Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/14/2012

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zum letzten Tag unserer Haushaltsberatun- gen - Tagesordnungspunkt 1 -: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 ({0}) - Drucksache 17/10200 - Überweisungsvorschlag:- Haushaltsausschuss b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 - Drucksache 17/10201 Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss Wir haben für die heutige Aussprache eine Redezeit von insgesamt dreieinhalb Stunden beschlossen. Wir beginnen den heutigen Tag der Haushaltsberatungen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Einzelplan 12. Ich begrüße den zuständigen Bundesminister und erteile ihm gleich zu Beginn das Wort. Herr Dr. Ramsauer, bitte schön. ({1})

Dr. Peter Ramsauer (Minister:in)

Politiker ID: 11001772

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Man kann es nicht oft genug betonen: Mobilität, Bauen und Wohnen zählen zu den elementaren Grundbedürfnissen der Menschen. Deshalb haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes einen Anspruch auf Verlässlichkeit in diesem Politikbereich. ({0}) Diese Verlässlichkeit wollen wir gewährleisten. Es ist daher folgerichtig, dass der - technisch gesagt - Einzelplan 12, der Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, unter allen Haushalten der größte Investitionshaushalt ist und mehr als die Hälfte aller Investitionen birgt, die der Bund tätigt. Ich möchte mit einem Thema beginnen, das auf den ersten Blick nicht unbedingt in Zusammenhang mit dem steht, was sonst bei uns an vorderster Stelle steht, nämlich der Verkehr. Es handelt sich um - davon war schon mehrfach in dieser Woche die Rede - die Beiträge zur Energiewende, die aus meinem Fachbereich zum Gelingen dieses Jahrhundertwerks geleistet werden. Wir wissen, dass etwa 70 Prozent der gesamten Primärenergie durch den Verkehr und im Gebäudebereich verbraucht werden. Dementsprechend wichtig sind unsere Beiträge zum Gelingen der Energiewende. Wir alle können froh darüber sein, dass das Gebäudesanierungsprogramm bis einschließlich 2014 verlässlich mit 1,5 Milliarden Euro dotiert ist. Das Gebäudesanierungsprogramm, welches im Jahr 2006 begann, hat sich als absoluter Renner erwiesen. Wir müssen alles daransetzen, dass dieses Programm zur energetischen Gebäudesanierung auch in Zukunft ein Zugpferd der Energiewende bleibt. ({1}) Wir, der Deutsche Bundestag, haben vor gut einem Jahr das Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden verabschiedet, ein - wenn ich das so bezeichnen darf - absolutes Muss; denn viele, die willig sind, ihre Gebäude zu sanieren, können zwar etwas mit der KfW-Förderung anfangen. Aber die steuerliche Förderung ist wesentlich passgenauer. Es gibt gewaltige Erwartungen. Wie Sie wissen, wird dieses Gesetz seit letztem Jahr vom Bundesrat blockiert. ({2}) Es wird natürlich laufend verhandelt. Ich appelliere an dieser Stelle abermals an SPD und Grüne: Bitte geben Sie die Blockade im Bundesrat auf. ({3}) Die Energiewende zu predigen, aber in der praktischen Umsetzung zu blockieren, das kann ich nicht durchgehen lassen. ({4}) Ich schlage damit eine Brücke zur Städtebauförderung. ({5}) Ein großartiger Erfolg ist ein Programm geworden, das wir im vergangenen Jahr neu aufgenommen haben, das Programm „Energetische Stadtsanierung“. Es war eine tolle Idee, die von vielen Kommunalpolitikern an mein Haus herangetragen wurde, nicht lauter Einzelhäuser zu sanieren, sondern in den Innenstadtlagen möglichst viele Häuser im Verbund zu sanieren. Wir fördern das mit dem Programm „Energetische Stadtsanierung“. Im laufenden Jahr haben wir das Programm mit 92 Millionen Euro dotiert, nächstes Jahr