Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Guten Morgen, meine Damen und Herren!
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße
Sie zur konstituierenden Sitzung des 18. Deutschen Bundestages.
Parlamentarischer Brauch ist es, dass der Älteste, die
Älteste die Versammlung eröffnet und die Leitung übernimmt, bis der Bundestag seinen neuen Präsidenten gewählt hat. § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sieht dies vor. Ich bin geboren am
1. Dezember 1935, dem ersten Adventssonntag. So darf
ich Sie fragen: Ist jemand früher geboren als ich?
({1})
- Hier im Haus. Vielen Dank! Ein wichtiger Hinweis.
Ich hatte schon zahlreiche Vorfahren.
({2})
Ist hier im Haus jemand früher geboren? - Wenn dies
nicht der Fall ist, kommen wir zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten
Ich habe die Ehre und die Freude, mit Ihnen zusammen in meiner Eigenschaft als Alterspräsident die erste
Sitzung der 18. Wahlperiode zu eröffnen.
Ich begrüße den Herrn Bundespräsidenten. Herr Bundespräsident, wir freuen uns, dass Sie bei uns sind.
({3})
Des Weiteren begrüße ich den Herrn Präsidenten des
Bundesverfassungsgerichts.
({4})
Ich begrüße den Altbundespräsidenten, Herrn
Dr. Horst Köhler.
({5})
Ich begrüße herzlich die ehemalige Präsidentin unseres Deutschen Bundestages, Frau Dr. Rita Süssmuth.
({6})
Es ist mir eine ganz besondere Freude, den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn
Dr. Wolfgang Thierse, zu begrüßen, der heute mit uns
seinen 70. Geburtstag feiert.
({7})
Lieber Herr Thierse, wir haben diesen Termin nicht gewählt, weil Sie Geburtstag haben. Aber es ist wahrscheinlich die schönste und angemessenste Form für einen ehemaligen Präsidenten, seinen Geburtstag mit der
Gesamtheit des Parlaments zu feiern, das ihm applaudiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße
herzlich die zahlreichen Gäste auf der Tribüne.
Bis zur Beschlussfassung über die Geschäftsordnung,
die sich der 18. Deutsche Bundestag nach der Wahl des
Bundestagspräsidenten geben wird, verfahren wir nach
den Regeln, die für den 17. Deutschen Bundestag gegolten haben.
Nach Absprache mit den Fraktionen benenne ich als
vorläufige Schriftführerinnen und Schriftführer die
Damen und Herren Abgeordnete - es dauert jetzt ein
bisschen -: Frau Doris Barnett, Herrn Klaus Brähmig,
Frau Petra Crone, Frau Elvira Drobinski-Weiß, Herrn
Harald Ebner, Herrn Dr. Thomas Feist, Herrn Ingo
Gädechens, Herrn Markus Grübel, Herrn Florian Hahn,
Herrn Volkmar Klein, Herrn Jens Koeppen, Frau Daniela
Kolbe, Herrn Paul Lehrieder, Frau Sabine Leidig, Herrn
Steffen-Claudio Lemme, Herrn Thomas Lutze, Frau
Karin Maag, Frau Maria Michalk, Frau Beate MüllerGemmeke, Herrn Eckhard Pols, Herrn Stefan Rebmann,
Frau Annette Sawade, Frau Marianne Schieder, Frau
Nadine Schön, Frau Carola Stauche, Frau Kerstin Tack,
Frau Kathrin Vogler, Frau Sabine Weiss und Herrn Peter
Wichtel.
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
Die Abgeordneten Jens Koeppen und Doris Barnett
bitte ich, zu meiner Rechten und zu meiner Linken Platz
zu nehmen. Sind Sie da?
({8})
- Na also. Ich war schon in Sorge. Herzlich willkommen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit kommen wir gemäß altem Brauch zu einer kleinen Rede des
Alterspräsidenten, wobei mir mein Fraktionsvorsitzender dringend empfohlen hat, die Nähe des Mikrofons
nicht zu verlassen.
({9})
Das ist eine kritische Einschränkung, die der ganzen
Rede ein höheres Maß an Formalität verleihen wird.
Aber der Würde der Stunde ist es vermutlich gemäß.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir
eine Ehre und eine Freude, mit Ihnen den 18. Deutschen
Bundestag zu eröffnen. Ich begrüße alle: die, die schon
viele Jahre unsere Mitstreiter gewesen sind, und die, die
neu dazugekommen sind und in eine faszinierende Arbeit starten. Ich denke auch an die Kollegen, die nicht
mehr hier im Parlament sind. Die FDP hat seit Beginn
der Bundesrepublik aus dem Parlament heraus den liberalen Geist deutscher Politik mitgestaltet. Sie ist nicht
mehr vertreten.
({10})
Alle ehemaligen Kollegen bleiben uns aber in Freundschaft und in Herzlichkeit verbunden. Alle Ehemaligen
gehören genauso zu unserer Gemeinschaft. Wir danken
ihnen für die Arbeit, die sie über Jahre für uns und mit
uns geleistet haben.
({11})
Unsere Arbeit beginnen wir heute in einer unübersichtlichen Zeit. Aber Deutschland ist stark in der Gemeinschaft Europas. Wir haben kritische Jahre bestanden. Wir haben mehr Arbeitsplätze, als wir jemals zuvor
hatten. Unsere Industrie ist stark, innovationsstark auf
den Weltmärkten. Die Schuldenbremse, wie wir sie ins
Grundgesetz geschrieben haben, beginnt zu wirken.
Über alldem ist es uns gelungen, in schwieriger Zeit den
sozialen Frieden in unserem Land zu bewahren.
Unsere politische und gesellschaftliche Kultur hat
sich in diesen Jahren bewährt. Wir haben eine Tarifpartnerschaft, die aus Konflikten gemeinsame Lösungen erarbeitet. Wir haben inzwischen eine Wissenschaft, die
sich in die öffentliche Debatte einbringt: zu Klima und
Umwelt, zu den Finanzmärkten, zum Umgang mit
menschlichem Erbgut. Wir haben eine Qualitätspresse,
die jenseits von Twitter und 30-Sekunden-Statements
Orientierungswissen erarbeitet, mit dem man sich auseinandersetzen kann. Wir haben einen Rechtsstaat und
eine tüchtige Verwaltung. Und wir haben diese repräsentative Demokratie, dieses Parlament mit Männern und
Frauen aller Altersstufen aus unterschiedlichen Berufen,
von verschiedener Herkunft, mit verschiedenen Interessen, mit verschiedenen Neigungen und mit verschiedenen Wertesystemen. Dieses Parlament ist so vielfältig
wie das deutsche Volk. Ihm ist anvertraut, in den nächsten Jahren unsere Zukunft zu bauen.
In einer idealen Welt könnte man sich vorstellen, dass
hier vielleicht noch einige Naturwissenschaftler oder Betriebsräte oder Unternehmer mehr dabei wären. Auch sie
alle sollten wissen, dass hier über die Zukunft ihrer eigenen Arbeit mitentschieden wird. Aber wir sind jetzt so
gewählt, wie wir hier sind, und so werden wir die Arbeit
angehen.
Jeder von uns hat einzelne Themen, die ihm besonders am Herzen liegen. Ich freue mich, dass in vielen
Wahlprogrammen die steuerliche Forschungsförderung,
die Förderung von Unternehmensgründungen und die
Schaffung von schnellem Breitband für alle Gemeinden
in unserem Land steht. Da darf man sich doch freuen
und dankbar sein. Jetzt müssen wir es nur machen, gell?
({12})
Die Schönheit eines Programms darf sich nicht am
Wahltag erschöpfen. Dann geht es erst los, und zwar mit
fröhlichem Unternehmungsgeist.
({13})
Zugleich stehen wir vor übergeordneten Herausforderungen komplexester Art, von denen ich nur einige ganz
wenige ansprechen kann; es gibt viele jenseits dessen,
was ich berühre.
Den demografischen Wandel als Chance begreifen da sind wir noch nicht ganz fertig. Den demografischen
Wandel als Möglichkeit eines reicheren und vielfältigeren Lebens zu verstehen, eine neue Lebensphase, die uns
geschenkt ist, oft bei Gesundheit, hoffentlich bei hellem
Geist - das ist eine Chance neuer Art. Da kann man reisen, da kann man angeln.
({14})
Es gibt Leute, die ein Ehrenamt übernehmen.
Schauen Sie sich in Ihren Vereinen, in Ihren Gemeinden,
in Ihren Nachbarschaften um: Es sind die Älteren,
Frauen und Männer, die die Vereine zusammenhalten
und die Nachbarschaften menschlich gestalten.
Wenn es einer mag, soll es auch möglich sein, jenseits
einer Rentengrenze zu arbeiten - ein exotischer Einfall,
wie ich zugebe. Aber es gibt viele Wissenschaftler und
Mittelständler, es soll sogar Abgeordnete geben, die
Freude daran haben, jeden Tag wieder aufzustehen und
das, was sie gelernt haben, zu verwirklichen in einer Gesellschaft, die aus ihrer Vielfalt lebt und durch ihre Vielfalt reich ist. Das soll auch die Grundlage für unser Denken über die Grenzen des einzelnen Fachs hinaus sein.
