Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/30/2015

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet . Nehmen Sie bitte Platz . Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie herzlich zum Tagesordnungspunkt 1 dieser Woche: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der gestrigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes und Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz. Dazu hätten im Übrigen, wenn ich mir das erlauben darf, ruhig ein paar mehr Kollegen anwesend sein können, insbesondere in Anbetracht des Ausmaßes der Debatten innerhalb und außerhalb des Parlaments zu diesem Thema; dies steht aber einer gründlichen Befassung mit dem Thema nicht im Wege . ({0}) - Frau Kollegin, wenn Sie die Zahl der Anwesenden in Relation zur Sollstärke Ihrer Fraktion setzen, werden Sie meine Eingangsbemerkung nicht für völlig deplatziert halten können . ({1}) - Ja, gut . Diesen virtuellen Wettbewerb können wir ja auch einmal ausschreiben . Ich erlaube mir die Anregung, dass mir die PGFs signalisieren, wenn es bereits erkennbare Fragewünsche gibt . Dann können wir das vorab ein bisschen sortieren . Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht zum soeben genannten Thema hat der Bundesminister des Innern, Herr Dr . Thomas de Maizière .

Not found (Minister:in)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundeskabinett hat gestern ein umfangreiches Gesetzespaket beschlossen . Wir werden morgen dazu die erste Lesung haben und in dem Rahmen natürlich noch einmal ausführlich debattieren . Das Gesetzespaket ist Teil der Umsetzung der Maßnahmen, die die neue Lage erforderlich macht, und Ergebnis des sogenannten Flüchtlingsgipfels am Donnerstag, dem 24 . September 2015 . Zu diesem Thema gehören natürlich sehr viele Aspekte, die sicher gleich Gegenstand der Fragen und auch Gegenstand der morgigen Debatte sein werden . Ich will mich zur Einführung auf die wesentlichen Elemente dieses Gesetzgebungspakets beschränken . Dieses Gesetzgebungspaket besteht aus mehreren wichtigen Teilen: Erstens . Durch Standarderleichterungen im Bauplanungsrecht, im Emissionsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten ermöglichen wir es den Ländern und Kommunen, die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen zügig durchzuführen, insbesondere in Anbetracht des kommenden Winters . Nicht geregelt sind die Bereiche, die zum Landesrecht gehören, also das Bauordnungsrecht, das Brandschutzrecht oder das Denkmalschutzrecht; hier können wir nichts regeln . Aber das, was wir regeln konnten, haben wir geregelt . Das war ein besonderer Wunsch der Länder . Ich halte es für sehr wichtig, in dieser Phase zu helfen . Viele dieser Regeln sind befristet . Ich glaube aber, es ist wichtig, in dieser Notlage schnell menschenwürdige, winterfeste, adäquate Unterkünfte bauen zu können . Der zweite Schwerpunkt bezieht sich auf Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens, und zwar in vielerlei Hinsicht . Ich möchte hier nur einen Aspekt nennen: Die Betroffenen sind nach diesem Gesetz verpflichtet, bis zu sechs Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu bleiben; bei Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten gilt dies bis zum Abschluss des Verfahrens . Das ist eine Verpflichtung, die sich an die Ausländer richtet, und keine Rechtsverpflichtung, die sich an die Länder richtet. Gleichwohl haben wir uns durch die Schaffung von Erstaufnahmeeinrichtungen gemeinsam vorgenommen, die Verfahren zu beschleunigen; das ist dort leichter möglich als bei einer sehr frühen dezentralen Unterbringung . Drittens . Es gibt viele Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von Asylbewerbern: Impfungen, psychische Betreuung, auch die Option für die Länder, auf der Basis eines Bundesgesetzes, das Teil dieses Paketes ist, eine Gesundheitskarte einzuführen . Die Leistungen dieser Gesundheitskarte werden aber von Beginn an auf dem abgesenkten Niveau des Asylbewerberleistungsgesetzes erfolgen . Viertens . Wir wollen mit diesem Gesetz Fehlanreize beseitigen, die dazu führen, dass viele Menschen nach Deutschland kommen und sich falsche Hoffnungen machen . Außerdem gelingt es uns mit diesem Gesetz besser, zu erreichen, dass diejenigen, die längst negativ abgeschlossene Verfahren haben und trotzdem unser Land nicht verlassen, ausreisen . Im Gesetzentwurf enthalten sind auch Leistungskürzungen für vollziehbar Ausreisepflichtige. Ebenso enthalten ist das Thema „Sachleistungen statt Taschengeld“ in einer abgestuften Form zwischen Erstaufnahmeeinrichtung und sonstiger Unterbringung. Daneben findet sich in dem Gesetzentwurf ein Beschäftigungsverbot bei offensichtlich unbegründetem Asylantrag . Wir wollen auch die Strafbarkeit für Schleuser verschärfen und die Gegenstände, mit denen sie Menschen nach Deutschland schleppen und durch die sie kriminelle Verdienste haben, einziehen können . Fünftens . Wir wollen diejenigen, von denen wir wissen, dass sie bleiben, früh, rechtzeitig und gut integrieren . Dazu gehören der Zugang zu Sprachkursen, der Zugang zu Berufsförderungskursen sowie eine bessere Vernetzung zwischen Integrationskursen und berufsbezogenen Sprachkursen . Dazu gehören viele Dinge, mit denen wir ermöglichen, dass die Integration nicht durch lange Verfahren in Erstaufnahmeeinrichtungen oder anderswo verzögert oder für später erschwert wird . Wir regeln, dass alle Staaten des westlichen Balkans sichere Herkunftsstaaten werden . Das ist ein Wunsch dieser Länder . Das wird auch durch die entsprechende Anerkennungsquote reflektiert. Es ist auch die übereinstimmende Position aller Staaten der Europäischen Union . Gleichzeitig werden für Bürger der Westbalkanstaaten legale Migrationsmöglichkeiten geschaffen, ohne einen Korridor . Wenn sie von einem dieser Staaten nach Deutschland wollen, können sie, wenn sie einen Arbeitsvertrag haben und ein Beschäftigungsverhältnis nachweisen können, unter der Voraussetzung der Vorrangprüfung, die schnell abgearbeitet werden soll, legal nach Deutschland migrieren . Der letzte Punkt, der Teil dieses Gesetzentwurfes ist, ist eine Finanzierungsregelung . Der Bund hat selbst gewaltige zusätzliche Aufgaben im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge . Es entstehen Kosten in den Herkunftsländern und den Transitländern . Es wird mehr Geld für die Ernährung und Versorgung in Flüchtlingslagern bereitgestellt, damit sich nicht noch mehr Menschen aufmachen. Wir werden höhere Hartz-IV-Leistungen finanzieren müssen . Wir brauchen mehr Mittel für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, auch für zusätzliche Stellen . Wir brauchen mehr Geld für Integrationskurse . Wir brauchen mehr Geld für die Bundespolizei . Ich sage das deswegen, damit deutlich wird, dass nicht nur Länder und Kommunen zusätzliche Bedarfe und Kosten haben, sondern auch der Bund . Das wird teilweise schon im Nachtragshaushalt geregelt; überwiegend wird das aber Teil der Beratungen zum Bundeshaushalt 2016 sein . Bezüglich der Finanzhilfen für die Länder haben wir uns, was sich auch in diesem Gesetzentwurf widerspiegelt, auf ein Finanzierungsmodell verständigt, das, bezogen auf eine bestimmte zu erwartende Anzahl von Asylantragstellern, bezogen auf die Dauer der Verfahren und bezogen auf jeden einzelnen Asylbewerber - ein atmendes, strukturelles, dynamisches Finanzierungsmodell -, sicherstellt, dass wir uns - das haben wir uns jedenfalls vorgenommen - zwischen Bund und Ländern in Zukunft nicht mehr darüber streiten .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Minister, denken Sie ein bisschen an die Zeit .

Not found (Minister:in)

Ich bin sofort fertig . - Dazu kommen 350 Millionen Euro zur Finanzierung unbegleiteter Minderjähriger und 500 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau, nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle, die den sozialen Wohnungsbau benötigen . Das ist, Herr Präsident, in groben Zügen der Inhalt des Gesetzentwurfs .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Vielen Dank . - Die erste Nachfrage hat der Kollege Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, ein Bundessozialrichter hat bereits öffentlich erklärt, dass Kürzungen des Existenzminimums mit migrationspolitischer Begründung verfassungswidrig und ein offener Verstoß gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2012 sind . Da sind sich eigentlich alle Fachleute einig . Wenn man jetzt schaut, welche Begründung für die Kürzung im Gesetzentwurf steht, dann findet man nichts. Deswegen frage ich mich: Wie kann es sein, dass sich die Bundesregierung mit diesem maßgeblichen Urteil zu den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht einmal auseinandersetzt? Und deswegen muss ich Sie heute hier fragen: Wie begründen Sie diesen offenen Verstoß gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das Existenzminimum aus migrationspolitischen Gründen zu kürzen?

Not found (Minister:in)

Ich halte das nicht für einen Verstoß gegen die Verfassung und auch nicht für einen Verstoß gegen dieses Urteil, ({0}) wobei man sagen muss, dass dieses Urteil natürlich auf einem anderen Sachverhalt beruht und wir jetzt ganz andere Dimensionen des Problems haben . Es ist so, dass das Existenzminimum für ein legales Leben in Deutschland vorgesehen ist . ({1}) Wenn aber jemand dieses Land verlassen muss - nach Vorliegen aller Voraussetzungen wie Entscheidung der Härtefallkommission oder in einem Gerichtsverfahren sowie Fristsetzung usw . -, dann ist nicht einzusehen, dass er finanziell in gleicher Weise behandelt wird wie derjenige, der legal in unserem Land lebt . ({2}) Das ist die erste Begründung . Das Zweite ist: Der Vergleichsmaßstab bezieht sich nicht nur auf die bisherigen Leistungen, sondern auch auf andere Gruppen . Zum Beispiel ist es so, dass mitnichten alle EU-Bürger, die in unserem Land leben und es nicht verlassen wollen, ein Existenzminimum nach Asylbewerberleistungsgesetz oder etwas Vergleichbares gewährt bekommen; sie erhalten zum Teil keine Leistungen . Insbesondere vor dem Hintergrund eines Vergleichs mit den EU-Bürgern, die keine Leistungen erhalten - obwohl für EU-Bürger legaler Aufenthalt, Freizügigkeit und all das gilt -, sehe ich einer Auseinandersetzung vor dem Bundesverfassungsgericht mit Zuversicht entgegen . ({3})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Keul .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Mir war ganz neu, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von einer zahlenmäßigen Dimension abhängig gemacht werden kann . Meine Frage zielt in eine ähnliche Richtung . Was die vollziehbar Ausreisepflichtigen betrifft, habe ich mal nachgefragt: Allein in Niedersachsen sind von 14 000 Ausreisepflichtigen etwa 10 000 geduldet. So bleiben immer noch 4 000 Menschen, die schon jetzt bei uns leben . Sind die dann jetzt auch unmittelbar mit Inkrafttreten des Gesetzes von der Kürzung der ihnen bewilligten Leistungen betroffen?

Not found (Minister:in)

Ich will, Frau Keul, zunächst etwas zu Ihrer Vorbemerkung sagen . Bezogen auf seine Rechtsprechung zum Familienbegriff sagt das Bundesverfassungsgericht selbst, dass sich die Rechtsprechung im Lichte der Lebenssachverhalte, die sich in Deutschland entwickeln, verändert . Das ist so bei Verfassungsrechtsprechung, und auch hier wird es so sein . Jetzt zur Frage der vollziehbar Ausreisepflichtigen. Es geht natürlich nicht um alle hier Geduldeten, sondern es geht um diejenigen, denen eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder bei denen diese abgelaufen ist . Einer, der hier geduldet ist, der ist hier eben geduldet und nicht vollziehbar ausreisepflichtig. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Es gab da wohl ein Missverständnis: Die Frage bezog sich insbesondere auf die nicht Geduldeten .

Not found (Minister:in)

Wenn sie vollziehbar ausreisepflichtig sind, gilt es für sie selbstverständlich auch .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Brunner .

Dr. Karl Heinz Brunner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004256, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Präsident . - Herr Minister, meine Frage bezieht sich auf den Problemkreis der Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten . Ich halte es für richtig und notwendig, angesichts der hohen Zahl der Flüchtlinge in diesem Bereich keine zusätzlichen Anreize zu schaffen . Zweifelsohne: Bezogen auf die Staaten des Westbalkans ist es die richtige Entscheidung, sie in die Liste aufzunehmen . In vielen Staaten sind die Bürgerinnen und Bürger nicht einer politischen Verfolgung ausgesetzt . Nichtsdestotrotz möchte ich Sie fragen: Wie wird beim Bundesamt und bei den entsprechenden Behörden sichergestellt, dass der Personenkreis, der in den entsprechenden Staaten nicht politisch, sondern wegen seiner ethnischen Herkunft oder seiner sexuellen Orientierung verfolgt wird und deswegen Zuflucht in der Bundesrepublik Deutschland sucht, ein entsprechendes ordnungsgemäßes Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland erhält, politisches Asyl bekommt und nicht in die Heimatstaaten abgeschoben wird?

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter, wir haben hinsichtlich der Einstufung als sicheres Herkunftsland eine geltende Regelung zur Rechtsfolge . Danach bleibt es bei einer individuellen Prüfung, die allerdings schneller und einfacher erfolgt . Das zeigt sich auch daran, dass die Anerkennungsquote nicht null ist, aber eben sehr, sehr niedrig, in einer Größenordnung von 1 bis 2 Prozent . Damit ist Ihre Frage schon positiv beantwortet . Ich will aber gerne noch hinzufügen, dass wir auf dem Flüchtlingsgipfel ebenfalls festgehalten haben - das muss jetzt aber nicht Teil des Gesetzes sein -, dass wir mit und in den Westbalkanstaaten Hilfsmaßnahmen ergreifen wollen, damit die besonders schlechte Situation etwa der Roma dort besser wird .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Jelpke .

Ulla Jelpke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001023, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Herr Minister, heute Morgen im Morgenmagazin hat Ihr Kollege Hermann aus Bayern angekündigt, direkt an den Grenzen Asylverfahren durchführen zu wollen . Er hat darüber hinaus angekündigt bzw . angedroht, die Flüchtlinge jetzt nach Berlin durchzuleiten, damit Berlin einmal sehe, in welcher schwierigen Lage Bayern sei . Ich möchte Sie fragen, wie Sie zu diesem Verhalten stehen. Steht hier eine „Orbanisierung“ durch das Land Bayern bevor, bzw . wie ist das verfassungsrechtlich zu bewerten, wenn bereits an den Grenzen Schnellverfahren und Abweisungen stattfinden? Nach meiner Information ist es schon jetzt so, dass in Bayern JVAs in Abschiebegefängnisse umgewidmet werden . Welche Auffassung vertreten Sie dazu, auch vor dem Hintergrund des Gesetzesverfahrens?

Not found (Minister:in)

Ich möchte zu beiden Punkten etwas sagen . Zum ersten Punkt . Eine Regelung über ein sogenanntes Landgrenzenverfahren wäre nach der jetzigen deutschen Rechtslage nicht möglich. Wir sind aber verpflichtet, zwei EU-Richtlinien umzusetzen: eine sogenannte Aufnahmerichtlinie und eine Asylverfahrensrichtlinie . In der zweiten ist eine Ermächtigung aller europäischen Staaten vorgesehen, ein solches Landgrenzenverfahren - wenn sie das für richtig halten - einzuführen . Wir haben ein solches Verfahren an den Flughäfen . Wir müssen politisch darüber diskutieren, ob wir das auch in Deutschland wollen . Meine persönliche Meinung dazu kennen Sie . Aber da ich hier die Bundesregierung im Ganzen vertrete, sage ich Ihnen, dass dazu der Meinungsbildungsprozess in der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist . Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich klar Folgendes sagen: Wenn es ein Bundesland gibt, das sich in besonderer Weise solidarisch verhält, das in besonderer Weise die Lasten der Aufnahme zu tragen hat und auch trägt, und zwar weit über den Königsteiner Schlüssel hinaus, dann ist es der Freistaat Bayern - das muss man wirklich einmal deutlich sagen - mit einer erstklassigen Verwaltung und vielen Ehrenamtlichen . ({0}) Wir haben ja jetzt einen genauen Einblick in die Verteilung . Es ist ziemlich oft so, dass sich manche Länder weigern oder sich nicht imstande sehen, eine bestimmte, sehr große Anzahl von Flüchtlingen, die mit Zügen oder Bussen zu uns kommen, aufzunehmen . Bayern hat sich bereit erklärt, auch diese noch aufzunehmen - obwohl sie bereits mehr aufnehmen, als nach dem Königsteiner Schlüssel vorgesehen -, in der Hoffnung, dass sie ein, zwei Tage später verteilt werden . Wenn dann der bayerische Innenminister darauf hinweist, dass das nicht ewig so weitergehen kann, dann ist das verständlich und nicht tadelnswert . Dass alle ihre Verteillast nach dem Königsteiner Schlüssel zu tragen haben, ist eigentlich nur selbstverständlich .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Darf ich noch einmal an die Redezeit erinnern: jeweils eine Minute für die Fragen und Antworten . - Nächste Frage: Frau Pothmer .

Brigitte Pothmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003823, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, im Gesetzentwurf steht, dass nur die Menschen Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Sprachkursen und Integrationskursen haben, die eine sogenannte sichere Bleibeperspektive haben . Jetzt frage ich mich: Wer stellt das eigentlich fest, dass die Menschen eine sichere Bleibeperspektive haben? Welche Kriterien werden zugrunde gelegt, um diese Feststellung zu treffen?

Not found (Minister:in)

Die Grundentscheidung ist: Wir wollen gerne sehr früh mit Integration bei denjenigen beginnen, von denen wir wissen bzw . ahnen, dass sie hierbleiben . Eine hohe Anerkennungsquote ist dafür ein Indiz . Wir wollen aber nicht Geld ausgeben für diejenigen und auch keine Illusionen wecken bei denjenigen, bei denen so gut wie klar ist, dass sie unser Land verlassen müssen . Das ist ein Pull-Effekt . Wie gesagt, das weckt nur Illusionen und frustriert auch die Helfer, die sich darum kümmern . Deswegen gehören sicher diejenigen dazu, die aus sicheren Herkunftsländern stammen . ({0}) - Das müssen wir noch sehen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Höger .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich kann nur anschließen . Sie wollen ja nicht nur im Vorhinein festlegen, wer eine Chance auf das Grundrecht auf Asyl hat, um entsprechend auszusortieren, sondern Sie wollen die Flüchtlinge auch länger in Erstaufnahmeeinrichtungen unterbringen . Diejenigen, die eine eindeutige Chance auf einen Aufenthaltsstatus haben, sollen sich dort drei Monate aufhalten, die anderen sechs Monate . Das bedeutet aber erst einmal für alle eine sehr viel längere Zeit in großen Lagern - es sind eher kasernierte Unterbringungen -, was die Möglichkeiten der Integration für die Dauer dieses Aufenthalts völlig verhindert . Meine Frage zielt vor allen Dingen auf etwas anderes . Schon jetzt sind diese Einrichtungen völlig überfüllt . Die Flüchtlinge werden sehr schnell weiterverteilt, weil der Platz in den Erstaufnahmeeinrichtungen einfach nicht reicht . Wie wollen Sie gewährleisten, dass die Plätze in Zukunft überhaupt da sind? Wie ist das mit beschleunigten Integrationsverfahren vereinbar?

Not found (Minister:in)

Das haben wir nicht in diesen Gesetzentwurf geschrieben, weil man es da nicht hineinschreiben muss . Aber wir, Bund und Länder, haben gewisse Ausbaupläne für Erstaufnahmeeinrichtungen verabredet . Wir wissen, dass jetzt aufgrund der großen Zahl - in den letzten Tagen sind jeweils knapp 10 000 Menschen gekommen; am gestrigen Tag waren es etwas weniger alle Mühe haben, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu bieten; das ist so . Ich kann vor all denen, die diese Aufgabe stemmen, nur den Hut ziehen . Aber das Ziel ist dergleichen natürlich nicht . Ziel ist vielmehr, dass wir Erstaufnahmeeinrichtungen haben, die ein schnelles Verfahren erlauben, die eine schnelle Unterscheidung zwischen den Schutzbedürftigen und den nicht Schutzbedürftigen erlauben . Gerade die Kommunen sagen uns, dass sie die Flüchtlinge erst dann aufnehmen wollen - das ist die gemeinsame Auffassung von Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund -, wenn klar ist, dass sie bleiben dürfen . Genau so wollen wir vorgehen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Volker Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr de Maizière, ich möchte Sie etwas zum Thema „sichere Herkunftsstaaten“ fragen. Da gibt es ja zwei Vorschläge: einmal den Gesetzentwurf aus Ihrem Haus mit den acht sicheren Herkunftsstaaten, Westbalkan plus Senegal und Ghana, und es gibt zum anderen den Vorschlag der EU-Kommission, die Westbalkanstaaten plus die Türkei zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären . In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, wie Sie das angesichts der Situation der Roma vor dem Hintergrund der Anerkennungsrichtlinie für den Westbalkan rechtfertigen . In Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Qualifikationsrichtlinie der EU heißt es, dass eine kumulative Verletzung von Menschenrechten eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist . Ich war in den letzten Jahren wiederholt in Serbien und habe mir dort Roma-Flüchtlingslager angeschaut . Dort halten sich die sogenannten unsichtbaren Roma auf: Das sind Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo, also Kosovo-Roma . Oft waren sie in Deutschland, wurden von dort in den Kosovo abgeschoben, und sie sind nach Serbien geflohen, weil ihre Herkunftsdörfer und -städte, in die sie zurückgeschoben wurden, einfach nicht mehr existieren . Diese Menschen fühlen sich im Kosovo nicht sicher . Inwiefern verträgt sich diese Einstufung der sicheren Herkunftsstaaten mit der EU-Qualifikationsrichtlinie? Was Senegal und Ghana angeht, wissen Sie, dass nach Artikel 10 der EU-Qualifikationsrichtlinie die Verfolgung von sexueller Orientierung ein Flüchtlingsanerkennungsgrund sein kann . In Senegal und Ghana wird Homosexualität nach dem Strafgesetzbuch strafrechtlich verfolgt . Das Auswärtige Amt führt in seinen Reisehinweisen auf, dass man als Homosexueller besser nicht in eines dieser Länder fahren sollte, weil dort Verfolgung droht . Wie sieht die Überprüfung dieser sicheren Herkunftsstaaten sie sind schon lange im Gesetz benannt - aus, wenn nach der Verfahrensrichtlinie alle zwei Jahre überprüft werden soll? Hat diese Überprüfung bei Senegal und Ghana vor der Erstellung des Gesetzentwurfs Ihres Hauses stattgefunden?

Not found (Minister:in)

Zu Ihrer ersten Frage, Herr Abgeordneter Beck: Die Lage der Roma ist in den entsprechenden Staaten nicht gut . Sie entspricht aber nicht politischer Verfolgung, auch nicht in der Kumulation . ({0}) Das ist die gemeinsame Auffassung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der Gerichte . ({1}) Die Tatsache, dass das kein Tatbestand politischer Verfolgung ist, ist gemeinsame Auffassung aller europäischen Länder, sodass Sie vielleicht einmal überlegen sollten, ob und wie lange Sie diese Position noch aufrechterhalten, zumal vermutlich auch nicht unerhebliche rot-grün regierte Länder dem im Bundesrat zustimmen werden, wie sie erklärt haben . ({2}) Jetzt zur zweiten Frage . Ihre Frage zu Senegal und Ghana kann ich aus dem Stand nicht beantworten . Die Antwort reiche ich Ihnen gerne schriftlich nach . Ich will Ihnen aber sagen, dass es auch auf Wunsch der Grünen Teil des Kompromisses ist, dass die Einstufung der sicheren Herkunftsstaaten alle zwei Jahre überprüft wird . ({3}) Dabei spielt die menschenrechtliche Lage in den Staaten natürlich eine entscheidende Rolle .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Hänsel .

