Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 2/12/2014

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: 17. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Frau Dr. Maria Böhmer.

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Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 17. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik stand heute zur Beratung im Bundeskabinett an. Bevor ich darüber berichte, möchte ich eine kurze Vorbemerkung machen, die Sie alle sicherlich nicht überrascht. Ich habe das Amt neu übernommen und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Mir wurde von vielen berichtet, wie intensiv die Zusammenarbeit gerade im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ist. Vor diesem Hintergrund habe ich mit besonderer Neugierde diesen Bericht gelesen. Ich muss sagen, ich fand ihn nicht nur spannend, sondern ich bin begeistert. Sie sehen, ich freue mich, mit Ihnen, und zwar nicht nur mit den Personen, die ich gut kenne, zusammenzuarbeiten. Ich glaube nämlich, dieser Bericht ist eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit. Dieser Bericht zeigt in der Tat gerade angesichts großer Konfliktsituationen und Krisen, wie wichtig die Beiträge der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind: Denn die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann zur Bewältigung von Krisen- und Konfliktsituationen beitragen. Es geht uns dabei um eine langfristige und nachhaltige Partnerschaft. Natürlich ist es auch wichtig, den Bildungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland zu fördern. Denn damit wird unsere wichtigste Ressource, nämlich Bildung, gesichert. Wir haben - das dürfte uns alle sehr freuen - jüngst durch mehrere Studien erneut erfahren, dass Deutschland in der Welt sehr angesehen ist. Dieses Ansehen müssen wir weiter stärken. Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit und Zukunftsorientierung, aber auch Innovationsfreundlichkeit werden uns zugeschrieben. Ich lege ein besonderes Augenmerk auf die Willkommenskultur. Nachdem wir in der letzten Legislaturperiode die Weichen dafür hier im Land gestellt haben, ist es auch sehr sinnvoll, mit aller Kraft und Kreativität die Möglichkeiten der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik auszuloten und zu nutzen, um die Willkommenskultur weiter voranzubringen. Für die Arbeit im Bundestag ist eines entscheidend: Manch einer hat mir gesagt: Es gibt hier eine sogenannte Große Koalition, wenn es um Kultur- und Bildungspolitik geht. - Ich würde sagen: Es gibt hierbei eine Allparteienkoalition. Ich sage rückblickend herzlichen Dank an alle, die sich so intensiv eingebracht haben. Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zielt auf nachhaltige Netzwerke und langfristige Partnerschaften. Gerade wenn es um Globalisierung geht, ist dies besonders wichtig. Für mich war der Ausbau der Schulen im Ausland sehr beeindruckend. Die Partnerschulinitiative PASCH gibt es seit 2007. Sie wurde damals von der Großen Koalition ins Leben gerufen und hat sich sehr gut weiterentwickelt. Sie nimmt eine wichtige Brückenfunktion ein. Dazu gehört auch die Verabschiedung des Auslandsschulgesetzes in der letzten Legislaturperiode. Hier erinnere ich an meine Vorgängerin, Cornelia Pieper, die mir dieses Thema noch einmal in den Blick gerückt hat. Ich weiß, dass sie hier viel Unterstützung erfahren hat. Eine Brückenfunktion nimmt auch der Studentenaustausch ein. Jetzt richte ich den Blick ganz besonders auf die Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament. Es geht ja darum, dass wir ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Es sollte - das hat sich ja sehr bewährt - alles darangesetzt werden, dass es hier nicht zu den Kürzungen kommt, die bisher im Haushaltsentwurf vorgesehen sind. Die Anziehungskraft des Wissenschaftsstandorts Deutschland weiter zu erhöhen, ist ein Ziel unserer Arbeit. Wir stehen im globalen Wettbewerb um die klugen Köpfe. Ich finde, wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um in diesem Wettbewerb gut abzuschneiden. Dazu gehört auch die von Bund und Ländern entwickelte Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland, die darauf zielt, diese Internationalisierung weiter zu stärken. Was mich immer wieder freut, ist die starke Nachfrage nach Deutsch als Fremdsprache. Die Goethe-Institute setzen sich mit viel Begeisterung und viel Kraft dafür ein. Ich selbst habe es an etlichen Goethe-Instituten hautnah verfolgen können und war sehr angetan von der Initiative „DEUTSCH 3.0“, die jetzt ergriffen worden ist. Ob es um Asien, um Lateinamerika oder aktuell um die Vorbereitung des deutsch-russischen Jahres der Sprache und Literatur geht: All das hat, wie ich glaube, eine große Bedeutung. Die größte Zahl der Deutschlerner findet sich, wenn wir den Blick auf die europäischen Nachbarländer richten, in Polen. Russland und Frankreich folgen in harter Konkurrenz. In Südeuropa ist die Nachfrage wirklich überschäumend: Die Goethe-Institute in Madrid und Barcelona platzen aus allen Nähten. Das relativiert vielleicht auch so manche Deutschland-Kritik, die wir in den Medien wahrnehmen. Die Menschen wenden sich in der Tat Deutschland zu, setzen auf uns als starken Partner. Das halte ich für eine ganz wichtige Botschaft. Das bedeutet natürlich auch, dass wir gerade in Zeiten, in denen in Europa eine Finanzkrise herrscht und man sich fragt, wie es weitergeht, die europäische Idee immer weiter tragen müssen. Dazu dient auch die Auswärtige Kulturund Bildungspolitik, die wir entsprechend mit Leben füllen müssen. Ich halte es für spannend, wenn man die Perspektiven der anderen kennenlernt, sie einbindet und damit ein größeres Verständnis erzeugt. Ich würde gerne den Satz, den ich in der deutschen Integrationspolitik gesetzt habe: „Wir reden miteinander und nicht übereinander“, auf die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik übertragen, bei der es schließlich darum geht, die Willkommenskultur zu festigen. Wir haben 2014 ein wichtiges Gedenkjahr vor uns. Wir sollten es zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg, den Zweiten Weltkrieg und den Mauerfall vor 25 Jahren nutzen; denn Europa ist in der Tat die Antwort auf die damaligen Konflikte. Wir sollten auch den arabischen Transformationsprozess weiter mit aller Kraft unterstützen. Ich komme zu einem Thema, das gerade gestern im Gespräch mit dem marokkanischen Kulturminister noch einmal eine Rolle gespielt hat, nämlich die berufliche Bildung. Die Einrichtung der Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation ist gelungen. Ich glaube, wir sollten offensiv unterstützen, dass berufliche Bildung in anderen Ländern zu einem Exportschlager wird, aber nicht im Sinne eines Überstülpens. Vielmehr sollten wir nach den jeweiligen Bedingungen fragen und daran anknüpfen. Ich will auch hier im Deutschen Bundestag einen herzlichen Dank an alle Mittlerorganisationen sagen. Dazu gehören die sogenannten Flaggschiffe, das GoetheInstitut und der DAAD. Weil wir in die Haushaltsberatungen gehen, zum Schluss dazu noch ein Wort: Die Haushaltseckwerte für 2013 wiesen den stolzen Betrag von 1,65 Milliarden Euro für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik aus. Das Auswärtige Amt verfügte über einen Anteil von 787 Millionen Euro. Das sind Rekordwerte! Wir wissen, dass die Ansätze im ersten Entwurf des Haushalts 2014 jetzt nicht mehr so hoch sind. Das sollte uns gemeinsam herausfordern, genau hinzuschauen und zu einer vernünftigen, wirklich guten Grundlage für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zu kommen. Ich sage noch einmal: Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Jetzt bin ich gespannt auf die Diskussion. Herzlichen Dank. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke. - Da die Auswärtige Kulturpolitik manchmal etwas zu kurz kommt, haben wir drei Minuten Redezeit dazugegeben, damit sie im Zusammenhang dargestellt werden konnte. ({0}) Wir haben schon eine ganze Reihe von Wortmeldungen von sehr engagierten Kolleginnen und Kollegen: Dr. Dehm, Claudia Roth, Ulla Schmidt, Ernst Dieter Rossmann und Dr. Thomas Feist. Das Wort hat jetzt also Kollege Dr. Dehm.

Dr. Jörg Diether Dehm-Desoi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000365, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Frau Staatsministerin, 2011 ist ein Paradigmenwechsel in der Auswärtigen Kulturpolitik eingetreten. Es geht nun weniger um einen ergebnisoffenen Austausch als um eine Eingliederung in die Ziele der Außenpolitik. Gegen diesen Paradigmenwechsel gab es kritische Einlassungen, auch von der von Ihnen so geschätzten Kollegin Schmidt. Von Ihnen, Frau Staatsministerin, würde ich gerne wissen: Wie wollen Sie das mit der Idee Europas - wobei ich hinzufügen möchte: Es gibt mehrere Ideen Europas - verbinden? Wie würden Sie das näher eingrenzen? Ich frage das insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Idee Europas hier am Mikrofon schon einmal so vertreten wurde: „Man spricht wieder deutsch in Europa.“ - Im Grunde ja weniger eine tastende, sondern mehr eine brachial-expansive Idee. Mich würde also sehr interessieren, wie Sie dazu stehen. Im Koalitionsvertrag steht, dass Auswärtige Kulturund Bildungspolitik auch als Instrument der KrisenpräDr. Diether Dehm vention im weiteren Sinne zu verstehen ist - das ist für uns als Linke etwas alarmierend - und dass es um die Vermittlung der Werte Freiheit, Demokratie und Menschenrechte geht. Ich hätte ich mich gefreut, wenn im 100. Jahr nach Beginn des Ersten Weltkriegs im Koalitionsvertrag auch der Begriff „Frieden“ gestanden hätte. Das war meine erste Frage. Ich habe danach hoffentlich noch einmal die Gelegenheit, eine zweite zu stellen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Lassen wir aber zunächst einmal die anderen Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen. Wir haben bereits einen Zuschlag von 39 Sekunden auf die Redezeit gegeben, um für ein bisschen Ausgleich zu sorgen. Frau Staatsministerin, bitte.

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Herr Präsident! - Herr Kollege Dehm, auch ich habe immer wieder von diesem Paradigmenwechsel gehört und versucht, dem nachzuspüren. In zahlreichen Gesprächen ist mir jedoch versichert worden, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik von einer sehr großen Kontinuität gekennzeichnet ist. Was Sie mit Paradigmenwechsel meinen, ist - so verstehe ich Sie - das Indienstnehmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Ich glaube, die Mittler, ob das die Goethe-Institute sind, die deutschen Auslandsschulen, der DAAD oder die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, würden das weit zurückweisen. Sie machen vielmehr eine sehr eigenständige Arbeit. Das halte ich auch für wichtig. Auch den Brückenschlag, den man macht, indem man sich mit den Ländern austauscht, ist wichtig. Ich habe eben ja sehr bewusst gesagt: Wir reden nicht übereinander, sondern miteinander. Dieser Austausch und das Aufeinanderzugehen ist für mich entscheidend in der Kulturpolitik. Lassen Sie mich als Beispiel das gestrige Gespräch mit dem Kulturminister aus Marokko anführen. Es zeigte sich, wie wichtig es ist, wechselseitig die Wurzeln auszuloten, sich besser kennenzulernen, auch dort das jüdische Erbe in den Blick zu rücken und dann nach Möglichkeiten zu suchen, wie man es sowohl in Deutschland, aber auch in Marokko über Wertediskussionen, über den Austausch von Künstlern und über den Jugendaustausch wieder fruchtbarer macht. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt; an diesem sollten wir gemeinsam weiterarbeiten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank. - Das Wort hat jetzt Claudia Roth.

Claudia Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003212, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Böhmer, im Namen unserer Fraktion möchte ich Ihnen sagen: Wir freuen uns auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit. Ich habe drei kurze Fragen. Erstens. Sie haben vom Gedenkjahr 2014 gesprochen. Es wäre gut, wenn wir eine Aufstellung darüber bekommen könnten, welche konkreten Projekte es gibt. Ich möchte erwähnen, dass es noch weitere Jahrestage gibt: vor 70 Jahren der Aufstand im Warschauer Getto, vor 20 Jahren der Völkermord in Ruanda, vor 25 Jahren der Aufstand auf dem Tiananmen-Platz. Es gibt also viel, was uns interessiert. Zweitens. Russland spielt nicht nur, aber auch wegen Sotschi eine zentrale Rolle in diesem Jahr. In diesem Sommer beginnt das deutsch-russische Jahr. Was ist geplant? In der Vergangenheit waren solche Jahre, sei es das deutsch-brasilianische oder das deutsch-indische Jahr, immer Thema in unserem Ausschuss. Wir würden uns wünschen, dass es nicht nur Wirtschaftsausstellungen gibt, sondern dass solche Jahre tatsächlich mit Auswärtiger Kulturpolitik angereichert sind. Was passiert also im Zusammenhang mit dem deutsch-russischen Jahr? Dritte Frage: Herr Gauweiler hat immer gesagt: Wenn gar nichts mehr geht, dann geht - vielleicht - Kulturpolitik. Gibt es Überlegungen, in Syrien und den Nachbarstaaten, also in einer Region, die im Moment von einer grauenhaften Katastrophe heimgesucht wird, den Menschen mit Auswärtiger Kulturpolitik so etwas wie ein anderes Grundnahrungsmittel zu geben? Muss ich jetzt stehen bleiben?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Kollegin, das wäre freundlich und parlamentarisch üblich. - Die Frau Staatsministerin wird jetzt antworten und dabei ab und zu einen Blick auf die Ampel werfen.

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Ich achte auf die Ampel und bemühe mich, zu antworten, solange es grün ist. Ich beeile mich. Ich fange mit dem letzten Punkt an. Uns treibt natürlich die Frage um, wie wir den Menschen in Syrien in dieser katastrophalen Not, in dieser Ausweglosigkeit helfen können. Es geht um Nahrungsmittel, um Hilfestellungen für Flüchtlinge, die das Land verlassen wollen, und es geht um die medizinische Versorgung. Nichtsdestotrotz müssen wir uns auch um den Kulturgütererhalt kümmern. Ich habe darüber mit der Generaldirektorin der UNESCO gesprochen. Ich nehme an, dass dieses Thema auch Ihnen am Herzen liegt. Man muss auch in diese Richtung denken, denn wir haben erlebt, wie in anderen Ländern Kulturgüter zerstört worden sind und nun unwiederbringlich verloren sind. Wir wollen Hilfestellung leisten, zum Beispiel bei der Registrierung, bei der Aufnahme dieser Güter. Das wird der erste Schritt sein. Darüber können wir uns gerne noch einmal austauschen. Ich glaube, das ist abgesehen von der aktuellen Nothilfe ein sehr wichtiger Punkt. Zum Zweiten haben Sie nach dem deutsch-russischen Sprachenjahr gefragt. Der Deutschunterricht genießt in Russland offenbar einen sehr hohen Stellenwert. Es gibt dort 2,3 Millionen Schülerinnen und Schüler, die Deutsch lernen; davon bin ich begeistert. Das bedeutet aber auch, dass man die Deutschlehrer in Russland unterstützt, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Es gibt dort jetzt auch einen eigenen Verband. Das andere ist, dass die russische Seite ein Interesse daran hat, dass die russische Sprache hier in Deutschland einen guten Stellenwert hat. Damit kommen wir zum Punkt Jugendaustausch. Das war mir ganz wichtig. Ich finde Begegnungen von Jugendlichen mit Politikern und insbesondere, dass sie bei ihnen zur Sprache kommen und Gehör finden, sehr wichtig. Das habe ich bei Gesprächen mit Kollegen aus Russland sehr in den Blick gerückt. Wenn es um Sotschi geht, sollten wir uns nicht nur über die Goldmedaillen freuen - ich finde es klasse, wie gerade die Frauen abgeschnitten haben -, sondern wir sollten auch sehen, wie es mit den Menschenrechten und den Rechten sexueller Minderheiten aussieht.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Als Nächste hat das Wort die Kollegin Ulla Schmidt, SPD-Fraktion.

Ulla Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002019, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank. - Frau Staatsministerin, auch von meiner Fraktion die besten Wünsche. Auch wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit. Wir sind froh, dass mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier wieder jemand an der Spitze des Ministeriums steht, für den die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik eine wirkliche Herzensangelegenheit ist; das haben wir alle ja in den Jahren 2005 bis 2009 auch erlebt. Meine Frage: Derzeit führen wir eine große Debatte über die neue Verantwortung, die Deutschland in der Welt wahrnehmen muss. Für uns alle hier ist klar, dass militärische Einsätze nur die Ultima Ratio sein können. Da wir stark auf die Krisenprävention setzen, ist die Frage: Wie will das Auswärtige Amt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Zusammenhang mit der Krisenprävention einen noch stärkeren Stellenwert geben? Was wollen Sie tun, damit wir in Konfliktsituationen - Stichwort: Sender und Empfänger - frühzeitig eingreifen können? Wie gedenken Sie, die Mittlerorganisationen, die übrigens alle auf eine sichere finanzielle Basis gestellt werden müssen - diesbezüglich haben wir in den letzten vier Jahren große Verwerfungen miterleben müssen -, einzubeziehen, damit sie nicht am Ende vor fertige Konzepte gestellt werden?

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An der Stelle halte ich es für wichtig, voneinander zu lernen. Viele der Mittlerorganisationen sind hautnah vor Ort. Mir ist vonseiten der Goethe-Institute berichtet worden, welche Erfahrungen sie gerade in Ägypten gesammelt haben. Dort sind sie nach wie vor sozusagen die Anlaufstelle. Das ist wichtig, weil unsere politischen Stiftungen dort leider andere Erfahrungen machen mussten. So kommen die Menschen zu ihnen, wenn es um Fragen der Demokratisierung geht: Wie bauen wir ein rechtsstaatliches System auf? Mit Blick auf den Transformationscharakter ist aber auch die Unterstützung des universitären Bereichs in Ägypten wichtig. Das gilt übrigens auch für Tunesien. Ein entscheidender Gesichtspunkt wird sein, jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Sie müssen wissen, dass sie auch in ihrem Land eine Chance haben, und sie müssen die Möglichkeit bekommen, diese zu nutzen. Deshalb ist der Austausch, den wir über Stipendien für junge Wissenschaftler fördern können, wichtig. Aber wenn die jungen Leute in ihr Land zurückkehren, müssen sie sehen, dass sich dort Strukturen aufbauen. Außerdem wichtig für mich ist der Dialog der Kulturen. Denn viele der Konflikte - das sehen wir, wenn wir in die arabische Welt schauen - haben auch kulturelle und historische Hintergründe. Diesen Dialog müssen wir fortführen und intensivieren. Auch damit leisten wir einen Beitrag in den Transformationsländern, geben wir jungen Menschen eine Chance.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Als Nächster hat das Wort der Kollege Dr. Ernst Dieter Rossmann, SPD-Fraktion.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsministerin, Sie waren so ehrlich, anzusprechen, dass der Regierungsentwurf des Haushalts, den Schwarz-Gelb vorgelegt hatte, leider Kürzungen in Bezug auf den DAAD und andere Organisationen enthielt und dass Ihnen das Sorge macht. Gleichzeitig drückten Sie die Hoffnung aus, dass Schwarz-Rot dies ändern wird. Vielleicht können Sie mit Blick auf die internationale Studienförderung, auf die Austauschförderung und speziell auch auf das Programm bzw. die Strategie „DAAD 2020“, die sich der DAAD im Jahr 2013 vorgenommen hat, noch einmal besonders herausarbeiten, weshalb es so wichtig ist, dass es Änderungen gibt gegenüber der Richtung, in die es gemäß dem Entwurf von Schwarz-Gelb laufen sollte. Als Nachfrage darf ich anschließen: Kann man wirklich guter Hoffnung sein, dass diese Regierung die Kraft findet, das ressortübergreifend so zu ändern, dass Sie bei Gelegenheit eine sehr gute Botschaft in Bezug auf den DAAD und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung verkünden können? ({0}) - Natürlich auch bezüglich Goethe-Institute und andere. Ich wollte es aber gerne auf diesen Punkt zuspitzen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Ich glaube, jeder hat eine besondere Nähe zu der einen oder anderen Mittlerorganisation. Ich sehe es so, wie es Kollegin Schmidt gesagt hat, dass alle wichtig sind. Denn sie haben auch unterschiedliche Funktionen. Mir wurde berichtet, dass es sozusagen eine klassische - ich will jetzt nicht sagen gute - Tradition ist, dass sich die Haushälter, aber auch diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik sind, bei den Haushaltberatungen dafür starkmachen, dass der Haushaltstitel später entsprechend ausfällt. Darauf setze ich. Das war wohl nicht nur in der letzten Legislaturperiode so, sondern auch in vorausgehenden. Ich registriere jetzt, dass es, wenn wir vom ersten Regierungsentwurf 2014 ausgehen, in absoluten Zahlen gesehen immerhin der dritthöchste Titel ist. Aber ich sage auch: Da ist Luft nach oben, und diese wollen wir gemeinsam nutzen. Ich habe gesehen, dass es drei Bereiche gibt, wo wir besonders hinschauen sollten. Einer ist die deutsche Sprache. Momentan besteht dort auch noch finanzieller Handlungsbedarf. Wenn die Nachfrage so groß ist, sollte man sie auch befriedigen können. Das Stipendienprogramm liegt uns allen, glaube ich, sehr am Herzen. Das habe ich auch am Kopfnicken gemerkt. Denn gerade wenn es um Fachkräfte geht, um die Brückenfunktion, ist dieses Thema wichtig. Wir sollten auch ein Auge auf den Schulfonds haben, damit sich die gute Entwicklung im Bereich der PASCH-Schulen fortsetzen kann.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Als Nächster hat Kollege Dr. Thomas Feist von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Dr. Thomas Feist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004032, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank. - Frau Staatsministerin, es wird Sie nicht überraschen, dass sich auch unsere Fraktion auf die Zusammenarbeit in ganz besonderer Art und Weise freut. Mit dem voraussichtlichen Unterausschussvorsitzenden Peter Gauweiler werden wir einen Mitstreiter haben, dem die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik sehr am Herzen liegt. Ich bin dankbar für die Frage meines Kollegen Rossmann. Sie, Frau Staatsministerin, haben in der Antwort zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Haushalt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sehen lassen kann. Wenn Sie, Frau Kollegin Schmidt, sagen, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ein Herzensanliegen des neuen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier ist, dann bin ich mir ganz sicher, dass es mit vereinten Kräften und der Unterstützung auch solcher Kollegen wie Herrn Dr. Rossmann gelingen wird, gerade im Bereich der Flaggschiffe - dazu haben Sie auch den DAAD gezählt - Verbesserungen zu erreichen. Wir werden Sie dabei unterstützen. Meine Frage zielt auf einen Bereich, der in der letzten Legislaturperiode erfreulicherweise hinzugekommen ist. Sie haben die berufliche Bildung erwähnt. Die Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation, die beim BIBB eingerichtet worden ist, ist da ein zentraler Ansprechpartner. Was ist Ihre Vision, wenn es darum geht, die wirtschaftliche und soziale Lage in Europa nachhaltig zum Guten zu wenden? Ein Ziel war ja auch, die grassierende Jugendarbeitslosigkeit in Europa mit Berufsbildungsmaßnahmen nach deutscher Machart zu fördern. Was können wir in dieser Legislaturperiode in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Bereich der beruflichen Bildung gestalten?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Ich will das an drei Punkten verdeutlichen: Erster Punkt. Wir haben ein großes Netz von Auslandsschulen. Diese Schulen sind in der Regel allgemeinbildende Schulen, auf denen man Abitur macht, auch das internationale Abitur. Dieses Netz verstärkt um berufliche Qualifizierung zu ergänzen, wäre sehr sinnvoll. Das müssen wir mit den Partnerschulen aushandeln, aber auch mit den entsprechenden Ländern. Das Interesse daran ist allerdings, so sage ich es einmal, sehr unterschiedlich ausgeprägt. Damit komme ich zum zweiten Punkt: Wir müssen auch in Ländern, die nicht mit unserem dualen System vertraut sind, für unsere Art der beruflichen Bildung - auch ein duales Studium kann dabei ein spannender Ansatz sein - und dafür, dass man auch dort diesen Weg gehen kann, werben. Das heißt, wir müssen die Eltern stärker einbinden. Die Goethe-Institute haben dabei schon einige Erfahrung. Diese Erfahrung sollte ausgebaut werden. Dritter Punkt. Wir müssen vor Ort alle Kräfte bündeln. Deutsche Unternehmen, die im Ausland tätig sind und die Ausbildung dort entsprechend dem deutschen Ansatz dual organisieren - auch im Austausch mit den Unternehmen vor Ort -, zeigen, dass man damit erfolgreich sein kann, dass das eine Perspektive ist. Das zu konzentrieren, indem man vor Ort Netzwerke aufbaut und Runde Tische organisiert, scheint mir ein guter Weg zu sein. Wir können ja nicht von heute auf morgen das duale System sozusagen in Reinkultur exportieren - das wollen wir auch nicht. Es geht jedoch um den Geist, der sich damit verbindet: Erfahrungen in der Schule und Erfahrungen im Unternehmen miteinander zu kombinieren, um damit bessere Chancen zu haben. Das scheint mir ein guter Weg zu sein.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Als Nächster hat das Wort der Kollege Harald Petzold, Fraktion Die Linke.

Harald Petzold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004374, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatsministerin, ich möchte gerne noch einmal das Stichwort „Auslandsschulen“ aufgreifen und mich natürlich Ihrem Lob für die Arbeit, die dort geleistet wird, anschließen. Wenn man allerdings die Einrichtungen vor Ort besucht - ich hatte letztens die Gelegenheit dazu -, gewinnt man manchmal den Eindruck, dass die Lösung, die gewählt wurde, also dass diese Schulen mehr oder weniger frei in der Luft hängen, nicht die günstigste ist. Das betrifft vor allem ihre Ausstattung, die teilweise doch schon in die Jahre gekommen ist. Das führt dann jedoch nicht wie bei Schulen in den jeweili908 Harald Petzold ({0}) gen Bundesländern dazu, dass Modernisierungsmaßnahmen und bauliche Ergänzungen usw. stattfinden - von inhaltlichen Dingen will ich dabei gar nicht sprechen. Vielleicht könnten Sie ein paar Ausführungen dazu machen, wie Ihrer Vorstellung nach zum einen diese Schulen in die inhaltliche Debatte in Deutschland integriert werden können und wie zum anderen für eine bessere Ausstattung gesorgt werden kann.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Die Erfahrungen mit der Ausstattung der Auslandsschulen dürften sehr unterschiedlich sein. Sie haben von einem schwierigen baulichen Zustand gesprochen, vielleicht verbunden mit Schwierigkeiten, den Unterricht so zu gestalten, wie wir uns das vorstellen. Ich habe vor einiger Zeit eine Auslandsschule in Istanbul besucht. Da muss ich sagen: Was die Ausstattung dieser Schule angeht, würde manche Schule in Deutschland vor Neid erblassen. Ich will damit sagen: Die Unterschiede sind groß. Von entscheidender Bedeutung für uns ist die Qualität des Unterrichts. Unser Ansatz ist deshalb, Möglichkeiten der Lehrerfortbildung zu eröffnen und auch moderne Formen des Lehrens und Lernens zu unterstützen, zum Beispiel die neuen Technologien sehr viel stärker zu nutzen. Manche Schulen in Deutschland setzen begeistert Whiteboards ein, auch wenn nicht jede Lehrkraft davon begeistert ist. Das sind Möglichkeiten, die man nutzen muss. Wir sollten das schwerpunktmäßig voranbringen, und zwar über die Exzellenzinitiative. Mit dem Auslandsschulgesetz haben wir jetzt schließlich eine sicherere Grundlage für die Finanzierung sowohl baulicher Art als auch, was den Unterricht anbetrifft. Da muss man jetzt genau schauen. Gerne können wir Einzelfälle, die Ihnen aufgefallen sind, in den Blick nehmen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Als Nächster hat das Wort der Kollege René Röspel, SPD-Fraktion.

René Röspel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003210, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsministerin, Sie erwähnten den glücklichen Umstand, dass in Russland offenbar 3,3 Millionen Menschen ({0}) Deutsch lernen. Es gibt ja die Imagekampagne „Study in Germany“. Ich habe dahin gehend eine Frage an die Bundesregierung: Wäre ein Programm namens „Study in German“ nicht eine gute Idee? Dadurch könnte man den Menschen, die im Ausland Deutsch lernen, das Angebot machen, in deutscher Sprache zu studieren und einen deutschen Abschluss zu machen, zum Beispiel über Fernstudiengänge; das hat es bereits gegeben. Das Angebot würde folgendermaßen lauten: Studiert auf Deutsch, bleibt aber zu Hause und arbeitet dort weiter.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Danke. - Ich finde die Idee gut. Ich glaube, man sollte beides tun. Ein Klassiker in Deutschland ist die Fernuniversität Hagen. Es gibt an dieser Stelle aber noch viele andere Angebote. Was ich auch für wichtig halte, ist der unmittelbare Kontakt hier in Deutschland. Denn wer in Deutschland studiert, macht sich nicht nur in einem Fach fit, sondern erfährt hoffentlich durch den Kontakt zu Kommilitonen, wie das Leben in Deutschland läuft und wie wir ticken, und kann dann umgekehrt seine Erfahrungen einbringen. Ich selbst habe diese Erfahrung in meiner Studentenzeit gemacht. Damals habe ich in einem Studentenwohnheim zusammen mit einer Studienkollegin aus Afrika und mit einer Studienkollegin aus Persien - heute Iran - gewohnt. Das hat mich sehr geprägt, muss ich sagen. Deshalb finde ich, dass man beide Wege beschreiten sollte. Ich bin sehr gespannt, ob Sie noch weiter gehende Ideen diesbezüglich haben und auch Vorschläge, wie man das umsetzen könnte. Wir sollten einmal die Köpfe zusammenstecken. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Die nächste Wortmeldung kommt vom Kollegen Dr. Karamba Diaby von der SPD-Fraktion.

