aber den Blick in Richtung Zukunft wenden . Was ist zu tun, um das Vertrauen wiederherzustellen und die Anforderungen an durchaus komfortable, leistungsstarke, aber eben auch umweltfreundliche Autos made in Germany zu erfüllen? Zunächst geht es ganz klar um eine umfassende Aufklärung durch VW . Im Sinne des Verbrauchers sollten Verbrauchs- und Emissionsmessungen transparenter und glaubwürdiger werden . Auch ich kann nur begrüßen, dass die Europäische Union den Handlungsbedarf erkannt hat und mit deutscher Unterstützung entsprechende Maßnahmen wie die Einführung eines Messverfahrens zur Emissionsprüfung unter Stephan Kühn ({8}) normalen Fahrbedingungen und die Festlegung neuer Anforderungen an die Umsetzung eines Verbots von Abschalteinrichtungen eingeleitet hat . Es muss aber auch um die weitere Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen gehen . Dabei ist klar: Wir brauchen den sauberen Diesel noch lange; denn - auch das ist am Montag in der Anhörung deutlich geworden - ohne Diesel werden wir die Klimaziele nicht erreichen . Am besten wäre es natürlich, wenn Dieselmotoren mit der Plug-in-Technologie ausgestattet würden; denn dann könnten Dieselfahrzeuge auf Innenstadtstrecken rein elektrisch fahren . So könnte man das Beste aus zwei Welten kombinieren: auf kurzen Wegen und in verdichteten Stadtlagen ohne Abgase, auf langen Strecken mit Diesel . Eines will ich noch ansprechen - das war so ein Gespenst, das vorgestern in der Anhörung im Verkehrsausschuss umherging -: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten . Ich will klar sagen, dass so etwas mit uns nicht zu machen ist . Das wäre eine kalte Enteignung . Das können wir von der Union auf keinen Fall unterstützen . ({9}) Ich bin sehr froh, dass wir die Verlängerung des Steuerprivilegs für den Bereich der Gasmobilität bereits auf den Weg gebracht haben . Wir haben die Fortsetzung des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sichergestellt . Nicht zuletzt gibt es viele Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität . In einer Krise kann man häufig auch eine Chance sehen . VW und die anderen Automobilhersteller müssen noch viel stärker auf die Elektromobilität setzen . Die ersten Ankündigungen, die dazu in den vergangenen Wochen von VW gemacht worden sind, empfinde ich als sehr positiv . Wir als Politik sollten diesen Weg weiter konstruktiv begleiten . Es braucht gerade jetzt Signale, die belegen, dass Deutschland auch in der Zukunft auf ehrlichem Wege umweltfreundliche Autos produzieren wird . Kollege Klare hat schon genannt, welche Signale das sein könnten: Sonderabschreibung, KfW-Programme und öffentliche Beschaffungsprogramme . Der politische Wille ist vorhanden, die Finanzierung steht noch aus . Wenn der VW-Skandal dabei hilft, sowohl bei uns als auch bei den Herstellern die nötigen Entscheidungen zu beschleunigen, dann hat diese Misere doch noch etwas Gutes . Ich freue mich über jeden, der uns auf diesem Weg unterstützt . ({10})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Johann Saathoff, SPD-Fraktion . ({0})

