Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 2/24/2010

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf und Verordnung zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie auf dem Gebiet des Umweltrechts. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Frau Ursula Heinen-Esser. Bitte schön.

Ursula Heinen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003143

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den Gesetzentwurf und die Verordnung zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie auf dem Gebiet des Umweltrechts beschlossen. Im Klartext geht es dabei um die Arbeit von Sachverständigen im Umweltrecht. Es werden verschiedene Rechtsänderungen eingeführt: die Möglichkeit optionaler Abwicklungen von Verfahren über einheitliche Ansprechpartner, die Möglichkeit einer elektronischen Verfahrensabwicklung und die Regelung über die bundesweite Geltung von Bekanntgaben bzw. Anerkennung ausländischer Dokumente von Sachverständigen. Lassen Sie mich zwei wesentliche Punkte ansprechen. Erstens. Im Umweltrecht werden - das ist auch auf anderen Rechtsgebieten üblich - Sachverständige eingesetzt, die zum Beispiel für Behörden Überprüfungen in Unternehmen vornehmen. Besonders wichtig sind etwa Emissionsmessungen in Industrieanlagen, aber auch die Überprüfung und Kontrolle von Solarien. Die auf Grundlage dieser Überprüfungen gesammelten Erkenntnisse werden von den Unternehmen an die Behörden weitergegeben. In Deutschland sind insgesamt rund 2 000 Sachverständige im Bereich des Umweltrechts tätig. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dieser Dienstleistungsrichtlinie - es geht nicht nur darum, dass in Zukunft EUAusländer als Sachverständige in Deutschland arbeiten können, sondern auch darum, dass die deutschen Sachverständigen für Umweltrecht im EU-Ausland arbeiten können - ein großes wirtschaftliches Potenzial für unsere Sachverständigen erschließen. Vergleichbares haben wir mittels spezieller europäischer Regelungen im Bereich der Umweltgutachter im Jahr 1995 erreicht. Unsere Umweltgutachter sind im europäischen Ausland sehr gefragt. Wir gehen davon aus, dass es bei den Sachverständigen für Umweltrecht ähnlich sein wird. Selbstverständlich muss gelten: Wenn unsere Sachverständigen im europäischen Ausland tätig sind, dann müssen wir EU-ausländische Sachverständige bei uns zulassen. Bei der Erstellung der Richtlinie ist vielfach darüber diskutiert worden, ob das zu einer Absenkung von Umweltstandards führen kann. Nein, das ist nicht der Fall; denn wir haben besondere Regelungen in die Richtlinie aufgenommen. Sachverständige, egal ob Inländer oder Ausländer, müssen über entsprechende Qualifikationen verfügen und die Nachweise erbringen, dass sie ihre Tätigkeit ausüben können. Ansonsten werden sie weder in Deutschland noch in anderen Ländern bekannt gegeben. Das hat etwas damit zu tun, dass der Sachverständige stellvertretend für den Staat die Letztverantwortung für den Schutz der Umwelt trägt. Zweitens. Mit der Einsetzung dieser Richtlinie gibt es eine Vereinfachung im deutschen Recht, weil eine Bekanntgabe der Sachverständigen künftig bundesweit möglich ist. Zurzeit ist es so, dass Sachverständige ihre Zulassung bei einer Landesbehörde eines Bundeslandes beantragen können. Wenn sie Glück haben, gilt die Zulassung auch in einem anderen Bundesland. In der Regel ist das aber nicht der Fall. Mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Bereich des Umweltrechts erreichen wir, dass die Sachverständigen zukünftig bundesweit eine Zulassung erhalten können. Das bedeutet eine erhebliche Vereinfachung für die Sachverständigen. Um es salopp auszudrücken: Wir haben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wir haben zwei Ziele Redetext erreicht, nämlich erstens die gegenseitige Anerkennung der Sachverständigen in Deutschland und im europäischen Ausland sowie zweitens die Vereinfachung der Verfahren bei uns in Deutschland.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Frau Staatssekretärin. - Zur ersten Frage hat der Kollege Gebhart das Wort.

Dr. Thomas Gebhart (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004038, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben diesen Punkt zwar schon gestreift, aber ich habe dennoch eine Frage dazu: Besteht aus Sicht der Bundesregierung die Gefahr einer Abschwächung deutscher Umweltschutzstandards aufgrund der Dienstleistungsrichtlinie, die jetzt umzusetzen ist?

Ursula Heinen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003143

Kollege Gebhart, wie ich eingangs schon gesagt habe, müssen die Sachverständigen, die bei uns zugelassen werden wollen, ihre Qualifikationen nachweisen. Das muss nachprüfbar sein. Im Einzelfall kann das sogar so weit gehen, dass man die Vorlage beglaubigter Übersetzungen der Dokumente verlangt. Allerdings muss auch klar sein, dass die Bekanntgabe bzw. Zulassung von Sachverständigen nicht zu Diskriminierungen führen darf. Das müssen wir im Auge behalten. Wir haben dafür gesorgt - auch das ist ein Erfolg der deutschen Verhandlungsstrategie -, dass wegen der besonderen Verantwortung der Umweltrechtssachverständigen für den Schutz der Umwelt - ich nenne noch einmal das Stichwort „Emissionsmessungen in Industrieanlagen“ - besondere Regelungen in der Dienstleistungsrichtlinie enthalten sind. Es wird nicht einfach genehmigt oder zugelassen. Die entsprechenden Anforderungen müssen erfüllt werden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer nächsten Frage hat der Kollege Sensburg das Wort.

Prof. Dr. Patrick Sensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004155, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ich habe eine Frage, die sich um den Anwendungsbereich der Richtlinie dreht. Es gibt im Gemeinschaftsrecht spezielle Rechtsakte, die möglicherweise vorgehen. Meine Frage ist: Fallen bestimmte Bereiche des Umweltrechts aus dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie heraus?

Ursula Heinen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003143

Die Frage lässt sich sehr eindeutig beantworten. Es handelt sich um die Tätigkeiten, die in speziellen Gemeinschaftsrechtsakten geregelt sind. Darauf haben Sie schon in Ihrer Frage hingewiesen. Ich habe in meiner Einführung auf die Umweltgutachter hingewiesen, deren Tätigkeit im Jahr 1995 auf europäischer Ebene gesondert eingeführt worden ist. Das gilt aber auch allgemein für die Anerkennung von Berufsqualifikationen, beispielsweise wenn die Berufsanerkennungsrichtlinie Anwendung findet. Aber es sind auch nicht spezifisch dienstleistungsbezogene Anforderungen ausgenommen. Das gilt zum Beispiel, wenn es sich um anlagenbezogene Genehmigungsregelungen handelt, etwa um Abwasserbehandlungsanlagen oder Ähnliches. Auch dies ist nicht Teil der Richtlinie.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die nächste Frage stellt die Kollegin Kudla.

Bettina Kudla (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004084, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, können deutsche Unternehmen, denen Dienstleistungen hier angeboten werden, sicher sein, dass ausländische Sachverständige dieselbe Qualifikation haben wie ihre Kollegen im Inland?

Ursula Heinen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003143

Ja, da können sie sicher sein, sofern es sich um offiziell bekannt gegebene, zugelassene Sachverständige handelt. Ich habe eben schon ausgeführt, dass es entscheidend ist, dass die Qualifikationen nachgewiesen und der zuständigen Landesbehörde angezeigt werden, die die Erfüllung der Anforderungen überprüft. Wenn dies alles erfolgt ist, der Sachverständige also offiziell bekannt gegeben ist, dann können deutsche Unternehmen sicher sein, dass diese Sachverständigen aus dem EU-Ausland die erforderlichen Qualifikationen besitzen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Kollege Liebing hat das Wort für eine weitere Frage.

Ingbert Liebing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003801, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, wir haben jetzt darüber gesprochen, dass ausländische Sachverständige in Deutschland tätig werden können. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass natürlich auch deutsche Sachverständige im EU-Ausland tätig werden können. Gibt es dafür besondere Anforderungen? Wie kann ein Sachverständiger diesen sich entwickelnden Markt aktiv nutzen? Muss er warten, bis ihn andere Unternehmen von sich aus anfordern?

Ursula Heinen (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003143

Um Ihre letzte Frage zuerst zu beantworten, Kollege Liebing: Nein, ein deutscher Sachverständiger muss nicht darauf warten, dass er angefordert wird. Es gibt eine Plattform über die Europäische Union, bei der er sich informieren kann. Er kann somit selber aktiv werden, um in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu arbeiten. Wir haben innerhalb der Europäischen Union das Verfahren der einheitlichen Ansprechpartner gewählt. Das heißt, in jedem Mitgliedstaat muss es diesen sogenannten einheitlichen Ansprechpartner geben. An diesen wendet sich der Sachverständige. Dieser wird ihn an die zuständigen Behörden des jeweiligen Landes weitervermitteln. Dort kann er zugelassen werden und dann entsprechend tätig werden. Ich denke, das wird für unsere wirklich guten Sachverständigen im Umweltrecht, die über eine ganze Menge Erfahrungen und Know-how verfügen, eine Möglichkeit sein, zusätzlich im Ausland tätig zu werden, wie das auch bei den Umweltgutachtern der Fall ist. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Weitere Wortmeldungen zu diesem Bericht liegen mir nicht vor. Danke, Frau Staatssekretärin. Die Kollegin Dr. Enkelmann hat eine Frage zu weiteren Themen der heutigen Kabinettssitzung. Bitte.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Genau. Zumindest will ich nachfragen, ob sich das Kabinett mit der folgenden Angelegenheit befasst hat. Wie jetzt bekannt wurde, hat der Außenminister vor einiger Zeit einen bezahlten Vortrag bei einer Liechtensteiner Bank gehalten, die inzwischen im Zusammenhang mit Schwarzgeldkonten deutscher Steuerhinterzieher bekannt geworden ist. Hat sich das Kabinett mit dieser Frage beschäftigt?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Staatsminister von Klaeden.

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Nein.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Kann ich noch eine Nachfrage stellen?

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie dürfen.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Bei den veröffentlichungspflichtigen Angaben aus der letzten Wahlperiode tauchen bei dem Außenminister mehrere Funktionen in Unternehmen auf, etwa Versicherungen, Deutsche Vermögensberatung, Hamburg-Mannheimer, Consulting-Firmen usw. Hat sich das Kabinett damit befasst, ob diese Funktionen möglicherweise immer noch ausgeübt werden? Sanktioniert das Kabinett diese Funktionen?

Not found (Gast)

Nein, das Kabinett hat sich damit nicht befasst. Frau Kollegin Enkelmann, ich halte das für eine unzulässige Frage, denn zu diesem Zeitpunkt hat der Kollege Westerwelle der Bundesregierung nicht angehört. Sie versuchen, hier eine Auskunft der Bundesregierung über die Nebentätigkeiten von Herrn Westerwelle aus seiner Zeit als Abgeordneter in der letzten Legislaturperiode zu erlangen. Das ist eine klassische Dreiecksfrage. Ich verweise Sie daher auf die entsprechenden Entscheidungen zu unserer Geschäftsordnung. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wenn Sie eine weitere Nachfrage haben, Kollegin Enkelmann, dann stellen Sie sie jetzt bitte.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke. - Schließen Sie aus, dass es diese Funktionen heute noch gibt?

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Frau Kollegin Enkelmann, ich habe Ihre Frage erschöpfend beantwortet. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Frage hat die Kollegin Dr. Bunge das Wort.

Dr. Martina Bunge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003743, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich habe eine Frage bezüglich der Kommission zur künftigen Finanzierung des Gesundheitswesens, die sich nach meiner Kenntnis heute konstituiert hat. Ich weiß jetzt nicht, ob die Frau Staatssekretärin Widmann-Mauz oder Sie, Herr Staatsminister, die Frage beantworten wollen. Ich stelle erst einmal die Frage.

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Das ist eine gute Idee.

Dr. Martina Bunge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003743, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Der Kommission, auf deren Einsetzung sich die Regierung heute verständigt hat, gehören bekanntlich acht Ministerinnen bzw. Minister an. Auf Nachfrage, auch im Ausschuss, wissen wir, dass Expertinnen und Experten eingeladen werden können. Mich interessiert, nach welchen Kriterien die Experten und Wissenschaftler ausgewählt werden und wie die Transparenz dieser Kommission gewährleistet wird. Schließlich geht es hier um ein Anliegen, das für breite Kreise der Bevölkerung von großem Interesse ist.

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Die Auswahl der Experten richtet sich nach ihrem Sachverstand. - Die weiteren Fragen kann meine Kollegin Staatssekretärin Widmann-Mauz beantworten.

Annette Widmann-Mauz (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003259

Frau Abgeordnete Bunge, wie wir bereits heute Vormittag im Ausschuss besprochen haben und wie die Bundesregierung Auskunft erteilt hat, wird die Auswahl der Experten, die berufen werden, von der Regierungskommission in eigener Zuständigkeit getroffen. Da sich die Regierungskommission noch nicht zu ihrer ersten Sitzung zusammengefunden hat, können zum jetzigen Zeitpunkt darüber noch keine Aussagen getroffen werden. Die Transparenz der Beratungen und vor allen Dingen der Entscheidungen der Regierungskommission wird dadurch gewährleistet, dass die Bundesregierung, wenn entsprechende Beschlüsse gefasst werden, das Parlament umfassend darüber informieren wird. Denn aus den Ergebnissen der Regierungskommission sollen ja voraussichtlich gesetzgeberische Maßnahmen resultieren.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Haben Sie eine weitere Nachfrage?

Dr. Martina Bunge (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003743, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja, ich habe eine Nachfrage. - Ist darunter zu verstehen, dass der Bericht, der im Sommer oder wann auch immer vorgelegt wird, das Charakteristikum der Transparenz erfüllen wird?

Annette Widmann-Mauz (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003259

Über die Ergebnisse, die die Regierungskommission zeitigen wird, wird im parlamentarischen und im politischen Raum intensiv diskutiert werden. Es steht dem Parlament selbstverständlich frei, die entsprechenden Befassungen dazu hier im Plenum und in den Ausschüssen zu beantragen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Gibt es weitere Fragen zur heutigen Kabinettssitzung oder darüber hinaus? - Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Befragung der Bundesregierung. Ich unterbreche die Sitzung bis zum Beginn der Fragestunde um 13.30 Uhr. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 17/756, 17/771 Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen auf Drucksache 17/771 auf. Die ersten beiden Fragen beziehen sich auf den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk zur Verfügung. Ich rufe die dringliche Frage 1 des Kollegen Christian Lange auf: Gab es aufgrund des Rechtsgutachtens, das das Justizministerium Baden-Württemberg in Auftrag gegeben hat, nach dem sich Beamte, die illegal gewonnene Steuersünderdaten zur Strafverfolgung nutzen, selbst strafbar machen würden, Gespräche zwischen der Bundesregierung und der badenwürttembergischen Landesregierung, insbesondere hinsichtlich der Anwendung einer einheitlichen Rechtsauffassung, und hat die Bundesregierung das Land Baden-Württemberg dazu ermuntert, die angebotenen CDs zu kaufen? Bitte, Herr Staatssekretär.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Lange, ich darf Ihnen sagen, dass es zwischen der Bundesregierung und der baden-württembergischen Landesregierung keine Gespräche hinsichtlich des von Ihnen angesprochenen Rechtsgutachtens gegeben hat. Unabhängig hiervon hat aber das Bundesministerium der Finanzen dem Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg bereits mitgeteilt, dass es den Datenankauf in dem vorgetragenen Fall für rechtlich zulässig hält. Die Entscheidung über den Datenankauf liegt aber letztendlich beim Land Baden-Württemberg.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Darf ich nachfragen, ob die Bundesregierung die Auffassung des badenwürttembergischen Landesjustizministers Goll teilt, dass sich Beamte, die illegal erworbene Daten zur Strafverfolgung nutzen - damit meint er die Daten auf entsprechenden Steuer-CDs -, selbst strafbar machen? Hierzu möchte ich nur zur Illustration aus einer aktuellen Meldung der Stuttgarter Nachrichten zitieren: Sollte das Land die Daten kaufen, würden sich die bearbeitenden Beamten, die dann auf die Suche nach den Steuerflüchtigen gehen, strafbar machen. „Schon der Ankauf der Daten wäre strafbar“, sagt dazu ein erfahrener Jurist. So eine Expertise des baden-württembergischen Justizministeriums. Darüber hinaus vertritt der Jurist die Auffassung, es könne zu der Situation kommen, … dass baden-württembergische Staatsanwälte gegen baden-württembergische Finanzbeamte ermitteln müssen. „Wir würden die Staatsanwaltschaften nicht daran hindern“, heißt es dazu aus Justizkreisen. Um Sie bei dieser Frage auf den aktuellen Stand zu bringen, weise ich darauf hin, dass angeblich auch der Präsident des Staatsgerichtshofs von Baden-Württemberg von einem Ankauf abrät. Kurzum - ich wiederhole es -: Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Landesjustizministers, dass sich die Beamten bei einer Verwendung der Daten strafbar machen würden?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Lange, die Bundesregierung ist der Auffassung, dass im Rahmen des rechtlich Zulässigen alles Mögliche getan werden muss, um Steuerhinterziehern das Handwerk zu legen, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Steuergerechtigkeit auch bei Auslandssachverhalten herzustellen. Dies sind wir vor allem den ehrlichen Steuerzahlern in unserem Land schuldig. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ausdrücklich festgestellt, dass der gleichmäßigen Durchsetzung der Steuerpflicht gegenüber allen Bürgern nach dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes ein herausragender Wert zukommt. Bei Sachverhalten im Ausland stoßen die deutschen Finanzbehörden hinsichtlich ihrer Ermittlungsmöglichkeiten aber an ihre Grenzen. Wenn kein automatischer Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden der beiden Staaten erfolgt und die ausländischen Finanzbehörden der deutschen Finanzverwaltung auch anderweitig keine Auskünfte über steuererhebliche Sachverhalte erteilen, können unvollständige oder falsche Angaben des deutschen Kapitalanlegers regelmäßig nicht aufgedeckt werden. Der Ankauf von Daten ist in diesen Fällen die Ultima Ratio, um Steuerhinterziehung durch Kapitalanlagen in nicht auskunftsbereiten Ländern, wie zum Beispiel der Schweiz, aufdecken zu können. Ich weise noch einmal darauf hin, dass das Bundesministerium der Finanzen dem zuständigen Finanzministerium von Baden-Württemberg mitgeteilt hat, dass es den Datenankauf im vorgetragenen Fall für rechtlich zulässig hält.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich möchte darauf hinweisen, dass das nicht meine Frage war. Meine Frage war, ob Sie die Auffassung teilen, dass sich - das ist die Position, die das Landesjustizministerium von Baden-Württemberg einnimmt - die Beamten, insbesondere die Finanzbeamten, strafbar machen würden, wenn sie auf der Grundlage dieser Daten ermitteln, und dass das in der Tat die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns gefährden würde.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Lange, ich möchte an einen vorgelagerten Fall erinnern, und zwar an den LGT-Komplex, Liechtenstein, wo es bereits einmal zum Ankauf solcher Daten gekommen ist. Bislang sind in keiner Weise Rechtsfolgen eingetreten, die der Bundesregierung Anlass geben würden, davon auszugehen, dass sich in den Fall LGT, Liechtenstein, involvierte Beamte in irgendeiner Weise strafbar gemacht hätten. Deshalb gehen wir davon aus, dass das, was sich aus der Entscheidung im Fall LGT, Liechtenstein, an Rechtsfolgen ergeben hat, auch für gegenwärtig entschiedene oder in der Diskussion befindliche Fälle gilt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat die Kollegin Dr. Lötzsch das Wort.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, es ist nicht das erste Mal, dass wir im Deutschen Bundestag darüber sprechen, dass die Steuerbehörden der einzelnen Bundesländer sehr unterschiedlich handeln. Zum Beispiel sind unter der Verantwortung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch - in Klammern: CDU - sehr erfolgreiche, sehr engagierte Steuerfahnder ins Aus gedrängt worden. Sollte die Bundesregierung daher diese Vorfälle nicht zum Anlass nehmen, endlich dafür zu sorgen, dass die Bundesrepublik Deutschland eine bundeseinheitliche Steuerverwaltung bekommt?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Verehrte Frau Kollegin Lötzsch, der Föderalismus ist ein hohes Gut. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, dass bewährte Grundsätze des Föderalismus in Deutschland aufgrund aktueller politischer Ereignisse infrage gestellt werden sollten.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Mast das Wort.

Katja Mast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003804, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, vielen Dank für Ihre bisherigen Ausführungen. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mit den rechtlichen Beurteilungen, die Sie als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium vornehmen, für die gesamte Regierung und damit auch für das Bundesjustizministerium sprechen?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin, im Falle der Anfrage aus BadenWürttemberg, aber auch in dem vorangegangenen Fall - Nordrhein-Westfalen - und bei früheren Fällen ist der Ablauf so, dass sich das betreffende Land an das Bundesfinanzministerium wendet. Das Bundesfinanzministerium prüft dann und teilt dem Land gegebenenfalls sein Einverständnis mit. Insofern handelt es sich um eine Prüfung des Bundesfinanzministeriums.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Eine weitere Nachfrage stellt nun der Kollege Dr. Wiefelspütz.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich teile Ihre Auffassung, dass der Ankauf oder der Erwerb dieser Steuer-CD rechtlich unbedenklich ist. Ich will aber noch einmal nachhaken: Haben wir Sie richtig verstanden, dass die Bundesregierung der Auffassung ist, dass das Verhalten der handelnden Beamten in Baden-Württemberg dienstrechtlich rechtmäßig ist und sie bei ihrer Tätigkeit keinerlei strafrechtliches Risiko eingehen?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Wiefelspütz, diese Prüfung und Entscheidung muss das Land Baden-Württemberg vornehmen. Wir als Bundesregierung prüfen, wenn uns ein Land mit einem solchen Auslandssachverhalt konfrontiert, in jedem Einzelfall konkret, ob aus unserer Sicht rechtliche Bedenken bestehen. Im Fall der Anfrage des Finanzministeriums Baden-Württemberg haben wir mitgeteilt, dass solche Bedenken aus unserer Sicht nicht bestehen. Die Entscheidung über den Ankauf und rechtliche Implikationen trifft letztendlich aber das zuständige Bundesland.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Mir liegen zur dringlichen Frage 1 noch zwei Wortmeldungen vor. Diese beiden Wortmeldungen lasse ich noch zu. Danach kommen wir zur dringlichen Frage 2. Das Wort hat die Kollegin Dr. Höll.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer ersten Antwort ja auf den fehlenden automatischen Informationsaustausch hingewiesen. Erstens würde mich interessieren: Mit wie vielen Staaten fehlt dieser automatische Informationsaustausch noch? Zweitens. Ist sichergestellt, dass der automatische Informationsaustausch - wenn es ihn gibt - nicht ins Leere läuft? Denn um ihn verwirklichen zu können, sind ja jeweils innerstaatliche Voraussetzungen notwendig, unter anderem eine Registrierung der entsprechenden Banken und Institutionen. Das ist ein wesentlicher Fakt, der durch das OECD-Musterabkommen bisher auch nicht gedeckt ist.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin Höll, die Bundesregierung sieht in Doppelbesteuerungsabkommen oder in bilateralen Abkommen über den Datenaustausch in der Tat den richtigen Weg, um nicht auf den Ankauf von Daten angewiesen zu sein, wie das jetzt im Fall Baden-Württembergs oder im nach unseren Prüfungen abgeschlossenen Fall Nordrhein-Westfalens der Fall war. Wir streben ein solches Doppelbesteuerungsabkommen mit automatisiertem Informationsaustausch mit der Schweiz an. Die Verhandlungen laufen. Mit Liechtenstein haben wir bereits ein Abkommen über den Austausch von Daten abgeschlossen - nicht in Form eines Doppelbesteuerungsabkommens, sondern in Form eines Abkommens, bei dem es um den Daten- und Informationsaustausch geht. Das muss noch ratifiziert werden. Ich reiche Ihnen gerne nach, mit welchen Ländern wir uns in entsprechenden Verhandlungen befinden und wie der jeweilige Verhandlungsstand ist.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die letzte Nachfrage zur dringlichen Frage 1 stellt die Kollegin Zypries.