stocken wir es auf 100 Millionen Euro auf. Im Übrigen bleibt die Städtebauförderung ein wichtiges Handlungsfeld des Bundes. Die Kommunen können sich darauf verlassen, dass der Bund ein verlässlicher Partner der Städtebauförderung ist und auch bleibt und dass wir die Mittel bei 455 Millionen Euro belassen werden. ({6}) Was mir große Sorgen bereitet, sind die auseinanderlaufenden Entwicklungen im Bereich des Wohnungsbaus. Wir haben auf der einen Seite in strukturschwachen Regionen Leerstand, auf der anderen Seite in Ballungsräumen zunehmend erhebliche Probleme bei der Bereitstellung hinreichenden Wohnraums. Wir haben Probleme mit steigenden Mieten. Ich möchte daran erinnern, dass mit der Föderalismusreform vor fünf Jahren die politische und gesetzgeberische Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung vom Bund auf die Länder übergegangen ist, und zwar mit ganz klaren Regelungen. So bezahlt der Bund für die Kompensation der Lasten, die dadurch auf die Länder zukommen, 518 Millionen Euro pro Jahr. Das ist aus unserer Sicht gut angelegtes Geld. Wir verhandeln derzeit darüber, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen ab dem Jahr 2014 diese Förderung durch den Bund weitergeführt wird. Wir stehen zu dieser Verpflichtung. Die Länder brauchen Mittel für diese Aufgabe. Ich füge aber auch ausdrücklich hinzu: Wir müssen auf einer Zweckbindung bestehen. Wir können es nicht hinnehmen, dass die Länder dieses Geld zwar nehmen, aber dann damit verfahren, wie sie wollen, und nur pauschal angeben, dass das Geld für investive Zwecke verwendet wird. Wir müssen sicherstellen, dass diese Mittel zuverlässig zweckgebunden in die soziale Wohnraumförderung fließen. ({7}) Damit komme ich zur Verkehrsinfrastrukturpolitik. Auch diese muss realistisch und nüchtern betrachtet werden. Wir arbeiten derzeit im Rahmen der Vorbereitung des nächsten Bundesverkehrswegeplans an der Verkehrsprognose bis zum Jahr 2030. Wir wissen, dass die Verkehre in allen Bereichen zunehmen werden und müssen deshalb Prioritäten setzen. Es ist sicherlich beachtlich, dass wir für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, inklusive Erhalt, Ausbau und Neubau, 10 Milliarden Euro zur Verfügung haben. In diesem Zusammenhang wird immer die Vokabel „Verstetigung“ gebraucht. Aber ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass diese wohlklingende Vokabel verschweigt, dass diese 10 Milliarden Euro, auch wenn sie nominal verstetigt sind, real von Jahr zu Jahr entwertet werden, und zwar durch erhebliche Preissteigerungen, die im Baubereich bei etwa 3 Prozent liegen. Das ist eine reale Entwertung von etwa 300 Millionen Euro pro Jahr. Verantwortlich dafür sind immer höhere Standards im Bereich des Umweltschutzes, des Artenschutzes und der Sicherheit. Ich muss mich mit vielen Zahlen herumschlagen. Auf einige davon will ich genauer eingehen: Wir binden durch laufende Projekte im Straßenbau in den Jahren 2013 bis 2016 Mittel im Umfang von knapp 4,5 Milliarden Euro. Die momentan zur Verfügung stehenden Bedarfsplanmittel haben aber nur eine Höhe von knapp 2,8 Milliarden Euro. Das heißt, es klafft eine Deckungslücke von 1,7 Milliarden Euro, über deren Schließung wir uns alle miteinander Gedanken machen müssen. Ich wiederhole: Das sind die laufenden, im Bau befindlichen Projekte. Daneben haben wir Planfeststellungsbeschlüsse im Bereich des Bundesfernstraßenbaus umzusetzen, für die eine Investitionssumme von 7 Milliarden Euro veranschlagt ist. Das sind gewaltige Herausforderungen. Ich rede hier über Projekte im Bereich des Aus- und des Neubaus. Was in die Instandhaltung, in den Erhalt, fließen muss, ist mit diesen Mitteln gar nicht abgebildet. Ich sage klipp und klar: Angesichts des