Dr. Karamba Diaby (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004259, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsministerin, ich bedanke mich für Ihr Engagement - wir kennen uns ja durch Ihre früheren Tätigkeiten - und wünsche Ihnen viel Erfolg im neuen Amt! Meine Frage bezieht sich auf Ihre Aussage: Wir wollen eine Willkommenskultur entwickeln. - Das wird im Koalitionsvertrag an vielen Stellen erwähnt. Gerade in Bezug auf Ihren Bereich würde mich interessieren: An welchen konkreten Projekten machen Sie das fest? Meine zweite Frage bezieht sich auf die Goethe-Institute im Ausland. Wir wissen, dass der Nachweis von Deutschkenntnissen für die Familienzusammenführung erforderlich ist und daher viele Menschen den Deutschunterricht in den Goethe-Instituten im Ausland besuchen. Es gibt aber nicht in allen Ländern dieser Welt Goethe-Institute. Können Sie uns bitte sagen, welche Erkenntnisse Ihnen für diese Länder vorliegen, also wie groß der Bedarf nach Deutschkursen in Ländern ohne Goethe-Institut ist?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Frau Staatsministerin, bitte.

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Der Zuspruch zu den Deutschkursen an den GoetheInstituten ist in der Tat sehr gut. Ich glaube, sie haben nicht nur das Ziel, Deutsch als Alltagssprache zu vermitteln. Was zunehmend in den Blick rückt, ist auch die berufsbezogene Sprache. Wenn unser Land für Menschen attraktiv sein soll, die herkommen, um hier ihren Lebensmittelpunkt zu finden und ihren beruflichen Weg zu gehen, dann ist dieser Ansatz natürlich wichtig. Das Netzwerk der Goethe-Institute sichert außerdem auch den Sprachenaustausch. Es gibt einen Punkt, an dem ich gerne gemeinsam mit Ihnen arbeiten würde - es handelt sich um ein Thema, das uns beiden wie auch vielen Kolleginnen und Kollegen sehr vertraut ist -: der Ehegattennachzug und der Spracherwerb im Herkunftsland. Hier brauchen wir einen schnelleren Übergang von den guten Sprachkursen, die man im Herkunftsland besucht, zu dem dann anschließenden Sprachangebot hier in Deutschland, damit die erworbenen Kenntnisse in der Zwischenzeit - nur weil es so lange dauert, bis man ein Visum bekommt nicht verschwinden. Sie haben nach der Willkommenskultur gefragt. Ein Umsteuern allein reicht nicht. Man muss das Ganze mit Leben erfüllen. Ein Bereich, den das betrifft, ist der Hochschulbereich. Wenn ausländische Studierende zu uns kommen, dann ist die Situation nicht immer die, dass man Tür an Tür lebt, so wie ich es erlebt habe. Es ist daher wichtig, dass man an den Hochschulen ein Netz des Willkommens und des Miteinanders aufbaut. Dies wollen wir hier in Deutschland entsprechend unterstützen. Ein weiterer Gedanke, den ich mit der Willkommenskultur verbinde, lautet: Willkommenskultur beginnt nicht erst, wenn man in Deutschland einreist, sondern schon im Ausland. - Wir haben mit dem Gesetz zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen in der letzten Legislaturperiode einen Meilenstein gesetzt. Das muss aber im Ausland entsprechend vermittelt werden. Diese Einladung muss daher vonseiten der deutschen Botschaften, der Goethe-Institute und aller Beteiligten gestaltet werden.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als Nächster hat der Kollege Franz Thönnes von der SPD-Fraktion das Wort.

Franz Thönnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002818, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsministerin, ich knüpfe an die Frage des Kollegen Röspel an. - Stellt sich bei der in Europa wirklich einmaligen Größenordnung von 2,3 Millionen Deutschlernern in Russland nicht auch die Frage, ob es aus europäischer und deutscher Sicht nicht sinnvoll wäre, mit dazu beizutragen, dass die EU-Bildungsprogramme - COMENIUS für die Schulbildung, ERASMUS für die Hochschulbildung, LEONARDO für die berufliche Bildung und GRUNDTVIG für die allgemeine Erwachsenenbildung - auch für diese russischen Deutschlerner geöffnet werden, um den Austausch zwischen unseren Ländern auch in diesem kulturellen Bereich zu erweitern? Wie steht die Bundesregierung dazu?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

Not found (Gast)

Ich finde, diesen Gedanken müssen wir einfach einmal ausloten. Es gibt viele junge Frauen und Männer aus dem Ausland, die hier in Deutschland mit großer Begeisterung studieren. Der Spracherwerb hilft dabei eine ganze Menge. Sie haben jetzt den wichtigen Punkt angesprochen, wie es finanziell aussieht, und das würde ich gerne ausloten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Jetzt folgen noch zwei Fragen zu diesem Themenkomplex - eine zweite Frage von Herrn Dr. Dehm und eine zweite Frage von Herrn Dr. Rossmann - und danach noch zwei sonstige Fragen. Herr Dr. Dehm.

Dr. Jörg Diether Dehm-Desoi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000365, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatsministerin, Sie haben eben Sotschi und die Menschenrechte in einen Zusammenhang mit den Medaillen gerückt. Vergessen Sie aber bei den hoffentlich zu erwartenden Toren in Katar bitte auch nicht die Arbeitssklaven dort. Frau Kollegin Schmidt, Willy Brandt sagte nicht, die Militäreinsätze seien die Ultima Ratio, sondern sie seien die Ultima Irratio. Da das so ist, sind der Dialog der Kulturen und die Verständigung über Sprachförderung besonders wichtig. Deshalb frage ich nach den Budgets der Goethe-Institute. Diese sind in der letzten Legislaturperiode kontinuierlich gekürzt worden. Im Koalitionsvertrag steht der windelweiche Begriff, dass sie „adäquat ausgestattet“ würden. Mir reicht hier Ja oder Nein als sehr kurze Antwort. Während der Kollege Rossmann seine Frage großkoalitionär verblümt hat, ({0}) frage ich ganz präzise: Können Sie ausschließen, dass die Budgets der Goethe-Institute gekürzt werden? Ist möglicherweise eine Aufstockung um den Inflationsausgleich, der nicht im Haushaltsentwurf steht, möglich?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Die Frage muss ich eigentlich an das Parlament zurückgeben; denn die Budgethoheit liegt beim Parlament. Selbst wenn die Bundesregierung das so machen wollte, wie Sie es jetzt unterstellen, träfe das Parlament die letzte Entscheidung. Ich wünsche mir, dass die Mittel für die Goethe-Institute stimmen. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Als Nächster hat der Kollege Dr. Rossmann, SPD-Fraktion, noch einmal das Wort.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Als Abgeordnete im Bildungsausschuss konnten wir vor einiger Zeit eine Fahrt nach Chile machen, und wir haben dabei natürlich auch die deutschen Auslandsschulen in Santiago de Chile und in Concepción besucht. Es gibt in diesem Zusammenhang eine doppelte Wahrnehmung: Einerseits ist es gut, dass es überall deutsche Auslandsschulen gibt, andererseits sind sie manchmal auch notleidend, weil das klassische Modell der Auslandsschulen nicht mehr der Zahl der Menschen, die sich dorthin begeben können, gerecht wird. Deshalb habe ich eine Rückfrage: Ist es vorstellbar, dass man deutsche Auslandsschulen zwar behält, aber auch eine Entwicklung in Richtung europäischer Auslandsschulen zulässt? Europäische Partner - deutsche, französische und andere - könnten diese Lücke dann nämlich mit schließen helfen, und gleichzeitig wäre man in der Fläche besser vertreten. Dadurch würde auch ein Mehrwert erreicht, da Europa in der Welt intensiver wahrgenommen wird als jedes einzelne europäische Land für sich.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Nach meiner Kenntnis gibt es in Santiago de Chile drei deutsche Auslandsschulen in unterschiedlicher Trägerschaft. Ich frage einmal zurück: Sind es mehr?

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie haben recht: In der Stadt Santiago de Chile sind es drei deutsche Auslandsschulen. In Concepción gibt es aber natürlich keine drei, sondern dort fragt man sich eher, ob man die eine, die es dort gibt, halten kann.

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Daran erkennen wir auch den Unterschied, den ich eben schon bei der Beantwortung der vorherigen Frage angesprochen habe. In der Tat ist die Situation unterschiedlich: Eine Schule in Santiago hat, glaube ich, weit über 2 000 Schüler, eine andere Schule über 1 000 Schüler. Die kleinere Schule ist die der Ursulinen, die dem Thema Inklusion besonders verbunden sind. An Schulen in anderen Orten sieht es wiederum anders aus. Da muss man sehr genau hinschauen. Ich bitte um ein bisschen Zeit, um mir das genauer ansehen zu können, um dann auch gerne mit Ihnen zu überlegen: Wie finden wir einen sinnvollen Weg, um ein solches Schulangebot aufrechtzuerhalten?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Zu anderen Themenbereichen der heutigen Kabinettssitzung liegen mir im Moment keine Wortmeldungen vor. Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? - Dazu sind zwei Fragen angemeldet worden, eine von der Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/ Die Grünen, und eine von dem Kollegen Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen. Wir beginnen mit der Frage der Kollegin Renate Künast und machen dann mit der Frage des Kollegen Ebner weiter.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich frage die Bundesregierung: Wie erklärt die Bundesregierung ihre Enthaltung bei der Abstimmung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 gestern im Europäischen Rat? Diese Enthaltung ist dafür verantwortlich, dass es am Ende keinen Stopp des Zulassungsverfahrens geben wird. ({0}) - Da Sie gerade dazwischenrufen: Die Bundesregierung hätte problemlos andere Mitgliedstaaten überzeugen können, anders abzustimmen. ({1}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, so macht man das. Ich habe es schon einmal gemacht. Vor allen Dingen: Wir erklärt uns die Bundesregierung ihre Enthaltung angesichts der Tatsache, dass im Koalitionsvertrag steht: „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an“ - 80 Prozent der Bevölkerung sind dagegen -, und - last, but not least - angesichts der klaren Ablehnung verschiedener Ressorts, vor allem des federführenden Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, und auch der Bundesländer an dieser Stelle? Was sind eigentlich die tragenden Gründe für dieses Abstimmungsverhalten? Was soll nun passieren: ein nationales Anbauverbot? Sollen Abstandsregeln mit anderen Mitgliedstaaten vereinbart werden, weil ansonsten der Wind das Saatgut zu uns herüberwehen könnte?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Für die Bundesregierung wird die Parlamentarische Staatssekretärin Maria Flachsbarth antworten. Bitte.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Sehr geehrte Frau Kollegin Künast, die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, sich bei der Abstimmung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 der Stimme zu enthalten. Dieses entspricht dem üblichen Verfahren, falls es innerhalb der betroffenen Ressorts verschiedene Meinungen zu einem Kommissionsvorschlag gibt. Dies sieht die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien so vor. Ich glaube auch, dass das nicht erst bei dieser Bundesregierung so in der Geschäftsordnung fixiert ist. Im Übrigen hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EFSA, insgesamt sechs befürwortende Stellungnahmen zu diesem Antrag abgegeben. Die letzte konsolidierte Stellungnahme vom 18. Oktober 2012 enthält auch Empfehlungen zum Risikomanagement und zur Vermeidung einer möglichen Entwicklung von Resistenzen in Zielorganismen. In ihrer Stellungnahme stellt die EFSA fest, dass die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 nach den Maßgaben der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG so sicher ist wie herkömmlicher Mais und es unwahrscheinlich ist, dass diese Sorte negative Auswirkungen auf die menschliche oder tierische Gesundheit oder die Umwelt haben werde. Auch die nationale Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit, die ZKBS, kam in ihrer Bewertung im Jahr 2003 zu dem Ergebnis, dass nach damaligem Kenntnisstand keine schädlichen Auswirkungen auf Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zu erwarten seien. Nun fragen Sie mich: Was wird die Bundesregierung an weiteren Maßnahmen ergreifen? Da muss man zunächst einmal schauen, wie das Verfahren von Brüssel aus weitergehen wird. Nach Angaben der Kommission wird diese nämlich gemäß Art. 5 der Komitologieverordnung von 1999 eine positive Entscheidung treffen, sofern denn im Rat keine qualifizierte Mehrheit gegen den Vorschlag erreicht wird, und das ist in diesem Zusammenhang der Fall. In diesem Fall wird es aber dennoch eine ganze Weile dauern, bis der Mais 1507 effektiv auf dem Markt wäre. ({0}) Hierzu erläuterte die Kommission nämlich folgende Schritte: erstens die Annahme des Durchführungsrechtsaktes durch die Kommission, zweitens die Anpassung des Überwachungsplanes durch das antragstellende Unternehmen, nämlich Pioneer, drittens die Information und Konsultation der Mitgliedstaaten zum neuen Überwachungsplan im Ständigen Ausschuss, viertens die anschließende Entscheidung durch Spanien, fünftens der Antrag auf Eintragung des Mais in den spanischen Saatgutkatalog und sechstens die Übermittlung dieser Informationen durch Spanien an die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission zur Veröffentlichung im europäischen Saatgutkatalog für landwirtschaftliche Nutzpflanzen. Wie man unschwer erkennen kann, wird deshalb in dieser Vegetationsperiode, also im Jahr 2014, kein Mais der Linie 1507 angebaut werden, sodass die Bundesregierung noch genügend Zeit hat, weitere Maßnahmen zu bedenken.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine Nachfrage.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nur in freundlicher Interpretation der Oppositionsrechte können Sie noch eine Zusatzfrage stellen. Eigentlich wäre der nächste Fragesteller an der Reihe.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kurze Nachfrage: Ich hatte nicht gefragt, was die EFSA oder die ZKBS alles schreiben. Sie haben gerade eine Stellungnahme aus dem Jahr 2003 zitiert und die Zusammensetzung der ZKBS angesprochen. Ob sie wirklich ausgeglichen mit Befürwortern und Gegnern besetzt ist, könnte man an anderer Stelle diskutieren. Aber ich wollte gar nicht wissen, was die anderen gesagt haben. Ich weiß nämlich, dass das Landwirtschaftsministerium Nein gesagt hat. Was waren die Gründe des Landwirtschaftsministeriums, Nein zu sagen? Diese Gründe sind schließlich nicht ausgeräumt, nur weil die EFSA oder sonst wer Stellungnahmen zu diesem Thema abgibt. Der entscheidende Punkt ist - er ist unabhängig davon, wann oder ob der Mais jemals angebaut wird -, dass das Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium offensichtlich Sicherheitsbedenken hat, was Mensch und Umwelt betreffende Aspekte angeht. Was ist aus diesen Aspekten geworden?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Sehr geehrte Frau Kollegin Künast, das Landwirtschaftsministerium hat sehr eng auf das rekurriert, was im Koalitionsvertrag niedergelegt worden ist und was Sie eben richtig zitiert haben. Dennoch verweise ich auf die Geschäftsordnung der Bundesministerien, ({0}) die aussagt: Wenn zwischen den Ressorts Uneinigkeit in Fragen der Europäischen Union besteht, dann enthält sich die Bundesrepublik Deutschland. Genau das war in diesem Zusammenhang der Fall.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Als Nächstem erteile ich das Wort dem Kollegen Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen.

Harald Ebner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004215, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, Sie haben auf die Stellungnahme der EFSA hingewiesen. Selbst die EFSA hatte aber in ihren Stellungnahmen unter anderem auch Risiken identifiziert. Deshalb hatte sie ein Risikomanagement vorgeschlagen, das aber von der Kommission nicht in den Zulassungsvorschlag aufgenommen wurde. Es gäbe also genügend Gründe, den Vorschlag abzulehnen, statt sich auf die EFSA zu beziehen und zu sagen: Es ist alles gut. Wenn jetzt aber Minister Friedrich mit der Scheinlösung nationaler Anbauverbote auf den Bildschirmen erscheint, dann frage ich Sie, wie Sie das begründen wollen. Welche Daten haben Sie? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es, um ein nationales Anbauverbot zu begründen? Haben Sie begonnen, eigene Daten zu den möglichen Risiken zu erheben? Sie brauchen diese Grundlage. Denn: Wenn der Minister jetzt sagt: „Liebe Bevölkerung, wir stehen zu unserem Versprechen, Deutschland gentechnikfrei zu halten“, dann muss man das auch unterfüttern. Man kann nicht einfach Behauptungen in den Raum stellen. Deshalb frage ich Sie: Welche Daten haben Sie schon, und welche Daten sammeln Sie dazu? Danke schön.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Sehr geehrter Herr Kollege Ebner, zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass gestern von der Kommission noch einmal deutlich darauf hingewiesen worden ist, dass es sechs positive Stellungnahmen der EFSA, zuletzt aus dem Jahr 2012, und darüber hinaus zwei Gerichtsurteile gebe, und dass die Erarbeitung des Vorschlags der Kommission sehr vorsichtig und umsichtig erfolgt sei und darüber hinaus der Antragsteller nun ein Recht auf die Bewertung und Bescheidung seines Antrages habe. Darüber hinaus ist es aber so, dass die Kommission vor dem Hintergrund der ablehnenden Haltung einer Reihe von Mitgliedstaaten zur Zulassung der Maislinie 1507 angekündigt hat, ihren Vorschlag wieder aufzugreifen, für die Mitgliedstaaten eine Opt-out-Möglichkeit zu schaffen. Dies würde bedeuten, dass die Mitgliedstaaten auf ihrem Hoheitsgebiet oder Teilen ihres Hoheitsgebiets auch den Anbau des gentechnisch veränderten Mais beschränken oder verbieten können, allerdings aus anderen Gründen als aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes, die bereits von der EFSA bewertet wurden. In Betracht kommen laut Kommissionsvorschlag hier zum Beispiel kleinstrukturierte Landwirtschaft, Landschaftspläne oder sozioökonomische Gründe. Ob und in welcher Form dieser Vorschlag behandelt wird, bedarf noch eingehender Prüfung und Diskussion auf nationaler und europäischer Ebene. In den zurückliegenden Diskussionen und Abstimmungen hatte die alte Bundesregierung die Möglichkeit des Opt-out wegen europarechtlicher und welthandelsrechtlicher Bedenken stets abgelehnt. Sollte die griechische Präsidentschaft den Kommissionsvorschlag allerdings erneut zur Beratung vorlegen, wird sich die Bundesregierung erneut damit befassen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herzlichen Dank. - Wir sind damit am Ende der Befragung der Bundesregierung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/458 Die Frage 63 des Abgeordneten Harald Petzold ({0}) wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beantwortet und nach Frage 46 aufgerufen. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Zur Beantwortung steht uns die Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Herbert Behrens, Fraktion Die Linke, auf: Wann soll der erste Entwurf des laut dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD geplanten Luftverkehrskonzeptes veröffentlicht werden, und für wann strebt die Bundesregierung dessen endgültige Verabschiedung an? Ich bitte Sie, Frau Staatssekretärin, die Frage 1 zu beantworten.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Behrens, ich darf mich einleitend den Vorworten der Kollegin Böhmer anschließen. Ich fand das sehr angenehm. Auch ich möchte eine gute Zusammenarbeit anbieten. Ich kann Ihnen sagen, dass es nach zwölf Jahren etwas anderes ist, nun auf der Regierungsbank zu sitzen und Fragen zu beantworten. In meiner ersten Fragestunde als Parlamentarische Staatssekretärin will ich jetzt nicht um Gnade bitten, wohl aber um gute Zusammenarbeit. Vielen herzlichen Dank. ({0}) Herr Kollege Behrens, darf ich Ihre beiden Fragen aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenhängend beantworten?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Behrens scheint damit einverstanden zu sein. Dann rufe ich auch die Frage 2 des Kollegen Behrens auf: Wann wird die Bundesregierung in Umsetzung des Koalitionsvertrages die Länder und die interessierte Öffentlichkeit erstmals über das geplante Luftverkehrskonzept informieren, und wie genau soll die Beteiligung der Länder und der Öffentlichkeit „im Dialog“ ({0}) ausgestaltet werden? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Wir haben, wie Sie wissen, im Koalitionsvertrag eine Stärkung und Sicherung des Luftverkehrsstandortes Deutschland vorgesehen. Mit der Ausarbeitung eines Luftverkehrskonzepts wollen wir uns in dieser Legislaturperiode befassen. Das Konzept soll gemeinsam mit den Ländern und der interessierten Öffentlichkeit erarParl. Staatssekretärin Dorothee Bär beitet werden. Von ganz besonderer Bedeutung soll die Rolle des Bundes bei der Planung eines deutschlandweiten Flughafennetzes sein. Wir sind im Bundesministerium dabei, die Eckpunkte eines solchen Konzepts zu erarbeiten. Ich kann Ihnen aber momentan zur zeitlichen Dimension - weil es sich um ein sehr umfangreiches Unterfangen handelt - noch keine Auskunft geben.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Kollege Behrens, Ihre erste Nachfrage, bitte schön.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatssekretärin, Sie können versichert sein, dass ich nicht gnadenlos vorgehe. Gleichwohl habe ich als Parlamentarier Anspruch darauf, Einblick in die Planung der Bundesregierung nehmen zu dürfen. Sie weisen in der Koalitionsvereinbarung eindeutig darauf hin, dass es darum geht, frühzeitig einen Dialog in Gang zu setzen. Vor diesem Hintergrund möchte ich wissen, wann gemäß Ihren Planungen ein Status erreicht ist, ab dem die interessierte Öffentlichkeit beteiligt werden kann. Es gibt hin und wieder Diskussionen darüber, wann das sein könnte. Ihre erste Antwort deutet darauf hin, dass wir im April 2014 noch keine näheren Informationen zum Luftverkehrskonzept bekommen werden.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Dazu kann ich Ihnen sagen, dass das zeitnah geschehen wird. Ich kann allerdings keinen konkreten Monat nennen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Kollege Behrens, Sie dürfen noch dreimal nachfragen, wenn Sie mögen. Aber Sie müssen Ihr Kontingent nicht ausschöpfen.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich vermute, dass ich selbst nach drei weiteren Fragen keine konkreten Antworten bekommen werde. Ich versuche es trotzdem noch einmal anders. Können Sie versuchen, den Prozess darzustellen? Ich erinnere an die Vorlage des Bürgerbeteiligungspapiers des damaligen Verkehrsministers Ramsauer und der entsprechenden Broschüre dazu, in dem es auch um ein Dialogverfahren bei der Planung von großen Verkehrsinvestitions- und anderen Infrastrukturvorhaben ging. Auch wenn Sie die Konzeption noch erarbeiten: Ab welchem Zeitpunkt des Prozesses können Sie sagen: „Wir haben einen entsprechenden Zwischenstand erreicht und gehen nun in die Phase des öffentlichen Dialogs“?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Wie ich Ihnen gesagt habe: Wir wollen das mit der Öffentlichkeit gemeinsam machen, wir wollen es gemeinsam in unserem Haus machen, wir wollen es gemeinsam mit Verbänden machen. Aber ich bitte einfach um Verständnis, dass es aufgrund des Umfangs noch einen internen Abstimmungsbedarf gibt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Möchten Sie noch eine Frage stellen? - Kollege Behrens zum Dritten.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Zum Dritten, gleiches Thema und gleiche Problematik. Wir haben gelesen, dass eine Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, des BDL, eins zu eins Eingang in die Koalitionsvereinbarung gefunden hat. Kann ich dieser Tatsache entnehmen, dass Sie bei der Erarbeitung dieses Konzepts insbesondere die Verkehrsunternehmen bevorzugt in Ihre Planung einbeziehen im Unterschied zu dem, was wir hier als frühzeitigen Dialog mit der Öffentlichkeit bezeichnen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Es ist so, dass uns Mitte Januar 2014 nach Anforderung ein nationales Luftverkehrskonzept vom BDL übermittelt wurde.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Recht herzlichen Dank. - Dazu liegen keine weiteren Nachfragen vor. Damit kommen wir zum Thema Pkw-Maut mit einer ganzen Reihe von Fragen. Wir kommen jetzt zur Frage 3 der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms: Inwiefern fühlt sich die Bundesregierung an den Koalitionsvertrag gebunden, laut dem im Verlauf des Jahres 2014 ein Gesetz verabschiedet werden soll, um Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw am Erhalt und Ausbau des Autobahnnetzes zu beteiligen, und welche Konsequenzen werden erwartet, wenn diese Festlegung nicht eingehalten wird? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Liebe Frau Kollegin Dr. Wilms, zu dieser Frage kann ich Ihnen sagen, dass die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorgaben umsetzen wird.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie zu dieser Antwort noch eine Nachfrage, Frau Dr. Wilms?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Aber natürlich, Herr Präsident. So einfach kommt auch die neue Staatssekretärin nicht aus der Sache heraus. - Bis zur Wahl haben wir von dem heutigen Verkehrsminister Dobrindt oft genug Aussagen über die Maut gehört. Er konnte über die Maut nicht genug reden. Jetzt gibt es auf einmal auf unsere Fragen - wir haben auch eine ganze Reihe von schriftlichen Fragen gestellt, und wir haben eine Kleine Anfrage eingereicht - keine Antworten. Angeblich ist das alles nicht da. Wenn ich mich umschaue und beobachte, was in Ihrer Koalition los ist, dann stelle ich fest, dass es verschiedene Aussagen gibt. So gibt es ein Zitat von Herrn Kollegen Fischer: Pkw-Maut nur für Ausländer ist undenkbar, weil sie das EU-Diskriminierungsverbot missachten würde. - Ein ähnliches Zitat gibt es auch vom Kollegen Storjohann. Irgendwie scheint in dem ganzen System der Wurm zu sein. Wie sicher sind Sie sich eigentlich im BMVI, dass die Kanzlerin und die Koalition wirklich noch hinter der von der CSU gewünschten Maut stehen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Sehr.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr sicher?

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ja. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Das war wahrscheinlich die kürzeste Antwort in dieser Wahlperiode. ({0}) Mögen Sie noch eine Frage stellen, Frau Dr. Wilms?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Aber gerne, ich habe ja noch eine weitere Nachfrage.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Bitte.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das ist ja wirklich eine beeindruckende Antworttechnik. Vielleicht können wir das noch ein paarmal so machen. Jetzt habe ich eine ganz aktuelle Information aus der Kommission. Ein Kollege hat nämlich an die Kommission schriftliche Fragen gestellt. Die Kommission antwortete darauf, sie könne zu einem Vignettenmodell - denn das steckt hinter der CSU-Maut - noch keine konkreten Aussagen machen, weil kein Modell vorliege. Das ist eine offizielle Antwort der Kommission. Es gab aber eine anderslautende Aussage des Kollegen Ramsauer, der jetzt auch da ist. ({0}) Er hat nach seinem Treffen mit Herrn Kallas behauptet, mit der EU sei alles klar. Meine Frage lautet also: Gibt es ein von der Kommission geprüftes Vignettenmodell?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ich habe keinen Anlass, an den Aussagen von Dr. Peter Ramsauer zu zweifeln.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Gibt es zu dieser Frage Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Ich rufe Frage 4 der Abgeordneten Dr. Wilms auf: Inwiefern ist es Absicht der Bundesregierung, zukünftig - nach Einführung einer Maut für Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw - Fahrzeuge zwischen 2,8 und 12 Tonnen weiterhin von einer Maut auszunehmen, da die Lkw-Maut erst ab 12 Tonnen erhoben wird, und welche Effekte erwartet die Bundesregierung von einer solchen generellen Mautbefreiung? Frau Staatssekretärin Bär beantwortet diese Frage.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Frau Kollegin, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Der Koalitionsvertrag enthält die Aussage, dass die Lkw-Maut weiterentwickelt werden soll. Die Tonnage wird in diesem Zusammenhang als ein möglicher Orientierungspunkt genannt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie eine Nachfrage, Frau Dr. Wilms? - Bitte.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn ich mir diese CSU-Maut anschaue ({0}) - das CSU-Pickerl -, stelle ich fest, dass die Maut für Fahrzeuge bis 2,8 Tonnen gelten soll. Für Lkw ab 12 Tonnen soll die bisherige Mautregelung gelten, wobei diese Gebühr vom Unternehmen Toll Collect eingesammelt wird. Für Fahrzeuge zwischen 2,8 und 12 Tonnen gäbe es im Prinzip nichts, was in irgendeiner Form einer Nutzermitfinanzierung entspräche. Warum sollen die Halter von Fahrzeugen zwischen 2,8 und 12 Tonnen, insbesondere von Omnibussen, nicht wie die Halter aller anderen Fahrzeuge zur Finanzierung der Straßen beitragen, sich also an den Kosten zur Deckung des Verschleißes, den sie erzeugen, beteiligen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ich kann Ihnen nochmals sagen, dass wir an einem neuen Modell arbeiten. Ich kann aus dem Koalitionsvertrag zitieren: Die LKW-Maut wird - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des neuen Wegekostengutachtens - weiterentwickelt. Orientierungspunkte hierbei können sein: die Tonnage, das Netz, externe Kosten. Wir stellen sicher, dass die Netto-Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung ohne Abstriche in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Dr. Wilms?