Brigitte Zypries (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003870, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe verstanden, dass Sie sagen: Der Ankauf dieser Steuer-CD ist rechtmäßig und aufseiten des Landes - ({0}) - Ja, okay, in diesem Fall. - Ich habe Sie aber so verstanden, dass das BMF im Fall Baden-Württembergs sagt: „Ja, der Ankauf ist rechtmäßig“, ({1}) während das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg sagt: „Es gibt hier doch erhebliche Bedenken“, um nicht zu sagen: „Wir machen das nicht, weil wir das für rechtswidrig halten.“ Ich frage mich jetzt, welche Überlegungen es im Bundesministerium der Finanzen dahin gehend gibt, die Einheitlichkeit der Verwaltung sowie der Verfolgung von Straftätern in Deutschland generell durchzusetzen. Erwägen Sie, hierzu einmal Gespräche zu führen, beispielsweise auf dem Wege von Amtscheftreffen? Gibt es irgendeinen Versuch, klarzumachen, dass das, was in diesem Lande Recht ist, und die Verfolgung von Straftätern nicht dem Gutdünken eines einzelnen Landesministeriums ausgesetzt werden können?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin, gemäß der föderalen Ordnung ist vorgesehen, dass das betroffene Land am Schluss selber entscheidet. Sie wissen, dass die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in bestimmten früheren Fällen - ich nenne noch einmal LGT, Liechtenstein, oder auch die Anfrage des Landes Nordrhein-Westfalen, hinsichtlich der die Bundesregierung ebenfalls positiv entschieden hat nicht bezweifelt und auch gerichtlich nicht angezweifelt worden ist. Man muss allerdings auch sagen: Hierzu liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Im Rahmen des Falles LGT, Liechtenstein, stellt sich jetzt die Frage, ob das Bundesverfassungsgericht eine bestimmte Beschwerde annehmen wird. Das alles ist noch offen. Es gibt sicher die entsprechende Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen, die auch von einzelnen Ländern - zum Beispiel vom Land Nordrhein-Westfalen; siehe den Fall Liechtenstein und auch den jüngsten Fall - geteilt wird. Selbstverständlich wird die Bundesregierung bemüht sein - auch durch entsprechende Gespräche -, dieses Thema zum Beispiel im Rahmen von Finanzministerkonferenzen aufzugreifen. Ich glaube zum Beispiel, dass auch die Finanzminister in Deutschland selbst ein Interesse daran haben, dass es bei solchen Auslandssachverhalten zu einer einheitlichen Praxis in Deutschland kommt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen jetzt zur dringlichen Frage 2 des Kollegen Lange: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch das zögerliche Verhalten der Landesregierung Baden-Württemberg und durch eine eventuelle Uneinheitlichkeit des Verwaltungshandelns hinsichtlich des Ankaufs sogenannter SteuersünderCDs der Anspruch auf Durchsetzung von Steuergerechtigkeit erheblich beschädigt wird? Bitte, Herr Staatssekretär.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Lange, es muss im Rahmen des rechtlich Zulässigen alles getan werden, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Steuergerechtigkeit auch bei Auslandssachverhalten herzustellen. Das Bundesministerium der Finanzen steht deshalb in der Frage eines Ankaufs sogenannter Steuersünder-CDs in engem Kontakt mit den obersten Finanzbehörden der Länder. Dabei ist allerdings zu beachten, dass jeder Fall aufgrund seiner individuellen Umstände eingehend zu prüfen ist.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Wiederholung dieser Aussage. Deshalb frage ich nach: Wie würde sich das Bundesfinanzministerium verhalten, falls das Land Baden-Württemberg negativ entscheiden, also die CD nicht ankaufen würde? Würden Sie dann intervenieren? Falls ja, in welcher Form? Können Sie uns das darstellen? Oder würden Sie gar selbst ankaufen?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Zum einen ist es, wie ich bereits gesagt habe, auch nach unserer föderalen Ordnung Sache des jeweiligen Bundeslandes, ob es sich für einen Ankauf entscheidet. Das ist eine souveräne Entscheidung des Landes, die wir zur Kenntnis zu nehmen haben. Zum anderen habe ich schon ausgeführt, dass sich die Frage des einheitlichen Vorgehens der Länderfinanzverwaltungen auch aus Sicht der Bundesregierung stellt und dass wir deshalb auch in diesen Fragen in ständigem Kontakt mit den Finanzbehörden der Länder stehen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie kein Druckmittel gegenüber den Landesverwaltungen haben oder einsetzen wollen, falls sie zu einem anderen Ergebnis kommen. Das heißt, Sie würden billigend in Kauf nehmen, dass es eine unterschiedliche Verwaltungspraxis gibt und im konkreten Fall in Baden-Württemberg im Gegensatz zum Beispiel zu Nordrhein-Westfalen Steuersünder nicht verfolgt würden.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Lange, dass die Hoheitsrechte der Länder in Deutschland unterschiedlich angewendet werden, hängt auch mit dem Föderalismus zusammen. Ich sage noch einmal: Die Entscheidung trifft jedes Land selbst. Es ist eine souveräne Entscheidung, die jedes Land zu treffen hat.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Friedrich das Wort.

Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003754, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie Berichte, dass die CD, die in Baden-Württemberg in Rede steht, wohl schon seit über einem Jahr dem Finanzministerium zur Prüfung vorlag, und entsteht nicht allein durch diese Zeiträume, von denen man ausgehen muss, eine Ungleichbehandlung in der Frage, wie schnell derartige Prüfungen vorangetrieben werden?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Ich bitte Sie um Verständnis, dass die Bundesregierung zu Medienberichten, die sie nicht bestätigen kann, keine Stellung nimmt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Kollege Dr. Wiefelspütz stellt die nächste Nachfrage.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Herr Staatssekretär, bei allem Respekt vor dem Föderalismus: Von Flensburg bis zum Bodensee haben wir eine einheitliche Rechtsordnung. Wie man mit Steuersündern bzw. Steuerverbrechern umgeht, ist keine Frage des Föderalismus, sondern des geltenden Rechts in Deutschland. Es ist einzuräumen und anzuerkennen, dass die Bundesregierung in der Kontinuität eine, wie ich finde, überzeugende Rechtsauffassung hat, was den Erwerb einer solchen Informations-CD angeht. Es kann aber nicht angehen, dass es in Deutschland unterschiedliche Praktiken gibt. Das ist ein elementares Problem für die Frage des Rechtsfriedens in Deutschland und kann nicht mit Verweis auf den Föderalismus wegdiskutiert werden, Herr Staatssekretär. Die Bundesregierung muss dazu eine Auffassung haben und hat, wie ich finde, an dieser Stelle auch die Pflicht, für die einheitliche Anwendung von geltendem Recht einzutreten. Was tun Sie vor diesem Hintergrund? Bringen Sie bitteschön keine Ausreden mit Verweis auf den Föderalismus vor. Das ist nicht das Problem. Föderalismus heißt schließlich nicht, dass wir in Deutschland mehrere Arten von Strafrecht und Steuerstrafrecht haben.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Wiefelspütz, die Entscheidung, ob derartige Daten angekauft werden, muss jedes Bundesland in jedem Einzelfall für sich treffen. Darauf hat die Bundesregierung keinen Einfluss.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Bevor ich für die nächste Nachfrage das Wort erteile, weise ich darauf hin, dass ich es begrüße, wenn der Auskunftsbedarf befriedigt wird. Das heißt aber, dass wir uns in unseren Fragen zu konzentrieren versuchen, um nachfolgenden Fragestellern auch die Möglichkeit zu geben, zu Wort zu kommen. Das Wort hat die Kollegin Dr. Höll.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, Sie haben eben geantwortet, dass es sich um souveräne Entscheidungen der einzelnen Bundesländer handelt, die das Bundesfinanzministerium zur Kenntnis zu nehmen hat. Wie viele CDs insgesamt wurden in den letzten zwei Jahren den einzelnen Bundesländern angeboten? Ich gehe davon aus, dass, wie Sie es erläutert haben, jeweils eine Anfrage an das Finanzministerium gerichtet wurde. Wie viele von den angebotenen CDs wurden bisher gekauft? Wie viele Fälle von Steuerhinterziehung betrifft das? Kann man sagen - ich weiß, die Bearbeitung der Fälle dauert eine Weile -, welches Finanzvolumen den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zurücküberwiesen wird?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Verehrte Frau Kollegin, Sie werden verstehen, dass ich diese umfassenden Fragen nicht in der Fragestunde beantworten kann. Ich darf auf Folgendes hinweisen: Die Bundesregierung erlangt erst dann Kenntnis von solchen auslandsbezogenen Steuersachverhalten, wenn ein Bundesland auf das Bundesfinanzministerium zukommt und den Fall dem Bundesfinanzministerium zur Prüfung vorlegt. Ich erinnere an den Fall LGT, Liechtenstein, ich erinnere an den Fall in Nordrhein-Westfalen, den die Bundesregierung vor kurzem positiv beantwortet hat, und ich erinnere an den Fall, über den wir jetzt gerade diskutieren. Über weitere Fälle kann ich hier keine Auskunft geben, weil mir weitere Fälle nicht bekannt sind.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Schäfer.

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Herr Staatssekretär Koschyk, hat die Bundesregierung eine zumindest grobe Vorstellung davon, um welche Gesamtsumme an Steuerhinterziehung es sich bei der angebotenen Steuersünder-CD handelt?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Auch hierzu kann ich Ihnen keine Auskunft geben, weil wir nicht die Gesamtauswertung der möglichen relevanten Daten von den Ländern bekommen; vielmehr fragen uns die Länder, ob aus unserer Sicht das Vorgehen rechtlich in Ordnung ist. Um wie viele Auslandssachverhalte es sich jeweils handelt, wird von den Ländern erhoben. Diese Erhebungen sind uns nicht zugänglich.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die vorletzte Nachfrage zur dringlichen Frage 2 stellt die Kollegin Mast.

Katja Mast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003804, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich würde gerne auf meine Frage von vorhin zurückkommen, um herauszufinden, ob die Position, die Sie heute darstellen, auch die Position des Bundesjustizministeriums - Ihr Kollege sitzt neben Ihnen - ist. Ich möchte gerne wissen, ob beide Ministerien die Position teilen, dass es sich um einen legalen Ankauf der CD in Baden-Württemberg handelt und deshalb einem Kauf formaljuristisch nichts im Wege steht.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin, ich habe darauf hingewiesen, dass das Bundesfinanzministerium in eigener Zuständigkeit im Benehmen mit dem jeweiligen Landesfinanzministerium für sich prüft, ob in dem jeweiligen Einzelfall aus Sicht der Bundesregierung rechtliche Bedenken bestehen oder nicht. In dem betreffenden Fall von Baden-Württemberg ist das Bundesfinanzministerium zur Auffassung gekommen, dass es keine rechtlichen Bedenken gibt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die letzte Nachfrage stellt der Kollege Reichenbach.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wäre das Bundesfinanzministerium, da es selbst davon ausgeht, dass ein Ankauf rechtmäßig ist, denn im Falle einer negativen Entscheidung des Landes BadenWürttemberg seinerseits bereit, die CD zu kaufen, um eine Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns herzustellen, zumal nicht von vornherein davon auszugehen ist, dass sich alle auf der CD befindlichen Daten nur auf Steuerstraftaten von Einwohnern des Landes BadenWürttemberg beziehen?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Gemäß unserer föderalen Ordnung ist es nicht möglich, dass der Bund in diesem Fall losgelöst von einer Landesfinanzverwaltung tätig wird. Das ist nur möglich, wenn eine Landesfinanzverwaltung tätig wird, auf den Bund zugeht und mit dem Bund Einvernehmen über die rechtliche Beurteilung erzielt. Eine unmittelbare Bundeszuständigkeit und operative Möglichkeiten des Bundes sehe ich nicht.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär. Die dritte dringliche Frage betrifft den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ole Schröder zur Verfügung. Ich rufe die dringliche Frage 3 des Kollegen Dr. Dieter Wiefelspütz auf: Welche Eignungsfeststellungen haben dazu geführt, dass die Leitung der Abteilung „Migration, Integration, Flüchtlinge, Europäische Harmonisierung“ im Bundesministerium des Innern nach einem Bericht der Berliner Zeitung vom 22. Februar 2010 einer bisherigen Landesbeamtin übertragen werden soll, die offenbar fast ausschließlich in der Zivil- und Strafjustiz sowie der Justizverwaltung tätig war? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Herr Wiefelspütz, ihre Qualifikation und Befähigung hat Frau Hauser in langjähriger Verwaltungspraxis, zuletzt in ihrer Tätigkeit als Staatssekretärin im sächsischen Justizministerium, unter Beweis gestellt. Bundesminister de Maizière ist von ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungsfähigkeit in hohem Maße überzeugt. Lassen Sie mich etwas Persönliches hinzufügen: Ich habe Ihren Lebenslauf vor mir liegen. Er ist dem Lebenslauf der neuen Abteilungsleiterin ähnlich. Sie sind ehemaliger Richter. Auch die neue Abteilungsleiterin war Richterin. Insofern gehe ich davon aus, dass Ihre Qualifikation und auch die Qualifikation von Frau Hauser über jeglichen Zweifel erhaben sind. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin beeindruckt von dieser Parallelität, Herr Staatssekretär. Ich sehe nicht den geringsten Sachzusammenhang. Gleichwohl herzlichen Dank für die Beantwortung. Es handelt sich ja um eine politische Beamtin kraft ihrer Einstufung als Abteilungsleiterin. Da auch für solche Beamte der Grundsatz der Bestenauslese gilt und die Stelle offensichtlich nicht ausgeschrieben wurde, frage ich Sie, welcher Personenkreis in die Bestenauslese einbezogen wurde. Ich gehe aber davon aus, dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die da einbezogen worden sind. Also, Wiefelspütz können Sie gerne außen vor lassen.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Der Fachminister hat im Rahmen seiner Ressorthoheit auch die Personalhoheit und ist deshalb berechtigt, über eine solche Personalie, gerade bei politischen Beamten, zu entscheiden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Daran zweifelt ja niemand. Das war auch nicht meine Frage, Herr Staatssekretär. Finden Sie es nicht eigenartig, dass ausgerechnet eine Person ohne migrationspolitische Fachkenntnisse besser geeignet sein soll als die zahlreichen sehr befähigten Fachleute für Migration und Integration im Bundesministerium des Innern, wenn es um die Auswahl für eine solch wichtige Stelle geht?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Es handelt sich hier um eine Führungsaufgabe. Es ist absolut üblich, dass Führungskräfte in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden. Es muss Führungskräften zugebilligt werden, sich in andere Fachbereiche einzuarbeiten. Auch uns im Parlament ist es möglich, in anderen Ausschüssen tätig zu sein als in den Ausschüssen, in denen man vorher tätig gewesen ist. Gerade für eine ehemalige Richterin, die an unterschiedlichen Gerichten tätig war, ist es eine Selbstverständlichkeit, fachlich dazu in der Lage zu sein. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Wiefelspütz, dass Sie, der Sie die gleiche Qualifizierung haben, infrage stellen, dass jemand, der eine solche Befähigung hat, in der Lage ist, eine solche Position auszufüllen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Eine Nachfrage stellt nun der Kollege Reichenbach.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben soeben auf die Führungsfähigkeit als Qualifizierungsmerkmal und als Auswahlmerkmal abgehoben. Finden Sie es nicht eigenartig, dass diese Person in ihrer vormaligen Dienststelle in Sachsen wegen ihres autoritären Führungsstils und der vielfältigen Konflikte, die sie in ihrem Führungsbereich hervorgerufen hat, infrage gestellt und heftig kritisiert worden ist?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Reichenbach, es ist hier nicht der richtige Ort, um sich darüber auseinanderzusetzen, ob Vorwürfe, die in der Presse bezüglich einer Beamtin geäußert wurden, wahr sind oder nicht. Die Öffentlichkeit, das Plenum ist hierfür mit Sicherheit nicht der richtige Ort. Da müssten wir die Person der Fairness halber schon selbst befragen. Ich glaube, dass Sie da sozialdemokratische Fairness walten lassen sollten. Sie sollten nicht über eine Person urteilen, die Sie persönlich nicht kennen. Auch kennen wir die Sachverhalte nicht. Natürlich ist es üblich, dass eine Führungsperson aneckt, dass es Kritik an ihr gibt. Das ist alles eine Selbstverständlichkeit. Bisher war es üblich, dass solche Personalien nicht hier im Plenum diskutiert werden. Eine solche Diskussion ist nicht sinnvoll, wenn wir der Person einigermaßen gerecht werden wollen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die nächste Frage stellt der Kollege Hofmann.

Frank Hofmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002682, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich möchte es auf einen einfachen Nenner bringen: Der Bundesinnenminister, der früher in Sachsen Minister war, hilft jetzt der sächsischen Landesregierung, indem er in seinem Haus eine ehemalige sächsische Staatssekretärin beschäftigt, die bisher dem sächsischen Haushalt auf der Tasche lag. Diese Frau bekommt im Bundesinnenministerium sozusagen einen Ausbildungsplatz, da sie etwas völlig Fachfremdes macht. ({0}) Ist es nicht einfach so?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Diese Spekulation weise ich zurück. Das kann wirklich nicht ernst gemeint sein. Es handelt sich um eine wichtige Position innerhalb des Ministeriums. Sie ist mit einer qualifizierten Person besetzt worden. Es ist absolut üblich, dass Personen aus dem Landesdienst in den Bundesdienst wechseln. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort für eine weitere Nachfrage hat der Kollege Hartmann.

Michael Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003549, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wir bleiben beim selben Sachverhalt. ({0}) Ich stelle meine Frage bewusst abstrakt: Halten Sie es grundsätzlich für richtig, eine Person zur Abteilungsleiterin im Innenministerium zu machen, die erheblichen Vorwürfen ausgesetzt ist, in anderer Funktion, als Staatssekretärin, Einfluss auf Verfahren ausgeübt zu haben?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Kollege Hartmann, Sie erwecken hier den Eindruck, dass die Person, die jetzt Abteilungsleiterin geworden ist, etwas Unrechtes getan hat. Was Sie hier machen - solche Spekulationen hier im Plenum zu äußern -, ist absolut unfair. Auch die Beamten haben ein Recht darauf, fair behandelt zu werden. Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Noch einmal: Diese Person ist absolut qualifiziert. Das ist für jeden, mit bloßem Blick auf ihren Lebenslauf, erkennbar. Wir sollten hier wirklich Fairness wahren und keine Spekulationen gegenüber einer Person äußern, die sich dagegen nicht wehren kann.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zur letzten Nachfrage zu dieser Frage hat der Kollege Beck das Wort. ({0})

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich habe einem Zwischenruf der SPD entnommen - das ist auch aus der Fragestellung ersichtlich -, dass es sich um eine bisherige Landesbeamtin handelt. Ist diese Person noch im Landesdienst? Wenn sie nicht mehr im Landesdienst tätig gewesen ist, bevor das Bundesinnenministerium sie bestellt hat, stellt sich die Frage, aus welchen Gründen sie nicht mehr im Landesdienst tätig war.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Kollege Beck, noch einmal: Ich bin nicht bereit, hier eine Personaldebatte über eine Beamtin zu führen. ({0}) Diese Ernennung fällt in den Kompetenzbereich des Bundesinnenministers. Es obliegt allein dem Innenminister, diese Position zu besetzen. ({1}) Es ist nicht Sache des Plenums, über eine Person zu spekulieren, die sich gegen diese Spekulationen nicht wehren kann. ({2})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und beantwortet worden sind, rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 17/756 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir bleiben beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht uns weiterhin der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder zur Verfügung. Die Frage 1 des Kollegen Martin Burkert wird schriftlich beantwortet. Vizepräsidentin Petra Pau Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Halina Wawzyniak auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob und, wenn ja, welche Einheiten der Bundes- oder Landespolizeien bei den Blockaden am 13. Februar 2010 in Dresden sogenannte PepperballWaffen mit sich führten und einsetzten? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Es geht bei dieser Frage ganz konkret darum, welche Einheiten der Bundes- oder Landespolizei solche „Waffen“ - ich setze das Wort in Anführungsstriche, denn es handelt sich hierbei nicht um Waffen, es sind Hilfsmittel der körperlichen Gewalt - mitgeführt haben. Die Bundesregierung nimmt zu polizeilichen Einsätzen im Verantwortungsbereich eines Landes keine Stellung. Ebenso erteilt die Bundesregierung auch keine Auskünfte über Ausstattungen der Länderpolizeien, die von den Ländern beschafft werden. Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass die Bereitschaftspolizeien der Länder seitens des Bundesministeriums des Innern nicht mit der in Rede stehenden Technik ausgestattet wurden. Die Bundespolizei verfügt nicht über eine derartige Ausrüstung.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Keine Nachfragen? ({0}) Dann kommen wir zur Frage 3 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele. Die Beantwortung dieser Frage wurde vom Bundesministerium des Innern an das Auswärtige Amt übertragen. Deshalb kommen wir später darauf zurück. Ich rufe die Frage 4 des Kollegen Axel Schäfer auf: Wie gedenkt die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP verankerten Kriterien für das SWIFT-Abkommen durchzusetzen, insbesondere den dort festgeschriebenen Ratifizierungsvorbehalt? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Falls es zu neuerlichen Verhandlungen zwischen der EU und den USA kommt, wird sich die Bundesregierung für die im Koalitionsvertrag aufgeführten Ziele einsetzen. Ein solches Abkommen würde wie das bereits gescheiterte Interimsabkommen einen zweiphasigen Vertragsschluss vorsehen, nach dem nicht bereits Unterzeichnung zum Abkommensschluss führt. Bei der Unterzeichnung bliebe die bindende Annahme, also die Ratifizierung, durch eine nachfolgende Erklärung vorbehalten. Für diese Ratifizierung wären die internen Verfahren durchzuführen. Insbesondere wäre wiederum die Zustimmung des Europäischen Parlaments einzuholen. Ob auch eine Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten erforderlich sein wird, hängt von der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung des auszuhandelnden Abkommens ab.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre erste Nachfrage, bitte.

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Kollege Schröder, Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang erneut Einfluss auf Mitglieder des Europäischen Parlamentes nehmen, damit man zu einer entsprechenden Entscheidung kommt?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Zunächst einmal haben die Mitglieder des Europäischen Parlaments absolut autark abgestimmt. Wie Sie wissen, hat das Europäische Parlament ja gegen dieses Abkommen gestimmt. Insofern kann hier nicht von einer Einflussnahme der Bundesregierung ausgegangen werden. ({0}) Vielmehr haben sie absolut autark abgestimmt. Insofern weise ich diese Spekulation zurück.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte. - Sie verzichten. Dann hat der Kollege Montag das Wort.

