Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 7/17/2015

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich zu unserer 117. Plenarsitzung. Die heutige Sitzung habe ich gemäß Artikel 39 Absatz 3 des Grundgesetzes einberufen, und ich gehe davon aus, dass Sie mit der vorgesehenen Tagesordnung für die heutige Sitzung einverstanden sind. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Kollege Dr. Carsten Sieling mit Ablauf des 16. Juli 2015 auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet hat. Für ihn ist die Kollegin Sarah Ryglewski nachgerückt, die ich im Namen des Hauses begrüßen möchte und der ich eine gute Zusammenarbeit wünsche. ({0}) Ich möchte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. ({1}) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Die Nachricht vom plötzlichen Tod Philipp Mißfelders hat uns tief getroffen. Völlig unabsehbar wurde Philipp Mißfelder aus einem kurzen Leben gerissen, das von früher Jugend an ein Leben mit der Politik war. 1993 trat er als damals 14-Jähriger in die Junge Union und 1995 in die CDU ein. Er war von 1998 bis 2000 Bundesvorsitzender der Schüler Union. Seit dem Jahr 2000 gehörte er auch dem Bundesvorstand der CDU an. Im Oktober 2002 wurde er zum Bundesvorsitzenden der Jungen Union gewählt, der er bis 2014 blieb, länger als irgendeiner seiner Vorgänger. Von 2008 bis 2014 gehörte er als bislang jüngstes Mitglied dem Präsidium der CDU Deutschlands an. Vor fast genau zehn Jahren zog Philipp Mißfelder erstmals in den Deutschen Bundestag ein. Er arbeitete zunächst im Umweltausschuss, dann im Wirtschaftsausschuss, seit 2009 im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten. Mitte Juni dieses Jahres, vor wenigen Wochen, hielt er als außenpolitischer Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion hier im Plenum des Bundestages seine 121. Rede - mit 35 Jahren. Unter den jungen Kollegen war er längst der erfahrenste. Es gibt kaum jemanden in der Geschichte des Bundestages, der in so jungen Jahren ohne ein Amt in der Exekutive ein so dichtes Netz an politischen Kontakten aufgebaut hat, im Westen wie im Osten, in den Vereinigten Staaten wie in Russland. Meine Arbeit in dieser Funktion als außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - so hat er es selbst auf seiner Homepage geschrieben ist dem Ziel gewidmet, dass immer mehr Menschen ihr Leben in Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und unter Wahrung der Menschenrechte leben können. Sein besonderes Anliegen waren die deutsch-israelischen Beziehungen; er zählte, das zeigen die Würdigungen des israelischen Premiers wie die des Botschafters, zu den engen Freunden Israels. Der jungen Generation eine Stimme in der Politik zu geben, war Philipp Mißfelder besonders wichtig. Dieser Einsatz schuf freundschaftliche Verbindungen über Parteigrenzen hinweg. Und wenn ihn sein beachtlicher politischer Instinkt gelegentlich im Stich ließ, hatte er eine erstaunliche Begabung, neue Brücken zu bauen, persönliches Vertrauen zu stiften oder wiederherzustellen. „Die Scheu vor Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit“, hat Otto von Bismarck für die damalige Zeit vermutet. Philipp Mißfelder hatte diese Scheu nicht. Weil er früh Verantwortung übernahm, gelang ihm früher als anderen, in der Politik Einfluss zu nehmen. Nun ist Philipp Mißfelder früh, viel zu früh gestorben. Der Deutsche Bundestag verliert mit ihm einen engagierten und respektierten Parlamentarier, viele von uns, auch ich persönlich, einen guten Freund. Er wird uns fehlen, und wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern. Ihnen und allen Angehörigen spreche ich im Namen des ganzen Hauses unsere Anteilnahme aus. Ich danke Ihnen. ({2}) Präsident Dr. Norbert Lammert Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf: a) Beratung des Antrags des Bundesministeriums der Finanzen Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands hier: Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes ({3}), der Hellenischen Repu- blik nach Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Ver- trages grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form eines ESM-Darlehens zu gewähren; Verwen- dung der SMP-Mittel 2014 zur Absicherung einer Brückenfinanzierung Drucksache 18/5590 b) Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beschluss des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes ({4}); Verwendung der SMP-Mittel 2014 zur Absicherung einer Brückenfinanzierung Drucksache 18/5595 Zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke sowie zwei Entschließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie einen Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden wir später namentlich abstimmen. Wir werden also drei namentliche Abstimmungen zum Abschluss dieser Debatte haben. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 185 Minuten vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst der Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel, der ich zugleich persönlich und auch im Namen des Hauses herzlich zu ihrem heutigen Geburtstag gratulieren möchte. ({5}) Alle guten Wünsche für das neue Lebensjahr und weiterhin eine gute, glückliche Hand bei der Bewältigung der Herausforderungen unseres Landes und der besonderen Verantwortung, die wir ganz offenkundig auch in Europa haben. - Sie haben das Wort. ({6})

Dr. Angela Merkel (Kanzler:in)

Politiker ID: 11001478

Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es liegen Tage hinter Europa, die an Dramatik kaum noch zu überbieten sind - nicht nur wegen der schier endlosen Beratungen in der Euro-Gruppe der Finanzminister und beim Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am letzten Wochenende, wie ich sie in dieser Form auch noch nicht erlebt habe. Aber diese Tage sind natürlich vor allem für das Land, um das so viele unserer Gedanken und Beratungen kreisen, an Dramatik nicht zu überbieten: für Griechenland. Stellen wir uns nur für einen Moment vor, was es bedeuten würde, wenn bei uns zu Hause in Deutschland Rentnerinnen und Rentner verzweifelt vor geschlossenen Banken Schlange stehen und darauf warten würden, 120 Euro Rente pro Woche ausgezahlt zu bekommen. Dann bekommen wir vielleicht eine Ahnung davon, wie dramatisch die Situation in Griechenland ist, wie viel für dieses Land wie auch für Europa auf dem Spiel stand, als die Staats- und Regierungschefs der 19 Mitglieder der Euro-Zone am vergangenen Sonntag zu einem Sondergipfel zusammenkamen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir das Ergebnis dieses Euro-Gipfels bewerten, müssen wir uns die Ausgangslage noch einmal in Erinnerung rufen. Am 25. Januar dieses Jahres wählte das griechische Volk eine neue Regierung unter Führung der mit Abstand stärksten Partei Syriza mit Ministerpräsident Alexis Tsipras an der Spitze. Er hatte die Wahl im Wesentlichen mit zwei Wahlversprechen gewonnen: erstens mit dem Versprechen, den bisherigen europäischen Ansatz von Solidarität und Eigenverantwortung zur Überwindung der europäischen Staatsschuldenkrise zu beenden, ({0}) zweitens mit dem Versprechen, dass sein Land Mitglied der Euro-Zone bleiben solle und werde. Es war offensichtlich, dass diese beiden Wahlversprechen in einem gewissen Widerspruch zueinander standen. Es war deshalb auch genau dieser Widerspruch, der den Kern aller Diskussionen in den folgenden Monaten bilden sollte - bis Montagmorgen. Die neue Regierung traf Anfang des Jahres auf 18 weitere Regierungen in der Euro-Gruppe, allesamt ebenfalls demokratisch gewählt, mit zum Teil völlig gegensätzlichen Wahlversprechen und politischen Grundüberzeugungen, aber mit einem gemeinsamen Bemühen: Mögen die politischen Unterschiede auch noch so groß sein, wir setzen uns dafür ein, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone bleiben kann; denn der Euro ist weit mehr als eine Währung, er steht wie keine zweite europäische Entscheidung für die Idee der europäischen Einigung. Dafür, dass Europa eine Schicksalsgemeinschaft ist und sich als Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft über Parteigrenzen hinweg auszeichnet, dafür steht gerade auch der Euro. Damit das aber gelingt, brauchen wir zweierlei. Zum einen gilt: Pacta sunt servanda. Das heißt, wenn europäische Verträge ihre Gültigkeit verlieren sollen, geschieht das durch einstimmig vorgenommene Vertragsänderungen und Ratifizierungsverfahren. Es geschieht nicht, indem Einzelne aufgrund nationaler Wahlen diese Verträge einfach für null und nichtig erklären können; denn wir sind eine Rechtsgemeinschaft. ({1}) Zum anderen braucht Europa die Fähigkeit zum Kompromiss genauso wie der Mensch die Luft zum Atmen; denn wir sind eine Verantwortungsgemeinschaft. ({2}) Im konkreten Fall heißt das: Enormen Eigenanstrengungen Griechenlands steht eine enorme europäische Solidarität gegenüber. ({3}) Die weitere Geschichte ist schnell erzählt: Am 20. Februar entschied die Euro-Gruppe, die Laufzeit des zweiten EFSF-Programms bis zum 30. Juni zu verlängern. Die Zeit bis dahin sollte zum erfolgreichen Abschluss des Programms genutzt werden. Das scheiterte. Stattdessen haben wir erlebt, dass Griechenland die Verhandlungen hierüber einseitig beendet hat, dass es seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die Zahlungen an den IWF fristgerecht zu leisten, dass das zweite Hilfsprogramm am 30. Juni ausgelaufen ist, dass damit allen Vorschlägen, die sich auf den erfolgreichen Abschluss dieses Programms bezogen, die Grundlage entzogen war, dass Griechenland für den 5. Juli ein Referendum über diese nicht mehr vorhandenen Vorschläge angesetzt hatte und die griechische Regierung dafür warb, dabei mit Nein zu stimmen, und dass das griechische Volk dieser Empfehlung seiner Regierung mehr als deutlich mit 61 Prozent folgte. Meine Damen und Herren, es ist offenkundig: Das Ergebnis war ein Scherbenhaufen. Mit ihm war zwischen Griechenland und den anderen Mitgliedern in der EuroGruppe die wichtigste Währung des Miteinanders, auch des Miteinanders von Staaten, verloren gegangen: Verlässlichkeit und in der Konsequenz Vertrauen. Jetzt stellte sich nur noch die Frage: Ist das irreparabel? Wichtiger noch: Was können wir tun? Drei Möglichkeiten standen zur Wahl: Erstens. Wir biegen unsere Verträge und Regeln so weit, bis sie nichts mehr wert sind. Das wäre der Fall gewesen, wenn wir den Weg, den wir seit 2010 beharrlich verfolgen, einfach freigemacht hätten, wenn wir ihn verlassen hätten ({4}) und an seine Stelle die Schulden- und Transferunion setzen würden - völlig egal, ob die europäischen Verträge einen Schuldenschnitt, einen Haircut, verbieten oder nicht, völlig egal auch, was uns die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufträgt. Ein solches Vorgehen wäre das Ende der Rechtsgemeinschaft Europa, und es ist deshalb mit uns nicht zu machen. ({5}) Zweitens. Wir geben auf und unternehmen nicht noch einen letzten Versuch, die Differenzen mit Griechenland zu überwinden, sondern wir sehen zu, bis das Land gleichsam ausblutet, die Menschen nicht mehr an ihr Geld kommen. Chaos und Gewalt könnten die Folgen sein. Ein solches Vorgehen wäre das Ende der Verantwortungsgemeinschaft Europa. Es ist mit uns nicht zu machen. Es ist im Übrigen von der gesamten Bundesregierung genau so gesehen worden: Das ist mit uns nicht zu machen, meine Damen und Herren. ({6}) Dieser Weg ist im Übrigen klar zu unterscheiden von dem Weg einer sogenannten Auszeit, die man überhaupt nicht gegen Griechenland entscheiden kann, sondern nur mit Griechenland und im Übrigen allen 18 anderen Mitgliedern. Beides war nicht der Fall: Weder waren alle 18 anderen dazu bereit, noch war Griechenland dazu bereit. Deshalb war dieser Weg nicht gangbar. ({7}) Drittens. Wir unternehmen einen letzten Versuch, in harten, zähen Beratungen herauszufinden, ob nicht doch noch gemeinsam in der Euro-Gruppe mit allen 19 Mitgliedern - trotz aller Rückschläge der letzten sechs Monate und trotz aller mehr als berechtigten Skepsis - die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, dem inzwischen gestellten Antrag des Landes für ein Hilfsprogramm unter dem Dach des ESM zu entsprechen, und zwar nicht um jeden Preis, sondern auf der Grundlage und im Rahmen der europäischen Verträge wie auch des damit untrennbar verbundenen Konzepts von nationaler Eigenverantwortung und europäischer Solidarität. Für diesen Weg hat sich die Bundesregierung entschieden. Es war das Bemühen, das uns angetrieben hat, gemeinsam mit Griechenland einen Weg aus der Sackgasse zu finden. Meine Damen und Herren, es kann überhaupt kein Zweifel bestehen: Das Ergebnis von Montagfrüh ist hart. Zunächst einmal ist es hart für die Menschen in Griechenland. ({8}) So richtig es ist, dass die neue griechische Regierung bis zu ihrer Wahl vor sechs Monaten keine Verantwortung für die Misere ihres Landes trägt, so richtig ist aber auch, dass es jeder Beschreibung spottet, was seither kaputtgemacht wurde. ({9}) Konnte Griechenland nach übereinstimmender Prognose aller noch im vergangenen Herbst deutliches Wachstum für dieses Jahr erwarten, so ist es jetzt das Gegenteil, was wir lesen und was wohl auch eintreten wird. Hatte sich nicht nur in Spanien, Portugal und Irland durch harte Reformprogramme die Lage entscheidend verbessert, sondern in ersten hoffnungsvollen Ansätzen auch in Griechenland ({10}) - im Übrigen ein Beleg gegen die immer wiederkehrende Behauptung, es sei sowieso sinnlos gewesen, auch in Griechenland auf den Erfolg unserer Hilfsprogramme zu setzen -, so liegt dort jetzt leider wirklich vieles sehr danieder. ({11}) Das Ergebnis von Montag früh ist aber auch hart für die anderen 18 Mitglieder der Euro-Zone. 86 Milliarden Euro - das ist die Summe, die derzeit im Raum steht, zusätzlich zu den schon gegebenen Krediten -, das ist eine nie gekannte europäische Solidarität; davon bin ich zutiefst überzeugt. ({12}) Ihr stehen aber auch nie gekannte Rahmenbedingungen, nie gekannte Eigenleistungen, die an ein Programmland gestellt werden, gegenüber: strukturelle Reformen in sehr vielen Bereichen - bei der Rente, im Steuersystem, bei den Produktmärkten, bei der Verwaltung; die feste Aussage aller Teilnehmer der Euro-Zone, dass es einen Haircut im System des Euro nicht geben kann; die Einrichtung eines Privatisierungsfonds, der zu großen Teilen auch zur Rückzahlung von Schulden verwendet werden soll; und - auch das ist in dieser Form einmalig, aber nach den Erfahrungen der vergangenen sechs Monate unverzichtbar - sehr strenge Überprüfungsvereinbarungen. Denn wir wissen: Zusagen sind das eine, Taten das andere; deshalb sind Überprüfungen und Kontrollen nötig. Es reichen bloße Absichtserklärungen nicht. Darauf werden wir auch bei der Ausgestaltung der Verhandlungen achten. ({13}) Griechenland musste Vorleistungen erbringen, bevor wir heute über die Aufnahme von Verhandlungen über ein ESM-Programm beraten und entscheiden können, und Griechenland hat diese Vorleistungen erbracht. Das griechische Parlament hat vorgestern - im Übrigen mit beeindruckender Mehrheit - vier Reformgesetze verabschiedet: zum Mehrwertsteuersystem, zum Rentensystem, zur Statistikbehörde, zur Umsetzung des Fiskalvertrages. Außerdem hat das griechische Parlament die Gesamteinigung vom letzten Wochenende angenommen; dies haben die drei Institutionen und die EuroGruppe bestätigt. Griechenland musste seine Bereitschaft erklären, wieder eng mit den drei Institutionen zusammenzuarbeiten, und Griechenland hat auch seine Bereitschaft erklärt, nach Auslaufen des IWF-Programms im Frühjahr 2016 den IWF wieder im Programm dabeizuhaben, sowohl bei der Überwachung als auch bei der finanziellen Beteiligung. Meine Damen und Herren, damit komme ich zu meiner Bewertung und Schlussfolgerung. Erst einmal möchte ich dem, der Stunden und Aberstunden, Tage und Nächte in der Euro-Gruppe verhandelt hat, Wolfgang Schäuble, ein herzliches Dankeschön sagen. ({14}) In der Sache lautet die Frage: Kann ich auf der Grundlage all dessen, was ich Ihnen vorgetragen habe, den Deutschen Bundestag darum bitten, der Bundesregierung ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über ein ESM-Programm für Griechenland zu geben, sehe ich die Voraussetzungen dafür, überwiegen also die Vorteile des Ergebnisses vom Montag die Nachteile? Meine Antwort lautet aus voller Überzeugung: Ja. Erstens. Das Prinzip „Leistung und Gegenleistung Eigenverantwortung und Solidarität“, das uns seit Beginn der europäischen Staatsschuldenkrise leitet, kennzeichnet das gesamte Ergebnis vom Montag. Zweitens. Die Alternative zu dieser Einigung wäre nicht eine geordnete, weil von Griechenland gewollte und mit allen gemeinsam gestaltete Auszeit aus dem Euro, sondern vorhersehbares Chaos. Damit überwiegen nicht nur im Inhalt der Einigung selbst, sondern auch im Vergleich zu einer möglichen Nichteinigung die Vorteile ganz eindeutig die Nachteile. Ich weiß, dass viele Zweifel und Sorgen haben, ob dieser Weg erfolgreich sein wird, ob Griechenland die Kraft haben wird, diesen Weg dauerhaft zu gehen, und diese Sorgen kann auch niemand beiseitewischen. Eines aber ist meine feste Überzeugung: Wir würden grob fahrlässig, ja unverantwortlich handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden, ({15}) wenn die Euro-Gruppe Griechenland und dem griechischen Volk die Chance, mit vereinten Kräften aus der Krise zu kommen, nicht noch einmal geben würde. Die Fähigkeit dazu hat Europa. Europa ist stark und robust, Deutschland ist stark und robust. Aber wir sollten auch immer wieder daran denken: Auf Dauer geht es auch Deutschland nur gut, wenn es Europa gut geht, und zwar allen in Europa. ({16}) Dazu gehört immer auch die enge deutsch-französische Zusammenarbeit. Es geht dabei nicht darum, in allen Fragen einer Meinung zu sein. Im Gegenteil: Deutschland und Frankreich haben, und das nicht erst in diesen Tagen, häufig sehr unterschiedliche Meinungen. Es geht vielmehr darum, ob es möglich ist, diese Meinungen, resultierend aus unterschiedlichen Perspektiven, zusammenzuführen. Eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich, gerade weil die Perspektiven unterschiedlich sind, zeichnet dann oft den Weg vor, den alle anderen in Europa mitgehen können. Genauso ist es auch hier gelungen. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, in Griechenland nahm die europäische Staatsschuldenkrise vor über fünf Jahren ihren Anfang, in Griechenland findet sie jetzt einen neuen Höhepunkt oder Tiefpunkt, ganz wie Sie es formulieren wollen. Doch unverändert gilt das Ziel der Bundesregierung: Europa soll stärker aus dieser Krise hervorgehen, als es in sie hineingekommen ist, ({17}) damit wir gemeinsam - das ist der eigentliche Grund unsere Werte und Interessen im überaus harten globalen Wettbewerb auch in Zukunft behaupten können, und zwar als das, was wir sind: eine Schicksalsgemeinschaft, die sich als Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft auszeichnet. Wenn wir an all die Herausforderungen denken, die vor uns liegen, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, die Flüchtlinge, die Bedrohung durch die terroristischen Organisationen, allen voran IS, dann kann ich nur sagen: Wir haben hier nicht nur über Griechenland entschieden, sondern dies ist eine Entscheidung für ein starkes Europa und eine starke EuroZone. Hier steht sehr viel mehr auf dem Spiel. Deshalb sollten wir alles versuchen, damit mit der Aufnahme der Verhandlungen auch ein erfolgreicher Abschluss verbunden ist. ({18}) Wir tun dies für die Menschen in Griechenland, aber wir tun dies genauso für die Menschen in Deutschland. Herzlichen Dank. ({19})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun der Kollege Gregor Gysi für die Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000756, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben recht: Heute geht es nicht nur um Griechenland, es geht auch um Europa und auch um Deutschland. Herr Schäuble, es tut mir leid, aber Sie sind dabei, die europäische Idee zu zerstören, ({0}) und Sie, Frau Merkel, und Sie, Herr Gabriel, ordnen sich dem nur unter. Sie begehen meines Erachtens alle drei den schwersten Fehler in Ihrer politischen Laufbahn. ({1}) In den letzten Wochen waren nicht Sie, Frau Merkel, die Bundeskanzlerin; unser Bundeskanzler hieß, wenn auch nicht gewählt, Wolfgang Schäuble. Sie, Frau Bundeskanzlerin, galten immer als starke Frau. Aber ich sage Ihnen: Ihr Verhalten gegenüber Herrn Schäuble zeigte Sie schwach, deutlich zu schwach. Von Herrn Gabriel und der SPD war nun gar nichts zu hören, kein einziger eigener Gedanke, kein einziger Widerspruch zu Schäuble. ({2}) Und dann konnte sich Herr Schäuble auch noch auf die SPD und Herrn Gabriel bei der Erpressung Griechenlands mit dem Grexit verlassen. Das ist ein Skandal, sage ich Ihnen. ({3}) 1998 haben wir im Bundestag über die Einführung des Euro diskutiert. Wir hatten damals ein Schild aufgestellt, auf dem stand: „Euro, so nicht!“. Darauf stand nicht: „Euro, nein!“, sondern: „Euro, so nicht!“. Wir sagten: Der Euro kann am Ende eines Angleichungsprozesses in der Bildung, in der Kunst, in der Wissenschaft, in der Wirtschaft und nach verabredeten Standards bei Steuern, Löhnen, Renten und Sozialleistungen stehen. Wenn man aber diese Arbeit nicht leistet und die europäische Integration ausschließlich über eine Währung versucht, wird es extreme negative Konsequenzen haben. - Sie verhöhnten mich und erklärten, dass Sie alles im Griff hätten. In meiner Rede sagte ich Ihnen: Wir werden ein Europa der Banken erleben. - Und was haben wir bekommen? Ein Europa der Banken. Die Europäische Zentralbank ist der größte Machtfaktor in Europa geworden. ({4}) Ich prognostizierte wachsenden Rechtsextremismus und Rassismus, auch wegen der wachsenden Angst vor Armut. - Genau so ist es gekommen: im Süden Europas, in Frankreich, in Deutschland. Wir sagten, dass Lohn- und Sozialdumping die Folge sind, weil bei einer gemeinsamen Währung immer die niedrigsten Standards gelten. Deutschland hat damit begonnen, und zwar mit der Agenda 2010 und mit einem Irrsinn an prekärer Beschäftigung. ({5}) Dadurch ist der deutsche Export gestiegen, und das musste der Süden bezahlen. Diese Wahrheit verschweigen Sie. ({6}) Der Euro hat also mehr gespalten als vereint. Wir waren diejenigen, die das damals prognostizierten. Vielleicht sollten Sie uns gelegentlich doch zuhören. ({7}) Aber warum sind wir heute dafür, den Euro zu retten? Diesen Widerspruch muss ich ja erklären. Wenn der Euro jetzt zerfiele, hätten wir nicht die Situation wie vor der Einführung des Euro. Vielmehr wären die anderen Währungen nichts wert bzw. gingen alle tief in den Keller. Die anderen Regierungen würden sich verweigern, mit uns feste Wechselkurse zu vereinbaren. Und die Deutsche Mark bekäme einen sehr hohen Wert. Das Ergebnis wäre, dass unsere Produkte einfach zu teuer wären. Unsere Exporte in Europa brächen ein. ({8}) Bei einem Vizeweltmeister im Export ginge das gar nicht, weil Sie es in den letzten Jahren immer wieder versäumt haben, die Binnenwirtschaft zu stärken. Das ginge nur über höhere Löhne, höhere Gehälter, höhere Renten und höhere Sozialleistungen; denn nur so kann die Kaufkraft gestärkt werden. ({9}) Ich sage Ihnen: Deshalb braucht Deutschland den Euro dringender als Griechenland. - Und das verschweigen Sie, Herr Schäuble, obwohl Sie es sehr genau wissen. Jetzt will ich Ihnen sagen, warum Ihre Politik unsozial, undemokratisch und antieuropäisch ist. Ich fange mit „unsozial“ an. ({10}) Warum ist sie unsozial? Weil Sie nach den dramatischen Kürzungen bei Löhnen und Renten in Griechenland um 30 bis 40 Prozent weitere Kürzungen der Renten verlangen, außerdem noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zulasten aller Verbraucherinnen und Verbraucher fordern, aber eine Besteuerung der Vermögenden im Wesentlichen strikt ablehnen. Das kann nicht gutgehen. 60 Prozent der Jugendlichen in Griechenland sind schon arbeitslos. Warum ist Ihre Politik undemokratisch? Weil Sie das Ergebnis des Volksentscheids in Griechenland vollständig negieren. Der griechischen Bevölkerung sagen Sie, sie könne entscheiden, was sie will, Herr Schäuble entscheide anschließend, dass es woanders langgeht. Das ist die Lehre, die sie ziehen sollen. ({11}) Und worüber müssen wir und andere Parlamente abstimmen? Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Die griechische Regierung braucht die Erlaubnis der EU-Kommission, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank schon allein für die öffentliche Diskussion eines Gesetzentwurfes; denn nur nach Vorliegen dieser Erlaubnis darf sie diskutieren. Dann braucht sie noch einmal eine Erlaubnis, um diesen Gesetzentwurf ins Parlament einzubringen und über ihn abstimmen zu lassen. Das ist die faktische Abschaffung der parlamentarischen Demokratie, die Sie dort organisiert haben. ({12}) Und der Gipfel der Demütigung: Herr Schäuble, Sie wollten Griechenland zum neuen früheren Ostdeutschland machen. Sie haben nämlich gesagt, Sie wollten die Enteignung des griechischen Staatseigentums und Vermögens über eine Treuhandanstalt mit Sitz in Luxemburg. Nur, lieber Herr Schäuble: Griechenland wird im Unterschied zu Ostdeutschland nicht ein Teil Deutschlands. Außerdem erzielte die Treuhand in der DDR keine Erlöse und machte auch die Industrien, die etwas taugten, platt. Wir verdanken es den Regierungen Griechenlands, Frankreichs, Italiens und Österreichs, dass wenigstens das verhindert wurde. ({13}) Nun komme ich zu der Frage, warum die Politik antieuropäisch ist. Immer mehr Menschen in Europa verbinden Europa selbst mit Begriffen wie Zwang, Nötigung, Erpressung, „Geld geht über alles“, „uneingeschränkte Macht der Banken“. ({14}) Die entscheidende Macht liegt bei drei demokratisch nicht legitimierten Einrichtungen - der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission - und einer Regierung, nämlich der Bundesregierung. Wenn Sie sagen, das liege daran, dass wir das den Leuten erzählen, dann überschätzen Sie in gewisser Hinsicht unseren Einfluss in Europa. ({15}) Aber davon abgesehen: Was glauben Sie, was die Menschen, die das erleben, von Europa halten? Deshalb, sage ich, wird die Idee kaputtgemacht. Herr Schäuble, Sie geben sich nationalistisch und behaupten, im Interesse Deutschlands zu handeln. Ich sagen Ihnen: Sie schaden unserem Land, und zwar nachhaltig. ({16}) Die anderen europäischen Regierungen und alle wichtigen europäischen Medien diskutieren gar nicht über Griechenland; sie diskutieren über Deutschland. Der italienische Ministerpräsident Renzi sagte Ihnen, Herr Schäuble: Genug ist genug. - Der französische Präsident zog die Notbremse. Zwei Pressebeispiele: Der britische Telegraph erinnerte daran, dass auch Großbritannien in zwei Weltkriegen gegen Deutschland gekämpft habe, um eine Dominanz Deutschlands über Europa zu verhindern, und schreibt: Jetzt hat Deutschland das ohne einen Schuss erreicht. ({17}) - Ich habe nur den Telegraph zitiert. - Die italienische Zeitung La Stampa schrieb, Griechenland habe die Zivilisation, Deutschland die Barbarei geboren, man hätte jetzt die Wahl. Wissen Sie, ich finde das tragisch. Denn wir hatten international schon einen guten Ruf, Herr Schäuble, und Sie haben begonnen, ihn zu zerstören. Wo unsere Bürgerinnen und Bürger auch hinreisen werden: Sie werden es spüren. Das ist sehr schade. Denn unsere Bevölkerung muss für das bezahlen, was Sie gerade an Rufschädigung angerichtet haben. ({18}) Stützen Sie sich bitte nicht auf die baltischen Regierungen und die Regierungen Spaniens und Portugals, die alles gemacht haben, was Sie wollten. Wenn sie jetzt nämlich bei Griechenland einen anderen Kurs gefahren hätten, hätten sie damit eingeräumt, dass sie Schwächlinge sind. Nur deshalb unterstützen sie jetzt Ihren Kurs. Ich will noch etwas zu den Schulden sagen. Ich habe mich nämlich einmal damit beschäftigt. ({19}) - Ja, warten Sie doch! Ich weiß nicht, ob Sie dann noch so lachen. - Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Deutschland verpflichtet, 132 Milliarden Goldmark an Reparationen zu bezahlen. Umgerechnet sind das 700 Milliarden Euro. Interessant ist doch: Im Jahr 1953 fand die Schuldenkonferenz in London statt, und dann gab es einen Schuldenschnitt. Uns wurden 50 Prozent der Reparationen erlassen. Dann gab es eine Stundung hinsichtlich der Zinszahlungen, nämlich bis zur Herstellung der deutschen Einheit. Ab 1990 mussten wir wieder bezahlen. Die letzte Rate haben wir im Oktober 2010 gezahlt. ({20}) Ich treffe drei Feststellungen: Erstens. Wir haben 92 Jahre zurückgezahlt. Zweitens. Wir haben einen Schuldenschnitt von 50 Prozent erlebt. Drittens. Wir hatten eine Stundung von 37 Jahren. Darüber sollten wir vielleicht einmal nachdenken, statt so zu tun, als ob wir in unserer Geschichte alles gemeistert hätten. ({21}) Wir hatten im Februar einer Verschiebung zugestimmt, aber niemals dem Paket selbst. Die Verschiebung war wichtig, damit die griechische Regierung Luft holen konnte und Zeit für Verhandlungen bekam. Heute geht es aber nicht nur um den Auftrag, neue Verhandlungen um ein Hilfspaket zu führen - dagegen haben wir nichts; dem würden wir zustimmen -, sondern auch darum, dass die Bedingungen dafür unerträglich sind. Das ist das Problem. ({22}) Ich sagte hier schon im Februar, dass wir in dem Fall zustimmten, wenn es um Investitionen und den Aufbau Griechenlands ginge, aber ablehnten, wenn es um Sozialabbau und weitere Zerstörung ginge. Sie haben sich nun für den zweiten Teil entschieden. Hätte ich als Abgeordneter am Mittwoch im griechischen Parlament gesessen, hätte ich trotz schwerster Bedenken mit Ja gestimmt ({23}) - ja, warten Sie ab! -, um eine Verelendung der griechischen Bevölkerung zu verhindern. Wir bleiben mit den Griechinnen und Griechen und der griechischen Regierung solidarisch. ({24}) Aber zu Ihrer Politik können wir nur Nein sagen. Wir sind nicht bei den Erpressten, sondern bei den Erpressern. Das ist der Unterschied. ({25}) Zum Schluss: Viele Leserinnen und Leser einer sehr bebilderten Zeitung glauben, dass Deutschland genug für Griechenland bezahlt habe. Das ist ja auch in der Union der Fall. Ich wurde schon gefragt, wie viele Milliarden wir eigentlich bezahlt hätten. Da geht man von einer völlig falschen Vorstellung aus. Deutschland hat während der Krise nicht einen einzigen Euro an Griechenland gezahlt. Ich möchte, Herr Schäuble, dass Sie das wiederholt betonen in Interviews, im Fernsehen, im Radio und in den Zeitungen. ({26}) Das gesamte Geld, das bislang nach Griechenland geflossen ist, kommt vom Internationalen Währungsfonds oder von der Europäischen Zentralbank; Letztere druckt ihr Geld selbst. Deutschland muss erst bezahlen, wenn Griechenland pleiteginge, weil Sie, diese Bundesregierung, gegen unseren Willen unterschrieben haben, für 27 Prozent der Schulden zu haften. Dann arbeiten Sie auch noch daran, dass Griechenland pleitegeht. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, was Sie dort betreiben. ({27}) Herr Schäuble, Sie wollten die griechische Regierung stürzen. Es ist Ihnen nicht gelungen. Gewisse Mittel für Investitionen wird die griechische Regierung wahrscheinlich organisieren können. Vielleicht schafft die griechische Regierung nach einigen Jahren wieder mehr Wohlstand, wird mit der Bevölkerung unerwartet zum Gewinner dieses Prozesses. Das ist nicht ausgeschlossen. Sie, Herr Schäuble, haben in vielen Völkern den Widerstand gegen die Zerstörung der europäischen Idee und die dominante Rolle Deutschlands geweckt. Vielleicht gelingt auch hier das Gegenteil von dem, was gerade angerichtet wird. Sie von der Unionsfraktion sehen sich als Sieger. Sie von der SPD wollen irgendwie mitsiegen. Aber ich sage Ihnen: Wer nicht aufhören kann, zu siegen, wird später umso deutlicher und klarer verlieren. ({28}) Ich hoffe, dass die Niederlage nicht so groß wird, dass es ein europäisches Deutschland nicht mehr geben kann; denn dieses brauchen wir dringend. ({29})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Sigmar Gabriel ist der nächste Redner für die SPDFraktion. ({0})