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Aber gerne, Herr Präsident.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Bitte.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn ich das interpretiere, was Sie mir eben gesagt haben, dann nehmen Sie es also sehenden Auges in Kauf, dass die Lücke zwischen 2,8 und 12 Tonnen, die wir jetzt schon haben, auch weiterhin genutzt wird, dass wir es also mit einem noch größeren Verdrängungswettbewerb in diesem Bereich zu tun haben werden. Insofern noch eine ganz gezielte Nachfrage - da würde ich gerne um eine Antwort bitten -: Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Fahrzeuge zwischen 2,8 und 12 Tonnen die Straßen nicht ebenfalls verschleißen, genauso wie alle anderen Pkw und Lkw? Glaubt man, dass diese Fahrzeuge irgendwie über den Straßen schweben und daher keinen Schaden anrichten? Wie sieht das die Bundesregierung?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir auch die LkwMaut weiterentwickeln wollen. Selbstverständlich wird alles, was sich auf einer Straße bewegt, eine Straße auch verschleißen, selbst hochhackige Schuhe. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Kollege Behrens, Fraktion Die Linke, hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatssekretärin, ich habe die Frage 4 von Frau Dr. Wilms etwas konkreter verstanden, als es in Ihrer Antwort zum Ausdruck kam. Es wurde explizit danach gefragt, welche Effekte Sie erwarten, das heißt, um welche Summen es eigentlich geht, wenn man diesen Teil des Straßenverkehrs nicht berücksichtigt. Daraus ergibt sich meine Frage: Gibt es Berechnungen zur Anzahl und zu den geschätzten Kilometerleistungen dieser Fahrzeuge im Hinblick auf eine mögliche Einbeziehung in die Maut?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Wir sind gerade dabei, die Lkw-Maut weiterzuentwickeln.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Dann sind wir am Ende der Beantwortung der Frage 4. Frage 5 des Abgeordneten Oliver Krischer wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Matthias Gastel, Bündnis 90/Die Grünen, auf: Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass für jeden der bestehenden 17 Steuersätze eine gesonderte Pkw-Maut-Vignette eingeführt werden muss, um keinen Fahrzeughalter in Deutschland stärker zu belasten? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Lieber Herr Gastel, ich darf Ihre Fragen 6 und 7 auch wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Wie ich sehe, ist Herr Gastel damit einverstanden. Dann rufe ich auch Frage 7 des Abgeordneten Matthias Gastel auf: Inwiefern sind die Meldungen aus dem Magazin Der Spiegel Nr. 2/2014 - „Maut-Bonus für Kleinwagen“ - zutreffend, dass es einen Ökobonus innerhalb der Pkw-Maut für schadstoffarme Fahrzeuge geben soll und dass es neben diesem Mautrabatt eine Senkung der Kfz-Steuer für Fahrzeuge geben soll, deren Halter heute weniger Kfz-Steuer zahlen, als eine Vignette kosten soll?

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Konzept zur Einführung einer mit EU-Recht in Einklang stehenden Pkw-Maut. Nach den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßgaben über spezifische Ausgestaltungsmerkmale kann ich derzeit noch keine Aussagen machen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Da die Fragen 6 und 7 zusammen beantwortet wurden, haben Sie vier Nachfragen, Herr Gastel - was Sie nicht ausschöpfen müssen; das ist klar.

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie haben mich gerade noch rechtzeitig darauf hingewiesen, Herr Präsident.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Gut. - Ihre erste Nachfrage.

Matthias Gastel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004278, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Auch wenn Sie gerade sehr vage geblieben sind, Frau Staatssekretärin, versuche ich trotzdem, noch ein paar Dinge herauszufinden. Von wie vielen Vignetten, die aufgrund der verschiedenen Steuersätze bei der heutigen Kfz-Steuer notwendig sind, gehen Sie für die Zukunft aus?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Wir werden die Pkw-Maut in Einklang mit dem EURecht auf den Weg bringen. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Nachfrage, Herr Kollege Gastel? - Das ist nicht der Fall. Danke schön. Gibt es zu den Fragen 6 oder 7 von einem anderen Mitglied des Hauses Nachfragen? - Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur Frage 8 des Abgeordneten Stephan Kühn ({0}), Bündnis 90/Die Grünen: Wie soll gewährleistet werden, dass jedem Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw der Erwerb einer seinem Fahrzeugtyp entsprechenden Vignette ermöglicht wird, und inwiefern ist vorgesehen, ein neues Vertriebssystem hierfür aufzubauen? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Lieber Herr Kollege Kühn, ich darf auch die Fragen 8 und 9 im Zusammenhang beantworten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Dann rufe ich auch die Frage 9 des Abgeordneten Stephan Kühn auf: Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, damit bei Einführung der Pkw-Maut kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute, und wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass ein Fahrzeughalter in Deutschland nicht selbst aktiv werden muss, um die gezahlte Pkw-Maut erstattet zu bekommen?

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Konzept zur Einführung einer mit dem EU-Recht in Einklang stehenden Pkw-Maut ({0}) nach den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßgaben. Über spezifische Ausgestaltungsmerkmale kann ich derzeit noch keine Angaben machen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Eine Nachfrage des Kollegen Kühn.

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die präzise Auskunft. ({0}) Ich nehme einmal Bezug auf eine Sitzung, auf der wir heute gemeinsam waren, nämlich auf die Sitzung zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, an der der ehemalige Bundesverkehrsminister Bodewig und der ehemalige Landesverkehrsminister Daehre teilgenommen haben. Da ist auch zum Thema „Pkw-Maut für Ausländer“ gefragt worden. Zu der Frage „Kann man da eigentlich in relevanter Höhe Zusatzeinnahmen für die Infrastruktur gewinnen?“ wurde auf den Aspekt hingewiesen - da geht es um die Frage des demografischen Wandels -, dass immer mehr Fahrzeughalterinnen und -halter, gerade ältere Menschen, immer kürzere Wege zurücklegen und gerade die Autobahnen meiden, also eher auf Landstraßen und nachgeordnete Straßen ausweichen, also von da sozusagen keine Einnahmen generiert werden können. Durch den Verlagerungsverkehr werden sich die Einnahmen aus einer möglichen Pkw-Maut für Ausländer reduzieren. Wie ist das in den Gutachten, die Ihrem Hause vorliegen, berücksichtigt worden, und wie kalkulieren Sie diesen Aspekt bei der Frage ein, in welcher Höhe man zusätzliche Einnahmen aus der Pkw-Maut für Ausländer generieren kann?

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ich gebe Ihnen recht: Das war heute ein interessantes Expertengespräch im Ausschuss. Selbstverständlich werden die Ergebnisse der Daehre- und der BodewigKommission Eingang finden.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie weitere Fragen, Kollege Kühn? Vizepräsident Peter Hintze ({0})

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, die habe ich. - Bei dem, was Sie schon mehrfach vorgetragen haben und was auch Ihr Minister vorgetragen hat, ging es darum, dass die deutschen Fahrzeughalter nicht nur keine zusätzlichen Ausgaben, sondern auch keinen zusätzlichen Aufwand haben sollen. Insofern ist die Frage, wie die Rückerstattung der Kosten der Vignette - damit das Ganze für die deutschen Fahrzeughalter kostenneutral ist - gestaltet werden soll, damit kein zeitlicher oder sonstiger Aufwand entsteht. Welche Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung, wie man das - neben der Frage Europarecht - operativ ausgestaltet?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Auch mit Blick auf den zuständigen Staatsminister im Kanzleramt ist es für uns natürlich wichtig, dass wir das Ganze auch möglichst bürokratiearm ausgestalten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Kollege Kühn, haben Sie eine weitere Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Gibt es sonst noch Nachfragen? - Frau Dr. Wilms, eine Nachfrage.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte jetzt, wo wir uns langsam dem Vignettensystem annähern, doch etwas genauer werden. ({0}) Welchen Zeitraum veranschlagt die Bundesregierung eigentlich für den Aufbau eines Vertriebssystems? Sie müssen dafür ja eine ganze Reihe von Punkten prüfen. Sie wollen verschiedene Klassen bilden, je nach Schadstoffausstoß. Sie müssen relativ intensive Prüfungsverfahren durchführen, bevor Sie die Vignette aushändigen können. Welche Kosten werden dafür erwartet? Ist schon untersucht worden, ob das ganze Vorhaben angesichts dessen überhaupt noch wirtschaftlich ist oder ob nachher die Kosten für die Durchführung höher sind als die tatsächlichen Einnahmen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Liebe Frau Kollegin, Sie machen das sehr geschickt, aber ich möchte für das Protokoll festhalten, dass ich persönlich das Wort „Vignette“ heute noch nicht in den Mund genommen habe - außer gerade eben. Sie können sich sicher sein, dass wir, was die Ausgestaltung betrifft, auch Ihre Überlegungen selbstverständlich im Hinterkopf haben.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Keine weiteren Nachfragen? - Doch. Bitte schön, Herr Kollege.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatssekretärin, die angekündigte Komplexität einer möglichen Ausländermaut macht es schon erforderlich, dass Sie gründlich arbeiten. Insofern habe ich Nachsicht, dass Sie sich darauf zurückziehen müssen, dass Sie noch an einem Konzept arbeiten. Aber auch ein Konzepterarbeitungsprozess ist immer von bestimmten Zwischenschritten geprägt. Ich vermute einmal, Ihr Ministerium arbeitet ähnlich, hoffe ich zumindest. Es muss doch so sein, dass Sie die unterschiedlichen Einwände, die Sie bislang bekommen haben, nämlich zu der Frage, was möglicherweise zulässig ist und was möglicherweise nicht zulässig ist, zumindest zwischengeprüft haben. Darauf zielte, glaube ich, auch die Frage, inwieweit eine europarechtskonforme Vignettenlösung überhaupt schon einmal auf Ihrem Tisch gelegen hat und mit welchem Ergebnis sie geprüft wurde.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Alle Vorschläge, die ins Haus kommen, werden selbstverständlich auch geprüft, und dann soll eine EUkonforme Pkw-Maut erarbeitet werden.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Ich sehe keine weitere Nachfrage zu diesem Komplex. Dann kommen wir zur Frage 10 des Abgeordneten Markus Tressel, Bündnis 90/Die Grünen: Wie versteht die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Seite 8 zu findende Versprechen „ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher als heute zu belasten“ unter dem möglichen Effekt der Einführung einer Vignette in unseren Nachbarstaaten, und inwiefern gibt es Abschätzungen, welche Kosten auf Fahrzeughalter von in Deutschland zugelassenen Pkw zukommen, wenn die Nachbarstaaten eine vergleichbare Maut einführen? Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Entschuldigung, ich habe bei Frage 10 einen anderen Kollegen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Wenn sich die Frage inhaltlich deckt, wäre das ja vielleicht verkraftbar.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Das weiß ich nicht, ob sich das inhaltlich deckt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Frage 10 lautet: „Wie versteht die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Seite 8 zu findende Versprechen …“

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ja. Dann ist es nur der falsche Kollege.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nein, das ist der richtige Kollege. Aber Sie haben den falschen Namen auf dem Zettel.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Und die falsche Fraktion. Aber ich beantworte die Frage. ({0}) Es tut mir leid.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin, ich bitte, das Parlament nicht zu irritieren. Jetzt beantworten Sie die Frage 10.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Die Antwort lautet: Die Aussage im Koalitionsvertrag, keinen Fahrzeughalter in Deutschland stärker zu belasten als heute, bezieht sich ausschließlich auf die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Bundesfernstraßen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Kollege Tressel, haben Sie eine Nachfrage?

Markus Tressel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004178, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Selbstverständlich, auch wenn ich nach dem bisherigen Verlauf der Fragestunde keine Hoffnung auf eine gute Antwort habe. - Ich gehe davon aus, dass Sie das schon mit ins Kalkül gezogen haben. Nordrhein-Westfalen grenzt an Belgien und Luxemburg; Ähnliches gilt für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Insofern wäre es, glaube ich, klug gewesen, mit ins Kalkül zu ziehen, dass die dortigen Regierungen sich animiert fühlen könnten, eine vergleichbare Maut einzuführen. Deswegen frage ich Sie: Welche Rolle spielen solche möglichen negativen Folgen bei den politischen Entscheidungen hinsichtlich der Einführung einer Vignette, und welche Risikoabschätzung haben Sie da vorgenommen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Lieber Herr Kollege Tressel, wir haben in den folgenden Nachbarländern eine Pkw-Maut: in Frankreich eine streckenbezogene Maut sowie eine Sondermaut, in Österreich eine Vignettenpflicht und eine Sondermaut, in der Schweiz eine Vignettenpflicht und eine Sondermaut, in der Tschechischen Republik eine Vignettenpflicht, in Belgien eine Sondermaut, in Dänemark eine Sondermaut, in den Niederlanden eine Sondermaut und in Polen eine örtliche Mautpflicht und eine streckenbezogene Maut. Bezüglich der anderen Länder, die Sie angesprochen haben, wären nur Spekulationen möglich, und deshalb kann sich die Bundesregierung nicht dazu äußern.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Kollege Tressel? - Keine weitere Nachfrage. Gibt es sonst noch Nachfragen? - Kollege Behrens und Frau Dr. Wilms haben jeweils eine Nachfrage. Erst einmal Kollege Behrens, Fraktion Die Linke. Bitte schön.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatssekretärin, haben Sie bei der Recherche zu der Frage, wo überall es eine Pkw-Maut gibt, auch untersucht, inwieweit es ein mit Ihren Planungen vergleichbares System gibt, nämlich eine Unterscheidung zwischen ausländischen Fahrzeugführern und inländischen Fahrzeugführern, und wenn ja, in welchen Ländern gibt es ein solches Modell?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Wir haben jetzt erst einmal die Aufgabe, in Deutschland eine Maut so einzuführen, wie wir es auf der Basis unseres Koalitionsvertrages und des EU-Rechts für richtig erachten, und das wird auch sehr zeitnah geschehen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Die nächste Frage hat Frau Kollegin Dr. Wilms.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Aussage eben hat mich echt erstaunt. Ich bin öfter in Dänemark, weil ich dort mit den Nordschleswigern, also den Deutschen in Dänemark, zu tun habe. Für die Nutzung der dortigen Autobahnen habe ich noch keine Maut bezahlt. Das Gleiche gilt für Belgien. Sie sagen aber, da gebe es angeblich eine Maut. Das ist sehr erstaunlich. Meine Frage: Es gibt ja zum Beispiel Pendler, die in der Nähe von Aachen hinter der deutschen Grenze wohnen und nach Deutschland pendeln bzw. umgekehrt. Inwiefern haben Sie mit den angrenzenden Staaten schon ernsthaft Kontakt aufgenommen, um überhaupt einmal über ein solches Thema zu sprechen?

Dorothee Mantel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003586, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Liebe Frau Kollegin, ich habe von einer Sondermaut in Dänemark und Belgien gesprochen. Diese bezieht sich in Belgien auf einen bestimmten Tunnel und in Dänemark auf Tunnel und Brücken. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank. - Gibt es zur Frage 10 weitere Nachfragen? - Die gibt es nicht. Dann kommen wir zur Bahn. Ich rufe Frage 11 des Abgeordneten Dr. André Hahn, die Linke, auf: Wie viele Stellen bzw. Kilometer des Schienennetzes in Deutschland sind nach Kenntnis der Bundesregierung in einem dringend renovierungsbedürftigen Zustand, und was tut die Bundesregierung in der 18. Wahlperiode, um das Bahnnetz instand zu halten? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Frage 11, lieber Herr Kollege Dr. Hahn, beantworte ich wie folgt: Dem Bund obliegt nach Art. 87 e Abs. 4 Grundgesetz die Verantwortung für Ausbau und Erhaltung des Schienennetzes der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes. Eigentümer der Schieneninfrastruktur sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes. Zur Finanzierung von Ersatzinvestitionen in das bestehende Netz haben der Bund und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 2009 die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die LuFV I, abgeschlossen. In dieser wird die bisherige Inputkontrolle durch eine Outputkontrolle ersetzt. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben sich in der LuFV als Gegenleistung für den jährlichen Infrastrukturbeitrag des Bundes in Höhe von 2,5 Milliarden Euro sanktionsbewehrt zur Einhaltung der vereinbarten Netzqualität, die mit Qualitätskennzahlen gemessen wird, sowie zur Leistung eines bestimmten Ersatzinvestitionsvolumens und eines bestimmten Instandhaltungsbeitrages verpflichtet. Im Gegenzug erhalten sie durch die fünfjährige Laufzeit der LuFV Planungs- und Investitionssicherheit über einen längerfristigen Zeitraum und können selbst über ihre Investitionstätigkeiten und Schwerpunkte im Bestandsnetz entscheiden. Über den konkreten Zustand des Netzes berichten sie jährlich in einem Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht, der veröffentlicht wird. Die Laufzeit der LuFV wurde am 6. September 2013 um zwei Jahre, längstens bis 2015, verlängert. In den Jahren 2013 und 2014 ist die LuFV jeweils mit 2,75 Milliarden Euro an Bundesmitteln ausgestattet. Bund und Bahn verhandeln derzeit über eine Nachfolgevereinbarung, die sogenannte LuFV II.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Kollege Dr. Hahn mit einer Nachfrage. Bitte schön.

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Staatssekretärin, dem Verkehrsausschuss des Bundestages wurde im September 2012 ein Bericht des Bundesrechnungshofes zum Zustand des Schienennetzes vorgelegt. Ich habe nach dem gegenwärtigen Zustand gefragt. In dem genannten Bericht des Rechnungshofes heißt es auf Seite 21: Der Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht, IZB, - den haben Sie eben angesprochen blendet einen Teil der Infrastrukturmängel systematisch aus. So werden insbesondere Langsamfahrstellen und vollständige Streckensperrungen nicht erfasst, wenn sie höchstens 180 Tage bestanden haben. Das heißt, in der Statistik tauchen sie nur dann auf, wenn sie länger als sechs Monate existiert haben. Weiter heißt es in dem Bericht: Das Bundesministerium hat die vom Parlament geforderte Transparenz des Infrastrukturzustandes herzustellen. Deshalb frage ich Sie: Was hat die Bundesregierung bislang getan, um den vom Bundesrechnungshof benannten Missstand zu beheben?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ihre Anmerkungen sind interessant und werden sicherlich in die Nachfolgevereinbarung von Bund und Bahn aufgenommen werden.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Kollege Dr. Hahn, haben Sie noch eine Nachfrage?

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Es ist etwas schwierig. Herr Präsident, es gehört zum Respekt gegenüber dem Parlament, die Fragen, die gewählte Abgeordnete stellen, auch sachgerecht zu beantworten. ({0}) Die Frage lautete: Was hat die Bundesregierung seit diesem Bericht getan? Auf diese Frage hat die Staatssekretärin leider nicht geantwortet. ({1})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Herr Behrens hat sich gemeldet, dann Frau Dr. Wilms.

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sie haben gesagt, dass Sie derzeit keine Kenntnisse darüber haben und in der LuFV vereinbart ist, was die Bahn renoviert und was nicht. Gleichwohl hat der Verkehrsminister offenbar festgestellt, dass es bestimmte Aussagen der Bahn gibt, die nicht zutreffend sind. Daraufhin hat Herr Dobrindt gesagt: Dann ist es offenbar notwendig, sich nicht nur auf die Prüfergebnisse der Bahn zu verlassen, sondern selber Testfahrten zu unternehmen. - Ich gehe davon aus, dass der Bundesminister das nicht nur aus Jux und Tollerei gemacht hat, sondern weil ihm entsprechende Erkenntnisse zugetragen worden sind. Können Sie zu diesen Erkenntnissen etwas sagen? Wo sind tatsächlich schwere Mängel oder zumindest Mängel aufgetreten, die ihn zu dieser Entscheidung gebracht haben?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass der Bundesminister die Ankündigung, die er gemacht hat, auch umsetzen wird.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Eine Nachfrage von Frau Dr. Wilms, Bündnis 90/Die Grünen. - Bitte schön.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, es ist eben schon einmal darauf hingewiesen worden, wie man mit der Beantwortung von Fragen umgehen sollte. Das, was wir eben gehört haben, war ein bisschen wenig. Wir haben Ihren Äußerungen entnommen, dass diese Testfahrten jetzt tatsächlich stattfinden, dass der erste Zug, mit dem die Bundesregierung den Zustand der Schienen prüfen und erfassen lassen möchte, in Gang gesetzt worden ist. Wenn Sie das jetzt schon machen, also der DB AG im Hinblick auf die LuFV misstrauen - die Schlussfolgerung daraus ist ja mehr oder weniger, dass uns die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes mit dem Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht etwas vorlegen, das vielleicht doch nicht so ganz zutreffend ist -, dann frage ich mich: Wie gehen Sie eigentlich mit dem Problem um, dass wir, wie der Bahnchef, Herr Grube, sagt, bei den Brücken einen ganz hohen Investitionsbedarf haben und es soundso viele Brücken gibt - die genaue Zahl habe ich jetzt nicht im Kopf -, die erneuerungs- oder nachbesserungsbedürftig sind? Wollen Sie da jetzt auch noch ein entsprechendes Brückenüberprüfungsprogramm vonseiten des Bundes in Gang setzen? Dann hätten wir mit der Fortschreibung der LuFV, wie sie bisher vorgesehen ist, wenig Erfolg.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Sie können sich sicher sein, dass diese Fragen sehr ernst genommen werden. Das ist auch der Grund, warum es dem Minister wichtig war, selber Nachforschungen anzustellen. Das gilt nicht nur für den Schienenbereich, sondern selbstverständlich auch für den Brückenbereich. Der Minister hat darüber hinaus angekündigt, dass er sich, auch was die digitale Infrastruktur betrifft, mehr Engagement bei der DB AG wünscht.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Es gibt jetzt keine weiteren Nachfragen zu Frage 11. Dann kommen wir zur Frage 12 des Abgeordneten Dr. André Hahn, die Linke: Wie viele Städte in Deutschland sind nach Kenntnis der Bundesregierung vom Schienenverkehr abgekoppelt, und welche Auswirkungen hat dies für die Mobilität der Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Herr Kollege, Frage 12 beantworte ich wie folgt: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, welche Städte nicht durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen bedient werden. Im Übrigen darf ich auf die Entscheidungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von Bund, Deutscher Bahn AG und Ländern infolge der Bahnreform sowie zur Stärkung des parlamentarischen Fragerechts, Drucksache 16/8467 vom 10. März 2008, verweisen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Eine Nachfrage von Herrn Kollegen Dr. Hahn.

Dr. André Hahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004288, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, ich denke, die Bundesregierung wird doch Kenntnis vom Streckennetz haben. Die entsprechenden Informationen stehen ja auch über den Aufsichtsrat der DB AG zur Verfügung. Auch der von Ihnen genannte Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses setzt nicht außer Kraft, dass die Bundesregierung auf solche Fragen Auskunft geben kann und aus meiner Sicht auch geben muss. Ich möchte deshalb konkret nachfragen: Wie viele Städte in Deutschland mit mehr als 10 000 Einwohnern - und welche ganz konkret - sind derzeit vom Schienenverkehr abgekoppelt? Ich bitte um eine genaue Auflistung und wäre deshalb auch mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden. Aber ich bitte Sie einfach, sich kundig zu machen und dem Parlament die Auskunft zu geben.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatssekretärin.

Dorothee Mantel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003586

Dann wird es schriftlich beantwortet.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Frage wird schriftlich beantwortet. Nachfragen gibt es hierzu nicht. Dann haben wir den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gut bewältigt. Die Staatssekretärin hat die erste Fragestunde gut überstanden. ({0}) Es ist heute ihr Hochzeitstag. Deswegen wollen wir ihr dazu gratulieren und ihr wünschen, dass der Rest des Tages gut verläuft. ({1}) Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Die Fragen 13 und 14 der Kollegin Baerbock sowie Frage 15 der Kollegin Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet. Wir kommen deshalb direkt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Uwe Beckmeyer zur Verfügung. Die Frage 16 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 17 der Abgeordneten Veronika Bellmann, CDU/CSU: Welche Auswirkungen für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen hat nach Auffassung der Bundesregierung das vom Europäischen Parlament am 15. Januar 2014 beschlossene Richtlinienpaket zur Modernisierung des EU-Vergaberechts für die Bundesländer, die die Vergütung der Dienstleistungserbringer und die entsprechende Vergabe nicht durch das „Konzessionsmodell“, sondern durch das „Submissionsmodell“ durchführen? Herr Staatssekretär, bitte.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Sehr verehrte Frau Bellmann, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen an gemeinnützige Organisationen fällt nach den neuen EU-Vergaberichtlinien nicht in den Anwendungsbereich der EU-Richtlinien. Dies betrifft sowohl das Konzessionsmodell als auch das Submissionsmodell. Die EU-Vergaberichtlinien finden insofern keine Anwendung. Ist die Vergabe für den Binnenmarkt relevant, muss sich das Vergabeverfahren aber an Grundsätzen des EUPrimärrechtes - Transparenzgebot, Gebot der Nichtdiskriminierung, Gebot der Verhältnismäßigkeit - ausrichten. Dagegen wird der Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung und die Vergabe an nichtgemeinnützige Organisationen von den neuen EU-Richtlinien erfasst. Für diese Vergaben greift ein vereinfachtes Verfahren, sofern der relevante Schwellenwert überschritten wird. Die Einheiten sind im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinien in nationales Recht festzulegen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nachfrage, Frau Kollegin Bellmann?

Veronika Bellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003501, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe noch zwei Nachfragen. - Es ist natürlich zu begrüßen, dass anhand dieses Richtlinienpakets der Sinn und Unsinn der Liberalisierung, von Wettbewerbsregeln und des Binnenmarktes im Zusammenhang mit den Prinzipien der Daseinsvorsorge in den einzelnen Mitgliedstaaten diskutiert worden ist und auch im Hinblick auf die Subsidiarität entsprechende Schlussfolgerungen gezogen wurden. Nun wissen wir, dass das Europäische Parlament dieses Richtlinienpaket beschlossen hat. Die EU-Kommission muss noch ein Wörtchen dazu sagen, und - Sie haben es angesprochen - die Umsetzung in nationales Recht wird noch erfolgen. Das dauert in der Regel zwei Jahre. Meine erste Frage lautet daher: Wann ist damit zu rechnen, dass wir hier in der Bundesrepublik damit beginnen, die Umsetzung in nationales Recht vorzunehmen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Kollegin, Sie haben es eben ausgeführt: Das Europäische Parlament hat die EU-Richtlinien am 15. Januar dieses Jahres verabschiedet. Der Rat hat die Richtlinien am 11. Februar 2014 beschlossen. Die Umsetzungsfrist beläuft sich auf zwei Jahre nach Inkrafttreten. Die Richtlinien werden voraussichtlich im März 2014 in Kraft treten. Das BMWi wird als federführendes Ministerium innerhalb der Bundesregierung Vorschläge für die Umsetzung des Richtlinienpaketes in das nationale Vergaberecht erarbeiten. Bei der Frage der Bereichsausnahme für Rettungsdienste handelt es sich um eine wesentliche Frage, deren Umsetzung der Bundesgesetzgeber selbst in die Hand nehmen sollte. Daher ist eine Umsetzung im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geplant.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Weitere Nachfrage, Frau Kollegin Bellmann?

Veronika Bellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003501, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Raten Sie den Kommunen bzw. den Landkreisen, die sich bereits im Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren befinden, das Verfahren auszusetzen, bis die Umsetzung in nationales Recht stattgefunden hat, oder ist den Kommunen anzuraten, das Verfahren nach bisherigem Recht und Gesetz weiterzuführen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Gestatten Sie mir, dass ich darauf persönlich antworte: Ich würde das nicht aussetzen, sondern im weiteren Verfahren anpassen. Ich glaube, das ist die sinnvollere Vorgehensweise.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Weitere Nachfragen liegen dazu nicht vor. Ich rufe die Fragen 18 und 19 des Kollegen Dieter Janecek, Bündnis 90/Die Grünen, auf: Wie gewährleistet die Bundesregierung in persona des Bundesministers Sigmar Gabriel bei der neu zu besetzenden Stelle des Abteilungsleiters der Industriepolitikabteilung des Bundeswirtschaftsministeriums - Abteilung IV -, dass die ökologische Ausrichtung der Industriepolitik im Sinne eines Wandels hin zu konsequenter Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit Vorrang erhält, und welche konkreten Maßnahmen sollen von der Abteilung in diesem Sinne im ersten Halbjahr 2014 ergriffen werden? Welchen Inhalt hatten die entsprechenden Maßnahmen, die die Bundesregierung in persona des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, in Brüssel ergriffen hat, damit die Verhandlungen des Freihandelsabkommens zwischen den USA und der Europäischen Union so schnell wie möglich vorankommen, für die sich der Abgeordnete Dr. Michael Fuchs in seiner Plenarrede ({0}) beim Bundesminister bedankt, und wie sind diese Maßnahmen ausgestaltet, sodass ein schneller Abschluss des Abkommens unter Beibehaltung der europäischen Ökologie-, Verbraucher- und Sozialstandards forciert wird?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Lieber Herr Janecek, die Bundesregierung setzt sich für eine zügige Verhandlung des Abkommens ein, insbesondere in den dafür vorgesehenen Gremien in Brüssel, etwa im Handelspolitischen Ausschuss. Daneben steht das Ministerium in engem Kontakt mit der Europäischen Kommission, um die Verhandlungen auch im Sinne der Wahrung der sogenannten Schutzstandards voranzutreiben.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Herr Kollege Janecek, bitte.

Dieter Janecek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004312, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich glaube, Sie haben jetzt die Frage 19 beantwortet.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Das ist mir auch schon aufgefallen.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Ich bitte um Entschuldigung.