Johann Saathoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004393, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor drei Wochen waren sich alle Beteiligten in der Debatte hier einig, dass die Situation hinsichtlich der Emissionswerte rückhaltlos aufgeklärt werden soll . Diese Aufklärung erfolgt nun . Aufklärung bedeutet aber auch, dass gründlich in allen Ecken nachgeschaut wird . Die neuen Enthüllungen sind Folge der bedingungslosen Aufklärung, also Folge eines Großreinemachens . Die neuen Enthüllungen machen deutlich: Es ist notwendig, dass wir mindestens mithelfen, für VW neue Perspektiven zu entwickeln . Das sind wir den Menschen schuldig: schuldig den Menschen, die täglich bei VW am Band und im Werk ihre Arbeit tun und denen man keinen Vorwurf machen kann . Ganz im Gegenteil: Sie haben dieses Werk und diese Marke mit ihrer Hände Arbeit geschaffen . Besonders im Blick habe ich dabei die vielen Tausend Menschen, die über die Leiharbeitsfirmen in und um VW beschäftigt werden . Sie werden die negativen Auswirkungen auf die Geschäftsergebnisse zuerst zu spüren bekommen . Wir dürfen diese Menschen, die ihre Arbeit stets tadellos getan haben, in dieser existenzbedrohenden Situation nicht alleinlassen . ({0}) Die Entwicklung einer Perspektive sind wir auch den Menschen schuldig, die an den Werken bei den Zulieferern quer durch Deutschland und darüber hinaus ihre Arbeit tun und sich nun Sorgen machen . Eine Perspektive sind wir auch den Menschen in den Standortkommunen schuldig, deren finanzielle Grundlage derzeit einfach wegbricht, in einer für Kommunen ohnehin schon schwierigen Situation . Wir werden VW und vor allen Dingen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfen, die Krisensituation durchzustehen, keine Frage . Aber wenn ich von Perspektiven rede, dann meine ich auch, dass die grundlegende Strategie bei VW überdacht werden sollte . Setzt VW zukünftig auf neue Antriebstechnologien, zum Beispiel auf Elektromobilität? Was müssen wir, der VW-Konzern, aber auch wir im Bund, tun, damit Elektromobilität möglich wird? Ich höre immer wieder: Die Elektromobilität kann nicht vorangebracht werden, weil noch Ladeeinrichtungen fehlen . - Wir haben uns im Koalitionsvertrag klar zur Förderung der Elektromobilität bekannt . Wir müssen das Manko in diesem Bereich beseitigen, indem wir Ladeeinrichtungen schaffen . ({1}) Aber selbst wenn wir das nicht könnten, wäre das kein Grund, nicht in die Elektromobilität zu investieren . Früher gab es Benzin auch nur in der Apotheke . ({2}) Wir brauchen noch mehr Forschung und Entwicklung im Bereich Stromspeicher . Wir müssen aus bundespolitischer Sicht darüber nachdenken, ob neben der Forschung an Speichern künftig nicht auch Batterieproduktion möglich sein sollte, zum Beispiel in Gegenden, wo das mit sauberer regenerativer Energie möglich ist; denn eine energieaufwändige Batterieproduktion mit Kohlestrom oder Atomstrom macht keinen Sinn . Aber mit sauberen regenerativen Energien, die in einigen Regionen im Überfluss vorhanden sind, könnte man das machen. Mir persönlich jedenfalls würde eine solche Region einfallen . ({3}) Wir haben uns nicht nur im Mobilitätssektor zu wenig um Speicher gekümmert . Es wird jetzt Zeit, das zu ändern . Der Gesetzentwurf zum Strommarktdesign ist heute im Kabinett beraten worden . Es wäre konform im Sinne dieses Gesetzentwurfs, wenn wir zügig viele kleine Speicher auf und an den Straßen hätten . Auch Bewährtes wollen wir erhalten . Bei aller Diskussion über die Schadstoffe der Autos: Wir müssen auch die Schadstoffe der Werke selber beachten . Das Blue-Factory-Konzept von VW ist weltweit beispielgebend . Das Werk in Emden ist hier ganz weit vorn . Danach fragt im Moment niemand; das sollte man aber tun, wenn man sich um Umweltbelange kümmern möchte . ({4}) Auch die Mitbestimmung bei Volkswagen hat sich bewährt . Sie ist beispielgebend und wird dazu beitragen, dass die Sozialpartner miteinander die notwendigen Entscheidungen vorbereiten und treffen können . Man weiß in der Wirtschaft: „‘t regent neet alltied Botter un Bree .