Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie
herzlich zum letzten Tag unserer Haushaltsberatungen.
Da heute nicht einmal Geburtstage zu feiern sind, können wir gleich in die Debatte einsteigen.
({0})
- Das hättet ihr bei der Terminierung der eigenen Geburtstage früher anders organisieren müssen.
({1})
Darauf kann ich jetzt leider nicht mehr in der gewünsch-
ten Weise Bezug nehmen.
Wir setzen die Haushaltsberatungen - Tagesord-
nungspunkt I - fort:
a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2013 ({2})
- Drucksachen 17/10200, 17/10202 -
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses ({3}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016
- Drucksachen 17/10201, 17/10202, 17/10826 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({4})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({5})
Ich rufe Tagesordnungspunkt I.18 auf:
Einzelplan 12
Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung
- Drucksachen 17/10812, 17/10823 Berichterstattung:
Abgeordnete Bartholomäus Kalb
Dr. Claudia Winterstein
Sven-Christian Kindler
Zu diesem Einzeletat liegen vier Änderungsanträge
der Fraktion Die Linke vor. Außerdem liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir nach der
Schlussabstimmung abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. Gibt es dagegen
Einwände? - Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das
so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Johannes Kahrs. Bitte schön.
({6})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es ist doch immer eine große Freude, als Erster reden zu dürfen.
({0})
Ich freue mich immer wieder, hier den Minister und
seine Riege an Staatssekretären zu sehen; sie sind fast
komplett angetreten.
({1})
Wenn man sie so sieht, könnte man glauben, dass es in
diesem Haus richtig aufwärtsgeht. Wenn man sich mit
der Sache beschäftigt, stellt man fest, dass der erste Eindruck, den man hier vielleicht gewinnen kann, täuscht.
Wir alle haben in den letzten drei Jahren den Minister
erlebt. Er ist mit sehr viel Vorschusslorbeeren gestartet.
Ich glaube, am Ende muss man einfach feststellen - das
ist der Etat, mit dem wir ja in den Wahlkampf gehen -,
dass der Minister in den letzten Jahren kein übermäßiges
Engagement an den Tag gelegt hat, dass er eher genervt
und gelangweilt wirkt, anstatt eine Agenda zu verfolgen,
die dieses Land nach vorne bringt.
Dieses Haus mit dem größten Investitionsetat hat für
unser Land eine große Bedeutung. Wir alle wissen, dass
Deutschland als Transitland in der Mitte Europas eine
Infrastruktur benötigt, die uns am Ende alle nach vorne
bringt. Was wir hier erleben, ist ein Ministerium, das
eher lustlos vor sich hinarbeitet.
Wir haben eine lange Diskussion darüber geführt, in
welchem Zustand unsere Straßen, Eisenbahnen und
Wasserstraßen sind. Im Ergebnis wird man feststellen,
dass es immer einige Punkte gibt, an denen man nachvollziehen kann, warum es hier nicht läuft.
Wir haben zum Beispiel eine Reihe von Staatsverträgen mit vielen uns umgebenden Ländern über alle möglichen Vorhaben, die wir gemeinsam bewegen wollen.
Das heißt, man baut in Richtung Deutschland Straßen,
Brücken und Eisenbahnen und hofft, dass sie dort, wo
sie die deutschen Grenzen erreichen, auf deutscher Seite
auf etwas Adäquates treffen.
Ich habe mich an das Ministerium gewandt und gesagt: Ich hätte gern einen Sachstand über die Staatsverträge, die wir abgeschlossen haben, und Auskunft dazu,
wie der Sachstand zu jedem einzelnen Staatsvertrag ist.
Wie sieht es also aus, wenn ein Tunnel, der in der
Schweiz gebaut wird, an die deutsche Grenze stößt?
Ich habe darum gebeten, alle Staatsverträge individuell aufzulisten und zu gucken, wie die Kosten und Planungsstände auf deutscher Seite und auf der Seite des
Vertragspartners sind. - Das kam zwar nicht zu dem
Zeitpunkt, wo ich es haben wollte, aber letztendlich
- vielen Dank, Herr Staatssekretär Ferlemann - habe ich
dann eine Antwort bekommen. Das waren freundliche
drei Seiten, auf denen man mir in groben Zügen mitgeteilt hat, dass es Staatsverträge gibt, mir eine Auswahl
von einigen dargestellt hat und geschrieben hat, dass
man im Kern das Problem hat, den Sachstand nicht in allen Punkten feststellen zu können, weil das BMVBS auf
die Planungsstände nur bedingt Einfluss habe, weil auch
die Länder als Projektträger mit zu entscheiden hätten
und man nicht den genauen Überblick habe.
({2})
Diese Staatsverträge sind nicht nur für unser Standing
in der Welt wichtig, sondern auch für die deutsche Wirtschaft, die Infrastruktur und für uns selber, wenn wir von
A nach B kommen wollen. Wenn das zuständige Ministerium nicht in der Lage ist, innerhalb von vier Wochen
eine Auflistung aller Staatsverträge vorzulegen, und
zwar mit dem genauen Sachstand, weil man sagt, man
hat ihn nicht, dann stellt man sich natürlich die Frage,
wie es um dieses Ministerium bestellt ist.
In dem Brief gibt es keine Aussagen zu Planung und
Verträgen mit den Niederlanden, zur Betuwe-Linie,
nichts zum Eisernen Rhein oder zum Brenner Basistunnel. Es gibt einfach nichts. Da fragt man sich, wer in diesem Land dieses Ministerium führt.
({3})
- Das Problem ist, Herr Fraktionsvorsitzender, dass Sie
es zwar sagen - Ihr Minister sagt auch viel -, aber Sie
tun nichts. Das hat Sie und Ihre Koalition in den letzten
drei Jahren ausgezeichnet.
({4})
Sie sitzen zwar hier, Herr Kauder, und sagen manchmal
kluge Sachen, aber Sie tun nichts, außer sich zu streiten
oder gegenseitig als Gurkentruppe zu bezeichnen, was
ich wiederum nachvollziehen kann.
Wenn wir das im Einzelfall betrachten, werden wir,
glaube ich, feststellen, dass dieses Haus in dieser Sache
eher schlampt. Wenn man als zuständiger Minister nicht
in der Lage ist, einfache Fragen zu beantworten und
Sachstände zu erfassen, und später sagt, man kann dazu
nichts sagen, weil man die Planungsstände nicht hat,
dann ist das in meinen Augen einfache Schlamperei.
Vier Jahre Aussitzen schaden diesem Land. Wir sind
auf eine vernünftige Infrastruktur angewiesen. Wir haben Dauerbaustellen mit viel Frust, und wir haben das
Problem, dass die Deutsche Bahn wieder einmal auf einen Winter zufährt und man wieder nicht genau weiß, ob
sie gerüstet ist. Bei der ersten Schneeflocke stehen wir
vielleicht wieder alle.
Das heißt, die Wasserstraßen haben ein Problem. Die
Bahn hat ein Problem. Die Autobahn hat ein Problem.
Und wir haben einen Minister, der sich jahrelang über
Dinge unterhält, die er wichtig findet. Leider sind das
nicht dieselben, die wir für wichtig halten.
({5})
Wir haben vier Jahre über die Pkw-Maut gestritten,
Herr Minister Ramsauer. Ich glaube, Sie haben jetzt drei
Jahre lang die Pkw-Maut gefordert. Da Sie regieren,
könnte man glauben, dass Sie das, was Sie fordern, auch
in Ihrem eigenen Verein durchsetzen. Das haben Sie aber
nicht. Ich persönlich finde das gut, weil ich glaube, dass
die Pkw-Maut falsch ist. Wenn CDU/CSU und FDP die
Pkw-Maut wollen, dann ist das nichts anderes als ein
Abzocken der deutschen Autofahrer. Im Ergebnis kann
man das alles nicht wollen. Aber wenn man es drei oder
vier Jahre lang fordert, sollte man doch zumindest die
Perspektive haben, das, was man jedes Jahr fordert, irgendwann einfach mal zu bringen. Wenn man die aber
nicht hat, hat man ein Problem.
Auf der anderen Seite haben Sie eine Luftverkehrsteuer eingeführt; jetzt fordern Sie, diese wieder auszusetzen. Auch da fragt man sich, was der zuständige
Minister hier tut. Sie sind am Ende für Ihre Koalition
auch mit verantwortlich und im Wort. Sie können nicht
sagen: Die haben mich zwar gewählt, die stellen hier die
Regierung und stimmen auch immer für mich, aber ich
bin ein Opfer meiner eigenen Abgeordneten. - Das, so
finde ich, wäre etwas billig. So funktioniert das nicht.
Wir haben festgestellt, dass Sie einen Infrastrukturstau hinterlassen, dass viele Projekte nicht vorankommen, dass Ihr Haushalt unterfinanziert ist. Sie müssten
mit dem Geld der Steuerzahler vernünftiger umgehen
und sich überlegen, wie Sie es effektiver einsetzen. Sie
sollten auch nicht immer Nebenkriegsschauplätze aufmachen.
Wir als SPD haben vorgeschlagen - durchfinanziert
mit einem entsprechenden Finanzierungsprogramm -,
Ihren Infrastrukturetat um 2 Milliarden Euro zu erhöhen.
Wir haben eine Gegenfinanzierung vorgelegt. Wir glauben, dass das, was Sie machen, nämlich einmalig 1 Milliarde Euro im letzten Jahr und einmalig 750 Millionen
Euro in diesem Jahr zur Verfügung zu stellen, im Kern
zu weiteren Belastungen führen wird; denn Sie beginnen
weitere Vorhaben, die jedoch nicht durchfinanziert sind.
Schauen wir uns einmal die Deutsche Verkehrs-Zeitung
an. Die listet auf einer Seite auf, was der Rechnungshof
zu Ihren Projekten sagt. Er kritisiert, dass Sie laufend
Projekte anfangen, aber sie nicht durchfinanzieren. Es
sind unendlich viele Projekte in der Republik versprochen worden, die aber nicht kommen. Ihr Staatssekretär
Ferlemann reist ja das ganze Jahr durch die Republik
und erklärt, was alles kommen soll, aber am Ende stehen
die Projekte nicht im Haushalt.
So ist das. Das ist unser Problem. Wenn selbst Ihre eigene Fraktion das so sieht, dann werden wir hier nicht
weiterkommen. Wir können das einmal durchdeklinieren. Ich muss mich dazu nur in meiner Heimat umschauen. Ich bin Hamburger. Schauen wir uns einmal an,
was in und um Hamburg alles nicht funktioniert. Es besteht für die Grundsanierung des Nord-Ostsee-Kanals
nach Auskunft Ihres eigenen Hauses ein Finanzierungsbedarf von 1,25 Milliarden Euro. Im letzten Jahr haben
wir Sie genötigt, 300 Millionen Euro für die fünfte
Schleuse in Brunsbüttel einzustellen. Sie selber sind
nicht aus dem Quark gekommen, aber uns kam der
Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein zugute, und
wir konnten das immerhin durchsetzen.
({6})
Jetzt fehlt aber noch der Rest. Das heißt, die restlichen
950 Millionen Euro sind nicht da, und sie kommen auch
nicht. Das, was machbar ist, tun Sie nicht bzw. schieben
es nach hinten. Die Projekte, die jetzt nicht machbar
sind, die kündigen Sie an, damit Sie erst einmal kein
Geld ausgeben müssen. Das ist für das Land SchleswigHolstein, für Hamburg, aber auch für Deutschland als
Ganzes - alle brauchen den Nord-Ostsee-Kanal - eine
Katastrophe.
({7})
Ähnliches gilt für den Elbe-Seitenkanal. In das
Schiffshebewerk von Scharnebeck investieren Sie nicht
das Geld, das Sie investieren müssten. Den Finanzbeitrag für die Seeschifffahrt haben Sie um die Hälfte reduziert. Es ist nur Ihrer eigenen Koalition zu verdanken,
dass das wieder zurückgenommen worden ist, ansonsten
hätten Sie in diesem Bereich überhaupt nichts gemacht.
({8})
- Das Problem ist, wenn die Abgeordneten den Minister
retten müssen, weil er gegenüber dem Finanzministerium verloren hat und weil er die Mittel für wichtige
Projekte gekürzt hat. Das ist bei der CO2-Gebäudesanierung passiert, das ist bei wichtigen Infrastrukturprojekten passiert, und deshalb kommen wir nicht weiter.
Herr Minister, Sie haben sich um das Punktesystem in
Flensburg gekümmert, um Autokennzeichen, um die Namensgebung für Autobahnraststätten, um Rastplätze und
Sorgentelefone und vieles andere, aber Sie haben sich
nicht um die Straßen in diesem Land gekümmert, nicht
um die Wasserwege, und Sie haben sich nicht darum gekümmert, dass unser Land die Infrastruktur vernünftig
ausbaut, damit wir nach vorne kommen. Stattdessen zerschlagen Sie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.
Das geht nicht. Das ist eine schlechte Bilanz. Das tut mir
leid, und das ist nicht gut für dieses Land.
Glück auf!
({9})
Bartholomäus Kalb ist der nächste Redner für die
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! In der Verantwortung des Bundes liegen
12 000 Kilometer Autobahnen, 40 000 Kilometer Bundesstraßen, 37 000 Kilometer Schienenwege und
7 350 Kilometer Wasserstraßen. Das heißt, dass wir
große Verantwortung übernehmen; denn es handelt sich
um die Hauptschlagadern unseres Staates, unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft. Deswegen müssen wir mit
besonderem Verantwortungsbewusstsein mit dem hohen
Gut der Verkehrsinfrastruktur umgehen und dafür sorgen, dass sie vernünftig ausgebaut und dass der Bestand
gut erhalten wird.
Natürlich sind wir andererseits in die Notwendigkeiten der Haushaltskonsolidierung eingebunden, die uns
Grenzen setzen. Deswegen ist es jedes Jahr ein Ringen
und ein Kampf und ein Abwägen: Was können, was
müssen wir für die Verkehrsinfrastruktur, für den weiteren Ausbau und den Erhalt ausgeben, und was müssen
wir vielleicht hintanstellen, weil wir die Haushaltskonsolidierungsziele, wie wir sie in den letzten Tagen besprochen haben, erreichen wollen und müssen?
Die Infrastruktur nicht in gutem Zustand zu erhalten,
wäre ebenfalls eine verdeckte Verschuldung, weil dann
später Probleme umso stärker auf uns zukommen würden. Wir wollen nicht, wie wir es unter der Regierung
Schröder erleben mussten, eine Desinvestition hinnehmen, sondern wir wollen die Vermögenswerte erhalten
und weiter zum Nutzen für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft einsetzen können. Gute Verkehrswege
sind eine Voraussetzung für die Befriedigung des Mobi25498
litätsbedürfnisses der Menschen, vor allen Dingen sind
sie eine Voraussetzung für eine gute, moderne, arbeitsteilige Wirtschaft.
Unsere Leistungsfähigkeit, unsere Wettbewerbsfähigkeit hängen ganz entscheidend davon ab, ob wir eine
gute Verkehrsinfrastruktur haben oder nicht. Im Hinblick
auf den demografischen Wandel - er hat in der Rede der
Frau Bundeskanzlerin eine besondere Rolle gespielt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass bis 2030 rund
5 Millionen Menschen, bis 2040 rund 11 Millionen
Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das
zwingt uns dazu, unsere Produktivität, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Wettbewerbsfähigkeit in allen Bereichen zu erhöhen.
Ich widerspreche ganz ausdrücklich der da und dort
vertretenen Auffassung, dass wir nur in Bildung und
Forschung investieren müssten. Gestern hat wieder ein
Kollege gesagt, „dass es der richtige Weg ist, in die
Köpfe statt in Beton zu investieren.“ Wir brauchen Investitionen in die Zukunft. Das sind Investitionen in Bildung und Forschung und gute Infrastruktur. Dies alles
gehört meines Erachtens zusammen.
({0})
Blicken wir in die USA. Dort gibt es sehr viele Naturereignisse. Viele Naturereignisse dort müssten keine Katastrophen nach sich ziehen, wenn deren Infrastruktur etwas besser wäre. Es sind Untersuchungen bekannt, die
deutlich machen - auch Expertenmeinungen haben dies
vor kurzem zum Ausdruck gebracht -, dass es dort eine
Infrastruktur wie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts
gibt. Die Stärke Deutschlands und damit ein wichtiger
Standortfaktor war immer die gute Verkehrsinfrastruktur.
({1})
Heute kommt die Kommunikationsinfrastruktur hinzu.
Darauf sollten wir in besonderer Weise achten.
Das Thema Verkehrsinfrastruktur war immer ein besonderes Anliegen der Koalitionshaushälter. In all den
zurückliegenden Jahren haben wir uns innerhalb der Arbeitsgruppe viele Gedanken gemacht und viele Überlegungen angestellt, um am Ende notwendige Verbesserungen vornehmen zu können. Im letzten Jahr ist es uns
gelungen, 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung zu stellen. In diesem Jahr ist es ähnlich. Insbesondere ist der
Einsatz unserer Fraktionsspitzen zu erwähnen. Ich darf
namentlich die Kollegen Volker Kauder, unseren Fraktionsvorsitzenden, Gerda Hasselfeldt und Rainer
Brüderle nennen, die uns sehr dabei geholfen haben,
({2})
auch in diesem Jahr 750 Millionen Euro mehr für die
Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Ich
denke, wir haben hier eine ganz vernünftige Aufteilung
zustande gebracht. Wir haben gleichzeitig Vorkehrungen
dafür getroffen, dass die leider anfallenden Mehrkosten
für den Flughafen Berlin außerhalb dieser 750 Millionen
Euro noch im Verkehrsetat geschultert werden, in diesem Jahr 169 Millionen Euro, der Rest im Jahr 2014. So
ist es jedenfalls vorgesehen. Ich will jetzt gar nicht so
sehr über die Frage der Verantwortlichkeiten reden, wie
die Stellung des Aufsichtsratsvorsitzenden und seine
Wahrnehmung der Aufgaben ist, obwohl man das machen könnte. Auch der Geschäftsführung könnte man
viele Frage stellen. Daran denke ich jetzt nicht.
Für mich, der am Beispiel München erlebt hat, welche Impulse von einem neuen Flughafen in günstiger
Lage ausgehen können, ist es eine Tragik, dass ein solch
bedeutender Flughafen über Jahre hinweg verzögert
wird und seine positiven Wirkungen für den gesamten
Wirtschaftsraum Berlin und Brandenburg und darüber
hinaus nicht entfalten kann. Auch diese positiven Wirkungen könnte man hier sehr gut gebrauchen.
({3})
- Er sitzt hier.
({4})
Er hat uns im Haushaltsausschuss sehr eingehend und
umfassend unterrichtet, soweit er dies nach Aktienrecht
durfte. Meine sehr verehrte Kollegin,
({5})
der Vorsitzende des Aufsichtsrates trägt eine besondere
Verantwortung.
({6})
Er wird wahrscheinlich auch, wenn es normal zugeht,
vom jeweiligen Sprecher der Geschäftsführung besser
und umfassender unterrichtet als jedes andere Mitglied
eines Aufsichtsrates. Jedenfalls ist es im Normalfall so.
Ich habe vorhin gesagt: Ich bin nicht hier, um nach
Verantwortlichkeiten zu fragen,
({7})
sondern um deutlich zu machen, dass es tragisch ist. Es
ist auch kein gutes Aushängeschild für den Hightechstandort Deutschland, dass wir hier nicht zu Stuhle kommen.
({8})
Meine Damen und Herren, zu anderen Bereichen.
Trotz aller Nöte und Zwänge bei den Haushaltsberatungen ist es uns gelungen, auch die Städtebauförderung auf
dem Niveau von 455 Millionen Euro
({9})
zu erhalten.
({10})
Auch damit werden Länder und vor allen Dingen Kommunen bei der Modernisierung und dem Umbau der
Städte und Gemeinden wieder in bewährter Weise unterstützt.
Wir haben es auch geschafft - das hat der Kollege
Kahrs angesprochen -, dass wir die Fragen der Hochseeschifffahrt - im Zusammenhang mit einem Gesetz, das
verabschiedet worden ist - geregelt haben. Insbesondere
der Kollege Rehberg hat sich hier in besonderer Weise
verdient gemacht. Das ist im Gesamtgefüge für die Leistungsfähigkeit der deutschen Infrastruktur ganz wichtig.
Gestern und bei der Beratung zum Umweltetat ist von
der Opposition gefordert worden, dass für die CO2-Gebäudesanierung noch mehr getan werden müsste. Sie
wissen, dass dies nicht mehr im Etat steht,
({11})
sondern aus dem Energie- und Klimafonds finanziert
wird. Wenn Sie hier aber Forderungen stellen, dann
stimmen Sie im Bundesrat
({12})
schlicht und einfach unserem Gesetz zur energetischen
Gebäudesanierung zu. Dann können Sie Impulse setzten.
({13})
Wenn Sie oder Ihre Länder einen Euro in die Hand nehmen sollen, dann ist es viel zu teuer; von uns dagegen
können Sie gar nicht genug fordern.
Wenn Sie mehr Geld brauchen, stimmen Sie im Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz zu!
({14})
Dann haben Sie ab Januar 5 bis 10 Milliarden Euro zusätzlich in den Kassen.
({15})
Wenn man mit Fachleuten von Ihnen unter vier Augen
spricht,
({16})
wird klar: Es gibt nur ein einziges Argument - das aber
keines ist -, das gegen das Steuerabkommen mit der
Schweiz spricht, nämlich Frau Kraft.
({17})
Das ist kein Argument, sondern ein politischer Stolperstein.
({18})
Der Verkehrsetat - ich muss leider zum Schluss kommen - mit seinem Volumen von über 26,4 Milliarden
Euro und mit einem Investitionsanteil von über 13 Milliarden Euro ist der Investitionshaushalt des Bundes
überhaupt.
In den Haushaltsberatungen haben wir immer großen
Wert darauf gelegt, dass die Investitionsquote - wo immer möglich - verbessert wird, weil damit zum Ausdruck gebracht wird, dass wir in die Zukunft und für die
Zukunft investieren.
Zum Schluss möchte ich den Kolleginnen und Kollegen Berichterstattern ganz herzlich danken, dem Hauptberichterstatter Kollegen Claus,
({19})
Frau Kollegin Dr. Winterstein, Johannes Kahrs, der für
seine Verhältnisse heute eine mäßig emotionale Rede gehalten hat,
({20})
und dem Kollegen Kindler.
Sie meinen wahrscheinlich: maßvoll.
Ganz herzlich danken möchte ich natürlich auch dem
Bundesminister, seinen Staatssekretären sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses.
({0})
Nun hat der Kollege Roland Claus für die Fraktion
Die Linke das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Den Dank gebe ich selbstverständlich gern zurück, und zwar auch deshalb, damit das nicht einseitig an
mir hängen bleibt; denn das ist nicht nur karrierefördernd.
({0})
Meine Damen und Herren, es geht hier um den Infrastrukturetat des Bundes. Es geht um unser aller Wohnen,
um Mobilität, um Bauen, um das urbane Miteinander
schlechthin, ja mehr noch, um das Gemeinwohl in Städten und Gemeinden. Frei übersetzt: um den segensreichen Etat urbi et orbi.
({1})
- Kleiner geht es nicht.
Es geht um sehr viel Geld für unsere Infrastruktur.
Herr Kollege Claus, ich hoffe, dass Sie in Ihrem Manuskript die Quelle korrekt angeben.
({0})
Ich bin der Leistung der Stenografen kundig, Herr
Präsident. Die schaffen das schon.
Es müsste eigentlich eitel Freude sein an diesem Morgen. Stattdessen Ärger, wo man hinschaut: Murks am
Bahnhof - Stuttgart 21, Ausbaustrecke Ulm-Wendlingen; eine Blamage am Flughafen - wir haben uns sozusagen global zum Gespött gemacht - Kollege Kalb hat
völlig recht, wenn er das „tragisch“ nennt -; eine verkorkste Reform der Wasserstraßenverwaltung; Pfusch
am Haushalt und eine oberste Baubehörde, bei der jeder
Bau länger dauert und mehr kostet. Kurzum: Dieser Etat
beweist erneut: Diese Bundesregierung und dieses Bundesministerium können nicht mit Geld umgehen, schon
gar nicht mit viel Geld.
({0})
Das sagt Ihnen jemand, der weiß, dass Mangel schwieriger zu verwalten ist als Überfluss.
Eine der ersten Nachrichten in dieser Haushaltswoche
war: Der Bund verkauft über 11 500 Wohnungen an einen Finanzinvestor, 11 500 Wohnungen, die bisher der
Treuhand Liegenschaftsgesellschaft gehörten. Nun denkt
man, es gibt in diesem Land einen Wohnungsminister.
Was macht der? Er schweigt. Ihre Partei, Herr Ramsauer,
heißt aber „Christlich-Soziale Union“. Die Mieterinnen
und Mieter dieser Wohnungen hätten an dieser Stelle erwartet, dass Sie sich für ihr Wohl einsetzen und einem
solchen Verkauf widersprechen. Das wäre an dieser
Stelle Ihre Pflicht gewesen.
({1})
Meine Damen und Herren, die Linke steht für eine
Verkehrs-, Bau- und Stadtentwicklungspolitik, die stets
von sozialer Verantwortung und demokratischer Teilhabe aller an den öffentlichen Gütern ausgeht.
({2})
Was alle brauchen, muss öffentlich zugänglich und bezahlbar sein.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir bekanntlich viele Veränderungsvorschläge eingebracht.
Auf einige will ich eingehen.
Wie im vergangenen Jahr ist dem Bauminister im
Zuge der Haushaltsberatungen erneut ein Geschenk zugeflossen: 750 Millionen Euro mehr für Verkehrsinfrastruktur. Das ist nicht zu bemängeln. Sie wollen
600 Millionen Euro davon allein dem Bereich Straße zur
Verfügung stellen. Das ist nicht ausgewogen, Herr
Minister. Das ist wohl etwas wie eine Wiedergutmachung gegenüber dem ADAC, nachdem Sie mehrfach
öffentlich über Maut nachgedacht haben. Ich sage Ihnen:
Die BILD-Zeitung kann Sie nicht für jede Ihrer Kapriolen immer wieder raushauen, Herr Minister.
({3})
Inzwischen redet keiner mehr über den Börsengang
der Bahn. Das ist eigentlich gut so. Im Einzelplan 60,
also im Einzelplan der allgemeinen Finanzverwaltung
des Bundes, steht aber nach wie vor die Veräußerung des
Bahnvermögens als eine anzustrebende Aufgabe. Deshalb hätten wir schon erwartet, Herr Bundesminister
- wohl wissend, dass Sie gegen den Börsengang der
Bahn sind und sich die Spitze der DB AG im Grunde
schon von diesem Gedanken verabschiedet hat -, dass
Sie hier Klarheit schaffen und sagen: Schluss mit dieser
unsäglichen Privatisierung! Kein Börsengang der DB AG!
({4})
Wir müssen auch darauf aufmerksam machen, dass
erneut das elend lange Mautschiedsverfahren um die entgangenen Einnahmen hier nicht thematisiert wird. Es
geht hier um 3, 4 oder gar 5 Milliarden Euro, die dem
Bund entgangen sind. Jeder Staatssekretär im Ministerium erklärt mir das Gleiche - ich höre es schon seit drei
Jahren -, und nichts bewegt sich. Die staatsnahen Monopolisten, die dem Bund das Ganze eingebrockt haben,
werden von Ihnen geschont und nicht zur Kasse gebeten.
Das werden wir nicht hinnehmen.
({5})
Erneut haben Sie die Mittel für die Städtebauförderung zurückgefahren; das können Sie hoch- und runterrechnen, wie Sie wollen. Ein so erfolgreiches Programm
wie „Altersgerecht Umbauen“, derzeit noch im Bestand,
trägt bei Ihnen leider den Titel „Abwicklung“.
({6})
Dieses Programm haben wir erst vor wenigen Jahren gemeinsam installiert. Es ist eines der am besten funktionierenden Programme, und Sie stellen es auf Abwicklung, bloß weil Ihnen die FDP das einredet. Das ist doch
purer Unsinn, meine Damen und Herren.
({7})
Schließlich muss ich Sie daran erinnern, dass Sie nach
wie vor ein in Berlin und Bonn zweigeteiltes Ministerium haben. Sie wollen jetzt noch eine Zentralbehörde
für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Bonn konstruieren. Das kann niemand mehr im Lande verstehen,
im Übrigen auch nicht in Bayern, Herr Minister.
({8})
Zum guten Schluss. Als Fraktion der konstruktiven,
kreativen und lustvollen Oppositionsarbeit
({9})
würden wir herzlich gern einmal einem Infrastrukturhaushalt zustimmen. Nur: Hier, heute und für diesen Etat
geht das nicht.
Vielen Dank.
({10})
Das Wort erhält nun die Kollegin Claudia Winterstein
für die FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Kahrs, Herr Claus, das Leben ist kein
Wunschkonzert, auch nicht das Leben unseres Ministers.
({0})
Wir alle wissen, dass er begrenzte finanzielle Mittel hat.
({1})
Nicht alles, was vielleicht notwendig und richtig ist, ist
zurzeit erfüllbar. - Ich habe immer gedacht, ihr seid
Haushälter und geht mit dem Geld sorgfältig um. Dann
wisst ihr ganz sicher, dass es eben nicht ohne Weiteres
möglich ist, alle Wünsche zu erfüllen.
({2})
Wir alle wissen natürlich: Eine funktions- und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine Grundvoraussetzung. Der
Einzelplan 12 als größter Investitionshaushalt leistet einen wichtigen Beitrag für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzsicherung. Deswegen hat die Koalition beschlossen, die Investitionsmittel trotz der angespannten
Haushaltslage im Verkehrsbereich von 10,1 Milliarden
Euro um 750 Millionen Euro zu erhöhen. Im nächsten
Jahr werden davon 600 Millionen Euro fließen. Zur Verfügung stehen 470 Millionen Euro für die Straße,
100 Millionen Euro für die Wasserstraße und 30 Millionen Euro für die Bahn. Im Jahr darauf folgen dann weitere 150 Millionen Euro.
Insbesondere für die Straßen sind Neubauprojekte
notwendig, um die Überlastung der Bundesstraßen zu reduzieren. Im vergangenen Jahr wurden allein auf den
Autobahnen 189 000 Staus mit einer Gesamtlänge von
450 000 Kilometern gezählt. Nicht nur, dass uns das alle
ärgert; das ist natürlich auch ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Deswegen werden die Mittel vornehmlich für baureife Neubauprojekte im Straßenbereich eingesetzt. Das ist auch richtig so.
Dass die Grünen hingegen für den Stillstand sind, das
zeigt der vorliegende Entschließungsantrag,
({3})
nämlich der Versuch, den Weiterbau der A 100 hier in
Berlin zu verhindern. Diese Haltung ist allerdings verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Frau Künast und
Herr Trittin zu Zeiten von Rot-Grün am Kabinettstisch
saßen, als der Ausbau der A 100 im Bundesverkehrswegeplan 2003 verankert wurde. Der Weiterbau ist
wichtig für Berlin; denn die A 100 zählt zu den Straßen
mit dem höchsten Verkehrsaufkommen in ganz Deutschland. Deswegen werden wir natürlich den Antrag der
Grünen ablehnen.
Abgelehnt haben wir auch Änderungsanträge von SPD
und Grünen zum Verkehrsetat 2013. Die SPD hat Mehrausgaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gefordert, die
Grünen in Höhe von 3 Milliarden Euro, selbstverständlich alles ohne eine vernünftige Gegenfinanzierung. Rotgrüne Politik bedeutet letztendlich Steuererhöhung. Wir
hingegen konsolidieren erfolgreich und senken die Nettokreditaufnahme schneller, als wir es eigentlich müssten. Das ist unser erstes Ziel: ein entsprechend solider
Haushalt im nächsten Jahr.
Zum Schreckgespenst für den deutschen Steuerzahler
wird auch immer mehr der neue Hauptstadtflughafen;
das ist schon angesprochen worden. Zurzeit vergeht
kaum ein Tag ohne negative Nachrichten. Die Fluglinien,
die Passagiere und die Wirtschaft erwarten nun endlich
die Flughafeneröffnung zum 27. Oktober 2013. Insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen,
die sich am Flughafen angesiedelt haben, sind von der
Verschiebung des Eröffnungstermins schwer betroffen,
und sie befürchten eine weitere Verschiebung.
Der Flughafen sollte zunächst 3,1 Milliarden Euro
kosten. Die Flughafengesellschaft hat - bisher jedenfalls - einen finanziellen Mehrbedarf in Höhe von
1,2 Milliarden Euro berechnet. Der Anteil des Bundes an
der Gesellschaft beträgt 26 Prozent. Das heißt, wir müssen 312 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen. Das haben wir Haushälter für die Jahre 2013 und 2014 getan.
Allerdings haben wir die Mittel gesperrt, weil es hier
noch eine ganze Reihe von offenen Fragen gibt.
Beim Brandschutz sind weiterhin große Probleme zu
lösen. Mit der Genehmigung der Brandschutzanlage
steht und fällt - das wissen wir alle - der Eröffnungstermin im Oktober nächsten Jahres. Die neuen Probleme
bei der Brandschutzanlage waren der Geschäftsführung
und dem Aufsichtsrat schon vor unserer Haushaltsausschusssitzung am 7. November 2012 bekannt. Wir, die
Mitglieder des Ausschusses, wurden darüber von Herrn
Wowereit jedoch nicht informiert. Insbesondere vom
Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Wowereit, erwarte ich
hier schon detaillierte und belastbare Informationen.
({4})
Herr Professor Schwarz, der Geschäftsführer, hat dem
Aufsichtsrat wiederholt wichtige Informationen vorenthalten. Ich kann nur sagen: Ich habe das Vertrauen in
diesen Geschäftsführer verloren und erwarte personelle
Konsequenzen.
({5})
Aber die Länder Berlin und Brandenburg blockieren bisher die vom Bund geforderten Personalentscheidungen.
Man muss sagen: Es ist lobenswert, dass sich der Bund
dafür einsetzt, hier klare Verhältnisse zu schaffen. Berlin
und Brandenburg blockieren das aber zurzeit. - Wir sind
uns darüber im Klaren: Unser allererstes Ziel muss eine
zügige Fertigstellung dieses Flughafens sein. Das werden wir in Zukunft entsprechend vorantreiben.
Meine Damen und Herren, ich komme nun wieder zu
positiven Aspekten des Haushalts. Um dem wachsenden
Bedarf im Güterverkehr nachzukommen, schaffen wir
zusätzliche Kapazitäten im Schienenverkehr. Wir fördern deshalb ab dem Haushaltsjahr 2013 die nicht bundeseigenen Eisenbahninfrastrukturen erstmalig mit
25 Millionen Euro. So verbessern wir den Güterverkehr
in Deutschland.
Ein weiteres wichtiges Thema im Einzelplan 12 ist
die Städtebauförderung; das wurde schon angesprochen.
Wie in diesem Jahr stehen erfreulicherweise neue Programmmittel in Höhe von 455 Millionen Euro bereit; da
ist überhaupt nicht gekürzt worden.
({6})
- Nein, nein, im Gegenteil. - Die Mittel für das Programm „Stadtumbau West“ werden sogar auf 83 Millionen Euro erhöht und haben damit nahezu die gleiche
Höhe wie die Mittel für das Programm „Stadtumbau
Ost“. Die Mittel werden dringend benötigt, um die
wachsende Aufgabe der Standortschließungen bei der
Bundeswehr zu bewältigen.
Zum Schluss komme ich zur Erfolgsgeschichte des
Maritimen Bündnisses.
({7})
Die Koalition hat den Förderansatz um 29,1 Millionen
Euro angehoben und auf dem Niveau von 57,8 Millionen
Euro verstetigt.
({8})
Durch die Förderung von Ausbildung und Beschäftigung
deutscher Seeleute auf deutschen Schiffen wird der
Schifffahrtsstandort in Deutschland gestärkt. Die Koalition hat Wort gehalten und bleibt der verlässliche Partner
der maritimen Wirtschaft.
Es wird deutlich: Mit dem Einzelplan 12 hat die
christlich-liberale Koalition die richtigen Investitionsschwerpunkte gesetzt.
Vielen Dank.