Sigmar Gabriel (Minister:in)

Politiker ID: 11003755

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Gregor Gysi, wenn es doch bloß so einfach wäre! ({0}) Wenn es doch so schön klar wäre, was gut und böse, was richtig und falsch ist, und wenn man so schön die Wahrheit wegdiskutieren könnte, wie Sie das gemacht haben: Die EZB druckt das Geld; das Geld kommt nur von der EZB. - Dass die Deutschen und alle anderen Europäer dafür haften, könnte man als Erstes einmal dazusagen, finde ich. ({1}) Zweitens. Dass da kein Geld geflossen ist, sondern dass da Bürgschaften und Kredite gegeben worden sind, ist klar. Deswegen geht es aber darum, alles dafür zu tun, dass niemals Geld fließen muss, sondern dass das zurückgezahlt werden kann. ({2}) Das ist das Normalste der Welt, wenn man Kredite vergibt. Drittens. Wenn Sie öffentlich erklären, dass alles so schlimm sei, insbesondere die Tatsache, dass über den Grexit diskutiert wird: Haben Sie das eigentlich einmal mit Herrn Lafontaine besprochen? ({3}) Er hat doch in der Öffentlichkeit dafür plädiert, dass Griechenland aus dem Euro austritt. Ich finde, mit Ihrem ideologischen Vordenker sollten Sie auch einmal ein Gespräch führen, Herr Gysi. ({4}) Meine Damen und Herren, wir sind heute zusammengekommen, um über ein Verhandlungsmandat zu einem dritten Hilfsprogramm für Griechenland zu entscheiden. Für die Sozialdemokratische Partei kann ich sagen: Wir sagen Ja zur Aufnahme der Verhandlungen über dieses dritte Hilfspaket. Denn Europa hat - da hat die Bundeskanzlerin völlig recht - am letzten Wochenende eine Bewährungsprobe bestanden. Es ging am letzten Wochenende nicht nur um Griechenland, sondern auch darum, ob die Euro-Zone und damit ganz Europa sich spaltet, in Nord und Ost einerseits und Süd und West andererseits, sowie um unterschiedliche Auffassungen über den Umgang in Europa und in der Euro-Zone. Diese Spaltung hätte Europa in eine viel tiefere Krise geführt als nur in eine Finanzkrise. Das wäre womöglich der erste Schritt hin zur Zerstörung all dessen gewesen, was unsere Eltern und Großeltern nach zwei bitteren Weltkriegen in Europa aufgebaut haben. Deshalb sind wir Sozialdemokraten allen dankbar, die am letzten Wochenende mitgeholfen haben, dass Europa diese Bewährungsprobe besteht. ({5}) Und es ist gut, dass dabei Deutschland und Frankreich gemeinsam und entschlossen die Führung übernommen haben. Ja, es gäbe diese Einigung nicht ohne Deutschland und Frankreich. Glauben Sie mir, ich weiß sehr genau, was da verabredet worden ist. ({6}) - Nein, das ist nicht so. Es ist übrigens auch gut für Deutschland, dass Frankreich dabei wieder eine europäische Führungsrolle eingenommen hat. Denn der Eindruck - ob berechtigt oder nicht -, dass allein Deutschland Europa führt, tut nicht nur Europa, sondern auch uns Deutschen nicht gut. ({7}) Für uns Sozialdemokraten war das von Anfang an die zentrale Bedingung für unsere Zustimmung zu jedwedem Verhandlungsergebnis: Deutschland und Frankreich müssen ihrer besonderen Verantwortung für Europa gerecht werden, zusammenstehen und trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen gemeinsam Europa zusammenhalten. Dafür, dass das gelungen ist, danken wir aufrichtig der deutschen Kanzlerin und dem französischen Präsidenten. ({8}) Klar ist aber auch: Sosehr wir diese europäische Bewährungsprobe bestanden haben, so wenig sind damit allerdings alle über den Berg. Denn das Verhandlungsmandat ist für alle Seiten eine große Herausforderung, die durch die konkrete Umsetzung erst noch bestanden werden muss. Die größte Herausforderung stellt es für Griechenland und die Menschen dort dar. Denn das Land steckt nicht nur in einer tiefen Krise, sondern es muss sich dramatisch verändern, um aus dieser Krise herauszukommen. Die Bedingungen für das dritte Hilfspaket sind hart; das sollten wir nicht verschweigen. Sie wären übrigens weitaus leichter gewesen, wenn die griechische Regierung vor wenigen Wochen nicht aus den Verhandlungen ausgestiegen wäre. ({9}) Trotzdem haben sich der griechische Ministerpräsident und das griechische Parlament entschieden, mitzuziehen. Sie haben sich entschlossen, die für das Land ebenso notwendigen wie schwierigen Reformen anzupacken. Was immer man von der Politik der letzten Monate halten mag: Griechenland kämpft um seine Selbstbehauptung, es kämpft darum, in Europa geachtet zu werden, und es kämpft darum, endlich aus dem Status eines Almosenempfängers herauszukommen und selbst sein Schicksal zu bestimmen - als ein vollwertiges Mitglied des Euro-Raums. ({10}) Dieser Kampf um seine Selbstbehauptung und wohl auch um seine Selbstachtung hat, finde ich, durchaus auch etwas Großartiges an sich. ({11}) Wir alle sollten dafür Respekt empfinden und jetzt nicht mehr zurückblicken, sondern sagen: Die griechische Regierung hat sich jetzt klar für Hilfe zur Selbstbehauptung entschieden, statt dauerhaft Almosenempfänger zu werden. Dafür hat sie jetzt jede denkbare Hilfe und Unterstützung verdient. Wir sind Partner in der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses und nicht Gegner, meine Damen und Herren! ({12}) Für uns in Deutschland heißt das: Jede Debatte um einen Grexit muss der Vergangenheit angehören; ({13}) es darf kein Jammern und Klagen mehr geben über die Vergangenheit, keine Schuldzuweisungen, keine Vorwürfe und auch kein wiederkehrendes Spiel mit dem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. ({14}) Am letzten Wochenende hat ein Neustart stattgefunden. Jetzt geht es nur noch um eines: Was wir gemeinsam mit Griechenland verabredet haben, das müssen wir jetzt zum Erfolg führen. Der Verbleib Griechenlands im Euro wird noch viel Kraft, Konzentration und Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten fordern. Aber dieses Paket enthält endlich auch Maßnahmen, die nicht nur darin bestehen, dem Land Sparauflagen zu diktieren. Seien wir ehrlich: Griechenland ist nicht durch eine Austeritätspolitik oder die Troika in seine katastrophale Finanzlage gekommen, wie manche behaupten; ({15}) die Schulden in Griechenland waren nämlich vor den Hilfsprogrammen genauso hoch wie heute ({16}) vorher, bevor es Austerität in Griechenland gegeben hat. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Austeritätspolitik der letzten Jahre, der permanente Sparzwang, hat die Schulden nicht verringert; vielmehr ist - im Gegenteil die Schuldentragfähigkeit des Landes dadurch immer schlechter geworden, weil es fast völlig an Initiativen für Wachstum und Beschäftigung gefehlt hat. Außerdem hat die zum Teil ernüchternde Rettungspolitik in Griechenland zur Selbstblockade und zur demokratischen Blockade geführt, wobei die Ursachen für die Blockaden übrigens auf ein völlig unzureichendes politisch-administratives System zurückzuführen sind. Aus einer wirtschaftlichen ist so eine politische Verunsicherung geworden, die bis in den Kern Europas reicht. Wir müssen uns ehrlich machen: Der Bundestag hat zwei Rettungsprogramme für Griechenland beschlossen, die beide nicht zum Erfolg geführt haben. ({17}) Wir haben unterschätzt, wie groß die institutionellen Probleme Athens waren und wie hartnäckig ein blockiertes politisches System die wirtschaftliche Gesundung erschwert. Dabei hat der IWF bereits 2013 eine Analyse zu Griechenland veröffentlicht, die bemerkenswert ist. Die Experten haben darin zugegeben, die Tiefe und Dauer der Rezession sowie die Höhe der Arbeitslosigkeit unterschätzt zu haben. Daraus hat sich eine Abwärtsspirale ergeben: tiefe Rezession, hohe Verschuldung. Der IWF hat übrigens auch geschrieben, dass die Lasten der Anpassung besser auf alle sozialen Schichten verteilt werden müssen. Folgt man diesen Punkten, dann braucht Griechenland, dann braucht auch Europa eine investitions- und wachstumsfreundliche Politik, die ebenso viel Wert auf soziale Fairness legt. ({18}) Nur so - so der IWF - können wir erfolgreich sein. Wir teilen diese Überzeugung. Gerade deshalb ist es doch richtig, dass sich in Europa seit der Wahl von JeanClaude Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten endlich etwas an dieser Politik ändert. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sind Wachstumsinitiativen in Europa entwickelt worden; denn auch in Portugal und in Spanien ist die Arbeitslosigkeit noch viel zu hoch. Nur: Sparen alleine hilft nichts. Das wissen übrigens nicht nur Unternehmen; das wissen auch wir. Denn wir wären ja auch nicht durch die Finanzkrise gekommen, wenn wir nicht gleichzeitig investiert hätten, Konjunkturprogramme entwickelt hätten und vieles andere mehr. ({19}) Aber Vorsicht! Es gibt einen großen Unterschied: nicht nur, weil wir vorher in Deutschland bereits Sozialreformen auf den Weg gebracht haben, sondern vor allen Dingen deshalb, weil wir ein Land sind, das Strukturen besitzt, in denen Wachstums- und Konjunkturprogramme auch tatsächlich funktionieren können. Und genau das, meine Damen und Herren, ist in Griechenland nicht der Fall. ({20}) Zur Wahrheit - das richtet sich insbesondere an all diejenigen, die sagen, wir brauchen mehr Wachstum und Investitionen in Wachstum - gehört eben auch: Das Land ist für Investitionsprogramme heute nicht ausreichend aufnahmefähig. Das weitgehende Fehlen von funktionierenden staatlichen Strukturen, das Vorherrschen von Korruption, Steuerhinterziehung und Klientelismus zerstört ja nicht nur die finanzielle Handlungsfä11360 higkeit eines Staates, sondern macht ihn auch völlig unfähig, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und soziale Sicherungssysteme aufzubauen. Das ist die Misere in Griechenland, meine sehr geehrten Damen und Herren! ({21}) Es hilft deshalb nicht, Griechenland nur Geld zur Verfügung zu stellen oder nur Schulden zu streichen. Vielmehr ist der Weg zur Hilfe für Griechenland über ein Hilfsprogramm, das an klare Bedingungen geknüpft ist, der richtige Weg. Denn im Kern geht es um die Veränderung der politischen Strukturen des gesamten Landes. Das Land endlich aus den Händen seiner alten verantwortungslosen Eliten in Wirtschaft und Politik zu befreien, ist etwas, was uns übrigens mit der Mehrheit der Menschen in Griechenland verbindet - und übrigens auch mit der neuen griechischen Regierung. ({22}) Europa und auch Deutschland müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dem alten System viel zu lange tatenlos zugeschaut zu haben. ({23}) Dieses Wegschauen rächt sich bitter - für die Menschen in Griechenland ebenso wie für den Rest der Euro-Zone. Das ist, wie ich finde, überhaupt eine Lehre aus der Krise: dass wir nicht so lange wegschauen dürfen, auch nicht, wenn die Verantwortlichen den politischen Familien deutscher Parteien angehören. ({24}) Das gilt für Finanzfragen, aber - ich wiederhole, was ich beim letzten Mal gesagt habe - das gilt auch für die demokratischen Werte Europas. Denken wir nur einmal an die Verletzung dieser Werte in Ungarn, an die Diskriminierung von Sinti und Roma oder an das Totalversagen der europäischen Flüchtlingspolitik. Wegschauen dürfen wir nicht, meine Damen und Herren! ({25}) Jetzt muss deshalb der Aufbau eines handlungsfähigen Staates in Griechenland im Mittelpunkt stehen. Dafür bedarf es noch mehr Hilfe, als im Verhandlungsergebnis des letzten Wochenendes festgeschrieben ist. Wir Sozialdemokraten wollen deswegen, dass bei den jetzt beginnenden Verhandlungen noch weitere Maßnahmen in das Verhandlungspaket aufgenommen werden. Es ist Wolfgang Schäuble gewesen, der vorgeschlagen hat, 2 000 griechischen Beamten der Europäischen Kommission anzubieten, bei Weiterfinanzierung durch die Europäische Kommission, nach Griechenland zu gehen und dort beim Aufbau des Staates zu helfen. Dass die Europäische Kommission das vom Tisch wischt, ist nicht in Ordnung. Da sitzen Potenziale, die wir in Griechenland dringend brauchen, meine Damen und Herren. ({26}) Uns fehlt im verhandelten Programm auch die gemeinsame Verpflichtung aller Euro-Staaten, auf Antrag der griechischen Regierung die Vermögenswerte griechischer Steuerflüchtlinge einzufrieren, die in den letzten Monaten und Jahren aus dem Land abgezogen worden sind. ({27}) Die haben doch in Berlin, London, Paris und Amsterdam Häuser gekauft, und wir in Europa und in Deutschland dürfen nicht der Rückzugsraum für asoziale griechische Superreiche werden, die sich zu Hause ihrer Verantwortung entziehen. ({28}) Uns fehlen im Programm konkrete Aufträge zum Aufbau sozialer Sicherungssysteme; denn es kann doch nicht sein, dass in einem Land die Existenz eines Rentners in der Familie am Ende das letzte soziale Sicherungssystem ist, weil in schwierigen Lebenslagen kein anderer überhaupt eine Absicherung erfährt. ({29}) - Nein. Ich will, dass wir endlich ein soziales Sicherungssystem aufbauen. Das hat die letzte Regierung und das hat auch diese Regierung nicht in Angriff genommen. Das will ich in Europa, meine Damen und Herren. ({30}) Wir haben heute aber nicht nur die Aufgabe, ein Verhandlungsmandat zu erteilen; wir haben auch die Aufgabe, unseren Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland, klarzumachen, warum wir das wollen. Seien wir ehrlich: Es gibt eine riesige Skepsis in unserer Bevölkerung, ob wir das richtig machen. ({31}) Wir alle wissen: Es fehlt vielfach Verständnis dafür, dass wir erneut milliardenschwere Hilfspakete nach Griechenland schicken. Worauf wir uns aber bei unserer Bevölkerung, glaube ich, verlassen können, ist ihre große Mitmenschlichkeit. Deutschland ist ein starkes, aber eben auch ein mitfühlendes Land. Ich glaube und finde, dass das wichtigste Argument für unseren Weg nicht ist, dass wir Deutsche bei einem Grexit noch viel mehr Geld verlieren würden - das ist nicht das wichtigste Argument dafür, dass wir einen anderen Weg gehen -, sondern das wichtigste Argument ist, dass Europa keine Idee ist, bei der man immer nur danach entscheidet, wo man am wenigsten zahlen muss oder am leichtesten Beute machen kann. ({32}) Europa ist im Kern eine Idee vom Zusammenleben der Menschen, von Freiheit und Verantwortung und von Mitmenschlichkeit. Das wichtigste Argument für die Bereitschaft, ein drittes Hilfspaket zu schnüren, ist unsere Mitmenschlichkeit. Die Menschen in Griechenland sind unsere Nachbarn. Wir fahren nach Griechenland in Urlaub. Tausende Griechen leben bei uns in Deutschland. Wir können und dürfen die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen. ({33}) Wir wollen nicht hungernde Kinder, bettelnde Rentner und Suppenküchen in Europa. Ich bin sicher, dass die allermeisten Menschen in Deutschland das auch nicht wollen, wir deshalb auf ihre Mitmenschlichkeit bauen können und damit das beste Argument für das dritte Hilfspaket für Griechenland vor uns liegen haben, meine Damen und Herren. ({34}) Auch wenn wir jetzt wieder Kredite und Bürgschaften vergeben: In Deutschland wird dadurch kein Kindergarten weniger gebaut, keine Straße weniger saniert und keine soziale oder kulturelle Einrichtung weniger gefördert. Aber wenn Europa nicht zusammenhielte, wenn Europa auseinanderfiele, wenn wir die Ersten verstießen, wenn die Währungsunion instabil würde, dann wären allerdings auch der Wohlstand und die soziale Sicherheit in Deutschland bedroht. Bei einem hat Gregor Gysi nämlich recht: Deutschland ist nicht der Lastesel der Europäischen Union, der immer alles zu tragen hat, sondern wir sind die politischen, die kulturellen, die sozialen, aber auch die wirtschaftlichen Gewinner der europäischen Einigung. Wenn wir jetzt in Europa investieren, zahlen wir einen Teil dessen zurück, was wir seit Jahrzehnten aus Europa bekommen, meine Damen und Herren. ({35}) Manchmal übrigens hilft ein Blick von außen. Ich bin vorletzte Nacht aus China zurückgekehrt. Von dort aus gesehen ist klar, dass Europa bei allen nationalen Unterschieden vor allen Dingen eines teilt: viele gemeinsame Werte, die uns immer noch stark und anziehend machen. Diese Stärke, diese Kraft der Erneuerung und seine Attraktionen sind es übrigens, die Europa bis heute für unzählige Menschen zu einem Sehnsuchtskontinent machen. Klarer sieht man aus dem großen China aber auch: Europa wird sich im 21. Jahrhundert nur dann in der Welt behaupten können, wenn wir zusammenhalten. Sosehr wir uns gelegentlich über unsere wirtschaftlichen Erfolge in Deutschland freuen: Als 80-MillionenEinwohner-Land machen wir schon heute nur noch 1 Prozent der Weltbevölkerung aus - mit abnehmender Tendenz. Wenn ein Land von Europa profitiert, dann war und ist das unser Land. Aber vor allen Dingen müssen wir wissen: Selbst Deutschland wird in der Welt des 21. Jahrhunderts nur noch eine Stimme haben, wenn es eine europäische Stimme wird, meine Damen und Herren. ({36}) Wenn wir mit unseren Bürgerinnen und Bürgern reden und um Verständnis werben, können wir auf diese beiden Dinge bauen: auf die Mitmenschlichkeit in Deutschland und auf ein sehr ausgeprägtes europäisches Bewusstsein. Ich glaube, dass wir sogar noch denkbare Hilfsinitiativen aus unserem eigenen Land hinzufügen können. Dort, wo Städtepartnerschaften bestehen, bitten wir die Kommunen, zu überlegen, was sie an Hilfe anbieten können. Wir bitten die Wohlfahrtsverbände, mit ihren griechischen Partnern gemeinsame Projekte zu starten. Und wir rufen die deutschen Unternehmen auf, bei Ausbildung, Qualifizierung und auch bei Investitionen in Griechenland mitzuhelfen. Ich finde, wir sollten in diesem Haus auch prüfen, ob wir solche Hilfen von Städten, von Wohlfahrtsverbänden und von Unternehmen nicht auch begleiten und sogar finanziell fördern können. ({37}) Wir sind ein starkes Land. Setzen wir diese Stärke jetzt ein, nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa! Es lohnt sich für uns alle. Die Krise der letzten Jahre auf unserem Kontinent hat wesentliche Schwachstellen der europäischen Architektur aufgezeigt. Die Entwicklung in Europa droht sich nach 60 Jahren zum ersten Mal umzukehren. Europafeindliche, rechtspopulistische Parteien sitzen nicht nur in unseren Parlamenten, sondern sogar auch in den Regierungen. Wir müssen in den nächsten Monaten und Jahren viel dazu beitragen, diesen verhängnisvollen Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Griechenland ist hierbei vielleicht sogar die kleinste Aufgabe gewesen. Größer noch als die Bewährungsprobe in Griechenland ist die humane Bewältigung der Flüchtlingsströme zu uns. Da droht Europa etwas zu verlieren, was viel wichtiger ist als Geld, nämlich seine eigene humane Orientierung. Das ist von riesiger Bedeutung. ({38}) Wir werden in der Ukraine helfen müssen. Immer wieder wird es um Geld gehen. Es wird immer wieder um die Frage gehen: Wo bekommen wir das Geld her? Deswegen sage ich Ihnen: Wir müssen jetzt Ernst machen; denn es kann doch nicht sein, dass wir auf der einen Seite kein Geld für Hilfsprogramme haben, kein Geld dafür haben, Flüchtlinge aufzunehmen, kein Geld, um in Ländern wie der Ukraine, Griechenland und anderen zu investieren, und dass sich auf der anderen Seite milliardenschwere Unternehmen dem Steuerzahlen in Europa entziehen können, ({39}) dass sie ihrer Verantwortung nicht nachkommen und das Geld dem Steuerzahler nicht zur Verfügung stellen. Jeder Bäckermeister in Berlin zahlt höhere Steuersätze als Konzerne wie Google, Amazon, Starbucks und andere. ({40}) - Nicht höhere Steuern, aber höhere Steuersätze. ({41}) Die Europäische Kommission hat die Zahlen veröffentlicht: Damit gehen Europa jährlich 1,5 Billionen Euro verloren, 150 Milliarden Euro allein in unserem Land. Deswegen sage ich Ihnen: Wenn wir es ernst meinen mit der Verantwortung für Europa, dann werden wir dafür sorgen müssen, dass das ein Ende hat. ({42}) - Ich weiß gar nicht, ob Sie, außer Zwischenrufe zu machen, gelegentlich verfolgen, was Wolfgang Schäuble so versucht. Bei G 20 hat er das durchgesetzt, bei Europa versucht er das: Es geht um eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung in Europa, um die Abschaffung von Patentboxen und anderes. ({43}) Sie müssen versuchen, ein paar Ihrer Feindbilder abzubauen. Die Gegner der Finanztransaktionsteuer sitzen nicht in Deutschland, sondern in vielen anderen europäischen Ländern. ({44}) Reden Sie einmal mit den Mitgliedern Ihrer eigenen Parteifamilie darüber, anstatt andere hier im Deutschen Bundestag dafür verantwortlich zu machen. ({45}) Ich weiß nicht, ob es uns wirklich weiterhilft, im Bundestag so zu tun, als ob immer nur Deutschland alles falsch macht. ({46}) Gibt es nicht noch ein paar andere Möglichkeiten? Ihrer Reaktion - Beifall, Gelächter und höhnischen Bemerkungen - entnehme ich, dass Sie anscheinend der gleichen Meinung sind. Sie scheinen auch der Meinung zu sein, dass man Finanzmärkte besteuern muss; Sie scheinen auch der Meinung zu sein, dass man Patentboxen schließen muss. Das scheint so zu sein. Ich sage Ihnen: Es ist nicht so, wie Sie behaupten, dass wir das verhindern. Tatsache ist, dass wir diese Themen in Europa nicht gemeinschaftlich angehen. Ich finde, auch diesbezüglich müssen Deutschland und Frankreich wieder eine Führungsrolle übernehmen. Das ist das, was wir brauchen, damit wir auch dieses Problem endlich in den Griff bekommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({47})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Katrin Göring-Eckardt hat nun das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Herr Gabriel, nach Ihrer Rede muss man sich fragen: Worüber wird hier diskutiert? Ich hatte den Eindruck, Sie mussten ein Ablenkungsmanöver fahren und einmal ganz allgemein über Europa reden, statt über das, was hier auf der Tagesordnung steht. ({0}) Wenn man sich die Volten vom letzten Wochenende anschaut, muss man sagen: Meine Güte, was ist nur aus der SPD geworden? ({1}) Ein Vorsitzender ohne Kompass. Was glauben Sie eigentlich, was die Leute, die in Griechenland vor der Suppenküche stehen, von der Sie gerade geredet haben, denken, wenn Sie mit dazu beitragen, dass über eine GrexitOption diskutiert wird, wenn Sie dabei helfen, dass Griechenland derartig in die Zange genommen wird? Mit Sozialdemokratie hat das für meine Begriffe jedenfalls nichts zu tun. ({2}) Worum geht es heute hier? Es geht um ein drittes Hilfspaket, und das ist bitter nötig. Ich erinnere Sie daran, dass wir darüber diskutiert haben, als das zweite verlängert worden ist. Damals habe ich hier gehört: Ein drittes wird es niemals geben. - Jetzt reden wir darüber, und das ist gut so. Es ist notwendig, es ist wichtig. Wir reden zweitens über Europa. Wir reden nie nur über ein Land, dem geholfen werden muss. Wir reden über unser gemeinsames Europa. Bedauerlicherweise hatten wir in den letzten Tagen aber den Eindruck, dass es nicht mehr um „gemeinsam“ geht. Es geht plötzlich um ein Europa, bei dem „wir“ gegen „die“ steht, um ein Europa, in dem die Stärkeren den Schwächeren diktieren. Ich sage Ihnen: Ich will zurück zu diesem gemeinsamen Europa, in dem wir auf Augenhöhe und solidarisch miteinander reden. ({3}) Drittens geht es um Vertrauen - Sie haben viel über Vertrauen geredet, Frau Bundeskanzlerin und Herr Schäuble -, um Vertrauen, das die griechische Regierung erschüttert habe. Ich teile diese Auffassung. Das ist in der Tat so gewesen. Jetzt erleben wir aber, dass es auch weniger Vertrauen in Sie gibt. Auch wenn ich mit vielem, was Sie europapolitisch gemacht haben, nicht einverstanden war, habe ich immer gedacht: Wir haben eine gemeinsame Grundlage, die dieses gemeinsame Europa beschreibt, nämlich dass wir dieses Europa nicht aufgeben, dass wir es nicht kleinreden und dass wir es schon gar nicht verkleinern. Das Vertrauen darauf, dass Sie das wollen, haben Sie an diesem Wochenende erschüttert. ({4}) Europa ist doch stark genug, sogar den rechtsnationalen Herrn Orban in Ungarn auszuhalten; und es ist mindestens stark genug, selbstbewusst genug und hoffentlich auch fantasievoll genug, dafür zu sorgen, dass dieses Europa zusammenbleibt - mit Griechenland natürlich. ({5}) Sie tragen zur Schwächung Europas bei in einer Zeit, in der wir stark sein müssen, um uns mit den Krisen in der Ukraine und in Syrien, mit der Ausweitung des IS und dem Elend der Flüchtlinge zu befassen; Frau Bundeskanzlerin, Sie haben darauf hingewiesen. Aber dann schwächt man doch nicht Europa, sondern dann stärkt man es doch. Dann muss man eine Perspektive für Europa haben, hinter der alle stehen können. Das heißt natürlich auch, dass man das hinterfragen muss, was man in der Vergangenheit gemacht hat. Die Abstimmung im griechischen Parlament hat unterstrichen, dass Griechenland Teil dieser Währungsunion bleiben möchte und auch bereit ist, weiter einen harten Weg dafür zu gehen, einen Weg, der jeden Tag schwieriger wird. Man kann sich kaum vorstellen, was in Deutschland los wäre, wenn hier zwei Wochen die Banken dicht wären. Man kann sich kaum vorstellen, was es bedeuten würde, wenn Deutsche mit einer solchen Unsicherheit leben müssten wie die Griechinnen und Griechen heute, die sich fragen: Woher bekomme ich eigentlich meine Medikamente? Wie soll ich meine Familie versorgen? Wo finde ich Arbeit? Man möchte sich kaum vorstellen, was wäre, wenn Flüchtlinge, die bei uns ankämen, noch nicht einmal die erste Notversorgung bekommen könnten, weil das Geld nicht mehr fließt. In dieser Situation reden wir über ein drittes Hilfspaket. Es ist dringend notwendig. Es ist notwendig, dass es nicht einfach nur Druck macht, sondern dass es wirklich Hilfe bedeutet, auch für die Menschen in Griechenland. ({6}) Ich bin heilfroh, dass der deutsche Weg in der Nacht von Brüssel krachend gescheitert ist. Dass Sie am Ende dieser Woche immer noch behaupten, Sie hätten eigentlich recht gehabt, Herr Schäuble, ist eine Situation, die weiter zu weniger Vertrauen führt. ({7}) Ich bin erleichtert, dass Herr Hollande und Herr Renzi in Brüssel Verantwortung übernommen haben. Wenn man über die Führungsrolle redet, Herr Gabriel, dann muss man sich nur einmal die Statements von Frau Merkel - wir werden diskutieren, aber nicht um jeden Preis - und von Herrn Hollande anschauen. Er sagte: Wir werden alles dafür tun, damit Europa zusammenbleibt. - Das ist der Unterschied in der Haltung. Deswegen bin ich froh darüber, dass die Europäer den deutschen Weg gestoppt haben. ({8}) Ich bin davon überzeugt, dass mit der Option des Grexit, die leider auch Herr Gabriel unterstützt hat, ein historischer Fehler begangen worden ist. Bis zum Schluss ist versucht worden, einen Kompromiss mit Herrn Tsipras zu sabotieren, in einem Moment, in dem er ein Paket vorgelegt hatte, das ihm wahrlich schon heftig wehgetan hat. Die Europäische Union basiert doch auf Vertrauen, basiert doch auf Solidarität und basiert doch auch auf fairen Verfahren. Das gilt natürlich für beide Seiten. Das sage ich auch im Hinblick auf die griechische Kraftmeierei am falschen Ort und zur falschen Zeit. Aber Sie haben sich auf genau dieses Niveau eingelassen, quasi auf ein Armdrücken mit Tsipras nach dem Motto: Wer ist der Stärkere? Dafür haben Sie die jahrelange proeuropäische Orientierung Deutschlands, auf die wir eigentlich alle gemeinsam stolz waren, verlassen. Darüber bin ich nicht nur traurig, sondern auch verdammt enttäuscht. ({9}) Ja, Herr Tsipras hat seine europäischen Partner in den letzten Tagen und Wochen oft genug vor den Kopf gestoßen. Am letzten Wochenende haben Sie es dann einmal nach dem Alten Testament versucht: Auge um Auge, Zahn um Zahn. In einem Moment, an dem man über den eigenen Schatten hätte springen müssen, ist man über den langen Schatten griechischer Versäumnisse in der Vergangenheit, und zwar nicht nur in den letzten fünf Monaten, gestolpert - und das alles, um recht zu behalten. Das Paket, das jetzt vorliegt, hat verdammt viele Härten, und es hat einige Optionen, die helfen können. Sie sehen uns hier mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen. Wir sagen: Es muss anders gemacht werden. Sie sehen uns aber auch mit der Hoffnung, dass ein Paket verhandelt wird, das tatsächlich hilft. Wenn diese ganzen Anstrengungen wirksam sein sollen, dann braucht es doch jetzt eines: Stabilität und Sicherheit. Wer bitte soll in Griechenland investieren, wenn man immer noch davon ausgehen muss, dass Griechenland vielleicht doch aus dem Euro fliegt? Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass Stabilität herrscht, dass Sicherheit herrscht, dass man sich nicht nur auf Griechenland und auf Europa, sondern auch auf uns verlassen kann. Denn wir sind dieses starke Deutschland mit einer Führungsrolle. ({10}) Wenn ich mir das Paket anschaue, muss ich sagen: Bei den Härten sind auch Dinge dabei, die ich ökonomisch nicht für besonders sinnvoll halte. Wenn es automatische Ausgabenkürzungen gibt, dann geht das zulasten der Wirtschaft. Das ist eine Abwärtsspirale, die automatisch zur Schrumpfung führt. Wie soll Griechenland da wieder auf die Beine kommen? Griechenland wird durch einen weiteren Aderlass doch nicht gesunden. Die Voraussetzungen sind andere - ja, sie sind leider schlechtere - als die in Irland, Spanien und Portugal; wir alle wissen das. Deswegen hat der IWF recht: Griechenland braucht dringend eine Reduzierung der Schuldenlast. ({11}) Das hat nicht nur der IWF klargemacht, sondern auch alle Ökonomen sagen das ganz eindeutig. Griechenland braucht auch Investitionen, die langfristig sind. Vielleicht finden Sie es komisch, dass das ausgerechnet eine Grüne sagt - ich erspare es Ihnen aber nicht -: Eines hat Griechenland ganz bestimmt genug, nämlich Sonne und Wind. Ich kann nicht verstehen, dass immer noch keine Investitionen in erneuerbare Energien getätigt werden, obwohl Griechenland 60 Prozent seiner Energie importieren muss und dafür verdammt viel Geld ausgibt. Es geht um langfristige Reformen und auch um langfristige Investitionen, für die Griechenland dringend Sicherheit braucht. ({12}) Frau Merkel, spätestens seit den Erfahrungen mit der Treuhand nach der Wiedervereinigung wissen wir beide, wie es mit von außen gelenkten Privatisierungen von Staatsbesitz ist. Dass sie zu Frustrationen führen, ist das eine. Das andere ist, dass sie in Ostdeutschland im Wesentlichen schiefgegangen sind und bei weitem nicht die Einnahmen gebracht haben, die prognostiziert worden sind. Auch dem muss man ins Auge schauen, wenn man dieses Paket bewertet. ({13}) Ich sage Ihnen als Parlamentarierin ganz offen, dass es mich dauert, wie mit der parlamentarischen Demokratie umgegangen wird. ({14}) Dabei geht es nicht nur darum, dass in Griechenland innerhalb von zwei Tagen Entscheidungen getroffen werden sollten - ich möchte mal sehen, was wir in so einer Situation gemacht hätten -, ({15}) sondern auch darum, dass dafür gesorgt werden soll, dass alles immer vorab vorgelegt wird. Ich glaube nicht, dass wir als Parlament uns das gefallen lassen würden. ({16}) Dass Herr Tsipras sagt, er macht das, verlangt mir höchsten Respekt ab. Es zeigt, wie groß die Not ist und dass nichts schlimmer wäre als das Ausscheiden aus der Euro-Zone. Es zeigt auch, dass die Hoffnung, dass es diesem Land wieder etwas besser gehen kann, mit einer solch harten Auflage verbunden werden muss. ({17}) Ich will erwähnen - Herr Gysi hat das schon getan; aber auch ich will das nicht weglassen -: Auch Deutschland war einmal auf die Großzügigkeit und die unendliche Nachsicht anderer angewiesen. Ohne den Schuldenschnitt nach dem Zweiten Weltkrieg wäre es nicht gegangen. Dann wäre das Wirtschaftswunder West überhaupt nicht passiert. Ich sage Ihnen: Wir hatten das ganz bestimmt nicht verdient. ({18}) Wenn jetzt, in dieser Situation, jemand wie Herr Strobl aus Baden-Württemberg vor der Kamera erklärt: „Der Grieche hat genug genervt“, ruft das Geister hervor, die Sie nicht wieder einfangen können, Herr Strobl. Das ist weit unter dem Niveau von Herrn Varoufakis. ({19}) Europa braucht in diesen Tagen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf. Es braucht Härte, aber keine Kälte. Es gibt verdammt viel zu tun. Es gilt, dafür zu sorgen, dass wir in Europa gemeinsame Standards haben, nicht nur eine gemeinsame Währung, sondern auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Es gilt, dafür zu sorgen, dass Steuerhinterziehung und Steuervermeidung endlich europaweit angegangen werden. Wir dürfen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa nicht mehr hinnehmen; sie geht auch uns an. Meine Damen und Herren, bei uns haben Sie in den letzten Wochen verdammt viel Vertrauen verspielt. Noch nie war es so schwierig, Ihnen Verhandlungen anzuvertrauen. Deswegen sage ich an dieser Stelle mit aller Klarheit: Jede grüne Stimme an diesem Tag ist eine Stimme für ein drittes, ein echtes Hilfspaket. Jede grüne Stimme an diesem Tag ist eine Stimme gegen den Grexit und gegen das Drohen mit dem Grexit. ({20}) Jede grüne Stimme an diesem Tag ist eine Missbilligung Ihrer Verhandlungsführung. Jede grüne Stimme an diesem Tag ist eine Stimme für ein gutes, gemeinsames, solidarisches Europa, das an sich selbst, seine Zukunft und seinen Zusammenhalt glaubt. Vielen Dank. ({21})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun Wolfgang Schäuble für die CDU/ CSU-Fraktion.