“ Das heißt: Es regnet nicht dauernd Butter und Brei . Spätestens wenn die Situation, wie in diesem Fall bei VW, schwierig wird, weiß man den Wert einer funktionierenden Sozialpartnerschaft mit starken Betriebsräten und starken Gewerkschaften zu schätzen . Wir werden helfen, wo wir können, die Stärken des VW-Konzerns zu stärken, und werden, wenn notwendig, unterstützen, wenn es um neue Perspektiven für VW geht - für die vielen Menschen, die sich unseren Einsatz mit ihrer Arbeit verdient haben . Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({5})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Ulrich Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004087, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, natürlich stellt man heute die Frage: Was kommt noch? Und natürlich sage auch ich von meiner und unserer Seite ganz klar: Wir verurteilen diese Manipulationen bei VW nachdrücklich . Da wurde vorsätzlich getäuscht, nicht nur beim Stickoxid, sondern auch beim CO2-Ausstoß . Was das alles am Ende bedeutet, das ist noch unklar; aber eines muss gelten, und das muss sich VW - ich sage das so deutlich - ins Stammbuch schreiben: Hier ist ein Schaden entstanden, und wer einen Schaden verursacht, hat dafür zu sorgen, dass beim Kunden kein weiterer Schaden entsteht . ({0}) Deshalb darf es in der Folge, wenn die erste Empörung abebbt, nicht zu juristischen Winkelzügen kommen . Eines ist klar: Dieser Schaden des Verbrauchers und des Staates, des Fiskus, ist zu ersetzen . Gleichzeitig geht es jetzt darum, mit aller Sachlichkeit und Gründlichkeit aufzuklären . - Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lieber Fraktionsvorsitzender der Grünen, diese Debatte scheint Sie ja nur noch am Rande zu interessieren . ({1}) - Es wird gleich noch einmal ganz spannend werden . Sie können davon ausgehen, lieber Kollege, dass es ganz spannend wird, wenn ich hier vorne stehe . ({2}) Es ist mit aller Gründlichkeit aufzuklären und entsprechend zu handeln . Der Minister des Handelns, lieber Kollege Krischer, war und ist Alexander Dobrindt . ({3}) Er handelt und sorgt für Aufklärung . Er sorgt dafür, dass das Qualitätssiegel „made in Germany“ weiter Bestand haben kann . ({4}) Für die Aufarbeitung des Skandals ist doch Volkswagen zuständig und nicht der Minister . Sie drehen die Sache um . Nur so wird aber ein Schuh daraus . ({5}) Deshalb ist es richtig gewesen, sofort eine Untersuchungskommission einzusetzen . Deswegen ist es richtig gewesen, das KBA aufzufordern, Vorlagen zu machen . Ich würde VW gerne Folgendes ins Stammbuch schreiben, getreu der alten Werbung: Aufarbeitung aus Liebe zum Automobil! ({6}) Nun, lieber Kollege Krischer, zu Ihrer Rede, die Sie an die falsche Adresse gerichtet haben . Sie können scheinbar nicht raus aus Ihrer Haut des Antiautohetzers, aus Ihrer ideologischen grünen Falle . Sie können hier in Berlin sehr wohl den starken Max machen . Das zeugt aber von doppelter Moral; denn - das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit - in Baden-Württemberg handelt ein grüner Ministerpräsident völlig anders . ({7}) - Lieber Kollege Gastel, regen Sie sich doch nicht so auf . Gehen Sie doch zu Ihrem Ministerpräsidenten! ({8}) Scheinbar haben Sie auch vergessen, welche unmittelbare, welche tatsächliche Verantwortung Sie in der Landesregierung von Niedersachsen tragen . Habe ich irgendetwas verpasst, oder sitzen die Grünen in Niedersachsen mit in der Landesregierung? ({9}) Da sind Sie doch Miteigentümer von VW . Das ist eine