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön . - Herr de Maizière, die Rückkehr zum Prinzip „Sachleistungen statt Geldleistungen“ für diejenigen, bei denen abzusehen ist, dass sie kein Bleiberecht erhalten, lässt die Einrichtungen vor Ort stöhnen . Das ist eigentlich eine weltfremde Entscheidung . In den Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg, die ich besucht habe, war man heilfroh darüber, dass Sie das Geldleistungsprinzip umgesetzt haben, weil man dadurch den bürokratischen Aufwand enorm verringern konnte . Ich finde, es ist ein Unding, dass Sie die Einrichtungen, die es jetzt ohnehin mit viel mehr Menschen zu tun haben in Meßstetten und Ellwangen haben wir eine drei- bis vierfache Belegung -, jetzt zwingen, zum Prinzip der Sachleistungen zurückzukehren . Das ist wirklich aberwitzig . Außerdem kostet das viel mehr . Ich würde gerne von Ihnen wissen: Wie hoch schätzen Sie den durch die Rückkehr zum Sachleistungsprinzip bedingten personellen und finanziellen Mehraufwand? Das ist Verschleuderung von Steuergeldern und wirklich eine Zumutung für die Betroffenen, die mit dem Geld vielleicht gerne ein Buch oder sonst etwas gekauft hätten . Sie sind, bei dem bisschen Geld, das sie an Unterstützung bekommen, fremdbestimmt .

Not found (Minister:in)

Frau Abgeordnete, natürlich ist die Auszahlung von Geld unbürokratisch und effektiv . Das ist nur nicht das alleinige Kriterium. Es gibt einen Zielkonflikt: Einerseits sind Geldleistungen unbürokratisch und effektiv; andererseits sind sie ein Anreiz, weil genau dieses Geld dem Schlepper gezahlt werden kann, weil dieses Geld in das Heimatland geschickt werden kann oder für Dinge ausgegeben werden kann, für die es nicht vorgesehen ist . Wir diskutieren streitig über den Pull-Effekt des Taschengeldes . Ich kann nur sagen, dass der serbische Ministerpräsident uns dringend sagt, dass ein Taschengeld für drei, vier Personen von 500 bis 600 Euro für die serbische Bevölkerung einen Pull-Effekt darstellt . Deswegen haben wir einen Kompromiss geschlossen - auch mit dem Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg -, der Folgendes vorsieht: In Erstaufnahmeeinrichtungen soll, soweit verwaltungsmäßig vertretbar - so ist, glaube ich, in etwa die Formulierung -, das Taschengeld in Form von Sachleistungen oder Wertgutscheinen vergeben werden . In den Gemeinschaftseinkünften kann so verfahren werden . Das ist also eine Sollregelung - mit einer Abwägungsmöglichkeit in Bezug auf den verwaltungsmäßigen Aufwand - bzw . eine Kannregelung. Ich finde, das ist eine klare Botschaft, und so wird es den Ländern trotzdem ermöglicht, die Regelung mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand anzuwenden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Darf ich uns zwischendurch einmal im Interesse der Verständlichkeit für die interessierte Öffentlichkeit empfehlen, dass wir statt von „Pull-Effekten“, Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern: Sogeffekte .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

- „Push-Effekten“ und „Hotspots“ von den Sachverhalten reden, die wir damit meinen? (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Not found (Minister:in)

Das nehme ich gerne an .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Kollegin Klein-Schmeink stellt die nächste Frage .

Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004072, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, viele Asylsuchende leiden unter den Erfahrungen, die sie im Bürgerkrieg oder während der Flucht gemacht haben . Viele erlitten dadurch Traumata und sehr schwerwiegende psychische Störungen . Für die Gruppe der Asylsuchenden, die länger als 15 Monate in Deutschland sind, sehen Sie jetzt dankenswerterweise die Möglichkeit einer besseren psychologischen Betreuung vor . Für mich stellt sich die Frage: Warum nur für diesen Personenkreis? Alle wissen, dass es ohne Behandlung zu Chronifizierungen, also zu dauerhaften Schäden, kommen kann . Ferner wissen wir, dass die Integration dadurch beeinträchtigt wird und diese schwerwiegenden Erkrankungen durch den Aufenthalt in großen Einrichtungen massiv verstärkt werden können . Auch wissen wir, dass der Aufenthalt in solchen Einrichtungen ein Auslöser für die Krankheit sein kann . Was schlagen Sie vor, um der Gruppe derjenigen, die noch keine 15 Monate in Deutschland sind, eine wirksame Hilfe zuteilwerden zu lassen?

Not found (Minister:in)

Ich habe mich gerade rückversichert, weil ich in der Frage fachlich nicht so fit bin; dafür bitte ich um Verständnis . Deswegen kann ich Ihnen die Frage nicht abschließend beantworten . Jedenfalls haben wir eine deutliche Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung, weil wir erstmalig auch die Behandlung solcher Traumata in den Leistungskatalog aufnehmen . Eine Verbesserung gibt es auch beim Impfschutz . Es ist ein wichtiger Punkt, dass wir die Fähigkeiten von Asylbewerbern, etwa aus Syrien, gerade im medizinischen Bereich auch zur Betreuung der Asylbewerber selbst nutzen . Dabei gibt es Anerkennungsprobleme und vieles andere mehr, aber ich halte das für ein wichtiges Element . Ich weise auch darauf hin, dass von den unbegleiteten Minderjährigen besonders viele unter Traumata leiden . Das ist insgesamt ein sehr schwieriges Thema . Die Antwort auf die Frage nach der Differenzierung „bis 15 Monate“ bzw. „nach 15 Monaten“ würde ich gerne schriftlich nachreichen . Ich würde gern, Herr Präsident, Ihre Anregung aufgreifen und erklären: Pull-Effekt heißt Sogeffekt . Wenn man Maßnahmen ergreift, die ein Land besonders attraktiv machen, dann löst allein diese Attraktivität einen Sog aus, in dieses Land zu kommen . Das nennt man neudeutsch Pull-Effekt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Schöne an dieser Klarstellung ist, dass es die tröstliche Gewissheit vermittelt, dass im Deutschen Sachverhalte ähnlich kurz und präzise beschrieben werden können wie im Englischen auch, sodass die Notwendigkeit gar nicht besteht, sich an dieser Stelle anderswo zu bedienen . ({0})

Not found (Minister:in)

Wohl war .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Binder .

Karin Binder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003738, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, mir will eines nicht in den Kopf . Mir ist nicht klar, was uns daran hindert, Flüchtlingen aus Ländern wie Syrien, Irak oder Eritrea, bei denen die Anerkennungsquote bei 99 bis 100 Prozent liegt, die Möglichkeit zu eröffnen, beispielsweise bei Bekannten oder Verwandten, die bereits in Deutschland sind, zu wohnen oder tatsächlich eine eigene Wohnung anzumieten, um die Gemeinden, die Anwohnerinnen und Anwohner, die im Umfeld einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, und auch die Beschäftigten in diesen Einrichtungen zu entlasten . Ich denke, es wäre für viele Menschen eine Erleichterung, wenn sie sich selbst eine Unterkunft suchen könnten . Das wäre gleichzeitig auch eine Entlastung für die Menschen, die im Umfeld einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen, die dadurch, dass dort Hunderte oder Tausende von Menschen auf einen Schlag in einer Massenunterkunft zusammengepfercht werden, auch einer extremen Belastung ausgesetzt sind . Was hindert uns daran, hierbei eine andere Vorgehensweise zu wählen?

Not found (Minister:in)

Frau Abgeordnete, das hört sich nur auf den ersten Blick überzeugend an . Ich habe darüber auch mit Pro Asyl schon viel diskutiert . Erstens müssen wir feststellen, ob es sich um einen Syrer handelt . Das hört sich einfach an, ist aber nicht immer einfach, weil zum Teil keine Dokumente vorliegen und etliche behaupten, Syrer zu sein, ohne es tatsächlich zu sein . Das zweite Argument ist: Wir müssen die großen Lasten, die mit einer solch großen Zahl von Asylbewerbern verbunden sind, fair zwischen den Bundesländern aufteilen . Die syrischen Gemeinden - jetzt hätte ich fast gesagt, Herr Präsident: die syrischen Communitys -, in denen es viele Syrer gibt, haben natürlich eine größere Anziehungskraft als Gemeinden, in denen es keine Syrer gibt. Würden wir aber sagen: „Da dürfen alle sofort hin“, dann hätten wir eine derartige Sonderbelastung der Ballungsgebiete, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und anderswo, ({0}) dass das mit einer fairen Lastenverteilung in Deutschland - insbesondere während des Asylverfahrens - meines Erachtens nicht vereinbar ist . ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Herr Präsident . - Herr Minister, zum einen habe ich Ihre Ausführungen zum Sachleistungsprinzip im Gesetz so nicht gefunden . Ich wäre daran interessiert, dass Sie mir die Fundstelle nennen . Meine eigentliche Frage bezieht sich auf Ihre Formulierung hinsichtlich des „atmenden Finanzierungssystems“ .

Not found (Minister:in)

Ja .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Kann man das so verstehen, dass Sie sagen, die Finanzierungsvereinbarung beläuft sich am Ende klar auf eine Spitzabrechnung?

Not found (Minister:in)

Ich habe gerade in meinen Unterlagen geblättert, kann das jetzt jedoch nicht gleichzeitig machen . Das klären wir, wenn Sie einverstanden sind, bilateral . Ich habe das politische Dokument zitiert: „Soll, soweit verwaltungsmäßig vertretbar“, oder so ähnlich, und „kann“ bei den anderen. ({0}) Zur zweiten Frage: Es ist in der Tat eine Spitzabrechnung vorgesehen . Der Mechanismus ist, dass die Länder Abschläge bekommen und im Folgejahr spitz abgerechnet wird . Wenn es im Laufe des Jahres erhebliche Differenzen gibt, dann kann man darüber reden . Es ist besprochen worden, dass man zwischendurch Abschläge verringert oder erhöht oder einen Ausgleich vornimmt . Aber die Spitzabrechnung war ein besonderer Wunsch der Länder . Herr Präsident, Spitzabrechnung ist auch ein Ausdruck, den ich vielleicht erklären sollte . Das bedeutet: Es gibt Geld pro Asylbewerber, und zwar in einem bestimmten Land; denn in einem Bundesland dauern die Verfahren wegen des BAMF oder der unterschiedlichen Herkunftsstaaten der Asylbewerber länger als in einem anderen Land . Das soll nicht mit einem Durchschnitt nivelliert werden, sondern es gibt im Nachhinein eine Spitzabrechnung pro Asylbewerber pro Bundesland .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Keul .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Erlauben Sie eine kurze Vorbemerkung zu dem eingangs zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts . Herr de Maizière, Sie als Verfassungsminister wissen genauso wie ich, dass dieses Urteil auf Artikel 1 Grundgesetz beruht und dass es sich mit Artikel 1 genauso verhält wie mit Artikel 16 . Beide kennen keine Obergrenzen . Ich verweise nur auf das Zitat der Kanzlerin . ({0}) Meine eigentliche Frage knüpft an die Frage der Kollegin Pothmer an . Wir lesen ja in der Begründung - im Gesetz leider nicht, weil Sie da auf eine Verordnung verweisen -, dass die Integrationsleistungen denen zur Verfügung stehen sollen, deren Antrag auf Asyl voraussichtlich Erfolg haben wird . Ich frage mich: Wie wollen Sie diese Erfolgsaussichten feststellen? In einem gesonderten Verfahren? Wir haben doch im Augenblick schon genug zu tun, überhaupt das Asylverfahren voranzutreiben . Jetzt muss dann quasi im Vorverfahren des Asylverfahrens geprüft werden, ob das Asylverfahren gute Aussichten auf Erfolg hat, oder wie muss ich mir das praktisch vorstellen?

Not found (Minister:in)

Nein, das wird man sicherlich an die Nationalität knüpfen, an die Anerkennungsquoten und die Erfahrung, die man gemacht hat . Ein zusätzliches Verfahren ist nicht beabsichtigt .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Höger .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Meine Frage bezieht sich erneut darauf, dass Sie in Ihrem ganzen Gesetzesvorhaben besonderen Wert darauf legen, Flüchtlinge vom Westbalkan abzuschrecken, damit sie gar nicht erst kommen . Jetzt zeigt aber die aktuelle Anzahl von Asylanträgen, dass die Asylanträge dieser Flüchtlinge höchstens 10 Prozent ausmachen . Dadurch, dass Sie dieses ganze bürokratische Verfahren einführen, haben Sie weniger Zeit und Geld für die anderen Flüchtlinge, die wirklich unsere Hilfe brauchen . Obwohl es sich um einen ganz kleinen Teil der Flüchtlinge handelt, legen Sie so großen Wert auf Abschreckung und Diskriminierung . Ist das nicht völlig an der Realität vorbei?

Not found (Minister:in)

Nein . Erstens ist es so, dass die Relation, der Anteil derer, die aus den Westbalkanstaaten kommen, geringer geworden ist . Das stimmt . Die absolute Zahl ist aber immer noch so, dass wir von ein paar Tausend pro Woche reden . Versetzen wir uns einmal in das Frühjahr: Wären damals ein paar Tausend Albaner pro Woche gekommen, würden wir hier ganz anders diskutieren . Zweitens kommt hinzu, dass wir noch aus dem ersten Halbjahr sehr viele Verfahren und abgelehnte Asylbewerber, also Entscheide des BAMF, haben, wo es noch keinen Vollzug gibt . Es geht dabei um etwa 60 000 oder mehr . Wenn wir das nicht ändern, lösen wir möglicherweise wieder einen Sogeffekt aus, weil dann viele sagen: Na ja, wenn die nicht zurückkommen, dann kann ich vielleicht trotzdem noch dorthin gehen . - Von daher ist das eine Maßnahme zur Umsetzung der Verfahren, die wir haben, aber auch eine präventive Maßnahme für die Zukunft .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Volker Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir sind uns ja bei allen Differenzen über konkrete Punkte in diesem Gesetz einig, dass wir schnellere Asylverfahren brauchen, um schneller zu entscheiden, wer bleiben darf und wer am Ende gehen muss . Mich wundert, dass in Ihrem Gesetzentwurf nichts Substanzielles zu einer Beschleunigung der Verfahren enthalten ist, zum Beispiel Vorschläge zur Behandlung von Asylanträgen von Menschen aus Staaten mit hoher Anerkennungsquote - man könnte Gruppenverfahren machen - oder eine Finalisierungsregelung zur Lösung von Altfällen, bei denen wir ewig lange Verfahren haben und wissen, dass wir die Leute am Ende des Verfahrens sowieso nicht wegschicken werden . Warum gibt es da keine Verfahrensvereinfachung, die dem Bundesamt die Möglichkeit gibt, bei den schwierigeren Fällen mit der notwendigen Sorgfalt und rechtsstaatlichen Qualität zu prüfen? Mir ist angesichts der hohen Zahl nicht klar, wie man Flüchtlingen aus Ländern gerecht werden will, in denen die Menschenrechtslage hoch volatil ist, zum Beispiel Kongo, Äthiopien, Nigeria .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Lieber Herr Beck, schauen Sie einmal auf die Zeit .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Dort sind schwierige Sachverhalte wie die kumulative Verfolgung, die nicht so einfach festzustellen ist, zu prüfen . - Punkt, Herr Präsident .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Schön . ({0})

Not found (Minister:in)

Herr Beck, natürlich gibt es in dem Gesetz verfahrensmäßige Beschleunigungen . Ich halte zum Beispiel die Verpflichtung, sich, wenn die Kapazität zur Verfügung steht, für eine gewisse Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung aufzuhalten, für eine verfahrensbeschleunigende Maßnahme . ({0}) Im Übrigen gilt der alte Grundsatz: Man soll nicht etwas ins Gesetz schreiben, wenn es nicht nötig ist, etwas ins Gesetz zu schreiben . Wir ergreifen viele verfahrensbeschleunigende Maßnahmen, aber wir tun dies untergesetzlich . So haben wir etwa entschieden, bei syrischen Antragstellern praktisch nur noch ein schriftliches Verfahren durchzuführen . Ich muss allerdings Wert darauf legen, dass die Identitätsfeststellung präzise erfolgen muss, auch aus Sicherheitsgründen . - Ich freue mich, dass Sie da nicken; denn das ist ein wichtiger Punkt, der manchmal, ehrlich gesagt, etwas Zeit kostet . Wir haben außerdem vier Entscheidungszentren gegründet, in denen einfach gelagerte Fälle schnell entschieden werden . Zur Beschleunigung der Verfahren wird es beim BAMF, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, zusätzliche Stellen geben; wir werden sie im Rahmen des Haushaltsverfahrens schaffen, sie aber nicht in dieses Gesetz hineinschreiben . Ein weiteres Beispiel ist das neue IT-Verfahren; dazu finden Sie etwas im Nachtragshaushalt . Es gibt also eine ganze Reihe von beschleunigenden Maßnahmen, von denen wir einige ins Gesetz aufgenommen haben . Manche haben wir aber nicht im Gesetz erwähnt, vor allen Dingen deshalb nicht, weil wir sie gar nicht in ein Gesetz hinschreiben müssen, sondern diese Aufgaben durch gutes Verwaltungshandeln erledigen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Wir haben jetzt das Ende der vorgesehenen Gesamtdiskussionszeit erreicht . Ich habe mir noch Wortmeldungen von Frau Stamm-Fibich, Frau Klein-Schmeink, Stephan Mayer und Herrn Wendt notiert, die ich noch aufrufe . Können wir damit dann die Wortmeldeliste zu diesem Themenkomplex schließen? - Ich bedanke mich . Frau Stamm-Fibich .

Martina Stamm-Fibich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004413, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wir als SPD-Bundestagsfraktion begrüßen außerordentlich, dass eine Rahmenvereinbarung geschaffen wurde, um den Asylbewerbern die elektronische Gesundheitskarte zur Verfügung zu stellen . Ich möchte Ihnen dazu eine Frage stellen . In der Bevölkerung ist nämlich aufgrund einiger Äußerungen ein bisschen Unsicherheit aufgekommen . Wenn sich ein Bundesland entscheidet, diese Karte auszugeben, erfolgen die entsprechenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, und es sind nicht, wie irrtümlich kundgetan wird, normale Leistungen der Versichertenkarte . Können Sie das so bestätigen, bitte?

Not found (Minister:in)

Ja, Frau Kollegin, das möchte ich ausdrücklich bestätigen - ich will das gerne auch öffentlich hervorheben -: Die Gesundheitskarte soll eine Erleichterung für die Länder sein, die sie nutzen; sie bedeutet aber keine Leistungsverbesserung . Nach jetziger Rechtslage ist es so, dass bei Asylbewerbern im Vergleich zu anderen das Niveau der Gesundheitsversorgung geringer ist . Das ist übrigens insbesondere beim Zahnersatz ein wichtiges Thema . Viele sagen oder befürchten - öffentlich oder halböffentlich -, dass es möglich ist, dass jemand, der etwa aus einem Westbalkanstaat kommt, das Verfahren verzögert, die vollen Gesundheitsleistungen ausnutzt, vor der Ablehnung zurückgeht und vielleicht ein halbes Jahr später wiederkommt; dies wiederum hätte einen Sogeffekt . Wir allerdings wollen in den Ländern, die diese Karte nutzen, für bürokratische Erleichterungen sorgen . Deswegen ist im Gesetz vorgesehen, dafür Vorsorge zu treffen, dass auch bei Nutzung einer solchen optionalen Gesundheitskarte das Leistungsniveau demselben abgesenkten Niveau wie bisher nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entspricht . Das heißt, es ist geringer als bei den normalen Versicherten im gesetzlichen Versicherungssystem .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Klein-Schmeink .

Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004072, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich würde da gerne anknüpfen und Sie etwas fragen . In einigen Bundesländern wird die Gesundheitskarte für Flüchtlinge ja schon genutzt . Auch in Bremen, Hamburg und NRW gibt es eine solche Vereinbarung . Haben diese Vereinbarungen Bestand?

Not found (Minister:in)

In der Tat haben wir darüber diskutiert: Warum brauchen wir eigentlich eine Bundesregelung, wenn die Länder es auch jetzt schon so machen können? Alle waren sich aber einig: Es soll ein bundesgesetzlicher Boden für diese Rahmenvereinbarung bereitet werden . Meine Antwort lautet: Wenn die bisherigen Vereinbarungen dem Boden, den das Bundesgesetz schafft, entsprechen, muss man sie nicht ändern . Anderenfalls muss eine entsprechende Vereinbarung in einem Land an die bundesgesetzliche Regelung angepasst werden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Stephan Mayer .

Stephan Mayer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Minister, die Bundesregierung legt mit diesem Gesetzentwurf ein sehr umfangreiches Paket vor: Standardabweichungen werden geregelt, das Asylbewerberleistungsgesetz und das Asylverfahrensgesetz werden novelliert, und außerdem wird die zukünfBundesminister Dr. Thomas de Maizière tige umfangreiche finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund geregelt . Herr Minister, mich würde interessieren, welche Erwartungshaltung die Bundesregierung gegenüber den Ländern hat, ihrerseits auf landesgesetzlicher Ebene Veränderungen vorzunehmen, zum Beispiel in puncto Standardabweichungen und darüber hinaus - ich denke hier an Stellenmehrungen bei den Ausländerbehörden und den Verwaltungsgerichten - im personellen Bereich? Außerdem geht es mir um das Verhalten einiger Länder . Ich spreche hier ganz bewusst die Praxis in SchleswigHolstein und Thüringen an, die im Winter letzten Jahres auf Abschiebungen verzichtet haben .

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter, zunächst gibt es ja im Bundesgesetz einige Regelungen, durch die das, was Sie angesprochen haben, in Zukunft verhindert wird . So darf etwa die Aussetzung der Abschiebung nicht länger als für drei Monate erfolgen . In den Sitzungen hat ein Ministerpräsident gesagt, es solle in Zukunft keinen Winterabschiebeerlass mehr geben . Wir werden dann sehen, wie sich das umsetzen lässt . Das politische Papier vom letzten Donnerstag - nicht der Gesetzentwurf - enthält aber auch Verpflichtungen der Länder . Es sind also keine rechtsverbindlichen, aber politische Verpflichtungen. Es geht darum, die Ausländerbehörden und die Verwaltungsgerichte so mit Personal auszustatten, dass etwa schnellere Verfahren des BAMF möglich sind . Das hat ja auch Folgen für die Ausländerbehörden und andere - bei negativen Entscheidungen auch für die Gerichte . Das muss dann entsprechend umgesetzt werden, und ich habe die sichere Zuversicht, dass die Länder ihre Verpflichtungen insoweit einhalten. Es gibt dann noch einen sehr interessanten Punkt: Auch in Bezug auf die Verwaltungsgerichte haben wir in dem Gesetzentwurf das eine oder andere geregelt . Darüber hinaus enthält auch das politische Papier noch einen Prüfauftrag . Es gilt zu prüfen, ob nicht auch durch bessere Verfahren bei den Verwaltungsgerichten ein denkbares Nadelöhr im Anschluss an schnellere Verfahren beim BAMF besser geschlossen werden kann . Ich setze darauf, dass die Länder das schnell umsetzen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Wendt .

Marian Wendt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004441, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, das Gesetz heißt „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ . Am Ende eines Asylverfahrens steht die Entscheidung, ob die entsprechende Person hierbleiben darf oder das Land zu verlassen hat . Für den Fall einer Abschiebung habe ich folgende Fragen: Vielleicht können Sie noch einmal aufführen, welche konkreten Maßnahmen jetzt anstehen, um die Abschiebungen zu beschleunigen . Was halten Sie von dem Gedanken einiger Länder, zum Beispiel Thüringens, die Verantwortung für die Abschiebung auf die Landkreise zu delegieren? Demgegenüber sind wir der Meinung, dass eine bundeseinheitliche Koordination besser ist . Vor allen Dingen: Wie soll sich künftig die Kooperation mit den Ländern gestalten, die die Flüchtlinge wieder zurücknehmen sollen?