Erfordernisses der Prioritätensetzung in diesem Ausmaß muss Instandhaltung vor Neubau gehen. ({8}) Die Substanz unserer Verkehrsinfrastruktur darf nicht infrage gestellt werden, Stichwort „Priorisierung“. Die Wünsch-dir-was-Politik der letzten zehn, zwölf Jahre unter Vorgängerregierungen können wir so nicht fortsetzen. ({9}) Ich kämpfe deswegen in den bevorstehenden Haushaltsberatungen für verlässliche Finanzierungsperspektiven. Wir brauchen eine Verstetigung des Infrastrukturbeschleunigungsprogramms, durch das wir im vergangenen Jahr für dieses Jahr und für die Folgejahre 1 Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt haben. ({10}) Noch eine Bemerkung zum Flughafenbau in Berlin. Ich glaube, das wird von mir an dieser Stelle erwartet. Der Bund ist mit 26 Prozent am neuen Hauptstadtflughafen beteiligt. Jeweils 37 Prozent entfallen auf die Länder Berlin und Brandenburg; sie sind damit Mehrheitseigner. Der Bund stellt von 15 Aufsichtsräten 2. Die weiteren 13 verteilen sich auf die Länder Berlin und Brandenburg sowie auf die Arbeitnehmerseite. Ich sage das, um einmal klarzustellen, wie die Aufsichtsaufgaben verteilt sind. Vielen Dank an den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Dieser Ausschuss hat sich vorgestern ein Bild an Ort und Stelle gemacht. „Einmal sehen ist besser als hundertmal hören“, lautet ein chinesisches Sprichwort. Ich möchte klarstellen: Der Bund steht hinter dem Projekt des Hauptstadtflughafens. Wir können und dürfen dieses Projekt selbstverständlich nicht an die Wand fahren lassen. Der Bund unterschreibt allerdings auch keine Blankoschecks; das darf es ebenfalls nicht geben. ({11}) Deswegen sind wir über erforderliche Konsequenzen mit den anderen Gesellschaftern laufend im Gespräch. Der neue Technikchef, den wir bestellt haben, hat jedenfalls einen imposanten und guten Start hingelegt und genießt unser vollstes Vertrauen. Im Übrigen müssen die Verantwortlichkeiten für die Entwicklungen in der Vergangenheit ganz genau geklärt werden. Wir müssen dieses Projekt jetzt zügig zum Erfolg führen. Mein Ministerium hat mit der Einrichtung einer Sonderkommission Flughafen BER die entsprechende Vorkehrung geschaffen, um alles sicherzustellen, was in diesem Zusammenhang Obliegenheiten des Bundes sind. Die „SoKo BER“ arbeitet ausgesprochen erfolgreich. Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt: Wenn dieser Flughafen in Betrieb sein wird, dann wird das ein Flughafen sein, der weltweit Maßstäbe setzt und Beachtung findet. Herzlichen Dank. ({12})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Florian Pronold für die SPD-Fraktion. ({0})

Florian Pronold (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003612, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist der letzte Bundeshaushalt im Bereich Verkehr, den dieser Minister verantworten wird, und das ist gut so. ({0}) Drei Jahre lang war Zeit, die großen und vollmundigen Ankündigungen und Versprechen, die am Anfang der Wahlperiode gemacht worden sind, in die Tat umzusetzen. Außer Ankündigungen ist nichts dabei herausgekommen. Erinnern wir uns an die erste Rede, die Herr Ramsauer in diesem Haus als Bundesverkehrsminister gehalten hat. Das große Thema lautete: Jeder Zuwachs im Güterverkehr soll auf die Schiene verlagert werden. Was ist die Bilanz nach dieser vollmundigen Ankündigung? Was ist aus der Verpflichtung im Koalitionsvertrag geworden, die Hinterlandhäfenanbindung hinzubekommen? ({1}) Nichts. All das ist beerdigt worden. Von 1 Milliarde Euro an Sondermitteln im Verkehrshaushalt gehen gerade einmal 100 Millionen Euro in den Bereich der Schienen. Es gab aber keine Initiative, um Güterverkehr tatsächlich von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Im Gegenteil, die Mittel für kombinierte Verkehre sind im Haushalt noch gekürzt worden. Die Bilanz: versprochen - gebrochen. ({2}) Wie oft haben wir hier darüber diskutiert, was die Menschen zum Beispiel an der Rheintalbahn bewegt? Die Lärmbelastung ist dort in vielen Bereichen unerträglich. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb steht: Der Schienenbonus bei der Bahn wird aufgehoben. Was ist gemacht worden? Nichts. Versprochen - gebrochen. ({3}) Herr Ramsauer, ich hätte mir gewünscht, dass Sie zumindest auf europäischer Ebene ein paar Initiativen ergriffen hätten. So viel Geld kostet es nicht, alle Güterwagen umzurüsten. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie so mutig gewesen wären wie die Schweizer, die darüber nachdenken, ab 2019 einfach ein Durchfahrtverbot für die besonders lauten Güterverkehre zu verhängen. Damit würde man den Menschen wirklich helfen. Durch Ihre Ankündigungen aber gibt es keinen Lärmschutz. Sie sind vielmehr Lärm und damit eine Belästigung für die Menschen, die vor Ort betroffen sind. ({4}) Im Koalitionsvertrag steht, dass von der Koalition in der ersten Hälfte der Legislaturperiode über die Höhe der Finanzausstattung für die ehemalige Gemeindeverkehrsfinanzierung entschieden wird, die auslaufen soll und die wir in der Übergangsperiode neu regeln müssen. Die Hälfte dieser Zeit ist schon vorbei, und nichts wurde entschieden: Angekündigt, versprochen und nicht gehalten. Es sollte mehr Geld in die jeweiligen Verkehrsträger fließen. Es sollte verkehrsträgereigene Finanzierungskreisläufe geben. Das war die große Ankündigung. Was ist passiert? Ja, Sie haben die Einnahmen aus der LkwMaut tatsächlich in den Bereich Straße fließen lassen. Aber steht jetzt mehr Geld für den Straßenbau zur Verfügung? Nein, denn andere Mittel wurden gekürzt. ({5}) Sie beklagen zu Recht, dass die geringen Mittel, die durch den letzten Haushalt zusätzlich zur Verfügung standen, nur ein wenig Luft zum Luftschnappen brachten, jedoch nicht genug Luft zum Atmen. Ich frage Sie: Was sind Sie für ein Minister, wenn Sie zulassen, dass aus dem Verkehrsbereich Milliarden eingesammelt werden, die diesem aber nicht zugutekommen? Die Luftverkehrsabgabe beträgt jährlich 1 Milliarde Euro, und es gibt eine jährliche Zwangsdividende der Bahn von 500 Millionen Euro. Davon fließen 270 Millionen Euro wieder zurück. ({6}) Aus dem Verkehrsbereich werden also 1,2 Milliarden Euro eingesammelt, die jedoch nicht die Investitionslinie erhöhen. Das ist doch ein Armutszeugnis. ({7}) Gleichzeitig beklagen Sie, dass zu wenig Geld vorhanden ist. Dabei haben Sie Mehrwertsteuergeschenke für die Hoteliers und Milliarden für ein unsinniges Betreuungsgeld in den Haushalt eingestellt. Das ist die Wahrheit. Nun stellen Sie sich hier hin und jammern. Das ist doch lächerlich. ({8}) Und dann gibt es wieder große Ankündigungen. Erst in der letzten Woche hörten wir etwas zum Bundesradwegeplan. Der war wirklich toll. Darin stehen viele vernünftige Sachen. Das einzige Problem dabei ist jedoch der Haushalt. In diesem Bereich wird nämlich gekürzt: von 100 Millionen Euro unter Rot-Grün auf nunmehr 60 Millionen Euro. Das ist fast eine Halbierung. Was helfen große Ankündigungen, wenn sie nicht mit Geld hinterlegt sind? Das ist ähnlich wie bei der tollen Reform des Verkehrssünderregisters, die Sie gemacht haben. Dort gibt es diese schöne anschauliche Ampel. Sie haben tolle Flugblätter gedruckt, und es ist ein ADAC-Sonderheft für Sie herausgekommen. Auch hier ist nach der Ankündigung nichts übrig geblieben. ({9}) Versprochen - gebrochen, Herr Ramsauer. Das ist die Bilanz Ihrer bisherigen Regierungstätigkeit. ({10}) Was die Priorisierung angeht, die angesichts