doppelte Moral . Das ist doch alles nur ein Schein fürs Publikum und völlig unehrlich . ({10}) Natürlich, lieber Toni Hofreiter, du kannst dich jetzt darüber aufregen, aber es ist einfach eine Tatsache, an der du nicht vorbeikommst, ({11}) dass ihr hier wesentlich Mitverantwortung tragt . ({12}) Es geht darum, aufzuklären und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Deutschland Automobilland Nummer eins ist ({13}) und Automobilland Nummer eins bleibt - für die Beschäftigten und für uns, die wir das Auto für die Mobilität gerne haben und lieben . Herzlichen Dank . ({14})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr . Matthias Heider, CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Dr. Matthias Heider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004051, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind ja inzwischen schon fast eine vertraute Runde . Sie werden immer weniger hier vorne . ({0}) Für die erste Aktuelle Stunde, die Sie beantragt hatten, hatte ich noch ein gewisses Verständnis . ({1}) Auch Ihre Anträge waren zu erwarten . Aber dass Sie jetzt mit jeder neuen Meldung zum Bundestagspräsidenten laufen und eine Aktuelle Stunde beantragen, zeigt Ihr Ziel: Ihnen geht es eigentlich gar nicht um Beiträge zur Aufklärung, Ihnen geht es um politisches Kalkül . ({2}) Das werden Ihnen die Hunderttausende Mitarbeiter in deutschen Unternehmen der Automobilwirtschaft und der Zulieferwirtschaft nicht durchgehen lassen . Dafür werden wir schon sorgen . ({3}) Zurzeit ermitteln allein in Deutschland die Staatsanwaltschaft in Braunschweig, die BaFin, die vom Minister eingesetzte Untersuchungskommission und das Kraftfahrt-Bundesamt; auch in zahlreichen anderen Ländern strengen sich die Zulassungsbehörden an . Der Schaden, der für die deutsche Automobilwirtschaft entsteht, ist enorm . Welche Dimensionen diese Erkenntnisse haben, muss sorgfältig geprüft werden . Dann muss es beurteilt werden . Mit den von Ihnen ständig angezettelten Debatten in dieser Ermittlungsphase zeigen Sie nicht Interesse an Aufklärung, sondern Sie reden den Standort Deutschland schlecht . Für Sie geht es aus ideologischen Gründen um einen Kampf gegen die Automobilindustrie . Ich kann es ja verstehen: Das Thema Freihandelsabkommen ist Ihnen jetzt von der Fahne gegangen . ({4}) Sie suchen jetzt etwas Neues . Das ist im Wesentlichen Ihr Interesse . ({5}) Da brauchen Sie auch gar nicht so laut zu rufen: „Wo ist der Minister?“ oder: „Alle sind schuld!“ oder: „Haltet den Dieb!“ Jede Untersuchungskommission, Herr Krischer, würde über Ihr Verhalten hier heute den Kopf schütteln . Bitte bewerben Sie sich nie in einer Compliance-Abteilung eines Unternehmens . Das hat überhaupt keinen Zweck, so wie Sie sich gerade darstellen . ({6}) Lassen Sie uns einmal sachlich darüber sprechen, welche neuen Erkenntnisse heute überhaupt auf dem Tisch liegen . Am Montagabend hat die EPA neue Vorwürfe veröffentlicht, laut denen jetzt auch 3-Liter-Motoren bei Volkswagen betroffen und mit dieser Schadsoftware ausgestattet sind . ({7}) Das könnten einige Tausend Fahrzeuge sein . Wie viele, ist bis heute unklar . VW hat sich am gleichen Abend eindeutig davon distanziert und im Übrigen vollumfängliche Kooperation bei diesem Punkt zugesagt . Gestern Abend hat VW in einer Ad-hoc-Meldung bekannt gegeben, dass auf der Basis eigener Untersuchungen nun auch Unregelmäßigkeiten beim CO2-Ausstoß ermittelt worden sind . Es muss unverzüglich klargestellt werden, dass die neuen Vorwürfe der EPA haltlos sind . VW muss dies belegen . Die