Not found (Minister:in)

Herr Abgeordneter, es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die ich jetzt aus Zeitgründen gar nicht erwähnen kann . Die Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern sollen möglichst bis zum Schluss der Verfahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben, von wo aus sie dann in ihr Land zurückkehren können oder abgeschoben werden . Wir haben auch erklärt, dass die Bundespolizei dabei engagiert hilft . Das Nächste ist, dass keine Abschiebung länger als für drei Monate ausgesetzt werden darf . Außerdem wird die bisherige sehr weitgehende Ankündigung von Abschiebungen eingeschränkt . Darüber hinaus erfolgt gegebenenfalls eine Konzentration im Rechtsschutz; darüber habe ich eben schon gesprochen . Schließlich ist das Thema Passersatzbeschaffung zu nennen . Wir wollen mit dem EU-Laissez-Passer-Verfahren - das steht nicht in diesem Papier; dafür weiß ich jetzt auch keine schöne Übersetzung - die Möglichkeit eröffnen, auch ohne einen Pass ausreisen zu können, und zwar mit einem EU-Dokument . - So kurz ist die Übersetzung jetzt nicht, aber so ist es vielleicht verständlich .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Beispielsweise Erlaubnisverfahren .

Not found (Minister:in)

Ja, das ist zu 80 Prozent richtig beschrieben . - Ein solches Verfahren erübrigt die mühsame Passersatzbeschaffung . Das wollen wir mit den entsprechenden Ländern vereinbaren . Es gibt hier also eine ganze Reihe von Maßnahmen . Man muss auch nicht immer nur abschieben . Ich halte auch sehr viel von einer freiwilligen Rückkehr und von Hilfen zur freiwilligen Rückkehr, wenn es nicht übertrieben ist . Bezogen auf die sicheren Herkunftsländer haben wir zum Beispiel gesagt: Derjenige, der in diesem Jahr gekommen ist und jetzt geht, der kann auch von der legalen Migration Gebrauch machen, wenn er die Voraussetzungen erfüllt . Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Anreiz .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Vielen Dank, Herr Minister . - Ich frage Sie, ob es noch Fragen zu anderen Themen der gestrigen Kabinettssitzung gibt? - Das ist nicht der Fall . Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? - Dazu sehe ich jedenfalls im Augenblick auch keine Wortmeldung . Dann beende ich damit die Regierungsbefragung . Stephan Mayer ({0}) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/6136 Die Fragen werden in der Ihnen bekanntgegebenen Reihenfolge der Ressorts aufgerufen . Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Hier steht der Kollege Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär im zuständigen Ministerium, für die Beantwortung der Fragen zur Verfügung . Wir kommen zur Frage 1 des Kollegen Alexander Neu . - Er ist gar nicht da? ({1}) - Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Damit entfällt die Antwort . Herr Staatssekretär, dann kommen Sie vergleichsweise leicht weg . Die Frage 2 der Kollegin Tabea Rößner wird ohnehin schriftlich beantwortet . Wir kommen zu den Fragen 3 und 4 des Kollegen Matthias Gastel . - Auch er ist nicht da . Es wird verfahren wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Wir kommen zur Frage 5 des Kollegen Herbert Behrens: Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung als Vertreterin des Gesellschafters Bund in der Gesellschafterversammlung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH ({2}) und vertreten im Aufsichtsrat durch zwei Staatssekretäre der derzeit verhängte Baustopp am Flughafen Berlin Brandenburg auf den geplanten Eröffnungstermin im Jahr 2017, und mit welchen Mehrkosten ({3}) ist angesichts der festgestellten Statikprobleme zu rechnen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Sehr verehrter Kollege Behrens, die Vorhabenträgerin FBB hat angegeben, bis Mitte Oktober 2015 eine endständige Lösung für die mit dem derzeitigen Baustopp verbundenen vorhandenen Fragen zu erarbeiten . Vorher können die zeitlichen und kostenmäßigen Auswirkungen aus Sicht der Bundesregierung nicht zuverlässig eingeschätzt werden .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, wir haben uns ja zu einem früheren Zeitpunkt über die Folgekosten des Stillstands am BER unterhalten . Ich weiß nicht, ob das vor Ihrer Zeit gewesen ist: Es standen Zahlen zwischen 10 und 50 Millionen Euro, die pro Monat Bauverzögerung an Kosten anfallen, im Raum . Es gibt relativ gesicherte Aussagen, dass zumindest mit 25 Millionen Euro pro Monat als Folgen eines Stillstands am Bau gerechnet werden muss . Können Sie diese Zahlen bestätigen? Würde das aus Ihrer Sicht nicht dazu führen, dass diese Bauverzögerungen unter Umständen der EU gemeldet werden müssten, die sich derzeit im Rahmen eines Notifizierungsverfahrens mit dieser Frage beschäftigt?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ihre letzte Frage stimmt mit der Frage 6 überein . Wir können derzeit noch nicht sagen, wann das Notifizierungsverfahren der EU abgeschlossen sein wird . Das ist nicht abzusehen, da es aufgrund der Zusammenhänge, die Sie darstellen, nicht auszuschließen ist, dass die EUKommission mit weiteren Fragen auf uns zukommt . In der Unterrichtung im Haushaltsausschusses heute früh, in der auch ein Vertreter des Flughafens und Staatssekretär Bomba anwesend waren, wurde nochmals versichert, dass keine zusätzlichen Zeitverzögerungen über die hinaus, die bereits eingepreist sind, auftreten werden, sodass man nach wie vor von einem Eröffnungstermin im zweiten Quartal 2017 ausgeht .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Zusatzfrage?

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja . - Können Sie denn die Zahl bestätigen, dass die Bauverzögerung 25 Millionen Euro pro Monat an Kosten nach sich zieht?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Diese Zahl liegt mir so nicht vor . Wir wissen über die Nachfinanzierungsthemen Bescheid, aber diese Zahl ist mir so nicht präsent .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Hat sich die Frage 6 erledigt, Herr Behrens, oder soll ich sie aufrufen?

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Bitte aufrufen .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ja, okay . Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Herbert Behrens auf: Wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung das laufende Notifizierungsverfahren bezüglich weiterer Gesellschafterzuschüsse an die FBB beendet sein, und welchen Einfluss haben die bekanntgewordenen Statikprobleme auf dieses Notifizierungsverfahren? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Nochmals die Antwort auf Frage 6: Wann das Notifizierungsverfahren abgeschlossen sein wird, lässt sich derzeit nicht absehen . Es ist nicht auszuschließen, dass die Europäische Kommission aufgrund der bekanntgePräsident Dr. Norbert Lammert wordenen Statikprobleme zusätzliche Fragen an die Bundesregierung richten wird .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja, noch eine Zusatzfrage . - Die Bürgerinitiativen haben in einer gemeinsamen Presseerklärung zum BER darauf hingewiesen, dass es im Notifizierungsverfahren in Brüssel zurzeit um 2,6 Milliarden Euro geht . Können Sie diese Zahl bestätigen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Mir sind Erhöhungen der Kosten in der Größenordnung von - ich habe die Unterlagen nicht dabei 1,107 Milliarden Euro bekannt, aber nicht die von Ihnen genannte Zahl .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Weitere Frage?

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Weil Sie eben angedeutet haben, dass es unter Umständen noch Nachfragen seitens der EU geben könnte: Kann es in einem solchen Fall, wenn es keine endgültige Entscheidung über die Freigabe entsprechender EU-Mittel gibt, nicht auch zu weiteren Bauverzögerungen kommen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Davon gehe ich nicht aus, da die Flughafengesellschaft sagt, dass mit den Nachforderungen Liquidität gegeben ist .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Stephan Kühn auf: Wo sind die Sanktionen nach Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung ({0}) Nummer 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen im deutschen Recht verankert, und welche Maßnahmen zu ihrer Anwendung wurden getroffen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Sehr geehrter Herr Kollege Kühn, die Verordnung Nummer 715/2007 ist für bestimmte Kraftfahrzeuge bei der Typgenehmigung nach der Rahmenrichtlinie 207/46/ EG obligatorisch anzuwenden . Die Erteilung der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgt unter Berücksichtigung dessen nach der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung . Hieraus ergeben sich auch die Möglichkeiten der staatlichen Reaktion auf Verstöße gegen die Typgenehmigungsvorschriften . Es gelten die §§ 7, 25, 27 und 37 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung . Insbesondere sind danach spezielle Verwaltungsmaßnahmen vorgesehen, die beispielsweise von einem teilweisen Widerruf der Typgenehmigung bis zu deren Erlöschen reichen . Darüber hinaus bestehen die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten .

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zusatzfrage?

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Erste Zusatzfrage - Sie haben Verwaltungsmaßnahmen angesprochen -: Können Sie uns konkret sagen, in welcher Höhe und in welchem Umfang bei Verstößen gegen die Verordnung zur Euro-5- und Euro6-Norm Sanktionen möglich sind? In welchem Umfang und in welcher Höhe können die Verstöße sanktioniert werden, und wo findet sich konkret im nationalen Recht die Grundlage dafür, solche Sanktionen zu verhängen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Kühn, wie Ihnen mein Minister schon in der vergangenen Woche erklärt hat, kann man über Verstöße und Sanktionen erst dann reden und nachdenken, wenn die Sachverhalte geklärt sind, wenn man also weiß, welche Verstöße überhaupt vorliegen . Wir sind derzeit mitten in der Klärung .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mit dem geltenden deutschen Recht, das die EU-Verordnung Nummer 715/2007 umsetzt, ist der Rechtsrahmen für Sanktionen abgesteckt . Ich frage Sie: Wie sieht das geltende Recht konkret aus, und in welchem Umfang können theoretisch - unabhängig von dem konkreten Fall, um den es gerade geht - Sanktionen verhängt werden? Wenn das rechtlich geregelt ist - ich gehe davon aus, dass die Verordnung umgesetzt und in das deutsche Recht implementiert wurde -, dann gibt es einen Rechtsrahmen, der ein bestimmtes Volumen und bestimmte maximale bzw. minimale Sanktionen definiert. Danach frage ich . Das ist unabhängig von der Frage des VW-Skandals im Einzelfall . Wie sieht der Rechtsrahmen aus, und in welchem Umfang und in welcher Höhe sind dort Sanktionen vorgesehen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Es handelt sich um den Rechtsrahmen der Typzulassung . Dabei ist, wie gesagt, die weitestgehende Sanktion der Entzug der Typzulassung . Davor können selbstverständlich Auflagen erteilt werden.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Behrens .

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, es ist ein bisschen schwierig, auf die Frage eine klare Antwort von Ihnen zu bekommen . Wir wissen, dass die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt worden ist und seit 2009 Gültigkeit hat . Dann muss es doch klar sein, wo man das, was Sie gerade erwähnt haben, nämlich dass es bestimmte Sanktionsmöglichkeiten gibt, findet.

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich sage nochmals: Wenn man weiß, um welche Verstöße es sich handelt, dann kann man auch sagen, was an möglichen Sanktionen eintreten könnte . Aber da wir darüber keine Klarheit haben, kann ich keine präzise Auskunft geben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ich habe gerade den Vorsitz übernommen und grüße Sie . Schönen Nachmittag von meiner Seite aus, auch unseren Gästen auf der Besuchertribüne! Eine Zusatzfrage hat die Kollegin Keul .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Auch mich interessieren die Sanktionen . Unter anderem wurden nun strafrechtliche Ermittlungen gegen einzelne Manager eingeleitet . Ich möchte fragen, ob die zuständigen Behörden zugleich auch entsprechende Verfahren gegen die juristische Person VW nach §§ 30 und 130 Ordnungswidrigkeitengesetz einleiten .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Keul, auch für diese Frage gilt: Wir haben eine Kommission eingesetzt, die die Vorgänge untersucht . Von dieser Kommission liegen noch keine Ergebnisse und auch noch kein Zwischenbericht vor . Bevor wir darüber keine Klarheit haben, können wir keine präziseren Antworten auf Ihre Fragen geben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke, Herr Barthle . - Dann hat der Kollege Krischer eine Zusatzfrage .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich kann, ehrlich gesagt, Ihre Nichtantwort an dieser Stelle nicht verstehen; denn im Raume steht die Manipulation einer Software, um bestimmte Abgaswerte unter Prüfbedingungen zu erreichen . Ich möchte an dieser Stelle die Frage des Kollegen Kühn präzisieren: Können Sie uns den Rechtsrahmen, also die Paragrafen, in denen die Straf- und Sanktionsbewehrung für so etwas geregelt ist, nennen, sowohl für die juristische Person, also für das handelnde bzw . nicht handelnde Unternehmen, als auch in zweiter Linie für die Personen, die entsprechende Manipulationen durchgeführt haben? Welche Rechtsgrundlage ist hier also einschlägig? Dass Sie nicht sagen können, wie das im Detail aussieht, ist mir völlig klar . Aber Sie müssen doch hier eine einschlägige Rechtsgrundlage nennen können .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Krischer, Sie wissen ganz genau, dass es sich um einen Verstoß, also um Regelwidrigkeiten bei Dieselfahrzeugen auf dem amerikanischen Markt handelt . Darüber hinaus kennen wir die präziseren Umstände nicht . Wir wissen beispielsweise nicht, wie dies für den europäischen oder gar für den deutschen Markt zu bewerten ist . Über das amerikanische Rechtssystem müssen Sie sich in Amerika kundig machen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke, Herr Staatssekretär . - Die nächste Frage hat die Kollegin Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Herr Staatssekretär, ich komme auf Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Kühn zurück . Kollege Kühn hat ja nach dem Rechtsrahmen gefragt, also danach, was in Deutschland geltendes Recht ist, nicht nach dem amerikanischen Recht und auch nicht nach dem konkreten Fall, der nun im Raum steht . Ich will da jetzt ganz gezielt nachfragen: Gibt es im geltenden deutschen Rechtsrahmen - egal ob die Grundlage nun ein deutsches Gesetz oder eine europäische Verordnung ist - bei solchen Verstößen gegen die Zulassungsbestimmungen über die Möglichkeit, die Betriebserlaubnis zu entziehen, wie Sie es eben gesagt haben, hinaus weitere Möglichkeiten, beispielsweise Geldstrafen wegen begangener Ordnungswidrigkeiten zu verhängen? Was sieht da der Rechtsrahmen, der hier gültig ist, vor, und gegen wen richten sich diese Strafen? - Danke .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin, Sie sprechen ganz bewusst von „solchen Verstößen“ . Das ist ein semantisch ausgesprochen unscharfer Begriff . Diesen können weder Sie noch ich präzisieren . Deshalb kann ich Ihre Frage auch nicht beantworten . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die nächste Frage stellt die Kollegin Paus . ({0})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Welche Verstöße sind es? Können Sie es präzisieren?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Moment! Jetzt ist die Kollegin Paus dran . Dann gebe ich Ihnen ausführlich die Möglichkeit, zu antworten, Herr Staatssekretär . Frau Paus .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich frage Sie: Unter welchen Bedingungen kann die Typgenehmigung entzogen werden? Unter welchen Bedingungen kann man die Zulassungsbescheinigung verlieren? Ich möchte einen weiteren Aspekt hinzufügen . Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Kfz-Steuer inzwischen eine CO -Komponente enthält . Der zulässige Wert bei dieser Komponente ergibt sich aus der Zulassungsbescheinigung . Sollte sich herausstellen, dass der dort angegebene Wert betreffend den CO -Ausstoß falsch ist: Inwieweit werden damit Kfz-Steuerbescheide rechtsunwirksam?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Für die Typgenehmigungen gibt es klare Regeln; es müssen bestimmte Werte eingehalten werden . Diese werden gemessen und teilweise auch nachgemessen . ({0}) Deshalb kann bei Verstoß gegen diese Regeln die Typzulassung entzogen werden . Die Zulassung orientiert sich ja nicht an den Verbrauchswerten, die angegeben werden, sondern an den Grenzwerten der Schadstoffe .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die Kollegin Keul hat die nächste Frage .

Katja Keul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004067, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich muss an der gleichen Stelle nachfragen . Wenn Westernstiefel tragende Leute aus der Tuner-Szene irgendwie an ihren mit Fuchsschwänzen behängten Maschinen rumschrauben, um die Maschinen irgendwie lauter und dreckiger zu machen, und damit die Abgaswerte ändern, dann ist die Konsequenz relativ klar: Dann erlischt die Betriebserlaubnis, und zwar sofort . (Zuruf der Abg . Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Ich wollte hier keine weiteren Automarken nennen, Kollegin Haßelmann . - Deswegen frage ich jetzt noch einmal: Warum gilt dann nicht für die möglicherweise Tausende oder Zehntausende von deutschen Autos, um die es jetzt geht, dass in kürzester Zeit die Betriebserlaubnis erlöschen könnte und die Leute ihre Fahrzeuge dann nicht mehr auf der Straße bewegen können?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Keul, ich muss nochmals darauf hinweisen: Wir wissen noch nicht, um welche Sachzusammenhänge es sich handelt . Wenn Sie das genauer sagen können, dann tun Sie das vor versammelter Öffentlichkeit; ({0}) ich kann es nicht, und deshalb ist diese Frage nicht relevant .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann hat die nächste Frage der Kollege Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich möchte eine ganz konkrete Frage stellen und erwarte auch eine ganz konkrete Antwort . Es geht um die in Artikel 13 genannten Sanktionen der EU-Richtlinie von 2007 . Ist die Richtlinie in dieser Hinsicht in bundesdeutsches Recht umgesetzt worden, und wenn ja, wann und wo finden sich die entsprechenden Sanktionen? ({0}) Da hilft das iPad nicht weiter, Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Doch! - Nochmals: Über Sanktionen kann man dann reden, wenn man Sachverhalte genau kennt . Der Bundesregierung sind keine Sachverhalte bekannt, und ihr waren auch zu früheren Zeiten, vor diesem Wochenende, entsprechende Sachverhalte nicht bekannt . Wir sind mitten in der Aufklärung der Sachverhalte . Erst wenn das geschehen ist, kann ich Ihnen nähere Auskunft geben . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Es gibt weitere Fragen zu der Frage 7, und zwar zunächst vom Kollegen Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich kann Ihre Antwort jetzt nur so verstehen, dass Sie uns hier nicht sagen können, in welcher Form die entsprechende EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden ist . Anders ist Ihre Antwort nicht zu interpretieren . Es geht nicht um einen konkreten Fall . Wir fragen jetzt ganz allgemein . Das war die Frage des Kollegen Kühn; der Kollege Wunderlich hat das noch einmal genau so gefragt . Sie können also die Antwort darauf, wo Sanktionsmöglichkeiten in Deutschland existieren, nicht liefern . Deshalb meine konkrete Nachfrage: In den USA führt das, was wir an Softwaremanipulationen zur Veränderung von Abgaswerten zur Kenntnis bekommen haben, zu strafrechtlichen Ermittlungen . Da scheint das sogar ein Straftatbestand zu sein, wenn ich das richtig interpretiere . Kann es sein, dass die gleiche Handlung am gleichen Motor - da werden ja ähnliche Motoren verwendet - in Deutschland überhaupt keine Ordnungswidrigkeit, Straftat oder irgendein Verstoß gegen Recht ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Krischer, Sie stellen wiederholt eine spekulative Frage, ordentlicherweise auch mit „Kann es sein ...?“ eingeleitet . Ich kann zu spekulativen Fragen nur spekulative Antworten geben, aber spekulative Antworten gibt die Bundesregierung nicht . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann hat die nächste Frage Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, wir sind jetzt in der neunten oder zehnten Runde, und zwar immer noch zur ersten Frage zum Bereich „Abgasskandal VW“ . Merken Sie eigentlich nicht, wie lächerlich Sie sich mit der Nichtbeantwortung dieser Fragen machen? ({0}) Man bekommt ja den Eindruck, als wollten Sie auf der Regierungsbank das Ganze aussitzen . Letzte Woche noch der Chefaufklärer, und jetzt einfach dem Parlament jede Art von Antwort und Information nicht geben! Dabei sind Sie verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäß zu antworten . ({1})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin, wir sind mitten in der Aufklärung eines sehr schwierigen Sachverhalts, ({0}) der sehr große Auswirkungen nicht nur auf die deutsche Wirtschaft, sondern auch auf unser gesamtes Staatswesen haben kann . In einer solch hochkomplexen Angelegenheit von größter Bedeutung ist aufzuklären, auch Transparenz herzustellen, ({1}) aber immer auf dem Boden der Tatsachen; und über die Tatsachen können wir dann informieren, wenn sie uns vorliegen, und nicht zuvor . ({2})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke, Herr Staatssekretär . - Dann hat die nächste Frage Dr . Hofreiter .