({15})
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
Der demografische Wandel stellt auch unser Bildungssystem in einen neuen Zusammenhang, den wir
bedenken müssen. Wenn über 6 Prozent eines Jahrgangs
die Schule ohne Abschluss verlassen, ist das nicht nur
eine Frage des Fachkräftenachwuchses oder der volkswirtschaftlichen Statistiken; es ist auch eine Frage der
Lebenschancen von Menschen, ihrer Chancen, aus eigener Tüchtigkeit und in eigener Verantwortung ihre Zukunft aufzubauen und in eigener Verantwortung in unserer Gemeinschaft zu leben.
({16})
Und das müssen wir ermöglichen. Da geht es nicht um
ein einziges Rezept; da geht es um die Frage der
menschlichen Gestaltung unserer Gesellschaft; daran haben wir zu bauen. Denn das große Versprechen der sozialen Marktwirtschaft ist immer der Aufstieg gewesen,
die Chance zum Aufstieg. Dem müssen wir gerecht werden. Deshalb arbeiten wir an leichteren Übergängen in
der Ausbildung. Deshalb werben wir für lebenslanges
Lernen; denn fast jeder wird in seinem Leben den Beruf
öfter mal wechseln und sich neu erfinden müssen.
Wir haben bei den Frauen die höchste Beschäftigungsquote in Europa nach Schweden. Aufstieg und
Durchlässigkeit zu ermöglichen, dafür zu sorgen, dass
Familie und Beruf besser vereinbart werden können, die
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass hier eine echte
und lebendige Wahlfreiheit herrscht - auch das gehört
hier dazu. Wir wollen sie auch mehr für die technischen
Berufe gewinnen; denn hier werden die Gehälter doch
noch etwas besser sein als in anderen Bereichen. Männer
und Frauen sollen gleichermaßen die Chance haben, das
zu verwirklichen, was sie können, und ihr Leben zu
bauen.
({17})
All das hilft, Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze
zu schaffen. Aber vor allem: Es dient der freien Wahl,
den eigenen Chancen auf Lebensglück, auf Lebensgestaltung, auf Gestaltung der eigenen Zukunft.
Ein Zweites. Wir haben die Energiewende beschlossen. Vielleicht war sich nicht jeder darüber klar, was für
ein Riesenprojekt wir hier angegangen sind, aber es ist
entschieden. Der Streit um Kerntechnik ist entschieden,
und jetzt haben wir konkrete Aufgaben: kurzfristig, innerhalb von zehn Jahren, aus der Kernenergie und mittelfristig aus Kohle und Öl auszusteigen, massiv Energie
einzusparen, das Reich der erneuerbaren Energien zu errichten - das ist eine Aufgabe von äußerster Komplexität. Wenn uns dieses in der knappen Frist, die wir uns gesetzt haben, gelingt, wenn dies uns bei erträglichen
Kosten gelingt, dann hat unsere Industrie auf den Weltmärkten eine einzigartige Chance. Einige erinnern sich
noch: In den 90er-Jahren ist uns dies in einem anderen
Bereich, der Umwelttechnik, geglückt. Hieran zu arbeiten, dass Wirtschaft und Umwelt nicht nur versöhnt, sondern in eins gegossen werden, sodass insgesamt mit einer einzigen Strategie erfolgreich Zukunft gestaltet
werden kann, wird eine Aufgabe sein, mit der wir uns in
der kommenden Periode mit größter Intensität befassen
müssen.
Ein Drittes. Wir müssen Europa zusammenhalten und
wieder stark machen; denn nur dann bleibt auch Deutschland stark in der globalisierten Welt. Im Ziel sind wir uns
da alle einig. Der heilige Thomas sagt: Es wird schwierig, wenn es konkret wird, gell? - Wir haben in den vergangenen Jahren in schwierigsten Debatten Schritt für
Schritt vernünftige Entscheidungen herbeigeführt. Dafür
gibt es keinen Masterplan, dafür gibt es keine einfachen
Lösungen, aber es gibt die Notwendigkeit, aus Prinzipien und grundsätzlichen Überlegungen die Gemeinschaft wieder neu zu erfinden.
Deutschland hilft. Und wir haben uns mit durchaus
erheblichen Belastungen und Risiken, die den Bürgern
Sorgen machen, in diese Diskussion begeben. Aber solange das Prinzip steht, dass die Hilfe nur dann wirksam
wird, wenn jeder der Staaten, die in einer schwierigen
Situation sind, zugleich mit größten Anstrengungen
Möglichkeiten sucht, sich selbst aus eigener Kraft wieder aus dieser herauszubringen, um eigenverantwortlich
seine Zukunft zu gestalten, damit er wieder Partner in
unserem gemeinsamen Europa wird und Seit an Seit mit
uns gemeinsam in die Zukunft schreitet, werden wir es
schaffen, Europa wieder zu dem zu machen, was es sein
soll. Es ist kein Konzept einer dauerhaften Wohltat, es ist
ein Konzept der Investition in eine Zukunft, die wir
brauchen und die die Menschen in unseren Ländern
brauchen; und da gehören wir alle dazu.
({18})
Es ist nämlich nicht nur eine Frage unserer Wirtschaft
und unserer Arbeitsplätze und der Stabilität des Euro. Es
ist auch die Frage des Erhalts der großen Vielfalt der europäischen Kultur, die zum Wohle der Menschheit vieles
beigetragen hat: zur Demokratie, zu Menschenrechten,
zur Wissenschaft, zur Technik, zum Verständnis unserer
Welt und zur Gestaltung unserer Zukunft aus Verantwortung.
Ein Letztes, wenn ich dies sagen darf: Wir müssen die
Wissensgesellschaft so aufbauen, wie wir sie in den vergangenen Jahren schon angelegt haben. Wir haben Milliarden investiert - zusätzlich - in Bildung und Forschung. Wir haben neue Paradigmen aufgestellt. Wir
haben die Idee des Wettbewerbs mit immer größerer
Kraft mitten in die wissenschaftliche Community getragen. Unsere Wissenschaft ist besser geworden. Aber wir
befinden uns in einem Wettlauf in einer offenen Welt,
und den Innovationswettlauf kann nur der gewinnen, der
Wachstum auf Intelligenz begründet. Wir können nicht
billiger sein, und wir wollen es nicht. Daher müssen wir
schneller und besser sein als andere. Der Wettlauf optimiert die Tüchtigkeit, aber man muss sie instand halten,
und daran werden wir zu arbeiten haben, auch im Gespräch mit den Bundesländern, gell? Hier könnten einige
interessante Paragrafen anstehen, auch Artikel im
Grundgesetz.
({19})
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
Ich sehe mit großer Faszination diesen zukunftsweisenden Gesprächen entgegen, in denen wir aus Überzeugungskraft und mit einem gemeinsamen Ziel Deutschland so neu erfinden, dass mit verteilten Rollen, aber
gemeinsamer Verantwortung die Zukunft unter unseren
Händen entsteht. Dazu müssen wir immer neue Problemlösungen erfinden: neue Produkte, neue Verfahren,
neue Märkte. Daraus müssen wir Zukunft gestalten und
Arbeit und Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in unserem Land erhalten. Das gelingt, wenn wir an den Grundlagen festhalten und jeden mitnehmen. Das gelingt,
wenn der Unternehmungsgeist und die Schaffenskraft,
die wir in unseren Instituten und in unseren Unternehmen immer wieder finden, ausstrahlen in die Gesellschaft.
Manchmal scheint mir die Gesellschaft insgesamt
entspannter, manchmal scheint sie mir etwas verzagter
zu sein als die Bereiche, in denen wirklich Zukunft geschaffen wird. Diese Tatbereitschaft weiter zu verbreiten, ist nicht nur die Aufgabe der Politik. Politiker sind
nicht immer überzeugend. Unser Ansehen in der Öffentlichkeit ist noch nicht oberhalb von dem der Bischöfe,
gell? Daran müssen wir noch arbeiten.
({20})
Aber wir haben durchaus die Pflicht, alle anderen, die
die Öffentlichkeit prägen und Meinungen bilden, dafür
zu gewinnen, im gleichen Geist zu arbeiten. Wir müssen
jeden mitnehmen in diese neue Welt, die wir hoffentlich
schaffen können, in der realen Welt und in der virtuellen
Welt. Dabei gibt es für die Jungen ganz andere Herausforderungen als für die Alten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, so wollen wir die Legislaturperiode beginnen mit
Tatkraft und Zuversicht, im Bundestag mit dem Willen
zur rechtzeitigen Entscheidung, mit der Bereitschaft zum
Streit, wenn der Streit die Sache klärt, mit der Fähigkeit
zum Kompromiss, denn Stillstand darf nicht sein. Das
gilt hier im Bundestag, aber wir leben auch drüben, in
unserer Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, im
Reichstagspräsidentenpalais, in diesem einzigartigen - wir
haben es nachgeprüft; so etwas gibt es weltweit nicht
noch einmal - Klub der Parlamentarier, wo die offene
Rede und das ungeschützte Wort erlaubt sind, wo man
nicht wägen muss, ob einem ein anderer irgendetwas
nachredet, wo man gemeinsam arbeiten kann und gemeinsam feiern kann, wo sich die Kollegen jenseits der
Grenzen der Parteien treffen. Es ist gut für Deutschland,
wenn fraktionsübergreifend die Abgeordneten Deutschlands auch ein Bier miteinander trinken. Das kann hilfreich sein für die Zukunft unseres Landes jenseits des
Biers.