Dieter Janecek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004312, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir können das aber gerne umdrehen: Ich stelle Ihnen eine Nachfrage zu Frage 19, und danach beantworten Sie die Frage 18. Zu meiner Nachfrage. Herr Gabriel hat sich für ein erfolgreiches Freihandelsabkommen, TTIP, eingesetzt. Dazu gab es widersprüchliche Aussagen, insbesondere aus dem Bundesumweltministerium. Was konkret beinhaltet dieser Einsatz für ein erfolgreiches Freihandelsabkommen, den Herr Dr. Fuchs so gelobt hat?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Lassen Sie es mich so formulieren: In Bezug auf TTIP ist festzustellen, dass seitens der Bundesregierung im vergangenen Jahr, 2013, umfangreich informiert worden ist und in diesem Zusammenhang auch klargestellt wurde, in welcher Art und Weise Informationen seitens der Europäischen Union über die Bundesregierung in Richtung des Parlamentes geflossen sind. Dazu gibt es diverse Beispiele. Sie wissen auch aufgrund der zu Beginn dieser Woche durchgeführten Anhörung, dass die Dokumentation betreffend TTIP sehr umfassend ist, auch bei der Dokumentationsabteilung des Deutschen Bundestages. Sie können dort in sämtlichen Unterlagen, auch in sämtlichen Kabelberichten nachlesen. Sie haben einen umfassenden Eindruck gewinnen können. Ich kann Ihnen das alles in Form einer Übersicht noch einmal schriftlich zur Verfügung stellen, damit Sie sehen können, welche verschiedenen Informationen seit Beginn des letzten Jahres, seit 2013, gegeben worden sind. Ich würde Ihnen das gerne schriftlich übermitteln.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Gibt es zu Frage 19 noch eine Nachfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zurück zu Frage 18. Darin fragt der Kollege Dieter Janecek, Bündnis 90/Die Grünen, nach der Besetzung der Leitung der Abteilung Industriepolitik im BMWi. - Herr Staatssekretär, wir bitten um Ihre Antwort zu Frage 18.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Bundesminister Sigmar Gabriel hat in seinem Begleitschreiben zur Einleitung der Ressortabstimmung zum Jahreswirtschaftsbericht 2014 einige wirtschaftspolitische Zielvorstellungen kommuniziert. Er führte unParl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer ter anderem aus, dass es um ein Industriemodell geht, das auf Nachhaltigkeit, Energie- und Ressourceneffizienz ausgerichtet ist. Die von Bundesminister Gabriel kommunizierten Zielvorstellungen werden bei allen personalpolitischen Entscheidungen mitbedacht. Mit Wirkung vom 1. Februar 2014 wurde Herr Ministerialdirektor Dr. Sven Halldorn zum Leiter der Abteilung IV, Industriepolitik, bestellt. Herr Dr. Halldorn verfügt über langjährige Erfahrung im Verbände- und Verwaltungsbereich. Er hat als Leiter der Technologieabteilung fachliche und Führungsqualität bewiesen, die er nun nach Zusammenlegung des Bereichs Industriepolitik mit Teilen des Bereichs Technologiepolitik in seine neue Aufgabe als Leiter der industriepolitischen Abteilung einbringen wird. Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend dem heute veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht 2014 setzt die Bundesregierung darauf, die gesellschaftliche Akzeptanz, das innovative Potenzial und die besonderen Kernkompetenzen der deutschen Industrie zu fördern und zu entwickeln. Sie tragen nicht zuletzt maßgeblich dazu bei, die großen Herausforderungen, unter anderem der Energiewende, des Klimaschutzes, der Ressourceneffizienz, der Gesundheitsversorgung, der globalen Kommunikation und der zunehmenden Mobilität der Menschen und des Wachsens der Warenströme zu meistern. Die Bundesregierung wird deshalb die Hightech-Strategie zu einer umfassenden, ressortübergreifenden Innovationsstrategie weiterentwickeln und ausbauen. Dabei werden auch Deutschlands industrielle Kernkompetenzen einbezogen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Nachfragen vom Kollegen Janecek? Das ist nicht der Fall. Sonstige Nachfragen gibt es auch nicht. Ich rufe die Frage 20 der Abgeordneten Katharina Dröge, Bündnis 90/Die Grünen, auf: Wenn der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Meinung ist, dass es im Rahmen der geplanten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft, TTIP, „keinerlei Standardabsenkungen bei Löhnen, Kultur und sozialen Sicherungssystemen geben“ darf ({0}), teilt die Bundesregierung dann dennoch die Einschätzung der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, wonach eine Investitionsschutzklausel als Teil der TTIP „die Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung, hundert Jahren Frauenbewegung und 50 Jahren Umweltbewegung mit einem Federstrich zerstören“ würde, und, falls ja, was plant die Bundesregierung zu unternehmen, um dies zu verhindern ({1})? Herr Staatssekretär, bitte.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Kollegin Frau Dröge, die Position der Bundesregierung zur Einbeziehung des Investitionsschutzes und von Investor-Staat-Schiedsverfahren in TTIP ist bekannt und mehrfach gegenüber dem Bundestag dargelegt worden. Danach gehört Investitionsschutz in den Verhandlungen über TTIP nicht zu den offensiv vertretenen Interessen der Bundesregierung, da die USA hinreichend Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewähren und US-Investoren in Deutschland hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten vor nationalen Gerichten besitzen. Dies hat die Bundesregierung auch wiederholt gegenüber der Europäischen Kommission zum Ausdruck gebracht. Besorgnisse über grundlegende Veränderungen der Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in Europa durch die transatlantischen Verhandlungen sind unbegründet. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme von Investitionsschutzbestimmungen und Investor-Staat-Schiedsverfahren in das Abkommen wird nach Evaluierung des Verhandlungsergebnisses zum Investitionsschutz durch die Mitgliedstaaten erfolgen.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Kollegin Dröge, noch eine Nachfrage? - Bitte.

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir hatten am Montag den Chefunterhändler der EU, Herrn Bercero, im Wirtschaftsausschuss zu Gast und haben ihm dort auch Fragen zum Investitionsschutzabkommen stellen können. Er hat dargelegt, dass über das Thema Investitionsschutzabkommen weiterhin zwischen der EU und den USA verhandelt wird. Er hat uns gleichzeitig berichtet, dass es im Rahmen bestehender Freihandelsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern durchaus Probleme im Bereich des Investitionsschutzes gibt. Er konnte die Frage, warum der Weg des Investitionsschutzabkommens vor dem Hintergrund realer Probleme mit Investitionsschutzabkommen weiter beschritten wird, aus meiner Sicht nicht befriedigend beantworten. Sie haben ja selber gesagt, dass TTIP am Ende auch von diesem Parlament ratifiziert wird. Deswegen frage ich: Was unternimmt die Bundesregierung, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten Einfluss auf die Europäische Kommission und die Verhandler zu nehmen, dass dieses Investitionsschutzabkommen nicht weiter verhandelt wird?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Wie Sie sicher wissen, ist der gesamte Handelskomplex sehr stark bei der Europäischen Union und der Kommission verortet. Die Nationalstaaten haben in diesem Bereich durchaus ein, ich sage einmal, Mitspracherecht, aber das Führen der Verhandlungen zu diesem Thema ist in erster Linie ein Recht der Kommission; dies ist auch durch die Verträge so bestimmt. Insofern geht es jetzt darum, diese Verhandlungen weiter auch aktiv zu begleiten. Ich habe eben zum Ausdruck gebracht, dass wir uns die Ergebnisse sehr wohl prüfend anschauen werden. Ich habe auch zum Ausdruck gebracht, dass es nicht unser erstes Interesse ist, dass eine solche Klausel bezüglich Investor-Staat-Schiedsverfahren dort aufgenommen wird; denn wir sind der Meinung, dass Rechtsetzung und die rechtsstaatlichen Verfahren so sowohl in den USA als auch hier in Europa ausreichend sind.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Weitere Nachfrage, Frau Kollegin Dröge? - Bitte schön.

Katharina Dröge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004263, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Heißt das, dass die Bundesregierung, wenn wir am Ende hier im Parlament einen Entwurf vorliegen haben, in dem eine solche Investitionsschutzklausel enthalten ist, die keine Sicherung der Standards gewährleisten kann, Nein sagen wird?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Frau Kollegin, grundsätzlich gilt, dass von der Bundesregierung abgeschlossene Investitionsschutzverträge nur solchen Investitionen Schutz einräumen, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Anlagelandes getätigt wurden. Gesetze des Anlagelandes, die den Schutz der Menschenrechte konkretisieren, Sozialund Umweltstandards festlegen oder völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse umsetzen, müssen daher vom Investor eingehalten werden. Kernpunkte des Investitionsschutzes sind der Schutz gegen Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren sowie gegen unverhältnismäßige oder willkürliche Eingriffe in Investitionen oder den Bruch staatlicher Zusagen. Gesetzliche Regelungen können keine Verletzung eines Investitionsschutzvertrages begründen, wenn sie dessen Schutzvorschriften nicht verletzen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Gesetzgebung. Ich mache diese grundsätzlichen Aussagen, weil immer wieder die Furcht artikuliert wird, es sei anders. Weil es eben nicht anders ist, sondern wie von mir eben beschrieben, haben wir, denke ich, eine sehr souveräne und gute Position in diesem Verfahren.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Schönen Dank. - Weitere Nachfragen zur Frage 20 sehe ich nicht. Die Frage 21 des Kollegen Oliver Krischer sowie die Fragen 22 und 23 der Kollegin Dr. Julia Verlinden werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 24 der Kollegin Heike Hänsel, Die Linke: Wie rechtfertigt die Bundesregierung Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien ({0}), obwohl im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD eine „zurückhaltende Rüstungsexportpolitik“ genannt ist? Bitte, Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Kollegin Frau Hänsel, für die Bundesregierung beantworte ich die Frage wie folgt: Die Bundesregierung betreibt eine zurückhaltende und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik, indem Deutschland keine Waffen an Länder liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch Unrechtsregime erhalten keine Waffen, die zu internen Repressionen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden könnten. Zur Exportkreditgarantie des Bundes, den Hermesdeckungen, für die geplante Lieferung von Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien ist zu sagen, dass das Geschäft nach den einschlägigen Kriterien förderungswürdig ist. Der Auftrag trägt in erheblichem Maße zum Erhalt von Arbeitsplätzen an den Standorten der Werft und bei ihren Zulieferern bei. Die positiven Arbeitsplatzeffekte betreffen insbesondere strukturschwache Gebiete. Auch mit Blick auf den Einsatzzweck der Schiffe ergeben sich keine Bedenken gegen die Förderungswürdigkeit. Das saudi-arabische Innenministerium beabsichtigt, Patrouillenboote von einem deutschen Hersteller zu erwerben, um sie zum Schutz seiner Küsten im Roten Meer und Arabischen Golf einzusetzen. Saudi-Arabien benötigt Patrouillenboote, um seine Küstenlinien zu überwachen, Hoheitsgewässer, internationale Seewege, Offshoreöl- und -gasfelder sowie Hafenanlagen zu schützen und Piraterie, Sabotage sowie Terrorismus zu unterbinden. Hierbei handelt es sich um legitime staatliche Aufgaben Saudi-Arabiens, die auch im deutschen Interesse sind. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat aus Gründen der Transparenz Informationen zu diesem hermesgedeckten Geschäft im Internetauftritt des Ministeriums eingestellt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Frau Kollegin Hänsel, eine Nachfrage?

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Herr Präsident. - Es geht hier um die grundsätzliche Frage, ob man ein milliardenschweres Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien abschließen sollte. Saudi-Arabien - da sind wir uns wohl einig - ist eine absolute Monarchie: Es gibt kein Parlament, Parteien sind verboten, von Frauenrechten kann man nicht sprechen. Ich frage mich, wie Sie angesichts der vielen Menschenrechtsdiskurse, die Sie führen - zum Beispiel mit der Ukraine oder mit Russland -, ein milliardenschweres Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien legitimieren wollen. Wie wollen Sie argumentieren, dass Sie dieses Land dadurch nicht politisch aufwerten?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Frau Hänsel, wenn Sie so in diese Region schauen, werden Sie feststellen, dass vor der Küste Somalias, einem zurzeit völlig unregierbaren Land, Piraterie ein beträchtliches Problem darstellt, wodurch die internationalen Seewege massiv beeinträchtigt wurden und beeinträchtigt werden. Wir, die NATO, aber auch andere Länder dieser Welt haben daraufhin in größerem Stile Fregatten und anderes Kriegsgerät dorthin geschickt. Ich glaube, einen weiteren Einsatz dieser Größenordnung kann kein Mitglied der internationalen Gemeinschaft in diesem Bereich leisten. Insofern müssen wir hier feststellen: Saudi-Arabien ist ein souveräner Staat, der mit den Patrouillenbooten, die angeschafft werden sollen, seine Küsten schützen möchte, um Piraterie und Terrorismus dort Einhalt zu gebieten. Das ist die aktuelle Situation. Daher glaube ich, dass man diesen Rüstungsexport vertreten kann.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Noch eine Nachfrage, Frau Kollegin Hänsel? - Bitte schön.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Wenn es jetzt um die Bekämpfung von Piraterie geht, dann sind wir schon bei einer militärischen Auseinandersetzung - weil Sie sagten, es sei ja in dem Sinne kein Rüstungsexport zum Zwecke einer militärischen Anwendung. Mit diesem Rüstungsexport stärken Sie Saudi-Arabien politisch; so ist das mit Militärgeschäften. Sie haben gerade eben auch gesagt, ein Kriterium sei, keine Waffen in Bürgerkriegsregionen zu liefern. Aber es gibt ja auch indirekte Waffenlieferungen, zum Beispiel die Unterstützung von Rebellen in Syrien. SaudiArabien ist ein Player in vielen Konflikten und unterstützt Rebellen und Milizen in anderen Ländern. Daher noch einmal die konkrete Nachfrage: Wie können Sie es verantworten, mit solch einem Land Rüstungsgeschäfte zu machen?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Liebe Frau Hänsel, die Einschätzung, die Sie eben geäußert haben, teile ich persönlich nicht. Diese Geräte, denke ich, werden nicht im syrischen Konflikt eingesetzt, ({0}) sie dienen ausschließlich zur Ausrüstung des Küstenschutzes des souveränen Staates Saudi-Arabien.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Jetzt haben wir eine Nachfrage vom Kollegen Gehrcke, Die Linke, und danach vom Kollegen van Aken, Die Linke. Herr Kollege Gehrcke, bitte.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer ersten Antwort markant formuliert - ich habe mir das mitgeschrieben -: „Unrechtsregime erhalten keine Waffen“. Darf ich daraus im Umkehrschluss folgern, dass die Bundesregierung der Auffassung ist, dass Saudi-Arabien ein Rechtsstaat ist, dass Katar ein Rechtsstaat ist? Ich könnte Ihnen da noch eine ganze Menge Länder aufzählen. Entweder stimmt Ihre Aussage nicht, oder die Haltung der Bundesregierung stimmt nicht. Würden Sie mir das beantworten?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Gerne. Lieber Herr Abgeordneter, ich habe die Antwort wie folgt formuliert: Die Bundesregierung betreibt eine zurückhaltende und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik, indem Deutschland keine Waffen an Länder liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch Unrechtsregime ({0}) erhalten keine Waffen, die zu internen Repressionen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden können. Das war meine Antwort.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Kollege van Aken stellt die nächste Frage.

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Schönen guten Tag, Herr Beckmeyer! Meine erste Frage ist, ob sich auch die neue Bundesregierung an die politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern halten wird, so wie es die letzten zwölf Jahre gewesen ist. In diesen politischen Grundsätzen heißt es wörtlich - mich würde einmal interessieren, ob Sie das als neue Bundesregierung eigentlich genauso unterschreiben würden -: Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern … - in sonstige Länder wird restriktiv gehandhabt. Jetzt kommt es - weil Sie über Arbeitsplätze geredet haben -: Er darf insbesondere nicht zum Aufbau zusätzlicher, exportspezifischer Kapazitäten führen. Sie haben in Ihrer ersten Antwort auf diese Frage lang und breit erklärt, dass der Export dieser Patrouillenboote benötigt wird, weil dadurch Arbeitsplätze insbesondere in Werften geschaffen oder erhalten werden, die sonst möglicherweise dicht machen müssen. Das widerspricht aber den bisherigen politischen Grundsätzen der Bundesregierung. Meine Frage an Sie lautet also: Werfen Sie Ihre Grundsätze über Bord, oder wollen Sie sich tatsächlich daran halten? Im zweiten Fall dürften Sie die Patrouillenboote nicht exportieren.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Staatssekretär.

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Lieber Abgeordneter van Aken, wir halten uns an die Regeln; da gibt es kein Vertun. Das, was Sie Ihrerseits als Interpretation vorgetragen haben, teile ich auch ausdrücklich nicht.

Jan Aken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004001, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Gut. - Ich habe noch eine Nachfrage.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Nein, haben Sie nicht. Da hätten Sie das Wort vorher blitzschnell einer Kollegin oder einem Kollegen geben müssen. Wir sind auch schon ziemlich in Verzug. Ich schließe den Geschäftsbereich Wirtschaft und Energie. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Ich rufe die Frage 25 der Abgeordneten Heike Hänsel auf: Weshalb fordert der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, Sanktionen für Regierungsmitglieder in der Ukraine, während gegenüber der türkischen Regierung trotz massiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten der Taksim-Bewegung mit mindestens fünf Toten im letzten Jahr ({0}) und zahlreicher Korruptionsvorwürfe gegen Regierungsmitglieder Sanktionen kein Thema sind? Zur Beantwortung ist Frau Staatsministerin Dr. Maria Böhmer bei uns. - Frau Dr. Böhmer, Frage 25, bitte.

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Gerne, Herr Präsident. - Frau Kollegin Hänsel, der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, hat keine Sanktionen gegen Regierungsmitglieder in der Ukraine gefordert. Es besteht jedoch aus Sicht der Bundesregierung die Notwendigkeit, gegenüber der ukrainischen Führung entschieden aufzutreten. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesaußenminister in seinem Interview in den Tagesthemen am 3. Februar 2014 die Möglichkeit erwähnt, Sanktionen anzudrohen. Dies entspricht auch der gegenwärtigen Diskussion im Rahmen der Europäischen Union.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Haben Sie dazu eine Nachfrage, Frau Kollegin Hänsel? - Bitte schön.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Herr Präsident. - Die Kanzlerin hat auch Sanktionen in Erwägung gezogen bzw. den Begriff erwähnt. Ich frage mich: Warum wird gegenüber anderen Staaten das Wort „Sanktion“ nicht erwähnt? Ich habe konkret nachgefragt, weswegen zum Beispiel der Türkei, in der jetzt seit über einem Jahr eine Demokratiebewegung brutal unterdrückt wird - ich habe das selbst erlebt, als ich im Gezi-Park war -, nicht Sanktionen angedroht werden. Wir haben mittlerweile sieben tote Demonstranten zu verzeichnen. Die Regierung Erdogan ist von einem extremen Korruptionsfall erschüttert. Viele Regierungsmitglieder sind zurückgetreten. Warum wird in Bezug auf die Türkei nicht in gleicher Weise wie in Bezug auf die Ukraine über Sanktionen gesprochen? Im Gegenteil: Es werden weitere Kapitel für die Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union eröffnet. Wie legitimieren Sie diese Doppelstandards?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin, bitte.

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Frau Kollegin, Sie haben in der Tat in Ihrer Frage einen Zusammenhang hergestellt. Ich habe klar erklärt, dass der Bundesaußenminister keine Sanktionen gefordert hat. Der Zusammenhang, den Sie herstellen wollten, ist daher so nicht gegeben. Deshalb konnte ich darauf nicht eingehen. Ich will Ihnen aber, damit Sie eine Antwort auf Ihre Frage bezüglich der Türkei erhalten, sagen: Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass die für Ende Juni 2013 vorgesehene EU-Beitrittskonferenz extra verschoben wurde. Die Lage in der Türkei ist auch immer wieder angesprochen worden. Wir haben es hier insofern mit zwei verschiedenen Sachverhalten zu tun, die auch unterschiedlich behandelt worden sind.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Kollegin Hänsel?

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Bitte schön.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön. - Ich habe gesagt, dass Sanktionen in Erwägung gezogen worden sind. Der Begriff ist also gefallen. Ich möchte deshalb noch einmal in Bezug auf meine Frage zu den Rüstungsgeschäften in Saudi-Arabien nachhaken: Wie können Sie eigentlich mit derartigen Doppelstandards eine glaubwürdige Außenpolitik verfolgen? Sie rüsten ein absolutistisches System in Saudi-Arabien auf. Währenddessen ziehen Sie in Bezug auf die Ukraine Sanktionen in Erwägung - das ist hier sehr populär -, sprechen von einer Übergangsregierung und sagen, dass die UNO eingeschaltet werden muss. Das heißt: In einem Land intervenieren Sie, ein anderes Land unterstützen Sie mit Waffen, und bei noch einem anderen Land schauen Sie nur zu. Was ist das eigentlich für eine Außenpolitik?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

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Frau Kollegin Hänsel, ich verstehe, dass Sie das, was man sagt, gerne überhören. Deshalb wiederhole ich es, damit es nicht falsch im Raum stehen bleibt; denn Sie interpretieren es falsch: Ich habe ganz klar gesagt, dass vonseiten des Bundesaußenministers - und das sage ich auch für die Bundeskanzlerin - keine Sanktionen gegenüber der Ukraine gefordert worden sind. Damit ist die Voraussetzung, die Sie setzen wollen, nicht gegeben. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Weitere Zusatzfragen dazu liegen nicht vor. Die Frage 26 des Abgeordneten Andrej Hunko, Fraktion Die Linke, wird schriftlich beantwortet. Die Fragen 27 und 28 der Abgeordneten Dağdelen werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zur Frage 29 des Kollegen Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, die Linke: Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der außenpolitischen Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz 2014? Bitte, Frau Staatsministerin.

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Gerne. - Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Eröffnungsrede zur Münchner Sicherheitskonferenz die umfassenden Beiträge Deutschlands zur internationalen Sicherheit gewürdigt. Der Bundespräsident hat darüber hinaus Fragen zum künftigen deutschen Engagement, unter anderem bei der Stabilisierung unserer Nachbarschaft und beim Umgang mit globalen Herausforderungen, gestellt und damit eine wichtige gesellschaftliche Debatte angeregt - einschließlich der damit verbundenen ethischen Dimension. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. FrankWalter Steinmeier, hat in seiner am Tag darauf ebenfalls bei der Münchner Sicherheitskonferenz gehaltenen Rede bereits einige Thesen des Bundespräsidenten aufgegriffen und seine Vorstellungen von einer tätigen Außenpolitik, die die Bearbeitung von Konflikten - ich zitiere - „früher, entschiedener und substanzieller“ angeht und sich - ich zitiere erneut - „nicht in Empörungsrhetorik oder der bloßen Benotung von Bemühungen und Aktivitäten anderer erschöpfen“ darf, erläutert.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. - Eine Nachfrage, Kollege Gehrcke? Bitte schön.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin, für diese Erläuterung der Reden des Bundespräsidenten und des Bundesaußenministers. Da ich in München war, sind mir beide durchaus geläufig. Darüber können wir uns ja noch austauschen. Ich will aber zuerst eine Frage stellen. - Die Presse kommentiert die Reden von Herrn Gauck, von Frau von der Leyen und von Herrn Steinmeier fast einhellig als eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik. Halten Sie es eigentlich für angemessen, dass, nachdem wir uns hier im Bundestag eine ganze Woche lang Regierungserklärungen zur Außenpolitik, zur Verteidigungspolitik und zur Entwicklungspolitik angehört und darüber debattiert haben, die handelnden Personen nach München auf eine nichtstaatliche Konferenz ziehen und dort eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik verkünden? Geht man so mit einem Parlament um?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin, bitte.

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Herr Kollege, ich weiß, dass es intensive Kontakte und auch einen intensiven Austausch gibt. So hat das Auswärtige Amt in Person des Staatssekretärs heute Morgen im Auswärtigen Ausschuss, dem Sie angehören, Stellung dazu genommen, und es finden regelmäßige Unterrichtungen statt. Sie haben ja selbst an der Münchner Sicherheitskonferenz teilgenommen und sind auch Mitglied dieses Hohen Hauses. Insofern haben Sie auch sozusagen hautnah und unmittelbar an den Diskussionen teilnehmen können - wenn auch an einem anderen Ort. Ich glaube, der Bundespräsident hat mit seiner Rede einen wichtigen Anstoß für eine breit angelegte öffentliche Diskussion gegeben, die weit über das Parlament hinausgeht; denn es geht um unser Selbstverständnis, um die Einbettung unserer Positionen in Europa und um die Abstimmung mit anderen Staaten. Dass wir hier im Parlament darüber debattieren, merken wir jetzt an den Fragen - genauso wie das heute im Ausschuss der Fall war. Wir müssen aber auch die Öffentlichkeit mitnehmen. Ich glaube, dass das viele Menschen in Deutschland in der Tat sehr berührt. Von daher fand ich es gut und richtig, dass ein solcher Anstoß gegeben worden ist.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Gehrcke.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Es würde mich ja fast begeistern, wenn ich einmal der Vertreter des ganzen Hohen Hauses auf solchen Konferenzen wäre. Sie könnten ja mit Ihren Kollegen einmal verhandeln, ob man das in dieser Art und Weise arrangieren kann. Mit geht es auch um die inhaltliche Bestimmung. Man sagt, man wolle früher, substanzieller und entschiedener handeln. Das verstehe ich erst einmal als Kritik an vorangegangenen Regierungen, denen man ja auch angehört hat, dass die all das unterlassen haben, und jetzt will man alles ganz anders und ganz neu machen. Ich hätte erwartet, dass der Außenminister diese Überlegungen in seiner Regierungserklärung in der letzten Sitzungswoche vor der Münchner Sicherheitskonferenz hier in diesem Hause präsentiert, dort, wo die Abgeordneten dieses Hauses versammelt sind, statt sie auf einer Konferenz darzustellen, wo man nichts beschließt, sondern nur zuhören kann. Ich finde, das ist ein unparlamentarisches Verhalten.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

War das als Frage gemeint? Es war ja eigentlich eine Kommentierung.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Stimmen Sie mir zu, dass ich das so empfinden darf? ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Ich ahnte, dass Sie das als Frage gemeint haben.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Entschuldigung.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Über Ihre Gefühle urteile ich hier nicht. ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Gut. - Als Nächste hat Frau Kollegin Hänsel, Fraktion Die Linke, eine Frage. Bitte schön.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön. - Frau Staatsministerin, Sie sind auf das allgemeine Interesse der Bevölkerung zu sprechen gekommen. Wie bewerten Sie dann die Ergebnisse der letzten Umfragen direkt nach der Sicherheitskonferenz, wonach 75 Prozent der Bevölkerung Auslandseinsätze der Bundeswehr ablehnen? Würden Sie sagen, dass der Präsident hier im allgemeinen Interesse oder nur für eine ganz kleine Minderheit spricht?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

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Frau Kollegin Hänsel, das, was der Bundespräsident angesprochen hat, hat eine zutiefst ethische Dimension. Ich erinnere an den Völkermord in Ruanda. Dadurch, dass damals nicht eingegriffen worden ist, mussten viele Menschen - es waren über 1 Million - ihr Leben lassen. Bei den Ereignissen auf dem Balkan wurde damals anders gehandelt. Wir wissen: Das war keine einfache Entscheidung, aber sie hat Menschenleben gerettet. Ihre Schlussfolgerung, dass die Rede des Bundespräsidenten mit der Forderung nach militärischen Einsätzen gleichzusetzen ist, und auch die Tatsache, dass Sie nach meinem Eindruck bestimmte militärische Einsätze meinen, ist angesichts der Rede des Bundespräsidenten nicht gerechtfertigt.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Danke schön. Als Nächstes kommen wir zur Frage 30 des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke: Versteht die Bundesregierung unter einer grundsätzlich neuen Ausrichtung der deutschen Außenpolitik ebenfalls die Bereitschaft zu vermehrten Militäreinsätzen auch im europäischen Rahmen? Antwort auf Frage 30, Frau Staatsministerin.

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Herr Kollege Gehrcke, die Bundesregierung nimmt ihre Verantwortung für das gemeinsame europäische Engagement für Frieden und Sicherheit ernst. Die Bundesregierung hat den Anspruch, nicht nur auf Anfragen zu reagieren, sondern vielmehr Impulsgeber einer gemeinsamen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu sein. Unverändert vertritt die Bundesregierung dabei die Auffassung, dass es bei der Übernahme von mehr Verantwortung und einer aktiveren Rolle zunächst darum gehen muss, unsere diplomatischen Mittel früher, entschiedener und substanzieller zur Wirkung zu bringen. Die Bundesregierung setzt grundsätzlich auf politische Konfliktlösungsansätze. Einsätze des Militärs, wiewohl zum Inventar des außenpolitischen Werkzeugkastens gehörend, können stets nur das äußerste Mittel sein. Sie dürfen nur mit Bedacht und Zurückhaltung eingesetzt werden, eingebettet in einen umfassenden Ansatz auch politischer und entwicklungspolitischer Instrumente. An diesem Grundsatz hält die Bundesregierung weiterhin fest.

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Eine Nachfrage, Kollege Gehrcke? - Bitte schön.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Das alles höre ich sehr gerne. Aber ich muss das nicht alles glauben. Der Bundesaußenminister hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz seine Positionen sehr pointiert vorgetragen. Ich beziehe mich auf das etwas schräge Bild, dass man nicht an der Außenlinie sitzen bleiben will, während andere handeln. Darf ich dieses Nicht-an-der-Außenlinie-sitzen-Bleiben auch darauf beziehen, Militär einzusetzen? Ich frage dies vor dem Hintergrund, dass in dieser Woche über verschiedene Einsätze diskutiert wird, etwa in Somalia, in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik. Es geht darum, ob die Soldaten in Afghanistan bleiben sollen. Auch Mittelmeereinsätze sind geplant. Das ist der Hintergrund. Können Sie deswegen verstehen, dass auch die Presse der Auffassung ist, dass der Bundesaußenminister für mehr Einsätze geworben hat?

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Frau Staatsministerin.