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich kann ja verstehen, dass Sie angesichts des Zustandes Ihres Ministeriums nicht in der Lage sind, uns Antworten auf Fragen im Zusammenhang mit dem VW-Skandal zu geben . ({0}) Aber worauf wir eine Antwort erwarten können, ist die Frage: Haben Sie die EU-Richtlinie auf nationaler Ebene umgesetzt, wie haben Sie sie umgesetzt, und wo - in welchem Gesetz oder in welcher Verordnung - finden wir diese Umsetzung? Diese Frage können Sie beantworten . Sie hätten sie eigentlich schon vor zwei Jahren beantworten müssen; denn die Richtlinie müsste schon längst umgesetzt sein . Die Frage ist also nicht, was Sie über den VW-Skandal wissen - da erwarten wir nicht viel von Ihnen -, sondern: Wo haben Sie die Richtlinie umgesetzt, wo stehen die Sanktionsmöglichkeiten, und bis zu welcher Höhe bestehen Sanktionsmöglichkeiten? ({1}) Das müssen Sie beantworten können; denn das ist eine rechtliche Frage, die unabhängig vom aktuellen Skandal ist . ({2})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, dass im Falle eines erkennbaren Verstoßes gegen diese Richtlinie die höchstmögliche Sanktion der Entzug der Typgenehmigung ist . Das finden Sie auch in unseren Unterlagen. Alles andere ist dahingestellt .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . - Ich möchte den Kolleginnen Keul, Wilms und Paus mitteilen, dass ich ihnen in der Fragerunde zur Frage 7 nicht noch ein weiteres Mal das Wort erteilen kann, da sie schon Fragen gestellt haben . ({0}) - Ja, das ist laut unserer Geschäftsordnung so . Wir kommen zur Frage 8 des Abgeordneten Stephan Kühn: Wann hat das Kraftfahrt-Bundesamt ({1}) von der im April 2015 von der Volkswagen AG ({2}) in den USA begonnenen Rückrufaktion von Dieselfahrzeugen mit 2-Liter-Motoren der Baujahre 2010 bis 2014 Kenntnis erlangt, und hat das KBA diese Rückrufaktion zum Anlass genommen, sich mit der USUmweltbehörde EPA ins Benehmen zu setzen? Herr Staatssekretär, bitte .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, das Kraftfahrt-Bundesamt hat von der genannten Rückrufaktion in den USA erstmalig durch öffentliche Medienberichte erfahren . Nachdem das KBA über die Untersuchungsberichte in Kenntnis gesetzt wurde, hat ein Gespräch mit der US-Umweltbehörde EPA stattgefunden .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kühn .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie wollen also allen Ernstes behaupten, dass eine Rückrufaktion in den USA, die eine halbe Million Fahrzeuge des größten deutschen Autoherstellers betrifft, in Deutschland nicht bekannt geworden ist. Das finde ich bemerkenswert . Aber die Studie des ICCT, die das Eingreifen der amerikanischen Umweltbehörde erst bewirkt hat, müsste bekannt sein . Die Untersuchungsergebnisse dieser Studie sind im vergangenen Herbst in Deutschland veröffentlicht worden, nämlich dass gravierende Abweichungen gegenüber den erlaubten Abgaswerten festgestellt wurden . Ich frage Sie daher: Welche Schlussfolgerungen hat das Verkehrsministerium nach Bekanntwerden bzw . Veröffentlichung dieser ICCT-Studie im Herbst letzten Jahres, also 2014, gezogen, und was hat es unternommen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Kühn, wie wir in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen vom Juli schon schriftlich ausgeführt haben, lagen der Bundesregierung bis zum fraglichen Wochenende keine Erkenntnisse über diese Abschalteinrichtung vor .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kühn .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich habe nicht nach einer Abschalteinrichtung gefragt; denn die Autoren der ICCT-Studie kannten die Ursache für das Überschreiten der Grenzwerte bei den Abgasemissionen, die sie gemessen hatten, ja nicht . Die Studie hat nur belegt, dass es gravierende Differenzen zwischen den Abgasen, die tatsächlich aus dem Auspuff herauskommen, und den Messwerten auf dem Prüfstand gibt . Diese Abweichungen haben die amerikanische Umweltschutzbehörde dazu bewegt, Untersuchungen durchzuführen und sich mit VW in Verbindung zu setzen . Das heißt, das ICCT kannte die Ursache für die Abweichungen überhaupt nicht, konnte sie sich auch nicht erklären und hat nur die festgestellten Messergebnisse veröffentlicht . Meines Erachtens wird auch im Bundesverkehrsministerium Zeitung gelesen . Zumindest wissen Sie immer sehr genau, was ich in der Zeitung erkläre oder was dort von den Grünen berichtet wird . Ich frage Sie: Welche Schlussfolgerungen bzw . Konsequenzen haben Sie aus den vor einem Jahr veröffentlichten Ergebnissen des ICCT im vergangenen Jahr gezogen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, Sie bringen wieder zwei Dinge durcheinander . ({0}) Sie vergleichen die Abgaswerte, die offensichtlich durch Manipulation bei einigen VW-Motoren erreicht wurden, mit den Abgasen, die während des Fahrbetriebs aus dem Auspuff herauskommen . Was hinten herauskommt, ist abhängig vom Verbrauch . Dass die angegebenen Verbrauchswerte nur in wenigen Fällen dem tatsächlichen Verbrauch entsprechen, wissen wir schon lange . Das weiß man auch in der Europäischen Union . Deshalb versuchen wir seit 2011, dieses Problem in den Griff zu bekommen . Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun . Deshalb muss man dafür Sorge tragen, dass dies auch in der Öffentlichkeit nicht ständig vermengt wird, so wie es die Grünen permanent versuchen . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die nächste Frage hat die Kollegin Dr . Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich komme doch noch einmal auf eine ganz, ganz einfache Sache zurück: Hat die Bundesregierung die EU-Verordnung Nummer 715/2007 in nationales Recht umgesetzt, und wenn ja, wo finden wir die Sanktionen? Welche sind da drin? Eine klare, einfache Frage . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ich darf darauf hinweisen, dass sich das nicht auf die Frage 8 vom Kollegen Kühn bezieht, sondern noch einVizepräsidentin Claudia Roth mal auf die Frage 7 . Daher kann ich die Frage leider nicht zulassen . ({0}) Kollege Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade geantwortet, dass Sie von einer Rückrufaktion des VW-Konzerns in der Größenordnung von einer halben Million Fahrzeugen nichts mitbekommen haben . Okay, das muss ich zur Kenntnis nehmen . Da kann sich dann jeder ein Bild über Ihre Arbeit machen . Die ICCT-Studie hat Ihnen vorgelegen bzw . liegt Ihnen vor . Mich würde, da diese Studie sehr deutlich nachweist, dass es erhebliche Überschreitungen bei Stickoxidemissionen nicht nur bei VW, sondern bei vielen Fahrzeugherstellern gibt, einfach konkret interessieren: Welche konkrete Konsequenz hat diese Studie in Ihrem Haus gehabt? Zu welcher politischen Aktivität hat das geführt? ({0})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Bundesregierung respektive der Bundesverkehrsminister gehört zu den wenigen, die auf europäischer Ebene mit Nachdruck einfordern, dass eine Veränderung der Messsystematik vorgenommen wird hin zu Erkenntnissen und Messwerten, die sich näher am tatsächlichen Verbrauch von Fahrzeugen und damit auch am tatsächlichen Ausstoß von entsprechenden Schadstoffen orientieren . Wir gehen davon aus, dass wir hoffentlich bald eine Einigung auf EU-Ebene erzielen können, um zu diesem sogenannten näher am Betrieb orientierten Messverfahren auch mit mobilen Messeinrichtungen übergehen zu können, damit realistische Werte erfasst werden und auch entsprechend kommuniziert werden können . ({0}) Wir gehören also zu den Ländern auf europäischer Ebene, die da mit Nachdruck vorangehen . Das machen nicht alle; aber wir tun es . Deshalb, glaube ich, sind Sie da bei uns in guten Händen . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben auf die Frage von Stephan Kühn gesagt, dass das Kraftfahrt-Bundesamt von den Vorgängen in den USA keine Kenntnis hatte . Ich frage Sie jetzt sehr konkret: Können Sie ausschließen, dass irgendein Mitarbeiter oder irgendeine Mitarbeiterin des Verkehrsministeriums oder des Kraftfahrt-Bundesamts von den Vorgängen in den USA Kenntnis hatte?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Höhn, ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung davon keine Kenntnis hatte . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die nächste Frage zum Fragekomplex der Frage 8 hat der Kollege Behrens .

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, wir wissen zwar jetzt, dass Sie nicht wissen, ob die EU-Richtlinie umgesetzt worden ist . Wir haben auch von Ihnen erfahren, dass Sie nicht mehr darüber wissen, als in der Presse stand, als es 2015 eine Rückrufaktion in den USA gegeben hat . Können Sie denn zumindest das Datum dieser Presseberichterstattung nennen, auf die Sie verweisen? Seit wann hat also die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass es 2015, in diesem Jahr, in Kalifornien eine Rückrufaktion gegeben hat mit der Begründung, es müsse eine neue Software aufgespielt werden?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Das Datum der Pressemitteilung liegt mir momentan nicht vor . Ansonsten distanziere ich mich von den von Ihnen präsupponierten Mitbehauptungen . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die Kollegin Paus .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, da Sie eben noch einmal betont haben, dass sich Herr Dobrindt auf europäischer Ebene nachdrücklich dafür einsetzt, dass man zu neuen Messmethoden zur Feststellung des Schadstoffausstoßes kommt, möchte ich gern Folgendes wissen: Ist es denn so, dass der Verkehrsminister die weiteren Konsequenzen genauso engagiert verfolgt und in Bezug auf die Anpassung der Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer im Gespräch mit dem Bundesfinanzministerium steht? Gibt es dazu Gespräche? Können Sie mir darüber berichten?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Dazu gibt es keine Gespräche, und es gibt auch keine Bestrebungen seitens der Bundesregierung, die Kfz-Besteuerung zu verändern . Vizepräsidentin Claudia Roth

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann kommen wir jetzt zur Frage 9 des Kollegen Krischer: Unterstützt die Bundesregierung eine Transparenzoffensive der Automobilbranche, wie von Bündnis 90/Die Grünen ({0}) vorgeschlagen, die die Offenlegung sämtlicher Informationen zum Stickoxidausstoß aller in Deutschland zugelassenen Dieselmodelle, deren Testergebnisse mögliche Abweichungen zwischen Laborergebnissen und auf Prüfstrecken ermittelten Werten sowie Informationen über Abschalteinrichtungen beinhaltet, und falls ja, wie sieht der konkrete Umsetzungsfahrplan diesbezüglich aus? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Krischer, unserer Ansicht nach ist es jetzt das Allerwichtigste, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen . Die Bundesregierung erwartet daher eine vollumfängliche Aufklärung und absolute Transparenz aller Vorgänge .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ihre Antworten hier machen mich fast sprachlos . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Er sagte „fast“. Keine Vorfreude!

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es ist unglaublich, dass der größte deutsche und europäische Automobilkonzern in Schwierigkeiten kommt, die Schwierigkeiten selber zu verantworten hat und die Bundesregierung hier in einer derart lapidaren Art und Weise damit umgeht . ({0}) Ich erwarte von einer Bundesregierung, dass sie jetzt ihren Teil dazu leistet und zum Beispiel die Ergebnisse von Messungen, die durchgeführt wurden, öffentlich macht . ({1}) An der Stelle möchte ich ganz konkret bei Ihnen nachfragen: Wie oft hat das Kraftfahrt-Bundesamt in der Vergangenheit bei einer Typzulassung eigentlich konkret nachgemessen? Wie oft ist in der Vergangenheit bei Typzulassungen nachgemessen worden?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Krischer, auch bei Ihnen gilt mein Satz, dass ich mich von Ihren wertenden Äußerungen distanziere . Der Bundesverkehrsminister war derjenige, der nach Bekanntwerden des Skandals in Amerika sofort sofort! - das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen hat, Untersuchungen vorzunehmen . Er war derjenige, der sofort noch am Montag eine Kommission eingerichtet hat, die den Dingen nachgeht . Diese Kommission war auch schon bei VW und arbeitet eng mit VW zusammen . Diese Kommission ist aus Experten zusammengesetzt und wird den Dingen nachhaltig auf den Grund gehen . Der Bundesverkehrsminister war derjenige, der sofort das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen hat, nicht nur bestimmte Pkw eines bestimmten Herstellers zu untersuchen, sondern alle auf dem europäischen Markt befindlichen Diesel-Pkw nachzuuntersuchen . ({0}) Der Bundesverkehrsminister war also derjenige, der sofort aktiv die Dinge in die Hand genommen hat und für Aufklärung und Transparenz sorgt . Deshalb verstehe ich Ihre Wertung nicht . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer, Nachfrage .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, meine Frage war, wie oft es zu Nachmessungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt bei Typzulassungen gekommen ist . Ihre Nichtantwort interpretiere ich so, dass die Antwort in Zahlen null ist, dass eine Kontrolle nicht stattgefunden hat und dass die Bundesregierung durch ihr Nichthandeln an der Stelle insofern zumindest die Mitverantwortung trägt, da sie nicht überprüft hat . Das möchte ich hier einfach feststellen . Diese Wertung möchte ich hier machen . ({0})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Anzahl der Nachprüfungen kann ich Ihnen ad hoc nicht nennen . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Trotzdem kann er darauf antworten . ({0})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Anzahl von eventuellen Nachprüfungen kann ich Ihnen ad hoc nicht mitteilen . Sie können sich aber gerne schriftlich an uns wenden . ({0}) Dann werden wir Ihnen die Ergebnisse nach den erforderlichen Nachforschungen auch liefern können . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Gut . - Die nächste ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Gut . - Sind Sie einverstanden - die Zeit war noch nicht abgelaufen -, dass er die Frage jetzt noch stellen kann in seiner zweiten Rückfrage, Herr Staatssekretär? Dann bitte .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mich würde konkret interessieren, welche Institutionen Sie jetzt mit der Nachprüfung der vorhandenen auf der Straße fahrenden Dieselfahrzeuge, die die Grenzwerte nach bisherigen Messungen nicht einhalten, beauftragen . Welche Institutionen werden damit beauftragt? Wie soll das Ganze organisiert werden?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Das Kraftfahrt-Bundesamt wird die erforderlichen Maßnahmen einleiten, um Nachprüfungen durchführen zu können, und zwar mithilfe von denjenigen Institutionen, die die entsprechende Expertise und die entsprechenden Vorrichtungen haben . ({0}) - Das kann ich Ihnen abschließend auch nicht sagen . Es kommen aber zunächst einmal natürlich der TÜV und die DEKRA infrage und vielleicht auch noch andere . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . - Nächste Fragestellerin Frau Höhn, und dann Herr Straubinger .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, seit Sommer dieses Jahres gibt es vonseiten der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen zu hoher Stickoxidwerte . Die Hauptverursacher dieser Stickoxidbelastung in den Städten sind Dieselmotoren . Hat es durch dieses Vertragsverletzungsverfahren Überlegungen im Verkehrsministerium gegeben, den Ausstoß von Dieselfahrzeugen stärker zu kontrollieren und damit den Anlass für das Vertragsverletzungsverfahren abzustellen?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Dieses Vertragsverletzungsverfahren existiert . Das ist richtig . Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass wir auf europäischer Ebene intensiv daran arbeiten, die Messmethoden zu verändern, um damit näher an die realistischen Verbräuche und Ausstöße von Schadstoffen heranzukommen . Wir arbeiten mit Nachdruck daran .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Straubinger .

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, es wurde jetzt ja sehr häufig gefragt, wie schnell die Aufklärung erfolgt . Ich möchte hier ausdrücklich die Bundesregierung loben, dass sie großen Druck ausübt, ({0}) damit bis zum 9 . Oktober entsprechende Ergebnisse vorliegen . Wäre es nicht hilfreich, wenn der Anteilseigner, das Land Niedersachsen, noch stärkeren Druck ausüben würde und von der rot-grünen Landesregierung auch ein stärkerer Beitrag geleistet würde? ({1})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Danke, Herr Kollege Straubinger . - Das ist sicherlich richtig . VW ist der einzige Hersteller, bei dem im Aufsichtsrat eine Landesregierung sitzt . Wir haben allerdings über die Landesregierung keinerlei Informationen über die Vorgänge bei VW bekommen . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke, Herr Staatssekretär . - Nächster Fragesteller ist Herr Kühn .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Was schnelles Handeln bedeutet, haben wir beim BER gemerkt . Auch da wurde eine Taskforce gegründet . Wir fragen mal lieber nicht, wie die Ergebnisse waren . ({0}) Ich möchte, Herr Staatssekretär, noch einmal zu den Nachprüfungen kommen . Können Sie mir zusichern, dass alle Ergebnisse der Nachprüfungen der Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden und beim KBA kostenlos abrufbar sein werden? - Sie haben ja eine Transparenzoffensive angekündigt . Ich wollte Sie nur daran erinnern .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich erlaube mir, für mein Haus die Aussage zu machen, dass wir die Ergebnisse dieser Nachprüfungen selbstverständlich öffentlich machen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke schön . - Dann hat Frau Haßelmann das Wort .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Der Vergleich von Stephan Kühn mit der Taskforce BER verheißt nichts Gutes . Das Thema an sich ist aber viel zu ernst, als dass man darüber einen Witz macht . Zunächst einmal, Herr Staatssekretär, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass der Kollege Krischer die Frage nicht noch einmal schriftlich Ihrem Ministerium einreichen muss, weil wir davon ausgehen, dass Sie die Antwort auf die Frage, die Sie nicht beantworten konnten, nämlich wie oft es zu Nachmessungen gekommen ist, ihm von sich aus geben werden . Nun meine eigentliche Frage: Wie muss ich mir das beim Kraftfahrt-Bundesamt eigentlich vorstellen? Wie arbeitet es? Es ist ja eine Ihnen nachgeordnete Behörde . Messen die regelmäßig? Messen die auf Verdacht? Messen die überhaupt nicht und akzeptieren einfach das, was ihnen von den Autoherstellern als Grenzwert überreicht wird? Wie funktioniert das?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Das Kraftfahrt-Bundesamt beauftragt die Institutionen, die über entsprechende Einrichtungen verfügen . Man braucht ja Prüfstände und für die Messungen entsprechende Kompetenz . So wird das durchgeführt . ({0}) - Das wird stichprobenartig gemacht .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann habe ich Frau Lühmann als nächste Fragestellerin .

Kirsten Lühmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004101, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass Informationen, die irgendein Anteilseigner aus einer Aufsichtsratssitzung erlangt, nicht weitergegeben werden dürfen? Stimmen Sie mir weiterhin zu, dass das Land Niedersachsen und sein Ministerpräsident mehrfach öffentlich und auch in den Kontakten mit Ihrem Haus die Ermittlungen vorangetrieben haben und die Zusammenarbeit - das hat auch Ihr Minister bestätigt - in diesem Punkt hervorragend ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Seit Bekanntwerden dieses Skandals ist die Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen sehr gut, und der Ministerpräsident unterstützt uns in unserem Vorgehen . Da stimme ich Ihnen vollumfänglich zu . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann ist das geklärt . - Frau Wilms, bitte .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank . - Herr Staatssekretär, ich komme noch mal auf das zu sprechen, was Kollegin Haßelmann eben schon angesprochen hat: die ganz präzise Frage, wie viel Mal tatsächlich die Ergebnisse, die von den Herstellern vorgelegt worden sind, vom KBA durch Messungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens nachgeprüft worden sind . Da geht es um eine Zahl, und die wollen wir wissen . Ich schätze - Sie sind doch gut vorbereitet -, dass Sie sie uns jetzt auch liefern können .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe bereits zugesagt, dass wir die Frage der Nachmessungen schriftlich beantworten .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann kommen wir jetzt zur Frage 10 des Kollegen Krischer: Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass alle Dieselfahrzeuge in Deutschland, bei deren Typzulassung manipulierte Software zum Einsatz gekommen sein könnte, zurückgerufen und so umgerüstet werden, dass die Stickoxidgrenzwerte eingehalten werden, und wenn ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung dazu konkret ergreifen ({0})? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Krischer, Volkswagen hat ohne Verzögerungen sicherzustellen, dass eine Rechtskonformität aller betroffenen Fahrzeuge hergestellt wird . Dementsprechend wurde Volkswagen am 25 . September 2015 vom Kraftfahrt-Bundesamt mit Fristsetzung zum 7 . Oktober 2015 dazu aufgefordert, einen verbindlichen Maßnahmen- und Zeitplan vorzulegen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer, bitte .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Barthle, da würde mich interessieren: Auf welcher Rechtsgrundlage werden dann die weiteren Messungen bei den betroffenen Fahrzeugen durchgeführt? Sie haben eben gesagt, dass Messungen erfolgen sollen . Welche Rechtsgrundlage gibt es da? Vor allen Dingen: Wer finanziert diese Messungen? Mich interessiert auch Folgendes: Auf welcher Rechtsgrundlage wird die Kommission bei VW tätig? Wie findet das Ganze statt? Öffnet VW freiwillig alle Türen, alle Bücher und den Zugang zu allen Rechnern, oder wie läuft das Ganze dort ab? Das würde mich interessieren . Ich bitte Sie, das hier einmal darzustellen .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Der Kommission wurde von VW zugesichert, dass sie vollen Einblick in die Zusammenhänge bekommt, dass Transparenz hergestellt wird . Die Zusammenarbeit verläuft bisher sehr gut . Die Kommission war schon in Wolfsburg und lässt sich die einzelnen Dinge erklären und vorführen und versucht, dadurch Klarheit in die Zusammenhänge zu bekommen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer, Ihre Rückfrage .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine weitere Frage ist: Wenn es bei den vorhandenen Fahrzeugen zu Nachrüstungen kommen müsste, würde die Bundesregierung dann dafür sorgen, dass der VW-Konzern und möglicherweise auch weitere Automobilunternehmen die vollen Kosten dafür übernehmen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wir haben zunächst einmal den VW-Konzern gebeten, uns einen klaren Maßnahmen- und Zeitplan vorzulegen, und dafür einen Termin genannt . Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass bei nachlaufenden Maßnahmen, die notwendig werden könnten, die Kosten nicht zulasten der Verbraucher gehen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Eine Zusatzfrage des Kollegen Kühn .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie hatten die Rolle des KBA angesprochen . Es soll die Rechtskonformität bei der Typzulassung prüfen . Sie haben gesagt, dass das Kraftfahrt-Bundesamt, also die zuständige Behörde, über keine technischen Einrichtungen, sprich: über Prüfstände, verfüge . Können Sie das bestätigen?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Das kann ich nicht präzise beantworten; denn es könnte sein, dass da noch irgendwo ein Prüfstand vorhanden ist . Die Antwort muss ich nachliefern; ich will nichts Falsches sagen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Gut, das liefern Sie schriftlich nach . - Frau Paus .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Zulassungsbescheinigung, aus der unter anderem die Höhe des CO -Ausstoßes hervorgeht, ist ja Grundlage für die Berechnung der Kfz-Steuerschuld . Daher meine Nachfrage: Wenn die Zulassungsbescheinigung erlischt: Hat das Verkehrsministerium geklärt, inwieweit dann auch der Kfz-Steuerbescheid erlischt und neu erstellt werden muss?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wenn kein Zulassungsbescheid vorhanden ist, dann kann ein Pkw nicht zugelassen werden . Dann wird auch keine Kfz-Steuer erhoben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Das hat eine Logik . ({0}) Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Christian Kühn auf: Seit wann ist die Bundesregierung mit den US-Umweltbehörden zum Thema „Betrugsfälle von VW in den USA“ in Kontakt, und welche Maßnahmen wurden im Hinblick auf Abschalteinrichtungen unternommen? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Kühn, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Volkswagen in den USA einen Fachaustausch mit der zuständigen US-Behörde EPA aufgenommen . Die Maßnahmen der Bundesregierung betreffen nicht die in den USA auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge.

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kühn .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Gestatten Sie mir kurz die Anmerkung, dass das nicht die Antwort auf meine Frage war . Ich habe gefragt, wann die Bundesregierung mit den US-Behörden zum Thema „Betrugsfälle von VW in den USA“ Kontakt hatte, und nicht, wie das in Zukunft sein wird .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe Ihnen auf Ihre Frage geantwortet, dass wir unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Volkswagen in den USA einen Fachaustausch mit der zuständigen Behörde vorgenommen haben .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Hatten Sie bzw . die Bundesregierung dann also vor Bekanntwerden der Vorfälle keinen Kontakt mit US-Behörden in Bezug auf diesen Vorfall, also weder Ihr Ministerium noch die untergeordneten Behörden Ihres Ministeriums?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich wiederhole das, was wir gegenüber den Grünen schon etwa 20- oder 50-mal gesagt haben: ({0}) Zuvor lagen der Bundesregierung keine Kenntnisse über solche Vorgänge vor .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Meine zweite Nachfrage . Sie haben vorher gesagt, dass nach der Rückrufaktion im April 2015 ein Gespräch des Kraftfahrt-Bundesamtes - das haben Sie vorhin einleitend auf die Frage von Stephan Kühn gesagt - mit der US-Umweltbehörde EPA stattgefunden hat . Das muss ja vor dem 18 . September gewesen sein . Ich frage noch einmal: Wann hat dieses Gespräch stattgefunden?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Sie unterstellen mir gerade eine Aussage, die ich nicht getätigt habe . Ich habe gesagt, dass wir nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Volkswagen in den USA Kontakt aufgenommen haben, nicht zuvor .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Krischer, bitte .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Herr Minister Dobrindt hat an dieser Stelle in der vergangenen Woche auf die Frage, ob Kontakte in die USA aufgenommen worden seien, geantwortet, dass die Kommission, die er jetzt eingesetzt hat - die derzeit in Wolfsburg tätig ist -, Kontakt mit den USA aufnehmen wird . Das heißt, das muss jetzt innerhalb der letzten sieben Tage passiert sein . Vorher scheint es - jedenfalls war die Antwort des Ministers nicht anders zu verstehen - keinerlei Kontakt in Richtung USA gegeben zu haben . Mich interessiert natürlich: Welche Erkenntnisse hat dieser Kontakt gebracht - das ist ja eine entscheidende Frage, wenn man im VW-Konzern unterwegs ist und versucht, Fragen zu klären -, und was heißt das für europäische Autofahrerinnen und Autofahrer?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Zunächst wieder eine Richtigstellung . Sie präsupponieren bei jeder Frage etwas, das so nicht stimmt . Selbstverständlich hat es Kontakte mit den amerikanischen Behörden gegeben, aber nicht zu diesen Vorfällen; das ist das eine . Zum Zweiten - was die Kontakte nach den Vorwürfen anbelangt -: Ich kann Ihnen noch keine Auskunft über Details und Inhalte geben, weil wir abwarten, bis uns der Bericht der Kommission vorliegt . Den haben wir noch nicht . Insofern muss man warten, bis Erkenntnisse ausgewertet und zusammengefasst sind und uns vorgelegt werden können .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Ich rufe die Frage 12 der Kollegin Dr . Wilms auf: Inwiefern werden auch weitere Fahrzeughersteller neben VW daraufhin untersucht, ob sie Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen verbaut haben, und aus welchen Gründen erfolgt dies gegebenenfalls nicht? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, das Kraftfahrt-Bundesamt ist angewiesen, seine Nachprüfungen auf Fahrzeugtypen in- sowie ausländischer Hersteller zu erstrecken . Ich habe in einer vorangegangenen Antwort bereits erklärt, dass die Anweisung, dass alle ausländischen Hersteller nachgeprüft werden, am Mittwoch nach dem fraglichen Wochenende erfolgt ist . Vizepräsidentin Claudia Roth