({9})
Nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen ist die Kollegin Valerie Wilms.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Die Verkehrspolitik dieser
Regierung lässt sich am besten vergleichen mit dem Fahren im Nebel. Es wird maximal auf Sicht gefahren, gerade so weit, wie man im Nebel schauen kann. Weiter als
bis zur nächsten Kurve wird nicht gedacht.
({0})
Ob die Straße weitergeht oder der Abgrund kommt, das
interessiert sie nicht mehr. - So funktioniert diese Regierung. Da werden zusätzliche 750 Millionen fast nur für
Neubauten ausgegeben. Wie es danach weitergeht, interessiert sie nicht. Ein langfristiger Plan? Leider Fehlanzeige!
({1})
Sie, Herr Minister Ramsauer und Ihre Koalition in
Abwicklung, können die zusätzlichen Mittel für den Verkehr feiern, wie Sie wollen. Die bittere Wahrheit ist: Sie
vergrößern die Probleme damit.
({2})
Noch schlimmer ist: Sie wollen noch nicht einmal sehen,
dass Sie durch diese Handlungsweise die Probleme vergrößern.
Auf den ersten Blick könnte man ja denken, Sie hätten etwas gelernt. Im Haushaltsentwurf vom Sommer
verschieben Sie mehr Mittel in den Erhalt und kürzen
beim Neubau. Vom Grundsatz her ist das richtig; denn
wir alle wissen: Wir haben ein riesiges Problem mit dem
Erhalt dessen, was wir schon gebaut haben. Das ist auch
in Amerika so, Herr Kollege Kalb. Es geht nicht unbedingt um Neubau, sondern um den Erhalt dessen, was in
die Welt gesetzt wurde.
Der Haushaltsentwurf sah zunächst einigermaßen
passabel aus. Aber es war eine Mogelpackung, und zwar
aus zwei Gründen. Erstens können die Länder die Mittel
für den Erhalt auch für den Neubau nutzen. Sie wissen,
das ist lange so passiert, weil die Titel untereinander deckungsfähig sind. Zweitens ist dieser Haushaltsentwurf
das Papier, auf dem er geschrieben ist, nicht wert;
({3})
denn Sie fordern umgehend zusätzliche Mittel, um sie
fast komplett in Neubauten zu stecken. Wo bleibt denn
eigentlich die Ehrlichkeit, die Sie im Umgang mit dem
Parlament angekündigt haben?
({4})
Drei Viertel der zusätzlichen Mittel landen im Straßenneubau. Wir werden also im nächsten Jahr wieder einige blitzblank geputzte Spaten sehen, die pünktlich zu
den Wahlen neue Bauprojekte ankündigen. Im Frühjahr
dieses Jahres haben Sie das in Brunsbüttel an der
Schleuse gemacht. Ihre Mitarbeiter vom Wasser- und
Schifffahrtsamt haben extra neue Spaten gekauft, ganz
frisch, nigelnagelneu. Die haben sie in den Boden geDr. Valerie Wilms
rammt. Aber wo ist der Bagger? Ich habe ihn bislang
noch nicht gesehen.
({5})
Das Ganze tun Sie, obwohl Sie genau wissen, dass die
Probleme größer werden; denn jeder neu gebaute Kilometer bindet Mittel in der Zukunft. Eine verantwortungsvolle Regierung würde sich darüber ernsthaft Gedanken machen;
({6})
aber Sie stellen sich diesem Problem nicht. Die neuen
Straßen werden nicht durchfinanziert,
({7})
der Bau wird über Jahrzehnte gestreckt; aber das interessiert Sie nicht. Das Einzige, was für Sie zählt, sind ein
paar schöne Bilder und Versprechen für den Wahlkampf.
Das mag Ihnen vielleicht gefallen, aber eine solche
Handlungsweise ist unverantwortlich.
({8})
Mit Nachhaltigkeit, die für unsere zukünftigen Generationen wichtig ist, hat das überhaupt nichts zu tun.
Der größte Hammer aber ist: Wenn es nach dieser Regierung geht, soll sich das nicht ändern. Derzeit wird der
nächste Bundesverkehrswegeplan vorbereitet. Aber noch
während Sie überlegen, nach welcher Methodik die Projekte aufgenommen werden sollen, laden Sie die Länder
herzlich ein - das muss man sich einmal auf der Zunge
zergehen lassen: herzlich -, ihre Wünsche zu äußern. In
den nächsten Monaten werden wir wieder landauf,
landab neue und alte Wünsche hören; das kennen wir ja
schon. IHK, Wahlkreisabgeordnete und Länder werden
sich gegenseitig mit Vorschlägen zu Verkehrsprojekten
überbieten.
({9})
Das Schöne für die Länder ist, dass der Bund alles bezahlt. In der Verkehrspolitik geht es zu wie zu Weihnachten: Man darf sich etwas wünschen, das Spielzeug benutzen und kaputtmachen, wie man will. Hauptsache,
der Bund als Weihnachtsmann bezahlt die ganze Nummer.
So kann es nicht weitergehen.
({10})
Wir müssen grundlegend etwas verändern, und wir müssen jetzt damit anfangen.
({11})
Beton bedeutet nicht: mehr Fortschritt. Damit betonieren
wir nämlich vor allem die Möglichkeiten für unsere Kinder, unsere Enkel und deren Kinder in der Zukunft. Daher appelliere ich hier an alle Fraktionen, nicht nur an
die Regierungsfraktionen.
({12})
Bei der Aufstellung dieses Haushalts wurden wieder
einmal alle Chancen liegen gelassen. Die Koalition zeigt
beim Verkehrsetat, dass sie nicht verantwortungsvoll mit
Geld umgehen kann - jeder Mittelständler rauft sich die
Haare -: Ohne Plan und auf Pump verplempern Sie Geld
für Prestigeprojekte.
({13})
Das ist möglich, weil Sie nicht so vernünftig rechnen,
wie es ein Mittelständler tut. Als Bund leisten wir uns,
wie ein Dinosaurier, weiterhin die kameralistische Haushaltsführung. Damit kann niemand nachvollziehen, was
an Werten vorhanden ist. Wir wissen nicht, wie viel wir
eigentlich jährlich zurücklegen müssten, um die Substanz zu erhalten. Deswegen fahren wir dauernd auf Verschleiß. Kein Mittelständler könnte sich so etwas leisten;
aber die schwarz-gelbe Chaostruppe, die von Wirtschaft
angeblich etwas versteht, fasst dieses Grundsatzproblem
nicht an.
({14})
Ich plädiere deswegen dafür, dass sich zumindest die
Verkehrspolitiker einmal zusammensetzen und über
neue Steuerungsmodelle für den Verkehrsetat nachdenken. Hier könnten wir mit doppischer Haushaltsführung
viel klarer die Mittel einteilen, statt sie, wie heute, zu
verstecken. Diese Diskussion müssen wir jetzt beginnen.
Wir brauchen sie für die langfristige Planung.
Frau Kollegin Wilms!
Ich bin gleich so weit, Herr Präsident.
Das wäre schön.
Wir brauchen einen ganz neuen Ansatz.
({0})
Wir wollen die Mobilität unserer Menschen und der
Wirtschaft in Deutschland sichern. Das sind wir den zukünftigen Generationen schuldig. Wir dürfen nicht nur
bis zur nächsten Wahl denken.
Vielen Dank.
({1})
Das Wort erhält nun der Kollege Patrick Schnieder für
die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen
beim Haushalt insgesamt,
({0})
aber auch beim Einzelplan 12 vor großen Herausforderungen: Wir haben die Schuldenbremse einzuhalten;
gleichzeitig haben wir einen hohen Bedarf, vor allem im
Verkehrsetat. Ich glaube, die Koalition wird diesen Herausforderungen mit dem Gesamthaushalt und auch mit
dem Einzelplan 12 gerecht. Wir haben die Weichen richtig gestellt. Wir nehmen die Herausforderungen an. Vor
allen Dingen ist der Haushalt seriös aufgestellt; er wird
den Realitäten gerecht.
({1})
Sie von der Opposition haben hier bisher nur ein Zerrbild der Wirklichkeit gezeichnet. Das hat mit seriöser
Haushaltspolitik, mit seriöser Verkehrs- und Baupolitik
nun wirklich nichts zu tun.
({2})
Um Ihr Bild aufzugreifen, verehrte Kollegin Wilms: Ich
verstehe, dass Sie das Gefühl haben, im Nebel zu fahren.
Das ist kein Wunder bei dem Bild von Verkehrs- und
Baupolitik, das Sie hier präsentiert haben.
({3})
Dass wir die Herausforderungen annehmen, insbesondere im Verkehrsbereich, zeigt sich nicht nur an der hohen Investitionslinie, die wir fortführen, sondern auch
daran, dass der Minister und diese Koalition im Kampf
um zusätzliche Mittel erfolgreich waren. Nach der Milliarde im laufenden Jahr können wir im nächsten Jahr
0,75 Milliarden Euro zusätzlich für den Verkehrsbereich
ausgeben.
({4})
Das sind zusätzliche Mittel. Dabei halten wir die Schuldenbremse ein.
Herr Kollege Kahrs, wir befinden uns nicht in einem
steuerpolitischen Blindflug wie Sie. Wir wollen keine
Steuererhöhungsorgien starten und blockieren keine
wichtigen steuerpolitischen Vorhaben im Bundesrat,
sondern gestalten die Zukunft auf vernünftige Art und
Weise.
({5})
Es ist schon eine Chuzpe, meine Damen und Herren
von der Opposition, zu behaupten, dass vor allem die
Bayern Nutznießer der zusätzlichen Investitionen im
Verkehrshaushalt seien und dass das an der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern liege.
({6})
Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, was Ihre Landesregierungen im Verkehrsbereich machen. Die blockieren und schaffen kein Baurecht. Sie wollen das Geld
des Bundes nicht, um zu bauen, und beschweren sich
dann, dass die Länder, die Baurecht geschaffen haben,
bauen können.
({7})
- Ich bedanke mich dafür, dass der Kollege Bartol mir
recht gibt. Jawohl, wir setzen die richtigen Prioritäten:
({8})
Erhalt vor Neubau. Genau das tun wir.
Wir stecken viel Geld in die Unterhaltung der Straßenverkehrsinfrastruktur.
({9})
Ich nenne als Beispiel das Brückenprogramm. In
Deutschland gibt es etwa 39 000 Brücken, die zwischen
30 und 50 Jahre alt sind. In den letzten zehn Jahren wurden hier durchschnittlich 300 Millionen Euro pro Jahr
investiert. Wir werden im neuen Haushalt mehr als das
Doppelte in die Unterhaltung der Brückenbauwerke investieren.
Ich nenne als weiteres Beispiel die Lärmschutzmaßnahmen; dazu haben wir von Ihnen in dieser Woche
Spannendes gehört. Im Straßenbereich werden im nächsten Jahr 50 Millionen Euro für entsprechende Maßnahmen bereitgestellt. Hinzu kommen die Mittel, die wir für
die Lärmvorsorge bei Neu- und Umbaumaßnahmen einstellen. Das sind noch einmal mehr als 100 Millionen
Euro. Das schließt auch die Schiene ein. Hier fließen zusätzlich 40 Millionen Euro.
Wir arbeiten unser Programm ab.
({10})
Wir schaffen den Schienenbonus ab; das haben wir in
dieser Woche im Ausschuss mit der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht.
({11})
Wir schaffen das, was Sie in elf Jahren unter SPD-Verkehrsministern nicht auf die Reihe bekommen haben.
({12})
Wir gehen dort weitere Maßnahmen an. Aber der Kollege Herzog streut im Verein mit dem rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Lewentz den Menschen Sand in
die Augen. Wir suchen weiter nach Alternativtrassen.
Aber tun Sie in Rheinland-Pfalz doch nicht so, als gäbe
es schon im nächsten oder übernächsten Jahr eine Lösung. Wir brauchen ein ganzes Bündel an Maßnahmen.
Wir müssen den Menschen klar und deutlich sagen:
Wenn überhaupt eine Alternativtrasse möglich ist, dann
kommt sie nicht in 5 Jahren, sondern in 10, 15 oder sogar erst in 20 Jahren. - Das gebietet die Ehrlichkeit.
Ich will einige Schwerpunkte im Baubereich nennen.
Ein ganz großes Thema ist für uns die Energiewende und
die Klimaschutzpolitik.
({13})
Das zeichnet sich auch im Bauetat ganz deutlich ab. Es
bleibt nach wie vor ein großer Mangel, dass wir die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung wegen
Ihrer Blockadepolitik im Bundesrat nicht umsetzen können.
({14})
Alle warten auf diese Förderung: die Wirtschaft, die
Hauseigentümer und die Mieter. Aber Sie blockieren
das, obwohl hier ein riesiges Potenzial - ich verweise
nur auf den Klimaschutz, die Bedeutung der Investitionen für Handwerk und Mittelstand und Innovationsprogramme - besteht.
Herr Kahrs, jetzt kehren wir zur Wahrheit zurück.
({15})
Natürlich haben die Länder Steuerausfälle zu verkraften.
Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Mehraufkommen aus der Umsatzsteuer die Ausfälle überkompensiert. Was Sie machen, ist nichts anderes, als mit der
Wahrheit flexibel umzugehen.
({16})
- Meine sehr geehrten Kollegen von der Opposition, ich
weiß, dass Sie erregt sind, weil hier entlarvt wird, welche falsche Politik Sie machen. Sie machen einfach den
Lafontaine und sonst gar nichts, ohne irgendeinen
Grund.
({17})
Wir setzen unsere Politik im Bereich der energetischen Stadtsanierung - KfW-Förderprogramm und CO2Gebäudesanierungsprogramm - fort.
({18})
Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zur Städtebauförderung sagen.
({19})
Wir befinden uns dort mit 450 Millionen Euro weiterhin
auf einem hohen Niveau. Das sollten Sie schätzen. Sie
legen hier ein Wunschprogramm auf und bleiben der Öffentlichkeit nach wie vor den Nachweis schuldig, wie
Sie das seriös finanzieren wollen.
({20})
- Das tun wir nicht. Wir führen die Städtebauförderung
- das ist wichtig - auf hohem Niveau fort. Dazu stehen
wir, darauf können wir stolz sein. Sie wissen genau, dass
es Länder gibt, deren Führung Ihrer Provenienz ist,
({21})
die hinter vorgehaltener Hand sagen: Wir können den Eigenanteil gar nicht aufbringen, wenn die Mittel dort
noch verstärkt werden. - Also auch da ist bei Ihnen viel
mehr Ehrlichkeit gefordert.
({22})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube,
wir sind in der Verkehrs- und Baupolitik dank dieser Koalition auf einem guten Weg.
({23})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Sören Bartol für
die SPD.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Kollege Kahrs, für die Aufforderung. Zum dritten Mal legen Sie von der schwarz-gelben Koalition einen Haushaltsentwurf vor, der den Problemen
in unserem Land nicht gerecht wird. Er dokumentiert
einmal mehr das Scheitern des zuständigen Bundesministers Dr. Peter Ramsauer und der Regierungskoalition.
Lieber Herr Minister, ich glaube, dass Sie sich vor lauter
Scham ganz bewusst ans Ende der Rednerliste haben setzen lassen.
({0})
Ich hoffe, Herr Minister Ramsauer, dass dieser Haushalt der letzte ist, den Sie gegenüber diesem Parlament
zu vertreten haben.
({1})
Die Wählerinnen und Wähler werden in einem Jahr darüber entscheiden. Mit Ihrer Politik zehren Sie an der
Substanz unserer Verkehrsinfrastruktur, an der Substanz
unserer Städte und Gemeinden. Was Ihnen fehlt, ist ein
Konzept für ein zukunftsfähiges Netz von Straßen,
Schienen und Wasserstraßen als Lebensadern unserer
Wirtschaft und Gesellschaft. Was Ihnen fehlt, ist eine
Idee von lebenswerten Städten als Orte gesellschaftlichen Fortschritts. Sehr geehrte Damen und Herren, wir
als Sozialdemokraten haben für die Probleme in unserem
Land die besseren Antworten.
Seit der letzten Bundestagswahl vor drei Jahren haben
die Menschen in Nordrhein-Westfalen, Hamburg,
Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg die CDU
und die FDP abgewählt. Die Erklärung dafür ist ganz
einfach: Die Menschen wollen Ihre Konzepte von gestern nicht. Sie fordern neue Ideen, auch in der Verkehrs-,
Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.
({2})
Nach über drei Jahren Amtszeit beklagt der zuständige Bundesverkehrsminister immer noch, dass die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur unterfinanziert
sind.
({3})
Dabei nimmt er jedes Jahr über die Zwangsdividende der
Schiene eine halbe Milliarde Euro weg, die im allgemeinen Bundeshaushalt versickert.
({4})
Außerdem redet er zwar dauernd von der Pkw-Maut,
sorgt aber praktisch für sinkende Lkw-Mauteinnahmen
und damit für weitere Einnahmeausfälle.
({5})
Sie von den Koalitionsfraktionen und Ihr Bundesminister sind schlechte Verwalter unserer Steuergelder.
({6})
Die Sondermilliarde für die Verkehrsinvestitionen erweist sich dieses Jahr als zu kurzatmig; sie kommt bei
den Menschen auch nicht an. Sie verpufft. Bis zum
Sommer war das Geld nicht einmal zur Hälfte verbaut.
Auch die zusätzlichen 750 Millionen Euro für das
nächste Jahr werden als schwarz-gelbes Spatenstichprogramm im Landtags- und Bundestagswahljahr enden.
Die Schiene bekommt zum wiederholten Male den geringsten Anteil.
Im Gegensatz zur Bundesregierung wollen wir klare
Prioritäten beim Aus- und Neubau unserer Verkehrswege setzen. Wie man das macht, zeigen gerade die sozialdemokratischen Verkehrsminister in den Ländern.
Gebaut werden muss dort, wo der Verkehr stattfindet.
Der Grundsatz kann nicht immer nur heißen: Bayern zuerst.
({7})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich
bin froh, dass sich die FDP mit ihren Forderungen nach
einer totalen Privatisierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie einem massiven Personalabbau im
Bundeshaushalt 2013 noch nicht durchsetzen konnte.
({8})
Aber trotzdem: Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie,
Herr Ramsauer, ohne gesetzliche Grundlage in Ihrem
Ministerium bereits anfangen, eine neue, riesige Zentralbehörde aufzubauen,
({9})
die wirklich niemand in diesem Land will.
({10})
Gleichzeitig verunsichern Sie alle mit einer absurden
Kategorisierung der Bundeswasserstraßen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung stellt in ihrem Wohnungs- und Immobilienbericht
fest, dass in Großstädten, Ballungszentren, aber auch in
Universitätsstädten die Mieten 2011 um bis zu 10 Prozent gestiegen sind. Das trifft vor allen Dingen Familien,
Alleinerziehende, Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende. Sie finden in den Innenstädten keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Wenn Haushalte mit einem Einkommen von 1 300 Euro 45 Prozent für Miete und
Nebenkosten aufbringen müssen, dann ist die Belastungsgrenze deutlich überschritten. Was ist die Antwort
der Bundesregierung? Ein Angriff auf das Mietrecht zulasten der Mieterinnen und Mieter!
({11})
Wenn Sie nicht endlich etwas tun, um die Mietpreisspirale zu stoppen, wenn Sie nicht endlich etwas tun, um
dem Neubau bezahlbarer Wohnungen Impulse zu geben,
({12})
wenn Sie nicht endlich die energetische Sanierung verlässlich und ausreichend fördern, um die Heizkostenbelastungen zu senken, ohne dieses peinliche Spiel mit
dem Bundesrat zu veranstalten,
({13})
dann sind Sie dafür verantwortlich, dass die Menschen
in unserem Land aufgrund steigender Mieten aus ihrem
sozialen Umfeld verdrängt werden.
({14})
Mit der Kürzung der Mittel für die Städtebauförderung, besonders der Mittel für das Programm „Soziale
Stadt“, tun Sie ein Übriges, um den sozialen Frieden in
unseren Städten zu gefährden.
({15})
Für die Betroffenen in Neukölln oder Hamburg-Wilhelmsburg muss es wie Hohn klingen, wenn der Minister
und Sie von der Koalition erklären, dass Sie die Städtebauförderung konsolidiert haben. Tatsache ist: Die Mittel für Städtebauförderung belaufen sich auch in diesem
Jahr wieder auf 455 Millionen Euro - auf diesen Betrag
hatten Sie sie gekürzt -; das sind sage und schreibe
20 Prozent weniger als 2009.
({16})
Im Vergleich zu 2009 haben Sie allein die Mittel für
das Programm „Soziale Stadt“ um über die Hälfte zusammengestrichen. Die Haushälter der Koalition haben
- das ist das Schlimme - gegenüber dem Regierungsentwurf nochmals um 10 Millionen Euro gekürzt. Da sieht
man die soziale Kälte, vor allen Dingen natürlich wieder
die der FDP, durchscheinen.
({17})
Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Union, das mittragen, finde ich unglaublich. Drei Jahre
Kürzungen gerade in den Stadtbezirken, in denen am
meisten für Integration und sozialen Zusammenhalt geleistet werden muss, sind genug!
Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz zeigt seit
seiner Wahl, wie man in der Politik gegen steigende
Mieten vorgehen kann. Er schließt ein Bündnis mit Wohnungsunternehmen und Mieterverbänden, fördert den
Bau neuer Wohnungen und entlastet so den Wohnungsmarkt. Auch auf Bundesebene bräuchten wir endlich
solch ein entschlossenes Vorgehen, Herr Minister.
({18})
Ich sage: Führen Sie endlich die Heizkostenkomponente beim Wohngeld wieder ein! Dass die Energiekosten gesunken sind, das glaubt Ihnen kein Mensch
mehr.
({19})
Stoppen Sie die Mietrechtsänderung und tun Sie endlich
etwas gegen die Preisspirale am Wohnungsmarkt! Stoppen Sie den Verkauf der bundeseigenen TLG-Wohnungen an einen privaten Investor! Es darf nicht sein, dass
der Bund Wohnungen verkauft und die Mieterinnen und
Mieter in die Hände von Finanzinvestoren fallen!
({20})
Fördern Sie den altersgerechten Umbau wieder mit
Zuschüssen aus Bundesmitteln, damit ältere Menschen
möglichst lange - das ist unser aller Ziel - in der eigenen
Wohnung bleiben können!
({21})
Mit Krediten allein ist vielen älteren Menschen nicht geholfen.
Nehmen Sie die Kürzungen bei der Städtebauförderung zurück und investieren Sie in die Zukunft der
Städte und Gemeinden, statt ihnen, wie Sie es tun, die
Luft abzudrehen!
Stocken Sie die Mittel zur Förderung der CO2-Gebäudesanierung auf 2 Milliarden Euro auf und finanzieren
Sie sie verlässlich in Ihrem eigenen Haushalt!
({22})
Wie unsicher die Einnahmen des Energie- und Klimafonds sind, haben mittlerweile hoffentlich alle verstanden.
Die Menschen in unserem Land wollen einen starken
Verkehrsminister, der Reformen bei der Finanzierung
unserer Verkehrswege anpackt und sich nicht nur in einer Reform des Flensburger Punktesystems verheddert.
({23})
Ich glaube, dass die Menschen in unserem Land einen
starken Bauminister brauchen, der sich für die sozialen
Rechte der Mieterinnen und Mieter und für bezahlbaren
Wohnraum einsetzt. Sie, Herr Minister Ramsauer, stehen
ganz sicher nicht dafür. Deswegen ist klar: Wir werden
Ihren Haushalt ablehnen.
({24})
Oliver Luksic erhält nun das Wort für die FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen für zukunftssichere Mobilität und kluge
Infrastrukturpolitik. Der Einzelplan 12 bleibt trotz der
notwendigen Haushaltskonsolidierung der größte Investitionshaushalt.
({0})
Die Opposition stellt es hier so dar, als ob die Koalition nichts tun würde, aber das Gegenteil ist der Fall.
Kollege Kahrs hat die vielen internationalen Verpflichtungen angesprochen. Wer hat die denn unterschrieben?
({1})
Wer ist die vielen Verpflichtungen eingegangen? Die
meisten sind Herr Stolpe und Herr Tiefensee eingegangen, ohne eine solide Finanzierung zu haben.
({2})
Den Investitionsstau, den Sie beklagen, haben Sie verursacht, und wir arbeiten ihn jetzt ab, lieber Kollege Kahrs.
({3})
Wir bekennen uns klipp und klar zur Notwendigkeit,
die Infrastruktur auszubauen.
({4})
Wir haben den Haushalt um 750 Millionen Euro aufgestockt;
({5})
das ist ein großer Erfolg des Bundesministers Ramsauer
und der Verkehrspolitiker der Koalition.
Lieber Kollege Bartol, über den Verkauf von Wohnungen werden hier Märchen erzählt. Auch der Berliner
Senat verkauft doch gerade Wohnungen. Wer regiert
denn da? Es ist die SPD.
({6})
Insofern ist das doch alles nicht glaubwürdig, was da
von der SPD kommt.
({7})
Wir werden von diesen 750 Millionen Euro einen besonders hohen Anteil den Wasserstraßen zur Verfügung
stellen; das ist auch gut und richtig.
({8})
Ich glaube, dass beispielsweise die Moselschleusen dringend Investitionen brauchen.
({9})
Es gibt hier in der Tat einen großen Unterschied zwischen unserer Politik und Ihrer Politik: Sie fordern auf
der einen Seite immer mehr Ausgaben, und auf der anderen Seite werfen Sie uns, wenn wir mehr investieren,
vor, Wahlgeschenke zu verteilen. Da muss sich die SPD
schon entscheiden: Will sie mehr Investitionen, oder
sind das Wahlgeschenke?
({10})
Eines von beidem muss ja richtig sein. Elf Minuten haben wir Ihnen jetzt zugehört, lieber Kollege Bartol.
({11})
Ich habe aber keine einzige Idee von der SPD gehört.
({12})
Die Bilanz der Koalition ist gut.
({13})
Wir haben unseren Koalitionsvertrag solide abgearbeitet.
Die verschleppte Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung - immer wieder hat der Bundesrechnungshof
darauf hingewiesen - sind wir angegangen.
({14})
Das maritime Bündnis haben wir wieder zukunftsfest gemacht; die Kollegen Rehberg, Winterstein und Staffeldt
haben sich hierfür besonders eingesetzt.
({15})
Das Eisenbahnregulierungsgesetz haben wir auf den
Weg gebracht und den Wettbewerb auf der Schiene gestärkt. Was den Schienenbonus betrifft, ist unter der Verantwortung der SPD elf Jahre nichts passiert. Wir tun
etwas für den Lärmschutz und sorgen auch für den Einstieg in lärmabhängige Trassenpreise.
({16})
Wir haben das begleitete Fahren mit 17 nach vorn gebracht, den Finanzierungskreislauf Straße eingeführt und
mit dem Mautmoratorium letzten Endes Verlässlichkeit
für das Gewerbe geschaffen. Jetzt gehen wir die überfällige Reform des Verkehrszentralregisters an. Wir haben
es geschafft, dafür zu sorgen, dass die Liberalisierung
des Fernbusverkehrs angestoßen wird. Das ist eine Bilanz dieser Koalition, die sich sehen lassen kann, liebe
Kolleginnen und Kollegen.
({17})
Entscheidend ist doch: Was will die Opposition?
({18})
Im Haushaltsverfahren fordern Sie immer mehr Geld;
das haben wir ja gerade gehört. Wir sind sehr viele Vorhaben angegangen. Die Kollegen von SPD und Grünen
haben zum Einzelplan 12 zusammen Mehrausgaben in
Höhe von 6,5 Milliarden Euro vorgeschlagen - nur zum
Einzelplan 12 Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro! -,
aber keinen einzigen Einsparvorschlag zum Einzelplan 12 gemacht.
({19})
- Das kann man nachrechnen und nachlesen.
({20})
Sie haben keinen einzigen Einsparvorschlag gemacht.
({21})
Sie fordern die Erhöhung der Kfz-Steuer, die Einführung
einer Logistikabgabe, die Grünen fordern die EinfühOliver Luksic
rung einer Citymaut, und Sie wollen alle möglichen
Steuern erhöhen - eine Abzocke sondergleichen!
({22})
Sie wollen immer weiter regulieren, ja sogar überregulieren: Citymaut, Pkw-Maut und andere Punkte, flächendeckend Tempo-30-Zonen, Maut für alle. Regularitis,
das ist Ihre Politik.
({23})
Wir stehen für Mobilität. Das ist der Unterschied zu
Ihnen, liebe Freunde.
({24})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten die Protokollführer nicht überfordern.
({0})
Mehr als 30 Zwischenrufe gleichzeitig werden im Protokoll nicht namentlich wiederzufinden sein.
({1})
Herr Kollege, bitte schön.
Ein wichtiger Hinweis an den Kollegen Kahrs. Wir
können die von Ihnen geforderten Mehrausgaben von
6,5 Milliarden Euro nachher gerne einmal zusammen
durchgehen. Es ist leider so: In den Anträgen der Verkehrspolitiker von den Grünen und der SPD werden
Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro gefordert.
({0})
Da kommen Sie jetzt nicht raus. Sie wollen doch zusammen regieren. Da sind 6,5 Milliarden Euro ein bisschen
viel.
({1})
Wir haben die Infrastrukturmittel erhöht, solide gegenfinanziert. Wir wollen auch die nichtbundeseigenen
Eisenbahnen stärker fördern; das ist ein wichtiger Punkt
für unsere Koalition. Das ist eben der Unterschied zu Ihnen: Sie wollen nur hemmungslos Geld ausgeben, das
Sie nicht haben. Wir betreiben Haushaltskonsolidierung,
sorgen für zukunftssichere Mobilität und machen eine
kluge Infrastrukturpolitik ({2})
und das solide gegenfinanziert. Das ist der Gegensatz zu
Ihnen. Deswegen regieren wir, und das wird auch so
bleiben.
Vielen Dank.
({3})
Heidrun Bluhm ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor
allem ein herzliches Willkommen den Gästen aus Mecklenburg-Vorpommern, meinem Heimatland!
({0})
Die Fraktion Die Linke hat sich in ihren Anträgen
zum Haushalt 2013 beim Etat „Bauen und Wohnen“ auf
zwei Schwerpunkte konzentriert, zum Ersten auf den sozialen Wohnungsbau und zum Zweiten auf die Altschuldenhilfe für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft. Die
Ereignisse zeigen, dass unsere Schwerpunkte gleichzeitig leider auch Brennpunkte sind.
({1})
Am 10. November dieses Jahres hat es in mehreren deutschen Städten - in Berlin, Hamburg und Freiburg - wohl
erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Demonstrationen von Mieterinnen und Mietern gegeben. Die
Menschen wollen und können die rasant steigenden
Miet- und Wohnkosten nicht mehr länger hinnehmen.
({2})
Sie machen die Bundesregierung und deren jahrelange
Fehlleistung in der Wohnungspolitik dafür verantwortlich, dass die Wohnkosten überall dramatisch steigen
und mittlerweile einen Großteil des Haushaltseinkommens förmlich auffressen.
Die Demonstrationen hätten ebenso gut in Greifswald, Jena oder München stattfinden können. Das werden sie sicherlich zukünftig auch; denn das wird sich zu
einem Flächenbrand in der Republik entwickeln, und die
Bundesregierung ist immer noch nicht wach.
({3})
Sie hat noch nicht akzeptiert, dass Wohnen eine soziale
Frage und eine politische Aufgabe ist.
Durch den Privatisierungswahn in Deutschland steuern wir auf eine neue Wohnungsnot zu. Eine der grundlegenden Ursachen für den galoppierenden Mangel an be25510
zahlbarem Wohnraum ist der faktische Zusammenbruch
des sozialen Wohnungsbaus in den vergangenen Jahren.
({4})
In den letzten zwei Jahrzehnten sind immer mehr
Wohnungen aus der Sozialbindung herausgefallen, allein
in den letzten zehn Jahren 100 000 pro Jahr. Die PestelStudie, die uns allen vorliegt, hat das Ergebnis, dass,
vorsichtig gerechnet, bundesweit insgesamt 5,6 Millionen Sozialwohnungen benötigt werden. Tatsächlich sind
zurzeit nur noch 1,6 Millionen solcher Wohnungen verfügbar, und wir werden zum Jahresende die 1,5-Millionen-Grenze unterschreiten.
In Metropolregionen, Groß- und Universitätsstädten
zeigt sich die Wohnungsnot schlicht in fehlendem
Wohnraum; dort kann alles, egal in welchem Zustand,
vermietet werden - und das zu Mondpreisen. Die Folge
ist: Nicht nur Transferempfänger werden aus städtischen
Quartieren ausquartiert, auch Berufstätige mit geringerem Einkommen oder durchschnittlichem Einkommen
können es sich einfach nicht mehr leisten, in angemessener Entfernung zu ihrer Arbeitsstätte zu wohnen. Der
Wohnungsmarkt ist für sie faktisch geschlossen. Notwendig sind dringend mehr Sozialwohnungen.
Im ländlichen Raum, in kleineren Städten, abseits der
Boomtowns, gibt es zwar kein Wohnungsproblem, das
sich in fehlenden Quadratmetern ausdrücken ließe. Hier
zeigt sich die Wohnungsnot allerdings in einem Mangel
an energetisch sanierten und altersgerechten Wohnungen.
({5})
Trotz stabiler Kaltmieten treiben die Mietnebenkosten
die Preise für das Wohnen steil nach oben. Wer heute im
Niedriglohnsektor arbeitet oder Hartz IV bezieht, wird
später von Altersarmut betroffen sein und das Wohnen
überhaupt nicht mehr bezahlen können. Wohnen wird
überall in unserer Republik zu einem existenziellen Problem.
Neben dem Umstand, dass immer mehr Wohnungen
aus der Mietpreisbindung herausfallen, werden einfach
zu wenige Wohnungen mit Preisbindung oder Belegungsbindung gebaut. Neu gebaut werden aktuell noch
10 000 solcher Wohnungen im Jahr. Gebraucht würden
fünfmal so viele.
Wir fordern deshalb nicht nur, dass die Kompensationszahlungen des Bundes beibehalten werden, sondern
wir wollen, dass sie auf 700 Millionen Euro angehoben
und auf diesem Niveau verstetigt werden.
({6})
Dies muss begleitet werden von verbindlichen Vereinbarungen mit Ländern und Kommunen, damit diese Mittel
tatsächlich restlos zweckgebunden eingesetzt werden.
Nun noch ein Satz zu den Altschulden. Wir fordern,
dass die noch verfügbaren Mittel der Altschuldenhilfe
auch über das Jahr 2013 hinaus für die ostdeutschen
Wohnungsunternehmen verfügbar gehalten werden;
denn wenn diese Mittel - circa 75 Millionen Euro - bis
Ende 2013 nicht abgerufen werden sollten, dann nicht
deshalb, weil sie nicht gebraucht würden, sondern deshalb, weil es gerade den kleineren Wohnungsunternehmen
in ländlichen Bereichen an Wirtschaftskraft mangelt, um
die Mittel der Altschuldenhilfe formal fristgerecht einzusetzen. Das sagt auch der GdW. Also kassieren Sie diese
Millionen nicht wieder ein! Denn damit verhindern Sie
den Abriss von 20 000 leerstehenden Wohnungen im Osten.
({7})
Herr Minister, ein letztes Wort: Sie sagen, man könne
die Städtebauförderung mit einem Tanker vergleichen.
Das sage ich auch öfter, und das ist auch richtig. Aber
der Unterschied zwischen einem Tanker und der Wohnungspolitik der Bundesregierung ist, dass ein Tanker
am Start mit ausreichend Treibstoff und mit einem Navigator ausgestattet ist. Nehmen Sie unsere Anträge als
Navigator
({8})
und die Fördermittel als Treibstoff! Dann kommen Sie
gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern in
Deutschland und mit uns ins Ziel.
Danke schön.
({9})
Das Wort hat nun der Bundesminister Peter
Ramsauer.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Dieser Etat ist ein exzellenter, ein guter Etat.
({0})
Alle, die etwas auf gute Verkehrsinfrastruktur, auf gute
Mobilität, auf guten Städtebau, auf gutes Bauen und auf
gutes Wohnen in unserem Land halten, können froh über
diesen Haushaltsentwurf sein.
({1})
Einige Bemerkungen zum Thema Bauen. Dabei
greife ich Anmerkungen aus der Opposition gerne auf.
