Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/23/2012

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie herzlich zum letzten Tag unserer Haushaltsberatungen. Da heute nicht einmal Geburtstage zu feiern sind, können wir gleich in die Debatte einsteigen. ({0}) - Das hättet ihr bei der Terminierung der eigenen Geburtstage früher anders organisieren müssen. ({1}) Darauf kann ich jetzt leider nicht mehr in der gewünsch- ten Weise Bezug nehmen. Wir setzen die Haushaltsberatungen - Tagesord- nungspunkt I - fort: a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 ({2}) - Drucksachen 17/10200, 17/10202 - b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses ({3}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 - Drucksachen 17/10201, 17/10202, 17/10826 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({4}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({5}) Ich rufe Tagesordnungspunkt I.18 auf: Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung - Drucksachen 17/10812, 17/10823 Berichterstattung: Abgeordnete Bartholomäus Kalb Dr. Claudia Winterstein Sven-Christian Kindler Zu diesem Einzeletat liegen vier Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor. Außerdem liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. Gibt es dagegen Einwände? - Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Johannes Kahrs. Bitte schön. ({6})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch immer eine große Freude, als Erster reden zu dürfen. ({0}) Ich freue mich immer wieder, hier den Minister und seine Riege an Staatssekretären zu sehen; sie sind fast komplett angetreten. ({1}) Wenn man sie so sieht, könnte man glauben, dass es in diesem Haus richtig aufwärtsgeht. Wenn man sich mit der Sache beschäftigt, stellt man fest, dass der erste Eindruck, den man hier vielleicht gewinnen kann, täuscht. Wir alle haben in den letzten drei Jahren den Minister erlebt. Er ist mit sehr viel Vorschusslorbeeren gestartet. Ich glaube, am Ende muss man einfach feststellen - das ist der Etat, mit dem wir ja in den Wahlkampf gehen -, dass der Minister in den letzten Jahren kein übermäßiges Engagement an den Tag gelegt hat, dass er eher genervt und gelangweilt wirkt, anstatt eine Agenda zu verfolgen, die dieses Land nach vorne bringt. Dieses Haus mit dem größten Investitionsetat hat für unser Land eine große Bedeutung. Wir alle wissen, dass Deutschland als Transitland in der Mitte Europas eine Infrastruktur benötigt, die uns am Ende alle nach vorne bringt. Was wir hier erleben, ist ein Ministerium, das eher lustlos vor sich hinarbeitet. Wir haben eine lange Diskussion darüber geführt, in welchem Zustand unsere Straßen, Eisenbahnen und Wasserstraßen sind. Im Ergebnis wird man feststellen, dass es immer einige Punkte gibt, an denen man nachvollziehen kann, warum es hier nicht läuft. Wir haben zum Beispiel eine Reihe von Staatsverträgen mit vielen uns umgebenden Ländern über alle möglichen Vorhaben, die wir gemeinsam bewegen wollen. Das heißt, man baut in Richtung Deutschland Straßen, Brücken und Eisenbahnen und hofft, dass sie dort, wo sie die deutschen Grenzen erreichen, auf deutscher Seite auf etwas Adäquates treffen. Ich habe mich an das Ministerium gewandt und gesagt: Ich hätte gern einen Sachstand über die Staatsverträge, die wir abgeschlossen haben, und Auskunft dazu, wie der Sachstand zu jedem einzelnen Staatsvertrag ist. Wie sieht es also aus, wenn ein Tunnel, der in der Schweiz gebaut wird, an die deutsche Grenze stößt? Ich habe darum gebeten, alle Staatsverträge individuell aufzulisten und zu gucken, wie die Kosten und Planungsstände auf deutscher Seite und auf der Seite des Vertragspartners sind. - Das kam zwar nicht zu dem Zeitpunkt, wo ich es haben wollte, aber letztendlich - vielen Dank, Herr Staatssekretär Ferlemann - habe ich dann eine Antwort bekommen. Das waren freundliche drei Seiten, auf denen man mir in groben Zügen mitgeteilt hat, dass es Staatsverträge gibt, mir eine Auswahl von einigen dargestellt hat und geschrieben hat, dass man im Kern das Problem hat, den Sachstand nicht in allen Punkten feststellen zu können, weil das BMVBS auf die Planungsstände nur bedingt Einfluss habe, weil auch die Länder als Projektträger mit zu entscheiden hätten und man nicht den genauen Überblick habe. ({2}) Diese Staatsverträge sind nicht nur für unser Standing in der Welt wichtig, sondern auch für die deutsche Wirtschaft, die Infrastruktur und für uns selber, wenn wir von A nach B kommen wollen. Wenn das zuständige Ministerium nicht in der Lage ist, innerhalb von vier Wochen eine Auflistung aller Staatsverträge vorzulegen, und zwar mit dem genauen Sachstand, weil man sagt, man hat ihn nicht, dann stellt man sich natürlich die Frage, wie es um dieses Ministerium bestellt ist. In dem Brief gibt es keine Aussagen zu Planung und Verträgen mit den Niederlanden, zur Betuwe-Linie, nichts zum Eisernen Rhein oder zum Brenner Basistunnel. Es gibt einfach nichts. Da fragt man sich, wer in diesem Land dieses Ministerium führt. ({3}) - Das Problem ist, Herr Fraktionsvorsitzender, dass Sie es zwar sagen - Ihr Minister sagt auch viel -, aber Sie tun nichts. Das hat Sie und Ihre Koalition in den letzten drei Jahren ausgezeichnet. ({4}) Sie sitzen zwar hier, Herr Kauder, und sagen manchmal kluge Sachen, aber Sie tun nichts, außer sich zu streiten oder gegenseitig als Gurkentruppe zu bezeichnen, was ich wiederum nachvollziehen kann. Wenn wir das im Einzelfall betrachten, werden wir, glaube ich, feststellen, dass dieses Haus in dieser Sache eher schlampt. Wenn man als zuständiger Minister nicht in der Lage ist, einfache Fragen zu beantworten und Sachstände zu erfassen, und später sagt, man kann dazu nichts sagen, weil man die Planungsstände nicht hat, dann ist das in meinen Augen einfache Schlamperei. Vier Jahre Aussitzen schaden diesem Land. Wir sind auf eine vernünftige Infrastruktur angewiesen. Wir haben Dauerbaustellen mit viel Frust, und wir haben das Problem, dass die Deutsche Bahn wieder einmal auf einen Winter zufährt und man wieder nicht genau weiß, ob sie gerüstet ist. Bei der ersten Schneeflocke stehen wir vielleicht wieder alle. Das heißt, die Wasserstraßen haben ein Problem. Die Bahn hat ein Problem. Die Autobahn hat ein Problem. Und wir haben einen Minister, der sich jahrelang über Dinge unterhält, die er wichtig findet. Leider sind das nicht dieselben, die wir für wichtig halten. ({5}) Wir haben vier Jahre über die Pkw-Maut gestritten, Herr Minister Ramsauer. Ich glaube, Sie haben jetzt drei Jahre lang die Pkw-Maut gefordert. Da Sie regieren, könnte man glauben, dass Sie das, was Sie fordern, auch in Ihrem eigenen Verein durchsetzen. Das haben Sie aber nicht. Ich persönlich finde das gut, weil ich glaube, dass die Pkw-Maut falsch ist. Wenn CDU/CSU und FDP die Pkw-Maut wollen, dann ist das nichts anderes als ein Abzocken der deutschen Autofahrer. Im Ergebnis kann man das alles nicht wollen. Aber wenn man es drei oder vier Jahre lang fordert, sollte man doch zumindest die Perspektive haben, das, was man jedes Jahr fordert, irgendwann einfach mal zu bringen. Wenn man die aber nicht hat, hat man ein Problem. Auf der anderen Seite haben Sie eine Luftverkehrsteuer eingeführt; jetzt fordern Sie, diese wieder auszusetzen. Auch da fragt man sich, was der zuständige Minister hier tut. Sie sind am Ende für Ihre Koalition auch mit verantwortlich und im Wort. Sie können nicht sagen: Die haben mich zwar gewählt, die stellen hier die Regierung und stimmen auch immer für mich, aber ich bin ein Opfer meiner eigenen Abgeordneten. - Das, so finde ich, wäre etwas billig. So funktioniert das nicht. Wir haben festgestellt, dass Sie einen Infrastrukturstau hinterlassen, dass viele Projekte nicht vorankommen, dass Ihr Haushalt unterfinanziert ist. Sie müssten mit dem Geld der Steuerzahler vernünftiger umgehen und sich überlegen, wie Sie es effektiver einsetzen. Sie sollten auch nicht immer Nebenkriegsschauplätze aufmachen. Wir als SPD haben vorgeschlagen - durchfinanziert mit einem entsprechenden Finanzierungsprogramm -, Ihren Infrastrukturetat um 2 Milliarden Euro zu erhöhen. Wir haben eine Gegenfinanzierung vorgelegt. Wir glauben, dass das, was Sie machen, nämlich einmalig 1 Milliarde Euro im letzten Jahr und einmalig 750 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung zu stellen, im Kern zu weiteren Belastungen führen wird; denn Sie beginnen weitere Vorhaben, die jedoch nicht durchfinanziert sind. Schauen wir uns einmal die Deutsche Verkehrs-Zeitung an. Die listet auf einer Seite auf, was der Rechnungshof zu Ihren Projekten sagt. Er kritisiert, dass Sie laufend Projekte anfangen, aber sie nicht durchfinanzieren. Es sind unendlich viele Projekte in der Republik versprochen worden, die aber nicht kommen. Ihr Staatssekretär Ferlemann reist ja das ganze Jahr durch die Republik und erklärt, was alles kommen soll, aber am Ende stehen die Projekte nicht im Haushalt. So ist das. Das ist unser Problem. Wenn selbst Ihre eigene Fraktion das so sieht, dann werden wir hier nicht weiterkommen. Wir können das einmal durchdeklinieren. Ich muss mich dazu nur in meiner Heimat umschauen. Ich bin Hamburger. Schauen wir uns einmal an, was in und um Hamburg alles nicht funktioniert. Es besteht für die Grundsanierung des Nord-Ostsee-Kanals nach Auskunft Ihres eigenen Hauses ein Finanzierungsbedarf von 1,25 Milliarden Euro. Im letzten Jahr haben wir Sie genötigt, 300 Millionen Euro für die fünfte Schleuse in Brunsbüttel einzustellen. Sie selber sind nicht aus dem Quark gekommen, aber uns kam der Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein zugute, und wir konnten das immerhin durchsetzen. ({6}) Jetzt fehlt aber noch der Rest. Das heißt, die restlichen 950 Millionen Euro sind nicht da, und sie kommen auch nicht. Das, was machbar ist, tun Sie nicht bzw. schieben es nach hinten. Die Projekte, die jetzt nicht machbar sind, die kündigen Sie an, damit Sie erst einmal kein Geld ausgeben müssen. Das ist für das Land SchleswigHolstein, für Hamburg, aber auch für Deutschland als Ganzes - alle brauchen den Nord-Ostsee-Kanal - eine Katastrophe. ({7}) Ähnliches gilt für den Elbe-Seitenkanal. In das Schiffshebewerk von Scharnebeck investieren Sie nicht das Geld, das Sie investieren müssten. Den Finanzbeitrag für die Seeschifffahrt haben Sie um die Hälfte reduziert. Es ist nur Ihrer eigenen Koalition zu verdanken, dass das wieder zurückgenommen worden ist, ansonsten hätten Sie in diesem Bereich überhaupt nichts gemacht. ({8}) - Das Problem ist, wenn die Abgeordneten den Minister retten müssen, weil er gegenüber dem Finanzministerium verloren hat und weil er die Mittel für wichtige Projekte gekürzt hat. Das ist bei der CO2-Gebäudesanierung passiert, das ist bei wichtigen Infrastrukturprojekten passiert, und deshalb kommen wir nicht weiter. Herr Minister, Sie haben sich um das Punktesystem in Flensburg gekümmert, um Autokennzeichen, um die Namensgebung für Autobahnraststätten, um Rastplätze und Sorgentelefone und vieles andere, aber Sie haben sich nicht um die Straßen in diesem Land gekümmert, nicht um die Wasserwege, und Sie haben sich nicht darum gekümmert, dass unser Land die Infrastruktur vernünftig ausbaut, damit wir nach vorne kommen. Stattdessen zerschlagen Sie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Das geht nicht. Das ist eine schlechte Bilanz. Das tut mir leid, und das ist nicht gut für dieses Land. Glück auf! ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bartholomäus Kalb ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Verantwortung des Bundes liegen 12 000 Kilometer Autobahnen, 40 000 Kilometer Bundesstraßen, 37 000 Kilometer Schienenwege und 7 350 Kilometer Wasserstraßen. Das heißt, dass wir große Verantwortung übernehmen; denn es handelt sich um die Hauptschlagadern unseres Staates, unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft. Deswegen müssen wir mit besonderem Verantwortungsbewusstsein mit dem hohen Gut der Verkehrsinfrastruktur umgehen und dafür sorgen, dass sie vernünftig ausgebaut und dass der Bestand gut erhalten wird. Natürlich sind wir andererseits in die Notwendigkeiten der Haushaltskonsolidierung eingebunden, die uns Grenzen setzen. Deswegen ist es jedes Jahr ein Ringen und ein Kampf und ein Abwägen: Was können, was müssen wir für die Verkehrsinfrastruktur, für den weiteren Ausbau und den Erhalt ausgeben, und was müssen wir vielleicht hintanstellen, weil wir die Haushaltskonsolidierungsziele, wie wir sie in den letzten Tagen besprochen haben, erreichen wollen und müssen? Die Infrastruktur nicht in gutem Zustand zu erhalten, wäre ebenfalls eine verdeckte Verschuldung, weil dann später Probleme umso stärker auf uns zukommen würden. Wir wollen nicht, wie wir es unter der Regierung Schröder erleben mussten, eine Desinvestition hinnehmen, sondern wir wollen die Vermögenswerte erhalten und weiter zum Nutzen für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft einsetzen können. Gute Verkehrswege sind eine Voraussetzung für die Befriedigung des Mobi25498 litätsbedürfnisses der Menschen, vor allen Dingen sind sie eine Voraussetzung für eine gute, moderne, arbeitsteilige Wirtschaft. Unsere Leistungsfähigkeit, unsere Wettbewerbsfähigkeit hängen ganz entscheidend davon ab, ob wir eine gute Verkehrsinfrastruktur haben oder nicht. Im Hinblick auf den demografischen Wandel - er hat in der Rede der Frau Bundeskanzlerin eine besondere Rolle gespielt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass bis 2030 rund 5 Millionen Menschen, bis 2040 rund 11 Millionen Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das zwingt uns dazu, unsere Produktivität, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Wettbewerbsfähigkeit in allen Bereichen zu erhöhen. Ich widerspreche ganz ausdrücklich der da und dort vertretenen Auffassung, dass wir nur in Bildung und Forschung investieren müssten. Gestern hat wieder ein Kollege gesagt, „dass es der richtige Weg ist, in die Köpfe statt in Beton zu investieren.“ Wir brauchen Investitionen in die Zukunft. Das sind Investitionen in Bildung und Forschung und gute Infrastruktur. Dies alles gehört meines Erachtens zusammen. ({0}) Blicken wir in die USA. Dort gibt es sehr viele Naturereignisse. Viele Naturereignisse dort müssten keine Katastrophen nach sich ziehen, wenn deren Infrastruktur etwas besser wäre. Es sind Untersuchungen bekannt, die deutlich machen - auch Expertenmeinungen haben dies vor kurzem zum Ausdruck gebracht -, dass es dort eine Infrastruktur wie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gibt. Die Stärke Deutschlands und damit ein wichtiger Standortfaktor war immer die gute Verkehrsinfrastruktur. ({1}) Heute kommt die Kommunikationsinfrastruktur hinzu. Darauf sollten wir in besonderer Weise achten. Das Thema Verkehrsinfrastruktur war immer ein besonderes Anliegen der Koalitionshaushälter. In all den zurückliegenden Jahren haben wir uns innerhalb der Arbeitsgruppe viele Gedanken gemacht und viele Überlegungen angestellt, um am Ende notwendige Verbesserungen vornehmen zu können. Im letzten Jahr ist es uns gelungen, 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung zu stellen. In diesem Jahr ist es ähnlich. Insbesondere ist der Einsatz unserer Fraktionsspitzen zu erwähnen. Ich darf namentlich die Kollegen Volker Kauder, unseren Fraktionsvorsitzenden, Gerda Hasselfeldt und Rainer Brüderle nennen, die uns sehr dabei geholfen haben, ({2}) auch in diesem Jahr 750 Millionen Euro mehr für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Ich denke, wir haben hier eine ganz vernünftige Aufteilung zustande gebracht. Wir haben gleichzeitig Vorkehrungen dafür getroffen, dass die leider anfallenden Mehrkosten für den Flughafen Berlin außerhalb dieser 750 Millionen Euro noch im Verkehrsetat geschultert werden, in diesem Jahr 169 Millionen Euro, der Rest im Jahr 2014. So ist es jedenfalls vorgesehen. Ich will jetzt gar nicht so sehr über die Frage der Verantwortlichkeiten reden, wie die Stellung des Aufsichtsratsvorsitzenden und seine Wahrnehmung der Aufgaben ist, obwohl man das machen könnte. Auch der Geschäftsführung könnte man viele Frage stellen. Daran denke ich jetzt nicht. Für mich, der am Beispiel München erlebt hat, welche Impulse von einem neuen Flughafen in günstiger Lage ausgehen können, ist es eine Tragik, dass ein solch bedeutender Flughafen über Jahre hinweg verzögert wird und seine positiven Wirkungen für den gesamten Wirtschaftsraum Berlin und Brandenburg und darüber hinaus nicht entfalten kann. Auch diese positiven Wirkungen könnte man hier sehr gut gebrauchen. ({3}) - Er sitzt hier. ({4}) Er hat uns im Haushaltsausschuss sehr eingehend und umfassend unterrichtet, soweit er dies nach Aktienrecht durfte. Meine sehr verehrte Kollegin, ({5}) der Vorsitzende des Aufsichtsrates trägt eine besondere Verantwortung. ({6}) Er wird wahrscheinlich auch, wenn es normal zugeht, vom jeweiligen Sprecher der Geschäftsführung besser und umfassender unterrichtet als jedes andere Mitglied eines Aufsichtsrates. Jedenfalls ist es im Normalfall so. Ich habe vorhin gesagt: Ich bin nicht hier, um nach Verantwortlichkeiten zu fragen, ({7}) sondern um deutlich zu machen, dass es tragisch ist. Es ist auch kein gutes Aushängeschild für den Hightechstandort Deutschland, dass wir hier nicht zu Stuhle kommen. ({8}) Meine Damen und Herren, zu anderen Bereichen. Trotz aller Nöte und Zwänge bei den Haushaltsberatungen ist es uns gelungen, auch die Städtebauförderung auf dem Niveau von 455 Millionen Euro ({9}) zu erhalten. ({10}) Auch damit werden Länder und vor allen Dingen Kommunen bei der Modernisierung und dem Umbau der Städte und Gemeinden wieder in bewährter Weise unterstützt. Wir haben es auch geschafft - das hat der Kollege Kahrs angesprochen -, dass wir die Fragen der Hochseeschifffahrt - im Zusammenhang mit einem Gesetz, das verabschiedet worden ist - geregelt haben. Insbesondere der Kollege Rehberg hat sich hier in besonderer Weise verdient gemacht. Das ist im Gesamtgefüge für die Leistungsfähigkeit der deutschen Infrastruktur ganz wichtig. Gestern und bei der Beratung zum Umweltetat ist von der Opposition gefordert worden, dass für die CO2-Gebäudesanierung noch mehr getan werden müsste. Sie wissen, dass dies nicht mehr im Etat steht, ({11}) sondern aus dem Energie- und Klimafonds finanziert wird. Wenn Sie hier aber Forderungen stellen, dann stimmen Sie im Bundesrat ({12}) schlicht und einfach unserem Gesetz zur energetischen Gebäudesanierung zu. Dann können Sie Impulse setzten. ({13}) Wenn Sie oder Ihre Länder einen Euro in die Hand nehmen sollen, dann ist es viel zu teuer; von uns dagegen können Sie gar nicht genug fordern. Wenn Sie mehr Geld brauchen, stimmen Sie im Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz zu! ({14}) Dann haben Sie ab Januar 5 bis 10 Milliarden Euro zusätzlich in den Kassen. ({15}) Wenn man mit Fachleuten von Ihnen unter vier Augen spricht, ({16}) wird klar: Es gibt nur ein einziges Argument - das aber keines ist -, das gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz spricht, nämlich Frau Kraft. ({17}) Das ist kein Argument, sondern ein politischer Stolperstein. ({18}) Der Verkehrsetat - ich muss leider zum Schluss kommen - mit seinem Volumen von über 26,4 Milliarden Euro und mit einem Investitionsanteil von über 13 Milliarden Euro ist der Investitionshaushalt des Bundes überhaupt. In den Haushaltsberatungen haben wir immer großen Wert darauf gelegt, dass die Investitionsquote - wo immer möglich - verbessert wird, weil damit zum Ausdruck gebracht wird, dass wir in die Zukunft und für die Zukunft investieren. Zum Schluss möchte ich den Kolleginnen und Kollegen Berichterstattern ganz herzlich danken, dem Hauptberichterstatter Kollegen Claus, ({19}) Frau Kollegin Dr. Winterstein, Johannes Kahrs, der für seine Verhältnisse heute eine mäßig emotionale Rede gehalten hat, ({20}) und dem Kollegen Kindler.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Sie meinen wahrscheinlich: maßvoll.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ganz herzlich danken möchte ich natürlich auch dem Bundesminister, seinen Staatssekretären sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun hat der Kollege Roland Claus für die Fraktion Die Linke das Wort. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Dank gebe ich selbstverständlich gern zurück, und zwar auch deshalb, damit das nicht einseitig an mir hängen bleibt; denn das ist nicht nur karrierefördernd. ({0}) Meine Damen und Herren, es geht hier um den Infrastrukturetat des Bundes. Es geht um unser aller Wohnen, um Mobilität, um Bauen, um das urbane Miteinander schlechthin, ja mehr noch, um das Gemeinwohl in Städten und Gemeinden. Frei übersetzt: um den segensreichen Etat urbi et orbi. ({1}) - Kleiner geht es nicht. Es geht um sehr viel Geld für unsere Infrastruktur.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Claus, ich hoffe, dass Sie in Ihrem Manuskript die Quelle korrekt angeben. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich bin der Leistung der Stenografen kundig, Herr Präsident. Die schaffen das schon. Es müsste eigentlich eitel Freude sein an diesem Morgen. Stattdessen Ärger, wo man hinschaut: Murks am Bahnhof - Stuttgart 21, Ausbaustrecke Ulm-Wendlingen; eine Blamage am Flughafen - wir haben uns sozusagen global zum Gespött gemacht - Kollege Kalb hat völlig recht, wenn er das „tragisch“ nennt -; eine verkorkste Reform der Wasserstraßenverwaltung; Pfusch am Haushalt und eine oberste Baubehörde, bei der jeder Bau länger dauert und mehr kostet. Kurzum: Dieser Etat beweist erneut: Diese Bundesregierung und dieses Bundesministerium können nicht mit Geld umgehen, schon gar nicht mit viel Geld. ({0}) Das sagt Ihnen jemand, der weiß, dass Mangel schwieriger zu verwalten ist als Überfluss. Eine der ersten Nachrichten in dieser Haushaltswoche war: Der Bund verkauft über 11 500 Wohnungen an einen Finanzinvestor, 11 500 Wohnungen, die bisher der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft gehörten. Nun denkt man, es gibt in diesem Land einen Wohnungsminister. Was macht der? Er schweigt. Ihre Partei, Herr Ramsauer, heißt aber „Christlich-Soziale Union“. Die Mieterinnen und Mieter dieser Wohnungen hätten an dieser Stelle erwartet, dass Sie sich für ihr Wohl einsetzen und einem solchen Verkauf widersprechen. Das wäre an dieser Stelle Ihre Pflicht gewesen. ({1}) Meine Damen und Herren, die Linke steht für eine Verkehrs-, Bau- und Stadtentwicklungspolitik, die stets von sozialer Verantwortung und demokratischer Teilhabe aller an den öffentlichen Gütern ausgeht. ({2}) Was alle brauchen, muss öffentlich zugänglich und bezahlbar sein. Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir bekanntlich viele Veränderungsvorschläge eingebracht. Auf einige will ich eingehen. Wie im vergangenen Jahr ist dem Bauminister im Zuge der Haushaltsberatungen erneut ein Geschenk zugeflossen: 750 Millionen Euro mehr für Verkehrsinfrastruktur. Das ist nicht zu bemängeln. Sie wollen 600 Millionen Euro davon allein dem Bereich Straße zur Verfügung stellen. Das ist nicht ausgewogen, Herr Minister. Das ist wohl etwas wie eine Wiedergutmachung gegenüber dem ADAC, nachdem Sie mehrfach öffentlich über Maut nachgedacht haben. Ich sage Ihnen: Die BILD-Zeitung kann Sie nicht für jede Ihrer Kapriolen immer wieder raushauen, Herr Minister. ({3}) Inzwischen redet keiner mehr über den Börsengang der Bahn. Das ist eigentlich gut so. Im Einzelplan 60, also im Einzelplan der allgemeinen Finanzverwaltung des Bundes, steht aber nach wie vor die Veräußerung des Bahnvermögens als eine anzustrebende Aufgabe. Deshalb hätten wir schon erwartet, Herr Bundesminister - wohl wissend, dass Sie gegen den Börsengang der Bahn sind und sich die Spitze der DB AG im Grunde schon von diesem Gedanken verabschiedet hat -, dass Sie hier Klarheit schaffen und sagen: Schluss mit dieser unsäglichen Privatisierung! Kein Börsengang der DB AG! ({4}) Wir müssen auch darauf aufmerksam machen, dass erneut das elend lange Mautschiedsverfahren um die entgangenen Einnahmen hier nicht thematisiert wird. Es geht hier um 3, 4 oder gar 5 Milliarden Euro, die dem Bund entgangen sind. Jeder Staatssekretär im Ministerium erklärt mir das Gleiche - ich höre es schon seit drei Jahren -, und nichts bewegt sich. Die staatsnahen Monopolisten, die dem Bund das Ganze eingebrockt haben, werden von Ihnen geschont und nicht zur Kasse gebeten. Das werden wir nicht hinnehmen. ({5}) Erneut haben Sie die Mittel für die Städtebauförderung zurückgefahren; das können Sie hoch- und runterrechnen, wie Sie wollen. Ein so erfolgreiches Programm wie „Altersgerecht Umbauen“, derzeit noch im Bestand, trägt bei Ihnen leider den Titel „Abwicklung“. ({6}) Dieses Programm haben wir erst vor wenigen Jahren gemeinsam installiert. Es ist eines der am besten funktionierenden Programme, und Sie stellen es auf Abwicklung, bloß weil Ihnen die FDP das einredet. Das ist doch purer Unsinn, meine Damen und Herren. ({7}) Schließlich muss ich Sie daran erinnern, dass Sie nach wie vor ein in Berlin und Bonn zweigeteiltes Ministerium haben. Sie wollen jetzt noch eine Zentralbehörde für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Bonn konstruieren. Das kann niemand mehr im Lande verstehen, im Übrigen auch nicht in Bayern, Herr Minister. ({8}) Zum guten Schluss. Als Fraktion der konstruktiven, kreativen und lustvollen Oppositionsarbeit ({9}) würden wir herzlich gern einmal einem Infrastrukturhaushalt zustimmen. Nur: Hier, heute und für diesen Etat geht das nicht. Vielen Dank. ({10})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun die Kollegin Claudia Winterstein für die FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Claudia Winterstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kahrs, Herr Claus, das Leben ist kein Wunschkonzert, auch nicht das Leben unseres Ministers. ({0}) Wir alle wissen, dass er begrenzte finanzielle Mittel hat. ({1}) Nicht alles, was vielleicht notwendig und richtig ist, ist zurzeit erfüllbar. - Ich habe immer gedacht, ihr seid Haushälter und geht mit dem Geld sorgfältig um. Dann wisst ihr ganz sicher, dass es eben nicht ohne Weiteres möglich ist, alle Wünsche zu erfüllen. ({2}) Wir alle wissen natürlich: Eine funktions- und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine Grundvoraussetzung. Der Einzelplan 12 als größter Investitionshaushalt leistet einen wichtigen Beitrag für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzsicherung. Deswegen hat die Koalition beschlossen, die Investitionsmittel trotz der angespannten Haushaltslage im Verkehrsbereich von 10,1 Milliarden Euro um 750 Millionen Euro zu erhöhen. Im nächsten Jahr werden davon 600 Millionen Euro fließen. Zur Verfügung stehen 470 Millionen Euro für die Straße, 100 Millionen Euro für die Wasserstraße und 30 Millionen Euro für die Bahn. Im Jahr darauf folgen dann weitere 150 Millionen Euro. Insbesondere für die Straßen sind Neubauprojekte notwendig, um die Überlastung der Bundesstraßen zu reduzieren. Im vergangenen Jahr wurden allein auf den Autobahnen 189 000 Staus mit einer Gesamtlänge von 450 000 Kilometern gezählt. Nicht nur, dass uns das alle ärgert; das ist natürlich auch ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Deswegen werden die Mittel vornehmlich für baureife Neubauprojekte im Straßenbereich eingesetzt. Das ist auch richtig so. Dass die Grünen hingegen für den Stillstand sind, das zeigt der vorliegende Entschließungsantrag, ({3}) nämlich der Versuch, den Weiterbau der A 100 hier in Berlin zu verhindern. Diese Haltung ist allerdings verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Frau Künast und Herr Trittin zu Zeiten von Rot-Grün am Kabinettstisch saßen, als der Ausbau der A 100 im Bundesverkehrswegeplan 2003 verankert wurde. Der Weiterbau ist wichtig für Berlin; denn die A 100 zählt zu den Straßen mit dem höchsten Verkehrsaufkommen in ganz Deutschland. Deswegen werden wir natürlich den Antrag der Grünen ablehnen. Abgelehnt haben wir auch Änderungsanträge von SPD und Grünen zum Verkehrsetat 2013. Die SPD hat Mehrausgaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gefordert, die Grünen in Höhe von 3 Milliarden Euro, selbstverständlich alles ohne eine vernünftige Gegenfinanzierung. Rotgrüne Politik bedeutet letztendlich Steuererhöhung. Wir hingegen konsolidieren erfolgreich und senken die Nettokreditaufnahme schneller, als wir es eigentlich müssten. Das ist unser erstes Ziel: ein entsprechend solider Haushalt im nächsten Jahr. Zum Schreckgespenst für den deutschen Steuerzahler wird auch immer mehr der neue Hauptstadtflughafen; das ist schon angesprochen worden. Zurzeit vergeht kaum ein Tag ohne negative Nachrichten. Die Fluglinien, die Passagiere und die Wirtschaft erwarten nun endlich die Flughafeneröffnung zum 27. Oktober 2013. Insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die sich am Flughafen angesiedelt haben, sind von der Verschiebung des Eröffnungstermins schwer betroffen, und sie befürchten eine weitere Verschiebung. Der Flughafen sollte zunächst 3,1 Milliarden Euro kosten. Die Flughafengesellschaft hat - bisher jedenfalls - einen finanziellen Mehrbedarf in Höhe von 1,2 Milliarden Euro berechnet. Der Anteil des Bundes an der Gesellschaft beträgt 26 Prozent. Das heißt, wir müssen 312 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen. Das haben wir Haushälter für die Jahre 2013 und 2014 getan. Allerdings haben wir die Mittel gesperrt, weil es hier noch eine ganze Reihe von offenen Fragen gibt. Beim Brandschutz sind weiterhin große Probleme zu lösen. Mit der Genehmigung der Brandschutzanlage steht und fällt - das wissen wir alle - der Eröffnungstermin im Oktober nächsten Jahres. Die neuen Probleme bei der Brandschutzanlage waren der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat schon vor unserer Haushaltsausschusssitzung am 7. November 2012 bekannt. Wir, die Mitglieder des Ausschusses, wurden darüber von Herrn Wowereit jedoch nicht informiert. Insbesondere vom Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Wowereit, erwarte ich hier schon detaillierte und belastbare Informationen. ({4}) Herr Professor Schwarz, der Geschäftsführer, hat dem Aufsichtsrat wiederholt wichtige Informationen vorenthalten. Ich kann nur sagen: Ich habe das Vertrauen in diesen Geschäftsführer verloren und erwarte personelle Konsequenzen. ({5}) Aber die Länder Berlin und Brandenburg blockieren bisher die vom Bund geforderten Personalentscheidungen. Man muss sagen: Es ist lobenswert, dass sich der Bund dafür einsetzt, hier klare Verhältnisse zu schaffen. Berlin und Brandenburg blockieren das aber zurzeit. - Wir sind uns darüber im Klaren: Unser allererstes Ziel muss eine zügige Fertigstellung dieses Flughafens sein. Das werden wir in Zukunft entsprechend vorantreiben. Meine Damen und Herren, ich komme nun wieder zu positiven Aspekten des Haushalts. Um dem wachsenden Bedarf im Güterverkehr nachzukommen, schaffen wir zusätzliche Kapazitäten im Schienenverkehr. Wir fördern deshalb ab dem Haushaltsjahr 2013 die nicht bundeseigenen Eisenbahninfrastrukturen erstmalig mit 25 Millionen Euro. So verbessern wir den Güterverkehr in Deutschland. Ein weiteres wichtiges Thema im Einzelplan 12 ist die Städtebauförderung; das wurde schon angesprochen. Wie in diesem Jahr stehen erfreulicherweise neue Programmmittel in Höhe von 455 Millionen Euro bereit; da ist überhaupt nicht gekürzt worden. ({6}) - Nein, nein, im Gegenteil. - Die Mittel für das Programm „Stadtumbau West“ werden sogar auf 83 Millionen Euro erhöht und haben damit nahezu die gleiche Höhe wie die Mittel für das Programm „Stadtumbau Ost“. Die Mittel werden dringend benötigt, um die wachsende Aufgabe der Standortschließungen bei der Bundeswehr zu bewältigen. Zum Schluss komme ich zur Erfolgsgeschichte des Maritimen Bündnisses. ({7}) Die Koalition hat den Förderansatz um 29,1 Millionen Euro angehoben und auf dem Niveau von 57,8 Millionen Euro verstetigt. ({8}) Durch die Förderung von Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute auf deutschen Schiffen wird der Schifffahrtsstandort in Deutschland gestärkt. Die Koalition hat Wort gehalten und bleibt der verlässliche Partner der maritimen Wirtschaft. Es wird deutlich: Mit dem Einzelplan 12 hat die christlich-liberale Koalition die richtigen Investitionsschwerpunkte gesetzt. Vielen Dank. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist die Kollegin Valerie Wilms.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Verkehrspolitik dieser Regierung lässt sich am besten vergleichen mit dem Fahren im Nebel. Es wird maximal auf Sicht gefahren, gerade so weit, wie man im Nebel schauen kann. Weiter als bis zur nächsten Kurve wird nicht gedacht. ({0}) Ob die Straße weitergeht oder der Abgrund kommt, das interessiert sie nicht mehr. - So funktioniert diese Regierung. Da werden zusätzliche 750 Millionen fast nur für Neubauten ausgegeben. Wie es danach weitergeht, interessiert sie nicht. Ein langfristiger Plan? Leider Fehlanzeige! ({1}) Sie, Herr Minister Ramsauer und Ihre Koalition in Abwicklung, können die zusätzlichen Mittel für den Verkehr feiern, wie Sie wollen. Die bittere Wahrheit ist: Sie vergrößern die Probleme damit. ({2}) Noch schlimmer ist: Sie wollen noch nicht einmal sehen, dass Sie durch diese Handlungsweise die Probleme vergrößern. Auf den ersten Blick könnte man ja denken, Sie hätten etwas gelernt. Im Haushaltsentwurf vom Sommer verschieben Sie mehr Mittel in den Erhalt und kürzen beim Neubau. Vom Grundsatz her ist das richtig; denn wir alle wissen: Wir haben ein riesiges Problem mit dem Erhalt dessen, was wir schon gebaut haben. Das ist auch in Amerika so, Herr Kollege Kalb. Es geht nicht unbedingt um Neubau, sondern um den Erhalt dessen, was in die Welt gesetzt wurde. Der Haushaltsentwurf sah zunächst einigermaßen passabel aus. Aber es war eine Mogelpackung, und zwar aus zwei Gründen. Erstens können die Länder die Mittel für den Erhalt auch für den Neubau nutzen. Sie wissen, das ist lange so passiert, weil die Titel untereinander deckungsfähig sind. Zweitens ist dieser Haushaltsentwurf das Papier, auf dem er geschrieben ist, nicht wert; ({3}) denn Sie fordern umgehend zusätzliche Mittel, um sie fast komplett in Neubauten zu stecken. Wo bleibt denn eigentlich die Ehrlichkeit, die Sie im Umgang mit dem Parlament angekündigt haben? ({4}) Drei Viertel der zusätzlichen Mittel landen im Straßenneubau. Wir werden also im nächsten Jahr wieder einige blitzblank geputzte Spaten sehen, die pünktlich zu den Wahlen neue Bauprojekte ankündigen. Im Frühjahr dieses Jahres haben Sie das in Brunsbüttel an der Schleuse gemacht. Ihre Mitarbeiter vom Wasser- und Schifffahrtsamt haben extra neue Spaten gekauft, ganz frisch, nigelnagelneu. Die haben sie in den Boden geDr. Valerie Wilms rammt. Aber wo ist der Bagger? Ich habe ihn bislang noch nicht gesehen. ({5}) Das Ganze tun Sie, obwohl Sie genau wissen, dass die Probleme größer werden; denn jeder neu gebaute Kilometer bindet Mittel in der Zukunft. Eine verantwortungsvolle Regierung würde sich darüber ernsthaft Gedanken machen; ({6}) aber Sie stellen sich diesem Problem nicht. Die neuen Straßen werden nicht durchfinanziert, ({7}) der Bau wird über Jahrzehnte gestreckt; aber das interessiert Sie nicht. Das Einzige, was für Sie zählt, sind ein paar schöne Bilder und Versprechen für den Wahlkampf. Das mag Ihnen vielleicht gefallen, aber eine solche Handlungsweise ist unverantwortlich. ({8}) Mit Nachhaltigkeit, die für unsere zukünftigen Generationen wichtig ist, hat das überhaupt nichts zu tun. Der größte Hammer aber ist: Wenn es nach dieser Regierung geht, soll sich das nicht ändern. Derzeit wird der nächste Bundesverkehrswegeplan vorbereitet. Aber noch während Sie überlegen, nach welcher Methodik die Projekte aufgenommen werden sollen, laden Sie die Länder herzlich ein - das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: herzlich -, ihre Wünsche zu äußern. In den nächsten Monaten werden wir wieder landauf, landab neue und alte Wünsche hören; das kennen wir ja schon. IHK, Wahlkreisabgeordnete und Länder werden sich gegenseitig mit Vorschlägen zu Verkehrsprojekten überbieten. ({9}) Das Schöne für die Länder ist, dass der Bund alles bezahlt. In der Verkehrspolitik geht es zu wie zu Weihnachten: Man darf sich etwas wünschen, das Spielzeug benutzen und kaputtmachen, wie man will. Hauptsache, der Bund als Weihnachtsmann bezahlt die ganze Nummer. So kann es nicht weitergehen. ({10}) Wir müssen grundlegend etwas verändern, und wir müssen jetzt damit anfangen. ({11}) Beton bedeutet nicht: mehr Fortschritt. Damit betonieren wir nämlich vor allem die Möglichkeiten für unsere Kinder, unsere Enkel und deren Kinder in der Zukunft. Daher appelliere ich hier an alle Fraktionen, nicht nur an die Regierungsfraktionen. ({12}) Bei der Aufstellung dieses Haushalts wurden wieder einmal alle Chancen liegen gelassen. Die Koalition zeigt beim Verkehrsetat, dass sie nicht verantwortungsvoll mit Geld umgehen kann - jeder Mittelständler rauft sich die Haare -: Ohne Plan und auf Pump verplempern Sie Geld für Prestigeprojekte. ({13}) Das ist möglich, weil Sie nicht so vernünftig rechnen, wie es ein Mittelständler tut. Als Bund leisten wir uns, wie ein Dinosaurier, weiterhin die kameralistische Haushaltsführung. Damit kann niemand nachvollziehen, was an Werten vorhanden ist. Wir wissen nicht, wie viel wir eigentlich jährlich zurücklegen müssten, um die Substanz zu erhalten. Deswegen fahren wir dauernd auf Verschleiß. Kein Mittelständler könnte sich so etwas leisten; aber die schwarz-gelbe Chaostruppe, die von Wirtschaft angeblich etwas versteht, fasst dieses Grundsatzproblem nicht an. ({14}) Ich plädiere deswegen dafür, dass sich zumindest die Verkehrspolitiker einmal zusammensetzen und über neue Steuerungsmodelle für den Verkehrsetat nachdenken. Hier könnten wir mit doppischer Haushaltsführung viel klarer die Mittel einteilen, statt sie, wie heute, zu verstecken. Diese Diskussion müssen wir jetzt beginnen. Wir brauchen sie für die langfristige Planung.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Kollegin Wilms!