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, ich habe den Beginn Ihrer Antwort auf die schriftliche Frage so verstanden, dass Sie sie unter den Vorbehalt gestellt haben: falls es zu neuen Verhandlungen über ein neues Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die SWIFT-Daten komme. Ist das so zu verstehen, dass diese Verhandlungen noch gar nicht begonnen haben bzw. noch nicht in Aussicht gestellt wurden, dass die Bundesregierung von neuen Verhandlungen noch gar nichts weiß? Nach unserem Kenntnisstand war von vornherein beabsichtigt, den jetzigen Zustand vorbehaltlich der Parlamentsabstimmung, die dann anders ausgegangen ist, sowieso nur vorläufig zu händeln und unmittelbar und sofort mit den Verhandlungen für das nächste Abkommen zu beginnen. Noch einmal konkret meine Frage: Weiß die Bundesregierung nichts von solchen neuen Verhandlungen? Sind sie noch nicht begonnen worden? Welche Position vertreten Sie dazu?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Präsidentschaft und die Kommission sind ja davon ausgegangen, dass das Interimsabkommen in Kraft tritt, dass das Interimsabkommen nach sechs Monaten evaluiert wird und dass dann auf Grundlage dieser Evaluation ein endgültiges Abkommen abgeschlossen wird, das heißt, dass während der Laufzeit des Interimsabkommens über ein endgültiges Abkommen verhandelt wird. Jetzt ist das Interimsabkommen gescheitert. Dem Bun1970 desministerium des Innern war es extrem wichtig, dass das Europäische Parlament selbst darüber entscheidet und auch die Möglichkeit bekommt, ({0}) dieses Interimsabkommen zu stoppen. Der Bundesinnenminister war derjenige, der in der Ratssitzung explizit darauf aufmerksam gemacht hat, dass schon bei diesem Abkommen sozusagen in Vorwirkung der Vertrag von Lissabon Anwendung findet. Das heißt, dass der Vorwurf, der hier immer im Raum stand, dass der Rat das Abkommen so abgeschlossen habe, dass das Europäische Parlament gerade nicht mehr zustimmen muss, absolut haltlos ist. Denn der Rat hat, auf Drängen des Bundesinnenministers, letztendlich dafür gesorgt, dass das Europäische Parlament die Möglichkeit hat, dieses Interimsabkommen zu stoppen. ({1}) Nun haben wir, wie gesagt, eine völlig neue Situation. Die Europäische Kommission muss jetzt ein neues Verhandlungsmandat präsentieren. Dieses war ursprünglich für heute vorgesehen; es ist aber nicht erfolgt. Morgen steht das SWIFT-Abkommen in Brüssel im Rat auf der Tagesordnung. Dort geht es zunächst einmal darum, dass sich der Rat eine Meinung bildet. Es kann also noch nicht die Rede davon sein, dass es schon zu einem neuen Verhandlungsmandat kommt. Nach dem Rat wird sich auch die Kommission eine Meinung bilden. Dann kann ein Verhandlungsmandat erteilt werden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Reichenbach.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich nehme Bezug auf Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Montag. Bei der Debatte im Deutschen Bundestag zu SWIFT haben sowohl die FDP-Fraktion, offensichtlich auch für ihre Justizministerin, als auch der Minister selbst erklärt, dass man umgehend in Verhandlungen treten werde, um die in dem jetzigen Abkommen nicht vorhandenen Datenschutzstandards bei der Verlängerung des Abkommens, die in einem halben Jahr ansteht, implementieren zu können. Entnehme ich Ihrer Aussage richtig, dass dies zwar erklärt wurde, dass aber anschließend nichts geschehen ist? ({0})

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Das Interimsabkommen ist nicht in Kraft getreten. Seitdem das Europäische Parlament dieses Abkommen abgelehnt hat, gab es keinen offiziellen Rat mehr. Der Europäische Rat der Innen- und Justizminister tritt morgen das erste Mal wieder zusammen und wird über das Thema beraten und sich eine Meinung bilden. Insofern kann von einem Zeitverzug, wie Sie ihn hier behaupten, überhaupt nicht die Rede sein.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die vorletzte Nachfrage stellt der Kollege Sarrazin.

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Kollege Staatssekretär, zunächst herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit. Ich habe dazu heute Morgen auf der Titelseite der Bunten ein wunderschönes Bild gesehen. Das freut uns natürlich alle. Man sollte jedoch - um im Bild zu bleiben - die Art von Ehrlichkeit, die man vor dem Standesbeamten hat, auch hier walten lassen. Wir wissen schließlich alle, dass der Rat seinen Beschluss vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon gefasst hat und erst, nachdem der Zeitplan längst klar war, deutlich wurde, dass jetzt doch das EP zustimmen muss. Wollen Sie diesen Ablauf infrage stellen - so haben Sie es hier dargestellt -, oder würden Sie mir bezüglich dieser Tatsachen zustimmen? Meine zweite Frage ist - ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Sarrazin, Sie dürfen nur eine Frage stellen.

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Okay. Dann frage ich jetzt noch ganz kurz: Sie haben dargestellt, dass die Bundesregierung bisher keine Meinung habe. Herr Schäfer hat zu Recht gesagt, dass die Europaabgeordneten von der Bundesregierung in Einzelgesprächen beeinflusst worden seien. In welche Richtung wurden sie denn beeinflusst: Ging das in Richtung Enthaltung, Ablehnung oder Zustimmung? Vielleicht können wir daraus schließen, was Sie morgen vorhaben.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Kollege, ich muss Ihre Behauptung, dass das Bundesinnenministerium das Europäische Parlament von der Mitbestimmung ausschließen wollte, noch einmal zurückweisen. Das Gegenteil war der Fall. Ich war beim Rat der Justiz- und Innenminister in Brüssel anwesend, und da war es der Bundesminister des Innern, der explizit darauf gedrungen hat, dass das Europäische Parlament nach dem neuen Vertrag von Lissabon die Möglichkeit erhalten muss, über das Interimsabkommen abzustimmen. Der Justizdienst der Kommission hat dazu Stellung genommen und deutlich gemacht, dass das Europäische Parlament auch nach Meinung des Rates die Möglichkeit der Mitbestimmung haben muss. Insofern ist Ihre Behauptung schlichtweg falsch, dass wir als Regierung das Europäische Parlament in irgendeiner Art und Weise ausschließen wollen. Zu Ihrer nächsten Frage, die auch in eine Behauptung gekleidet war, wir wüssten nicht, in welche Richtung wir überhaupt verhandeln: Wir haben immer darauf gedrungen, dass der Datenschutzstandard möglichst hoch ist. Letztendlich haben wir uns beim SWIFT-Abkommen enthalten, weil wir gesagt haben: Der Datenschutzstandard entspricht nicht dem Standard, den wir auf bundesdeutscher Ebene gewohnt sind; wir wollen einen höheren Standard. Wir haben uns in Abwägung, dass wir, falls das SWIFT-Abkommen gar nicht in Kraft tritt, bei der Abfrage von Daten in den Vereinigten Staaten überhaupt keinen Datenschutz haben, dazu entschieden. Wir halten den Zustand ohne SWIFT-Abkommen für schlechter als den Zustand mit SWIFT-Abkommen und sind der Meinung, dass dieses Abkommen einen höheren Datenschutz für europäische Daten in den Vereinigten Staaten sicherstellt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die letzte Nachfrage zur Frage 4 stellt der Kollege Dr. Wiefelspütz.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir hatten es mit einem bemerkenswerten Vorgang zu tun, Herr Staatssekretär: Die Justizministerin war gegen SWIFT, ({0}) der Bundesinnenminister hat sich im Ministerrat kraftvoll enthalten, und jetzt ist kraft der parlamentarischen Entscheidung in Brüssel SWIFT zunächst einmal gescheitert. Nun darf man vermuten, dass es bald erneute Verhandlungen geben wird. Was ist denn jetzt die Position der Bundesregierung? Gibt es eine Präzisierung der datenschutzrechtlichen Position der Bundesregierung in Sachen SWIFT? Gibt es eine zwischen Ihrem Haus und dem Hause Leutheusser-Schnarrenberger abgestimmte Haltung? Wird es wieder Chaos geben? Wie ist die datenschutzrechtliche Position der Bundesregierung in Sachen SWIFT, wenn es in Brüssel zur Sache geht?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Kollege, zunächst einmal stelle ich fest, dass von SPD-Finanzminister Steinbrück eine einseitige Zusicherung der Vereinigten Staaten von Amerika, dass die SWIFT-Daten in Amerika sicher seien und es zu keinen datenschutzrechtlichen Problemen komme, begrüßt und diese einseitige Zusicherung als großer datenschutzrechtlicher Erfolg angesehen wurde. Eine einseitige Erklärung der Vereinigten Staaten von Amerika hat dem SPD-Finanzminister ausgereicht. Die neue Bundesregierung, insbesondere mit der kraftvollen Unterstützung der Justizministerin, hat in den wenigen Wochen, die uns noch zur Verfügung standen, weil sich die Regierung erst vor sehr kurzer Zeit überhaupt etabliert hatte und verhandeln konnte, enorm viel herausverhandelt, insbesondere, dass die SEPA-Daten herausgenommen wurden und noch einmal die Regelungen zum Rechtsschutz verbessert wurden. Natürlich werden wir bei den neuen Verhandlungen, wenn es denn zu solchen Verhandlungen kommt - wir wissen überhaupt nicht, ob die Amerikaner jetzt an neuen Verhandlungen interessiert sind -, die Interessen, die wir als Regierung schon bei den ersten Verhandlungen verfolgt haben, wiederum verfolgen. Dies ist ein möglichst umfassender Datenschutz für die Bürgerinnen und Bürger. Das bedeutet, dass wir nach Möglichkeit individuellen Rechtsschutz brauchen. Es bedeutet beispielsweise, dass die Möglichkeit, die Daten an Dritte weiterzuleiten, eingeschränkt werden muss, und es bedeutet natürlich auch, dass die Auswahl, wann denn Daten aus Europa vom SWIFT-Server nach Amerika weitergeleitet werden, nach möglichst engen Kriterien getroffen wird. Diese Ziele haben wir immer verfolgt, und sie werden wir natürlich auch bei weiteren Verhandlungen verfolgen. Das Problem ist nur, dass die Bundesregierung die Verhandlungen nicht führt. Vielmehr werden diese Verhandlungen von der Kommission zusammen mit der Ratspräsidentschaft geführt, und wir sind auch nicht allein, sondern wir sind 27 Mitgliedstaaten. Deshalb ist die Auffassung der Bundesregierung nicht allein maßgeblich. Nichtsdestotrotz werden wir selbstverständlich auch bei den Vorbereitungen zu diesen Verhandlungen das Ziel, ein möglichst hohes datenschutzrechtliches Niveau zu erreichen, weiterverfolgen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich mache darauf aufmerksam, dass sich die nachfolgenden Fragen 5 bis 11 ebenfalls mit dem SWIFT-Abkommen beschäftigen, also eventuell bestehender Nachfragebedarf sicherlich auch entsprechend aufgelöst werden kann. Ich rufe nun die Frage 5 des Kollegen Axel Schäfer auf: Inwiefern wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Ablehnung des SWIFT-Abkommens im Europäischen Parlament nicht durch bilaterale Abkommen umgangen wird? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Entscheidung des Europäischen Parlaments ist für die Willensbildung der Europäischen Union von Bedeutung. Das Europäische Parlament wirkt nicht an der mitgliedstaatlichen Willensbildung mit. Falls ein Mitgliedstaat im Bereich geteilter Zuständigkeit zu einem vom Europäischen Parlament abweichenden Ergebnis gelangt und seine nationalen Kompetenzen ausübt, liegt keine Umgehung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments vor. Auch dem Deutschen Bundestag bliebe es frei, ein Gesetz zu einer Materie zu erlassen, zu der ein Rechtsakt der EU mangels Zustimmung des Europäischen Parlaments nicht zustande gekommen ist. Dies gilt ebenso für die Vertragskompetenz der hier betroffenen Mitgliedstaaten Belgien und die Niederlande. Der Bundesregierung liegen allerdings keine Hinweise vor, dass Belgien oder die Niederlande bilaterale SWIFT-Abkommen mit den USA planen. Dabei würde es sich um souveräne Entscheidungen dieser Staaten handeln, auf die die Bundesregierung keinen Einfluss hat. Die Bundesregierung geht allerdings davon aus, dass Belgien und die Niederlande ihrerseits vorrangig an einer europäischen Lösung interessiert sind.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage.

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schröder, Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass Sie in Ihrer ersten Antwort ausgeführt haben, dass die Bundesregierung keinen Einfluss auf die Meinungsbildung des Europäischen Parlaments genommen hat? Mir haben Kollegen aus dem Europäischen Parlament, MdEPs der CDU/CSU-Gruppe, gesagt - natürlich vertraulich, deshalb werde ich das auch nicht wiederholen, sonst kann man nicht mehr vertraulich miteinander reden -, dass es eine Reihe von persönlichen Gesprächen seitens der Bundesregierung gegeben hat, um sicherzustellen, dass es im Europäischen Parlament - am vorletzten Donnerstag - nicht zu einer ablehnenden Haltung kommt.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Natürlich kommt es zu Gesprächen zwischen Mitgliedern des Europäischen Parlamentes und Mitgliedern der Bundesregierung. Das ist bei einem so wichtigen Thema selbstverständlich, schon allein, um sich fachlich auszutauschen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Bedenken Sie, dass das Europäische Parlament dem SWIFTAbkommen nicht zugestimmt hat.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Um das zu präzisieren, Herr Kollege Schröder, Herr Staatssekretär: Hat sich die Bundesregierung erfolglos dahin gehend bemüht, zumindest die mir bekannten Kollegen der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments dazu zu bewegen, dass sie im Europäischen Parlament dem Abkommen zustimmen und es nicht, wie dann geschehen, ablehnen? ({0})

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Diese Frage kann ich mit Nein beantworten. Es wäre interessant, zu wissen, welche Personen Sie überhaupt meinen. ({0}) Ihre Äußerungen sind reine Spekulation. Natürlich kommt es zu Gesprächen, das ist doch selbstverständlich. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments wenden sich im Übrigen auch an das Bundesministerium des Innern, um fachliche Expertisen zu erhalten, die wir selbstverständlich auch herausgeben.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Volker Beck das Wort.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ihre Antworten auf die Fragen ergeben meines Erachtens kein schlüssiges Bild. Deshalb möchte ich nach der Verhandlungsstrategie der Bundesregierung im Falle neuerlicher Verhandlungen fragen. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie einerseits höhere datenschutzrechtliche Standards durchsetzen wollen, andererseits haben Sie sich in Brüssel anders verhalten. Durch Ihre Enthaltung haben Sie signalisiert, dass es nicht so schlimm ist, wenn die Standards nicht eingehalten werden. Mit welcher Strategie wollen Sie deutlich machen, dass für Sie als Bundesregierung die Forderungen eine Voraussetzung dafür sind, dass Sie neuerlich zustimmen? Gibt es klare Kriterien, die die Bundesregierung für die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und den Vereinigten Staaten von Amerika mit auf den Weg gibt? Unter welchen Bedingungen ist die Bundesregierung bereit, im Ministerrat zuzustimmen? Unter welchen Bedingungen kann sie ihre Zustimmung nicht in Aussicht stellen? Nachdem Sie sich schon einmal enthalten haben, ist es völlig unglaubwürdig, wenn Sie jetzt, ohne das klar zu formulieren, sagen, dass Sie das ernsthaft voranbringen wollen. Dann ist das nur weiße Salbe, damit Ihnen Max Stadler, der neben Ihnen sitzt, nicht vom Stuhl springt. ({0})

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Kollege Beck, Sie machen den Fehler, dass Sie davon ausgehen, dass das Rechtsschutzniveau hinsichtlich des Datenschutzes höher ist, wenn das SWIFT-Abkommen nicht zustande kommt. Wir sind anderer Auffassung. Das SWIFT-Abkommen ist nicht die Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Daten, sondern das Rechtshilfeabkommen. Das SWIFT-Abkommen hebt das datenschutzrechtliche Niveau in den Vereinigten Staaten von Amerika und verbessert den bisherigen Rechtszustand, der nur eine einseitige Erklärung der Amerikaner, dass die Daten sicher sind, zur Grundlage hat. Sie gehen von einer falschen Prämisse aus. Ihrer Meinung nach ist es ohne SWIFT-Abkommen besser als mit SWIFT-Abkommen. Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass es mit SWIFT-Abkommen ein höheres datenschutzrechtliches Niveau gibt, auch wenn das datenschutzrechtliche Niveau letztendlich hätte höher sein müssen. Das Problem ist aber, dass wir in den Vereinigten Staaten von Amerika eine völlig andere Rechtsordnung und ein anderes Rechtssystem bezüglich des Datenschutzes haben. Für die amerikanische Rechtsordnung stellt es keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, wenn ein Datum elektronisch weitergeleitet oder elektronisch abgespeichert wird. Das ist anders als in unserer Rechtsordnung. Die amerikanische Rechtsordnung kennt einen ausgeprägten individuellen Rechtsschutz, wie wir ihn kennen, eben nicht. Deshalb gehen wir von völlig unterschiedlichen datenschutzrechtlichen Niveaus aus. Wenn wir mit den Amerikanern zusammenarbeiten wollen, müssen wir natürlich verhandeln und uns in der Mitte treffen. Die Verhandlungsstrategie der Bundesregierung ist klar: Wir sprechen uns dafür aus, dass es zu einem bereichsspezifischen Datenschutz kommt. Darüber sind wir uns mit dem Bundesministerium der Justiz völlig einig. In diese Richtung zielen wir auch, wenn wir versuchen, unseren Einfluss auf europäischer Ebene geltend zu machen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Rat bzw. die Präsidentschaft des Rates und die Kommission entsprechend verhandeln.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Dr. Eva Högl auf: Wann ist mit der Vorlage eines Entwurfes für das nun neu zu verhandelnde sogenannte SWIFT-Abkommen zu rechnen, und bis wann soll dieses abgeschlossen werden? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Frage bezieht sich auf das, was wir eben schon besprochen haben. Die Antwort lautet: Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Wie ich bereits gesagt habe, geht es nicht um einen Entwurf - in dieser Phase sind wir noch lange nicht -, sondern es geht zunächst einmal um ein Verhandlungsmandat. Darüber wird in den nächsten Wochen auf europäischer Ebene diskutiert werden.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Dr. Eva Högl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003896, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Es geht natürlich um genau dieses Verhandlungsmandat. Sie haben eben gesagt, dass Sie darüber zunächst im Rat beraten. Nach unserer Information entwirft die Kommission ein solches Verhandlungsmandat und legt es dann dem Rat vor. Deshalb meine Nachfrage: Wer legt vor? Beraten Sie zunächst im Rat, oder legt die Kommission vor? Ich kombiniere das mit der Frage: Wird sich das neue Mandat, der neue Entwurf der Kommission inhaltlich wesentlich von dem unterscheiden, was bisher in dem Abkommen stand?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Kommission legt einen Vorschlag für ein solches Mandat vor. Der Rat kann das natürlich auch tun. Wir sind jetzt in der Phase der Meinungsbildung. Insofern ist es reine Spekulation, wenn man darüber spricht, was für ein Mandat am Ende dabei herauskommt. An solchen Spekulationen kann ich mich wirklich nicht beteiligen. Ich möchte die Verhandlungen morgen abwarten.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Dr. Eva Högl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003896, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich glaube, das ist alles andere als Spekulation. Sie haben eben vorgetragen, welche Positionen die Bundesregierung verankert sehen möchte. Das kann man auch dem Koalitionsvertrag entnehmen. Wenn ich jetzt frage: „Was erwarten Sie, was in diesem Mandat stehen wird?“, dann frage ich natürlich auch danach, wie Sie gewährleisten wollen, dass sich Ihre Position, die Sie hier vorgetragen haben - besseren Datenschutz verankern -, in einem neuen Mandatsentwurf widerspiegelt. Ich darf daran erinnern, dass sich diese Position der Bundesregierung bei der Beratung des Rates vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages gerade nicht im Mandat und im Entwurf für ein Abkommen wiedergefunden hat. Deswegen wollen wir jetzt - ich knüpfe an die Fragen meiner Kolleginnen und Kollegen an - wissen, wie Sie das sicherstellen.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Wie wir das sicherstellen, ist klar, nämlich indem wir gut verhandeln. Das Mandat ist das eine, aber das Verhandlungsergebnis ist viel wichtiger. Das Mandat muss natürlich auch mit dem Europäischen Parlament abgestimmt werden. Danach kommt es zu Verhandlungen. Ob die Amerikaner neu verhandeln wollen, ist völlig offen. Wir sind wirklich in einer frühen Phase. Jetzt schon zu wissen, was am Ende herauskommt, ist schlichtweg nicht möglich.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Volker Beck das Wort.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich frage die Bundesregierung, ob auch das Bundesjustizministerium der Auffassung ist, dass jedes SWIFTAbkommen eine Verbesserung des Datenschutzes darstellt und deshalb von der Bundesregierung in Aussicht gestellt wird, faktisch jedem Entwurf für ein SWIFT-Abkommen zuzustimmen, da dies ja einen Fortschritt für den Datenschutz darstellen würde. Oder hat das Bundesjustizministerium hierzu eine andere Auffassung als die, die uns der Staatssekretär des Innenministeriums eben deutlich gemacht hat? Ich wäre auch einverstanden, wenn der Staatssekretär des Justizministeriums darauf antwortet.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Lieber Herr Kollege Beck, selbstverständlich werden wir nicht jedem SWIFT-Abkommen zustimmen. Das SWIFT-Abkommen, das ausverhandelt war und vom Europäischen Parlament abgelehnt wurde, hätte die Rechtssicherheit erhöht. Deshalb wäre dadurch auch der Datenschutz verbessert worden. Aber nicht jedes Abkommen erhöht automatisch den Datenschutz. Entscheidend ist, dass man sich das Verhandlungsergebnis am Ende genau ansieht. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Bundesregierung entscheidet - Kollege Beck, Sie sind doch ein erfahrener Parlamentarier -, wer auf die Fragen antwortet. Ich rufe die Frage 7 der Kollegin Dr. Eva Högl auf: Wann und wie plant die Bundesregierung das Europäische Parlament und den Deutschen Bundestag in ihre Positionierung zur Neuverhandlung einzubeziehen? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Antwort hierzu lautet: Der Deutsche Bundestag wird gemäß dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union beteiligt, sobald die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein Verhandlungsmandat vorgelegt hat. Der Rat hat diesen Vorschlag von der Kommission noch für Februar erbeten. Das Europäische Parlament wird nicht durch die Bundesregierung, sondern auf EU-Ebene, also durch den Rat, beteiligt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Dr. Eva Högl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003896, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, herzlichen Dank. - Ich stelle zunächst eine Nachfrage zur Beteiligung des Deutschen Bundestags. Sie sagten, die Sitzung des Rates in Brüssel stehe unmittelbar bevor. Da es dort einen ersten Meinungsaustausch geben wird, möchte ich darauf hinweisen: Es hätte bereits Gelegenheit gegeben, den Bundestag frühzeitig zu beteiligen. Ich möchte daher gerne ein paar mehr Informationen darüber haben, wie Sie sich das Ganze von der Zeitschiene her vorstellen, und möchte keine unverbindliche Auskunft mit Verweis auf das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundestag, das mir selbstverständlich sehr gut bekannt ist.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Ich habe bereits heute Morgen im Innenausschuss erklärt, dass die Kommission ein neues Vertragsmandat vorgelegt hat. Ich habe im Zusammenhang mit dem Vorbericht für die Sitzung des Rates, die morgen stattfindet, erläutert, dass die Verhandlungen über das SWIFT-Abkommen auf der Tagesordnung stehen. Insofern haben wir alles dafür getan, dass der Bundestag möglichst frühzeitig informiert ist. Ansonsten verhält es sich eben genauso, wie es in §§ 6 und 7 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundestag vorgesehen ist, dass nämlich der Bundestag entsprechend informiert wird, wenn die Dokumente bei der Bundesregierung ankommen.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Dr. Eva Högl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003896, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, ich stelle noch eine Frage zum Europäischen Parlament, die nicht ganz unwesentlich ist. Der Rat hat den Beschluss zum SWIFT-Abkommen einen Tag vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages gefasst - dieser Umstand ist bekannt - und damit verhindert - das widerspricht Ihrer Darstellung -, dass das Europäische Parlament im Vorfeld der Verhandlungen zu diesem Abkommen umfassend einbezogen werden konnte. Das führte dazu, dass das Parlament nur noch Ja oder Nein sagen konnte. Insofern weicht Ihre Darstellung von dem tatsächlichen Sachverhalt etwas ab. Deswegen stelle ich jetzt noch einmal die Frage: Wie sorgen Sie als Bundesregierung dafür - darauf haben Sie im Rat ganz maßgeblich Einfluss; das haben wir Ende November 2009 gesehen -, dass das Europäische Parlament frühzeitig und umfassend in die Beratungen einbezogen wird? Denn das Parlament hat ja klar Position bezogen: Es hat das Abkommen nicht nur abgelehnt, sondern auch gesagt, was es sich inhaltlich wünscht, was in einem neuen Abkommen stehen soll.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, das Europäische Parlament zu informieren. Die Bundesregierung informiert den Bundestag, und die europäischen Gremien informieren sich untereinander. Natürlich können wir darauf hinweisen - das ist eine Selbstverständlichkeit -, dass der Rat und die Kommission das Europäische Parlament mit einbeziehen. Es gab vorher keine Möglichkeit, das Europäische Parlament entsprechend mit einzubeziehen, weil der Vertrag von Lissabon noch nicht in Kraft war. Wir haben bereits alles dafür getan, dass das Europäische Parlament überhaupt darüber abstimmen konnte. Das war nicht selbstverständlich, weil, wie gesagt, der Ratsbeschluss einen Tag vor Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon erging. Insofern sage ich noch einmal: Es ist dem Nachdruck des Bundesministeriums des Innern zu verdanken, dass das Europäische Parlament darüber abstimmen konnte. Natürlich wird ein Parlament nicht unmittelbar an den Verhandlungen beteiligt, sondern an der Formulierung des Verhandlungsmandats. Es wird verhandelt, und dann wird auf nationaler bzw. auf europäischer Ebene entsprechend umgesetzt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Manuel Sarrazin.