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Gysi hat mich wissen lassen, dass er aus persönlichen Gründen die Sitzung um 11 Uhr verlassen muss. Ich bedaure gleichwohl, dass er solche Angriffe gegen mich startet und mir nicht die Gelegenheit bietet, darauf in seiner Anwesenheit zu antworten. ({0}) Er hat daran erinnert, dass seine Partei 1998 gesagt habe: „Euro - so nicht“. Wird so sein, wenn er das gesagt hat. Ich kann mich erinnern, dass seine Vorgänger 1990 auch gesagt haben: Deutsche Wiedervereinigung? Währungsunion? So nicht! - Da gibt es eine gewisse Kontinuität; ich will daran erinnern. Das bringt mich - bei all den Emotionen, die ich verstehe ({1}) zu der Abteilung „kühler Kopf“. Frau Kollegin GöringEckardt, ich glaube, die allermeisten in diesem Hause - in allen Fraktionen vermutlich, jedenfalls in der Regierung ganz sicher alle, jedes einzelne Mitglied der Koalitionsfraktionen - sind in der Frage, dass man Griechenland helfen muss, dass man Europa zusammenhalten muss, dass es um Mitmenschlichkeit usw. geht, doch völlig einer Meinung. Da gibt es nicht den geringsten Unterschied. ({2}) Was das „heiße Herz“ betrifft: Dieses Deutschland, das sich selber so geschunden hat im letzten Jahrhundert, hat nach dem Zweiten Weltkrieg nur auf dem Weg der europäischen Einigung überhaupt wieder eine Chance bekommen; das wissen wir. Ich habe übrigens dieser Partei schon angehört, als das alles hochumstritten war: die Westintegration, die Politik der europäischen Einheit. In meinem ganzen politischen Leben war es immer mein Credo, dass nur dies der Weg ist, um Deutschland eine zweite Chance zu verschaffen. So weit zur Abteilung „heißes Herz“. Das ist doch heute inzwischen Gott sei Dank weitgehend unbestritten. Aber, meine verehrten Damen und Herren, es geht auch um die Abteilung „kühler Kopf“, und die heißt: Wie kann es denn gehen, dass das auch funktioniert? Wir beraten heute über einen Antrag des Bundesministeriums der Finanzen, ein Mandat zu erteilen für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland. Das ist die Grundlage für die Beschlussfassung. Ich bitte alle, diesem Mandat zuzustimmen, weil wir in vielen mühsamen Verhandlungen - die Bundeskanzlerin hat sehr eindrucksvoll das schwere Ringen um eine Einigung beschrieben und geschildert - in der EuroGruppe mit vielen Enttäuschungen und Rückschlägen diese Einigung erreicht haben. Die Rückschläge wurden übrigens alle immer dadurch verursacht - ausschließlich -, dass Griechenland nicht eingehalten hat, was jeweils abgemacht war. Es gab keinerlei Zusagen, die von irgendjemandem außer von Griechenland nicht eingehalten worden sind. Das ist die Wahrheit, einfach nur die Wahrheit. So ist es gewesen. ({3}) Trotzdem geht es um Mitmenschlichkeit und um Hilfe, darum, Europa zusammenzuhalten. Das alles ist unstreitig. Aber es muss ein Weg gefunden werden, der gangbar ist, der funktioniert, und das ist sehr kompliziert. Deswegen hat man sich über dieses lange Wochenende auf diese Lösung am Montagmorgen geeinigt. Ich will die Frage, wer da welchen Beitrag geleistet hat, jetzt beiseitelassen, weil uns das nicht so furchtbar weiterhilft. Alles, was die Bundeskanzlerin gesagt hat, ist zutreffend. Die Bundeskanzlerin hat auch gesagt - auch das ist die Wahrheit; es geht aus dem Beschluss des Gipfels hervor -, dass es zunächst einmal darauf ankommt, dass die griechischen Autoritäten Vertrauen, das verloren gegangen ist, zurückgewinnen müssen, dass das die wesentliche Voraussetzung für alles ist. Das ist ein schwieriger Prozess. Das ist nicht die Verantwortung einer Regierung und übrigens auch nicht, Herr Gabriel, die Verantwortung einer politischen Familie. Wenn Sie von politischer Familie sprechen, dann schauen Sie einmal nach Rumänien! Jeder kehr’ vor seiner Tür, und sauber ist das Stadtquartier, nicht? ({4}) Das muss ich bei aller Freundschaft mal so sagen. Wir sollten die gleichen Maßstäbe anlegen. Das sage ich als Vertreter der CDU/CSU-Fraktion. Die Bundeskanzlerin hat zu Recht davon gesprochen - so ist die Gipfelerklärung -, es sei ein letzter Versuch, um diese außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen. ({5}) In erster Linie geht es doch nicht um ein Hilfsprogramm für Griechenland, sondern darum - eine solche Debatte haben wir schon 1990 geführt; deswegen ist der Vergleich mit 1990 nicht ohne jede Aussagekraft -, dass wir Griechenland unter den Bedingungen der Mitgliedschaft in der Währungsunion ermöglichen wollen, helfen wollen und helfen müssen, dass es überhaupt wieder Zugang zu den Finanzmärkten bekommt. Allerdings kommt, wenn wir das machen, sofort die Kritik von der Linken, es ginge alles nur an die Banken. Wenn aber die Banken geschlossen sind, funktioniert der Rest doch auch nicht. Deswegen: Mitgliedschaft in einer Währungsunion erfordert zwingend ein leistungsfähiges Finanzsystem. Ein solches zu errichten, ist die große ökonomische Herausforderung, für die leider nicht nur mit heißem Her11366 zen, sondern auch mit kühlem Kopf eine Lösung gefunden werden muss, die tragfähig ist. Sonst wird all unser Engagement, das wir alle in Europa teilen, am Ende nicht zielführend sein, weil die Lösung, die wir zustande bringen, nicht Bestand haben wird und wir wieder und wieder Vertrauen enttäuschen. Es geht also in der Tat nicht nur um Griechenland, sondern auch um Europa. Es geht darum, dass wir in Europa mit dieser Währungsunion Strukturen schaffen müssen, die auf Dauer vertrauenswürdig und effizient sind, die ermöglichen, dass wir in allen Teilen der Währungsunion dauerhaftes Wachstum als Voraussetzung für mehr soziale Gerechtigkeit haben. Die zwei Programme für Griechenland sind übrigens nicht gescheitert. Der IWF hat in seiner Analyse im Herbst vergangenen Jahres festgestellt, dass Griechenland entgegen aller Skepsis auf einem guten Weg gewesen ist, trotz all der Schwierigkeiten, die für die griechische Bevölkerung damit verbunden gewesen sind. Der Stand Ende vergangenen Jahres war: Griechenland hatte Wachstum, hatte sogar eine höhere Wachstumsrate als die Länder der Euro-Zone im Durchschnitt, hatte einen Handelsbilanzüberschuss, hatte einen Primärüberschuss, die Arbeitslosigkeit begann, rückläufig zu sein. ({6}) - Das sind alles Analysen des IWF. Griechenland war im Übrigen auf einem Weg, dass es nach Auslaufen, nach erfolgreichem Abschluss dieses Programms nur noch ein vorsorgliches Programm benötigt hätte, so wie es in Irland und Portugal nach Auslaufen der Hilfsprogramme der Fall gewesen ist. Diese Perspektive ist innerhalb von sechs Monaten verloren gegangen. Deswegen ist die Aufgabe, die sich allen Ländern der Euro-Zone stellt, eine sehr viel schwierigere. Dafür müssen wir nun eine Lösung finden, Ich werbe dafür, dass Sie den Auftrag erteilen, entsprechende Verhandlungen zu führen. Man darf aber nicht meinen, jetzt sei das Thema, nachdem man einen zum Bösewicht erklärt hat, erledigt und es werde schon laufen. Nein, so ist es nicht. Erst nach Abschluss der Verhandlungen werden wir darüber diskutieren, ob die Verhandlungen einen Weg aufzeigen, der funktionieren kann. Die Bundeskanzlerin hat davon gesprochen, dass die Auflagen hart sind; aber sie sind es nicht deswegen, weil wir Griechenland irgendetwas Böses tun wollen. Wir würden uns alle überbieten an Hilfsprogrammen für Griechenland, wenn es nicht auch um die Frage gehen würde, wie wir es erreichen, dass Griechenland unter der Bedingung der Mitgliedschaft in der europäischen Währungsunion - das ist der Wunsch Griechenlands; den respektieren wir - wettbewerbsfähig werden kann. Es besteht die Notwendigkeit, dass es so kommt. Das funktioniert aber nicht, ohne dass Griechenland sehr grundlegende Reformen auf den Weg bringt, und zwar jetzt. Auch dazu hat Herr Gabriel eindrucksvoll gesprochen. Dann muss es aber auch gemacht werden. Das war schon vor fünf Jahren, 2010, die Position und dann immer wieder. Bis jetzt hat man es ein Stück weit gemacht. Aber in den letzten sechs Monaten ist alles, was auf den Weg gebracht worden ist, zurückgenommen worden. Natürlich ist wahr, dass man in einer Währungsunion auf die Dauer Zugang zu den Finanzmärkten haben muss, sonst ist eine Währungsunion nicht zusammenzuhalten. Das nennt man Finanzstabilität oder Schuldentragfähigkeit. Die ist Voraussetzung. Und dann gibt es europäische Regeln. Der europäische Gipfel hat einstimmig erklärt, dass ein Schuldenschnitt nach dem europäischen Recht ausgeschlossen ist. Also, Griechenland muss ohne Schuldenschnitt die Voraussetzungen schaffen. Dazu muss dieses Programm ein noch schwierigeres sein, als es die beiden ersten gewesen sind. Griechenland muss jetzt die Kraft und die Entschlossenheit dafür aufbringen. Es gibt im griechischen Parlament über die Parteien hinweg einen breiten Konsensus. Das ist eines der starken Argumente dafür: Lasst uns einen weiteren Versuch wagen - gegen alle Erfahrungen. Aber der muss jetzt geleistet werden. Der Versuch ist nicht am Montagmorgen erfolgreich abgeschlossen worden, sondern er beginnt jetzt. Liebe Kollegen, das ist die entscheidende Frage. Wenn wir das nicht erreichen - ({7}) - Klar, wir setzen alles daran, um das zu erreichen. Frau Göring-Eckardt hat davon gesprochen, was wir Griechenland alles zumuten und was in Griechenland alles gemacht werden muss, etwa ein sozial gerechtes System. Griechenland ist nicht ein Protektorat. Die müssen es ein Stück weit selber machen. ({8}) - Herr Kollege Schneider, es hilft nichts; es hilft alles nichts: Die Realität ist so, dass wir einen Weg finden müssen, um Griechenland über einen Zeitraum - den Sie definieren können - Zugang zu den Finanzmärkten zu verschaffen. Dazu muss Griechenland - jedes Mitgliedsland der gemeinsamen europäischen Währungsunion musste das; das war bei Irland, bei Portugal und bei Zypern so - seine Finanz- und Wirtschaftspolitik und seine Institutionen so anpassen, dass man die Voraussetzungen erfüllt. Ich habe in der letzten Debatte, die wir dazu geführt haben, daran erinnert, dass dieser Weg - unter völlig anderen Umständen - 1990 bei der Währungsunion - wir haben gerade, am 1. Juli, darüber debattiert - auch außergewöhnlich schwierig war. Der Vergleich mit der Treuhandanstalt ist falsch. Die Herausforderung 1990 war, nach 40 Jahren die Menschen, die bis dahin in einem linkstotalitären System mit der entsprechenden wirtschaftlichen Ineffizienz gelebt hatten, in einem Schritt an das Lebens- und Sozialniveau der sozialen Marktwirtschaft anzunähern. ({9}) - Entschuldigung, Frau Kollegin Göring-Eckardt. Wenn Sie sich die wirklichen Zusammenhänge ein bisschen anschauen, dann wird klar: Dass die Treuhandanstalt am Ende gegen alle Erwartungen bei der Privatisierung nicht große Gewinne erbracht hat, sondern das Gegenteil, lag nicht an dem Ansatz, dass eine leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft dadurch entsteht, dass man einen zu breiten öffentlichen Sektor privatisiert, um stärkere Wettbewerbsdynamik in die Wirtschaft zu bringen. Vielmehr ist der Grund, warum das entstanden ist, dass der Versuch unternommen wurde - und das war notwendig, sonst wäre die deutsche Einheit nicht gelungen; daher auch die Treuhandanstalt -, möglichst schnell die 100 Prozent Angleichung wenigstens annähernd zu erreichen - noch immer sind wir nicht, Arnold Vaatz, bei 100 Prozent, lange nicht; das ist wahr; das macht jetzt auch die Bund-Länder-Finanzverhandlungen für die Jahre ab 2020 so kompliziert. Aber wir sind es schnell angegangen. Und dadurch ist natürlich der hohe finanzielle Aufwand entstanden. Deswegen ist der Vergleich mit der Treuhandanstalt insoweit überhaupt nicht begründet. Nein, der Punkt, um den es geht, ist: Wir müssen auch nach der Erklärung des europäischen Gipfels, dass ein Schuldenschnitt mit europäischem Recht nicht vereinbar ist, für den Finanzbedarf einen Weg finden, der realistisch erscheint. Deswegen habe ich in der Tat in die Verhandlungen der Finanzminister den Vorschlag eingebracht: Lasst uns doch versuchen, durch eine Neuorganisation der griechischen Wirtschaft - das ist nicht Privatisierung - über die Zeitachse hinweg ein finanzielles Volumen aufzubringen, das den Finanzbedarf in eine realisierbare Größenordnung zurückbringt. Das kann man diffamieren; dann eignet es sich ein bisschen für die polemischen Auseinandersetzungen des Tages. Ich bin so abgehärtet in einem langen politischen Leben, dass mich das nicht aus der Bahn wirft. Was mich wirklich quält und worum ich ringe, ist: In meiner Verantwortung als Bundesfinanzminister als Teil einer gemeinsamen Regierung - glauben Sie mir, da muss mich niemand belehren - meiner Verantwortung gerecht zu werden, an einer Lösung mitzuwirken, von der ich Ihnen allen und den deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sagen kann: Ich bin davon überzeugt, dass diese Lösung funktionieren kann. - Das ist die Verantwortung, die wir haben. Daran werden wir mit aller Kraft in den nächsten Wochen zu arbeiten haben - auf allen Ebenen. Aber mit dieser Art einer völlig von der Sache losgelösten, verzerrenden Polemik erreichen Sie überhaupt nichts. ({10}) - Ja sicher, weil Sie doch so tun, als wäre - ({11}) Es ist auch mit den einfachen Lösungen so. Wissen Sie, die Debatte über die Bekämpfung von Steuerhinterziehung zur Lösung von Haushaltsdefiziten kenne ich aus jedem Wahlkampf. Das ziehen alle linken politischen Kräfte immer hervor. Ich habe als Finanzminister mit entsprechenden Initiativen effektiv mehr für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung getan - Herr Gabriel hat es liebenswürdigerweise angesprochen - als jeder meiner Vorgänger. Das ist ganz sicher. ({12}) Aber ich bin eben jemand, der die alte Anforderung „Respice finem“ im Blick hat. Das macht es manchmal im Umgang mit mir schwerer, dass ich sage: In drei Wochen oder in drei Monaten fragt Ihr mich, ob es funktioniert hat. Dann sage ich nicht: Was geht mich mein Geschwätz von gestern an? Ich kann Ihnen auch große Reden halten, wie alles leicht geht. ({13}) Nein, ich sage Ihnen, und Sie werden es sehen: Der Weg, unter den Bedingungen der Mitgliedschaft in der Währungsunion die Probleme zu lösen, wird einer sein, den viele in Deutschland und Europa weiterhin als eine zu große Belastung für die Menschen ansehen. Im Übrigen ist die Bemerkung erlaubt - sie muss sein -: Griechenland hat, auch heute, im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt mit die höchsten Verwaltungsaufwendungen aller europäischen Länder. Diese Regierung hat in den letzten Monaten erste Schritte, das zu reduzieren, wieder zurückgenommen - gegen alle Zusagen, die sie gegeben hat. Griechenland hat in Teilen ein Rentenniveau, das weit über vergleichbaren Systemen liegt. Machen Sie es sich doch nicht so einfach, über die anderen, kleineren Länder in Europa mit einer billigen Polemik herzufallen! Das führt doch nicht weiter. Ein Ministerpräsident eines kleineren Landes hat doch wohl gesagt: Wir haben für Griechenland Haftung in einer Größenordnung von 3,5 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts übernommen. ({14}) Wie soll ich meiner Bevölkerung erklären, dass wir weitere Haftung übernehmen müssen, wenn gleichzeitig viele in Griechenland und auch in Deutschland sagen: „Eine weitere Absenkung der Renten in Griechenland ist nicht möglich“? - Das geht, wenn Sie Europa ernst meinen, irgendwo nicht zusammen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich bitte Sie heute alle, dem Antrag zuzustimmen. Ich habe mir, die Bundesregierung hat sich den Antrag nicht leicht gemacht. Wir glauben daran, dass die Chance besteht, dass wir die Verhandlungen zum erfolgreichen Abschluss bringen können. Aber alles, was mit einer verzerrenden Polemik die Dinge einfacher darstellt, als sie sind, wird in vier Wochen wieder vergessen sein. Sie können nur darauf hoffen, dass dann wieder vergessen ist, was Sie hier gesagt haben. ({15}) Deswegen: Eine ernsthafte Debatte erfordert, dass wir uns der Schwierigkeiten der Lage bewusst sind. Griechenland hat sich so entschieden, wie es sich entschieden hat. Die Bundeskanzlerin hat gesagt: Es erfordert harte Anstrengungen, und zwar kurzfristig, schnell. Wenn das gelingt, dann werden wir alle Kraft darauf verwenden, dass dieser letzte Versuch zum Erfolg geführt wird. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu meinem Antrag. ({16})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sahra Wagenknecht für die Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Sahra Wagenknecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004183, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundeskanzlerin! Herr Schäuble! Ich glaube, niemand in diesem Hause bestreitet, dass Griechenland Reformen braucht. Die Griechen brauchen Katasterämter, eine funktionierende Steuerverwaltung und die Bekämpfung der Korruption. Sie brauchen eine drastische Vermögensabgabe für ihre superreiche Oberschicht, die selbst in der Krise und unter Aufsicht der Troika noch immer reicher geworden ist. Aber das, was Sie hier unter dem schönen Namen „Reformen“ verteidigen, hat, bitte schön, mit all diesen sinnvollen Maßnahmen überhaupt nichts zu tun. Das ist das Kernproblem. ({0}) Herr Gabriel, falls Sie vielleicht mal zuhören mögen: Es ist doch ein Hohn, dass Sie hier von investitions- und wachstumsfreundlicher Politik geschwätzt haben. Gucken Sie sich doch mal das Paket an, das Griechenland nun diktiert wurde! Das ist doch exakt die Fortsetzung der rabiaten Kürzungspolitik der letzten fünf Jahre, die schon ein Viertel der griechischen Wirtschaftsleistung zerstört hat, die das Land in Rekordarbeitslosigkeit, in Armut und in wirkliches Elend getrieben hat und die vor allem die griechischen Schulden immer weiter erhöht hat, nämlich von 130 Prozent auf 180 Prozent der Wirtschaftsleistung. Und das wollen Sie jetzt fortsetzen! Sie wollen das noch verschärfen durch den kompletten Ausverkauf des öffentlichen Vermögens und die vollständige Entmündigung des gewählten griechischen Parlaments, das in Zukunft gar nichts mehr zu entscheiden hat. Da muss ich Ihnen sagen: Was Sie mit diesem Land machen, das immerhin nicht nur die Wiege der Demokratie, sondern auch die Wiege der gesamten europäischen Kultur ist, das ist einfach nur schändlich. ({1}) Die Financial Times schätzt, dass die griechische Wirtschaft bei Umsetzung Ihrer Giftliste nochmals um mindestens 5 Prozent einbrechen wird. Der IWF, den Sie ja selbst unbedingt im Boot haben möchten, Frau Merkel, geht davon aus, dass die griechische Schuldenquote bald bei 200 Prozent liegen und dass selbst das neue 85-Milliarden-Euro-Paket wieder nur ein Durchlaufposten sein wird. Frau Merkel, es ist Ihre Verantwortung - nicht die der Linken und auch nicht die der Syriza-Regierung -, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes bereits mit etwa 80 Milliarden Euro für die griechischen Schulden haften. Jetzt soll das mit einem Handstreich noch mal um 20 Milliarden Euro erhöht werden, und das für ein Programm, an dessen Erfolg Sie alle - geben Sie es doch zu! Herr Schäuble hat es doch faktisch zugegeben - nicht einmal selbst glauben. Spätestens in einem Jahr stehen wir wieder an genau dem gleichen Punkt, nur dass Griechenland dann noch ärmer sein wird und seine Schulden noch höher sein werden. Ich muss wirklich sagen: Wie Sie mit dem Steuergeld, für das immerhin Millionen Menschen hart gearbeitet haben, umgehen, ist einfach verantwortungslos. ({2}) Griechenland ist seit 2010 überschuldet, und ein Überschuldeter braucht nicht noch mehr Schulden. Ein Überschuldeter braucht endlich einen richtigen Schuldenschnitt. ({3}) Da kommen sie mir jetzt bitte nicht mit den Regeln, Herr Schäuble. Den größten Regelbruch verantworten doch Sie, Frau Merkel, und Sie, Herr Schäuble. Oder war es etwa kein Bruch der Regeln in Europa, dass Sie 2010 entschieden haben, die Haftung für die Schulden eines überschuldeten Landes den europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern auf die Schultern zu laden, denen im Baltikum genauso wie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hier in der Bundesrepublik? Das haben Sie entschieden, und zwar nur, um deutsche und französische Banken vor Verlusten zu bewahren, vor Milliardenverlusten. ({4}) Das ist der Kern, mit dem die ganze Tragödie begonnen hat. Seitdem betreiben Sie Konkursverschleppung, um nicht zugeben zu müssen, dass Sie viele Milliarden in den Sand gesetzt haben. Das nennen Sie dann auch noch Solidarität. Also, ich muss sagen: Schlimmer kann man diesen großen Begriff wirklich nicht missbrauchen. ({5}) Der große Ökonom Adam Smith hat einmal gesagt: Es gibt zwei Wege, eine Nation zu erobern und zu versklaven. Der eine ist durch das Schwert, der andere durch Verschuldung. Es gibt auch zwei Wege, einen Staatsstreich durchzuführen. Der klassische Weg geht über Panzer und Militärs. Der moderne Weg bedient sich der Banken und der Macht über die Währung eines Landes. Mit diesen Hebeln haben Sie es geschafft, den von über 60 Prozent der griechischen Bevölkerung zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach einem Ende der ruinösen Kürzungsprogramme eiskalt wegzuputschen. Was für ein trauriger Sieg! ({6}) Ich muss auch sagen, Herr Gabriel - ich sehe Sie gerade nicht -: Ihre Rolle in diesem ganzen Spiel, Ihre Scharfmacherei beim Durchsetzen von Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen und Ihre Skrupellosigkeit beim Bedienen dumpfer Ressentiments, bei dem man das Gefühl hatte, Sie bereiteten schon eine neue Karriere in den Ruinen der AfD vor, ({7}) Ihre Unehrlichkeit und Ihr Opportunismus, ({8}) das war alles so erbärmlich, dass ich mich wirklich frage, wie lange die SPD dieses Elend an ihrer Spitze noch ertragen will. ({9}) Nicht nur in Griechenland, auch in Deutschland und in ganz Europa können heute immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr ordentlich leben. Überall werden Rentner ärmer. Die Mittelschichten schrumpfen und werden um ihre Ersparnisse gebracht, und die Kapitalmärkte boomen. So sieht Ihr Europa aus, Frau Merkel, Herr Schäuble und Herr Gabriel: eine Finanzmarktkolonie, in der für Demokratie kein Raum mehr bleibt, weil Technokraten, Banker und Wirtschaftslobbyisten die Richtung diktieren. Und da wundern Sie sich, dass sich immer mehr Menschen von diesem Europa abwenden. Mit Ihrem arroganten Großmachtgehabe, Ihrer sozialen Gleichgültigkeit und Ihrer wirtschaftspolitischen Unbelehrbarkeit zertrampeln Sie das Erbe der großen Europäer von de Gaulle über Willy Brandt bis hin zu Helmut Kohl, die alle wussten, dass der gegenseitige Respekt und soziale Ausgleich ({10}) die Grundpfeiler einer erfolgreichen europäischen Entwicklung sind. „Das europäische Projekt … hat gerade einen furchtbaren, vielleicht sogar tödlichen Schlag erlitten.“ So hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman die jüngsten Gipfelergebnisse kommentiert. ({11}) - Ich merke, dass Ihnen das wehtut. Aber, bitte schön, dann ändern Sie endlich mal Ihre Politik! ({12}) Ich finde es ein Trauerspiel, dass Sie sich hier für solche Ergebnisse auch noch gegenseitig feiern. Das ist wirklich schlimm, was Sie machen, schlimm für Europa, auch schlimm für Deutschland, und deswegen wird die Linke gegen dieses Mandat mit diesen falschen Konditionen stimmen. ({13})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Für die SPD-Fraktion erhält der Kollege Thomas Oppermann das Wort. ({0})

Thomas Oppermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003820, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Wagenknecht, Ihre Rede hat auf mich eine eigenartige Wirkung. ({0}) Wenn ich Ihnen sechs Minuten zuhöre, dann finde ich Alexis Tsipras - was sonst nicht der Fall ist - gar nicht mehr so schlecht. ({1}) Ich muss Ihnen sagen: Ich bin von Herzen froh, dass Ihre Partei als Schwesterpartei von Syriza auf diese Partei in Griechenland im Augenblick verdammt wenig Einfluss hat. ({2}) Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion war unglaublich erleichtert, ({3}) als in der langen Verhandlungsnacht von Brüssel ein Kompromiss gefunden wurde, ein Weg für Griechenland, aus der Krise herauszukommen. Aber es ging ja um viel mehr: Es ging in dieser Verhandlungsnacht eigentlich ums Ganze; es ging um Europa. Es ging um den Bestand und die Zukunft Europas. Wenn an diesem Wochenende Frankreich und Deutschland auseinandergebrochen wären, dann wäre das ein unermesslicher Schaden für Europa und für Deutschland. Deshalb, Frau Bundeskanzlerin, möchte ich Ihnen ganz herzlich dafür danken, dass Sie gemeinsam mit Präsident Hollande diese Verhandlungen zu einem guten Ende geführt haben. ({4}) Aber dieses letzte Wochenende wird uns auch aus einem anderen Grund in guter Erinnerung bleiben: Fast im gleichen Atemzug ist es in Wien gelungen, den Atomkonflikt mit dem Iran zu beenden und endlich eine Einigung zu erzielen, die, wenn der Iran sich daran hält, dazu führt, dass dieses Land wieder in die Völkergemeinschaft zurückkehren kann. Ich finde, das ist ein ganz großer außenpolitischer Erfolg. ({5}) Das zeigt doch, dass auch in schwierigen und in ausweglosen Situationen Lösungen gefunden werden können, wenn man weiter verhandelt, und dass in einer Welt, in der vieles aus den Fugen geraten ist, nicht alles schlecht bleiben muss; manches kommt auch wieder in Ordnung. Dafür möchte ich ganz besonders Außenminister Frank-Walter Steinmeier danken, der einen großen Anteil an diesem Ergebnis hat. ({6}) Wir werden als SPD-Fraktion - alle 193 Abgeordnete, die anwesend sind, mit nur zwei Ausnahmen - für die Aufnahme von Verhandlungen mit Griechenland stimmen. Ich sehe mit Interesse, wie die anderen Fraktionen sich positionieren. Die Grünen können oder wollen - oder können und wollen - sich nicht zwischen Ja und Nein entscheiden. Deshalb wollen sie sich enthalten. ({7}) Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich kann Ihnen sagen: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es keine überzeugende Position ist, wenn Sie in einer so historischen Situation keine klare Antwort haben. ({8}) Das weiß übrigens auch Gregor Gysi. Deshalb ist ihm eine Enthaltung nicht in den Sinn gekommen. Er will sich nicht zwischen Ja oder Nein entscheiden. Da hat er ganz tief in die Kiste des politischen Schlaumeiers gegriffen und ist zu dem überraschenden Ergebnis gekommen: Wir stimmen mit Ja und Nein. Wir stimmen mit Ja im griechischen Parlament, aber mit Nein im Deutschen Bundestag. ({9}) Ich kann Ihnen sagen - das muss ich zur Ehrenrettung des Marxismus tun -: Mit marxistischer Dialektik hat das gar nichts zu tun, eher mit politischer Rabulistik. ({10}) - Ich möchte keine Zwischenfrage. Sie finden, in Griechenland muss man mit Ja stimmen, um eine Katastrophe, eine Verelendung des griechischen Volkes, zu vermeiden. Haben Sie mal eine Sekunde darüber nachgedacht, was passiert, wenn alle so abstimmen, wie Sie das hier machen? Sie können doch nur deshalb mit Nein stimmen, weil gewährleistet ist, dass wir anderen alle mit Ja stimmen. ({11}) Ich verstehe Ihre politischen Schwierigkeiten und Ihre politischen Motive ja. Aber sagen Sie uns nicht, dass es Ihnen um die Menschen in Griechenland geht. ({12}) Ich möchte etwas zur aktuellen Kritik an der deutschen Verhandlungsführung sagen. Ich habe gelesen, dass selbst bekannte amerikanische Ökonomen Deutschland vorwerfen, Griechenland vorführen und unterdrücken zu wollen. Paul Krugman schreibt in seinem Blog für die New York Times: Die substanzielle Kapitulation der Regierung Tsipras reicht Deutschland nicht aus; Deutschland will den Regimewechsel und die vollständige Demütigung Griechenlands. - Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Ich halte solche Äußerungen für total abwegig, auch wenn sie von Nobelpreisträgern kommen. ({13}) Sie sind außerdem destruktiv. Sie treiben einen Spaltpilz in die Europäische Union, und sie verkennen das Ausmaß der hausgemachten Probleme in Griechenland, die nur in Griechenland gelöst werden können. ({14}) Ich finde, die amerikanischen Ökonomen verkennen insbesondere, wie sehr das totale Staatsversagen in Griechenland sich auf die griechische Ökonomie auswirkt. Ich frage mich, warum diese Ökonomen sich nicht mit Berichten auseinandersetzen, nach denen in Griechenland die Preise für Arzneimittel und für Lebensmittel weit überhöht sind, weitaus höher als in anderen Teilen der Europäischen Union. Da muss man doch mal nachfragen, warum das so ist. Das liegt daran, dass es in diesem Land keinen funktionierenden Wettbewerb gibt, und das muss sich ändern, meine Damen und Herren, wenn es für die Menschen besser werden soll. ({15}) In Wirklichkeit haben sich die Länder der Euro-Zone gegenüber Griechenland in den vergangenen Jahren mehr als solidarisch verhalten. Die Rettungspakete für Griechenland summieren sich auf knapp 216 Milliarden Euro. Zusätzlich gab es den Schuldenschnitt bei privaten Gläubigern in Höhe von 107 Milliarden Euro in 2012; das vergessen Sie immer zu erwähnen, Frau Wagenknecht. Europa hat mehrfach die Zinsen gesenkt und die Laufzeiten verlängert. Jetzt wollen wir ein drittes Hilfsprogramm auf den Weg bringen, und ich sage ganz klar: Das ist keine Demütigung Griechenlands, sondern das ist der ernsthafte Versuch, das Land endlich aus der Dauerkrise herauszubringen und auf den Wachstumspfad zurückzuführen. ({16}) Viele machen die Kritik an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fest. Trotz aller Differenzen, Herr Schäuble, die meine Fraktion mit Ihnen in Bezug auf den sogenannten Plan B, den Grexit, hat, möchte ich eines vorab klarstellen: Die Art und Weise, wie Sie wegen Ihrer Verhandlungsführung in der griechischen Presse und in den sozialen Medien verunglimpft und verächtlich gemacht werden, ist abstoßend und unerträglich, ({17}) und die weisen wir als Bundestag auch mit aller Entschiedenheit zurück. Aber das ändert nichts daran, dass wir in einem wichtigen Punkt unterschiedlicher Meinung sind. Bis zum Gipfel war offen, ob Alexis Tsipras bereit ist, Reformen zu akzeptieren und einen Kompromiss mitzutragen. So lange mag es auch richtig gewesen sein, einen Plan B zu haben. Jetzt aber ist die Entscheidung gefallen. Sie ist vielleicht nicht in Ihrem Sinne gefallen, Herr Schäuble, aber sie ist gefallen. ({18}) Jetzt gilt Plan A. Alle in der Regierung müssen mitziehen, damit das Hilfsprogramm für Griechenland jetzt auch gelingt, ({19}) und das erwarte ich auch von Ihnen. Meine Damen und Herren, viele von uns sind entsetzt darüber, dass die griechische Regierung bei dem Referendum für ein Nein zu den Reformvorschlägen geworben hat. Aber ich sage auch: Alexis Tsipras verdient Respekt für die Entscheidung, den drohenden Ausstieg aus der Euro-Zone abzuwenden und dem Rettungsprogramm jetzt doch zuzustimmen - gegen Widerstände aus der eigenen Partei. Er hat bei der Abstimmung im Parlament seine Regierungsmehrheit verloren. Daran zeigt sich auch, dass Alexis Tsipras tatsächlich aus einem anderen Holz geschnitzt ist als Sie, meine Damen und Herren von den Linken. ({20}) Für Griechenland ist dies möglicherweise die letzte Chance für einen Neuanfang. Zu oft wurden Vereinbarungen in der Vergangenheit nicht umgesetzt. Zu oft hat sich die griechische Regierung vor Reformen in Staat und Wirtschaft gedrückt. Zu oft hat auch die Troika beide Augen verschlossen. Das muss jetzt vorbei sein. Ziel der vereinbarten Reformen ist nicht, Griechenland auf Dauer zu alimentieren und zu einem Objekt europäischer Fürsorge zu machen. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen, dass Griechenland wieder in die Lage versetzt wird, aus eigener Kraft das zu erwirtschaften, was notwendig ist, um den Bürgerinnen und Bürgern einen ordentlichen Lebensstandard ermöglichen zu können. „Solidarität“ heißt für uns übrigens immer: Hilfe für die, die bereit sind, sich selber anzustrengen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, im Rahmen dessen, was man zumuten kann. „Solidarität“ heißt: Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist die Grundlinie sozialdemokratischer Politik bei diesen Rettungsprogrammen. Da muss bei den Reformen jetzt Priorität haben: dass die Steuerbasis langfristig konsolidiert und eine angemessene Besteuerung auch der Reichen und Wohlhabenden in Griechenland ermöglicht wird, dass unternehmerisches Handeln gefördert wird, Wettbewerb ermöglicht wird sowie Korruption, Klientelismus und Schattenwirtschaft bekämpft werden. Ich glaube, dass viele in Griechenland auf diese Reformen warten. Es gibt viele junge, gut ausgebildete Menschen in Griechenland, die aus dem klientelistischen System raus wollen. Sie wollen raus aus einem System, in dem gute politische Beziehungen, aber nicht Leistung und Anstrengung für den beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg des Einzelnen maßgeblich sind. Ich finde, wir haben die Pflicht, diese jungen Menschen zu unterstützen. Deshalb müssen die Reformen jetzt umgesetzt werden. ({21}) Die Euro-Zone braucht - das zeigt die derzeitige Debatte in aller Schärfe - ein stabiles institutionelles Fundament. Die Wirtschafts- und Währungsunion muss wetterfest gemacht werden. Dafür reicht der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht aus, auch nicht das Europäische Semester. Ich freue mich, dass der französische Präsident die Vorschläge von Sigmar Gabriel und seinem französischen Amtskollegen Macron aufgegriffen hat und wir jetzt offensiv darüber diskutieren, dass wir eine parlamentarische Vertretung für die Euro-Zone brauchen, dass wir ein eigenes Budget brauchen, um Investitionen zu finanzieren und Schwankungen in der EuroZone stärker auszugleichen. Die Diskussion über diese Themen müssen wir jetzt auch hier im Bundestag vorantreiben. Natürlich hat jedes Land nationale Interessen, auch in der Europäischen Union. Aber die Summe der nationalen Interessen ist noch kein vereintes Europa. Deshalb muss die Währungszone vertieft werden. ({22}) Wenn wir uns umschauen - ob in Holland, in Frankreich, in Spanien, in Ungarn oder in Finnland -, dann müssen wir feststellen: In immer mehr auch wirtschaftlich starken Ländern werden die populistischen Parteien stark. Sie versprechen einfache Lösungen und mobilisieren nationale Ressentiments. Sie stellen sich gegen die Kernidee eines vereinten Europas, nämlich die Überwindung des Nationalismus, dessen Konsequenzen die Völker Europas so leidvoll erfahren mussten. Die Populisten wollen Europa wieder in seine Einzelteile zerlegen. Ich sage: Dagegen müssen wir uns mit aller Kraft stemmen. ({23}) Wir sind für ein solidarisches, für ein soziales und für ein wirtschaftlich starkes Europa. Lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten. ({24})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Für eine Kurzintervention erhält der Kollege Klaus Ernst das Wort.