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin gleich so weit, Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das wäre schön.

Dr. Valerie Wilms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004190, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir brauchen einen ganz neuen Ansatz. ({0}) Wir wollen die Mobilität unserer Menschen und der Wirtschaft in Deutschland sichern. Das sind wir den zukünftigen Generationen schuldig. Wir dürfen nicht nur bis zur nächsten Wahl denken. Vielen Dank. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun der Kollege Patrick Schnieder für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Patrick Schnieder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004146, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen beim Haushalt insgesamt, ({0}) aber auch beim Einzelplan 12 vor großen Herausforderungen: Wir haben die Schuldenbremse einzuhalten; gleichzeitig haben wir einen hohen Bedarf, vor allem im Verkehrsetat. Ich glaube, die Koalition wird diesen Herausforderungen mit dem Gesamthaushalt und auch mit dem Einzelplan 12 gerecht. Wir haben die Weichen richtig gestellt. Wir nehmen die Herausforderungen an. Vor allen Dingen ist der Haushalt seriös aufgestellt; er wird den Realitäten gerecht. ({1}) Sie von der Opposition haben hier bisher nur ein Zerrbild der Wirklichkeit gezeichnet. Das hat mit seriöser Haushaltspolitik, mit seriöser Verkehrs- und Baupolitik nun wirklich nichts zu tun. ({2}) Um Ihr Bild aufzugreifen, verehrte Kollegin Wilms: Ich verstehe, dass Sie das Gefühl haben, im Nebel zu fahren. Das ist kein Wunder bei dem Bild von Verkehrs- und Baupolitik, das Sie hier präsentiert haben. ({3}) Dass wir die Herausforderungen annehmen, insbesondere im Verkehrsbereich, zeigt sich nicht nur an der hohen Investitionslinie, die wir fortführen, sondern auch daran, dass der Minister und diese Koalition im Kampf um zusätzliche Mittel erfolgreich waren. Nach der Milliarde im laufenden Jahr können wir im nächsten Jahr 0,75 Milliarden Euro zusätzlich für den Verkehrsbereich ausgeben. ({4}) Das sind zusätzliche Mittel. Dabei halten wir die Schuldenbremse ein. Herr Kollege Kahrs, wir befinden uns nicht in einem steuerpolitischen Blindflug wie Sie. Wir wollen keine Steuererhöhungsorgien starten und blockieren keine wichtigen steuerpolitischen Vorhaben im Bundesrat, sondern gestalten die Zukunft auf vernünftige Art und Weise. ({5}) Es ist schon eine Chuzpe, meine Damen und Herren von der Opposition, zu behaupten, dass vor allem die Bayern Nutznießer der zusätzlichen Investitionen im Verkehrshaushalt seien und dass das an der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern liege. ({6}) Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, was Ihre Landesregierungen im Verkehrsbereich machen. Die blockieren und schaffen kein Baurecht. Sie wollen das Geld des Bundes nicht, um zu bauen, und beschweren sich dann, dass die Länder, die Baurecht geschaffen haben, bauen können. ({7}) - Ich bedanke mich dafür, dass der Kollege Bartol mir recht gibt. Jawohl, wir setzen die richtigen Prioritäten: ({8}) Erhalt vor Neubau. Genau das tun wir. Wir stecken viel Geld in die Unterhaltung der Straßenverkehrsinfrastruktur. ({9}) Ich nenne als Beispiel das Brückenprogramm. In Deutschland gibt es etwa 39 000 Brücken, die zwischen 30 und 50 Jahre alt sind. In den letzten zehn Jahren wurden hier durchschnittlich 300 Millionen Euro pro Jahr investiert. Wir werden im neuen Haushalt mehr als das Doppelte in die Unterhaltung der Brückenbauwerke investieren. Ich nenne als weiteres Beispiel die Lärmschutzmaßnahmen; dazu haben wir von Ihnen in dieser Woche Spannendes gehört. Im Straßenbereich werden im nächsten Jahr 50 Millionen Euro für entsprechende Maßnahmen bereitgestellt. Hinzu kommen die Mittel, die wir für die Lärmvorsorge bei Neu- und Umbaumaßnahmen einstellen. Das sind noch einmal mehr als 100 Millionen Euro. Das schließt auch die Schiene ein. Hier fließen zusätzlich 40 Millionen Euro. Wir arbeiten unser Programm ab. ({10}) Wir schaffen den Schienenbonus ab; das haben wir in dieser Woche im Ausschuss mit der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht. ({11}) Wir schaffen das, was Sie in elf Jahren unter SPD-Verkehrsministern nicht auf die Reihe bekommen haben. ({12}) Wir gehen dort weitere Maßnahmen an. Aber der Kollege Herzog streut im Verein mit dem rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Lewentz den Menschen Sand in die Augen. Wir suchen weiter nach Alternativtrassen. Aber tun Sie in Rheinland-Pfalz doch nicht so, als gäbe es schon im nächsten oder übernächsten Jahr eine Lösung. Wir brauchen ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Wir müssen den Menschen klar und deutlich sagen: Wenn überhaupt eine Alternativtrasse möglich ist, dann kommt sie nicht in 5 Jahren, sondern in 10, 15 oder sogar erst in 20 Jahren. - Das gebietet die Ehrlichkeit. Ich will einige Schwerpunkte im Baubereich nennen. Ein ganz großes Thema ist für uns die Energiewende und die Klimaschutzpolitik. ({13}) Das zeichnet sich auch im Bauetat ganz deutlich ab. Es bleibt nach wie vor ein großer Mangel, dass wir die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung wegen Ihrer Blockadepolitik im Bundesrat nicht umsetzen können. ({14}) Alle warten auf diese Förderung: die Wirtschaft, die Hauseigentümer und die Mieter. Aber Sie blockieren das, obwohl hier ein riesiges Potenzial - ich verweise nur auf den Klimaschutz, die Bedeutung der Investitionen für Handwerk und Mittelstand und Innovationsprogramme - besteht. Herr Kahrs, jetzt kehren wir zur Wahrheit zurück. ({15}) Natürlich haben die Länder Steuerausfälle zu verkraften. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Mehraufkommen aus der Umsatzsteuer die Ausfälle überkompensiert. Was Sie machen, ist nichts anderes, als mit der Wahrheit flexibel umzugehen. ({16}) - Meine sehr geehrten Kollegen von der Opposition, ich weiß, dass Sie erregt sind, weil hier entlarvt wird, welche falsche Politik Sie machen. Sie machen einfach den Lafontaine und sonst gar nichts, ohne irgendeinen Grund. ({17}) Wir setzen unsere Politik im Bereich der energetischen Stadtsanierung - KfW-Förderprogramm und CO2Gebäudesanierungsprogramm - fort. ({18}) Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zur Städtebauförderung sagen. ({19}) Wir befinden uns dort mit 450 Millionen Euro weiterhin auf einem hohen Niveau. Das sollten Sie schätzen. Sie legen hier ein Wunschprogramm auf und bleiben der Öffentlichkeit nach wie vor den Nachweis schuldig, wie Sie das seriös finanzieren wollen. ({20}) - Das tun wir nicht. Wir führen die Städtebauförderung - das ist wichtig - auf hohem Niveau fort. Dazu stehen wir, darauf können wir stolz sein. Sie wissen genau, dass es Länder gibt, deren Führung Ihrer Provenienz ist, ({21}) die hinter vorgehaltener Hand sagen: Wir können den Eigenanteil gar nicht aufbringen, wenn die Mittel dort noch verstärkt werden. - Also auch da ist bei Ihnen viel mehr Ehrlichkeit gefordert. ({22}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind in der Verkehrs- und Baupolitik dank dieser Koalition auf einem guten Weg. ({23})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort dem Kollegen Sören Bartol für die SPD. ({0})

Sören Bartol (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Kollege Kahrs, für die Aufforderung. Zum dritten Mal legen Sie von der schwarz-gelben Koalition einen Haushaltsentwurf vor, der den Problemen in unserem Land nicht gerecht wird. Er dokumentiert einmal mehr das Scheitern des zuständigen Bundesministers Dr. Peter Ramsauer und der Regierungskoalition. Lieber Herr Minister, ich glaube, dass Sie sich vor lauter Scham ganz bewusst ans Ende der Rednerliste haben setzen lassen. ({0}) Ich hoffe, Herr Minister Ramsauer, dass dieser Haushalt der letzte ist, den Sie gegenüber diesem Parlament zu vertreten haben. ({1}) Die Wählerinnen und Wähler werden in einem Jahr darüber entscheiden. Mit Ihrer Politik zehren Sie an der Substanz unserer Verkehrsinfrastruktur, an der Substanz unserer Städte und Gemeinden. Was Ihnen fehlt, ist ein Konzept für ein zukunftsfähiges Netz von Straßen, Schienen und Wasserstraßen als Lebensadern unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Was Ihnen fehlt, ist eine Idee von lebenswerten Städten als Orte gesellschaftlichen Fortschritts. Sehr geehrte Damen und Herren, wir als Sozialdemokraten haben für die Probleme in unserem Land die besseren Antworten. Seit der letzten Bundestagswahl vor drei Jahren haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg die CDU und die FDP abgewählt. Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Die Menschen wollen Ihre Konzepte von gestern nicht. Sie fordern neue Ideen, auch in der Verkehrs-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. ({2}) Nach über drei Jahren Amtszeit beklagt der zuständige Bundesverkehrsminister immer noch, dass die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur unterfinanziert sind. ({3}) Dabei nimmt er jedes Jahr über die Zwangsdividende der Schiene eine halbe Milliarde Euro weg, die im allgemeinen Bundeshaushalt versickert. ({4}) Außerdem redet er zwar dauernd von der Pkw-Maut, sorgt aber praktisch für sinkende Lkw-Mauteinnahmen und damit für weitere Einnahmeausfälle. ({5}) Sie von den Koalitionsfraktionen und Ihr Bundesminister sind schlechte Verwalter unserer Steuergelder. ({6}) Die Sondermilliarde für die Verkehrsinvestitionen erweist sich dieses Jahr als zu kurzatmig; sie kommt bei den Menschen auch nicht an. Sie verpufft. Bis zum Sommer war das Geld nicht einmal zur Hälfte verbaut. Auch die zusätzlichen 750 Millionen Euro für das nächste Jahr werden als schwarz-gelbes Spatenstichprogramm im Landtags- und Bundestagswahljahr enden. Die Schiene bekommt zum wiederholten Male den geringsten Anteil. Im Gegensatz zur Bundesregierung wollen wir klare Prioritäten beim Aus- und Neubau unserer Verkehrswege setzen. Wie man das macht, zeigen gerade die sozialdemokratischen Verkehrsminister in den Ländern. Gebaut werden muss dort, wo der Verkehr stattfindet. Der Grundsatz kann nicht immer nur heißen: Bayern zuerst. ({7}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich bin froh, dass sich die FDP mit ihren Forderungen nach einer totalen Privatisierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie einem massiven Personalabbau im Bundeshaushalt 2013 noch nicht durchsetzen konnte. ({8}) Aber trotzdem: Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie, Herr Ramsauer, ohne gesetzliche Grundlage in Ihrem Ministerium bereits anfangen, eine neue, riesige Zentralbehörde aufzubauen, ({9}) die wirklich niemand in diesem Land will. ({10}) Gleichzeitig verunsichern Sie alle mit einer absurden Kategorisierung der Bundeswasserstraßen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung stellt in ihrem Wohnungs- und Immobilienbericht fest, dass in Großstädten, Ballungszentren, aber auch in Universitätsstädten die Mieten 2011 um bis zu 10 Prozent gestiegen sind. Das trifft vor allen Dingen Familien, Alleinerziehende, Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende. Sie finden in den Innenstädten keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Wenn Haushalte mit einem Einkommen von 1 300 Euro 45 Prozent für Miete und Nebenkosten aufbringen müssen, dann ist die Belastungsgrenze deutlich überschritten. Was ist die Antwort der Bundesregierung? Ein Angriff auf das Mietrecht zulasten der Mieterinnen und Mieter! ({11}) Wenn Sie nicht endlich etwas tun, um die Mietpreisspirale zu stoppen, wenn Sie nicht endlich etwas tun, um dem Neubau bezahlbarer Wohnungen Impulse zu geben, ({12}) wenn Sie nicht endlich die energetische Sanierung verlässlich und ausreichend fördern, um die Heizkostenbelastungen zu senken, ohne dieses peinliche Spiel mit dem Bundesrat zu veranstalten, ({13}) dann sind Sie dafür verantwortlich, dass die Menschen in unserem Land aufgrund steigender Mieten aus ihrem sozialen Umfeld verdrängt werden. ({14}) Mit der Kürzung der Mittel für die Städtebauförderung, besonders der Mittel für das Programm „Soziale Stadt“, tun Sie ein Übriges, um den sozialen Frieden in unseren Städten zu gefährden. ({15}) Für die Betroffenen in Neukölln oder Hamburg-Wilhelmsburg muss es wie Hohn klingen, wenn der Minister und Sie von der Koalition erklären, dass Sie die Städtebauförderung konsolidiert haben. Tatsache ist: Die Mittel für Städtebauförderung belaufen sich auch in diesem Jahr wieder auf 455 Millionen Euro - auf diesen Betrag hatten Sie sie gekürzt -; das sind sage und schreibe 20 Prozent weniger als 2009. ({16}) Im Vergleich zu 2009 haben Sie allein die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ um über die Hälfte zusammengestrichen. Die Haushälter der Koalition haben - das ist das Schlimme - gegenüber dem Regierungsentwurf nochmals um 10 Millionen Euro gekürzt. Da sieht man die soziale Kälte, vor allen Dingen natürlich wieder die der FDP, durchscheinen. ({17}) Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das mittragen, finde ich unglaublich. Drei Jahre Kürzungen gerade in den Stadtbezirken, in denen am meisten für Integration und sozialen Zusammenhalt geleistet werden muss, sind genug! Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz zeigt seit seiner Wahl, wie man in der Politik gegen steigende Mieten vorgehen kann. Er schließt ein Bündnis mit Wohnungsunternehmen und Mieterverbänden, fördert den Bau neuer Wohnungen und entlastet so den Wohnungsmarkt. Auch auf Bundesebene bräuchten wir endlich solch ein entschlossenes Vorgehen, Herr Minister. ({18}) Ich sage: Führen Sie endlich die Heizkostenkomponente beim Wohngeld wieder ein! Dass die Energiekosten gesunken sind, das glaubt Ihnen kein Mensch mehr. ({19}) Stoppen Sie die Mietrechtsänderung und tun Sie endlich etwas gegen die Preisspirale am Wohnungsmarkt! Stoppen Sie den Verkauf der bundeseigenen TLG-Wohnungen an einen privaten Investor! Es darf nicht sein, dass der Bund Wohnungen verkauft und die Mieterinnen und Mieter in die Hände von Finanzinvestoren fallen! ({20}) Fördern Sie den altersgerechten Umbau wieder mit Zuschüssen aus Bundesmitteln, damit ältere Menschen möglichst lange - das ist unser aller Ziel - in der eigenen Wohnung bleiben können! ({21}) Mit Krediten allein ist vielen älteren Menschen nicht geholfen. Nehmen Sie die Kürzungen bei der Städtebauförderung zurück und investieren Sie in die Zukunft der Städte und Gemeinden, statt ihnen, wie Sie es tun, die Luft abzudrehen! Stocken Sie die Mittel zur Förderung der CO2-Gebäudesanierung auf 2 Milliarden Euro auf und finanzieren Sie sie verlässlich in Ihrem eigenen Haushalt! ({22}) Wie unsicher die Einnahmen des Energie- und Klimafonds sind, haben mittlerweile hoffentlich alle verstanden. Die Menschen in unserem Land wollen einen starken Verkehrsminister, der Reformen bei der Finanzierung unserer Verkehrswege anpackt und sich nicht nur in einer Reform des Flensburger Punktesystems verheddert. ({23}) Ich glaube, dass die Menschen in unserem Land einen starken Bauminister brauchen, der sich für die sozialen Rechte der Mieterinnen und Mieter und für bezahlbaren Wohnraum einsetzt. Sie, Herr Minister Ramsauer, stehen ganz sicher nicht dafür. Deswegen ist klar: Wir werden Ihren Haushalt ablehnen. ({24})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Oliver Luksic erhält nun das Wort für die FDP-Fraktion. ({0})

Oliver Luksic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004102, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen für zukunftssichere Mobilität und kluge Infrastrukturpolitik. Der Einzelplan 12 bleibt trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierung der größte Investitionshaushalt. ({0}) Die Opposition stellt es hier so dar, als ob die Koalition nichts tun würde, aber das Gegenteil ist der Fall. Kollege Kahrs hat die vielen internationalen Verpflichtungen angesprochen. Wer hat die denn unterschrieben? ({1}) Wer ist die vielen Verpflichtungen eingegangen? Die meisten sind Herr Stolpe und Herr Tiefensee eingegangen, ohne eine solide Finanzierung zu haben. ({2}) Den Investitionsstau, den Sie beklagen, haben Sie verursacht, und wir arbeiten ihn jetzt ab, lieber Kollege Kahrs. ({3}) Wir bekennen uns klipp und klar zur Notwendigkeit, die Infrastruktur auszubauen. ({4}) Wir haben den Haushalt um 750 Millionen Euro aufgestockt; ({5}) das ist ein großer Erfolg des Bundesministers Ramsauer und der Verkehrspolitiker der Koalition. Lieber Kollege Bartol, über den Verkauf von Wohnungen werden hier Märchen erzählt. Auch der Berliner Senat verkauft doch gerade Wohnungen. Wer regiert denn da? Es ist die SPD. ({6}) Insofern ist das doch alles nicht glaubwürdig, was da von der SPD kommt. ({7}) Wir werden von diesen 750 Millionen Euro einen besonders hohen Anteil den Wasserstraßen zur Verfügung stellen; das ist auch gut und richtig. ({8}) Ich glaube, dass beispielsweise die Moselschleusen dringend Investitionen brauchen. ({9}) Es gibt hier in der Tat einen großen Unterschied zwischen unserer Politik und Ihrer Politik: Sie fordern auf der einen Seite immer mehr Ausgaben, und auf der anderen Seite werfen Sie uns, wenn wir mehr investieren, vor, Wahlgeschenke zu verteilen. Da muss sich die SPD schon entscheiden: Will sie mehr Investitionen, oder sind das Wahlgeschenke? ({10}) Eines von beidem muss ja richtig sein. Elf Minuten haben wir Ihnen jetzt zugehört, lieber Kollege Bartol. ({11}) Ich habe aber keine einzige Idee von der SPD gehört. ({12}) Die Bilanz der Koalition ist gut. ({13}) Wir haben unseren Koalitionsvertrag solide abgearbeitet. Die verschleppte Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung - immer wieder hat der Bundesrechnungshof darauf hingewiesen - sind wir angegangen. ({14}) Das maritime Bündnis haben wir wieder zukunftsfest gemacht; die Kollegen Rehberg, Winterstein und Staffeldt haben sich hierfür besonders eingesetzt. ({15}) Das Eisenbahnregulierungsgesetz haben wir auf den Weg gebracht und den Wettbewerb auf der Schiene gestärkt. Was den Schienenbonus betrifft, ist unter der Verantwortung der SPD elf Jahre nichts passiert. Wir tun etwas für den Lärmschutz und sorgen auch für den Einstieg in lärmabhängige Trassenpreise. ({16}) Wir haben das begleitete Fahren mit 17 nach vorn gebracht, den Finanzierungskreislauf Straße eingeführt und mit dem Mautmoratorium letzten Endes Verlässlichkeit für das Gewerbe geschaffen. Jetzt gehen wir die überfällige Reform des Verkehrszentralregisters an. Wir haben es geschafft, dafür zu sorgen, dass die Liberalisierung des Fernbusverkehrs angestoßen wird. Das ist eine Bilanz dieser Koalition, die sich sehen lassen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({17}) Entscheidend ist doch: Was will die Opposition? ({18}) Im Haushaltsverfahren fordern Sie immer mehr Geld; das haben wir ja gerade gehört. Wir sind sehr viele Vorhaben angegangen. Die Kollegen von SPD und Grünen haben zum Einzelplan 12 zusammen Mehrausgaben in Höhe von 6,5 Milliarden Euro vorgeschlagen - nur zum Einzelplan 12 Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro! -, aber keinen einzigen Einsparvorschlag zum Einzelplan 12 gemacht. ({19}) - Das kann man nachrechnen und nachlesen. ({20}) Sie haben keinen einzigen Einsparvorschlag gemacht. ({21}) Sie fordern die Erhöhung der Kfz-Steuer, die Einführung einer Logistikabgabe, die Grünen fordern die EinfühOliver Luksic rung einer Citymaut, und Sie wollen alle möglichen Steuern erhöhen - eine Abzocke sondergleichen! ({22}) Sie wollen immer weiter regulieren, ja sogar überregulieren: Citymaut, Pkw-Maut und andere Punkte, flächendeckend Tempo-30-Zonen, Maut für alle. Regularitis, das ist Ihre Politik. ({23}) Wir stehen für Mobilität. Das ist der Unterschied zu Ihnen, liebe Freunde. ({24})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten die Protokollführer nicht überfordern. ({0}) Mehr als 30 Zwischenrufe gleichzeitig werden im Protokoll nicht namentlich wiederzufinden sein. ({1}) Herr Kollege, bitte schön.

Oliver Luksic (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004102, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ein wichtiger Hinweis an den Kollegen Kahrs. Wir können die von Ihnen geforderten Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro nachher gerne einmal zusammen durchgehen. Es ist leider so: In den Anträgen der Verkehrspolitiker von den Grünen und der SPD werden Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro gefordert. ({0}) Da kommen Sie jetzt nicht raus. Sie wollen doch zusammen regieren. Da sind 6,5 Milliarden Euro ein bisschen viel. ({1}) Wir haben die Infrastrukturmittel erhöht, solide gegenfinanziert. Wir wollen auch die nichtbundeseigenen Eisenbahnen stärker fördern; das ist ein wichtiger Punkt für unsere Koalition. Das ist eben der Unterschied zu Ihnen: Sie wollen nur hemmungslos Geld ausgeben, das Sie nicht haben. Wir betreiben Haushaltskonsolidierung, sorgen für zukunftssichere Mobilität und machen eine kluge Infrastrukturpolitik ({2}) und das solide gegenfinanziert. Das ist der Gegensatz zu Ihnen. Deswegen regieren wir, und das wird auch so bleiben. Vielen Dank. ({3})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Heidrun Bluhm ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke. ({0})

Heidrun Bluhm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003740, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem ein herzliches Willkommen den Gästen aus Mecklenburg-Vorpommern, meinem Heimatland! ({0}) Die Fraktion Die Linke hat sich in ihren Anträgen zum Haushalt 2013 beim Etat „Bauen und Wohnen“ auf zwei Schwerpunkte konzentriert, zum Ersten auf den sozialen Wohnungsbau und zum Zweiten auf die Altschuldenhilfe für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft. Die Ereignisse zeigen, dass unsere Schwerpunkte gleichzeitig leider auch Brennpunkte sind. ({1}) Am 10. November dieses Jahres hat es in mehreren deutschen Städten - in Berlin, Hamburg und Freiburg - wohl erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Demonstrationen von Mieterinnen und Mietern gegeben. Die Menschen wollen und können die rasant steigenden Miet- und Wohnkosten nicht mehr länger hinnehmen. ({2}) Sie machen die Bundesregierung und deren jahrelange Fehlleistung in der Wohnungspolitik dafür verantwortlich, dass die Wohnkosten überall dramatisch steigen und mittlerweile einen Großteil des Haushaltseinkommens förmlich auffressen. Die Demonstrationen hätten ebenso gut in Greifswald, Jena oder München stattfinden können. Das werden sie sicherlich zukünftig auch; denn das wird sich zu einem Flächenbrand in der Republik entwickeln, und die Bundesregierung ist immer noch nicht wach. ({3}) Sie hat noch nicht akzeptiert, dass Wohnen eine soziale Frage und eine politische Aufgabe ist. Durch den Privatisierungswahn in Deutschland steuern wir auf eine neue Wohnungsnot zu. Eine der grundlegenden Ursachen für den galoppierenden Mangel an be25510 zahlbarem Wohnraum ist der faktische Zusammenbruch des sozialen Wohnungsbaus in den vergangenen Jahren. ({4}) In den letzten zwei Jahrzehnten sind immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung herausgefallen, allein in den letzten zehn Jahren 100 000 pro Jahr. Die PestelStudie, die uns allen vorliegt, hat das Ergebnis, dass, vorsichtig gerechnet, bundesweit insgesamt 5,6 Millionen Sozialwohnungen benötigt werden. Tatsächlich sind zurzeit nur noch 1,6 Millionen solcher Wohnungen verfügbar, und wir werden zum Jahresende die 1,5-Millionen-Grenze unterschreiten. In Metropolregionen, Groß- und Universitätsstädten zeigt sich die Wohnungsnot schlicht in fehlendem Wohnraum; dort kann alles, egal in welchem Zustand, vermietet werden - und das zu Mondpreisen. Die Folge ist: Nicht nur Transferempfänger werden aus städtischen Quartieren ausquartiert, auch Berufstätige mit geringerem Einkommen oder durchschnittlichem Einkommen können es sich einfach nicht mehr leisten, in angemessener Entfernung zu ihrer Arbeitsstätte zu wohnen. Der Wohnungsmarkt ist für sie faktisch geschlossen. Notwendig sind dringend mehr Sozialwohnungen. Im ländlichen Raum, in kleineren Städten, abseits der Boomtowns, gibt es zwar kein Wohnungsproblem, das sich in fehlenden Quadratmetern ausdrücken ließe. Hier zeigt sich die Wohnungsnot allerdings in einem Mangel an energetisch sanierten und altersgerechten Wohnungen. ({5}) Trotz stabiler Kaltmieten treiben die Mietnebenkosten die Preise für das Wohnen steil nach oben. Wer heute im Niedriglohnsektor arbeitet oder Hartz IV bezieht, wird später von Altersarmut betroffen sein und das Wohnen überhaupt nicht mehr bezahlen können. Wohnen wird überall in unserer Republik zu einem existenziellen Problem. Neben dem Umstand, dass immer mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen, werden einfach zu wenige Wohnungen mit Preisbindung oder Belegungsbindung gebaut. Neu gebaut werden aktuell noch 10 000 solcher Wohnungen im Jahr. Gebraucht würden fünfmal so viele. Wir fordern deshalb nicht nur, dass die Kompensationszahlungen des Bundes beibehalten werden, sondern wir wollen, dass sie auf 700 Millionen Euro angehoben und auf diesem Niveau verstetigt werden. ({6}) Dies muss begleitet werden von verbindlichen Vereinbarungen mit Ländern und Kommunen, damit diese Mittel tatsächlich restlos zweckgebunden eingesetzt werden. Nun noch ein Satz zu den Altschulden. Wir fordern, dass die noch verfügbaren Mittel der Altschuldenhilfe auch über das Jahr 2013 hinaus für die ostdeutschen Wohnungsunternehmen verfügbar gehalten werden; denn wenn diese Mittel - circa 75 Millionen Euro - bis Ende 2013 nicht abgerufen werden sollten, dann nicht deshalb, weil sie nicht gebraucht würden, sondern deshalb, weil es gerade den kleineren Wohnungsunternehmen in ländlichen Bereichen an Wirtschaftskraft mangelt, um die Mittel der Altschuldenhilfe formal fristgerecht einzusetzen. Das sagt auch der GdW. Also kassieren Sie diese Millionen nicht wieder ein! Denn damit verhindern Sie den Abriss von 20 000 leerstehenden Wohnungen im Osten. ({7}) Herr Minister, ein letztes Wort: Sie sagen, man könne die Städtebauförderung mit einem Tanker vergleichen. Das sage ich auch öfter, und das ist auch richtig. Aber der Unterschied zwischen einem Tanker und der Wohnungspolitik der Bundesregierung ist, dass ein Tanker am Start mit ausreichend Treibstoff und mit einem Navigator ausgestattet ist. Nehmen Sie unsere Anträge als Navigator ({8}) und die Fördermittel als Treibstoff! Dann kommen Sie gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern in Deutschland und mit uns ins Ziel. Danke schön. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun der Bundesminister Peter Ramsauer. ({0})

Dr. Peter Ramsauer (Minister:in)