Der Bund ist und bleibt ein zuverlässiger Partner von
Städten und Gemeinden in der Städtebauförderung;
({2})
denn wir wissen, dass die Gemeinden und Städte ihre
Strukturprobleme, für die sie oft nichts können, ohne
Städtebauförderungsprogramme nicht alleine bewältigen
können. Wir haben die Ausgaben für die Städtebauförderung daher
({3})
verstetigt.
({4})
Es ist uns gelungen, die Energiewende, für die mein
Ministerium ein hohes Maß an Verantwortung mitträgt,
({5})
durch das KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“, für das wir die Mittel von in diesem Jahr 92 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro im kommenden Jahr
erhöhen wollen,
({6})
mit der Städtebauförderung zu verzahnen.
Nun ein Wort zur energetischen Gebäudesanierung.
Dazu, dass hier von Rot und Grün giftige Anmerkungen
kommen,
({7})
kann ich nur sagen: Da reden die Richtigen.
({8})
Wir, diese Koalition, haben vor eineinviertel Jahren
das Gesetz zur steuerlichen Abschreibungsförderung fertiggestellt, das eine hervorragende Ergänzung zu unserer
Unterstützung der energetischen Gebäudesanierung ist,
die wir aus der Kreditanstalt für Wiederaufbau heraus
ohnehin leisten. Unser Ziel ist eine Sanierungsquote von
jährlich 2 bis 3 Prozent im Gebäude- und Wohnungsbestand. Dafür ist die Förderung durch die Kreditanstalt für
Wiederaufbau ein wichtiger Baustein.
({9})
Dies muss aber durch die steuerliche Abschreibungsförderung ergänzt werden, die dieser Regierung durch
die Länder, die rot und grün regiert sind, im Bundesrat
verwehrt wird.
({10})
Alle, die ihre Gebäude durch eine Abschreibung auf dieser Basis sanieren wollen, können sich bei Ihnen von der
Opposition dafür bedanken, dass sie es noch nicht können.
({11})
Zum Thema Wohnungsbau. Ich bin froh und freue
mich darüber, dass der Wohnungsbau in den letzten zwei
Jahren wieder deutlich angezogen hat.
({12})
Gegenüber dem Jahr 2010 gab es im Jahr 2011 ein Plus
an Baugenehmigungen von 22 Prozent. Dieses Plus an
Baugenehmigungen setzt sich in diesem Jahr ganz klar
fort. Ich setze darauf, dass sich dieser Trend auch in den
kommenden Jahren fortsetzen wird, weil auch wieder
bessere Renditen erwirtschaftet werden können.
Sie haben das Thema „Soziale Wohnraumförderung“
angesprochen. Wer hat denn die Änderung der Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung in der vorletzten Legislaturperiode mit beschlossen? Das war auch
die Opposition, die hier sitzt.
({13})
Sie müssten eigentlich wissen, dass die alleinige gesetzliche Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung
seit dem Jahr 2007 bei den Ländern liegt.
({14})
Ich halte aber wenig davon, dass man mit dem Finger
auf andere zeigt,
({15})
und versucht, mit den Ländern gute Wege zu finden.
Der Bund gibt den Ländern jedes Jahr gut 518 Millionen Euro, die sie für die soziale Wohnraumförderung
verwenden sollen. Das tun die Länder aber nicht immer
ganz so, wie wir uns das vorstellen.
({16})
Dazu, dass die Länder das Geld über das Jahr 2013 hinaus zwar weiter haben wollen, gleichzeitig aber fordern, dass sie mit dem Geld tun und lassen können, was
sie wollen, muss ich sagen: Da hört der Spaß auf.
({17})
Ich trete dafür ein, dass dieses Geld weiter fließt, aber
mit einer ganz klaren Zweckbindung.
({18})
Die Länder müssen das Geld für Investitionen in die soziale Wohnraumförderung verwenden.
({19})
Nun zum Bereich Verkehr. Ihr Kanzlerkandidat, mit
dem Sie offensichtlich viel Spaß haben, der Kollege
Steinbrück,
({20})
hat am Mittwoch in seiner Rede gesagt: „Deutschland
steht … besser da.“
({21})
Jawohl, damit hat er recht.
Dann hat er die Frage gestellt: Welche Initiativen hat
diese Bundesregierung zu diesem Erfolg ergriffen? Ich
möchte einige wichtige Initiativen klar herausstellen:
Wir stellen durch eine strukturelle, intensive Verstärkung
der Investitionsmittel in die Verkehrsinfrastruktur sicher
- dreimalig; ich komme darauf zu sprechen -,
({22})
dass diese wichtige Basis unserer volkswirtschaftlichen
Wertschöpfung weiter ausgebaut wird, liebe Kolleginnen
und Kollegen. Unsere Verkehrsinfrastruktur ist die Basis
unserer volkswirtschaftlichen Wertschöpfung, die Basis
für Wohlstand in unserem Land, die Basis für Arbeitsplätze in unserem Land, die Basis für Eigentumsbildung
in unserem Land, die Basis für eine gute, verlässliche
Altersvorsorge und die Basis für einen Sozialstaat, der in
der Welt seinesgleichen sucht.
({23})
Für diese Aufstockung - dreimalig! - möchte ich mich
bei der Bundeskanzlerin und beim Bundesfinanzminister
ganz persönlich und als Bundesminister für Verkehr bedanken; denn sie sehen, wo die strukturellen langfristigen Erfordernisse in unserem Land liegen.
In den letzten zwei Jahren floss 1 Milliarde Euro zusätzlich in den Finanzierungskreislauf Schiene. Das zusätzliche Geld fließt in zusätzliche Eisenbahninvestitionen.
({24})
Eine weitere Milliarde Euro stellen wir für dieses Jahr
und in das nächste Jahr hinein für die Verkehrsinfrastruktur insgesamt zur Verfügung. Für das kommende
Jahr beschließen wir eine zusätzliche Dreiviertelmilliarde für die Verkehrsinfrastruktur.
({25})
Mit dem, was früher in der Planung war, investieren wir
zusätzlich zwei Dreiviertelmilliarden in die Verkehrsinfrastruktur.
({26})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann feststellen:
Wir investieren in allen Bereichen auf Rekordniveau:
({27})
bei der Straße, bei der Schiene und bei der Wasserstraße.
({28})
Liebe Kollegin Wilms, wenn Sie bei der Schleuse
Brunsbüttel noch keinen Bagger gesehen haben, dann
kann das nur daran liegen, dass Sie nie mehr dort waren.
({29})
Wir investieren auf Rekordniveau. Das heißt aber natürlich auch, dass wir eine Rekordzahl von Baustellen
haben, weil wir eben in die Instandhaltung hineingehen
und maßvoll Ausbau- und Neubaumaßnahmen durchführen.
({30})
Als Bundesbauminister sage ich ganz ehrlich: Ich bekenne mich zu jeder Baustelle in der deutschen Verkehrsinfrastruktur; denn nur durch Bauen wird etwas
besser, und nur Bauen sichert die Zukunft.
({31})
Wir haben in Deutschland so viele Baustellen auf
sechsstreifig geführten Autobahnen wie noch nie zuvor.
Wir haben so viele Ganztagesbaustellen, Nachtbaustellen und Wochenendbaustellen auf Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen wie noch nie zuvor. Ich
finde, es ist heute eine gute Gelegenheit, dass ich als
Bundesverkehrs- und -bauminister mich einmal bei allen, die auf diesen nicht gerade angenehmen Baustellen
zu jeder Tag- und Nachtzeit in schwierigen klimatischen
Verhältnissen beschäftigt sind und hart arbeiten, für ihren Einsatz ganz herzlich bedanke. Das ist ein großartiger Einsatz auf unseren Baustellen.
({32})
Auf diesen Moment habe ich gewartet! Ich war gespannt, wer hier applaudiert. Die alte sozialistische Arbeiter- und Bauernpartei sitzt hier und rührt keine Hand!
Dazu zähle ich auch Sie ein bisschen.
({33})
Was ist das für eine Sozialdemokratie, die, wenn es um
Arbeitnehmerinteressen geht, nicht einmal eine Hand
rührt? Aber so sind Sie eben.
Die Prinzipien sind: zuallererst Instandhaltung sowie
maßvoller Ausbau und Neubau. Aber wir brauchen natürlich dringend auch neue Projekte.
({34})
Ich bin viel im Land unterwegs und erlebe dabei vieles.
Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beckmeyer zu?
Das gibt mir mehr Zeit. - Aber die SPD sollte derzeit
mit Zwischenfragen vorsichtig sein, weil es dann nämlich eine Möglichkeit gibt, auf die „gute“ Presse des verkehrspolitischen Sprechers Pronold hinzuweisen, die er
in dieser Woche schon hatte.
({0})
Bitte schön, Herr Beckmeyer.
Herr Minister, Sie haben eben in Ihrer Rede ausgeführt, dass Sie sehr stolz auf den - ich sage mal - Zuwachs an Investitionsmitteln seien, die Sie im Rahmen
der Haushaltsberatungen bereitgestellt bekommen. Ausweislich der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes
für 2012 bis 2016 sinkt die Investitionsquote von 8,6 auf
8,0 Prozent.
({0})
Ich frage Sie: Können Sie dafür eine Erklärung geben?
Welche Auswirkungen hat das auf Ihren Haushalt?
Diese Frage können Sie nachher in der dritten Beratung stellen. Jedenfalls trägt die Aufstockung um
750 Millionen Euro Jahr erheblich dazu bei, dass wir im
kommenden Jahr eine Investitionsquote im gesamten
Bundeshaushalt von knapp 9 Prozent aufrechterhalten
können.
({0})
Deswegen liefern wir mit diesem Haushalt einen Beitrag
zur Stabilisierung der gesamten Investitionstätigkeit des
Bundes.
Allerdings - ich bin mit meiner Antwort noch nicht
ganz fertig, bitte bleiben Sie stehen - will ich, wenn so
investiert wird, dass die Länder diese Investitionen da tätigen, wo wir Erfordernisse sehen. Ich nenne ein Beispiel, weil ich gerade den Kollegen Ingo Wellenreuther
sehe. Wenn der Bund will, dass in der Stadt Karlsruhe
eine dringend erforderliche zusätzliche Rheinbrücke gebaut wird
({1})
- Herr Beckmeyer, ich bin noch nicht fertig;
({2})
Sie wollten eine Antwort, bitte bleiben Sie stehen! -,
dann tragen Sie, Herr Beckmeyer, auch dafür Sorge, dass
Baden-Württemberg als grün-rot regiertes Bundesland,
({3})
das von Ihrer Partei mit regiert wird, dafür Sorge trägt,
dass das Baugenehmigungsverfahren für das Projekt, das
der Bund dringend will, nämlich diese neue zusätzliche
Rheinbrücke bei Karlsruhe an der B 10
({4})
- nein, ich bin mit der Antwort nicht fertig;
({5})
wer eine Frage stellt, muss sie sich auch beantworten
lassen, auch wenn es peinlich wird -,
({6})
nicht boykottiert wird.
({7})
Aber Sie selbst haben in den Koalitionsvertrag in
Stuttgart geschrieben - ich zitiere -:
Beim Ausbau der Bundesfernstraßen werden wir
- also die rot-grüne Landesregierung ({8})
gegenüber dem Bund einfordern, dass vor Beginn
von neuen zunächst alle im Bau befindlichen Vorhaben fertig zu stellen sind.
({9})
Sie wollen überhaupt keine Neubauten. Das ist die traurige Wahrheit.
({10})
Damit ist die Frage beantwortet.
({11})
Ich habe gerade vernommen, dass sich Kollege
Pronold zu Wort gemeldet hat. Passen Sie auf, dass Ih25514
nen nicht Ihre „gute“ Presse von dieser Woche vorgehalten wird, nämlich Adams Abrechnung mit Ihnen.
({12})
Wenn ich lesen muss, dass Sie inzwischen von den eigenen Genossen in Bayern als Ballast für die Landtagswahl
und vieles mehr empfunden werden, dann können wir
uns alle auf diese zweiminütige Rede freuen.
({13})
Danke an alle, die zu diesem starken Haushalt beigetragen haben.
({14})
Daniela Wagner erhält nun das Wort für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Verehrter Herr Minister, man merkt schon, dass Sie
sich doch am liebsten mit Autokennzeichen, Autobahnen und Punktekatalogen beschäftigen.
({0})
Anschließend kommt nur noch Nebel.
Derweil explodieren in Deutschland die Mieten, sogar
nicht mehr nur in Ballungsräumen, sondern auch bis in
den ländlichen Raum hinein, und unser Minister
({1})
stellt sich hier hin und erklärt: Mit bezahlbarem Wohnraum haben wir nichts zu tun; das müssen die Länder
machen; sie sollen gefälligst das Geld, das sie von uns
bekommen, für Wohnungen ausgeben. - Richtig, Herr
Ramsauer. Dann sorgen Sie dafür! Verlangen Sie doch
das Geld von den Ländern zurück! Lassen Sie sich nicht
reinlegen. Wenn das wirklich so ist, dann unternehmen
Sie etwas dagegen.
({2})
Es hat keinen Sinn, nur auf andere zu schielen. Es hat
weiterhin auch keinen Sinn, sich nicht dazu zu äußern,
dass jedes Jahr 100 000 Wohnungen aus der Bindung
fallen, und sich nicht dazu zu äußern, wie man mit den
518 Millionen Euro Entflechtungsmitteln aus dem sozialen Wohnungsbau künftig umzugehen gedenkt. Geben
Sie doch den Ländern das Geld über 2013 hinaus!
({3})
Machen Sie das zum Bestandteil eines Kompromisspaketes in der Frage der steuerlichen Förderung! Aber
nichts von alledem bringen Sie voran.
({4})
Stattdessen schieben Sie der energetischen Gebäudesanierung auch noch die Mitverantwortung für den Mietenanstieg zu und schauen dabei zu, wie Ihre Justizministerin im Zuge der energetischen Gebäudesanierung
sogar noch Mieterrechte abbaut. Man hat drei Monate
kein Mietminderungsrecht im Falle einer energetischen
Gebäudesanierung.
({5})
Herr Minister Ramsauer, das Mietrecht ist kein Instrument, um die energetische Gebäudesanierung voranzubringen. Das einzige Instrument ist eine verlässliche
Förderung, und zwar aus dem Bundeshaushalt, in Höhe
von mindestens 2 Milliarden Euro jährlich.
({6})
Das ist das einzig wirkungsvolle Instrument. Alles andere ist Unsinn.
Es gibt natürlich Gründe für die steigenden Mieten:
steigende Einwohnerzahlen in den Ballungsräumen, die
Finanzmarktkrise und Großanleger und Kleinanleger auf
globaler Ebene, die im Wohnungskauf Sicherheit suchen. Sogar der Bund verscherbelt seine eigenen Wohnungen, nämlich den TLG-Wohnungsbestand, mittlerweile an einen Investor, von dem wir nicht wissen, was
er anschließend damit vorhat.
Wir alle kennen die leuchtenden Beispiele von Annington.
({7})
- Sie brauchen mir jetzt nicht mit Dresden zu kommen.
({8})
Ich habe mich inzwischen erkundigt. Das ist am Ende
erst durch ein Gerichtsurteil korrigiert worden; aber lassen Sie mich fortfahren. - Wir reden neben Annington
von GAGFAH, von Fortress und von verzweifelten Mietern. Regelmäßig hören wir all diese Dinge. Nichts davon ist beim Wohnungsbauminister angekommen.
({9})
Frau Kollegin, lassen Sie Zwischenfragen zu?
Ja.
Frau Kollegin Wagner, ich bin gerne bereit, über das
Thema Wohnungsprivatisierung ernsthaft zu diskutieren.
({0})
Aber wenn Sie dieser Bundesregierung vorwerfen, dass
sie 11 000 Wohnungen privatisiert - Sie haben ja gerade
gesagt, dass Sie das für etwas ganz Schlimmes halten -,
dann stellt sich für mich die Frage: Wie beurteilen Sie
als Mitglied der grünen Fraktion das Handeln der rotgrünen Bundesregierung in Ihrer Amtszeit, die über
200 000 Eisenbahnwohnungen des Bundes verkauft hat?
({1})
Ich halte grundsätzlich nichts davon, große Wohnungsbestände als große Pakete an Investoren zu verkaufen.
({0})
Ich halte sehr wohl etwas davon, Mieterprivatisierung
vorzunehmen. Ich halte auch etwas davon, einzelne Pakete zu schnüren und sie an kommunale Wohnungsbauunternehmen oder an kommunale Verbünde, die sich bilden, zu verkaufen. Davon halte ich etwas. Ich halte
etwas davon, überschaubare Einheiten zu belassen, damit der Mieter vor Ort weiß, mit wem er es zu tun hat
({1})
und nicht monatelang Briefe und E-Mails schreiben und
telefonieren muss, ohne dass das irgendjemanden interessiert, weil der Chef irgendwo in England oder in
Amerika sitzt. Dafür habe ich kein Verständnis.
({2})
Herr Ramsauer sagt, er sei ein verlässlicher Partner
der Kommunen. Ja, was ist denn nun? Sie tun nichts in
Richtung einer Änderung des BImA-Gesetzes, damit die
BImA endlich aufhört, den Kommunen nur zu Höchstpreisen Kasernenareale zum Kauf anzubieten, mit der
Folge, dass diese Areale in manchen Städten und Gemeinden jahrelang brachliegen, weil niemand den geforderten Preis bezahlen kann
({3})
bzw., wenn doch, niemand den Wohnraum, der dort dann
entsteht, bezahlen kann.
Sie leisten sich einmal mehr Kürzungen beim Programm „Soziale Stadt“.
({4})
Die einseitige Deckungsfähigkeit, die die Kollegin von
der FDP so gerne mag, damit das Bund-Länder-Programm bloß nicht von den anderen Städtebauförderungsprogrammen profitieren kann, ist ein Unding. In den
Stadtteilen, die in diesem Bund-Länder-Programm sind,
wird die höchste Integrationsleistung erbracht, die überhaupt in der Republik geleistet werden kann. Dort gibt es
Schulen, an denen mehr als 70 Prozent der Kinder einen
Migrationshintergrund haben. All diese Integrationsleistungen müssen honoriert werden, und zwar insgesamt
aus dem Bundeshaushalt.
({5})
Weitere Stichworte sind die Städtebauförderung und
das Baugesetzbuch. Sie nutzen die Möglichkeiten, die
das Baugesetzbuch bietet, nicht, um zum Beispiel Mietpreisobergrenzen festzulegen. Diese könnten quartiersbezogen festgelegt werden und die Stadtteile umfassen,
in denen die Gentrifizierung mittlerweile zur Vertreibung von Mietern geführt hat. Sie lassen alles treiben
und schauen zu, wie selbst Mittelstandsfamilien an die
Stadtränder gedrängt werden, während in den Stadtkernen die Gehwege und die Türklinken vergoldet werden.
Gegen all das tun Sie nichts.
Deswegen kann ich Ihnen sagen: Sie haben als Verkehrsminister, zumindest als Bundesbauminister, komplett versagt.
({6})
Sie haben nichts, aber auch gar nichts in den vergangenen drei Jahren vorangebracht. Das Ergebnis Ihrer Regentschaft als Minister ist, dass es viele Baustellen auf
den Straßen gibt, zugegebenermaßen, aber es gibt keinen
preiswerten Wohnraum mehr, die Städtebauförderung
wird zurückgefahren, das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ ist im Prinzip zahnlos geworden, weil
nichtinvestive Maßnahmen nicht mehr möglich sind.
Das ist ein komplettes Versagen. Sie haben Ihre Aufgabe
als Bundesbauminister überhaupt nicht begriffen.
({7})
Nächster Redner ist der Kollege Dirk Fischer für die
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die bisherige Bilanz der Haushaltspolitik der Koalition
aus CDU/CSU und FDP kann sich sehen lassen. Das ist
zu Recht heute schon mehrfach betont worden.
({0})
Unser Ziel, schon 2014 einen Haushalt ohne strukturelle Neuverschuldung aufzustellen, rückt in greifbare
Nähe. Die nach der Schuldenbremse mögliche strukturelle Nettokreditaufnahme von 0,35 Prozent des Brutto25516
Dirk Fischer ({1})
inlandsprodukts halten wir bereits im nächsten Jahr ein,
drei Jahre früher, als das Grundgesetz es vorsehen
würde. Das ist ein wesentlicher Meilenstein auf dem
Weg der Haushaltskonsolidierung, der gerade im Sinne
der nächsten Generation - Stichwort „Generationengerechtigkeit“ - eine große Bedeutung zukommt.
Aber Investitionen dürfen dabei nicht vernachlässigt
werden. Es muss eine Politik des Stop and Go gemacht
werden. Deshalb sanieren wir, diese Koalition, den Bundeshaushalt wachstumsfreundlich. Anders die Opposition: Da wird mit dem Geld nur so um sich geworfen, als
fiele dieses tagtäglich vom Himmel - und natürlich alles
ohne Gegenfinanzierung. Das ist unseriös hoch drei. Wir
dagegen stärken den Haushalt und den Standort
Deutschland im Herzen Europas. Dazu gehört ganz entscheidend eine leistungsfähige Infrastruktur als Voraussetzung von individueller Mobilität und erfolgreicher
Wirtschafts- und damit Arbeitsmarktpolitik.
Dank und Anerkennung an unseren Bundesminister
Peter Ramsauer und alle anderen, die mit großem Einsatz 750 Millionen Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur erkämpft und bereitgestellt haben.
({2})
Diese Mittel sind eine ganz wichtige Verstärkung, um
unsere Verkehrswege zu erhalten und weiter auszubauen. Laufende Baumaßnahmen werden beschleunigt,
dringende neue Projekte werden begonnen, Instandhaltungsdefizite werden beseitigt, die im Übrigen bei den
Brückenbauwerken in Deutschland eine Hinterlassenschaft von elf Jahren SPD-Verkehrsministern sind.
({3})
- Sie wissen, Kollege Beckmeyer, dass ich in der Großen Koalition im Koalitionsgespräch bei Herrn
Tiefensee gesagt habe: Bei mir hört da der Spaß auf.
Wenn es um die Brückensicherheit geht, müssen wir das
Notwendige tun. Alles andere könnte irgendwann einmal
einen immensen Vertrauensschaden auslösen, den wir
nie wieder ausgleichen können. - Das ist nach meiner
Überzeugung historisch festzuhalten.
Neue Radwege werden gebaut, Schleusen und Brücken werden saniert. Insgesamt fließen 517 Millionen
Euro der Extramillionen in Straßen. Die Mittel für den
Lärmschutz an Schienenwegen werden nochmals angehoben, und zwar um 40 Millionen Euro. Dies ist ein
positives Signal für Anwohner von Bahnlinien. Die
Abschaffung des Bonus von 5 Dezibel bei den
Lärmwerten des Schienenverkehrs wird dieses noch einmal verstärken.
({4})
Das zeigt, dass diese Koalition das Problem der Lärmbelastung für unsere Bürger sehr ernst nimmt und auch
handelt in dem Sinne.
({5})
Im Übrigen will ich bei dieser Gelegenheit einmal darauf hinweisen, dass der Lkw- und Pkw-Verkehr in
Deutschland im Jahr 53 Milliarden Euro an Mineralölsteuer, darauf liegender Umsatzsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und Lkw-Maut zahlt.
({6})
53 Milliarden! Davon fließen nur etwas mehr als 10 Prozent in die Straße zurück. Es muss Schluss gemacht werden mit dem Ammenmärchen, die Autofahrer müssten
endlich einmal für die Straßen bezahlen.
({7})
Dies ist richtig dummes Zeug.
Die Zunahme des Güterverkehrs erfordert stetige Verbesserungen. Zum Beispiel werden wir im Bundeshaushalt 2013 erstmals Mittel für nichtbundeseigene Schienenwege bereitstellen, insoweit sie Teil des öffentlichen
Schienengüternetzes sind. Insgesamt geht es hier um
25 Millionen Euro als Einstieg in die Finanzierung. Wir
erwarten, dass die Länder ihre Mittel für die Kofinanzierung bereitstellen. Hier müssen die Länder konstruktiv
mitwirken.
Das Gleiche gilt - das ist heute schon angesprochen
worden - bei dem so wichtigen Thema der CO2-Gebäudesanierung. Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wird seit über einem Jahr von
den SPD- und grüngeführten Ländern im Bundesrat blockiert. Dabei wissen wir doch, dass in der energetischen
Gebäudesanierung mit über 40 Prozent die größten CO2Einspar- und Klimaschutzpotenziale vorhanden sind.
({8})
Wer dies als grüne Politikerin, Frau Kollegin Wagner,
nicht ernst nimmt, der muss seinen Wählern endlich einmal eingestehen, dass er es mit CO2-Minderung und Klimaschutz eigentlich gar nicht so ernst nimmt, sondern
das für ein Element politischer Taktiererei hält.
({9})
Dies ist der Lackmustest für Ihre Glaubwürdigkeit. Wir
werden es Ihnen in den nächsten Monaten bis zur Wahl
2013 und darüber hinaus nicht ersparen, Sie in dieser
Frage einem Glaubwürdigkeitstest zu unterwerfen.
({10})
Hinzu kommt, dass diese Maßnahme ein großes wirtschaftliches, finanzielles Potenzial beinhaltet. Denn jeder Euro an Förderung löst das Acht- bis Neunfache an
privaten Investitionen aus, mit allen positiven Folgen:
mehr Beschäftigung im Handwerk, steigende Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden und höhere
Sozialbeiträge.
Insbesondere Eigenheimbesitzer sollen durch die
steuerliche Förderung der Gebäudesanierung zu mehr
Investitionen angeregt werden. Viele Eigenheime in
Deutschland sind noch nicht energieeffizient ausgebaut.
Nur wenn wir so viele Wohnungs- und Hauseigentümer
wie möglich ins Boot holen, können wir die ehrgeizigen
Klimaschutzziele erreichen. Wirken Sie also schnellstens auf die von Ihnen geführten Bundesländer ein, um
diese Blockadehaltung endlich zu beenden. Dann hätten
Sie sich um der Sache willen ein großes Verdienst erworben.
Wer Nein zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung sagt, der sagt Nein zu Investitionen und Klimaschutz. Wer heute im Übrigen Nein
zum Haushalt sagt, der sagt Nein zu einer besseren Verkehrsinfrastruktur, der sagt Nein zu besserem Lärmschutz, der sagt Nein zu neuen Radwegen,
({11})
der sagt Nein zur Sanierung von Schleusen und Brücken,
der sagt Nein zur Verlagerung des Verkehrs auf die
Schiene usw.
({12})
Wer heute Nein sagt, sagt insgesamt Nein zu Haushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulsen.
({13})
Dabei ist genau dieses so wichtig, weil es Deutschland
hilft, in der schwierigen Lage Europas auch in der Zukunft der Fels in der Brandung zu bleiben.
({14})
Nun höre ich - der Minister hat es schon angesprochen -, dass der Kollege Bartol dem Kollegen Pronold
zwei Minuten Redezeit abgetreten hat. Damit soll wohl
der verzweifelte Versuch unternommen werden, für die
SPD hier noch etwas herauszureißen.
({15})
Ich will dem Kollegen Pronold den gutgemeinten Ratschlag aus der Bürgschaft von Schiller geben:
Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
({16})
Ich hoffe, dass ich für den nun folgenden Kurzbeitrag
des Kollegen Pronold nicht die Parlamentsärztin zu Hilfe
holen muss.
({0})
Jedenfalls erhält er jetzt als letzter Redner der Debatte
das Wort. Bitte schön.
({1})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wenn der Herr Minister und der Herr Kollege
Fischer sich so gründlich auf den Haushalt vorbereitet
hätten wie auf meine Person, dann wären hier andere Reden gehalten worden.
({0})
Das, was wir hier erlebt haben, sind Nebelkerzen, Nebelkerzen über die echte Bilanz der schwarz-gelben Verkehrs- und Baupolitik der letzten drei Jahre.
({1})
Die Wahrheit ist, dass es keinen Fortschritt gegeben hat.
Im Bereich des Verkehrs hat diese Regierung jedes Jahr
1,5 Milliarden Euro eingesammelt, die nicht in die Infrastruktur zurückgeflossen sind. Sie hat auf ganzer Linie
versagt. Das ist die Wahrheit, und darüber ist hier geschwiegen worden.
({2})
Der Herr Minister hat selber gesagt, dass die Sondermilliarde nur Luftschnappen ist und hinten und vorne
nicht ausreicht. Was macht er heute? Eine Voodooberechnung von irgendwelchen zusätzlichen 2,5 Milliarden
Euro, die sich im Haushalt zwar nirgends finden, die er
aber irgendwo entdeckt zu haben glaubt. Auf die Frage
des Kollegen Beckmeyer, warum die Investitionsquote
sinkt, stammelt er und hat keine Antwort.
({3})
Die Wahrheit ist, dass Sie versagt haben bei der strukturellen Verbesserung der Infrastruktur. Die Wahrheit ist,
dass weniger für Klimasanierung zur Verfügung steht als
unter jeder anderen Bundesregierung. Sie können sich
nicht mit dem Bundesrat herausreden.
({4})
Lieber Kollege Ramsauer, wenn man ein Fazit über
Ihre Arbeit von über drei Jahren zieht, dann lernt man so
wie ich, dass Sie nicht nur bei der Pkw-Maut versagt haben, sondern auch mit ihrem Bußgeldkatalog große Probleme haben. Das schaffen Sie vielleicht noch in dieser
Legislaturperiode. Bitte nehmen Sie einen Passus für Irrfahrten von Verkehrsministern auf, dann würden Sie allein mit diesem Bußgeld den Haushalt sanieren und
mehr Geld für die Infrastruktur zur Verfügung haben.
({5})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 12 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung in der Ausschussfassung. Hierzu liegen vier Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor,
über die wir zunächst abstimmen.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache
17/11557. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache
17/11558. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Auch für diesen Änderungsantrag
hat es keine Mehrheit gegeben.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache
17/11559. Wer stimmt dafür? - Wer ist dagegen? - Wer
enthält sich? - Dieser Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache
17/11560. Wer will diesem Änderungsantrag zustimmen? - Das wird wieder nicht reichen. Wer ist dagegen? Wer enthält sich? - Auch dieser Änderungsantrag hat
keine Mehrheit gefunden.
Wir kommen nun zum Einzelplan 12 in der Ausschussfassung. Wer stimmt diesem Einzelplan zu? - Wer
stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Einzelplan 12 mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt I.19 auf:
Einzelplan 32
Bundesschuld
- Drucksache 17/10821 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({0})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({1})
Eine Aussprache ist hierzu nicht vorgesehen.
Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über den
Einzelplan in der Ausschussfassung. Wer stimmt diesem
Einzelplan 32 zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Damit ist der Einzelplan 32 mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt I.20 auf:
Einzelplan 60
Allgemeine Finanzverwaltung
- Drucksache 17/10822 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({2})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({3})
Sven-Christian Kindler
Zum Einzelplan 60 liegen ein Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke sowie ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.
Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 60 in der Ausschussfassung.
Wir beginnen mit der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache
17/11561. Wer will diesem Änderungsantrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? ({4})
Wer enthält sich? - Auch wenn nicht alle abgestimmt haben,
({5})
ist jedenfalls erkennbar, dass der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden ist.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/11562. Wer stimmt diesem Änderungsantrag
zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 60 - Allgemeine Finanzverwaltung - in der Ausschussfassung. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Der Einzelplan 60 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition
angenommen.
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt I.21 auf:
Haushaltsgesetz 2013
- Drucksachen 17/10824, 17/10825 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({6})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({7})
Zu dem Haushaltsgesetz 2013 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke vor.
Präsident Dr. Norbert Lammert
Eine Aussprache in der zweiten Beratung ist nicht
vorgesehen.
Wir kommen jetzt in zweiter Lesung zur Abstimmung
über das Haushaltsgesetz 2013 in der Ausschussfassung.
Zunächst kommen wir zum Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/11563. Wer
stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2013 in der Ausschussfassung. Wer stimmt
dem zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Das Haushaltsgesetz 2013 ist in zweiter Beratung mit
den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Wir kommen nun zum Finanzplan des Bundes 2012
bis 2016 auf den Drucksachen 17/10201 und 17/10202.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf der Drucksache 17/10826, den Finanzplan zur
Kenntnis zu nehmen. Möchte jemand gegen diese Beschlussempfehlung stimmen oder sich der Stimme enthalten? - Dann hat der Deutsche Bundestag den Finanzplan einvernehmlich zur Kenntnis genommen.
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt IV auf:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2013 ({8})
- Drucksachen 17/10200, 17/10202, 17/10801,
17/10802, 17/10804 bis 17/10809, 17/10811 bis
17/10814, 17/10816, 17/10821, 17/10822, 17/10823,
17/10824, 17/10825 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({9})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({10})
Es wurden insgesamt 14 Entschließungsanträge eingebracht, über die wir nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. Über das Haushaltsgesetz werden wir
zum Schluss dieser Debatte namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. Gibt es hier
andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall, jedenfalls
werden sie nicht vorgetragen. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion.
({11})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir diskutieren jetzt abschließend einen
Haushalt, der ein Zeugnis des Versagens dieser Bundesregierung ist.
({0})
Wir haben in dieser Woche die Einzelpläne diskutiert.
Wir haben in dieser Woche von Peer Steinbrück gehört,
mit welcher Fülle diese Bundesregierung eigentlich gesegnet ist,
({1})
wie viele Steuermehreinnahmen es gibt, wie viel man an
Zinsgewinnen bei der Staatsschuld mitnimmt. Trotz dieser Steuermehreinnahmen und trotz dieser Geschenke,
die sich über den Finanzminister ergossen haben, wird
die Neuverschuldung, die im Haushalt 2012 bei
18,3 Milliarden Euro gelegen hat, im Haushalt 2013 bei
17,1 Milliarden Euro liegen.
Das heißt, trotz hervorragender wirtschaftlicher Lage,
trotz Steuermehreinnahmen und trotz Zinsgewinnen ist
es dieser Bundesregierung nicht gelungen, die Neuverschuldung zu senken. Es werden in diesem Jahr Schulden gemacht. Es werden im nächsten Jahr Schulden
gemacht. Das heißt, diese Bundesregierung, dieser
Finanzminister haben es nicht geschafft, die guten Zeiten zu nutzen, um für die schlechten Zeiten Vorsorge zu
treffen.
({2})
Man kann es ja aus den Reihen der Koalition hören:
Dass es überhaupt zu diesen Steuermehreinnahmen gekommen ist - das zu sagen, sei mir erlaubt -, ist nicht ein
Verdienst dieser Bundesregierung und ihrer Politik,
({3})
sondern das ist ein Verdienst der Reformen der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder.
({4})
Das sind die Reformen, die jetzt wirken. Diese Fakten
muss man mit einbeziehen, wenn man diesen Haushalt
betrachtet. Sie profitieren von dem, was Rot-Grün und
Gerhard Schröder gemacht haben. Sie selber haben
Mehreinnahmen, die Sie jedoch verspielen.
Betrachten wir einmal, womit Sie sich aufhalten: Das
ist zum Beispiel das heute auch schon von der Koalition
angesprochene Steuerabkommen mit der Schweiz - hierüber haben wir schon interessante Gespräche geführt -,
das der Bundesrat abschließend abgelehnt hat. Das ist
gut für den braven, ehrlichen Steuerzahler in diesem
Land, das ist gut für die ehrlichen Menschen;
({5})
denn Steuerhinterziehung lohnt sich nicht und Steuerhinterzieher werden nicht privilegiert werden, so wie Sie
das vorhatten.
({6})
Betrachten wir das Ganze einmal etwas genauer. Das
Problem kann man insbesondere an der Europakrise festmachen. Hierzu gibt es eine Zusammenfassung im Spiegel, die man sich einmal durchlesen sollte. Dort stehen
unter der Überschrift „Merkel und Schäuble in der EuroKrise - Die Schönredner“ die schönen Worte:
Beschönigen, Beruhigen, Beteuern - damit tun sich
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Euro-Krise hervor.
Doch ihre Versicherungen erweisen sich in der Regel bald als Fehlinformationen oder Fehleinschätzungen.
Dann wird seitenlang aufgezählt, was alles nicht funktioniert hat, was alles nicht geklappt hat. Schließlich heißt
es:
Das Fazit: Ob Merkel und Schäuble seit Anfang
2010 in Sachen Euro-Krise wiederholt die Unwahrheit gesagt haben oder ob sie es einfach nicht besser
wussten, bleibt dahingestellt. Ebenso die Frage,
was aus Sicht der Wähler hier eigentlich das Bedenklichere wäre: dass Politiker einer Partei, die
das „C“ im Namen führt, fortgesetzt lügen ({7}) - oder dass unsere besten Politiker in Sachen Euro so naiv sind, dass sie glaubten,
was sie sagten.