({21})
So lassen Sie uns die Legislaturperiode beginnen,
wenn ich dies sagen darf, auch mit dem Dank gegenüber
unseren Lebenspartnern. Wir haben eine seltsame Art
der Arbeit: zeitlich chaotisch, in den Überraschungen
ziemlich einmalig. Nicht immer steht man so fröhlich
auf, wie man ins Bett gegangen ist.
({22})
- Das ist die Wahrheit. - Dass unsere Partnerinnen und
Partner dieses ertragen - mit Geduld, oft mit Sanftmut,
meist mit Verständnis, durchaus auch mit Liebe -, das ist
eine der großen Leistungen, die es uns erst möglich
macht, das zu tun, was wir tun wollen. Meine Frau, die
oben auf der Tribüne sitzt, weiß genau, wovon ich rede.
({23})
So lassen Sie uns diese Periode beginnen im ständigen Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern, damit
der Populismus simpler Lösungen nicht Raum greift, im
Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und den
Menschen, wie das Grundgesetz es sagt, in einem Geist
von Tatkraft und Gestaltungsfreude, der vom Bundestag
in unser Land ausstrahlt - daran müssen wir vielleicht
noch ein bisschen arbeiten.
Lassen Sie uns daran arbeiten, dass Deutschland auch
in den kommenden vier Jahren ein guter Ort ist, zu leben, zu arbeiten und Kinder großzuziehen, und dass
Deutschland auch in Zukunft ein guter Partner ist für die
vielen unterschiedlichen Nationen in einer offenen Welt.
Ich kenne keine schönere Aufgabe denn als Abgeordneter mit den Kolleginnen und Kollegen, mit den Bürgerinnen und Bürgern an dieser Aufgabe zu arbeiten. So
möge es uns wiederum gelingen, in unterschiedlicher
Rolle, in gleicher Leidenschaft für die Sache und in gemeinsamer Verantwortung.
Ich danke Ihnen.
({24})
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus den
Höhen des Geistes kehren wir zurück zu unserem demütigen Dienst.
({25})
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Wahl des Präsidenten
verbunden mit Namensaufruf
und Feststellung der Beschlussfähigkeit
Mit der Wahl des Präsidenten des Deutschen Bundestages werden der Namensaufruf der Mitglieder des Deutschen Bundestages und die Feststellung der Beschlussfähigkeit verbunden.
Ich bitte um Vorschläge zur Wahl. - Herr Abgeordneter Kauder.
Herr Alterspräsident, ich schlage im Namen der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion unseren Kollegen Professor Dr. Norbert Lammert vor.
({0})
Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag
gehört. Der Abgeordnete Dr. Norbert Lammert ist vorgeAlterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
schlagen worden. - Ich sehe keine weiteren Vorschläge,
ich höre keinen Widerspruch. Damit haben wir Dr.
Norbert Lammert als einzigen Kandidaten.
Nun muss ich Ihnen einige Hinweise zum Wahlverfahren zumuten. Die Wahl findet mit verdeckten Stimmkarten, also geheim, statt. Gewählt ist, wer die Stimmen
der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages,
also mindestens 316 Stimmen, erhält.
Für diese Wahl und für die spätere Wahl der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten benötigen Sie Ihre Wahlausweise aus den Stimmkartenfächern in der Lobby. Für
die Wahl des Präsidenten sind Wahlausweis und Stimmkarte gelb. Bitte kontrollieren Sie, ob dieser Wahlausweis Ihren Namen trägt. Die gelbe Stimmkarte und den
amtlichen Wahlumschlag erhalten Sie nach Aufruf Ihres
Namens von den Schriftführerinnen und Schriftführern
an den Ausgabetischen hier oben links und rechts neben
den Wahlkabinen.
Ich bitte Sie, von Ihren Plätzen aus über die seitlichen
Zugänge und nicht durch den Mittelgang zum Ausgabetisch zu gehen.
Sie dürfen Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine ankreuzen und müssen sie ebenfalls noch in der Wahlkabine in den Umschlag legen. Danach gehen Sie bitte zu
den Wahlurnen hier vor dem Rednerpult. Die Schriftführerinnen und Schriftführer sind verpflichtet, jeden zurückzuweisen, der seine Stimmkarte außerhalb der Wahlkabine kennzeichnet oder in den Umschlag legt; die
Stimmabgabe kann in diesem Fall jedoch vorschriftsmäßig wiederholt werden.
Gültig sind nur Stimmkarten mit einem Kreuz bei
„Ja“, „Nein“ oder „Erhalte mich“.
({0})
- „Enthalte mich“. Ich enthalte mich nie; deshalb ist die
Sache ja so schwierig. - Bevor Sie die Stimmkarte in
eine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte Ihren
Wahlausweis einem der Schriftführer an der Wahlurne.
Die Abgabe des Wahlausweises dient als Nachweis für
die Beteiligung an dieser Wahl und ersetzt die Eintragung in die Anwesenheitsliste - soweit Sie nicht ohnehin
schon eingetragen sind.
Ich bitte jetzt die eingeteilten Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Die
beiden Schriftführer neben mir, Frau Barnett und Herr
Koeppen, werden nun Ihre Namen in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Ich bitte Sie, den Namensaufruf zu
verfolgen und sich nach dem Aufruf Ihres Namens zur
Entgegennahme der Stimmkarte zu den Ausgabetischen
vor den Wahlkabinen zu begeben.
Haben alle Schriftführerinnen und Schriftführer ihre
Plätze eingenommen? - Da ich nichts höre, nehme ich
an, dass es so ist, und stelle fest: Es ist der Fall. Ich eröffne die Wahl und bitte Herrn Koeppen, mit dem Aufruf
der Namen zu beginnen.
({1})
Meine Damen und Herren, damit ist der Namensaufruf beendet. In wenigen Minuten werde ich nachfragen,
ob alle ihre Stimme abgegeben haben. Dies gilt auch als
Frage an die Schriftführerinnen und Schriftführer.
Darf ich fragen, ob alle Mitglieder des Hauses ihre
Stimme abgegeben haben?
({2})
- Nein. Sehr gut.
Darf ich noch einmal fragen, ob irgendein Mitglied
des Hauses noch nicht Gelegenheit hatte, seine Stimme
abzugeben? Das gilt auch für die Schriftführerinnen und
Schriftführer. - Ich höre keinen Zuruf. Damit schließe
ich die Wahl und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mit der Auszählung - ({3})
- Ich habe sie noch nicht ganz geschlossen. Der Satz war
nicht fertig.
Habt ihr es jetzt?
({4})
- Wo ist der? - Ich werde den Abgeordneten jetzt nicht
beim Namen nennen, gell, Peter?
Das ist mein dritter Versuch. Hat noch irgendjemand
seinen Stimmzettel nicht abgegeben? Wünscht noch irgendjemand, seinen Stimmzettel abzugeben? - Das ist
jetzt wirklich nicht mehr der Fall. Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der Wahlgang geschlossen.
Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, mit
der Auszählung zu beginnen. Zur Auszählung unterbreche ich die Sitzung für etwa 30 Minuten. Danach hören
Sie das Klingelzeichen, das Sie kennen. Dann geht es
weiter. Ich unterbreche die Sitzung.
({5})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie
bitten, wieder Platz zu nehmen. Das Ergebnis der Wahl
liegt vor. - Die unterbrochene Sitzung ist hiermit wieder
eröffnet.
Das Protokoll über die Wahl des Präsidenten des
18. Deutschen Bundestages weist folgendes Ergebnis
aus: abgegebene Stimmen 625; damit ist zugleich die
Beschlussfähigkeit des 18. Deutschen Bundestages festgestellt. Ungültige Stimmen keine, gültige Stimmen 625.
Mit Ja haben gestimmt 591.
({0})
Korrekterweise teile ich Ihnen noch mit: Mit Nein haben
gestimmt 26, Enthaltungen gab es 8. Dr. Norbert
Lammert hat damit die erforderliche Mehrheit erhalten
und ist zum Präsidenten des 18. Deutschen Bundestags
gewählt.
({1})
Herr Dr. Lammert, ich frage Sie: Nehmen Sie die
Wahl an?
Herr Alterspräsident, lieber Kollege Riesenhuber, ich
nehme die Wahl gerne an.
({0})
Herr Präsident, ich gratuliere Ihnen herzlich zu diesem großartigen Ergebnis, auch ein Ausweis Ihrer Arbeit
der vergangenen Periode, und ich bitte Sie, nach einer
kurzen Runde der Gratulationen, das Präsidium über den
18. Deutschen Bundestag zu übernehmen.
Tagesordnungspunkt 3:
Amtsübernahme durch den Präsidenten mit
Ansprache
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Exzellenzen! Verehrte Gäste!