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Herr Kollege Schröder, jetzt habe ich gerade über den Ticker die Meldung gelesen, dass die Kommission tatsächlich einen Entwurf vorgelegt hat. Sie haben ja gerade gesagt, dass, sobald die Kommission einen Entwurf vorgelegt hat, der Bundestag unterrichtet wird. Wenn Sie sich jetzt noch nicht imstande sehen, hier mit uns einzelne Details dessen zu besprechen, worauf die Bundesregierung Einfluss nehmen möchte - das fände ich gut, weil Sie gesagt haben, dass Sie inhaltlich durchaus Einfluss nehmen wollen -: Können Sie vielleicht zumindest schon etwas zum Verfahren sagen, wie wir jetzt unterrichtet werden, wann wir als Parlament die Position der Bundesregierung erfahren, um daraufhin gegebenenfalls als Parlament eine Stellungnahme vorzubereiten?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Unmittelbar, das heißt in der Regel einen Tag nachdem der Rat ein EU-Dokument in der ZEUS-Datenbank veröffentlicht hat, übersendet das Bundesministerium für Wirtschaft das Dokument elektronisch im Rahmen der förmlichen Zuleitung mit einem formalisierten Zuleitungsschreiben an den Deutschen Bundestag. Das Zuleitungsschreiben enthält, wie Sie wissen, unter anderem Angaben zum wesentlichen Inhalt des Dokuments, zur Rechtsgrundlage, zum Erscheinungsdatum in deutscher Sprache sowie zum zuständigen Ressort. Gleichzeitig, das heißt am selben Tag, wird das zuständige Ressort vom BMWi aufgefordert, gemäß § 7 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union binnen zwei Wochen nach förmlicher Zuleitung einen Bericht an das BMWi zu senden. Nach Vorlage des Berichts erfolgt von dort unverzüglich die Weiterleitung an das Europa-Büro des Bundestages. Der Berichtsbogen enthält Angaben zur Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung, zur Zielsetzung, zu inhaltlichen Schwerpunkten, zur politischen Bedeutung, zu deutschen Interessen und, sofern bekannt, zu den Positionen des Bundestages, des Bundesrates, des Europäischen Parlaments, zum Meinungs- und Verfahrensstand im Rat sowie zu den finanziellen Auswirkungen. Handelt es sich bei dem Ratsdokument um einen Vorschlag für einen Rechtsgebungsakt der EU, hat die Bundesregierung dem Bundestag in der Regel nach Überweisung an die Ausschüsse eine umfassende Bewertung zu übermitteln. Die Aufforderung an die Ressorts ergeht wieder durch das BMWi, nachdem der Bundestag mitgeteilt hat, dass das betreffende Dokument als beratungsrelevant eingestuft worden ist. Auch hier gilt eine Zweiwochenfrist. Die umfassende Bewertung enthält Angaben zur Prüfung der Zuständigkeit der EU, zur Subsidiaritätsund Verhältnismäßigkeitsprüfung und eine umfassende Folgenabschätzung, insbesondere in rechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht. Das ist das Verfahren, das dann zur Anwendung kommt. Habe ich Ihre Frage damit ausreichend beantwortet? ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Diesen Austausch müssen Sie dann an anderer Stelle fortführen. Allerdings habe ich schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir bis zur Frage 11 immer wieder auf dieses Thema zurückkommen. Auch der Kollege Sarrazin hat dann die Möglichkeit, gegebenenfalls noch einmal nachzufragen. Wir kommen jetzt zur Frage 8 des Kollegen Gerold Reichenbach: In welcher Form und auf welcher Grundlage gibt es gegebenenfalls seit dem 11. Februar 2010 eine Übermittlung von Finanzdaten an die USA? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

In der Frage 8 des Kollegen Reichenbach ist das Datum genannt, zu dem das Europäische Parlament das SWIFT-Abkommen abgelehnt hat und somit auch das Interimsabkommen außer Kraft getreten ist. Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus, das sogenannte SWIFT-Abkommen, vom 30. November 2009 wurde vom Europäischen Parlament am 11. Februar 2010 abgelehnt. Seine vorläufige Anwendbarkeit ist daher zu beenden. Dies betrifft die Grundlage der völkerrechtlichen Zusammenarbeit, speziell die Übermittlungspflichten von Belgien, Sitzstaat von SWIFT, und den Niederlanden, Sitz eines SWIFT-Servers. Die innerstaatlichen Befugnisgrundlagen zur Übermittlung personenbezogener Daten bleiben davon unberührt. Der Bundesregierung liegen keine näheren Informationen über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bezüglich der Übermittlung von Finanzdaten aus Belgien und den Niederlanden an die USA vor.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Warum hat sich die Bundesregierung bei den betroffenen Staaten nicht erkundigt, ob, unabhängig von der Ablehnung des Europäischen Parlaments, Daten auf nationaler Rechtsgrundlage übertragen werden?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Wir haben das natürlich diskutiert. Den Niederländern und den Belgiern war es aber besonders wichtig, dass es zu einem europäischen Abkommen kommt und die Europäische Union darüber entscheiden kann, weil es sich um Daten aus ganz Europa handelt. Inwieweit das Rechtshilfeabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU in der nationalen Umsetzung dazu genutzt wird, bilateral Daten zwischen den Niederlanden und den Vereinigten Staaten oder Belgien und den Vereinigten Staaten zu übermitteln, bleibt natürlich abzuwarten. Das bedeutet, dass wir uns derzeit in einem Zustand der Rechtsunsicherheit befinden. Inwieweit es jetzt bilateral zu solchen Datenübermittlungen kommt, wissen wir nicht. Genau diese Problematik haben wir immer gesehen. Wir wollten, dass es zu einer EU-weiten Regelung kommt, weil es sich auch um EU-weite Daten handelt. Inwieweit bilateral solche Datenübermittlungen erfolgen werden, bleibt abzuwarten. Das ist jetzt alleine Sache der Amerikaner, der Belgier und der Niederländer.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich versuche meine Nachfrage noch einmal zu präzisieren. Es geht hier ja nicht um die Übermittlung von Daten im Rahmen eines Rechtshilfeabkommens, also in Fällen, in denen ein konkreter Tatverdacht oder ein konkreter Anhaltspunkt vorliegt und spezielle Daten abgefragt werden. Nach meiner Einschätzung geht das auch bei der Frage des Datenschutzes bei Ihnen immer etwas durcheinander. Vielmehr geht es um folgende Frage: Findet seit dem 11. Februar 2010 eine Regelübermittlung, so wie sie im SWIFT-Abkommen vorgesehen war, unter den genannten Bedingungen statt und, wenn dies der Fall ist, auf welcher Rechtsgrundlage?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung wäre auch mit dem SWIFT-Abkommen das Rechtshilfeabkommen gewesen, weil das SWIFT-Abkommen auf das Rechtshilfeabkommen Bezug nimmt. Das SWIFT-Abkommen hat keine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern die Daten werden nur in Zusammenhang mit dem Rechtshilfeabkommen übermittelt. Inwieweit es jetzt zu bilateralen Datenübermittlungen kommt, liegt außerhalb unserer Sphäre. Darauf haben wir keinen Einfluss. Das ist auch genau die Problematik, die wir immer gesehen haben.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich mache nur vorsorglich darauf aufmerksam: Zu diesem gesamten Komplex wird - entgegen meinen bisherigen Ankündigungen - jetzt nur noch die Frage 9 des Kollegen Gerold Reichenbach aufgerufen. Das heißt, eventuelle Nachfragen von Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen müssten während des Disputes zwischen dem Staatssekretär und dem Kollegen Reichenbach angemeldet werden, da die Fragen 10 und 11 schriftlich beantwortet werden. Jetzt rufe ich die Frage 9 des Kollegen Gerold Reichenbach auf: Welches sind für die Bundesregierung die Mindeststandards im Daten- und Rechtsschutz, deren Einhaltung im Rahmen der Neuverhandlung des sogenannten SWIFT-Abkommens nach Äußerung von der Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, gewährleistet werden muss? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Verhandlungsziel der Bundesregierung ist nicht ein Abkommen, das lediglich Mindeststandards genügt, sondern ein Abkommen mit einem hohen Datenschutzniveau und einem effektiven Rechtsschutz; die Koalitionsvereinbarung enthält hierzu bereits Vorgaben. Diesem Ziel würde nicht gedient, wenn die Bundesregierung ihre Mindestposition öffentlich bekannt gäbe. Die Bundesregierung wird nach Abschluss der Verhandlungen würdigen, ob sie dem erzielten Ergebnis zustimmt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Bitte, Ihre erste Nachfrage.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann hake ich bei der Frage des Rechtsschutzes einmal nach. Ist die Frage des Rechtsschutzes für europäische Betroffene innerhalb der USA für die Bundesregierung verhandelbar oder nicht verhandelbar?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Rechtsschutz ist auf unterschiedliche Art und Weise möglich. Wir kennen es auf europäischer Ebene so, dass im Bereich des Datenschutzes jeder Bürger individuellen Rechtsschutz hat. Das heißt, jeder Bürger hat ein Auskunftsrecht, und jeder hat, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, auch ein Löschungsrecht. Das sieht das amerikanische Rechtssystem so nicht vor. Dort gibt es diese Form des individuellen Rechtsschutzes nicht. Deshalb haben wir hier völlig unterschiedliche datenschutzrechtliche Niveaus. Unser Ziel ist natürlich, dass wir nach Möglichkeit einen individuellen Datenschutz für die europäischen Bürger sicherstellen. Das würde aber bedeuten, dass die Amerikaner ihr Rechtssystem ändern müssten. Eine andere Möglichkeit, die dem Ziel nahekommt, ist, dass deutsche Behörden für die europäischen Bürger einen solchen Rechtsschutz sicherstellen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass man Gremien schafft, die diesen Rechtsschutz sicherstellen. Wir sind für ein möglichst hohes Niveau beim Rechtsschutz, das dem individuellen Rechtsschutz der Bürger, den sie in Europa genießen, möglichst nahekommt. Ob das am Ende gelingt, das ist eine Frage der Verhandlungen, und ob uns das ausreicht, das ist eine Frage, die am Ende der Verhandlungen beantwortet werden muss.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gibt es dazu schon eine abgestimmte Position zwischen dem Justiz- und dem Innenministerium?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Position gibt es. Es ist in der Protokollerklärung zum Ratsbeschluss zur Unterzeichnung des Interimsabkommens nachzulesen, dass wir auch hinsichtlich des bisherigen SWIFT-Abkommens beklagt haben, dass es nicht zu einem individuellen Rechtsschutz auf unserem Niveau gekommen ist.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Danke, Herr Staatssekretär. Die Fragen 10 und 11 des Kollegen Michael Hartmann sollen schriftlich beantwortet werden. Wir bleiben im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Andrej Hunko auf: Seit wann liegt der Bundesregierung der Entwurf der „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ vor, und wann wird dieser dem Bundestag zugeleitet? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Spanien hat das Projekt, während seiner EU-Ratspräsidentschaft eine Sicherheitsstrategie zu entwerfen, schon frühzeitig angekündigt, nämlich am Rande des G-6-Treffens am 15. März 2009; hierzu fand ein Briefwechsel der Minister statt. Es gab aber erst am 3. Dezember 2009 einen tatsächlich belastbaren Entwurf der „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ im Sinne eines Non-Papers. Dieser Entwurf wurde der Bundesregierung am 3. Dezember 2009 als Non-Paper zur Vorbereitung des informellen Ministertreffens in Toledo vom 20. bis 22. Januar 2010 zugeleitet. Der Bundestag ist am 20. Januar 2010 im Rahmen des Vorberichts zum informellen Ministertreffen in Toledo über den spanischen Entwurf zur Sicherheitsstrategie unterrichtet worden. Das nunmehr vorliegende offizielle Ratsdokument zur „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ vom 2. Februar 2010 ist in den Dokumentenserver ZEUS eingestellt und unterliegt damit dem allgemeinen Zuleitungsverfahren über das BMWi nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre erste Nachfrage, bitte.

Andrej Hunko (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004060, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Schröder, Sie haben vorhin auf die Nachfrage des Kollegen Sarrazin erläutert, wie das übliche Prozedere ist. Bei der „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ handelt es sich um ein sehr relevantes Dokument. Deswegen frage ich: Warum liegt die „Europäische Strategie für die innere Sicherheit“ bis jetzt nur in Englisch, Französisch und Spanisch vor? Wie soll unter diesen Umständen und angesichts der kurzen Zeitspanne - vor der morgigen Beschlussfassung im Ministerrat - eine ernsthafte parlamentarische Befassung möglich sein?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die fehlende Übersetzung ins Deutsche - da stimme ich Ihnen vollkommen zu - ist ein Ärgernis. Wir müssen auf europäischer Ebene immer wieder daran arbeiten, dass die Übersetzung rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird. Ich kann Ihnen aber berichten, dass wir heute Vormittag im Innenausschuss über diese Sicherheitsstrategie der spanischen Ratspräsidentschaft gesprochen haben. Insofern wurde in diesem Rahmen eine Beteiligung sichergestellt.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ihre zweite Nachfrage, bitte.

Andrej Hunko (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004060, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

In der „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ wird festgehalten, dass ihre Weiterentwicklung eine der wichtigsten Aufgaben des Ständigen Ausschusses werden muss. Wer kann von deutscher Seite in diesen Ständigen Ausschuss entsandt werden? Wie soll die parlamentarische Kontrolle der Weiterentwicklung der Strategie sowie der deutschen Vertretung im Ständigen Ausschuss sichergestellt werden?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

In dieser spanischen Sicherheitsstrategie steht nichts Neues. Es geht hier lediglich um die Umsetzung des Stockholmer Programms, über das bereits hier im Bundestag diskutiert wurde. Es wird jetzt, auch morgen im Rat, darüber diskutiert, wie dieser neue Ausschuss - COSI - ausgestaltet wird. Uns ist wichtig, dass es nicht zu Doppelstrukturen kommt, dass dieser neue Ausschuss nicht ein strategischer Ausschuss wird, der politische Entscheidungen vorbereitet, sondern ein Ausschuss der Koordinierung. Insofern ist wichtig, dass hier vor allen Dingen Personen aus der Fachebene vertreten sind.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Andrej Hunko: Wann soll die „Europäische Strategie für die innere Sicherheit“ voraussichtlich verabschiedet werden? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Der spanische Vorsitz beabsichtigt, den JI-Rat am 25. und 26. Februar, also ab morgen, mit der Strategie zu befassen. Die formelle Annahme der Ratsschlussfolge1978 rung erfolgt dann beim Europäischen Rat am 25. und 26. März 2010.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Andrej Hunko (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004060, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Sie haben eben das Stockholmer Programm erwähnt. Halten Sie die in der „Europäischen Strategie für die innere Sicherheit“ dargelegten Vorhaben und Ziele für weitergehender als das Stockholmer Programm? Handelt es sich also um eine Weiterentwicklung des Stockholmer Programms?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Wie bereits eben von mir gesagt, handelt es sich bei der Sicherheitsstrategie um keine Weiterentwicklung, um nichts Neues. Die Strategie sieht lediglich eine Konkretisierung und Umsetzung des Stockholmer Programms vor.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.

Andrej Hunko (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004060, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich komme zu meiner letzten Frage. Der Ständige Ausschuss, der sich ja jetzt damit befassen wird, wurde mit dem Vertrag von Lissabon in Art. 71 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union primärrechtlich verankert. Auf welcher sekundärrechtlichen Grundlage wird der Ständige Ausschuss beruhen, wenn er sich schon am 11. März zum ersten Mal trifft?

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Antwort auf diese sehr juristische Frage würde ich, wenn Ihnen das recht ist, gerne schriftlich nachliefern. Es ist eine Frage, die sich auf spezielles Europarecht bezieht und die ich Ihnen hier nicht aus der Lamäng beantworten kann.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Staatssekretär hat die schriftliche Beantwortung zugesichert. Die Fragen 14 und 15 des Kollegen Dr. Konstantin von Notz werden entsprechend unserer Festlegungen unter Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Das heißt, wir befassen uns an anderer Stelle noch einmal mit dem Thema der Erschwerung des Zugangs zu Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Herr Staatssekretär Dr. Schröder, herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Max Stadler zur Verfügung. Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Steffen-Claudio Lemme auf: In welchem Zeithorizont plant die Bundesregierung den bestehenden Fonds für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt auf der Grundlage ihrer strittigen Extremismusauffassung umzugestalten, und wird es in diesem Zusammenhang zu Budgetkürzungen speziell zulasten der Rechtsextremismusbekämpfung kommen? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Max Stadler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002805

Herr Kollege Lemme, es ist allgemein von einem Fonds für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt die Rede. Präzise gesagt handelt es sich dabei um einen Haushaltstitel, der im Jahr 2000 angesichts des Anstiegs der Zahl rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Straftaten eingerichtet worden ist; erstmals wurde er im Bundeshaushalt 2001 ausgewiesen. Damit besteht die Möglichkeit, Opfern rechtsextremistischer Gewalt unbürokratisch Härtefallleistungen zukommen zu lassen. Damit wird das System der allgemeinen Opferentschädigung ergänzt. Eine vergleichbare humanitäre Hilfe ist im Bundeshaushalt auch für die Opfer terroristischer Gewalt vorgesehen. Die Möglichkeiten, einmal den Opfern rechtsextremistischer und zum anderen denen terroristischer Gewalt Härtefallleistungen zukommen zu lassen, haben sich in der Vergangenheit sehr bewährt. Deswegen wird der Haushaltstitel für den sogenannten Fonds nunmehr nicht etwa umgestaltet, sondern in der Weise ergänzt, dass eine Erweiterung dieses Titels um Härtefallleistungen für Opfer jeglicher extremistischer Übergriffe vorgesehen wird. Zur näheren Ausgestaltung - Ihre Frage bezog sich ja auf den Zeitrahmen - ist bereits am 18. Dezember 2009 eine Richtlinie zur Zahlung von Härtefallleistungen aus dem Bundeshaushalt an die Opfer extremistischer Übergriffe erlassen worden. Diese Richtlinie wird zeitgleich mit dem Haushaltsgesetz 2010 in Kraft treten, nach derzeitiger Planung Mitte April 2010. Sie haben darüber hinaus gefragt, ob befürchtet werden müsse, dass es zu Kürzungen zulasten der Opfer rechtsextremistischer Gewalt kommt. Diese Befürchtung ist nicht begründet; denn der bisherige Haushaltsansatz für Opfer rechtsextremistischer Gewalt in Höhe von 300 000 Euro wird mit dem Bundeshaushalt 2010 erheblich aufgestockt, nämlich auf insgesamt 1 Million Euro. Demgemäß ist eine Budgetkürzung, soweit es um Leistungen an Opfer rechtsextremistischer Gewalt geht, nicht zu befürchten.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage.

Steffen Claudio Lemme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004090, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Zunächst einmal vielen Dank, Herr Staatssekretär. Meine Frage bezieht sich auf Fallzahlen. Ist Ihnen bekannt, wie viele Opfer rechtsextremistischer Gewalt es in unserem Lande gibt? Wie viele Opfer terroristischer Gewalt gibt es im Vergleich dazu?

Dr. Max Stadler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002805

Herr Abgeordneter, diese Zahlen können natürlich nachgeliefert werden. Aus Ihrer Frage spricht, glaube ich, die Besorgnis, dass aus dem neuen Haushaltstitel so viele andere Fälle zu bedienen sind, dass den Opfern rechtsextremistischer Gewalt die bisherigen Härtefallleistungen nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe gewährt werden können. Diese Befürchtung halte ich für ungerechtfertigt. In den Richtlinien, die am 18. Dezember 2009 erlassen worden sind und Mitte April dieses Jahres in Kraft treten werden, sind keine anderen Voraussetzungen für Zahlungen vorgesehen, sodass aufgrund dieser Richtlinien Kürzungen im Einzelfall nicht zu befürchten sind.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die zweite Nachfrage.

Steffen Claudio Lemme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004090, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, befürchten Sie nicht auch, dass es zu einer inhaltlich nicht vertretbaren Vermischung kommt, wenn sich eine Richtlinie auf Opfer unterschiedlicher ideologisch geprägter Gewalt bezieht, und dass man im Nachgang kein differenziertes Bild mehr von der politisch-ideologisch geprägten Landschaft erhält?

Dr. Max Stadler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002805

Herr Abgeordneter, eine Relativierung der rechtsextremistischen Übergriffe ist damit in keiner Weise verbunden. Die Bundesregierung betrachtet das Problem gewissermaßen aus der Opferperspektive. Es ist unsere Auffassung in der Koalition, dass die Opfer jeglicher extremistischer Gewalt in gleicher Weise einen Anspruch auf unbürokratische humanitäre Hilfe haben. Mit „Anspruch“ meine ich keinen einklagbaren Rechtsanspruch, vielmehr meine ich, dass Geldleistungen vorgesehen werden sollen. Den Opfern rechtsextremistischer Gewalt wird damit in keiner Weise irgendein Unrecht angetan, und ihre Situation wird nicht etwa relativiert. Denn noch einmal: Die Haushaltsmittel werden sogar erheblich aufgestockt. Die Befürchtung, dass es durch zusätzliche Aufgaben zu Kürzungen bei diesem Haushaltstitel kommt, wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn der Titel in der alten Höhe bestehen bliebe. Er wird aber von 300 000 Euro auf 1 Million Euro aufgestockt, sodass gerade für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt auch in der Zukunft hinreichend Mittel zur Verfügung stehen. Irgendeine Relativierung sehe ich darin nicht.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Eine weitere Nachfrage stellt nun der Kollege Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt: Es geht um Opfer jeglicher extremistischer Gewalt. Könnten Sie diesen Begriff für das Parlament bitte näher erläutern? Das ist sicher auch für die Öffentlichkeit interessant. Geht es um jegliche Form extremistischer politischer Gewalt, geht es auch um jede Form religiös motivierter extremistischer Gewalt, und welche anderen denkbaren Konstellationen oder Konnotationen sind bei Ihrem Haushaltsansatz noch angedacht?