Urteil: Die Aussagen der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers in Sachen Euro-Krise sind über
die Jahre immer wieder völlig falsch. Note: eine
klare Sechs.
({8})
So der Spiegel. So nachzulesen auf insgesamt sechs Seiten das Versagen der Bundesregierung in Sachen
Europa.
Gleichzeitig wissen wir, dass es in Sachen Griechenland zur Belastung des Bundeshaushalts kommen wird.
Wir wissen auch, dass diese Belastung direkt vor der Tür
steht. Ab Montag wird darüber verhandelt. Wir alle wissen, dass es Nachtragshaushalte geben muss, dass das
uns allen entweder in diesem Haushalt oder im nächsten
Jahr deutlich zur Last fallen wird. So hat Peer Steinbrück
in seiner Rede darauf hingewiesen, dass in dem Haushalt, den wir jetzt für 2013 verabschieden wollen, die
Griechenland-Hilfen, über die jetzt beraten wird, nicht
enthalten sein werden. Das bedeutet, dass wir hier einen
Haushalt für das nächste Jahr beschließen und schon
jetzt wissen, dass es am Ende nicht so kommen wird,
wie wir es beschließen.
({9})
Darum hat Peer Steinbrück darum gebeten, dass wir
diesen Haushalt heute nicht so beschließen, sondern dass
wir ihn schieben, sodass wir die Möglichkeit haben, die
Risiken im Hinblick auf die möglichen Kosten im nächsten Jahr mit einzupreisen, damit der Haushalt nicht
schon gleich in der Sekunde, in der Sie ihn verabschiedet
haben werden, wieder Makulatur ist.
Wo wir alle das doch wissen, wäre es ein Akt der
Redlichkeit, die Blamagen, die wir uns im Rahmen der
Euro-Krise bereits erlaubt haben, nicht fortzusetzen. Das
geschähe aber, wenn wir jetzt einen Haushalt beschließen, von dem wir alle wissen, dass er in der Sekunde, in
der er beschlossen wird, schon Makulatur ist.
({10})
Deswegen sollte man die Bitte von Peer Steinbrück nicht
nur ernsthaft erwägen, sondern Sie sollten sich auch
selbst einmal ans Revers fassen und aus dem Sumpf ziehen, die Bitte der Opposition aufgreifen und mit uns gemeinsam darüber reden.
Schauen Sie sich einmal die Bilanz Ihres Handelns
an: Wir haben hier über EFSF und ESM verhandelt, wir
haben gehebelt, wir haben alle möglichen Dinge getan,
die sich nach Monaten als Fehlschläge herausgestellt haben. Das Einzige, das Sie, Herr Schäuble, und Ihre Regierung zurzeit rettet, ist die Europäische Zentralbank.
Dort wird zurzeit das Geld gedruckt, von dort wird auf
den Sekundärmärkten aufgekauft. Das hätten Sie übrigens schon am Anfang dieser Krise haben können, wenn
Sie nicht zweieinhalb Jahre lang von Gipfel zu Gipfel
gerannt wären, die Krise nicht immer schlimmer geworden wäre, Sie nicht Sachen zugesagt und versprochen
hätten, die drei oder vier Monate später nicht mehr wahr
sein sollten. Dann hätte man vielleicht das Vertrauen der
Märkte gewinnen können.
Man kann fragen: Was wäre die Alternative gewesen?
Wir haben über die Alternativen geredet. Ich sage es einmal so: Man kann über das, was die Europäische Zentralbank jetzt macht und was Sie begrüßt haben, und darüber, ob das später zu einer Inflation führt, denken, was
man will. Aber eines ist doch sicher: Hätte man dies am
Anfang der Krise gemacht, dann wäre die Krise nicht so
schlimm gekommen, wie sie gekommen ist.
({11})
Man muss am Anfang einer Krise energisch auftreten, so
wie wir es in der Großen Koalition gemeinsam geschafft
haben.
({12})
Damals haben wir am Anfang der Krise alle notwendigen Maßnahmen beschlossen und die Krise relativ
schnell in den Griff bekommen. Sie haben hier aber über
Jahre nur Gipfelhopping betrieben und keine Ergebnisse
vorgelegt. Die Krise wurde immer schlimmer. Die Menschen, die abhängig Beschäftigten, die Rentner, die Bürger in Griechenland, Spanien und Portugal müssen es
ausbaden. Wir Steuerzahler in Deutschland müssen es
ausbaden; wir müssen es in diesem Bundeshaushalt ausbaden. Wenn man am Anfang richtig gehandelt hätte,
dann hätte sich der Spiegel die sechs Seiten über das
Scheitern einer Bundesregierung sparen können.
Tun Sie uns, tun Sie sich, tun Sie diesem Land den
Gefallen: Halten Sie inne! Verschieben Sie die Verabschiedung dieses Haushalts! Machen Sie sich ehrlich!
Dann kommen wir gemeinsam klar. Wenn Sie einen vernünftigen Weg wählen, ist die Opposition bereit, Sie zu
unterstützen.
Vielen Dank.
({13})
Das Wort hat jetzt der Kollege Norbert Brackmann
von der CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wer seine Rede so aufbaut, dass er einerseits
frühe Entscheidungen fordert und andererseits appelliert,
die heute anstehende Verabschiedung des Haushalts zu
verschieben, der strahlt wirklich eine besondere Tatkraft
aus.
({0})
Darüber kann auch noch so große Kampfrhetorik nicht
hinwegtäuschen.
({1})
Sie müssen auch nicht ständig Ihren Kanzlerkandidaten zitieren. Die Zeitungen berichten: Erst hat die SPD
kein Glück, dann kommt auch noch Peer dazu.
({2})
Sie unterstützen das auch noch. Das ist doch jener Peer
Steinbrück, der hier mit einem Haushaltsentwurf geendet
ist, in dem er 86,1 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung vorsah. Heute sind wir bei 17,1 Milliarden Euro
Nettoneuverschuldung im Haushalt 2013
({3})
und haben damit die Nettoneuverschuldung so weit zurückgeführt, wie sie in Deutschland noch nie innerhalb
einer Legislaturperiode zurückgeführt worden ist.
({4})
Das ist aber nicht die einzige Einmaligkeit. In dieser
Legislaturperiode haben wir mit einem Haushaltsvolumen von 303,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 angefangen. Jetzt legen wir einen Haushalt mit einem Volumen
von 302 Milliarden Euro vor. Auch das hat es in der Geschichte Deutschlands noch nicht gegeben, dass das
Haushaltsvolumen am Ende einer Legislaturperiode geringer war als am Anfang.
({5})
Genauso wahr ist, dass wir drei Jahre früher, als es
unser Grundgesetz vorschreibt, die Schuldenbremse einhalten. Wir dürfen ab 2016 eine Nettoneuverschuldung
gemessen am BIP von maximal 0,35 Prozent erreichen.
Schon 2013 erreichen wir 0,34 Prozent. Auch dies zeigt
deutlich, dass wir uns auf einem Konsolidierungspfad
ohnegleichen befinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben
diese Woche immer wieder ähnliche Vorwürfe der Opposition zur Kenntnis genommen. Der eine Vorwurf ist,
dass im Bereich Arbeit und Soziales gespart werde.
Klar: Wir geben hier weniger aus; das ist so. Aber warum ist es so? Weil wir es geschafft haben, die Menschen
wieder in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, und weniger Arbeitslosigkeit finanzieren müssen.
({6})
2005 hatten wir 38,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, 2010 waren es 40,5 Millionen
und im September 2012 41,85 Millionen. Das ist der
höchste Stand in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland. Auch das ist ein Erfolg dieser christlichliberalen Koalition.
({7})
Sie werfen uns vor - auch der Kollege Kahrs eben
wieder -, wir hätten den höchsten Stand an Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik.
({8})
Ja, das ist richtig.
({9})
Die Frage ist: Was folgt daraus?
({10})
Sie sagen: „nichts daraus gemacht“. Was machen Sie
denn daraus?
({11})
Sie wollen trotz des höchsten Stands an Steuereinnahmen noch mehr Steuereinnahmen generieren ({12})
durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, durch eine
höhere Erbschaftsteuer und durch die Einführung einer
Vermögensteuer. Das würde eine weitere Belastung der
Wirtschaft nach sich ziehen.
({13})
Sie haben im Haushaltsausschuss des Bundestages
Mehrausgaben von 6,3 Milliarden Euro beantragt und
blähen damit den Ausgabensektor weiter auf.
({14})
Haushalt hat etwas mit Haushalten zu tun,
({15})
das heißt, man muss sich selbst beschränken. Diejenigen, die in Deutschland Steuern zahlen, haben einen Anspruch darauf, dass wir vernünftig haushalten und unsere
Ausgaben begrenzen.
({16})
Die Frage, was wir mit den Steuereinnahmen gemacht
haben, ist natürlich berechtigt.
({17})
Wir haben damit Maßnahmen für die Zukunftssicherung
Deutschlands angeschoben und weiter verstärkt.
({18})
Als ein Land, das nicht auf Rohstoffe bauen kann, muss
Deutschland weiter in Bildung und Forschung investieren. Der Etat für 2013 ist mit 13,7 Milliarden Euro der
Etat, der sich durch den höchsten Mitteleinsatz für Bildung und Forschung in der Geschichte der Bundesrepublik auszeichnet. Damit schaffen wir eine zukunftsfähige
Struktur.
({19})
Beim letzten Tagesordnungspunkt wurde es im Zusammenhang mit der Verkehrsinfrastruktur schon angesprochen: Wir geben 750 Millionen Euro mehr für die
Infrastruktur aus. Zudem zeichnet diese Koalition aus,
dass wir unsere Kommunen weiter stärken.
({20})
Noch nie hat eine Koalition so viel für die finanzielle
Ausstattung der Kommunen getan, wie wir das getan haben. Allein die Erhöhung des Bundesanteils an der
Grundsicherung auf 75 Prozent würde die Kommunen
enorm entlasten - wenn nicht Ihre Länder diejenigen wären, die sich mit ihren klebrigen Fingern einen Teil davon in die eigene Tasche stecken.
({21})
- Fragen Sie Ihren Kollegen Albig, der sich die Hälfte
der Mittel in die Tasche steckt und damit den Kommunen Geld wegnimmt.
({22})
Der Überschuss an Steuereinnahmen geht mit einer
wirtschaftlich günstigen Entwicklung einher. Die Kommunen haben in 2012 insgesamt - das heißt jetzt nicht,
dass es allen Kommunen gut geht - einen Überschuss von
2,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das BMF schätzt,
dass wir 2016 in der kommunalen Familie 5,3 Milliarden
Euro Überschuss haben werden.
({23})
Diese Erfolgszahlen muss man nicht verstecken, sondern
man muss sie den Menschen mitteilen. Was tun Sie? Sie
blockieren genau diese Weiterentwicklung hin zu einer
Verbesserung der Steuereinnahmen für die Länder und
Kommunen.
({24})
Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der
Schweiz wurde schon angesprochen. Das haben Sie soeben im Bundesrat mit Ihrer Mehrheit blockiert.
({25})
Sie, Herr Kahrs, begründen Ihre Ablehnung hier damit,
dass dadurch Steuerhinterziehung möglich gemacht
wird.
({26})
Sie machen mit Ihrer Blockade Steuerhinterziehung
möglich; denn die ersten Hinterziehungen verjähren aufgrund Ihrer Blockade, und es ist dadurch nicht mehr
möglich, die hinterzogenen Steuern für Deutschland einzutreiben.
({27})
Mit Ihrer Hilfe sichern sich ausgerechnet diejenigen,
die ihr Vermögen in die Schweiz schaffen können - und
das ist nicht die breite Masse der Bevölkerung -, ihre
Vorteile aus der Steuerhinterziehung. Sie verhindern mit
Ihrer Blockade, dass rund 10 Milliarden Euro in die
Haushalte der Länder und Kommunen fließen.
({28})
Sie verhindern damit, dass die finanzielle Situation der
Länder und Kommunen verbessert wird. Das ist für sich
genommen schon schlimm genug. Dann müssen wir uns
aber auch noch von Ihrem Kollegen Steinbrück anhören,
wir müssten Steuerschlupflöcher in Griechenland stopfen. Griechenland verhandelt aber gerade auf der Basis
des Abkommens, das wir mit der Schweiz verhandelt haben, ein solches Abkommen. Im nächsten Jahr werden
wir vor der Situation stehen, dass Griechenland dieses
Schlupfloch durch ein Steuerabkommen mit der Schweiz
geschlossen hat, während wir Deutsche hinterherhinken,
weil wir das nicht schaffen.
({29})
Dann tragen Sie die Verantwortung dafür, dass wir als
Deutsche nicht in der Lage sind, Steuern so einzutreiben,
wie Griechenland das kann.
({30})
Wer soziale Verantwortung spürt,
({31})
wer mit dem Herzen bei den real existierenden Menschen ist und in die Zukunft Deutschlands investieren
will, der muss diesem Haushalt 2013 zustimmen.
Vielen Dank.
({32})
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin
Dr. Gesine Lötzsch das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Zuschauertribünen! Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte einmal ein Vorbild:
die schwäbische Hausfrau. Die Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau durfte in keiner Rede fehlen.
({0})
Daran sollten sich die Menschen ein Beispiel nehmen.
Jetzt muss ich Ihnen aber sagen: Die schwäbische Hausfrau ist tot. Die Koalition hat sie auf dem Gewissen;
denn Sparsamkeit an der richtigen Stelle ist für diese
Bundesregierung ein Fremdwort. Das sollten sich alle
merken.
({1})
Wir haben gerade vor einer knappen halben Stunde
Herrn Ramsauer hier erlebt. Herr Ramsauer hat für seinen Wahlkampf in Bayern außer der Reihe, zwei Wochen vor Verabschiedung des Haushalts, 750 Millionen Euro bekommen.
({2})
Horst Seehofer hat sein unsinniges Betreuungsgeld
durch den Bundestag peitschen können, obwohl er gar
nicht mehr Mitglied des Bundestages ist. Diese Maßnahmen kosten alle Steuerzahler ab 2014 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Die Koalition hat sich also einen
Wahlkampfhaushalt gestrickt. Das hat mit seriöser Haushaltspolitik nichts zu tun. Ich nenne das illegale Parteienfinanzierung.
({3})
Wir als Linke haben viele Sparvorschläge unterbreitet. Besonders im Rüstungsbereich lassen sich Milliarden einsparen. Ich nenne hier nur einmal exemplarisch
die Auslandseinsätze der Bundeswehr.
({4})
Sie kosten schon jetzt 1 Milliarde Euro im Jahr. Diese
gefährlichen und kostspieligen Kriegseinsätze sind noch
gar nicht beendet, da will die Bundesregierung mit Patriot-Raketen in den Syrien-Konflikt eingreifen. Das ist
brandgefährlich. Das dürfen wir nicht zulassen.
({5})
Leider wurden alle unsere Vorschläge zur Reduzierung der Kriegskosten von der Koalition abgelehnt.
Wenn man darüber nachdenkt, merkt man, dass das eigentlich gar nicht so verwunderlich ist; denn wenn es
keine Kriege gäbe, dann würden ja auch die deutschen
Waffenexporte nicht so florieren. In diesem Sinne ist die
FDP-Außenpolitik eng mit der FDP-Wirtschaftspolitik
verbunden. Das ist wirklich Politik für Rüstungslobbyisten aus einem Guss. Wir fordern: Keine Rüstungsexporte
in Krisengebiete! Das muss sofort beendet werden.
({6})
Meine Damen und Herren, wenn es um Sparen geht,
dann muss man auch sagen: Die Bundesregierung ist
nicht bereit, ungerechtfertigte Subventionen für Unternehmen abzubauen. Dem Bundeshaushalt gehen durch
die Energiesteuersubvention für die Industrie 3,3 Milliarden Euro pro Jahr verloren. Nun werden viele sagen:
Ja, wir wollen, dass Industriearbeitsplätze erhalten bleiben. Richtig. Aber was wird da alles subventioniert?
Selbst Golfplätze erhalten jetzt Energiesubventionen.
({7})
In Deutschland wird immer mehr Menschen der Strom
abgeschaltet, weil sie ihre Stromrechnung nicht bezahlen
können. Und was machen Sie? Sie übernehmen die
Stromrechnungen für Ihre Golfplätze. Besser kann man
die Spaltung dieser Gesellschaft nicht beschreiben. Das
ist ein Verdienst dieser Koalition. Die Gewinne der
Stromkonzerne und der Golfklubs müssen nicht in den
Himmel wachsen, aber die Strompreise - das ist unsere
Forderung - müssen endlich wieder staatlich kontrolliert
werden. Wir brauchen dringend eine Strompreisbremse.
({8})
Wir haben es die ganze Woche gesehen: Die Koalition hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Selbst die
Deutsche Bank geht in ihrem aktuellen Konjunkturbericht von einem Stillstand der Wirtschaft im Winterhalbjahr aus. Wir fordern, dass im Haushalt Vorsorge zu treffen ist. Eine vorausschauende Politik muss zumindest
den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit wieder
einführen, damit ausreichend Geld da ist, um in einer
Krise Kurzarbeitergeld zu zahlen. Wir haben eine Verantwortung für die arbeitenden Menschen in diesem
Land. Die müssen Sie von der Koalition auch wahrnehmen.
({9})
Eine vorausschauende Politik muss ein finanzielles Polster anlegen. Wir fordern eine Vermögensteuer in Form
einer Millionärsteuer, eine Finanztransaktionsteuer und
einen höheren Spitzensteuersatz auf sehr hohe Einkommen.
Wir als Linke haben zahlreiche Änderungsanträge
eingebracht, die alle ein Ziel verfolgen: Wir wollen einen Rettungsschirm für Arbeitnehmer, Familien, Rentner und Arbeitslose aufspannen. Mit unseren Steuervorschlägen könnten wir 61 Milliarden Euro pro Jahr mehr
einnehmen. Dieses Geld brauchen wir dringend, um auf
die kommende Krise vorbereitet zu sein.
({10})
An einer Stelle allerdings will ich diese Koalition
auch einmal loben. Die Abschaffung der Praxisgebühr
war richtig.
({11})
Wir sehen das auch als Erfolg der Linken an. Wir hatten
schon bei der Einführung der Praxisgebühr durch SPD,
CDU/CSU und Grüne gewarnt. Allerdings - das muss
ich Ihnen auch sagen - können wir es uns in unserer
schnelllebigen Zeit wirklich nicht leisten, dass offensichtliche Fehler erst nach neun Jahren korrigiert werden, und die Bundesregierung macht genügend Fehler,
die schnellstens korrigiert gehören.
({12})
Ich möchte unsere Kritik an dem Haushalt 2013 noch
einmal in drei Punkten zusammenfassen: Erstens. Dieser
Haushalt ist kein Schutzschirm für die Menschen in unserem Land. Die Regierung lässt die Bürger im Regen
stehen.
Zweitens. Die Bundesregierung unternimmt nichts,
aber auch gar nichts, um die soziale Spaltung in unserem
Land zu überwinden. Im Gegenteil: Sie verschärft die
Spaltung und gefährdet damit den Zusammenhalt der
Gesellschaft.
Drittens. Die Bundesregierung verschwendet Steuermittel für den Wahlkampf. Uns wurde ein Wahlkampfhaushalt vorgelegt und keiner, der sich auf die nächste
Krise einstellt.
Meine Damen und Herren, dieser kritische Nachruf
auf die schwäbische Hausfrau zeigt, dass sie gar nicht so
sparsam war wie von der Kanzlerin immer behauptet.
Wenn es um Kürzungen im Sozialbereich ging, war die
Sparsamkeit legendär. Wenn es aber um Rüstungsaufträge oder Wahlgeschenke für Unternehmen ging, neigte
die schwäbische Hausfrau zur Verschwendung.
Aber dieser Nachruf gilt nicht nur der schwäbischen
Hausfrau. Es ist auch ein Nachruf auf diese Bundesregierung. Wir haben in unendlich langen Sitzungen im
Haushaltsausschuss und in anderen Ausschüssen über
den Haushalt 2013 immer wieder diskutiert. Aber schon
jetzt ist klar, dass es vergeudete Lebenszeit war; denn
wenn der Schuldenschnitt für Griechenland kommt
- und wir alle gehen davon aus, dass er kommt -, dann
ist dieser Haushalt nur noch Makulatur. Die Koalition
hat sich bei den Haushaltsberatungen wie ein kleines
Kind die Hände vor die Augen gehalten und die EuroKrise einfach ausgeblendet. Wir alle wissen: Wir werden
wahrscheinlich bereits am Anfang des nächsten Jahres
hier über einen Nachtragshaushalt diskutieren. Dieses
Ignorieren, dieses Augenzuhalten wird sich in den
nächsten Monaten bitter rächen. Aber leider hat die Bundesregierung die Gewohnheit, die Bürgerinnen und Bürger zahlen zu lassen, anstatt selber zu zahlen.
Die Linke wird diesen Haushalt ablehnen. Da wir sowieso bald über einen Nachtragshaushalt beraten müssen, haben Sie alle Chancen, unsere Vorschläge und Anregungen im Sinne der Menschen für dieses Land
aufzunehmen.
Vielen Dank.
({13})
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. h. c. Jürgen
Koppelin von der FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lassen Sie mich zu Beginn Dank sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Haushaltsausschusses.
({0})
Wenn Sie erlauben, möchte ich auch Dank sagen an die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Abgeordnetenbüros für die sehr gute Zuarbeit. Es ist auch für diese
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Tagen nicht
leicht gewesen.
({1})
Die Koalition ist mit dem Bundeshaushalt 2013 dem
Ziel, ohne Neuverschuldung auszukommen, ein Stück
nähergekommen.
({2})
Wir könnten sogar einen Überschuss von etwa 2,1 Milliarden Euro verzeichnen,
({3})
wären da nicht die Ausgaben für den Europäischen Stabilitätsmechanismus von etwa 8,7 Milliarden Euro und
die zusätzlichen Zugeständnisse an die Bundesländer im
Umfang von 10,5 Milliarden Euro.
Carsten Schneider macht schon jetzt laufend Zurufe;
deshalb komme ich direkt auf ihn zu sprechen.
({4})
Zu Beginn der Haushaltsdebatte sprach der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Carsten Schneider, von
- ich zitiere - „Chaos, Verantwortungslosigkeit, Blindheit für die großen Aufgaben“.
({5})
Als er das sagte, habe ich gedacht: Jetzt spricht er vom
Flughafen Berlin-Brandenburg.
({6})
Weit gefehlt: Keiner der Redner der Sozialdemokraten
ist auf das Versagen der Herren Wowereit und Platzeck
eingegangen. Auch das schlägt im Bundeshaushalt mit
dreistelligen Millionenbeträgen zu Buche; auch das
muss der deutsche Steuerzahler bezahlen.
({7})
- Herr Trittin, Sie sind doch gar nicht dran. Melden Sie
sich doch einfach! Sonst ist das nicht so gut für Sie und
Ihren Blutdruck.
({8})
Dann sprach die Opposition, zuletzt die Kollegin
Lötzsch, auch noch von einem „Wahlkampfhaushalt“.
({9})
Ach, wenn doch Wahlkampfhaushalte immer so aussehen würden!
Die Koalition hat in den Haushaltsberatungen die
Nettokreditaufnahme noch einmal erheblich gesenkt.
Darauf sind wir stolz.
({10})
Bereits drei Jahre früher als vorgesehen, kann jetzt im
Sinne der Schuldenbremse ein ausgeglichener Haushalt
erreicht werden. Darauf sind wir stolz.
Die Ausgaben im Jahre 2013 liegen unter denen der
vorherigen Haushalte. Die Koalition hat Ausgabendisziplin gewahrt.
({11})
Darauf sind wir stolz.
Der Personalbestand des Bundes ist weiter reduziert
worden, im Vergleich zu 2010 um 11 340 Stellen.
({12})
Darauf sind wir stolz.
Trotz der Ausgabensenkungen im Bundeshaushalt
2013 steigen die Investitionen des Bundes um 470 Millionen Euro. Das sichert Arbeitsplätze. Darauf sind wir
stolz.
({13})
Dem gegenüber stehen die von den Sozialdemokraten
geforderten 7 Milliarden Euro Mehrausgaben, die durch
Steuererhöhungen bezahlt werden sollen. Eine Reichensteuer muss her, damit der Wunschzettel der SPD erfüllt
werden kann.
({14})
Selbst Peer Steinbrück spricht plötzlich davon, dass der
Spitzensteuersatz erhöht werden müsse. Vielleicht sollten die Sozialdemokraten - allerdings auch Peer
Steinbrück - einmal nachlesen, was Steinbrück als Finanzminister hier wörtlich im Bundestag gesagt hat:
25 Prozent der Steuerzahler, also diejenigen mit einem Einkommen im oberen Bereich, zahlen über
80 Prozent der Steuern in Deutschland.
({15})
Irgendwann
- so Steinbrück damals als Finanzminister muss es Ihnen doch einmal auffallen, dass es diese
Statistik gibt.
Das sollte man sich doch merken bei den Sozialdemokraten. Herr Steinbrück hat allerdings auch das vergessen. Er hat vieles an der Garderobe abgegeben, was er
vielleicht hätte in Erinnerung haben müssen.
({16})
Herr Kollege Koppelin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hoppe von den Grünen zulassen?
Selbstverständlich, das verlängert ja meine Redezeit.
Und Frau Künast kann sich dann wieder beruhigen.
({0})
Bitte schön, Herr Hoppe.
Herr Kollege Koppelin, Sie zählen gerade auf, auf
was alles Sie stolz sind. Ich möchte fragen, ob Sie auch
stolz darauf sind, dass erstmals der Entwicklungsetat auf
Ihr Betreiben hin gekürzt wurde.
({0})
Wie gehen Sie mit der Kritik Ihres Parteifreundes, des
Entwicklungsministers Niebel, um, der sehr verärgert
darauf reagiert hat und gesagt hat, damit verabschiede
sich das Parlament vom 0,7-Prozent-Ziel?
Diese Debatte, Herr Kollege, haben wir in dieser Woche schon geführt; aber ich will trotzdem darauf antworten. Ich kenne den einen oder anderen Minister, der
leicht verärgert ist, weil wir seinen Etat etwas verändert
haben. Das ist bei den Haushaltsberatungen nun einmal
so. Ich wiederhole mich, ich weiß nicht, zum wievielten
Mal: Die Grünen haben diesem Antrag, den die Koalition damals im Haushaltsausschuss gestellt hat, mit den
entsprechenden Kürzungen zugestimmt.
({0})
Deshalb weise ich diese Aufregung zurück.
Herr Steinbrück beklagte in dieser Woche, wir hätten
zu wenig Gesetzesinitiativen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung gehabt. Dazu sage ich Ihnen:
Nicht laufend neue Gesetze helfen bei der Förderung
von Wachstum und Beschäftigung; Gesetze haben wir
nämlich genug. Er hat - als Bundesfinanzminister übrigens - vergessen, dass der Bundeshaushalt auch ein Gesetz ist. Hier machen wir etwas für Wachstum und Beschäftigung. Das sieht man auch bei diesem Haushalt
2013, den wir beschließen wollen.
Weiter kritisieren Herr Steinbrück und auch die SPD,
dass wir 1 Milliarde Euro von der KfW in den Bundeshaushalt fließen lassen.
({1})
- Hört doch einfach einmal zu! Ich weiß gar nicht, warum ihr euch so aufregt.
({2})
Steinbrück sagte wörtlich, das sei „eine Neuauflage der
Panzerknackerbande“.
({3})
Das Protokoll verzeichnete „Heiterkeit bei der SPD“.
Erstens ahne ich, warum die SPD gelacht hat; das sage
ich Ihnen aber später. Er sprach von einer „Neuauflage“.
Er ist nämlich Ehrenmitglied in der Panzerknackerbande, weil er früher als Bundesfinanzminister von den
ERP-Mitteln schon einmal 2 Milliarden Euro weggenommen hat, um sie in den Bundeshaushalt fließen zu
lassen. Sie haben gelacht, weil wir nur so wenig weggenommen haben. Sie hätten nämlich viel mehr weggenommen. Da haben Sie über uns gelacht.
({4})
Das müssen Sie doch nach den Auftritten Ihres Kanzlerkandidaten hier zugeben. Diese Auftritte und überhaupt der Start Ihres Kanzlerkandidaten waren mehr als
rumpelig.
({5})
- Ja, natürlich; wir müssen uns aber doch mit Ihrem
Kanzlerkandidaten auseinandersetzen, lieber Herr Kollege, und der Start war mehr als rumpelig.
({6})
Ich zitiere nur, was Frau Nahles gesagt hat: Steinbrücks
Start war rumpelig. - Diese Aussage ist nicht von mir.
Damit müssen Sie sich beschäftigen.
({7})
Diesen Kanzlerkandidaten also lassen Sie hier reden.
Dabei hat er seinen Blödsinnsvergleich - sage ich einmal
ganz offen - mit der Frittenbude gebracht; den möchte
ich gar nicht wiederholen. Soll ich Ihnen was sagen?
Jede Frittenbude hat ein besseres Personalmanagement
als die SPD und Herr Steinbrück in diesen Tagen. Das
kann man auch lesen.
({8})
Natürlich wissen wir, dass der Bundeshaushalt nicht
unabhängig von äußeren Einflüssen ist. Die Stichworte
sind Griechenland, Portugal und Spanien.
({9})
- Herr Präsident, darf ich einmal fragen, ob nicht ein
bisschen Ruhe bei der SPD eintreten kann?
({10})
Herr Kahrs, Sie hatten ja bereits Gelegenheit, hier zu
sprechen. Wenn Sie wünschen, weitere Äußerungen zu
machen, dann können Sie sich zu einer Kurzintervention
melden.
({0})
Das weiß ich.
Jetzt hat der Kollege Koppelin das Wort.
Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. - In dieser
Woche ist zu Recht darauf hingewiesen worden, wie
wichtig auch für uns die Haushalts- und WirtschaftsdaDr. h. c. Jürgen Koppelin
ten unseres französischen Partners sind. Deutschland
und Frankreich müssen enge Partner sein, damit Europa
stabil bleibt. Es überrascht schon, dass die SPD bei diesen Haushaltsdebatten Frankreich und den sozialistischen Präsidenten überhaupt nicht mehr erwähnt.
({0})
Noch Ende Mai hieß es in einer Presseerklärung aus der
SPD-Bundestagsfraktion: „Europa braucht mehr
Hollande und weniger Merkel“.
Die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich liegt bei
23 Prozent, die Haushalts- und Wirtschaftsdaten sind katastrophal. Nach sechs Monaten Amtszeit des Sozialisten Hollande befindet sich Frankreich im Abwärtsstrudel. Darüber können wir uns als Deutsche nicht freuen;
ich stelle das einfach nur fest. Ich will nicht mehr
Hollande, ich will mehr Merkel. Das ist das Entscheidende.
({1})
Wir können auf unsere Politik stolz sein.
({2})
Mit dieser Koalition ist die Jugendarbeitslosigkeit zurückgegangen. Mit dieser Koalition sind die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen, und wir haben erfreulicherweise immer noch eine sehr gute Konjunktur.
({3})
Das alles kann sich sehen lassen. Die Sozialdemokraten
haben uns dabei nicht geholfen, die Grünen, die jetzt
noch einmal 8 Milliarden Euro Mehrausgaben fordern,
übrigens auch nicht. Wenn wir die auf Ihrem Bundesparteitag beschlossene Hartz-IV-Erhöhung von 50 Euro umsetzen würden, würde das den Haushalt mit 7,4 Milliarden Euro mehr belasten. Woher wollen Sie das Geld
denn nehmen?
({4})
Das können Sie doch nur durch Steuererhöhungen schaffen. All das, was Sie hier fordern, ist doch unrealistisch.
Grüne Parteitage - Herr Trittin winkt ab - sind sowieso etwas Besonderes. Ich erinnere mich: Sie haben
einmal in Kiel, also in meinem Heimatland SchleswigHolstein, einen Bundesparteitag abgehalten. Kleine
Rückblende: Da forderte der Parteivorsitzende Özdemir,
dass Schuldenländer wie Griechenland nicht fallengelassen werden dürfen; darüber können wir uns unterhalten.
Dann sprach der Festredner, der ehemalige griechische
Ministerpräsident Papandreou, der wie die Grünen eine
Vergemeinschaftung der Schulden durch Euro-Bonds
forderte. Da kann ich nur sagen: Gut, dass Rot und Grün
jetzt nicht regieren. - Papandreou reist übrigens inzwischen laut Medienberichten auf Luxustouren um die
Welt. Das ist das Vorbild der Grünen. Das kann ich gut
verstehen.
Wenn ich einmal die Reden der Sozialdemokraten Revue passieren lasse, merke ich, dass es einen roten Faden
gab: das ständige Zitieren aus der Frankfurter Rundschau. Ich würde einmal sagen: Diese kostenlosen Werbeeinblendungen für die Frankfurter Rundschau werden
dieser SPD-nahen Zeitung, die Insolvenz angemeldet
hat, nicht helfen.
Zum Schluss noch eine Meldung, die ich Ihnen nicht
ersparen kann. Die SPD besitzt eine Reisefirma namens
Ambiente. Diese betreibt ein Kreuzfahrtschiff.
({5})
- Ja.
({6})
- Wir reden über Einnahmen. Den Zusammenhang werden Sie gleich sehen.
({7})
- Er kann wirklich nicht ruhig zuhören, Herr Präsident.
({8})
Die SPD betreibt also ein Kreuzfahrtschiff. Es musste
in Griechenland aufgrund von Schulden der Reederei
zwangsweise vor Anker gehen. Die Passagiere wurden
nach Deutschland ausgeflogen. Die Schatzmeisterin der
SPD, unsere Kollegin Hendricks, erklärte dazu: Wir sind
interessiert, die Schiffsreisen fortzusetzen; denn mit diesem touristischen Angebot will die SPD neue Einnahmequellen erschließen. Prominente Mitreisende sollen den
Verkauf fördern. - Das wäre doch etwas für Peer
Steinbrück als Prominenter. Er könnte dort als Redner
auftreten.
({9})
Denn ich befürchte, mit der Kanzlerschaft wird es nichts
für Steinbrück. Wie soll ich es anders formulieren? Er
muss, wenn es so weitergeht, aufpassen, dass er überhaupt euer Kanzlerkandidat bleibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt
2013 zeichnet sich durch solide Staatsfinanzen aus.
({10})
Er zeichnet sich dadurch aus, dass die schwarz-gelbe
Koalition dafür gesorgt hat, dass Deutschland auch 2013
finanz- und haushaltspolitisch Stabilitätsanker ist. Die
FDP wird diesem Haushalt zustimmen. Die Opposition
sollte wegen Alternativlosigkeit ebenfalls zustimmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({11})
Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der
Kollege Dr. Tobias Lindner.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während wir heute diesen Haushaltsentwurf abschließend beraten, ist Angela Merkel in Brüssel wohl
gerade dabei, die Scherben der vergangenen Nacht zusammenzukehren. Die Bundeskanzlerin tritt ja in Europa
als diejenige auf, die den nächsten EU-Haushalt, die
nächsten Haushalte gern kürzen würde. Genauso wenig
wie man zur politischen Mitte in diesem Land gehört,
nur weil man zwischen Rainer Brüderle und Horst
Seehofer sitzt, genauso wenig ist man eine engagierte
Europäerin, nur weil man weniger Kürzungen möchte
als David Cameron, meine Damen und Herren.
({0})
Wir beraten heute einen Etatentwurf - der Kollege
Johannes Kahrs hat es schon erwähnt -, der in wenigen
Tagen bereits überholt sein könnte. Sagen Sie den Menschen in diesem Land endlich die Wahrheit: Die Rettung
Griechenlands, der Verbleib Griechenlands in der EuroZone wird den deutschen Steuerzahler Geld kosten, auch
im Bundeshaushalt. Sprechen Sie diese Wahrheit endlich
aus!