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, vielen Dank . - Dann wollen wir das noch präzisieren, um noch ein bisschen Übung in das ganze System hineinzubekommen: Werden im Rahmen dieser Nachprüfungen bei den Herstellern, die Sie jetzt angekündigt haben und die auch die ausländischen Hersteller und auch andere deutsche Hersteller betreffen, die Inhaber der Typgenehmigung aufgefordert, die Fahrzeugsoftware gegenüber dem KBA komplett offenzulegen?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Wilms, diese Nachprüfungen beziehen sich auf diesen Abschaltmechanismus . Das ist der Ausgangspunkt der Vorwürfe . Daraufhin werden diese Fahrzeuge geprüft .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Wilms, eine zweite Nachfrage .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn ich das richtig sehe, wollen Sie sich da nur wieder auf irgendwelche Grenzwerte beziehen . Wenn ich es richtig verstanden habe, Herr Staatssekretär, wollen Sie aber nicht wirklich herausfinden, ob in der Software noch weitere Probleme schlummern . Sie wollen keine Softwareprüfung vornehmen . Sie wollen sich nur Ergebnisse anschauen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Nachprüfungen beziehen sich auf den Vorwurf, dass illegale Abschaltmechanismen mit einer bestimmten Software verwandt wurden . Das ist der fragliche Punkt . Der wird aufgeklärt . Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, die Software eines bestimmten Fahrzeugherstellers vollumfänglich auszuwerten; denn dann befände man sich tief in betrieblichen Informationen, die nicht öffentlich werden dürfen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Haßelmann .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Eine kurze Nachfrage, Herr Staatssekretär . Sie haben gerade die Anweisung an das Kraftfahrt-Bundesamt hinsichtlich der Prüfung der inländischen und ausländischen Fahrzeughersteller zitiert, zumindest hatte ich Sie so verstanden . Vorhin haben Sie einmal erläutert, dass das normalerweise stichprobenartig erfolgt . Ist nach dem jetzt bekanntgewordenen Skandal um die Abgasmanipulation immer noch die Regel, dass das KraftfahrtBundesamt nur stichprobenartig vorgeht? Oder ist Ihre Anweisung so zu verstehen, dass diese Behörde jetzt so sensibel ist, dass sie durchprüft und nicht mehr nur stichprobenartig vorgeht? Ich weiß ja nicht, was „stichprobenartig“ heißt. Wird jedes 20 ., jedes 30 . oder jedes 100 . Fahrzeug überprüft? Das würde mich interessieren .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär, bitte .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin, da kommen jetzt wieder mehrere Dinge durcheinander . ({0}) Die Nachprüfungen beziehen sich auf die Frage, ob solche illegalen Abschaltmechanismen eingebaut sind . Die Nachprüfungen beziehen sich nicht darauf, ob die Verbrauchswerte stimmen . Ich weiß nicht, welche Nachprüfungen Sie im Kopf haben . Die Nachprüfungen, von denen ich rede, beziehen sich auf den illegalen Einsatz einer Software, die die sogenannte Abschaltautomatik auslöst .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Kühn, eine Nachfrage .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin in Bezug auf die Nachprüfungen gesagt, dass die höchstmögliche Sanktion sein könnte, dass die Typgenehmigung, also die Zulassung, erlischt . Was könnte denn nach dem Rechtsrahmen, den Sie nicht näher erläutern konnten, die geringstmögliche sein? ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich schlage vor, da treten wir in einen Fachdisput miteinander ein . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Gut, dann können Sie das ja fachdisputmäßig vielleicht in der nächsten Ausschusssitzung klären . Ein Fachdisput ist nicht unmittelbar der Frage zuzuordnen . Nächster Fragesteller: Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, mir ist jetzt, ehrlich gesagt, gar nicht mehr klar - auch nicht nach der Frage der Kollegin Haßelmann und Ihrer Antwort darauf -, was Sie genau machen: Prüfen Sie nur die Abschalteinrichtung? Schauen Sie sich die Technik nur dahin gehend an, was die Abschaltvorrichtung und die dahinterstehende Software ist, oder schauen Sie sich auch die gesamten Abgaswerte des Fahrzeugs an? Gesetzt den Fall, Sie finden ein Fahrzeug, das eine immense Überschreitung der zulässigen Abgaswerte aufweist, obwohl die Abschaltvorrichtung im konkreten Fall völlig korrekt und nicht beanstandenswert ist, machen Sie nichts; so habe ich Sie jetzt verstanden . Ist das so?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Von welchem Prüfvorgang sprechen Sie, Herr Kollege Krischer?

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich spreche von den Dingen, von denen Sie gerade sprechen .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich spreche von den Nachprüfungen, die wir vornehmen. Die habe ich genau definiert. ({0}) Sie versuchen erneut, Verbrauchswerte und die damit natürlich zusammenhängenden Abgaswerte zu vermischen . ({1}) - Die hängen natürlich auch vom Verbrauch ab . - Sie versuchen erneut, etwas zu vermischen, was nicht zusammengehört . Ich ersuche Sie erneut, dieses Vorgehen, nämlich Abgasmengen und Bestandteile mit den Verbrauchswerten von Fahrzeugen zu verknüpfen, zu unterlassen . Die Verbrauchswerte können im alltäglichen Gebrauch erheblich höher sein als die Werte, die von den Fahrzeugherstellern angegeben werden, weil diese Verbrauchswerte in einer Laborsituation gemessen werden . Wir messen jetzt nicht jeden Verbrauchswert der Fahrzeuge nach - das kann nicht unsere Aufgabe sein -, sondern wir versuchen, eine andere Messmethode einzuführen . Aber auch diese Messmethode muss unter Laborbedingungen angewendet werden, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse herstellen zu können . Da Sie von Überschreitungen gesprochen haben, sage ich Ihnen: Es kommt immer darauf an, unter welchen Fahrbedingungen diese Überschreitungen eintreten, ob die Fahrbedingungen vergleichbar sind . ({2}) Ich kann mein Fahrzeug auf ein und derselben Strecke so fahren, dass es 7 Liter verbraucht, oder so, dass es 10 Liter verbraucht . Das hängt von mir ab . Also: Von welchen Messmethoden sprechen Sie?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Jetzt hat Herr Behrens die nächste Frage .

Herbert Behrens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004007, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, als niedersächsischer Abgeordneter wird mir bei Ihren Antworten ein bisschen angst und bange, da ich weiß, dass, wenn VW niest, ganz Niedersachsen Schnupfen hat . Da VW über 100 000 Beschäftigte hat, halte ich es für erforderlich, dass seitens der Bundesregierung klare Ansagen an den VW-Konzern gemacht werden . Schließlich führt das Verhalten des Vorstands zur Gefährdung von Zehntausenden Arbeitsplätzen, wenn sich die Situation nicht schnellstmöglich aufklären lässt . Insofern möchte ich Sie noch einmal darum bitten, uns Folgendes zu erläutern: Mit welchem Auftrag ist Ihre Kommission unterwegs? Auf die Frage der Kollegin Wilms haben Sie gesagt, dass die Probleme mit der Software nicht direkt und nachprüfbar aufgedeckt werden müssen, damit man selber feststellen kann, ob die Ansage überhaupt richtig ist . Sind Sie der Meinung, dass es ausreicht, wenn VW Ihnen sagt: „Wir werden umfassend aufklären“? ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege Behrens, ich wiederhole es nochmals: Wir haben dem VW-Konzern mitgeteilt, dass wir erwarten, dass bis zum 7 . Oktober 2015 ein klarer Fahr- und Zeitplan vorgelegt wird, wie die Dinge aufgeklärt werden sollen . Wir haben ein großes Interesse daran, dass diese Vorfälle möglichst schnell und möglichst transparent aufgeklärt werden, damit das Vertrauen der Menschen, der Verbraucher, der Käufer zurückkehrt . Wir sehen sehr wohl, dass es große Sorgen gibt, auch im Land Niedersachsen und bei den Beschäftigten . Wir haben ein großes Interesse daran, diese Sorgen möglichst schnell auszuräumen . Dafür muss man sauber und korrekt vorgehen und die Dinge aufklären, die es aufzuklären gilt . Dabei müssen die Sachverhalte sauber voneinander getrennt werden, und es dürfen nicht Dinge hineingemischt werden, die damit nichts zu tun haben, weil das zu einer weiteren Skandalisierung dieses Sachverhalts führen kann . Teilen der Linken und der Grünen muss ich vorwerfen, dass sie permanent Sachverhalte miteinander vermischen und damit dazu beitragen, dass das von ihnen Befürchtete eintreten kann . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Eine Zusatzfrage von Kollegin Paus .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Auch ich möchte fragen, was genau der Untersuchungsgegenstand ist . Ich versuche einmal, das zu interpretieren . Haben Sie den Untersuchungsgegenstand eng definiert, in diesem Sinne: „Untersuchungsgegenstand ist, ob die von der Firma Bosch - folgende Typennummer - verwendete Abschaltvorrichtung sich in weiteren außer den von VW, Audi und Skoda genannten Fahrzeugen befindet, und darüber hinaus wird nicht geprüft“, oder gibt es einen weiteren Prüfauftrag? Bezüglich des engen Prüfauftrags würde mich interessieren, ob dann auch geprüft wird, inwieweit diese Abschaltvorrichtung an- oder ausgeschaltet worden ist, ob Sie das überprüfen können . Ansonsten will ich noch Folgendes fragen: Sind Sie mit mir der Auffassung, dass es bei den modernen Softwarelösungen unter Laborbedingungen neben An und Aus noch weitere Möglichkeiten gibt, zu manipulieren? Sind Sie nicht wie ich der Auffassung, dass es sich lohnen würde, den Untersuchungsauftrag entsprechend auszuweiten?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär, bitte .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin, ich habe Ihnen erklärt, dass wir diese Kommission eingesetzt und mit entsprechenden Experten besetzt haben, die allen relevanten Fragen nachgehen . Ich schließe mich Ihren Vermutungen nicht an . Uns liegen keine genaueren Erkenntnisse über die Zusammenhänge vor .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich frage Sie eindeutig und klar: Prüfen Sie bei Fahrzeugen auch überhöhte Werte von zum Beispiel NOx oder Feinstaub im realen Verkehr? Prüfen Sie das? Ist das Teil Ihres Untersuchungsauftrags?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Höhn, ich appelliere nochmals an die gesamte Fraktion der Linken und auch an Sie persönlich - ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Die Grünenfraktion .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Entschuldigung, ich meinte die Fraktion der Grünen . Ich appelliere an Sie: Vermischen Sie nicht ständig verschiedene Sachverhalte, die nichts miteinander zu tun haben . Sie erwecken damit in der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck . Dass sich die Verbrauchswerte und damit auch Abgaswerte wie die Stickoxide ({0}) bei anderen Verbräuchen, bei anderen Fahrzyklen anders darstellen, das ist relativ logisch . Aber das hat mit den jetzt zur Untersuchung anstehenden Dingen nichts zu tun . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke schön . - Jetzt kommen wir zur Frage 13 der Kollegin Lisa Paus: Wird sich die Untersuchungskommission, die die Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselautos untersuchen soll, nur mit dem Hersteller VW beschäftigen ({0}), oder werden die Untersuchungen auch auf mögliche Manipulationen bei Abgasmessungen durch weitere deutsche Automobilhersteller ausgeweitet? Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wenn Sie erlauben, werde ich die Frage 14 auch gleich mit beantworten . Denn die Fragen stehen in einem engen Sachzusammenhang .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Dann rufe ich jetzt die Frage 14 auf: Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, nach denen sie ausschließen kann, dass neben VW auch andere deutsche Automobilhersteller Manipulationen bei Abgasmessungen, wie VW sie für einen Teil seiner Fahrzeuge zugegeben hat, durchführen oder durchgeführt haben?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Das Kraftfahrt-Bundesamt ist angewiesen, seine Nachprüfungen auf Fahrzeugtypen in- und ausländischer Hersteller zu erstrecken .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Paus, Sie haben jetzt, wenn Sie möchten, viermal die Möglichkeit, nachzufragen .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe immer noch nicht genau verstanden, wie dieser Prüfauftrag ausschaut . Vielleicht können Sie mir noch einmal erläutern, wie dieser Prüfauftrag formuliert ist . Ist darin formuliert, dass geprüft wird, ob sich die genau definierte Abschaltvorrichtung von der Firma Bosch, die sich in VW-, Audi- und Skoda-Motoren befindet, auch in anderen Fahrzeugen befindet? Wie ist der Prüfauftrag formuliert?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Der Prüfauftrag an das KBA ist so formuliert, dass nicht nur inländische Dieselmotoren untersucht werden nach unserer Kenntnis der 2-Liter-, der 1,6-Liter- und der 1,2-Liter-Motor - , vielmehr sollen auch weitere auf dem europäischen Markt befindliche Fahrzeuge anderer Hersteller untersucht werden, und zwar bezüglich der Frage, ob eine widerrechtlich eingebaute Abschaltvorrichtung vorzufinden ist.

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Paus .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie mir noch erläutern, warum der Prüfauftrag sich auf die Abschaltvorrichtung beschränkt, warum nicht grundsätzlich geprüft wird, inwieweit manipulierte Software verwendet worden ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Frau Kollegin Paus, wie soll das gehen? Wie soll man irgendeine Manipulation in irgendeiner Software untersuchen? Sie müssen mir einmal erklären, wie das gehen soll . Die Frage kann ich so nicht beantworten, weil sie so unscharf ist, dass es darauf keine genaue Antwort geben kann .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Paus ist jetzt an der Reihe zur dritten Rückfrage .

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Als IT-Laiin meine ich mich so weit auszukennen, dass es bei einem Computerprogramm sehr wohl möglich ist, für bestimmte Situationen bestimmte Ablaufprogramme zu schalten . Ich kann mir also vorstellen, dass es bei einem Labortest nicht nur die Möglichkeit gibt, in die Software, in das Programm ein einsprechendes Modul einzufügen: Schalte dieses Tool an oder aus . Es ist sehr wohl auch möglich, eine Software so zu programmieren, dass unter bestimmten Bedingungen - man kann die Laborbedingungen auch allgemeiner definieren - ein Programm abzulaufen hat, das dazu führt, dass bestimmte Emissionen gedrosselt werden . Das ist durchaus möglich . Sie können sich gern noch einmal mit Softwarespezialisten unterhalten . Prüft die Bundesregierung zusammen mit entsprechenden Experten, was die Software angeht, breitere Manipulationsmöglichkeiten im Rahmen der Überprüfung der Motoren von inländischen und ausländischen Fahrzeugherstellern?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe den Prüfauftrag bereits formuliert . Sie können das gerne im Protokoll nachlesen . Ich muss den Satz, der den Prüfauftrag beschreibt, nicht zehnmal wiederholen. Nebenbei bemerkt: In modernen Pkw befindet sich Software mit einem Datenumfang, der etwa dem eines Spaceshuttles entspricht . Insofern müssen Sie uns schon etwas genauer, etwas präziser fragen, was denn überprüft werden soll .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Paus, die vierte Nachfrage? - Nicht mehr . Gut . Dann Herr Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich habe Sie jetzt so verstanden: Sie haben das Kraftfahrt-Bundesamt beauftragt, nur zu überprüfen, ob die Fahrzeuge eine solche nicht zulässige Abschaltvorrichtung besitzen . Sie haben uns eben erklärt, dass man nicht in die Software schaut . Daher würde mich natürlich interessieren - diese Abschaltvorrichtung ist eine Software -, wie man das herausfinden will, ohne in die Software zu schauen . Das ist mir ein Rätsel . Aber Sie werden das sicherlich verstanden haben . Ich darf also feststellen, dass Sie das eigentliche Problem, nämlich die Überschreitungen der Stickoxidgrenzwerte - das ist ja auch das Problem in den USA -, hier überhaupt nicht untersuchen, dass Sie keine Nachprüfungen unternehmen und dass Sie hier keine Messungen vornehmen . Deshalb würde ich Sie bitten - Sie haben jetzt mehrfach vom Auftrag an das Kraftfahrt-Bundesamt gesprochen; offenbar liegt er Ihnen vor -, uns diesen Auftrag hier für das Protokoll wörtlich vorzulesen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Den Auftrag kann ich Ihnen nicht wörtlich vorlesen; ich habe ihn auch nicht schriftlich bei mir . Ich wiederhole noch einmal: Es geht um die Frage, ob bei bestimmten Dieselmotoren durch eine illegale Software ein Mechanismus in Gang gesetzt wird, der falsche NOX-Werte ergibt . Das wird überprüft, und zwar auch in anderen Fahrzeugen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn, bitte .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, in den USA hat man ja diese Tricksereien und den Betrug herausbekommen, weil man festgestellt hat, dass diese Autos im normalen Verkehr zu hohe Abgaswerte hatten . Dem ist man nachgegangen, und dann ist man darauf gekommen: Aha, die haben diese Abschaltvorrichtung . Wenn Sie jetzt die Software nicht überprüfen und die hohen Abgaswerte nicht überprüfen, wie wollen Sie dann überhaupt herausfinden, dass da eine Abschaltvorrichtung vorhanden ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Ich habe Herrn Krischer schon gesagt - ich sage es auch Ihnen -, dass wir selbstverständlich in die Software hineinschauen müssen . ({0}) - Ich habe doch nie etwas anderes behauptet . ({1}) - Nein, ich habe nie etwas anderes behauptet . Ich habe hier nur gesagt: Wir können nicht sämtliche Software überprüfen . ({2}) Ich habe nie etwas anderes behauptet . Sie unterstellen mir permanent Dinge, die ich nicht gesagt habe bzw . angeblich gesagt habe . ({3}) Dagegen verwahre ich mich mit aller Entschiedenheit . Frau Kollegin Höhn, wie war Ihre Frage? Sie ist mir jetzt entfallen . Entschuldigung . ({4})

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe gefragt: Wenn Sie nicht die hohen Abgaswerte und auch nicht die Software überprüfen, wie bekommen Sie dann überhaupt heraus, dass da eine Abschalttechnik verwendet worden ist?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Da sind wir wieder beim Selben . Wir müssen selbstverständlich in die Software schauen, um zu sehen, ob diese manipulativen Vorgänge dort gespeichert sind, ob sie aktiv sind und ob man sie außer Kraft setzen kann usw . usf . Diese Dinge werden von der Kommission überprüft . Ich bitte Sie: Lassen Sie der Kommission den nötigen Freiraum, um diese Dinge jetzt ordentlich aufzuklären . Stellen Sie im Vorfeld nicht irgendwelche Vermutungen an, und machen Sie nicht irgendwelche Vorwürfe, bevor wir überhaupt Fakten auf dem Tisch haben .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Eine Nachfrage von Stephan Kühn .

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben ja den Vorwurf an uns gerichtet, dass wir nicht auseinanderhalten können, welche Abgaswerte im Labor geprüft werden und welche im realen Straßenverkehr gemessen werden . Sie haben gesagt, wir würden das durcheinanderwerfen . Nun ist es so, dass die Bundesregierung - auch das haben Sie gesagt sich dafür einsetzt, dass es das sogenannte RDE-Verfahren gibt, bei dem man die Abgaswerte im realen Verkehr messen kann . Wir wissen, dass Laborsituation und realer Verkehr zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind; denn die Werte im realen Verkehr haben auch etwas mit dem Fahrverhalten zu tun . Entsprechend sind die Emissionen im Vergleich zur Laborsituation unterschiedlich . Deshalb soll es bei RDE einen Umrechnungsfaktor geben, also: Laborwert mal Komma x ergibt sozusagen den maximal zulässigen im realen Verkehr emittierten NOX-Ausstoß . Mich würde interessieren: Für welchen Umrechnungsfaktor setzt sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen für die Implementierung von RDE ein?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Kollege, ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie die Laborsituation nicht von der Praxissituation unterscheiden können; ich nehme sehr wohl an, dass Sie das unterscheiden können . ({0}) Darum geht es aber bei dieser Frage nicht . Vielmehr ist das erneut der Versuch, einen Sachverhalt, nämlich unterschiedliche Verbrauchs- und Emissionswerte bei standardisierten Laboruntersuchungen und realen Fahrsituationen, als Aufhänger zu benutzen . ({1}) Das ist aber nicht der Ausgangspunkt des VW-Skandals . Der Ausgangspunkt des VW-Skandals ist ein anderer Sachverhalt . Beide Sachverhalte vermischen Sie ständig . Ich lehne es ab, zu dem anderen Sachverhalt konkretere Aussagen zu machen, weil er mit dem einen Sachverhalt nichts zu tun hat . ({2}) Dass wir daran arbeiten, das RDE-Verfahren auf europäischer Ebene einzuführen, habe ich schon mehrmals erwähnt . Es ist aber noch nicht da, und es ist noch nicht konkret abzusehen, wie es aussehen wird . Das wird auf europäischer Ebene verhandelt . ({3})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Jetzt habe ich noch eine Nachfrage vom Kollegen Chris Kühn .

Christian Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004333, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, noch eine Nachfrage zum Schluss: Wann gibt es denn Ergebnisse der Kommission hinsichtlich der Fahrzeugtypen von VW und anderer Fahrzeughersteller in Deutschland? Wann kann die Öffentlichkeit also mit Ergebnissen rechnen? Inwieweit fließen in diese Ergebnisse auch Erkenntnisse der US-Bundesbehörden und der US-Umweltbehörde mit ein?

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Wann Ergebnisse vorliegen, kann man naturgemäß zu Beginn der Arbeit einer solchen Kommission schlecht vorhersagen . Dass, nachdem es Kontakt gegeben hat, auch Ergebnisse aus den USA bewertet werden, davon gehe ich aus .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Dr . Wilms .

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wir haben ganz gezielt gefragt, wie es bei der Umrechnung der Werte der derzeitigen Labormessungen auf RDE mit dem Umrechnungsfaktor aussieht . Sie haben uns eben, wenn ich es richtig verstanden habe, mitgeteilt - es kann ja sein, dass bei mir Aussetzer auf der Platte sind; das will ich nicht hundertprozentig ausschließen, ({0}) aber bislang funktioniert alles noch einigermaßen gut -, dass sich die Bundesregierung damit noch nicht beschäftigt hat . Ich sehe aber - das kann ich auch den Unterlagen, die uns zur Verfügung stehen, entnehmen -, dass in Brüssel schon längst darüber verhandelt wird . Also: Welchen Umrechnungsfaktor schlägt die Bundesregierung vor? Da gibt es ja zwei Werte, die im Gespräch sind: 1,5 und 2,5 . Was schlägt die Bundesregierung vor?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Über diese Frage wird auf europäischer Ebene intensiv verhandelt . Es wäre aus Sicht der Bundesregierung schlecht, sich da auf einen Wert festzulegen . Das schränkt die Verhandlungsmöglichkeiten ein . Ich kann Ihnen nochmals versichern: Wir sind intensiv dabei, das RDE-Verfahren baldmöglichst einzuführen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Danke schön, Herr Staatssekretär . - Weil wir zwei Fragen zusammengefasst haben, ist noch einmal Kollege Krischer mit einer Nachfrage zu Frage 14 dran .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ganz einfache Frage: Prüfen Sie Sie haben eben auch mehrfach gesagt, die Kommission prüft; ich habe gar nicht genau verstanden, wer prüft, aber ich sage jetzt einfach einmal „Sie“ - oder prüft das Kraftfahrt-Bundesamt jetzt fabrikneue Fahrzeuge, die vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden, oder werden Fahrzeuge überprüft, die schon auf der Straße fahren, die also schon im Betrieb befindlich sind?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Herr Staatssekretär .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Die Kommission überprüft die Vorgänge bei VW und versucht, zu ergründen, wie dieser ganze Mechanismus überhaupt funktioniert hat, was da getan wurde . ({0}) - Ihre Frage war: „Wer prüft?“, und ich beantworte sie gerade . ({1}) Die Nachprüfungen des Kraftfahrt-Bundesamtes beziehen sich auf die im Markt befindlichen Fahrzeuge europäischer und nichteuropäischer, deutscher und nichtdeutscher Hersteller . ({2}) - Die im Markt sind . ({3})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Ja, die Frage war: fabrikneu oder nicht? Herr Staatssekretär, vielleicht noch einmal? ({0})

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Herr Krischer, da lege ich mich jetzt nicht fest . Sagen Sie mir einmal, was „fabrikneu“ ist. Auch da haben die Hersteller unterschiedliche Auffassungen . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

So, jetzt haben wir noch eine Nachfrage von Herrn Wunderlich .