Politiker ID: 11001772

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Etat ist ein exzellenter, ein guter Etat. ({0}) Alle, die etwas auf gute Verkehrsinfrastruktur, auf gute Mobilität, auf guten Städtebau, auf gutes Bauen und auf gutes Wohnen in unserem Land halten, können froh über diesen Haushaltsentwurf sein. ({1}) Einige Bemerkungen zum Thema Bauen. Dabei greife ich Anmerkungen aus der Opposition gerne auf. Der Bund ist und bleibt ein zuverlässiger Partner von Städten und Gemeinden in der Städtebauförderung; ({2}) denn wir wissen, dass die Gemeinden und Städte ihre Strukturprobleme, für die sie oft nichts können, ohne Städtebauförderungsprogramme nicht alleine bewältigen können. Wir haben die Ausgaben für die Städtebauförderung daher ({3}) verstetigt. ({4}) Es ist uns gelungen, die Energiewende, für die mein Ministerium ein hohes Maß an Verantwortung mitträgt, ({5}) durch das KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“, für das wir die Mittel von in diesem Jahr 92 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro im kommenden Jahr erhöhen wollen, ({6}) mit der Städtebauförderung zu verzahnen. Nun ein Wort zur energetischen Gebäudesanierung. Dazu, dass hier von Rot und Grün giftige Anmerkungen kommen, ({7}) kann ich nur sagen: Da reden die Richtigen. ({8}) Wir, diese Koalition, haben vor eineinviertel Jahren das Gesetz zur steuerlichen Abschreibungsförderung fertiggestellt, das eine hervorragende Ergänzung zu unserer Unterstützung der energetischen Gebäudesanierung ist, die wir aus der Kreditanstalt für Wiederaufbau heraus ohnehin leisten. Unser Ziel ist eine Sanierungsquote von jährlich 2 bis 3 Prozent im Gebäude- und Wohnungsbestand. Dafür ist die Förderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau ein wichtiger Baustein. ({9}) Dies muss aber durch die steuerliche Abschreibungsförderung ergänzt werden, die dieser Regierung durch die Länder, die rot und grün regiert sind, im Bundesrat verwehrt wird. ({10}) Alle, die ihre Gebäude durch eine Abschreibung auf dieser Basis sanieren wollen, können sich bei Ihnen von der Opposition dafür bedanken, dass sie es noch nicht können. ({11}) Zum Thema Wohnungsbau. Ich bin froh und freue mich darüber, dass der Wohnungsbau in den letzten zwei Jahren wieder deutlich angezogen hat. ({12}) Gegenüber dem Jahr 2010 gab es im Jahr 2011 ein Plus an Baugenehmigungen von 22 Prozent. Dieses Plus an Baugenehmigungen setzt sich in diesem Jahr ganz klar fort. Ich setze darauf, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird, weil auch wieder bessere Renditen erwirtschaftet werden können. Sie haben das Thema „Soziale Wohnraumförderung“ angesprochen. Wer hat denn die Änderung der Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung in der vorletzten Legislaturperiode mit beschlossen? Das war auch die Opposition, die hier sitzt. ({13}) Sie müssten eigentlich wissen, dass die alleinige gesetzliche Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung seit dem Jahr 2007 bei den Ländern liegt. ({14}) Ich halte aber wenig davon, dass man mit dem Finger auf andere zeigt, ({15}) und versucht, mit den Ländern gute Wege zu finden. Der Bund gibt den Ländern jedes Jahr gut 518 Millionen Euro, die sie für die soziale Wohnraumförderung verwenden sollen. Das tun die Länder aber nicht immer ganz so, wie wir uns das vorstellen. ({16}) Dazu, dass die Länder das Geld über das Jahr 2013 hinaus zwar weiter haben wollen, gleichzeitig aber fordern, dass sie mit dem Geld tun und lassen können, was sie wollen, muss ich sagen: Da hört der Spaß auf. ({17}) Ich trete dafür ein, dass dieses Geld weiter fließt, aber mit einer ganz klaren Zweckbindung. ({18}) Die Länder müssen das Geld für Investitionen in die soziale Wohnraumförderung verwenden. ({19}) Nun zum Bereich Verkehr. Ihr Kanzlerkandidat, mit dem Sie offensichtlich viel Spaß haben, der Kollege Steinbrück, ({20}) hat am Mittwoch in seiner Rede gesagt: „Deutschland steht … besser da.“ ({21}) Jawohl, damit hat er recht. Dann hat er die Frage gestellt: Welche Initiativen hat diese Bundesregierung zu diesem Erfolg ergriffen? Ich möchte einige wichtige Initiativen klar herausstellen: Wir stellen durch eine strukturelle, intensive Verstärkung der Investitionsmittel in die Verkehrsinfrastruktur sicher - dreimalig; ich komme darauf zu sprechen -, ({22}) dass diese wichtige Basis unserer volkswirtschaftlichen Wertschöpfung weiter ausgebaut wird, liebe Kolleginnen und Kollegen. Unsere Verkehrsinfrastruktur ist die Basis unserer volkswirtschaftlichen Wertschöpfung, die Basis für Wohlstand in unserem Land, die Basis für Arbeitsplätze in unserem Land, die Basis für Eigentumsbildung in unserem Land, die Basis für eine gute, verlässliche Altersvorsorge und die Basis für einen Sozialstaat, der in der Welt seinesgleichen sucht. ({23}) Für diese Aufstockung - dreimalig! - möchte ich mich bei der Bundeskanzlerin und beim Bundesfinanzminister ganz persönlich und als Bundesminister für Verkehr bedanken; denn sie sehen, wo die strukturellen langfristigen Erfordernisse in unserem Land liegen. In den letzten zwei Jahren floss 1 Milliarde Euro zusätzlich in den Finanzierungskreislauf Schiene. Das zusätzliche Geld fließt in zusätzliche Eisenbahninvestitionen. ({24}) Eine weitere Milliarde Euro stellen wir für dieses Jahr und in das nächste Jahr hinein für die Verkehrsinfrastruktur insgesamt zur Verfügung. Für das kommende Jahr beschließen wir eine zusätzliche Dreiviertelmilliarde für die Verkehrsinfrastruktur. ({25}) Mit dem, was früher in der Planung war, investieren wir zusätzlich zwei Dreiviertelmilliarden in die Verkehrsinfrastruktur. ({26}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann feststellen: Wir investieren in allen Bereichen auf Rekordniveau: ({27}) bei der Straße, bei der Schiene und bei der Wasserstraße. ({28}) Liebe Kollegin Wilms, wenn Sie bei der Schleuse Brunsbüttel noch keinen Bagger gesehen haben, dann kann das nur daran liegen, dass Sie nie mehr dort waren. ({29}) Wir investieren auf Rekordniveau. Das heißt aber natürlich auch, dass wir eine Rekordzahl von Baustellen haben, weil wir eben in die Instandhaltung hineingehen und maßvoll Ausbau- und Neubaumaßnahmen durchführen. ({30}) Als Bundesbauminister sage ich ganz ehrlich: Ich bekenne mich zu jeder Baustelle in der deutschen Verkehrsinfrastruktur; denn nur durch Bauen wird etwas besser, und nur Bauen sichert die Zukunft. ({31}) Wir haben in Deutschland so viele Baustellen auf sechsstreifig geführten Autobahnen wie noch nie zuvor. Wir haben so viele Ganztagesbaustellen, Nachtbaustellen und Wochenendbaustellen auf Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen wie noch nie zuvor. Ich finde, es ist heute eine gute Gelegenheit, dass ich als Bundesverkehrs- und -bauminister mich einmal bei allen, die auf diesen nicht gerade angenehmen Baustellen zu jeder Tag- und Nachtzeit in schwierigen klimatischen Verhältnissen beschäftigt sind und hart arbeiten, für ihren Einsatz ganz herzlich bedanke. Das ist ein großartiger Einsatz auf unseren Baustellen. ({32}) Auf diesen Moment habe ich gewartet! Ich war gespannt, wer hier applaudiert. Die alte sozialistische Arbeiter- und Bauernpartei sitzt hier und rührt keine Hand! Dazu zähle ich auch Sie ein bisschen. ({33}) Was ist das für eine Sozialdemokratie, die, wenn es um Arbeitnehmerinteressen geht, nicht einmal eine Hand rührt? Aber so sind Sie eben. Die Prinzipien sind: zuallererst Instandhaltung sowie maßvoller Ausbau und Neubau. Aber wir brauchen natürlich dringend auch neue Projekte. ({34}) Ich bin viel im Land unterwegs und erlebe dabei vieles.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beckmeyer zu?

Dr. Peter Ramsauer (Minister:in)

Politiker ID: 11001772

Das gibt mir mehr Zeit. - Aber die SPD sollte derzeit mit Zwischenfragen vorsichtig sein, weil es dann nämlich eine Möglichkeit gibt, auf die „gute“ Presse des verkehrspolitischen Sprechers Pronold hinzuweisen, die er in dieser Woche schon hatte. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bitte schön, Herr Beckmeyer.

Uwe Beckmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003498, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie haben eben in Ihrer Rede ausgeführt, dass Sie sehr stolz auf den - ich sage mal - Zuwachs an Investitionsmitteln seien, die Sie im Rahmen der Haushaltsberatungen bereitgestellt bekommen. Ausweislich der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes für 2012 bis 2016 sinkt die Investitionsquote von 8,6 auf 8,0 Prozent. ({0}) Ich frage Sie: Können Sie dafür eine Erklärung geben? Welche Auswirkungen hat das auf Ihren Haushalt?

Dr. Peter Ramsauer (Minister:in)

Politiker ID: 11001772

Diese Frage können Sie nachher in der dritten Beratung stellen. Jedenfalls trägt die Aufstockung um 750 Millionen Euro Jahr erheblich dazu bei, dass wir im kommenden Jahr eine Investitionsquote im gesamten Bundeshaushalt von knapp 9 Prozent aufrechterhalten können. ({0}) Deswegen liefern wir mit diesem Haushalt einen Beitrag zur Stabilisierung der gesamten Investitionstätigkeit des Bundes. Allerdings - ich bin mit meiner Antwort noch nicht ganz fertig, bitte bleiben Sie stehen - will ich, wenn so investiert wird, dass die Länder diese Investitionen da tätigen, wo wir Erfordernisse sehen. Ich nenne ein Beispiel, weil ich gerade den Kollegen Ingo Wellenreuther sehe. Wenn der Bund will, dass in der Stadt Karlsruhe eine dringend erforderliche zusätzliche Rheinbrücke gebaut wird ({1}) - Herr Beckmeyer, ich bin noch nicht fertig; ({2}) Sie wollten eine Antwort, bitte bleiben Sie stehen! -, dann tragen Sie, Herr Beckmeyer, auch dafür Sorge, dass Baden-Württemberg als grün-rot regiertes Bundesland, ({3}) das von Ihrer Partei mit regiert wird, dafür Sorge trägt, dass das Baugenehmigungsverfahren für das Projekt, das der Bund dringend will, nämlich diese neue zusätzliche Rheinbrücke bei Karlsruhe an der B 10 ({4}) - nein, ich bin mit der Antwort nicht fertig; ({5}) wer eine Frage stellt, muss sie sich auch beantworten lassen, auch wenn es peinlich wird -, ({6}) nicht boykottiert wird. ({7}) Aber Sie selbst haben in den Koalitionsvertrag in Stuttgart geschrieben - ich zitiere -: Beim Ausbau der Bundesfernstraßen werden wir - also die rot-grüne Landesregierung ({8}) gegenüber dem Bund einfordern, dass vor Beginn von neuen zunächst alle im Bau befindlichen Vorhaben fertig zu stellen sind. ({9}) Sie wollen überhaupt keine Neubauten. Das ist die traurige Wahrheit. ({10}) Damit ist die Frage beantwortet. ({11}) Ich habe gerade vernommen, dass sich Kollege Pronold zu Wort gemeldet hat. Passen Sie auf, dass Ih25514 nen nicht Ihre „gute“ Presse von dieser Woche vorgehalten wird, nämlich Adams Abrechnung mit Ihnen. ({12}) Wenn ich lesen muss, dass Sie inzwischen von den eigenen Genossen in Bayern als Ballast für die Landtagswahl und vieles mehr empfunden werden, dann können wir uns alle auf diese zweiminütige Rede freuen. ({13}) Danke an alle, die zu diesem starken Haushalt beigetragen haben. ({14})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Daniela Wagner erhält nun das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Daniela Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004184, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Verehrter Herr Minister, man merkt schon, dass Sie sich doch am liebsten mit Autokennzeichen, Autobahnen und Punktekatalogen beschäftigen. ({0}) Anschließend kommt nur noch Nebel. Derweil explodieren in Deutschland die Mieten, sogar nicht mehr nur in Ballungsräumen, sondern auch bis in den ländlichen Raum hinein, und unser Minister ({1}) stellt sich hier hin und erklärt: Mit bezahlbarem Wohnraum haben wir nichts zu tun; das müssen die Länder machen; sie sollen gefälligst das Geld, das sie von uns bekommen, für Wohnungen ausgeben. - Richtig, Herr Ramsauer. Dann sorgen Sie dafür! Verlangen Sie doch das Geld von den Ländern zurück! Lassen Sie sich nicht reinlegen. Wenn das wirklich so ist, dann unternehmen Sie etwas dagegen. ({2}) Es hat keinen Sinn, nur auf andere zu schielen. Es hat weiterhin auch keinen Sinn, sich nicht dazu zu äußern, dass jedes Jahr 100 000 Wohnungen aus der Bindung fallen, und sich nicht dazu zu äußern, wie man mit den 518 Millionen Euro Entflechtungsmitteln aus dem sozialen Wohnungsbau künftig umzugehen gedenkt. Geben Sie doch den Ländern das Geld über 2013 hinaus! ({3}) Machen Sie das zum Bestandteil eines Kompromisspaketes in der Frage der steuerlichen Förderung! Aber nichts von alledem bringen Sie voran. ({4}) Stattdessen schieben Sie der energetischen Gebäudesanierung auch noch die Mitverantwortung für den Mietenanstieg zu und schauen dabei zu, wie Ihre Justizministerin im Zuge der energetischen Gebäudesanierung sogar noch Mieterrechte abbaut. Man hat drei Monate kein Mietminderungsrecht im Falle einer energetischen Gebäudesanierung. ({5}) Herr Minister Ramsauer, das Mietrecht ist kein Instrument, um die energetische Gebäudesanierung voranzubringen. Das einzige Instrument ist eine verlässliche Förderung, und zwar aus dem Bundeshaushalt, in Höhe von mindestens 2 Milliarden Euro jährlich. ({6}) Das ist das einzig wirkungsvolle Instrument. Alles andere ist Unsinn. Es gibt natürlich Gründe für die steigenden Mieten: steigende Einwohnerzahlen in den Ballungsräumen, die Finanzmarktkrise und Großanleger und Kleinanleger auf globaler Ebene, die im Wohnungskauf Sicherheit suchen. Sogar der Bund verscherbelt seine eigenen Wohnungen, nämlich den TLG-Wohnungsbestand, mittlerweile an einen Investor, von dem wir nicht wissen, was er anschließend damit vorhat. Wir alle kennen die leuchtenden Beispiele von Annington. ({7}) - Sie brauchen mir jetzt nicht mit Dresden zu kommen. ({8}) Ich habe mich inzwischen erkundigt. Das ist am Ende erst durch ein Gerichtsurteil korrigiert worden; aber lassen Sie mich fortfahren. - Wir reden neben Annington von GAGFAH, von Fortress und von verzweifelten Mietern. Regelmäßig hören wir all diese Dinge. Nichts davon ist beim Wohnungsbauminister angekommen. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Kollegin, lassen Sie Zwischenfragen zu?

Daniela Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004184, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja.

Jan Mücke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003813, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Kollegin Wagner, ich bin gerne bereit, über das Thema Wohnungsprivatisierung ernsthaft zu diskutieren. ({0}) Aber wenn Sie dieser Bundesregierung vorwerfen, dass sie 11 000 Wohnungen privatisiert - Sie haben ja gerade gesagt, dass Sie das für etwas ganz Schlimmes halten -, dann stellt sich für mich die Frage: Wie beurteilen Sie als Mitglied der grünen Fraktion das Handeln der rotgrünen Bundesregierung in Ihrer Amtszeit, die über 200 000 Eisenbahnwohnungen des Bundes verkauft hat? ({1})

Daniela Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004184, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich halte grundsätzlich nichts davon, große Wohnungsbestände als große Pakete an Investoren zu verkaufen. ({0}) Ich halte sehr wohl etwas davon, Mieterprivatisierung vorzunehmen. Ich halte auch etwas davon, einzelne Pakete zu schnüren und sie an kommunale Wohnungsbauunternehmen oder an kommunale Verbünde, die sich bilden, zu verkaufen. Davon halte ich etwas. Ich halte etwas davon, überschaubare Einheiten zu belassen, damit der Mieter vor Ort weiß, mit wem er es zu tun hat ({1}) und nicht monatelang Briefe und E-Mails schreiben und telefonieren muss, ohne dass das irgendjemanden interessiert, weil der Chef irgendwo in England oder in Amerika sitzt. Dafür habe ich kein Verständnis. ({2}) Herr Ramsauer sagt, er sei ein verlässlicher Partner der Kommunen. Ja, was ist denn nun? Sie tun nichts in Richtung einer Änderung des BImA-Gesetzes, damit die BImA endlich aufhört, den Kommunen nur zu Höchstpreisen Kasernenareale zum Kauf anzubieten, mit der Folge, dass diese Areale in manchen Städten und Gemeinden jahrelang brachliegen, weil niemand den geforderten Preis bezahlen kann ({3}) bzw., wenn doch, niemand den Wohnraum, der dort dann entsteht, bezahlen kann. Sie leisten sich einmal mehr Kürzungen beim Programm „Soziale Stadt“. ({4}) Die einseitige Deckungsfähigkeit, die die Kollegin von der FDP so gerne mag, damit das Bund-Länder-Programm bloß nicht von den anderen Städtebauförderungsprogrammen profitieren kann, ist ein Unding. In den Stadtteilen, die in diesem Bund-Länder-Programm sind, wird die höchste Integrationsleistung erbracht, die überhaupt in der Republik geleistet werden kann. Dort gibt es Schulen, an denen mehr als 70 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben. All diese Integrationsleistungen müssen honoriert werden, und zwar insgesamt aus dem Bundeshaushalt. ({5}) Weitere Stichworte sind die Städtebauförderung und das Baugesetzbuch. Sie nutzen die Möglichkeiten, die das Baugesetzbuch bietet, nicht, um zum Beispiel Mietpreisobergrenzen festzulegen. Diese könnten quartiersbezogen festgelegt werden und die Stadtteile umfassen, in denen die Gentrifizierung mittlerweile zur Vertreibung von Mietern geführt hat. Sie lassen alles treiben und schauen zu, wie selbst Mittelstandsfamilien an die Stadtränder gedrängt werden, während in den Stadtkernen die Gehwege und die Türklinken vergoldet werden. Gegen all das tun Sie nichts. Deswegen kann ich Ihnen sagen: Sie haben als Verkehrsminister, zumindest als Bundesbauminister, komplett versagt. ({6}) Sie haben nichts, aber auch gar nichts in den vergangenen drei Jahren vorangebracht. Das Ergebnis Ihrer Regentschaft als Minister ist, dass es viele Baustellen auf den Straßen gibt, zugegebenermaßen, aber es gibt keinen preiswerten Wohnraum mehr, die Städtebauförderung wird zurückgefahren, das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ ist im Prinzip zahnlos geworden, weil nichtinvestive Maßnahmen nicht mehr möglich sind. Das ist ein komplettes Versagen. Sie haben Ihre Aufgabe als Bundesbauminister überhaupt nicht begriffen. ({7})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Fischer für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dirk Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000549, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die bisherige Bilanz der Haushaltspolitik der Koalition aus CDU/CSU und FDP kann sich sehen lassen. Das ist zu Recht heute schon mehrfach betont worden. ({0}) Unser Ziel, schon 2014 einen Haushalt ohne strukturelle Neuverschuldung aufzustellen, rückt in greifbare Nähe. Die nach der Schuldenbremse mögliche strukturelle Nettokreditaufnahme von 0,35 Prozent des Brutto25516 Dirk Fischer ({1}) inlandsprodukts halten wir bereits im nächsten Jahr ein, drei Jahre früher, als das Grundgesetz es vorsehen würde. Das ist ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung, der gerade im Sinne der nächsten Generation - Stichwort „Generationengerechtigkeit“ - eine große Bedeutung zukommt. Aber Investitionen dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Es muss eine Politik des Stop and Go gemacht werden. Deshalb sanieren wir, diese Koalition, den Bundeshaushalt wachstumsfreundlich. Anders die Opposition: Da wird mit dem Geld nur so um sich geworfen, als fiele dieses tagtäglich vom Himmel - und natürlich alles ohne Gegenfinanzierung. Das ist unseriös hoch drei. Wir dagegen stärken den Haushalt und den Standort Deutschland im Herzen Europas. Dazu gehört ganz entscheidend eine leistungsfähige Infrastruktur als Voraussetzung von individueller Mobilität und erfolgreicher Wirtschafts- und damit Arbeitsmarktpolitik. Dank und Anerkennung an unseren Bundesminister Peter Ramsauer und alle anderen, die mit großem Einsatz 750 Millionen Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur erkämpft und bereitgestellt haben. ({2}) Diese Mittel sind eine ganz wichtige Verstärkung, um unsere Verkehrswege zu erhalten und weiter auszubauen. Laufende Baumaßnahmen werden beschleunigt, dringende neue Projekte werden begonnen, Instandhaltungsdefizite werden beseitigt, die im Übrigen bei den Brückenbauwerken in Deutschland eine Hinterlassenschaft von elf Jahren SPD-Verkehrsministern sind. ({3}) - Sie wissen, Kollege Beckmeyer, dass ich in der Großen Koalition im Koalitionsgespräch bei Herrn Tiefensee gesagt habe: Bei mir hört da der Spaß auf. Wenn es um die Brückensicherheit geht, müssen wir das Notwendige tun. Alles andere könnte irgendwann einmal einen immensen Vertrauensschaden auslösen, den wir nie wieder ausgleichen können. - Das ist nach meiner Überzeugung historisch festzuhalten. Neue Radwege werden gebaut, Schleusen und Brücken werden saniert. Insgesamt fließen 517 Millionen Euro der Extramillionen in Straßen. Die Mittel für den Lärmschutz an Schienenwegen werden nochmals angehoben, und zwar um 40 Millionen Euro. Dies ist ein positives Signal für Anwohner von Bahnlinien. Die Abschaffung des Bonus von 5 Dezibel bei den Lärmwerten des Schienenverkehrs wird dieses noch einmal verstärken. ({4}) Das zeigt, dass diese Koalition das Problem der Lärmbelastung für unsere Bürger sehr ernst nimmt und auch handelt in dem Sinne. ({5}) Im Übrigen will ich bei dieser Gelegenheit einmal darauf hinweisen, dass der Lkw- und Pkw-Verkehr in Deutschland im Jahr 53 Milliarden Euro an Mineralölsteuer, darauf liegender Umsatzsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und Lkw-Maut zahlt. ({6}) 53 Milliarden! Davon fließen nur etwas mehr als 10 Prozent in die Straße zurück. Es muss Schluss gemacht werden mit dem Ammenmärchen, die Autofahrer müssten endlich einmal für die Straßen bezahlen. ({7}) Dies ist richtig dummes Zeug. Die Zunahme des Güterverkehrs erfordert stetige Verbesserungen. Zum Beispiel werden wir im Bundeshaushalt 2013 erstmals Mittel für nichtbundeseigene Schienenwege bereitstellen, insoweit sie Teil des öffentlichen Schienengüternetzes sind. Insgesamt geht es hier um 25 Millionen Euro als Einstieg in die Finanzierung. Wir erwarten, dass die Länder ihre Mittel für die Kofinanzierung bereitstellen. Hier müssen die Länder konstruktiv mitwirken. Das Gleiche gilt - das ist heute schon angesprochen worden - bei dem so wichtigen Thema der CO2-Gebäudesanierung. Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wird seit über einem Jahr von den SPD- und grüngeführten Ländern im Bundesrat blockiert. Dabei wissen wir doch, dass in der energetischen Gebäudesanierung mit über 40 Prozent die größten CO2Einspar- und Klimaschutzpotenziale vorhanden sind. ({8}) Wer dies als grüne Politikerin, Frau Kollegin Wagner, nicht ernst nimmt, der muss seinen Wählern endlich einmal eingestehen, dass er es mit CO2-Minderung und Klimaschutz eigentlich gar nicht so ernst nimmt, sondern das für ein Element politischer Taktiererei hält. ({9}) Dies ist der Lackmustest für Ihre Glaubwürdigkeit. Wir werden es Ihnen in den nächsten Monaten bis zur Wahl 2013 und darüber hinaus nicht ersparen, Sie in dieser Frage einem Glaubwürdigkeitstest zu unterwerfen. ({10}) Hinzu kommt, dass diese Maßnahme ein großes wirtschaftliches, finanzielles Potenzial beinhaltet. Denn jeder Euro an Förderung löst das Acht- bis Neunfache an privaten Investitionen aus, mit allen positiven Folgen: mehr Beschäftigung im Handwerk, steigende Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden und höhere Sozialbeiträge. Insbesondere Eigenheimbesitzer sollen durch die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung zu mehr Investitionen angeregt werden. Viele Eigenheime in Deutschland sind noch nicht energieeffizient ausgebaut. Nur wenn wir so viele Wohnungs- und Hauseigentümer wie möglich ins Boot holen, können wir die ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen. Wirken Sie also schnellstens auf die von Ihnen geführten Bundesländer ein, um diese Blockadehaltung endlich zu beenden. Dann hätten Sie sich um der Sache willen ein großes Verdienst erworben. Wer Nein zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung sagt, der sagt Nein zu Investitionen und Klimaschutz. Wer heute im Übrigen Nein zum Haushalt sagt, der sagt Nein zu einer besseren Verkehrsinfrastruktur, der sagt Nein zu besserem Lärmschutz, der sagt Nein zu neuen Radwegen, ({11}) der sagt Nein zur Sanierung von Schleusen und Brücken, der sagt Nein zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene usw. ({12}) Wer heute Nein sagt, sagt insgesamt Nein zu Haushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulsen. ({13}) Dabei ist genau dieses so wichtig, weil es Deutschland hilft, in der schwierigen Lage Europas auch in der Zukunft der Fels in der Brandung zu bleiben. ({14}) Nun höre ich - der Minister hat es schon angesprochen -, dass der Kollege Bartol dem Kollegen Pronold zwei Minuten Redezeit abgetreten hat. Damit soll wohl der verzweifelte Versuch unternommen werden, für die SPD hier noch etwas herauszureißen. ({15}) Ich will dem Kollegen Pronold den gutgemeinten Ratschlag aus der Bürgschaft von Schiller geben: Zurück! du rettest den Freund nicht mehr, So rette das eigene Leben! ({16})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich hoffe, dass ich für den nun folgenden Kurzbeitrag des Kollegen Pronold nicht die Parlamentsärztin zu Hilfe holen muss. ({0}) Jedenfalls erhält er jetzt als letzter Redner der Debatte das Wort. Bitte schön. ({1})