der knappen Finanzmittel notwendig ist, ziehe ich in Bezug auf Ihr bisheriges Regierungshandeln folgendes Fazit: Der Bau einer Autobahn ist doch niemals nach objektiven Kriterien bewertet worden. Sie haben den Bundesverkehrswegeplan nicht wirklich überarbeitet. Sie haben nicht überlegt, wo es Knoten oder Engstellen gibt, die man beheben muss. Das einzige Kriterium war: Führt die Autobahn durch den Wahlkreis des Bundesministers? Das war die einzige Priorität, nach der Sie Ihre Verkehrspolitik ausgerichtet haben! ({11}) Sie haben Ihre Rede mit der Bemerkung eingeleitet, dass Ihr Ministerium eigentlich die entscheidende Rolle spielt, wenn es darum geht, wie die Energiewende gestaltet werden soll. Zur Energiewende gehört die Einsparung, und die größten Einsparpotenziale liegen in den Bereichen Verkehr und Gebäude. ({12}) 70 Prozent des Einsparpotenzials liegen in diesem Bereich. Was passiert? ({13}) - Rufen Sie nicht dazwischen, stellen Sie mir eine Zwischenfrage, ({14}) dann kann ich Ihre Fragen ordentlich beantworten. ({15}) Dann bekommen die Menschen auf den Zuschauertribünen auch mit, was die Wahrheit ist. ({16}) - Herr Döring, Sie sind gut im Dazwischenrufen, aber schlecht im Umgang mit den Fakten. Stellen Sie mir eine Zwischenfrage, dann kommen wir weiter. Zum Thema energetische Gebäudesanierung. In diesem Bereich liegt das Einsparpotenzial bei 70 Prozent. Wenn Sie jetzt schon so schreien, dann ist klar, was gleich kommt. Was ist denn die Wahrheit? ({17}) Unter einem sozialdemokratischen Minister war der Beitrag zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung mit 2 Milliarden Euro am höchsten. Nun ist es ein Viertel weniger. Wer hat das zu verantworten? Sie! Das ist die Wahrheit und nichts anderes. ({18}) Sie haben das Ganze in einen Energie- und Klimafonds gepackt, der nicht gegenfinanziert ist, dessen Finanzierung unsicher ist. ({19}) Sie haben damit einen Anschlag auf die mittelständische Wirtschaft verübt, weil Sie für Verunsicherung gesorgt haben; denn heute gibt es weniger Aufträge vor Ort, und dadurch wird weniger für den Klimaschutz getan. ({20}) Wenn Sie mir nicht glauben, dann glauben Sie den Mitgliedern des Kabinetts. Wem traut das Kabinett in dieser Frage? Herr Altmaier hat extra eine neue Unterabteilung eingerichtet, die klären soll, wie man im Bereich Gebäude Einsparungen vornehmen kann, weil er es dem Verkehrsminister nicht zutraut. ({21}) Die Bundeskanzlerin hat den Bereich Elektromobilität nicht beim Verkehrsministerium angesiedelt, sondern im Wirtschaftsministerium. Gibt es denn ein größeres Armutszeugnis für einen Bundesverkehrsminister, als dass ihm die eigenen Kabinettskollegen nichts zutrauen? ({22}) Zum Thema Städtebauförderung. Sie haben sie zu Recht gelobt, sie ist nämlich ein tolles Instrument, aber mit der Anzahl an Protestbriefen von Kommunalpolitikern, die bei Ihnen eingegangen sind, weil Sie die Mittel für die Städtebauförderung gekürzt haben, könnte man alle Bundesverkehrswege pflastern. ({23}) Sie haben die Mittel für die Städtebauförderung um ein Viertel gekürzt. Sie haben vor allem die Projekte, die besonders erfolgreich sind, aus ideologischen Gründen aufs Korn genommen. Lassen Sie mich als Beispiel das Programm „Soziale Stadt“ nennen, das immer noch unterfinanziert ist. Was haben wir Debatten darüber geführt! ({24}) - Ja, jetzt haben Sie die Mittel wieder etwas aufgestockt. ({25}) Aber sie befinden sich noch nicht auf dem alten Niveau. Hören Sie doch mit diesen Taschenspielertricks auf! Wir haben über das Thema abgehängte Wohnquartiere diskutiert. Wir haben uns überlegt, was man dort über Integration erreichen kann. Wir haben im letzten Jahr in diesem Haus viel über das Thema Integration diskutiert. Dort, wo