Not found (Gast)

Ich glaube, Herr Gehrcke, man darf das nicht auf die militärischen Einsätze verkürzen, wobei militärische Einsätze, wenn es etwa um die Ausbildung der Truppen in Mali geht, etwas anderes sind als ein Kampfeinsatz. Sie wissen auch sehr wohl, dass wir nur in sehr geringem Maße an Kampfeinsätzen beteiligt waren und beteiligt sind. Insofern muss bei dem Begriff „militärische Einsätze“ immer präzisiert werden, um was es sich handelt. Wir überlegen derzeit, ein Flugzeug, das mit einer medizinischen Intensivstation ausgestattet ist, zur Verfügung zu stellen. Das fällt zwar auch unter das Stichwort „militärischer Einsatz“, aber damit ist eine große Hilfsaktion verbunden. Insofern muss man sehr viel differenzierter an die Begriffe herangehen. Aber ich glaube, ich kann mit Fug und Recht sagen, dass der Bundesaußenminister und auch die Bundesverteidigungsministerin - das kann man in den jüngsten Interviews nachlesen - sehr dezidiert darauf abheben, dass man die diplomatischen Möglichkeiten früher nutzen muss, damit es gar nicht erst zur Eskalation kommt. Man muss im Vorfeld wirksam arbeiten. Das bedeutet beispielsweise, Möglichkeiten der Entwicklungshilfe einzusetzen. Ich habe vorhin in der Regierungsbefragung zu dem Stellenwert der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Zusammenhang mit der zunehmenden Zahl an Krisen und Konflikten in dieser Welt Stellung genommen. Wir haben ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung, das wir in dieser Diskussion in der ganzen Palette und Bandbreite sehen müssen, statt es auf einen einzigen Punkt zu verkürzen und damit auch ein bestimmtes Bild zu malen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich bin gar nicht so scharf darauf, dass dieses Bild an Deutschland hängen bleibt. Ich möchte ganz im Gegenteil ein anderes Bild von Deutschland real und in der Welt gezeichnet haben. Ich habe eine Frage, die Sie bitte möglicherweise an den Herrn Außenminister, der auch Gegenstand meiner Fragen ist, weiterreichen. Sie haben die Formulierung benutzt, dass für die Bundesregierung der Einsatz von Militär immer die „Ultima Ratio“, also das letzte Mittel der Vernunft, sein sollte. Ob das immer so ist, bestreite ich. Der Außenminister hat bei Helmut Ridder in Gießen Völkerrecht studiert, der der renommierteste linke Völkerrechtler in Deutschland war. Würden Sie ihm die Erklärung von Willy Brandt bei der Verleihung des Friedensnobelpreises noch einmal vortragen, dass der Einsatz von Militär nicht Ultima Ratio, sondern Ultima Irratio ist, gerade bei seiner Tradition?

Not found (Gast)

Sie haben gefragt, ob ich das an den Bundesaußenminister weitergebe. Sie wissen: All das, was wir hier austauschen, wird im Stenografischen Bericht des Bundestages festgehalten. Es ist sogar nachzulesen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Dann kommen wir zur Frage 31 der Kollegin Nicole Gohlke: Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Protesten gegen die Einrichtung der Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn? Zur Beantwortung steht weiter Frau Staatsministerin Böhmer zur Verfügung.

Not found (Gast)

Frau Kollegin Gohlke, die Bundesregierung teilt die vorgebrachten Bedenken gegen die Benennung der Professur nicht. Mit der Einrichtung der Professur sollen die herausragenden Leistungen des Friedensnobelpreisträgers Henry Kissinger als Wissenschaftler sowie als ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater und Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika gewürdigt werden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Nicole Gohlke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004041, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Frau Staatsministerin, Henry Kissinger wird die mehrfache Beteiligung an Kriegsund Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen, unter anderem die Mitverantwortung für die Bombardements in Laos und Kambodscha, die Unterstützung des indonesischen Überfalls auf Osttimor oder auch seine Beteiligung am Militärputsch in Chile. Jetzt wird von vielfacher Seite gerade auch aus dem Bonner Umfeld und auch aus Bonner Universitätskreisen angemahnt: Solange diese Vorwürfe nicht restlos ausgeräumt sind, kann diese beabsichtigte akademische Ehrung nicht zulässig sein, vor allem weil es sich um einen Lehrstuhl für Völkerrecht handelt. Insbesondere das wird als Provokation aufgefasst. Wie stehen Sie dazu, dass Kissinger als Vorbild für Wissenschaft und Lehre des Völkerrechts nicht taugt und auch ungeeignet ist, solange diese Vorwürfe nicht ausgeräumt sind?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort.

Not found (Gast)

Ich wiederhole gerne, dass die Bundesregierung diese Bedenken nicht teilt, und rücke auch noch einmal in den Blick - nicht umsonst habe ich die Betonung auf dieses Wort gelegt -: Henry Kissinger ist Friedensnobelpreisträger.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nachfrage.

Nicole Gohlke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004041, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Unter diversen Völkerrechtlern sowie in der Friedensforschung ist es unbestritten, dass die Vorwürfe gegen Kissinger nie ausgeräumt werden konnten. Die Bundesregierung hebt bislang darauf ab, dass Kissinger für Deutschland positiv gewirkt habe. Meinen Sie nicht, dass dies ungeachtet dessen, ob man diese Auffassung teilt, die Zahl getöteter und verstümmelter Nichtdeutscher, die infolge seiner Mitwirkung zustande gekommen ist, nicht rechtfertigen kann?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur Beantwortung, Frau Staatsministerin.

Not found (Gast)

Frau Kollegin, man kann sagen, dass Henry Kissinger in der Welt ein außerordentlich geachteter Außen- und Sicherheitspolitiker war. ({0}) Dafür, dass ihm der Friedensnobelpreis zuerkannt wurde, dürfte es gute Gründe gegeben haben. Ich sehe die Einrichtung dieser Stiftungsprofessur gerade unter diesem Gesichtspunkt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen damit zu Frage 32 der Kollegin Dr. Franziska Brantner: Was genau versteht die Bundesregierung darunter, wenn sie im Zusammenhang mit der Syrien-Krise humanitäre Korridore einfordert, wie jüngst die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beim Besuch des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon am 30. Januar 2014 in Berlin, und mit welchen Mitteln will sie sich zu deren Einrichtung einsetzen? Bitte, Frau Staatsministerin.

Not found (Gast)

Frau Kollegin Brantner, vorrangiges Ziel der deutschen und der internationalen humanitären Hilfe für Syrien ist die Sicherstellung eines ungehinderten Zugangs zu allen bedürftigen Menschen in Syrien, insbesondere in belagerten und umkämpften Gebieten. Diese Gebiete verteilen sich oft kleinteilig über ganz Syrien. Notwendig wären lokal und auch zeitlich begrenzte Maßnahmen, unter anderem die Aushandlung lokaler Waffenstillstände, die Ermöglichung von Hilfslieferungen über Frontlinien hinweg, die Evakuierung von Zivilisten aus belagerten Gebieten, die freie Passage für medizinische Güter und Impfstoffe, der Zugang zu Gefangenen sowie die Ausweitung grenzüberschreitender humanitärer Maßnahmen. Die Ausweitung des humanitären Zugangs kann nur über Vereinbarungen zwischen den beteiligten Konfliktparteien erfolgen. Die Bundesregierung setzt sich in enger Abstimmung mit wichtigen humanitären Akteuren für die genannten Maßnahmen zur Verbesserung des humanitären Zugangs ein. Dabei werden einerseits eigene Kontakte zur gemäßigten syrischen Opposition genutzt. Andererseits wird im Dialog mit der Russischen Föderation und der Islamischen Republik Iran versucht, den Druck auf das syrische Regime zu verstärken. Wir engagieren uns sowohl im Rahmen des Genf-II-Prozesses als auch in relevanten Foren der Vereinten Nationen, um humanitäre Fortschritte zu erwirken.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke schön. - Sie haben nicht genau gesagt, was mit dem Wort „Korridor“ gemeint ist. Ich weiß, dass Sie das wahrscheinlich nicht wollen. Erlauben Sie mir aber folgende Nachfrage. Da Sie sich für einen verstärkten humanitären Zugang einsetzen - zumindest das haben Sie bestätigt -: Wird die Bundesregierung dann auch die finanziellen Mittel für die humanitäre Hilfe im Haushalt erhöhen?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich darf zunächst einmal etwas zu dem Begriff „humanitäre Korridore“ sagen. Sie haben völlig recht: Wir befinden uns bei der Begrifflichkeit in einer schwierigen Situation. Man muss über die Bedeutung humanitärer Korridore nachdenken. Da sind vielfältige Interpretationsmöglichkeiten wohl gegeben. In unserem Sinne handelt es sich um definierte Routen für Fahrten humanitärer Konvois. In dieser Region ist alles schwierig. Wer die heutige Presseberichterstattung über Homs verfolgt hat, kann nur erschauern. Wir müssen ausloten, wie wir den Menschen dort helfen können. Jeder von uns hat wahrscheinlich große Hoffnungen auf den Genf-II-Prozess gesetzt. Aber wir haben gesehen, dass es schon dort schwierig war, die Parteien an einen Tisch zu bekommen. Die Möglichkeiten, die nun ausgelotet wurden, um den Menschen in Homs zu helfen, sind auf andere Art und Weise zustande gekommen. Sie haben nach den finanziellen Mitteln gefragt. Der Haushalt ist vorläufig. Ich hoffe, dass wir schnell Klarheit über den Einsatz der Mittel haben werden. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung ein großes Interesse daStaatsministerin Dr. Maria Böhmer ran, den Menschen zu helfen, die sich in einer außerordentlich bedrückenden Situation befinden.

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann hoffen wir einmal auf eine Erhöhung der Gelder. - Ich habe eine zweite Nachfrage. Wie Sie gerade erwähnt haben, ist die Situation in Homs mehr als furchtbar. Mehr als 300 Jungen und Männer werden noch immer von Regierungstruppen festgehalten. Was macht die Bundesregierung, um Russland im Sicherheitsrat umzustimmen, damit endlich die Resolution über den humanitären Zugang im Sicherheitsrat angenommen wird?

Not found (Gast)

Wir würden es sehr gerne sehen, wenn eine solche Resolution zustande kommt. Sie sprechen direkt Russland an. Sie könnten noch ein weiteres Land nennen. Wir wissen, dass es schwierig ist. Wir werden alles daransetzen, durch Gespräche und Kontakte einen Weg zu ermöglichen. Aber wir haben in der Vergangenheit auch die Erfahrung machen müssen, dass dieser Weg ein sehr langwieriger und schwieriger ist. In einem Fall haben die Bemühungen geholfen. Ich hoffe, dass wir auch in diesem Fall zumindest ein Stück weiterkommen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Volker Beck das Wort.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatsministerin, wir haben in Syrien einen Bürgerkrieg, einen asymmetrischen Bürgerkrieg. Inwiefern ist denn zu erwarten, dass auf dem Vereinbarungswege Korridore entstehen können, die auch sicher sind und nicht dadurch gefährdet werden, dass sich eine Teilpartei des Konfliktes nicht an die Vereinbarungen hält? Denken Sie darüber nach, wenn es eine Verhandlungslösung gibt, dass diese humanitären Korridore über die Vereinten Nationen militärisch gesichert werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, Sie haben genauso wie wir im Falle von Homs gesehen, dass es eine Vereinbarung gab. Die Lage in Homs ist sehr fragil, was zulasten der Menschen geht. Das Leid ist - ich glaube, das kann man wirklich sagen unermesslich. Ich glaube, dieses in Zukunft abschätzen zu wollen, ist ein sehr kühner Anspruch. Sie können die Frage nicht beantworten, und ich kann sie auch nicht beantworten. Ich würde das auch nicht wagen. Es verbindet sich viel Hoffnung damit, und es verbindet sich viel Einsatz damit, alles daranzusetzen, den Menschen zu helfen und wirklich gesicherte Wege zu schaffen. Herr Brahimi macht immer wieder Anläufe, um die Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen. Dafür muss er unsere volle Unterstützung haben. Es handelt sich aber, was die Einschätzung anbetrifft, um mehr als einen Bürgerkrieg. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen nun zur Frage 33 der Kollegin Dr. Franziska Brantner: Welche konkreten Maßnahmen - bitte aufschlüsseln - hat die Bundesregierung ergriffen, um den Beschluss der EU-Außenminister zum Stopp von Waffenexporten nach Ägypten, den sie am 21. August 2013 auf einem Sondertreffen verabschiedet hatten, umzusetzen? Bitte, Frau Staatsministerin.

Not found (Gast)

Die Außenminister der Europäischen Union sind hinsichtlich der Arabischen Republik Ägypten am 21. August 2013 übereingekommen, die Genehmigungen für die Ausfuhr von Gütern, die zur internen Repression genutzt werden könnten, auszusetzen und die Genehmigung für die Ausfuhr von Rüstungsgütern zu überprüfen. Dies gilt auch weiterhin. Die deutschen Zollbehörden wurden bereits vor dem Beschluss der EU-Außenminister angewiesen, keine Ausfuhren von Rüstungsgütern sowie von Gütern, die zum Zwecke der internen Repression verwendet werden können, nach Ägypten abzufertigen und alle Ausfuhrsendungen mit Bestimmungsland Ägypten verstärkten Kontrollmaßnahmen zu unterziehen. Ab dem 14. August 2013 wurden die Inhaber gültiger Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Ägypten kontaktiert und gebeten, von den Genehmigungen einstweilen keinen Gebrauch zu machen. Dieser Bitte sind die Unternehmen gefolgt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ein Teil der Vereinbarung im August war es, die Kooperation auch in Sicherheitsfragen zu überprüfen. Daher die Frage: Gibt es noch laufende Projekte der Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten, welche sind das, und mit welcher Begründung werden sie fortgesetzt?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, wenn Sie damit einverstanden sind, würde ich Ihnen das gerne schriftlich geben.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Haben Sie eine zweite Nachfrage?

Dr. Franziska Brantner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004255, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja. - Ganz konkret: Soweit wir wissen, liegen gerade im Hamburger Hafen Armored Vehicles, also gepanzerte Fahrzeuge, für die ägyptische Marine. Die aktuelle ägyptische Regierung arbeitet stark daran, dass diese ausgeliefert werden und den Hamburger Hafen passieren dürfen. Sind Sie sich dieses Falles bewusst, und tun Sie alles, damit diese Armored Vehicles nicht nach Ägypten gelangen?

Not found (Gast)

Dieser Fall ist mir nicht bekannt; ich bitte um Nachsicht. Ich kann Ihnen nur sagen: Jede Ausfuhr bedarf eines Antrages. Es muss also ein entsprechender Antrag vorliegen. Ich wiederhole: Mir ist dieser Fall nicht bekannt. Aber ich lasse das Ganze gern überprüfen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Fragen 34 und 35 des Kollegen Movassat wie auch die Fragen 36 und 37 der Kollegin Pia Zimmermann werden schriftlich beantwortet. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereiches des Auswärtigen Amtes. Vielen Dank, Frau Staatsministerin, für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Günter Krings zur Verfügung. Die Fragen 38 und 39 der Kollegin Wawzyniak wie auch die Frage 40 des Kollegen Hans-Christian Ströbele werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 41 der Kollegin Luise Amtsberg: In wie vielen Fällen mussten gefährdete afghanische Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums des Innern, die eine Aufnahmezusage erhalten haben, länger als zwei Wochen auf eine Visumerteilung warten ({0}), und in wie vielen Fällen warten gefährdete afghanische Ortskräfte derzeit noch auf eine Visumerteilung - bitte jeweils einzeln mit Wartezeit aufschlüsseln -? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ich darf mich zunächst bei Frau Amtsberg bedanken. Ihre Fragen zu diesem Geschäftsbereich sind die einzigen, die mündlich beantwortet werden. Das ist meine Premiere als Parlamentarischer Staatssekretär in der Fragestunde. Insofern freue ich mich, zumindest diese beiden Fragen mündlich beantworten zu dürfen. Zu Frage 41 - es geht um die Dauer der Visumerteilung -: Das Visumverfahren an der Botschaft Kabul wird erst mit der Visumantragstellung eingeleitet. Mit Stand 7. Februar 2014 haben 56 afghanische Ortskräfte Visumanträge für sich und ihre Familien gestellt. Davon haben bislang 49 Ortskräfte mit insgesamt 111 Familienangehörigen Visa erteilt bekommen. Sieben Visumanträge werden von der Botschaft Kabul derzeit noch bearbeitet. Insgesamt haben 243 afghanische Ortskräfte eine Aufnahmezusage des Bundesministeriums des Innern - eine solche Zusage ist die Stufe, bevor das Visumverfahren beginnt - erhalten. Ihnen steht es mit dieser Aufnahmezusage frei, ein Visum bei der Botschaft zu beantragen. Vielleicht möchten Sie jetzt entgegnen: Das ist keine Antwort auf die Frage im engeren Sinne. - Zu der konkreten Dauer kann ich nur sagen: Eine Statistik über die Dauer der Bearbeitung der Visa wird in unserer Botschaft in Kabul nicht geführt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Frau Amtsberg, Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Luise Amtsberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004243, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank. - Dass die Gefährdung für afghanische Ortskräfte konkret ist, hat uns die Ermordung des Dolmetschers Dschawad Wafa am 24. November 2013 verdeutlicht. Die Bundesregierung sagt, dass es auszuschließen ist, dass es sich hierbei um eine Tat der Taliban handelt, und das, obwohl die Sprecher der Polizeibehörde in Kunduz etwas Gegenteiliges behaupten. Meine Frage: Wie kommen Sie zu dieser Beurteilung? Wird überlegt, die Tathintergründe noch einmal zu überprüfen?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Die Beurteilung ist so, wie Sie sie eben dargestellt haben. Unsere Behörden haben das geprüft und sind zu ihren Erkenntnissen gekommen. Ich habe bisher keinen Anlass, anzunehmen, dass die nationalen Polizeikräfte in Afghanistan das besser recherchieren konnten und können als die Vertreter unserer Behörden vor Ort. Insofern ist das Ganze in einem Verfahren geprüft worden. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es sehr wohl Vorkehrungen gibt, da, wo wir von konkreten Gefährdungslagen wissen, wirklich sehr schnell zu helfen, notfalls in wenigen Stunden. Es gibt beispielsweise Möglichkeiten, Personen unterzubringen, etwa in Hotels oder in deutschen Polizeieinrichtungen. Ich wiederhole: Da gibt es Möglichkeiten, zu helfen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Frau Amtsberg, Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Luise Amtsberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004243, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es gibt natürlich auch Probleme, so kommt es zu Verzögerungen bei der Ausreise, oder es ist ungeklärt, wie die Ausreise finanziert wird. Es werden auch Vermutungen darüber angestellt, dass viele nicht ausreisen, weil es finanzielle Schwierigkeiten gibt. Bezüglich der konkreten Hilfe stelle ich die Fragen: Gibt es irgendwelche Überlegungen, zu unterstützen? Wie wird bereits unterstützt, wenn beispielsweise jemand kommt, der sagt, er wolle ausreisen, aber er habe die nötigen finanziellen Mittel nicht? Gibt es irgendeine Struktur, wie wir diesen Leuten helfen können, was zum Beispiel die Ausreise per Flugzeug angeht?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Ja, da gibt es eine vielfältige Struktur. Es ist so, dass die Kräfte, die für deutsche Einrichtungen wie die Bundespolizei, das Auswärtige Amt oder das Verteidigungsministerium gearbeitet haben, eine recht großzügige Abfindung erhalten, die in aller Regel ausreicht, um das Ticket für den Flug nach Deutschland zu bezahlen. Da, wo das im Einzelfall nicht ausreichend ist, helfen die Ressorts weiter. Insofern gibt es diese Möglichkeiten und ist meines Erachtens sichergestellt, dass da, wo jemand ausreisen möchte, das auch möglich ist. Man muss allerdings auch sagen, dass die Aufnahmezusage sozusagen erst einmal der erste Schritt ist und dass nicht jeder, der eine solche Zusage in der Tasche hat, auch wirklich unmittelbar ausreisen möchte. Eine solche Zusage ist für manche - ich sage es einmal etwas untechnisch - eine Art Rückversicherung, dass man im Falle, in dem man als Betroffener annimmt, die Bedrohung nehme zu, relativ schnell ein Visum beantragen und nach Deutschland kommen kann. Es ist also ganz natürlich, zumindest nachvollziehbar, dass die Anzahl der Aufnahmezusagen viel höher ist als die Anzahl der gestellten Visumanträge.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen damit zur Frage 42 der Kollegin Luise Amtsberg: In welchen Bundesländern wurden afghanische Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums des Innern bisher aufgenommen, und in Absprache mit welchen Bundesländern werden derzeit noch Aufnahmeverfahren vorbereitet - bitte jeweils einzeln aufschlüsseln -? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das hier zuständig ist, bemüht sich um eine faire Verteilung nach dem berühmten Königsteiner Schlüssel, nach dem ja so viel in unserer schönen Bundesrepublik verteilt wird. Bislang wurden 96 Ortskräfte und ihre Familienangehörigen einem Bundesland zugewiesen. Das sind insgesamt 299 Personen; in der Statistik, in der Tabelle, glaube ich, sind es sogar etwas mehr. Die Verteilung kann ich Ihnen, wenn Sie das möchten, im Einzelnen gern nennen: Baden-Württemberg: Anzahl der eingereisten Personen - das sind immer Ortskräfte und Familienangehörige -: 9; Anzahl der Personen, die noch nicht eingereist, aber zugewiesen sind: 26. Bayern: Anzahl der Personen, die eingereist sind: 17; Anzahl der Personen, die zugewiesen, aber noch nicht eingereist sind: 17. Berlin: 7 Personen bereits eingereist, 5 zugewiesen. Brandenburg: 7 eingereist, 8 zugewiesen. Bremen: 3 eingereist, 2 zugewiesen. Hamburg: 3 eingereist, 5 zugewiesen. Hessen: bisher keiner eingereist, aber 19 zugewiesen. Mecklenburg-Vorpommern: 8 Eingereiste, 4 Zugewiesene. Niedersachsen: 5 Eingereiste, 14 Zugewiesene. Nordrhein-Westfalen: 16 Personen bereits eingereist, 67 zugewiesen. Rheinland-Pfalz: bisher niemand eingereist, aber 14 Zuweisungen. Saarland: 1 Person eingereist, 1 Zuweisung. Sachsen: 6 Personen eingereist, 7 Personen zugewiesen. Sachsen-Anhalt: 11 Eingereiste, 1 Person zugewiesen. Schleswig-Holstein: 4 eingereiste Personen, 4 weitere zugewiesen. Thüringen: 3 eingereiste Personen, 5 zugewiesen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur Nachfrage.

Luise Amtsberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004243, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank. - Man hörte ja schon, dass es unter den Ländern sehr unterschiedlich ist und das wahrscheinlich auch nicht ganz genau mit dem Königsteiner Schlüssel übereinstimmt; ich habe das einmal grob geschätzt, was Bundesland und Zuweisungszahl angeht. Wie auch immer, die Frage ist: Sind Sie vonseiten des Ministeriums zufrieden mit der Bereitschaft der Bundesländer zur Aufnahme? Funktioniert das nach Ihrer Auffassung gut, oder muss da noch etwas geändert werden? Das ist ja durchaus etwas, das man vorantreiben könnte. Unser Eindruck ist nämlich, dass es da doch deutlich hakt.

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das ist bisher nicht unser Eindruck. Wir können uns ja gelegentlich einmal austauschen, wenn Sie da konkrete Anhaltspunkte haben. Jedenfalls haben wir vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine Anhaltspunkte genannt bekommen. Ich glaube, das Verfahren wird auch dadurch erleichtert, dass wir schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt die Zuweisung vornehmen. Insofern ist das doch nicht so ganz weit weg vom Königsteiner Schlüssel. Wenn eine Zusage gegeben worden ist, können wir natürlich nicht sagen, wie viele von den Personen dann auch kommen. Manche warten Monate, manche kommen sehr schnell, manche kommen gar nicht, weil sie sich vielleicht Hoffnungen machen, dass die Sicherheitslage für sie persönlich wieder besser wird; niemand verlässt sein Heimatland ja gern oder leichtfertig. Insofern: Wir weisen relativ schnell zu. Wenn wir dann merken, dass in einzelnen Bundesländern die Einreisen faktisch nicht stattfin934 den, kann man bei der weiteren Zuweisung wieder ein wenig nachsteuern; das macht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wenn man relativ schnell einen Platz braucht, muss man natürlich auch relativ schnell etwas finden. Nach meinem Kenntnisstand scheint das bisher gut funktioniert zu haben. Insofern habe ich keinen Anlass, an der Stelle nachzuhaken. Wie gesagt, das Verfahren der Zweistufigkeit - Aufnahmezusage und dann erst dieses Verfahren - führt dazu, dass man sich schon relativ zeitig darum bemühen kann, dass das Bundesamt entsprechende Aufnahmekapazitäten in den Bundesländern bereitgestellt bekommt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär. - Sie bemerkten schon, dass bei Ihrer Premiere noch zwei Fragen für Sie übrig waren.

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Fragen 43 und 44 der Kollegin Brugger werden schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Staatssekretär Christian Lange zur Verfügung. Ich rufe die Frage 45 des Kollegen Volker Beck auf: Aus welchen Gründen wurde im Vergleich zum ersten Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz für ein Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner ({0}) in der dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zugeleiteten Fassung ({1}) auf Seite 6 in Abschnitt „IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen“ der auf die revidierte Fassung des Europäischen Adoptionsabkommens bezogene Halbsatz „dessen Ratifikation durch Deutschland beabsichtigt ist“ ersatzlos gestrichen, und was bedeutet dies für die Haltung der Bundesregierung zur Ratifikation des revidierten europäischen Adoptionsabkommens durch die Bundesrepublik Deutschland? Bitte schön.

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Beck, das ist auch meine erste Antwortrunde. Ich möchte Ihre Frage wie folgt beantworten: Es handelt sich um ein Redaktionsversehen. Die Bundesregierung prüft derzeit die Unterzeichnung des revidierten europäischen Übereinkommens vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das deutet darauf hin, dass es da offensichtlich einen Konflikt zwischen den Ressorts gibt. Denn in der Version, die Sie dem Rechtsausschuss am 18. Dezember 2013 um 8.19 Uhr übersandt haben, stand noch die Formulierung: „dessen Ratifikation durch Deutschland beabsichtigt ist“. Um 8.32 Uhr hat das Justizministerium eine neue Version verschickt, in der genau diese Formulierung gestrichen war. Beabsichtigt die Bundesregierung nun die Unterzeichnung des revidierten europäischen Adoptionsabkommens, oder prüft sie es nur? Prüfen hatten wir in der letzten Wahlperiode unter Schwarz-Gelb schon. Vier Jahre wurde geprüft, aber es wurde nicht ratifiziert. Deshalb würde ich gerne wissen, ob Sie an der ideologischen alten Version von 1969 weiter festhalten wollen oder ob Sie sich endlich für die von der damaligen Justizministerin - das war übrigens die Vorgängerin im Amt Frau Zypries - mit verhandelten Version entscheiden können.

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Herr Beck. Ich möchte den ersten Teil meiner Antwort wiederholen, nämlich dass es sich lediglich um ein Redaktionsversehen handelt. Zu Ihrer materiellen Frage will ich sagen: Die Frage der Unterzeichnung des revidierten europäischen Übereinkommens vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern wird derzeit innerhalb der Bundesregierung und damit auch im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft. Deshalb ist derzeit noch keine Aussage möglich.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dann handelt es sich nicht um ein Redaktionsversehen, sondern der ursprüngliche Wille des Bundesjustizministeriums stand offensichtlich in der ersten Version, und Sie wurden dann in der Ressortabstimmung auf die Prüfung zurückgeworfen, wenn ich das richtig verstehe. Wann wird denn die Prüfung durch die Bundesregierung abgeschlossen sein, sodass wir vielleicht darauf hoffen können, dass es tatsächlich zu einer Ratifikation kommt, oder Sie uns mitteilen können, dass Sie niemals ratifizieren wollen?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Ersteres, die Unterstellung, teile ich nicht. Zum Zweiten: Die Unterzeichnung des revidierten europäischen Adoptionsabkommens ist eine der Möglichkeiten, mit denen wir die völkerrechtlichen Hindernisse bezüglich der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2013 beseitigen können, und das werden wir unverzüglich tun.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Was werden Sie jetzt unverzüglich tun?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Moment, Kollege Beck. Sie haben sich zwar eben selbst das Wort erteilt, aber noch ordnen wir hier vorne die Geschäfte. Vizepräsidentin Petra Pau ({0}) - Ja, bitte.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie sagten, Sie werden etwas unverzüglich tun. Jetzt wollte ich wissen, was Sie unverzüglich tun wollen.

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Die von Ihnen nachgefragte Prüfung.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Damit kommen wir zur Frage 46 der Kollegin Lisa Paus: Nach welchen Leitsätzen verfährt die Bundesregierung, wenn ihr strafrechtliche Ermittlungen gegen einzelne Mitglieder der Bundesregierung - vergleichbar mit dem Fall des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Otto Friedrich Wilhelm Freiherr von der Wenge Graf von Lambsdorff - zur Kenntnis gelangen? Auch hier steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange zur Beantwortung zur Verfügung.