Ich bin froh, dass man sich jetzt politisch dazu entschieden hat - zumindest nehme ich die Äußerungen von
Horst Seehofer und Angela Merkel so wahr -, dass Griechenland in der Euro-Zone verbleiben soll. Aber es ist
schon sinnbildlich für Ihre Koalition, dass man auch andere Töne hört. Es ist schon sinnbildlich, wenn der Vizekanzler im Sommer Sätze sagt wie: Ein Austritt Griechenlands hat den Schrecken verloren. - Was für ein
Schrecken, meine Damen und Herren, ist das für die
Menschen in Griechenland, die unter harten Sparbemühungen leiden müssen? Was für ein Bild von Deutschland zeichnet das?
Ich präsentiere Ihnen noch etwas. Die dpa meldete um
10.16 Uhr heute Morgen: „Söder schließt Euro-Aus für
Griechenland weiter nicht aus.“ Zitat:
Der Austritt des Landes aus dem Euro müsse eine
Option bleiben, forderte Bayerns Finanzminister
Markus Söder …
({1})
Ich bin gespannt, ob Herr Söder das auch mit bayerischen Unternehmen wie BMW, Audi oder Siemens besprochen hat. Mich würde interessieren, was die ihm
dazu gesagt hätten.
({2})
Nein, meine Damen und Herren, diese Bundesregierung und ihr Schlingerkurs sind alles andere als ein Vorbild in Europa. Ihre Haushaltspolitik und das, was Sie in
Brüssel erzählen, ist alles andere als konsistent. Sie tragen die Haushaltskonsolidierung auf der europäischen
Ebene ja gern wie eine Monstranz vor sich her
({3})
und nennen Deutschland als Vorbild. Sie tun aber das
Gegenteil. Schwarz-Gelb konsolidiert diesen Bundeshaushalt nicht.
({4})
Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen. Über den
Regierungsentwurf hat meine Kollegin Priska Hinz bereits in der ersten Lesung, in der allgemeinen Finanzdebatte, einiges gesagt, beispielsweise dass es im nächsten
Jahr konjunkturelle Verbesserungen geben wird - durch
Steuermehreinnahmen, durch geringere Zinskosten,
durch geringere Zuschüsse an die Sozialkassen -, und
zwar in Höhe von etwa 16 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme sinkt aber - ich beziehe mich jetzt auf
den Regierungsentwurf - um nur 13,3 Milliarden Euro.
Mit anderen Worten: Schon im Entwurf hätte die Nettokreditaufnahme um 2,7 Milliarden Euro niedriger sein
können, wenn Sie es mit der Konsolidierung ernst meinen würden.
In Bereinigungssitzungen passieren ja manchmal
ganz seltsame Dinge. Da haben Sie unter anderem Steuermehreinnahmen eingestellt, Privatisierungserlöse im
Jahr 2013 verbucht, Zinsausgaben gesenkt usw. usf.
Wenn man das alles zusammenzählt, dann hätte die Neuverschuldung um weit mehr - um 1 Milliarde Euro mehr als um die 1,7 Milliarden Euro, um die Sie in der Bereinigungssitzung bei der Neuverschuldung heruntergegangen sind, sinken können. Nein, das ist alles andere als
das Zeichen für eine Haushaltspolitik, bei der man wirklich Prioritäten setzt und überflüssige Ausgaben kürzt.
({5})
Nicht zuletzt: Sie plündern nicht nur die Sozialkassen,
sondern Sie bedienen sich jetzt auch noch am Gewinn
der KfW, am Gewinn einer Förderbank. Gerade eine
Förderbank, die in schwierigen Zeiten Investitionskapital bereitstellen soll, gerade eine Förderbank, die auch
einmal höhere Risiken eingehen können muss, braucht
Rücklagen. Die Gewinnentnahme, die Sie planen, wird
dazu führen, dass es entweder weniger Investitionen geben wird oder die KfW ein hohes Risiko eingehen muss.
Beides lehnen wir ab.
({6})
In diesen Tagen ist viel über Energie- und Klimapolitik geredet worden. Sie haben immer noch diesen Schattenhaushalt EKF. Stellen Sie die Energiewende endlich
auf sichere, kalkulierbare und finanziell tragfähige Füße!
Geben Sie Deutschland, geben Sie den Menschen, die an
der Energiewende mitarbeiten wollen, endlich Planungssicherheit! Beenden Sie den Eiertanz beim EEG, den Sie
in den letzten Monaten aufgeführt haben!
Wir Grüne haben uns in diesen Haushaltsberatungen
einiges anhören müssen. Wann immer Einzelpläne beraten wurden, bei denen wir mehr Geld ausgeben würden,
haben Sie uns im Plenum entgegengehalten: Wie wollt
ihr das denn gegenfinanzieren, wo konsolidiert ihr dann?
- Das will ich Ihnen sagen - addieren wir die EinzelDr. Tobias Lindner
pläne einmal zusammen -: Wir Grünen würden zum
Beispiel Ausnahmen bei der Ökosteuer abschaffen - das
bringt 1 Milliarde Euro -, wir würden im Etat des Wirtschaftsministeriums Subventionen streichen - 200 Millionen Euro -, wir würden die Verteidigungsausgaben
um 2 Milliarden Euro senken. Dafür würden wir neue
Schwerpunkte setzen, beispielsweise in der Entwicklungszusammenarbeit, beispielsweise bei Bildung und
Forschung. Meine Damen und Herren von der Koalition,
wenn Sie in den Haushaltsberatungen unseren Anträgen
gefolgt wären, dann wäre die Nettokreditaufnahme alles
in allem um 4,6 Milliarden Euro niedriger als nach Ihrem Haushaltsentwurf.
({7})
Ich komme zum Schluss. Am Mittwoch hat die Bundeskanzlerin diese Regierung als die „erfolgreichste
Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“ bezeichnet.
({8})
Ich weiß nicht, ob sie zuvor mit Helmut Kohl darüber
gesprochen hat und wie Helmut Kohl darüber denken
mag; aber eines haben Angela Merkel und Helmut Kohl
gemeinsam: Sie sitzen die Dinge gerne aus. Während
das bei Herrn Kohl vielleicht politische Strategie war
und man sich daran abarbeiten konnte, ist das bei der Regierung Merkel ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Diese
Regierung regiert nicht. Sie ertragen die meisten Dinge
passiv. Ihr Problem, Herr Koppelin, ist gerade, dass Sie
auf diesen Entwurf stolz sind. Dabei ist dieser Entwurf
unambitioniert, ebenso wie Ihre Politik. Statt Orientierung bildet Konzeptlosigkeit Ihre programmatische
Grundlage. Dieser Haushalt ist leider ein papiergewordenes Zeugnis Ihrer politischen Ermüdung.
Wir haben mit unseren Anträgen gezeigt: Eine niedrigere Neuverschuldung ist möglich. Eine bessere Politik
ist möglich. Eine bessere Politik ist grün.
Ich danke Ihnen.
({9})
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Hans Michelbach
von der CDU/CSU.
({0})
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltsberatungen dieser Woche waren für unsere Koalition ein voller Erfolg.
({0})
Die Forderung von Herrn Steinbrück, die Verabschiedung des Haushalts zu verschieben, hat sich als Windei
erwiesen, nach dem Fehlstart sozusagen ein fehlerhafter
Neustart.
Für die Menschen in unserem Land ist die Verabschiedung des Haushalts eine sehr gute Nachricht. Mit
ihm setzen wir die wirtschafts-, arbeitsmarkt- und finanzpolitischen Erfolge unseres Landes in dieser Legislaturperiode fort. Kein Land hat die Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre so gut gemeistert wie
Deutschland.
({1})
Dieser Haushalt ist ein weiterer Meilenstein für eine erfolgreiche Zukunft.
Wir erleben in diesen Tagen deutlich, dass es sehr
wohl einen Unterschied macht, wer ein Land regiert.
Spätestens mit der europäischen Staatsschuldenkrise
muss man erkennen, dass der Weg einer Schuldenpolitik,
einer Politik auf Pump, wie sie in den rot-grün regierten
Bundesländern nach wie vor geradezu hemmungslos betrieben wird - ich denke an Nordrhein-Westfalen, aber
auch an Baden-Württemberg -, volkswirtschaftlich völlig falsch ist. Freiräume, Konsolidierung und geordnete
Finanzen: Damit haben wir letzten Endes den Schlüssel
für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land bzw.
unserer Volkswirtschaft in der Hand.
Ich möchte einen Unterschied zwischen den Bundesländern, in denen Rot-Grün oder Grün-Rot regiert, und
Bayern deutlich machen. Es ist eine Tatsache: Wir haben
im achten Jahr hintereinander keine Nettoneuverschuldung.
({2})
2030 werden wir keine Schulden mehr vorweisen können. Das ist ein Erfolg! Das ist eine Politik für die Zukunft!
({3})
Das ist eine Politik für die junge Generation!
({4})
Rot-Grün hat Deutschland mit Verstößen gegen den
Stabilitätspakt zuerst zum Schuldensünder in Europa gemacht.
({5})
Wir haben die Trendwende geschafft. Deutschland ist
vom Defizitsünder zum Stabilitätsanker und zur Wachstumslokomotive in Europa geworden.
({6})
Das kann uns niemand absprechen.
({7})
Das sind die Tatsachen, die wir heute bilanzieren können.
({8})
Wir eröffnen den zukünftigen Generationen mit diesem Haushalt neue Chancen. Wir haben die Staatsquote
auf beachtliche 45 Prozent gesenkt. Das ist ein wirklicher Erfolg: die Staatsquote gesenkt, die freien Kräfte,
insbesondere der Menschen und der Wirtschaft, gestärkt.
Das ist der Erfolg, den wir brauchten, damit wir weiter
vorankommen.
({9})
Wir stehen also für eine wachstumsfreundliche Konsolidierung und erfüllen die im Grundgesetz verankerte
Schuldenbremse schon drei Jahre früher als vorgeschrieben. Das ist gelebte Generationengerechtigkeit. Geordnete Finanzen sind eben der Schlüssel zu Wachstum und
Wohlstand.
({10})
Dagegen fällt Rot-Grün zum Abbau der Staatsschulden
leider immer wieder nur ein Wort ein: Steuererhöhungen, Steuererhöhungen, Steuererhöhungen!
({11})
Das ist Ihr Credo für die Menschen: die Menschen mehr
belasten, ihnen mehr Geld abnehmen, die Betriebe durch
eine Substanzbesteuerung belasten. Das ist die Wahrheit
und der Unterschied zu unserer Politik.
({12})
Sie verstehen einfach nicht, dass Einkommensteuererhöhungen das Realeinkommen unserer Bürger verringern, wodurch die wichtige Binnenkonjunktur geschmälert wird, dass diese Steuererhöhungen über höhere
Lohnstückkosten schädlich für die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen sind und dass eine Erhöhung der Steuern auf die Betriebssubstanz, dass eine Erhöhung der
Erbschaftsteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer investitionsfeindlich, wirtschaftsfeindlich und
arbeitsplatzfeindlich sind und den Staat letzten Endes
auch weniger Steuern einnehmen lassen. Das ist der Unterschied!
Das alles sind für die Opposition anscheinend sehr
komplizierte makro- und mikroökomische Zusammenhänge, die Sie nicht verstehen wollen und ausblenden.
({13})
Ihre Ideologie lässt das nicht zu. Ich frage Sie nur: Warum hat es in der Großen Koalition denn gemeinsame
Steuerentlastungen für eine stärkere Wirtschaft und mehr
Investitionen gegeben?
All das wollen Sie heute nicht mehr wissen. Damals
haben Sie das für gut befunden, heute sprechen Sie nur
von Steuererhöhungen. Das ist der Unterschied!
({14})
Unsere Haushaltspolitik
({15})
lautet: konstante Ausgabenreduzierung bei steigenden
Einnahmen durch Wachstum. Das ist das Erfolgsmodell,
das mit diesem Haushalt zum Ausdruck kommt.
Wir könnten in diesem Land noch mehr Wachstum
und Einnahmen erzielen,
({16})
wenn die Opposition derzeit nicht Entlastungen für die
Bürger, die sich auf etwa 20 Milliarden Euro belaufen
könnten, aus ideologischen und parteitaktischen Gründen über den Bundesrat einfach blockieren würde. Ich
meine zum Beispiel die Blockade unseres Gesetzes zum
Abbau der kalten Progression, das Steuerabkommen mit
der Schweiz, die Förderung der energetischen Gebäudesanierung, das Jahressteuergesetz mit Entbürokratisierung durch eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen
für Buchhaltungsunterlagen und das Unternehmensteuergesetz mit Liquiditätshilfe durch Verlustrücktrag.
Meine Damen und Herren, diese Blockadepolitik der
Opposition schadet unserem Land. Sie schadet unseren
Mitbürgern, sie schadet der Wirtschaft, und sie schadet
den Kommunen. Das, was Sie hier aus parteitaktischen
Gründen vollziehen, ist unverzeihlich.
({17})
Es ist für mich nahezu Untreue gegenüber den deutschen Steuerzahlern, insbesondere auch gegenüber unseren Kommunen, wenn Rot-Grün das deutsch-schweizerische Steuerabkommen einfach verweigert.
({18})
Mit Ablauf der Verjährungsfristen nehmen Sie aus rein
parteitaktischen Gründen den Verlust von mehreren Milliarden Euro an Steuereinnahmen in Kauf. Das ist die
Wahrheit.
({19})
Demgegenüber befürworten wir, dass nun endlich jede
Anlage, egal ob in Deutschland oder in der Schweiz,
gleich besteuert wird.
({20})
Das ist Steuergerechtigkeit: gleiche Besteuerung sowohl
in Deutschland als auch in der Schweiz. Deswegen: Verweigern Sie sich diesem Steuerabkommen nicht!
({21})
Große Differenzen gibt es auch bei der Lösung des
Problems der Staatsschuldenkrise insbesondere mit
Griechenland und auch bei der Frage der Finanzmarktregulierung.
({22})
Bei allen diesen Themen unterscheiden wir uns wesentlich: Wir machen die Finanzmarktregulierung, um die Exzesse auf dem Finanzmarkt einzudämmen. Wir schauen,
dass wir Lösungen für die Staatsschuldenkrise bekommen, und zwar letzten Endes nicht durch einen Schuldenschnitt, wie Sie es machen wollen. Sie haben noch gar
nicht verstanden, dass man finanzverfassungsrechtlich
nicht einen Schuldenschnitt machen und gleichzeitig helfen kann. Das verbietet sich. Das ist finanzverfassungsrechtlich gar nicht möglich. Deswegen sollten Sie einmal
in die Finanzverfassung schauen, um weiterzukommen.
Wir haben großes Vertrauen in die Verhandlungen der
Bundeskanzlerin und unseres Bundesfinanzministers.
({23})
Wir danken insbesondere Wolfgang Schäuble für seinen
enormen Einsatz in dieser Frage.
Wir stimmen dem Haushalt zu. Wolfgang Schäuble
und die Bundeskanzlerin
({24})
verteidigen die deutschen Interessen nach bestem Wissen und Gewissen. Das muss auch für die Zukunft so
bleiben.
({25})
Für die Sozialdemokraten spricht jetzt der Kollege
Klaus Hagemann.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wenn man einen roten Faden durch die Debatte
zieht, die wir diese Woche hatten, und insbesondere
durch die Rede, die wir gerade gehört haben, dann stellt
man eines fest: Die Koalition, insbesondere die CSU, beweihräuchert sich selbst, lobt sich selbst und diffamiert
die anderen, und das ohne jegliche Substanz, Kollege
Michelbach. Das muss hier einmal herausgestellt werden.
({0})
Dieser Haushalt - ich denke, mein Kollege Schneider
wird nachher noch einmal darauf eingehen - ist ein
Haushalt, der gerade auf die großen Herausforderungen,
die im nächsten Jahr anstehen und die sich schon in diesem Jahr abzeichnen, keine klaren Antworten gibt. Er
gibt keine klaren Antworten auf das, was uns in Griechenland erwartet, auf das, was eventuell in Italien oder
in Spanien kommen wird. Es wird über diesen Termin
hinaus verhandelt.
Die Bevölkerung wartet auf Antworten der Bundesregierung. Sie wartet auf Antworten der Koalition. Aber es
geschieht nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren.
({1})
Wenn Sie hier von Konsolidierung sprechen - Herr
Kollege Lindner hat schon darauf aufmerksam gemacht -, dann muss man natürlich auch einmal schauen,
wie es mit der Verschuldung in diesem und im nächsten
Jahr aussieht. Sie machen im Haushalt 2013 eine Neuverschuldung von 17 Milliarden Euro. Wenn diese Legislaturperiode von Schwarz-Gelb abgelaufen sein wird, werden es fast 115 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme
obendrauf sein. Das hat natürlich Auswirkungen auf die
kommenden Zinszahlungen. Der Kollege Schneider hat
schon deutlich gemacht: Der Bund hat täglich 6 Millionen Euro mehr an Zinsen zu bezahlen.
Kollege Michelbach, Sie haben die Verschuldung der
deutschen Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden,
angesprochen. Da schauen wir uns doch einmal die
Höhe der Gesamtverschuldung an, als Gerhard Schröder
2005 abgewählt wurde: 68,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Nachdem Peer Steinbrück das Amt des Finanzministers innegehabt hatte und die schwarz-gelbe
Koalition die Verantwortung übernommen hat, lag die
Verschuldung bei 74,5 Prozent. Schauen wir uns die aktuelle Zahl an: Sie liegt bei fast 82 Prozent.
So viel zu der von Ihnen vorgetragenen Konsolidierung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist
eine Schimäre. Das ist eine Monstranz, die Sie vor sich
hertragen. Das ist Weihrauch, den Sie sich selbst darbringen. Das muss man immer wieder deutlich sagen
und nach außen tragen und gegenüber den Menschen herausstellen.
({2})
Ich darf auf das Bezug nehmen, was der Kollege
Brackmann in einem ruhigen und sachlichen Ton gesagt
hat. Vielen Dank für den ruhigen Ton, Kollege
Brackmann. Aber ich muss auch einiges von dem, was
Sie ausgeführt haben, richtigstellen. Sie haben die Verschuldung im Jahr 2009 angesprochen. Ja, sie war hoch.
Nebenbei darf ich erwähnen, dass zu diesem Zeitpunkt ich weiß nicht, ob Sie damals schon Mitglied des Bundestags waren - eine Große Koalition regierte und Ihre
Fraktion, die CDU/CSU, mit uns gemeinsam diese Neuverschuldung beschlossen hat.
Aber wir müssen auch sehen, warum wir das gemacht
haben. Wegen der Bankenkrise, nicht wegen der Staatsschuldenkrise, haben wir bei den Schulden kräftig
draufgelegt. Wir haben zusammen die Konjunkturprogramme I und II aufgelegt, deren Auswirkungen sich
noch heute deutlich in den Kommunen feststellen lassen.
Ich weiß, allein in meinem Landkreis - Alzey-Worms
mit 125 000 Einwohnern - haben wir Mittel in Höhe von
30 Millionen Euro bekommen, um Schulen, Kindergärten und Schwimmbäder zu sanieren. Das war eine gute
Entscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben, die
aber natürlich zur Verschuldung beigetragen hat.
({3})
Ich weiß auch, dass davon sehr viele kleine Unternehmen profitiert haben, dass dadurch Arbeitsplätze gesichert worden sind und dass Sie bis zum heutigen Tag
davon profitieren, dass diese Konjunkturprogramme aufgelegt worden sind, und zwar durch die Erfolge und die
positiven Auswirkungen, die wir in den Ländern mit
Blick auf die Arbeitsplätze feststellen. Ich möchte deutlich machen, dass durch die durchgeführten Sanierungen
die Kommunen Mittel einsparen konnten. Gott sei Dank
ist das so.
Ich darf auch daran erinnern, dass wir auch die Regelung zum verlängerten Bezug des Kurzarbeitergeldes finanzieren mussten. Diese von uns gefundene Lösung hat
geholfen, die Krise leichter zu überwinden, als das in anderen Staaten, die Mitglied der Europäischen Union
bzw. des Euro-Raumes sind, geschehen ist. Bei der Regelung zum Kurzarbeitergeld haben wir gesagt: Wenn es
notwendig ist, zahlen wir das zwei Jahre lang.
Ich weiß, dass viele Firmen - ich besuche, wie sicherlich auch Sie alle, die Firmen und Betriebe vor Ort regelmäßig -, gerade die, die in der Automobilindustrie oder
in der Zulieferindustrie tätig sind, wie bei mir im Wahlkreis, sagen: Hoffentlich kehren wir bald wieder zu dieser Regelung zurück; denn wir wissen nicht, wie die
Konjunktur im nächsten Jahr laufen wird. - Dazu findet
sich in diesem Haushalt nichts wieder. Das ist eine unbeantwortete Frage, Herr Bundesfinanzminister, auf die
Sie noch eingehen müssen.
Kollege Brackmann, ein anderer Punkt, den Sie angesprochen haben, ist die Behauptung, Sie hätten die Kommunen stark entlastet.
({4})
- Klatschen Sie nicht zu früh, da können wir höchstens
gemeinsam klatschen. Wir, die Sozialdemokratie und die
rot und grün geführten Länder, haben die Leistungen, die
den Kommunen zukommen - Grundsicherung ist hier
das Stichwort - zusammen ausgehandelt, damit für diese
Regelung die dafür nötige Zweidrittelmehrheit zustande
kam,
({5})
um den Fiskalpakt im Zusammenhang mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchzusetzen. Das müssen wir doch sehen.
({6})
- Hier wird „Erpressung“ gerufen. Auf der anderen Seite
heißt es dann, das sei eine große Leistung dieser Koalition. Was ist es denn nun? Ist es nun Erpressung oder
Hilfe und Unterstützung für die Kommunen? Kollege
Fricke, Sie müssen dies deutlich machen und hier für
Klarheit sorgen.
({7})
Kollege Brackmann, Sie haben gesagt, bei den Kommunen sei alles so toll. Schauen Sie sich das einmal an;
ich glaube, Sie sind selbst Kommunalpolitiker. Dann
wissen Sie, wie die Realität aussieht. Es ist nämlich bei
den meisten Kommunen nicht so, dass sie auf einem goldenen Sessel sitzen und alle Probleme lösen können, im
Gegenteil. Zurzeit werden in den Kommunen die Haushaltsreden gehalten. Ich gehöre auch dem Kreistag Alzey-Worms an. Dort ist es der Unionskollege, der am
häufigsten darauf hinweist, welche Probleme auftreten.
Es stimmt nämlich nicht: Es ist zwar eine kleine Verbesserung erreicht worden, aber den Kommunen geht es
nicht gut,
({8})
um das noch einmal deutlich herauszustellen, meine Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang fällt mir auch das Programm „Soziale Stadt“ ein, bei dem Sie deutliche Kürzungen vornehmen. Auch bei der Gebäudesanierung sollen deutliche Kürzungen vorgenommen werden, sodass
gute Programme nicht mehr weitergeführt werden können. Deswegen muss man das zurückführen. Das sind
keine Entlastungen der Kommunen, um das deutlich zu
sagen.
({9})
Meine Redezeit geht zu Ende. Sie haben einen Haushaltsentwurf vorgelegt. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen. Das ist gut so. Die Gründe habe ich auch
dargelegt. Wir haben die niedrigsten Zinsen, wer weiß,
wie lange. In Ihrer mittelfristigen Finanzplanung machen Sie sogar deutlich, dass wir mit steigenden Zinsen
rechnen müssen, und zwar mit 10 Milliarden Euro mehr.
Ich frage mich, wie Sie das alles finanzieren wollen, was
Sie hier ankündigen.
Sie machen trotz der tollen Situation mehr Schulden.
Sie greifen in die Sozialkassen. Sie greifen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu. Das kann man nicht gutheißen. Vieles ist unsicher. Deswegen werden wir den
Haushalt ablehnen.
({10})
Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege
Otto Fricke.
({0})
Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine Damen und
Herren! Neben dem Dank an das Haushaltssekretariat
möchte ich, sicherlich auch im Namen aller Haushälter,
der Haushaltsausschussvorsitzenden von der SPD, Petra
Merkel, gute Besserung wünschen. Sie hat gute Arbeit
geleistet und wie wir alle hart gearbeitet. Es ist schade,
dass sie heute nicht dabei sein kann. Liebe Petra, von
hier aus gute Besserung!
({0})
Das kriegen wir hin, liebe Petra, und wenn du in den
nächsten vier Jahren einen guten Kollegen bei der SPD
findest, der wieder dem Haushaltsausschuss vorsitzen
kann - Anmerkung: Das macht immer die Opposition -,
dann würden wir uns freuen.
({1})
Meine Damen und Herren, die Kollegin Lötzsch hat
in, wie ich fand, diskriminierender Weise gesagt: Die
schwäbische Hausfrau ist tot. ({2})
Das Bild der Hausfrau hat sich doch in unserer Gesellschaft überlebt. Das muss man ganz klar festhalten. Dabei sind wir als Liberale und Christliche wahrscheinlich
etwas weiter als Sie.
({3})
Deswegen kann ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen:
Dieser Haushalt zeigt: Die schwäbische Haushaltsgemeinschaft der Koalition lebt, wächst und gedeiht.
({4})
Das ist das, was Sie stört.
In dieser Woche merkt man immer wieder, dass man
mit der Opposition nur eines machen kann, nämlich
Achterbahn fahren. Das hat der Kollege Hagemann eben
auch wieder gemacht. Erst wird gesagt: „Ihr spart nicht
genug“, zwei Sätze später heißt es: Da müsst ihr mehr
ausgeben, da gebt ihr zu wenig aus, da tut ihr zu wenig.
({5})
Liebe Bürger, wenn Ihnen ein Politiker sagt: „Die einen sparen nicht genug, aber sie müssen da mehr ausgeben“, dann sagt er damit auch: Das Geld holen wir uns
nachher von euch wieder.
Liebe SPD, es ist wie mit der Achterbahn: Man fährt
erst einmal schön hoch, und erst wenn man oben ist,
sieht man, was passiert und was für Volten man fährt.
Was Sie mit Ihrem Spitzenkandidaten Steinbrück machen, ist bemerkenswert. Dass Herr Steinbrück ein großer Philosoph ist, wäre zu viel gesagt, aber er hält sich
gerne an starke Worte. Er hat wohl Dürrenmatt gelesen.
Dieser hat einmal gesagt: „Je öfter sich ein Politiker widerspricht, desto größer ist er.“ Mir ist jetzt klar, warum
Herr Steinbrück so ist, wie er ist, nachdem ich das gelesen habe.
({6})
Meine Damen und Herren, was kann man nach dieser
Woche feststellen? Wir halten die Verschuldungsgrenze
in der Verfassung drei Jahre früher ein als gefordert.
({7})
Wir bauen die Neuverschuldung gegenüber 86 Milliarden Euro von Herrn Steinbrück um 70 Milliarden Euro
ab. Das hat keine Koalition bisher geschafft. Wir sind die
einzige Koalition in der Geschichte, die es geschafft hat,
am Ende der Legislaturperiode niedrigere Ausgaben zu
haben als am Anfang.
Wir sind dabei in der Lage, die Sozialquote auf einem
Niveau zu halten, wie es von Rot-Grün nie erreicht worden ist. Wir sind in der Lage, mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung zu glänzen.
Wir sind in der Lage, am Ende der Legislaturperiode die
größten Puffer in den Sozialkassen aufzuweisen.
({8})
All das sind Fakten, über die Sie nicht hinwegkommen und die Sie ärgern. Deswegen versuchen Sie, irgendwelche Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. Solch
einen Haushalt hätte niemand von der Koalition erwartet, außer diese Koalition selbst, die weiß, wie viel Kraft
und Fähigkeit zur Einigung in ihr stecken. Das ist es,
was Ihnen so sehr wehtut.
({9})
Im Übrigen will ich noch einen kleinen Hinweis geben. Herr Kollege Hagemann, wir dürfen doch im Zusammenhang mit den Kommunen darauf hinweisen,
dass Ihre Darstellung, die rot-grünen Länder hätten dafür
gesorgt, dass die Kommunen mehr Geld für die Grundsicherung im Alter erhalten, etwas verdreht ist. Sie von
Rot-Grün haben seinerzeit die Kommunen belastet.
({10})
Wir als Koalition haben von uns aus den Kommunen angeboten, sie im Bereich der Grundsicherung zu unterstützen. Danach gab es die Entscheidung zum Fiskalpakt. Ihre Verdrehungen, Herr Kollege Hagemann,
helfen nicht weiter.
({11})
Diese Koalition wusste und weiß, dass die Kommunen
als Basis unseres sozialen Zusammenlebens nicht immer
nur mit Aufgaben belastet werden dürfen,
({12})
sondern auch bei der Finanzierung dieser Aufgaben entlastet werden müssen. Das hat die Koalition getan, und
zwar in Milliardenhöhe. Das ist nicht wenig, Herr
Hagemann, sondern eine Entlastung in Milliardenhöhe
ist nach meiner Meinung viel.
({13})
Ich will mich kurz mit der Opposition beschäftigen,
die gar kein Gegenmodell vorgestellt hat,
({14})
sondern die - wenn man sich ihre Anträge anschaut,
sieht man das - verschämt, aber doch ehrlich zugibt,
dass es eigentlich keine Steuer gibt, die sie nicht erhöhen
will: Erbschaftsteuer kann man erhöhen, nicht wahr?
({15})
- Klar. Vermögensteuer kann man erhöhen.
({16})
Einkommensteuer kann man erhöhen.
({17})
- Klar. Kapitalertragsteuer kann man erhöhen.
({18})
- Klar. Mehrwertsteuer kann man erhöhen.
({19})
- Moment. Die Mehrwertsteuer wollen Sie nicht erhöhen? Gut, dann sind wir beruhigt. Dann haben wir als
Koalition in Sachen Mehrwertsteuer die richtigen Entscheidungen getroffen. Herzlichen Dank!
({20})
Dahinter steckt die übliche Methode. Sie wollen den
Leuten das Geld wegnehmen, damit Sie es nachher wieder verteilen und Sie Ihren Wünschen nach Mehrausgaben nachgeben können.
({21})
Der Kollege Hoppe hat sich vorhin gemeldet und den
Redner gefragt, wie er es denn finde, dass gekürzt
werde. Dazu sage ich: Keiner findet eine Kürzung in seinem Bereich schön. Niemand nimmt gerne jemandem
etwas weg. Aber nur der, der Verantwortung übernimmt,
ist auch bereit, dazu zu stehen und den Leuten zu sagen:
Ich verstehe eure Gründe, ich bin emotional auf eurer
Seite, aber ihr müsst auch verstehen, dass wir einen langfristigen Plan haben, wie wir handeln. - Das hat die Koalition sowohl in finanziellen Dingen getan als auch
- auch den Hinweis darf ich noch geben - im Bereich
Personal.
Herr Kollege Fricke, jetzt muss ich Sie doch einmal
kurz unterbrechen. Der Kollege Koppelin würde Ihnen
gerne eine Zwischenfrage stellen.
Sehr gerne. Ich hoffe, ich kann sie ihm beantworten.
({0})
Lieber Otto, du bist leider viel zu schnell in deiner
Rede. - Ich habe eine Frage an dich. Als du eben die
Steuererhöhungen aufgezählt hast, die die Opposition
beabsichtigt, ist mir aufgefallen, dass die Sozialdemokraten bei Nennung der Mehrwertsteuer, wie üblich vor
Wahlen, Nein gesagt haben. Könntest du bitte sagen, was
immer nach den Wahlen bei den Sozialdemokraten geschieht?
({0})
Ich werde der Opposition jetzt nicht anbieten, die
Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte zu erhöhen, damit
sie später diese Steuer um 3 Prozentpunkte erhöht. Das
werde ich mit Sicherheit nicht tun, auch wenn die Mehrwertsteuer in allen anderen Ländern, in denen Sozialdemokraten an der Regierung sind, in der letzten Zeit erhöht worden ist.
({0})
Wenn ihnen nichts anderes einfällt, erhöhen sie die
Mehrwertsteuer.
Nächster Punkt. Ich will eines für die Bürger festhalten. Es wird immer gesagt, der Apparat werde aufgebläht. Liebe Bürgerinnen und Bürger im Lande, wir
haben im Jahr 2010 11 340 Stellen im Bereich des Bundeshaushalts mehr gehabt, als wir am Ende des Jahres 2013 haben werden. Auch dort wird gespart.
({1})
Dazu noch ein Hinweis: Das Personal für Gesamtdeutschland ist weniger, als Westdeutschland vor der
Wiedervereinigung hatte. Auch diese Zahl kann sich sehen lassen.
({2})
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der mehr
mit dem Bereich Steuern und Finanzen zu tun hat. Die
Opposition macht immer so lockere Gegenfinanzierungsvorschläge und verweist dabei auf das Ehegattensplitting. Auf den ersten Blick hören sich die Argumente
toll an. Nehmen wir aber einmal als Beispiel ein Durchschnittspaar - Otto Normalverbraucher -, wobei sie
40 000 Euro und er 20 000 Euro verdient. Dieses Paar
hat Kinder erzogen, arbeitet jetzt auch noch in einem etwas höheren Alter, nimmt weiter Verantwortung gegenseitig wahr und der eine kümmert sich um den jeweils
anderen. Was würde die Abschaffung des Ehegattensplittings für dieses Paar bedeuten, wenn es einem von
beiden schlechter ginge oder einer von beiden einen Unfall hätte?
({3})
Das bedeutet für dieses Paar schlicht 500 Euro weniger.
Das ist viel Geld für diese Leute. Und Sie sagen, diese
500 Euro hätten diese Leute nicht verdient. Sie sollten
ehrlich sagen, dass jemand, der solche Beträge verdient,
Ihnen diese 500 Euro nicht wert ist.
Uns sind die Menschen das wert, und deshalb halten
wir das, was Sie beabsichtigen, für unsozial, für unfair
und für ein Zeichen dafür, dass Sie die Lebensleistung,
die dieses Ehepaar in meinem Beispiel erbracht hat,
nicht anerkennen. Sie sollten sich sehr genau überlegen,
ob Sie so argumentieren, weil die Zahlen gegen Ihre Argumente sprechen.
({4})
Übrigens, Sie hätten diesen Menschen am liebsten
auch noch gesagt: Ihr müsst mehr Rentenbeiträge zahlen. Die Grünen sind da ganz toll. Wenn zum Beispiel
die Frau aus meinem Beispiel im Außendienst arbeiten
würde und einen Dienstwagen hätte, dann hätten sie ihr
gesagt: Nein, den damit verbundenen steuerlichen Vorteil gewähren wir Ihnen nicht. - Auch diese zusätzliche
Belastung würden Sie den einfachen, normalen Leuten
gern mit auf die Tasche legen. Das ist Ihre Vorstellung
davon, wie man mit Otto Normalverbraucher umgeht.
Wir haben eine andere Vorstellung; denn wir sind
schlichtweg näher an demjenigen dran, der etwas leistet,
der sich kümmert und der Verantwortung trägt. So, wie
Sie es vorschlagen, kann man keinen Haushalt gegenfinanzieren.
({5})
Zum Schluss möchte ich noch etwas zum Thema
Europa sagen. Der Kollege Lindner hat hier gesagt, dass
die Koalition die Scherben aufkehren müsse.
({6})
Das stimmt. Ich kann Ihnen sogar sagen, welche Farben
die Scherben haben: Rot und Grün. Diese Koalition
kehrt gerade rot-grüne Scherben auf, die dadurch entstanden sind, dass ein Land in die Euro-Zone aufgenommen worden ist, das man nicht hätte aufnehmen dürfen,
das man jetzt aber nicht hinauswerfen kann und auch
nicht hinauswerfen sollte, weil uns Europa viel zu wichtig ist.
({7})
Sie haben rot-grüne Scherben hinterlassen, weil Sie das
Maastrichter 3-Prozent-Defizit-Kriterium nicht erfüllt
haben. Sie sind es, die dafür sorgen, dass wir den Besen
holen und gleichzeitig uns darum kümmern müssen,
dass Europa so stabilisiert wird, dass das, was an Europa
doch so toll ist, endlich wieder zur Geltung kommen
kann.
Ich will für meine Fraktion eines deutlich sagen:
({8})
Wir sollten aufhören, immer nur zu sagen: Europa bringt
euch den Himmel, Europa bringt euch das Paradies.
({9})
Aber wir müssen uns in diesem Lande doch über eines
klar sein: Ohne Europa ist dieses Land deutlich weiter
entfernt vom Himmel und deutlich näher an der Hölle. Deswegen sind wir an dieser Stelle so vorsichtig. Deswegen machen wir es Schritt für Schritt.