Jörn Wunderlich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003867, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Wahrscheinlich ein vergeblicher Versuch . - Herr Staatssekretär, eine ganz konkrete Frage an Sie als zuständigen Staatsminister im zuständigen Ministerium, dem das Kraftfahrt-Bundesamt nachgeordnet ist: Wissen Sie, wie die Prüfverfahren beim Kraftfahrt-Bundesamt ablaufen, wie viele Fahrzeuge geprüft werden, bis es eine Genehmigung gibt, und wie diese Fahrzeuge geprüft werden? Wissen Sie dies konkret?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Der Staatssekretär antwortet jetzt .

Norbert Barthle (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003033

Sehr geehrter Herr Kollege, wir haben diesen Prüfauftrag erst vor wenigen Tagen an das KBA gegeben . Ich glaube, deshalb ist relativ leicht nachvollziehbar, dass wir jetzt - nach wenigen Tagen - noch nicht über sämtliche Details, wie diese Prüfvorgänge ablaufen und wie viel wann und wo geprüft wird, Bescheid geben können . ({0}) Das muss ja erarbeitet werden, und dafür braucht man etwas Zeit . Lassen Sie uns also die notwendige Zeit, um diese Frage dann präzise zu beantworten . ({1})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . Sie sind jetzt mit Ihren Antworten durch . Aber Sie haben ja eine gute Kondition . ({0}) - Einige Fragen an Sie werden schriftlich beantwortet . - Vielen herzlichen Dank . Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit . Herzlich willkommen, Florian Pronold . Er wird sich jetzt nicht an die Beantwortung der Frage 15 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl machen die wird schriftlich beantwortet -, sondern an die Beantwortung der Frage 16 der Kollegin Bärbel Höhn: Stammt die Sulfatbelastung der Spree nach Kenntnis der Bundesregierung hauptsächlich aus aktiven oder stillgelegten Braunkohletagebauen, und von welchen möglichen Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung entlang der Spree geht die Bundesregierung in den nächsten Jahren in diesem Zusammenhang aus?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Gutachten und Erkenntnisse vor . Die Geschäftsführung der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH als Projektträger und Unternehmen des Bundes für die Sanierung der stillgelegten Tagebau- und Veredelungsanlagen in den neuen Bundesländern hat eine Studie dazu veröffentlicht. Sie trägt den Titel „Einschätzung des Anteils des Sanierungsbergbaus der LMBV an der Sulfatbelastung der Spree“ . Dieser Studie kann man Folgendes entnehmen: Im Ergebnis ist es so, dass der aktive Tagebau gegenwärtig zu etwa 51 Prozent, der stillgelegte Tagebau der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft zu etwa 28 Prozent sowie die in der Lausitz natürlich vorhandenen geologischen Bodenschichten zu etwa 21 Prozent die Sulfatfrachten in die Spree eintragen . Die Studie ist auf der Webseite der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft einsehbar .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Frau Höhn .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, geht die Bundesregierung nach dieser Studie davon aus, dass es steigende Sulfatwerte geben wird, wenn die Erweiterung des Braunkohletagebaus Welzow-Süd in der Lausitz abgeschlossen ist?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Die Bundesregierung geht auf Basis dieses vorliegenden Gutachtens davon aus, dass zukünftig kein signifikanter Anstieg der Gesamtsulfatbelastung in der Spree zu erwarten ist .

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben ja eben aus diesem Gutachten vorgelesen und gesagt, dass der aktive Tagebau zu etwa 51 Prozent und der stillgelegte Tagebau zu etwa 28 Prozent zu den Belastungen beitragen . Geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Verockerung der Spree trotz einer Erweiterung des Tagesbaus nicht verändert?

Florian Pronold (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003612

Noch einmal: Wir können uns nur beziehen auf die Erkenntnisse, die wir haben . Die Erkenntnisse sind das vorliegende Gutachten, das auch öffentlich ist und das zu dem Ergebnis kommt, dass es keinen signifikanten Anstieg geben wird . Wenn sich die Grundlagen ändern, ist selbstverständlich eine Neubewertung vorzunehmen . Das ist ja logisch . Wenn wir eine tatsächliche Ausweitung des Tagebaus hätten, dann müsste man auch prüfen, ob die Maßnahmen, die wir mit dieser Gesellschaft ergriffen haben - wo wir jetzt über 20 Millionen Euro investiert haben, um die Sulfatbelastung nicht weiter zu erhöhen -, dazu führen, dass es keinen weiteren - so wie das Gutachten sagt Anstieg der Sulfatbelastung gibt . . Wenn es eine signifikante Änderung gibt, muss man eine Neubewertung vornehmen . Uns liegen derzeit aber keine Erkenntnisse vor, dass es dadurch zu einem signifikanten Anstieg käme.

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . Die Frage 17 des Abgeordneten Kai Gehring und die Frage 18 des Abgeordneten Dieter Janecek werden schriftlich beantwortet . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Die Frage 19 des Abgeordneten Uwe Kekeritz wird schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes . Die Frage 20 der Abgeordneten Tabea Rößner und die Frage 21 des Abgeordneten Dr . André Hahn werden schriftlich beantwortet . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Die Frage 22 des Abgeordneten Dr . André Hahn, die Frage 23 der Abgeordneten Britta Haßelmann, die Fragen 24 und 25 der Abgeordneten Katharina Dröge und die Frage 26 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet . Da der Fragesteller der Frage 27, Hubertus Zdebel, nicht da ist, entfällt die Beantwortung . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Frage 28 des Kollegen Uwe Kekeritz wird schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes . Die Fragen 29 und 30 der Kollegin Inge Höger sollen schriftlich beantwortet werden . Die Fragen 31 und 32 der Kollegin Heike Hänsel sollen schriftlich beantwortet werden. Die Frage 33 der Kollegin Dağdelen soll schriftlich beantwortet werden . Frage 34 wird nicht beantwortet, da Frau Dağdelen nicht da ist. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Fragen 35 und 36 der Kollegin Kunert werden schriftlich beantwortet . Die Frage 37 des Kollegen Volker Beck wird schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeministeriums des Innern . Die Frage 38 des Kollegen Volker Beck wird schriftlich beantwortet . Die Frage 39 der Kollegin Schauws soll ebenfalls schriftlich beantwortet werden . Die Frage 40 des Kollegen Neu wird nicht beantwortet, weil er nicht anwesend ist . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Fragen 41 und 42 der Kollegin Steinbach werden schriftlich beantwortet . Die Frage 43 des Kollegen Janecek sowie die Fragen 44 und 45 der Kollegin Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet . - Liebe Leute, meldet es dann halt ab! - Die Fragen 46 und 47 des Kollegen Ströbele werden nicht beantwortet, da er nicht da ist . Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen . Die Fragen 48 und 49 des Kollegen Hunko sollen schriftlich beantwortet werden . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen . Auch die Frage 50 der Kollegin Höhn soll schriftlich beantwortet werden . - Wie ich sehe, kommt gerade der Kollege Zdebel in den Saal . Dann können wir seine Frage noch aufrufen . Wir haben ja noch ein bisschen Zeit . Ist der für die Antwort zuständige Staatssekretär noch da? ({0}) - Gut . - Wir kommen noch einmal zurück zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Ich rufe die Frage 27 von Herrn Zdebel auf: In welcher Weise besteht aus Sicht der Bundesregierung ein Zusammenhang zwischen dem geplanten Gesetz zur Haftungssicherung für die Atomkonzerne in Sachen Atomrückstellungen und den Ergebnissen des laufenden Stresstests über die Verfügbarkeit und Höhe der Entsorgungsrückstellungen, und gibt es aus Sicht der Bundesregierung Umstände, die dazu führen könnten, dass ein solches Gesetz zur Haftungssicherung möglicherweise nicht erforderlich wäre?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Frau Präsidentin! Ich beantworte die Frage von Herrn Zdebel wie folgt: Die geplante Regelung zur Nachhaftung verfolgt einen anderen Zweck als der Stresstest . Ziel des Gesetzentwurfes ist es, eine langfristige Nachhaftung jedes Unternehmens, das als Betreibergesellschaft von Kernkraftwerken gilt, für die Kosten der Stilllegung und des Rückbaus dieser Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu gewährleisten und somit die Risiken für die öffentlichen Haushalte zu reduzieren . Mit der vom BMWi in Auftrag gegebenen Überprüfung der Kernenergierückstellungen - Klammer auf: der sogenannte Stresstest - soll hingegen geklärt werden, ob die Rückstellungen dieser Unternehmen ordnungsgemäß gebildet sind, und soll ihre Eignung für die Finanzierung der Atomverpflichtungen bewertet werden. Der Regelungsvorschlag zur Nachhaftung ist daher von den Ergebnissen des laufenden Stresstests nicht abhängig .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Herr Kollege .

Hubertus Zdebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004449, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, auch Ihnen herzlichen Dank für die Antwort . Ich habe dann doch noch einmal eine konkrete Nachfrage dazu . Durch die Medien sind in diesem Zusammenhang schon Zahlen gegangen, etwa dass den Energiekonzernen nach einer vorab bekanntgewordenen Berechnung eventuell bis zu 30 Milliarden Euro fehlen . Könnten Sie das möglicherweise bestätigen? Könnten Sie mir Auskunft darüber geben, wie der Stand der Erkenntnisse der Bundesregierung dazu ist, ob diese Berechnungen eventuell zutreffen?

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Herr Abgeordneter, das, was Sie mit Ihrer Frage gerade anfangen, ist eine sehr kursrelevante Debatte . Diese Zahl kann ich ausdrücklich nicht bestätigen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Weitere Frage?

Hubertus Zdebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004449, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Das habe ich eigentlich auch nicht anders erwartet .

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Warum stellen Sie dann die Frage?

Hubertus Zdebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004449, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sie hatten letzte Woche schon davon gesprochen, dass Sie Fragen zum Stresstest zum jetzigen Zeitpunkt sehr ungerne beantworten . Trotzdem frage ich zu einem anderen Punkt nach, der in gewisser Weise damit in direktem Zusammenhang steht, nämlich die von Minister Gabriel angekündigte Atommüllrückstellungsbewertungskommission, um es so vereinfacht zu sagen . Können Sie mir bestätigen, dass der Kollege Bundestagsabgeordneter Jürgen Trittin als Vorsitzender dieser Kommission im Gespräch ist?

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Das interessiert mich jetzt auch . ({0})

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Herr Abgeordneter, ich beantworte gerne Ihre Fragen wie folgt: Erstens, wir machen den Stresstest, um die öffentliche Hand vor irgendwelchen Beeinträchtigungen bzw. finanziellen Verpflichtungen zu bewahren. Wir prüfen nach, ob die Atomkonzerne in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Das sind Grundlage und Absicht des Stresstests, und das ist ganz plausibel und vernünftig aus Sicht jedes deutschen Steuerzahlers . Das Zweite ist, dass Herr Bundesminister Gabriel eine solche Kommission angekündigt hat, deren Besetzung aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank . - Eine Rückfrage des Kollegen Krischer .

Oliver Krischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004081, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen . - Sie widersprechen etwas den Ausführungen Ihrer Kollegin Zypries in der Fragestunde der letzten Woche . Da hat sie uns nämlich zu meiner Verwunderung und auch zur Verwunderung von Kollegen erläutert, dass das Konzernhaftungsgesetz und die Stresstests in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen, und das mit als Begründung angeführt, warum das Konzernhaftungsgesetz, das eigentlich schon in der letzten Sitzungswoche im Kabinett verabschiedet werden sollte - so war jedenfalls die öffentliche Ankündigung -, sich weiter verzögern würde: weil die Ergebnisse der Stresstests nicht vorliegen . Ich habe Sie so verstanden, dass das in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht und dass die Verlängerung der Konzernhaftung unabhängig vom Ergebnis der Stresstests erfolgt, weil sie sowieso vorgenommen werden muss . Dazu bitte ich Sie um Klarstellung und um einen Hinweis - da das Konzernhaftungsgesetz öffentlich angekündigt war -, wann die Kabinettsbefassung geplant ist und wann wir mit der Vorlage des Gesetzentwurfs rechnen können .

Uwe Beckmeyer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003498

Zur Klarheit der Gedanken, Herr Kollege Krischer: Das eine ist das Überprüfen, ob die Konzerne mit den Rückstellungen, die sie über Jahrzehnte gebildet haben, in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen, und das Zweite ist, dass wir mit dem Entwurf des RückVizepräsidentin Claudia Roth bau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetzes dafür Sorge tragen wollen, dass uns, ganz simpel gesprochen, niemand entwischt, auch wenn er seinen Konzern umbaut . Insofern handelt es sich zwar um die gleiche Thematik, aber durchaus um unterschiedliche Sachverhalte, die nebeneinanderstehen . Sie haben nach dem Termin gefragt . Nach meinem Kenntnisstand ist als Kabinettstermin derzeit der 7 . Oktober vorgesehen .

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär . - Dann sind wir jetzt am Ende unserer Fragestunde angekommen . Die Fragen 51 und 52 des Kollegen Ebner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft werden schriftlich beantwortet . Ich unterbreche die Sitzung bis 15 .35 Uhr . Genießen Sie Ihren Kaffee oder was auch immer, und um 15 .35 Uhr treffen wir uns pünktlich wieder zur Aktuellen Stunde . ({0})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne, herzlich willkommen! Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE Haltung der Bundesregierung zur Stationierung von 20 modernisierten Atombomben in Rheinland-Pfalz Ich begrüße den Vertreter von Rheinland-Pfalz auf der Bundesratsbank und ebenso die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung . Ich eröffne die Aussprache mit Alexander Ulrich für die Linke . ({0})

Alexander Ulrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003858, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland, auf deutschem Boden soll ganz offensichtlich atomar aufgerüstet werden . Das lehnen wir als Linke entschieden ab . ({0}) Die Bundesregierung muss jetzt Farbe bekennen und die Öffentlichkeit darüber informieren, was gerade passiert, was von US-Seite geplant ist . Sie muss erklären, warum sie still und heimlich akzeptiert, dass neue Atomwaffen auf dem Fliegerhorst in Büchel in RheinlandPfalz stationiert werden sollen, ({1}) obwohl der Bundestag im Jahr 2010 das genaue Gegenteil beschlossen hat . Der Bundestag beschloss 2010, sich für eine atomwaffenfreie Welt einzusetzen und sich bei den Verbündeten mit Nachdruck dafür einzusetzen, die verbliebenen Atomwaffen in Rheinland-Pfalz abzuziehen . Diesem Antrag hatte übrigens auch die CDU/CSU zugestimmt, und er deckte sich sogar mit dem damals gültigen Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung . ({2}) Jetzt passiert genau das Gegenteil . Wie wir auch, aber nicht nur durch Frontal 21 wissen, plant die US-Regierung, bis 2020 in Europa lagernde Nuklearwaffen zu modernisieren . In Büchel sollen dann 20 neue Nuklearwaffen stationiert werden, die zusammen die Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben haben . Mit diesen neuen Waffensystemen wird der Atomwaffensperrvertrag bewusst unterlaufen . Die atomare Aufrüstung wird so weiter vorangetrieben . Zudem bedeutet diese Modernisierung eine gefährliche Provokation gegenüber Russland, weil sie neue Angriffsoptionen bietet . Die USA heizen so die Dynamik für einen neuen Kalten Krieg weiter an, und die Bundesregierung macht munter mit . Wann wird man auf dieser Regierungsbank endlich verstehen, dass man Frieden in Europa nicht gegen, sondern nur mit Russland ermöglichen kann? Unsere US-hörige Bundesregierung schweigt bzw . nickt sämtliche Pläne der Vereinigten Staaten heimlich ab . Und: So wichtig es war, die Atomgespräche mit dem Iran zum Abschluss zu bringen, so sehr versagen die Atommächte und auch die Bundesregierung bei der eigenen Abrüstung . Man kann nicht glaubwürdig von anderen den Verzicht auf Atomwaffen fordern, ohne selbst zu verzichten . Kein Land der Welt hat das Recht, Massenvernichtungswaffen zu besitzen . ({3}) Deutschland muss gerade vor dem Hintergrund seiner Geschichte auf nukleare Teilhabe in der NATO verzichten . Deutschland besitzt zwar formal keine Atomwaffen; aber die Bundeswehr ist in US-Planspiele für Atomkriege eingebunden . In Büchel stehen deutsche Piloten mit Kampfjets der Bundeswehr für Einsätze bereit . Mit dieser Beteiligung bricht die Bundesregierung ihre völkerrechtlichen Pflichten auf eine Art, die sie bei NichtNATO-Staaten zu Recht nie akzeptieren würde . Übrigens geht es auch innerhalb der NATO anders . So sind Griechenland und Kanada schon vor Jahren aus der nuklearen Teilhabe ausgestiegen . Wir sagen: Die Modernisierung von Atomwaffen in Büchel muss gestoppt werden . Sonst wird ein fatales Zeichen gesetzt, dass das Wettrüsten weitergeht . ({4}) Oder andersherum: Wenn die Bundesregierung hier und jetzt aussteigt, wäre das ein starkes, glaubwürdiges Signal für globale atomare Abrüstung und ein ehrliches Engagement für eine atomwaffenfreie Welt . Gerade in dieser aufgeheizten Zeit mit der angespannten Lage in der Ukraine und den Massen an Kriegsflüchtlingen wäre ein solches Zeichen unglaublich wichtig . Wir fordern die Bundesregierung auf, den Abzug sämtlicher Atomwaffen aus Deutschland endlich durchzusetzen ({5}) und auf jegliche Art der nuklearen Teilhabe vollumfänglich zu verzichten . Ganz nebenbei könnte auf diese Weise in Büchel ein dreistelliger Millionenbetrag eingespart werden; denn wir wissen, dass der Fliegerhorst ebenfalls modernisiert werden soll und wir schon jetzt mit 120 Millionen Euro dabei sind . Ähnlich ist es beim USHospital in Ramstein, wo wir mit 130 Millionen dabei sind . Dieses Geld könnte sinnvoller eingesetzt werden, und zwar für Arbeitsplätze, für die Zukunft einer Region, die es dringend nötig hat, als für Kriegsspiele mit Atomwaffen . Die Linke streitet weiter für eine atomwaffenfreie Welt und für ein atomwaffenfreies Deutschland . Beenden Sie endlich Ihre Hörigkeit gegenüber den USA! Machen Sie damit endlich Schluss! Ich bin froh, dass auch die Grünen meiner Rede zum Teil durch Applaus zugestimmt haben . ({6}) Aber auch von der rheinland-pfälzischen Landesregierung erwarte ich deutlich mehr; denn die rheinland-pfälzische Landesregierung aus SPD und Grünen ist mir viel zu ruhig . Man hat sich wohl mit den Plänen der Amerikaner in Büchel abgefunden . Liebe grüne Bundestagsfraktion, sagen Sie Ihren Kollegen im Mainzer Landtag und Ihrer zuständigen Ministerin dort, dass sie endlich handeln sollen, damit nicht nur die Bundesregierung Druck macht, sondern auch die Landesregierung in RheinlandPfalz . Vielen Dank . ({7})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Kollege Ulrich . - Der nächste Redner ist der Kollege Roderich Kiesewetter für die CDU/ CSU-Fraktion . ({0})

Roderich Kiesewetter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004068, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sind eben leider Zeuge einer Rede geworden, in der der Wunsch vor die Wirklichkeit gestellt wurde . Es ist schon absolut bedauerlich, dass die Ukraine als Beispiel für nukleare Abrüstung angeführt wird . Es war doch gerade die Ukraine, die 1994 um den Preis ihrer Unabhängigkeit die Nuklearwaffen an Russland übergeben und 20 Jahre später ihre Souveränität verloren hat . Ich glaube, wäre die Ukraine Nuklearmacht geblieben, müssten wir den hybriden Krieg, den wir dort gerade erleben, nicht erleben . Mir geht es aber um Sachlichkeit in der Diskussion . Ich möchte deutlich hervorheben, dass gegenseitige Rückversicherung und Abrüstung an sich kein Selbstzweck sind . Ziel unserer Außenpolitik ist, dass wir auf der einen Seite Verlässlichkeit im Bündnis bieten und auf der anderen Seite sowohl Sicherheit nach innen als auch Sicherheit im Bündnis nach außen leisten können . Das können wir durch eine Bundeswehr im Bündnis . ({0}) Das machen wir durch sehr stark orientierte Entwicklungszusammenarbeit und einen vernetzten Ansatz, der in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat . ({1}) Ich möchte herausstellen, dass uns Russland zurzeit in drei Bereichen nuklear bedroht: Erstens . Russland macht Volltruppenübungen und übt die Verlegung von Kurzstreckenraketen, von sogenannten Iskander-Raketen; davon hat Russland mehr als 4 000 Stück . Solche Übungen gab es auf deutschem Boden letztmals in der 80er-Jahren . Heute, 30 Jahre danach, wird dies auf russischem Boden wieder praktiziert . Zweitens . Russische strategische Bomber verletzen den Luftraum der Europäischen Union . Wir wissen nicht, was sie transportieren . Sie sind aber nuklearfähig . Das findet umgekehrt nicht statt. Drittens . Russland übt derzeit mit etwa 50 000 bis 60 000 Soldaten die schnelle Verlegung über weite Strecken und dabei auch die Anwendung von Nuklearwaffen . Auch das gab es zuletzt in den 80er-Jahren und wird heute nicht mehr gemacht . Wir müssen also schon die Kirche im Dorf lassen und sehr deutlich sagen, dass die nukleare Bedrohung von Russland ausgeht . ({2}) Für uns Deutsche ist die nukleare Teilhabe ein Thema, auf das ich gerne noch etwas Zeit verwenden möchte . Wir haben es im Jahr 2010 fast parteienübergreifend geschafft - Agnieszka Brugger war seinerzeit dabei -, einen Antrag auf nukleare Abrüstung im Bundestag durchzusetzen . Damals war aber nicht von einem einseitigen Abzug von Nuklearwaffen die Rede, sondern davon, dass wir im strategischen Konzept der NATO eindeutige Hinweise auf einen Abbau der Bedeutung von Nuklearwaffen verankert haben wollten . Das ist uns gelungen; das ging von diesem Bundestag aus . Wir können heute noch froh darüber sein, dass wir das geschafft haben . Die Entwicklung seit 2010 ist aber eine andere; die Bedrohung unserer östlichen Grenze - insbesondere der souveränen Ukraine - ist sehr sichtbar . Der zweite Punkt ist: Wir wollen das strategische Konzept der NATO weiterhin mit beeinflussen. Das geht nicht, indem wir einseitig sagen: „Wir verzichten auf nukleare Teilhabe“, sondern das geht, indem wir konzeptionell mitarbeiten und an den politischen Dokumenten der NATO mitwirken . Das ist eine Besonderheit . Die Bundesrepublik Deutschland ist neben Frankreich, Großbritannien und den USA einer von vier Staaten, die daran mitwirken . Wir haben hier also eine ganz besondere Rolle . Der dritte Punkt ist - er sollte dem Kollegen von der Linken etwas mehr zu Herzen gehen; da waren Sie sehr oberflächlich, Herr Kollege Ulrich -: ({3}) Dadurch, dass wir als Bundesrepublik Deutschland an der nuklearen Teilhabe festhalten, verhindern wir, dass die Staaten in Osteuropa die NATO-Russland-Grundakte aufkündigen . In der NATO-Russland-Grundakte von 1997 ist eindeutig festgehalten: keine Stationierung von Nuklearwaffen in diesen Staaten . - Warum wollen wir das? Wir wollen keine Zone neuer Unsicherheit schaffen, sondern wir wollen, dass die Verlässlichkeit des amerikanischen Nuklearschirms konstant bleibt und wir nicht durch einen einseitigen Verzicht eine Diskussion innerhalb der NATO entfachen, wer dann in Europa die deutsche, die belgische, die niederländische, die italienische oder die türkische Rolle übernimmt . Ich glaube, hier muss uns sehr stark an Stabilität gelegen sein . ({4}) Ein letzter Punkt: Es handelt sich um eine Modernisierung . Wie uns Parlamentariern es über die Medien zugänglich gemacht worden ist, haben die vorhandenen Nuklearwaffen ein bestimmtes Alter . Wer setzt denn auf Abschreckung oder auf verlässliche Rückversicherung, wenn die Waffen veraltet sind und dadurch möglicherweise sogar eine schädliche Wirkung in ihrem Umfeld entfalten? Das bedeutet, die Modernisierung stärkt die transatlantische Zusammenarbeit und unsere eigene Verlässlichkeit im Rahmen der nuklearen Teilhabe . Ich möchte bewusst sehr sachlich unterstreichen - und dafür habe ich eine Reihe von Argumenten genannt, auf denen man aufbauen kann -: Mittelfristig halten wir alle am Ziel einer abnehmenden Bedeutung von Nuklearwaffen fest . Aber Russland belehrt uns zurzeit eines Besseren . Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . ({5})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Herr Kollege Kiesewetter . - Nächste Rednerin in der Debatte: Agnieszka Brugger für Bündnis 90/Die Grünen .