Zunächst möchte ich mich bei unserem Alterspräsidenten
Professor Riesenhuber für die Eröffnung unserer heutigen Sitzung, seine einführenden Worte in die absehbaren
Herausforderungen dieser Legislaturperiode und die Leitung des Wahlganges bedanken und nicht weniger herzlich bei den beiden Prälaten Dr. Jüsten und Dr. Dutzmann
für die eindrucksvolle Gestaltung des ökumenischen
Gottesdienstes heute Morgen.
({0})
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich für
Ihr Vertrauen. Ich bin von diesem Votum, wie Sie sich
vorstellen können, beeindruckt, zumal es ganz offenkundig sowohl von den neuen Mitgliedern wie von den langjährigen parlamentarischen Mitstreiterinnen und Mitstreitern verursacht worden ist, und ich empfinde es
sowohl als Ermutigung wie als Verpflichtung. Besonders
bedanken muss und möchte ich mich bei meiner Fraktion, die mich erneut für dieses Amt vorgeschlagen hat,
obwohl sie weiß und damit rechnen muss,
({1})
dass mein Verständnis der damit verbundenen Aufgaben
in den eigenen Reihen nicht immer stürmische Begeisterung erzeugt.
({2})
Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, konstituiert
sich zum 18. Mal ein Deutscher Bundestag, der aus allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Wie immer man das Wahlergebnis vom
22. September und die damit verbundenen Folgen beurteilen mag: Dies allein ist ein eindrucksvoller Beleg für
die politische Stabilität der zweiten deutschen Demokratie, die inzwischen mehr Legislaturperioden aufzuweisen hat, als die Weimarer Demokratie an Jahren erlebt
hat.
Der Tag der Konstituierung des 18. Deutschen Bundestages ist zugleich der 70. Geburtstag von Wolfgang
Thierse. Diese glückliche Regelung
({3})
der gesetzlichen Fristen für die spätestmögliche Einberufung eines neu gewählten Bundestages gibt uns die besonders gute Gelegenheit, ihm nicht nur - was der Alterspräsident bereits getan hat - zu seinem heutigen
Ehrentag zu gratulieren, sondern zugleich unserem früheren Präsidenten und Vizepräsidenten Dank zu sagen
für die langjährige Arbeit in herausragenden Ämtern und
Funktionen.
({4})
Wolfgang Thierse war Mitglied in der frei gewählten
Volkskammer der DDR, die 1990 den denkwürdigen Beschluss des Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des
Grundgesetzes getroffen hat. Er hat über fast ein Vierteljahrhundert den Aufbruch der neuen Länder in die Demokratie begleitet und das Zusammenwachsen im vereinten
Deutschland erfolgreich mitgestaltet. Unvergessen für
alle, die dabei waren - und das ist ja eine ganze Reihe von
Kolleginnen und Kollegen -, bleibt seine prominente
Rolle in der leidenschaftlichen Auseinandersetzung über
den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin. Er
war dann sieben Jahre Präsident des Deutschen Bundestages - der erste hier im Reichstagsgebäude - und seitdem
bis heute Vizepräsident.
Auch Hermann Otto Solms scheidet heute nach
33 Jahren Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, darunter 15 Jahre im Präsidium, zuvor Vorsitzender der
FDP-Fraktion, aus dem Deutschen Bundestag aus. Ihm
wie auch dem Vizepräsidenten Eduard Oswald, der zuvor Bundesminister und Vorsitzender von nicht weniger
als drei unterschiedlichen Fachausschüssen des Deutschen Bundestages gewesen ist, möchte ich stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen, die dem neuen
Bundestag nicht mehr angehören, unseren Dank und unseren Respekt für die geleistete Arbeit aussprechen.
({5})
Meine Damen und Herren, dem neuen Bundestag gehören 230 neue Mitglieder an, also mehr als ein Drittel.
Es sind weniger Männer als bisher und mehr Frauen.
({6})
- Immer noch ein paar zu wenig, höre ich. Aber es besteht ja doch die famose Aussicht, dass die Frauen dafür
die Mehrheit im Präsidium des Deutschen Bundestages
stellen können.
({7})
Diesem Bundestag gehören deutlich mehr jüngere
und auffällig weniger ältere Mitglieder an als in der letzten und in früheren Legislaturperioden.
({8})
Präsident Dr. Norbert Lammert
Und niemals zuvor gab es in einem deutschen Parlament
so viele Abgeordnete mit einem Einwanderungshintergrund wie im 18. Deutschen Bundestag.
({9})
Sie alle, wir alle übernehmen heute ein neues Mandat,
und den meisten wird bewusst sein, dass dies nicht ein
Beruf wie jeder andere ist. Nicht alle Abgeordneten werden die gleichen Aufgaben und Funktionen wahrnehmen, aber alle haben die gleiche Legitimation und die
gleichen Rechte und Pflichten. Wir sollten das eine so
ernst nehmen wie das andere, die Rechte wie die Pflichten. Wir sind alle gewählt, nicht gesalbt, beauftragt zur
Vertretung der Wahlberechtigten, nicht nur unserer jeweiligen Wählerinnen und Wähler. „Die Abgeordneten
des Deutschen Bundestages … sind Vertreter des ganzen
Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und
nur ihrem Gewissen unterworfen“, heißt es unmissverständlich in Art. 38 unseres Grundgesetzes. Aus gegebenem Anlass weise ich im Übrigen schon jetzt darauf hin,
dass wir gleich mit der Geschäftsordnung auch die Verhaltensregeln für Abgeordnete beschließen werden, die
damit für alle Mitglieder des Hauses gelten, auch und
gerade dann, wenn sie lästig sind.
Mit der Konstituierung des Bundestages endet auch
die Amtszeit der Regierung, die ihre verfassungsrechtliche Legitimation aus der Wahl des Kanzlers bzw. der
Kanzlerin durch das Parlament bezieht. Auch während
der Dauer der Koalitionsverhandlungen ist die Handlungsfähigkeit von Parlament und Regierung gesichert.
Und selbstverständlich bedarf eine geschäftsführend amtierende Bundesregierung nicht weniger parlamentarischer Kontrolle als eine neu gewählte.
({10})
- Ich bedanke mich insbesondere für die demonstrative
Unterstützung durch die Frau Bundeskanzlerin.
({11})
Niemand wird deshalb ernsthaft erwarten dürfen, dass
der Bundestag seine Arbeit erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen aufnehmen wird.
({12})
Beide Verfassungsorgane, Regierung wie Parlament,
müssen und können ihre Aufgabe wahrnehmen.
Zur Verantwortungsübernahme durch das Parlament gibt es keine überzeugende Alternative.
So hat es der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,
den Heinz Riesenhuber schon auf der Tribüne begrüßt
hat, nicht nur in Interviews immer wieder festgehalten,
sondern auch in einschlägigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts ist das so oder ähnlich nachzulesen. Zitat Andreas Voßkuhle:
Der Bundestag ist und bleibt der Ort, an dem die
wesentlichen Entscheidungen für unser Gemeinwesen getroffen werden müssen.
Ende des Zitats.
Unabhängig von den Koalitionsverhandlungen und
den damit verbundenen Vereinbarungen über politische
Projekte der kommenden Legislaturperiode gibt es eine
Reihe von parlamentarischen Hausaufgaben, denen wir
uns alle gemeinsam stellen müssen, die Koalition wie
die Opposition. Drei oder vier davon möchte ich gerne
benennen.
Erstens: Geschäftsordnung. Die Kultur einer parlamentarischen Demokratie kommt weniger darin zum
Ausdruck, dass am Ende Mehrheiten entscheiden, sondern darin, dass Minderheiten eigene Rechtsansprüche
haben, die weder der Billigung noch der Genehmigung
durch die jeweilige Mehrheit unterliegen.
({13})
Die Minderheit muss wissen, dass am Ende die Mehrheit
entscheidet, was gilt, und die Mehrheit muss akzeptieren, dass bis dahin - und darüber hinaus - die Minderheit jede Möglichkeit haben muss, ihre Einwände, ihre
Vorschläge, wenn eben möglich auch ihre Alternativen
zur Geltung zu bringen.
({14})
Nach Klärung der tatsächlichen Konstellationen in
diesem Haus, die wir ahnen, aber ja noch nicht kennen,
ist zu klären, ob und gegebenenfalls welche Änderungen
dazu in der Geschäftsordnung des Bundestages oder in
einschlägigen gesetzlichen Regelungen nötig und möglich sind. Alle Fraktionen des Hauses haben in den vorbereitenden Gesprächen, insbesondere im vorläufigen
Ältestenrat, ihre Bereitschaft dazu grundsätzlich erklärt.
Daran können wir anknüpfen.
Ich will allerdings zur Einordnung der aktuellen Diskussion auch den Satz hinzufügen: Klare Wahlergebnisse sind nicht von vornherein verfassungswidrig,
({15})
große Mehrheiten auch nicht.
Zweitens. Wir brauchen offensichtlich eine neue Balance zwischen der Anzahl und dem Umfang der Beratungsgegenstände im Deutschen Bundestag und der für
deren Behandlung zur Verfügung stehenden Zeit. In der
letzten Legislaturperiode ist mit fast 15 000 Drucksachen - 15 000 Drucksachen! - ein neuer, wie ich finde,
durchaus zweifelhafter Rekord von Initiativen aller Art
aufgestellt worden, darunter 900 Gesetzesvorhaben, von
denen am Ende 553 verabschiedet wurden - auch möglicherweise eher ein paar zu viel als zu wenig.