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin, auch hier kann ich es ganz kurz machen: Es gibt dazu keine Leitsätze.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie mir denn etwas dazu sagen, in wie vielen Fällen bisher wegen Steuervergehens gegen Mitglieder dieser oder früherer Bundesregierungen Ihrer Kenntnis nach strafrechtlich ermittelt und disziplinarrechtlich vorgegangen worden ist?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Eine strafrechtliche Ermittlung gegen Mitglieder der Bundesregierung, Frau Kollegin, ist in den vergangenen 17 Wahlperioden ein sehr seltenes Ereignis gewesen, Gott sei Dank und erfreulicherweise. Die Bundesregierung ist jederzeit in der Lage - um noch einmal auf Ihre Kernfrage zurückzukommen -, auf angemessene Weise zu reagieren. Konkrete Zahlen kann ich Ihnen jetzt nicht liefern. Aber wenn Sie das wünschen, können wir das gerne nachliefern.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Der Formulierung „sehr selten“ entnehme ich, dass es durchaus Fälle gegeben hat. In der Tat bin ich da an einer schriftlichen konkreteren Antwort interessiert. Mich würde aus aktuellem Berliner Anlass auch interessieren, wie die Bundesregierung den Fall Lambsdorff beurteilt. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister ist ja nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn 1983 bis zur Eröffnung des Gerichtsverfahrens im Juni 1984 noch über sechs Monate im Amt geblieben. Wie würden Sie dieses Vorgehen aus heutiger Sicht beurteilen?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auf dieses Ereignis, an das ich mich - ich war da Kind - kaum erinnere, hier nicht spontan antworten kann. - Ich höre gerade: Der Herr Bundesminister der Finanzen hilft Ihnen gerne dabei. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gut, dann können Sie das vielleicht nachträglich miteinander klären. Ich gestehe: Die Präsidentin wäre ebenfalls durchaus an einer solchen Nachhilfe interessiert, weil auch ich das nicht so richtig in Erinnerung habe. Ich müsste jetzt eigentlich die Frage 63 des Kollegen Harald Petzold aufrufen; diese wurde nachträglich dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zugeordnet. Diese Frage soll aber nun schriftlich beantwortet werden. - Deshalb herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Die Fragen 47 der Kollegin Paus, 48 und 49 des Kollegen Dr. Gambke, 50 des Kollegen Ströbele, 51 des Kollegen Pitterle, 52 und 53 des Kollegen Dr. Troost und 54 des Kollegen Hunko werden ausnahmslos schriftlich beantwortet. Dies geschieht aufgrund unserer Richtlinien. Für diejenigen, die noch nicht so lange im Parlament dabei sind: Das heißt in diesem Fall: Der Gegenstand, auf den sich diese Fragen beziehen, ist Bestandteil unserer Tagesordnung, nämlich konkret: der nachfolgenden Aktuellen Stunde. Deshalb werden diese Fragen in der Fragestunde nicht behandelt. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme zur Verfügung. Die Frage 55 der Kollegin Pothmer wird schriftlich beantwortet. Eine Beantwortung der Frage 56 der Kollegin Wöllert, in der es um die Einhaltung der Pausenzeiten während der Arbeitszeit geht, entfällt nach unseren Regeln, weil die fragende Kollegin nicht im Saal ist. Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. Denn wir sind damit schon am Ende Ihres Geschäftsbereiches. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth zur Verfügung. Vizepräsidentin Petra Pau Ich rufe die Frage 57 der Kollegin Renate Künast auf: Mit welchen übergeordneten Gründen erklärt die Bundesregierung ihre laut dem Regierungssprecher Steffen Seibert ({0}) - trotz der klaren Ablehnung des federführenden Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ({1}) - angekündigte Enthaltung bei der Abstimmung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 am 11. Februar 2014 im Rat der Europäischen Union, und wie rechtfertigt sie ihre Position vor dem Hintergrund einer Ablehnung von über 80 Prozent in der Bevölkerung ({2}), der Aussage im Koalitionsvertrag - Anerkennung der „Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung“ und des Einflusses, den die deutsche Positionierung auf das Abstimmungsverhalten der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat ({3})? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin Künast, wir haben vor ungefähr einer Stunde über diesen Sachverhalt gesprochen. Wenn Sie es wünschen, würde ich die Beantwortung der Frage wiederholen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Künast wünscht die Beantwortung der Frage. Davon gehe ich aus.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es geht um die Honigrichtlinie. Über die hatten wir vorhin nicht gesprochen. Vorhin sprachen wir über den Mais.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Die Frage, die gerade aufgerufen worden ist, ist die Frage 57. Die behandelt die Maislinie 1507.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das haben wir ja gerade besprochen.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Genau.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Also, die Kollegin Künast verzichtet auf die Beant- wortung der Frage. Vielleicht können wir uns so einigen, Kollegin Flachsbarth, dass Sie die vorbereitete Antwort dem Pro- tokoll beifügen,1) damit alle Interessierten die Antwort lesen können und die Beantwortung nicht zu einem pri- vaten Austausch wird. Somit ist dies auch ein Bestand- teil der Fragestunde. 1) siehe Anlage 30

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Herzlich gerne, Frau Präsidentin. - Die Beantwortung der Frage ist nicht nur privat, zwischen uns beiden, erfolgt, sondern im Rahmen der Fragen an die Bundesregierung.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Aha. Entschuldigung, da war ich noch nicht im Saal.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Ich habe mir erlaubt, diese Frage unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt zu beantworten.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gut. Dann kommen wir zur Frage 58 der Kollegin Künast: Welche Position vertritt die Bundesregierung heute im Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel bezüglich des Trilogs zur von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Änderung der EU-Honigrichtlinie, die klarstellen soll, dass Honig, der Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen enthält, nicht gekennzeichnet werden muss, und wie verhält sich die Bundesregierung bei der Erteilung des Verhandlungsmandats an die Ratspräsidentschaft insbesondere bezüglich der vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Erwägungsgründe 1 a - Verbraucherinformation - und 1 c - Koexistenz -, welche die Ratspräsidentschaft als „nicht akzeptabel“ bewertet?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Gerne beantworte ich nun die Frage der Frau Kollegin zur EU-Honigrichtlinie, Frage 58. - Frau Kollegin, mit der vorgeschlagenen Änderung der Honigrichtlinie soll klargestellt werden, dass es sich bei Pollen um einen natürlichen Bestandteil von Honig und eben nicht um eine Zutat handelt. Das Europäische Parlament hat ebenso wie die Mehrheit des Rates dieser klarstellenden Änderung der Honigrichtlinie zugestimmt. Auch die Bundesregierung unterstützt diese Klarstellung. Dementsprechend hat die Bundesregierung auch dem Vorschlag der Ratspräsidentschaft zu einem Verhandlungsmandat für den informellen Trilog zugestimmt. Der Vorschlag der Präsidentschaft basiert auf dem Ergebnis der Abstimmung über den Richtlinienvorschlag im Europäischen Parlament und dem Ergebnis der Beratungen in den Gremien des Rates. Die Bundesregierung teilt die Bedenken der Ratspräsidentschaft gegenüber den vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen neuen Erwägungsgründen 1 a und 1 c. Die Erwägungsgründe korrespondieren nicht mit dem verfügenden Teil der Richtlinienänderung. Fragen der Koexistenz werden nicht in der Honigrichtlinie geregelt, sondern im Gentechnikrecht. Erwägungsgründe, die sich nicht auf die Erläuterung der eigentlichen Regelungsinhalte der Richtlinie beziehen, können nicht berücksichtigt werden. Auch der Juristische Dienst des Rates hat deswegen Bedenken gegen den Erwägungsgrund der Koexistenz erhoben.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich hätte gerne hinsichtlich der beiden vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Erwägungsgründe 1 a - Verbraucherinformation - und 1 c - Koexistenz - etwas Genaueres gehört, also mehr als das, was Sie jetzt gesagt haben, nämlich dass es woanders geregelt werde. Hintergrund ist dabei die Tatsache, dass sich das Gewerbe der Imker - auch das sind Unternehmen - Gedanken über die Verkehrsfähigkeit und die Verkaufsmöglichkeiten des Honigs und dementsprechend über die Gesundheit der Kunden macht. Wie und wo soll denn dann die Koexistenz - falls Sie glauben, dass sie herstellbar ist - geregelt werden? Es kann ja nicht sein, dass man einfach die Flügel streckt und sagt: Dann können halt die Imker ihr Produkt am Ende nicht mehr verkaufen. - Dieses Produkt steht vom Ansehen her so hoch wie weiße Ware, wie Joghurt und Milch, bei denen man ja auch Sauberkeit verlangt. Die Reinheitsvorstellungen beim Honig sind mindestens so hoch wie beim deutschen Bier. Sie haben materiell auch nichts zur Verbraucherinformation gesagt. Wie soll denn eine Kennzeichnung in Zukunft erfolgen?

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Frau Kollegin Künast, zum einen müssen natürlich die formal-rechtlichen Voraussetzungen beachtet werden. Man kann also nicht einfach etwas in einer Richtlinie, in der Honigrichtlinie, regeln, was formal-rechtlich ins Gentechnikrecht gehört. Das geht nicht; das wissen Sie mindestens so gut wie ich, vielleicht noch ein wenig besser. Darüber hinaus ist die Frage des Nachweises von gentechnisch verändertem Pollen in Honig in diesem Zusammenhang materiell, inhaltlich relevant. Da darf ich vielleicht ausführen, dass der Anteil des Pollens im Honig im Normalfall nur ungefähr 0,03 Gramm je Kilogramm Honig beträgt. Das ist übrigens weit unter dem Level von Schwellenwerten, bei deren Überschreitung bei den üblichen Labeln, zum Beispiel bei Fair Trade und bei Ökoprodukten, gentechnisch verändertes Material in jedem Fall zu kennzeichnen ist. Die Schwellenwerte sind nämlich 1 Gramm je Kilogramm bei der Analyse zur Kennzeichnung mit dem Siegel „Ohne Gentechnik“ und 9 Gramm pro Kilogramm bei der Kennzeichnung als „Fair Trade“. Darüber hinaus haben wir in diesem Zusammenhang die Problematik zu beachten, dass es für die Bestimmung der sehr geringen Anteile des gentechnisch veränderten Pollens im Gesamtpollen des Honigs keine verlässlichen Analysemethoden gibt. Das hat auch eine schriftliche Abfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bei den Bundesländern bestätigt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Ich bitte in diesem Fall, die Signale, die die Kollegin von hier vorne sendet - was die Einhaltung der Frage- und der Antwortzeit angeht -, zu beachten, weil wir dann am Ende der Fragestunde sind.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke. Ich kann es kurz machen. - Sie haben zwei Kriterien angeführt. Sie haben angegeben, dass der Kennzeichnungsschwellenwert bisher 0,03 Gramm je Kilogramm beträgt. Der Schwellenwert für die Verpflichtung zur Kennzeichnung liegt ja mit 0,9 Prozent höher. Jetzt muss ich darauf hinweisen, dass dieser Schwellenwert von 0,03 Gramm auf Basis der Tatsache festgelegt wurde, dass es in der Vergangenheit so gut wie keinen Gentechnikanbau in Deutschland gegeben hat. Was soll denn nach Auffassung der Bundesregierung eigentlich aus diesem Wirtschaftszweig werden, wenn es einen solchen Anbau gibt? Gerade eben hat die Bundesregierung mit ihrer Enthaltung im Zusammenhang mit der Zulassung von Genmais 1507 einen Beitrag dazu geleistet, dass es einen entsprechenden Anbau in Europa gibt. Wir müssen schauen, wie in Zukunft die Situation der Imker und ihres Honigs sein wird, wenn dieser Schwellenwert etwa erreicht wird - was oft nebenher geschieht. Es kann durchaus sein, dass das für sie unzumutbare finanzielle Belastungen zur Folge hätte.

Dr. Maria Flachsbarth (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003527

Liebe Frau Kollegin Künast, ich verstehe Ihre Sorge. Allerdings haben wir uns, was den Sachverhalt angeht, falsch verstanden. Die 0,03 Gramm sind keineswegs ein Grenzwert oder ein Schwellenwert. ({0}) Vielmehr ist es so, dass der Anteil des Pollens im Honig im Normalfall ungefähr nur 0,03 Gramm je Kilogramm Honig beträgt. Das ist ein Fakt. ({1}) - Ja, das ist so. Wir sprachen im Zusammenhang mit der Honigrichtlinie aber über Honig und nicht über reinen Pollen, der verkauft werden soll. In Bezug darauf hatte ich Ihnen die relevanten Grenzwerte genannt. Diese Grenzwerte sind durch die verfügbare Analysetechnik nicht nachweisbar. Von daher stehen wir vor einer Problematik, die nicht ausschließlich politisch, sondern auch materiell begründet ist.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Die übrigen Fragen werden entsprechend unseren Regeln schriftlich beantwortet. Vizepräsidentin Petra Pau Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE Haltung der Bundesregierung zur strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke. ({0})

Klaus Ernst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003753, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht uns um die Frage, wie wir die strafbefreiende Selbstanzeige künftig regeln wollen. Wollen wir als Staat solche Straftaten nicht mehr ahnden? Damit entsteht sogar der Eindruck, als würde der Staat alles tun, um insbesondere Vermögende vor einer Strafverfolgung zu schützen. Das ist jedenfalls der Eindruck, der draußen im Land entsteht. Wie sonst ist es erklärbar, dass man bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung, Beispiele Alice Schwarzer und Hoeneß, durch Selbstanzeige einer eindeutigen Straftat - zu der man sich selbst auch noch bekannt hat - einer Strafe entgehen kann? Wie sonst ist es erklärbar, dass eine Strafverfolgung unterbleibt, selbst dann, wenn der hinterzogene Betrag 50 000 Euro übersteigt und damit nach dem Gesetz eigentlich eine Straffreiheit ausgeschlossen wäre - wenn der Betrüger nach § 398 a der Abgabenordnung doch noch seine Steuern zahlt plus, sagen wir, 5 Prozent Freikaufgebühr? Bei den Bürgern muss doch der Eindruck entstehen: Aha, wer Kohle hat, der kann sich irgendwie freikaufen. Stellen Sie sich vor: Jemand knackt einen Geldautomaten und holt sich 10 000 Euro raus. Auf dem Nachhauseweg fällt ihm ein: Hoppla, ich könnte vielleicht gefilmt worden sein. - Nun bringt er die 10 000 Euro zurück und sagt: Das war zwar eine Straftat; ich zahle aber 500 Euro. - Bleibt er dann auch straffrei? Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen demjenigen, der sich Geld aus einem manipulierten Geldautomaten holt, und demjenigen, der Steuern hinterzogen hat? Ich kann keinen erkennen. ({0}) Warum ist Ladendiebstahl eine Straftat und hat gegebenenfalls gravierende Folgen, während ein Steuerhinterzieher oft nicht einmal vorbestraft ist, obwohl er zigtausend Euro hinterzogen hat? Meine Damen und Herren, die Argumente des Finanzministers sind mir bekannt. Herr Schäuble, Sie sagen: Durch die Selbstanzeige wird dem Staat letztendlich die Möglichkeit gegeben, Millionen in seine Kassen zu bekommen, die er sonst nicht erhalten würde. - Aber, Herr Schäuble, ist es wirklich die Möglichkeit der Selbstanzeige, die zu Steuerehrlichkeit führt, oder ist es nicht vielmehr die Angst desjenigen, der die Steuern hinterzogen hat, entdeckt zu werden, weil der Staat inzwischen, jedenfalls einige Länder, Gott sei Dank und richtigerweise Steuer-CDs kauft? ({1}) Ich kann Ihr Argument nicht ernst nehmen, weil Sie auf der einen Seite sagen, dass der Staat Geld einnehmen soll, sich auf der anderen Seite aber immer vehement dagegen gewehrt haben, dass der Staat Steuer-CDs aufkauft. Herr Schäuble, Sie müssen sich entscheiden, was Sie wollen: Wenn Sie die Kohle wollen, dann müssen Sie auch dafür sorgen, dass die Kohle reinkommen kann. Mit dem Ankauf von Steuer-CDs erreichen wir bei weitem mehr als durch die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung, die Sie gegenwärtig verteidigen. ({2}) Ähnlich ist es mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz; Herr Schäuble, auch das muss ich sagen. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Sie wirklich an das Geld herankommen wollten. Bei dem Steuerabkommen mit der Schweiz ging es aber um nichts anderes als darum, die Anonymität der Straftäter zu wahren. Wir unterscheiden offensichtlich Straftäter im Steuersystem mit entsprechenden Einkommen von allen anderen Straftätern. Das ist nicht akzeptabel, Herr Schäuble. ({3}) Deshalb möchte ich hier noch einmal eindeutig sagen: Die strafbefreiende Selbstanzeige gehört abgeschafft. Gleichzeitig muss geregelt werden, dass Bagatelldelikte - die gibt es ja auch; die sind jetzt auch in dieser Regelung enthalten - ausgenommen bleiben, sodass wir nicht den Kleinen erwischen, sondern die Großen, die von der strafbefreienden Selbstanzeige Gebrauch machen. Der Bundesrepublik gehen nach Angaben der Deutschen Steuer-Gewerkschaft jährlich circa 50 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren. Das ist ein Sechstel des Bundeshaushalts. Eine Klimaveränderung ist notwendig: Es muss klar sein, dass Steuerhinterziehung kein Bagatelldelikt ist. Das wird insbesondere dadurch erreicht, dass man den Straftatbestand der Steuerhinterziehung als solchen wertet und die Steuerbetrüger nicht mit allen möglichen Tricks letztendlich straffrei stellt. Das kann nicht sein. ({4}) Steuergerechtigkeit ist notwendig: Wer betrügt, wird bestraft. Auch wenn dieser Grundsatz gilt, sieht das Strafrecht die Möglichkeit zur Unterscheidung vor. Ein Richter kann natürlich unterscheiden: Ist der Täter geständig? Macht er freiwillig Angaben? Das kann der Richter beim Strafmaß berücksichtigen. Aber rechtlich festzulegen, dass ein solcher Täter prinzipiell straffrei bleibt, obwohl er den Straftatbestand erfüllt hat, das geht meines Erachtens überhaupt nicht. ({5}) Was wir brauchen, sind mehr Steuerfahnder, Herr Schäuble. Wir wissen, dass jeder Steuerfahnder ungefähr das Zwanzigfache von dem hereinbringt, was er kostet. Wo bleibt die Initiative dieser Bundesregierung, damit wir durch mehr Steuerfahnder ein wenig von den 50 Milliarden Euro hereinholen, die uns jährlich verloren gehen? ({6}) Kein Steuerflüchtling soll sich sicher fühlen. Deshalb brauchen wir mehr Steuer-CDs. Das ist besser als jede Befreiung von der Strafverfolgung. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble. ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ernst, im Strafrecht gilt generell: Sie hängen keinen, Sie hätten ihn denn. Die erste Voraussetzung, um jemanden, der ein strafbares Verhalten begangen hat, bestrafen zu können, ist, dass man seine Straftat erkennt und ihn ertappt. Daraus ergibt sich der Unterschied, nach dem Sie gefragt haben. Es geht gar nicht nur um die fiskalischen Interessen des Staates. Zunächst einmal ist das Problem, dass im Steuerrecht etwas ganz anderes gilt als in der sonstigen Rechtsordnung. In Steuerverfahren verlangen wir von allen Steuerpflichtigen eine umfassende Auskunft. Ansonsten gibt es in unserem Rechtsstaat das grundlegende Prinzip, dass niemand sich selbst belasten muss. Daraus ergibt sich ein gewisser Konflikt, der übrigens auch die Debatte um die strafbefreiende Selbstanzeige unter Verfassungsgesichtspunkten ziemlich kompliziert macht. Wenn Sie dieses Problem nicht für Zwecke einer nachvollziehbaren, auch relativ einfachen Polemik nutzen, sondern an einer ernsthaften Sacherörterung interessiert sind, dann müssen Sie sich zunächst mit der folgenden Frage auseinandersetzen: Gesetzt den Fall, wir würden abschaffen, was vor etwa 100 Jahren in den Erzberger’schen Steuerreformen eingeführt worden ist, was wäre dann? Das ist ein bewährtes Rechtsinstitut - das ist ja nicht neu -, und es gab dafür gute Gründe. Ich könnte Ihnen zu Matthias Erzberger viel erzählen. Es hat lange gedauert, bis man seine Verdienste in Berlin einigermaßen gewürdigt hat. Wir haben einen Saal im Bundesfinanzministerium nach ihm benannt. Dies hat er wirklich verdient. - Seitdem gilt das Prinzip, dass man sich nicht selbst belasten muss, im Steuerrecht nicht; denn sonst kann man die steuerlichen Pflichten nicht erfüllen, und Vergehen werden auch nicht entdeckt. Daraus ergibt sich das Problem: Wir verlangen vom Steuerpflichtigen, dass er seine Verhältnisse vollständig offenbart, damit wir ihn entsprechend den Steuergesetzen besteuern können. Er muss sich also, wenn Sie so wollen, selbst belasten. Im Strafrecht muss er das ausdrücklich nicht. Wenn wir Ihrer Forderung nachkämen, die strafbefreiende Selbstanzeige ersatzlos abzuschaffen, dann, so wette ich, hätten wir in der Mehrzahl der Steuerverfahren folgendes Problem: Die Verteidiger der Angeklagten würden geltend machen, dass das Belastungsmaterial durch Steuererklärungen des Beschuldigten, des Angeklagten erlangt wurde und deswegen strafprozessual nicht verwertbar ist. So würden dann weniger bestraft werden als bisher. Dieses Problem beschäftigt Sie bei Ihrer Polemik nicht. Dies ist ein sachliches Argument; Sie sollten es trotzdem ernst nehmen. ({0}) - Bei Steuer-CDs, Herr Kollege Ernst, sind Sie bei mir nicht an der richtigen Adresse. Ich habe im Frühjahr 2010 - da war ich erst relativ kurze Zeit Finanzminister - nach einer sorgfältigen Abwägung - der erste Antrag kam vom Land NordrheinWestfalen - entschieden, dass wir einem solchen Ankauf von Steuer-CDs zustimmen und die Hälfte der Kosten übernehmen. Wir machen das regelmäßig in einem bewährten Verfahren. Es war eine schwierige Abwägung, weil natürlich diejenigen, die Steuer-CDs verkaufen, nicht zum erfreulichsten Teil der menschlichen Gesellschaft gehören. Sie handeln anonym und mit allen möglichen Tricks. Im Übrigen ist ihr Handeln nach der Rechtsordnung anderer Länder strafbar. Wir haben unsere Vorstellungen von Datenschutz und Datenmissbrauch bzw. vom Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen, und wir müssen Respekt davor haben, dass auch andere derartige Vorstellungen haben. Trotzdem haben wir uns in der Abwägung dafür entschieden. Denn die Globalisierung schafft sehr viele neue Möglichkeiten der Steuerhinterziehung, und solange wir nicht den vollen Informationsaustausch zwischen den einzelnen Ländern haben, ist der Ankauf von SteuerCDs, von solchen Datensammlungen in der Güterabwägung richtig. Wir haben diese Entscheidung also getroffen. Wir haben jetzt gerade wieder so entschieden. Der Bund beteiligt sich immer mit 50 Prozent an den Ankaufkosten, obwohl er an dem Mehraufkommen bei der Einkommensteuer nur zu 42,5 Prozent partizipiert. Übrigens tragen nicht alle Länder die restlichen Kosten. Gucken Sie mal nach, ob das Land, in dem Ihre Partei an der Regierung beteiligt ist, sich an den Kosten des Ankaufs beteiligt. Ich bin nicht ganz sicher. Sie können das ja parteiintern klären, Herr Kollege Ernst. ({1}) - Ja, gut. Bei Ihnen darf man nicht so genau hinschauen. ({2}) Der entscheidende Punkt bei der strafbefreienden Selbstanzeige ist natürlich - das müssen wir bedenken; wir haben es mit dem hohen Gut der Steuergerechtigkeit zu tun -: Steuerhinterziehung ist strafbares Unrecht und muss bestraft werden. Nichts anderes gilt. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. ({3}) Über die Ausreden, die ich zum Teil höre, muss ich schon fast mit einer gewissen Milde sagen: Na ja, wenn man in einer blöden Lage ist, sagt man manchmal viele dumme Sachen. - Die meisten haben öffentlich Ausreden gebraucht, die ihre Lage nicht besser, sondern schlechter gemacht haben. ({4}) Auch das ist wahr. Aber das will ich hier nicht kommentieren. Wir müssen uns ernsthaft damit beschäftigen. Wir müssen immer wieder das Rechtsinstitut, das wir haben, prüfen. Aber wenn wir Steuergerechtigkeit verwirklichen wollen, müssen wir einen Anreiz geben für die Menschen, die Steuern hinterzogen haben und deren Tat nicht entdeckt ist und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit unentdeckt verjähren würde. Wenn es unentdeckt verjährt, würden sie nie zahlen; das wäre auch nicht Steuergerechtigkeit. Deswegen müssen wir ihnen ein Angebot machen, unter Zahlung einer Strafe nicht strafverfolgt zu werden. Sie müssen Strafe zahlen; das bleibt strafbares Unrecht. Es ist nach der Systematik der Gesetzesänderung, die wir 2011 gemacht haben, nur ein Strafverfolgungshinderungsgrund. Sie müssen mehr zahlen als eine Art pauschalierte Strafe. Wir machen ihnen das Angebot, sich zu stellen, obwohl sie nicht entdeckt sind. Wenn sie bereits entdeckt sind, können sie von der Vergünstigung der strafbefreienden Selbstanzeige keinen Gebrauch mehr machen. Die Frage ist: Was ist mit denen, die sich nicht stellen oder nicht kooperieren wollen? Ich habe gerade an einer Fernsehsendung teilgenommen, in der auch eine Staatsanwältin zugegen war, die gesagt hat: Wenn die nicht kooperieren, dann wird es schwer, sie zu kriegen. - Deswegen müssen wir schauen, wie wir sie dazu kriegen. ({5}) Aber das ist eine andere Debatte, die ich hier nicht führen will. Und dann muss man immer wieder prüfen, ob angesichts der Entwicklung der Verhältnisse die Regelung noch dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung entspricht. Deswegen haben wir das Gesetz im Jahre 2011 verschärft. Es ist komplizierter geworden: Wer die strafbefreiende Wirkung will, muss jetzt vollständig alles aufdecken. Nachdem im vergangenen Jahr einige Fälle von Steuerhinterziehung die Öffentlichkeit wieder sehr beschäftigt hatten, haben wir uns in der Finanzministerkonferenz der Bundesländer - Steuerverwaltung ist Ländersache - mit dieser Frage beschäftigt. Es ging unter anderem darum, wie viele Steuerfahnder die Länder beschäftigen. Der Einzige, der sich dazu vernünftigerweise nicht äußern sollte, ist der Bundesfinanzminister: weil ihm die Länder sonst unkollegiales Verhalten vorwerfen. Steuerverwaltung ist Ländersache; das ist so, Herr Kollege Ernst. Ich bin nicht der Aufseher der Bundesländer - das entspricht nicht unserem föderalen Verständnis -, vielmehr haben die Länder ihre eigene, ihnen vom Grundgesetz zugewiesene Verantwortung. Wir haben damals verabredet, dass die Fachleute - die Steuerabteilungsleiter - einen Bericht darüber erstellen sollen, welche zusätzlichen Maßnahmen man vernünftigerweise ergreifen kann, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten. Der Bericht der Fachleute liegt vor, und die Staatssekretäre bzw. die Finanzminister werden sich demnächst damit beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass wir einvernehmlich vorschlagen werden, den Strafzuschlag entsprechend zu verschärfen, und vielleicht, die Frist entsprechend zu verlängern: auf zehn Jahre. Aber es ist eine gemeinsame Haltung der Finanzministerien von Bund und Ländern, dass man insgesamt an dem bewährten Rechtsinstitut der strafbefreienden Selbstanzeige - mit den Einschränkungen, die ich genannt habe - festhalten sollte. Sonst werden wir weniger Straftäter entdecken. Damit würden wir auch nicht der Gerechtigkeit helfen, allenfalls polemischen Bedürfnissen - aber das ist nicht unsere Verantwortung. Herzlichen Dank. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Lisa Paus das Wort.