gestern Abend eingestandenen Manipulationen müssen dazu führen, dass Transparenz gegenüber den Kunden, den Aktionären, der Öffentlichkeit, ja, auch den Mitarbeitern von VW hergestellt wird und dass entsprechende Kompensationen angeboten werden . Die Bremsspur von VW wird lang und länger . Wenn Sie einmal einen Blick in den Geschäftsbericht werfen, der etwa 400 Seiten umfasst, sehen Sie, dass der Risiko- und Chancenbericht als Teil des Konzernlageberichts 14 Seiten ausmacht . Etwa zwei Seiten davon beschäftigen sich mit umweltschutzrechtlichen Auflagen. Leider findet sich kein Wort dazu, ob konkrete Risiken für bestimmte Produkte im letzten Jahr aufgetreten sind . Das muss geändert werden . Es geht nicht nur um Vertrauen in VW, sondern es geht dabei auch um Vertrauen in den automobilen Markt . VW ist in der Pflicht. Es kommt jetzt nicht darauf an, Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, einfach mal die Zielscheibe umzuhängen . Es kommt darauf an, klarzumachen, was weiter aufgeklärt werden muss . Dabei sind die Schritte, die auch die Regierung hier unternommen hat, in einem solchen Schadensfall nicht nur sehr angemessen, sondern sie bieten auch das erforderliche Augenmaß, um im Hinblick auf die gesamte deutsche Wirtschaft nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten . ({8}) Herr Krischer, ich muss Ihnen sagen: Aktionismus und Krawallrhetorik gehören sich zu diesem Zeitpunkt nicht . Weil es so schön ist, habe ich Ihnen noch ein Zitat Ihres Parteifreundes Joschka Fischer mitgebracht: Die Opposition scheint manchmal zu vergessen, dass wir hier Politik machen und keine Theatervorstellung geben . ({9}) Dem, meine Damen und Herren, ist nichts hinzuzufügen . Vielen Dank . ({10})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als letzter Rednerin in dieser Aktuellen Stunde erteile ich das Wort der Abgeordneten Veronika Bellmann, CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Veronika Bellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003501, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jawohl, VW hat bei den Abgaswerten manipuliert und offenbar die ganze Klaviatur bedient: von geschönten Abgaswerten in der Fahrzeugwerbung und den Zulassungsbescheinigungen über geschönte Fahrzeugtests bis hin zum Einbau von manipulierter Software . Das kann man getrost als Betrug bezeichnen . Wer, was, welche Umstände dazu motiviert haben, werden die Ermittlungen zeigen, sowohl die konzerneigenen als auch die staatlichen und gegebenenfalls auch die staatsanwaltschaftlichen . Wie so häufig in solchen Situationen kommt die Wahrheit nur scheibchenweise ans Licht . Dafür haben wir als Politiker, dafür haben aber auch die Kunden und vor allen Dingen die Mitarbeiter des Konzerns keinerlei Verständnis . Dennoch sollten wir uns vor voreiligen Schlüssen hüten und nicht eine gesamte Branche unter Generalverdacht stellen . Denn das führt genauso in die Irre wie die ständigen Versuche der Grünen, in diesem Zusammenhang den Bundesverkehrsminister in die Mitverantwortung für Manipulation und Betrug zu ziehen . ({0}) Sie werfen der deutschen Regierung, insbesondere Bundesminister Dobrindt, mangelnde Kontrolle vor . ({1}) Wenn Sie Ihre notorische Krawallmacherei einmal aufgeben und sich sachlich und nüchtern dem Problem nähern würden, dann würden Sie feststellen, ({2}) dass genau dieser Bereich, nämlich Typengenehmigung und Verbrauchswertkontrolle, schon seit langem europaweit harmonisiert ist . Infolge der entsprechenden EU-Verordnung vom 13 . November 1999 - ich kann mich