Florian Pronold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003612, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Herr Minister und der Herr Kollege Fischer sich so gründlich auf den Haushalt vorbereitet hätten wie auf meine Person, dann wären hier andere Reden gehalten worden. ({0}) Das, was wir hier erlebt haben, sind Nebelkerzen, Nebelkerzen über die echte Bilanz der schwarz-gelben Verkehrs- und Baupolitik der letzten drei Jahre. ({1}) Die Wahrheit ist, dass es keinen Fortschritt gegeben hat. Im Bereich des Verkehrs hat diese Regierung jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro eingesammelt, die nicht in die Infrastruktur zurückgeflossen sind. Sie hat auf ganzer Linie versagt. Das ist die Wahrheit, und darüber ist hier geschwiegen worden. ({2}) Der Herr Minister hat selber gesagt, dass die Sondermilliarde nur Luftschnappen ist und hinten und vorne nicht ausreicht. Was macht er heute? Eine Voodooberechnung von irgendwelchen zusätzlichen 2,5 Milliarden Euro, die sich im Haushalt zwar nirgends finden, die er aber irgendwo entdeckt zu haben glaubt. Auf die Frage des Kollegen Beckmeyer, warum die Investitionsquote sinkt, stammelt er und hat keine Antwort. ({3}) Die Wahrheit ist, dass Sie versagt haben bei der strukturellen Verbesserung der Infrastruktur. Die Wahrheit ist, dass weniger für Klimasanierung zur Verfügung steht als unter jeder anderen Bundesregierung. Sie können sich nicht mit dem Bundesrat herausreden. ({4}) Lieber Kollege Ramsauer, wenn man ein Fazit über Ihre Arbeit von über drei Jahren zieht, dann lernt man so wie ich, dass Sie nicht nur bei der Pkw-Maut versagt haben, sondern auch mit ihrem Bußgeldkatalog große Probleme haben. Das schaffen Sie vielleicht noch in dieser Legislaturperiode. Bitte nehmen Sie einen Passus für Irrfahrten von Verkehrsministern auf, dann würden Sie allein mit diesem Bußgeld den Haushalt sanieren und mehr Geld für die Infrastruktur zur Verfügung haben. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 12 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in der Ausschussfassung. Hierzu liegen vier Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor, über die wir zunächst abstimmen. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/11557. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/11558. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Auch für diesen Änderungsantrag hat es keine Mehrheit gegeben. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/11559. Wer stimmt dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dieser Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/11560. Wer will diesem Änderungsantrag zustimmen? - Das wird wieder nicht reichen. Wer ist dagegen? Wer enthält sich? - Auch dieser Änderungsantrag hat keine Mehrheit gefunden. Wir kommen nun zum Einzelplan 12 in der Ausschussfassung. Wer stimmt diesem Einzelplan zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Einzelplan 12 mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt I.19 auf: Einzelplan 32 Bundesschuld - Drucksache 17/10821 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({0}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({1}) Eine Aussprache ist hierzu nicht vorgesehen. Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über den Einzelplan in der Ausschussfassung. Wer stimmt diesem Einzelplan 32 zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Einzelplan 32 mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt I.20 auf: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung - Drucksache 17/10822 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({2}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({3}) Sven-Christian Kindler Zum Einzelplan 60 liegen ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke sowie ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 60 in der Ausschussfassung. Wir beginnen mit der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/11561. Wer will diesem Änderungsantrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? ({4}) Wer enthält sich? - Auch wenn nicht alle abgestimmt haben, ({5}) ist jedenfalls erkennbar, dass der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden ist. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/11562. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 60 - Allgemeine Finanzverwaltung - in der Ausschussfassung. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Einzelplan 60 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt I.21 auf: Haushaltsgesetz 2013 - Drucksachen 17/10824, 17/10825 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({6}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({7}) Zu dem Haushaltsgesetz 2013 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Präsident Dr. Norbert Lammert Eine Aussprache in der zweiten Beratung ist nicht vorgesehen. Wir kommen jetzt in zweiter Lesung zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2013 in der Ausschussfassung. Zunächst kommen wir zum Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/11563. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt. Jetzt kommen wir zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2013 in der Ausschussfassung. Wer stimmt dem zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Das Haushaltsgesetz 2013 ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Wir kommen nun zum Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 auf den Drucksachen 17/10201 und 17/10202. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache 17/10826, den Finanzplan zur Kenntnis zu nehmen. Möchte jemand gegen diese Beschlussempfehlung stimmen oder sich der Stimme enthalten? - Dann hat der Deutsche Bundestag den Finanzplan einvernehmlich zur Kenntnis genommen. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt IV auf: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 ({8}) - Drucksachen 17/10200, 17/10202, 17/10801, 17/10802, 17/10804 bis 17/10809, 17/10811 bis 17/10814, 17/10816, 17/10821, 17/10822, 17/10823, 17/10824, 17/10825 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({9}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({10}) Es wurden insgesamt 14 Entschließungsanträge eingebracht, über die wir nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. Über das Haushaltsgesetz werden wir zum Schluss dieser Debatte namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. Gibt es hier andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall, jedenfalls werden sie nicht vorgetragen. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion. ({11})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren jetzt abschließend einen Haushalt, der ein Zeugnis des Versagens dieser Bundesregierung ist. ({0}) Wir haben in dieser Woche die Einzelpläne diskutiert. Wir haben in dieser Woche von Peer Steinbrück gehört, mit welcher Fülle diese Bundesregierung eigentlich gesegnet ist, ({1}) wie viele Steuermehreinnahmen es gibt, wie viel man an Zinsgewinnen bei der Staatsschuld mitnimmt. Trotz dieser Steuermehreinnahmen und trotz dieser Geschenke, die sich über den Finanzminister ergossen haben, wird die Neuverschuldung, die im Haushalt 2012 bei 18,3 Milliarden Euro gelegen hat, im Haushalt 2013 bei 17,1 Milliarden Euro liegen. Das heißt, trotz hervorragender wirtschaftlicher Lage, trotz Steuermehreinnahmen und trotz Zinsgewinnen ist es dieser Bundesregierung nicht gelungen, die Neuverschuldung zu senken. Es werden in diesem Jahr Schulden gemacht. Es werden im nächsten Jahr Schulden gemacht. Das heißt, diese Bundesregierung, dieser Finanzminister haben es nicht geschafft, die guten Zeiten zu nutzen, um für die schlechten Zeiten Vorsorge zu treffen. ({2}) Man kann es ja aus den Reihen der Koalition hören: Dass es überhaupt zu diesen Steuermehreinnahmen gekommen ist - das zu sagen, sei mir erlaubt -, ist nicht ein Verdienst dieser Bundesregierung und ihrer Politik, ({3}) sondern das ist ein Verdienst der Reformen der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder. ({4}) Das sind die Reformen, die jetzt wirken. Diese Fakten muss man mit einbeziehen, wenn man diesen Haushalt betrachtet. Sie profitieren von dem, was Rot-Grün und Gerhard Schröder gemacht haben. Sie selber haben Mehreinnahmen, die Sie jedoch verspielen. Betrachten wir einmal, womit Sie sich aufhalten: Das ist zum Beispiel das heute auch schon von der Koalition angesprochene Steuerabkommen mit der Schweiz - hierüber haben wir schon interessante Gespräche geführt -, das der Bundesrat abschließend abgelehnt hat. Das ist gut für den braven, ehrlichen Steuerzahler in diesem Land, das ist gut für die ehrlichen Menschen; ({5}) denn Steuerhinterziehung lohnt sich nicht und Steuerhinterzieher werden nicht privilegiert werden, so wie Sie das vorhatten. ({6}) Betrachten wir das Ganze einmal etwas genauer. Das Problem kann man insbesondere an der Europakrise festmachen. Hierzu gibt es eine Zusammenfassung im Spiegel, die man sich einmal durchlesen sollte. Dort stehen unter der Überschrift „Merkel und Schäuble in der EuroKrise - Die Schönredner“ die schönen Worte: Beschönigen, Beruhigen, Beteuern - damit tun sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Euro-Krise hervor. Doch ihre Versicherungen erweisen sich in der Regel bald als Fehlinformationen oder Fehleinschätzungen. Dann wird seitenlang aufgezählt, was alles nicht funktioniert hat, was alles nicht geklappt hat. Schließlich heißt es: Das Fazit: Ob Merkel und Schäuble seit Anfang 2010 in Sachen Euro-Krise wiederholt die Unwahrheit gesagt haben oder ob sie es einfach nicht besser wussten, bleibt dahingestellt. Ebenso die Frage, was aus Sicht der Wähler hier eigentlich das Bedenklichere wäre: dass Politiker einer Partei, die das „C“ im Namen führt, fortgesetzt lügen ({7}) - oder dass unsere besten Politiker in Sachen Euro so naiv sind, dass sie glaubten, was sie sagten. Urteil: Die Aussagen der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers in Sachen Euro-Krise sind über die Jahre immer wieder völlig falsch. Note: eine klare Sechs. ({8}) So der Spiegel. So nachzulesen auf insgesamt sechs Seiten das Versagen der Bundesregierung in Sachen Europa. Gleichzeitig wissen wir, dass es in Sachen Griechenland zur Belastung des Bundeshaushalts kommen wird. Wir wissen auch, dass diese Belastung direkt vor der Tür steht. Ab Montag wird darüber verhandelt. Wir alle wissen, dass es Nachtragshaushalte geben muss, dass das uns allen entweder in diesem Haushalt oder im nächsten Jahr deutlich zur Last fallen wird. So hat Peer Steinbrück in seiner Rede darauf hingewiesen, dass in dem Haushalt, den wir jetzt für 2013 verabschieden wollen, die Griechenland-Hilfen, über die jetzt beraten wird, nicht enthalten sein werden. Das bedeutet, dass wir hier einen Haushalt für das nächste Jahr beschließen und schon jetzt wissen, dass es am Ende nicht so kommen wird, wie wir es beschließen. ({9}) Darum hat Peer Steinbrück darum gebeten, dass wir diesen Haushalt heute nicht so beschließen, sondern dass wir ihn schieben, sodass wir die Möglichkeit haben, die Risiken im Hinblick auf die möglichen Kosten im nächsten Jahr mit einzupreisen, damit der Haushalt nicht schon gleich in der Sekunde, in der Sie ihn verabschiedet haben werden, wieder Makulatur ist. Wo wir alle das doch wissen, wäre es ein Akt der Redlichkeit, die Blamagen, die wir uns im Rahmen der Euro-Krise bereits erlaubt haben, nicht fortzusetzen. Das geschähe aber, wenn wir jetzt einen Haushalt beschließen, von dem wir alle wissen, dass er in der Sekunde, in der er beschlossen wird, schon Makulatur ist. ({10}) Deswegen sollte man die Bitte von Peer Steinbrück nicht nur ernsthaft erwägen, sondern Sie sollten sich auch selbst einmal ans Revers fassen und aus dem Sumpf ziehen, die Bitte der Opposition aufgreifen und mit uns gemeinsam darüber reden. Schauen Sie sich einmal die Bilanz Ihres Handelns an: Wir haben hier über EFSF und ESM verhandelt, wir haben gehebelt, wir haben alle möglichen Dinge getan, die sich nach Monaten als Fehlschläge herausgestellt haben. Das Einzige, das Sie, Herr Schäuble, und Ihre Regierung zurzeit rettet, ist die Europäische Zentralbank. Dort wird zurzeit das Geld gedruckt, von dort wird auf den Sekundärmärkten aufgekauft. Das hätten Sie übrigens schon am Anfang dieser Krise haben können, wenn Sie nicht zweieinhalb Jahre lang von Gipfel zu Gipfel gerannt wären, die Krise nicht immer schlimmer geworden wäre, Sie nicht Sachen zugesagt und versprochen hätten, die drei oder vier Monate später nicht mehr wahr sein sollten. Dann hätte man vielleicht das Vertrauen der Märkte gewinnen können. Man kann fragen: Was wäre die Alternative gewesen? Wir haben über die Alternativen geredet. Ich sage es einmal so: Man kann über das, was die Europäische Zentralbank jetzt macht und was Sie begrüßt haben, und darüber, ob das später zu einer Inflation führt, denken, was man will. Aber eines ist doch sicher: Hätte man dies am Anfang der Krise gemacht, dann wäre die Krise nicht so schlimm gekommen, wie sie gekommen ist. ({11}) Man muss am Anfang einer Krise energisch auftreten, so wie wir es in der Großen Koalition gemeinsam geschafft haben. ({12}) Damals haben wir am Anfang der Krise alle notwendigen Maßnahmen beschlossen und die Krise relativ schnell in den Griff bekommen. Sie haben hier aber über Jahre nur Gipfelhopping betrieben und keine Ergebnisse vorgelegt. Die Krise wurde immer schlimmer. Die Menschen, die abhängig Beschäftigten, die Rentner, die Bürger in Griechenland, Spanien und Portugal müssen es ausbaden. Wir Steuerzahler in Deutschland müssen es ausbaden; wir müssen es in diesem Bundeshaushalt ausbaden. Wenn man am Anfang richtig gehandelt hätte, dann hätte sich der Spiegel die sechs Seiten über das Scheitern einer Bundesregierung sparen können. Tun Sie uns, tun Sie sich, tun Sie diesem Land den Gefallen: Halten Sie inne! Verschieben Sie die Verabschiedung dieses Haushalts! Machen Sie sich ehrlich! Dann kommen wir gemeinsam klar. Wenn Sie einen vernünftigen Weg wählen, ist die Opposition bereit, Sie zu unterstützen. Vielen Dank. ({13})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Kollege Norbert Brackmann von der CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Norbert Brackmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004017, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer seine Rede so aufbaut, dass er einerseits frühe Entscheidungen fordert und andererseits appelliert, die heute anstehende Verabschiedung des Haushalts zu verschieben, der strahlt wirklich eine besondere Tatkraft aus. ({0}) Darüber kann auch noch so große Kampfrhetorik nicht hinwegtäuschen. ({1}) Sie müssen auch nicht ständig Ihren Kanzlerkandidaten zitieren. Die Zeitungen berichten: Erst hat die SPD kein Glück, dann kommt auch noch Peer dazu. ({2}) Sie unterstützen das auch noch. Das ist doch jener Peer Steinbrück, der hier mit einem Haushaltsentwurf geendet ist, in dem er 86,1 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung vorsah. Heute sind wir bei 17,1 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung im Haushalt 2013 ({3}) und haben damit die Nettoneuverschuldung so weit zurückgeführt, wie sie in Deutschland noch nie innerhalb einer Legislaturperiode zurückgeführt worden ist. ({4}) Das ist aber nicht die einzige Einmaligkeit. In dieser Legislaturperiode haben wir mit einem Haushaltsvolumen von 303,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 angefangen. Jetzt legen wir einen Haushalt mit einem Volumen von 302 Milliarden Euro vor. Auch das hat es in der Geschichte Deutschlands noch nicht gegeben, dass das Haushaltsvolumen am Ende einer Legislaturperiode geringer war als am Anfang. ({5}) Genauso wahr ist, dass wir drei Jahre früher, als es unser Grundgesetz vorschreibt, die Schuldenbremse einhalten. Wir dürfen ab 2016 eine Nettoneuverschuldung gemessen am BIP von maximal 0,35 Prozent erreichen. Schon 2013 erreichen wir 0,34 Prozent. Auch dies zeigt deutlich, dass wir uns auf einem Konsolidierungspfad ohnegleichen befinden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben diese Woche immer wieder ähnliche Vorwürfe der Opposition zur Kenntnis genommen. Der eine Vorwurf ist, dass im Bereich Arbeit und Soziales gespart werde. Klar: Wir geben hier weniger aus; das ist so. Aber warum ist es so? Weil wir es geschafft haben, die Menschen wieder in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, und weniger Arbeitslosigkeit finanzieren müssen. ({6}) 2005 hatten wir 38,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, 2010 waren es 40,5 Millionen und im September 2012 41,85 Millionen. Das ist der höchste Stand in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Auch das ist ein Erfolg dieser christlichliberalen Koalition. ({7}) Sie werfen uns vor - auch der Kollege Kahrs eben wieder -, wir hätten den höchsten Stand an Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik. ({8}) Ja, das ist richtig. ({9}) Die Frage ist: Was folgt daraus? ({10}) Sie sagen: „nichts daraus gemacht“. Was machen Sie denn daraus? ({11}) Sie wollen trotz des höchsten Stands an Steuereinnahmen noch mehr Steuereinnahmen generieren ({12}) durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, durch eine höhere Erbschaftsteuer und durch die Einführung einer Vermögensteuer. Das würde eine weitere Belastung der Wirtschaft nach sich ziehen. ({13}) Sie haben im Haushaltsausschuss des Bundestages Mehrausgaben von 6,3 Milliarden Euro beantragt und blähen damit den Ausgabensektor weiter auf. ({14}) Haushalt hat etwas mit Haushalten zu tun, ({15}) das heißt, man muss sich selbst beschränken. Diejenigen, die in Deutschland Steuern zahlen, haben einen Anspruch darauf, dass wir vernünftig haushalten und unsere Ausgaben begrenzen. ({16}) Die Frage, was wir mit den Steuereinnahmen gemacht haben, ist natürlich berechtigt. ({17}) Wir haben damit Maßnahmen für die Zukunftssicherung Deutschlands angeschoben und weiter verstärkt. ({18}) Als ein Land, das nicht auf Rohstoffe bauen kann, muss Deutschland weiter in Bildung und Forschung investieren. Der Etat für 2013 ist mit 13,7 Milliarden Euro der Etat, der sich durch den höchsten Mitteleinsatz für Bildung und Forschung in der Geschichte der Bundesrepublik auszeichnet. Damit schaffen wir eine zukunftsfähige Struktur. ({19}) Beim letzten Tagesordnungspunkt wurde es im Zusammenhang mit der Verkehrsinfrastruktur schon angesprochen: Wir geben 750 Millionen Euro mehr für die Infrastruktur aus. Zudem zeichnet diese Koalition aus, dass wir unsere Kommunen weiter stärken. ({20}) Noch nie hat eine Koalition so viel für die finanzielle Ausstattung der Kommunen getan, wie wir das getan haben. Allein die Erhöhung des Bundesanteils an der Grundsicherung auf 75 Prozent würde die Kommunen enorm entlasten - wenn nicht Ihre Länder diejenigen wären, die sich mit ihren klebrigen Fingern einen Teil davon in die eigene Tasche stecken. ({21}) - Fragen Sie Ihren Kollegen Albig, der sich die Hälfte der Mittel in die Tasche steckt und damit den Kommunen Geld wegnimmt. ({22}) Der Überschuss an Steuereinnahmen geht mit einer wirtschaftlich günstigen Entwicklung einher. Die Kommunen haben in 2012 insgesamt - das heißt jetzt nicht, dass es allen Kommunen gut geht - einen Überschuss von 2,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das BMF schätzt, dass wir 2016 in der kommunalen Familie 5,3 Milliarden Euro Überschuss haben werden. ({23}) Diese Erfolgszahlen muss man nicht verstecken, sondern man muss sie den Menschen mitteilen. Was tun Sie? Sie blockieren genau diese Weiterentwicklung hin zu einer Verbesserung der Steuereinnahmen für die Länder und Kommunen. ({24}) Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz wurde schon angesprochen. Das haben Sie soeben im Bundesrat mit Ihrer Mehrheit blockiert. ({25}) Sie, Herr Kahrs, begründen Ihre Ablehnung hier damit, dass dadurch Steuerhinterziehung möglich gemacht wird. ({26}) Sie machen mit Ihrer Blockade Steuerhinterziehung möglich; denn die ersten Hinterziehungen verjähren aufgrund Ihrer Blockade, und es ist dadurch nicht mehr möglich, die hinterzogenen Steuern für Deutschland einzutreiben. ({27}) Mit Ihrer Hilfe sichern sich ausgerechnet diejenigen, die ihr Vermögen in die Schweiz schaffen können - und das ist nicht die breite Masse der Bevölkerung -, ihre Vorteile aus der Steuerhinterziehung. Sie verhindern mit Ihrer Blockade, dass rund 10 Milliarden Euro in die Haushalte der Länder und Kommunen fließen. ({28}) Sie verhindern damit, dass die finanzielle Situation der Länder und Kommunen verbessert wird. Das ist für sich genommen schon schlimm genug. Dann müssen wir uns aber auch noch von Ihrem Kollegen Steinbrück anhören, wir müssten Steuerschlupflöcher in Griechenland stopfen. Griechenland verhandelt aber gerade auf der Basis des Abkommens, das wir mit der Schweiz verhandelt haben, ein solches Abkommen. Im nächsten Jahr werden wir vor der Situation stehen, dass Griechenland dieses Schlupfloch durch ein Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen hat, während wir Deutsche hinterherhinken, weil wir das nicht schaffen. ({29}) Dann tragen Sie die Verantwortung dafür, dass wir als Deutsche nicht in der Lage sind, Steuern so einzutreiben, wie Griechenland das kann. ({30}) Wer soziale Verantwortung spürt, ({31}) wer mit dem Herzen bei den real existierenden Menschen ist und in die Zukunft Deutschlands investieren will, der muss diesem Haushalt 2013 zustimmen. Vielen Dank. ({32})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch das Wort. ({0})

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Zuschauertribünen! Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte einmal ein Vorbild: die schwäbische Hausfrau. Die Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau durfte in keiner Rede fehlen. ({0}) Daran sollten sich die Menschen ein Beispiel nehmen. Jetzt muss ich Ihnen aber sagen: Die schwäbische Hausfrau ist tot. Die Koalition hat sie auf dem Gewissen; denn Sparsamkeit an der richtigen Stelle ist für diese Bundesregierung ein Fremdwort. Das sollten sich alle merken. ({1}) Wir haben gerade vor einer knappen halben Stunde Herrn Ramsauer hier erlebt. Herr Ramsauer hat für seinen Wahlkampf in Bayern außer der Reihe, zwei Wochen vor Verabschiedung des Haushalts, 750 Millionen Euro bekommen. ({2}) Horst Seehofer hat sein unsinniges Betreuungsgeld durch den Bundestag peitschen können, obwohl er gar nicht mehr Mitglied des Bundestages ist. Diese Maßnahmen kosten alle Steuerzahler ab 2014 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Die Koalition hat sich also einen Wahlkampfhaushalt gestrickt. Das hat mit seriöser Haushaltspolitik nichts zu tun. Ich nenne das illegale Parteienfinanzierung. ({3}) Wir als Linke haben viele Sparvorschläge unterbreitet. Besonders im Rüstungsbereich lassen sich Milliarden einsparen. Ich nenne hier nur einmal exemplarisch die Auslandseinsätze der Bundeswehr. ({4}) Sie kosten schon jetzt 1 Milliarde Euro im Jahr. Diese gefährlichen und kostspieligen Kriegseinsätze sind noch gar nicht beendet, da will die Bundesregierung mit Patriot-Raketen in den Syrien-Konflikt eingreifen. Das ist brandgefährlich. Das dürfen wir nicht zulassen. ({5}) Leider wurden alle unsere Vorschläge zur Reduzierung der Kriegskosten von der Koalition abgelehnt. Wenn man darüber nachdenkt, merkt man, dass das eigentlich gar nicht so verwunderlich ist; denn wenn es keine Kriege gäbe, dann würden ja auch die deutschen Waffenexporte nicht so florieren. In diesem Sinne ist die FDP-Außenpolitik eng mit der FDP-Wirtschaftspolitik verbunden. Das ist wirklich Politik für Rüstungslobbyisten aus einem Guss. Wir fordern: Keine Rüstungsexporte in Krisengebiete! Das muss sofort beendet werden. ({6}) Meine Damen und Herren, wenn es um Sparen geht, dann muss man auch sagen: Die Bundesregierung ist nicht bereit, ungerechtfertigte Subventionen für Unternehmen abzubauen. Dem Bundeshaushalt gehen durch die Energiesteuersubvention für die Industrie 3,3 Milliarden Euro pro Jahr verloren. Nun werden viele sagen: Ja, wir wollen, dass Industriearbeitsplätze erhalten bleiben. Richtig. Aber was wird da alles subventioniert? Selbst Golfplätze erhalten jetzt Energiesubventionen. ({7}) In Deutschland wird immer mehr Menschen der Strom abgeschaltet, weil sie ihre Stromrechnung nicht bezahlen können. Und was machen Sie? Sie übernehmen die Stromrechnungen für Ihre Golfplätze. Besser kann man die Spaltung dieser Gesellschaft nicht beschreiben. Das ist ein Verdienst dieser Koalition. Die Gewinne der Stromkonzerne und der Golfklubs müssen nicht in den Himmel wachsen, aber die Strompreise - das ist unsere Forderung - müssen endlich wieder staatlich kontrolliert werden. Wir brauchen dringend eine Strompreisbremse. ({8}) Wir haben es die ganze Woche gesehen: Die Koalition hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Selbst die Deutsche Bank geht in ihrem aktuellen Konjunkturbericht von einem Stillstand der Wirtschaft im Winterhalbjahr aus. Wir fordern, dass im Haushalt Vorsorge zu treffen ist. Eine vorausschauende Politik muss zumindest den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit wieder einführen, damit ausreichend Geld da ist, um in einer Krise Kurzarbeitergeld zu zahlen. Wir haben eine Verantwortung für die arbeitenden Menschen in diesem Land. Die müssen Sie von der Koalition auch wahrnehmen. ({9}) Eine vorausschauende Politik muss ein finanzielles Polster anlegen. Wir fordern eine Vermögensteuer in Form einer Millionärsteuer, eine Finanztransaktionsteuer und einen höheren Spitzensteuersatz auf sehr hohe Einkommen. Wir als Linke haben zahlreiche Änderungsanträge eingebracht, die alle ein Ziel verfolgen: Wir wollen einen Rettungsschirm für Arbeitnehmer, Familien, Rentner und Arbeitslose aufspannen. Mit unseren Steuervorschlägen könnten wir 61 Milliarden Euro pro Jahr mehr einnehmen. Dieses Geld brauchen wir dringend, um auf die kommende Krise vorbereitet zu sein. ({10}) An einer Stelle allerdings will ich diese Koalition auch einmal loben. Die Abschaffung der Praxisgebühr war richtig. ({11}) Wir sehen das auch als Erfolg der Linken an. Wir hatten schon bei der Einführung der Praxisgebühr durch SPD, CDU/CSU und Grüne gewarnt. Allerdings - das muss ich Ihnen auch sagen - können wir es uns in unserer schnelllebigen Zeit wirklich nicht leisten, dass offensichtliche Fehler erst nach neun Jahren korrigiert werden, und die Bundesregierung macht genügend Fehler, die schnellstens korrigiert gehören. ({12}) Ich möchte unsere Kritik an dem Haushalt 2013 noch einmal in drei Punkten zusammenfassen: Erstens. Dieser Haushalt ist kein Schutzschirm für die Menschen in unserem Land. Die Regierung lässt die Bürger im Regen stehen. Zweitens. Die Bundesregierung unternimmt nichts, aber auch gar nichts, um die soziale Spaltung in unserem Land zu überwinden. Im Gegenteil: Sie verschärft die Spaltung und gefährdet damit den Zusammenhalt der Gesellschaft. Drittens. Die Bundesregierung verschwendet Steuermittel für den Wahlkampf. Uns wurde ein Wahlkampfhaushalt vorgelegt und keiner, der sich auf die nächste Krise einstellt. Meine Damen und Herren, dieser kritische Nachruf auf die schwäbische Hausfrau zeigt, dass sie gar nicht so sparsam war wie von der Kanzlerin immer behauptet. Wenn es um Kürzungen im Sozialbereich ging, war die Sparsamkeit legendär. Wenn es aber um Rüstungsaufträge oder Wahlgeschenke für Unternehmen ging, neigte die schwäbische Hausfrau zur Verschwendung. Aber dieser Nachruf gilt nicht nur der schwäbischen Hausfrau. Es ist auch ein Nachruf auf diese Bundesregierung. Wir haben in unendlich langen Sitzungen im Haushaltsausschuss und in anderen Ausschüssen über den Haushalt 2013 immer wieder diskutiert. Aber schon jetzt ist klar, dass es vergeudete Lebenszeit war; denn wenn der Schuldenschnitt für Griechenland kommt - und wir alle gehen davon aus, dass er kommt -, dann ist dieser Haushalt nur noch Makulatur. Die Koalition hat sich bei den Haushaltsberatungen wie ein kleines Kind die Hände vor die Augen gehalten und die EuroKrise einfach ausgeblendet. Wir alle wissen: Wir werden wahrscheinlich bereits am Anfang des nächsten Jahres hier über einen Nachtragshaushalt diskutieren. Dieses Ignorieren, dieses Augenzuhalten wird sich in den nächsten Monaten bitter rächen. Aber leider hat die Bundesregierung die Gewohnheit, die Bürgerinnen und Bürger zahlen zu lassen, anstatt selber zu zahlen. Die Linke wird diesen Haushalt ablehnen. Da wir sowieso bald über einen Nachtragshaushalt beraten müssen, haben Sie alle Chancen, unsere Vorschläge und Anregungen im Sinne der Menschen für dieses Land aufzunehmen. Vielen Dank. ({13})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. h. c. Jürgen Koppelin von der FDP-Fraktion. ({0})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn Dank sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Haushaltsausschusses. ({0}) Wenn Sie erlauben, möchte ich auch Dank sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Abgeordnetenbüros für die sehr gute Zuarbeit. Es ist auch für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Tagen nicht leicht gewesen. ({1}) Die Koalition ist mit dem Bundeshaushalt 2013 dem Ziel, ohne Neuverschuldung auszukommen, ein Stück nähergekommen. ({2}) Wir könnten sogar einen Überschuss von etwa 2,1 Milliarden Euro verzeichnen, ({3}) wären da nicht die Ausgaben für den Europäischen Stabilitätsmechanismus von etwa 8,7 Milliarden Euro und die zusätzlichen Zugeständnisse an die Bundesländer im Umfang von 10,5 Milliarden Euro. Carsten Schneider macht schon jetzt laufend Zurufe; deshalb komme ich direkt auf ihn zu sprechen. ({4}) Zu Beginn der Haushaltsdebatte sprach der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Carsten Schneider, von - ich zitiere - „Chaos, Verantwortungslosigkeit, Blindheit für die großen Aufgaben“. ({5}) Als er das sagte, habe ich gedacht: Jetzt spricht er vom Flughafen Berlin-Brandenburg. ({6}) Weit gefehlt: Keiner der Redner der Sozialdemokraten ist auf das Versagen der Herren Wowereit und Platzeck eingegangen. Auch das schlägt im Bundeshaushalt mit dreistelligen Millionenbeträgen zu Buche; auch das muss der deutsche Steuerzahler bezahlen. ({7}) - Herr Trittin, Sie sind doch gar nicht dran. Melden Sie sich doch einfach! Sonst ist das nicht so gut für Sie und Ihren Blutdruck. ({8}) Dann sprach die Opposition, zuletzt die Kollegin Lötzsch, auch noch von einem „Wahlkampfhaushalt“. ({9}) Ach, wenn doch Wahlkampfhaushalte immer so aussehen würden! Die Koalition hat in den Haushaltsberatungen die Nettokreditaufnahme noch einmal erheblich gesenkt. Darauf sind wir stolz. ({10}) Bereits drei Jahre früher als vorgesehen, kann jetzt im Sinne der Schuldenbremse ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Darauf sind wir stolz. Die Ausgaben im Jahre 2013 liegen unter denen der vorherigen Haushalte. Die Koalition hat Ausgabendisziplin gewahrt. ({11}) Darauf sind wir stolz. Der Personalbestand des Bundes ist weiter reduziert worden, im Vergleich zu 2010 um 11 340 Stellen. ({12}) Darauf sind wir stolz. Trotz der Ausgabensenkungen im Bundeshaushalt 2013 steigen die Investitionen des Bundes um 470 Millionen Euro. Das sichert Arbeitsplätze. Darauf sind wir stolz. ({13}) Dem gegenüber stehen die von den Sozialdemokraten geforderten 7 Milliarden Euro Mehrausgaben, die durch Steuererhöhungen bezahlt werden sollen. Eine Reichensteuer muss her, damit der Wunschzettel der SPD erfüllt werden kann. ({14}) Selbst Peer Steinbrück spricht plötzlich davon, dass der Spitzensteuersatz erhöht werden müsse. Vielleicht sollten die Sozialdemokraten - allerdings auch Peer Steinbrück - einmal nachlesen, was Steinbrück als Finanzminister hier wörtlich im Bundestag gesagt hat: 25 Prozent der Steuerzahler, also diejenigen mit einem Einkommen im oberen Bereich, zahlen über 80 Prozent der Steuern in Deutschland. ({15}) Irgendwann - so Steinbrück damals als Finanzminister muss es Ihnen doch einmal auffallen, dass es diese Statistik gibt. Das sollte man sich doch merken bei den Sozialdemokraten. Herr Steinbrück hat allerdings auch das vergessen. Er hat vieles an der Garderobe abgegeben, was er vielleicht hätte in Erinnerung haben müssen. ({16})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege Koppelin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hoppe von den Grünen zulassen?

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Selbstverständlich, das verlängert ja meine Redezeit. Und Frau Künast kann sich dann wieder beruhigen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön, Herr Hoppe.

Thilo Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003558, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Koppelin, Sie zählen gerade auf, auf was alles Sie stolz sind. Ich möchte fragen, ob Sie auch stolz darauf sind, dass erstmals der Entwicklungsetat auf Ihr Betreiben hin gekürzt wurde. ({0}) Wie gehen Sie mit der Kritik Ihres Parteifreundes, des Entwicklungsministers Niebel, um, der sehr verärgert darauf reagiert hat und gesagt hat, damit verabschiede sich das Parlament vom 0,7-Prozent-Ziel?

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Diese Debatte, Herr Kollege, haben wir in dieser Woche schon geführt; aber ich will trotzdem darauf antworten. Ich kenne den einen oder anderen Minister, der leicht verärgert ist, weil wir seinen Etat etwas verändert haben. Das ist bei den Haushaltsberatungen nun einmal so. Ich wiederhole mich, ich weiß nicht, zum wievielten Mal: Die Grünen haben diesem Antrag, den die Koalition damals im Haushaltsausschuss gestellt hat, mit den entsprechenden Kürzungen zugestimmt. ({0}) Deshalb weise ich diese Aufregung zurück. Herr Steinbrück beklagte in dieser Woche, wir hätten zu wenig Gesetzesinitiativen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung gehabt. Dazu sage ich Ihnen: Nicht laufend neue Gesetze helfen bei der Förderung von Wachstum und Beschäftigung; Gesetze haben wir nämlich genug. Er hat - als Bundesfinanzminister übrigens - vergessen, dass der Bundeshaushalt auch ein Gesetz ist. Hier machen wir etwas für Wachstum und Beschäftigung. Das sieht man auch bei diesem Haushalt 2013, den wir beschließen wollen. Weiter kritisieren Herr Steinbrück und auch die SPD, dass wir 1 Milliarde Euro von der KfW in den Bundeshaushalt fließen lassen. ({1}) - Hört doch einfach einmal zu! Ich weiß gar nicht, warum ihr euch so aufregt. ({2}) Steinbrück sagte wörtlich, das sei „eine Neuauflage der Panzerknackerbande“. ({3}) Das Protokoll verzeichnete „Heiterkeit bei der SPD“. Erstens ahne ich, warum die SPD gelacht hat; das sage ich Ihnen aber später. Er sprach von einer „Neuauflage“. Er ist nämlich Ehrenmitglied in der Panzerknackerbande, weil er früher als Bundesfinanzminister von den ERP-Mitteln schon einmal 2 Milliarden Euro weggenommen hat, um sie in den Bundeshaushalt fließen zu lassen. Sie haben gelacht, weil wir nur so wenig weggenommen haben. Sie hätten nämlich viel mehr weggenommen. Da haben Sie über uns gelacht. ({4}) Das müssen Sie doch nach den Auftritten Ihres Kanzlerkandidaten hier zugeben. Diese Auftritte und überhaupt der Start Ihres Kanzlerkandidaten waren mehr als rumpelig. ({5}) - Ja, natürlich; wir müssen uns aber doch mit Ihrem Kanzlerkandidaten auseinandersetzen, lieber Herr Kollege, und der Start war mehr als rumpelig. ({6}) Ich zitiere nur, was Frau Nahles gesagt hat: Steinbrücks Start war rumpelig. - Diese Aussage ist nicht von mir. Damit müssen Sie sich beschäftigen. ({7}) Diesen Kanzlerkandidaten also lassen Sie hier reden. Dabei hat er seinen Blödsinnsvergleich - sage ich einmal ganz offen - mit der Frittenbude gebracht; den möchte ich gar nicht wiederholen. Soll ich Ihnen was sagen? Jede Frittenbude hat ein besseres Personalmanagement als die SPD und Herr Steinbrück in diesen Tagen. Das kann man auch lesen. ({8}) Natürlich wissen wir, dass der Bundeshaushalt nicht unabhängig von äußeren Einflüssen ist. Die Stichworte sind Griechenland, Portugal und Spanien. ({9}) - Herr Präsident, darf ich einmal fragen, ob nicht ein bisschen Ruhe bei der SPD eintreten kann? ({10})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kahrs, Sie hatten ja bereits Gelegenheit, hier zu sprechen. Wenn Sie wünschen, weitere Äußerungen zu machen, dann können Sie sich zu einer Kurzintervention melden. ({0})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das weiß ich.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Jetzt hat der Kollege Koppelin das Wort.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. - In dieser Woche ist zu Recht darauf hingewiesen worden, wie wichtig auch für uns die Haushalts- und WirtschaftsdaDr. h. c. Jürgen Koppelin ten unseres französischen Partners sind. Deutschland und Frankreich müssen enge Partner sein, damit Europa stabil bleibt. Es überrascht schon, dass die SPD bei diesen Haushaltsdebatten Frankreich und den sozialistischen Präsidenten überhaupt nicht mehr erwähnt. ({0}) Noch Ende Mai hieß es in einer Presseerklärung aus der SPD-Bundestagsfraktion: „Europa braucht mehr Hollande und weniger Merkel“. Die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich liegt bei 23 Prozent, die Haushalts- und Wirtschaftsdaten sind katastrophal. Nach sechs Monaten Amtszeit des Sozialisten Hollande befindet sich Frankreich im Abwärtsstrudel. Darüber können wir uns als Deutsche nicht freuen; ich stelle das einfach nur fest. Ich will nicht mehr Hollande, ich will mehr Merkel. Das ist das Entscheidende. ({1}) Wir können auf unsere Politik stolz sein. ({2}) Mit dieser Koalition ist die Jugendarbeitslosigkeit zurückgegangen. Mit dieser Koalition sind die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen, und wir haben erfreulicherweise immer noch eine sehr gute Konjunktur. ({3}) Das alles kann sich sehen lassen. Die Sozialdemokraten haben uns dabei nicht geholfen, die Grünen, die jetzt noch einmal 8 Milliarden Euro Mehrausgaben fordern, übrigens auch nicht. Wenn wir die auf Ihrem Bundesparteitag beschlossene Hartz-IV-Erhöhung von 50 Euro umsetzen würden, würde das den Haushalt mit 7,4 Milliarden Euro mehr belasten. Woher wollen Sie das Geld denn nehmen? ({4}) Das können Sie doch nur durch Steuererhöhungen schaffen. All das, was Sie hier fordern, ist doch unrealistisch. Grüne Parteitage - Herr Trittin winkt ab - sind sowieso etwas Besonderes. Ich erinnere mich: Sie haben einmal in Kiel, also in meinem Heimatland SchleswigHolstein, einen Bundesparteitag abgehalten. Kleine Rückblende: Da forderte der Parteivorsitzende Özdemir, dass Schuldenländer wie Griechenland nicht fallengelassen werden dürfen; darüber können wir uns unterhalten. Dann sprach der Festredner, der ehemalige griechische Ministerpräsident Papandreou, der wie die Grünen eine Vergemeinschaftung der Schulden durch Euro-Bonds forderte. Da kann ich nur sagen: Gut, dass Rot und Grün jetzt nicht regieren. - Papandreou reist übrigens inzwischen laut Medienberichten auf Luxustouren um die Welt. Das ist das Vorbild der Grünen. Das kann ich gut verstehen. Wenn ich einmal die Reden der Sozialdemokraten Revue passieren lasse, merke ich, dass es einen roten Faden gab: das ständige Zitieren aus der Frankfurter Rundschau. Ich würde einmal sagen: Diese kostenlosen Werbeeinblendungen für die Frankfurter Rundschau werden dieser SPD-nahen Zeitung, die Insolvenz angemeldet hat, nicht helfen. Zum Schluss noch eine Meldung, die ich Ihnen nicht ersparen kann. Die SPD besitzt eine Reisefirma namens Ambiente. Diese betreibt ein Kreuzfahrtschiff. ({5}) - Ja. ({6}) - Wir reden über Einnahmen. Den Zusammenhang werden Sie gleich sehen. ({7}) - Er kann wirklich nicht ruhig zuhören, Herr Präsident. ({8}) Die SPD betreibt also ein Kreuzfahrtschiff. Es musste in Griechenland aufgrund von Schulden der Reederei zwangsweise vor Anker gehen. Die Passagiere wurden nach Deutschland ausgeflogen. Die Schatzmeisterin der SPD, unsere Kollegin Hendricks, erklärte dazu: Wir sind interessiert, die Schiffsreisen fortzusetzen; denn mit diesem touristischen Angebot will die SPD neue Einnahmequellen erschließen. Prominente Mitreisende sollen den Verkauf fördern. - Das wäre doch etwas für Peer Steinbrück als Prominenter. Er könnte dort als Redner auftreten. ({9}) Denn ich befürchte, mit der Kanzlerschaft wird es nichts für Steinbrück. Wie soll ich es anders formulieren? Er muss, wenn es so weitergeht, aufpassen, dass er überhaupt euer Kanzlerkandidat bleibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt 2013 zeichnet sich durch solide Staatsfinanzen aus. ({10}) Er zeichnet sich dadurch aus, dass die schwarz-gelbe Koalition dafür gesorgt hat, dass Deutschland auch 2013 finanz- und haushaltspolitisch Stabilitätsanker ist. Die FDP wird diesem Haushalt zustimmen. Die Opposition sollte wegen Alternativlosigkeit ebenfalls zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({11})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Tobias Lindner.