Auch wenn die meisten Großen und Kleinen Anfragen, Entschließungsanträge, Beschlussempfehlungen,
Präsident Dr. Norbert Lammert
Berichte und sonstigen Initiativen jeweils ihren Sinn haben: Es sind zu viele,
({16})
jedenfalls deutlich mehr, als wir in der dafür zur Verfügung stehenden Beratungszeit mit der gebotenen Sorgfalt erledigen können. Dies wird im Übrigen auch an der
allzu großen Anzahl von Tagesordnungspunkten deutlich, die ohne Debatte behandelt werden.
({17})
Deswegen werden wir an der unangenehmen Entscheidung nicht vorbeikommen, entweder die Zahl der Sitzungswochen deutlich zu erhöhen oder unseren gemeinsamen Ehrgeiz in der Produktion von Texten und
Papieren stärker zu disziplinieren.
({18})
Parlamente sind im Übrigen - Wolfgang Thierse hat
in seinen Abschlussbemerkungen in der letzten Sitzung
der vergangenen Legislaturperiode daran erinnert keine Instrumente zur Beschleunigung von Entscheidungen, sondern zur Legitimierung von Entscheidungen, die
allgemeinverbindlich gelten sollen. Dies setzt eine Sorgfalt und Gründlichkeit voraus, die dem Beschleunigungsehrgeiz widerstehen muss, von wem auch immer
er jeweils geltend gemacht wird.
Drittens. Dass weder die Regierungsbefragung noch
die Fragestunde in ihrer bisherigen Struktur das Glanzstück des deutschen Parlamentarismus darstellen,
({19})
ist inzwischen ein breiter Konsens. Deswegen sollten
wir in der Lage sein, beides in einer lebendigeren, die
Aufgaben des Parlaments gegenüber der Regierung akzentuierenden Weise neu zu regeln.
({20})
Viertens schließlich. Es gibt Anlass, noch einmal in
Ruhe und gründlich auf das novellierte Wahlrecht zu
schauen, auch wenn das Wahlergebnis vom 22. September nur zu einer maßvollen Ausweitung der Anzahl der
Mandate geführt hat. Ganze vier Überhangmandate
- viel weniger als in den allermeisten früheren Legislaturperioden - haben durch die neuen Berechnungsmechanismen des fortgeschriebenen Wahlrechts, die für die
meisten Wahlberechtigten übrigens ziemlich undurchsichtig sind,
({21})
zu 29 Ausgleichsmandaten geführt. Dies lässt die Folgen
ahnen, die sich bei einem anderen, knapperen Wahlausgang für die Größenordnung künftiger Parlamente ergeben könnten.
({22})
Da es immer besser ist, sich mit solchen Entwicklungen dann auseinanderzusetzen, wenn die Probleme noch
nicht eingetreten sind, spricht manches dafür, dass wir
nicht erst nach der nächsten Wahl, sondern rechtzeitig
vor der nächsten Wahl noch einmal einen gemeinsamen
sorgfältigen Blick auf diese Regelungen werfen.
({23})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und
Herren, die Bedeutung und Leistung des Bundestages
sind gewiss höher als sein öffentliches Ansehen. Die
Kritik am Parlamentarismus ist nicht neu; sie ist vielmehr ziemlich genauso alt wie der Parlamentarismus
selbst. Das macht sie allerdings nicht weniger bedeutsam.
Tatsächlich bestimmen nicht nur die Verfassung und
die darin formulierten Aufgaben den kritischen Befund,
sondern auch die in der Öffentlichkeit entwickelten Ansprüche und Erwartungen, und diese lassen sich schon
deshalb nicht in vollem Umfang erfüllen, weil sie sich
teilweise wechselseitig ausschließen. Dies kann man besonders gut erkennen am klassischen Spannungsverhältnis zwischen der Erwartung eines möglichst geschlossenen Auftretens parlamentarischer Gruppierungen auf der
einen Seite - insbesondere natürlich von Fraktionen und
Regierungskoalitionen - und der erwarteten Unabhängigkeit der Abgeordneten mit ihrem verfassungsrechtlich garantierten freien Mandat auf der anderen Seite.
Wenn es in diesem Haus übrigens tatsächlich große
Mehrheiten geben sollte, wird die Urteilsbildung der einzelnen Abgeordneten auch und gerade in der Koalition
nicht weniger wichtig, sondern noch wichtiger als bei
knappen Mehrheiten.
({24})
Ein Parlament, das Forum der Nation sein soll und
sein will, muss die ganze Breite der Auffassungen und
Meinungen zur Geltung bringen, die es unter den Abgeordneten und den durch sie vertretenen Wählerinnen und
Wählern in unserer Gesellschaft gibt. Dies geschieht in
der Regel über die Fraktionen, muss aber gegebenenfalls
auch unabhängig von ihnen möglich sein. Die offene
Rede, Herr Kollege Riesenhuber, ist nicht nur in der
Parlamentarischen Gesellschaft möglich, sondern auch
hier ({25})
und manchmal sogar nötig.
({26})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundestag hat
in der letzten Legislaturperiode nicht nur an Selbstbewusstsein gewonnen, sondern auch an einklagbaren
Zuständigkeiten. Der Bundestag beschränkt sich keineswegs auf die notarielle Beurkundung anderswo getroffener Entscheidungen. Mit Blick auf europäische Verträge
und Vereinbarungen ist er inzwischen selbst am Zustandekommen der Verträge und Verpflichtungen beteiligt,
Präsident Dr. Norbert Lammert
die er am Ende ratifiziert - oder auch nicht - und damit
rechtsverbindlich macht.
Es gibt durchaus Anlass zur Besorgnis über manche
Entwicklungen in Europa - in einzelnen Mitgliedstaaten
oder auch in der Union im Ganzen -, aber es gibt kein
Parlament in Europa, das darauf größeren Einfluss hat
als der Deutsche Bundestag.
Meine Damen und Herren, es gibt keine Demokratie
ohne Transparenz und Kontrolle. Ohne kritische Beobachtung geht es nicht, aber ein auf Dauer gesetztes
Misstrauen zerstört nicht nur jede persönliche Beziehung, sondern macht auch die Wahrnehmung öffentlicher Mandate unmöglich.
Dass an Mandatsträger höhere Erwartungen gestellt
werden als an andere, ist offensichtlich und auch durchaus angemessen. Es muss aber in einem nachvollziehbaren, menschengerechten Maß erfolgen. Auch Abgeordnete haben mit der Annahme ihres Mandats nicht ihre
staatsbürgerlichen Grundrechte verwirkt.
({27})
Ein Parlament ist keine Versammlung von Helden
und Heiligen, sondern von Volksvertretern. Dies gilt im
Übrigen nicht nur für die Verfassungstheorie, sondern
auch für die gesellschaftliche Wirklichkeit: eine ziemlich repräsentative Mischung von Herkunft, Alter, Berufen, Begabungen, Temperamenten, Erfahrungen, Stärken
und Schwächen; nicht besser als andere, aber in der Regel auch nicht schlechter - Volksvertreter!
George Bernard Shaw, der kein Parlamentarier war,
aber ein kluger Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen, wird der Satz zugeschrieben: Die Demokratie ist
die einzige Staatsform, die sicherstellt, dass wir nicht
besser regiert werden, als wir es verdienen.
({28})
Mit dieser ebenso ernüchternden wie ermutigenden Einsicht sollten wir uns mit Gottes Hilfe an die Arbeit machen, damit dieses Land etwa so regiert wird, wie es die
Menschen, die hier leben, erwarten und verdienen.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit,
bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Unterstützung. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in
der neuen Legislaturperiode.
({29})
Ich hatte gehofft, Heinz Riesenhuber hätte all die
Blätter mitgenommen, die er für die Erledigung dieses
Teils der Tagesordnung erhalten hat.
({30})
Diese werde ich ihm nachher zur Erinnerung an die heutige Sitzung feierlich überreichen.
({31})
Ich komme nun zum Tagesordnungspunkt 4:
Beschlussfassung über die
- Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuss nach Art. 77 des Grundgesetzes
({32})
- Geschäftsordnung für den Gemeinsamen
Ausschuss
- Geschäftsordnung für das Verfahren nach
Art. 115 d des Grundgesetzes
- Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das
Ministerium für Staatssicherheit/Amt für
Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
Wer stimmt für den Antrag auf der Drucksache 18/1
dieser Legislaturperiode? - Wer stimmt dagegen? - Wer
enthält sich? - Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen und einiger Mitglieder der Fraktion Die Linke
angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Festlegung der Zahl der Stellvertreter des Präsidenten
Nach unserer Geschäftsordnung soll im Präsidium
des Deutschen Bundestages jede Fraktion mindestens
mit einem Mitglied vertreten sein. Hierzu liegt ein Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vor, sechs
Stellvertreter zu wählen, wobei die stärkste Fraktion sowie die nächstgrößere Fraktion jeweils zwei Stellvertreter des Präsidenten stellen.
Interfraktionell ist zu diesem Tagesordnungspunkt
eine Diskussionsrunde vereinbart worden. - Dazu darf
ich Ihr Einvernehmen feststellen. Dann ist das so beschlossen.