Klaus Ernst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003753, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Kollege Oppermann, Sie haben gerade gesagt, die Linken würden mit Ja und mit Nein stimmen. Abgesehen davon, dass das nicht geht, weil wir nur hier im Bundestag abstimmen, möchte ich Ihnen etwas erklären, was Sie offensichtlich noch nicht verstanden haben. Glauben Sie ernsthaft, dass die griechische Regierung lustvoll über das abstimmt, was Sie ihr diktiert haben? Glauben Sie ernsthaft, dass die griechische Regierung mit Freude die Renten kürzt und die Mehrwertsteuer erhöht, obwohl sie weiß, dass das genau das Gegenteil von dem bewirkt, was es bewirken soll, nämlich dass die Wirtschaft weiter nach unten gedrückt wird? Die griechische Regierung macht das einzig und allein aus dem Grund, Herr Oppermann, weil ihr das Messer an den Hals gehalten wird, und daran wirkt auch die deutsche Regierung mit. ({0}) Das Problem ist, dass es sich hier um Erpressung handelt und einer Regierung letztendlich die Souveränität entzogen wird. Die griechische Regierung stimmt mit Ja, weil ihr nichts anderes übrig bleibt. Welche Rolle spielen wir hier? Wir haben eine Regierung, die genau diese Erpressung vollzieht. Der Deutsche Bundestag - auch wir als Abgeordnete der Linken hat die Aufgabe, das zu kontrollieren und darauf hinzuweisen, dass das nicht in Ordnung ist. Deshalb stimmen wir hier klar mit Nein. Wir stimmen nicht dagegen, den Griechen zu helfen, sondern wir stimmen dagegen, dass man den Griechen die Souveränität nimmt. ({1}) - Das ist ja lustig. Zu Ihrem Gebrüll kann ich nur sagen: Sie wirken daran mit, dass der griechischen Regierung die Souveränität genommen wird, und das ist ein Skandal, meine Damen und Herren. ({2}) Ich möchte an dieser Stelle meine Ausführungen noch etwas vertiefen; denn eine Minute habe ich ja noch. Herr Oppermann, wenn Sie glauben, dass die Reformen eine soziale Wohltat sind, wenn Sie glauben, dass das die wirtschaftliche Situation Griechenlands verbessert, dann sollten Sie sich vielleicht einmal zu Gemüte führen, was das, was mit Ihrer Zustimmung hier im Bundestag beschlossen wurde, in den letzten drei Jahren bewirkt hat. Ich kann Ihnen sagen, Herr Oppermann: Die Wirtschaftsleistung ist gedrückt worden, und die Arbeitslosigkeit ist gestiegen; die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 50 Prozent. Die Maßnahmen, die wir hier beschlossen haben, haben dazu beigetragen. Deshalb stimmen wir hier mit Nein, Herr Oppermann. ({3})

Thomas Oppermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003820, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Herr Ernst, Sie stricken hier an einer Legende. Diese Legende lautet: Die Euro-Länder haben Griechenland erpresst. ({0}) Ich finde, das ist eine ganz billige Propaganda. ({1}) Wenn wir jetzt mit einem dritten Hilfsprogramm 80 Milliarden Euro oder mehr - das bleibt noch abzuwarten - aufwenden wollen, dann ist das doch keine Erpressung oder Erniedrigung, sondern der Versuch, Griechenland wirtschaftlich wieder auf die Beine zu bringen, vor allen Dingen den Griechen die notwendige Zeit zu geben, um die unbedingt erforderlichen Staatsreformen auf den Weg zu bringen. ({2}) Natürlich sind mit diesem Hilfsprogramm Reformen und die Einhaltung von Regeln verbunden, und die sind nicht beliebig. Das hat die Kanzlerin in ihrer Rede sehr deutlich gemacht. Europa ist auch eine Rechtsgemeinschaft, und die Regeln sind nicht dispositiv für denjenigen, der gerade die Mehrheit stellt, sondern sie gelten für alle, ohne Unterschied. Daran müssen sich alle gewöhnen. ({3}) Natürlich setzen die Griechen diese Reformen jetzt nicht lustvoll um; aber sie machen das, weil sie Verantwortung für ihr Land übernehmen. ({4}) Herr Tsipras hat gesagt: Ich bin nicht überzeugt von diesen Reformen; aber ich fühle mich verpflichtet, die Vereinbarungen umzusetzen. Pacta sunt servanda. - Das ist Übernahme von Verantwortung; aber das scheint Ihnen völlig fremd zu sein. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Der Kollege Gerhard Schick ist der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Gerhard Schick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003837, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Wortwechsel gerade genau gelauscht. Es ist natürlich leicht, sich auf eine Seite zu stellen, alle Fehler der griechischen Regierung zu negieren und sich die Lage dort schönzureden. Was aber auch nicht geht, Herr Oppermann, ist, so zu tun, als hätte das Papier, das mit der Unterstützung Ihres Parteivorsitzenden, des Vizekanzlers, in der Euro-Gruppe vorgelegt worden ist, eine freiwillige Entscheidung der griechischen Regierung ermöglicht. Die Drohung: „Wir schmeißen euch aus dem Euro-Raum; ihr müsst gehen“, stand so deutlich im Raum, dass das Land mit dem Rücken zur Wand stand. Dazu müssen Sie stehen! ({0}) Ich habe auch zugehört, wie Ihre Reaktion auf das Ergebnis war. Sie waren erleichtert, dass Jean-Claude Juncker wenigstens ein Minimum an Investitionen für Griechenland rausverhandelt hat. Ich frage mich: Warum war das eigentlich nicht Teil der Verhandlungsposition dieser Bundesregierung, die Sie mittragen? ({1}) Sie waren erleichtert, dass Präsident Hollande die Irrfahrt in Richtung Grexit gestoppt hat. Ich frage mich: Wieso kam das überhaupt in die Verhandlungsposition der Bundesregierung? Es scheint ja fast so, als hieße der Vizekanzler immer noch Westerwelle. Wo sind hier die Sozialdemokraten gewesen? ({2}) Der Bundestag hat heute zwei Anträge vorliegen, die beide aussagen: Es soll ein Verhandlungsmandat geben. Die deutsche Vertretung im ESM-Gouverneursrat soll zustimmen, damit Verhandlungen auf den Weg kommen. Wir haben uns als Fraktion entschieden, neben den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen einen eigenen Antrag zu legen, weil wir meinen, dass mit dem, was der Bundesfinanzminister hier vorlegt, kein Weg gefunden wird, der funktioniert, obwohl er vorhin gesagt hat, es müsse ein Weg gefunden werden, der funktioniere. ({3}) Sie schließen aus - ich erspare uns hier die genaue Technik -, eine sinnvolle Restrukturierung der Schulden vorzunehmen. Dabei stellt der Internationale Währungsfonds fest, dass das Ergebnis, das Sie verhandelt haben, in Bezug auf die Schuldenlast „hochgradig untragbar“ ist. Deswegen müssen Sie, damit dem ersten, dem zweiten und dem dritten Programm nicht ein viertes und ein fünftes folgen, an dieser Stelle endlich eine Position einnehmen, die langfristig funktionieren kann. Sie müssen den Weg für eine Umstrukturierung der griechischen Schulden freimachen. ({4}) Inzwischen sind sehr viele bereit, Fehler einzugestehen. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, der damals das zweite Hilfspaket verhandelt hat, hat gesagt: Wir haben da einen Fehler gemacht. - Mensch, wären wir weiter, wenn auch Sie das könnten. Dann könnte man jetzt sagen: Es wurde zu hart und zu kurzfristig gespart. Es braucht mehr Investitionen. Ohne wirtschaftliche Kraft wird Griechenland seine Schulden nicht bedienen können. ({5}) Auch an dieser Stelle schlagen wir von Bündnis 90/Die Grünen einen anderen Weg vor, einen Green New Deal mit Investitionen, damit das Land eine Perspektive, eine Zukunft hat. ({6}) Uns ist wichtig, dass in dem Antrag heute auch etwas zur sozialen Lage steht. Ich finde, es geht nicht, dass wir zwar darüber reden, aber dass in der Verhandlungsposition Deutschlands nichts dazu steht, wie man die akute Not der Menschen lindern will. Auch das ist unsere Verantwortung. ({7}) Meine Fraktion hat diesmal anders als bei den früheren Entscheidungen diskutiert. Das liegt insbesondere an zwei Punkten, die wichtig sind. Bei der Frage, wie wir in Europa miteinander umgehen, hat es in den letzten Tagen einen Bruch gegeben. ({8}) Diesen Bruch können wir nicht mittragen. Es gibt eine Grenze der Konditionalität an der Stelle, wo wir der demokratischen Entscheidung unserer Kollegen Parlamentarier in anderen Ländern keinen Raum mehr lassen. ({9}) Die Bundeskanzlerin hat zu Beginn gefragt, was es bedeuten würde, wenn in Deutschland die Rentnerinnen und Rentner Schlange stehen müssten. Ich frage Sie: Was wäre hier im Haus los, wenn wir jeden Gesetzentwurf, bevor wir auch nur darüber diskutieren, einer Kontrolle unterwerfen müssten? Wir fänden das inakzeptabel. Für alle Parlamentarier in Europa ist so etwas inakzeptabel. ({10}) Es hat auch in einer zweiten Art und Weise eine Veränderung gegeben, einen Bruch, den wir nicht bereit sind mitzutragen. Wir fordern Sie auf, ihn zu korrigieren. Diese Bundesregierung hat sich zum ersten Mal für weniger Europa eingesetzt, indem ein Grexit-Vorschlag auf den Tisch gelegt wurde. Sie haben argumentiert, dass viel Vertrauen verspielt worden ist. Ich will nichts schönreden, was auf griechischer Seite passiert ist; aber dass der Finanzminister der größten Volkswirtschaft dieses Währungsraums die Integrität, das Zusammenhalten dieses Währungsraums zur Disposition stellt, ist unfassbar, und dass eine Regierungschefin das zulässt, ist absolut unverantwortlich. ({11}) Man sieht es an den Zahlen. Dass die Schätzungen, wie viel Geld Griechenland braucht, so stark angestiegen sind, liegt im Wesentlichen an der Bankenrettung, und der Bankensektor ist kaputtgegangen, weil das Vertrauen in den Euro-Raum zerstört worden ist. Deswegen kann man die zusätzlichen Kosten in Höhe von 25 Milliarden Euro eindeutig zuordnen. Das sind die Kosten der Grexit-Fraktion in Deutschland und in Griechenland. Dieser Finanzminister ist für uns extrem teuer. ({12})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Schick, denken Sie bitte an die Zeit. Kommen Sie zum Schluss.

Dr. Gerhard Schick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003837, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum letzten Satz. - Aufgabe wäre jetzt, nicht für weniger Europa einzutreten, sondern für mehr. Wir brauchen eine Stärkung der Euro-Zone. Das ist die Position von Bündnis 90/Die Grünen. Danke. ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Für die CDU/CSU-Fraktion erhält jetzt Volker Kauder das Wort. ({0})

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich ihre Entscheidung, wie sie heute abstimmen will, nicht leicht gemacht. ({0}) Ich habe wahrscheinlich noch nie in einer Bundestagsfraktion der CDU/CSU eine solch intensive, aber auch lange Diskussion erlebt, in der die Argumente ausgetauscht wurden. Man kann nur sagen: In der Situation, in der wir jetzt sind, gibt es den einzig hundertprozentig richtigen Weg wahrscheinlich nicht. Weder diejenigen, die dem Antrag zustimmen, noch diejenigen, die dem Antrag nicht zustimmen wollen, können für sich in Anspruch nehmen, hundertprozentig sagen zu können, was das eine und das andere bedeutet. Aber eines ist völlig klar: Es geht heute nicht ausschließlich und vielleicht nicht einmal in erster Linie darum, Griechenland ein Angebot zu machen, sondern es geht darum, dieses Europa zusammenzuhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die entscheidende Frage, um die wir ringen. ({1}) Dass wir ein starkes Europa haben wollen, ist die klare Position aller in unserer Fraktion. Wenn in dieser konkreten Situation jetzt gesagt wird: „Wir brauchen vielleicht eher mehr als weniger Europa“, dann muss ich sagen: Wir brauchen zunächst einmal die Zusage, dass sich das Europa, das wir haben, an das hält, was miteinander vereinbart worden ist. ({2}) Wir brauchen also ein rechtsstaatliches Europa. Wir erleben, dass in der ganzen Welt, von China bis Afrika, Rechtsstaatsdialoge geführt werden, dass als Teil guter Regierungsführung nicht die Willkür der Politik, sondern die rechtliche Garantie zugrunde gelegt wird. Dies ist in diesem Europa in den letzten Jahren an manchen Stellen immer wieder zu kurz gekommen. Wir alle haben gewusst, dass die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone auch eine politische Entscheidung war. Wir haben gewusst, dass die Voraussetzungen wahrscheinlich nicht hundertprozentig erfüllt sind. Deswegen hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag dagegen gestimmt. Nachdem die Entscheidung gefallen war, dass Griechenland Teil der Euro-Zone wird, hat man - lieber Thomas Oppermann, das stimmt - nicht mehr hingeschaut. Das war ein entscheidender Fehler. Ich kann nur sagen: Wir verlangen bei den Verhandlungen, die jetzt mit Griechenland geführt werden, dass dies radikal anders gemacht wird, dass nämlich etwas vereinbart und nicht nur etwas geglaubt wird und dass auch kontrolliert wird; denn sonst funktioniert das System nicht mehr. ({3}) Wenn wir Europäer selbstkritisch auf uns selbst blicken, müssen wir sagen: Wir alle wissen, wie wichtig Haushaltsdisziplin für die Stabilität unserer Währung und für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum ist. Damals haben wir Stabilitätskriterien eingeführt, um unserer Bevölkerung sagen zu können: Der Euro wird so stark und stabil wie die D-Mark. - Es ist aber immer wieder der Versuch unternommen worden, diese Stabilitätskriterien nicht einzuhalten bzw. darum herumzukommen. Das darf in Zukunft nicht mehr passieren, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({4}) Bevor ich den schönen Satz „Wir brauchen mehr Europa“ unterstreiche und darunter verstanden wird „neue Institutionen, neue Kompetenzen“, sage ich: Wir brauchen zunächst ein Mehr an Europa, ein stabiles Europa, das sich an die Vereinbarungen hält. Wenn sich die Institutionen in Europa nicht daran halten, was sollen denn dann die Menschen, die an Recht und Gesetz gebunden sind, von diesen Einrichtungen halten, liebe Kolleginnen und Kollegen? ({5}) Ich sehe, dass dies jetzt auf den Weg gebracht wird. Deswegen werbe ich sehr dafür, dass wir nun auch die Verhandlungen mit Griechenland aufnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt natürlich unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Weg, Griechenland im Euro zu halten, funktioniert. Ich kann nur eines sagen: Wenn man eine Währungsgemeinschaft hat, muss man alles versuchen, sei es auch noch so schwer, um diese Währungsgemeinschaft zusammenzuhalten. Der Euro ist schließlich unsere Währung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Deswegen darf nichts getan werden, was die Einheit der Währungsgemeinschaft nicht stabil hält. ({6}) - Da können die Grünen ruhig klatschen. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Damit dies eintritt, sind zwei Voraussetzungen notwendig. Die eine Voraussetzung schaffen wir heute, indem wir Wolfgang Schäuble beauftragen, die Verhandlungen auf der Grundlage dessen, was am letzten Wochenende geschehen ist, weiterzuführen. Die andere Voraussetzung ist, dass Griechenland bereit ist, seinen Teil beizutragen. Wenn ich manchen hier im Deutschen Bundestag höre, bin ich einigermaßen überrascht. Als ob die Rettung Griechenlands nur hier im Deutschen Bundestag geschähe! Da geschieht sie am wenigsten. Sie muss in Griechenland begonnen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. ({7}) Ich will noch einen Hinweis geben zu dem, was von der Linken gesagt worden ist, aber auch zu dem, Frau Göring-Eckardt, was die Grünen gesagt haben. Ich finde, die Frage ist nicht, ob Deutschland die Hilfe nach dem Krieg verdient hat oder nicht. Ich finde, dass die Menschen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, die vielen Frauen, die an dem Unglück nicht schuld waren, die sich als Trümmerfrauen aufgemacht haben, ({8}) Deutschland wieder aufzubauen, es verdient hatten, dass man ihnen half. Aber den Unterschied, wie Hilfe laufen kann, was übrigens ein klassisches Lehrstück für die jetzige Situation ist, haben wir in Deutschland selbst gesehen: Die Menschen im Osten, in der DDR, und die Menschen im Westen waren gleich fleißig, waren gleich kreativ, hatten gleiche Anlagen und Chancen. Die einen konnten sie nutzen, weil das System so war, dass man sie nutzen konnte; deshalb ist Deutschland West gewachsen. Die anderen hatten ein System, das dies nicht begünstigt hat; da konnten die Menschen ihren Beitrag nicht leisten. ({9}) Deswegen ist die DDR verlottert und nicht gewachsen. Das war der entscheidende Unterschied. ({10}) Es lag nicht an den Menschen, es lag am System. ({11}) Dieses Lehrstück aus unserer jüngsten Vergangenheit zeigt es doch - und genau dies machen wir jetzt miteinander -: Wir wollen den Griechen helfen, Bedingungen zu schaffen, die sie auf genau den Weg führen, den wir in Deutschland erfolgreich gegangen sind. Da war, Frau Göring-Eckardt, auch nicht alles hundertprozentig unsere freie Meinung. Konrad Adenauer und andere haben mit den Besatzungsmächten ringen müssen, ob dieses oder jenes zulässig ist. Die segensreiche Einrichtung des Bundesverfassungsgerichts zum Beispiel ist nicht allein uns, sondern in erster Linie den Amerikanern eingefallen, weil sie gedacht haben, wir seien nicht zuverlässig genug. ({12}) Heute muss man sagen, dass die Entscheidung richtig war. Wir wollen, dass die Griechen mit unserer Hilfe nun endlich so weit kommen, einen Staat zu schaffen, der in diese Euro-Zone passt und der wettbewerbsfähig ist. Das ist der entscheidende Punkt. Das muss geschehen. ({13}) Ich finde, da hat Wolfgang Schäuble, hat die Bundeskanzlerin, unterstützt von unserem Koalitionspartner, hat die Regierung den richtigen Weg eingeschlagen. Ich habe mich wie der eine oder andere Kollege in meiner Fraktion manchmal gefragt, ob es wirklich richtig war, dass europäische Institutionen den Eindruck erweckt haben, es bleibe alles so, wie es ist, ohne dass größere Anstrengungen notwendig seien. Da war der Hinweis von Wolfgang Schäuble doch völlig richtig, der da lautet: Leute, wir machen euch ein Angebot, weil wir sehen, dass es nur so geht. Aber die letzte Entscheidung, ob ihr das machen wollt, trefft ihr selber. - Das war nicht Härte, wie immer gesagt worden ist, sondern schlicht und ergreifend politische Vernunft, nämlich der Wunsch, Europa als Rechtsgemeinschaft zusammenzuhalten. Dafür herzlichen Dank, lieber Wolfgang Schäuble. ({14}) Die große Mehrheit meiner Fraktion wird heute zustimmen und Wolfgang Schäuble den Auftrag zu Verhandlungen erteilen. Es gibt aber auch einige, die sagen, sie könnten dem nicht folgen. Ich finde, die Botschaft nach Europa und die Botschaft nach Griechenland muss heißen: Wir haben den Kurs von Wolfgang Schäuble in der letzten Verhandlungsrunde mitgetragen und unterstützt. Niemand soll sich in Europa täuschen. Auch heute wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Kurs ihres Finanzministers unterstützen und ihn damit stärken auf dem Weg, Griechenland in Europa wettbewerbsfähig zu machen und in eine Zukunft zu führen. Heute muss die Botschaft sein: Unsere Fraktion unterstützt Wolfgang Schäuble in seiner Verhandlungsstrategie, in seiner Verhandlungsarbeit. ({15}) Es geht heute nicht allein um die Frage: Griechenland, ja oder nein. Es geht vielmehr um die Zukunft Europas und darum, dass wir allen zeigen, dass wir auf dem Weg vorangehen, die Euro-Zone zusammenzuhalten und Europa wettbewerbsfähig zu machen. Wir müssen der Welt zeigen, dass wir Europäer zusammenhalten. Intern aber müssen wir sagen: Jeder muss seinen Beitrag leisten, um Europa wettbewerbsfähig zu machen. Es reicht nicht aus, dass Deutschland wettbewerbsfähig ist. Auf diesem Weg unterstützen wir diejenigen, die eine Hauptlast der Verhandlungen getragen haben, nämlich Wolfgang Schäuble und Angela Merkel. ({16})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächster Redner ist der Kollege Dietmar Bartsch, Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Dietmar Bartsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003034, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schäuble, Sie haben der Opposition vorgeworfen, sie würde behaupten, dass alles leicht gehe. Ich glaube, niemand sagt, dass es leicht geht. Aber eines müssen wir doch konstatieren: Es gab schon zwei sogenannte Hilfspakete. Diese Hilfspakete haben Ergebnisse gebracht. Wir sehen, die griechische Wirtschaft ist zusammengebrochen, es gibt eine humanitäre Katastrophe. Aber das Entscheidende ist: Europa wurde dadurch nicht zusammengeführt. Das Gegenteil ist der Fall; Europa driftet auseinander. Das hat auch darin seine Ursache. Wo ist denn beim dritten Hilfspaket wirklich eine Korrektur? Es gibt keine. Wo sind denn die notwendigen Investitionen? Diese gibt es nicht. Wo ist eine Lösung für die Schulden? Auch diese gibt es nicht. Stattdessen: Der bisherige Weg, der in diese Katastrophe geführt hat, wird fortgesetzt. Deswegen werden wir mit Nein stimmen. ({0}) Herr Schäuble, Sie sprachen von einer ernsthaften Debatte. Das heißt bei Ihnen im Kern: Entweder sieht man das Ganze so wie Sie, oder das, was man sagt, ist billige Polemik. - Nein, das ist nicht der Fall. Es gibt wirklich Alternativen. Es gibt nicht nur den Weg, den Sie beschreiben. Aber Sie haben - das will ich gerne aufnehmen - einen kühlen Kopf angemahnt. Die Kanzlerin, der Vizekanzler, Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, alle haben darüber geredet, dass es nicht nur um Griechenland, sondern dass es um Europa geht. Ich will zitieren: Europa … ist Vielfalt und Kultur, ist Freundschaft und Miteinander, ist Nachhaltigkeit und Zukunft. Es ist doch kleinmütig, wenn wir Europa, wenn wir die europäische Idee nur auf Finanzfragen - so wichtig die sind - reduzieren wollten. … Was hält Europa zusammen? Ganz sicher seine weltweit einmalige Mischung aus Freiheit und sozialer Gerechtigkeit, aus demokratischer Teilhabe und Rechtsstaatlichkeit. Das hat etwas mit der jüdischchristlichen Prägung Europas in seinen Anfängen zu tun, auch mit dem Erbe des klassischen Griechenland. Das sind die Worte eines für die Verdienste um die Einigung Europas Ausgezeichneten, eines Trägers des Internationalen Karlspreises zu Aachen. Der eben zitierte Preisträger heißt Wolfgang Schäuble. ({1}) Er hat in seiner Rede dann weiter ausgeführt, dass, wenn eine junge Europäerin aus Griechenland den Preis erhält, dies die richtige Antwort sei. Das Sehnen nach Freiheit, nach Sicherheit, nach Stabilität, nach Rechtsstaatlichkeit, nach Wohlstand und nach Solidarität sei wichtig. ({2}) Warum, Herr Schäuble, haben Sie denn mit dieser Position des Jahres 2012 gebrochen? ({3}) Sie vertreten jetzt die Position, die Volker Kauder im November 2011 formuliert hat: „Auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen.“ Das ist Ihre Position. Das ist nicht akzeptabel. Wir wollen kein deutsches Europa, meine Damen und Herren. ({4}) Es sind hier viele Zitate von Herrn Renzi und anderen vorgetragen worden. Ich will nur auf eines verweisen. Herr Gabriel hat hier gesagt, Deutschland und Frankreich haben Führung übernommen. Ich möchte dazu den österreichischen Kanzler Werner Faymann zitieren. Er sagte: Besonders das zuletzt gute deutsch-französische Verhältnis ist auf die Probe gestellt worden, das hat man gemerkt. Sie haben das deutsch-französische Verhältnis auf die Probe gestellt. Das ist nicht in Ordnung. Dieses Verhältnis ist wichtig für Europa. So etwas dürfen auch Sie sich nicht leisten. ({5}) Ohne orakeln zu wollen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs vom 13. Juli am Ende als der Anfang vom Ende der europäischen Einigung charakterisiert werden. Sie, meine Damen und Herren, verspielen das Erbe von Helmut Kohl, das Erbe von Helmut Schmidt. Das ist die reale Situation. ({6}) Einen Beweis - für Sie, Herr Kahrs -, ich zitiere Romano Prodi, auch kein Linker: Die deutsche Regierung war unflexibel. Die griechische Regierung hat tausend Fehler gemacht, das ist klar, aber sie wurde zwangsverwaltet und ihrer Entscheidungsgewalt beraubt. Und das wird in Zukunft kräftige Spuren hinterlassen. Jetzt sorgt das erst mal nur für viel Angst. Herr Prodi spricht von Angst, von Angst vor Deutschland. Wohin sind wir gekommen, meine Damen und Herren? Das ist angesichts unserer Geschichte zumindest einmal ein Anlass, nachzudenken. ({7}) Lassen Sie mich kurz etwas sagen, weil Herr Oppermann uns vorgeworfen hat, uns ginge es nicht um die Menschen. Schauen Sie sich das Gesundheitswesen in Griechenland an! Eine Katastrophe, ein Drittel der Bevölkerung ist nicht mehr krankenversichert. Auf Deutschland umgerechnet wären das 27 Millionen Menschen, eine völlig inakzeptable Situation. Ich habe gestern einen Bericht gelesen, in dem geschildert wurde, wie ein schwer herzkranker Mann auf der Intensivstation behandelt worden ist. Er war anschließend wegen nicht bezahlter Rechnung viereinhalb Monate in Untersuchungshaft. Stellen Sie sich eine solche Situation einmal vor, meine Damen und Herren! Deswegen sind wir hier, unabhängig von allen anderen Programmen, gefordert, zu handeln. Wir können handeln. Wir sollten die Lieferung von Medikamenten für chronisch Kranke initiieren. Wir müssen vor allen Dingen die aktive Abwerbung von griechischen Ärzten und Pflegekräften durch Deutschland stoppen. ({8}) Das wäre eine richtige Maßnahme, mit der wir wirklich unterstützen könnten. ({9}) Ich könnte die gesamte humanitäre Katastrophe beschreiben. ({10}) Es widerspricht sogar der Grundrechtecharta der Europäischen Union, was dort passiert. Daher ist es eben nicht ausreichend, wie der Vizekanzler sagt, dass Unternehmen, Kommunen und Wohlfahrtsverbände agieren sollen. Das ist zwar sehr gut, und wir sind auch damit einverstanden, aber die Bundesregierung und wir sind hier gefordert. ({11}) Angesichts dieser Katastrophe sollten wir ein Hilfsprogramm auflegen, und zwar sehr schnell und sehr konkret, damit wirklich geholfen wird. ({12}) Es nutzt im Übrigen überhaupt nicht, Dankeshymnen vorzutragen, wie es Herr Oppermann getan hat. Das passt bei der Lola-Verleihung, aber nicht im Deutschen Bundestag. ({13}) Er sollte besser dort ansetzen, wo es notwendig ist. Wenn ich dann noch „marxistische Dialektik“ höre, so mache ich gerne einmal ein individuelles Seminar. Es geht nämlich schief, wenn sich Sozialdemokraten daran versuchen. ({14})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege.