Dr. Tobias Lindner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004217, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während wir heute diesen Haushaltsentwurf abschließend beraten, ist Angela Merkel in Brüssel wohl gerade dabei, die Scherben der vergangenen Nacht zusammenzukehren. Die Bundeskanzlerin tritt ja in Europa als diejenige auf, die den nächsten EU-Haushalt, die nächsten Haushalte gern kürzen würde. Genauso wenig wie man zur politischen Mitte in diesem Land gehört, nur weil man zwischen Rainer Brüderle und Horst Seehofer sitzt, genauso wenig ist man eine engagierte Europäerin, nur weil man weniger Kürzungen möchte als David Cameron, meine Damen und Herren. ({0}) Wir beraten heute einen Etatentwurf - der Kollege Johannes Kahrs hat es schon erwähnt -, der in wenigen Tagen bereits überholt sein könnte. Sagen Sie den Menschen in diesem Land endlich die Wahrheit: Die Rettung Griechenlands, der Verbleib Griechenlands in der EuroZone wird den deutschen Steuerzahler Geld kosten, auch im Bundeshaushalt. Sprechen Sie diese Wahrheit endlich aus! Ich bin froh, dass man sich jetzt politisch dazu entschieden hat - zumindest nehme ich die Äußerungen von Horst Seehofer und Angela Merkel so wahr -, dass Griechenland in der Euro-Zone verbleiben soll. Aber es ist schon sinnbildlich für Ihre Koalition, dass man auch andere Töne hört. Es ist schon sinnbildlich, wenn der Vizekanzler im Sommer Sätze sagt wie: Ein Austritt Griechenlands hat den Schrecken verloren. - Was für ein Schrecken, meine Damen und Herren, ist das für die Menschen in Griechenland, die unter harten Sparbemühungen leiden müssen? Was für ein Bild von Deutschland zeichnet das? Ich präsentiere Ihnen noch etwas. Die dpa meldete um 10.16 Uhr heute Morgen: „Söder schließt Euro-Aus für Griechenland weiter nicht aus.“ Zitat: Der Austritt des Landes aus dem Euro müsse eine Option bleiben, forderte Bayerns Finanzminister Markus Söder … ({1}) Ich bin gespannt, ob Herr Söder das auch mit bayerischen Unternehmen wie BMW, Audi oder Siemens besprochen hat. Mich würde interessieren, was die ihm dazu gesagt hätten. ({2}) Nein, meine Damen und Herren, diese Bundesregierung und ihr Schlingerkurs sind alles andere als ein Vorbild in Europa. Ihre Haushaltspolitik und das, was Sie in Brüssel erzählen, ist alles andere als konsistent. Sie tragen die Haushaltskonsolidierung auf der europäischen Ebene ja gern wie eine Monstranz vor sich her ({3}) und nennen Deutschland als Vorbild. Sie tun aber das Gegenteil. Schwarz-Gelb konsolidiert diesen Bundeshaushalt nicht. ({4}) Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen. Über den Regierungsentwurf hat meine Kollegin Priska Hinz bereits in der ersten Lesung, in der allgemeinen Finanzdebatte, einiges gesagt, beispielsweise dass es im nächsten Jahr konjunkturelle Verbesserungen geben wird - durch Steuermehreinnahmen, durch geringere Zinskosten, durch geringere Zuschüsse an die Sozialkassen -, und zwar in Höhe von etwa 16 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme sinkt aber - ich beziehe mich jetzt auf den Regierungsentwurf - um nur 13,3 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Schon im Entwurf hätte die Nettokreditaufnahme um 2,7 Milliarden Euro niedriger sein können, wenn Sie es mit der Konsolidierung ernst meinen würden. In Bereinigungssitzungen passieren ja manchmal ganz seltsame Dinge. Da haben Sie unter anderem Steuermehreinnahmen eingestellt, Privatisierungserlöse im Jahr 2013 verbucht, Zinsausgaben gesenkt usw. usf. Wenn man das alles zusammenzählt, dann hätte die Neuverschuldung um weit mehr - um 1 Milliarde Euro mehr als um die 1,7 Milliarden Euro, um die Sie in der Bereinigungssitzung bei der Neuverschuldung heruntergegangen sind, sinken können. Nein, das ist alles andere als das Zeichen für eine Haushaltspolitik, bei der man wirklich Prioritäten setzt und überflüssige Ausgaben kürzt. ({5}) Nicht zuletzt: Sie plündern nicht nur die Sozialkassen, sondern Sie bedienen sich jetzt auch noch am Gewinn der KfW, am Gewinn einer Förderbank. Gerade eine Förderbank, die in schwierigen Zeiten Investitionskapital bereitstellen soll, gerade eine Förderbank, die auch einmal höhere Risiken eingehen können muss, braucht Rücklagen. Die Gewinnentnahme, die Sie planen, wird dazu führen, dass es entweder weniger Investitionen geben wird oder die KfW ein hohes Risiko eingehen muss. Beides lehnen wir ab. ({6}) In diesen Tagen ist viel über Energie- und Klimapolitik geredet worden. Sie haben immer noch diesen Schattenhaushalt EKF. Stellen Sie die Energiewende endlich auf sichere, kalkulierbare und finanziell tragfähige Füße! Geben Sie Deutschland, geben Sie den Menschen, die an der Energiewende mitarbeiten wollen, endlich Planungssicherheit! Beenden Sie den Eiertanz beim EEG, den Sie in den letzten Monaten aufgeführt haben! Wir Grüne haben uns in diesen Haushaltsberatungen einiges anhören müssen. Wann immer Einzelpläne beraten wurden, bei denen wir mehr Geld ausgeben würden, haben Sie uns im Plenum entgegengehalten: Wie wollt ihr das denn gegenfinanzieren, wo konsolidiert ihr dann? - Das will ich Ihnen sagen - addieren wir die EinzelDr. Tobias Lindner pläne einmal zusammen -: Wir Grünen würden zum Beispiel Ausnahmen bei der Ökosteuer abschaffen - das bringt 1 Milliarde Euro -, wir würden im Etat des Wirtschaftsministeriums Subventionen streichen - 200 Millionen Euro -, wir würden die Verteidigungsausgaben um 2 Milliarden Euro senken. Dafür würden wir neue Schwerpunkte setzen, beispielsweise in der Entwicklungszusammenarbeit, beispielsweise bei Bildung und Forschung. Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie in den Haushaltsberatungen unseren Anträgen gefolgt wären, dann wäre die Nettokreditaufnahme alles in allem um 4,6 Milliarden Euro niedriger als nach Ihrem Haushaltsentwurf. ({7}) Ich komme zum Schluss. Am Mittwoch hat die Bundeskanzlerin diese Regierung als die „erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“ bezeichnet. ({8}) Ich weiß nicht, ob sie zuvor mit Helmut Kohl darüber gesprochen hat und wie Helmut Kohl darüber denken mag; aber eines haben Angela Merkel und Helmut Kohl gemeinsam: Sie sitzen die Dinge gerne aus. Während das bei Herrn Kohl vielleicht politische Strategie war und man sich daran abarbeiten konnte, ist das bei der Regierung Merkel ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Diese Regierung regiert nicht. Sie ertragen die meisten Dinge passiv. Ihr Problem, Herr Koppelin, ist gerade, dass Sie auf diesen Entwurf stolz sind. Dabei ist dieser Entwurf unambitioniert, ebenso wie Ihre Politik. Statt Orientierung bildet Konzeptlosigkeit Ihre programmatische Grundlage. Dieser Haushalt ist leider ein papiergewordenes Zeugnis Ihrer politischen Ermüdung. Wir haben mit unseren Anträgen gezeigt: Eine niedrigere Neuverschuldung ist möglich. Eine bessere Politik ist möglich. Eine bessere Politik ist grün. Ich danke Ihnen. ({9})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Hans Michelbach von der CDU/CSU. ({0})

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltsberatungen dieser Woche waren für unsere Koalition ein voller Erfolg. ({0}) Die Forderung von Herrn Steinbrück, die Verabschiedung des Haushalts zu verschieben, hat sich als Windei erwiesen, nach dem Fehlstart sozusagen ein fehlerhafter Neustart. Für die Menschen in unserem Land ist die Verabschiedung des Haushalts eine sehr gute Nachricht. Mit ihm setzen wir die wirtschafts-, arbeitsmarkt- und finanzpolitischen Erfolge unseres Landes in dieser Legislaturperiode fort. Kein Land hat die Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre so gut gemeistert wie Deutschland. ({1}) Dieser Haushalt ist ein weiterer Meilenstein für eine erfolgreiche Zukunft. Wir erleben in diesen Tagen deutlich, dass es sehr wohl einen Unterschied macht, wer ein Land regiert. Spätestens mit der europäischen Staatsschuldenkrise muss man erkennen, dass der Weg einer Schuldenpolitik, einer Politik auf Pump, wie sie in den rot-grün regierten Bundesländern nach wie vor geradezu hemmungslos betrieben wird - ich denke an Nordrhein-Westfalen, aber auch an Baden-Württemberg -, volkswirtschaftlich völlig falsch ist. Freiräume, Konsolidierung und geordnete Finanzen: Damit haben wir letzten Endes den Schlüssel für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land bzw. unserer Volkswirtschaft in der Hand. Ich möchte einen Unterschied zwischen den Bundesländern, in denen Rot-Grün oder Grün-Rot regiert, und Bayern deutlich machen. Es ist eine Tatsache: Wir haben im achten Jahr hintereinander keine Nettoneuverschuldung. ({2}) 2030 werden wir keine Schulden mehr vorweisen können. Das ist ein Erfolg! Das ist eine Politik für die Zukunft! ({3}) Das ist eine Politik für die junge Generation! ({4}) Rot-Grün hat Deutschland mit Verstößen gegen den Stabilitätspakt zuerst zum Schuldensünder in Europa gemacht. ({5}) Wir haben die Trendwende geschafft. Deutschland ist vom Defizitsünder zum Stabilitätsanker und zur Wachstumslokomotive in Europa geworden. ({6}) Das kann uns niemand absprechen. ({7}) Das sind die Tatsachen, die wir heute bilanzieren können. ({8}) Wir eröffnen den zukünftigen Generationen mit diesem Haushalt neue Chancen. Wir haben die Staatsquote auf beachtliche 45 Prozent gesenkt. Das ist ein wirklicher Erfolg: die Staatsquote gesenkt, die freien Kräfte, insbesondere der Menschen und der Wirtschaft, gestärkt. Das ist der Erfolg, den wir brauchten, damit wir weiter vorankommen. ({9}) Wir stehen also für eine wachstumsfreundliche Konsolidierung und erfüllen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse schon drei Jahre früher als vorgeschrieben. Das ist gelebte Generationengerechtigkeit. Geordnete Finanzen sind eben der Schlüssel zu Wachstum und Wohlstand. ({10}) Dagegen fällt Rot-Grün zum Abbau der Staatsschulden leider immer wieder nur ein Wort ein: Steuererhöhungen, Steuererhöhungen, Steuererhöhungen! ({11}) Das ist Ihr Credo für die Menschen: die Menschen mehr belasten, ihnen mehr Geld abnehmen, die Betriebe durch eine Substanzbesteuerung belasten. Das ist die Wahrheit und der Unterschied zu unserer Politik. ({12}) Sie verstehen einfach nicht, dass Einkommensteuererhöhungen das Realeinkommen unserer Bürger verringern, wodurch die wichtige Binnenkonjunktur geschmälert wird, dass diese Steuererhöhungen über höhere Lohnstückkosten schädlich für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sind und dass eine Erhöhung der Steuern auf die Betriebssubstanz, dass eine Erhöhung der Erbschaftsteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer investitionsfeindlich, wirtschaftsfeindlich und arbeitsplatzfeindlich sind und den Staat letzten Endes auch weniger Steuern einnehmen lassen. Das ist der Unterschied! Das alles sind für die Opposition anscheinend sehr komplizierte makro- und mikroökomische Zusammenhänge, die Sie nicht verstehen wollen und ausblenden. ({13}) Ihre Ideologie lässt das nicht zu. Ich frage Sie nur: Warum hat es in der Großen Koalition denn gemeinsame Steuerentlastungen für eine stärkere Wirtschaft und mehr Investitionen gegeben? All das wollen Sie heute nicht mehr wissen. Damals haben Sie das für gut befunden, heute sprechen Sie nur von Steuererhöhungen. Das ist der Unterschied! ({14}) Unsere Haushaltspolitik ({15}) lautet: konstante Ausgabenreduzierung bei steigenden Einnahmen durch Wachstum. Das ist das Erfolgsmodell, das mit diesem Haushalt zum Ausdruck kommt. Wir könnten in diesem Land noch mehr Wachstum und Einnahmen erzielen, ({16}) wenn die Opposition derzeit nicht Entlastungen für die Bürger, die sich auf etwa 20 Milliarden Euro belaufen könnten, aus ideologischen und parteitaktischen Gründen über den Bundesrat einfach blockieren würde. Ich meine zum Beispiel die Blockade unseres Gesetzes zum Abbau der kalten Progression, das Steuerabkommen mit der Schweiz, die Förderung der energetischen Gebäudesanierung, das Jahressteuergesetz mit Entbürokratisierung durch eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchhaltungsunterlagen und das Unternehmensteuergesetz mit Liquiditätshilfe durch Verlustrücktrag. Meine Damen und Herren, diese Blockadepolitik der Opposition schadet unserem Land. Sie schadet unseren Mitbürgern, sie schadet der Wirtschaft, und sie schadet den Kommunen. Das, was Sie hier aus parteitaktischen Gründen vollziehen, ist unverzeihlich. ({17}) Es ist für mich nahezu Untreue gegenüber den deutschen Steuerzahlern, insbesondere auch gegenüber unseren Kommunen, wenn Rot-Grün das deutsch-schweizerische Steuerabkommen einfach verweigert. ({18}) Mit Ablauf der Verjährungsfristen nehmen Sie aus rein parteitaktischen Gründen den Verlust von mehreren Milliarden Euro an Steuereinnahmen in Kauf. Das ist die Wahrheit. ({19}) Demgegenüber befürworten wir, dass nun endlich jede Anlage, egal ob in Deutschland oder in der Schweiz, gleich besteuert wird. ({20}) Das ist Steuergerechtigkeit: gleiche Besteuerung sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz. Deswegen: Verweigern Sie sich diesem Steuerabkommen nicht! ({21}) Große Differenzen gibt es auch bei der Lösung des Problems der Staatsschuldenkrise insbesondere mit Griechenland und auch bei der Frage der Finanzmarktregulierung. ({22}) Bei allen diesen Themen unterscheiden wir uns wesentlich: Wir machen die Finanzmarktregulierung, um die Exzesse auf dem Finanzmarkt einzudämmen. Wir schauen, dass wir Lösungen für die Staatsschuldenkrise bekommen, und zwar letzten Endes nicht durch einen Schuldenschnitt, wie Sie es machen wollen. Sie haben noch gar nicht verstanden, dass man finanzverfassungsrechtlich nicht einen Schuldenschnitt machen und gleichzeitig helfen kann. Das verbietet sich. Das ist finanzverfassungsrechtlich gar nicht möglich. Deswegen sollten Sie einmal in die Finanzverfassung schauen, um weiterzukommen. Wir haben großes Vertrauen in die Verhandlungen der Bundeskanzlerin und unseres Bundesfinanzministers. ({23}) Wir danken insbesondere Wolfgang Schäuble für seinen enormen Einsatz in dieser Frage. Wir stimmen dem Haushalt zu. Wolfgang Schäuble und die Bundeskanzlerin ({24}) verteidigen die deutschen Interessen nach bestem Wissen und Gewissen. Das muss auch für die Zukunft so bleiben. ({25})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für die Sozialdemokraten spricht jetzt der Kollege Klaus Hagemann. ({0})

Klaus Hagemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002668, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man einen roten Faden durch die Debatte zieht, die wir diese Woche hatten, und insbesondere durch die Rede, die wir gerade gehört haben, dann stellt man eines fest: Die Koalition, insbesondere die CSU, beweihräuchert sich selbst, lobt sich selbst und diffamiert die anderen, und das ohne jegliche Substanz, Kollege Michelbach. Das muss hier einmal herausgestellt werden. ({0}) Dieser Haushalt - ich denke, mein Kollege Schneider wird nachher noch einmal darauf eingehen - ist ein Haushalt, der gerade auf die großen Herausforderungen, die im nächsten Jahr anstehen und die sich schon in diesem Jahr abzeichnen, keine klaren Antworten gibt. Er gibt keine klaren Antworten auf das, was uns in Griechenland erwartet, auf das, was eventuell in Italien oder in Spanien kommen wird. Es wird über diesen Termin hinaus verhandelt. Die Bevölkerung wartet auf Antworten der Bundesregierung. Sie wartet auf Antworten der Koalition. Aber es geschieht nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren. ({1}) Wenn Sie hier von Konsolidierung sprechen - Herr Kollege Lindner hat schon darauf aufmerksam gemacht -, dann muss man natürlich auch einmal schauen, wie es mit der Verschuldung in diesem und im nächsten Jahr aussieht. Sie machen im Haushalt 2013 eine Neuverschuldung von 17 Milliarden Euro. Wenn diese Legislaturperiode von Schwarz-Gelb abgelaufen sein wird, werden es fast 115 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme obendrauf sein. Das hat natürlich Auswirkungen auf die kommenden Zinszahlungen. Der Kollege Schneider hat schon deutlich gemacht: Der Bund hat täglich 6 Millionen Euro mehr an Zinsen zu bezahlen. Kollege Michelbach, Sie haben die Verschuldung der deutschen Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden, angesprochen. Da schauen wir uns doch einmal die Höhe der Gesamtverschuldung an, als Gerhard Schröder 2005 abgewählt wurde: 68,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Nachdem Peer Steinbrück das Amt des Finanzministers innegehabt hatte und die schwarz-gelbe Koalition die Verantwortung übernommen hat, lag die Verschuldung bei 74,5 Prozent. Schauen wir uns die aktuelle Zahl an: Sie liegt bei fast 82 Prozent. So viel zu der von Ihnen vorgetragenen Konsolidierung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist eine Schimäre. Das ist eine Monstranz, die Sie vor sich hertragen. Das ist Weihrauch, den Sie sich selbst darbringen. Das muss man immer wieder deutlich sagen und nach außen tragen und gegenüber den Menschen herausstellen. ({2}) Ich darf auf das Bezug nehmen, was der Kollege Brackmann in einem ruhigen und sachlichen Ton gesagt hat. Vielen Dank für den ruhigen Ton, Kollege Brackmann. Aber ich muss auch einiges von dem, was Sie ausgeführt haben, richtigstellen. Sie haben die Verschuldung im Jahr 2009 angesprochen. Ja, sie war hoch. Nebenbei darf ich erwähnen, dass zu diesem Zeitpunkt ich weiß nicht, ob Sie damals schon Mitglied des Bundestags waren - eine Große Koalition regierte und Ihre Fraktion, die CDU/CSU, mit uns gemeinsam diese Neuverschuldung beschlossen hat. Aber wir müssen auch sehen, warum wir das gemacht haben. Wegen der Bankenkrise, nicht wegen der Staatsschuldenkrise, haben wir bei den Schulden kräftig draufgelegt. Wir haben zusammen die Konjunkturprogramme I und II aufgelegt, deren Auswirkungen sich noch heute deutlich in den Kommunen feststellen lassen. Ich weiß, allein in meinem Landkreis - Alzey-Worms mit 125 000 Einwohnern - haben wir Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro bekommen, um Schulen, Kindergärten und Schwimmbäder zu sanieren. Das war eine gute Entscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben, die aber natürlich zur Verschuldung beigetragen hat. ({3}) Ich weiß auch, dass davon sehr viele kleine Unternehmen profitiert haben, dass dadurch Arbeitsplätze gesichert worden sind und dass Sie bis zum heutigen Tag davon profitieren, dass diese Konjunkturprogramme aufgelegt worden sind, und zwar durch die Erfolge und die positiven Auswirkungen, die wir in den Ländern mit Blick auf die Arbeitsplätze feststellen. Ich möchte deutlich machen, dass durch die durchgeführten Sanierungen die Kommunen Mittel einsparen konnten. Gott sei Dank ist das so. Ich darf auch daran erinnern, dass wir auch die Regelung zum verlängerten Bezug des Kurzarbeitergeldes finanzieren mussten. Diese von uns gefundene Lösung hat geholfen, die Krise leichter zu überwinden, als das in anderen Staaten, die Mitglied der Europäischen Union bzw. des Euro-Raumes sind, geschehen ist. Bei der Regelung zum Kurzarbeitergeld haben wir gesagt: Wenn es notwendig ist, zahlen wir das zwei Jahre lang. Ich weiß, dass viele Firmen - ich besuche, wie sicherlich auch Sie alle, die Firmen und Betriebe vor Ort regelmäßig -, gerade die, die in der Automobilindustrie oder in der Zulieferindustrie tätig sind, wie bei mir im Wahlkreis, sagen: Hoffentlich kehren wir bald wieder zu dieser Regelung zurück; denn wir wissen nicht, wie die Konjunktur im nächsten Jahr laufen wird. - Dazu findet sich in diesem Haushalt nichts wieder. Das ist eine unbeantwortete Frage, Herr Bundesfinanzminister, auf die Sie noch eingehen müssen. Kollege Brackmann, ein anderer Punkt, den Sie angesprochen haben, ist die Behauptung, Sie hätten die Kommunen stark entlastet. ({4}) - Klatschen Sie nicht zu früh, da können wir höchstens gemeinsam klatschen. Wir, die Sozialdemokratie und die rot und grün geführten Länder, haben die Leistungen, die den Kommunen zukommen - Grundsicherung ist hier das Stichwort - zusammen ausgehandelt, damit für diese Regelung die dafür nötige Zweidrittelmehrheit zustande kam, ({5}) um den Fiskalpakt im Zusammenhang mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchzusetzen. Das müssen wir doch sehen. ({6}) - Hier wird „Erpressung“ gerufen. Auf der anderen Seite heißt es dann, das sei eine große Leistung dieser Koalition. Was ist es denn nun? Ist es nun Erpressung oder Hilfe und Unterstützung für die Kommunen? Kollege Fricke, Sie müssen dies deutlich machen und hier für Klarheit sorgen. ({7}) Kollege Brackmann, Sie haben gesagt, bei den Kommunen sei alles so toll. Schauen Sie sich das einmal an; ich glaube, Sie sind selbst Kommunalpolitiker. Dann wissen Sie, wie die Realität aussieht. Es ist nämlich bei den meisten Kommunen nicht so, dass sie auf einem goldenen Sessel sitzen und alle Probleme lösen können, im Gegenteil. Zurzeit werden in den Kommunen die Haushaltsreden gehalten. Ich gehöre auch dem Kreistag Alzey-Worms an. Dort ist es der Unionskollege, der am häufigsten darauf hinweist, welche Probleme auftreten. Es stimmt nämlich nicht: Es ist zwar eine kleine Verbesserung erreicht worden, aber den Kommunen geht es nicht gut, ({8}) um das noch einmal deutlich herauszustellen, meine Damen und Herren. In diesem Zusammenhang fällt mir auch das Programm „Soziale Stadt“ ein, bei dem Sie deutliche Kürzungen vornehmen. Auch bei der Gebäudesanierung sollen deutliche Kürzungen vorgenommen werden, sodass gute Programme nicht mehr weitergeführt werden können. Deswegen muss man das zurückführen. Das sind keine Entlastungen der Kommunen, um das deutlich zu sagen. ({9}) Meine Redezeit geht zu Ende. Sie haben einen Haushaltsentwurf vorgelegt. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen. Das ist gut so. Die Gründe habe ich auch dargelegt. Wir haben die niedrigsten Zinsen, wer weiß, wie lange. In Ihrer mittelfristigen Finanzplanung machen Sie sogar deutlich, dass wir mit steigenden Zinsen rechnen müssen, und zwar mit 10 Milliarden Euro mehr. Ich frage mich, wie Sie das alles finanzieren wollen, was Sie hier ankündigen. Sie machen trotz der tollen Situation mehr Schulden. Sie greifen in die Sozialkassen. Sie greifen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu. Das kann man nicht gutheißen. Vieles ist unsicher. Deswegen werden wir den Haushalt ablehnen. ({10})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Otto Fricke. ({0})

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Neben dem Dank an das Haushaltssekretariat möchte ich, sicherlich auch im Namen aller Haushälter, der Haushaltsausschussvorsitzenden von der SPD, Petra Merkel, gute Besserung wünschen. Sie hat gute Arbeit geleistet und wie wir alle hart gearbeitet. Es ist schade, dass sie heute nicht dabei sein kann. Liebe Petra, von hier aus gute Besserung! ({0}) Das kriegen wir hin, liebe Petra, und wenn du in den nächsten vier Jahren einen guten Kollegen bei der SPD findest, der wieder dem Haushaltsausschuss vorsitzen kann - Anmerkung: Das macht immer die Opposition -, dann würden wir uns freuen. ({1}) Meine Damen und Herren, die Kollegin Lötzsch hat in, wie ich fand, diskriminierender Weise gesagt: Die schwäbische Hausfrau ist tot. ({2}) Das Bild der Hausfrau hat sich doch in unserer Gesellschaft überlebt. Das muss man ganz klar festhalten. Dabei sind wir als Liberale und Christliche wahrscheinlich etwas weiter als Sie. ({3}) Deswegen kann ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen: Dieser Haushalt zeigt: Die schwäbische Haushaltsgemeinschaft der Koalition lebt, wächst und gedeiht. ({4}) Das ist das, was Sie stört. In dieser Woche merkt man immer wieder, dass man mit der Opposition nur eines machen kann, nämlich Achterbahn fahren. Das hat der Kollege Hagemann eben auch wieder gemacht. Erst wird gesagt: „Ihr spart nicht genug“, zwei Sätze später heißt es: Da müsst ihr mehr ausgeben, da gebt ihr zu wenig aus, da tut ihr zu wenig. ({5}) Liebe Bürger, wenn Ihnen ein Politiker sagt: „Die einen sparen nicht genug, aber sie müssen da mehr ausgeben“, dann sagt er damit auch: Das Geld holen wir uns nachher von euch wieder. Liebe SPD, es ist wie mit der Achterbahn: Man fährt erst einmal schön hoch, und erst wenn man oben ist, sieht man, was passiert und was für Volten man fährt. Was Sie mit Ihrem Spitzenkandidaten Steinbrück machen, ist bemerkenswert. Dass Herr Steinbrück ein großer Philosoph ist, wäre zu viel gesagt, aber er hält sich gerne an starke Worte. Er hat wohl Dürrenmatt gelesen. Dieser hat einmal gesagt: „Je öfter sich ein Politiker widerspricht, desto größer ist er.“ Mir ist jetzt klar, warum Herr Steinbrück so ist, wie er ist, nachdem ich das gelesen habe. ({6}) Meine Damen und Herren, was kann man nach dieser Woche feststellen? Wir halten die Verschuldungsgrenze in der Verfassung drei Jahre früher ein als gefordert. ({7}) Wir bauen die Neuverschuldung gegenüber 86 Milliarden Euro von Herrn Steinbrück um 70 Milliarden Euro ab. Das hat keine Koalition bisher geschafft. Wir sind die einzige Koalition in der Geschichte, die es geschafft hat, am Ende der Legislaturperiode niedrigere Ausgaben zu haben als am Anfang. Wir sind dabei in der Lage, die Sozialquote auf einem Niveau zu halten, wie es von Rot-Grün nie erreicht worden ist. Wir sind in der Lage, mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung zu glänzen. Wir sind in der Lage, am Ende der Legislaturperiode die größten Puffer in den Sozialkassen aufzuweisen. ({8}) All das sind Fakten, über die Sie nicht hinwegkommen und die Sie ärgern. Deswegen versuchen Sie, irgendwelche Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. Solch einen Haushalt hätte niemand von der Koalition erwartet, außer diese Koalition selbst, die weiß, wie viel Kraft und Fähigkeit zur Einigung in ihr stecken. Das ist es, was Ihnen so sehr wehtut. ({9}) Im Übrigen will ich noch einen kleinen Hinweis geben. Herr Kollege Hagemann, wir dürfen doch im Zusammenhang mit den Kommunen darauf hinweisen, dass Ihre Darstellung, die rot-grünen Länder hätten dafür gesorgt, dass die Kommunen mehr Geld für die Grundsicherung im Alter erhalten, etwas verdreht ist. Sie von Rot-Grün haben seinerzeit die Kommunen belastet. ({10}) Wir als Koalition haben von uns aus den Kommunen angeboten, sie im Bereich der Grundsicherung zu unterstützen. Danach gab es die Entscheidung zum Fiskalpakt. Ihre Verdrehungen, Herr Kollege Hagemann, helfen nicht weiter. ({11}) Diese Koalition wusste und weiß, dass die Kommunen als Basis unseres sozialen Zusammenlebens nicht immer nur mit Aufgaben belastet werden dürfen, ({12}) sondern auch bei der Finanzierung dieser Aufgaben entlastet werden müssen. Das hat die Koalition getan, und zwar in Milliardenhöhe. Das ist nicht wenig, Herr Hagemann, sondern eine Entlastung in Milliardenhöhe ist nach meiner Meinung viel. ({13}) Ich will mich kurz mit der Opposition beschäftigen, die gar kein Gegenmodell vorgestellt hat, ({14}) sondern die - wenn man sich ihre Anträge anschaut, sieht man das - verschämt, aber doch ehrlich zugibt, dass es eigentlich keine Steuer gibt, die sie nicht erhöhen will: Erbschaftsteuer kann man erhöhen, nicht wahr? ({15}) - Klar. Vermögensteuer kann man erhöhen. ({16}) Einkommensteuer kann man erhöhen. ({17}) - Klar. Kapitalertragsteuer kann man erhöhen. ({18}) - Klar. Mehrwertsteuer kann man erhöhen. ({19}) - Moment. Die Mehrwertsteuer wollen Sie nicht erhöhen? Gut, dann sind wir beruhigt. Dann haben wir als Koalition in Sachen Mehrwertsteuer die richtigen Entscheidungen getroffen. Herzlichen Dank! ({20}) Dahinter steckt die übliche Methode. Sie wollen den Leuten das Geld wegnehmen, damit Sie es nachher wieder verteilen und Sie Ihren Wünschen nach Mehrausgaben nachgeben können. ({21}) Der Kollege Hoppe hat sich vorhin gemeldet und den Redner gefragt, wie er es denn finde, dass gekürzt werde. Dazu sage ich: Keiner findet eine Kürzung in seinem Bereich schön. Niemand nimmt gerne jemandem etwas weg. Aber nur der, der Verantwortung übernimmt, ist auch bereit, dazu zu stehen und den Leuten zu sagen: Ich verstehe eure Gründe, ich bin emotional auf eurer Seite, aber ihr müsst auch verstehen, dass wir einen langfristigen Plan haben, wie wir handeln. - Das hat die Koalition sowohl in finanziellen Dingen getan als auch - auch den Hinweis darf ich noch geben - im Bereich Personal.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Herr Kollege Fricke, jetzt muss ich Sie doch einmal kurz unterbrechen. Der Kollege Koppelin würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr gerne. Ich hoffe, ich kann sie ihm beantworten. ({0})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Lieber Otto, du bist leider viel zu schnell in deiner Rede. - Ich habe eine Frage an dich. Als du eben die Steuererhöhungen aufgezählt hast, die die Opposition beabsichtigt, ist mir aufgefallen, dass die Sozialdemokraten bei Nennung der Mehrwertsteuer, wie üblich vor Wahlen, Nein gesagt haben. Könntest du bitte sagen, was immer nach den Wahlen bei den Sozialdemokraten geschieht? ({0})