Wer möchte zunächst dazu das Wort ergreifen? - Die
Opposition ist sich interessanterweise nicht einig. Dann
beginnt der Kollege Grosse-Brömer. Bitte schön.
({33})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir haben heute auch die Aufgabe, dem frisch
gewählten Präsidenten entsprechende Stellvertreter zur
Seite zu stellen, damit der weitere, aber auch der künftige Ablauf hier im Deutschen Bundestag in mehrfacher
Hinsicht gewährleistet ist.
Ihnen liegt dazu ein Antrag der CDU/CSU und der
SPD vor, mit dem Inhalt, den der Präsident gerade skizziert hat. Wir schlagen darin vor, der SPD zwei Stellvertreter zuzuweisen, der Unionsfraktion ebenso und den
beiden anderen Fraktionen, der Fraktion der Linken und
der Grünen, jeweils einen Stellvertreter.
Dieser Antrag entspricht dem Repräsentationsprinzip,
das wir hier seit Jahrzehnten pflegen. Ich erinnere an
1994, als den Grünen kein Stellvertreter des Bundestagspräsidenten zugewiesen wurde und sich insbesondere
meine Fraktion dafür eingesetzt hat, dass auch sie einen
Stellvertreter stellen sollen.
({0})
Denn wir waren der Auffassung: Jede Fraktion soll entsprechend ihrer Größe im Deutschen Bundestag im Präsidium vertreten sein.
({1})
Infolgedessen bezieht sich unser Antrag auch auf die
Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag, die ja
letztlich den Wählerwillen repräsentieren, und somit beinhaltet er jeweils zwei Stellvertreterpositionen für die
Unionsfraktion und für die SPD.
Ich möchte gerne darauf hinweisen, dass wir alle ein
Interesse an einem starken Präsidium haben müssen. Das
Bundestagspräsidium ist ein wichtiger Teil des Selbstverständnisses dieses Parlamentes. Gerade dann, wenn
wir eine starke Regierung haben werden, muss es ein
starkes Parlament zur Kontrolle und ein starkes Präsidium zur Leitung und zur Begleitung dieser Kontrolle
geben. Die Aufgaben des Präsidiums sind vielfältig:
Rechtsaufsicht, Repräsentation im In- und Ausland, Sitzungsleitung, Leitung von Kommissionen und nicht zuletzt natürlich auch das klare Wort, wie wir es vorhin
auch in der Ansprache des frisch gewählten Präsidenten
gehört haben.
Die Kritik, die ich schon im Vorwege gehört habe,
halte ich für falsch und ein Stück weit für kleinlich. Sieben stellvertretende Präsidenten in diesem Deutschen
Bundestag sind nichts Neues; wir hatten sie in der vorletzten Legislaturperiode auch schon.
({2})
- Sechs stellvertretende Präsidenten, pardon; insgesamt
sieben Mitglieder des Präsidiums.
Ich will auch darauf hinweisen, dass nach meiner Einschätzung - dies ging auch aus der Ansprache unseres
frisch gewählten Bundestagspräsidenten hervor - weder
die Arbeitsbelastung noch die Probleme, vor denen wir
stehen, kleiner werden. Infolgedessen macht es Sinn, ein
starkes Präsidium zu haben. Das bezieht sich auf den
Umfang. Das bezieht sich auch auf die Persönlichkeiten,
die sich hier zur Verfügung stellen. Ich sage es fraktionsübergreifend: Ich bin der Auffassung, dass wir nachher
sehr respektable Kandidaten zur Auswahl haben.
Deswegen bitte ich abschließend darum, diesem Antrag zuzustimmen. Lassen Sie uns gerne intensiv streiten
über die richtigen Wege, über die richtige Politik in diesem Hause. Lassen Sie uns aber nicht um einen stellvertretenden Präsidentenposten streiten. Es gibt Wichtigeres: Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind größer.
Darüber müssen wir nicht nur ins Gespräch kommen,
darüber müssen wir auch in Streit kommen - ich freue
mich darauf -: unter der Führung und Leitung eines starken und guten Präsidiums.
Herzlichen Dank.
({3})
Das Wort hat nun die Kollegin Petra Sitte für die
Fraktion Die Linke.
({0})
Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Grosse-Brömer, Sie streuen hier Brotkrumen und
locken uns ein bisschen in die falsche Richtung im Paragrafenwald der Geschäftsordnung. Sie haben quasi am
Tag vor der konstituierenden Sitzung des Bundestages
öffentlich bekannt gegeben, dass es mehr Vizepräsidentinnen und -präsidenten geben soll. Das wiederum war
der Tag nach dem Beschluss über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Nun kann ich, was die öffentliche Wahrnehmung angeht, es manchen nicht verübeln,
dass das als Geschmäckle, als Deal wahrgenommen
wird.
({0})
Das Zweite. Dies fällt mitten in die Debatte über die
Sicherung der Minderheitenrechte der Opposition in diesem Parlament. Ich bedanke mich sehr herzlich für die
klaren Worte des Bundestagspräsidenten zu diesen Fragen. Aber Ihre Geste wird von uns nicht als vertrauensbildende Maßnahme wahrgenommen.
({1})
Festzuhalten bleibt doch - es ist eben gesagt worden -:
Der Bundestag wird zurzeit nicht wesentlich größer. Die
Aufgaben der Koalition werden nicht wesentlich größer.
Im Gegenteil, Sie haben sogar den Vorzug, sich bezüglich ihrer Aufgaben eine wunderbare Arbeitsteilung zu
schaffen. Aber die Aufgaben der Opposition werden gewaltig sein, und das bei weniger Abgeordneten.
({2})
Mithin hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach
- das ist schon erwähnt worden - die besondere Rolle
der Opposition für die Wahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung betont. Es wird sogar von einer herausgehobenen Stellung der Opposition gesprochen. Das sollten wir uns vor diesem Hintergrund in
diesem Hause noch einmal vergegenwärtigen.
Nun senden Sie ein fragwürdiges Signal. Es geht
nicht nur um einen Vizepräsidentenposten mehr. Es ist
Ihr politischer Wille, von der bewährten Praxis in diesem
Hause abzuweichen.
({3})
Sie sagen, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament sollten sich im Präsidium abbilden. Das könnte man so hinnehmen. Aber genau in dem entsprechenden Paragrafen
der Geschäftsordnung des Bundestages wird überhaupt
nicht darauf abgehoben, dass sich im Präsidium das Stärkeverhältnis der Fraktionen abbilden soll.
({4})
Das ist in dem entsprechenden Paragrafen nicht enthalten.
({5})
- Nein, Sie können gerne noch einmal nachlesen. Darüber können wir uns im Ältestenrat gerne streiten.
Es gibt keinen Bezug auf das Berechnungsverfahren.
Es gibt nur die Feststellung, die sich aus der sogenannten
Grundmandatsregelung ergibt, dass jede Fraktion mit einem Vizepräsidenten im Präsidium vertreten sein soll.
({6})
Das ist seit Jahren geübte Praxis in diesem Hause.
({7})
Es geht um die Repräsentation des gesamten Hauses.
Deshalb ist diese Praxis besser und demokratischer.
({8})
Sie selber haben es vorhin erwähnt: Das, was wir infrage stellen, ist in der 13. Legislaturperiode auf Antrag
der Bündnisgrünen eingeführt worden. Auch Sie haben
damals als CDU/CDU und FDP ausdrücklich beantragt,
dass die Anzahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreter
bzw. der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten der
Anzahl der Fraktionen entsprechen soll.
Nun zur geübten Praxis. Abgesehen von der 1. Legislaturperiode, ist das Präsidium von der 2. bis einschließlich zur 15. Legislaturperiode mit fünf Mitgliedern besetzt gewesen. In der 14. Legislaturperiode waren es
sechs. Damals gab es einen Präsidenten, zwei Vizepräsidenten der Koalition und drei Vizepräsidenten der Opposition. Erst in der 16. Legislaturperiode, also zur Zeit der
Großen Koalition, ist man davon abgewichen, und es hat
einen Vizepräsidenten bzw. eine Vizepräsidentin mehr
gegeben. Nun nehmen Sie ausschließlich Bezug auf
diese 16. Wahlperiode und gehen von dem zuvor - auch
in der letzten Legislaturperiode - angewendeten Prinzip
ab und wollen wieder sechs Stellvertreter. Auch damals
hatte die SPD zwei Stellvertreter. So richtig geholfen hat
es nicht. Das Wahlergebnis der SPD war nicht ganz
überzeugend.
({9})
Gerade erklären Sie von der SPD Ihrer Mitgliederschaft tapfer, dass erst das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen darüber entscheidet, ob Sie eine Große Koalition eingehen. Aber den Vizepräsidentenposten
wollen Sie schon heute in Anspruch nehmen.
({10})
Was passiert denn dann, wenn Ihre Basis am Ende sagt:
„Der Inhalt der Koalitionsvereinbarung reicht uns nicht;
wir wollen keine Große Koalition eingehen“, mit diesem
zusätzlichen Vizepräsidentenposten? Diese Frage sollte
erlaubt sein.