Dr. Max Stadler (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002805

Herr Kollege Beck, mit Ihrer Frage geben Sie mir Gelegenheit, dies zu präzisieren und Ihnen vorzutragen, wie dies - in Ausführung des Koalitionsvertrages - in der Präambel der Richtlinie formuliert ist. Hier heißt es - ich darf daraus zitieren; sie wird in Bälde in Kraft treten -: Es ist ein Grundwert der pluralen Gesellschaft und eine zentrale Aufgabe des Staates, die Freiheit jedes Einzelnen vor Extremismen jeder Art - seien es Links- oder Rechtextremismus, Antisemitismus oder Islamismus zu schützen und zu verteidigen. - Das ist die Umschreibung der Aufgabe, die mit dem sogenannten Fonds bzw. Haushaltstitel zu erfüllen ist. ({0}) - Da Sie das Mikrofon nicht benutzt haben, konnte ich Sie nicht verstehen. ({1}) - Ich habe aus der Richtlinie vorgetragen. Nach dieser Richtlinie, die sich am Koalitionsvertrag orientiert, werden diese humanitären Mittel künftig nach Prüfung jedes Einzelfalls ausgereicht werden. ({2})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Die Frage 17 des Kollegen Christian Lange wurde zurückgezogen. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herr Staatssekretär Dr. Stadler, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Für die Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hartmut Koschyk zur Verfügung. Die Frage 18 des Kollegen Christian Lange wurde ebenfalls zurückgezogen. Damit rufe ich die Frage 19 der Kollegin Dr. Barbara Höll auf: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Warum ergreift die Bundesregierung keine wie die von Frankreich unter Beachtung der grauen Liste der OECD unternommene Initiative, um Steuerparadiese zu ächten, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der französischen Initiative? Herr Staatssekretär, bitte sehr.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Präsidentin! Verehrte Frau Kollegin Höll! Mit den angekündigten Maßnahmen verfolgt der französische Gesetzgeber das gleiche Ziel wie die deutsche Seite mit ihren Maßnahmen, die mit dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz vom 29. Juli 2009 und der Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung vom 18. September 2009 bereits vollzogen worden sind. Beide Initiativen, die französische und die deutsche, sind darauf gerichtet, Steuerpflichtigen mit Geschäftsbeziehungen zu Staaten und Gebieten, die den OECD-Standard zur Transparenz und zum effektiven Informationsaustausch nicht implementieren, zusätzliche Pflichten aufzuerlegen bzw. Steuervorteile zu entziehen. Dies entspricht den Empfehlungen der OECD und der G 20, zu deren Unterstützung Frankreich und Deutschland im Rahmen einer Initiative 2008 und 2009 gemeinsam internationale Konferenzen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug in Paris und Berlin ausgerichtet hatten. Die Bundesregierung wird die Durchsetzung und Umsetzung des OECD-Standards gemeinsam mit Frankreich weiter vorantreiben.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? - Bitte.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin. - Die Zielstellung ist dieselbe, die Mittel sind allerdings verschieden. Ich weise darauf hin, dass Frankreich jetzt gewillt ist, die Quellensteuer von 15 auf 50 Prozent zu erhöhen. Das ist ein maßgebliches, ganz konkretes Instrument. Wie steht die Bundesregierung zu einer Besteuerung, die etwas empfindlicher wirksam würde?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Die Bundesregierung sieht gegenwärtig keinen Anlass, von den Regelungen, die erst im letzten Jahr gesetzgeberisch und verordnungsmäßig auf den Weg gebracht wurden, abzugehen. Weil Sie die Unterschiedlichkeit der beiden Maßnahmen hervorgehoben haben, Frau Kollegin, ist darauf hinzuweisen, dass Frankreich, vor allem was die betroffenen Staaten anbelangt, einen etwas anderen Ansatz verfolgt. Frankreich hat in dem Zusammenhang den Begriff der nichtkooperativen Jurisdiktionen geprägt. Das heißt, Frankreich geht es um einen Staat, der nicht der EU angehört und Gegenstand des OECD-Monitorings von Transparenz und Auskunftsaustausch ist, der nicht bis 2010 die OECD-Grundsätze zu Transparenz und Auskunftsaustausch im Verhältnis zu zwölf Staaten umgesetzt und kein Steuerinformationsabkommen mit Frankreich geschlossen hat. Wir verfolgen einen etwas anders gerichteten Ansatz. Nach dem deutschen Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz können Staaten und Gebiete nur dann als unkooperativ bezeichnet werden, wenn sie es ablehnen, mit Deutschland etwa durch entsprechende bilaterale Vereinbarungen die Grundlage für einen Auskunftsaustausch nach dem Standard der OECD zu schaffen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage dazu?

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für den Hinweis, dass es einen Unterschied in der Einschätzung der Kooperation von Staaten gibt, die als Steuerparadiese betrachtet werden. Fakt ist, dass aus französischer Sicht eine Reihe von Staaten durchaus als Steuerparadiese fungieren, bei denen deshalb harte Maßnahmen ergriffen werden müssen, während sich aus deutscher Sicht kein Staat auf der schwarzen Liste befindet, also scheinbar alle Staaten kooperativ sind. Das heißt, Sie schätzen Staaten, die unsere Nachbarn als Steuerparadiese einschätzen, nicht als Steuerparadiese ein. Das finde ich aufklärungsbedürftig.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin, das Interessante in dem Zusammenhang ist nicht die schwarze Liste, sondern der graue Teil der OECD-Liste und die sogenannte weiße OECD-Liste. Die französischen Maßnahmen - ich glaube, dabei sind wir auf deutscher Seite besser aufgestellt - finden nämlich nur Anwendung auf die Staaten des grauen Teiles der OECD-Liste, das heißt auf diejenigen Staaten, die den OECD-Standard in weniger als zwölf Abkommen implementiert und kein Steuerinformationsabkommen mit Frankreich geschlossen haben. Demgegenüber können unsere deutschen Maßnahmen grundsätzlich auch auf Staaten und Gebiete der weißen OECD-Liste Anwendung finden, sofern diese die weiteren Voraussetzungen des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes erfüllen, das heißt gegenüber Deutschland nicht zur Kooperation bereit sind. Sie sind daher unabhängig von der OECD-Einstufung und haben einen potenziell weiteren geografischen Anwendungsbereich.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Wir kommen damit zur Frage 20 der Kollegin Dr. Höll: Mit welchen der von Frankreich gelisteten Steuerparadiese hat die Bundesregierung Abkommen zur Erteilung von Auskunft über Besteuerungszwecke nach OECD-Standard geschlossen, und welche diesbezüglichen Informationen oder Daten können diese zur Verfügung stellen?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Frau Kollegin Dr. Höll, Deutschland steht mit mehreren Staaten und Gebieten, die in der von der französischen Presse veröffentlichten Liste genannt sind, in Kontakt. Mit der Unterzeichnung mehrerer Abkommen zur Ermöglichung von Informationsaustausch in Steuersachen nach dem OECD-Standard ist demnächst zu rechnen. Andere Staaten sind zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen aufgefordert worden bzw. werden aufgefordert, sofern ein Bedürfnis besteht. Mit den Philippinen beispielsweise besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, wonach steuerrelevante Informationen ausgetauscht werden können. Darüber hinaus haben die Philippinen den OECD-Standard formal anerkannt. Gegenstand des OECD-Standards ist der Informationsaustausch auf Ersuchen. Das heißt, auf Ersuchen einer Finanzbehörde haben die Finanzbehörden des ersuchten Staates oder Gebietes alle für die Besteuerung relevanten Informationen einzuholen und zur Verfügung zu stellen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Ihre Nachfrage.

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, wir haben das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz im vergangenen Jahr hier im Bundestag verabschiedet. Wie ist jetzt der Stand? Sie verweisen auf Verhandlungen. Die Verhandlungen ziehen sich schon über Monate hin. Letztendlich reichte es aus, dass Staaten erklärt haben, dass sie zu Verhandlungen bereit sind. Ich frage die Bundesregierung, wie lange sie diesen Prozess noch ausdehnen möchte, bis tatsächlich entweder ein Informationsaustausch stattfinden kann oder das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz greift.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Ich kann Ihnen, Frau Kollegin, versichern, dass die Bundesregierung die Verhandlungen mit den in Rede stehenden Staaten mit allem Nachdruck betreibt.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine weitere Nachfrage?

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja. - Herr Staatssekretär, ich fragte Sie bereits, ob Sie der Meinung sind, dass das OECD-Musterabkommen ausreichend ist, Steuerhinterziehung tatsächlich zu bekämpfen. Ist es nicht so, dass der im Rahmen des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes eingefügte § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f des Einkommensteuergesetzes faktisch ins Leere laufen muss, da eine verstärkte Besteuerung natürlich nicht von einer reinen Absichtserklärung und von der Verpflichtung des automatischen Informationsaustauschs abhängt, sondern davon, ob in den entsprechenden anderen Staaten diese Auskünfte tatsächlich erteilt werden können, das heißt, dass eine Erfassung dort auch stattfindet?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Der OECD-Standard ist nun einmal vorgegeben, und wir müssen auf der Grundlage des OECD-Standards solche Verhandlungen führen. Wir haben natürlich auch die Möglichkeit, in Doppelbesteuerungsabkommen oder in Austauschabkommen individuell über den OECD-Standard hinauszugehen. Das richtet sich aber nach dem jeweiligen Verhandlungsstand.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Die Fragen 21 und 22 des Kollegen Dr. Carsten Sieling werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 23 des Kollegen Thilo Hoppe auf: Wie wird das Bundesministerium der Finanzen gewährleisten, dass Deutschland die internationale Zusage einhält, bis 2015 die Mittel, die für die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe - ODA - verwendet werden, auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens anwachsen zu lassen, und wie soll dies finanziert werden?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Hoppe, die Bundesregierung steht zu dem vereinbarten Ziel einer ODA-Quote von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in 2015 und hat mit der deutlichen Erhöhung der ODA-Haushaltsmittel in den letzten zwei Jahren um rund 1,55 Milliarden Euro unter Beweis gestellt, dass sie entsprechend handelt. Darauf aufbauend beabsichtigt die Bundesregierung, natürlich vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments, 2010 weitere Steigerungen zu erreichen, auch um Bedarfe für Klimawandel, Ernährungssicherung und den Wiederaufbau von Afghanistan zu decken. Darüber hinaus hat Deutschland bei der Zusage eine Protokollerklärung abgegeben, wonach zur Erreichung der ODA-Ziele neben allgemeinen Haushaltsmitteln und Schuldenerlassen auch innovative Finanzierungsinstrumente einen Beitrag leisten müssen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Ihre Nachfrage, bitte.

Thilo Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003558, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär Koschyk, vielen Dank für die Antwort. Sie haben schon die innovativen Finanzierungsinstrumente angesprochen. Nun gibt es eine Diskussion in der Bundesregierung zwischen Vertretern der Union und der FDP bezüglich der Finanztransaktionsteuer. Ist da die Positionierung schon weiter vorangeschritten? An welche innovativen Finanzierungsinstrumente denken Sie?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Hoppe, innovative Finanzierungsmöglichkeiten können, wie zum Beispiel von Deutschland praktiziert, Einnahmen aus dem Emissionshandel sein. Daneben existiert als ein weiteres innovatives Finanzierungsinstrument die Schuldenumwandlung im Rahmen der Debt-to-Health-Initiative. Bei diesem Instrument verpflichtet sich das Partnerland, einen Teil der erlassenen Schulden dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria zur Verfügung zu stellen, der damit Gesundheitsmaßnahmen im Schuldnerland durchführt. Was Ihre Frage zur Diskussion über eine internationale Finanztransaktionsteuer anbelangt, so geht die Diskussion innerhalb der Bundesregierung, international eng abgestimmt, eher in die Richtung, wie der Finanzsektor international, aber auch in Deutschland an den Kosten zur Bewältigung der vom Finanzsektor ausgehenden Finanzmarktkrise beteiligt werden soll.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine weitere Nachfrage?

Thilo Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003558, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, gerne. - Im Zusammenhang mit dem 0,7-ProzentZiel gab es bereits die Zusage der Bundesregierung im Rahmen der Europäischen Union, bis zu diesem Jahr, also bis 2010, als Zwischenziel eine ODA-Quote von 0,51 Prozent zu erreichen. Jetzt hat die OECD ermittelt, dass im Haushalt 2010, über den zurzeit diskutiert wird, dieses Zwischenziel auf keinen Fall erreicht wird. Wie geht die Bundesregierung mit der Kritik seitens der OECD um?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Die Bundesregierung wird ihre Zusagen erfüllen; ich habe das bereits in meiner ersten Antwort auf Ihre Frage gesagt. In diesem Zusammenhang wird immer wieder über nationale Stufenpläne zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels diskutiert. Wenn Sie gestatten, dann greife ich bereits die Frage 24, Ihre Folgefrage, auf.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Dann rufe ich die Frage 24 des Kollegen Thilo Hoppe auf: Bis wann wird die Bundesregierung einen nationalen Stufenplan zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels vorlegen, und wie begründet sie es, falls ein solcher Stufenplan nicht vorgesehen ist?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Die Einführung bindender Zeitpläne ist aus Sicht der Bundesregierung nicht zielführend, da sie dem Budgetrecht des Parlaments vorgreifen würden.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Zu einer Zusatzfrage hat nun die Kollegin Koczy das Wort.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär Koschyk, sind Sie mit mir der Auffassung, dass bei der Erreichung des Zwischenziels von 0,51 Prozent im Rahmen der ODA-Quote im Jahr 2010 eine Lücke von 2,2 Milliarden Euro besteht und die Bundesregierung noch keinen Plan hat, wie diese Lücke im Jahre 2010 gefüllt werden soll?

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Die Bundesregierung arbeitet energisch an dem Ziel, ihre Verpflichtungen aus internationalen Vorgaben zu erfüllen. ({0})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Der Kollege Hoppe hat noch die Möglichkeit, zwei Nachfragen zur Frage 24 zu stellen.

Thilo Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003558, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär Koschyk, die Kollegin hat darauf hingewiesen, dass die Diskrepanz zwischen dem, was zugesagt worden war, und dem, was tatsächlich eingestellt worden ist, 2,2 Milliarden Euro beträgt. Das kann man errechnen; das ist unstrittig. Wenn man das 0,7-Prozent-Ziel 2015 erreichen will, dann müsste einerseits diese Lücke rückwirkend geschlossen werden, und andererseits müsste jedes Jahr eine weitere Milliarde hinzukommen. Werden in der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung diese Aufwüchse mitberücksichtigt? Anderenfalls wäre es sehr schwierig, glaubhaft zu versichern, dass man 2015 das 0,7-Prozent-Ziel tatsächlich erreicht.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Herr Kollege Hoppe, ich darf darauf hinweisen: Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP wird das Ziel der ODA-Quote von 0,7 Prozent ohne Angabe einer Jahreszahl genannt. Allerdings hat die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung im November 2009 einen zeitlichen Bezug zu 2015 hergestellt.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Frau Kollegin Koczy.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich denke, es wird Sie nicht wundern, dass man daran, dass das 0,51-Prozent-Ziel jetzt nicht erreicht werden kann, erkennen kann, dass die Bundesregierung nicht vorhat, das Versprechen von Kanzlerin Merkel in Heiligendamm, dafür zu sorgen, dass wir das 0,7-Prozent-Ziel erreichen, zu erfüllen, und dass die Enttäuschung über die Bundesregierung dazu führt, dass das Vertrauen in die Bundesregierung unter Merkel schweren Schaden nimmt.

Hartmut Koschyk (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001186

Verehrte Frau Kollegin, ich erlaube mir den Hinweis darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich, zuletzt 2008, in absoluten Zahlen gemessen, mit rund 13,98 Milliarden US-Dollar nach den USA der zweitgrößte Geber in diesem Bereich gewesen ist. Wer sich so im internationalen Bereich auszeichnet, dem bringt man auch das Vertrauen entgegen, dass er seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt. ({0})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Die Fragen 25 und 26 des Kollegen Manuel Sarrazin werden schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 27 und 28 der Kollegin Nicole Maisch. Der Kollege Dr. Gerhard Schick, der die Frage 29 gestellt hat, ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Frage 30 des Kollegen Dr. Ilja Seifert wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Finanzen. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Frage 31 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet. Die Kollegin Bärbel Höhn, die die Frage 32 gestellt hat, ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Bei den Fragen 33 und 34 der Kollegin Brigitte Zypries wird um schriftliche Beantwortung gebeten. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel zur Verfügung. Die Frage 35 des Kollegen Volker Beck wird gemäß Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Damit rufe ich Frage 36 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann auf: Wie begründet die Bundesregierung die Festlegung, dass die Kosten für Nachhilfeunterricht nur dann als Hartz-IV-Härtefall anerkannt werden sollen, wenn es zum Beispiel eine langfristige Erkrankung oder einen Todesfall in der Familie gegeben hat, und sieht die Bundesregierung mit dieser Vorgabe die Chancengleichheit von Kindern, die in Familien mit Arbeitslosengeldbezug - ALG - leben, bei der Bildung gewahrt? Herr Staatssekretär, bitte.

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Enkelmann, Ihre Frage darf ich wie folgt beantworten: Urteile des Bundesverfassungsgerichtes werden stets vollständig und in allen Belangen umzusetzen sein. Deswegen hat die Bundesregierung das Urteil sehr genau analysiert. Ich möchte aus diesem Urteil einige Passagen zitieren, die zur Beantwortung Ihrer Frage wichtig sind. Dort heißt es, „einmalige oder kurzfristige Spitzen im Bedarf“ können „durch ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II ausgeglichen werden“. Dieser Fall dürfte hier weniger eine Rolle spielen. Ein zweiter Punkt ist sehr wichtig: Der Härtefallanspruch entsteht erst, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Das ist immer noch keine Wertung. Ich gehe deswegen so gründlich vor, weil dies in sehr vielen Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt werden, eine Rolle spielt. Weiter heißt es: Dieser zusätzliche Anspruch dürfte angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen. So viel zu diesem Zitat. In diesem Lichte ist die Geschäftsanweisung 08/2010 entwickelt worden. Daher ist nur in ganz besonderen Situationen die Übernahme der Kosten für Nachhilfe gerechtfertigt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Länder in ihren Schulen vielfach Förderkurse zum Ausgleich von Defiziten anbieten. Insoweit ist Chancengleichheit gewahrt. Auch sind die Erfahrungen mit der abweichenden Bedarfsbemessung im SGB XII berücksichtigt worden. Dies hat zu dieser Geschäftsanweisung geführt.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine Nachfrage? - Bitte.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Der Chef des Stuttgarter Jobcenters sagt voraus, dass es in Zukunft einen hohen Beratungsbedarf geben wird, wenn die Frage beantwortet werden muss, warum in dem einen Fall der Finanzierung von Nachhilfe zugestimmt wird, während sie in dem anderen abgelehnt wird. Er sagt wortwörtlich: „Hier wird ein neues Feld für die Sozialgerichte eröffnet.“ Das heißt, er sagt voraus, dass weitere Klagen auf die Sozialgerichte zukommen. Ist es - gerade mit Blick auf das Wohl der Kinder - nicht wichtiger, für eine eindeutige Regelung zu sorgen? Das würde in diesem Fall heißen, Nachhilfe grundsätzlich zu finanzieren, wenn Bedarf besteht.

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Es ist dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts immanent, dass es in einer Reihe von Fragen aufgrund der stärkeren Ausrichtung auf den Einzelfall zu mehr Beratungen kommen wird. Das ist hier nicht aus1984 zuschließen. Diese Beratungen müssen dann auch entsprechend stattfinden.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja. - Die Beratungen bedürfen aber einer konkreten und, wie ich glaube, sehr eindeutigen Grundlage, die hier nicht gegeben ist. Das war jetzt aber keine Frage, sondern nur eine Wertung. Das Bundessozialgericht hat vor kurzem darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Sonderbedarf auch rückwirkend geltend gemacht werden kann. Das ist, wie ich finde, eine wichtige Information, die man an dieser Stelle einmal loswerden kann. Vor allem hat das Bundessozialgericht aber gefordert, dass die derzeitige Aufstellung, die von der Bundesagentur vorgelegt worden ist, nicht als abschließend anzusehen ist. Wie bewertet die Bundesregierung diesen deutlichen Hinweis des Bundessozialgerichts?

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Auch das Verfassungsgericht hat erklärt, dass man Einzelfälle immer wieder neu prüfen muss. Genau dieser Gesichtspunkt wurde auch in der Geschäftsanweisung, die in Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur ergangen ist, aufgegriffen. Es wurde deutlich gemacht, dass die Aufzählung mit den konkret genannten Punkten wie Nachhilfeunterricht nicht als abschließend anzusehen ist und es Einzelfälle geben kann, die im Lichte der Entscheidung des Verfassungsgerichts zu Ansprüchen führen können. ({0})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Sie haben nur zwei Zusatzfragen, Frau Kollegin. Sie kennen die Geschäftsordnung. Die Frage 37 der Kollegin Dr. Enkelmann wird aufgrund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Frage 38 der Kollegin Katja Dörner wird ebenfalls schriftlich beantwortet, genauso wie die Frage 39 des Kollegen Dr. Ilja Seifert und die Fragen 40 und 41 der Kollegin Sabine Zimmermann. Damit kommen wir zur Frage 42 der Kollegin Silvia Schmidt: Wird die Bundesagentur für Arbeit aufgrund der nunmehr durch ein neues Verfahren möglichen Identifizierung bisher nicht zur Schwerbehindertenausgleichsabgabe zahlungsverpflichteter Arbeitgeber bei bisher nicht erfassten Arbeitgebern die Schwerbehindertenausgleichsabgabe nacherheben, und für wie viele Jahre wird die Nacherhebung festgesetzt?

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Die Frage darf ich wie folgt beantworten: Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Wer seiner Beschäftigungspflicht nicht nachkommt, hat pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Wie Ihnen die Bundesregierung bereits auf Ihre schriftliche Frage 53 auf Bundestagsdrucksache 17/639 mitgeteilt hat, schreibt die Bundesagentur für Arbeit jährlich die Arbeitgeber an, bei denen eine Beschäftigungspflicht vorliegen könnte. Auch die Integrationsämter der Länder können dabei potenziell beschäftigungspflichtige Arbeitgeber benennen, die nach der Datenlage der Bundesagentur für Arbeit nicht als solche identifiziert wurden. Auch diese werden dann von der Bundesagentur angeschrieben. Zurzeit läuft das Anzeigeverfahren für das Jahr 2009. Die Verfahren für die früheren Jahre sind abgeschlossen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Silvia Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003217, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrter Kollege, Herr Staatssekretär, das ist mir bekannt. Ich hatte darüber hinaus gefragt, wie damit in Zukunft umgegangen wird. Es gibt einen Antrag des Landes Baden-Württemberg, der auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, also auf der ASMK, im November einstimmig angenommen wurde, in dem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgefordert wird, unverzüglich festzustellen, wie viele Arbeitgeber in den vergangenen drei Jahren ihrer Anzeigepflicht nicht nachgekommen sind und um welche Beträge es sich handelt, die im Rahmen der Ausgleichsabgabe noch nachgefordert werden können. Dazu ist noch einmal darzulegen, auf welcher rechtlichen Grundlage eine nachträgliche Beschäftigungsanzeige bzw. eine Nachforderung wegen der fälligen Ausgleichsabgabe erfolgen kann und ob darauf verzichtet werden kann. Außerdem ist mitzuteilen, welche Maßnahmen unternommen werden, damit die Arbeitgeber künftig fristgerecht und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ihrer Anzeige- und Zahlungspflicht nachkommen. Als Termin für die Stellungnahme der BA wurde der 31. Dezember 2009 genannt. Ist das geschehen und, wenn ja, in welcher Art?

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Eine Pflicht des Arbeitgebers, der Bundesagentur für Arbeit die im Zusammenhang mit Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe erforderlichen Daten anzuzeigen, besteht nach geltender Gesetzeslage - § 80 Abs. 2 Satz 1 SGB IX - jeweils jährlich zum 31. März nur für das vorangegangene Kalenderjahr. So ist die momentane Rechtslage. Ziel ist, möglichst alle beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber zu erfassen, nicht zuletzt aus Gerechtigkeitserwägungen. Das ist sicher richtig. Die Ausgleichsabgabe dient aber nicht der Erzielung von Einnahmen, sondern hat im Kern die Funktion, Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu bewegen. Diesem Hauptziel wird entgegengewirkt, wenn neu als beschäftigungspflichtig ermittelte Arbeitgeber gleich mit Nachzahlungen konfrontiert würden; denn dies würde ihre Bereitschaft, in Zukunft schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen, eher mindern als heben. Eventuelle Mehreinnahmen dürften sich in Grenzen halten, weil es sich häufig um Kleinbetriebe knapp über der Grenze von 20 Beschäftigten handeln dürfte. Diese zahlen ohnehin nur sehr geringe Abgaben. Teilweise werden sie auch einen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, sodass gar keine Abgabe anfällt. Auch die Möglichkeit, Aufträge an Werkstätten für behinderte Menschen auf die Abgabeschuld anzurechnen, wird eventuelle Mehreinnahmen mindern. Auch ist nicht jeder neu ermittelte Arbeitgeber wirklich neu. Grund für die erneute Ermittlung bereits in der Vergangenheit erfasster Arbeitgeber sind häufig Ausgliederung, Namensänderung oder Sitzverlegung. Schließlich wird man nicht davon ausgehen können, dass ausschließlich Fälle von Böswilligkeit oder Verschweigen vorliegen. In vielen Fällen ist es so, dass die Grenze von 20 Beschäftigten überschritten wurde. Das ist zwar keine Entschuldigung für den Arbeitgeber, sollte aber nicht unberücksichtigt bleiben, wenn man eine positive Einstellung der Arbeitgeber zur Beschäftigung behinderter Menschen anstrebt. Deshalb hält es die Bundesregierung für wesentlich effektiver, wenn die Integrationsämter der Länder auf neue beschäftigungspflichtige Arbeitgeber zugehen, sie mit den Fördermöglichkeiten vertraut machen und es ihnen dadurch erleichtern, ihre Beschäftigungspflicht zu erfüllen. Von einer solchen Vorgehensweise würden vor allem schwerbehinderte Menschen profitieren, die einen Arbeitsplatz suchen. So viel zur grundsätzlichen Einstellung des Ministeriums zu diesem Fragenkomplex. Die konkrete Frage, was aufgrund der Beschlüsse, die Sie hier zitiert haben, geschehen ist, muss ich Ihnen schriftlich beantworten; denn dazu liegen mir gegenwärtig keine eigenen Erkenntnisse vor.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

Silvia Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003217, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Er kann meine Frage ja nicht beantworten. Deshalb würde ich mich freuen, eine schriftliche Antwort vom Staatssekretär zu bekommen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Wir kommen damit zur Frage 43 der Kollegin Silvia Schmidt: In wessen Verantwortung wird die Rehabilitation schwerbehinderter Menschen im Rahmen der geplanten getrennten Aufgabenwahrnehmung im SGB II künftig stehen, und wie werden die Verantwortungsbereiche des Rehaverfahrens künftig unter den Trägern der Grundsicherung und der Bundesagentur aufgeteilt?