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schäuble, auch wenn Sie es gerne verdrängen und es jetzt mit keinem Wort erwähnt haben: Wir führen die heutige Debatte nur aus einem einzigen Grund, und zwar weil die rot-grünen Bundesländer im Bundesrat das deutsch-schweizerische Steuerabkommen gestoppt haben. ({0}) Weder der Fall Hoeneß noch der Fall Schwarzer wären bekannt geworden, wenn das Abkommen mit der Schweiz im Sinne von Finanzminister Schäuble bzw. der Bundesregierung in Kraft getreten wäre. Mit seiner Ablehnung des Steuerabkommens hat der Bundesrat den Weg frei gemacht für einen automatischen Informationsaustausch, europäisch und international. ({1}) Das deutsche Recht kennt die strafbefreiende Selbstanzeige schon seit dem 19. Jahrhundert. Sie hat nicht zu einer nennenswerten Zahl von Selbstanzeigen geführt ({2}) und auch nicht zu Milliardenbeträgen an Steuern, die nachgezahlt worden wären. Erst seitdem deutsche Behörden Steuer-CDs ankaufen und der Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt und damit den Weg für einen automatischen Informationsaustausch frei gemacht hat, ist die Zahl der Selbstanzeigen gestieLisa Paus gen: 2013 gab es mit 25 000 Selbstanzeigen fast dreimal so viele wie 2012. Das zeigt: Mehr Transparenz ist entscheidend für einen erfolgreichen Kampf gegen Steuerbetrug. ({3}) Zu einem erfolgreichen Kampf gegen Steuerhinterziehung gehören allerdings auch staatliche Amtsträger, denen man abnimmt, dass sie bereit sind, sich selbst an die Gesetze zu halten. Der Fall Linssen und der Fall Schmitz - vor allen Dingen der Umgang mit diesen Fällen - zeigen, dass es auch in Teilen der politischen Elite dieses Landes offenbar nach wie vor eine Doppelmoral gibt, die nicht mehr geduldet werden kann. Damit muss endlich Schluss sein, meine Damen und Herren. ({4}) Bis vor einem halben Jahr hätte ich vorwegnehmen können, wie eine solche Debatte in diesem Hause verlaufen würde und welche Positionen die Union auf der einen und die SPD auf der anderen Seite vertreten würden. Stellen Sie sich vor, es wäre damals bekannt geworden, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin, ein Sozialdemokrat, einen überführten Steuerhinterzieher in seiner Regierungsmannschaft hält. Herr Schmitz hat sich übrigens nicht selbst angezeigt, sondern ist durch eine Steuer-CD überführt worden. Dennoch hielt Klaus Wowereit es nicht für nötig, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Wenn das vor einem halben Jahr bekannt geworden wäre, wären hier die Fetzen geflogen. Was ist heute? Nichts. Ich sage Ihnen: Ich als Berlinerin schäme mich dafür, dass die SPD die Affäre Wowereit in Pofalla-Manier für beendet erklärt und zur Tagesordnung übergehen will. Das werden wir nicht durchgehen lassen. ({5}) Das zeigt eben leider, dass trotz aller Lippenbekenntnisse und starken Worte relevante Teile der SPD Steuerbetrug immer noch für ein Kavaliersdelikt halten. ({6}) Es ist aber eben eine Straftat. Meine Damen und Herren von der Union, bevor Sie sich hier genüsslich zurücklehnen, möchte ich Ihnen sagen: Auch Sie müssen sich ehrlich machen. Ich habe gerade in der Fragestunde erfahren, dass es auch bei der Bundesregierung keine Leitlinien gibt, die besagen, wie man mit solchen Fällen umzugehen gedenkt, und dass es offenbar in der 17. Legislaturperiode in der Bundesregierung einen strafrelevanten Fall gegeben haben soll; es war von „seltenen Fällen“ die Rede. Mich interessiert wirklich - es wurde zugesagt, dass darüber schriftlich informiert wird -, welche disziplinarrechtlichen Folgen das gehabt hat. Vor allen Dingen interessiert mich aber, wie die jetzige Bundesregierung damit umgehen wird. Die neue Amtszeit hat eben erst begonnen. Von der einen oder anderen Seite wurden durchaus starke Worte gewählt. Sie sind jetzt in der Regierung. Deswegen werden wir Sie nicht an Ihren Worten, sondern an Ihren Taten messen. Sie haben es in der Hand, für mehr Transparenz und eine entsprechende Verfolgung von Steuerbetrügern zu sorgen. Es ist Ihr Job, die Steuerfahndung auf Länder- und Bundesebene mit ausreichend Personal auszustatten und dafür zu sorgen, dass es endlich wieder Steuerehrlichkeit in diesem Lande gibt. Packen Sie es an! Die Zeit ist knapp. Sie wissen, was für das Land auf dem Spiel steht. Herzlichen Dank. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Andreas Schwarz für die SPD-Fraktion. ({0})

Andreas Schwarz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004407, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis zu meiner Wahl in den Deutschen Bundestag im letzten Jahr war ich Bürgermeister im Bamberger Land. In diesen fast 18 Jahren standen meine Gemeinde und ich allzu oft vor der Frage, was wir uns leisten können und was nicht. Häufig hieß es angesichts knapper Kassen „entweder oder“. Die Kommunen, aber auch alle anderen staatlichen Ebenen im Land können nicht auf das Geld verzichten, das durch Steuerhinterziehung verloren geht. ({0}) Aber ich bin auch Unternehmer. Als dieser bin ich überzeugt, dass die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land ehrliche Steuerzahler sind. ({1}) Steuerhinterziehung bestraft die Ehrlichen unter uns. Vor allem bin ich aber auch Bürger unseres Landes. Meine Nachbarn in meinem Ort wollen von uns allen wissen, wie wir dafür Sorge tragen, dass Steuerhinterziehung nicht nur verhindert, sondern auch konsequent verfolgt und bestraft wird. Ich finde es verharmlosend und es ärgert mich, wenn Menschen, die unserem Staat Steuern vorenthalten, „Steuersünder“ genannt oder ihre Taten gar als Kavaliersdelikte bezeichnet werden. ({2}) Nein, diese Menschen sind keine Sünder; sie sind Betrüger. ({3}) Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Publizistinnen, Fußballmanager, ehemalige DAX-Vorstände oder Staatssekretäre handelt. Wollen wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft erhalten, müssen wir nicht nur Steuerhinterziehung konsequent verfolgen, sondern auch über eine Verschärfung der Rechtslage nachdenken. ({4}) Dabei gilt es, auch darauf zu achten, dass uns die rechtsstaatlichen Prinzipien gewisse Grenzen bei der Weiterentwicklung unserer Werkzeuge vorgeben. Aufgrund der aktuellen Steuerfälle sehen wir als SPD-Fraktion hier weiteren Handlungsbedarf. Wir wünschen uns weitere Verschärfungen; denn wir müssen unbedingt den Eindruck vermeiden, dass jemand, der Steuern hinterzieht und zum Instrument der Selbstanzeige greift, am Ende noch besser dasteht als der ehrliche Steuerzahler oder die ehrliche Steuerzahlerin. ({5}) Über die Höhe des aktuell formulierten Hinterziehungsvolumens von 50 000 Euro muss deshalb mit Sicherheit diskutiert werden. Wir halten es jedoch auch für geboten, zu hinterfragen, wie lange wir es noch zulassen wollen, dass sich Steuerhinterzieher über die aktuell gültige Regelung freikaufen können. Denkbar wäre etwa eine Übergangsfrist, die ein Auslaufen der aktuell gültigen Regelung klar festsetzt. Steuerhinterzieher hätten dann ausreichend Zeit, daheim reinen Tisch zu machen und zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Dies haben wir als SPD-Bundestagsfraktion bereits im Jahre 2010 in einem Gesetzentwurf gefordert. Wer trotz der aktuellen Debatte künftig Steuern hinterzieht und somit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land Schaden zufügt, der sollte sich nicht mehr auf Strafbefreiung verlassen dürfen. ({6}) Auch die Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz durch die Sozialdemokratie hat sich als absolut richtig erwiesen. Der Fall Hoeneß und der Ankauf von Steuer-CDs - übrigens nicht nur durch sozialdemokratische Finanzminister - haben den Druck auf die Nichtsteuerzahler so erhöht, dass die Zahl der Selbstanzeigen massiv angestiegen ist und weiter ansteigt. Der Staat hat Milliarden an Mehreinnahmen erzielen können. Niemand kann sich mehr sicher sein, dass Steuerhinterziehung im Verborgenen bleibt. Das Steuergeheimnis gilt ohne Wenn und Aber. Genauso gilt aber: Das Steuergeheimnis ist zum Schutz der ehrlichen Steuerzahler eingeführt worden und nicht als Deckmantel für Steuerhinterziehung. ({7}) Auf Betreiben der SPD haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, weiterhin entschlossen gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen und die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige weiterzuentwickeln. Auch auf europäischer Ebene öffnet sich jetzt ein Fenster, das wir nutzen müssen. Die aktuellen Äußerungen des luxemburgischen Ministerpräsidenten lassen den Schluss zu, dass endlich Bewegung in die Verhandlungen über den automatischen Datenaustausch kommt. Bisher haben sich die Schweiz, Österreich und Luxemburg gekonnt stets gegenseitig den Schwarzen Peter des Blockierers zugeschoben. Für die weiteren Verhandlungen mit der Schweiz und Österreich wünschen wir der Bundesregierung viel Erfolg. ({8}) Aber auch wir haben unsere Hausaufgaben zu erledigen. Bereits heute könnten wir deutlich mehr Steuereinnahmen erzielen, wenn wir unsere Finanzverwaltungen in den Ländern mit mehr Personal ausstatten würden. Manche Bundesländer sind diesen Weg bereits gegangen. Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat Hunderte neue Kräfte eingestellt. Ich will aber nicht verhehlen, dass hier vor allem in meinem Heimatbundesland Bayern noch erheblicher Nachholbedarf besteht. Hier muss dringend nachgebessert werden. ({9}) Sie sehen, wir haben auf allen Ebenen Handlungsbedarf: in Europa, auf Bundes- und auf Länderebene. Nur in einem Dreiklang stellen wir sicher, dass sich Steuerhinterziehung künftig nicht mehr lohnt. Ich komme zum Schluss. - Gemeinsam fiebern wir gerade mit unseren Sportlerinnen und Sportlern in Sotschi. Da gerade Olympische Spiele stattfinden: Auch beim Steuerzahlen gilt der olympische Gedanke „Dabei sein ist alles“. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({10})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Schwarz, das war Ihre erste Rede im Hohen Hause. Wir wünschen Ihnen fraktionsübergreifend viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit im Bundestag. ({0}) Das Wort hat der Kollege Richard Pitterle für die Fraktion Die Linke. ({1})

Richard Pitterle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004129, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach den Steuerskandalen begann am Montag die Zeitung mit den vier Buchstaben, die sich selbst zur einzigen außerparlamentarischen Opposition ausgerufen hat, eine große Diskussion um die Ehrlichkeit der Deutschen. Da durfte ein Geistlicher gestehen, er habe sich in der Schule Mathematikformeln auf die Manschette geschrieben. Eine Julia wird mit dem Geständnis zitiert, ihrem Mann verschwiegen zu haben, dass sie keine Jungfrau mehr ist; und Kevin schließlich hat seine Freundin betrogen. Mit dieser Art der Diskussion und diesen Geständnissen soll der Eindruck erzeugt werden: Irgendwie betrügen doch alle. Also, warum die Aufregung um die kürzlich veröffentlichten Fälle von Steuertourismus? - Eine solche Diskussion ist ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die morgens früh zur Arbeit gehen und denen Monat für Monat, Jahr für Jahr die Steuer vom Lohn abgezogen wird. ({0}) Aber auch die meisten Selbstständigen und die Mittelständler, die ehrlich ihre Steuern zahlen, müssen sich bei diesen Beispielen der Bild-Zeitung veralbert vorkommen. Mit der strafbefreienden Selbstanzeige können sich reiche und superreiche Steuertouristen, die ihr Geld in die Schweiz oder in andere Steueroasen gebracht und die Zinseinkünfte beim Finanzamt verschwiegen haben, von einer Strafverfolgung freikaufen. Sie zahlen nur die in den letzten fünf oder zehn Jahren - je nach Höhe - hinterzogenen Steuern zurück. Wenn sie 30 Jahre lang den Staat belogen und betrogen haben, brauchen sie für 20 oder 25 Jahre nichts zu zahlen. Meine Damen und Herren von der Koalition, finden Sie das gerecht? ({1}) Zwar sind im Nachgang auch die angefallenen Zinsen zu überweisen. Das gilt aber für jeden, der seine Steuern zu spät zahlt. Wenn man mehr als 50 000 Euro hinterzogen hat, legen die Steuertouristen noch einmal 5 Prozent der hinterzogenen Steuern drauf und kaufen sich frei. Es gibt kein Strafverfahren, und sie sind auch nicht vorbestraft. Meine Damen und Herren von der Koalition, finden Sie das gerecht? ({2}) Fast alle Menschen im Land und auch ich sind der Meinung, dass es an der Zeit ist, die Selbstanzeige für solchen Steuertourismus endlich abzuschaffen. ({3}) Nehmen wir einmal die Summe von 50 000 Euro an hinterzogenen Steuern. Das ist der Betrag, ab dem man eine Strafsteuer von 5 Prozent zu zahlen hat. Das durchschnittliche Nettoeinkommen - wohlgemerkt: Nettoeinkommen - eines Arbeitnehmers beträgt rund 24 000 Euro im Jahr. Bis ein durchschnittlicher Arbeitnehmer 50 000 Euro zusammengespart hat, dauert es rund zehn Jahre. Da braucht man sich doch nicht zu wundern, wenn die Leute im Land sagen: Die da oben interessiert nicht das Allgemeinwohl; die wollen sich nur die Taschen füllen. ({4}) Diese Situation können wir nicht so belassen. Nun zur SPD. Ich habe den Sprecher der Bundestagsfraktion, Herrn Oppermann, so verstanden, dass Sie für die Abschaffung der Selbstanzeige sind. Sie haben ja selbst erwähnt, dass Sie in der letzten Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Ihre Finanzminister in den Ländern haben ziemlich gebremst und hervorgehoben, lieber von der Selbstanzeige profitieren zu wollen. Ich frage Sie: Wären Sie wenigstens bereit, für die Abschaffung der Selbstanzeige im Hinblick auf den Steuertourismus die Hand zu heben? Ich bin mir sicher, dafür gäbe es in diesem Parlament eine Mehrheit. Warum nutzen wir sie nicht? ({5}) Der Gedanke der Selbstanzeige wird mit dem Verhalten der aktuell bekannt gewordenen Fälle ins Gegenteil verkehrt. Nicht etwa tätige Reue, die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit ist die Motivation für die Selbstanzeige. Es sind vielmehr immer äußere Umstände wie das Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz oder das Auftauchen der Steuer-CDs, die viele zur Selbstanzeige in diesem Bereich treiben. Erst wenn das Entdeckungsrisiko steigt, halten viele die Zeit für gekommen, sich zu offenbaren. Zu guter Letzt interessiert mich, Herr Schäuble: Was will die Bundesregierung konkret gegen diesen Steuertourismus unternehmen? Meine Damen und Herren, der beste Weg, Steuerhinterziehung zu verhindern, ist, über eine ausreichende Personalausstattung der Finanzämter und genügend Betriebsprüfungen dafür zu sorgen, dass die Einkommen in der Steuererklärung vollständig angegeben und die anfallenden Steuern gezahlt werden. Aber es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um Steuergerechtigkeit. Vielen Dank. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Antje Tillmann das Wort. ({0})

Antje Tillmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003646, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir im Rahmen der Regierungserklärung der Kanzlerin hier die Gelegenheit hatten, uns über die Finanz- und Steuerpolitik dieser Regierung auszutauschen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich die Einzige war, die für unsere Fraktion gesagt hat, dass wir sicherstellen müssen, dass wir mit den Steuern, die heute festgesetzt werden, auskommen, dass wir den Haushalt so aufstellen müssen, dass wir die Steuern nicht erhöhen müssen. Alle anderen Fraktionen waren anderer Meinung. Aber weil wir dieses Versprechen gegeben haben und beabsichtigen, diese Zusage, Steuern nicht zu erhöhen, auch einzuhalten, erwarten wir, dass jeder die gegen ihn festgesetzte Steuer auch zahlt. ({0}) Die Gegenleistungen des Gemeinwesens, an das die Steuern zu zahlen sind, können sich sehen lassen: kostenlose Bildung, befahrbare Straßen oder allein die Tatsache, dass wir unsere Kinder ohne Beaufsichtigung bzw. Bewachung in die Schule schicken können, wie es in anderen Ländern nötig ist. Diese Gegenleistung bekommt jeder, der Steuern zahlt, und ich behaupte, dass es in Deutschland niemanden gibt, der mehr Steuern zahlen muss, als er an solchen Gegenleistungen zurück944 bekommt. Weil das so ist, erwarten wir, dass die festgesetzten Steuern abgeführt werden. Herr Kollege Ernst, es trifft nicht zu, dass die strafbefreiende Selbstanzeige dem Schutz der Steuerhinterzieher dient; sie ist vielmehr dafür gedacht, die Steuern einzutreiben, die der Gemeinschaft zustehen. Wir brauchen die strafbefreiende Selbstanzeige aus unterschiedlichen Gründen. Derjenige, der nach einer begangenen Steuerhinterziehung vollumfänglich steuerehrlich werden möchte, soll diesen Weg gehen können. Das kann der Steuerpflichtige selbst sein, der einen alten Fehler wiedergutmachen will - und das ist eben nicht nur der reiche Steuerhinterzieher, wie Herr Kollege Pitterle gerade gesagt hat, sondern auch die Rentnerin, die über Jahre gedacht hat, ihre Rente sei steuerfrei; auch sie profitiert von der strafbefreienden Selbstanzeige -; das kann aber auch die Erbengeneration sein. Was soll denn die Tochter eines Steuerhinterziehers machen, die im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge das Bankkonto in der Schweiz von ihrem Vater übertragen bekommt und die anfallenden Zinsen ordnungsgemäß erklären will? Sie kann doch sicher sein, dass die Finanzbehörde sofort nach der Kapitalquelle fragt. Wenn sie verhindern will, dass sie ihren Vater wegen Steuerhinterziehung dranbekommen, dann hilft nur die strafbefreiende Selbstanzeige, die der Vater rechtzeitig vor dieser vorweggenommenen Erbfolge einreicht. Aber auch die Finanzbehörden brauchen die strafbefreiende Selbstanzeige. Sie benötigen die Mitwirkung der Steuerpflichtigen bei der Steuerfestsetzung; denn der Weg von einer Zahl auf einer CD bis zum klagefähigen Steuerbescheid ist sehr weit, wenn der Steuerpflichtige nicht mitwirken muss. Das muss er nicht, wenn gegen ihn ermittelt wird; denn er hat ein Aussageverweigerungsrecht. Aber noch viel wichtiger finde ich, dass wir die Aussage des Steuerpflichtigen für die Gruppe von Menschen brauchen, die bei Steuerhinterziehung helfen. Banker und Anlageberater haben sich in der Vergangenheit - natürlich in Einzelfällen, aber doch immer wieder - dazu hinreißen lassen, zu Steuerhinterziehung zu raten. Wir brauchen im Verfahren gegen diese Berater die Aussage des Steuerpflichtigen, die er aber nie machen würde, wenn er sich dadurch selbst belastet. Also brauchen wir auch hier die strafbefreiende Selbstanzeige, um dem Beratungsmissbrauch einen Riegel vorzuschieben. ({1}) Ich gebe gerne zu, dass wir in der Vergangenheit auch unbefriedigende Fälle hatten. Wir hatten Fälle, in denen sehr berechnend mit der Selbstanzeige umgegangen worden ist; wir alle kennen sie. Wir werden uns - das ist auch richtig - mit einer Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige anhand der Liste der Vorschläge der Bund-Länder-Kommission beschäftigen, die über ziemlich viele Seiten dargestellt hat, wo Verschärfungen sinnvoll und wo Verschärfungen nicht sinnvoll sind. Finanzminister Schäuble hat einige Beispiele genannt. Ja, natürlich können wir über den Zeitraum nachdenken, darüber, ob es richtig ist, fünf Jahre zu erklären und das sechste hinterzogene Jahr weiter zu verschweigen. Wir können darüber diskutieren, ob es richtig ist, dass derjenige, der sich selbst anzeigt, hinterher wirtschaftlich günstiger dasteht, als wenn er von Anfang an die Steuern richtig gezahlt hätte. ({2}) All diese Fälle wollen wir nicht. Für all diese Fälle ist die Selbstanzeige auch nicht geschaffen worden, sondern nur für den, der tatsächlich steuerehrlich in die Zukunft gehen möchte. Ihm möchten wir diesen Weg ebnen, weil es im Sinne unserer Gemeinschaft ist, dass die Steuern eingenommen werden. ({3}) Die strafbefreiende Selbstanzeige muss aber für den Steuerpflichtigen berechenbar sein. Das heißt, er muss wissen, was auf ihn zukommt. Seine Steuerberater und Anwälte müssen wissen, was sie ihrem Mandanten raten. Sie müssen auch sicher sein, dass das, was wir von ihm verlangen, möglich ist. Kontoauszüge der letzten 20 Jahre zu verlangen, ist ganz sicher nicht möglich. Die Frage, wie weit man steuerehrlich sein kann, wird man im Einzelfall beurteilen müssen. Wir müssen darauf achten, dass die betreffenden Mandanten das, was wir beschließen, auch erfüllen können, um das Instrument der Selbstanzeige nicht kaputtzumachen. In diesem Zusammenhang müssen wir auch über das Steuergeheimnis sprechen; denn es steht nirgendwo in der Abgabenordnung, dass das Steuergeheimnis für Prominente und Politiker nicht gilt. Wir müssen die Möglichkeiten bieten, mit der strafbefreienden Selbstanzeige das Leben zu regeln, ohne jeden Tag in den Zeitungen dieser Republik durch den Dreck gezogen zu werden. ({4}) Das mag vielleicht zu Recht geschehen. Dennoch ist es nicht richtig. Die Strafe, an den Pranger zu stellen, sieht die Abgabenordnung nicht vor. Abschließend: Wir haben auch andere Möglichkeiten. Wir sollten Steuerhinterziehung direkt verhindern. Wir haben heute Morgen im Finanzausschuss über den automatischen Informationsaustausch gesprochen. Wir diskutieren über BEPS, mit dem wir wirtschaftlich unvernünftige Steuergestaltungen verhindern wollen. Wir wollen also zukünftig Wege der Steuerhinterziehung erst gar nicht ermöglichen. Verhinderte Steuerhinterziehung verhindert auch eine strafbefreiende Selbstanzeige. Das werden wir in dieser Legislaturperiode auf jeden Fall weiter forcieren, und zwar auf allen Ebenen. Ich freue mich über jeden, der dabei ist. Danke. ({5})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr. Thomas Gambke für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thomas Gambke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004037, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über das Thema „strafbefreiende Selbstanzeige“ ist in der Republik, in Talkshows und Presseklubs intensiv diskutiert worden. Ich will das wiederholen, was ich in den letzten drei Jahren bei drei Gelegenheiten zum Steuerabkommen mit der Schweiz sagen durfte. Herr Schäuble, ich kann Ihnen nicht ersparen, Ihnen zu sagen, dass ich ein bisschen enttäuscht darüber bin, dass der automatische Informationsaustausch im Steuerabkommen explizit ausgeschlossen wurde, um so zu versuchen, dieses Abkommen - Sie haben darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, weil sonst Verjährungsfristen eintreten würden und so dem Staat Geld entgehe - zu retten. Wenn dieses Steuerabkommen verabschiedet worden wäre, dann hätte es keinen Fall Hoeneß und keinen Fall Schwarzer gegeben, und dann würden wir über den Umgang mit der strafbefreienden Selbstanzeige überhaupt nicht diskutieren. Ich finde, da wäre ein bisschen mehr Ehrlichkeit angebracht gewesen. ({0}) Ich will die Debatte etwas erweitern. Wir tun so, als ob es ausschließlich um die strafbefreiende Selbstanzeige ginge. Wir sollten auch einmal vor der eigenen Tür kehren. In der EU-Zinsrichtlinie und ihrer Erweiterung wird gefordert, Informationen über Steuerpflichtige weiterzugeben. Was machen wir in Deutschland? In Deutschland machen wir das nicht. Eine Möglichkeit, das zu beheben - wir Grüne fordern das -, wäre, die Abgeltungsteuer wieder abzuschaffen, sodass sich jeder erklären muss. Zumindest muss aber den Banken - das haben wir schon vor drei Jahren gefordert - die Pflicht auferlegt werden, eine Kontrollmitteilung über Kapitaleinkünfte an die Finanzämter zu geben. Machen Sie das, damit wir uns auch in Deutschland endlich ehrlich machen und hier Transparenz schaffen! Das ist Voraussetzung für Steuerehrlichkeit. ({1}) Ich denke, dass das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige, dessen Schwierigkeiten der Herr Bundesminister dargelegt hat, nach wie vor seine Berechtigung hat; ich möchte das gar nicht wiederholen. Aber wir müssen genauer hinschauen; denn die Tatsache, dass die strafbefreiende Selbstanzeige dazu führen kann, dass sich derjenige, der sie nutzt, besserstellt als der ehrliche Steuerzahler, existiert nicht erst seit heute, Frau Tillmann. Wenn Sie unseren Antrag vor drei Jahren tatsächlich gelesen ({2}) und nicht nur gegen ihn gestimmt hätten, dann hätten Sie mitbekommen, dass wir eine Erhöhung des Strafzuschlags gefordert haben. Die Bund-Länder-Kommission fordert das nun. Wir müssen aber auch über die Fristigkeit, mit der sie fällig wird, reden. Das alles steht darin. Ich vertraue sehr auf die Kollegen der SPD, die hoffentlich unvoreingenommener an das Thema herangehen und sich endlich damit beschäftigen, die strafbefreiende Selbstanzeige auch in Deutschland zu einem Instrument zu machen, das fair und richtig ist und nicht den belohnt, der die Steuern nicht zahlt. ({3}) - Das ist kein Unsinn, sondern genau das, was wir machen müssen und was ich im Übrigen Gott sei Dank auch höre. Dazu gehört aber auch, dass wir den Abstand zu dem, der straffällig wird, weil er sich nicht erklärt, im Auge behalten. Auch daran muss man denken. Es macht keinen Sinn, bei strafbefreienden Selbstanzeigen Fristen, den Strafzuschlag oder andere Details zu korrigieren, aber denjenigen, der eine strafbefreiende Selbstanzeige einreicht, schlechter zu stellen als den, der erwischt wird. Ich bitte Sie, doch sehr darauf zu achten, ein vernünftiges Instrument vorzulegen, und nichts zu unternehmen, was nur der momentanen Debatte geschuldet ist. ({4}) Ich komme auf das Thema Transparenz zurück, weil das der kritische Punkt ist. Das betrifft die CD-Ankäufe und den automatischen Informationsaustausch. Ich bitte, noch einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht mit mehr Nachdruck in die Doppelbesteuerungsabkommen und in die Steuerinformationsaustauschabkommen entsprechende Regelungen aufnehmen sollten. Da vermisse ich - Sie kennen meine Nachfragen im Finanzausschuss - ein wirkliches Bekenntnis dazu, kein einziges Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen, wenn nicht ein automatischer Informationsaustausch vereinbart ist. ({5}) Ein letztes Wort dazu: Dazu gehört auch, dass wir uns endlich damit befassen, dass es nicht nur steuerpflichtige Personen gibt, sondern auch steuerpflichtige Trusts und Stiftungen. Wir müssen im Auge behalten, dass es einige gibt, die sich verstecken. Wir haben das lange gehabt. Ich will jetzt nichts zitieren, weil das in die Vergangenheit reicht. Wir müssen endlich Transparenz bei Stiftungen und Trusts herstellen. Das sollten Sie mit betrachten, wenn Sie Änderungen vornehmen. Wir sollten darauf achten, dass auch die unpersönlichen Organisationen transparent werden. Vielen Dank. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ein kleiner Hinweis an die Kolleginnen und Kollegen, die wie Sie zu den Erfahrenen gehören: Die Ankündigung des letzten Wortes ersetzt nicht das Ende der Rede, möglichst dann auch in der angegebenen Redezeit. Das Wort hat der Kollege Bernhard Daldrup für die SPD-Fraktion. ({0})

Bernhard Daldrup (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004258, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Gleichviel ob man sich über die Anzahl von Selbstanzeigen und den Umfang von Steuerhinterziehungen empört oder ob man erschrocken ist, in jedem Fall ist schon einmal richtig, dass das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen in unserem Land zutiefst verletzt ist. Deshalb ist die Empörung, die wir in weiten Teilen der Bevölkerung über diesen Sachverhalt spüren, auch berechtigt. ({0}) Richtig ist auch, dass vor allem die Angst vor Strafverfolgung die Selbstanzeigen ausgelöst hat. Es ist nicht Einsicht oder Reue als Motiv, sondern es ist in Wirklichkeit die Erwartung, qua strafbefreiender Selbstanzeige mit einem blauen Auge davonzukommen, auch wenn die vielen Einzelfälle deshalb nicht falsch sind, die Sie, Frau Tillmann, angesprochen haben. Deswegen ist es zunächst einmal gut, sich daran zu erinnern, dass seinerzeit der Weg eines quasi amnestierenden Steuerabkommens mit der Schweiz gescheitert ist. Lassen Sie mich als Neuling jenseits der steuer- und auch strafrechtlichen Betrachtung eine Bemerkung machen. Es ist schon mein Eindruck, dass die Selbstanzeigen die politische Kultur, also das Verhältnis der Bevölkerung zum Rechtsstaat oder, wie Carlo Schmid das einmal genannt hat, das Verhältnis zur sittlichen Idee von Gerechtigkeit, auf das Schwerste belasten. Ich halte es in der Tat für ein Problem, das jenseits von Fragen zusätzlicher finanzieller Einkünfte besteht und das eine schwere Belastung der politischen Kultur darstellt. Dieses Problem darf und kann in unserem Land perspektivisch nicht bestehen bleiben. ({1}) Die prominenten Fälle der jüngsten Vergangenheit stehen meines Erachtens pars pro toto für eine vermeintlich gesellschaftliche Elite, die das Vertrauen in und den Glauben an den Rechtsstaat bedroht. Aber es sind nicht nur wenige Promis; wir reden in Wirklichkeit über 46 000 Selbstanzeigen mit einem Volumen an zusätzlich nachgezahlten Steuern von round about 3 Milliarden Euro. Das sind also schon ganz erhebliche Summen. Deswegen ist es gut, dass die Länderfinanzminister - wenn ich es flapsig sagen darf - die Kavallerie haben ausreiten lassen. Was sollen wir also tun angesichts eines unterfinanzierten Staates, der auf seine Einnahmen angewiesen ist, und der unzweifelhaften Notwendigkeit, dem Rechtsstaat Geltung zu verschaffen? Was ist eigentlich erforderlich? Empörung, Herr Ernst, ist ein guter Ansporn für politisches Handeln, aber kein hinreichender. Wir müssen konkret werden. Wenn vor der perspektivischen Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige Schritte zur deutlichen Verschärfung gegangen werden sollen, dann will ich einige Anforderungen nennen, fünf an der Zahl. Erstens. Das Netz zur Vermeidung von Steuerhinterziehung muss engmaschig sein. Das heißt, Steuerprüfung und Steuerfahndung müssen wirksam werden. Ihre Ausdünnung ist jedenfalls kein Instrument regionaler Wirtschaftsförderung. ({2}) Zweitens. Der automatische Informationsaustausch, auch mit Ländern wie der Schweiz, Luxemburg oder weiteren, muss schnellstens internationaler Standard werden. Drittens. Das Angebot des Staates, durch die Nachzahlung der Steuern zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren, sollte endlich sein oder allenfalls auf Bagatellfälle begrenzt werden. Es gibt jedenfalls gute Gründe, die strafbefreiende Selbstanzeige perspektivisch abzuschaffen. Steuerhinterziehung war und ist kein Kavaliersdelikt, und das sollte auch so bleiben. Frau Paus, die Sozialdemokraten haben dazu keinerlei Belehrungen nötig. ({3}) Viertens. Die strafbefreiende Selbstanzeige muss so präzise sein, dass Nachzahlungen und Zuschläge über der Höhe der Steuerhinterziehung liegen. Sie darf weder eine faktische Einladung zu Steuerhinterziehung noch ein Angebot zum Ablasshandel sein. Keine Regelung sollte den Steuerhinterzieher besser stellen als den ehrlichen Steuerzahler. Die Stichworte dazu, wie es zu einer solchen Verschärfung kommen kann, lauten beispielsweise „Entrichtung von Hinterziehungszinsen“, „Erhöhung des Zuschlages“, „Synchronisierung von Verjährungsfristen zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht“. Das sind Punkte, die zuletzt beispielsweise von Norbert Walter-Borjans angesprochen worden sind. Ich glaube auch, dass die Schwelle für schwere Steuerhinterziehung von 50 000 Euro pro Tat relativ hoch angesetzt ist. 50 000 Euro sind, jedenfalls nach dem Verständnis des überwiegenden Teils der Gesellschaft, nicht gerade eine Bagatelle. Vor der Abschaffung einer strafbefreienden Selbstanzeige hat sich die Koalition darauf verständigt, dieses Instrument zu verschärfen und möglichst viel Geld aus illegalen Steuerverstecken in die staatlichen Haushalte fließen zu lassen, was ansonsten eben gar nicht erzielbar wäre. Diesen Weg sollten wir weiter beschreiten. Wir werden sicher schon bald die Neuregelungen bekommen, die aus der entsprechenden Bund-Länder-Facharbeitsgruppe stammen. Darüber hinaus benötigen wir aber auch eine entsprechende internationale Synchronisierung des Steuerrechts, um berechtigte Ansprüche durchsetzen zu können. Es liegt also eine ganze Menge an praktischer Arbeit vor uns, die wir in der nächsten Zeit intensiv verrichten sollten. Herzlichen Dank. ({4})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Daldrup, das war Ihre erste Rede im Hohen Hause. Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass Sie nicht nur Ihre erste Rede erfolgreich gehalten haben, sondern dass Ihnen auch etwas gelungen ist, was den Vizepräsidentin Petra Pau wenigsten Rednerinnen und Rednern bei der ersten, bei der zweiten, manchmal auch bei der hundertsten gelingt: Sie sind in der Redezeit geblieben. ({0}) Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Ihr weiteres Wirken! Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Dr. h. c. Hans Michelbach das Wort. ({1})