Es gibt keine einfachen Lösungen; auch das will ich
noch einmal deutlich sagen. Es geht nicht an, den Bürgern zu erzählen, es gebe in Sachen Europa einen Lichtschalter, den man drückt und alles ist geregelt. Wenn Sie
im Prozess des Umbaus Europas weg von verschuldeten
Staaten hin zu einer Situation der allgemeinen Stabilisierung auch nur ein einziges Mal die Versprechung machen, alle Probleme würden gelöst werden, wie können
Sie dann erwarten, dass die Bürger bereit sind, anzuerkennen, dass sie noch etwas tun müssen, dass es weitere
Reformen geben muss und dass die Lage erst am Ende
der Reform besser sein wird?
({10})
Wir sind in Europa mit diesem Haushalt sicherlich
keine Musterschüler - das stimmt -;
({11})
aber wir sind ein Vorbild. Man kann nur eines sagen:
Hätte jedes Land in Europa unsere Haushaltszahlen,
({12})
dann würden wir beim Thema Europa über ganz andere
Dinge reden als über das Aufkehren von rot-grünen
Scherben. Wir sprächen dann wahrscheinlich von einer
schönen gelben Sonne am blauen Himmel.
Herzlichen Dank.
({13})
Das Wort hat jetzt der Kollege Roland Claus von der
Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat am Dienstag
diese Haushaltsberatungen mit einer sehr bemerkenswerten Aufforderung eröffnet. Er hat gesagt: Wir Abgeordneten sollten uns um die Sorgen der Leute kümmern
und nicht so sehr um die bevorstehenden Bundestagswahlen. Da will ich Ihnen sagen, Herr Bundesfinanzminister: Für diese Aussage haben Sie auch meine volle
Zustimmung.
Kümmern bedeutet angesichts dieses Haushaltes offenbar Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktförderung. Sie feiern sozusagen volle Sozialkassen ab. Das
geschieht doch nur deshalb, weil faktisch keine Arbeitsmarktförderung mehr betrieben wird. Das wirkt sich natürlich vor allem im Osten aus. So ein Kümmern nenne
ich zynisch.
({0})
Kümmern heißt bei Ihnen: mehr Geld für das Militär.
Dazu gehört eine - man muss sich das einmal vorstellen - ganz neue Übungsstadt nördlich von Magdeburg.
Dort sollen Auslandseinsätze trainiert werden. Zur Verfügung gestellt werden dafür über 100 Millionen Euro.
({1})
Kümmern heißt bei Ihnen: weniger Wirtschaftsförderung im Osten. Kümmern bedeutet bei Ihnen auch, dass
am gleichen Tag, an dem Sie diese Aussage hier gemacht haben, mitgeteilt wurde, dass der Bund über
11 000 Wohnungen im Osten, die ihm gehören, an einen
Finanzinvestor verkaufen will. Damit treiben Sie Zehntausende Mieterinnen und Mieter in eine unsoziale Zukunft. Ein solches Kümmern wollen wir nicht.
({2})
Da heute wiederholt die Formel „Das ist alles alternativlos“ zu hören war, will ich hier noch einmal ganz
deutlich sagen: Politik ist immer Menschenwerk, und
was Menschenwerk ist, geht immer auch anders und ist
nie alternativlos.
({3})
Der Bundeshaushalt 2013 taugt nicht für eine sozial
gerechte und zukunftsfähige Politik. Sie führen immer
gerne die Größe Ihres Sozialetats als Beweis dafür an,
wie viel Sozialstaatlichkeit hier herrscht. Gerade haben
wir den Kollegen Otto Fricke, alias Otto Normalverbraucher, dabei erlebt, wie er sein Herz für Geringverdiener
entdeckt. Es ist doch Fakt in diesem Lande, dass dieser
Etat nur so gewaltig, so gigantisch ist, weil Sie vorher
mit einer verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik die
Gesellschaft so gespalten haben, dass Sie hinterher wieder so viel Geld aufwenden müssen.
({4})
Es ist bedrückend - auch Sie werden das kennen -,
wenn man in öffentlichen Begegnungen auf Menschen
Anfang 50 trifft, die einem sagen: Herr Abgeordneter,
ich wünschte mir, ich wäre schon 10, 15 Jahre älter und
hätte manche Probleme nicht mehr. Das kann doch nicht
unser Bild von einer zukunftsfähigen Gesellschaft sein.
Es geht aber auch noch weiter. Selten habe ich in einer Haushaltsdebatte so viel Länderschelte in einer solchen Schärfe wahrgenommen wie in dieser. Da fehlte
nur noch der Satz: Der Hauptfeind sind die 16 Länder. Ich dachte bisher, nur ich hätte ein etwas mangelhaftes
Verständnis von Föderalismus. Aber dann kommt die
FDP und wettert den Föderalismus regelrecht kaputt. Da
kann man die Regierung nur fragen: Wäre es nicht besser, die Regierung löste die Länder auf und wählte sich
16 neue?
({5})
Dieser Haushalt ist nicht gut für den Osten. Ich will
Ihnen ein Beispiel nennen. Ich gehörte 1990 der Volkskammer an, die über den Einigungsvertrag verhandelt
hat. Ich hielt es für widersinnig und abenteuerlich, die
ostdeutschen Wohnungsunternehmen mit sogenannten
Altschulden, die fiktiv waren, zu belasten. Diese Altschulden haben dazu geführt, dass Mieterinnen und Mieter diese Last über Jahrzehnte mit sich trugen. Ich hatte
jede Menge Fantasie, damals 1990. Dass ich aber noch
22 Jahre später im Deutschen Bundestag über dieses
Problem reden muss, dass ich erleben muss, dass Anträge zur Aufhebung dieser Situation abgelehnt werden,
hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten.
({6})
Wir haben in dieser Woche auch erlebt, dass mit diesem Haushalt erneut eine Kapitulation vor der Übermacht der Finanzmärkte in Kauf genommen wurde. Es
ist schon darauf hingewiesen worden: Sie hatten früher
Einnahmen aus der Finanztransaktionsteuer in der mittelfristigen Finanzplanung. Nichts davon steht mehr im
Haushalt. Frau Merkel spricht inzwischen von einer
finanzmarktkonformen Politik. Wir erfahren, dass sogenannte Schattenbanken im Jahre 2012 einen Umsatz von
über 50 000 Milliarden Euro machen werden.
({7})
Das ist doch nicht mehr eine staatseigene Bank, sondern
ein bankeigener Staat.
Die Haushaltswoche geht zu Ende. Wir sollten nicht
zu schnell vom letzten Bundeshaushalt dieser Koalition
reden. Es sind - darüber ist gesprochen worden - so
viele Fragen offen, dass es nach einem Nachtragshaushalt aussieht. Auch deshalb handelt eine Opposition
nicht etwa verantwortungslos, sondern durchaus in voller Verantwortung vor den Wählerinnen und Wählern,
wenn sie zu diesem Haushalt Nein sagt. Alternativen
sind nötig, meine Damen und Herren. Alternativen sind
möglich, und das alles mit links.
({8})
Das Wort hat jetzt der Bundesfinanzminister
Dr. Wolfgang Schäuble.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Haushaltsberatungen sind anstrengende Arbeit
über Monate hinweg. Deswegen möchte ich gegen Ende
der Haushaltsdebatte zunächst einmal den Kolleginnen
und Kollegen des Haushaltsausschusses für die intensive
Arbeit danken. In diesen Dank schließe ich ausdrücklich
die erkrankte Vorsitzende mit ein und schließe mich den
Genesungswünschen an.
({0})
Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Parlaments und, wenn Sie erlauben, bei
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien
und nicht zuletzt der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums bedanken. Auch da ist viel Arbeit
geleistet worden.
({1})
Herr Kollege Claus, ich will der Versuchung widerstehen, zum Ende der Haushaltsdebatte mit Ihnen über
das Jahr 1990 zu diskutieren, obwohl ich natürlich viel
Freude daran hätte, Ihnen die Situation damals zu erklären. Sie sprachen von der Wohnungssituation in der ehemaligen DDR. Ich weiß noch, wie diese Situation vor
der Wiedervereinigung war und was daraus geworden
ist. Darüber könnte man eine lange Debatte führen. Das
wollen wir heute aber nicht tun.
({2})
- Es ist klar, dass Sie gleich zu Beginn laut werden. Offensichtlich gibt es noch etwas, was Sie bisher nur verdrängt und noch nicht verarbeitet haben.
({3})
- Ich habe auf die Ausführungen des Herrn Kollegen
Claus geantwortet.
Sie haben über die Arbeitslosigkeit gesprochen.
Meine Damen und Herren, natürlich ist jeder Arbeitslose
ein Arbeitsloser zu viel. Die Wahrheit ist aber, dass wir
den niedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung haben. Die Wahrheit ist auch, dass wir
den höchsten Beschäftigungsstand in Deutschland überhaupt erreicht haben. Das ist ein Erfolg für die Menschen.
({4})
Wenn Sie die Sorgen und Nöte von Menschen nicht
missbrauchen wollen, dann müssen Sie auch sagen, dass
die Arbeitslosigkeit vor allem in den neuen Ländern signifikant zurückgegangen ist und dass vor allen Dingen
auch die Langzeitarbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern zurückgeht. Das ist ein Erfolg und Ergebnis einer insgesamt guten Entwicklung, die wir in den letzten
Jahren vorangebracht haben.
({5})
Herr Kollege Hagemann, ich habe schon zu Beginn
der Haushaltsdebatte gesagt, dass der erste Haushaltsentwurf dieser Legislaturperiode eine Neuverschuldung im
Jahr 2010 von 86 Milliarden Euro vorsah. Dieser erste
Entwurf ist von Peer Steinbrück unterschrieben worden
und der zweite von mir als Finanzminister. Diese Neuverschuldung war die Folge davon, dass wir die starken
Auswirkungen der Krise in den Jahren 2008 und 2009
im Haushalt 2010 bekämpfen mussten.
Herr Kollege Hagemann, weil dies so ist, sollten Sie
nicht sagen, wir hätten in dieser Legislaturperiode die
Nettokreditaufnahme auf - ich habe es mir aufgeschrieben - insgesamt 117 Milliarden Euro erhöht. 86 Milliarden Euro davon waren schon für das Jahr 2010 vorgesehen. Sie erkennen daran, wie widersprüchlich Ihre
eigene Argumentation ist.
({6})
Wahr ist, wir haben gemeinsam eine Krise gut überwunden. Wahr ist, dass wir kontinuierlich die damals
notwendige, aber dauerhaft zu hohe Verschuldung zurückgeführt haben. Wahr ist, dass wir diesen Weg konsequent fortsetzen. Wir bewegen uns deutlich im Bereich
der Einhaltung der Schuldenbremse des Grundgesetzes,
und das ist der richtige Weg.
Zudem führen wir diese Haushaltsberatungen heute in
einer Lage, in der wir alle miteinander mit einem Ohr
mehr in Brüssel als im Deutschen Bundestag sind; denn
die Verhandlungen über die mittelfristige Finanzplanung
sind für die Europäische Union von großer Bedeutung.
Dadurch wird natürlich wie in einem Brennglas deutlich,
wie schwierig die Lage in Europa insgesamt ist. Am
Montag wird die Euro-Gruppe wieder tagen. Am Mittwoch hatte ich die Freude, alle Fraktionen des Deutschen Bundestages kurz über den erreichten vorläufigen
Stand der Beratungen in der Euro-Gruppe zu informieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil dies so wichtig
ist, müssen wir unsere Haushaltspolitik einbinden in das
- ich sage es erneut -, was wir europäisch und international miteinander besprochen haben. Auf europäischer
und internationaler Ebene gibt es die klare Verabredung,
dass wir alle unsere viel zu hoch verschuldeten Haushalte konsolidieren und die Verschuldung zurückführen.
Wir führen die Verschuldung aber so zurück, dass wir
gleichzeitig unserer Verantwortung für nachhaltiges
Wachstum in jedem Land und in Europa insgesamt gerecht werden. Bei der Zurückführung der Verschuldung
achten wir darauf, dass die Ungleichgewichte innerhalb
des gemeinsamen Währungsraums nicht größer, sondern
kleiner werden. Deshalb erfüllen wir mit unserer Finanzund Wirtschaftspolitik unsere europäischen Verpflichtungen.
Sie können doch nicht in einer Rede zunächst sagen,
wir sollten viel mehr für Europa tun, und anschließend
kritisieren, dass wir Ihrer Meinung nach viel zu viel für
Europa tun würden. Das macht doch keinen Sinn.
Unsere nationale Finanz-, Haushalts-, Wirtschaftsund Sozialpolitik bindet sich ein in unsere europäischen
und globalen Verpflichtungen. Das wird uns im Übrigen
von allen internationalen Institutionen und auch von der
Europäischen Kommission bestätigt. Das ist ein wichtiges Argument gegen den Vorwurf, wir hätten die Defizite schneller reduzieren können. Dann wären wir aber
auf der anderen Seite unserer Verantwortung, die wir in
Europa haben und übernommen haben, nicht gerecht geworden.
Nun zu einem anderen Punkt, den Beratungen in Europa. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die25538
sen Weg gehen, wie ihn die Bundeskanzlerin am Mittwoch in der Haushaltsdebatte beschrieben hat, dass wir
nämlich Schritt für Schritt die Probleme lösen, weil wir
nicht in dem einen großen Schritt die europäischen Probleme gelöst bekommen. Das ist so hoffnungslos wie
nur irgendetwas. Wir müssen die Dinge Schritt für
Schritt voranbringen. Wir müssen die Ursachen der
Krise, der Vertrauenskrise in unsere gemeinsame Währung, dadurch beseitigen, dass alle Länder ihre Aufgaben
machen. Und das tun sie auch Schritt für Schritt. Sie tun
es im Übrigen auch nur, wenn die Solidarität jeweils mit
Auflagen verbunden ist und das Ganze im entsprechenden Zeitraum überprüft wird.
Wir wissen doch alle, dass Parlamente immer dazu
neigen, die weniger schwierigen Entscheidungen leichter zu treffen als die, die unbedingt notwendig sind. Deswegen ist der Weg der schrittweisen Lösungen dieser
Krise der richtige. Wir sind auf diesem Weg gut vorangekommen. Die Defizite in der Euro-Zone sind in den
letzten drei Jahren halbiert worden.
Wir haben einen Fiskalvertrag erreicht. Jeder im
Deutschen Bundestag hätte gelacht, wenn man vor zwei
Jahren vorhergesagt hätte, dass auch die anderen Länder
sich verpflichten, eine Regelung einzuführen, die der
Schuldenbremse unseres Grundgesetzes entspricht. Nur
so kann es gehen. Deswegen ist es falsch, wenn es immer heißt: Jetzt muss endlich einmal gesagt werden, was
das Ganze am Ende insgesamt kostet. Diese Argumentationsweise ist unrichtig.
Der Kollege Brüderle hat in dieser Woche sehr klar
gesagt, dass sich niemand darin täuschen soll: Wir müssen in unsere gemeinsame europäische Zukunft investieren. Das tun wir auch. Aber wir tun es natürlich nicht,
um anderen einfach das Geld zu geben, sondern wir tun
es, weil wir wissen, es ist zum Besten für die deutschen
Interessen. Wir haben nur dann eine gute Zukunft, wenn
wir unsere Möglichkeiten in dieser enger zusammenwachsenden Welt gemeinsam wahrnehmen.
({7})
Deswegen ist Europa nur dann stark, wenn wir insgesamt stark sind. Wenn ein Teil schwach ist, dann werden
wir alle den Schaden davontragen. Diejenigen, denen es
am besten geht - das sind zurzeit unter anderem wir -,
haben übrigens auch mehr zu verlieren. Deswegen ist
eine europäische Verantwortung so wichtig, und deswegen wäre es falsch, anderen nicht wieder und wieder zu
sagen: Wir tun unseren Teil, aber erfüllt ihr bitte eure
Verpflichtungen ebenfalls. - Wir erfüllen mit diesem
Haushalt unsere europäischen Verpflichtungen - nicht
mehr und nicht weniger.
Wir haben mit dieser Politik - zu der die Finanzpolitik beiträgt, wenn auch nicht alleine - erreicht, dass wir
viel weiter sind, als wir es am Anfang dieser Legislaturperiode für möglich gehalten hatten. Damals haben wir
gesagt: Wenn wir am Ende der Legislaturperiode wieder
so weit sind, wie wir vor der Lehman-Brothers-Krise
waren, dann wäre es gut. Heute sind wir viel weiter.
({8})
Damals haben Sie gesagt, eine Marke von 3 Millionen
Arbeitslosen sei gar nicht zu schaffen. Wir liegen inzwischen deutlich darunter.
Ich sage es noch einmal: Es sind nicht alle Probleme
gelöst. Wir werden auch in den kommenden Jahren Anstrengungen unternehmen müssen. Es wird noch Auseinandersetzungen im Konkreten und über die Details
geben. Das Allgemeine ist immer schön; das Ganze dann
aber konkret in Zahlen umzusetzen, ist schwierig. Ich
glaube aber, dass wir insgesamt mit den Entscheidungen
hinsichtlich dieses Bundeshaushalts die richtigen Maßnahmen getroffen haben.
Niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, was uns in
den nächsten Monaten noch erwarten wird. Niemand
kann mit Sicherheit vorhersagen, was in Europa noch
möglich ist. Wenn Sie also immer erwarten, es müsse
jetzt für alle Zukunft gesagt werden, wo es langgeht, damit man die spätere Entwicklung mit dem vergleichen
kann, was wir beispielsweise drei Jahre zuvor gesagt haben, dann ist das falsch.
Die Wahrheit ist: Wir fahren ein Stück weit auf Sicht.
Die Wahrheit ist: Wir werden unserer Verantwortung gerecht. Die Wahrheit ist: Wir haben damit bisher für die
Deutschen, für unser Land und für die Menschen in unserem Land das Beste erreicht. Das kann jeder überprüfen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem
Bundeshaushalt.
Herzlichen Dank.
({9})
Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die
Kollegin Priska Hinz.
({0})
Wieso hast du nicht mitgezählt? - Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich
finde, dass Sie mit Ihrer Rede zum Haushaltsentwurf
2013 hier in der Abschlussrunde eine Chance vergeben
haben.
({0})
- Ja, er hätte konkreter etwas zum Haushalt sagen müssen.
Wenn Sie schon davon reden, dass wir bei unserem
Haushalt die europäische Situation im Blick haben müssen, dass wir überlegen müssen, was die Situation in Europa eigentlich für die Konjunktur und die Wirtschaft in
Deutschland und für unseren Haushalt bedeutet, dann
hätten Sie heute auch Klartext reden und über das sprechen müssen, was an Vorsorge in Ihrem Haushalt fehlt
und notwendig gewesen wäre.
({1})
Priska Hinz ({2})
Über das blamable Schauspiel, was den europäischen
Finanzrahmen angeht, will ich hier gar nicht lange reden.
Aber es ist für die Bundeskanzlerin schon blamabel, dass
sie es nicht schafft, sich erfolgreich dafür einzusetzen,
dass über den europäischen Haushalt Investitionen in
Bildung, Forschung, Energie und Netzinfrastruktur getätigt werden; denn sie muss ein Interesse daran haben,
dass in den Krisenländern gerade in diesen Bereichen investiert wird. Ich finde, Sie sollten hier nicht mehr so
viel über Europa reden, wenn Sie es nicht schaffen, da
ein deutliches Signal zu setzen.
({3})
Sie haben auch die Chance vertan, über die Rettung
Griechenlands zu sprechen, über die wir in der nächsten
Woche hier im Bundestag entscheiden werden, und
heute schon deutlich zu machen, dass die Rettung Griechenlands im bundesdeutschen Haushalt ankommen
wird. Sie können sich nicht mehr darum herumdrücken.
({4})
- Natürlich wird es im deutschen Haushalt ankommen.
({5})
Erstens wollen Sie es nur noch nicht wahrhaben, Herr
Barthle. Zweitens wollen Sie es vor der Wahl nicht sagen. Aber die Rettung Griechenlands wird im Haushalt
ankommen.
Zurzeit kommen Sie noch ein bisschen darum herum,
sich damit zu beschäftigen, weil der Bundesfinanzminister sogenannte T-Bills in Aussicht gestellt hat.
({6})
- Ja, genau, das kann die EZB. - Was aber sind Treasury
Bills? Über Geschäftsbanken in Griechenland, die dann
auch wieder an der Rettung Griechenlands verdienen,
werden Staatsanleihen bei der EZB hinterlegt. Das ist
tatsächlich Staatsfinanzierung über die EZB.
({7})
Sie von der Union können schon jetzt den Antrag für Ihren Bundesparteitag in die Tonne kloppen; denn darin
sagen Sie, dass Sie keine Staatsfinanzierung über die
Notenpresse wollen.
({8})
Der Bundesfinanzminister verteidigt dieses Vorgehen
aber offensiv, anstatt für klare Regelungen einzutreten,
die im Endeffekt günstiger wären, nämlich tatsächlich
einen Altschuldentilgungsfonds einzurichten und ein
drittes Rettungsprogramm aufzulegen, um allen Menschen in Deutschland reinen Wein einzuschenken. Wenn
man Griechenland in der Euro-Zone halten will - das ist
wirtschaftlich und sozial vernünftig -, dann kostet uns
das auch Geld, meine Damen und Herren.
({9})
Der Haushalt ist insofern eigentlich schon wieder nachtragsbedürftig; das werden wir in den nächsten Wochen
erleben.
Herr Bundesfinanzminister, ich finde es auch bedauerlich, dass Sie zur Krisenvorsorge in Deutschland
nichts weiter gesagt haben. Die Wachstumsprognose ist
von 1,5 auf 1 Prozent gesenkt worden. Die prognostizierte Zahl der Arbeitslosen steigt schon wieder um
140 000 an, ohne dass die zusätzlichen Krisenszenarien
eintreten, die die Firmen an die Wand malen, weil sie
nicht mehr genügend verkaufen. Wegen des Anstiegs der
prognostizierten Zahl der Arbeitslosen rechnet die Bundesagentur für Arbeit mit zusätzlichen Ausgaben von
700 Millionen Euro. Damit schrumpft ihr Puffer; er
wächst nicht auf, sondern er schrumpft. Wenn er
schrumpft, bedeutet das: Wir müssen demnächst wieder
zuzahlen.
Aber der Haushalt 2013 baut zurzeit doch darauf auf,
dass Sie 5,5 Milliarden Euro aus den Sozialversicherungen herausnehmen. Ihre Nettokreditaufnahme sinkt nur,
weil Sie die Taschen der Beitragszahler entleeren. Das
ist keine vernünftige Krisenvorsorge.
({10})
Worin ist die Koalition eigentlich gut?
({11})
Sie ist gut bei der Plünderung der Sozialversicherung,
sie ist gut im Aufbau von Schulden,
({12})
über 100 Milliarden Euro in vier Jahren. Sie ist gut,
wenn es um Steuersenkungen für Hoteliers und das Belasten der Länder- und Kommunalhaushalte geht. Sie ist
gut, wenn es darum geht, Großunternehmen von der
Stromsteuer auszunehmen, und sie ist gut darin, die
Steuerlast auf Privathaushalte umzulegen.
({13})
Sie ist gut, wenn es darum geht, bei den Arbeitslosen zu
sparen. Sie ist gut darin, den Entwicklungsetat zu kürzen, anstatt ihn - wie wir das wollen - um 1,2 Milliarden
aufzustocken.
({14})
Sie ist gut darin, Niedriglöhnern den Mindestlohn zu
verweigern. Aber sie ist leider schlecht darin, Vorsorge
zu betreiben, so wie wir das tun wollen.
Wir wollen Steuergerechtigkeit durch Steuermehreinnahmen. Wir wollen aber auch den Grundfreibetrag er25540
Priska Hinz ({15})
höhen, das heißt, wir wollen die Gutverdienenden belasten
({16})
und denen, die wenig verdienen, wollen wir zusätzliche
Einnahmen ermöglichen. Wir wollen ökologisch-schädliche Subventionen reduzieren bzw. abschaffen. Wir
wollen im Bundeshaushalt zusätzlich 3 Milliarden Euro
einsparen. Trotzdem wollen wir in Bildungsgerechtigkeit, in die Sozialpolitik und die Energiewende investieren. Ich sage Ihnen noch einmal klar und deutlich - auch
wenn Sie es nicht hören wollen -: Grün kann es besser!
Danke schön.
({17})
Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus-Peter Flosbach
von der CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
grüne Fraktion hat gestern sehr stark gejubelt, als der
Kollege Brüderle die Steuererhöhungsorgie der Grünen
dargestellt hat: Einkommensteuer, Vermögensteuer, Vermögensabgabe, Erbschaftsteuer, Unternehmensteuer.
({0})
Es glaubt doch keiner in diesem Hause, dass wir die
Krise von 2009 durch diese Maßnahmen behoben hätten.
Das Gegenteil ist richtig. Glauben Sie, Sie würden durch
eine Vermögensabgabe trotz Freibeträge mehr Arbeitsplätze in Deutschland schaffen? Die Vermögensabgabe
trotz Freibeträge trifft vor allem die großen und mittelständischen Unternehmen.
({1})
Der Mittelstandsbetrieb ist doch nicht der Biobauernhof.
In meinem Wahlkreis gibt es Betriebe mit 100, 500 oder
1 000 Beschäftigten. Da wird investiert, das sind die versteckten Champions, die Hidden Champions, da entstehen Arbeitsplätze, und genau die greifen Sie mit Ihrer
Vermögensabgabe an.
({2})
Es war gestern sehr interessant, die Presse zu lesen.
Dort wurde über eine Studie der Weltbank und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC berichtet. Die Überschrift lautet - bitte lesen Sie es nach -: „Wachstum
durch kluge Steuerpolitik“. In dem Bericht geht es übrigens nicht um Steuersenkung, sondern es wird darauf
hingewiesen, welche Kaufkraft Arbeitsplätze in Deutschland schaffen und welche Nachfrage wir damals mit unserem Wachstumsbeschleunigungsgesetz - 4,6 Milliarden Euro für die Familien - geschaffen haben. Das war
ein erfolgreicher Weg. Das ist die Basis für den Erfolg
dieser Koalition, und um den Erfolg Deutschlands beneiden uns alle.
({3})
Heute erleben wir im Bundesrat, dass all die Maßnahmen, die wir durchführen wollen, von den Oppositionsparteien dieses Haus blockiert werden. Dies betrifft den
unternehmerischen Bereich. Hier wollen wir Änderungen in Bezug auf den Ergebnisabführungsvertrag. Für
die mittelständischen Betriebe sehen wir Verbesserungen
beim Verlustrücktrag und für alle Arbeitnehmer bei den
Reisekosten vor. Vor allem aber geht es um die Anhebung des Grundfreibetrags und die Aufhebung der kalten
Steuerprogression für die Bezieher unterer Einkommen.
Diese Blockade im Bundesrat ist ein Angriff auf den Erfolg dieses Landes. Sie wollen uns in das Jahr 2002 zurückführen, als Deutschland das Schlusslicht in Europa
war. Heute sind wir an der Spitze.
({4})
Herr Trittin hat während der Debatte zum Etat des
Bundeskanzleramtes deutlich gemacht, dass 83 Prozent
der Maßnahmen im Einkommensteuerbereich der oberen
Hälfte der Einkommensbezieher zugutekämen. Da hat er
recht. Denn 40 Prozent in Deutschland zahlen gar keine
Einkommensteuer. 10 Prozent kämen 17 Prozent zugute,
und der Rest geht an die Bezieher von oberen Einkommen, an diejenigen, die 30 000, 40 000, 50 000 oder
60 000 Euro zu versteuern haben. Wir haben ja nicht den
Spitzensteuersatz einbezogen, sondern wir haben den
normalen Arbeitnehmer erfasst. Das mag Herr Trittin
nicht so genau wissen.
Es war aber eine Dreistigkeit von Herrn Trittin, dass
er die Frau Bundeskanzlerin vorgestern angegriffen hat,
indem er gesagt hat - ich will das einmal zitieren -:
Gleichzeitig haben Sie in diesem Zeitraum
- in den sieben Jahren die gesamtstaatliche Verschuldung von 63 Prozent
- damit waren die Maastricht-Kriterien fast eingehalten ({5})
auf im nächsten Jahr über 84 Prozent gesteigert.
Wenn auch nicht viel von Ihrer Kanzlerschaft
bleibt: Dieser Haufen Schulden bleibt für kommende Generationen.
({6})
Das ist erstens falsch, weil das am Anfang der Regierungszeit der Großen Koalition, im Jahr 2005, nicht
63 Prozent waren, Herr angehender, gern beliebter, gern
gewählter Möchtegernfinanzminister,
({7})
sondern 68 Prozent, genau genommen 68,5 Prozent. Das
entspricht 122 Milliarden Euro, die Sie uns unterschieben wollen. Das ist eine Sauerei, Herr Trittin!
({8})
Die zweite falsche Behauptung ist, dass Sie die Maastricht-Kriterien fast eingehalten hätten. Sie haben doch
die Maastricht-Kriterien gebrochen. Warum haben wir
denn heute diese Probleme? Sie haben in der Zeit der
rot-grünen Koalition die Maastricht-Kriterien gebrochen. Dadurch haben wir diese Probleme in Europa.
({9})
Drittens möchte ich Ihnen sagen - Sie wollen doch
Finanzminister werden; Sie können im Finanzministerium
anrufen -: Sie geben für das Jahr 2013 die Prognose ab,
dass die gesamtstaatliche Verschuldung 84 Prozent betragen wird. Diese Prognose ist falsch.
({10})
Es sind eigentlich 82 Prozent. Das entspricht 50 Milliarden Euro weniger, aber für Sie ist das ja keine Größenordnung.
({11})
Das Wichtigste ist, dass von diesen 82 Prozent Staatsverschuldung, bezogen auf die wirtschaftliche Leistung,
12 Prozent nichts anderes als eine Sicherung für die sogenannten Bad Banks sind.
({12})
Wir sind für die Vermögenswerte der beiden Bad Banks
- das sind 300 Milliarden Euro - zuständig. Vermögenswerte der Bad Banks werden übrigens jeden Tag verkauft und abgebaut. Es gibt Prognosen, nach denen allein aus diesem Grund die Staatsverschuldung in den
nächsten fünf Jahren um 7 Prozent zurückgehen wird.
({13})
Sie wollen das für sich vereinnahmen. Wir aber haben
die Basis für Solidität geschaffen. Wir führen die Staatsverschuldung auch in den nächsten Jahren zurück. Das
ist ein Erfolg dieser Bundesregierung.
({14})
Als Finanzpolitiker weiß ich, dass die Finanzmarktregulierung eine große Rolle für die Stabilität spielt. Ich
möchte ein Zitat vorbringen:
Anders als manche Oppositionspolitiker behaupten,
lässt sich belegen, was uns in diesen letzten zwölf
Monaten an Regulierungsmaßnahmen und der Umsetzung des Prinzips, dass kein Finanzmarktteilnehmer, kein Finanzmarktprodukt, kein einzelner
Finanzmarkt ohne Aufsicht und ohne Regelung sein
soll, gelungen ist.
({15})
- Stopp, das ist ein Zitat vom 8. September 2009. Das
war die letzte Rede von Steinbrück vor der Wahl 2009 in
diesem Hause.
({16})
Er hat vor drei Jahren behauptet, er habe alle Finanzmarktteilnehmer und alle Finanzmarktprodukte im Griff.
({17})
Vor drei Jahren hatten wir aber eine völlig andere Situation. Seitdem ist in diesem Land vieles passiert: Wir
haben die Eigenkapitalanforderungen dramatisch verschärft. Wir haben das Restrukturierungsgesetz eingeführt, sodass wir Banken sanieren, aber auch zerschlagen
können. Wir haben die Bankenabgabe eingeführt - Stichwort: Schuld der Banken -; ich nenne auch die Stichworte Verbriefungen und Vergütungsregelungen. Wir
haben Spekulationsgeschäfte, die sogenannten Leerverkäufe, untersagt. Wir haben das Anlegerschutzgesetz
verbessert. In der nächsten Woche geht es um die Regulierung der außerbörslichen Derivate und des Hochgeschwindigkeitshandels. Wir haben die Honorarberatung
und die Regulierung von Hedgefonds in Bearbeitung.
Wir reden nicht, wir handeln - im Gegensatz zu Ihrem
Kanzlerkandidaten.
({18})
Leider geht meine Redezeit zu Ende.
({19})
Ich denke, es war wichtig, noch einmal zu sagen, welche
Ansprüche vom Kanzlerkandidaten und vom designierten Finanzminister erhoben werden. Die größte Gefahr
für die Entwicklung in diesem Staat besteht, wenn RotGrün an die Regierung kommt.
({20})
Gegenüber der Steuerschätzung aus dem Jahr 2008
haben wir 200 Milliarden Euro weniger Steuern eingenommen.
({21})
Das heißt, wenn wir die Wirtschaft ruinieren oder sie mit
Belastungen belegen, dann kommen wir womöglich
wieder in eine Situation wie in den Jahren 2008, 2009
und 2010.
({22})
Deswegen sage ich: Nur diese Koalition steht für Stabilität, für Wirtschaftswachstum, für Arbeitsplätze und
für eine gute Zukunft in Deutschland.
({23})
Jetzt hat das Wort der Kollege Carsten Schneider von
der SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach dieser Portion Autosuggestion ein Blick auf den
Haushalt. Herr Minister, so wie Sie eben den Haushalt in
der Schlussrunde verteidigt haben, nämlich fast gar nicht
- das war mehr eine allgemeine Plauderstunde, aber
keine Rechtfertigung für 17 Milliarden Euro neue Schulden, die Sie machen -, führen Sie vermutlich nicht nur
Ihr Haus, sondern auch die gesamten Verhandlungen mit
den Fachressorts. Anders ist es nicht erklärbar, dass es
Ihnen nicht gelungen ist, trotz bester Lage in Deutschland, was die Steuereinnahmen, aber auch die Arbeitslosenzahlen und die Zinsleistungen, die zu erbringen sind
- sie sind aufgrund des Zinsniveaus so gering wie seit
langem nicht mehr -, betrifft, einen ausgeglichenen
Haushalt vorzulegen. Das wäre Ihre zentrale Aufgabe
hier in Deutschland gewesen. Sie sind daran gescheitert,
Herr Schäuble.
({0})
Die Koalition hat gesagt, dass wir von der SPD auf
der einen Seite Mehrausgaben in Höhe von - hier gab es
unterschiedliche Angaben - 6 Milliarden bis 8 Milliarden Euro verlangen und auf der anderen Seite teuflische
Steuererhöhungen vornehmen wollten. Um zur Sache zu
kommen: Deutschland ist, gemessen am staatlichen Kapitalstock, in den letzten 20 Jahren verarmt. Der Verlust
an staatlichem Eigenkapital beträgt 800 Milliarden Euro.
Das private Vermögen ist in diesem Zeitraum von
4,5 Billionen auf 10 Billionen Euro gestiegen. Das sind
keine Propagandazahlen der SPD, sondern ist dem Armuts- und Reichtumsbericht dieser Bundesregierung zu
entnehmen.
({1})
Wenn wir dieser Entkernung des Staates insbesondere
bei der Infrastruktur - das ist einer der Hauptpunkte -,
aber auch bei den kommunalen Finanzen und der extrem
hohen Verschuldung, die sich von fast 60 auf 80 Prozent
der jährlichen Wirtschaftsleistung erhöht hat, etwas entgegensetzen wollen, dann geht dies nur, wenn wir den
von der SPD vorgeschlagenen Weg einschlagen: erstens
Abbau von Subventionen, insbesondere von Steuersubventionen, und zweitens Veränderung der ungerechten
Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland - ich glaube, das können selbst Sie nicht wegdiskutieren - mittels Steuerpolitik. Genau das schlagen wir
vor.
({2})
Dadurch wollen wir im ersten Jahr 15 Milliarden
Euro mehr einnehmen. Subventionsabbau kommt bei Ihnen gar nicht vor. Es hat mich im Übrigen verwundert,
dass Sie auf unsere exakten Vorschläge nicht eingegangen sind. Wahrscheinlich haben Sie das deswegen nicht
getan, weil Sie dann hätten deutlich machen müssen,
dass bei Ihnen das Gegenteil passiert ist. Sie haben Subventionen aufgebaut und nicht abgebaut. Ich nenne als
Beispiel nur das Hotelsteuerprivileg bei der Mehrwertsteuer. Damit hat die Legislaturperiode angefangen, und
mit einer neuen Subvention, dem Betreuungsgeld, hört
sie auf. Das ist keine solide, gerechte Finanzpolitik.