Dr. Dietmar Bartsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003034, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin, ich kürze es ab. - Meine Damen und Herren, stoppen Sie diese verhängnisvolle Entwicklung! Denken Sie noch einmal darüber nach, was außerhalb dessen, was Sie heute gegen unsere Stimmen beschließen werden, möglich ist! Es wäre sinnvoll, damit Europa zusammengehalten wird. Denn das sollte unser aller Ziel sein. Herzlichen Dank. ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt Carsten Schneider das Wort. ({0})

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt mittlerweile eine intensive Debatte in der europäischen Öffentlichkeit. Das zeigen nicht nur die vielfältige Berichterstattung in den Zeitungen und das Interesse der Bevölkerung an diesem Thema und den vielen Debatten, die wir im Deutschen Bundestag zu Griechenland und anderen Ländern führen. Es ist ein Vorteil, dass es keine Spaltung gibt, sondern ein gegenseitiges Interesse. Wir müssen aber dazu kommen, dass eine solche Spaltung, die durchaus möglich ist, nicht durch Politiker betrieben wird, die ihre jeweilige nationale Öffentlichkeit bespielen und dort Applaus suchen. Das war in Griechenland lange Zeit der Fall, wo die Politiker die Politik, die sie machen mussten, sehr stark auf die anderen Länder, insbesondere auf Deutschland, bezogen haben. Mein Eindruck ist aber auch, dass der eine oder andere im Bundestag die Debatte eher sucht, um die nationale Öffentlichkeit zu bespielen und Vorurteile zu bedienen. Diesen Weg dürfen wir nicht gehen. ({0}) Zu Griechenland haben wir heute zwei Extrempositionen zu dem Erfolg der letzten fünf Jahre erlebt. Auf der einen Seite steht der Bundesfinanzminister, der sagte: Alles war gut, aber dann kam der Regierungswechsel, und damit ist es schlecht geworden. - Auf der anderen Seite haben wir die Linkspartei, die sich nicht zwischen Linkspopulismus - wie Herr Gysi heute, als er vom Europa der Banken gesprochen hat - und Rechtspopulismus - wir haften für Kredite, die wir gar nicht gewähren wollten - entscheiden kann. Sie vertritt eine Art Zwischenposition und sagt dann auch noch: Es war alles schlecht. Ich glaube, beide Positionen sind nicht richtig. Der Bundesfinanzminister hat vorhin den IWF zitiert, der gesagt habe: Es ist alles gut. - Ich lese dessen Stellungnahmen anders. Schon im März 2012 hat der IWF eine Analyse zur Schuldentragfähigkeit und zu den wirt11378 Carsten Schneider ({1}) schaftspolitischen Maßnahmen und deren Auswirkungen erstellt. Sie haben eine selbstkritische Analyse gemacht, und ich wünschte mir, das würde auch in Deutschland stärker zur Kenntnis genommen. Denn sie haben die fiskalischen Multiplikatoren deutlich unterschätzt. Was heißt das? Sie haben unterschätzt, wie stark sich Steuererhöhungen und auch Ausgabenkürzungen auf die Wirtschaftsleistung Griechenlands auswirken. Deswegen ist die Wirtschaftsleistung in Griechenland mit 25 Prozent stärker eingebrochen als prognostiziert. Ich finde, es steht uns gut an, zu sagen: Das war ein Fehler. ({2}) Das war ein klarer Fehler. Wir haben zu schnell und zu hart auf Einsparungen und finanzielle Anstrengungen zum Abbau des Defizits gesetzt. Das Defizit lag in Griechenland bei 15 Prozent. Wir haben viel zu wenig auf das geachtet, was Thomas Oppermann heute hervorgehoben hat, nämlich das Institutionenversagen und Staatsversagen in Griechenland. Ich will aber keine rückwärtsgewandte Diskussion führen, sondern nach vorne blicken. Wir Sozialdemokraten stehen nicht für eine Drohung gegenüber Griechenland mit einem Grexit und einem Ausscheiden aus der Währungsunion, wenn sie nicht spuren, zur Verfügung. Das ist mit uns nicht zu machen. ({3}) Wir profitieren am meisten von allen europäischen Ländern durch die Europäische Union und den Euro. Das ist erstens der Fall, weil der Euro-Kurs niedriger ist, als er es unter Bedingungen wie in der D-Mark-Zeit wäre. Das heißt, unsere Exporte sind billiger, als sie es normalerweise wären. Das gibt Raum für Lohnerhöhungen, die die Gewerkschaften jetzt auch durchsetzen. Der zweite Punkt ist: Den Haushaltsausgleich im Bundeshaushalt, über den wir uns freuen, auch weil wir dadurch Möglichkeiten haben, zusätzlich zu investieren, haben wir vor allem dadurch erzielt, dass wir extrem niedrige Zinsen auf alle unsere Staatsschulden zahlen müssen. Das sind über 10 Milliarden bzw. 12 Milliarden Euro pro Jahr, die wir einsparen. Ich finde, es steht uns als reichstem und wirtschaftlich stärkstem Land in Europa gut an, an dieser Stelle mit einem Land wie Griechenland gemeinsam die Probleme zu lösen. Wer dort war, hat gesehen, wie sehr die Wirtschaft am Boden liegt. Ja, die griechische Vorgängerregierung und auch die amtierende Regierung haben in den letzten Jahren wenig dazu beigetragen, dass es besser wird. Aber nun haben wir die Chance, mit einer Regierung, die das Grundübel anpacken will, den korrupten, nicht effizienten Staat zu bekämpfen. Ich finde, wir müssen diese Chance ergreifen und den Griechen so gut wie möglich helfen. So interpretiere ich den Antrag, den der Bundesfinanzminister für heute gestellt hat. Ich erwarte, dass in diesem Sinne verhandelt wird. Ich will klar sagen: Mich haben die Diskussionen - zuletzt gestern im Deutschlandfunk -, ob der Grexit nicht doch die bessere Variante für Griechenland wäre, mehr als irritiert. ({4}) Denn ein Grexit wäre für Europa und insbesondere für Deutschland nicht die bessere Variante, sondern die teuerste Variante. Schließlich würden in einem solchen Fall die Kredite, die wir gegeben haben, sofort fällig. Es wäre für Griechenland nicht die beste Variante, weil dort dann die Banken geschlossen würden und Chaos herrschen würde, genauso wie es die Bundeskanzlerin eben erklärt hat. Aus diesem Grund bitte ich Sie, Herr Bundesfinanzminister: Seien Sie bei den Verhandlungen der Finanzminister Öl und nicht Sand im Getriebe! ({5})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächster Redner ist Sven-Christian Kindler, Bündnis 90/Die Grünen.

Sven Christian Kindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004070, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist völlig klar: Wir haben in den letzten Wochen und Monaten einen unsäglichen Verhandlungspoker erlebt. Dazu hat auch die griechische Regierung viel beigetragen. Sie hat viel Vertrauen zerstört und ist zu wenige notwendige Strukturreformen angegangen; das kritisieren wir Grüne klar. Das muss hier gesagt werden. ({0}) Ich will mich aber noch einmal mit der Rolle der Bundesregierung beschäftigen. Es wird Sie nicht überraschen, dass ich von dieser Bundesregierung wenig halte. Trotzdem hat mich am letzten Wochenende ziemlich überrascht, was diese Regierung vorgelegt hat. Ich hätte nicht erwartet, dass man so weit geht. Wie die Bundesregierung - mit welcher Dominanz, mit welcher Erpressungsstrategie und mit dem Grexit-Vorschlag in einer Situation, in der Europa am Abgrund steht - vorgegangen ist, hat mich am Wochenende wirklich fassungslos gemacht. So darf doch eine Bundesregierung in Europa nicht verhandeln. Das geht doch nicht. Das muss man hier klar kritisieren. ({1}) Was ist an diesem Wochenende passiert? Die Bundesregierung hat - der Schäuble-Vorschlag war ja mit Frau Merkel und Herrn Gabriel abgestimmt - einen Vorschlag für einen Grexit in die Verhandlungen eingebracht. Damit hat sie für weniger statt für mehr Europa plädiert. Das ist ein historischer Bruch mit der deutschen Europapolitik seit den Römischen Verträgen von 1957. ({2}) Hier bahnt sich ein historischer Paradigmenwechsel an, weil man zu sehr auf die nationalen Stammtische schaut und zu wenig auf das gemeinsame europäische Interesse achtet. Es macht mich sehr besorgt, was wir gerade in diesen Stunden in Deutschland und im Bundestag erleben. ({3}) Wir müssen dafür eintreten, dass es ein gemeinsames Europa gibt, dass nicht nach dem Motto „Der Stärkere gewinnt“ verhandelt wird, sondern dass man faire Kompromisse schließt. In Berlin darf kein Hegemoniezentrum aufgebaut werden. Die Bundesregierung darf kein deutsches Europa vorantreiben. Notwendig ist doch ein europäisches Deutschland, ein gemeinsames Europa. Dafür müssen wir in Deutschland streiten. ({4}) Am Wochenende haben wir einen zweiten historischen Bruch erlebt. Bisher war immer klar: Eine zentrale Säule der deutschen Europapolitik ist die deutsch-französische Zusammenarbeit. - Diese wurde an diesem Wochenende schwer beschädigt. Trotz politischer Unterschiede haben Deutschland und Frankreich auf europäischer Ebene immer versucht, zusammenzuhalten und zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. Aber diesmal mussten Frankreich, Italien und andere europäische Länder den Grexit-Vorschlag Deutschlands verhindern. Ich möchte hier ganz klar Danke sagen, Danke an François Hollande, Danke an Matteo Renzi, Danke an Werner Faymann in Österreich und Danke an Jean-Claude Juncker. Vielen Dank, merci beaucoup, grazie mille! Das, was Sie am Wochenende gemacht haben, war notwendig. ({5}) Wir Grüne sagen klar: Wir sind für Verhandlungen. Wir sind gegen den Grexit. Wir sind für ein drittes Hilfsprogramm. Wir sind aber für faire Verhandlungen. Wir sind für ein faires Ergebnis. Wir wollen gerechte Strukturreformen in Griechenland, aber keine weitere Kaputtsparpolitik. Deswegen haben wir einen eigenen Entschließungsantrag für ein ESM-Mandat vorgelegt. Wir brauchen jetzt Verhandlungen - aber zu fairen Bedingungen -, die Griechenland helfen, im Euro zu bleiben; denn nur eine faire, eine nachhaltige Lösung wird dafür sorgen, dass der Grexit dauerhaft verhindert ist, und das ist notwendig. Danke. ({6})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächste Rednerin ist die Kollegin Gerda Hasselfeldt, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000825, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine schwierige Entscheidung zu treffen. Niemand in diesem Haus macht sich diese Entscheidung leicht. Wir in der CDU/CSU-Fraktion und in meiner Landesgruppe haben in den letzten Tagen intensiv diskutiert. Wir haben alle Argumente nicht nur angehört, sondern auch ausgetauscht. Ich habe großes Verständnis für so manche Unsicherheit, auch für Unmut über das Verhalten der griechischen Regierung in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten. Diese Unsicherheit kommt natürlich auch daher, dass man sich fragt: Wird die jetzige griechische Regierung erstens die Kraft haben, zweitens den Mut haben, drittens auch den Willen haben, die notwendigen Maßnahmen auch wirklich umzusetzen, durchzusetzen und nicht nur theoretische Beschlüsse zu fassen? Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund der Äußerungen so mancher Regierungsmitglieder in Griechenland in den letzten Tagen und Wochen. Tatsache ist, dass in diesen letzten Wochen und Monaten die griechische Regierung viel Vertrauen der Partner in Europa kaputtgemacht hat. ({0}) Das ist das eine. Dazu kommt aber auch noch, dass in den letzten Monaten wertvolle Zeit verstrichen ist, dass die notwendigen Reformen nicht gemacht wurden, dass sogar frühere Reformen, die erfolgreich waren, wieder zurückgenommen wurden. Dazu gehört, dass Wahlversprechen gemacht wurden, von denen von Anfang an klar war, dass sie mit eigenen Mitteln nicht zu finanzieren sind. Das alles hat dazu geführt, dass das Land mittlerweile wieder am Abgrund ist, und die Menschen in Griechenland sind die Leidtragenden. Dabei hat alles eigentlich einen ganz guten Weg genommen. Ende letzten Jahres war die wirtschaftliche Entwicklung wieder so, dass sogar Wachstum verzeichnet werden konnte, das stärkste Wachstum in allen europäischen Ländern. Die Arbeitslosigkeit ging in der Tendenz zurück. Ja, auch bei der Staatsschuldenquote wurde eine Trendwende erreicht. Aber das alles ist ganz schnell innerhalb weniger Monate durch diese Regierung kaputtgemacht worden. Das gehört zur Wahrheit, und deshalb ist so manche Skepsis durchaus verständlich. Diese Wahrheit ist letztlich das praktische Ergebnis der Politik einer Regierung, die von Links- und Rechtsextremen geführt wird. Bei einer Gelegenheit wie dieser fällt mir immer ein, was Margaret Thatcher vor vielen Jahren, ja Jahrzehnten gesagt hat - ich zitiere sinngemäß -: ({1}) Das Problem der Linken ist, dass ihnen irgendwann einmal das Geld anderer Leute ausgeht. - Genau das ist es. ({2}) Nun ist die Frage: Was ist zu tun? Was ist die Zielsetzung? Es wurde in der Debatte schon mehrfach angesprochen: Es geht nicht nur um Griechenland. Es geht bei dieser Debatte und bei dieser Entscheidung um die Stabilität unserer gemeinsamen Währung und um die Stabilität unseres gemeinsamen Europas. Die gemeinsame Währung ist es! Es ist nicht irgendeine Währung. Es ist unsere Währung. Deshalb haben wir alle in Europa das größte Interesse daran, dass diese unsere Währung stabil bleibt und dass dieses Europa zusammenbleibt; denn es ist die größte, die beste Errungenschaft dieses Jahrhunderts. ({3}) Es ist gut, dass wir über den richtigen Weg ausgiebig diskutieren. Es sind mehrere Vorschläge gemacht worden; die Kanzlerin ist darauf eingegangen, ich brauche das nicht zu vertiefen. Der Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, ist einer, der an das anschließt, was wir bisher gemacht haben, und zwar nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa, nämlich an den Grundsatz: Solidarität und Eigenverantwortung gehören zusammen. Solidarität ja, aber für die notwendigen Reformen muss das jeweilige Land sorgen. Nur dann, wenn die Hausaufgaben in den jeweiligen Nationalstaaten gemacht werden, wird dieses Europa wettbewerbsfähig bleiben und werden die einzelnen Nationalstaaten auch wettbewerbsfähig sein. ({4}) Dieser Grundsatz - Solidarität und Eigenverantwortung - spiegelt sich in dem wider, was Grundlage der Verhandlungen sein wird, nachdem wir heute die Entscheidung dafür treffen. Er ist sogar in Richtung von noch mehr Eigenverantwortung verstärkt, weil dies notwendig ist. Dazu gehört beispielsweise, dass das griechische Parlament schon vorgestern, vor unserer Entscheidung hier, Beschlüsse gefasst und Gesetze verabschiedet hat. Dazu gehört auch, dass der IWF weiterhin dabei ist. Dazu gehört der Treuhandfonds für die Privatisierungen und vieles mehr. Ja, es ist strenger. Die Konditionalität ist strenger. Wir brauchen keine Ankündigungen, sondern wir brauchen Beschlüsse. ({5}) Wir brauchen keine unverbindlichen Listen, sondern wir brauchen konkrete Gesetze. Wir brauchen nicht Worte, sondern wir brauchen Taten. Das ist die Grundlage. ({6}) Ich möchte dem Bundesfinanzminister für die anstehenden Verhandlungen Folgendes mit auf den Weg geben: Wir wollen Sie in Ihrem Bemühen stärken, die Konditionalität auch in den konkreten Verhandlungen hochzuheben, und zwar nicht, weil wir einfach hart sein wollen, sondern weil es die Situation in Griechenland notwendig macht. Manche fragen: Ist das nicht vielleicht zu hart? Ist es nicht zu schnell, was wir da erwarten? Meine Damen und Herren, wenn die griechische Regierung in den letzten Monaten ihre Hausaufgaben gemacht hätte, wenn nicht wertvolle Zeit verstrichen wäre und wenn nicht Wahlversprechen gemacht worden wären, die nicht eingehalten werden konnten - von Anfang an nicht eingehalten werden konnten -, dann wäre Griechenland nicht in der Situation, in der es jetzt ist, und dann bräuchten wir diese harten, einschneidenden Maßnahmen auch nicht. Das hat Griechenland selbst zu verantworten. ({7}) Diese Maßnahmen sind kein Hilfspaket. Diese Maßnahmen sind vielmehr Maßnahmen, in deren Vordergrund die Reformen stehen. Dabei handelt es sich um Strukturreformen, die nach einem doch relativ erkennbaren und schon länger erkennbaren Staatsversagen auch den Staatsaufbau beinhalten, und zwar in der Steuerverwaltung, in der Sozialverwaltung, in der Arbeitsverwaltung, im Katasterwesen und in allem, was dazugehört. Das ist bei diesem Programm sogar ganz wesentlich, und es ist gut, dass dies schon im Vorfeld unserer Entscheidung, vor dem Verhandlungsmandat, erkannt und als Zielsetzung verankert wurde. Es wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte mehrfach angesprochen: Was wir mit dieser Entscheidung heute machen, hat eine große europapolitische Bedeutung. Eines der wichtigsten Ergebnisse des Gipfels vom vergangenen Wochenende war, dass Europa zusammengeblieben ist, meine Damen und Herren, dass es eben keinen Riss zwischen Deutschland und Frankreich gegeben hat und gibt, dass es keinen Riss in Europa gibt. Trotz der ganz unterschiedlichen nationalstaatlichen Interessen, trotz der unterschiedlichen Befindlichkeiten und Mentalitäten in den einzelnen Nationalstaaten Europas, trotz der unterschiedlichen Parteien, die dort an der Regierung sind: Europa hat einheitlich gehandelt. Das war immer die große Stärke von Europa: dass Kompromisse gefunden wurden, dass es weiterging, dass man nationalstaatliche Interessen zwar immer mit in die Waagschale geworfen hat, ausdiskutiert hat, dass man dann aber um das Gemeinsame gerungen hat; denn nur dann sind wir eine Wertegemeinschaft, eine Währungsunion, eine Schicksalsunion, eine Friedensund Freiheitsunion, so wie wir dieses Europa verstehen. Dazu gehört aber - ich möchte ausdrücklich das betonen, was Volker Kauder vorhin gesagt hat -, dass Regeln und Vereinbarungen auch eingehalten werden. Auch das gehört zu diesem Europa! Europa kann nur das sein, was wir wollen, wenn das, was nationalstaatlich oder in den einzelnen europäischen Gremien vereinbart ist, nicht nur auf dem Papier steht und nicht politisch aufgeweicht wird. Vielmehr müssen alle sich bemühen, dieses auch einzuhalten. ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute die Entscheidung für ein Verhandlungsmandat für den Bundesfinanzminister treffen, sind wir am Anfang eines Weges, der in den nächsten Wochen noch viel Arbeit abverlangt und uns auch darüber hinaus mit Sicherheit mehrfach beschäftigen wird. Es ist nicht so, dass es einmal eine Entscheidung gibt, und dann läuft das schon. Nach dem, was wir im Plan vor uns haben, wird engmaschig kontrolliert, und deshalb wird uns das immer wieder beschäftigen. Dabei muss ich ehrlich gestehen: Das Vertrauen in die griechische Regierung muss erst noch erwiesen und aufgebaut werden. Aber ich weiß: Die Bevölkerung in Deutschland, die Menschen in Deutschland haben großes Vertrauen in unsere Bundeskanzlerin und in den Bundesfinanzminister, und dieses Vertrauen ist auch gerechtfertigt. ({9}) Ich möchte Ihnen herzlich danken für die Arbeit in den vergangenen Tagen und Wochen, Ihnen aber auch versichern: Das Vertrauen, das Ihnen die deutsche Bevölkerung entgegenbringt, das bringen auch wir Ihnen entgegen. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand. ({10})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Als Nächstes erhält der Kollege Manuel Sarrazin für eine kurze Rede das Wort. ({0})