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Für die gesetzliche Regelung der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales in Form der Arbeitsentwürfe eines Gesetzes zur Einführung der eigenverantwortlichen und kooperativen Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und eines Gesetzes zur Verstetigung der Option einen Vorschlag unterbreitet, der eine Gestaltung im Rahmen der bestehenden staatlichen Ordnung, also ohne Änderung des Grundgesetzes und ohne Verschiebungen der Finanzierungslasten zwischen Bund, Ländern und Kommunen, vorsah. Derzeit werden, wie das Haus weiß, Gespräche geführt, die zum Ziel haben, eine Grundgesetzänderung als Basis für die Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorzuschlagen. Je nach Erfolg dieser Gespräche werden die vorgelegten Arbeitsentwürfe nicht weiterverfolgt. Ich weise darauf hin, dass die Zuständigkeit für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für schwerbehinderte erwerbsfähige Hilfebedürftige von der Frage der Rehazuständigkeit nach dem SGB IX zu trennen ist. Die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben ist alleinige Aufgabe der zuständigen Leistungsträger nach dem SGB II, sofern es sich um erwerbsfähige Hilfebedürftige handelt. Erst wenn eine Behinderung nach dem SGB IX festgestellt wurde, stellt sich die Frage nach dem verantwortlichen Rehabilitationsträger. Zuständig zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen sind die zuständigen Leistungsträger nach dem SGB IX. Inwieweit aufgrund der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anpassungen notwendig sind, ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu entscheiden.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Haben Sie eine Nachfrage, Frau Kollegin?

Silvia Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003217, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, ich habe eine Nachfrage. - Bis jetzt war es immer so gewesen: Wenn jemand im Rechtskreis SGB II war und Behinderter bzw. Rehabilitand war, wurde gemäß SGB III das Arbeitsamt beauftragt, hierzu einige Feststellungen zu treffen, wie stark die Behinderung und wie groß der Rehabedarf ist und wie man die Eingliederung mit dem jeweiligen Betroffenen vorantreibt. Die BA hat dann die Aufgabe der jeweiligen Optionskommune oder des Eigenbetriebes mit übernommen; der Eigenbetrieb hat das höchstens kontrolliert und es auch finanziert. Wie soll das jetzt in Zukunft aussehen? Das konnte ich jetzt nicht nachvollziehen; die schwerbehinderten Menschen haben selbstverständlich einen Anspruch darauf, auch in Zukunft zu wissen, an wen sie sich zu wenden haben, egal in welchem Rechtskreis.

Hans Joachim Fuchtel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000616

Ich habe mit meinem letzten Satz der Antwort auf die Frage zu erklären versucht, dass dies wohl von der Ge1986 setzesgestaltung und davon abhängt, wie sie für die Zukunft ausgeformt wird. Wie wir wissen, ist diese Sache voll in Verhandlungen. Diesen Verhandlungen kann man mit Sicherheit an dieser Stelle hier am heutigen Tag nicht vorgreifen. Ich weise aber darauf hin: Nach den Erkenntnissen der Bundesregierung läuft das Verfahren bislang weitgehend reibungslos. Die Bundesagentur für Arbeit unterrichtet die zuständige Arbeitsgemeinschaft oder den zugelassenen kommunalen Träger und den Hilfebedürftigen zunächst einmal schriftlich über den festgestellten Rehabilitationsbedarf und die demgemäß ergehenden Eingliederungsvorschläge. Der Grundsicherungsträger entscheidet über den Eingliederungsvorschlag im Rahmen seiner Leistungsverantwortung innerhalb von drei Wochen. Die durch die Schnittstellen im Rahmen dieses Verfahrens gegebenen Schwierigkeiten, insbesondere bei der Identifizierung des Rehabilitationsbedarfs, konnten in den letzten Jahren deutlich verringert werden. So ist die Situation. Sicherlich ist es das Ziel jeder weiteren Gesetzgebung, dass dieser Zustand so erhalten bleibt und dass diese Gesetzesformulierungen so gefasst werden, dass sie den entsprechenden Zwecken Rechnung tragen.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Wollen Sie noch einmal nachfragen? - Ich weise aber darauf hin, dass wir am Ende der Zeit für die Fragestunde sind. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Wir sind am Ende der Fragestunde. Die noch offenen Fragen werden schriftlich beantwortet werden. Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schweigen der Bundeskanzlerin zur Sozialpolitik der Bundesregierung Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin erteile ich das Wort der Kollegin Renate Künast für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde ist notwendig, weil die Bundeskanzlerin schweigt ({0}) und damit die Bundesregierung schweigt: Was ist eigentlich die Linie bei der sozialen Gerechtigkeit? Ich meine, dass der Bundestag, dass die Öffentlichkeit das Recht hat, hier und jetzt zu erfahren, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Frau Merkel lässt manchmal ganz gnädig über ihren Pressesprecher mitteilen, dass der Duktus des wahlkämpfenden Vizekanzlers nicht ihrer sei. Das hätten wir auch gar nicht gedacht. Aber es geht gar nicht um die sprachliche Note. Wir sind ja hier nicht in Vancouver, bei der A- und B-Note, bei der Frage, ob sozusagen die Art der künstlerischen Vorführung ein besonders guter Duktus gewesen sei. Nein, es geht an dieser Stelle um die Frage: Wohin soll die Reise gehen? Wie sieht im 21. Jahrhundert in Deutschland soziale Gerechtigkeit aus? ({1}) Dazu kann ich nur sagen: Schauen Sie auf die Bänke der Regierung! Das ist der Hinweis auf Führungslosigkeit. ({2}) Frau Merkel lässt die Dinge treiben, statt von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Schauen Sie auf die beiden Stühle von Kanzlerin und Vizekanzler! Sie haben es nicht nötig, zu kommen, und das in einer Zeit, in der in diesem Land 5 Millionen Menschen Arbeit suchen und sich Millionen Menschen fragen, wie die Zukunft ihrer Kinder aussieht, in der 1,8 Millionen Kinder Leistungen nach Hartz IV beziehen, in der die Zeitungen mit diesem Klamauk, mit dieser Riesenwelle von einem Westerwelle gefüllt sind. Herr Westerwelle sagt: Führen wir doch eine Generaldebatte im Deutschen Bundestag! Aber der Mann hat es nicht nötig, sich hier hinzusetzen, geschweige denn, eine Generaldebatte zu initiieren. ({3}) Wahrscheinlich kann Herr Westerwelle nicht hier sein, weil der Vizekanzler auf einer Riesenwelle aus wildem Populismus irgendwie versucht, den 9. Mai in Nordrhein-Westfalen zu erreichen. An dieser Stelle räume ich einen Fehler der Grünen ein. ({4}) - Gut, dass gerade die FDP klatscht. - Wissen Sie, was der Fehler war? Der Fehler war: Wir haben immer gedacht, mit Herrn Kinkel sei der außenpolitische Tiefstand in der Tradition einer Genscher-FDP erreicht. ({5}) Wir haben uns geirrt. Das gestehe ich ein. Es geht noch tiefer. ({6}) Vielleicht könnte sich Herr Westerwelle mit Friedenstiften und anderen Aufgaben beschäftigen, statt den inneren Frieden zu gefährden. Das Bundesverfassungsgericht hat ein weitreichendes Urteil gefällt. Wenn Karlsruhe ein solches Urteil fällt, wäre es angemessen, zu sagen, wohin die Reise gehen soll. ({7}) Stattdessen lässt es die Bundeskanzlerin zu, dass der Vizekanzler in niederträchtigster Art und Weise die Armen gegen die Ärmsten ausspielt. ({8}) Herr Westerwelle spaltet. Er hat keinen einzigen neuen Job geschaffen. ({9}) Er hat in dieser Regierung durch keine einzige Maßnahme für mehr Gerechtigkeit gesorgt. Dann sagt er auch noch: Wir können auch anders. Herr Westerwelle, ich frage mich nicht, ob Sie anders können, sondern ich frage mich, ob Sie überhaupt können, und ich habe Millionen Deutsche hinter mir. ({10}) Soziale Gerechtigkeit: Wie wäre es mit dem beherzten Kauf von Steuer-CDs, wenn Sie sich schon soziale Gerechtigkeit auf die Fahne schreiben? ({11}) Stattdessen werden von FDP und CDU/CSU als Allererstes die Hoteliers bedient. Die finanzstarke Wirtschaft darf sich für nur 6 000 Euro - ein echtes Schnäppchen ein Gespräch mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Herrn Rüttgers kaufen. ({12}) Es gibt viele andere Dinge, für die man noch mehr Geld ausgibt. Ist das Gerechtigkeit oder vielleicht eher spätrömische Dekadenz, um bei diesem Begriff zu bleiben? ({13}) Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, Sie haben ein Problem mit der politischen Hygiene, und dieses Land hat zurzeit das Problem, dass es ohne Kanzlerin und ohne Vizekanzler ist. ({14}) Die zentrale Frage lautet: Was ist Gerechtigkeit, und wie stellen wir Gerechtigkeit her? Gerechtigkeit hängt eng mit Freiheit zusammen. Das gehört zueinander. ({15}) - Das braucht man Ihnen nicht sagen. Trotzdem tun Sie das Gegenteil. Guten Morgen, FDP! - Gerechtigkeit heißt Freiheit für alle. Dafür muss man die sozialen Blockaden in der Gesellschaft aufheben. Dafür muss man für Teilhabe an Bildung, Arbeit und Gesundheit und für die entsprechenden Einkommen sorgen. Dafür muss man nicht im Sinne des Freiheitsbegriffs die Steuern für die Reichen senken, sondern man muss allen Menschen in dieser Gesellschaft durch gute, finanzstarke Kommunen die Möglichkeit geben, teilzuhaben und sich zu entwickeln. Man muss funktionierende Jobcenter aufbauen. Das tun Sie nicht. ({16}) Man muss die Alleinerziehenden in dieser Gesellschaft unterstützen. Man muss nicht sagen, Gerechtigkeit wird durch Schneeschippen gewährleistet, um damit andere Geringverdiener rauszukicken. Vielmehr muss man erstens für ein soziokulturelles Existenzminimum sorgen und zweitens eine gute Infrastruktur aufbauen, von der auch die Mitte dieser Gesellschaft profitieren würde. Ich sage Ihnen in Abwandlung eines Satzes von Ihnen ganz klar: Gerechtigkeit heißt gute Löhne, damit sich Arbeit wieder lohnt. ({17})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mein letzter Satz. - Gerechtigkeit heißt Lohnnebenkosten von Geringverdienern übernehmen, einen Bildungssoli für den Aufbau einer besseren Bildung, den Einstieg in die Kindergrundsicherung und die systematische Qualifikation Erwerbsloser. ({0}) Ich hätte es für richtiger befunden, wenn wir hier über diese Konzepte diskutiert hätten, statt auf Ihre Eckpunkte zu warten. ({1}) Ich sage Ihnen eines: Dass es nur um Wahlkampfklamauk geht, sieht man an der Abwesenheit der Kanzlerin und des Vizekanzlers. Die Antwort darauf wird es am 9. Mai geben. ({2})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Carsten Linnemann für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Carsten Linnemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004098, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Deutschland befindet sich mitten in einer strukturellen Wirtschaftskrise, das Ausland schaut, ausgestattet mit viel Neid, auf unser Sozialsystem, darauf, dass wir das Sozialsystem in der Krise nachhaltig auf hohem Niveau halten, und Sie haben nichts anderes im Kopf, als eine Aktuelle Stunde über eine angeblich schweigende Kanzlerin einzuberufen. Nichts anderes haben Sie im Kopf. ({0}) Ich will es auf den Punkt bringen: Wir brauchen in der Krise nicht Menschen, die alles besser wissen, sondern die es besser machen. ({1}) Wir brauchen in der Krise keine Flut von Wortmeldungen, sondern wir brauchen eine Flut von klaren Entscheidungen. ({2}) Dafür steht die Kanzlerin, und dafür steht die Regierung. Wir haben die Verlängerung der Kurzarbeitergeldregelung auf den Weg gebracht, und wir nehmen jetzt Geld in die Hand, um das Sozialsystem in Deutschland nachhaltig zu stärken. So sieht es aus und nicht anders. ({3}) Sie sollten sich einfach einmal über die Dimension der Krise bewusst werden, wenn Sie hier so leichtfertig reden. ({4}) Wir reden über eine Schrumpfung in Höhe von 5 Prozent des Sozialprodukts im letzten Jahr. Das hat es in der Geschichte dieser Republik noch nie gegeben, selbst in den letzten fünf, sechs Krisen nicht. ({5}) Herr Kolb hat das heute im Ausschuss angesprochen. ({6}) Das gab es 1965 nicht, nach den Wirtschaftswunderjahren. Das gab es 1975 und 1982 nicht, nach den Erdölkrisen. Das gab es 1993 nicht, nach dem Wiedervereinigungsboom. Selbst 2003, nach dem Zusammenbruch des neuen Marktes und den Terroranschlägen von New York, ({7}) hat es eine solche Krise mit minus 5 Prozent nicht gegeben. Von all dem, worüber Sie jetzt sprechen und womit Sie Ihren Wahlkampf titulieren - soziale Kälte, sozialer Kahlschlag - fehlt in diesen Tagen, in diesen Wochen und in diesen Monaten jede Spur. ({8}) Da Sie in diesen Tagen und Wochen die Entscheidung aus Karlsruhe ansprechen, sagen wir ganz offen: Wir begrüßen das Urteil. Wir freuen uns über die Klarheit. Wir werden Transparenz und Stringenz schaffen. Wir werden die Dinge auf den Weg bringen. Da Sie diese Debatte nutzen - das konnte man in den letzten Tagen in den Zeitungen lesen -, um das System des SGB II infrage zu stellen und zu sagen: „Das ist von gestern“, ({9}) empfehle ich Ihnen einfach einmal einen Vergleich zwischen dem jetzigen und dem alten System. ({10}) Dabei werden Sie feststellen, dass jetzt erstens 1 Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger im System sind und an den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten dieses Landes partizipieren können, was vorher nicht ging. ({11}) Zweitens werden Sie feststellen, dass es jetzt Hinzuverdienstmöglichkeiten gibt, die es damals nicht gab. Drittens werden Sie feststellen, dass wir jetzt signifikant mehr Geld für die Förderung und Unterstützung von Langzeitarbeitslosen in Deutschland in die Hand nehmen. Das ist Fakt. ({12}) Natürlich ist das SGB II ein lernendes System. Das ist doch klar. Wir werden es auch weiterentwickeln. ({13}) In dieser Weiterentwicklungsdebatte darf aber nicht ein Überbietungswettbewerb bei den Regelsätzen im Mittelpunkt stehen, sondern die Frage, wie wir die Menschen in Beschäftigung bekommen. Dafür steht die CDU/CSU-Fraktion, und dafür steht die Kanzlerin. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. ({14})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nun hat das Wort der Kollege Hubertus Heil für die SPD-Fraktion. ({0})

Hubertus Heil (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003142, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leistung soll sich wirklich lohnen. Dieser Satz ist in Hubertus Heil ({0}) Deutschland unstrittig. Also lassen Sie uns in dieser Debatte heute einmal über die Leistungsträger in diesem Land sprechen. Ich meine die tatsächlichen Leistungsträger und nicht diejenigen, die sich eine Partei wie die FDP leisten, um ihre Klientelinteressen auf Kosten der Gemeinschaft rücksichtslos durchzusetzen. ({1}) - Hören Sie gut zu! - Ich rede vielmehr von der Verkäuferin, von der Krankenschwester, dem Erzieher, dem Facharbeiter und dem Handwerksgesellen, also von den Menschen in Deutschland, die täglich hart arbeiten, die Steuern und Abgaben zahlen und die sich an Recht und Gesetz halten. ({2}) Aber was tut die schwarz-gelbe Koalition für diese wirklichen Leistungsträger dieser Gesellschaft? Sie macht aus vielen Leistungsträgern in diesem Land Leistungsempfänger und - so will ich es sagen - Leistungsbedürftige. Das will ich Ihnen an einigen Beispielen deutlich machen. Ein Beispiel ist die Gesundheitspolitik. Sie wollen die unsoziale Kopfpauschale einführen, die sich viele Menschen nicht leisten können. Sie zwingen die Menschen geradezu dazu, sich anschließend vom Staat Steuergeld abholen zu müssen. Das nenne ich leistungsfeindlich und entwürdigend. Das ist Ihre Politik. ({3}) Ein anderes Beispiel ist die Arbeitsmarktpolitik. Sie verweigern den Menschen in diesem Land, die hart und in Vollzeit arbeiten, den Mindestlohn. ({4}) Auch hier machen Sie Leistungsträger letztendlich zu Leistungsbedürftigen. Schließlich verdienen heute 1,3 Millionen Menschen durch ihre Arbeit so wenig, dass sie sich ergänzendes Arbeitslosengeld II abholen müssen. ({5}) Sie sind die Leistungsfeinde, meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb. ({6}) Es sind also nicht die Menschen in unserem Land, die leistungsfeindlich sind. Es ist die Politik dieser schwarzgelben Bundesregierung, die leistungsfeindlich ist und die Leistung bestraft. Auch die Menschen, die derzeit arbeitslos sind, wollen in ihrer überwiegenden Mehrzahl arbeiten und von ihrer eigenen Hände Arbeit leben. Wie muss es in den Ohren dieser Menschen klingen, wenn sie sich die wilden Reden von Guido Westerwelle anhören? Es muss in den Ohren von arbeitslosen Menschen, die etwas leisten wollen, wie Hohn und Spott klingen, wenn sie sich solche Sprüche anhören müssen. ({7}) Ich hätte das Herrn Westerwelle gerne direkt gesagt, aber da er nicht da ist, bitte ich darum, ihm das zu übermitteln. Ich sage es deutlich: Ich finde diese Art der Debatte zu führen feige und zynisch. ({8}) Es ist feige, angesichts der sinkenden Umfragewerte der FDP Menschen ohne Arbeit gegen Menschen mit Armutslöhnen auszuspielen. Es ist zynisch, dass im Zusammenhang mit arbeitslosen Menschen in diesem Land von „spätrömischer Dekadenz“ gesprochen wird. ({9}) Ich frage Sie ganz ernsthaft, ob es nicht eher ein Zeichen von politischer Dekadenz ist, wenn der Vorsitzende Ihrer Partei, der FDP, sich von Hotelketten und Liechtensteiner Banken Vorträge fürstlich honorieren lässt, ({10}) um sich in diesen Reden über den demokratischen Rechtsstaat zu mokieren, der Steuerehrlichkeit verlangt. Ich kann nur sagen: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. ({11}) Herr Kolb, ich habe noch eine Frage, die Sie mir vielleicht beantworten können. Ist es nicht auch ein Zeichen von politischer Dekadenz, wenn sich ein FDP-Vorsitzender kurz vor der letzten Bundestagswahl mit einem vorbestraften Steuerhinterzieher in einem Kasseler Restaurant in der Erwartung einer großen Spende für die FDP trifft? Das ist politische Dekadenz, nicht das Verhalten langzeitarbeitsloser Menschen in diesem Land. ({12}) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der eigentliche Skandal in dieser Debatte ist aber das dröhnende Schweigen von Angela Merkel. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, dieses Land zu spalten. Aber es ist zumindest Aufgabe einer Bundeskanzlerin, einem Kabinettsmitglied, das diese Gesellschaft spaltet, Einhalt zu gebieten. Hier schweigt Frau Merkel. ({13}) Frau Merkel hat gesagt, sie wolle die Kanzlerin aller Deutschen sein. Das ist für eine Bundeskanzlerin eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber es musste noch einmal gesagt werden. Wenn sie diesen Anspruch erfüllen Hubertus Heil ({14}) will, dann muss sie auch die Kanzlerin der arbeitenden Menschen sein, die zu wenig verdienen, und auch der arbeitslosen Menschen in diesem Lande. Ihre Stimme fehlt. Auch das ist feige und zynisch. ({15}) Es ist Frau Merkel, die schweigt, wenn es um Dumpinglöhne geht. Es ist Frau Merkel, die in der Debatte um die Kopfpauschale schweigt. Es ist Frau Merkel, die schweigt, wenn es um tatsächliche Beschäftigungschancen für langzeitarbeitslose Menschen geht. Wo ist sie denn heute? Wo ist denn Herr Westerwelle? ({16}) Ich kann Ihnen sagen: Leistung muss sich wirklich lohnen! Aber es sind gerade die Leistungsträger in diesem Land, die sich die Politik der schwarz-grünen - Entschuldigung -, der schwarz-gelben Regierung nicht leisten können. ({17}) - Sorry, ihr wart nicht gemeint. Renate, dann musst du aber klar sagen, dass es mit denen nicht geht. Wenn Frau Merkel weiter schweigt, handelt sie ebenso feige und zynisch wie ihr Vizekanzler. Ich bin mir sicher, das werden sich die Menschen in diesem Land nicht länger gefallen lassen. Ich finde es abscheulich, in dieser Situation in Deutschland, in der arbeitslose Menschen etwas leisten wollen, in der viele Menschen nur geringe Verdienstmöglichkeiten haben, ({18}) von „spätrömischer Dekadenz“ zu schwafeln. Das ist übrigens auch unhistorisch. Es waren nicht die Plebejer, die im alten Rom dekadent waren. Das war diejenigen, die sich in einer Parallelgesellschaft über dem Rest der Menschen gesehen haben. Das sind Leute, die eher Sie kennen, meine Damen und Herren von der FDP. ({19}) Kümmern Sie sich einmal darum, damit sich Leistung für die Mehrheit in diesem Land lohnt, für die solidarische Mehrheit, für die Menschen, die hart arbeiten und sich an die Regeln halten. Die vertreten Sie nicht. Das werden Sie zu spüren bekommen, spätestens am 9. Mai. Herzlichen Dank. ({20})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Dr. Heinrich Kolb. ({0})