({3})
Sie haben die Steuermehreinnahmen von 3 Milliarden
Euro für 2013 nicht genutzt, um - das wäre Ihre Aufgabe
als Haushälter gewesen; normalerweise kürzt der Haushaltsausschuss die Mittelansätze im Regierungsentwurf
noch ein bisschen - die Nettokreditaufnahme zu reduzieren. Das haben Sie nicht getan, im Gegenteil. Sie senken
die Nettokreditaufnahme von geplant 18,8 Milliarden
auf 17,1 Milliarden Euro, um irgendwie unter die Nettokreditaufnahme von 2011 zu kommen. Es sähe auch komisch aus, wenn man Mehreinnahmen im Jahr 2013 hat
und trotzdem eine höhere Verschuldung als 2011 hätte.
Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten den
kontinuierlichen Abbau der Neuverschuldung geplant.
Vielleicht haben Sie ihn geplant, aber gemacht haben Sie
ihn nicht.
({4})
Im Jahr 2011 hatten Sie eine Nettokreditaufnahme von
17 Milliarden Euro. Für das Jahr 2012 hatten Sie 32 Milliarden Euro geplant. Es werden nun 28 Milliarden Euro.
Es geht also im Vergleich eindeutig nach oben. Im Jahr
2013 soll die Nettokreditaufnahme wieder auf rund
17 Milliarden Euro sinken.
({5})
- Für den ESM sind 8 Milliarden Euro vorgesehen.
Wenn Sie diese Summe von den 28 Milliarden Euro
Neuverschuldung in diesem Jahr subtrahieren, dann stellen Sie fest, dass es 20 Milliarden Euro sind.
Unter dem Strich handelt es sich nicht um eine Senkung, sondern um eine Steigerung. Der Bruch kam, als
Sie als Finanzminister die Arbeit im Innern aufgegeben
haben. Ich habe Sie gar nicht mehr wahrgenommen. Es
gab keine Chefgespräche; es gab auch keinen Streit. Das
ist immer schlecht.
Wissen Sie, warum? Es musste natürlich einen Streit
um die Ressourcen geben. Sie haben mehr oder weniger
allen Begehrlichkeiten stattgegeben. Der Höhepunkt war
Carsten Schneider ({6})
der Koalitionsausschuss im November. Da sind Sie lieber nach Mexiko gefahren, um Vorträge zu halten, als zu
sehen, dass der Haushalt hier in Ordnung gebracht wird.
Das war, Herr Minister Schäuble, Ihre Politik im Innern.
({7})
Wir als SPD setzen dem zwei Punkte entgegen. Den
ersten Punkt, den Subventionsabbau, habe ich schon angesprochen. Die größte Einzelsubvention, die es gibt, ist
der nichtexistierende Mindestlohn. Die Forderung nach
Einführung eines Mindestlohns findet sich nirgendwo
bei Ihnen. Diesen gibt es in fast allen europäischen Ländern, in Deutschland nicht. Die Mehrausgaben für den
Gesamtstaat aufgrund eines fehlenden Mindestlohns machen in etwa, wenn Sie die Steuermehreinnahmen mit
einbeziehen, 8 Milliarden Euro aus; für den Bund ist es
etwa die Hälfte, ein bisschen mehr. Diese 8 Milliarden
Euro könnten wir einsparen. Damit könnten wir den
Menschen letzten Endes wieder ein Stückchen Würde
zurückgeben, damit sie, wenn sie arbeiten, nicht noch
danach aufs Amt gehen müssen. Stattdessen sollten sie
von ihrer Arbeit - zumindest wenn sie alleinstehend sind
und keine Familie haben - auch halbwegs leben können.
({8})
Das machen Sie nicht, diese Subvention bauen Sie nicht
ab. Andere, wo es um Ihre Klientel geht, bauen Sie auf.
Ich komme zum zweiten Punkt. Sie sagen immer, Ihre
Ausgaben seien stabil. Dabei geht es - Pi mal Daumen um 300 Milliarden Euro. 2010 gab es einen Krisenhaushalt mit einem Konjunkturprogramm und mit höheren
Sozialausgaben. Wenn Sie davon hätten herunterkommen wollen - das muss ein ganz natürlicher Prozess
sein; wenn der Staat einigermaßen steuert, muss er, wenn
es besser läuft, die Ausgaben senken -, hätten Sie eine
Zahl erreichen müssen, die viel geringer wäre als die von
2010. Da sind Sie aber nicht. Sie haben die Minderausgaben in diesem Bereich nicht genutzt, um deutlich herunterzukommen. Im Gegenteil: Sie haben das Geld, das
durch die Steuereinnahmen hereingekommen ist, mehr
oder weniger verprasst.
Was die Zinsausgaben angeht, hatten Sie in der Finanzplanung für 2013 11 Milliarden Euro mehr vorgesehen. Die fließen da natürlich hinein. Auch hier gibt es
eine Entlastung. Sie machen sich also etwas vor, indem
Sie uns hier vorgaukeln, Sie würden mit den Ausgaben
halbwegs hinkommen. Das ist nicht der Fall. Wenn Sie
die Zahlen real bereinigen, haben Sie durch Aufwüchse
oder Subventionsaufbau bzw. -ausbau sogar Mindereinnahmen.
Meine Damen und Herren, das alles führt dazu, dass
wir sagen: Dieser Haushalt ist nicht solide. Er hat im sozialen Bereich eine Schlagseite. Hohe Vermögen werden
viel zu wenig herangezogen. Sie wollten dadurch, dass
Sie das Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen
haben - gut, dass der Bundesrat dagegen gestimmt hat -,
nicht nur auf europäischer Ebene die Zinsrichtlinie - das
ist gemeinsame Politik - unterminieren bzw. verhindern,
sondern Sie wollten diejenigen, die über Jahrzehnte Geld
hinterzogen und schwarz in die Schweiz gebracht haben,
noch denjenigen gegenüber privilegieren, die sauber ihre
Steuern zahlen.
({9})
Das ist - dies ist ganz klar - mit der SPD nicht zu machen. Deswegen bin ich froh, dass der Bundesrat entsprechend entschieden hat.
Sie haben keinerlei Vorsorge für Griechenland getroffen. Herr Minister, Sie waren bei uns in der Fraktion und
auch bei den anderen Fraktionen. Ich habe Respekt vor
den körperlichen Belastungen, die Sie dadurch hatten.
Ich meine, dass es für Europa und auch für alle anderen
Minister, die da nächtelang herumsitzen, besser wäre,
wenn Sie den Leuten hier in Deutschland endlich die
Wahrheit sagen würden, dass nämlich die Rettung Griechenlands und die Stabilisierung des Euro nicht umsonst
zu haben sind. Sie und Ihre Fraktion haben sich eingemauert: Sie wollen Griechenland unbedingt in der EuroZone halten; aber es darf nichts kosten. Das geht nicht
auf, die Quadratur des Kreises funktioniert nicht.
Ich komme auf das Signal zu sprechen, das vom
Dienstag dieser Woche ausgegangen ist. Da haben Sie
bis halb fünf bzw. fünf Uhr nachts getagt. Die Griechen
haben alles geliefert, was sie sollten. Die Strategie ist nur
gescheitert: Mit reiner Spar- und Austeritätspolitik
wurde ihre Wirtschaft letztendlich abgewürgt. Das ist
auch eines Ihrer „Verdienste“. Wir haben das von Anfang an gesagt.
Die Strategie ist hinsichtlich eines zweiten Punktes
gescheitert. Im Jahr 2010 haben Sie die Privatgläubiger
Griechenlands laufen lassen. Sie haben sie letztendlich
mit Steuergeld herausgekauft. Das sagt Ihnen auch der
neue Wirtschaftsweise heute im Interview im Handelsblatt. Wir haben damals gesagt, dass wir sofort eine Finanztransaktionsteuer einführen und eine Beteiligung
der privaten Gläubiger wollen. Jetzt haben wir die
Schuldenlast zu tragen. Über kurz oder lang werden wir
- das ist klar - nicht um eine stärkere Entlastung Griechenlands herumkommen. Das müsste hier in diesem
Bundeshaushalt abgebildet sein, ist es aber nicht.
({10})
Im Gegenteil, wenn von dieser Bundesregierung etwas in Erinnerung bleibt, dann, dass sie die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank geopfert hat. Sie wird
mehr und mehr zu einem politischen Spieler. Wenn Sie
ernsthaft in Erwägung ziehen - und dies am Montag in
der Euro-Gruppe verabreden wollen -, dass die Europäische Zentralbank über einen Dispokredit - so kann man
die T-Bills auch bezeichnen - mehr oder weniger dauerhaft in die Staatsfinanzierung Griechenlands involviert
wird, dann sollten Sie nie wieder über Inflationsbekämpfung, Stabilitätspolitik und unabhängige Geldpolitik reden.
({11})
Carsten Schneider ({12})
Sie haben, weil Sie politisch dazu nicht in der Lage
waren, hier im Hohen Haus, in Ihrer Koalition und auch
im Land keine Mehrheit für Maßnahmen von Staat zu
Staat - Stichwort ESM -, bei denen wir anderen Ländern
Kredite gewähren und sie uns diese dann dank guter
Wirtschaftpolitik irgendwann zurückzahlen. Weil Sie
sich nicht einigen können, schieben Sie die Europäische
Zentralbank vors Loch und zwingen sie mehr oder weniger dazu, politisch zu agieren. Das ist, glaube ich, das,
was von dieser Koalition langfristig übrig bleiben wird:
eine Veränderung des Mandats der EZB.
In diesem Zusammenhang gab es einen ungewöhnlichen Vorgang, der in Europa einzigartig war: Der Präsident der Zentralbank, in unserem Fall der Bundesbank,
Herr Weidmann - Sie haben ihn ernannt -, hat Ihnen und
dieser Politik öffentlich widersprochen. Sie, die Bundeskanzlerin und der Herr Finanzminister, haben sich dann
ausdrücklich auf die Seite von Herrn Draghi gestellt. Ich
finde, das ist ein bemerkenswerter Vorgang. Dazu sollten
Sie auch hier im Deutschen Bundestag einmal Stellung
nehmen.
({13})
Mit der Plünderung der Reserven der Sozialkassen,
mit dem Versäumnis, Vorsorge für mögliche bzw. wahrscheinliche Ausfälle Griechenlands zu treffen, mit dem
Blick nur auf den Termin der Bundestagswahl, über den
Sie irgendwie noch kommen wollen, und mit dem Verschieben aller Lasten in die nächste Legislaturperiode ist
dieser Bundeshaushalt nicht nur Makulatur, sondern er
ist auch Dokument Ihres Scheiterns, des Scheiterns von
Schwarz-Gelb.
Deswegen lehnen wir ihn ab.
({14})
Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt das Wort der
Kollege Cajus Caesar.
({0})
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Solide Finanzen, mehr Mittel für Bildung, Forschung und Infrastruktur, weniger Arbeitslose und mehr Beschäftigung - das
sind die Erfolge dieser unionsgeführten Bundesregierung.
({0})
Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich unserem Fraktionsvorsitzenden, Volker Kauder, und unserem haushaltspolitischen Sprecher, Norbert Barthle, dass dieser
Haushaltsentwurf in dieser Form möglich war. Sie haben
durch Ihre Initiativen, durch Ihre Ideen wesentlich dazu
beigetragen. Herzlichen Dank dafür!
Die Schuldenbremse werden wir drei Jahre eher als
geplant einhalten. Viele auch hier im Haus hätten davon
nicht zu träumen gewagt. Ich denke, das ist Ausdruck
des Erfolgs dieser Regierung, dieser christlich-liberalen
Koalition.
({1})
Schauen wir zurück, können wir feststellen: Gerhard
Schröder hat seinerzeit das Maastricht-Kriterium von
3 Prozent mit 4,2 Prozent gerissen. Die Neuverschuldung unter Steinbrück war mit 86 Milliarden Euro die
höchste Deutschlands. Diese Bundesregierung mit dem
klug agierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble hat
es geschafft, Ihnen heute einen solchen Haushaltsentwurf vorzulegen. Ich denke, das ist der Weg in die richtige Richtung.
({2})
Wir handeln anders als Sie,
({3})
indem wir schauen, wie der Bürger mit seinem Geld umgeht; er muss nämlich auskömmlich damit umgehen.
({4})
Das wollen auch wir. Wir machen das. Sie sind nicht auf
dem richtigen Weg. Diese Bundesregierung hat Erfolg.
Das ist gut für die fleißigen Menschen in unserem Land
und für die innovativen Betriebe. Wir setzen die richtigen politischen Rahmenbedingungen und treffen die
richtigen Entscheidungen. Diese Unionsmehrheit im
Deutschen Bundestag garantiert, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
({5})
Wir stehen für solide Finanzen. Wir stehen dafür, dass
das Vermögen unserer Bürger geschützt wird. Wir - mit
unserer Kanzlerin an der Spitze - wollen, dass Schulden
nicht vergemeinschaftet werden. Wir wollen, dass die
Spareinlagen unserer Bürger sicher sind. Dafür danken
wir an erster Stelle unserer Kanzlerin Angela Merkel.
({6})
Wir haben die Rahmenbedingungen für Finanzgeschäfte richtig gesetzt. Wir wollen nicht, dass manche
über alle Maßen verdienen und dafür andere bluten müssen. Wir wollen die Bankenaufsicht stärken. Wir wollen
die Erhöhung des Eigenkapitals der Banken. Wir wollen
einen verbesserten Anlegerschutz. Wir wollen klare Regelungen, die gewährleisten, dass das Vermögen unserer
Bürger und Betriebe sicher und geschützt ist.
Wir wollen vor allem nicht mehr Steuerbelastungen.
Peer Steinbrück hat ja angekündigt, dass er, wenn man
alles addiert, Mehrbelastungen für Bürger und Betriebe
in Höhe von rund 30 Milliarden Euro will. Wir wollen
keine Erhöhung der Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent. Wir wollen keine Erhöhung der Erbschaftsteuer.
Wir halten das für falsch, Sie halten das für richtig. Wir
glauben, wir sind auf dem richtigen Weg: für unsere
Bürger und für unsere Betriebe.
Wir wollen auch den kommunalen Bereich entlasten.
Wir tun das,
({7})
und zwar durch die Entlastung der Kommunen bei der
Grundsicherung. Hier übernimmt der Bund zukünftig
100 Prozent - anders als zu Zeiten von Rot-Grün. Wir
wollen, dass die Grundsicherung zu 100 Prozent vom
Bund übernommen wird. Das bedeutet bis 2020 eine
Entlastung von 50 Milliarden Euro für unsere Kommunen. Für meinen Wahlkreis beispielsweise macht das alleine im Jahre 2014 eine Entlastung um 7,3 Millionen Euro aus. Das ist eine bürgerfreundliche, eine
kommunal orientierte Politik dieser Bundesregierung.
({8})
Wir wollen das Ehrenamt fördern; deshalb haben wir
auch dort angesetzt. Wir haben die steuerfreie Übungsleiterpauschale von 2 100 auf 2 400 Euro erhöht. Wir haben den Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten von
500 auf 720 Euro erhöht. Wir haben die Begünstigung
zweckgebundener Vereine bei der Umsatzsteuer von
35 000 auf 45 000 Euro erhöht. Das sind zugegebenermaßen kleine Beiträge; aber es sind Beiträge. Wir wollen
das Ehrenamt nämlich fördern.
({9})
Schauen wir uns die U-3-Betreuung an. Das ist eine
Landesaufgabe. Der Bund hat dafür - obwohl dies nicht
in seine Verantwortung und seinen Zuständigkeitsbereich fällt - 4 Milliarden Euro bereitgestellt. Wir haben
diesen Betrag jetzt um weitere 580 Millionen Euro erhöht; ich denke, das sollten Sie anerkennen. Das ist übrigens anders als in Nordrhein-Westfalen, wo man bei der
U-3-Betreuung die rote Laterne hält und wo in 2013 eine
zusätzliche Neuverschuldung in Höhe von 3,2 Milliarden Euro und in 2014 in Höhe von 3,5 Milliarden Euro
angedacht ist. Das ist keine auf die Zukunft ausgerichtete Politik. Das ist rot-grüne Politik. Wir sehen das anders. Wir setzen uns ein für die zukünftigen Generationen, für Bildung, Kinder, Jugend und für die
Bevölkerung insgesamt.
({10})
Sie blockieren, dass die verdienenden Bürger, die Arbeitnehmer in unserem Land, durch Milderung der kalten Progression entlastet werden. Das können wir so
nicht hinnehmen. Wir wollen die Infrastruktur stärken.
Dafür stellen wir 750 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.
Sozial ist, was Arbeit schafft. Alle 60 Sekunden entsteht in Deutschland ein neuer Job. 92 Prozent der jungen Menschen in unserem Land haben einen Arbeitsplatz. Das ist sozial, und das ist gerecht. Wir danken
unserer Kanzlerin, die dieses Land durch Kompetenz,
Menschlichkeit und Führungsstärke voranbringt. Diese
Politik der Union ist Zukunftspolitik.
({11})
Als letztem Redner in dieser Haushaltsdebatte erteile
ich das Wort dem Kollegen Norbert Barthle von der
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am Ende einer langen Woche darf auch ich zunächst einen ganz
herzlichen Dank aussprechen - ich tue das auch im Namen unserer Ausschussvorsitzenden Petra Merkel, der
ich ebenfalls gute Besserung wünsche -, insbesondere
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltssekretariats unter Führung von Frau Dr. Hasenjäger; da
hinten sitzt sie, noch etwas ermattet, aber schon wieder
frisch. Wir hatten allein in den Haushaltsberatungen
- die Sondersitzungen zur Euro-Stabilisierung nicht mitgezählt - 57 Sitzungsstunden zu absolvieren. Wir haben
957 Änderungsanträge vorbereitet und bearbeitet, über
sie abgestimmt, argumentiert und dokumentiert.
Deshalb auch an die Mitarbeiter in den einzelnen Arbeitsgruppen ein ganz herzliches Dankeschön!
({0})
Ich beziehe in diesen Dank das BMF ein - den Herrn
Bundesfinanzminister, die Staatssekretäre Kampeter und
Gatzer und den Haushaltsdirektor Mießen -, aber auch
die Kollegen und Kolleginnen. Ich will mich dafür bedanken, dass wir in den langen, anstrengenden Beratungen ein - das will ich betonen - gutes Miteinander, ein
kollegiales Klima hatten.
Erlauben Sie mir am Ende dieser Woche zwei, drei
kritische Anmerkungen zu dieser Debattenwoche. Ich
glaube, wenn man die ganze Woche Revue passieren
lässt, kann man eines feststellen: Die Koalition ist nach
wie vor dabei, durch harte, fleißige, akribische Arbeit einen Haushalt aufzustellen, der zum Ausdruck bringt, wo
wir stehen und wohin wir wollen, während sich die Opposition erkennbar bereits im Wahlkampfmodus befindet. Das ließ sich bei den einzelnen Debattenbeiträgen
immer wieder heraushören.
({1})
Ich finde: Wenn der Kanzlerkandidat der SPD die Regierung als „Panzerknackerbande“ bezeichnet, dann ist
das schon grenzwertig. Das kann man machen, wenn
man vor den Bochumer Stadtwerken redet; aber hier ist
das grenzwertig.
({2})
Wenn Herr Trittin meint, er müsse den Ministerpräsidenten des erfolgreichsten Bundeslandes - Bayern - als
„Crazy Horst“ bezeichnen, dann finde ich auch das
grenzwertig. Das kann man machen, wenn man vor der
Grünen Jugend redet, aber nicht hier.
({3})
Kommen wir noch einmal zum Haushalt zurück. Wir
haben jetzt in der Schlussdebatte wieder erleben dürfen,
dass die Opposition uns vorwirft, wir würden zu wenig
sparen und wir würden nicht kontinuierlich sparen; Kollege Schneider hat es gerade eben vorgetragen. Nochmals zum Mitschreiben, meine sehr verehrten Damen
und Herren: Diese Koalition reduziert konsequent, Jahr
für Jahr, das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt. Wir
haben im Jahr 2010 bei weit über 30 Milliarden Euro angefangen. 2011 waren es 20 Milliarden Euro. 2012 sind
es 15 Milliarden Euro. 2013 werden es 8,8 Milliarden
Euro sein. Das ist, Herr Kollege Schneider, eine kontinuierlich absinkende Linie, die das klare Ziel belegt, 2014
einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
Mit dem 2013er-Haushalt erreichen wir das Ziel für
2016 bereits drei Jahre früher. Das ist eine Riesenleistung dieser Koalition, die Sie anerkennen sollten.
({4})
Herr Steinbrück hat gesagt - die Opposition sagt das
permanent -:
Nie zuvor war die … Ausgangslage für … eine …
Rückführung der Neuverschuldung … so günstig
wie heute.
Da hat er recht. Ich bedanke mich für dieses großartige
Kompliment an die Bundesregierung. Die Ausgangslage
ist tatsächlich gut. Das hat aber etwas mit Regierungsarbeit zu tun.
({5})
Die Situation im Lande wird in der Regel von der Regierung geprägt, nicht von der Opposition. Das ist eine Binsenweisheit, und das wissen die Menschen da draußen
auch. Also Danke für dieses Kompliment!
Dann heißt es immer, wir hätten nur Glück gehabt,
wegen der guten Steuereinnahmen. Meine Damen und
Herren, wenn das stimmt, dann gilt das auch für die
Bundesländer; denn die Hälfte der Steuereinnahmen landet bei den Bundesländern. Eigenartigerweise macht das
Glück aber vor den Ländern halt, in denen - wie in Baden-Württemberg - die Grünen regieren oder - wie in
Nordrhein-Westfalen - die SPD. Die machen Schulden
wie die Schweinstreiber.
({6})
Wenn ich daraus lernen darf, dass das Glück nur bei den
Regierungen ankommt, die von der CDU oder von der
CSU geführt werden, dann ist das eine schöne Botschaft
an die Wählerinnen und Wähler; dann wissen sie, was
sie im kommenden Jahr zu tun haben. Herzlichen Dank
auch dafür!
({7})
Dann wurde argumentiert mit den Schulden, die sich
im Laufe dieser Legislaturperiode addiert haben.
Kollege Barthle, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
In dieser letzten Rede nicht mehr. Es war jetzt lange
genug, eine ganze Woche lang, Gelegenheit.
({0})
Ich erinnere nochmals an die Ausgangslage: Nach dem
Steinbrück-Etat waren 86 Milliarden Euro neue Schulden vorgesehen. Wer beobachten will, wie engagiert die
SPD ans Sparen geht, der muss sich die mittelfristige Finanzplanung des Herrn Steinbrück anschauen: Was sah
er für 2013 vor? 46 Milliarden Euro Schulden.
Wir machen nicht 46 Milliarden Euro, sondern
17,1 Milliarden Euro neue Schulden. Auch hier liegen
wir fast 30 Milliarden Euro unter Steinbrücks Planung,
unter der Planung der SPD. Wir sind deutlich engagierter,
stringenter und konsequenter, wenn es darum geht,
Schulden zurückzuführen.
({1})
Dabei kommt hinzu, dass von der Opposition ganz
lässig permanent nicht zur Kenntnis genommen wird,
dass wir in diesem und im kommenden Jahr rund
20 Milliarden Euro in die Kapitalstöcke des Europäischen Stabilitätsmechanismus und der Europäischen Investitionsbank abführen. Das sind Transfers auf andere
Konten. Das Geld liegt dort als Guthaben und erbringt
im Übrigen auch Zinsen. Wir sprechen hier von insgesamt 20 Milliarden Euro! Wenn Sie diese Zahlungen von
unserer Nettoneuverschuldung in 2013 abziehen würden, dann sähen Sie, dass unsere Nettokreditaufnahme
viel geringer wäre.
Daneben wird auch nicht zur Kenntnis genommen,
dass wir die Kommunen in den nächsten Jahren deutlich
entlasten, und zwar um insgesamt 60 Milliarden Euro.
Das ist eine Leistung dieser Koalition! Das haben Sie so
nie hinbekommen.
({2})
Ich will noch einmal die Vorschläge, die die Opposition permanent macht, zusammenfassen:
Auf die Steuererhöhungen wurde schon hingewiesen.
Die Parteitagsbeschlüsse der Grünen sprechen eine deutliche Sprache. Die FAZ hat geschrieben: Die Grünen befinden sich „im Sozialrausch“. Manchmal hat man den
Eindruck, Sie müssten Ihre Farbe wechseln und ein bisschen mehr Rot in das Grün mischen. Das würde der Sache gerechter.
Während wir hier in der Schlussberatung zum Haushalt sind, wurde im Bundesrat das Steuerabkommen mit
der Schweiz auf Betreiben der SPD behindert.
({3})
Dafür sollten Sie sich eigentlich schämen. Das war reine
Parteistrategie.
({4})
Ich hätte erwartet, dass der designierte Kanzlerkandidat der SPD seiner staatsmännischen Verantwortung gerecht wird
({5})
und die Ministerpräsidenten zur Vernunft bringt.
({6})
Nein, das hat er nicht getan. Ich vermute, er hat sich mit
seiner Kavallerie etwas vergaloppiert und ist von dem
Gaul nicht mehr heruntergekommen. Das wird wahrscheinlich der Hintergrund sein.
({7})
In dieser Woche hätte Herr Steinbrück die Chance gehabt, zum Goldenen Reiter der SPD aufzusteigen. Nein,
die Chance hat er verpasst. Er macht sich zum Don
Quichotte der SPD, und der Herr Gabriel darf den
Sancho Pansa machen. Das ist doch peinlich.
({8})
Kommen wir zu dem weiteren Vorwurf der Opposition, nämlich: Wir würden durch einen Griff in die Sozialkassen einen sozialen Kahlschlag betreiben.
({9})
Liebe Bürgerinnen und Bürger draußen, es ist tatsächlich
wahr: Wenn wir wollten, könnten wir die Nettokreditaufnahme unter Hintanstellung aller Vernunft auf nahezu
null senken.
({10})
Dafür bräuchten wir nur alle Rücklagen der Sozialkassen
abzugreifen. Das tun wir nicht. Wir lassen die Rücklagen
im Gesundheitsfonds, in den Krankenkassen und in der
Rentenversicherung ein Stück weit stehen.
({11})
- Sie würden das anders machen. Eher legt sich ein
Hund einen Wurstvorrat an, als dass Sozialdemokraten
irgendwo Rücklagen stehen lassen würden. Wir lassen
sie stehen. - Das ist Vorsorge für die Zukunft. Deshalb
ist das an dieser Stelle auch richtig.
({12})
Gleichzeitig investieren wir mehr: in Verkehr, in Bildung, in Forschung, in die Bereiche, die unsere Zukunft
garantieren.
({13})
Deshalb ist diese Koalition gut für die Zukunft dieses
Landes und gut für Europa,
({14})
und deshalb werden wir auch im kommenden Jahr diese
Arbeit kontinuierlich und fleißig fortsetzen.
({15})
Danke.
({16})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus-
haltsgesetz 2013. Es geht um die Drucksachen 17/10200,
17/10202, 17/10801, 17/10802, 17/10804 bis 17/10809,
17/10811 bis 17/10814, 17/10816, 17/10821 bis 17/10825.
Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich möchte
Sie daran erinnern, dass nach der namentlichen Abstim-
mung einfache Abstimmungen über Entschließungsan-
träge folgen werden.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre
Plätze einzunehmen. - Sind jetzt alle Abstimmungs-
plätze mit Schriftführern besetzt? - Das ist der Fall. Ich
eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir die Ab-
stimmungen fortsetzen können und das Präsidium zwei-
felsfrei die Abstimmungsergebnisse feststellen kann,
bitte ich Sie, Platz zu nehmen.
Wer setzen jetzt die Abstimmungen fort und kommen
zu den Entschließungsanträgen.
Wir beginnen mit der Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache
17/11601. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? -
Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abge-
lehnt.
Wir stimmen nun über die acht Entschließungsanträge
der Fraktion Die Linke ab.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11564. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11566. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Druck-
sache 17/11567. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage-
gen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungs-
antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Druck-
sache 17/11569. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage-
gen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist
abgelehnt.
1) Ergebnis Seite 25548 C
Vizepräsidentin Petra Pau
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11572. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11573. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist
abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11602. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11603. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen, der SPD-Fraktion und der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke abgelehnt.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über fünf
Entschließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11565. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11568. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11570. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11571. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag auf Drucksache 17/11604. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen
Abstimmung unterbreche ich die Sitzung.
({0})
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich bitte, die notwendige Aufmerksamkeit für das Ergebnis der Schlussabstimmung über den Entwurf eines
Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Haushaltsjahr 2013 herzustellen. Ich gebe das
von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: abgegebene Stimmen 570. Mit Ja haben 312 Kolleginnen
und Kollegen gestimmt, mit Nein haben 258 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Kein Kollege und keine
Kollegin haben sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 569;
davon
ja: 311
nein: 258
Ja
CDU/CSU
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({0})
Manfred Behrens ({1})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({2})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer ({3})
Axel E. Fischer ({4})
Dr. Maria Flachsbarth
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({5})
Michael Frieser
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Reinhard Grindel
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung ({6})
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({7})
Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers
({8})
Vizepräsidentin Petra Pau
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({9})
Dr. Michael Meister
Maria Michalk
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller ({10})
Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann ({11})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({12})
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht ({13})
Anita Schäfer ({14})
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt ({15})
Dr. Andreas Schockenhoff
Nadine Schön ({16})
Dr. Kristina Schröder
({17})
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Armin Schuster ({18})
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl ({19})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel ({20})
Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg ({21})
Peter Weiß ({22})
Sabine Weiss ({23})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth WinkelmeierBecker
Dagmar G. Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine AschenbergDugnus
Daniel Bahr ({24})
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Hans-Werner Ehrenberg
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther ({25})
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Birgit Homburger
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth ({26})
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Lars Lindemann
Dr. Martin Lindner ({27})
Michael Link ({28})
Dr. Erwin Lotter
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann
({29})
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({30})
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg von Polheim
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Manfred Todtenhausen
Serkan Tören
Johannes Vogel
({31})
Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({32})
Nein
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Dirk Becker
Lothar Binding ({33})
Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Ingo Egloff
Siegmund Ehrmann
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf ({34})
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Michael Hartmann
({35})
Hubertus Heil ({36})
Wolfgang Hellmich
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({37})
Dr. Eva Högl
Christel Humme
Oliver Kaczmarek
Dr. h. c. Susanne Kastner
Vizepräsidentin Petra Pau
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Daniela Kolbe ({38})
Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange ({39})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth ({40})
Michael Roth ({41})
Marlene Rupprecht
({42})
Annette Sawade
Axel Schäfer ({43})
Bernd Scheelen
Marianne Schieder
({44})
Werner Schieder ({45})
Ulla Schmidt ({46})
Carsten Schneider ({47})
Ottmar Schreiner
Swen Schulz ({48})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff
({49})
Uta Zapf
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
DIE LINKE
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Sabine Leidig
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Ingrid Remmers
Paul Schäfer ({50})
Michael Schlecht
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Johanna Voß
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({51})
Volker Beck ({52})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Agnes Brugger
Viola von Cramon-Taubadel
Katja Dörner
Harald Ebner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Priska Hinz ({53})
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Katja Keul
Memet Kilic
Maria Klein-Schmeinka
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth ({54})
Monika Lazar
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({55})
Beate Müller-Gemmeke
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann E. Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({56})
Krista Sager
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Beate Walter-Rosenheimer
Arfst Wagner ({57})
Wolfgang Wieland
Josef Philip Winkler
({58})
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt V:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des
Finanzmarktes ({59})
- Drucksache 17/11138 Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({60})
- Drucksache 17/11586 Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider ({61})
Dr. Gesine Lötzsch
Priska Hinz ({62})
Vizepräsidentin Petra Pau
Zu dem Gesetzentwurf liegen ein Änderungsantrag
und ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Abweichend von der verteilten Redeliste hat als Erster der Kollege Peter Aumer für die Unionsfraktion das
Wort.
({63})
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Wir leisten heute einen wesentlichen Beitrag, zwei Prinzipien unserer sozialen Marktwirtschaft wieder näher zusammenzuführen, und zwar
Risiko und Verantwortung. Nicht der Staat, sondern die
Verursacher der Finanzkrise müssen für die verursachten
Kosten ihren Anteil tragen.
Nach den Verwerfungen auf den internationalen und
nationalen Finanzmärkten haben wir durch die Finanzmarktstabilisierungsgesetze innerhalb kürzester Zeit verlässliche Regelungen des Schutzes gegen systemische
Bankenrisiken eingeführt. Damit haben wir unmittelbar
und zielgerichtet nach dem Einsetzen der Finanzmarktkrise reagiert. Diese Politik hat wesentlich zur Stabilisierung der Finanzmärkte in den letzten Jahren beigetragen.
Durch das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz,
das wir heute beschließen werden, wird die Möglichkeit
verlängert werden, Stabilisierungsmaßnahmen über den
Finanzmarktstabilisierungsfonds zu erhalten, und zwar
bis zum Inkrafttreten der einheitlichen europäischen
Restrukturierungsvorgaben. Mit der Umsetzung des Entwurfs der Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für
die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und
Wertpapierfirmen ist erst im Jahr 2015 zu rechnen.
Mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf verfolgen wir zwei Kernziele: Zum einen sichern wir durch
die Ausweitung der Laufzeit des Soffin bis Ende 2014
unsere Handlungsmöglichkeiten, im Falle einer systemischen Krise schnell und angemessen reagieren zu können, um Verwerfungen auf den Finanzmärkten zu verhindern.
({0})
Zum anderen wollen wir Belastungen durch mögliche
Bankenrettungen für die öffentlichen Haushalte und damit eine Belastung für jeden Bürger und jede Bürgerin
möglichst vermeiden.
Finanzmarktstabilisierungsfonds und Restrukturierungsfonds werden enger miteinander verknüpft. Für
Verluste aus Rettungsmaßnahmen werden in Zukunft
auch Beiträge aus der Bankenabgabe verwendet. Das
entspricht aus unserer Sicht dem Verursacherprinzip und
ist im deutlichen Interesse der Bürgerinnen und Bürger.
({1})
- Das ist keine neue Erkenntnis, sondern eine Erkenntnis, die wir umgesetzt haben.
({2})
Liebe Kollegen der SPD - das passt gerade schön -,
wenn ich den Entschließungsantrag lese, den Sie heute
in die Debatte einbringen, dann frage ich mich, in welcher Welt Sie leben. Was das Eigenlob angeht, das Sie in
der allgemeinen Begründung bringen: Die SPD sollte
nicht die eigenen Vorhaben, die man in Regierungsverantwortung nicht umsetzen konnte, jetzt in den Himmel
loben. Das ist, glaube ich, Ihrer Arbeit nicht angemessen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der
SPD, und entspricht auch nicht dem, was Sie in der Zeit
Ihrer Regierungsverantwortung hätten umsetzen müssen.
({3})
Wir waren es, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition, die verantwortungsvolle Finanzpolitik und Regulierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht
haben. Die drei Restrukturierungsgesetze - heute werden wir das dritte verabschieden - sind unter Federführung der Regierung Merkel auf den Weg gebracht worden.
Ihr Kanzlerkandidat Steinbrück, über den in letzter
Zeit viel diskutiert wird, hat vor kurzem ein Papier mit
seinen finanzmarktpolitischen Vorstellungen, seinen Regulierungsvorschlägen und seinen Programmen vorgestellt, die er gern auf den Weg bringen möchte. Er hat
viel Wind gemacht, aber Substanzielles war nicht dabei.
Er hat keine Neuerungen vorgeschlagen. All das, was
wir im Bundestag bereits verabschiedet haben, hat er
wieder aufgewärmt, all das, was auf europäischer Ebene
schon in Arbeit ist, verkauft er als große Neuerung. Viel
Lärm um nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren
der SPD. Das gilt auch für den Antrag, den Sie heute
eingebracht haben.
({4})
Wir wollen - das ist der Auftrag, den wir von den
Bürgerinnen und Bürgern bekommen haben - verlässliche Politik machen, auch was die Finanzmärkte betrifft.