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Debattenbeiträge der Opposition ein paar klarstellende Bemerkungen vorweg: Erstens. Es ist nicht verboten, Geld im Ausland anzulegen. Zweitens. Ein Freispruch ist ein Freispruch, und Steuergeheimnis muss Steuergeheimnis bleiben. Steuerhinterziehung muss bestraft werden. Das scheint sich noch nicht überall herumgesprochen zu haben. Drittens. Wer durch Geldanlage im Ausland Gewinne macht, muss sie ordnungsgemäß versteuern. ({0}) Viertens. Auch heute ist festzustellen, dass das leider nicht alle tun. Damit wären wir beim eigentlichen Thema der heutigen Aktuellen Stunde. Diese Debatte mit der Attitüde des Klassenkampfes zu führen, ({1}) wie das heute hier wieder einmal zu erleben war, bringt uns allerdings nicht weiter. ({2}) Was wir brauchen, ist eine sachliche Debatte mit dem Ziel, Wege zu finden, wie der Staat an die ihm zustehenden Steuern kommt. Deshalb geht es natürlich um Steuerhinterziehung, aber nicht nur um Steuerhinterziehung; es geht auch um falsche grenzüberschreitende Steuergestaltung, Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage, Gewinnverschiebung internationaler Konzerne usw. usf. Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass einige Konzerne hier kaum Steuern zahlen, aber gleichzeitig die steuerzahlenden Mittelständler das Wasser abgegraben bekommen. Das vernichtet Arbeitsplätze vor Ort. Das ist unfaire Konkurrenz. Das bedeutet letzten Endes Wettbewerbsverzerrung. Auch das gehört zum Thema, meine Damen und Herren, über das hier zu reden ist. ({3}) Weil das so ist, hat diese Koalition vereinbart, die internationale Zusammenarbeit in Steuersachen Schritt für Schritt gänzlich zu verbessern. Natürlich gehört dazu insbesondere die Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Wir, die Union, haben in den vergangenen Jahren Wesentliches dazu beigetragen, um unlauteren Machenschaften einen Riegel vorzuschieben. ({4}) Wir haben 36 bilaterale Abkommen unter dem Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble beschlossen. Unter RotGrün waren es leider nur 6 Abkommen. Das sind die Tatsachen, meine Damen und Herren. Wir haben das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige durch die Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre und die Verpflichtung zur vollständigen Offenbarung der hinterzogenen Steuern sinnvoll verschärft. ({5}) Ich glaube, es ist auch hier nicht überall bekannt, dass Zuschläge von 6 Prozent pro Jahr von dem bezahlt werden müssen, der sich endlich ehrlich macht. Auch das gehört zur Wahrheit und gehört in der Öffentlichkeit deutlich gesagt. ({6}) Aus verschiedenen Gründen sind wir aber in einigen Punkten bei der Sicherstellung der Steuern nicht so weit gekommen, wie es möglich gewesen wäre - ich stehe dazu -; zum Schaden übrigens der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Ich will da nicht nachkarten mit dem Hinweis darauf, was wir mit dem Abkommen mit der Schweiz erreicht hätten, aber Sie müssen sich immer wieder dafür verantworten, was in die Verjährung gegangen ist, meine Damen und Herren. Was wir eingenommen hätten, das verschweigen Sie nämlich, wenn Sie über dieses Abkommen sprechen. ({7}) Der Versuch, die Meinungsführerschaft bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu behaupten, darf nicht zu blankem Populismus führen. Den Kollegen sage ich immer wieder nur: In Nordrhein-Westfalen wurden 570 Ermittlungsverfahren begonnen. Bisher sind 19 Steuerhinterzieher bestraft worden. Auch das gehört zur Wahrheit, meine Damen und Herren. Also: Jeder kehre vor seiner eigenen Tür. ({8}) Es geht jetzt darum, dass wir sachbezogen prüfen, ob und, wenn ja, inwieweit eine weitere Reform der strafbefreienden Selbstanzeige notwendig ist. Klar ist: Ohne die strafbefreiende Selbstanzeige wären die vielen Fälle gar nicht erst ans Licht gekommen; denn bei der strafbefreienden Selbstanzeige erklärt der Steuersünder sein Vergehen umfassend; hingegen hätte er im Strafverfahren selbst - der Minister hat es gesagt - ein Auskunftsverweigerungsrecht. Deshalb warne ich davor, das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige abzuschaffen. Im Rechtsstaat gilt nun einmal der Grundsatz: Niemand darf gezwungen werden, sich selbst zu belasten. - Das heißt aber auch: Die Steuerquellen bleiben weiterhin im Dunkeln, und es gibt auch keine Einnahmen; denn Menschen zeigen sich nicht selber an, wenn die Strafe so oder so identisch ausfällt. Die Vergangenheit lehrt zudem: Das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige hat funktioniert, meine Damen und Herren. Es hat 70 000 strafbefreiende Selbstanzeigen gegeben, die über 3 Milliarden Euro an Einnahmen erbracht haben. Das ist nicht die Priorität, aber das zeigt auch die Funktionsfähigkeit des Instruments. Unser Ziel muss sein, Steuerhinterziehung erst gar nicht zu ermöglichen. Wir haben vor, den automatischen Informationsaustausch mit allen Ländern jetzt auf den Weg zu bringen. Lassen Sie uns gemeinsam mit Sachbezogenheit und Vernunft für mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerehrlichkeit in diesem Land kämpfen. Dann haben wir viel erreicht. Herzlichen Dank. ({9})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Margaret Horb für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Margaret Horb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004306, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Strafbefreiende Selbstanzeige - unter diesem Titel werden hochmoralische Debatten geführt gemäß dem Kennedy-Motto: Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, sondern frage, was du für den Staat tun kannst. Die Antwort lautet: Das Mindeste ist doch, Steuern zu zahlen. Und jetzt soll man sich Straffreiheit von Steuerhinterziehung einfach erkaufen können. Ist das gerecht? Hier muss man ganz klar sagen: Die meisten, die wir durch Selbstanzeige erwischen, wären unentdeckt geblieben. Der Gerechtigkeit wäre also nicht mehr, sondern eher weniger Genüge getan, wenn wir die Selbstanzeige nicht hätten. Wirklich straffrei ist die Selbstanzeige ja ohnehin nicht. Ich sehe diese Debatte aber auch pragmatisch: Die strafbefreiende Selbstanzeige bedeutet unter anderem eine erhebliche Entlastung für unsere Finanz- und Justizbehörden. Fragen Sie doch einmal die Fachpolitiker Ihrer Fraktion. Wenden Sie sich an die Fachleute in der Finanzverwaltung oder der Justiz, auch und gerade auf Landesebene. Ob in Berlin, Hamburg, Mannheim oder Mosbach, überall werden Sie dieselbe Antwort bekommen. Eine Antwort übrigens, die Sie selber - mit Ausnahme der Fraktion der Linken - im vergangenen Jahr hier im Bundestag gegeben haben: ein klares Ja zur strafbefreienden Selbstanzeige. Warum? Weil die hinterzogenen Steuern sofort bezahlt werden, vollständig, mit Hinterziehungszinsen und gegebenenfalls mit Zuschlag. Die Alternative zu einer Selbstanzeige kenne ich aus meiner Arbeit in der Finanzverwaltung sehr gut. Bei Steuerhinterziehung liegt die Beweislast bei den Behörden. Aufgrund einer bloßen Vermutung kann die Steuerfahndung nicht anrücken. Zunächst braucht es erste Hinweise, zum Beispiel aufgrund einer Anzeige oder aufgrund von Daten auf einer Steuer-CD. Erst wenn ein konkreter Anfangsverdacht besteht, wird der Richter das Okay für eine Hausdurchsuchung geben. Bis es so weit ist, muss eine Menge Vorarbeit geleistet werden: Daten müssen recherchiert, aufgearbeitet und mit den Daten in der Steuererklärung abgeglichen werden. Wir reden hier aber nicht von einer Nullachtfünfzehn-Steuererklärung mit zwölf Seiten. In so einem Fall geht es um Aktenordner mit Belegen und Unterlagen, und zwar kistenweise. Die Fahnder müssen die Einkünfte selbst zusammenstellen, aus Unterlagen, die teilweise in verschiedenen Sprachen verfasst sind, die mehrere Jahre übergreifen, und das alles ohne die Mithilfe des Steuerpflichtigen. Steuerhinterzieher und Steuerbehörde verfolgen entgegengesetzte Ziele. Während der eine versucht, möglichst wenig preiszugeben, arbeiten die anderen an einer umfassenden Aufklärung. Mit der Änderung der Steuerbescheide ist es da noch lange nicht getan. Einspruchsoder gar Klageverfahren sind zu erwarten, und es vergehen oft Jahre, in denen nicht nur die zuständigen Finanzbehörden, sondern auch die Justiz weiter an dem Fall arbeiten. Dann bleibt oft fraglich, ob und wann die geschuldeten Steuern fließen. Die Erhebung hierzu bindet weitere enorme Kapazitäten. Parallel dazu läuft das Strafverfahren. Fakt ist: Das braucht viel Zeit und Personal, und es kostet den Steuerzahler viel Geld. Bei der strafbefreienden Selbstanzeige hingegen arbeiten Steuerpflichtiger und Finanzbehörde zusammen, sodass aufwendige Recherche und Beweisführung entfallen. Der Steuerpflichtige legt seine Steuererklärungen und alle notwendigen Belege in geordneter Art und Weise bei der Finanzbehörde vor. Die Unterlagen müssen lediglich noch geprüft werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht bei der strafbefreienden Selbstanzeige nicht darum, eine bestimmte Gruppe von Straftätern zu bevorzugen. Es geht nicht darum, sie ihrer gesellschaftlichen Pflicht zu entheben. Es geht vielmehr darum, dem Staat bisher verheimlichte Geldmittel und Steuerquellen zu erschließen Geld, an das wir ohne die strafbefreiende Selbstanzeige nicht gekommen wären. ({0}) Ich frage Sie: Können wir auf dieses Geld verzichten? Nein. Denn wir brauchen es für unsere Schulen, unsere Krankenhäuser und unsere Kommunen. Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit. ({1})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollegin Horb, das war Ihre erste Rede im Hohen Hause. Ich gratuliere Ihnen dazu und wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit. ({0}) Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die SPD-Fraktion. ({1})

Dr. Carsten Sieling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zu Beginn will ich noch einmal ausdrücklich sagen, dass wir in dieser Koalition die Vereinbarung haben, dass wir in der Steuerpolitik einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung setzen. Dafür haben wir vereinbart, dass wir die Regelungen zur Selbstanzeige weiterentwickeln. Dazu konnten wir nur kommen - ich muss das an dieser Stelle sagen -, weil für mich Vergangenheit Vergangenheit ist. Kollege Michelbach, Sie haben das deutsch-schweizerische Steuerabkommen angesprochen. Die Wahrheit ist doch: Wenn dieses Abkommen damals abgeschlossen und nicht von Rot-Grün verhindert worden wäre, ({0}) bräuchten und würden wir heute über dieses Thema nicht sprechen. Wir haben gerade deshalb so viele CDs bekommen. Es gibt einen prominenten Steuerhinterzieher aus Bayern, der etwas mit Fußball und Wurst zu tun hat. Er hat deutlich gemacht, dass er in die Falle gegangen ist, weil er geglaubt hat, es komme zu dem deutschschweizerischen Steuerabkommen. ({1}) Lassen Sie uns bei der Wahrheit bleiben, meine Damen und Herren. Es war gut, dass dieses Abkommen nicht beschlossen wurde, und das war die Grundlage für das, was wir heute haben. ({2}) Ich möchte betonen, dass wir die Debatte über die Frage der Selbstanzeige sehr sensibel führen, weil es natürlich eine Belastung - verschiedene Rednerinnen und Redner haben es angesprochen - für das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen ist. Ich darf hier sagen: Das betrifft alle Parteien hier im Raum. In einer gestrigen Pressemitteilung heißt es: Die Selbstanzeige ist ein Handel mit der Gerechtigkeit zugunsten der ökonomischen Eliten. ({3}) Das hat der Vizevorsitzende der CDA, der ChristlichDemokratischen Arbeitnehmerschaft - einer Organisation der CDU - erklärt. ({4}) Ich sage das hier nicht, Kollege Ernst, um mit Fingern zu zeigen, ({5}) sondern um darauf hinzuweisen, dass wir sehr sensibel argumentieren und arbeiten müssen. Es muss das Prinzip sein, dass wir auch bei den Fällen der Selbstanzeige eine große Härte an den Tag legen, um mit diesem Instrument eine Glaubwürdigkeit zu erreichen, sonst schlägt es fehl in der politischen Öffentlichkeit und in der Gesellschaft. ({6}) Wenn wir bei diesem Thema sind, will ich auch sagen, dass wir auf der Grundlage der Ergebnisse einer Kommission aus Bund und Ländern arbeiten werden. Die Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben deutlich gemacht, dass das auch unter der Mitwirkung von grünen Landesregierungen - in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg, in Bremen und in vielen anderen Bundesländern - geschieht. Aber dies geschieht auch unter Beteiligung des Bundeslandes Brandenburg, in dem die Linke mitregiert. Deswegen verstehe ich Ihr Herangehen heute nicht. Machen Sie dort Klarschiff, und machen Sie deutlich, worum es geht. ({7}) Bezüglich der Glaubwürdigkeit möchte ich zwei Themen ansprechen, die wir sehr sorgsam diskutieren müssen. Uns geht es nicht darum, die Gefängnisse zu füllen, wie der Finanzminister aus Rheinland-Pfalz gesagt hat, sondern wir wollen unser Geld haben. Wir erwarten Kooperation, aber wir sind nicht doof. Wir wollen unser Geld zurückhaben. Ein Debattenpunkt betrifft dabei die Verjährungsfristen. Es ist richtig - das ist verschiedentlich gesagt worden -, dass wir den Weg in Richtung einer Verjährungsfrist von zehn Jahren gehen. Ich möchte aber dazu aufrufen, offen darüber zu diskutieren. Der bayerische Finanzminister, Herr Söder, empfiehlt eine Verjährungsfrist von 15 Jahren. Norbert Walter-Borjans, nordrhein-westfälischer Finanzminister, spricht davon, den Zeitpunkt, an dem die Verjährungsfrist beginnt, zu verschieben, weg vom Zeitpunkt der Tat selber, hin zum Zeitpunkt der Entdeckung der Tat. Das wäre eine weitgehende Veränderung des Sachverhalts. Da geht es darum, dass wir das Geld wiederbekommen; es geht nicht um den strafrechtlichen Sachverhalt. Ich möchte gerne, dass wir darüber offen diskutieren und es weiterentwickeln. Zweiter Punkt: die Bagatellgrenze. Bei einer Steuerschuld von bis zu 50 000 Euro spricht man jetzt von einer Bagatelle. Das will ich hier auch vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle ansprechen. Bei einer Steuerschuld von 50 000 Euro kann man bei einem angenommenen durchschnittlichen Steuersatz von 30 bis 35 Prozent - davon geht man bei Frau Schwarzer aus auf ein Einkommen von 150 000 Euro schließen, das die entsprechende Person hatte, ohne es zur Versteuerung zu bringen. Wie erzielt man ein solches Einkommen von 150 000 Euro? Wenn die Einnahmen aus Zinseinkünften aus Vermögen stammen und man einen Zinssatz von 4 Prozent zugrunde legt, reden wir über ein Vermögen von 6 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, ich finde, da wird der Begriff Bagatelle überdehnt. ({8}) Deshalb bitte ich sehr darum, die Frage der Stufung und diese Dinge in unsere weiteren Beratungen aufzunehmen. Die Finanzminister werden einen Vorschlag machen. Vorschläge kommen ins Parlament, und häufig kommen sie verändert wieder heraus. Vielleicht sollten wir in diese Richtung arbeiten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. ({9})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Philipp Graf Lerchenfeld das Wort. ({0})

Philipp Lerchenfeld (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004340, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, Kollege Ernst, bei Ihrer Rede habe ich mich ein bisschen an ein Bonmot erinnert gefühlt: Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nichts. ({0}) Sie haben anscheinend nicht nur keine Ahnung von der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, ({1}) sondern Sie haben selbstverständlich auch nichts von einem - ({2}) Sie sollten die richtigen Titel nehmen, lieber Kollege Ernst. Auch bei Ihnen ist der Titel sicherlich falsch. ({3}) - Gewöhnen Sie sich bitte daran. Ich versuche, das weiter aufrechtzuerhalten. ({4}) Sie haben keine Ahnung von der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland. Sie haben auch behauptet, dass es ein einmaliger Fall im deutschen Strafrecht ist, dass man bei einer Selbstanzeige der Strafe entgehen kann. Hier kann ich Ihnen nur empfehlen, den alten juristischen Satz zu nutzen: Ein Blick ins Gesetzbuch erleichtert die Rechtsfindung. Wenn ein Brandstifter ein von ihm gelegtes Feuer wieder löscht, kann das Gericht nach § 306 e Strafgesetzbuch von einer Bestrafung absehen. ({5}) Sogar im Fall einer schweren Brandstiftung, die zu den gemeingefährlichen Straftaten gehört, reicht schon sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, das von ihm gelegte Feuer zu löschen, damit ihm Straffreiheit gewährt wird. ({6}) Das ist nicht der einzige Fall, in dem tätige Reue zur Straffreiheit führt. Es gibt zahlreiche andere Bestimmungen, die in gleicher Art und Weise zur Straffreiheit führen: Bei Hinterziehung von Sozialbeiträgen gibt es strafbefreiende Regelungen der Selbstanzeige. Bei Geldwäsche, bei Geldfälschung, bei Subventionsbetrug kann der Täter auch auf Straffreiheit hoffen, wenn er sich selbst bezichtigt. Und, Kollege Ernst, sogar im Parteiengesetz gibt es eine echte strafbefreiende Selbstanzeige. ({7}) Im Fall der Selbstanzeige bei der Steuerhinterziehung allerdings kann man von einer echten Straffreiheit überhaupt nicht sprechen. Wer sich selbst anzeigt, muss die Steuern nachzahlen und hat dazu eine Verzinsung von 6 Prozent pro Jahr zu entrichten. Außerdem ist, wie vorhin schon von vielen angedeutet wurde, ein Strafzuschlag von 5 Prozent zu zahlen. In der letzten Legislaturperiode wurden erhebliche Verschärfungen im Bereich der Selbstanzeige vorgenommen. Es sei hier erwähnt, dass die Straffreiheit nur noch bei umfassender Selbstanzeige aller Hinterziehungssachverhalte gewährt wird. Der Zeitraum der Selbstanzeige wurde zudem verkürzt auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Darüber hinaus werden, wie erwähnt, zusätzliche Strafzuschläge in Höhe von 5 Prozent bei einer Steuerhinterziehung von über 50 000 Euro erhoben. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir Steuerhinterziehung noch stärker verfolgen werden. Wir haben dazu viele Möglichkeiten; das ist von den Vorrednern auch aufgezeigt worden. Aber wir sollten den reuigen Steuerhinterziehern den Weg zurück zur Steuerehrlichkeit nicht verbauen, weil dadurch die Aufdeckung aller Sachverhalte im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung durch die Mitwirkung der Steuerpflichtigen gewährleistet wird. Die Zahl der Selbstanzeigen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Allein im Jahr 2013 gab es fast 26 000 Selbstanzeigen. Dem deutschen Fiskus sind so immerhin 3,5 Milliarden Euro zugeflossen. Wissen Sie, ein Aspekt kommt mir in der Diskussion, die wir in den letzten Tagen geführt haben, erheblich zu kurz: Wer sich den Finanzbehörden offenbart, hat selbstverständlich auch das Recht, auf das Steuergeheimnis vertrauen zu können. ({8}) Ich finde es unerträglich, wenn Einzelne in Finanzbehörden oder Strafverfolgungsbehörden in unglaublicher Art und Weise gegen den § 30 AO verstoßen und Steuergeheimnisse an die Öffentlichkeit bringen. ({9}) Das sind Straftaten, die ebenso ernsthaft verfolgt werden müssen wie Steuerhinterziehung. Die Weitergabe von Informationen an Medien verletzt nicht nur das Steuergeheimnis, sondern ist im Zweifel auch noch kontraproduktiv hinsichtlich der Ziele der Selbstanzeige; denn der eine oder andere wird sich sicherlich überlegen, ob er den Schritt zurück in die Steuerehrlichkeit wagt, wenn er sich nicht sicher sein kann, dass er in den Medien nicht durch den Dreck gezogen wird, wie meine Kollegin vorhin gesagt hat. ({10}) Die permanente Verletzung des Steuergeheimnisses kann nicht einfach so hingenommen werden. Das Bundesverfassungsgericht umschreibt das so - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums -: Mit der Vorschrift - § 30 AO Steuergeheimnis - wird „der Zweck verfolgt, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung steuerlicher Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, d. h. insbesondere auch eine gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen“. Durch die permanente Verletzung des Steuergeheimnisses werden die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichtes, die ich eben zitiert habe, in sträflicher Art und Weise missachtet. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({11})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Graf Lerchenfeld, auch für Sie war das heute die erste Rede im Hohen Hause. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit. ({0}) Nun hat der Kollege Klaus-Dieter Gröhler für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. ({1})

Klaus Dieter Gröhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Letzter Redner zum letzten Tagesordnungspunkt zu sein, ist eine Herausforderung. Aber ich will die Herausforderung als Chance begreifen, eine Zusammenfassung vorzunehmen. Ich will mit dem Kollegen Ernst beginnen, dem es nicht wirklich um eine ernsthafte - Sie sehen mir bitte dieses Wortspiel nach - Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der Abschaffung ging. Vielmehr ging es ihm um eine ganz andere Frage, auf die ich gleich eingehen will. Auch bei meiner lieben Kollegin Paus habe ich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Fragestellung vermisst: ({0}) Was würde denn passieren, wenn man dieses Rechtsinstitut tatsächlich aufgeben würde? Wo wären für den Staat die Vor- und die Nachteile? Das ist völlig ausgeblendet worden. ({1}) Dem Kollegen Ernst und seiner Fraktion ging es um etwas ganz anderes, und zwar zum einen offensichtlich um ein Warmlaufen für beginnende Wahlkämpfe ({2}) in diesem Jahr und zum anderen um die Frage der ideologischen Selbstbestimmung: auf der einen Seite diejenigen, die mit den Kleinen Seit’ an Seit’ schreiten, und auf der anderen Seite diejenigen, die die großen Steuerbetrüger vor dem Zugriff des Staates schützen. Das werden Ihnen die Leute aber nicht durchgehen lassen. Sie werden nämlich sehr wohl merken, dass Sie sich mit den eigentlichen Problemen in keiner Weise wirklich auseinandergesetzt haben. ({3}) Diese Probleme hat der Bundesfinanzminister übrigens sehr deutlich benannt. Wo sind denn Ihre Stellungnahmen zu den folgenden Fragen: Wie gehen wir damit um, wenn die Menschen in Zukunft im Strafverfolgungsprozess von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen? Wie gehen wir damit um, dass die Steuerbehörden teilweise erst durch Selbstanzeigen Zinsquellen im Ausland entdeckt haben, von denen sie gar keine Kenntnis hatten? Wie gehen wir damit um, wenn während des langen Ermittlungsverfahrens - die Kollegin hat darauf hingewiesen - die Verjährung eintritt? Der Kollege Pitterle hat eben gesagt, es sei überhaupt nicht in Ordnung, dass für 20 oder 25 Jahre Verjährung eintritt, wenn man 30 Jahre lang Steuern hinterzogen hat. Meine Damen und Herren, Verjährung ist in diesem Rechtsstaat ein ganz normales Instrument. Das gibt es nur in zwei Fällen nicht: bei Mord und bei Völkermord. Selbst Sie werden nicht so weit gehen, diese beiden Straftaten mit Steuerhinterziehung auf eine Stufe stellen zu wollen. Insofern unterstelle ich Ihnen, dass es Ihnen in Wirklichkeit gar nicht um eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Thema geht. Sonst hätten Sie auch auf die Frage geantwortet, wie der Staat, wenn er jetzt den Verfolgungsdruck erhöht, die Einnahmen erreichen will, die er in den letzten Jahren tatsächlich generiert hat. Der Kollege hat darauf hingewiesen, dass durch Tausende von Selbstanzeigen 3 Milliarden Euro eingenommen wurden. Das müssen Sie durch Steuerfahnder erst einmal hereinbekommen. Sie erwecken auch den Eindruck, man könne, wenn die Steuerfahndung an die Tür klopft und „Steuerfahndung!“ sagt, einfach „Selbstanzeige!“ brüllen und alles sei gut. Das ist mitnichten so, meine Damen und Herren! In der Tat ist es so, dass man von der Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige nicht mehr Gebrauch machen kann, wenn die Steuerfahndung schon unterwegs ist. Insofern haben Sie hier einen völlig falschen Eindruck erweckt. Das finde ich schade. ({4}) Ich glaube, lieber Herr Kollege von Lerchenfeld, dass Herr Ernst sehr wohl weiß, dass es im Strafgesetzbuch auch an anderen Stellen den Verzicht des Staates auf Strafe gibt. Das ist übrigens auch beim Besitz geringer Mengen Rauschgift der Fall. An der Stelle finden Sie es offensichtlich gar nicht schlimm, dass der Staat auf Strafe verzichtet. Ihnen, lieber Herr Ernst, ging es aber darum, hier darzustellen, dass der Staat nur dann auf Strafe verzichtet, wenn es um wichtige und reiche Leute geht. Sie haben sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, dass beim Wegfall dieses Rechtsinstrumentariums zum Beispiel der Mittelständler, der bei seiner Umsatzsteuervoranmeldung einen Fehler gemacht hat, weil er mehr Einnahmen hat und somit mehr Steuern abführen müsste, sich strafbar machen würde, wenn er dem Finanzamt nachmeldet, dass er in Wirklichkeit mehr Steuern zu zahlen hat. Das können wir doch nicht wollen. ({5}) Ich bitte insofern darum, meine Damen und Herren, dass wir uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen und diese Thematik nicht nutzen, um ideologische Schlachten zu schlagen. Wir sagen ganz klar: Ja, an der einen oder anderen Stellschraube muss man drehen. Ja, wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass dies ein Schwerpunkt der Arbeit sein soll. Ja, es muss für Steuergerechtigkeit gesorgt werden. - Wir sollten aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wir sollten das Instrument nicht verteufeln. Wir sollten es nicht über Bord gehen lassen. Das nützt weder dem Staat noch den Sündern. Herzlichen Dank. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Lieber Kollege Gröhler, als fünfter Erstredner in der heutigen Debatte ist es Ihnen gelungen, das Kunststück des SPD-Kollegen, der heute das erste Mal geredet hat, zu wiederholen: Auch Sie sind innerhalb der Redezeit geblieben; Sie haben sie sogar unterboten. Auch dazu gratuliere ich Ihnen. Ansonsten wünsche ich Ihnen natürlich viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit. ({0}) Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 13. Februar 2014, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.