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Lächeln der Mona Lisa bewegt die Menschen seit mehr als fünf Jahrhunderten, denn das berühmte Gemälde von Leonardo da Vinci ist voller Geheimnisse, die der einfache Betrachter ebenso wie die Kunstexperten zu entschlüsseln versuchen. ({0}) Das Schweigen der Angela Merkel beschäftigt die Grünen seit vorgestern und, wie wir eben gehört haben, Herrn Heil seit heute. Es gibt keine Geheimnisse auf; denn es ist vollkommen normal, Herr Heil, dass eine Regierungschefin, die die Sozialpolitik ihrer Regierung trägt und prägt, natürlich mit guten Gründen dazu schweigen darf und nicht ständig betonen muss, dass sie diese ihre Politik selbst wirklich gut findet. ({1}) Qui tacet, consentire videtur, sagen die Lateiner: Wer schweigt, scheint zuzustimmen. Für eine solche Zustimmung gibt es gute Gründe. ({2}) Denn die Politik der christlich-liberalen Regierung ist sozial, sie ist im Interesse der Menschen. Um es auf den Punkt zu bringen: Die letzte Bundesregierung, Herr Heil, Ihre Regierung, hat nach der Wahl die Steuern erhöht. Wir haben nach der Wahl das Kindergeld erhöht. Das ist der Unterschied. Das ist gerecht. Das ist eine gute Sozialpolitik. Wir haben allen Grund, stolz darauf zu sein. ({3}) Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und Herr Heil, gar nicht die Sozialpolitik der Bundesregierung im Allgemeinen gemeint haben sollten, sondern die Äußerungen von Guido Westerwelle aus Anlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-IV-Regelsätzen im Besonderen, dann muss ich Ihnen sagen: Die Kanzlerin hat doch gar nicht geschwiegen. Sie hat dem Vizekanzler in der Sache recht gegeben. Das hängt damit zusammen, dass er damit im Grunde genommen gar nichts anderes als die Umsetzung des Koalitionsvertrages angekündigt hat. ({4}) Sie hat mitteilen lassen, das sei nicht ihr Sprachstil. Das mag so sein. Wenn aber die Bild-Zeitung heute schreibt, die Bundeskanzlerin habe sich darüber hinaus enttäuscht gezeigt, dass sich der Vizekanzler und FDP-Vorsitzende als Reformmotor der Koalition darstelle, dann muss ich Ihnen sagen: Mit dieser Enttäuschung kann ich gut leben. ({5}) Für die FDP-Fraktion ist es jedenfalls alles andere als ehrenrührig, wenn Guido Westerwelle, der Vizekanzler, diese Regierung auf Reformen drängt. Denn viele Menschen in Deutschland haben bei der letzten Bundestagswahl die FDP gewählt, weil sie Veränderungen wollten. Wir treten nun nach der Wahl dafür ein, dass es genau diese Veränderungen gibt. ({6}) Denn, Herr Heil, Frau Künast, wenn wir nichts ändern, wird nichts so bleiben, wie es ist. ({7}) - Sie lachen. Das zeigt, dass Sie den Ernst der Situation überhaupt nicht verstanden haben. ({8}) Das gilt zumal für den Bereich der Sozialpolitik, wo wir natürlich die Balance halten müssen zwischen den Leistungen für diejenigen, die unverschuldet in Not geraten sind und Hartz IV beziehen, und denen, die arbeiten und mit ihren Steuern und Sozialbeiträgen genau diese Leistungen für Bedürftige finanzieren müssen. ({9}) Diese Balance dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Wir dürfen die, die arbeiten gehen und für unser Gemeinwesen auch finanziell einstehen, nicht vergessen. Sie sind die Mitte unserer Gesellschaft. ({10}) Wir müssen auch darauf achten - ich komme noch einmal auf dieses Wort von Guido Westerwelle mit der spätrömischen Dekadenz zurück -, dass unser Staat, unsere Gesellschaft, unser Sozialsystem auch Widerstandskraft hat, widerständig bleibt. Denn das alte Rom ist daran zugrunde gegangen, dass die Tugenden verloren gegangen sind, ({11}) dass die Balance aus den Fugen geraten ist. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir alle sind aufgefordert, da hinzusehen, wo es Missbrauch gibt, denjenigen, die bedürftig sind, die Leistungen zu gewähren, die sie brauchen, aber denjenigen, die die Leistungen des Sozialstaates in Anspruch nehmen wollen, obwohl sie sie nicht brauchen, ein ganz klares Stoppschild vorzuhalten. Dieser Auftrag geht aus dieser Diskussion hervor. ({12}) Meine Damen und Herren, jetzt gibt es diejenigen - das war auch der Hintergrund der Äußerungen von Herrn Westerwelle -, die sofort nach dem Urteil aus Karlsruhe genau wussten, wie die Regelsätze denn nun aussehen müssen. Die Linken haben heute Morgen im Ausschuss einen Betrag von 500 Euro genannt. ({13}) Das ist jetzt das Maß der Dinge. ({14}) Liebe Kollegen von den Linken, damit tun Sie genau das, was das Bundesverfassungsgericht kritisiert hat. Wir dürfen nämlich nicht ins Blaue hinein schätzen, sondern müssen den Bedarf von arbeitslosen Menschen in unserem Lande begründet darlegen. Wir müssen Wertungsentscheidungen treffen. Das hat uns das Karlsruher Gericht aufgegeben - und nicht, ins Blaue hinein Zahlen zu nennen, wie es einer politischen Klientel möglicherweise gefallen mag. ({15}) Das wäre falsch. Das wäre verkehrt. Das sollten wir auf keinen Fall tun. ({16}) Zum Schluss: Ich wundere mich, Frau Künast. Ich wundere mich aber auch bei Ihnen, Herr Heil, ein Stück weit darüber - das muss ich sagen -, wie weit der politische Gedächtnisverlust schon fortgeschritten ist. ({17}) Bei der Regelung, die in der vorletzten Woche in Karlsruhe gescheitert ist, handelt es sich um die Normen Ihrer rot-grünen Bundesregierung. Es sind Ihre Ableitungen eines Bedarfs gewesen, die Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt hat. ({18}) Und Sie stellen sich heute hierhin und wollen uns weismachen, wir seien diejenigen, die schuld seien. Das trifft nicht zu. Wir werden diese Herausforderung aber annehmen. Parallel zur Optimierung der Jobcenter werden wir auch die Regelsätze für bedürftige Langzeitarbeitslose in Deutschland neu definieren - unter hohem Zeitdruck, der auch darauf zurückzuführen ist, Herr Scholz, dass andere zu lange nichts zustande gebracht haben. Wir werden das tun. Ich bin sicher, dass wir auch ein gutes Ergebnis erreichen werden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. ({19})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Maurer für die Fraktion Die Linke. ({0})

Ulrich Maurer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003805, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin an einem einzigen Punkt derselben Meinung wie der Kollege Kolb. Die Frau Bundeskanzlerin hat nicht geschwiegen, sondern sie hat den Duktus des Herrn Vizekanzlers gegeißelt. Das heißt im Klartext: Sie hat sich wie eine Richterin verhalten, die den Kollegen Westerwelle nicht wegen seiner Tat, sondern wegen mangelnder Eleganz bei der Tatausführung verurteilt. ({0}) Das kann man schon so deuten, wie es der Kollege Kolb unter dem betretenen Schweigen der CDU/CSU-Fraktion gerade getan hat, nämlich als Zustimmung in der Sache. Bei Ihnen geht es wirr durcheinander. Ich will Ihnen einmal sagen, was uns - und mit uns Millionen von Menschen - an dieser ganzen Debatte zutiefst empört: Was Sie und Herr Westerwelle hier versuchen, ist, mitten in der schwersten Nachkriegskrise Deutschlands den berechtigten Zorn der Menschen, die hart arbeiten und dafür zu wenig Geld bekommen, auf die Arbeitslosen zu lenken, um von denen abzulenken, die ihnen die Krise eingebrockt haben. Dieser Versuch wird hier unternommen. ({1}) Es passiert ja nicht zum ersten Mal in der deutschen Geschichte, dass man auf diese Art und Weise Krisen verarbeitet. Ich höre auch schon die Stimmen derjenigen, die sagen, es seien besonders viele Migrantinnen und Migranten unter den Leistungsverweigerern. Das ist dann der nächste Zug ins Rassistische. ({2}) - Das können Sie alles nachlesen. ({3}) - Lesen Sie keine Zeitung? Das können Sie in den Zeitungen alles nachlesen. ({4}) Das sind dann die unabhängigen Institute und weiß der Teufel wer. Wir kennen das alles. Ich sage Ihnen: Damit betreiben Sie ein gefährliches Spiel. Wer in einer schweren Wirtschaftskrise versucht, die Menschen, die am härtesten betroffen sind, gegeneinander aufzubringen und Hass gegen Minderheiten, gegen angebliche Faulenzer etc. um des gesunden Volksempfindens willen zu erzeugen, der hat aus der deutschen Geschichte nichts gelernt - gar nichts. ({5}) Wer das deswegen macht, weil er sich davon verspricht, dass seine Umfragewerte steigen, womit er offensichtlich keinen allzu großen Erfolg hat, dessen Handeln kann man nur noch als schäbig bezeichnen. Das ist schäbig, um es in aller Deutlichkeit zu sagen. Das war eine strategische Entscheidung, die wir Ihnen aber nicht durchgehen lassen. Wir sind Ihnen an einem Punkt sogar dankbar für diese Leistungsdebatte. Erinnern Sie sich bitte an Folgendes: Das alte Rom ist an der Käuflichkeit und Korruption der Politik zugrunde gegangen. Pontius Pilatus ist wegen Steuerhinterziehung nach Judäa strafversetzt worden. ({6}) Wer sich für Politik bezahlen lässt, der bewegt sich in der Tat auf den Pfaden der spätrömischen Dekadenz. ({7}) Wo ist in der Krise der Beitrag derer, die diese Krise verursacht haben? Wo ist der Beitrag der Investmentbanker? Wo ist der Beitrag der Boniempfänger? Wo ist deren Beitrag? Anstatt darüber zu reden, reden Sie über Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger. Das ist schäbig, lieber Kollege Kolb. ({8}) Frau Kollegin Künast, es gab während Ihrer Rede einen Moment, in dem ich dachte: Jetzt kommt etwas wirklich Wichtiges. Sie wollten nämlich einen Fehler der Grünen eingestehen. Das kam dann aber nicht. ({9}) Das Problem in Deutschland ist, dass die Löhne gedrückt wurden, dass ein System von Niedriglöhnen und ein System von Sklavenarbeit, das sich Leiharbeit nennt, eingeführt wurden. Die davon betroffenen Menschen haben einen Anspruch, vertreten zu werden. Wer, wie die FDP, über Arbeitslose redet, aber Mindestlöhne verweigert, der steht in dieser politischen Debatte auf der falschen Seite. Wenn man allerdings, wie Sie, Frau Künast, diese Situation anprangert, ohne wenigstens auch zu erwähnen, dass Sie selbst einen guten Anteil daran hatten, dass dieses System der Niedriglöhne, der 1-Euro-Jobs, der Aufstockerei und der Leiharbeit eingeführt wurde, ist das kein guter Einstieg in diese Debatte. ({10}) Wir sagen: Wir werden uns für alleinerziehende Mütter einsetzen. Wir werden uns für die Kinder, die in diesem Hartz-System menschenunwürdig behandelt werden, einsetzen. ({11}) Wir werden uns allerdings mit dem gleichen Nachdruck auch für die Menschen einsetzen, die hart arbeiten, aber nicht einmal das Existenzminimum verdienen ({12}) und die nicht etwa für 7 000 Euro plus immer denselben Vortrag halten. Denen sollten Sie sich zuwenden, nicht denen, die an Ihre Partei spenden. ({13})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Max Straubinger für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Max Straubinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002812, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Aufgeregtheit, die in der heutigen Aktuellen Stunde zur Sozialpolitik der Bundesregierung wieder einmal zum Ausdruck gebracht wird, ist in keiner Weise begründet. Die Opposition hat dargelegt, dass sie eigentlich überhaupt nichts zu kritisieren hat, sondern hier nur Polemik betreiben möchte. ({0}) Das muss man allen drei bisherigen Rednern der Opposition bescheinigen. Gerade Frau Kollegin Künast, die diese Aktuelle Stunde als Fraktionsvorsitzende mit beantragt hat, hat eigentlich überhaupt nicht über das Thema gesprochen, ({1}) sondern hat versucht, eine etwas missglückte Wahlkampfrede zu halten und Schuldzuweisungen an die FDP und die CDU/CSU zu erheben. Davon haben die Bürgerinnen und Bürger nichts, liebe Frau Künast. Die Bürger sind darauf angewiesen, dass hier gute Entscheidungen gefällt werden. ({2}) Die Koalition von CDU, CSU und FDP, die bürgerliche christlich-liberale Koalition, steht an der Seite derer, die unseren Sozialstaat letztendlich begründen und ihn tagtäglich erarbeiten. Gleichzeitig steht sie aber auch an der Seite der Menschen, die auf soziale Leistungen angewiesen sind, und sorgt dafür, dass diese Menschen die nötige Unterstützung erhalten. Dafür stehen wir. ({3}) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dies haben wir in der Vergangenheit bewiesen. Die Union war der Reformanschieber, und zwar nach christlich-sozialem und christlich-demokratischem Verständnis. Ich glaube, dass wir dies gerade in der vergangenen Legislaturperiode unter Bundeskanzlerin Angela Merkel auch in der Sozialgesetzgebung deutlich gemacht haben. Auch in der jetzigen Bundesregierung sind wir in diesem Bereich der Reformmotor. ({4}) Auch für die Öffentlichkeit ist es wichtig, darzulegen, welche sozialen Leistungen wir für die Menschen erbringen. Diese sozialen Leistungen werden tagtäglich hart erarbeitet, und zwar von Menschen, die morgens früh aufstehen und den ganzen Tag lang arbeiten. Damit leisten sie einen Beitrag zum Bruttosozialprodukt und tragen dazu bei, dass die soziale Sicherung aller Bürger gewährleistet werden kann. Ein Ausdruck dessen ist der Bundeshaushalt 2010, den wir in der übernächsten Sitzungswoche verabschieden werden. Über 54 Prozent des Bundeshaushaltes fließen in die soziale Sicherung der Menschen in unserem Land. Das ist ein beredtes Beispiel für unseren Beistand für die sozial Schwachen in unserer Gesellschaft. ({5}) Natürlich ist es richtig: Der beste soziale Schutz für die Menschen ist, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden. Herr Kollege Maurer - das gilt auch für den Kollegen Heil -, deshalb haben wir zum 1. Januar dieses Jahres kräftige Entlastungen für die Menschen durchgesetzt, die tagtäglich zur Arbeit gehen, nämlich für die Facharbeiterinnen und Facharbeiter; diese wollen Sie aber zusätzlich belasten. ({6}) Jetzt ist ein neuer Antrag für den SPD-Bundesparteitag in Vorbereitung: Es soll versprochen werden, den Bezug von Arbeitslosengeld I zukünftig auf zwei Jahre zu verlängern. Vielleicht wird später, weil bei der SPD offensichtlich ein Überbietungswettbewerb ausgebrochen ist, eine Verlängerung auf drei Jahre beschlossen. Sie wollen also alles zurückschrauben, was Sie im Rahmen der Agenda 2010 beschlossen haben. ({7}) - Natürlich ist das so. - Wer bezahlt dann diese Maßnahmen? Das bezahlt letztendlich der Facharbeiter mit seinen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Wir stehen für eine Entlastung der Facharbeiter, der Bürgerinnen und Bürger; Sie von der versammelten Opposition stehen für die Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger. ({8}) Frau Kollegin Künast hat gesagt, Gerechtigkeit werde nicht durch Schneeschippen gewährleistet. ({9}) Ich möchte aber schon darlegen, dass unter der rot-grünen Bundesregierung, natürlich mit dem Zutun von CDU und CSU im Bundesrat, das Prinzip „Fordern und Fördern“ durchgesetzt worden ist. Ich glaube, es muss ein entscheidendes Merkmal des Sozialstaates sein, dass der, der arbeiten kann, auch tatsächlich arbeitet. Es war unmöglich, was in den vergangenen Wochen in dieser schönen Stadt Berlin passiert ist: Die alten Leute waren letztendlich richtiggehend kaserniert, weil sie nicht auf die Gehwege hinausgehen konnten, ({10}) weil der Berliner Senat, der Bürgermeister und die rotrote Stadtregierung nicht imstande waren, den Schnee von den Gehwegen zu räumen. ({11}) Hier hätten die Arbeitslosen in dieser Stadt aufgefordert werden können, und zwar sehr frühzeitig, einen Beitrag zu leisten. ({12}) Wenn sie soziale Unterstützung erhalten, dann ist es richtig, einen Beitrag für die Allgemeinheit und für die alten Leute in unserem Land zu leisten. Frau Kollegin Künast, deshalb wäre es gut gewesen, wenn sie richtig Schnee geschippt hätten. ({13}) Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. ({14})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Das Wort hat die Kollegin Elke Ferner für die SPDFraktion. ({0})

Elke Ferner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000535, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Straubinger, wenn man Sie so hört, dann könnte man wirklich meinen, die tollen Tage würden fortgesetzt. Allerdings wäre das wirklich eine Beleidigung für jeden Karnevalisten. ({0}) Das, was Sie hier machen, ist genauso purer und blanker Populismus wie das, was der FDP-Vorsitzende und Bundesaußenminister gemacht hat. Das ist allerdings kein Wunder; denn Herr Westerwelle hat hier von einer „geistig-politischen Wende“ gesprochen. Wir hatten schon einmal so etwas Ähnliches: Damals hieß es „geistig-moralische Wende“. Am Ende der Regierungszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl hatten wir eine Bimbesrepublik mit schwarzen Koffern, mit Vermächtnissen usw. ({1}) Wir sind zu Beginn dieser Regierung, der erneuten Auflage von Schwarz-Gelb, genau da, wo es 1998 aufgehört hat. Das heißt jetzt eben nur „geistig-politische Wende“. Das, was Sie tun, ist nichts anderes als schwarz-gelbe Klientelpolitik. ({2}) Man erkennt das auch daran, dass sich die Großspenden von Hotelketten und Pharmaindustrie sofort ausgezahlt haben: Die Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen wurde gesenkt. Sicherlich hat es überhaupt nichts damit zu tun, dass Herr Westerwelle auch noch für im Schnitt 7 000 Euro Vorträge hält. ({3}) Auch wenn das in Zeiten war, als er noch Vorsitzender einer Oppositionsfraktion war, muss man sich fragen: Welche Geisteshaltung steckt dahinter, wenn man von der Tochtergesellschaft einer Bank, die für deutsche Steuerzahler bzw. -nichtzahler Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistet, Geld annimmt und für sie Vorträge hält? ({4}) Das ist dekadent, Herr Kolb. ({5}) Das Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf Menschen, die am Existenzminimum leben, ein gutes, sehr mutiges Urteil gesprochen, mit dem es den Sozialstaat klar gestärkt hat. Wie kann man die Verfassungsrichter dafür schelten? ({6}) Man muss stattdessen darüber diskutieren, wie das Existenzminimum gesichert werden kann. Dieser DeElke Ferner batte verweigern Sie sich. Herr Westerwelle hat letzte Woche gefordert, dass im Deutschen Bundestag eine große Debatte geführt wird. „Wo ist er denn?“, kann man nur fragen. ({7}) Offenbar kneift er, weil er vor dieser Debatte Angst hat. Sie werden in dieser Debatte nämlich nicht bestehen. ({8}) Sie verweigern der Öffentlichkeit die Information darüber, was auf sie zukommt. Nach dem 9. Mai wird es in bewährter Manier weitergehen: Man verteilt um, von unten nach oben. Sie widersprechen sich auch: Ihr Generalsekretär, der den Staat als „teuren Schwächling“ bezeichnet hat, obwohl er, wie ich dem Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages entnehme, bisher fast ausschließlich vom Staat alimentiert worden ist, ({9}) sagt: Man darf die Menschen nicht dauerhaft auf Transferleistungen verweisen. Damit hat er recht; ich frage mich dann nur, warum Sie durch die Einführung einer Kopfpauschale in der Krankenversicherung eine wachsende Zahl von Menschen von Sozialtransfers abhängig machen wollen. Was Sie da machen, ist absurd, und es hilft nicht weiter. ({10}) Ein zweiter Punkt, den ich ansprechen möchte. Von Frau Merkel ist bisher, außer dass sie zugibt, dass die Wortwahl vielleicht nicht besonders gut war, nichts zu hören. Frau Merkel sitzt wie die Prinzessin auf der Erbse und wartet darauf, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst. Damit wird diese Koalition von Schwarz-Gelb aber nicht durchkommen. ({11}) In Nordrhein-Westfalen geht alles nach dem Motto: Rent a Ministerpräsident! Ich bin gespannt, was in den nächsten Wochen noch alles herauskommen wird. Das hat mit Dekadenz mit Sicherheit mehr zu tun, als wenn sich jemand mit der Frage beschäftigt, wie man denen, die unverschuldet arbeitslos sind und in der überwiegenden Mehrzahl arbeiten wollen, zu einer Arbeit verhelfen kann, die existenzsichernd ist. Was die FDP und ihr Vorsitzender mit plumpem Populismus propagieren, bedeutet doch nichts anderes, als zu sagen: Der niedrigste Hungerlohn ist der Maßstab für das Existenzminimum. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt deutlich gemacht: Das Existenzminimum steht nicht zur Disposition. ({12}) Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir brauchen ein Lohnanstandsgebot, ein Gebot, existenzsichernde Löhne zu zahlen, damit diejenigen, die jeden Morgen aufstehen, am Monatsende so viel Geld in der Lohntüte haben, dass sie von ihrer Hände und ihres Kopfes Arbeit leben können. ({13}) Eine Ausweitung von Kombilöhnen und eine Ausweitung des Niedriglohnsektors sind das Letzte, was wir brauchen. Diese Auffassung unterscheidet uns von Ihnen. Am 9. Mai werden die Menschen in NordrheinWestfalen auch darüber zu entscheiden haben, ob sie Sozialabbau und -kahlschlag haben wollen oder ob es in dieser Republik wieder gerecht zugehen soll. ({14})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Pascal Kober für die FDP-Fraktion. ({0})