Wir wollen dem Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft wieder Geltung verschaffen. Der große Ludwig
Erhard, der einer der Väter der sozialen Marktwirtschaft
war, hat einmal einen Satz gesagt, der zu dem vorliegenden Gesetzentwurf passt:
Der tiefe Sinn der Sozialen Marktwirtschaft liegt
darin, das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit
dem des sozialen Ausgleichs und der sittlichen Verantwortung jedes Einzelnen dem Ganzen gegenüber
zu verbinden.
Diesem Prinzip verhelfen wir mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf zur Geltung. Es war sicherlich nicht einfach, in dieser schwierigen Zeit verlässliche Entscheidungen zu treffen. Die christlich-liberale Koalition hat
das gemacht. Unser Finanzminister Wolfgang Schäuble
verhandelt sehr klug auf europäischer Ebene über die
Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Er ist derjenige, der dieses Thema auf den Weg bringt - nicht Sie,
die Sie hohle Forderungen aufstellen, von denen Sie genau wissen, dass sie nicht umgesetzt werden können.
Wir stellen uns unserer Verantwortung und setzen unsere
Konzepte um.
({5})
Das tun wir in der verlässlichen Art und Weise, die
man von einer christlich-liberalen Koalition erwartet.
Deswegen bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen
und Herren, um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
({6})
Das Wort hat der Kollege Carsten Schneider für die
SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das ist
eine für Deutschland teure Lernkurve, die CDU/CSU
und FDP hier gemacht haben. Warum?
({0})
Dieses Gesetz bringt die zweite Verlängerung und ist damit das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Wir reden hier über mehr Geld, als der Bundeshaushalt umfasst, den wir eben verabschiedet haben. Es geht darum,
bis zum Ende, in zwei Jahren, dem Soffin die Möglichkeit zu geben, Bürgschaften in Höhe von 400 Milliarden
Euro oder Rekapitalisierungshilfe für die Banken in
Höhe von 80 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.
Im Jahr 2008, beim ersten Gesetz dazu, haben wir als
Sozialdemokraten gesagt: Es ist entscheidend, dass der
Sektor - der Bankensektor, der Finanzsektor -, der von
der Stabilisierung profitiert, auch für die Kosten aufkommt, Stichwort: Bankenabgabe. Damals haben Sie
das verhindert.
({1})
Die Kosten unter dem Strich betragen Pi mal Daumen
- wir wissen es noch nicht genau; das werden wir in
20 Jahren wissen - zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden Euro. Ich glaube, das ist eine reale Schätzung.
Ich kann Ihnen noch genau die Beteiligten nennen, die
damals dagegen waren. Jetzt ändern Sie Ihre Meinung
und führen die Bankenabgabe ein. Das ist in Ordnung.
Es ist eine teure Lernkurve, aber immerhin.
Herr Kollege Aumer hat gerade gesagt: Der Steuerzahler soll nie wieder für die Verluste der Banken haften. - Tritt das mit der von Ihnen konzipierten Bankenabgabe aber ein? Ich weiß nicht, welche Vorstellungen
Sie von Banken haben. Meinen Sie Sparkassen oder
Volks- und Raiffeisenbanken? Die Deutsche Bank jedenfalls werden wir mit dem avisierten Geld nicht abwickeln können. Das ist doch vollkommen klar.
Wie hoch ist das Volumen der Bankenabgabe? Das
hängt natürlich von der Konjunktur und auch der Gewinnsituation der Banken ab. Bis heute haben wir in
zwei Jahren 1,1 Milliarden Euro oder 1,2 Milliarden
Euro eingenommen.
({2})
- 1,3 Milliarden Euro, vielen Dank. - Das ist nicht so
viel. Ich möchte Ihnen die Situation einmal veranschaulichen. Wenn eine mittelgroße Bank so große Verluste
macht, dass sie pleite geht, dann müssten wir bei einem
Volumen von 20 Milliarden Euro bei diesem Tempo
40 Jahre ansparen, um diese Bank abzusichern. Es ist
eine Schimäre.
({3})
Um Ihnen den Weg zu ebnen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass deutlich mehr
Einnahmen erzielt werden. Wir als SPD-Fraktion schlagen eine Verdoppelung der Bankenabgabe vor.
({4})
- Das reicht natürlich nicht für die Deutsche Bank, Herr
Wissing. Das ist doch klar. Dafür müssten Sie bei der
Regulierung viel stärker ansetzen. Die Deutsche Bank ist
von ihrem Bilanzvolumen her größer als die deutsche
Volkswirtschaft. „Eigentlich sollte das anders sein“, hat
die Kanzlerin einmal gesagt. Was haben Sie regulatorisch eigentlich dagegen getan, dass die Deutsche Bank
noch größer geworden ist, als sie es vor der Finanzkrise
war? Dass wir als Steuerzahler, als Staat das Risiko tragen, sie bei einer Pleite letztendlich auffangen zu müssen, dass ihr die Staatshaftung garantiert wird und sie
deswegen immense Zinsvorteile von fast 2,5 Milliarden
Euro hat, für die wir keinen Cent Entgelt bekommen, dagegen haben Sie nichts getan. Daran sieht man, auf welcher Seite die Bankenlobby sitzt.
({5})
Viel wichtiger als dieses Gesetz ist aber die Verhandlungslinie auf europäischer Ebene. Mein Kollege hat das
eben angesprochen, was Bankenaufsicht und Restrukturierung anbetrifft. Ich meine - da haben wir einen Konsens -, das muss man in Ruhe entscheiden. Dass auf dieser Sache so ein Druck lastet, hängt ja damit zusammen,
dass die Bundeskanzlerin im Juni dieses Jahres zugesagt
hat, ausländische Banken über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, also auch über deutsche Steuergelder,
direkt zu rekapitalisieren. Natürlich wollen alle den direkten Zugriff; dem ist jetzt nur die Bankenaufsicht vorgeschaltet.
Ich halte es eigentlich für einen Fehler - daher bin ich
skeptisch -, die Europäische Zentralbank mit einem weiteren Thema, für das sie eigentlich nicht zuständig ist, zu
überfrachten.
({6})
Carsten Schneider ({7})
- Warten Sie! - Außerdem will gut Ding Weile haben.
Wenn Sie eine Aufsicht auf europäischer Ebene schaffen, braucht es zwingend ein Abwicklungsregime.
({8})
Es macht keinen Sinn, eine Aufsicht zu haben, aber im
Endeffekt nicht eingreifen und eine Bank nicht abwickeln zu können. Das Europäische Parlament hat dazu
Vorschläge gemacht, die Sie nicht aufgegriffen haben.
Ich wüsste gern einmal: Was ist eigentlich die Strategie
der Bundesregierung, außer den Beschluss von Juni wieder zu kassieren? Ich kann keine Strategie erkennen. Mit
einer reinen Verhinderungspolitik auf europäischer
Ebene werden wir jedenfalls keine Ordnung und kein europäisches Abwicklungsregime bekommen.
({9})
Vielmehr bekommen wir durch Ihre Zustimmung „EuroBonds light“, indem Banken direkt über den ESM rekapitalisiert werden. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank.
({10})
Das Wort hat der Kollege Dr. Florian Toncar für die
FDP-Fraktion.
({0})
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Allein die Zeit, zu der wir diese Debatte
heute führen, zeigt, wie weit wir seit 2008 vorangeschritten sind. Führe ich mir die dramatischen Umstände, unter denen wir damals debattiert haben, vor Augen und
ziehe ich einen Vergleich zu den heutigen Umständen,
dann zeigt das, dass die Finanzmarktstabilisierung in
Deutschland in den letzten Jahren im großen Ganzen
erfolgreich gewesen ist. Wir sollten auch einmal den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzmarktstabilisierungsanstalt Dank sagen, die jeden Tag ihre neue,
auch schwierige Aufgabe erledigen.
({0})
Wir müssen natürlich auch feststellen, dass es in den
Anfangszeiten Probleme gegeben hat. Ich darf insbesondere an die ausgesprochen schwierigen Umstände und
auch an die hohen Kosten erinnern, zu denen die Hypo
Real Estate verstaatlicht worden ist, nicht zuletzt auf Betreiben des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück.
Die Folgen dieser Verstaatlichung trägt heute eine sogenannte Bad Bank, die FMS Wertmanagement. Sie wird
uns in der Tat noch einiges an Geld kosten. Ich darf auch
an den Einstieg des Bundes bei der Commerzbank erinnern. Er ist unter anderem für 6 Euro pro Aktie im Jahr
2009 über die Bühne gegangen. Wer ein bisschen verfolgt, wo der Aktienkurs heute steht, der kann nur feststellen: Da hat sich wohl jemand getäuscht. Dieser Jemand saß damals im Bundesfinanzministerium und heißt
ebenfalls Peer Steinbrück. - Am Anfang sind Fehlentwicklungen passiert und Fehler gemacht worden, über
die man auch heute sprechen muss.
({1})
Unsere Koalition hat darauf 2010 reagiert. Wir haben
mit dem Restrukturierungsgesetz ein eigenes Bankeninsolvenzrecht geschaffen. Hätte es zuvor bestanden,
hätte es den Bund beispielsweise im Fall der Hypo Real
Estate natürlich in eine ganz andere Situation versetzt.
Man kann durch die neue Rechtslage mit solchen Fällen
wesentlich besser umgehen. Man kann eine Bank, die
vor dem Zusammenbruch steht, kontrolliert vom Markt
nehmen und abschirmen. Das ist neu. Unsere Koalition
hat dies 2010 eingeführt.
Jetzt wird der Bankenrettungsfonds, der Soffin, noch
weiter fortgeführt. Es gibt dazu keinen akuten Anlass. Es
ist eine Vorsorgemaßnahme. Wir wollen, dass die Instrumente, die wir besser gemacht haben, als sie 2008 waren, vorbeugend weiterhin zur Verfügung stehen. Das
bedeutet aber nicht, dass unser Restrukturierungsgesetz
damit außer Kraft gesetzt wäre, ganz im Gegenteil. Wir
haben noch einmal klargemacht, auch mit den Änderungen, die wir im Ausschuss beschlossen haben, dass für
uns immer noch und auch in Zukunft gilt: Wenn eine
Bank kein Geschäftsmodell hat, muss sie vom Markt
verschwinden. Dann muss dafür gesorgt werden, dass sie
sich konsolidiert, dass der Sektor sich konsolidiert, dass
sie abgewickelt werden kann, und zwar ohne dass die
Kosten dafür - anders als es in der Vergangenheit bei Ihnen der Fall war - bei der Allgemeinheit abgeladen werden.
({2})
Wir haben in diesem Gesetzentwurf eine weitere Änderung vorgenommen. Sollte ein solcher Stabilisierungsfall auf den Fonds zukommen, dann gilt klipp und klar
- das ist jetzt ausdrücklich so geregelt -: zuerst die Eigentümer. Erst wenn das nicht mehr möglich ist, kommt
der Fonds als Geldgeber in Betracht. Das ist eine Verbesserung; denn dies stellt klar: Wer ein Unternehmen betreibt, der muss auch dafür geradestehen, wenn etwas
schiefgelaufen ist.
({3})
Ich glaube, dass wir aufgrund dieser Änderungen das
Gesetz beschließen können.
Ich will auf die Änderungsvorschläge, die die SPDFraktion gemacht hat, eingehen. Die Vorschläge, die
zum Thema Bankenabgabe gemacht werden, zeigen eher
Ihr schlechtes Gewissen, als dass es uns in der Sache
weiterführt. Sie haben damals den Fonds, über dessen
Fortführung wir heute beschließen, ohne Bankenabgabe
eingeführt. Es war vorgesehen, dass der Steuerzahler die
Rechnung bezahlen muss. So ist es letzten Endes ja auch
durch Ihre Entscheidungen gekommen. Dass gerade die,
die es damals anders gemacht haben, heute beklagen, die
Koalition habe beim Thema Bankenabgabe nicht gehandelt, ist ein Stück aus dem Tollhaus. Das kann nur mit
schlechtem Gewissen erklärt werden, lieber Kollege
Schneider.
({4})
Ich suche im Übrigen immer noch den Protest, von
dem Sie reden. Sie haben ja gesagt, die SPD sei schon
im Jahr 2008 für eine Bankenabgabe gewesen. Liefern
Sie mir einmal einen Beleg dafür! Ich bin seit Wochen
nicht fündig geworden. Ich vermute, dass er, wenn er
denn stattgefunden hat, sehr unauffällig war und wahrscheinlich nie schriftlich niedergelegt worden ist.
({5})
Ein letzter Punkt zur Bankenabgabe. Man muss noch
einmal darauf hinweisen: Große Banken zahlen mehr
Bankenabgabe. Das ist ein progressiver Tarif.
({6})
Sie sagten gerade, die großen Banken kämen besser davon. Genau das Gegenteil ist der Fall. Schauen Sie sich
einmal an, wie sie berechnet wird! Mit steigender
Bilanzsumme, mit steigender Größe der Banken wird ein
höherer Satz fällig. Es ist auch völlig richtig, dass große
Banken, die ein größeres systemisches Risiko darstellen,
mehr Bankenabgabe zahlen müssen als die kleinen und
mittleren. Hier haben wir genau aufgepasst. Es ist letzten
Endes eine ausgesprochen überzeugende Konstruktion,
und deshalb erbitte ich Ihre Zustimmung.
({7})
Das Wort hat der Kollege Roland Claus für die Fraktion Die Linke.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die vor drei Wochen vorgetragene Kritik meiner
Fraktion an diesem Gesetzentwurf müssen wir leider
aufrechterhalten. Es ist eben nicht so, wie der Kollege
Aumer hier gesagt hat, dass wirklich die Verursacher herangezogen werden. Wir reden im Übrigen nicht von einer Bankenkrise, die in der Vergangenheit stattgefunden
hat, sondern von einer, die uns nach wie vor belastet.
Das wird mit diesem Gesetz nicht besser.
({0})
Staatssekretär Kampeter hat hier vor drei Wochen zur
Begründung dieses Gesetzes gesprochen. Ich hatte seine
Rede danach als kapitalismuskritisch eingestuft und
musste sie deshalb nachlesen. Ich trage Ihnen jetzt das
folgende Zitat von Kampeter vor:
Wir wollen weg vom regellosen Kapitalismus, und
wir wollen für die Finanzindustrie die Prinzipien
der sozialen Marktwirtschaft durchsetzen.
Wenn man das liest, reibt man sich die Augen.
({1})
Das heißt doch im direkten - nicht einmal im dialektischen - Umkehrschluss: Erstens. Wir leben zurzeit im
regellosen Kapitalismus. Zweitens. Die Finanzindustrie
bewegt sich außerhalb der sozialen Marktwirtschaft. Da muss sich Steffen doch mit meiner Kollegin Sahra
Wagenknecht verabredet haben. Herzlich willkommen
im Klub!
({2})
Es geht hier um die Fortsetzung der staatlichen Risikovorsorge für große deutsche Banken. Die Regierung
sagt uns jetzt, das koste nichts. Der Hintergrund ihrer
Überlegungen ist die, wie wir finden, falsche politökonomische These, wonach sich Staaten finanzmarktkonform verhalten müssten. Wir halten das für grundfalsch.
Wir wollen eine Rückgewinnung des Politischen gegenüber den Finanzmärkten und keine Dominanz der Finanzmärkte gegenüber Regierungen, auch nicht gegenüber der Wirtschaft.
({3})
Eines passt aber ins Bild, meine Damen und Herren:
Zur Sitzung des Finanzausschusses in der nächsten Woche haben Sie den Chef der Deutschen Bank eingeladen.
Dieser sagt Ihnen aber kurzerhand: Für euch habe ich
keine Zeit. Ich komme nicht. Ich schicke einen Vertreter. So ist die gegenwärtige Lage. Ich bin sehr gespannt, was
jetzt passiert, ob sich unser Parlament so etwas gefallen
lässt. Wir werden uns nächste Woche wieder sprechen.
({4})
Wir müssen natürlich wissen, dass die Banken der
Konkurrenz der sogenannten Schattenbanken ausgesetzt
sind, also der Hedgefonds und der nicht beaufsichtigten
Zweckgesellschaften, die im Jahr 2012 einen gigantischen Umsatz von mehr als 50 Billionen Euro erreichen
sollen. Dies entspricht in etwa dem Volumen von
170 Bundeshaushalten. Wir sagen Ihnen: Das ist staatlich begünstigter Wahnsinn.
({5})
Nun erklärte uns am Mittwoch Frau Merkel, die G-20Staaten beabsichtigten, die Schattenbanken erst zu
beaufsichtigen und dann zu regulieren. Ich denke, Schattenbanken kann man weder beaufsichtigen noch regulieren. Diese gehören abgeschaltet und crash-arm abgewickelt.
({6})
Sie begründen dieses Gesetz auch damit, mit der Bankenabgabe werde das alles bezahlt. Da kann ich nur wiederholen: Das ist organisierter Selbstbetrug und Täuschung der Öffentlichkeit. Bisher haben Sie damit nicht
einmal 5 Prozent des realen Verlustes angespart. Ich
habe die Bundesregierung einmal gefragt, ob sie es denn
beziffern könne, wenn sie schon eine Vorhersage treffe.
Ich habe gefragt, welche Entwicklung der Bankenabgabe bzw. des Restrukturierungsfonds die Bundesregierung in den nächsten zehn Jahren erwartet. Die Antwort
der Bundesregierung hieß: Das kann man nicht seriös
beziffern. - Sie können aber hier aussagen, dass die Mittel reichen. Diesen Widerspruch können wir Ihnen nicht
schenken, meine Damen und Herren.
({7})
Über die Rettung deutscher Banken redet diese Bundesregierung schon seit Monaten nicht mehr.
Sie werden diesem Gesetzentwurf heute offenbar zustimmen. Wenn Sie das schon tun, dann fordere ich Sie
auf, die Leute in der Öffentlichkeit wenigstens nicht hinter die Fichte zu führen, sondern ihnen reinen Wein einzuschenken und die Wahrheit darüber zu sagen, was hier
alles abgeht.
Vielen Dank.
({8})
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat
der Kollege Dr. Gerhard Schick das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist ein
Notgesetz. So kam es 2008 zustande, nämlich sehr
schnell und in großer Bedrängnis, und zwar aus zwei
Gründen: Der eine Grund ist, dass sich unser Bankensektor über Jahre hinweg falsch entwickelt hat, riskante
Geschäfte aufgetürmt hat und dann in Schwierigkeiten
geriet, als die Blase platzte. Der andere Grund ist, dass
keine Auffangmechanismen zur Verfügung standen und
keine Möglichkeit zur Abwicklung von Instituten gegeben war. - Diese beiden Gründe sind entscheidend dafür,
dass ein solches Gesetz notwendig wurde und wir
- Carsten Schneider hat schon darauf hingewiesen - mit
einem gigantischen Volumen von 480 Milliarden Euro
den Steuerzahler ins Risiko nehmen.
Jetzt muss man sich fragen, warum die Geltungsdauer
dieses Gesetzes um weitere zwei Jahre verlängert werden muss. In dieser Woche haben wir von den Rednerinnen und Rednern der Koalition immer gehört, wie toll
die Lage überall sei. Man muss leider sagen, dass bei
beiden Gründen noch nicht Entwarnung gegeben werden
kann. Das hat auch etwas mit Ihrer Politik zu tun.
({0})
So sagt der Sachverständige Professor Siekmann,
({1})
der eine Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf abgegeben hat:
Die erneute Verlängerung … um weitere zwei Jahre
spiegelt die immer noch andauernde strukturelle
Schwäche des Bankensektors wider. Diese Schwäche hätte durch die zahlreichen … Reformbemühungen sowie die umfangreiche finanzielle Unterstützung durch den Steuerzahler … längst beseitigt
sein sollen.
In der Tat. Sie haben die gute Zeit, in der die Bankgewinne groß waren - 2010 und 2011 -, nicht genutzt, um
den Bankensektor stabil zu machen. Deswegen müssen
wir uns jetzt immer noch Sorgen um die Banken machen.
({2})
Bezogen auf den zweiten von mir angeführten Grund
stellt sich die Frage, warum immer noch nicht die Mechanismen zur Verfügung stehen, um Banken abwickeln
zu können. Sie bedauern zwar, dass es einen solchen Abwicklungsfonds auf europäischer Ebene noch nicht gibt.
Das hat aber damit zu tun, dass genau diese Bundesregierung bisher auf der Bremse stand und nach wie vor
auf der Bremse steht.
({3})
Das genau ist die Ursache, warum wir jetzt den deutschen Steuerzahler noch einmal mit diesen Garantien belasten müssen.
({4})
Ja, diese Maßnahme ist notwendig. Aber so, wie Sie
es machen, muss man es nicht tun. Sie nehmen zwar
marginale Korrekturen vor; aber es ist doch nicht so, wie
Sie sagen, dass der Bankensektor die Lasten übernimmt.
Da machen Sie den Leuten doch etwas vor. Es liegen bereits 22 Milliarden Euro im „Schattenhaushalt Finanzmarktfonds“ in Frankfurt statt im Bundeshaushalt. Sie
sagen jetzt, die Lastenübernahme erfolge über die Bankenabgabe, die ein paar Hundert Millionen Euro einspielt. Die Größenordnungen passen doch überhaupt
nicht zusammen.
Die großen Progressionswirkungen, von denen Sie reden, enden bei den mittelgroßen Banken. Bei den richtig
großen Banken wird der Vorteil, den sie haben, gar nicht
abgeschöpft. Wir haben vorgeschlagen, die Progression
weiterzuziehen, damit richtig große Banken auch deutlich mehr zahlen als kleine und mittlere Banken. Das haben Sie aber abgelehnt.
({5})
Die Zeit ist knapp; aber ich muss kurz noch etwas
dazu sagen, wie die Kontrolle funktioniert. Es gibt doch
jeden Freitag ein Ringen um die Informationen vom geheim tagenden Finanzmarktgremium, bis wir überhaupt
die Informationen erhalten, um eine effektive Kontrolle
ausüben zu können. Was die Öffentlichkeit anbetrifft:
Wenn denn alles so erfolgreich sein soll, warum werden
uns dann viele Informationen nur unter Geheim gegeben
und nicht veröffentlicht? Warum wird der Öffentlichkeit
nicht ein klarer Jahresabschluss zur Verfügung gestellt?
Warum werden viele Fragen zur Bankenrettung nicht beantwortet, und wenn, dann höchstens in der Geheimschutzstelle?
({6})
Wenn das, was in den letzten Jahren gelaufen ist, alles so
toll wäre, dann könnten Sie die Öffentlichkeit auch anständig informieren. Einen ganz großen Teil dessen, was
wir unter Geheim diskutieren, könnte man auch öffentlich diskutieren. Wir Grünen werden hier weiter für
mehr Transparenz streiten.
Danke schön.
({7})
Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus für die
Unionsfraktion.
({0})
Meine Damen und Herren! Um gleich einmal auf
meinen Vorredner einzugehen: Diese Verschwörungstheorien, dass wir der Öffentlichkeit irgendwelche Informationen vorenthalten und dass man von einem Geheimgremium nicht genügend informiert wird, sind
hanebüchen. Im Übrigen halte ich es auch für eine Unverschämtheit. Beschweren Sie sich da, wo Sie sich beschweren müssen, und versuchen Sie nicht, hier Sachen
zu vermischen! Das ist ein Geheimgremium; über die Informationen darf nicht berichtet werden, auch nicht im
Deutschen Bundestag.
({0})
Die zweite Frechheit, Herr Schick - das muss ich Ihnen auch sagen -:
({1})
Wenn Sie hier behaupten, die Bundesregierung hätte
durch irgendwelche Maßnahmen dazu beitragen können,
dass die weltweite Bankenkrise, unter der wir leiden, in
den Griff zu bekommen wäre, und suggerieren, dass Sie
das geschafft hätten, dann muss ich sagen: Das ist eine
Selbstüberschätzung, die ich selbst Ihnen nicht zugetraut
hätte.
({2})
Meine Damen und Herren, eigentlich reden wir hier
über ein richtig gutes Gesetz. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist im Jahr 2008 unter schwierigen Umständen eingeführt worden; das musste damals sehr schnell
gehen. Es ist - das können wir uns, glaube ich, alle auf
die Fahne schreiben - eine Meisterleistung des Parlamentarismus, dass das in dem Konsens in dieser kurzen
Zeit so gut geklappt hat.
Das Gesetz ist so schlecht nicht.
({3})
Wir haben es geschafft, mit diesem Gesetz einen Bankensektor zu stabilisieren, und zwar nicht nur in Deutschland,
sondern auch über Deutschland hinaus in Europa. Es hat
sich gezeigt, dass die Mechanismen, die in diesem Gesetz
angelegt sind, wirken. Diese Mechanismen waren so gut,
dass sie dann ins Restrukturierungsgesetz übernommen
worden sind. Dieses Restrukturierungsgesetz wird die
Blaupause sein für entsprechende Restrukturierungsgesetze in Europa.
({4})
Insofern muss man meinen Vorgängern - ich war damals
nicht dabei - hohen Respekt für dieses Gesetz zollen.
Jetzt kann man sich fragen: Wir haben ein Restrukturierungsgesetz, und wir haben ein Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Warum brauchen wir beides? - Ich habe das
vor einem Jahr, als wir eine ähnliche Debatte geführt haben, so zusammengefasst: Wir arbeiten mit Hosenträger
und Gürtel. Das ist in dieser Zeit auch gut so. Denn es ist
richtig: Wir befinden uns im Bereich der Finanzmärkte
nicht in einem Normalzustand. Wir befinden uns auch
nicht in einer „normalen“ Krise, wie sie hin und wieder
vorkommt, sondern wir befinden uns immer noch in einer tiefen Systemkrise im Bereich der Finanzdienstleistungen, und zwar weltweit. Unsere Antwort darauf lautet, dass wir neben dem Restrukturierungsgesetz, das für
den Normalzustand, für normale Krisen gilt, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz eingeführt haben.
Dieses Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist aus einem weiteren Grund notwendig. Es ist notwendig - das
wurde schon gesagt -, weil wir auf europäischer Ebene
noch keinen Mechanismus in Kraft gesetzt haben, der
eine länderübergreifende Bankenrestrukturierung ermöglicht. Wir brauchen dieses Gesetz für die Zeit bis
Anfang 2015, also bis zu dem Zeitpunkt, für den wir das
Inkrafttreten des länderübergreifenden Mechanismus erwarten. Wir müssen also weitere zwei Jahre mit Hosenträger und Gürtel arbeiten.
Nichtsdestotrotz ist es richtig, dass wir das Gesetz jeweils befristet haben, dass wir uns im Jahr 2008 nicht
hingestellt und gesagt haben: Wir machen ein Gesetz für
den Zeitraum bis 2020. - Es ist auch richtig, dass wir
Anfang des Jahres gesagt haben: Wir verlängern diese
Regelung nur um ein Jahr. Denn dieses Gesetz soll und
darf nicht zum Normalzustand werden.
Es darf sich niemand darauf verlassen, über das Finanzmarktstabilisierungsgesetz gerettet zu werden. Deswegen haben wir das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz gegenüber dem zweiten modifiziert. Wir haben
nämlich das Zusammenwirken von Restrukturierungsgesetz und Finanzmarktstabilisierungsgesetz geregelt,
und zwar so, dass ganz klar ist, dass zuerst die EigenRalph Brinkhaus
tümer dran sind, dann die Gläubiger und erst dann der
Staat eintritt. Das ist meines Erachtens sehr richtig und
gut.
({5})
Jetzt versucht die SPD, sich an diesem Gesetz abzuarbeiten, und zwar mit einem Entschließungsantrag und
einem Änderungsantrag. Das ist ganz erstaunlich. Erst
einmal wird dort, wie das bei SPD-Anträgen zum Finanzmarkt leider oft der Fall ist, ein bisschen weinerlich
formuliert: Eigentlich waren wir die Urheber des Restrukturierungsgesetzes; Ruhm und Ehre gebühren Frau
Zypries und Herrn Steinbrück. - Geschenkt!
({6})
Sie können sich das gerne zuschreiben. Ich glaube, den
Menschen in diesem Land geht es nicht darum, wer irgendwann einmal welche Idee hatte, sondern darum, wer
sie umsetzt, und das haben wir gemacht. Es ist auch gut,
dass das umgesetzt worden ist.
({7})
Die Bankenabgabe spielt im Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetz eine große Rolle, weil wir über den
mit Mitteln aus der Bankenabgabe gefütterten Restrukturierungsfonds die Verluste aufgrund des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes ausgleichen wollen. Sie sagen nun:
Über die Bankenabgabe kommt zu wenig Geld zusammen. - Dann kommen Sie auf die großartige Idee, einen
Antrag zu stellen: Liebe Bundesregierung, legt mal ein
Konzept dafür vor, wie die Banken so richtig an den
Kosten der Krise beteiligt werden können. - Da habe ich
gedacht: Okay, jetzt kommt das eigene Konzept der
SPD. - Pustekuchen! In diesem Entschließungsantrag
stand nicht viel drin.
Sie haben deswegen einen Änderungsantrag nachgereicht. Carsten Schneider hat gesagt: Ich habe die Königsidee. - Sie haben überall in der Presse herumgekräht und
gesagt: Dadurch, dass wir die Obergrenze, den maximalen Anteil am Gewinn, der über die Bankenabgabe abgeführt werden muss, von 20 Prozent auf 25 Prozent anheben, kommt ein richtig großer Schlag obendrauf. Herr Schneider, ich gehe einmal davon aus, dass Sie es
sich vom Finanzministerium haben durchrechnen lassen,
ob dadurch die Einnahmen aus der Bankenabgabe tatsächlich verdoppelt werden. Wir haben es jedenfalls
durchrechnen lassen: Es ist nicht der Fall. Das heißt, die
Erhöhung der Obergrenze auf 25 Prozent, für die Sie in
der Öffentlichkeit werben, ist - wie haben Sie sich eben
ausgedrückt? - eine Schimäre.
Jetzt kommen wir zu den weiteren SPD-Vorschlägen.
Es wird behauptet: Ja, es ist so; am Ende des Tages werden die Großen geschont, und die Kleinen müssen bluten. - Wir haben die kleinen Banken von der Regelung
zur Bankenabgabe ausgenommen. Es sind die großen
Banken, die zahlen, und das ist auch gut so. Wir haben
das bewusst so gemacht. Dementsprechend ist an dieser
Stelle keine Kritik vorzubringen.
Meine Damen und Herren, insgesamt könnte ich
wahrscheinlich noch eine Stunde davon erzählen, was an
diesen Anträgen Quatsch ist.
({8})
Diese Zeit habe ich nicht mehr; die Kollegen wollen
nach Hause. Deswegen höre ich an dieser Stelle damit
auf.
Ich sage aber noch - da sind wir uns, glaube ich, alle
einig -: Wir brauchen einen europäischen Restrukturierungsmechanismus. Wir alle müssen daran arbeiten. Es
hilft nicht, zu sagen, wer wann irgendwo irgendetwas
verhindert hat. Ich glaube, diese Bundesregierung hat
daran so hart gearbeitet wie keine andere; denn sie hat
das Restrukturierungsgesetz vorgelegt und damit die
Blaupause für europäische Regelungen geliefert.
Darüber hinaus müssen wir uns mit einigen anderen
Themen beschäftigen, zum Beispiel mit der Frage: Wie
geht es mit den Landesbanken weiter?
({9})
Das können SPD und Union nur zusammen machen,
weil es eine föderale Angelegenheit ist. Da müssen wir
uns hier einig sein; da muss man sich auf Länderebene
einig sein.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch einem Bereich zuwenden, in dem, wie wir in den letzten
Wochen gesehen haben, dringender Handlungsbedarf
besteht und der vom Restrukturierungsgesetz und vom
Finanzmarktstabilisierungsgesetz nicht oder nur unvollkommen abgedeckt ist: dem Versicherungsbereich. Ich
glaube, da haben wir noch viel Arbeit vor uns.
Danke schön.
({10})
Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die
SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als letzter Redner habe ich jetzt die Möglichkeit, das
Thema abschließend zusammenzufassen.
({0})
- In vier Minuten.
Ich will einige Punkte geraderücken. Es war 2008
richtig, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz auf den
Weg zu bringen. Einer meiner Vorredner hat von „Gewissen“ gesprochen. Ich kann für uns sagen: Wir haben
ein gutes Gewissen dabei, weil es eine Entscheidung
war, die zur Stabilisierung beigetragen hat. Das hat hier
auch breite Zustimmung gefunden. An dieser Stelle sollten wir alle etwas vorsichtiger argumentieren.
({1})
Seitdem ist einige Zeit vergangen. Mein Kollege
Schneider hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass
wir schon damals gesagt haben, dass die mit der Bankenrettung verbundenen Kosten nicht dem Steuerzahler alleine überlassen werden dürfen, sondern dass wir eine
Beteiligung des Finanzsektors brauchen. Sie haben im
Zuge der Beratung zum ersten Gesetzentwurf die Einführung einer Bankenabgabe blockiert. Übrigens haben
Sie damals und über die Jahre hinweg auch die Einführung einer Finanztransaktionsteuer verzögert. Heute sind
Sie einsichtig geworden. Aber jetzt ist es zu spät. Die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Lande
werden wegen Ihrer falschen Politik zu stark bei den
Kosten herangezogen.
({2})
Die Zeit verging, und man hätte das korrigieren können.
Die Koalition hat das in der Tat gemacht, indem sie eine
Bankenabgabe eingeführt hat.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang die Proportionen etwas zurechtrücken. Die Bankenabgabe ist in
diesem Hause im Zusammenhang mit dem Restrukturierungsgesetz beschlossen worden. Damals hatte die Koalition eine Zielgröße vereinbart. Es hieß: Damit wir die
Kosten dieser Krise und auch zukünftiger Krisen abdecken können, brauchen wir durch die Bankenabgabe
ein Volumen von 70 Milliarden Euro. - Da haben wir gestaunt. Wir haben das damals nachrechnen lassen - in
der Tat, Kollege Brinkhaus - und festgestellt: Das dauert
70 Jahre. Die Wahrheit ist brutaler. Heute müssen Sie
eingestehen, dass Sie auf diese Weise 700 Millionen
Euro pro Jahr einnehmen. Man brauchte also 100 Jahre,
um das von Ihnen angestrebte Volumen zu erreichen.
Darum sagen wir: Die Bankenabgabe muss besser, sie
muss wirksamer gestaltet werden.
({3})
Man kann unsere Vorschläge geißeln und sagen: Damit
kommen wir auch nicht so schnell zum Ziel. - Das ist
völlig richtig. Auch unser Vorschlag wird nicht dazu
führen, dass wir in drei oder vier Jahren die notwendige
Summe zusammenhaben.
Zur Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze. Wir haben
dafür geworben, dass man beispielsweise die Förderbanken in Deutschland aus der Pflicht zur Bankenabgabe
herausnimmt. Das führt dazu, dass man die kleinen Banken verschont. Mit der bisherigen Begrenzung auf nur
20 Prozent des Gewinns verschont man aber insbesondere die ganz großen Banken, zum Beispiel die Deutsche
Bank. Deshalb schlagen wir eine Abgabe in Höhe von
25 Prozent vor. Das macht die Sache besser und gerechter, weil die großen Banken stärker beteiligt werden.
({4})
Der Vorschlag, die Bankenabgabe zu erhöhen, ist richtig.
Damit wird dieses Gesetz, dessen Verlängerung der Geltungsdauer wir völlig richtig finden, zu einem stärkeren
Instrument.
Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen. Sie
preisen immer, Sie hätten durch Ihre Maßnahmen die
Auswirkungen der Krise wesentlich begrenzt und bekämpft. Ich will darauf hinweisen, dass die Bilanzen der
Banken in unserem Land immer noch wachsen und die
Einnahmen explodieren, vor allem im Verhältnis zum
Bruttoinlandsprodukt. Die von Ihnen ergriffenen Maßnahmen haben offensichtlich nicht dazu geführt, dass die
notwendigen Regulierungen stattgefunden haben. Ihre
Politik reicht nicht, und dieses Gesetz reicht nicht. Deshalb werden wir heute diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, und
ein schönes Wochenende.
({5})
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf eines Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes.
Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/11586, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/11138 in der Ausschussfassung anzunehmen.
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/11605 vor. Wer stimmt dafür? Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der
SPD-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Lesung durch die
Unionsfraktion und die FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.
Zuletzt stimmen wir über den Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11606 ab. Wer
stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die
nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 28. November 2012, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen, soweit möglich, etwas Erholung am Wochenende.