({11})
Wie Sie merken, ist vieles in diesem Zusammenhang
unklar. Außerdem entsteht der Eindruck, dass es sich
hier um eine willkürliche Praxis handelt. Sie klopfen
sich sozusagen auf Ihre parlamentarische Brust und warten auf Großraumgeräusche. Wir finden das ziemlich
kleingeistig.
({12})
Frau Sitte.
Ich bin sofort fertig. - Dabei hatte Herr Riesenhuber
heute schon von den Höhen des Geistes in diesem Haus
gesprochen.
Ich finde, wir sollten an die gute parlamentarische
Praxis anknüpfen. Es besteht auch aufgrund der konkreten Erfahrungen derjenigen, die schon Mitglied des Bundestages waren, überhaupt keine Veranlassung, die Zahl
der Vizepräsidenten zu erhöhen. Die demokratische Führung der bisherigen Präsidien nach dem alten Prinzip
war gut.
Danke schön.
({0})
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Thomas
Oppermann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich
kann man darüber diskutieren, ob ein Präsidium zu groß
oder zu klein ist; aber ich finde, dass ein Präsidium, das
aus dem Präsidenten und den Stellvertretern besteht, also
in diesem Fall aus sieben Personen bestehen soll, dass
also ein siebenköpfiges Präsidium nicht unangemessen
groß ist für ein Parlament aus 631 Abgeordneten.
({0})
Bei der Bildung eines Präsidiums gibt es eigentlich
drei Regeln, zwei ungeschriebene und eine, die in unserer Geschäftsordnung steht. In der Geschäftsordnung
steht die Grundmandatsklausel. Die erste ungeschriebene Regel ist: Die stärkste Fraktion soll den Präsidenten
stellen. Das ist eine Übung im Deutschen Bundestag, der
wir immer gefolgt sind. Auch heute haben wir das gemacht.
Die geschriebene Regel in der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages, die wir inzwischen angenommen haben, besagt: Jede Fraktion soll unabhängig von
ihrer Größe einen Platz im Präsidium bekommen, also
ein Grundmandat. Dieses Grundmandat schützt die kleinen Fraktionen. Es ist, wenn man so will, praktizierter
Minderheitenschutz. Würde es diese Grundmandatsklausel übrigens nicht geben, wäre auch bei nur fünf Stellvertretern die Verteilung: CDU/CSU zwei, SPD zwei,
Linke einer und Grüne null. Mit anderen Worten: Mit
der Grundmandatsklausel sichern wir erst einmal die Beteiligung aller Fraktionen im Präsidium.
({1})
Die dritte Regel ist, dass natürlich das Präsidium auch
die Mehrheitsverhältnisse im Parlament abbilden muss.
Deshalb werden manchmal ein, manchmal zwei Vizepräsidenten hinzugenommen, um diese Mehrheit darzustellen. Genau das ist hier der Fall: drei für die Union,
zwei für die SPD und je einer für die Grünen und für die
Linke. Wenn jetzt die geschätzten Kollegen und Kolleginnen von den Grünen sagen, dass im Verhältnis zu ihnen der SPD kein zweiter Vizepräsident zukommen
solle, dann kann ich nur sagen: Wir haben beide wirklich
nicht gut abgeschnitten bei der Bundestagswahl, aber
25,7 Prozent sind immer noch erkennbar mehr als
8,4 Prozent. Das muss ich den Grünen schon einmal sagen.
({2})
Ungleiches gleich zu behandeln, ist kein Minderheitenschutz. Aber ich bin schon der Meinung - ich kann
das hier für die SPD-Bundestagsfraktion erklären -: Wir
sind ohne Einschränkungen gesprächsbereit, wenn es darum geht, die Rechte von Minderheiten im Deutschen
Bundestag sicherzustellen, auch wenn wir im Falle der
Bildung einer Großen Koalition nur zwei kleine Oppositionsfraktionen haben sollten. Eine parlamentarische Demokratie, die funktioniert, braucht nicht nur eine handlungsfähige Regierung, sondern auch eine effektive
Opposition. Für mich ist völlig undenkbar, dass die Opposition nicht in der Lage sein sollte, Anhörungen zu
beantragen, Untersuchungsausschüsse auf den Weg zu
bringen oder ausreichend Redezeit zu bekommen.
({3})
Wir werden darüber reden, und wir werden einen Konsens bekommen.
Vielen Dank.
({4})
Nun erhält noch die Kollegin Britta Haßelmann für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen
auch liebe neue Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie
mich drei Vorbemerkungen machen. Zum einen gratulieren wir Ihnen, Herr Präsident, ganz herzlich zu Ihrem Ergebnis. Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Arbeit mit Ihnen und möchten das im Namen unserer
Fraktion deutlich machen.
({0})
Wir bedanken uns auch dafür, dass Sie das Thema
Minderheitenrechte angesprochen haben. Das ist ein für
uns wichtiges Thema. Deshalb meine zweite kurze Vorbemerkung: Lieber Gregor Gysi, mich hat schon erstaunt, dass, wenn wir öffentlich die große Welle machen und auch wichtige Themen ansprechen, wie zum
Beispiel das Thema Minderheitenschutz, Sie der Geschäftsordnung heute hier zustimmen. Das irritiert mich
doch; denn ich finde, dass es allen Grund gibt, dieser
Geschäftsordnung in der jetzigen Situation nicht zuzustimmen, weil wir bislang keine Garantie dafür haben,
dass die Punkte, die Sie, Herr Präsident, zu den Minderheitenrechten angesprochen haben, sich in einer künftigen Geschäftsordnung wiederfinden.
({1})
Dritte kurze Vorbemerkung. Lieber Thomas Oppermann,
der Schalter ist aber schnell umgelegt, oder?
({2})
Das hat mich schon irritiert. Ein Grundmandat als praktizierten Minderheitenschutz darzustellen - Mannomann!
Zunächst habe ich mir das angehört, was Herr GrosseBrömer nach dem Motto „Damals, 1994, haben wir den
Grünen einmal etwas zugestanden“ gesagt hat.
({3})
Ich finde, in der Angelegenheit mit dem Grundmandat
als praktiziertem Minderheitenschutz haben Sie sich vergaloppiert.
({4})
Nun zur Sache selbst. Die bisherige parlamentarische
Praxis entspricht der Tatsache, dass wir einen Präsidenten haben und jede Fraktion je eine Stellvertreterin oder
einen Stellvertreter stellt; so war zumindest die Vereinbarung in der letzten Legislaturperiode und vielen weiteren Legislaturperioden. Meine Kollegin Sitte hat darauf
rekurriert.
Im neuen Bundestag sind nur vier Fraktionen vertreten, und man kann sich mit einigem Recht fragen, waBritta Haßelmann
rum das Präsidium zusätzlich zum Präsidenten sechs
Vizepräsidentinnen bzw. -präsidenten enthalten soll. Das
ist eine ganz legitime Frage, über die wir hätten diskutieren können. Wir haben darüber im Vorfeld aber nicht
diskutiert. Wir sind am Montag, nachdem Sie Ihren Sondierungsgipfel hinter sich gebracht hatten, mit dieser
Frage konfrontiert worden. Dabei ging es aber nicht um
die Arbeitssituation im Parlament oder um die Frage,
was wir vielleicht unter dem Aspekt, von Kommissionen
oder der Erörterung von bestimmten Fragen, die an
Vizepräsidentinnen und -präsidenten zu delegieren sind
zu klären ist. Darüber hätte man ja sprechen können, und
man hätte zu dem Ergebnis kommen können, es gebe
vielleicht eine Rechtfertigung dafür, dass wir das Präsidium um eine Position erweitern. Aber mitnichten! Sie
beide haben mich wunderbarerweise am Montagvormittag darüber informiert, dass Sie beide für sich beanspruchen - das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen, die
Bildung einer Großen Koalition, vorwegnehmend -,
dass die Anzahl der Stellvertreter ausgeweitet wird.
Ich könnte mir sogar noch vorstellen, dass von Ihrer
Seite das Argument kommt: Wir sind eine Fraktion, die
über 41 Prozent der Sitze im Deutschen Bundestag hat. Es
gibt durch die 631 Abgeordneten mehr zu tun, auch für
die Vizepräsidentinnen und -präsidenten. - Aber jetzt,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, argumentieren Sie nach dem Motto: Wir müssen auf Augenhöhe
mit der CDU/CSU sein, und deshalb sorgen wir jetzt für
eine Gleichziehung bei der Anzahl der Stellvertreter. Ich
bitte Sie! Wir können doch die Frage der Anzahl der
Vizepräsidentinnen und -präsidenten nicht danach beantworten, was Sie in Ihren Koalitionsverhandlungen möglicherweise besprechen.
({5})
Das Signal an die Öffentlichkeit ist eben nicht: Die
Erweiterung des Präsidiums rechtfertigt sich aus sachlichen Gründen. Wenn ich ein Argument wie „Augenhöhe
mit der CDU/CSU“ lese, denke ich, das ist doch keine
sachliche Begründung. Die Ausweitung des Präsidiums
ist für die Öffentlichkeit eigentlich nur dahin gehend
eine Bestätigung, dass man denkt: Große Koalition bedeutet, das kostet etwas. - Damit werden wir doch in der
Öffentlichkeit konfrontiert.