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Ich glaube, dass hier die Koalition versucht, etwas, was am letzten Wochenende passiert ist, kleinzureden, und zwar hat die Bundeskanzlerin am Samstag ihr Wort gebrochen. Die Bundeskanzlerin hat im Jahr 2012 gesagt: Ich möchte Griechenland im Euro halten. - Die Bundeskanzlerin hat hier verantwortet, dass wir Euro-Rettungspakete beschließen, in denen wir mit unserem deutschen Bundeshaushalt dafür ins Risiko gehen, dass Griechenland im Euro bleibt und nicht defaultet. Dieses Versprechen, dieses Wort, das ist nicht von Alexis Tsipras oder von irgendwem, von Herrn Gysi, sondern das ist das Wort von Angela Merkel gewesen, und das wurde an diesem Wochenende gebrochen. Das versuchen Sie hier kleinzureden. ({0}) Das wichtigste Kapital der Euro-Rettung wie der europäischen Einigung ist der politische Wille und vielleicht inzwischen auch der Ton. Frau Merkel hat gesagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. - Ich habe im Ausland immer gesagt: Auf den Willen Deutschlands, dass der Euro bestehen bleibt, kann man sich verlassen. Das, was Sie an diesem Wochenende geschafft haben, ist, dass es nicht mehr so glaubwürdig ist, dass Deutschland entschlossen dafür einsteht, dass der Euro so, wie er ist, bestehen bleibt. Das ist die Zeitenwende, die Sie hier kleinreden. ({1}) Es gibt Argumente, die man anführen kann. Ich glaube, dass Herr Schäuble nicht dumm ist. Ich glaube, dass der Vorschlag von Herrn Schäuble, der von der Koalition gebilligt wurde, klar war. Darum hören Sie sich an, was wir zu sagen haben: Auch wenn Sie aufgrund einer anderen europapolitischen Überzeugung den parteipolitischen Konsens, der in Deutschland in den letzten 60 Jahren bestand, nämlich dass Europa immer enger zusammenrückt, verlassen: Wir, Bündnis 90/Die Grünen, werden an Bord bleiben und weiterhin für das gemeinsame Europa einstehen. Danke sehr. ({2})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt Axel Schäfer das Wort. ({0})

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um drei Dinge: um das gemeinsame Europa, um das Mitgliedsland Griechenland und um das Mitgliedsland Deutschland. Erstens. Das gemeinsame Europa, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist an diesem Wochenende Gott sei Dank eben nicht zerbrochen; denn diejenigen, die die zentrale Verantwortung haben, haben für den Zusammenhalt gesorgt. Diese zentrale Verantwortung tragen auf der einen Seite die Repräsentanten der Institutionen - der Präsident der Kommission, Juncker, der Präsident des Rates, Tusk, der Präsident der Euro-Zone, Dijsselbloem, und der Präsident des Europäischen Parlaments, Schulz -, und auf der anderen Seite die deutsch-französischen Beziehungen, also die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident. Diese Konstellation hat einen Kompromiss und einen einstimmigen Beschluss ermöglicht. Diese europäische Konstellation, bestehend aus drei Sozialdemokraten und drei Christdemokraten, trägt die Verantwortung. Auch die Koalition in diesem Haus muss die gemeinsame Verantwortung wahrnehmen. ({0}) Ich sage das bewusst, weil nicht alle in diesem Haus dafür waren, dass Jeroen Dijsselbloem weiterhin Präsident der Euro-Gruppe bleibt. Herzliche Gratulation zu seiner Wiederwahl. ({1}) Zweitens. Zu Griechenland. Ja, die Probleme sind vielschichtig und widersprüchlich. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, vieles ist leider auch schrecklich grau. Aber eines ist klar: Die griechische Regierung trägt eine besondere Verantwortung. Es hilft den Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei überhaupt nicht, dies in Abrede zu stellen, dies zu leugnen. Vielmehr geht es darum, dass eine linke Partei, die Verantwortung hat, auch Verantwortung übernimmt. Heute geht es hier wie auch in Athen um eine ganz simple Frage: Stimmen die Parlamente mit Ja - es kann also verhandelt werden - oder sagt ein Parlament Nein? Wenn das alle tun, dann hätte das zur Folge, dass Europa am Ende ist. Heute geht es darum, dies zu verhindern. ({2}) Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, wir unterstützen Alexis Tsipras bei seinen Bemühungen, die er in Brüssel zugesagt hat. Wir sagen auch: Hüte dich vor falschen Freunden, es sind deine wahren Gegner. - Es ist schon ein Problem, wenn bei der Rede des griechischen Ministerpräsidenten im Europäischen Parlament nicht nur Linke - das ist okay -, sondern auch diejenigen, die Europa zerstören wollen, wie Le Pen und UKIP - und Axel Schäfer ({3}) das sind auch Ihre Gegner -, frenetisch Beifall spenden. Auch hier in diesem Haus müssen die Zerstörer Europas zurückgewiesen werden. ({4}) Drittens. Zur Situation hier in Deutschland. Ja, wir führen eine schwierige Debatte, sowohl innerhalb der Parteien als auch mit unseren Wählerinnen und Wählern. Das ist bei den Grünen, der Linkspartei, der Union und der SPD fast gleich. Aber es gibt einen Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei: Unter Ihren Wählerinnen und Wählern gibt es eine große Mehrheit, die für ein Ja plädiert, aber Sie hier im Bundestag wollen mit Nein stimmen. Das ist eine hochinteressante Unterscheidung. So viel zu den Interessen der Wählerinnen und Wähler. ({5}) Eines ist mittlerweile ein Problem geworden - ich will das hier einmal hart aussprechen -: Wir haben in Deutschland einen sich entwickelnden neuen Nationalismus. Wenn ich das sage, hat das nichts mit Knobelbechern, Krieg oder sonst etwas zu tun. Es geht um eine Diskussion über ein „Europa unter Vorbehalt“, um ein Europa unter Vorbehalt all dessen, was man dagegen einwenden kann. Europa unter Vorbehalt: Darum geht es auch in einer Begründung des Bundesverfassungsgerichts, in der 56 Mal von nationaler Souveränität gesprochen wird, während in unserer Verfassung steht, dass wir Deutsche gleichberechtigt in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen wollen. Das ist der Impetus unserer Verfassung. ({6}) Eines finde ich besonders problematisch - da sollten wir alle in diesem Haus wirklich widersprechen -: Es kann nicht sein, dass uns ganz bestimmte Medien, deren Freiheit uns ganz wichtig ist - deshalb nehmen wir uns auch die Freiheit, zu widersprechen -, der Bundeskanzlerin in großen Überschriften diktieren wollen, wie sie sich zu verhalten hat. „Frau Merkel, Sie müssen …“, stand in der Bild-Zeitung. „Frau Merkel, Grexit“, stand in der Bild-Zeitung. An dieser Stelle möchte ich deutlich widersprechen. Das liegt in der Verantwortung des Parlaments, und es ist Aufgabe der Regierung, zu handeln. Wir lassen uns von populistischen Kampagnen nicht zu einer Form des neuen Nationalismus drängen. Wir wollen dieses gemeinsame Europa, und deshalb wollen wir auch ein Ja bei der heutigen Abstimmung. ({7})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank. - Nächster Redner ist Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.

Klaus Peter Willsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauer auf den Tribünen und an den Bildschirmen! Ich habe zuletzt zur Verlängerung von Griechenland II hier gesprochen. Damals habe ich die Vertrauenswürdigkeit von Varoufakis und Tsipras in Zweifel gezogen. Davon habe ich eigentlich nichts zurückzunehmen. In diesem Zusammenhang habe ich auch gesagt, dass wir spätestens im Sommer oder Herbst über ein neues Paket werden reden müssen. Ich habe gesagt: Das werden 40 bis 50 Milliarden Euro sein. Diesbezüglich muss ich mich korrigieren: Wir verhandeln schon im frühen Sommer darüber, und es sind 85 Milliarden Euro. Aber ansonsten war die Treffsicherheit ziemlich groß. Ich glaube nicht, dass dadurch, dass nach dem bewährten Hausrezept „Viel hilft viel“ immer nur Geld nachgeschoben wird, sich in Griechenland irgendetwas verändert. Wenn Sie ein Fass ohne Boden haben, können Sie versuchen, es mit Wasser zu füllen; aber Sie können so viel hineinschütten, wie Sie wollen, es wird nicht voll. Blenden wir zurück auf Griechenland I, auf 2010, und vergleichen wir die Lage von damals mit der von heute. Ich erkenne dabei viele Parallelen. Auch damals ist uns gesagt worden: Das ist ein einmaliges Angebot, das letzte Angebot. Es sollte ja überhaupt nur eines sein. Auch damals ist uns gesagt worden: Die Griechen versprechen viel; sie werden Gesetze ändern; sie werden Strukturreformen durchführen; sie werden bei den Steuern etwas ändern; sie werden am Pensionssystem etwas ändern. Auch die Bilder gleichen sich: Wir haben damals Bilder von Aufständen, von gewalttätigen Demonstrationen gesehen. Häuser haben gebrannt, drei Menschen sind sogar zu Tode gekommen. Dieses Mal, am Mittwoch, haben wir die gleichen Bilder gesehen, Bilder von hitzigen Debatten im Parlament und brennenden Autos auf den Straßen. Man hat so ein bisschen ein Déjà-vuErlebnis. Es gibt aber auch Unterschiede: Bei Griechenland I war der IWF mit einem Drittel dabei, jetzt schleicht er sich raus. Ende des ersten Quartals 2016 will er draußen sein. ({0}) Die Griechen sind nur verpflichtet, einen Antrag zu stellen. Der IWF macht natürlich keine Zusage, dass er dem nachgeben wird. Es gibt einen weiteren Unterschied: Damals konnte man nur vermuten, dass es schwierig sein würde, solche Reformen in Griechenland umzusetzen, weil man nicht genau wusste, ob der Wille dazu da ist. Jetzt wissen wir es. Es gab zwischenzeitlich ein Referendum, bei dem 61 Prozent zum Ausdruck gebracht haben, dass sie diese Strukturreformen nicht wollen. Und wir haben eine Regierung, die im Parlament laut erklärt, sie sei erpresst worden, nur so seien diese Ergebnisse zustande gekommen, sie habe das alles nicht gewollt. Mir ist völlig schleierhaft, wie man glauben kann, dass jetzt, unter diesen Rahmenbedingungen, das funktionieren soll, was in den letzten fünf Jahren nicht funktioniert hat. Ein Weiteres, was sich gleicht: Privatisierungen und Privatisierungserlöse. Im ersten Programm, das die damalige griechische Regierung mit der Troika ausgehandelt hat, stand sozusagen als Restabdeckung ein geplanKlaus-Peter Willsch ter Privatisierungserlös von 50 Milliarden Euro. Realisiert wurden bis heute 2,6 Milliarden Euro. Jetzt soll wieder mit der gleichen Summe gearbeitet werden. Der Privatisierungsfuror geht jetzt richtig durch mit den Griechen, da sie wissen, dass das in einen Fonds geht, der zum größeren Teil zur Schuldentilgung herangezogen werden soll und den sie nicht einmal alleine verwalten können. Das glaubt doch kein Mensch. Man kann wirklich niemandem erklären, wie das realistisch sein soll. Wir haben darüber hinaus im Laufe dieser fünf Jahre eines feststellen müssen: Diese Bail-out-Politik, das Herauspauken von Ländern, die Übernahme der Gläubigerposition gegenüber diesen Ländern hat die Verhältnisse zwischen den Völkern in Europa erheblich beschädigt. Nie haben wir so hässlich übereinander reden hören wie in diesen letzten fünf Jahren und ganz besonders wie in den letzten fünf Monaten. ({1}) Das ist eine verhängnisvolle Folge dieser Schuldenübernahmepolitik; sie führt mit einer gewissen Zwangsläufigkeit dazu. ({2}) Wie muss sich denn das griechische Parlament vorkommen, dass wir hier im Deutschen Bundestag schon wieder einen ganzen Morgen darüber reden, was es eigentlich für Aufgaben zu erledigen hätte? Das ist doch eine Aufgabe, die im griechischen Parlament erledigt werden muss und nicht hier. Der Grundfehler dort ist doch, dass auch jetzt wieder mit dieser Erpressungsstory versucht wird, einen äußeren Feind zu identifizieren, der schuld ist an allem Unbill in dem Lande. Nie ist die Schuld im eigenen Lande. Die Probleme Griechenlands liegen in Griechenland und können nur in Griechenland gelöst werden. Wenn wir mit klugen Ratschlägen von außen kommen, wird das nicht zum Erfolg führen. ({3}) Ich fordere Sie deshalb auf: Stimmen Sie der Mandatierung nicht zu. Der ESM war auch gar nicht dafür gedacht; er sollte, wenn die Euro-Zone als Ganzes in Gefahr ist, aktiviert werden. Hierfür ist er nicht vorgesehen. Der EFSM, der jetzt zur Brückenfinanzierung vorgesehen ist, war eigentlich einmal für die Bewältigung von Naturkatastrophen vorgesehen. ({4}) So wird hier eine Rechtsposition nach der anderen abgeräumt, und es wird beliebig gestaltet, nur um wieder retten zu können.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege.

Klaus Peter Willsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. ({0}) Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Da können Sie einmal sehen, wie lange Sie schon reden. ({0})

Klaus Peter Willsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich meine natürlich: Herr Präsident. ({0}) Wir müssen dazu zurückkehren, dass das Recht in Europa gilt, dass die Herrschaft des Rechts Vorrang hat und dass hier nicht Beliebigkeit Einzug hält. Wenn all die pathetischen Worte, die heute gesagt worden sind, wirklich sind, dann ist es doch völlig egal, wie es ausgeht. Das wiegt doch dann so schwer, dass damit natürlich auch Griechenland IV und Griechenland V begründet werden kann. Ich gehe davon aus, dass das auf uns zukommt. Denn es ist nicht zu erkennen, dass dieser Weg ein erfolgreicher ist. Im Gegenteil: Durch Zeitablauf ist erwiesen, dass es ein erfolgloser Weg ist. Deshalb sollten wir ihn heute beenden. Danke schön. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Johannes Kahrs erhält nun das Wort für die SPDFraktion. ({0})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich bei mir im Wahlkreis über das Thema Griechenland diskutiere, ob bei Hausbesuchen, an Infoständen oder selbst beim Stammtisch, dann sagen ganz viele Menschen: Es ist doch nicht euer Ernst, dass ihr jetzt noch einmal 50, 60, 70, 80 Milliarden Euro nach Griechenland geben wollt. Wir bürgen mit unserem Geld dafür. Seid ihr denn wahnsinnig? - Dann muss man immer lange argumentieren, so wie man auch mit dem Kollegen Willsch argumentieren muss. Es stellt sich dann aber die Frage: Wie geht man das Problem an? Man muss sagen: Es ist ja nicht so, dass das Geld einfach irgendwohin gepumpt wird und nichts passiert - das ist heute schon einmal dargestellt worden -, hier geht es nicht darum, Dinge zu subventionieren oder zu bezahlen, die verbraucht werden und dann weg sind, sondern hier geht es darum, eine Strukturveränderung hinzubekommen. Sigmar Gabriel hat gesagt: Es geht darum, Strukturen zu reformieren. Es geht darum, zu investieren, damit Griechenland mit funktionierenden Strukturen eine Chance hat, die Wirtschaft wieder aufgebaut werden kann und die Griechen in die Lage versetzt werden, ihren Lebensstandard selber zu erarbeiten. - Herr Kauder hat hier zu Recht gesagt, dass in der DDR das System nicht funktioniert hat. Wir müssen mit daran arbeiten, dass das System, das in der DDR nicht funktioniert hat, in Griechenland irgendwann zu funktionieren beginnt. Deswegen hat Thomas Oppermann ja vom Staatsversagen gesprochen. Wenn man sich das vor Augen hält und sagt: „Jawohl, wir wollen helfen, dass die Griechen in die Lage versetzt werden, sich irgendwann selbst zu helfen“, dann ist das doch wirklich sinnvoll. Herr Kauder hat gesagt: Die Rettung Griechenlands findet in Griechenland statt. - Genau so ist es. Deswegen müssen wir den Griechen helfen, sich selbst zu helfen. ({0}) Das, was hier heute von vielen gesagt wurde, ist wirklich grober Unfug. ({1}) Herr Schick hat gesagt, Herr Schäuble verursache durch die Grexit-Diskussion Mehrkosten von 25 Milliarden Euro. Ehrlich gesagt, Herr Schick, war das nicht Herr Schäuble, sondern Herr Tsipras hat durch sein Hin und Her, durch das Referendum und dadurch, dass er selber die Ablehnung empfohlen hat, dafür gesorgt, dass diese Mehrkosten entstanden sind. ({2}) Das ist doch Teil der Wahrheit. Das Hin und Her der letzten sechs Monate hat dazu geführt, dass die griechische Wirtschaft eingebrochen ist, dass das Vertrauen verloren gegangen ist, dass die Banken in eine noch instabilere Lage geraten sind. Das ist das Problem. Wir wollen dabei helfen, dass sich die Situation verbessert. Ich glaube, dass man das sagen muss - auch das gehört nämlich zur Wahrheit dazu -, auch unter Freunden. Wir haben hier heute Reden gehört, die teilweise etwas grenzwertig waren. Die Linke hat alles bemüht und gesagt, wir würden nötigen und die Griechen würden gezwungen werden. Herr Gysi hat es wirklich geschafft, zu sagen: Die Linke wird den Antrag ablehnen; aber sie hat ja empfohlen, dass in Griechenland zugestimmt wird. Das ist wirklich grober Unfug. ({3}) Wenn SPD und CDU/CSU nicht dafür sorgen würden, dass Hilfspakete verabschiedet werden, dann würde es in Griechenland deutlich schlimmer aussehen. Deswegen versteht das, was Sie hier tun, niemand, nicht einmal die Mehrheit Ihrer eigenen Wähler. Das ist doch alles absurd. ({4}) Wir haben auch Frau Wagenknecht gehört, die ja nur dumpfen Populismus betrieben hat, ({5}) die sich kein einziges Mal bemüht hat, irgendwelche Argumente auf den Tisch zu legen und ein kohärentes Konzept zu entwickeln. Sie hat nur alle möglichen Vorurteile bedient und dumme Stammtischparolen wiederholt. Sie hat es aber nicht geschafft, eine Alternative aufzuzeigen. ({6}) Den Kritikern fehlt ein Gegenkonzept zu dem, was die Bundesregierung macht, also eine Alternative, wie es stattdessen laufen soll. Das Peinliche ist doch, dass Sie sich hierhinstellen, Plattitüden verkünden, dummerhaftes Gewäsch von sich geben, den Menschen, die man auf die Bäume gejagt hat, im Ergebnis aber überhaupt keine Perspektive geben, wie man sie wieder herunterholen möchte. Ich finde, das ist verantwortungslos. ({7}) Es wird hier immer über Rentenkürzungen geredet. Man muss sich auch einmal die Mühe machen, sich das griechische Rentensystem anzusehen. Was ist denn dort passiert? Hier geht es nicht um Rentenkürzungen, sondern darum, dass Vorruhestandsregelungen, die es in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern gar nicht gibt, zurückgeführt werden, dass ein Rentensystem, das in sich nicht tragfähig ist, tragfähig gemacht wird. Das ist doch der Sinn. Bisher waren ausgenommen: Mediziner, Juristen, Ingenieure, Journalisten, die Angestellten der Bank von Griechenland und Soldaten. Das kann doch nicht angehen. Entweder gibt es ein Rentensystem für alle, oder es geht nicht. Dass die Linke verhindern will, dass das gemacht wird, ist doch schier absurd. Ein Rentensystem muss funktionieren können. ({8}) Ich sage Ihnen: Wenn Sie mit Ihren Fantasien durchkämen, wir alle den Antrag ablehnen und die Griechen eine abgewertete Drachme bekommen würden, dann wäre das für die griechischen Rentner eine Katastrophe. Dann käme es nämlich zu einer realen Rentenkürzung; denn die Kaufkraft würde um 30, 40 Prozent zurückgehen. Wenn es das ist, was die Linke will, dann ist das weder sozial noch gerecht. Mit so etwas wie Ihnen wird es Rot-Rot-Grün nie geben. ({9}) Sie sorgen dafür, dass es unmöglich ist, mit Ihnen je auf Bundesebene zu koalieren. ({10}) Also: Rot-Grün immer gern. Aber das, was Sie hier abgeliefert haben, geht gar nicht. Sie schließen Rot-RotGrün aus. Jedem in der Presse, der noch davon träumt, dass Rot-Rot-Grün eine Idee wäre und eine Chance hätte,

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

- sage ich: Die gibt es nicht. ({0}) Das muss auch mal gesagt werden, damit es jeder mitbekommt. Vielen Dank, Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Also, Herr Kollege Kahrs, dass diese Debatte auch zur vorläufig abschließenden Klärung künftiger Koalitionsbildung beitragen würde, hätten zu Beginn dieser Debatte die wenigsten für möglich gehalten. Bevor ich nun dem Kollegen Ralph Brinkhaus als letztem Debattenredner das Wort gebe, weise ich darauf hin, dass anschließend der Kollege Liebich noch Gelegenheit zu einer persönlichen Erklärung zur Abstimmung hat. Deswegen bitte ich die Kollegen, die sich da oben schon in der Nähe der noch gar nicht vorhandenen Abstimmungsurnen aufhalten, vielleicht noch ein paar Minuten Platz zu nehmen; hinreichend Plätze sind vorhanden. Jetzt hat der Kollege Brinkhaus das Wort.