man nachweislich Erfolge erzielt hat, setzen Sie aus ideologischen Gründen den Rotstift an. Das ist die Bilanz Ihrer Regierungspolitik. Sie lassen die Menschen vor Ort im Stich. ({26}) Zum Thema bezahlbare Miete. Sie haben das Thema zu Recht angesprochen, aber ich frage Sie: Was haben Sie denn gemacht? Was macht denn die schwarz-gelbe Koalition, beispielsweise in Bezug auf die energetische Sanierung? Sie belasten die Menschen mit zusätzlichen Risiken. ({27}) Das geltende Recht sieht noch eine Verschärfung der Bedingungen vor, ({28}) indem 11 Prozent der Sanierungskosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden können. ({29}) - Schauen Sie halt ins Gesetz rein, wenn Sie es nicht glauben. ({30}) Kostet eine Sanierung 25 000 Euro, dann bedeutet das für einen normalen Mieter eine Mieterhöhung von bis zu 230 Euro pro Monat, das sind etwa 2 750 Euro pro Jahr. Wer kann sich das denn leisten? In Metropolregionen und in Ballungsräumen kann das passieren. Wie lautet Ihre Antwort? Noch weniger Rechte für die Mieterinnen und Mieter anstelle einer fairen Lasten- und Risikoverteilung, für die wir alle in diesem Hause sind. ({31}) In der Verkehrs- und Baupolitik fehlt eine Vision, ein Konzept für die Zukunft. ({32}) - Wollen Sie mir auch eine Frage stellen? Meine Redezeit geht zu Ende. Dann sage ich Ihnen noch gerne etwas zu Emissionen, oder ich lade Sie ein. Heute Nachmittag findet in diesem Haus ein Zukunftskongress der SPDBundestagsfraktion statt. Daran können Sie gerne teilnehmen. Dort ist das wichtigste Projekt das Projekt „Infrastrukturkonsens“. Dort haben wir die entscheidenden Punkte benannt, die in der Zukunft gebraucht werden. Es ist notwendig, dass die Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturprojekten verbessert wird - und nicht nur pro forma -, dass wir die Planungen beschleunigen, dass es eine echte Prioritätensetzung im Bundeshaushalt gibt, dass mehr Güterverkehr auf die Schiene kommt und dazu entsprechende Investitionen gemacht werden. Das sind die Herausforderungen. Darüber haben wir in diesem Hause oft Debatten geführt. Das Problem ist, dass unter diesem Minister drei Jahre lang nichts gemacht worden ist außer Klamauk: Wechselkennzeichen, Wiedervergabe ehemaliger KfzKennzeichen. Ich erinnere mich noch an große Debatten über Überholverbote von Lkw auf der Autobahn, aus denen auch nichts geworden ist. Es gibt noch viele, viele andere Dinge. ({33}) Das größte Projekt des Ministers, die Pkw-Maut, ist von der Bundeskanzlerin versenkt worden. ({34}) Versprochen - gebrochen. ({35}) Die Medien haben ihr Urteil schon gefällt. Es hieß „Pop-up-Minister“, und - das Traurigste - Ramsauer wurde gekrönt zum „König des Nichts“. Dem ist nichts hinzuzufügen. ({36})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort der Kollegin Claudia Winterstein für die FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Claudia Winterstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Pronold, Ihr Gejammere und Ihre Schwarzmalerei helfen überhaupt nicht weiter. ({0}) Das war einfach nur grauselig. Ich habe wirklich noch nie so viel Unsinn so kompakt in elf Minuten gehört. ({1}) Ich frage mich, was Sie zu Ihren fünf Ministern, die in den vergangen Jahren weiß Gott nichts bewerkstelligt haben, zu sagen hätten. Insofern haben Sie ein absolut schwaches Bild abgeliefert. Deswegen möchte ich als Haushälterin zu den Fakten zurückkehren. Dank der besonnenen Haushaltspolitik und der zielgerichteten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik steht Deutschland im internationalen Vergleich - vielleicht befassen Sie sich damit auch einmal - gut da. Wir haben konsolidiert und klug investiert. Das ist die Maßgabe der Koalition. Dass