({6})
Sie treten heute hier den Beweis dafür an.
Wir lehnen diesen Antrag ab. Selbstverständlich ist
das keine Entscheidung gegen die einzelnen Personen,
die hier vorgeschlagen werden; um auch das in aller
Deutlichkeit zu sagen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
({7})
Ich lasse nun über den Antrag der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion auf Drucksache 18/2 abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das
Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich
der Stimme? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen
der antragstellenden Fraktionen gegen die Stimmen der
Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke angenommen. Damit ist die Zahl der Stellvertreter des Präsidenten auf sechs festgelegt.
Damit kommen wir nun zum Tagesordnungspunkt 6:
Wahl der Stellvertreter des Präsidenten
Nach unserer Geschäftsordnung erfolgt auch die Wahl
der Vizepräsidenten geheim. Interfraktionell haben wir
vereinbart, die Wahlen der Kandidatinnen und Kandidaten mit Wahlausweis und einer Stimmkarte durchzuführen, auf der alle vorgeschlagenen Kandidatinnen und
Kandidaten aufgeführt sind. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann
können wir so verfahren.
Mir liegen folgende Vorschläge der Fraktionen vor:
von der Fraktion der CDU/CSU die Kollegen Peter Hintze
und Johannes Singhammer, von der Fraktion der SPD die
Kolleginnen Edelgard Bulmahn und Ulla Schmidt, von
der Fraktion Die Linke die Kollegin Petra Pau sowie von
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin
Claudia Roth. Werden weitere Vorschläge gemacht? Das ist nicht der Fall.
Ich darf auch hier einige wenige Hinweise zum Ablauf der Wahl geben. Gewählt ist, wer die Stimmen der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestags erhält; das sind
316 Stimmen. Für diesen Wahlgang sind Stimmkarte
und Wahlausweis grün. Frau Kollegin Haßelmann, Sie
sehen, dass ich keine Gelegenheit auslasse, meine Aufgeschlossenheit für Minderheitsinteressen zum Ausdruck zu bringen, auch schon durch die Farbgebung bei
Wahlgängen.
({0})
Den Wahlausweis können Sie wieder, soweit noch nicht
erfolgt, Ihren Stimmkartenfächern in der Lobby entnehmen.
Die Prozedur ist die gleiche, wie vorhin schon einmal
erläutert. Auf der Stimmkarte sind alle vorgeschlagenen
Kandidatinnen und Kandidaten aufgeführt. Sie können
und sollten bitte auch zu jedem einzelnen der aufgeführten
Kandidaten und zu jeder einzelnen der aufgeführten Kandidatinnen jeweils mit „ja“, „nein“ oder „Enthaltung“ votieren. Wenn bei einem Namen mehr als ein Kreuz oder
gar kein Kreuz zu erkennen ist oder wenn andere Namen
oder Zusätze auf der Stimmkarte eingetragen sind, ist
diese Stimme ungültig. Bevor Sie die Stimmkarte einwerfen, geben Sie auch jetzt wieder bitte dem Schriftführer an der Wahlurne Ihren Wahlausweis.
Den Hinweis darauf, welche Gänge genutzt werden
sollten, brauche ich gar nicht mehr zu geben, weil der
größere Teil der Wahlberechtigten sich schon in der
Nähe der Kabinen aufhält. Dort sind hoffentlich auch
schon die Schriftführerinnen und Schriftführer.
Präsident Dr. Norbert Lammert
Ich darf bereits jetzt darauf aufmerksam machen, dass
ich nach Schließen des Wahlgangs die Sitzung für die
Auszählung der Stimmen unterbrechen werde. Stellen
Sie sich bitte darauf ein, dass das etwa eine Stunde dauern kann, weil ja ein doch relativ komplexer Wahlgang
ausgezählt werden muss.
Ich eröffne die Wahl.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich fragen, ob
jemand im Saal ist, der seine Stimme noch nicht abgegeben hat? Oder hat jemand einen gesehen, den er dann
nicht mehr gesehen hat und der seine Stimme noch abgeben könnte? - Dann schließe ich diesen Wahlgang und
unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl. Wir werden den Wiederbeginn der
Sitzung rechtzeitig durch entsprechende akustische und
optische Signale in den Immobilien des Bundestages ankündigen. Stellen Sie sich bitte darauf ein, dass es etwa
eine Stunde dauern kann, bis wir diesen ja doch umfangreichen Wahlgang mit der gebotenen Sorgfalt ausgezählt
haben.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({1})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen das
Ergebnis der Wahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Präsidenten bekannt geben: abgegebene Stimmkarten 626. Alle abgegebenen Stimmen waren gültig.
Von den abgegebenen Stimmen sind entfallen auf
Peter Hintze 449 Jastimmen, 122 Neinstimmen und
51 Enthaltungen. In diesem Falle, was mich ein bisschen
überrascht, waren 4 Stimmen ungültig. Das heißt, es gibt
keine Stimmkarte, die insgesamt ungültig war, was ja
doch auf eine gewisse Pfiffigkeit der neuen wie der alten
Kollegen schließen lässt, aber bei einzelnen Wahlgängen
ist das offenkundig anders. Noch einmal: 449 Jastimmen, 122 Neinstimmen, 51 Enthaltungen. Ich darf das
mit Ihrem Einverständnis gleich mit der Frage an die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen verbinden, ob sie
die Wahl annehmen. Ich darf den Kollegen Hintze, der
damit die notwendige Mehrheit erkennbar erreicht hat,
fragen, ob er die Wahl annimmt.
Ich bedanke mich. Ich nehme die Wahl an.
({0})
Auf den Kollegen Johannes Singhammer sind bei
6 ungültigen Stimmen 442 Jastimmen, 115 Neinstimmen
und 63 Enthaltungen entfallen. Auch er hat damit die
notwendige Mehrheit eindeutig und klar erreicht. Ich
darf ihn fragen, ob er die Wahl annimmt.
Ich danke für den Vertrauensvorschuss und nehme die
Wahl gerne an.
({0})
Die Kollegin Edelgard Bulmahn hat bei wiederum
6 ungültigen Stimmen 534 Jastimmen erhalten.
({0})
50 Kolleginnen und Kollegen haben mit Nein gestimmt,
36 haben sich der Stimme enthalten. Frau Bulmahn, ich
darf auch Sie fragen, ob Sie die Wahl annehmen.
Auch ich bedanke mich für das Vertrauen, und ich
nehme die Wahl gerne an.
({0})
Auf die vorgeschlagene Kandidatin Ulla Schmidt sind
520 Jastimmen entfallen.
({0})
66 Kollegen oder Kolleginnen haben mit Nein gestimmt,
35 haben sich der Stimme enthalten. 5 Stimmen waren
ungültig. Ich bin zuversichtlich, Frau Schmidt, dass Sie
die Frage ähnlich beantworten wie die bisher angesprochenen Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, Sie haben wie meistens recht. Ich
nehme die Wahl an und bedanke mich für das große Vertrauen. Danke schön!
({0})
Auf Petra Pau sind 451 Jastimmen entfallen,
({0})
bei 113 Neinstimmen und 45 Enthaltungen. 17 Stimmen
waren in diesem Wahlvorgang ungültig. Ich darf Frau
Pau fragen, ob sie die Wahl annimmt.
Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl gern an, und,
liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die
weitere Zusammenarbeit.
({0})
Schließlich darf ich noch das Wahlergebnis für
Claudia Roth bekannt geben. Bei 14 ungültigen Stimmen hat sie 415 Jastimmen erhalten. Es gab 128 Neinstimmen und 69 Enthaltungen. Sie ist damit gewählt.
({0})
Ja. Ich freue mich, Sie fragen zu dürfen, ob Sie sich
ernsthaft entschließen könnten, dieses Amt anzunehmen.
Ich freue mich, Ihnen antworten zu dürfen. Ich habe
mir ernsthaft vorgenommen, es so zu machen, wie ich
bin, und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.
({0})
Da nicht alle Kolleginnen und Kollegen im Hause
gleichzeitig ihre natürlich dringenden guten Wünsche an
die gewählten Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten
adressieren können, will ich gerne im Namen des ganzen
Hauses allen gewählten Kolleginnen und Kollegen herzlich gratulieren und für die Zusammenarbeit alles erdenklich Gute wünschen.
Die Bemerkung der Kollegin Roth, sie beabsichtige,
das Amt so auszuführen, wie sie sei, hat hier im Präsidium die spontane Reaktion erzeugt: Das berechtige ja
zu den schönsten Hoffnungen.
({0})
Nationalhymne
Meine Damen und Herren, zum Abschluss der konstituierenden Sitzung des 18. Deutschen Bundestages singen wir nun unsere Nationalhymne: „Einigkeit und
Recht und Freiheit“.
({1})
Wir sind damit am Schluss der heutigen Sitzung.
Über den Termin der nächsten Sitzung des Deutschen
Bundestages werde ich Sie rechtzeitig informieren.
Ich darf Sie nun alle herzlich zu dem Empfang auf der
Fraktionsebene einladen; da besteht Gelegenheit, weitere Glückwünsche auszutauschen und sich über den
weiteren Verlauf der Legislaturperiode überfraktionell
zu verständigen.
Die Sitzung ist geschlossen.