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich werde der Opposition jetzt nicht anbieten, die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, damit sie später diese Steuer um 3 Prozentpunkte erhöht. Das werde ich mit Sicherheit nicht tun, auch wenn die Mehrwertsteuer in allen anderen Ländern, in denen Sozialdemokraten an der Regierung sind, in der letzten Zeit erhöht worden ist. ({0}) Wenn ihnen nichts anderes einfällt, erhöhen sie die Mehrwertsteuer. Nächster Punkt. Ich will eines für die Bürger festhalten. Es wird immer gesagt, der Apparat werde aufgebläht. Liebe Bürgerinnen und Bürger im Lande, wir haben im Jahr 2010 11 340 Stellen im Bereich des Bundeshaushalts mehr gehabt, als wir am Ende des Jahres 2013 haben werden. Auch dort wird gespart. ({1}) Dazu noch ein Hinweis: Das Personal für Gesamtdeutschland ist weniger, als Westdeutschland vor der Wiedervereinigung hatte. Auch diese Zahl kann sich sehen lassen. ({2}) Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der mehr mit dem Bereich Steuern und Finanzen zu tun hat. Die Opposition macht immer so lockere Gegenfinanzierungsvorschläge und verweist dabei auf das Ehegattensplitting. Auf den ersten Blick hören sich die Argumente toll an. Nehmen wir aber einmal als Beispiel ein Durchschnittspaar - Otto Normalverbraucher -, wobei sie 40 000 Euro und er 20 000 Euro verdient. Dieses Paar hat Kinder erzogen, arbeitet jetzt auch noch in einem etwas höheren Alter, nimmt weiter Verantwortung gegenseitig wahr und der eine kümmert sich um den jeweils anderen. Was würde die Abschaffung des Ehegattensplittings für dieses Paar bedeuten, wenn es einem von beiden schlechter ginge oder einer von beiden einen Unfall hätte? ({3}) Das bedeutet für dieses Paar schlicht 500 Euro weniger. Das ist viel Geld für diese Leute. Und Sie sagen, diese 500 Euro hätten diese Leute nicht verdient. Sie sollten ehrlich sagen, dass jemand, der solche Beträge verdient, Ihnen diese 500 Euro nicht wert ist. Uns sind die Menschen das wert, und deshalb halten wir das, was Sie beabsichtigen, für unsozial, für unfair und für ein Zeichen dafür, dass Sie die Lebensleistung, die dieses Ehepaar in meinem Beispiel erbracht hat, nicht anerkennen. Sie sollten sich sehr genau überlegen, ob Sie so argumentieren, weil die Zahlen gegen Ihre Argumente sprechen. ({4}) Übrigens, Sie hätten diesen Menschen am liebsten auch noch gesagt: Ihr müsst mehr Rentenbeiträge zahlen. Die Grünen sind da ganz toll. Wenn zum Beispiel die Frau aus meinem Beispiel im Außendienst arbeiten würde und einen Dienstwagen hätte, dann hätten sie ihr gesagt: Nein, den damit verbundenen steuerlichen Vorteil gewähren wir Ihnen nicht. - Auch diese zusätzliche Belastung würden Sie den einfachen, normalen Leuten gern mit auf die Tasche legen. Das ist Ihre Vorstellung davon, wie man mit Otto Normalverbraucher umgeht. Wir haben eine andere Vorstellung; denn wir sind schlichtweg näher an demjenigen dran, der etwas leistet, der sich kümmert und der Verantwortung trägt. So, wie Sie es vorschlagen, kann man keinen Haushalt gegenfinanzieren. ({5}) Zum Schluss möchte ich noch etwas zum Thema Europa sagen. Der Kollege Lindner hat hier gesagt, dass die Koalition die Scherben aufkehren müsse. ({6}) Das stimmt. Ich kann Ihnen sogar sagen, welche Farben die Scherben haben: Rot und Grün. Diese Koalition kehrt gerade rot-grüne Scherben auf, die dadurch entstanden sind, dass ein Land in die Euro-Zone aufgenommen worden ist, das man nicht hätte aufnehmen dürfen, das man jetzt aber nicht hinauswerfen kann und auch nicht hinauswerfen sollte, weil uns Europa viel zu wichtig ist. ({7}) Sie haben rot-grüne Scherben hinterlassen, weil Sie das Maastrichter 3-Prozent-Defizit-Kriterium nicht erfüllt haben. Sie sind es, die dafür sorgen, dass wir den Besen holen und gleichzeitig uns darum kümmern müssen, dass Europa so stabilisiert wird, dass das, was an Europa doch so toll ist, endlich wieder zur Geltung kommen kann. Ich will für meine Fraktion eines deutlich sagen: ({8}) Wir sollten aufhören, immer nur zu sagen: Europa bringt euch den Himmel, Europa bringt euch das Paradies. ({9}) Aber wir müssen uns in diesem Lande doch über eines klar sein: Ohne Europa ist dieses Land deutlich weiter entfernt vom Himmel und deutlich näher an der Hölle. Deswegen sind wir an dieser Stelle so vorsichtig. Deswegen machen wir es Schritt für Schritt. Es gibt keine einfachen Lösungen; auch das will ich noch einmal deutlich sagen. Es geht nicht an, den Bürgern zu erzählen, es gebe in Sachen Europa einen Lichtschalter, den man drückt und alles ist geregelt. Wenn Sie im Prozess des Umbaus Europas weg von verschuldeten Staaten hin zu einer Situation der allgemeinen Stabilisierung auch nur ein einziges Mal die Versprechung machen, alle Probleme würden gelöst werden, wie können Sie dann erwarten, dass die Bürger bereit sind, anzuerkennen, dass sie noch etwas tun müssen, dass es weitere Reformen geben muss und dass die Lage erst am Ende der Reform besser sein wird? ({10}) Wir sind in Europa mit diesem Haushalt sicherlich keine Musterschüler - das stimmt -; ({11}) aber wir sind ein Vorbild. Man kann nur eines sagen: Hätte jedes Land in Europa unsere Haushaltszahlen, ({12}) dann würden wir beim Thema Europa über ganz andere Dinge reden als über das Aufkehren von rot-grünen Scherben. Wir sprächen dann wahrscheinlich von einer schönen gelben Sonne am blauen Himmel. Herzlichen Dank. ({13})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Kollege Roland Claus von der Fraktion Die Linke. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat am Dienstag diese Haushaltsberatungen mit einer sehr bemerkenswerten Aufforderung eröffnet. Er hat gesagt: Wir Abgeordneten sollten uns um die Sorgen der Leute kümmern und nicht so sehr um die bevorstehenden Bundestagswahlen. Da will ich Ihnen sagen, Herr Bundesfinanzminister: Für diese Aussage haben Sie auch meine volle Zustimmung. Kümmern bedeutet angesichts dieses Haushaltes offenbar Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktförderung. Sie feiern sozusagen volle Sozialkassen ab. Das geschieht doch nur deshalb, weil faktisch keine Arbeitsmarktförderung mehr betrieben wird. Das wirkt sich natürlich vor allem im Osten aus. So ein Kümmern nenne ich zynisch. ({0}) Kümmern heißt bei Ihnen: mehr Geld für das Militär. Dazu gehört eine - man muss sich das einmal vorstellen - ganz neue Übungsstadt nördlich von Magdeburg. Dort sollen Auslandseinsätze trainiert werden. Zur Verfügung gestellt werden dafür über 100 Millionen Euro. ({1}) Kümmern heißt bei Ihnen: weniger Wirtschaftsförderung im Osten. Kümmern bedeutet bei Ihnen auch, dass am gleichen Tag, an dem Sie diese Aussage hier gemacht haben, mitgeteilt wurde, dass der Bund über 11 000 Wohnungen im Osten, die ihm gehören, an einen Finanzinvestor verkaufen will. Damit treiben Sie Zehntausende Mieterinnen und Mieter in eine unsoziale Zukunft. Ein solches Kümmern wollen wir nicht. ({2}) Da heute wiederholt die Formel „Das ist alles alternativlos“ zu hören war, will ich hier noch einmal ganz deutlich sagen: Politik ist immer Menschenwerk, und was Menschenwerk ist, geht immer auch anders und ist nie alternativlos. ({3}) Der Bundeshaushalt 2013 taugt nicht für eine sozial gerechte und zukunftsfähige Politik. Sie führen immer gerne die Größe Ihres Sozialetats als Beweis dafür an, wie viel Sozialstaatlichkeit hier herrscht. Gerade haben wir den Kollegen Otto Fricke, alias Otto Normalverbraucher, dabei erlebt, wie er sein Herz für Geringverdiener entdeckt. Es ist doch Fakt in diesem Lande, dass dieser Etat nur so gewaltig, so gigantisch ist, weil Sie vorher mit einer verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik die Gesellschaft so gespalten haben, dass Sie hinterher wieder so viel Geld aufwenden müssen. ({4}) Es ist bedrückend - auch Sie werden das kennen -, wenn man in öffentlichen Begegnungen auf Menschen Anfang 50 trifft, die einem sagen: Herr Abgeordneter, ich wünschte mir, ich wäre schon 10, 15 Jahre älter und hätte manche Probleme nicht mehr. Das kann doch nicht unser Bild von einer zukunftsfähigen Gesellschaft sein. Es geht aber auch noch weiter. Selten habe ich in einer Haushaltsdebatte so viel Länderschelte in einer solchen Schärfe wahrgenommen wie in dieser. Da fehlte nur noch der Satz: Der Hauptfeind sind die 16 Länder. Ich dachte bisher, nur ich hätte ein etwas mangelhaftes Verständnis von Föderalismus. Aber dann kommt die FDP und wettert den Föderalismus regelrecht kaputt. Da kann man die Regierung nur fragen: Wäre es nicht besser, die Regierung löste die Länder auf und wählte sich 16 neue? ({5}) Dieser Haushalt ist nicht gut für den Osten. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Ich gehörte 1990 der Volkskammer an, die über den Einigungsvertrag verhandelt hat. Ich hielt es für widersinnig und abenteuerlich, die ostdeutschen Wohnungsunternehmen mit sogenannten Altschulden, die fiktiv waren, zu belasten. Diese Altschulden haben dazu geführt, dass Mieterinnen und Mieter diese Last über Jahrzehnte mit sich trugen. Ich hatte jede Menge Fantasie, damals 1990. Dass ich aber noch 22 Jahre später im Deutschen Bundestag über dieses Problem reden muss, dass ich erleben muss, dass Anträge zur Aufhebung dieser Situation abgelehnt werden, hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten. ({6}) Wir haben in dieser Woche auch erlebt, dass mit diesem Haushalt erneut eine Kapitulation vor der Übermacht der Finanzmärkte in Kauf genommen wurde. Es ist schon darauf hingewiesen worden: Sie hatten früher Einnahmen aus der Finanztransaktionsteuer in der mittelfristigen Finanzplanung. Nichts davon steht mehr im Haushalt. Frau Merkel spricht inzwischen von einer finanzmarktkonformen Politik. Wir erfahren, dass sogenannte Schattenbanken im Jahre 2012 einen Umsatz von über 50 000 Milliarden Euro machen werden. ({7}) Das ist doch nicht mehr eine staatseigene Bank, sondern ein bankeigener Staat. Die Haushaltswoche geht zu Ende. Wir sollten nicht zu schnell vom letzten Bundeshaushalt dieser Koalition reden. Es sind - darüber ist gesprochen worden - so viele Fragen offen, dass es nach einem Nachtragshaushalt aussieht. Auch deshalb handelt eine Opposition nicht etwa verantwortungslos, sondern durchaus in voller Verantwortung vor den Wählerinnen und Wählern, wenn sie zu diesem Haushalt Nein sagt. Alternativen sind nötig, meine Damen und Herren. Alternativen sind möglich, und das alles mit links. ({8})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble. ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haushaltsberatungen sind anstrengende Arbeit über Monate hinweg. Deswegen möchte ich gegen Ende der Haushaltsdebatte zunächst einmal den Kolleginnen und Kollegen des Haushaltsausschusses für die intensive Arbeit danken. In diesen Dank schließe ich ausdrücklich die erkrankte Vorsitzende mit ein und schließe mich den Genesungswünschen an. ({0}) Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlaments und, wenn Sie erlauben, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien und nicht zuletzt der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums bedanken. Auch da ist viel Arbeit geleistet worden. ({1}) Herr Kollege Claus, ich will der Versuchung widerstehen, zum Ende der Haushaltsdebatte mit Ihnen über das Jahr 1990 zu diskutieren, obwohl ich natürlich viel Freude daran hätte, Ihnen die Situation damals zu erklären. Sie sprachen von der Wohnungssituation in der ehemaligen DDR. Ich weiß noch, wie diese Situation vor der Wiedervereinigung war und was daraus geworden ist. Darüber könnte man eine lange Debatte führen. Das wollen wir heute aber nicht tun. ({2}) - Es ist klar, dass Sie gleich zu Beginn laut werden. Offensichtlich gibt es noch etwas, was Sie bisher nur verdrängt und noch nicht verarbeitet haben. ({3}) - Ich habe auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Claus geantwortet. Sie haben über die Arbeitslosigkeit gesprochen. Meine Damen und Herren, natürlich ist jeder Arbeitslose ein Arbeitsloser zu viel. Die Wahrheit ist aber, dass wir den niedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung haben. Die Wahrheit ist auch, dass wir den höchsten Beschäftigungsstand in Deutschland überhaupt erreicht haben. Das ist ein Erfolg für die Menschen. ({4}) Wenn Sie die Sorgen und Nöte von Menschen nicht missbrauchen wollen, dann müssen Sie auch sagen, dass die Arbeitslosigkeit vor allem in den neuen Ländern signifikant zurückgegangen ist und dass vor allen Dingen auch die Langzeitarbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern zurückgeht. Das ist ein Erfolg und Ergebnis einer insgesamt guten Entwicklung, die wir in den letzten Jahren vorangebracht haben. ({5}) Herr Kollege Hagemann, ich habe schon zu Beginn der Haushaltsdebatte gesagt, dass der erste Haushaltsentwurf dieser Legislaturperiode eine Neuverschuldung im Jahr 2010 von 86 Milliarden Euro vorsah. Dieser erste Entwurf ist von Peer Steinbrück unterschrieben worden und der zweite von mir als Finanzminister. Diese Neuverschuldung war die Folge davon, dass wir die starken Auswirkungen der Krise in den Jahren 2008 und 2009 im Haushalt 2010 bekämpfen mussten. Herr Kollege Hagemann, weil dies so ist, sollten Sie nicht sagen, wir hätten in dieser Legislaturperiode die Nettokreditaufnahme auf - ich habe es mir aufgeschrieben - insgesamt 117 Milliarden Euro erhöht. 86 Milliarden Euro davon waren schon für das Jahr 2010 vorgesehen. Sie erkennen daran, wie widersprüchlich Ihre eigene Argumentation ist. ({6}) Wahr ist, wir haben gemeinsam eine Krise gut überwunden. Wahr ist, dass wir kontinuierlich die damals notwendige, aber dauerhaft zu hohe Verschuldung zurückgeführt haben. Wahr ist, dass wir diesen Weg konsequent fortsetzen. Wir bewegen uns deutlich im Bereich der Einhaltung der Schuldenbremse des Grundgesetzes, und das ist der richtige Weg. Zudem führen wir diese Haushaltsberatungen heute in einer Lage, in der wir alle miteinander mit einem Ohr mehr in Brüssel als im Deutschen Bundestag sind; denn die Verhandlungen über die mittelfristige Finanzplanung sind für die Europäische Union von großer Bedeutung. Dadurch wird natürlich wie in einem Brennglas deutlich, wie schwierig die Lage in Europa insgesamt ist. Am Montag wird die Euro-Gruppe wieder tagen. Am Mittwoch hatte ich die Freude, alle Fraktionen des Deutschen Bundestages kurz über den erreichten vorläufigen Stand der Beratungen in der Euro-Gruppe zu informieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil dies so wichtig ist, müssen wir unsere Haushaltspolitik einbinden in das - ich sage es erneut -, was wir europäisch und international miteinander besprochen haben. Auf europäischer und internationaler Ebene gibt es die klare Verabredung, dass wir alle unsere viel zu hoch verschuldeten Haushalte konsolidieren und die Verschuldung zurückführen. Wir führen die Verschuldung aber so zurück, dass wir gleichzeitig unserer Verantwortung für nachhaltiges Wachstum in jedem Land und in Europa insgesamt gerecht werden. Bei der Zurückführung der Verschuldung achten wir darauf, dass die Ungleichgewichte innerhalb des gemeinsamen Währungsraums nicht größer, sondern kleiner werden. Deshalb erfüllen wir mit unserer Finanzund Wirtschaftspolitik unsere europäischen Verpflichtungen. Sie können doch nicht in einer Rede zunächst sagen, wir sollten viel mehr für Europa tun, und anschließend kritisieren, dass wir Ihrer Meinung nach viel zu viel für Europa tun würden. Das macht doch keinen Sinn. Unsere nationale Finanz-, Haushalts-, Wirtschaftsund Sozialpolitik bindet sich ein in unsere europäischen und globalen Verpflichtungen. Das wird uns im Übrigen von allen internationalen Institutionen und auch von der Europäischen Kommission bestätigt. Das ist ein wichtiges Argument gegen den Vorwurf, wir hätten die Defizite schneller reduzieren können. Dann wären wir aber auf der anderen Seite unserer Verantwortung, die wir in Europa haben und übernommen haben, nicht gerecht geworden. Nun zu einem anderen Punkt, den Beratungen in Europa. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die25538 sen Weg gehen, wie ihn die Bundeskanzlerin am Mittwoch in der Haushaltsdebatte beschrieben hat, dass wir nämlich Schritt für Schritt die Probleme lösen, weil wir nicht in dem einen großen Schritt die europäischen Probleme gelöst bekommen. Das ist so hoffnungslos wie nur irgendetwas. Wir müssen die Dinge Schritt für Schritt voranbringen. Wir müssen die Ursachen der Krise, der Vertrauenskrise in unsere gemeinsame Währung, dadurch beseitigen, dass alle Länder ihre Aufgaben machen. Und das tun sie auch Schritt für Schritt. Sie tun es im Übrigen auch nur, wenn die Solidarität jeweils mit Auflagen verbunden ist und das Ganze im entsprechenden Zeitraum überprüft wird. Wir wissen doch alle, dass Parlamente immer dazu neigen, die weniger schwierigen Entscheidungen leichter zu treffen als die, die unbedingt notwendig sind. Deswegen ist der Weg der schrittweisen Lösungen dieser Krise der richtige. Wir sind auf diesem Weg gut vorangekommen. Die Defizite in der Euro-Zone sind in den letzten drei Jahren halbiert worden. Wir haben einen Fiskalvertrag erreicht. Jeder im Deutschen Bundestag hätte gelacht, wenn man vor zwei Jahren vorhergesagt hätte, dass auch die anderen Länder sich verpflichten, eine Regelung einzuführen, die der Schuldenbremse unseres Grundgesetzes entspricht. Nur so kann es gehen. Deswegen ist es falsch, wenn es immer heißt: Jetzt muss endlich einmal gesagt werden, was das Ganze am Ende insgesamt kostet. Diese Argumentationsweise ist unrichtig. Der Kollege Brüderle hat in dieser Woche sehr klar gesagt, dass sich niemand darin täuschen soll: Wir müssen in unsere gemeinsame europäische Zukunft investieren. Das tun wir auch. Aber wir tun es natürlich nicht, um anderen einfach das Geld zu geben, sondern wir tun es, weil wir wissen, es ist zum Besten für die deutschen Interessen. Wir haben nur dann eine gute Zukunft, wenn wir unsere Möglichkeiten in dieser enger zusammenwachsenden Welt gemeinsam wahrnehmen. ({7}) Deswegen ist Europa nur dann stark, wenn wir insgesamt stark sind. Wenn ein Teil schwach ist, dann werden wir alle den Schaden davontragen. Diejenigen, denen es am besten geht - das sind zurzeit unter anderem wir -, haben übrigens auch mehr zu verlieren. Deswegen ist eine europäische Verantwortung so wichtig, und deswegen wäre es falsch, anderen nicht wieder und wieder zu sagen: Wir tun unseren Teil, aber erfüllt ihr bitte eure Verpflichtungen ebenfalls. - Wir erfüllen mit diesem Haushalt unsere europäischen Verpflichtungen - nicht mehr und nicht weniger. Wir haben mit dieser Politik - zu der die Finanzpolitik beiträgt, wenn auch nicht alleine - erreicht, dass wir viel weiter sind, als wir es am Anfang dieser Legislaturperiode für möglich gehalten hatten. Damals haben wir gesagt: Wenn wir am Ende der Legislaturperiode wieder so weit sind, wie wir vor der Lehman-Brothers-Krise waren, dann wäre es gut. Heute sind wir viel weiter. ({8}) Damals haben Sie gesagt, eine Marke von 3 Millionen Arbeitslosen sei gar nicht zu schaffen. Wir liegen inzwischen deutlich darunter. Ich sage es noch einmal: Es sind nicht alle Probleme gelöst. Wir werden auch in den kommenden Jahren Anstrengungen unternehmen müssen. Es wird noch Auseinandersetzungen im Konkreten und über die Details geben. Das Allgemeine ist immer schön; das Ganze dann aber konkret in Zahlen umzusetzen, ist schwierig. Ich glaube aber, dass wir insgesamt mit den Entscheidungen hinsichtlich dieses Bundeshaushalts die richtigen Maßnahmen getroffen haben. Niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, was uns in den nächsten Monaten noch erwarten wird. Niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, was in Europa noch möglich ist. Wenn Sie also immer erwarten, es müsse jetzt für alle Zukunft gesagt werden, wo es langgeht, damit man die spätere Entwicklung mit dem vergleichen kann, was wir beispielsweise drei Jahre zuvor gesagt haben, dann ist das falsch. Die Wahrheit ist: Wir fahren ein Stück weit auf Sicht. Die Wahrheit ist: Wir werden unserer Verantwortung gerecht. Die Wahrheit ist: Wir haben damit bisher für die Deutschen, für unser Land und für die Menschen in unserem Land das Beste erreicht. Das kann jeder überprüfen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Bundeshaushalt. Herzlichen Dank. ({9})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Kollegin Priska Hinz. ({0})

Priska Hinz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003769, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wieso hast du nicht mitgezählt? - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich finde, dass Sie mit Ihrer Rede zum Haushaltsentwurf 2013 hier in der Abschlussrunde eine Chance vergeben haben. ({0}) - Ja, er hätte konkreter etwas zum Haushalt sagen müssen. Wenn Sie schon davon reden, dass wir bei unserem Haushalt die europäische Situation im Blick haben müssen, dass wir überlegen müssen, was die Situation in Europa eigentlich für die Konjunktur und die Wirtschaft in Deutschland und für unseren Haushalt bedeutet, dann hätten Sie heute auch Klartext reden und über das sprechen müssen, was an Vorsorge in Ihrem Haushalt fehlt und notwendig gewesen wäre. ({1}) Priska Hinz ({2}) Über das blamable Schauspiel, was den europäischen Finanzrahmen angeht, will ich hier gar nicht lange reden. Aber es ist für die Bundeskanzlerin schon blamabel, dass sie es nicht schafft, sich erfolgreich dafür einzusetzen, dass über den europäischen Haushalt Investitionen in Bildung, Forschung, Energie und Netzinfrastruktur getätigt werden; denn sie muss ein Interesse daran haben, dass in den Krisenländern gerade in diesen Bereichen investiert wird. Ich finde, Sie sollten hier nicht mehr so viel über Europa reden, wenn Sie es nicht schaffen, da ein deutliches Signal zu setzen. ({3}) Sie haben auch die Chance vertan, über die Rettung Griechenlands zu sprechen, über die wir in der nächsten Woche hier im Bundestag entscheiden werden, und heute schon deutlich zu machen, dass die Rettung Griechenlands im bundesdeutschen Haushalt ankommen wird. Sie können sich nicht mehr darum herumdrücken. ({4}) - Natürlich wird es im deutschen Haushalt ankommen. ({5}) Erstens wollen Sie es nur noch nicht wahrhaben, Herr Barthle. Zweitens wollen Sie es vor der Wahl nicht sagen. Aber die Rettung Griechenlands wird im Haushalt ankommen. Zurzeit kommen Sie noch ein bisschen darum herum, sich damit zu beschäftigen, weil der Bundesfinanzminister sogenannte T-Bills in Aussicht gestellt hat. ({6}) - Ja, genau, das kann die EZB. - Was aber sind Treasury Bills? Über Geschäftsbanken in Griechenland, die dann auch wieder an der Rettung Griechenlands verdienen, werden Staatsanleihen bei der EZB hinterlegt. Das ist tatsächlich Staatsfinanzierung über die EZB. ({7}) Sie von der Union können schon jetzt den Antrag für Ihren Bundesparteitag in die Tonne kloppen; denn darin sagen Sie, dass Sie keine Staatsfinanzierung über die Notenpresse wollen. ({8}) Der Bundesfinanzminister verteidigt dieses Vorgehen aber offensiv, anstatt für klare Regelungen einzutreten, die im Endeffekt günstiger wären, nämlich tatsächlich einen Altschuldentilgungsfonds einzurichten und ein drittes Rettungsprogramm aufzulegen, um allen Menschen in Deutschland reinen Wein einzuschenken. Wenn man Griechenland in der Euro-Zone halten will - das ist wirtschaftlich und sozial vernünftig -, dann kostet uns das auch Geld, meine Damen und Herren. ({9}) Der Haushalt ist insofern eigentlich schon wieder nachtragsbedürftig; das werden wir in den nächsten Wochen erleben. Herr Bundesfinanzminister, ich finde es auch bedauerlich, dass Sie zur Krisenvorsorge in Deutschland nichts weiter gesagt haben. Die Wachstumsprognose ist von 1,5 auf 1 Prozent gesenkt worden. Die prognostizierte Zahl der Arbeitslosen steigt schon wieder um 140 000 an, ohne dass die zusätzlichen Krisenszenarien eintreten, die die Firmen an die Wand malen, weil sie nicht mehr genügend verkaufen. Wegen des Anstiegs der prognostizierten Zahl der Arbeitslosen rechnet die Bundesagentur für Arbeit mit zusätzlichen Ausgaben von 700 Millionen Euro. Damit schrumpft ihr Puffer; er wächst nicht auf, sondern er schrumpft. Wenn er schrumpft, bedeutet das: Wir müssen demnächst wieder zuzahlen. Aber der Haushalt 2013 baut zurzeit doch darauf auf, dass Sie 5,5 Milliarden Euro aus den Sozialversicherungen herausnehmen. Ihre Nettokreditaufnahme sinkt nur, weil Sie die Taschen der Beitragszahler entleeren. Das ist keine vernünftige Krisenvorsorge. ({10}) Worin ist die Koalition eigentlich gut? ({11}) Sie ist gut bei der Plünderung der Sozialversicherung, sie ist gut im Aufbau von Schulden, ({12}) über 100 Milliarden Euro in vier Jahren. Sie ist gut, wenn es um Steuersenkungen für Hoteliers und das Belasten der Länder- und Kommunalhaushalte geht. Sie ist gut, wenn es darum geht, Großunternehmen von der Stromsteuer auszunehmen, und sie ist gut darin, die Steuerlast auf Privathaushalte umzulegen. ({13}) Sie ist gut, wenn es darum geht, bei den Arbeitslosen zu sparen. Sie ist gut darin, den Entwicklungsetat zu kürzen, anstatt ihn - wie wir das wollen - um 1,2 Milliarden aufzustocken. ({14}) Sie ist gut darin, Niedriglöhnern den Mindestlohn zu verweigern. Aber sie ist leider schlecht darin, Vorsorge zu betreiben, so wie wir das tun wollen. Wir wollen Steuergerechtigkeit durch Steuermehreinnahmen. Wir wollen aber auch den Grundfreibetrag er25540 Priska Hinz ({15}) höhen, das heißt, wir wollen die Gutverdienenden belasten ({16}) und denen, die wenig verdienen, wollen wir zusätzliche Einnahmen ermöglichen. Wir wollen ökologisch-schädliche Subventionen reduzieren bzw. abschaffen. Wir wollen im Bundeshaushalt zusätzlich 3 Milliarden Euro einsparen. Trotzdem wollen wir in Bildungsgerechtigkeit, in die Sozialpolitik und die Energiewende investieren. Ich sage Ihnen noch einmal klar und deutlich - auch wenn Sie es nicht hören wollen -: Grün kann es besser! Danke schön. ({17})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus-Peter Flosbach von der CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Klaus Peter Flosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003528, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grüne Fraktion hat gestern sehr stark gejubelt, als der Kollege Brüderle die Steuererhöhungsorgie der Grünen dargestellt hat: Einkommensteuer, Vermögensteuer, Vermögensabgabe, Erbschaftsteuer, Unternehmensteuer. ({0}) Es glaubt doch keiner in diesem Hause, dass wir die Krise von 2009 durch diese Maßnahmen behoben hätten. Das Gegenteil ist richtig. Glauben Sie, Sie würden durch eine Vermögensabgabe trotz Freibeträge mehr Arbeitsplätze in Deutschland schaffen? Die Vermögensabgabe trotz Freibeträge trifft vor allem die großen und mittelständischen Unternehmen. ({1}) Der Mittelstandsbetrieb ist doch nicht der Biobauernhof. In meinem Wahlkreis gibt es Betriebe mit 100, 500 oder 1 000 Beschäftigten. Da wird investiert, das sind die versteckten Champions, die Hidden Champions, da entstehen Arbeitsplätze, und genau die greifen Sie mit Ihrer Vermögensabgabe an. ({2}) Es war gestern sehr interessant, die Presse zu lesen. Dort wurde über eine Studie der Weltbank und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC berichtet. Die Überschrift lautet - bitte lesen Sie es nach -: „Wachstum durch kluge Steuerpolitik“. In dem Bericht geht es übrigens nicht um Steuersenkung, sondern es wird darauf hingewiesen, welche Kaufkraft Arbeitsplätze in Deutschland schaffen und welche Nachfrage wir damals mit unserem Wachstumsbeschleunigungsgesetz - 4,6 Milliarden Euro für die Familien - geschaffen haben. Das war ein erfolgreicher Weg. Das ist die Basis für den Erfolg dieser Koalition, und um den Erfolg Deutschlands beneiden uns alle. ({3}) Heute erleben wir im Bundesrat, dass all die Maßnahmen, die wir durchführen wollen, von den Oppositionsparteien dieses Haus blockiert werden. Dies betrifft den unternehmerischen Bereich. Hier wollen wir Änderungen in Bezug auf den Ergebnisabführungsvertrag. Für die mittelständischen Betriebe sehen wir Verbesserungen beim Verlustrücktrag und für alle Arbeitnehmer bei den Reisekosten vor. Vor allem aber geht es um die Anhebung des Grundfreibetrags und die Aufhebung der kalten Steuerprogression für die Bezieher unterer Einkommen. Diese Blockade im Bundesrat ist ein Angriff auf den Erfolg dieses Landes. Sie wollen uns in das Jahr 2002 zurückführen, als Deutschland das Schlusslicht in Europa war. Heute sind wir an der Spitze. ({4}) Herr Trittin hat während der Debatte zum Etat des Bundeskanzleramtes deutlich gemacht, dass 83 Prozent der Maßnahmen im Einkommensteuerbereich der oberen Hälfte der Einkommensbezieher zugutekämen. Da hat er recht. Denn 40 Prozent in Deutschland zahlen gar keine Einkommensteuer. 10 Prozent kämen 17 Prozent zugute, und der Rest geht an die Bezieher von oberen Einkommen, an diejenigen, die 30 000, 40 000, 50 000 oder 60 000 Euro zu versteuern haben. Wir haben ja nicht den Spitzensteuersatz einbezogen, sondern wir haben den normalen Arbeitnehmer erfasst. Das mag Herr Trittin nicht so genau wissen. Es war aber eine Dreistigkeit von Herrn Trittin, dass er die Frau Bundeskanzlerin vorgestern angegriffen hat, indem er gesagt hat - ich will das einmal zitieren -: Gleichzeitig haben Sie in diesem Zeitraum - in den sieben Jahren die gesamtstaatliche Verschuldung von 63 Prozent - damit waren die Maastricht-Kriterien fast eingehalten ({5}) auf im nächsten Jahr über 84 Prozent gesteigert. Wenn auch nicht viel von Ihrer Kanzlerschaft bleibt: Dieser Haufen Schulden bleibt für kommende Generationen. ({6}) Das ist erstens falsch, weil das am Anfang der Regierungszeit der Großen Koalition, im Jahr 2005, nicht 63 Prozent waren, Herr angehender, gern beliebter, gern gewählter Möchtegernfinanzminister, ({7}) sondern 68 Prozent, genau genommen 68,5 Prozent. Das entspricht 122 Milliarden Euro, die Sie uns unterschieben wollen. Das ist eine Sauerei, Herr Trittin! ({8}) Die zweite falsche Behauptung ist, dass Sie die Maastricht-Kriterien fast eingehalten hätten. Sie haben doch die Maastricht-Kriterien gebrochen. Warum haben wir denn heute diese Probleme? Sie haben in der Zeit der rot-grünen Koalition die Maastricht-Kriterien gebrochen. Dadurch haben wir diese Probleme in Europa. ({9}) Drittens möchte ich Ihnen sagen - Sie wollen doch Finanzminister werden; Sie können im Finanzministerium anrufen -: Sie geben für das Jahr 2013 die Prognose ab, dass die gesamtstaatliche Verschuldung 84 Prozent betragen wird. Diese Prognose ist falsch. ({10}) Es sind eigentlich 82 Prozent. Das entspricht 50 Milliarden Euro weniger, aber für Sie ist das ja keine Größenordnung. ({11}) Das Wichtigste ist, dass von diesen 82 Prozent Staatsverschuldung, bezogen auf die wirtschaftliche Leistung, 12 Prozent nichts anderes als eine Sicherung für die sogenannten Bad Banks sind. ({12}) Wir sind für die Vermögenswerte der beiden Bad Banks - das sind 300 Milliarden Euro - zuständig. Vermögenswerte der Bad Banks werden übrigens jeden Tag verkauft und abgebaut. Es gibt Prognosen, nach denen allein aus diesem Grund die Staatsverschuldung in den nächsten fünf Jahren um 7 Prozent zurückgehen wird. ({13}) Sie wollen das für sich vereinnahmen. Wir aber haben die Basis für Solidität geschaffen. Wir führen die Staatsverschuldung auch in den nächsten Jahren zurück. Das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung. ({14}) Als Finanzpolitiker weiß ich, dass die Finanzmarktregulierung eine große Rolle für die Stabilität spielt. Ich möchte ein Zitat vorbringen: Anders als manche Oppositionspolitiker behaupten, lässt sich belegen, was uns in diesen letzten zwölf Monaten an Regulierungsmaßnahmen und der Umsetzung des Prinzips, dass kein Finanzmarktteilnehmer, kein Finanzmarktprodukt, kein einzelner Finanzmarkt ohne Aufsicht und ohne Regelung sein soll, gelungen ist. ({15}) - Stopp, das ist ein Zitat vom 8. September 2009. Das war die letzte Rede von Steinbrück vor der Wahl 2009 in diesem Hause. ({16}) Er hat vor drei Jahren behauptet, er habe alle Finanzmarktteilnehmer und alle Finanzmarktprodukte im Griff. ({17}) Vor drei Jahren hatten wir aber eine völlig andere Situation. Seitdem ist in diesem Land vieles passiert: Wir haben die Eigenkapitalanforderungen dramatisch verschärft. Wir haben das Restrukturierungsgesetz eingeführt, sodass wir Banken sanieren, aber auch zerschlagen können. Wir haben die Bankenabgabe eingeführt - Stichwort: Schuld der Banken -; ich nenne auch die Stichworte Verbriefungen und Vergütungsregelungen. Wir haben Spekulationsgeschäfte, die sogenannten Leerverkäufe, untersagt. Wir haben das Anlegerschutzgesetz verbessert. In der nächsten Woche geht es um die Regulierung der außerbörslichen Derivate und des Hochgeschwindigkeitshandels. Wir haben die Honorarberatung und die Regulierung von Hedgefonds in Bearbeitung. Wir reden nicht, wir handeln - im Gegensatz zu Ihrem Kanzlerkandidaten. ({18}) Leider geht meine Redezeit zu Ende. ({19}) Ich denke, es war wichtig, noch einmal zu sagen, welche Ansprüche vom Kanzlerkandidaten und vom designierten Finanzminister erhoben werden. Die größte Gefahr für die Entwicklung in diesem Staat besteht, wenn RotGrün an die Regierung kommt. ({20}) Gegenüber der Steuerschätzung aus dem Jahr 2008 haben wir 200 Milliarden Euro weniger Steuern eingenommen. ({21}) Das heißt, wenn wir die Wirtschaft ruinieren oder sie mit Belastungen belegen, dann kommen wir womöglich wieder in eine Situation wie in den Jahren 2008, 2009 und 2010. ({22}) Deswegen sage ich: Nur diese Koalition steht für Stabilität, für Wirtschaftswachstum, für Arbeitsplätze und für eine gute Zukunft in Deutschland. ({23})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Jetzt hat das Wort der Kollege Carsten Schneider von der SPD-Fraktion. ({0})