Pascal Kober (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004075, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ferner, man kann Vorwürfe erheben, und man kann versuchen, Zusammenhänge zu suggerieren. Wussten Sie, Frau Ferner, dass Sigmar Gabriel privat im Jahr 2004 vom VW-Konzern 130 000 Euro bekommen hat, ({0}) und das als einer, der doch zu den überzeugteren Vertretern des VW-Gesetzes zählt? ({1}) Lieber Herr Heil, das „dröhnende Schweigen“ der Kanzlerin hören Sie wahrscheinlich besonders intensiv, wenn Sie um gerade Kurven fahren. Liebe Kollegen, Nachdenken hilft nicht nur beim Finden von Begriffen, Nachdenken hilft auch bei der Lösung der Probleme dieser Gesellschaft. ({2}) Deshalb möchte ich Sie hiermit einladen, ein Stück auf dem Weg des gemeinsamen Nachdenkens mit uns zu gehen, auf dem Weg, den jedenfalls die FDP beschreitet und der nichts anderes als vernünftig, angemessen und verantwortungsvoll ist. ({3}) Worum geht es überhaupt? Der Kern unserer Debatte ist zunächst das angemessene Verhältnis von Bedarfsgerechtigkeit auf der einen Seite sowie Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit auf der anderen Seite. Niemand in der FDP - schon gar nicht Guido Westerwelle - leugnet, ({4}) dass es Lebenssituationen gibt, in denen Menschen auf die Unterstützung der anderen, der Solidargemeinschaft, angewiesen sind. Niemand leugnet, dass diese Menschen, wie jeder andere Mensch auch, Bedürfnisse haben - zum Beispiel muss das Bedürfnis eines würdigen Auskommens befriedigt werden, und nach Maßgabe des Möglichen wird es in diesem Land auch befriedigt. ({5}) Wahr ist aber eben auch, dass diese Mittel, die diejenigen, die arbeiten, mit ihren Leistungen erwirtschaften, zielgerichtet, effizient und sparsam eingesetzt werden müssen - im Sinne der Leistungsgerechtigkeit und der Verteilungsgerechtigkeit, aber auch im Sinne der Funktionstüchtigkeit des Sozial- und Wirtschaftssystems. Ganz bestimmt muss dies auch im Sinne derjenigen geschehen, die sich überhaupt nicht selbst zu helfen wissen, das nicht können und die wohl auch dauerhaft auf Unterstützung und Betreuung angewiesen sind. Es ist deshalb auch gerecht, dass wir erwarten, dass jeder in dieser Gesellschaft nach seinen Kräften das für sich Mögliche beiträgt; denn das bedeutet eine aktive Unterstützung für die Schwächsten in dieser Gesellschaft. Wir von der FDP verstehen Bedarfsgerechtigkeit nicht nur im Sinne notwendiger Alimentation. Jeder Mensch in dieser Gesellschaft hat das Recht auf Teilhabe. Deshalb ist die Bedarfsgerechtigkeit nach unserem Menschen- und Gesellschaftsbild gleichbedeutend mit Chancengerechtigkeit. ({6}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als FDP kämpfen dafür und lassen uns darin auch nicht durch oppositionelles reflexhaftes Skandalisieren beirren, dass der Sozialstaat als Erstes Chancen der Teilhabe vermitteln muss. Genau darin ist der Sozialstaat bisheriger Prägung in unverantwortlicher Weise gescheitert. Viel zu lange haben wir uns damit begnügt, die Menschen zu alimentieren und den Sozialstaat als ein Auffangnetz statt als ein Sprungbrett zu begreifen, mit dem den betroffenen Menschen der Sprung oder das Sich-wieder-Aufrichten in die Selbstständigkeit und die aktive Teilhabe ermöglicht wird. ({7}) Der Sozialstaat bisheriger Prägung ist noch an einer anderen Stelle gescheitert. Es wurde viel zu lange versäumt, die soziale Verantwortung auch im Lichte der Gerechtigkeit gegenüber künftigen Generationen zu begreifen. ({8}) Viel zu lange ist diese Gesellschaft dem Konflikt zwischen Bedarfsgerechtigkeit auf der einen Seite sowie Leistungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit auf der anderen Seite ausgewichen, indem sie ihn mit ungedeckten Wechseln auf die Zukunft, einer gigantischen Staatsverschuldung, zugedeckt hat. ({9}) Wir werden nun zügig die Grundlagen für eine neue Berechnung der Hartz-IV-Bezüge auf den Weg bringen. Ob dabei ein höherer oder niedrigerer Satz herauskommt, kann ich jetzt noch nicht sagen. ({10}) Aussagen in jede der beiden Richtungen sind daher verfrüht. Wir werden das Ausgeschlossensein von Menschen beenden und für eine bessere Möglichkeit ihrer gesellschaftlichen Teilhabe sorgen, indem wir die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern, ({11}) und wir werden insbesondere unsere Aufmerksamkeit auf das Wohl der Kinder legen. Dass eine Gesellschaft ihren Kindern nicht alle Chancen eröffnet, sie aber auch - das sage ich mit Blick auf die Staatsverschuldung nicht offenhält, ist unerträglich. ({12}) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({13})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Fritz Kuhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003577, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich einmal mit einer gewissen Ruhe anschaut, was in der Causa Westerwelle eigentlich los ist, dann stellt man fest: Der Kollege hat elf Jahre lang politisch davon gelebt, dass er erzählt hat, die FDP werde die Steuern senken. ({0}) Um diesen Satz hat er elf Jahre lang seine Reden aufgebaut. Er kam in die Regierung und ({1}) man stellt fest: Wegen der Staatsverschuldung und verschiedener anderer Faktoren geht es nicht mit den FDPModellen, mit denen Sie in den Wahlkampf gezogen sind. Nun kam ein Urteil aus Karlsruhe, das besagt: Die Arbeitslosengeld-II-Bezüge, die Transferleistungen, müssen auf eine andere Art berechnet werden, und vor allem muss die Existenz der Menschen durch diese Leistungen würdeorientiert gesichert werden. ({2}) - Beruhigen Sie sich, Herr Kolb. Für Ihr Problem gibt es in der Apotheke Beruhigungsmittel. Die FDP spürt natürlich, dass mit Steuersenkungen in der nächsten Zeit noch weniger los sein wird. Dann schaut sie sich die Umfragewerte an: freier Fall nach unten; , physikalisch gesprochen. ({3}) Auf welche Idee kommen Sie also bei Ihrem Strategietreffen am vergangenen Wochenende? Sie kommen auf die Idee, einen Angriff auf die Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu starten, und zwar mit der Pauschalität, mit der Westerwelle dies getan hat. ({4}) Ich nenne für meine Fraktion das Verfahren, zur Optimierung der eigenen Umfragewerte insgesamt 6,4 Millionen Menschen, die in Deutschland Arbeitslosengeld II beziehen, pauschal zu diskriminieren, schäbig, unanständig und der deutschen Politik nicht würdig. ({5}) g --- t2 Damit müssen Sie sich auseinandersetzen. Nach dem Urteil in Karlsruhe und der Diskussion über die Frage, ob sich Arbeit lohnt, können Sie das angehen. Dabei gilt übrigens: In allen Fällen, in denen Kinder da sind und Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld hinzugerechnet werden, sind die Einkünfte höher, wenn man arbeitet, als wenn man nicht erwerbstätig ist. Auch da wird mit falschen Zahlen operiert. ({6}) - Ja, es ist wichtig, darzulegen, wie die Verhältnisse wirklich sind. Wer aber glaubt, es lohne sich, zu wenig zu arbeiten, der hat verschiedene Möglichkeiten. Die FDP wählt die Möglichkeit, dass das Arbeitslosengeld II gesenkt wird. ({7}) Wir sagen: Wir brauchen Mindestlöhne, damit sich Arbeit im Niedriglohnbereich wieder lohnt, ({8}) und wir müssen die Lohnnebenkosten nach unserem Progressivmodell so gestalten, dass sie im Niedriglohnbereich sinken, sodass mehr Netto vom Brutto bleibt. Denn die Steuersenkungen kommen vielen zugute, nur nicht den Geringstverdienenden. Das müsste die FDP meines Erachtens endlich kapieren. ({9}) Ich finde das richtig unverschämt von der FDP und von Herrn Westerwelle. ({10}) Der ehemalige Bundeskanzler Schmidt hat übrigens in einer Fernsehsendung diese Woche zu Recht gesagt, er sei ein Wichtigtuer, kein Wichtiger. Ich war selten bei Helmut Schmidt, aber an dieser Stelle hat er absolut recht. ({11}) Wir hatten in Deutschland im Hartz-System 2009 eine Missbrauchsquote von 1,9 Prozent. Das betrifft etwa 129 000 Menschen. ({12}) Wer wegen dieser Missbrauchsquote in der Lage ist, 6,4 Millionen Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu diskriminieren, der handelt schäbig und muss in diesem Haus politisch gestellt werden. ({13}) Das ist der Punkt, um den es uns in dieser Debatte geht, die wir beantragt haben - das richte ich jetzt an die CDU/CSU -: Wir können nicht verstehen, dass die Bundeskanzlerin und Vorsitzende einer christlichen Partei für dieses Manöver von Herrn Westerwelle nichts anderes übrig hat als Stilkritik. Ich fordere Sie von der CDU/ CSU auf: Distanzieren Sie sich von diesen widerlichen Sozialspaltern, mit denen Sie in der Koalition sind! ({14}) Kehren Sie zu dem Grundprinzip christlicher Politik zurück, dass denen, die arm und schlecht dran sind, geholfen werden muss, sowohl materiell als auch durch verbesserte Zugangschancen! Lassen Sie uns deshalb diskutieren, wie man die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern kann, aber in der Weise, dass nicht auf breiter Front ein Kombilohn entsteht, bei dem die Unternehmer darauf spekulieren können, dass der Staat schon aushilft, wenn sie geringe Löhne zahlen. ({15}) Deswegen müssen Zuverdienst und Mindestlohn gemeinsam kommen; sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ich hoffe an dieser Stelle auf die CDU/ CSU. ({16}) - Meine Hoffnung liegt im Rahmen des parteipolitisch Möglichen. ({17}) Aber ich meine es sehr ernst: Wenn die CDU/CSU diesem widerlichen Politikstil und diesen widerlichen Inhalten jenseits von Stilkritik nicht Einhalt gebietet, ({18}) dann haben Sie den Anspruch verloren, in diesem Hause für christliche Politik zu stehen. Danke. ({19})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nun hat der Kollege Peter Weiß für die CDU/CSUFraktion das Wort. ({0})

Peter Weiß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003255, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir finden uns mit Arbeitslosigkeit nicht ab. Wir wollen und glauben auch, dass es möglich ist, im nächsten Jahrzehnt Vollbeschäftigung zu erreichen. Wir wollen jedem eine Chance geben, weil sich die freiheitliche Entfaltung des Menschen durch selbstverdientes Geld viel besser vollziehen kann. Das wollen wir erreichen. So Angela Merkel vor wenigen Wochen, am 20. Januar 2010, von dieser Stelle aus in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages. Das ist ein klares arbeitsmarktund sozialpolitisches Programm einer Kanzlerin, die sich zu Recht christliche Kanzlerin nennen kann. ({0}) Weil einige unbedingt wissen wollen, was unsere Bundeskanzlerin zu Arbeitslosengeld II oder, wie viele sagen, Hartz IV meint, auch dazu die notwendigen Zitate aus der Rede vom 20. Januar. Angela Merkel erklärte: Ich glaube, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, was den Zwang, die Aufgabe oder die Notwendigkeit der Arbeitsaufnahme anbelangt, eindeutig ausreichend sind. ({1}) Wer eine zumutbare Arbeit nicht annimmt, hat heute Sanktionen zu befürchten. … Die Frage, ob die Umsetzung unserer rechtlichen Regelungen überall ausreichend erfolgt, muss man sich immer wieder anschauen. Sie hat zu Recht gesagt, dass uns das vor allem deswegen schwerfällt, weil das Prinzip, dass wir jedem, der Arbeit sucht, wirklich eine Arbeit anbieten können, bislang nur unzureichend erreicht ist. Ich finde, was unsere Bundeskanzlerin zum Thema Arbeitslosengeld II am 20. Januar in der Haushaltsdebatte vorgetragen hat, ist klar und eindeutig und beantwortet alle Fragen, die die Opposition heute gestellt hat. ({2}) Deswegen erlaube ich mir noch eine Anmerkung. Zu wirklich guter Politik gehört auch, gut zuhören zu können. ({3}) Wenn die Opposition dies beherzigen und nicht schon unter Gedächtnisschwund leiden würde, dann hätte sie die heutige Aktuelle Stunde gar nicht zu beantragen brauchen. ({4}) Entscheidend ist übrigens nicht, ob die Bundeskanzlerin jeden Tag etwas sagt, ({5}) sondern entscheidend ist, ({6}) Peter Weiß ({7}) ob die Regierungschefin handelt. Das ist die entscheidende Frage. ({8}) Nachdem ich für diesen Satz den gesammelten Beifall der verehrten Opposition erhalten habe, möchte ich gerne ihrem Gedächtnisschwund etwas aufhelfen: ({9}) Jetzt, da wir die Auswirkungen der schwersten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg erleben, handelt diese Regierung mit ihrer Kanzlerin entschlossen, um unsere Sozialversicherungssysteme zu stabilisieren - das haben wir schon mit Olaf Scholz begonnen, der nach mir reden wird -, um den Arbeitsmarkt zum Beispiel durch die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes zu stabilisieren und um die Auswirkung auf die Unternehmen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzumildern. Der Staat wendet mit dem Bundeshaushalt 2010, den diese Kanzlerin zu verantworten hat, mehr als es je in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland möglich war, Steuergelder auf, um den Sozialstaat zu stabilisieren. ({10}) Ich zähle die Einzelsummen auf: 80,7 Milliarden Euro für die Rente, 23,9 Milliarden Euro für die Bundesagentur für Arbeit, zum Beispiel um das Kurzarbeitergeld mitzufinanzieren, 38,7 Milliarden Euro für das Arbeitslosengeld II, 15 Milliarden Euro für die gesetzliche Krankenversicherung. Diese große solidarische Leistung des Staates zur Krisenbewältigung findet Gott sei Dank ihre Entsprechung im Handeln der Tarifvertragsparteien. Der neue Metalltarifvertrag gibt der Beschäftigungssicherung den eindeutigen Vorrang vor der Lohnpolitik. Ich finde, damit erleben wir gerade jetzt in der Krise ein großartiges Beispiel dafür, dass das deutsche Modell der Sozialpartnerschaft funktioniert. Darauf sollten wir stolz sein, und das sollten wir auch nicht kaputtreden. ({11}) Es ist im Übrigen der Mindestlohn angesprochen worden. Gestern hat die Koalition den Weg dafür frei gemacht, dass für Gebäudereiniger und Dachdecker die neue Regelung zum Mindestlohn in Kraft treten kann. Dies zeigt: Wir setzen das Instrumentarium, das wir in der Großen Koalition im Rahmen des ArbeitnehmerEntsendegesetzes beschlossen haben, um. Da, wo es die Tarifpartner vorschlagen und beschließen, haben in Deutschland branchenbezogene Mindestlöhne eine Chance, auch und gerade mit Angela Merkel. ({12}) Wir, die neue Koalition aus CDU/CSU und FDP mit Angela Merkel an der Spitze, haben ein klares Ziel: Wir wollen ({13}) bis zum Ende dieses Jahrzehnts die wichtigste sozialpolitische Leistung und Notwendigkeit, nämlich Vollbeschäftigung in Deutschland, wieder erreichen. Klare politische Ziele, zielgerichtetes und entschiedenes Handeln und nicht Geschwätzigkeit führen zum Erfolg. Für diesen Erfolg steht Angela Merkel. Vielen Dank. ({14})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Das Wort hat nun der Kollege Olaf Scholz für die SPD-Fraktion. ({0})

Olaf Scholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003231, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! ({0}) Der FDP-Vorsitzende hat sich geäußert; viele haben dazu etwas gesagt. Ich will dem vielen nichts hinzufügen; denn alle wissen, wie man das verstehen kann. ({1}) Es war unanständig, es war nicht in Ordnung, und alle sind sehr aufgeregt. ({2}) Ich verstehe sehr genau - gestatten Sie mir diesen ernsten Ton -, warum er das gemacht hat; ich finde, das muss hier erörtert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil mehr zu den Regelsätzen gesagt als nur, wie die Regelsätze bemessen werden sollen. Es hat - daran kann es gar keinen politischen Zweifel geben - eine Kernvorstellung der arbeitsmarktpolitischen Strategien, die die FDP und mancher in der Union haben, für mit der Verfassung unvereinbar erklärt. Das ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. ({3}) Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Die Regelsätze müssen sich ausschließlich nach dem Bedarf richten. Es ist verboten - wie die FDP oder Herr Koch von der CDU immer wieder mal gefordert haben -, die Regelsätze zu senken mit der Idee: Dann gehen die Leute schon arbeiten. - Das ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. ({4}) - Herr Kolb, wenn Sie zuhören würden, dann wäre das für Sie eine Weiterbildung: Deshalb noch einmal: Es geht darum, wie die Regelsätze dauerhaft bemessen werden. Es geht nicht um Sanktionen. Das bedeutet: Ihre Vorstellung, man müsse die Sätze senken, damit die Integration in den Arbeitsmarkt klappt, ist mit der Verfassung nicht vereinbar. ({5}) Wenn man das Urteil genau liest - das tun nicht alle; denn viele haben schon eine Meinung, bevor sie es sich angeschaut haben -, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es nur so auszulegen ist, dass es zu einer Erhöhung der Regelsätze kommen wird. All das, was in den letzten Tagen gesagt worden ist, ist mit dem, was im Urteil zu lesen ist, nicht vereinbar. Das heißt, die Klärung der Frage, was wir angesichts so vieler Millionen Arbeitsloser tun, um sicherzustellen, dass möglichst viele auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben, wird immer dringlicher. Was bleibt, sind - so sage ich das einmal - sozialdemokratische Arbeitsmarktstrategien. Man kann Mindestlöhne schaffen und sie erhöhen. Das kann dazu beitragen, dass sich Arbeit lohnt. ({6}) Man kann etwas dafür tun, dass genügend Arbeitsvermittler vorhanden sind ({7}) und dass diejenigen, die ohne Arbeit sind, bei der Arbeitssuche und mit Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt werden. ({8}) Aber genau diese Dinge lehnen Sie ab. Im Liberalen Sparbuch steht, dass man Arbeitsvermittler einsparen soll, weil das angeblich zu Bürokratie führt, und dass man die Fördermaßnahmen für die Arbeitslosen beenden soll. All das ist falsch. Sie sind gegen das, was man richtigerweise tun könnte, um die Arbeitslosigkeit in diesem Lande zu bekämpfen. ({9}) Ich habe im letzten Jahr gegen Ihren hysterischen Widerstand mit der freundlichen Unterstützung der CDU/ CSU die Zahl der Stellen für die Arbeitsvermittler um viele Tausend ausgeweitet. Dieser Weg muss weitergegangen werden und nicht zurück. ({10}) Die Antworten von Herrn Westerwelle sind aber nicht nur deswegen so aufgeregt, weil seine Politik für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt worden ist, ({11}) sondern auch deshalb, weil er jetzt sieht, dass seine politischen Vorstellungen nicht realisierbar sind. Er liefert etwas, was einem Liberalen den Magen umdrehen muss. „Ressentiments statt ordentlicher Löhne“, das ist die Losung von Herrn Westerwelle. ({12}) Ich will Ihnen auch sagen, dass es dafür Vorbilder in der politischen Landschaft Europas gibt, Vorbilder, die man sich nicht nehmen sollte. ({13}) Ich verweise auf die Lega Nord in Italien. Was Sie machen, ist Politik à la Lega FDP. ({14}) Sie sagen nicht „Nord gegen Süd“, sondern „geringverdienende Arbeitnehmer gegen Arbeitslose“. Das ist nicht in Ordnung, und das ist zynisch. ({15}) Natürlich gibt es ein Problem mit den Findigen, von denen Herr Westerwelle gesprochen hat. Über sie hat er gesagt: Sie dürfen nicht besser wegkommen als diejenigen, die arbeiten. Ja, die Findigen gibt es. Das sind zum Beispiel die Menschen, die Konten in der Schweiz haben, die die anderen Steuerzahler betrügen und ihre Steuern nicht abführen. ({16}) Findig sind aber nicht nur diejenigen, die Konten in der Schweiz haben und FDP wählen. Findig sind auch bestimmte Hartz-IV-Empfänger, zum Beispiel Arbeitslose, die bei der Arbeitssuche nicht so engagiert sind. Die könnten die FDP wählen; denn wenn die FDP-Kürzungspläne hinsichtlich Arbeitsvermittlung und engagierter Arbeitsmarktpolitik durchgesetzt werden, dann können sich all die Leute, die in den RTL-Shows auftreten und sich damit rühmen, seit 30 Jahren ohne Arbeit zu sein, freuen. Die FDP ist ihr Freund, und das muss verhindert werden. ({17})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Frank Heinrich für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Frank Heinrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004054, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Kennen Sie das Spiel „Stille Post“? Am Anfang flüstert jemand einem anderen etwas ins Ohr; dann wird es weitergegeben, und am Schluss kommt etwas heraus, was ganz anders ist als das, was zu Beginn erzählt worden ist. Rufen wir uns doch einmal kurz ins Gedächtnis, was am Anfang dieser Kette von wem geflüstert wurde. Da sind nicht in erster Linie die Namen Merkel und Westerwelle im Spiel; vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht vor zwei Wochen zwei wichtige Feststellungen zu Hartz IV getroffen, ({0}) und es hat uns mit der Bewältigung der damit verbundenen Schwierigkeiten beauftragt. ({1}) Ich halte dieses Urteil für ein richtiges und wichtiges Signal - ich habe sehr viel mit Kindern am Rande der Gesellschaft zu tun -, weil gerade Kinder und Jugendliche bei der Neuberechnung ganz besonders in den Blick zu nehmen sind. ({2}) Es gilt jetzt, bedürftige Kinder zielgerichtet zu unterstützen, und zwar insbesondere im Bereich Bildung. Für alle in unserem Land lebenden Kinder sollen gleiche Bildungschancen geschaffen werden. ({3}) Das ist uns sehr wichtig. Wir haben das im Koalitionsvertrag niedergeschrieben. ({4}) Die Kanzlerin hat in ihrem Kabinett mit Ursula von der Leyen eine hochkompetente Arbeits- und Sozialministerin, der sie vertraut und der sie den Rücken stärkt. ({5}) Dazu hat sie guten Grund. Die Regierungskoalition wird diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zügig entsprechen. Trotzdem bedingt dieser Auftrag aus Karlsruhe ein wenig Geduld; ich erinnere an die Zahlen, die wir zur Berechnung der neuen Hartz-IV-Sätze brauchen. Der Bundeskanzlerin geht es in der Öffentlichkeit, also nach außen - offensichtlich geht es heute genau darum -, eben nicht um „husch, husch!“ und „schnell, schnell!“, genauso wie es ihr nach innen nicht um „basta!“ geht. ({6}) Karlsruhe hat Mängel aufgedeckt - das wissen wir alle -; aber das ist kein Grund zur Panik. Es geht hier nicht um Todesgefahr. Auch wenn es viele vorausgesagt haben, wurde Hartz IV nicht in Bausch und Bogen verdammt. Es geht darum, etwas besser zu machen, was vor einigen Jahren schlampig und überhastet begonnen worden ist und deshalb am Ziel vorbeiging. ({7}) Halten wir uns das Bild der Biathleten von Vancouver vor Augen: Wie oft wurde uns in den Reportagen erklärt, dass der Puls eines Athleten erst deutlich sinken muss und dass es ihm nichts hilft, überhastet draufloszuschießen! Jetzt kommt es darauf an, eben keine Schnellschüsse abzufeuern, sondern zügig sein Programm durchzuziehen, also das umzusetzen, was man immer wieder trainiert hat. Natürlich gilt es dann auch, zu schießen und nicht stecken zu bleiben, aber erst, wenn der Puls stimmt und die Bedingungen ebenfalls. Genau das mahne ich auch in diesem Hohen Hause an; wie wichtig das ist, wurde ja an der heutigen Debatte deutlich. Dass Sie von der Opposition uns jetzt so wie die Biathleten ihre Gegner im Schießstand kirre machen wollen, ist parteipolitisch absolut selbstverständlich, ({8}) aber es ist nicht der Sache dienlich, für die wir hier an den Start gehen. ({9}) Bei diesem Thema geht es uns nämlich nicht in erster Linie - darin müssten wir uns einig sein - um macht- und parteipolitische Interessen, sondern vielmehr um das Wohl von vielen Millionen deutschen Mitbürgern. ({10}) Wir sind angetreten, ich bin angetreten, um das Beste für die Menschen herauszuholen. Das Ziel dabei ist, möglichst vielen Menschen einen Übergang in geregelte Beschäftigung zu ermöglichen und den Kindern in unserem Lande sowohl hinsichtlich Bildung als auch hinsichtlich Versorgung gerecht zu werden. Genau deshalb werden wir nicht den gleichen Fehler begehen, der den Machern von Hartz IV vor zwei Wochen attestiert worden ist, nämlich zu hastig gearbeitet zu haben. ({11}) Das Problem soll - hier zitiere ich die Kanzlerin von gestern ({12}) von Grund auf gelöst werden. Um eine Lösung dieser Größenordnung zu schmieden, die zugleich auch den Menschen in unserem Land gerecht wird, braucht man Zeit und Augenmaß. In unserem Koalitionsvertrag steht: Alle Menschen in unserem Land sollen die Chance auf wirtschaftlichen Erfolg, sozialen Zusammenhalt und ein Leben in Freiheit und Sicherheit haben. ({13}) Deswegen steht der Mensch im Mittelpunkt unserer Politik. ({14}) Dazu brauchen wir in Deutschland zum einen eine Steuer-, Wachstums- und Beschäftigungspolitik, die den Menschen Anreize bietet, Leistung zu erbringen. Darin war und ist sich die Koalition einig. Dazu braucht es zum anderen eine Sozialpolitik, die die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft nicht stigmatisiert, sondern es ihnen ermöglicht, ihre Rechte, die im Grundgesetz verankert sind, auch wahrzunehmen. Im Zusammenhang mit dem Schweigen der Kanzlerin - das ist ja das Thema der Debatte; ich habe mich wirklich gewundert, wie viele heute das im Raum stehende Thema verfehlt haben; „Ungenügend“ muss man dazu sagen ({15}) möchte ich noch einmal auf Vancouver zurückkommen. Auch Sie, Frau Künast, haben ja ganz am Anfang auf die Olympischen Spiele Bezug genommen. Wie lautet doch der schöne olympische Gedanke? Dabei sein ist alles. ({16}) Im Sinne unserer Bürger reicht mir und uns das aber eben nicht aus. Die Medaillen vor Augen, handeln wir lieber nach dem Motto: ({17}) Reden ist Silber, Schweigen und Handeln ist Gold. Ich danke Ihnen. ({18})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nun ist die Aktuelle Stunde beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 25. Februar 2010, 9 Uhr, ein. Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.