Agnes Malczak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004106, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges sind immer noch USamerikanische Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe in der NATO in Büchel, in Rheinland-Pfalz, stationiert, und die Bundeswehr hält Trägermittel - Tornados - bereit, um diese Waffen im Ernstfall abzuwerfen . Wir sagen als Grüne nicht erst seit heute: Es ist höchste Zeit, dass diese Waffen abgezogen werden . ({0}) Lieber Kollege Ulrich, wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie als Linksfraktion das heute zum Thema machen . Wir Grüne haben in den letzten Jahren auch schon zahlreiche Anträge dazu gestellt . Bei Ihrer Rede haben wir nur teilweise geklatscht, weil nicht alles richtig war . Ich möchte Sie explizit darauf hinweisen, dass sich unsere grüne stellvertretende Ministerpräsidentin in RheinlandPfalz, Eveline Lemke, in dieser Frage sehr klar und deutlich positioniert hat . ({1}) Meine Damen und Herren, das Thema ist sehr aktuell . Vor Jahren hat Obama entschieden, dass das amerikanische Nuklearwaffenarsenal modernisiert werden soll, und die Anzeichen mehren sich, dass das jetzt in die Tat umgesetzt wird . Hinter dem netten und verharmlosenden Begriff „Lebensdauerverlängerung“, der in diesem Zusammenhang gebraucht wird, verbirgt sich ein milliardenschweres Aufrüstungsprogramm, von dem auch die in Büchel gelagerten Waffen betroffen sind . Das bedeutet in der Konsequenz, dass aus der Bombe B61 die noch präzisiere und gefährlichere Variante B61-12 wird . Infolge dessen müssen auch die Flugzeuge, die Tornados, für Millionen Euro umgerüstet werden . Sie werden länger in Betrieb gehalten, als es ursprünglich geplant war . Auch das kostet ordentlich Geld . Gleichzeitig sagen alle Experten - Herr Kiesewetter, hier werden Sie nicht widersprechen -, dass diese Waffen keinen militärischen Nutzen mehr haben . ({2}) Es ist doch naiv, zu glauben, dass, wenn diese Waffen für Unsummen modernisiert werden und die Trägermittel ebenfalls, es zu einem baldigen Abzug dieser Waffen kommen wird . Deshalb können wir die Bundesregierung nur auffordern: Ziehen Sie endlich die Notbremse! ({3}) Ich zitiere aus der Bundestagsdrucksache 17/11323 sie ist aus der letzten Legislaturperiode -, die den Titel trägt: „Keine Modernisierung der US-Nuklearwaffen in Europa und Deutschland - Abrüstungschancen nicht ungenutzt lassen“ . Die antragstellende Fraktion fordert darin die Bundesregierung auf, „deutlich klarzustellen, dass die Bundesregierung gegen die Stationierung modernisierter B61 in Deutschland und Europa ist“ und „auf eine Modernisierung, Anpassung und Lebensdauerverlängerung des deutschen Trägersystems für substrategiRoderich Kiesewetter sche Nuklearwaffen zu verzichten und hierfür auch keine Haushaltsmittel einzuplanen“ . ({4}) Sie denken wahrscheinlich, dieser Antrag stamme von den Grünen oder den Linken; aber er stammt aus der Feder der SPD . Als Antragsteller wird oben namentlich genannt der aktuelle Außenminister Frank-Walter Steinmeier . ({5}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann Sie nur an das erinnern, was Sie vor nicht allzu langer Zeit gefordert haben . Jetzt, wo Sie Regierungsverantwortung tragen und den Außenminister stellen, haben Sie die Gelegenheit, es in die Realität umzusetzen . Stoppen Sie diesen finanziellen und sicherheitspolitischen Irrsinn! ({6}) Meine Damen und Herren, die Bundesregierung betont immer auf dem internationalen Parkett, dass sie sich für eine Welt frei von Atomwaffen einsetzt und die nukleare Abrüstung voranbringen will . Das predigen Sie auf der einen Seite; auf der anderen Seite aber lassen Sie de facto die Aufrüstung dieser Massenvernichtungswaffen im eigenen Land zu . Das ist völlig unglaubwürdig . ({7}) Ich sage Ihnen, was ich ebenso inakzeptabel finde: Wenn wir die Bundesregierung zu diesen Plänen befragen, versteckt sie sich seit Jahren hinter der Geheimhaltung im Rahmen der NATO . Ich muss Ihnen sagen: Man kann, wenn man denn möchte, die entsprechenden Informationen aus den USA nutzen . Man kann die Dokumente der dortigen Regierung lesen, die dortigen Plenardebatten mitverfolgen und nachlesen und sich in Blogs und Zeitschriften die Meinungen der dortigen Experten anschauen. Da steht alles drin. Ich finde, die Bundesregierung ist an dieser Stelle in der Pflicht, die Fragen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu beantworten und hier auch gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien Transparenz herzustellen . ({8}) Der gute Antrag aus der letzten Wahlperiode, in dem wir uns gemeinsam über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg darauf geeinigt haben, den Abzug der nuklearen Waffen zu fordern, ist schon von den Kollegen Ulrich und Kiesewetter angesprochen worden . Es ist ja nicht alltäglich, dass wir alle einer Meinung sind . Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich kann Sie nur auffordern: Rücken Sie davon nicht ab! Lassen Sie uns an diesem guten Konsens festhalten! Auch in den Niederlanden sind Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe stationiert . Die Freundinnen und Freunde im niederländischen Parlament haben sich getraut, ein klares Zeichen zu setzen, und beschlossen, den Modernisierungsplänen, die die Waffen im eigenen Land betreffen, eine klare Absage zu erteilen . Ebenso haben sie beschlossen, dass die niederländischen Kampfflugzeuge in Zukunft keine Atomwaffen mehr tragen dürfen . ({9}) Insofern würde ich meine Rede gerne mit einem versöhnlichen Appell und einem Angebot insbesondere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, schließen: Lassen Sie uns doch einen ähnlichen Beschluss fassen und einen mutigen Schritt in Richtung eines atomwaffenfreien Deutschlands gehen . ({10}) Am Ende ist es eigentlich ganz einfach: Atomwaffen machen die Welt nie, unter keinen Umständen sicherer . ({11}) Nur Abrüstung bedeutet am Ende mehr Frieden und Sicherheit für alle . Vielen Dank . ({12})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Frau Kollegin Brugger . - Nächster Redner ist Niels Annen für die SPD . ({0})

Niels Annen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003732, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin . - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Brugger, es ist nett, dass Sie uns an diesen guten Antrag erinnern . Das wäre nicht nötig gewesen, ({0}) weil sich unsere Haltung gar nicht verändert hat . Unsere Fraktion und auch die Große Koalition sprechen sich weiterhin eindeutig für das Ziel der nuklearen Abrüstung aus . ({1}) Wir haben uns in den letzten Jahren in diesem Haus immer darauf verständigt; das war auch gemeinsame Position der letzten Bundesregierungen . Ich bin froh, dass wir uns bei all der Rhetorik, die man zu solch einer Gelegenheit gerne vortragen kann - das ist ja in Ordnung -, auch heute über dieses Ziel einig sind . ({2}) Herr Kollege Ulrich, ich habe mir einiges aus Ihrer Rede aufgeschrieben, weil ich glaube, dass man sich bei dieser Debatte nicht nur Teile der Diskussion herauspicken sollte, zumindest dann nicht, wenn man eine ehrliche und angemessene Debatte führen will . Sie haben gesagt, „still und heimlich“ würden wir jetzt neue Atomraketen stationieren . Das entspricht natürlich nicht der Wahrheit . Wir haben hier eine Situation, die etwas komplexer ist, als es manchmal von diesem Podium aus dargestellt wird . Ich darf Sie daran erinnern, dass auch Ihre Fraktion es sehr begrüßt hat, dass wir in der Amtszeit von Präsident Obama einen wichtigen Abrüstungsschritt gemacht haben - das haben wir alle hier miteinander begrüßt -, das sogenannte New-START-Abkommen . Man muss sich auch noch einmal anschauen, wie die Debatte in den USA abgelaufen ist. „Still und heimlich“ haben Sie gesagt . In der sogenannten Nuclear Posture Review von 2010 - das ist eine Überprüfung, die die Amerikaner regelmäßig durchführen ({3}) ist ebendieses Modernisierungsprogramm enthalten . Insofern kann man das nachlesen . Das ist weder still noch heimlich passiert . ({4}) Man muss dieses Modernisierungsprogramm nicht gut finden; ({5}) das ist überhaupt nicht meine These . Mir fallen viele schöne Dinge ein, die man mit 10 Milliarden Dollar machen kann . Nur: Über diese 10 Milliarden Dollar entscheidet nicht der Deutsche Bundestag; darüber entscheidet der amerikanische Kongress . Wenn Sie die Debatten verfolgt haben, dann werden Sie mir zustimmen, dass es eine Verbindung gab zwischen der Zustimmung des Kongresses, der Nuclear Posture Review und dem Modernisierungsprogramm . ({6}) Noch einmal: Man muss das nicht gut finden; aber das ist der Zusammenhang . ({7}) Und das war der wichtigste Schritt in Richtung Abrüstung, den wir in den letzten Jahren gegangen sind . Die Komplexität dieses Themas muss man von diesem Pult aus vortragen dürfen . ({8}) Ich will noch einen Hinweis geben . Ich habe überhaupt nichts dagegen, denselben Antrag noch einmal zu beschließen . ({9}) Ich bin mir nicht sicher, ob unser geschätzter Koalitionspartner das machen würde; aber nehmen wir einmal an, wir würden das gemeinsam machen . Das können wir gerne jederzeit tun. Ich darf nur mit aller Höflichkeit an die Erfahrungen aus der letzten Legislaturperiode erinnern . Der damalige Außenminister ist mit großem Brimborium nach Washington gereist und hat gefordert, jetzt müsse etwas passieren, um dem Ziel einer Welt ohne Atomwaffen näherzukommen; das hat mir übrigens emotional durchaus gutgetan, weil das meiner Haltung entspricht . ({10}) Aber ich frage Sie: Welches Ergebnis hat das gehabt? Gar kein Ergebnis! ({11}) Ich glaube, es ist eine kluge Politik, dass wir uns in der Großen Koalition auf einen - das gebe ich gerne zu - mühsameren Weg verständigt haben . Dieser Weg setzt auf Überzeugung - glücklicherweise nicht in diesem Parlament; denn hier sind wir uns einig, und das ist sehr wertvoll . Wir haben begonnen, unsere eigenen Verbündeten davon zu überzeugen, dass es der richtige Weg ist, in der NATO, unserem wichtigsten Bündnis, in dem wir Mitglied sind, dafür zu sorgen, dass die nuklearen Waffen abgezogen werden . Das ist die Position meiner Fraktion, und dabei bleiben wir auch . Wir sprechen uns darüber hinaus natürlich weiterhin für eine globale Nulllösung im Bereich der nuklearen Waffen aus; auch das darf hier deutlich gesagt werden . Deswegen begleiten wir diesen wichtigen und schwierigen Prozess . Ich hoffe und bin da ganz optimistisch, dass wir vonseiten der Bundesregierung in den nächsten Monaten vielleicht die eine oder andere Möglichkeit haben werden, darauf hinzuwirken . Wir haben hier mehrfach darüber diskutiert, dass es gerade angesichts der angespannten weltpolitischen Situation eine Chance ist, dass wir den OSZE-Vorsitz übernehmen werden . Wenn Sie unseren Koalitionsvertrag sorgfältig lesen - ich nehme an, dass Sie das beide getan haben, geschätzte Kollegen und Kolleginnen von der Opposition -, dann werden Sie darin nicht nur das Bekenntnis zur nuklearen Abrüstung finden, sondern auch ein Bekenntnis zu einer neuen Initiative im Bereich der konventionellen Abrüstung . Das ist der Schritt, den wir gehen . Dafür wird sich unser Außenminister engagieren . Natürlich kann man keine Versprechungen machen . Aber die Erfahrung ist doch: Wenn wir uns auf kleine Schritte konzentrieren, die wir in schwierigen Verhandlungen möglicherweise erreichen, weil das Umfeld nun einmal so ist, wie es ist - das haben wir alle miteinander bedauert -, dann ist das vielleicht auch eine Chance, im Bereich der substrategischen Waffen einen Schritt voranzukommen. Ich finde schon, Herr Kollege Ulrich, dass es angemessen wäre, Ihre Fraktion würde eine solche Debatte anmelden, wenn die russische Seite ihre taktischen Nuklearwaffen modernisiert . Davon habe ich nichts gehört . Deswegen ist das, was Sie gesagt haben, ein wenig unglaubwürdig . ({12}) Ich danke für die Aufmerksamkeit . ({13})

Claudia Roth (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003212

Vielen Dank, Kollege Annen . - Nächster Redner in der Aktuellen Stunde ist Thorsten Frei für die CDU/ CSU-Fraktion . ({0})

Thorsten Frei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004276, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch 70 Jahre nach dem nuklearen Urknall, nämlich dem Einsatz von Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki mit 200 000 Toten, ({0}) ist uns dieser Vorfall heute noch Mahnung genug . Wenn die Doomsday Clock auf drei vor zwölf gestellt wird und damit die atomare Bedrohung in der Welt so hoch eingeschätzt wird, wie in den letzten 30 Jahren nicht, dann ist das in der Tat ein Zeichen dafür, dass wir alles dafür tun müssen, den Weg hin zu einer atomwaffenfreien Welt konsequent weiterzugehen . Zu reden ist das eine, Anträge aus der Mottenkiste zu ziehen ebenfalls, zu handeln und aktiv etwas dafür zu tun, dass Atomwaffen in der Welt weniger werden, das ist das andere . Die Bundesregierung tut genau dies: Da muss man nur einmal einen Blick in den Jahresabrüstungsbericht werfen . Da muss man sich nur die erfolgreichen Bemühungen im Bereich des Nichtverbreitungsvertrages anschauen . Da muss man nur einmal schauen, wo Deutschland wichtiger Geber ist, beispielsweise bei Organisationen, die sich mit der Überwachung des Verbots von Nuklearwaffentests beschäftigen . Und da muss man sich nur die jüngsten Erfolge anschauen, die die deutsche Regierung etwa im E3+3-Format im Zusammenhang mit der Einigung mit dem Iran gefunden hat . Ich glaube, dass Deutschland eine erfolgreiche und eine gute Rolle gespielt hat und dass wir deshalb durchaus auch gemeinsam mit dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI davon ausgehen können, dass wir auf einem guten Weg sind, dass wir allerdings einen langen Atem und kluge Diplomatie brauchen, um erfolgreich fortzuschreiten . ({1}) Es ist aber auch wahr, dass es die Aufgabe eines Staates und seiner Regierung ist, für Sicherheit und Souveränität des Staates und seiner Einwohner zu sorgen . Das ist die Aufgabe, die die Bundesregierung hat . Da genügt eigentlich schon ein Blick auf die Realität, die sich uns zeigt, um daraus klare Schlüsse zu ziehen . Erwähnt wurde die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, erwähnt wurde der Bruch des Budapester Memorandums von 1994, was natürlich ein fatales Zeichen für alle Atommächte und für all diejenigen, die das gerne werden möchten, war, weil es eben gezeigt hat, dass offensichtlich nur ein atomarer Schutzschirm Sicherheit für regionale und territoriale Integrität bietet . Nächster Punkt ist die Militärdoktrin Russlands, die dergestalt geändert wurde, dass man die NATO und die USA zu Gegnern erklärt hat, und die beispielsweise ausdrücklich auch präemptive Nuklearschläge ermöglicht hat . Das sind die Realitäten, mit denen wir uns natürlich auseinandersetzen müssen . Ich verweise auch - um an Niels Annen anzuschließen - auf die Beschaffung von 40 Interkontinentalraketen in Russland, die auch die modernsten und effektivsten Abwehrsysteme überwinden sollen . Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass man mit Kurz- und Mittelstreckenraketen Übungen unmittelbar an NATO-Grenzländern durchführt . All das sind Realitäten, mit denen wir konfrontiert sind und auf die wir auch eine angemessene Antwort finden müssen. ({2}) Die NATO hat sich ganz klar dazu bekannt, die Bedingungen für eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen . Aber wer einseitig auf Atomwaffen verzichtet, solange es Atomwaffen in der Welt gibt, der ist dumm und der ist naiv; das wollen wir nicht sein . ({3}) Schauen Sie nicht nur nach Russland . Ich glaube, wir alle sollten darauf schauen, wie komplex die Welt insgesamt ist . Schauen Sie nach China . Auch China ist eine Atommacht . China hat in den vergangenen Jahren jährlich seine Militärausgaben im zweistelligen Prozentbereich erhöht und gibt derzeit jedes Jahr 125 Milliarden Euro für Militär, Verteidigung und Sicherheit aus . Schauen Sie sich das atomare Wettrüsten beispielsweise zwischen Pakistan und Indien an . In den nächsten 10 bis 15 Jahren wird das Potenzial dort um das Doppelte oder das Dreifache erhöht werden . Dabei geht es immer um Raketen, die auch Nordamerika und Amerika erreichen können . ({4}) Deshalb ist es klar, dass wir darauf eine Antwort finden müssen . Diese Antwort ist in der Tat keine militärische, weil weder 180 Sprengköpfe in Europa noch mutmaßlich 20 Sprengköpfe in Deutschland eine echte militärische Bedeutung haben; allerdings haben sie eine politisch-psychologische und eine strategische . Da geht es eben auch um eine wirksame Abschreckung . Da geht es um die Verhinderung von Proliferation . Darauf bedarf es einer glaubwürdigen Antwort . Diese Antwort ist die NATO, und diese Antwort sind auch nukleare Voraussetzungen in diesem Bündnis, die wir so lange brauchen, bis wir das Ziel einer atomwaffenfreien Welt erreicht haben . ({5}) Das ist die Wahrheit .

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Herr Kollege .

Thorsten Frei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004276, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Deswegen ist es auch eine friedenspolitische Botschaft, wenn man ein Stück weit über den Tag hinaus denkt . Damit bin ich am Ende . Herzlichen Dank . ({0})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Katrin Werner, Fraktion Die Linke . ({0})

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Frei, vielleicht schauen wir einfach einmal auf Deutschland: Rheinland-Pfalz ist ein Zentrum des amerikanischen Militärs in Europa. Dort befinden sich mehrere US-Luftwaffenstützpunkte; immer mehr Einheiten werden in die Region verlegt . Ich möchte meine Rede daher, anschließend an Ihren Beitrag, mit einer kleinen, gewiss unvollständigen Aufzählung einiger wichtiger Ereignisse in Rheinland-Pfalz beginnen . Erstens . Auf der US-Airbase in Spangdahlem, unweit vom Wahlkreis Trier entfernt, wurden in diesem Jahr zusätzliche Kampfjets, Tankflugzeuge und Helikopter stationiert . Nicht nur, dass damit eine erheblich größere Lärmbelästigung für die Anwohnerinnen und Anwohner einhergeht, die zusätzlichen Militärflugzeuge stellen vor allem ein großes Risiko für die Bevölkerung und für die Umwelt dar . In der Vergangenheit kam es bereits mehrfach zu Unfällen bei Flugmanövern . Es ist nur eine Frage der Zeit bis zum nächsten Unglück . Zweitens . Im April berichtete der Spiegel, dass die US-Airbase in Ramstein als Zentrum des amerikanischen Kampfdrohnenkrieges dient . Das ging aus den amerikanischen Geheimdienstdokumenten hervor . Demnach ist der Standort Ramstein unverzichtbar für die amerikanischen Kampfdrohneneinsätze im Nahen Osten . Wir müssen davon ausgehen, dass völkerrechtswidrige gezielte Tötungen von Ramstein aus mitgesteuert wurden und weiterhin werden . Bis heute hat die Bundesregierung keine Anstrengungen unternommen, das aufzuklären oder gar zu unterbinden . Drittens . In der vergangenen Woche haben wir erfahren, dass in Büchel, ebenfalls unweit von Trier, rund 20 neue, hochmoderne und lenkbare amerikanische Atomwaffen stationiert werden sollen . Diese Atomwaffen sollen zusammen eine Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben haben . Ihre höhere Zielgenauigkeit wird vor allem einen Effekt haben: Sie senkt die Hemmschwelle für einen Einsatz . Meine Damen und Herren, diese Meldungen stammen alle, wirklich alle, aus dem Jahr 2015 . Das macht eines sehr klar: Rheinland-Pfalz wird zu einem gefährlichen militärischen Pulverfass . Die Bundesregierung hat aus all dem keine, wirklich keine Konsequenzen gezogen . Das ist eine Schande; denn sie gefährdet dadurch die Bevölkerung in der Region und trägt damit zu einer massiven Umweltverschmutzung bei, und sie wird Teil einer aggressiven Außenpolitik . ({0}) Was wir gerade hier erleben, ist eine Hochrüstung des amerikanischen Militärs mitten in Europa . Das kann schnell zu einer Rüstungsspirale wie im Kalten Krieg führen . Das ist eine Machtdemonstration in Richtung Russland . Die klare politische Botschaft dabei ist: Osteuropa wird bewacht . - Glauben Sie mir, das sind nicht Worte der Linken, sondern das kann man in der Presse lesen . Das Schweigen der Bundesregierung zu all diesen Angelegenheiten spricht Bände . Es ist eine stillschweigende Zustimmung zu der weiteren Militarisierung in Deutschland, vor allen Dingen in Rheinland-Pfalz, zu der Mitsteuerung von Kampfdrohneneinsätzen von deutschem Territorium aus und zu der weiteren atomaren Aufrüstung der Welt . Die Bundeswehr ist sogar beteiligt; denn sie ist es, die die Atombomben abwerfen soll . ({1}) Dafür wird sie trainiert. Deutschland ist damit verpflichtet, sich an den atomaren Kriegen zu beteiligen, und das ist, ganz ehrlich gesagt, ein unfassbarer Umstand . ({2}) Das steht klar im Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag . Diese Zusammenarbeit in der sogenannten nuklearen Teilhabe muss sofort beendet werden . ({3}) Sehr geehrte Regierungsmitglieder, vor vier Tagen, am 26. September 2015, war der erste „Internationale Tag für die vollständige Abschaffung von Atomwaffen“ . 2015 jähren sich die Atombombenabwürfe auf Hiroshima zum 70 . Mal . Sehr geehrte Regierungsmitglieder, das ist der richtige Zeitpunkt: Stoppen Sie die Aufrüstungsspirale! Setzen Sie den Bundestagsbeschluss von 2010 endlich um! Sorgen Sie für den Abzug der Atombomben aus Büchel! Verhindern Sie die Stationierung weiterer Atomwaffen in Deutschland! Unterbinden Sie die Kampfdrohneneinsätze, die von Ramstein ausgehen! Sorgen Sie für eine zivile Konversion der US-Luftwaffenstützpunkte in Ramstein und Spangdahlem . Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({4})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Dr . Karl-Heinz Brunner, SPD-Fraktion, das Wort . ({0})