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Portion Autosuggestion ein Blick auf den Haushalt. Herr Minister, so wie Sie eben den Haushalt in der Schlussrunde verteidigt haben, nämlich fast gar nicht - das war mehr eine allgemeine Plauderstunde, aber keine Rechtfertigung für 17 Milliarden Euro neue Schulden, die Sie machen -, führen Sie vermutlich nicht nur Ihr Haus, sondern auch die gesamten Verhandlungen mit den Fachressorts. Anders ist es nicht erklärbar, dass es Ihnen nicht gelungen ist, trotz bester Lage in Deutschland, was die Steuereinnahmen, aber auch die Arbeitslosenzahlen und die Zinsleistungen, die zu erbringen sind - sie sind aufgrund des Zinsniveaus so gering wie seit langem nicht mehr -, betrifft, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das wäre Ihre zentrale Aufgabe hier in Deutschland gewesen. Sie sind daran gescheitert, Herr Schäuble. ({0}) Die Koalition hat gesagt, dass wir von der SPD auf der einen Seite Mehrausgaben in Höhe von - hier gab es unterschiedliche Angaben - 6 Milliarden bis 8 Milliarden Euro verlangen und auf der anderen Seite teuflische Steuererhöhungen vornehmen wollten. Um zur Sache zu kommen: Deutschland ist, gemessen am staatlichen Kapitalstock, in den letzten 20 Jahren verarmt. Der Verlust an staatlichem Eigenkapital beträgt 800 Milliarden Euro. Das private Vermögen ist in diesem Zeitraum von 4,5 Billionen auf 10 Billionen Euro gestiegen. Das sind keine Propagandazahlen der SPD, sondern ist dem Armuts- und Reichtumsbericht dieser Bundesregierung zu entnehmen. ({1}) Wenn wir dieser Entkernung des Staates insbesondere bei der Infrastruktur - das ist einer der Hauptpunkte -, aber auch bei den kommunalen Finanzen und der extrem hohen Verschuldung, die sich von fast 60 auf 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erhöht hat, etwas entgegensetzen wollen, dann geht dies nur, wenn wir den von der SPD vorgeschlagenen Weg einschlagen: erstens Abbau von Subventionen, insbesondere von Steuersubventionen, und zweitens Veränderung der ungerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland - ich glaube, das können selbst Sie nicht wegdiskutieren - mittels Steuerpolitik. Genau das schlagen wir vor. ({2}) Dadurch wollen wir im ersten Jahr 15 Milliarden Euro mehr einnehmen. Subventionsabbau kommt bei Ihnen gar nicht vor. Es hat mich im Übrigen verwundert, dass Sie auf unsere exakten Vorschläge nicht eingegangen sind. Wahrscheinlich haben Sie das deswegen nicht getan, weil Sie dann hätten deutlich machen müssen, dass bei Ihnen das Gegenteil passiert ist. Sie haben Subventionen aufgebaut und nicht abgebaut. Ich nenne als Beispiel nur das Hotelsteuerprivileg bei der Mehrwertsteuer. Damit hat die Legislaturperiode angefangen, und mit einer neuen Subvention, dem Betreuungsgeld, hört sie auf. Das ist keine solide, gerechte Finanzpolitik. ({3}) Sie haben die Steuermehreinnahmen von 3 Milliarden Euro für 2013 nicht genutzt, um - das wäre Ihre Aufgabe als Haushälter gewesen; normalerweise kürzt der Haushaltsausschuss die Mittelansätze im Regierungsentwurf noch ein bisschen - die Nettokreditaufnahme zu reduzieren. Das haben Sie nicht getan, im Gegenteil. Sie senken die Nettokreditaufnahme von geplant 18,8 Milliarden auf 17,1 Milliarden Euro, um irgendwie unter die Nettokreditaufnahme von 2011 zu kommen. Es sähe auch komisch aus, wenn man Mehreinnahmen im Jahr 2013 hat und trotzdem eine höhere Verschuldung als 2011 hätte. Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten den kontinuierlichen Abbau der Neuverschuldung geplant. Vielleicht haben Sie ihn geplant, aber gemacht haben Sie ihn nicht. ({4}) Im Jahr 2011 hatten Sie eine Nettokreditaufnahme von 17 Milliarden Euro. Für das Jahr 2012 hatten Sie 32 Milliarden Euro geplant. Es werden nun 28 Milliarden Euro. Es geht also im Vergleich eindeutig nach oben. Im Jahr 2013 soll die Nettokreditaufnahme wieder auf rund 17 Milliarden Euro sinken. ({5}) - Für den ESM sind 8 Milliarden Euro vorgesehen. Wenn Sie diese Summe von den 28 Milliarden Euro Neuverschuldung in diesem Jahr subtrahieren, dann stellen Sie fest, dass es 20 Milliarden Euro sind. Unter dem Strich handelt es sich nicht um eine Senkung, sondern um eine Steigerung. Der Bruch kam, als Sie als Finanzminister die Arbeit im Innern aufgegeben haben. Ich habe Sie gar nicht mehr wahrgenommen. Es gab keine Chefgespräche; es gab auch keinen Streit. Das ist immer schlecht. Wissen Sie, warum? Es musste natürlich einen Streit um die Ressourcen geben. Sie haben mehr oder weniger allen Begehrlichkeiten stattgegeben. Der Höhepunkt war Carsten Schneider ({6}) der Koalitionsausschuss im November. Da sind Sie lieber nach Mexiko gefahren, um Vorträge zu halten, als zu sehen, dass der Haushalt hier in Ordnung gebracht wird. Das war, Herr Minister Schäuble, Ihre Politik im Innern. ({7}) Wir als SPD setzen dem zwei Punkte entgegen. Den ersten Punkt, den Subventionsabbau, habe ich schon angesprochen. Die größte Einzelsubvention, die es gibt, ist der nichtexistierende Mindestlohn. Die Forderung nach Einführung eines Mindestlohns findet sich nirgendwo bei Ihnen. Diesen gibt es in fast allen europäischen Ländern, in Deutschland nicht. Die Mehrausgaben für den Gesamtstaat aufgrund eines fehlenden Mindestlohns machen in etwa, wenn Sie die Steuermehreinnahmen mit einbeziehen, 8 Milliarden Euro aus; für den Bund ist es etwa die Hälfte, ein bisschen mehr. Diese 8 Milliarden Euro könnten wir einsparen. Damit könnten wir den Menschen letzten Endes wieder ein Stückchen Würde zurückgeben, damit sie, wenn sie arbeiten, nicht noch danach aufs Amt gehen müssen. Stattdessen sollten sie von ihrer Arbeit - zumindest wenn sie alleinstehend sind und keine Familie haben - auch halbwegs leben können. ({8}) Das machen Sie nicht, diese Subvention bauen Sie nicht ab. Andere, wo es um Ihre Klientel geht, bauen Sie auf. Ich komme zum zweiten Punkt. Sie sagen immer, Ihre Ausgaben seien stabil. Dabei geht es - Pi mal Daumen um 300 Milliarden Euro. 2010 gab es einen Krisenhaushalt mit einem Konjunkturprogramm und mit höheren Sozialausgaben. Wenn Sie davon hätten herunterkommen wollen - das muss ein ganz natürlicher Prozess sein; wenn der Staat einigermaßen steuert, muss er, wenn es besser läuft, die Ausgaben senken -, hätten Sie eine Zahl erreichen müssen, die viel geringer wäre als die von 2010. Da sind Sie aber nicht. Sie haben die Minderausgaben in diesem Bereich nicht genutzt, um deutlich herunterzukommen. Im Gegenteil: Sie haben das Geld, das durch die Steuereinnahmen hereingekommen ist, mehr oder weniger verprasst. Was die Zinsausgaben angeht, hatten Sie in der Finanzplanung für 2013 11 Milliarden Euro mehr vorgesehen. Die fließen da natürlich hinein. Auch hier gibt es eine Entlastung. Sie machen sich also etwas vor, indem Sie uns hier vorgaukeln, Sie würden mit den Ausgaben halbwegs hinkommen. Das ist nicht der Fall. Wenn Sie die Zahlen real bereinigen, haben Sie durch Aufwüchse oder Subventionsaufbau bzw. -ausbau sogar Mindereinnahmen. Meine Damen und Herren, das alles führt dazu, dass wir sagen: Dieser Haushalt ist nicht solide. Er hat im sozialen Bereich eine Schlagseite. Hohe Vermögen werden viel zu wenig herangezogen. Sie wollten dadurch, dass Sie das Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen haben - gut, dass der Bundesrat dagegen gestimmt hat -, nicht nur auf europäischer Ebene die Zinsrichtlinie - das ist gemeinsame Politik - unterminieren bzw. verhindern, sondern Sie wollten diejenigen, die über Jahrzehnte Geld hinterzogen und schwarz in die Schweiz gebracht haben, noch denjenigen gegenüber privilegieren, die sauber ihre Steuern zahlen. ({9}) Das ist - dies ist ganz klar - mit der SPD nicht zu machen. Deswegen bin ich froh, dass der Bundesrat entsprechend entschieden hat. Sie haben keinerlei Vorsorge für Griechenland getroffen. Herr Minister, Sie waren bei uns in der Fraktion und auch bei den anderen Fraktionen. Ich habe Respekt vor den körperlichen Belastungen, die Sie dadurch hatten. Ich meine, dass es für Europa und auch für alle anderen Minister, die da nächtelang herumsitzen, besser wäre, wenn Sie den Leuten hier in Deutschland endlich die Wahrheit sagen würden, dass nämlich die Rettung Griechenlands und die Stabilisierung des Euro nicht umsonst zu haben sind. Sie und Ihre Fraktion haben sich eingemauert: Sie wollen Griechenland unbedingt in der EuroZone halten; aber es darf nichts kosten. Das geht nicht auf, die Quadratur des Kreises funktioniert nicht. Ich komme auf das Signal zu sprechen, das vom Dienstag dieser Woche ausgegangen ist. Da haben Sie bis halb fünf bzw. fünf Uhr nachts getagt. Die Griechen haben alles geliefert, was sie sollten. Die Strategie ist nur gescheitert: Mit reiner Spar- und Austeritätspolitik wurde ihre Wirtschaft letztendlich abgewürgt. Das ist auch eines Ihrer „Verdienste“. Wir haben das von Anfang an gesagt. Die Strategie ist hinsichtlich eines zweiten Punktes gescheitert. Im Jahr 2010 haben Sie die Privatgläubiger Griechenlands laufen lassen. Sie haben sie letztendlich mit Steuergeld herausgekauft. Das sagt Ihnen auch der neue Wirtschaftsweise heute im Interview im Handelsblatt. Wir haben damals gesagt, dass wir sofort eine Finanztransaktionsteuer einführen und eine Beteiligung der privaten Gläubiger wollen. Jetzt haben wir die Schuldenlast zu tragen. Über kurz oder lang werden wir - das ist klar - nicht um eine stärkere Entlastung Griechenlands herumkommen. Das müsste hier in diesem Bundeshaushalt abgebildet sein, ist es aber nicht. ({10}) Im Gegenteil, wenn von dieser Bundesregierung etwas in Erinnerung bleibt, dann, dass sie die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank geopfert hat. Sie wird mehr und mehr zu einem politischen Spieler. Wenn Sie ernsthaft in Erwägung ziehen - und dies am Montag in der Euro-Gruppe verabreden wollen -, dass die Europäische Zentralbank über einen Dispokredit - so kann man die T-Bills auch bezeichnen - mehr oder weniger dauerhaft in die Staatsfinanzierung Griechenlands involviert wird, dann sollten Sie nie wieder über Inflationsbekämpfung, Stabilitätspolitik und unabhängige Geldpolitik reden. ({11}) Carsten Schneider ({12}) Sie haben, weil Sie politisch dazu nicht in der Lage waren, hier im Hohen Haus, in Ihrer Koalition und auch im Land keine Mehrheit für Maßnahmen von Staat zu Staat - Stichwort ESM -, bei denen wir anderen Ländern Kredite gewähren und sie uns diese dann dank guter Wirtschaftpolitik irgendwann zurückzahlen. Weil Sie sich nicht einigen können, schieben Sie die Europäische Zentralbank vors Loch und zwingen sie mehr oder weniger dazu, politisch zu agieren. Das ist, glaube ich, das, was von dieser Koalition langfristig übrig bleiben wird: eine Veränderung des Mandats der EZB. In diesem Zusammenhang gab es einen ungewöhnlichen Vorgang, der in Europa einzigartig war: Der Präsident der Zentralbank, in unserem Fall der Bundesbank, Herr Weidmann - Sie haben ihn ernannt -, hat Ihnen und dieser Politik öffentlich widersprochen. Sie, die Bundeskanzlerin und der Herr Finanzminister, haben sich dann ausdrücklich auf die Seite von Herrn Draghi gestellt. Ich finde, das ist ein bemerkenswerter Vorgang. Dazu sollten Sie auch hier im Deutschen Bundestag einmal Stellung nehmen. ({13}) Mit der Plünderung der Reserven der Sozialkassen, mit dem Versäumnis, Vorsorge für mögliche bzw. wahrscheinliche Ausfälle Griechenlands zu treffen, mit dem Blick nur auf den Termin der Bundestagswahl, über den Sie irgendwie noch kommen wollen, und mit dem Verschieben aller Lasten in die nächste Legislaturperiode ist dieser Bundeshaushalt nicht nur Makulatur, sondern er ist auch Dokument Ihres Scheiterns, des Scheiterns von Schwarz-Gelb. Deswegen lehnen wir ihn ab. ({14})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Cajus Caesar. ({0})

Cajus Julius Caesar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Solide Finanzen, mehr Mittel für Bildung, Forschung und Infrastruktur, weniger Arbeitslose und mehr Beschäftigung - das sind die Erfolge dieser unionsgeführten Bundesregierung. ({0}) Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich unserem Fraktionsvorsitzenden, Volker Kauder, und unserem haushaltspolitischen Sprecher, Norbert Barthle, dass dieser Haushaltsentwurf in dieser Form möglich war. Sie haben durch Ihre Initiativen, durch Ihre Ideen wesentlich dazu beigetragen. Herzlichen Dank dafür! Die Schuldenbremse werden wir drei Jahre eher als geplant einhalten. Viele auch hier im Haus hätten davon nicht zu träumen gewagt. Ich denke, das ist Ausdruck des Erfolgs dieser Regierung, dieser christlich-liberalen Koalition. ({1}) Schauen wir zurück, können wir feststellen: Gerhard Schröder hat seinerzeit das Maastricht-Kriterium von 3 Prozent mit 4,2 Prozent gerissen. Die Neuverschuldung unter Steinbrück war mit 86 Milliarden Euro die höchste Deutschlands. Diese Bundesregierung mit dem klug agierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble hat es geschafft, Ihnen heute einen solchen Haushaltsentwurf vorzulegen. Ich denke, das ist der Weg in die richtige Richtung. ({2}) Wir handeln anders als Sie, ({3}) indem wir schauen, wie der Bürger mit seinem Geld umgeht; er muss nämlich auskömmlich damit umgehen. ({4}) Das wollen auch wir. Wir machen das. Sie sind nicht auf dem richtigen Weg. Diese Bundesregierung hat Erfolg. Das ist gut für die fleißigen Menschen in unserem Land und für die innovativen Betriebe. Wir setzen die richtigen politischen Rahmenbedingungen und treffen die richtigen Entscheidungen. Diese Unionsmehrheit im Deutschen Bundestag garantiert, dass wir auf dem richtigen Weg sind. ({5}) Wir stehen für solide Finanzen. Wir stehen dafür, dass das Vermögen unserer Bürger geschützt wird. Wir - mit unserer Kanzlerin an der Spitze - wollen, dass Schulden nicht vergemeinschaftet werden. Wir wollen, dass die Spareinlagen unserer Bürger sicher sind. Dafür danken wir an erster Stelle unserer Kanzlerin Angela Merkel. ({6}) Wir haben die Rahmenbedingungen für Finanzgeschäfte richtig gesetzt. Wir wollen nicht, dass manche über alle Maßen verdienen und dafür andere bluten müssen. Wir wollen die Bankenaufsicht stärken. Wir wollen die Erhöhung des Eigenkapitals der Banken. Wir wollen einen verbesserten Anlegerschutz. Wir wollen klare Regelungen, die gewährleisten, dass das Vermögen unserer Bürger und Betriebe sicher und geschützt ist. Wir wollen vor allem nicht mehr Steuerbelastungen. Peer Steinbrück hat ja angekündigt, dass er, wenn man alles addiert, Mehrbelastungen für Bürger und Betriebe in Höhe von rund 30 Milliarden Euro will. Wir wollen keine Erhöhung der Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent. Wir wollen keine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Wir halten das für falsch, Sie halten das für richtig. Wir glauben, wir sind auf dem richtigen Weg: für unsere Bürger und für unsere Betriebe. Wir wollen auch den kommunalen Bereich entlasten. Wir tun das, ({7}) und zwar durch die Entlastung der Kommunen bei der Grundsicherung. Hier übernimmt der Bund zukünftig 100 Prozent - anders als zu Zeiten von Rot-Grün. Wir wollen, dass die Grundsicherung zu 100 Prozent vom Bund übernommen wird. Das bedeutet bis 2020 eine Entlastung von 50 Milliarden Euro für unsere Kommunen. Für meinen Wahlkreis beispielsweise macht das alleine im Jahre 2014 eine Entlastung um 7,3 Millionen Euro aus. Das ist eine bürgerfreundliche, eine kommunal orientierte Politik dieser Bundesregierung. ({8}) Wir wollen das Ehrenamt fördern; deshalb haben wir auch dort angesetzt. Wir haben die steuerfreie Übungsleiterpauschale von 2 100 auf 2 400 Euro erhöht. Wir haben den Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten von 500 auf 720 Euro erhöht. Wir haben die Begünstigung zweckgebundener Vereine bei der Umsatzsteuer von 35 000 auf 45 000 Euro erhöht. Das sind zugegebenermaßen kleine Beiträge; aber es sind Beiträge. Wir wollen das Ehrenamt nämlich fördern. ({9}) Schauen wir uns die U-3-Betreuung an. Das ist eine Landesaufgabe. Der Bund hat dafür - obwohl dies nicht in seine Verantwortung und seinen Zuständigkeitsbereich fällt - 4 Milliarden Euro bereitgestellt. Wir haben diesen Betrag jetzt um weitere 580 Millionen Euro erhöht; ich denke, das sollten Sie anerkennen. Das ist übrigens anders als in Nordrhein-Westfalen, wo man bei der U-3-Betreuung die rote Laterne hält und wo in 2013 eine zusätzliche Neuverschuldung in Höhe von 3,2 Milliarden Euro und in 2014 in Höhe von 3,5 Milliarden Euro angedacht ist. Das ist keine auf die Zukunft ausgerichtete Politik. Das ist rot-grüne Politik. Wir sehen das anders. Wir setzen uns ein für die zukünftigen Generationen, für Bildung, Kinder, Jugend und für die Bevölkerung insgesamt. ({10}) Sie blockieren, dass die verdienenden Bürger, die Arbeitnehmer in unserem Land, durch Milderung der kalten Progression entlastet werden. Das können wir so nicht hinnehmen. Wir wollen die Infrastruktur stärken. Dafür stellen wir 750 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Sozial ist, was Arbeit schafft. Alle 60 Sekunden entsteht in Deutschland ein neuer Job. 92 Prozent der jungen Menschen in unserem Land haben einen Arbeitsplatz. Das ist sozial, und das ist gerecht. Wir danken unserer Kanzlerin, die dieses Land durch Kompetenz, Menschlichkeit und Führungsstärke voranbringt. Diese Politik der Union ist Zukunftspolitik. ({11})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als letztem Redner in dieser Haushaltsdebatte erteile ich das Wort dem Kollegen Norbert Barthle von der CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Norbert Barthle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am Ende einer langen Woche darf auch ich zunächst einen ganz herzlichen Dank aussprechen - ich tue das auch im Namen unserer Ausschussvorsitzenden Petra Merkel, der ich ebenfalls gute Besserung wünsche -, insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltssekretariats unter Führung von Frau Dr. Hasenjäger; da hinten sitzt sie, noch etwas ermattet, aber schon wieder frisch. Wir hatten allein in den Haushaltsberatungen - die Sondersitzungen zur Euro-Stabilisierung nicht mitgezählt - 57 Sitzungsstunden zu absolvieren. Wir haben 957 Änderungsanträge vorbereitet und bearbeitet, über sie abgestimmt, argumentiert und dokumentiert. Deshalb auch an die Mitarbeiter in den einzelnen Arbeitsgruppen ein ganz herzliches Dankeschön! ({0}) Ich beziehe in diesen Dank das BMF ein - den Herrn Bundesfinanzminister, die Staatssekretäre Kampeter und Gatzer und den Haushaltsdirektor Mießen -, aber auch die Kollegen und Kolleginnen. Ich will mich dafür bedanken, dass wir in den langen, anstrengenden Beratungen ein - das will ich betonen - gutes Miteinander, ein kollegiales Klima hatten. Erlauben Sie mir am Ende dieser Woche zwei, drei kritische Anmerkungen zu dieser Debattenwoche. Ich glaube, wenn man die ganze Woche Revue passieren lässt, kann man eines feststellen: Die Koalition ist nach wie vor dabei, durch harte, fleißige, akribische Arbeit einen Haushalt aufzustellen, der zum Ausdruck bringt, wo wir stehen und wohin wir wollen, während sich die Opposition erkennbar bereits im Wahlkampfmodus befindet. Das ließ sich bei den einzelnen Debattenbeiträgen immer wieder heraushören. ({1}) Ich finde: Wenn der Kanzlerkandidat der SPD die Regierung als „Panzerknackerbande“ bezeichnet, dann ist das schon grenzwertig. Das kann man machen, wenn man vor den Bochumer Stadtwerken redet; aber hier ist das grenzwertig. ({2}) Wenn Herr Trittin meint, er müsse den Ministerpräsidenten des erfolgreichsten Bundeslandes - Bayern - als „Crazy Horst“ bezeichnen, dann finde ich auch das grenzwertig. Das kann man machen, wenn man vor der Grünen Jugend redet, aber nicht hier. ({3}) Kommen wir noch einmal zum Haushalt zurück. Wir haben jetzt in der Schlussdebatte wieder erleben dürfen, dass die Opposition uns vorwirft, wir würden zu wenig sparen und wir würden nicht kontinuierlich sparen; Kollege Schneider hat es gerade eben vorgetragen. Nochmals zum Mitschreiben, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese Koalition reduziert konsequent, Jahr für Jahr, das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt. Wir haben im Jahr 2010 bei weit über 30 Milliarden Euro angefangen. 2011 waren es 20 Milliarden Euro. 2012 sind es 15 Milliarden Euro. 2013 werden es 8,8 Milliarden Euro sein. Das ist, Herr Kollege Schneider, eine kontinuierlich absinkende Linie, die das klare Ziel belegt, 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Mit dem 2013er-Haushalt erreichen wir das Ziel für 2016 bereits drei Jahre früher. Das ist eine Riesenleistung dieser Koalition, die Sie anerkennen sollten. ({4}) Herr Steinbrück hat gesagt - die Opposition sagt das permanent -: Nie zuvor war die … Ausgangslage für … eine … Rückführung der Neuverschuldung … so günstig wie heute. Da hat er recht. Ich bedanke mich für dieses großartige Kompliment an die Bundesregierung. Die Ausgangslage ist tatsächlich gut. Das hat aber etwas mit Regierungsarbeit zu tun. ({5}) Die Situation im Lande wird in der Regel von der Regierung geprägt, nicht von der Opposition. Das ist eine Binsenweisheit, und das wissen die Menschen da draußen auch. Also Danke für dieses Kompliment! Dann heißt es immer, wir hätten nur Glück gehabt, wegen der guten Steuereinnahmen. Meine Damen und Herren, wenn das stimmt, dann gilt das auch für die Bundesländer; denn die Hälfte der Steuereinnahmen landet bei den Bundesländern. Eigenartigerweise macht das Glück aber vor den Ländern halt, in denen - wie in Baden-Württemberg - die Grünen regieren oder - wie in Nordrhein-Westfalen - die SPD. Die machen Schulden wie die Schweinstreiber. ({6}) Wenn ich daraus lernen darf, dass das Glück nur bei den Regierungen ankommt, die von der CDU oder von der CSU geführt werden, dann ist das eine schöne Botschaft an die Wählerinnen und Wähler; dann wissen sie, was sie im kommenden Jahr zu tun haben. Herzlichen Dank auch dafür! ({7}) Dann wurde argumentiert mit den Schulden, die sich im Laufe dieser Legislaturperiode addiert haben.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Barthle, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Norbert Barthle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In dieser letzten Rede nicht mehr. Es war jetzt lange genug, eine ganze Woche lang, Gelegenheit. ({0}) Ich erinnere nochmals an die Ausgangslage: Nach dem Steinbrück-Etat waren 86 Milliarden Euro neue Schulden vorgesehen. Wer beobachten will, wie engagiert die SPD ans Sparen geht, der muss sich die mittelfristige Finanzplanung des Herrn Steinbrück anschauen: Was sah er für 2013 vor? 46 Milliarden Euro Schulden. Wir machen nicht 46 Milliarden Euro, sondern 17,1 Milliarden Euro neue Schulden. Auch hier liegen wir fast 30 Milliarden Euro unter Steinbrücks Planung, unter der Planung der SPD. Wir sind deutlich engagierter, stringenter und konsequenter, wenn es darum geht, Schulden zurückzuführen. ({1}) Dabei kommt hinzu, dass von der Opposition ganz lässig permanent nicht zur Kenntnis genommen wird, dass wir in diesem und im kommenden Jahr rund 20 Milliarden Euro in die Kapitalstöcke des Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Europäischen Investitionsbank abführen. Das sind Transfers auf andere Konten. Das Geld liegt dort als Guthaben und erbringt im Übrigen auch Zinsen. Wir sprechen hier von insgesamt 20 Milliarden Euro! Wenn Sie diese Zahlungen von unserer Nettoneuverschuldung in 2013 abziehen würden, dann sähen Sie, dass unsere Nettokreditaufnahme viel geringer wäre. Daneben wird auch nicht zur Kenntnis genommen, dass wir die Kommunen in den nächsten Jahren deutlich entlasten, und zwar um insgesamt 60 Milliarden Euro. Das ist eine Leistung dieser Koalition! Das haben Sie so nie hinbekommen. ({2}) Ich will noch einmal die Vorschläge, die die Opposition permanent macht, zusammenfassen: Auf die Steuererhöhungen wurde schon hingewiesen. Die Parteitagsbeschlüsse der Grünen sprechen eine deutliche Sprache. Die FAZ hat geschrieben: Die Grünen befinden sich „im Sozialrausch“. Manchmal hat man den Eindruck, Sie müssten Ihre Farbe wechseln und ein bisschen mehr Rot in das Grün mischen. Das würde der Sache gerechter. Während wir hier in der Schlussberatung zum Haushalt sind, wurde im Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz auf Betreiben der SPD behindert. ({3}) Dafür sollten Sie sich eigentlich schämen. Das war reine Parteistrategie. ({4}) Ich hätte erwartet, dass der designierte Kanzlerkandidat der SPD seiner staatsmännischen Verantwortung gerecht wird ({5}) und die Ministerpräsidenten zur Vernunft bringt. ({6}) Nein, das hat er nicht getan. Ich vermute, er hat sich mit seiner Kavallerie etwas vergaloppiert und ist von dem Gaul nicht mehr heruntergekommen. Das wird wahrscheinlich der Hintergrund sein. ({7}) In dieser Woche hätte Herr Steinbrück die Chance gehabt, zum Goldenen Reiter der SPD aufzusteigen. Nein, die Chance hat er verpasst. Er macht sich zum Don Quichotte der SPD, und der Herr Gabriel darf den Sancho Pansa machen. Das ist doch peinlich. ({8}) Kommen wir zu dem weiteren Vorwurf der Opposition, nämlich: Wir würden durch einen Griff in die Sozialkassen einen sozialen Kahlschlag betreiben. ({9}) Liebe Bürgerinnen und Bürger draußen, es ist tatsächlich wahr: Wenn wir wollten, könnten wir die Nettokreditaufnahme unter Hintanstellung aller Vernunft auf nahezu null senken. ({10}) Dafür bräuchten wir nur alle Rücklagen der Sozialkassen abzugreifen. Das tun wir nicht. Wir lassen die Rücklagen im Gesundheitsfonds, in den Krankenkassen und in der Rentenversicherung ein Stück weit stehen. ({11}) - Sie würden das anders machen. Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass Sozialdemokraten irgendwo Rücklagen stehen lassen würden. Wir lassen sie stehen. - Das ist Vorsorge für die Zukunft. Deshalb ist das an dieser Stelle auch richtig. ({12}) Gleichzeitig investieren wir mehr: in Verkehr, in Bildung, in Forschung, in die Bereiche, die unsere Zukunft garantieren. ({13}) Deshalb ist diese Koalition gut für die Zukunft dieses Landes und gut für Europa, ({14}) und deshalb werden wir auch im kommenden Jahr diese Arbeit kontinuierlich und fleißig fortsetzen. ({15}) Danke. ({16})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus- haltsgesetz 2013. Es geht um die Drucksachen 17/10200, 17/10202, 17/10801, 17/10802, 17/10804 bis 17/10809, 17/10811 bis 17/10814, 17/10816, 17/10821 bis 17/10825. Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich möchte Sie daran erinnern, dass nach der namentlichen Abstim- mung einfache Abstimmungen über Entschließungsan- träge folgen werden. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. - Sind jetzt alle Abstimmungs- plätze mit Schriftführern besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1) Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir die Ab- stimmungen fortsetzen können und das Präsidium zwei- felsfrei die Abstimmungsergebnisse feststellen kann, bitte ich Sie, Platz zu nehmen. Wer setzen jetzt die Abstimmungen fort und kommen zu den Entschließungsanträgen. Wir beginnen mit der Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11601. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abge- lehnt. Wir stimmen nun über die acht Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke ab. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11564. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11566. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Druck- sache 17/11567. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage- gen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungs- antrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Druck- sache 17/11569. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage- gen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. 1) Ergebnis Seite 25548 C Vizepräsidentin Petra Pau Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11572. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11573. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11602. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11603. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt. Schließlich kommen wir zur Abstimmung über fünf Entschließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11565. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11568. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11570. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11571. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11604. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich bitte, die notwendige Aufmerksamkeit für das Ergebnis der Schlussabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 herzustellen. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: abgegebene Stimmen 570. Mit Ja haben 312 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein haben 258 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Kein Kollege und keine Kollegin haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 569; davon ja: 311 nein: 258 Ja CDU/CSU Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({0}) Manfred Behrens ({1}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({2}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({3}) Axel E. Fischer ({4}) Dr. Maria Flachsbarth Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich ({5}) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Reinhard Grindel Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung ({6}) Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({7}) Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers ({8}) Vizepräsidentin Petra Pau Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer ({9}) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller ({10}) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann ({11}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({12}) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht ({13}) Anita Schäfer ({14}) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt ({15}) Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön ({16}) Dr. Kristina Schröder ({17}) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster ({18}) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl ({19}) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel ({20}) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg ({21}) Peter Weiß ({22}) Sabine Weiss ({23}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth WinkelmeierBecker Dagmar G. Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine AschenbergDugnus Daniel Bahr ({24}) Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Hans-Werner Ehrenberg Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther ({25}) Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Birgit Homburger Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth ({26}) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Lars Lindemann Dr. Martin Lindner ({27}) Michael Link ({28}) Dr. Erwin Lotter Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann ({29}) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({30}) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg von Polheim Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Manfred Todtenhausen Serkan Tören Johannes Vogel ({31}) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({32}) Nein SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Lothar Binding ({33}) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf ({34}) Kerstin Griese Gabriele Groneberg Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Michael Hartmann ({35}) Hubertus Heil ({36}) Wolfgang Hellmich Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({37}) Dr. Eva Högl Christel Humme Oliver Kaczmarek Dr. h. c. Susanne Kastner Vizepräsidentin Petra Pau Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Daniela Kolbe ({38}) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange ({39}) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({40}) Michael Roth ({41}) Marlene Rupprecht ({42}) Annette Sawade Axel Schäfer ({43}) Bernd Scheelen Marianne Schieder ({44}) Werner Schieder ({45}) Ulla Schmidt ({46}) Carsten Schneider ({47}) Ottmar Schreiner Swen Schulz ({48}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff ({49}) Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Sabine Leidig Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer ({50}) Michael Schlecht Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({51}) Volker Beck ({52}) Cornelia Behm Birgitt Bender Agnes Brugger Viola von Cramon-Taubadel Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Priska Hinz ({53}) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Katja Keul Memet Kilic Maria Klein-Schmeinka Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Fritz Kuhn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth ({54}) Monika Lazar Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({55}) Beate Müller-Gemmeke Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Claudia Roth ({56}) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulrich Schneider Dorothea Steiner Dr. Wolfgang StrengmannKuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Beate Walter-Rosenheimer Arfst Wagner ({57}) Wolfgang Wieland Josef Philip Winkler ({58}) Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt V: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes ({59}) - Drucksache 17/11138 Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({60}) - Drucksache 17/11586 Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider ({61}) Dr. Gesine Lötzsch Priska Hinz ({62}) Vizepräsidentin Petra Pau Zu dem Gesetzentwurf liegen ein Änderungsantrag und ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Abweichend von der verteilten Redeliste hat als Erster der Kollege Peter Aumer für die Unionsfraktion das Wort. ({63})

Peter Aumer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004004, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir leisten heute einen wesentlichen Beitrag, zwei Prinzipien unserer sozialen Marktwirtschaft wieder näher zusammenzuführen, und zwar Risiko und Verantwortung. Nicht der Staat, sondern die Verursacher der Finanzkrise müssen für die verursachten Kosten ihren Anteil tragen. Nach den Verwerfungen auf den internationalen und nationalen Finanzmärkten haben wir durch die Finanzmarktstabilisierungsgesetze innerhalb kürzester Zeit verlässliche Regelungen des Schutzes gegen systemische Bankenrisiken eingeführt. Damit haben wir unmittelbar und zielgerichtet nach dem Einsetzen der Finanzmarktkrise reagiert. Diese Politik hat wesentlich zur Stabilisierung der Finanzmärkte in den letzten Jahren beigetragen. Durch das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das wir heute beschließen werden, wird die Möglichkeit verlängert werden, Stabilisierungsmaßnahmen über den Finanzmarktstabilisierungsfonds zu erhalten, und zwar bis zum Inkrafttreten der einheitlichen europäischen Restrukturierungsvorgaben. Mit der Umsetzung des Entwurfs der Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen ist erst im Jahr 2015 zu rechnen. Mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf verfolgen wir zwei Kernziele: Zum einen sichern wir durch die Ausweitung der Laufzeit des Soffin bis Ende 2014 unsere Handlungsmöglichkeiten, im Falle einer systemischen Krise schnell und angemessen reagieren zu können, um Verwerfungen auf den Finanzmärkten zu verhindern. ({0}) Zum anderen wollen wir Belastungen durch mögliche Bankenrettungen für die öffentlichen Haushalte und damit eine Belastung für jeden Bürger und jede Bürgerin möglichst vermeiden. Finanzmarktstabilisierungsfonds und Restrukturierungsfonds werden enger miteinander verknüpft. Für Verluste aus Rettungsmaßnahmen werden in Zukunft auch Beiträge aus der Bankenabgabe verwendet. Das entspricht aus unserer Sicht dem Verursacherprinzip und ist im deutlichen Interesse der Bürgerinnen und Bürger. ({1}) - Das ist keine neue Erkenntnis, sondern eine Erkenntnis, die wir umgesetzt haben. ({2}) Liebe Kollegen der SPD - das passt gerade schön -, wenn ich den Entschließungsantrag lese, den Sie heute in die Debatte einbringen, dann frage ich mich, in welcher Welt Sie leben. Was das Eigenlob angeht, das Sie in der allgemeinen Begründung bringen: Die SPD sollte nicht die eigenen Vorhaben, die man in Regierungsverantwortung nicht umsetzen konnte, jetzt in den Himmel loben. Das ist, glaube ich, Ihrer Arbeit nicht angemessen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, und entspricht auch nicht dem, was Sie in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung hätten umsetzen müssen. ({3}) Wir waren es, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition, die verantwortungsvolle Finanzpolitik und Regulierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht haben. Die drei Restrukturierungsgesetze - heute werden wir das dritte verabschieden - sind unter Federführung der Regierung Merkel auf den Weg gebracht worden. Ihr Kanzlerkandidat Steinbrück, über den in letzter Zeit viel diskutiert wird, hat vor kurzem ein Papier mit seinen finanzmarktpolitischen Vorstellungen, seinen Regulierungsvorschlägen und seinen Programmen vorgestellt, die er gern auf den Weg bringen möchte. Er hat viel Wind gemacht, aber Substanzielles war nicht dabei. Er hat keine Neuerungen vorgeschlagen. All das, was wir im Bundestag bereits verabschiedet haben, hat er wieder aufgewärmt, all das, was auf europäischer Ebene schon in Arbeit ist, verkauft er als große Neuerung. Viel Lärm um nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren der SPD. Das gilt auch für den Antrag, den Sie heute eingebracht haben. ({4}) Wir wollen - das ist der Auftrag, den wir von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen haben - verlässliche Politik machen, auch was die Finanzmärkte betrifft. Wir wollen dem Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft wieder Geltung verschaffen. Der große Ludwig Erhard, der einer der Väter der sozialen Marktwirtschaft war, hat einmal einen Satz gesagt, der zu dem vorliegenden Gesetzentwurf passt: Der tiefe Sinn der Sozialen Marktwirtschaft liegt darin, das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs und der sittlichen Verantwortung jedes Einzelnen dem Ganzen gegenüber zu verbinden. Diesem Prinzip verhelfen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Geltung. Es war sicherlich nicht einfach, in dieser schwierigen Zeit verlässliche Entscheidungen zu treffen. Die christlich-liberale Koalition hat das gemacht. Unser Finanzminister Wolfgang Schäuble verhandelt sehr klug auf europäischer Ebene über die Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Er ist derjenige, der dieses Thema auf den Weg bringt - nicht Sie, die Sie hohle Forderungen aufstellen, von denen Sie genau wissen, dass sie nicht umgesetzt werden können. Wir stellen uns unserer Verantwortung und setzen unsere Konzepte um. ({5}) Das tun wir in der verlässlichen Art und Weise, die man von einer christlich-liberalen Koalition erwartet. Deswegen bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Carsten Schneider für die SPD-Fraktion. ({0})