erinnern, dass Sie zu der Zeit an der Regierung waren -, die 2007 und 2009 geändert wurde, hat das Kraftfahrt‑Bundesamt umfangreiche Prüfungspflichten, die es auch wahrgenommen hat . ({3}) Sie mögen noch nicht ausreichend sein ({4}) und in der Kontrolle noch nicht tief genug . ({5}) Nur, es sind alle Mitgliedstaaten dafür verantwortlich nicht nur die deutsche Bundesregierung -, dass die Regelungen über die Jahre hinweg nicht eher evaluiert und verschärft worden sind . ({6}) Wenn also die Kontrolle aufgrund der bestehenden Rechtslage - aufgrund der bestehenden Rechtslage! korrekt war, in Deutschland sogar fakultative Prüfungen verpflichtend vorgenommen wurden und offenbar dennoch Raum für Manipulation bestand, dann kann man das als kriminelle Energie, betrügerische Absicht oder wie immer man das bezeichnen möchte, deklarieren . Man kann es auch strafrechtlich verfolgen . ({7}) Man kann den Rechtsrahmen so belassen, wie er ist, oder man kann den Rechtsrahmen enger und bestimmter fassen, nämlich im Sinne von erweiterten Prüfpflichten und intensiveren Sanktionsmöglichkeiten . Genau das tun wir . Verkehrsminister Dobrindt hat für die Bundesregierung und für Deutschland im Verkehrsministerrat dazu regelmäßig vorgetragen; denn auf die europäische Ebene gehört das . Die Ratsdokumente weisen aus, dass sich unser Verkehrsminister energisch für die schnelle Einführung der Realemissionstests einsetzt, genauso wie für die Neuorganisation der Typengenehmigungsverfahren Wir gehen noch darüber hinaus, indem wir als Koalitionsfraktionen in einem Antrag fordern, realitätsnahe Verbrauchszyklustests - Straßentests - bis spätestens 2017 EU-weit anzuwenden, standardisierte Tests transparent auch in der Öffentlichkeit darzustellen, Abgasnormen stufenweise zu verschärfen und neben den zweifelsfrei hochentwickelten konventionellen auch alternative Antriebs-, Verbrauchs- und Kraftstofftechnologien und die Elektromobilität stärker zu fördern . ({8}) Mit unseren Vorschlägen und Forderungen, Herr Krischer, befinden wir uns in seltener Einheit - das gebe ich zu - mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission . ({9}) Das Europäische Parlament hat in der vergangenen Woche in einer Entschließung gefordert, dass die Manipulationen der Ergebnisse der Fahrzeugtests umfassend untersucht und gegen die Verantwortlichen angemessene Sanktionen verhängt werden sollen . Das Europäische Parlament verlangte darüber hinaus eine weitere Verschärfung des Emissionskontrollrechts, damit die in der EU geltenden Grenzwerte eingehalten und nichtkonforme Fahrzeuge schnell identifiziert werden können. Was ist nun das Fazit - auch aus unserem Antrag? Deutschland kann und muss die Vorreiterrolle bei ökologisch verbesserten Antrieben behalten . Da wir vorhin schon Werbesprüche zitiert haben, füge ich einen von Audi hinzu: „Vorsprung durch Technik“ . Dieser Vorsprung durch Technik muss aber eben rechtskonform erfolgen . Hier in Deutschland werden auch künftig die besten und sichersten Autos gebaut - auch von VW . Unsere Ingenieure können das . Die Aufgabe der Politik ist es, diesen Weg durch richtige Rahmenbedingungen für die Sicherung der Mobilität, für saubere Umwelt und für hochqualifizierte und zukunftssichere Arbeitsplätze in einer unserer Leitindustrien, nämlich der deutschen Automobilindustrie, zu begleiten . Herzlichen Dank . ({10})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Aktuelle Stunde ist beendet . Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 5 . November 2015, 9 Uhr, ein . Die Sitzung ist geschlossen .