Dr. Karl Heinz Brunner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004256, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, Kollegin Werner und Kollegen von den Linken, zunächst eine Bemerkung vorweg . Verantwortung tragen verträgt keine Skandalisierung, keine Verschwörungstheorien und schon gar nicht das Schüren von Ängsten . Das ist es nämlich, was Sie tun . Sie arbeiten mit Andeutungen, mit Unterstellungen, und das alles unter der Prämisse: Auf den Wahrheitsgehalt kommt es nicht so sehr an, irgendetwas, die Angst, wird schon hängen bleiben . Aber ich stelle heute fest: Es verfängt nicht . ({0}) Wenn ich die Resonanz hier sehe, dann stelle ich fest: Das verfängt nicht . Denn eines ist doch unstrittig: Parteiübergreifend und Beschlusslage dieses Hohen Hauses seit 2010 ist die langfristige Vision einer atomwaffenfreien Welt . Unsere Position ist da recht klar . Die Bundesrepublik zählt zu den Unterzeichnern des Kernwaffensperrvertrags, in dessen Rahmen als sogenannte nukleare Teilhabe auch Einheiten der Bundeswehr mit nuklearen Nuklearsprengköpfen ausgestattet werden können, die sich in Deutschland befinden. Dieses trifft heute nur noch auf Büchel zu. Ich sage, das ist ein Relikt aus einer Zeit, in der allein die Vereinigten Staaten zeitweise 5 000 Nuklearwaffen in Deutschland stationierten . Die politischen Entwicklungen in den USA und Russland veranlassen uns jedoch, genau hinzuschauen - hinzuschauen, einzugreifen und unseren Einfluss als Bundesrepublik dort geltend zu machen, wo das Ziel der atomaren Abrüstung aus dem Blickfeld zu geraten droht . ({1}) Dass Deutschland dies zu leisten imstande ist, haben wir im Fall der Atomverhandlungen mit dem Iran, den E3+3Verhandlungen, unter Beweis gestellt . Unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat Hervorragendes geleistet . Auch der ununterbrochene Einsatz Deutschlands für die Lösung im Ukraine-Konflikt zielt letztlich auf Abrüstung und die Verhinderung neuer Aufrüstung . Und doch, meine Kolleginnen und Kollegen, mussten wir sehen, dass West und Ost allzu schnell in überwunden geglaubte Muskelspiele zurückgefallen sind . Muskelspiele, Abschreckung, Angst, Misstrauen - es kann kein stärkeres Gift für die Abrüstung geben . Deshalb warne ich davor, verbal ständig aufzurüsten . ({2}) Wenn wir heute über Atomwaffen debattieren, dann muss doch vor allem der Vision einer atomwaffenfreien Welt das Leben eingehaucht werden ({3}) und in praktische Politik und konkretes Handeln übersetzt werden . Dazu gehören, so wie es die Koalition vereinbart hat, erstens die nachdrückliche und wiederholte Forderung an alle Kernwaffenstaaten, die Bestrebungen zur nuklearen Abrüstung voranzutreiben und zu verstärken, zweitens die Intensivierung der Gespräche über weitere kernwaffenfreie Zonen und drittens - dies als letzten Schritt - der endgültige Abzug aller Atomwaffen dann auch aus Deutschland . Vergessen wir jedoch nicht: Genauso wichtig wie die Abrüstung von Atomwaffen ist die der Kleinwaffen, der Streumunition, der vollautomatisierten Waffensysteme, um nur einige zu nennen . Die Liste der weltweit geächteten Waffen und Waffensysteme muss noch länger werden, wenn wir ihren zerstörerischen Einfluss auf Frieden und Stabilität reduzieren wollen . Visionen und Ideen zu Abrüstung und einer atomwaffenfreien Welt sind nicht neu . Immer wieder setzten sie Politiker weltweit auf die Agenda, wie Barack Obama 2009 in Prag, frisch ins Amt gewählt . Mindestens genauso oft erfahren diese Ideen herbe Rückschläge . Das Wiederaufbrechen alter Ressentiments wie im Zuge der Ukraine-Krise gehört als Negativbeispiel sicherlich dazu . Dennoch dürfen wir nicht den Fehler machen, aus wertvollen und mächtigen Ideen unerreichbare Utopien zu machen, indem wir uns scheinbar realpolitische Denkverbote erteilen . Genauso wenig macht es Sinn, die Modernisierung der Waffen in Büchel über Gebühr zu skandalisieren und eine Abkehr vom Abrüstungsversprechen der deutschen Politik zu behaupten . ({4}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen, die SPD war und ist bereit, wie sie es über mehrere Legislaturperioden gezeigt hat, diese oft kleinteilige, diese mühselige - unser früherer Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hätte gesagt: graue, schwere und mühsame - politische und diplomatische Arbeit zu leisten und mitzutragen, die die Abrüstung und die Ächtung bestimmter Kriegsmittel begünstigt und voranbringt . Denn es gibt zur Abrüstung keine Alternative . Vielen Dank . ({5})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Omid Nouripour, Bündnis 90/Die Grünen .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage der nuklearen Abrüstung ist für meine Partei stets konstitutiv gewesen, und zwar nicht nur als eine Frage der Schnittmenge zwischen der Friedensbewegung und der Antiatombewegung in Deutschland, sondern schlicht als eine Frage des Überlebens der Menschheit . ({0}) Es ist gut, dass wir heute darüber diskutieren . Ich danke Ihnen, Kollege Ulrich und Frau Kollegin Werner . Aber Sie haben anscheinend nicht hingeschaut, worüber am letzten Donnerstag im Landtag in Mainz diskutiert wurde . Da war genau dies das Thema . Da gab es eine sehr klare Position der Landesregierung, der Sozialdemokratie und der Grünen . ({1}) Es gab nur ein Problem, nämlich das, dass sich die Landesregierung bitterböse darüber beschwert, dass sie von der Bundesregierung nicht ausreichend Informationen bekommt . Natürlich will auch die Landesregierung, dass die Atomwaffen dort wegkommen . Natürlich kennt sie das Risiko . Aber es funktioniert nicht, wenn sie die Informationen, die sie bräuchte, damit sie damit arbeiten kann, von der Bundesregierung nicht erhält . Das ist eine Hausaufgabe, die dieselbe Partei, die dort die Ministerpräsidentin stellt, hier als Hausaufgabe annehmen sollte . ({2}) Wir hatten 2009 die große Rede von Barack Obama in Prag, eine großartige visionäre Rede über eine Welt ohne Atomwaffen in Europa, in Nordamerika und in Ostasien . Dann gab es auch im Koalitionsvertrag der damaligen Regierung Passagen, die Hoffnung gemacht haben . Dabei ging es um die Überprüfung des Abzuges der taktischen Nuklearwaffen aus Deutschland . Dann kam das strategische Konzept der NATO . Die Bundesregierung hat ihm zugestimmt . Darin stand das Gegenteil . Darin stand der Satz, den Kollege Frei gerade nahezu eins zu eins angenommen hat: Solange es Atomwaffen auf der Welt gibt, wird die NATO eine nukleare Allianz bleiben . - Herr Kollege, Sie haben aber etwas vergessen zu erwähnen . Sie haben gesagt: Wer keine Atomwaffen hat oder anstrebt, ist naiv und dumm . Nach dieser Lesart sind 190 Staaten auf der Welt naiv und dumm, inklusive der Bundesrepublik Deutschland, die offiziell keine Atomwaffen besitzt und auch inoffiziell zumindest über die Kontrolle von Atomwaffen nicht verfügt . Ich glaube, das ist nicht der richtige Ansatz . ({3}) Dazu gehört auch, dass die CDU am Donnerstag im rheinland-pfälzischen Landtag die Debatte für überflüssig erklärt hat mit der Argumentation, es gebe ja offiziell keine Bestätigung, dass die Atomwaffen in Büchel stationiert werden . Sie haben vorhin völlig zu Recht gesagt: Man muss sich die Realität anschauen . Das sollten Sie vielleicht Ihren Kolleginnen und Kollegen in Mainz einfach mitgeben . ({4}) Zur Realität gehört auch, dass nach einer Modernisierung, wenn die B61-Bomben kommen, die Tornados, die sie heute fliegen, nicht mehr werden fliegen können. Das heißt, sie müssen zumindest nachgerüstet werden, wenn nicht ein anderes Waffensystem gekauft wird . Das werden nicht die Amerikaner entscheiden, das werden auch nicht die Amerikaner bezahlen, das ist dann Sache des Haushalts . Ich habe den Kollegen Annen so verstanden, dass das mit der SPD nicht zu machen sein wird . Da reden wir glasklar über das ganz konkrete Einstellen von Mitteln in den Haushalt . Da werden wir Sie selbstverständlich beim Wort nehmen . Wir freuen uns, dass auch Sie die Chance sehen, die Anwendung dieser Atombomben und die Übungen tatsächlich zu verhindern . ({5}) Dafür gibt es auch eine sehr gute Rechtsgrundlage . Schauen Sie sich die alte Taschenkarte der Soldatinnen und Soldaten bei ISAF an . Dort steht eindeutig, dass die Verwendung von Atombomben und auch das Üben mit Atomwaffen untersagt sind . Es geht bei diesem Beispiel zwar um Afghanistan, aber das zeigt, dass es für die Bundeswehr keine Rechtsgrundlage dafür gibt . Das heißt, die Bundeswehr darf grundsätzlich nicht die Übungen vollziehen, von denen wir wissen, dass es sie gibt . Herr Kollege Frei, Sie haben ein sehr präzises Bild der Sicherheitslage gezeichnet . ({6}) Da bin ich sehr bei Ihnen . Das ist alles richtig . Wir haben eine sehr schwierige Lage in Europa . Wir haben die russische Aggression in der Ukraine . Wir haben den Bruch des Budapester Memorandums; dies hat natürlich auch auf die globalen Abrüstungsinitiativen, die es auf der Welt gibt, immense Auswirkungen . Es gibt ein riesiges Misstrauen . 71 Prozent der Menschen in Russland sagen laut Umfragen - ob sie unabhängig sind, weiß ich nicht -, dass die USA ein Feind sind . Über die Hälfte der Menschen in den USA sagen, dass Russland eine Gefahr ist . Das alles ist richtig . Ostasien: China rüstet immens auf, auch nuklear . Japan und Südkorea schauen sich das mit großer Angst an . Natürlich gibt es das Riesenproblem mit Nordkorea . Ja, die Situation im Nahen Osten ist dramatisch . Ja, gerade in Pakistan wird die Rhetorik immer schärfer . Es ist offenkundig, dass auch in Indien, also in einem Land, das weltweit die meisten Importe von Rüstungsgütern hat, die Rhetorik natürlich alles andere als weich ist . Ja, wir haben im März dieses Jahres die Situation gehabt, dass ein russischer General Dänemark mit einem Atomschlag gedroht hat . Das ist alles bekannt . Nur, die Geschichte der Abrüstung der letzten 50, 60 Jahre zeigt zweierlei: Erstens . Gerade in den schwierigsten Zeiten ist Abrüstung bei genug politischem Willen möglich . Zweitens - das ist entscheidend -: Es hat noch nie Abrüstung ohne Vertrauensvorschuss gegeben . Genau diesen Vertrauensvorschuss darf man nicht durch die Modernisierung der Atomwaffen unterminieren . Genau dieser Vertrauensvorschuss ist es, der das Atomabkommen mit dem Iran möglich gemacht hat . Genau dieser Vertrauensvorschuss ist notwendig, damit wir nicht wieder mit Siebenmeilenstiefeln in eine nukleare Spirale rennen, die die gesamte Menschheit bedroht . Die Nuclear Threat Initiative hat am Montag veröffentlicht, dass die Gefahr eines nuklearen Krieges heute so groß ist wie seit 25 Jahren nicht mehr; die Gefahr steigt . Wir haben eine Vorbildfunktion . Wir sollten nicht die falschen Vorbilder für die Länder auf der Welt sein, die sich überlegen, ob eine Atombombe die einzige Schutzvariante für sie ist . Wir sind der festen Überzeugung, der wichtigste, der einzige Schutz vor der Atombombe, den wir Menschen auf der Welt haben, ist, dass wir mit Vertrauensvorschuss vorangehen . Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . ({7})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Alois Karl, CDU/CSU-Fraktion, das Wort . ({0})

Alois Karl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003784, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Tagesordnung richtig gelesen habe, befassen wir uns mit der „Haltung der Bundesregierung zur Stationierung von 20 modernisierten Atombomben in Rheinland-Pfalz“ . Nun hat bis jetzt kein Mitglied der Bundesregierung gesprochen, und all diejenigen, die gesprochen haben, können für die Bundesregierung nicht zuverlässig und kompetent Antwort geben . Ich habe mich schon sehr gewundert, dass Sie die Haltung der Bundesregierung erfragen, aber keine Anfrage an die Bundesregierung stellen . ({0}) Ich meine, dass all das, was hier gesagt wird, eine politische Diskussion des Parlaments, der frei gewählten Abgeordneten wie Ihnen ist . Wir sollen unsere Meinung hier kundtun . Dann sagen Sie das doch auch, und halten Sie mir Ihrer eigentlichen Absicht nicht hinter dem Berg . Sie müssten wissen, was Sie von der Bundesregierung zu hören bekommen, nämlich das, was in den letzten Wochen und Monaten auf entsprechende, fast identische Anfragen immer wieder geantwortet worden ist: dass die Informationspolitik zu Nuklearstreitkräften der NATO aus Sicherheitsgründen der Gemeinhaltung des Bündnisses unterliegt . Da gibt es auch dann keine Änderung, wenn die Zahl, die Beschaffenheit, die Lagerorte und der Umgang mit Nuklearwaffen erfragt werden . ({1}) Sie selber, die Abgeordnete Höger und andere Abgeordnete der Linken, haben ja vor wenigen Wochen eine Kleine Anfrage gestellt . Auch Sie müssten wissen, weil die Anfrage ja erst im August dieses Jahres beantwortet worden ist, dass die Informationspolitik zu Nuklearstreitkräften der NATO aus Sicherheitsgründen den verpflichtenden Geheimhaltungsregeln des Bündnisses unterliegt und die Bundesregierung daher, wie alle anderen Bundesregierungen vorher, keine Angaben zu Lagerorten, dem Umgang mit und den Spezifika der Nuklearwaffen sowie ihrer Trägersysteme usw . machen kann . Es scheint mir so zu sein, dass es Ihnen eher um die Fragestellung selber als um die Antwort geht . ({2}) Weil wir gerade beim Reden sind: In der Tat kann man auf den Zusammenhang, den Sie herstellen wollen, eingehen . Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind auf der Welt in der Tat in einer Gemengelage . Auch wir sehen natürlich die Ankündigungen des russischen Präsidenten Putin, der vor nicht langer Zeit, im Juni dieses Jahres, gesagt hat, dass der Bestand seiner Atomstreitkräfte um mehr als 40 neue ballistische Interkontinentalraketen aufgerüstet werden soll . Sie erinnern sich vielleicht auch, dass er vor wenigen Jahren, 2012, gesagt hat, dass es die Absicht Russlands ist, bis zum Jahr 2022 400 neue ballistische Atomraketen aufzustellen . Wenn Sie da immer noch meinen, Herr Nouripour, wir sollten einen Vertrauensvorschuss geben und Verhandlungen von vornherein dadurch desavouieren, dass wir unsere Verhandlungsposition schmälern, dann, meine ich, ist das völlig verkehrt . ({3}) Nein, ich glaube, wir haben eine wechselseitige Beziehung, die darin gipfeln muss, dass wir am Ende zu einem weiteren Vertrag über Abrüstungsverhandlungen und zu guten Ergebnissen kommen . Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten unendlich viel Positives und Gutes gemacht, um eine Welt ohne Atomwaffen, eine Welt mit weniger Waffen zu schaffen . Bedenken Sie, dass wir es seit der deutschen Wiedervereinigung vor 25 Jahren geschafft haben, dass die 5 000 Atomraketen aus Amerika, die es früher in Deutschland gab, auf 200 reduziert wurden . ({4}) Das bedeutet eine Minderung um 96 Prozent . Ich muss sagen: Wenn jemand bemängelt, dass nichts erreicht worden ist, dann verschließt er die Augen vor der Realität, und zwar ganz gewaltig . ({5}) Wir haben die Truppenstärken in Deutschland in den letzten 25 Jahren insgesamt dramatisch reduziert . In wenigen Tagen werden wir den 25 . Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung begehen . Vor 25 Jahren waren in Deutschland noch etwa 1,5 Millionen Soldaten stationiert . Heute sind es weniger als 250 000 . Auch das ist das Ergebnis einer hervorragenden, nachhaltigen Politik, die wir, die CDU/CSU, mit der SPD und der FDP betrieben haben . Die Kollegen von den Grünen waren daran nicht beteiligt - und die der Linken schon gar nicht . Meine Damen und Herren, eines möchte ich zum Abschluss noch sagen: dass wir in diesen Jahren eine hervorragende Politik betrieben haben, was Abrüstung in Deutschland und in Europa betrifft . Wir leben in Deutschland seit 70 Jahren in Frieden und Freiheit . Das haben wir auch den Amerikanern zu verdanken . Ich meine, gerade weil in anderen Teilen der Welt Aufrüstung betrieben wird, ist es nicht unkorrekt, wenn wir den Status unserer Waffenareale behalten und nicht voreilig und vorfristig einen Schritt gehen, um anderen entgegenzukommen . Am Ende muss das Ziel einer atomwaffenfreien Welt stehen, das wir propagieren und auf das wir hinarbeiten . Vielen herzlichen Dank . ({6})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Abgeordnete Thomas Hitschler, SPD-Fraktion . ({0})

Thomas Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004303, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn vor allem: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken! Den Enthusiasmus, den Sie heute vorzuspielen versuchen, hätte ich mir ein Stück weit damals gewünscht, als wir darüber diskutiert haben, syrische Chemiewaffen zu vernichten . ({0}) Falls ich mich richtig erinnere, haben Sie damals dagegengestimmt, und heute spielen Sie sich so auf, als ob Sie die größten Abrüster wären . Ein Stück weit Ehrlichkeit in der politischen Debatte wäre hier schon nicht schlecht . ({1}) Kolleginnen und Kollegen, vor knapp sechs Wochen jährten sich die Atombombenabwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki . Vor 70 Jahren wurden die beiden einzigen Kriegseinsätze dieser Waffen befohlen . Die beiden Bomben, als Indiz einer Zeit, in der Krieg und Gewalt alltäglich waren, wurden mit den Codenamen „Little Boy“ und „Fat Man“ versehen. Der Krieg im Pazifik endete wenige Tage nach dem Abwurf über Nagasaki, nachdem er für fast vier Jahrzehnte in der Region gewütet hatte . Die beiden Atombomben lösten zwei parallele Entwicklungen aus, deren Gegensätzlichkeit so wohl nur in der Absurdität des Kalten Krieges existieren konnte . Zum einen rüsteten beide Blöcke atomar massiv auf bis zu einem Punkt Ende der 80er-Jahre, als die Arsenale von Ost und West zusammen über 60 000 Sprengköpfe angehäuft hatten . Es existierten genug Atomwaffen, um die Menschheit als Spezies auszulöschen . ({2}) - Mehrfach! - Zum anderen etablierte sich auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs die Angst vor den Langzeitfolgen eines atomaren Angriffs . Atomwaffen zerstören nämlich noch lange, nachdem die Asche aus dem Himmel geregnet ist und die Trümmer weggeräumt sind - schleichend, grausam und tödlich . Diese Angst führte zu Rüstungsbegrenzungen und schließlich zu Abrüstungsabkommen . Heute existiert weltweit nur noch ein Bruchteil der Nuklearwaffen von damals . Aber selbst das ist noch viel zu viel . ({3}) Meine Damen und Herren, es besteht weltweit wohl nur bei wenigen Themen ein derart breiter Konsens wie bei dem Schrecken von Atomwaffen . Die aktuelle Regierungskoalition hat sich, wie im Übrigen auch Ihre Vorgängerin, dem Ziel der weltweiten atomaren Abrüstung verschrieben . Bereits 2010 hat sich die Mehrheit des Bundestages in einem Beschluss für weltweite atomare Abrüstung und einen Abzug der in Deutschland verbliebenen Atomwaffen ausgesprochen . Diese Aussage hat weiterhin Gültigkeit . Sie wurde im Übrigen von Koalitions- und Oppositionsfraktionen gemeinsam getragen . In dieser Legislaturperiode haben wir im gemeinsamen Koalitionsvertrag vereinbart, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen wird, entsprechende Verhandlungen zwischen den USA und Russland zu unterstützen; denn so groß die Fortschritte im Bereich der Abrüstung auch sein mögen, so benötigen sie doch stets Gegenseitigkeit, um nachhaltig zu sein . Bei aller Absurdität des Kalten Krieges war es doch auch das Gleichgewicht des Schreckens, das den Einsatz von Nuklearwaffen verhindert hat . Aber, Kolleginnen und Kollegen, ich will dahin nicht wieder zurück . Niemals wieder! Einseitige Kritik hilft an dieser Stelle nicht weiter . Nukleare Abrüstung muss immer globale Abrüstung bedeuten: in den USA, in Europa, Russland, China, Pakistan, Israel, Nordkorea und Indien . Das muss auch das Ziel dieser Bundesregierung sein - immer und jederzeit . Investitionen in einen Bundeswehrstandort bewusst falsch zu verstehen und als Aufhänger für Kritik an den USA zu nutzen, ist der Bedeutung dieses Themas allerdings unwürdig . ({4}) Ich bin Bundestagsabgeordneter aus Rheinland-Pfalz, und ich bin Verteidigungspolitiker . In dieser Doppelfunktion war ich in Büchel, dem Luftwaffenstandort, um den sich derzeit viele Gerüchte ranken . Dort habe ich unser Taktisches Luftwaffengeschwader 33 besucht und gesehen, wie groß der Investitionsbedarf in Büchel tatsächlich ist . In den letzten fünf Jahren wurden bereits 19 Millionen Euro in dringend notwendige Baumaßnahmen investiert . Der anstehende Investitionsbedarf in Höhe von 112 Millionen Euro betrifft neben dem bereits Geschehenen diverse Neubauten, Unterkunftsgebäude, Wartungshallen, Büros und, und, und . ({5}) Jedem sollte klar sein, dass Flugzeuge schlaglochfreie Pisten brauchen, um starten und landen zu können . ({6}) Die Start- und Landebahn ist dabei nur ein Teil . Sie befindet sich durch die letzte Winterperiode in einem sehr schlechten Zustand . ({7}) Deshalb wurde bereits im April mit Sofortmaßnahmen begonnen, um den sicheren Flugbetrieb bis zur Grundinstandsetzung in voraussichtlich drei Jahren sicherzustellen . In drei Jahren, Kolleginnen und Kollegen! Selbst dem verschwörerischsten Verschwörungstheoretiker sollte klar sein, dass wir von langfristigen Planungen sprechen, die mit aktuellen Modernisierungsdebatten wenig zu tun haben . Meine Damen und Herren, wir tragen Verantwortung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten . Wir müssen dafür sorgen, dass sie gut untergebracht sind und ordentlich arbeiten können . Das sind wir ihnen als Arbeitgeber nämlich schuldig . In den anstehenden Haushaltsberatungen werden wir uns deshalb dafür einsetzen, dass gerade dem Bereich Infrastruktur und Sanierung die Aufmerksamkeit geschenkt wird, die dieser Bereich verdient . ({8}) Kolleginnen und Kollegen, so unterschiedlich wir einzelnen Mitglieder des Bundestages auch sind, so denke ich doch, dass niemand unter uns das Prinzip der nuklearen Abrüstung infrage stellt . ({9}) Bundestag und Bundesregierung haben bei vielen Gelegenheiten deutlich gemacht, dass sie eine Welt ohne Nuklearwaffen anstreben . Hinter jedem Betonmischer an einem Bundeswehrstandort aber eine einseitige Aufrüstung zu vermuten, ist nicht zielführend . Vielen Dank . ({10})

Peter Hintze (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000907

Die Aktuelle Stunde ist beendet . Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 1 . Oktober 2015, 9 Uhr, ein . Die Sitzung ist geschlossen .