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine für Deutschland teure Lernkurve, die CDU/CSU und FDP hier gemacht haben. Warum? ({0}) Dieses Gesetz bringt die zweite Verlängerung und ist damit das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Wir reden hier über mehr Geld, als der Bundeshaushalt umfasst, den wir eben verabschiedet haben. Es geht darum, bis zum Ende, in zwei Jahren, dem Soffin die Möglichkeit zu geben, Bürgschaften in Höhe von 400 Milliarden Euro oder Rekapitalisierungshilfe für die Banken in Höhe von 80 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2008, beim ersten Gesetz dazu, haben wir als Sozialdemokraten gesagt: Es ist entscheidend, dass der Sektor - der Bankensektor, der Finanzsektor -, der von der Stabilisierung profitiert, auch für die Kosten aufkommt, Stichwort: Bankenabgabe. Damals haben Sie das verhindert. ({1}) Die Kosten unter dem Strich betragen Pi mal Daumen - wir wissen es noch nicht genau; das werden wir in 20 Jahren wissen - zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden Euro. Ich glaube, das ist eine reale Schätzung. Ich kann Ihnen noch genau die Beteiligten nennen, die damals dagegen waren. Jetzt ändern Sie Ihre Meinung und führen die Bankenabgabe ein. Das ist in Ordnung. Es ist eine teure Lernkurve, aber immerhin. Herr Kollege Aumer hat gerade gesagt: Der Steuerzahler soll nie wieder für die Verluste der Banken haften. - Tritt das mit der von Ihnen konzipierten Bankenabgabe aber ein? Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie von Banken haben. Meinen Sie Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken? Die Deutsche Bank jedenfalls werden wir mit dem avisierten Geld nicht abwickeln können. Das ist doch vollkommen klar. Wie hoch ist das Volumen der Bankenabgabe? Das hängt natürlich von der Konjunktur und auch der Gewinnsituation der Banken ab. Bis heute haben wir in zwei Jahren 1,1 Milliarden Euro oder 1,2 Milliarden Euro eingenommen. ({2}) - 1,3 Milliarden Euro, vielen Dank. - Das ist nicht so viel. Ich möchte Ihnen die Situation einmal veranschaulichen. Wenn eine mittelgroße Bank so große Verluste macht, dass sie pleite geht, dann müssten wir bei einem Volumen von 20 Milliarden Euro bei diesem Tempo 40 Jahre ansparen, um diese Bank abzusichern. Es ist eine Schimäre. ({3}) Um Ihnen den Weg zu ebnen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass deutlich mehr Einnahmen erzielt werden. Wir als SPD-Fraktion schlagen eine Verdoppelung der Bankenabgabe vor. ({4}) - Das reicht natürlich nicht für die Deutsche Bank, Herr Wissing. Das ist doch klar. Dafür müssten Sie bei der Regulierung viel stärker ansetzen. Die Deutsche Bank ist von ihrem Bilanzvolumen her größer als die deutsche Volkswirtschaft. „Eigentlich sollte das anders sein“, hat die Kanzlerin einmal gesagt. Was haben Sie regulatorisch eigentlich dagegen getan, dass die Deutsche Bank noch größer geworden ist, als sie es vor der Finanzkrise war? Dass wir als Steuerzahler, als Staat das Risiko tragen, sie bei einer Pleite letztendlich auffangen zu müssen, dass ihr die Staatshaftung garantiert wird und sie deswegen immense Zinsvorteile von fast 2,5 Milliarden Euro hat, für die wir keinen Cent Entgelt bekommen, dagegen haben Sie nichts getan. Daran sieht man, auf welcher Seite die Bankenlobby sitzt. ({5}) Viel wichtiger als dieses Gesetz ist aber die Verhandlungslinie auf europäischer Ebene. Mein Kollege hat das eben angesprochen, was Bankenaufsicht und Restrukturierung anbetrifft. Ich meine - da haben wir einen Konsens -, das muss man in Ruhe entscheiden. Dass auf dieser Sache so ein Druck lastet, hängt ja damit zusammen, dass die Bundeskanzlerin im Juni dieses Jahres zugesagt hat, ausländische Banken über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, also auch über deutsche Steuergelder, direkt zu rekapitalisieren. Natürlich wollen alle den direkten Zugriff; dem ist jetzt nur die Bankenaufsicht vorgeschaltet. Ich halte es eigentlich für einen Fehler - daher bin ich skeptisch -, die Europäische Zentralbank mit einem weiteren Thema, für das sie eigentlich nicht zuständig ist, zu überfrachten. ({6}) Carsten Schneider ({7}) - Warten Sie! - Außerdem will gut Ding Weile haben. Wenn Sie eine Aufsicht auf europäischer Ebene schaffen, braucht es zwingend ein Abwicklungsregime. ({8}) Es macht keinen Sinn, eine Aufsicht zu haben, aber im Endeffekt nicht eingreifen und eine Bank nicht abwickeln zu können. Das Europäische Parlament hat dazu Vorschläge gemacht, die Sie nicht aufgegriffen haben. Ich wüsste gern einmal: Was ist eigentlich die Strategie der Bundesregierung, außer den Beschluss von Juni wieder zu kassieren? Ich kann keine Strategie erkennen. Mit einer reinen Verhinderungspolitik auf europäischer Ebene werden wir jedenfalls keine Ordnung und kein europäisches Abwicklungsregime bekommen. ({9}) Vielmehr bekommen wir durch Ihre Zustimmung „EuroBonds light“, indem Banken direkt über den ESM rekapitalisiert werden. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Vielen Dank. ({10})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr. Florian Toncar für die FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Florian Toncar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003856, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Allein die Zeit, zu der wir diese Debatte heute führen, zeigt, wie weit wir seit 2008 vorangeschritten sind. Führe ich mir die dramatischen Umstände, unter denen wir damals debattiert haben, vor Augen und ziehe ich einen Vergleich zu den heutigen Umständen, dann zeigt das, dass die Finanzmarktstabilisierung in Deutschland in den letzten Jahren im großen Ganzen erfolgreich gewesen ist. Wir sollten auch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzmarktstabilisierungsanstalt Dank sagen, die jeden Tag ihre neue, auch schwierige Aufgabe erledigen. ({0}) Wir müssen natürlich auch feststellen, dass es in den Anfangszeiten Probleme gegeben hat. Ich darf insbesondere an die ausgesprochen schwierigen Umstände und auch an die hohen Kosten erinnern, zu denen die Hypo Real Estate verstaatlicht worden ist, nicht zuletzt auf Betreiben des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück. Die Folgen dieser Verstaatlichung trägt heute eine sogenannte Bad Bank, die FMS Wertmanagement. Sie wird uns in der Tat noch einiges an Geld kosten. Ich darf auch an den Einstieg des Bundes bei der Commerzbank erinnern. Er ist unter anderem für 6 Euro pro Aktie im Jahr 2009 über die Bühne gegangen. Wer ein bisschen verfolgt, wo der Aktienkurs heute steht, der kann nur feststellen: Da hat sich wohl jemand getäuscht. Dieser Jemand saß damals im Bundesfinanzministerium und heißt ebenfalls Peer Steinbrück. - Am Anfang sind Fehlentwicklungen passiert und Fehler gemacht worden, über die man auch heute sprechen muss. ({1}) Unsere Koalition hat darauf 2010 reagiert. Wir haben mit dem Restrukturierungsgesetz ein eigenes Bankeninsolvenzrecht geschaffen. Hätte es zuvor bestanden, hätte es den Bund beispielsweise im Fall der Hypo Real Estate natürlich in eine ganz andere Situation versetzt. Man kann durch die neue Rechtslage mit solchen Fällen wesentlich besser umgehen. Man kann eine Bank, die vor dem Zusammenbruch steht, kontrolliert vom Markt nehmen und abschirmen. Das ist neu. Unsere Koalition hat dies 2010 eingeführt. Jetzt wird der Bankenrettungsfonds, der Soffin, noch weiter fortgeführt. Es gibt dazu keinen akuten Anlass. Es ist eine Vorsorgemaßnahme. Wir wollen, dass die Instrumente, die wir besser gemacht haben, als sie 2008 waren, vorbeugend weiterhin zur Verfügung stehen. Das bedeutet aber nicht, dass unser Restrukturierungsgesetz damit außer Kraft gesetzt wäre, ganz im Gegenteil. Wir haben noch einmal klargemacht, auch mit den Änderungen, die wir im Ausschuss beschlossen haben, dass für uns immer noch und auch in Zukunft gilt: Wenn eine Bank kein Geschäftsmodell hat, muss sie vom Markt verschwinden. Dann muss dafür gesorgt werden, dass sie sich konsolidiert, dass der Sektor sich konsolidiert, dass sie abgewickelt werden kann, und zwar ohne dass die Kosten dafür - anders als es in der Vergangenheit bei Ihnen der Fall war - bei der Allgemeinheit abgeladen werden. ({2}) Wir haben in diesem Gesetzentwurf eine weitere Änderung vorgenommen. Sollte ein solcher Stabilisierungsfall auf den Fonds zukommen, dann gilt klipp und klar - das ist jetzt ausdrücklich so geregelt -: zuerst die Eigentümer. Erst wenn das nicht mehr möglich ist, kommt der Fonds als Geldgeber in Betracht. Das ist eine Verbesserung; denn dies stellt klar: Wer ein Unternehmen betreibt, der muss auch dafür geradestehen, wenn etwas schiefgelaufen ist. ({3}) Ich glaube, dass wir aufgrund dieser Änderungen das Gesetz beschließen können. Ich will auf die Änderungsvorschläge, die die SPDFraktion gemacht hat, eingehen. Die Vorschläge, die zum Thema Bankenabgabe gemacht werden, zeigen eher Ihr schlechtes Gewissen, als dass es uns in der Sache weiterführt. Sie haben damals den Fonds, über dessen Fortführung wir heute beschließen, ohne Bankenabgabe eingeführt. Es war vorgesehen, dass der Steuerzahler die Rechnung bezahlen muss. So ist es letzten Endes ja auch durch Ihre Entscheidungen gekommen. Dass gerade die, die es damals anders gemacht haben, heute beklagen, die Koalition habe beim Thema Bankenabgabe nicht gehandelt, ist ein Stück aus dem Tollhaus. Das kann nur mit schlechtem Gewissen erklärt werden, lieber Kollege Schneider. ({4}) Ich suche im Übrigen immer noch den Protest, von dem Sie reden. Sie haben ja gesagt, die SPD sei schon im Jahr 2008 für eine Bankenabgabe gewesen. Liefern Sie mir einmal einen Beleg dafür! Ich bin seit Wochen nicht fündig geworden. Ich vermute, dass er, wenn er denn stattgefunden hat, sehr unauffällig war und wahrscheinlich nie schriftlich niedergelegt worden ist. ({5}) Ein letzter Punkt zur Bankenabgabe. Man muss noch einmal darauf hinweisen: Große Banken zahlen mehr Bankenabgabe. Das ist ein progressiver Tarif. ({6}) Sie sagten gerade, die großen Banken kämen besser davon. Genau das Gegenteil ist der Fall. Schauen Sie sich einmal an, wie sie berechnet wird! Mit steigender Bilanzsumme, mit steigender Größe der Banken wird ein höherer Satz fällig. Es ist auch völlig richtig, dass große Banken, die ein größeres systemisches Risiko darstellen, mehr Bankenabgabe zahlen müssen als die kleinen und mittleren. Hier haben wir genau aufgepasst. Es ist letzten Endes eine ausgesprochen überzeugende Konstruktion, und deshalb erbitte ich Ihre Zustimmung. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Roland Claus für die Fraktion Die Linke. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vor drei Wochen vorgetragene Kritik meiner Fraktion an diesem Gesetzentwurf müssen wir leider aufrechterhalten. Es ist eben nicht so, wie der Kollege Aumer hier gesagt hat, dass wirklich die Verursacher herangezogen werden. Wir reden im Übrigen nicht von einer Bankenkrise, die in der Vergangenheit stattgefunden hat, sondern von einer, die uns nach wie vor belastet. Das wird mit diesem Gesetz nicht besser. ({0}) Staatssekretär Kampeter hat hier vor drei Wochen zur Begründung dieses Gesetzes gesprochen. Ich hatte seine Rede danach als kapitalismuskritisch eingestuft und musste sie deshalb nachlesen. Ich trage Ihnen jetzt das folgende Zitat von Kampeter vor: Wir wollen weg vom regellosen Kapitalismus, und wir wollen für die Finanzindustrie die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft durchsetzen. Wenn man das liest, reibt man sich die Augen. ({1}) Das heißt doch im direkten - nicht einmal im dialektischen - Umkehrschluss: Erstens. Wir leben zurzeit im regellosen Kapitalismus. Zweitens. Die Finanzindustrie bewegt sich außerhalb der sozialen Marktwirtschaft. Da muss sich Steffen doch mit meiner Kollegin Sahra Wagenknecht verabredet haben. Herzlich willkommen im Klub! ({2}) Es geht hier um die Fortsetzung der staatlichen Risikovorsorge für große deutsche Banken. Die Regierung sagt uns jetzt, das koste nichts. Der Hintergrund ihrer Überlegungen ist die, wie wir finden, falsche politökonomische These, wonach sich Staaten finanzmarktkonform verhalten müssten. Wir halten das für grundfalsch. Wir wollen eine Rückgewinnung des Politischen gegenüber den Finanzmärkten und keine Dominanz der Finanzmärkte gegenüber Regierungen, auch nicht gegenüber der Wirtschaft. ({3}) Eines passt aber ins Bild, meine Damen und Herren: Zur Sitzung des Finanzausschusses in der nächsten Woche haben Sie den Chef der Deutschen Bank eingeladen. Dieser sagt Ihnen aber kurzerhand: Für euch habe ich keine Zeit. Ich komme nicht. Ich schicke einen Vertreter. So ist die gegenwärtige Lage. Ich bin sehr gespannt, was jetzt passiert, ob sich unser Parlament so etwas gefallen lässt. Wir werden uns nächste Woche wieder sprechen. ({4}) Wir müssen natürlich wissen, dass die Banken der Konkurrenz der sogenannten Schattenbanken ausgesetzt sind, also der Hedgefonds und der nicht beaufsichtigten Zweckgesellschaften, die im Jahr 2012 einen gigantischen Umsatz von mehr als 50 Billionen Euro erreichen sollen. Dies entspricht in etwa dem Volumen von 170 Bundeshaushalten. Wir sagen Ihnen: Das ist staatlich begünstigter Wahnsinn. ({5}) Nun erklärte uns am Mittwoch Frau Merkel, die G-20Staaten beabsichtigten, die Schattenbanken erst zu beaufsichtigen und dann zu regulieren. Ich denke, Schattenbanken kann man weder beaufsichtigen noch regulieren. Diese gehören abgeschaltet und crash-arm abgewickelt. ({6}) Sie begründen dieses Gesetz auch damit, mit der Bankenabgabe werde das alles bezahlt. Da kann ich nur wiederholen: Das ist organisierter Selbstbetrug und Täuschung der Öffentlichkeit. Bisher haben Sie damit nicht einmal 5 Prozent des realen Verlustes angespart. Ich habe die Bundesregierung einmal gefragt, ob sie es denn beziffern könne, wenn sie schon eine Vorhersage treffe. Ich habe gefragt, welche Entwicklung der Bankenabgabe bzw. des Restrukturierungsfonds die Bundesregierung in den nächsten zehn Jahren erwartet. Die Antwort der Bundesregierung hieß: Das kann man nicht seriös beziffern. - Sie können aber hier aussagen, dass die Mittel reichen. Diesen Widerspruch können wir Ihnen nicht schenken, meine Damen und Herren. ({7}) Über die Rettung deutscher Banken redet diese Bundesregierung schon seit Monaten nicht mehr. Sie werden diesem Gesetzentwurf heute offenbar zustimmen. Wenn Sie das schon tun, dann fordere ich Sie auf, die Leute in der Öffentlichkeit wenigstens nicht hinter die Fichte zu führen, sondern ihnen reinen Wein einzuschenken und die Wahrheit darüber zu sagen, was hier alles abgeht. Vielen Dank. ({8})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Kollege Dr. Gerhard Schick das Wort.

Dr. Gerhard Schick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003837, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist ein Notgesetz. So kam es 2008 zustande, nämlich sehr schnell und in großer Bedrängnis, und zwar aus zwei Gründen: Der eine Grund ist, dass sich unser Bankensektor über Jahre hinweg falsch entwickelt hat, riskante Geschäfte aufgetürmt hat und dann in Schwierigkeiten geriet, als die Blase platzte. Der andere Grund ist, dass keine Auffangmechanismen zur Verfügung standen und keine Möglichkeit zur Abwicklung von Instituten gegeben war. - Diese beiden Gründe sind entscheidend dafür, dass ein solches Gesetz notwendig wurde und wir - Carsten Schneider hat schon darauf hingewiesen - mit einem gigantischen Volumen von 480 Milliarden Euro den Steuerzahler ins Risiko nehmen. Jetzt muss man sich fragen, warum die Geltungsdauer dieses Gesetzes um weitere zwei Jahre verlängert werden muss. In dieser Woche haben wir von den Rednerinnen und Rednern der Koalition immer gehört, wie toll die Lage überall sei. Man muss leider sagen, dass bei beiden Gründen noch nicht Entwarnung gegeben werden kann. Das hat auch etwas mit Ihrer Politik zu tun. ({0}) So sagt der Sachverständige Professor Siekmann, ({1}) der eine Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf abgegeben hat: Die erneute Verlängerung … um weitere zwei Jahre spiegelt die immer noch andauernde strukturelle Schwäche des Bankensektors wider. Diese Schwäche hätte durch die zahlreichen … Reformbemühungen sowie die umfangreiche finanzielle Unterstützung durch den Steuerzahler … längst beseitigt sein sollen. In der Tat. Sie haben die gute Zeit, in der die Bankgewinne groß waren - 2010 und 2011 -, nicht genutzt, um den Bankensektor stabil zu machen. Deswegen müssen wir uns jetzt immer noch Sorgen um die Banken machen. ({2}) Bezogen auf den zweiten von mir angeführten Grund stellt sich die Frage, warum immer noch nicht die Mechanismen zur Verfügung stehen, um Banken abwickeln zu können. Sie bedauern zwar, dass es einen solchen Abwicklungsfonds auf europäischer Ebene noch nicht gibt. Das hat aber damit zu tun, dass genau diese Bundesregierung bisher auf der Bremse stand und nach wie vor auf der Bremse steht. ({3}) Das genau ist die Ursache, warum wir jetzt den deutschen Steuerzahler noch einmal mit diesen Garantien belasten müssen. ({4}) Ja, diese Maßnahme ist notwendig. Aber so, wie Sie es machen, muss man es nicht tun. Sie nehmen zwar marginale Korrekturen vor; aber es ist doch nicht so, wie Sie sagen, dass der Bankensektor die Lasten übernimmt. Da machen Sie den Leuten doch etwas vor. Es liegen bereits 22 Milliarden Euro im „Schattenhaushalt Finanzmarktfonds“ in Frankfurt statt im Bundeshaushalt. Sie sagen jetzt, die Lastenübernahme erfolge über die Bankenabgabe, die ein paar Hundert Millionen Euro einspielt. Die Größenordnungen passen doch überhaupt nicht zusammen. Die großen Progressionswirkungen, von denen Sie reden, enden bei den mittelgroßen Banken. Bei den richtig großen Banken wird der Vorteil, den sie haben, gar nicht abgeschöpft. Wir haben vorgeschlagen, die Progression weiterzuziehen, damit richtig große Banken auch deutlich mehr zahlen als kleine und mittlere Banken. Das haben Sie aber abgelehnt. ({5}) Die Zeit ist knapp; aber ich muss kurz noch etwas dazu sagen, wie die Kontrolle funktioniert. Es gibt doch jeden Freitag ein Ringen um die Informationen vom geheim tagenden Finanzmarktgremium, bis wir überhaupt die Informationen erhalten, um eine effektive Kontrolle ausüben zu können. Was die Öffentlichkeit anbetrifft: Wenn denn alles so erfolgreich sein soll, warum werden uns dann viele Informationen nur unter Geheim gegeben und nicht veröffentlicht? Warum wird der Öffentlichkeit nicht ein klarer Jahresabschluss zur Verfügung gestellt? Warum werden viele Fragen zur Bankenrettung nicht beantwortet, und wenn, dann höchstens in der Geheimschutzstelle? ({6}) Wenn das, was in den letzten Jahren gelaufen ist, alles so toll wäre, dann könnten Sie die Öffentlichkeit auch anständig informieren. Einen ganz großen Teil dessen, was wir unter Geheim diskutieren, könnte man auch öffentlich diskutieren. Wir Grünen werden hier weiter für mehr Transparenz streiten. Danke schön. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus für die Unionsfraktion. ({0})

Ralph Brinkhaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004021, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Um gleich einmal auf meinen Vorredner einzugehen: Diese Verschwörungstheorien, dass wir der Öffentlichkeit irgendwelche Informationen vorenthalten und dass man von einem Geheimgremium nicht genügend informiert wird, sind hanebüchen. Im Übrigen halte ich es auch für eine Unverschämtheit. Beschweren Sie sich da, wo Sie sich beschweren müssen, und versuchen Sie nicht, hier Sachen zu vermischen! Das ist ein Geheimgremium; über die Informationen darf nicht berichtet werden, auch nicht im Deutschen Bundestag. ({0}) Die zweite Frechheit, Herr Schick - das muss ich Ihnen auch sagen -: ({1}) Wenn Sie hier behaupten, die Bundesregierung hätte durch irgendwelche Maßnahmen dazu beitragen können, dass die weltweite Bankenkrise, unter der wir leiden, in den Griff zu bekommen wäre, und suggerieren, dass Sie das geschafft hätten, dann muss ich sagen: Das ist eine Selbstüberschätzung, die ich selbst Ihnen nicht zugetraut hätte. ({2}) Meine Damen und Herren, eigentlich reden wir hier über ein richtig gutes Gesetz. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist im Jahr 2008 unter schwierigen Umständen eingeführt worden; das musste damals sehr schnell gehen. Es ist - das können wir uns, glaube ich, alle auf die Fahne schreiben - eine Meisterleistung des Parlamentarismus, dass das in dem Konsens in dieser kurzen Zeit so gut geklappt hat. Das Gesetz ist so schlecht nicht. ({3}) Wir haben es geschafft, mit diesem Gesetz einen Bankensektor zu stabilisieren, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch über Deutschland hinaus in Europa. Es hat sich gezeigt, dass die Mechanismen, die in diesem Gesetz angelegt sind, wirken. Diese Mechanismen waren so gut, dass sie dann ins Restrukturierungsgesetz übernommen worden sind. Dieses Restrukturierungsgesetz wird die Blaupause sein für entsprechende Restrukturierungsgesetze in Europa. ({4}) Insofern muss man meinen Vorgängern - ich war damals nicht dabei - hohen Respekt für dieses Gesetz zollen. Jetzt kann man sich fragen: Wir haben ein Restrukturierungsgesetz, und wir haben ein Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Warum brauchen wir beides? - Ich habe das vor einem Jahr, als wir eine ähnliche Debatte geführt haben, so zusammengefasst: Wir arbeiten mit Hosenträger und Gürtel. Das ist in dieser Zeit auch gut so. Denn es ist richtig: Wir befinden uns im Bereich der Finanzmärkte nicht in einem Normalzustand. Wir befinden uns auch nicht in einer „normalen“ Krise, wie sie hin und wieder vorkommt, sondern wir befinden uns immer noch in einer tiefen Systemkrise im Bereich der Finanzdienstleistungen, und zwar weltweit. Unsere Antwort darauf lautet, dass wir neben dem Restrukturierungsgesetz, das für den Normalzustand, für normale Krisen gilt, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz eingeführt haben. Dieses Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist aus einem weiteren Grund notwendig. Es ist notwendig - das wurde schon gesagt -, weil wir auf europäischer Ebene noch keinen Mechanismus in Kraft gesetzt haben, der eine länderübergreifende Bankenrestrukturierung ermöglicht. Wir brauchen dieses Gesetz für die Zeit bis Anfang 2015, also bis zu dem Zeitpunkt, für den wir das Inkrafttreten des länderübergreifenden Mechanismus erwarten. Wir müssen also weitere zwei Jahre mit Hosenträger und Gürtel arbeiten. Nichtsdestotrotz ist es richtig, dass wir das Gesetz jeweils befristet haben, dass wir uns im Jahr 2008 nicht hingestellt und gesagt haben: Wir machen ein Gesetz für den Zeitraum bis 2020. - Es ist auch richtig, dass wir Anfang des Jahres gesagt haben: Wir verlängern diese Regelung nur um ein Jahr. Denn dieses Gesetz soll und darf nicht zum Normalzustand werden. Es darf sich niemand darauf verlassen, über das Finanzmarktstabilisierungsgesetz gerettet zu werden. Deswegen haben wir das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz gegenüber dem zweiten modifiziert. Wir haben nämlich das Zusammenwirken von Restrukturierungsgesetz und Finanzmarktstabilisierungsgesetz geregelt, und zwar so, dass ganz klar ist, dass zuerst die EigenRalph Brinkhaus tümer dran sind, dann die Gläubiger und erst dann der Staat eintritt. Das ist meines Erachtens sehr richtig und gut. ({5}) Jetzt versucht die SPD, sich an diesem Gesetz abzuarbeiten, und zwar mit einem Entschließungsantrag und einem Änderungsantrag. Das ist ganz erstaunlich. Erst einmal wird dort, wie das bei SPD-Anträgen zum Finanzmarkt leider oft der Fall ist, ein bisschen weinerlich formuliert: Eigentlich waren wir die Urheber des Restrukturierungsgesetzes; Ruhm und Ehre gebühren Frau Zypries und Herrn Steinbrück. - Geschenkt! ({6}) Sie können sich das gerne zuschreiben. Ich glaube, den Menschen in diesem Land geht es nicht darum, wer irgendwann einmal welche Idee hatte, sondern darum, wer sie umsetzt, und das haben wir gemacht. Es ist auch gut, dass das umgesetzt worden ist. ({7}) Die Bankenabgabe spielt im Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetz eine große Rolle, weil wir über den mit Mitteln aus der Bankenabgabe gefütterten Restrukturierungsfonds die Verluste aufgrund des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes ausgleichen wollen. Sie sagen nun: Über die Bankenabgabe kommt zu wenig Geld zusammen. - Dann kommen Sie auf die großartige Idee, einen Antrag zu stellen: Liebe Bundesregierung, legt mal ein Konzept dafür vor, wie die Banken so richtig an den Kosten der Krise beteiligt werden können. - Da habe ich gedacht: Okay, jetzt kommt das eigene Konzept der SPD. - Pustekuchen! In diesem Entschließungsantrag stand nicht viel drin. Sie haben deswegen einen Änderungsantrag nachgereicht. Carsten Schneider hat gesagt: Ich habe die Königsidee. - Sie haben überall in der Presse herumgekräht und gesagt: Dadurch, dass wir die Obergrenze, den maximalen Anteil am Gewinn, der über die Bankenabgabe abgeführt werden muss, von 20 Prozent auf 25 Prozent anheben, kommt ein richtig großer Schlag obendrauf. Herr Schneider, ich gehe einmal davon aus, dass Sie es sich vom Finanzministerium haben durchrechnen lassen, ob dadurch die Einnahmen aus der Bankenabgabe tatsächlich verdoppelt werden. Wir haben es jedenfalls durchrechnen lassen: Es ist nicht der Fall. Das heißt, die Erhöhung der Obergrenze auf 25 Prozent, für die Sie in der Öffentlichkeit werben, ist - wie haben Sie sich eben ausgedrückt? - eine Schimäre. Jetzt kommen wir zu den weiteren SPD-Vorschlägen. Es wird behauptet: Ja, es ist so; am Ende des Tages werden die Großen geschont, und die Kleinen müssen bluten. - Wir haben die kleinen Banken von der Regelung zur Bankenabgabe ausgenommen. Es sind die großen Banken, die zahlen, und das ist auch gut so. Wir haben das bewusst so gemacht. Dementsprechend ist an dieser Stelle keine Kritik vorzubringen. Meine Damen und Herren, insgesamt könnte ich wahrscheinlich noch eine Stunde davon erzählen, was an diesen Anträgen Quatsch ist. ({8}) Diese Zeit habe ich nicht mehr; die Kollegen wollen nach Hause. Deswegen höre ich an dieser Stelle damit auf. Ich sage aber noch - da sind wir uns, glaube ich, alle einig -: Wir brauchen einen europäischen Restrukturierungsmechanismus. Wir alle müssen daran arbeiten. Es hilft nicht, zu sagen, wer wann irgendwo irgendetwas verhindert hat. Ich glaube, diese Bundesregierung hat daran so hart gearbeitet wie keine andere; denn sie hat das Restrukturierungsgesetz vorgelegt und damit die Blaupause für europäische Regelungen geliefert. Darüber hinaus müssen wir uns mit einigen anderen Themen beschäftigen, zum Beispiel mit der Frage: Wie geht es mit den Landesbanken weiter? ({9}) Das können SPD und Union nur zusammen machen, weil es eine föderale Angelegenheit ist. Da müssen wir uns hier einig sein; da muss man sich auf Länderebene einig sein. Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch einem Bereich zuwenden, in dem, wie wir in den letzten Wochen gesehen haben, dringender Handlungsbedarf besteht und der vom Restrukturierungsgesetz und vom Finanzmarktstabilisierungsgesetz nicht oder nur unvollkommen abgedeckt ist: dem Versicherungsbereich. Ich glaube, da haben wir noch viel Arbeit vor uns. Danke schön. ({10})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die SPD-Fraktion. ({0})

Dr. Carsten Sieling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner habe ich jetzt die Möglichkeit, das Thema abschließend zusammenzufassen. ({0}) - In vier Minuten. Ich will einige Punkte geraderücken. Es war 2008 richtig, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz auf den Weg zu bringen. Einer meiner Vorredner hat von „Gewissen“ gesprochen. Ich kann für uns sagen: Wir haben ein gutes Gewissen dabei, weil es eine Entscheidung war, die zur Stabilisierung beigetragen hat. Das hat hier auch breite Zustimmung gefunden. An dieser Stelle sollten wir alle etwas vorsichtiger argumentieren. ({1}) Seitdem ist einige Zeit vergangen. Mein Kollege Schneider hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass wir schon damals gesagt haben, dass die mit der Bankenrettung verbundenen Kosten nicht dem Steuerzahler alleine überlassen werden dürfen, sondern dass wir eine Beteiligung des Finanzsektors brauchen. Sie haben im Zuge der Beratung zum ersten Gesetzentwurf die Einführung einer Bankenabgabe blockiert. Übrigens haben Sie damals und über die Jahre hinweg auch die Einführung einer Finanztransaktionsteuer verzögert. Heute sind Sie einsichtig geworden. Aber jetzt ist es zu spät. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Lande werden wegen Ihrer falschen Politik zu stark bei den Kosten herangezogen. ({2}) Die Zeit verging, und man hätte das korrigieren können. Die Koalition hat das in der Tat gemacht, indem sie eine Bankenabgabe eingeführt hat. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang die Proportionen etwas zurechtrücken. Die Bankenabgabe ist in diesem Hause im Zusammenhang mit dem Restrukturierungsgesetz beschlossen worden. Damals hatte die Koalition eine Zielgröße vereinbart. Es hieß: Damit wir die Kosten dieser Krise und auch zukünftiger Krisen abdecken können, brauchen wir durch die Bankenabgabe ein Volumen von 70 Milliarden Euro. - Da haben wir gestaunt. Wir haben das damals nachrechnen lassen - in der Tat, Kollege Brinkhaus - und festgestellt: Das dauert 70 Jahre. Die Wahrheit ist brutaler. Heute müssen Sie eingestehen, dass Sie auf diese Weise 700 Millionen Euro pro Jahr einnehmen. Man brauchte also 100 Jahre, um das von Ihnen angestrebte Volumen zu erreichen. Darum sagen wir: Die Bankenabgabe muss besser, sie muss wirksamer gestaltet werden. ({3}) Man kann unsere Vorschläge geißeln und sagen: Damit kommen wir auch nicht so schnell zum Ziel. - Das ist völlig richtig. Auch unser Vorschlag wird nicht dazu führen, dass wir in drei oder vier Jahren die notwendige Summe zusammenhaben. Zur Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze. Wir haben dafür geworben, dass man beispielsweise die Förderbanken in Deutschland aus der Pflicht zur Bankenabgabe herausnimmt. Das führt dazu, dass man die kleinen Banken verschont. Mit der bisherigen Begrenzung auf nur 20 Prozent des Gewinns verschont man aber insbesondere die ganz großen Banken, zum Beispiel die Deutsche Bank. Deshalb schlagen wir eine Abgabe in Höhe von 25 Prozent vor. Das macht die Sache besser und gerechter, weil die großen Banken stärker beteiligt werden. ({4}) Der Vorschlag, die Bankenabgabe zu erhöhen, ist richtig. Damit wird dieses Gesetz, dessen Verlängerung der Geltungsdauer wir völlig richtig finden, zu einem stärkeren Instrument. Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen. Sie preisen immer, Sie hätten durch Ihre Maßnahmen die Auswirkungen der Krise wesentlich begrenzt und bekämpft. Ich will darauf hinweisen, dass die Bilanzen der Banken in unserem Land immer noch wachsen und die Einnahmen explodieren, vor allem im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Die von Ihnen ergriffenen Maßnahmen haben offensichtlich nicht dazu geführt, dass die notwendigen Regulierungen stattgefunden haben. Ihre Politik reicht nicht, und dieses Gesetz reicht nicht. Deshalb werden wir heute diesen Gesetzentwurf ablehnen. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ein schönes Wochenende. ({5})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf eines Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes. Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/11586, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/11138 in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11605 vor. Wer stimmt dafür? Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der SPD-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen abgelehnt. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Lesung durch die Unionsfraktion und die FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Zuletzt stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11606 ab. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 28. November 2012, 13 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen, soweit möglich, etwas Erholung am Wochenende.