Ralph Brinkhaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004021, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele von uns haben in den letzten Tagen und Wochen sehr viele Mails und Briefe bekommen oder sind, wenn sie im Wahlkreis unterwegs waren wie der Kollege Kahrs, angesprochen worden. Viele Menschen haben ihr Unverständnis darüber geäußert, dass wir Griechenland noch mal helfen, dass wir weitermachen. Ich glaube, meine Damen und Herren, bei all den Reden, die wir hier heute Morgen gehalten haben, sollten wir das ernst nehmen und respektieren. Ich würde aber die Leute, die uns da angemailt haben oder uns Briefe geschrieben haben, bitten, auch uns ernst zu nehmen und uns zu respektieren; denn da waren Sprüche dabei wie „Na ja, da schmeißt ihr das Geld raus“ und „Über was denkt ihr eigentlich nach?“. Ich möchte eines an dieser Stelle klarstellen: Alle bei uns aus der Fraktion - und ich glaube, das gilt auch für die anderen Fraktionen - haben sehr mit sich gerungen, diese Entscheidung zu treffen. Ich habe großen Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen, die heute die schwierige Entscheidung treffen, zu sagen: Ich stimme gegen meine Fraktion und sage Nein. - Ich sage aber auch: Ich habe noch viel mehr Respekt vor denjenigen, die heute Ja sagen und sich dafür im Wahlkreis gegebenenfalls verprügeln lassen müssen. ({0}) Meine Damen und Herren, manchmal ist es gut, sich einfach einmal anzuschauen, über was man überhaupt redet. Wenn man sich das Paket, das die Bundesregierung jetzt zusammen mit den europäischen Partnern in die Verhandlungen einbringen möchte, anschaut, dann muss man feststellen: Das ist ein gutes Paket. Wenn irgendwo einmal ein Lehrbuch geschrieben würde, wie man ein Land saniert, dann müsste man sagen: Dort wird alles richtig gemacht. ({1}) Die Gläubiger werden erst einmal auf Abstand gehalten. Man versucht, die Banken zu stabilisieren. Übrigens noch eine nette kleine Nebenbemerkung: Die vereinigte Linke hat uns ja immer vorgeworfen, dass wir die Banken stabilisieren, dass wir das Geld in die Banken reingeben. Jetzt sehen wir, was passiert, wenn Banken in einem Land nicht stabil sind, wozu das führt, meine Damen und Herren. ({2}) Wir haben in diesem Paket aber nicht nur die Banken stabilisiert, sondern es sollen kurzfristige Maßnahmen auf den Weg gebracht werden wie Steuererhöhungen, die schnell etwas bringen, aber auch langfristige Maßnahmen wie die dringend notwendigen Strukturreformen nicht nur im Arbeitsrecht, nicht nur in den Produktmärkten, sondern auch bei den Institutionen. Es ist gut und richtig, wie das gemacht wird, und ich glaube, das ist auch nicht zu kritisieren. Jetzt könnte uns entgegengehalten werden: Ja, aber ein ehrgeiziges Programm, wie es jetzt vereinbart worden ist, braucht doch eine Regierung, die dieses Programm auch mit großer Überzeugung mitträgt. Trägt diese griechische Regierung dieses Programm mit großer Überzeugung mit? - Ich glaube, die Antwort hat uns gerade der Kollege Ernst gegeben, der darauf hingewiesen hat, dass man seine berechtigten Zweifel daran haben kann. Nur, wenn man berechtigte Zweifel daran hat, dann hat man zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Man kann sagen: Okay, dann lasse ich es ganz sein. Das ist die eine Option. Die andere Option ist, zu sagen: Ich versuche es trotzdem, und ich versuche, die Ziele noch enger zu setzen, ich versuche, die Kontrollen noch enger zu setzen, ich versuche, die Mechanismen so aufzusetzen, dass die ganze Sache klappt. - Man kann für beides Pro und Kontra reden. Aber man muss eines wissen: Die Option „Dann lassen wir’s doch“, die wäre mit unseren wichtigsten europäischen Partnern, nämlich den Italienern und Franzosen, nicht machbar gewesen. Meine Damen und Herren, eines ist mir Griechenland bei allem Respekt vor der Situation dort nicht wert: dass wir es uns mit unseren ältesten Partnern, mit den Ländern, mit denen wir zusammen die Europäische Gemeinschaft gegründet haben, wegen Griechenland verscherzen und einen Bruch riskieren. Das kann nicht sein, und das darf nicht sein. ({3}) All denjenigen, die Zweifel daran haben, ob die Maßnahmen richtig sind, sage ich: Es ist auch ein Wert an sich, dass wir in Europa mit diesen Ländern zusammenhalten. Das bitte ich alle bei ihren Entscheidungen mit11386 zudenken und mit einzupreisen, so schwer das auch sein mag. Wir sind nicht naiv, meine Damen und Herren, wir glauben nicht, dass, wenn wir diesen Weg jetzt gehen, wenn wir wieder einen Anlauf nehmen, um Griechenland zu helfen, alles reibungslos klappt. Wir werden einen unangenehmen Sommer haben. Wir werden einen Sommer haben, in dem viel verhandelt wird, in dem viel gestritten wird, in dem viel passieren wird, und es hat auch ein ungewisses Ende, was dabei herauskommen wird. So ehrlich sollten wir zu allen sein: Es hat ein ungewisses Ende. Dass wir jetzt ein Verhandlungsmandat geben, heißt nicht, dass die Verhandlungen auch erfolgreich sein werden. Deswegen ist es wichtig, dass der Deutsche Bundestag hier und heute Folgendes macht: Erstens muss er unseren Verhandlern Rückenwind mit auf den Weg geben, indem er Geschlossenheit und Einigkeit zeigt. Das sollten wir für Wolfgang Schäuble und Angela Merkel machen. ({4}) Zweitens sollten wir klar definieren, was wir erreichen wollen. Ein Land hat - ich glaube, darin sind wir uns alle einig - nur dann Würde, wenn es nicht mehr von Transferzahlungen abhängig ist. Deswegen muss es unser aller Bestreben sein, dieses Land wettbewerbsfähig zu machen, dieses Land unabhängig zu machen von europäischen Hilfeleistungen. Genau das muss unser Ziel sein. Ich glaube, wir haben als Deutscher Bundestag aber auch das Recht, Leitplanken für die Verhandlungen zu setzen. Die Leitplanken, die wir setzen, die Dinge, die wir erwarten, das ist erstens, dass wir klar messbare Ziele vereinbaren, das ist zweitens, dass wir einen Zeitplan vereinbaren, der auch eingehalten wird, das ist drittens, dass wir Kontrollen vereinbaren, die diesen Namen auch verdienen, und das ist viertens, dass wir uns ganz ehrlich machen und uns überlegen, was passiert, wenn das alles nicht zum Erfolg führt. Heute Morgen ist hier das neue Tabuwort in der deutschen Politik sehr kritisiert worden, nämlich das Wort „Grexit“. Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass alle oder zumindest die meisten, die hier sitzen, es vorziehen, wenn Griechenland im Euro bleibt und wenn wir zusammenbleiben. ({5}) Es ist aber auch richtig: Wir sind nicht in der Lage, dafür jeden Preis zu zahlen. Deswegen ist es auch nicht schlimm, darüber nachzudenken, was passiert, wenn dieses Verhandlungspaket nicht erfolgreich ist, was passiert, wenn sich die griechische Regierung weigert, die ganzen Vorgaben umzusetzen, was passiert, wenn wir keine Einigung mit den europäischen Partnern erzielen. Wir können doch nicht so tun, als wenn das heute hier die letzte Debatte wäre. Was haben wir denn gelernt? Wir haben bei Griechenland I hier gesessen, wir haben bei Griechenland II hier gesessen und haben gedacht, das sei das Ende der Geschichte. Jetzt sitzen wir bei Griechenland III. Meine Damen und Herren, ich prophezeie Ihnen: Wir werden noch lange über Griechenland diskutieren. So ehrlich müssen wir sein. ({6}) In schwierigen Situationen, bei kritischen Entscheidungen gibt es schlechte Ratgeber. Ein schlechter Ratgeber ist Zorn. Ich weiß, dass viele in der Bevölkerung und auch viele hier zornig sind, und zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen, auch gegenüber Griechenland, und wahrscheinlich auch zu Recht. Aber Zorn ist ein ganz schlechter Ratgeber und sollte nie handlungsleitend sein. Dementsprechend sollten wir heute, wie der eine oder andere Vorredner das gesagt hat, unsere Entscheidung mit kühlem Kopf treffen. Ein zweiter schlechter Ratgeber ist Ungeduld. Die Europäische Union hat wieder gesagt, sie wolle das Ganze in den nächsten sechs Wochen abwickeln. Das ist unrealistisch. Wir müssen uns die Zeit nehmen, die wir brauchen. Ich plädiere dafür, lieber einmal mehr zu verhandeln, als das Ganze wieder übers Knie zu brechen und wieder nur eine kurzfristige, nicht tragfähige Lösung zu finden. ({7}) Der dritte schlechte Ratgeber ist Angst - Angst davor, dass alles auseinanderbrechen kann, dass alles noch viel schlimmer wird. Angst lähmt und führt nicht dazu, dass wir richtige Entscheidungen treffen. Wir müssen, wie ich es eben gesagt habe, die Sache zu Ende denken, falls es nicht klappt, Griechenland zu helfen, falls es nicht klappt, Griechenland zu integrieren. Meine Damen und Herren, viele sagen: Mein Gott, was habt ihr jetzt für eine kritische Situation in Europa! Mein Gott, wie schlimm und tragisch ist das alles jetzt! Ich muss sagen: Ja, die Situation ist kritisch. Aber auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wer hat denn gedacht, als Europa zusammengeführt und die europäischen Gemeinschaften gegründet worden sind, dass es nur eine Schönwetterveranstaltung ist? Es ist jetzt keine Schönwetterveranstaltung; der Sturm weht. Wir können das Ganze jetzt nicht, wie wir es in der Vergangenheit immer gemacht haben, mit Geld zuschütten, sondern wir müssen Fragen grundsätzlicher Art stellen. Ich glaube, es ist gut und richtig, dass wir diese grundsätzlichen Fragen stellen. Deswegen sollten wir nicht nur über Griechenland diskutieren, sondern auch darüber, wie die Verfasstheit der Europäischen Union zukünftig aussehen soll. Einfach zu sagen, die einzige Lösung seien noch mehr Integration, eine noch schnellere Integration und noch mehr Institutionen, das halte ich für zu kurz gegriffen. Ich glaube, auch das gehört dazu, dass wir in diesem Land darüber sprechen, wie es mit der Europäischen Union weitergeht. ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es könnte der Eindruck entstehen, dass Europa schwierig ist, mühevoll ist, leidvoll ist, anstrengend ist und frustrierend ist. Aber ich habe bei einer Veranstaltung in der letzten Woche in meinem Wahlkreis wieder einmal erfahren dürfen: Europa ist all diese Mühsal und all diese Anstrengungen wert. Sie wissen, ich bin Haushälter und Finanzer. Wenn ich einen Vortrag über die Europäische Union und über die Griechenland-Krise halte, dann benutze ich ganz viele Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, zu Wachstumsraten, Zinsen und was es sonst noch gibt. Ich sage dazu, wie viele Länder in der Europäischen Union sind und ganz viele andere Dinge. Bei der letzten Veranstaltung kam ein alter Mann zu mir und sagte sinngemäß: Herr Brinkhaus, vergessen Sie all die Zahlen. Eine ist wichtig: 70. Da habe ich gefragt: Was heißt 70? Daraufhin hat er geantwortet: 70 Jahre Frieden in Europa. Darauf müssen Sie achten. - Das muss unsere Verpflichtung sein. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Der Kollege Liebich hat jetzt Gelegenheit zur Abgabe einer persönlichen Erklärung.

Stefan Liebich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004093, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung bittet um ein Ja, meine Fraktion empfiehlt ein Nein. Ich werde gleich mit Enthaltung stimmen. Nun werden Sie sagen: Das ist der bequeme Mittelweg. Der macht es sich ganz einfach. - Mir ist, ehrlich gesagt, eine Entscheidung selten so schwer gefallen wie die heute. Ich bin seit 1995 Parlamentarier und habe bisher immer mit meiner Fraktion gestimmt. Das gemeinsame Abstimmen ist mir sehr wichtig. Aber manchmal geht es eben nicht. Ich möchte hier kurz begründen, warum ich heute nicht gemeinsam mit meiner Fraktion abstimme. Ich kann dem Antrag der Bundesregierung, der heute vorliegt, nicht zustimmen, weil er - Herr Oppermann hat das zwar bestritten, aber ich wiederhole es hier - das Ergebnis einer Erpressung der griechischen Regierung ist, ({0}) einer Erpressung deshalb, weil man mit einem Grexit gedroht hat, der für das griechische Volk eine unglaubliche Katastrophe gewesen wäre. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das Verhalten von Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel hat mich entsetzt und enttäuscht. Diese Nacht in Brüssel war eine schwarze Nacht für Europa, an die wir noch lange denken werden. ({1}) Ich verstehe die Argumente meiner Fraktion und anderer für ein Nein sehr gut. Ich kann ihnen aber heute nicht folgen. Ich kann nicht Nein sagen; denn die griechische Regierung und die klare Mehrheit im griechischen Parlament haben den Antrag gestellt, Verhandlungen jetzt zu beginnen, weil dem Land sonst eine humanitäre Katastrophe droht. Die Regierung Tsipras ist zu Kompromissen bereit, die sie selbst und viele Linke in Europa schmerzen, weil sie keinen anderen Ausweg mehr weiß. Das kann ich nicht ablehnen. Dass die Regierung dazu gezwungen ist, ist auch Ergebnis der Schwäche der Linken in ganz Europa und auch hier in Deutschland. Dem Irrsinn einer Politik, die in der Krise auf Sparen setzt, haben wir zu wenig entgegengesetzt. Das muss anders werden. ({2}) Ich möchte nicht mit jenen aus der CDU/CSU zusammen abstimmen, die einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone in Kauf nehmen oder sogar wollen. ({3}) Ich möchte nicht den Wunsch der Bild-Zeitung erfüllen, die seit Wochen auf unerträgliche Weise gegen Griechenland hetzt. Auch deshalb kann ich heute nicht mit Nein stimmen. ({4}) Ich wünsche mir, anders als einige auf der rechten Seite des Hauses und in der Bundesregierung, dass die Regierung Tsipras nicht scheitert, sondern eine Chance erhält, mit der Politik ihrer Vorgänger zu brechen. Dieser Weg wird schwer und steinig und ist mit unangenehmen Entscheidungen gepflastert. Aber ich möchte, dass sie ihn gehen kann. Deshalb kann ich zum ersten Schritt dazu nicht Nein sagen und werde mich heute enthalten. Danke schön. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Wir sind damit am Ende der Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen. Mir liegt noch eine Reihe von schriftlichen persönlichen Erklärungen zur Abstimmung vor, die wir wie immer dem Protokoll beifügen.1) Unter dem Tagesordnungspunkt 1 a kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Bundesministe- riums der Finanzen auf der Drucksache 18/5590 mit dem Titel: „Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands“, „Ein- holung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages“. Ich glaube, ich muss den gesamten Text nicht noch einmal vortragen. Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, mache ich darauf aufmerksam, dass wir im Anschluss an die erste und zweite namentliche Abstimmung jeweils eine einfa- che Abstimmung durchführen werden. Daher bitte ich Sie, sich nach den namentlichen Abstimmungen zu Ihren Plätzen zu begeben. 1) Siehe Anlagen 2 bis 8 Präsident Dr. Norbert Lammert Wir stimmen nun über den Antrag des Bundesminis- teriums der Finanzen ab. Hierzu ist auf Antrag der CDU/ CSU und der SPD eine namentliche Abstimmung vorge- sehen. Ich darf die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, ihre Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an den Urnen jeweils doppelt besetzt? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich die erste Abstimmung. Darf ich fragen, ob noch Kolleginnen oder Kollegen im Saal anwesend sind, die ihre Karte zur ersten nament- lichen Abstimmung nicht abgegeben haben? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die erste namentliche Abstimmung. Wir kommen damit zur Abstimmung über die Ent- schließungsanträge. Ich rufe zunächst den Entschlie- ßungsantrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 18/5592 auf. Wer stimmt für diesen Entschließungsan- trag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Da- mit ist der Entschließungsantrag gegen die Stimmen der Antragsteller mit den Stimmen der übrigen Mitglieder des Hauses abgelehnt. Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen auf der Drucksache 18/5593 auf. Da- rüber stimmen wir auf Verlangen der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen namentlich ab. Deswegen darf ich die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, wieder die Plätze einzunehmen. Sind alle Plätze an den Abstim- mungsurnen besetzt? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich die zweite namentliche Abstimmung. Haben alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmkarte abgegeben? - Das ist offenkundig der Fall. Dann schließe ich hiermit die zweite namentliche Abstimmung.1) Ich rufe nun den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/5594 auf. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist erkennbar von einer hinreichend großen Mehrheit abgelehnt. Wir kommen dann unter dem Tagesordnungspunkt 1 b zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/5595 mit dem Titel „Beschluss des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes ({0}); Verwendung der SMP-Mittel 2014 zur 1) Ergebnis Seite 11391 A Absicherung einer Brückenfinanzierung“. Auch über diesen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stim- men wir auf Verlangen der Fraktion namentlich ab. Ich möchte die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, sich zum dritten und vorläufig letzten Mal um die dafür vorgesehenen - hoffentlich ausgewechselten - lee- ren Urnen zu versammeln. - Dann eröffne ich hiermit die dritte namentliche Abstimmung. Ich habe den Eindruck, dass alle, die abstimmen woll- ten, nun auch abgestimmt haben. Dann schließe ich hier- mit die dritte namentliche Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, auch hier mit der Auszählung zu beginnen2). Wir müssen bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse dieser Abstimmung die Sitzung unterbrechen. Da ich ahne, dass die Bekanntgabe der Ergebnisse der Abstimmungen nicht mehr bei vollem Haus stattfindet, erlaube ich mir schon jetzt den Hinweis, dass für den Fall, dass der Deutsche Bundestag der Bundesregierung das erbetene Mandat erteilt haben sollte, manches dafür spricht, dass wir uns nicht erst zur Haushaltswoche wiedersehen, sondern gegebenenfalls früher. Das teilen wir dann gegebenenfalls unverzüglich mit. Die Sitzung ist unterbrochen. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich darf Ihnen das Ergebnis der drei namentlichen Abstimmungen mitteilen - mit herzlichem Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die das Auszählen nicht nur überhaupt, sondern mit einer bemerkenswerten Geschwindigkeit erledigt haben. ({0}) Zunächst gebe ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zur Stabilitätshilfe zugunsten Griechen- lands bekannt: abgegebene Stimmen 598. Mit Ja haben gestimmt 439. Mit Nein haben gestimmt 119. Enthalten haben sich 40 Kolleginnen und Kollegen. Damit ist der Antrag angenommen. 2) Ergebnis Seite 11393 B Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 598; davon ja: 439 nein: 119 enthalten: 40 Ja CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Norbert Brackmann Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Präsident Dr. Norbert Lammert Dr. Helge Braun Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Uwe Feiler Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({1}) Dr. Maria Flachsbarth Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({2}) Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Ingo Gädechens Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Reinhard Grindel Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Jürgen Hardt Dr. Stefan Heck Helmut Heiderich Mechthild Heil Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Christian Hirte Thorsten Hoffmann ({3}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kanitz Anja Karliczek Bernhard Kaster Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Patricia Lips Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Stephan Mayer ({4}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({5}) Stefan Müller ({6}) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({7}) Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Anita Schäfer ({8}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt ({9}) Gabriele Schmidt ({10}) Patrick Schnieder Nadine Schön ({11}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({12}) Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster ({13}) Christina Schwarzer Johannes Selle Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Rita Stockhofe Gero Storjohann Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl ({14}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({15}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg ({16}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({17}) Sabine Weiss ({18}) Karl-Georg Wellmann Waldemar Westermayer Kai Whittaker Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({19}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Uwe Beckmeyer Lothar Binding ({20}) Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Saskia Esken Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Präsident Dr. Norbert Lammert Kerstin Griese Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Dirk Heidenblut Hubertus Heil ({21}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({22}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({23}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller ({24}) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Ulli Nissen Mahmut Özdemir ({25}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({26}) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({27}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({28}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({29}) Matthias Schmidt ({30}) Dagmar Schmidt ({31}) Carsten Schneider ({32}) Ursula Schulte Swen Schulz ({33}) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({34}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({35}) Ekin Deligöz Matthias Gastel Anja Hajduk Britta Haßelmann Dieter Janecek Tom Koenigs Oliver Krischer Renate Künast Dr. Tobias Lindner Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Brigitte Pothmer Kordula Schulz-Asche Markus Tressel Dr. Valerie Wilms Nein CDU/CSU Thomas Bareiß Manfred Behrens ({36}) Veronika Bellmann Peter Beyer Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Cajus Caesar Thomas Dörflinger Hermann Färber Axel E. Fischer ({37}) Klaus-Peter Flosbach Michael Frieser Alexander Funk Dr. Thomas Gebhart Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Olav Gutting Dr. Stephan Harbarth Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Matthias Heider Frank Heinrich ({38}) Mark Helfrich Uda Heller Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Hubert Hüppe Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Alois Karl Jens Koeppen Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Carsten Linnemann Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Jan Metzler Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Tim Ostermann Dr. Peter Ramsauer Albert Rupprecht Ronja Schmitt Bernhard Schulte-Drüggelte Detlef Seif Reinhold Sendker Tino Sorge Dr. Wolfgang Stefinger Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Stephan Stracke Arnold Vaatz Ingo Wellenreuther Marian Wendt Dagmar G. Wöhrl Emmi Zeulner SPD Marco Bülow Thomas Jurk Jeannine Pflugradt Peer Steinbrück DIE LINKE Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Sevim Dağdelen Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. André Hahn Heike Hänsel Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller ({39}) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({40}) Martina Renner Präsident Dr. Norbert Lammert Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Halina Wawzyniak Harald Weinberg Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({41}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Sylvia Kotting-Uhl Hans-Christian Ströbele Enthalten CDU/CSU Steffen Bilger Wilfried Lorenz Dr. Andreas Nick Ulrich Petzold Eckhard Pols DIE LINKE Richard Pitterle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Volker Beck ({42}) Dr. Franziska Brantner Katja Dörner Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Stephan Kühn ({43}) Christian Kühn ({44}) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Nicole Maisch Peter Meiwald Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Lisa Paus Claudia Roth ({45}) Corinna Rüffer Ulle Schauws Dr. Frithjof Schmidt Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Ich gebe dann das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/5593 zum Antrag des Bundesfinanzministeriums bekannt: Hier sind 599 Stimmen abgegeben worden. Mit Ja haben gestimmt 75, mit Nein 484. Enthalten haben sich 40 Kolleginnen und Kollegen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 598; davon ja: 74 nein: 484 enthalten: 40 Ja SPD Marco Bülow DIE LINKE Katrin Kunert Caren Lay Cornelia Möhring Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({46}) Richard Pitterle Martina Renner Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Halina Wawzyniak Harald Weinberg Birgit Wöllert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({47}) Volker Beck ({48}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn ({49}) Christian Kühn ({50}) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Claudia Roth ({51}) Corinna Rüffer Ulle Schauws Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens ({52}) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({53}) Axel E. Fischer ({54}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({55}) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Präsident Dr. Norbert Lammert Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({56}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({57}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({58}) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({59}) Stefan Müller ({60}) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({61}) Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({62}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt ({63}) Gabriele Schmidt ({64}) Ronja Schmitt Patrick Schnieder Nadine Schön ({65}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({66}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster ({67}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Erika Steinbach Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl ({68}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({69}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg ({70}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({71}) Sabine Weiss ({72}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({73}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Uwe Beckmeyer Lothar Binding ({74}) Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Präsident Dr. Norbert Lammert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Saskia Esken Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Dirk Heidenblut Hubertus Heil ({75}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({76}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({77}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller ({78}) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Ulli Nissen Mahmut Özdemir ({79}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({80}) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({81}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({82}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({83}) Matthias Schmidt ({84}) Dagmar Schmidt ({85}) Carsten Schneider ({86}) Ursula Schulte Swen Schulz ({87}) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({88}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Enthalten DIE LINKE Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Sevim Dağdelen Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. André Hahn Heike Hänsel Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Sabine Leidig Ralph Lenkert Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Niema Movassat Norbert Müller ({89}) Dr. Alexander S. Neu Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Azize Tank Alexander Ulrich Kathrin Vogler Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({90}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Valerie Wilms Schließlich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der dritten namentlichen Abstimmung, nämlich über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum „Beschluss des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes ({91}); Verwendung der SMP-Mittel 2014 zur Absicherung einer Brückenfinanzierung“: 598 abgegebene Stimmen. Mit Ja gestimmt haben wieder 75 Mitglieder des Hauses. Mit Nein gestimmt haben 485 Mitglieder des Hauses. Enthalten haben sich 38 Kolleginnen und Kollegen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Präsident Dr. Norbert Lammert Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 598; davon ja: 75 nein: 485 enthalten: 38 Ja SPD Marco Bülow DIE LINKE Katrin Kunert Caren Lay Ralph Lenkert Cornelia Möhring Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold ({92}) Richard Pitterle Martina Renner Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Halina Wawzyniak Harald Weinberg Birgit Wöllert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck ({93}) Volker Beck ({94}) Dr. Franziska Brantner Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn ({95}) Christian Kühn ({96}) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Claudia Roth ({97}) Corinna Rüffer Ulle Schauws Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Nein CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens ({98}) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({99}) Axel E. Fischer ({100}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich ({101}) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich ({102}) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann ({103}) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Andreas Jung Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Dr. Thomas de Maizière Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({104}) Reiner Meier Präsident Dr. Norbert Lammert Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller ({105}) Stefan Müller ({106}) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({107}) Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer ({108}) Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt ({109}) Gabriele Schmidt ({110}) Ronja Schmitt Patrick Schnieder Nadine Schön ({111}) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder ({112}) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster ({113}) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Erika Steinbach Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl ({114}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel ({115}) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg ({116}) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß ({117}) Sabine Weiss ({118}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese ({119}) Elisabeth WinkelmeierBecker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Uwe Beckmeyer Lothar Binding ({120}) Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Saskia Esken Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Dirk Heidenblut Hubertus Heil ({121}) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({122}) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange ({123}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller ({124}) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Ulli Nissen Mahmut Özdemir ({125}) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post ({126}) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({127}) Susann Rüthrich Bernd Rützel Präsident Dr. Norbert Lammert Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer ({128}) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt ({129}) Matthias Schmidt ({130}) Dagmar Schmidt ({131}) Carsten Schneider ({132}) Ursula Schulte Swen Schulz ({133}) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff ({134}) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Valerie Wilms Enthalten DIE LINKE Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Sevim Dağdelen Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. André Hahn Heike Hänsel Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Sabine Leidig Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Niema Movassat Norbert Müller ({135}) Dr. Alexander S. Neu Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Azize Tank Alexander Ulrich Kathrin Vogler Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann ({136}) Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, den ich vorhin schon einmal vorgetragen habe, berufe ich die nächste Sitzung des Bundestages auf Dienstag, den 8. September 2015, 10 Uhr, ein. Das ist die üblicherweise um diese Zeit stattfindende Haushaltswoche. Es kann aber gut sein, dass wir uns vorher sehen. Nach der starken Resonanz auf meine Einladung zu dieser Sitzung, die auch in der bemerkenswerten Präsenz von 599 Kolleginnen und Kollegen zum Ausdruck kommt, sehe ich einer entsprechenden Beteiligung an einer solchen Sitzung mit besonderer Freude entgegen. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen ein paar erholsame Tage.