dieser Weg der richtige ist, belegt auch eine Studie des World Economic Forums, die in der vergangenen Woche veröffentlich worden ist. Nach dieser Studie belegt Deutschland unter den wettbewerbsfähigsten Ländern den sechsten Rang, und das noch vor den USA. Ursache hierfür sind insbesondere die hervorragenden Noten, die wir in den Rubriken Infrastruktur und Innovationskraft erhalten haben. Von den Gesamtausgaben im Verkehrshaushalt in Höhe von 25,7 Milliarden Euro werden 54 Prozent für Investitionen aufgebracht. Sie müssen einmal überlegen: Wir haben 33 400 Kilometer Schienenwege des Bundes, 52 500 Kilometer Autobahnen und Bundesstraßen mit 39 000 Brücken und über 7 000 Kilometer Wasserstraßen. Die müssen alle erhalten bleiben. ({2}) Deswegen sind Investitionen in diese Verkehrsinfrastruktur besonders wichtig. Deshalb haben wir dafür auch 10,1 Milliarden Euro vorgesehen; denn eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist der Grundpfeiler für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Was haben Sie bei Rot-Grün ausgegeben? Sie haben nicht 10,1 Milliarden Euro ausgegeben, Sie haben 9,5 Milliarden Euro ausgegeben. Sie hätten weitaus mehr ausgeben können, wenn Sie das alles so viel besser können. ({3}) Im vergangenen Jahr stellte die Koalition mit dem Infrastrukturbeschleunigungsprogramm einmalig 1 Milliarde Euro an zusätzlichen Mitteln bereit; das ist bereits gesagt worden. Damit sind wir dem Investitionsstau entgegengetreten, den uns die fünf vorherigen SPD-Verkehrsminister als schwere Hypothek überlassen haben. ({4}) Auch im Jahr 2013 können wir davon noch profitieren. 290 Millionen Euro davon haben wir im Haushalt 2013 noch zur Verfügung. Mit den Mitteln aus diesem Infrastrukturbeschleunigungsprogramm werden 32 Maßnahmen im Straßenbau verstärkt. Zudem sind 28 zusätzliche Erhaltungsmaßnahmen und 12 zusätzliche Neubauprojekte ermöglicht worden. Es ist also nicht so, dass hier nichts geschieht; im Gegenteil. Mit den Zusatzmitteln für den Bereich Schiene werden rund 380 Einzelvorhaben zur Modernisierung der Bahnsteige und zur Herstellung der Barrierefreiheit umgesetzt. Schließlich kann der Bau der dringend notwendigen fünften Schleuse in Brunsbüttel ({5}) an der größten künstlichen Wasserstraße der Welt, nämlich dem Nord-Ostsee-Kanal, endlich realisiert werden. Das sind große Erfolge. ({6}) Einen weiteren Erfolg gibt es im Bereich der Verkehrssicherheit auf den Bundesstraßen zu verzeichnen. In der Vergangenheit stellten die fehlenden Lkw-Stellplätze an den Bundesfernstraßen ein großes Problem und eine erhebliche Verkehrsgefährdung dar. Bis zum Jahr 2015 werden 15 500 neue Plätze geschaffen. Dafür stellen wir 130 Millionen Euro bereit. Ein Desaster ist allerdings der Bau des neuen Hauptstadtflughafens. Hier gibt es vor allem Chaos. ({7}) Mangelhaftes Controlling, Planungsfehler und menschliches Versagen haben nicht nur zu einer erneuten Verschiebung des Eröffnungstermins geführt, sondern bewirken auch ein Finanzierungsdefizit der Flughafengesellschaft in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Davon müsste der Bund 26 Prozent, also rund 312 Millionen Euro, tragen. Für zuDr. Claudia Winterstein sätzliche Bundesmittel muss allerdings die Maßgabe lauten: so viel Gesellschafterdarlehen wie möglich, so wenig Eigenkapitalzuschuss wie nötig. ({8}) Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir zusätzliche Zahlungen an die Flughafengesellschaft ohne Konsequenzen nicht mehr verantworten können. ({9}) Natürlich ist eine Insolvenz keine Option, aber zumindest benötigen wir eine Verbesserung der Aufsicht und eine Veränderung in der Geschäftsführung; denn ich glaube, das Vertrauen ist komplett verlorengegangen. ({10}) Es bleiben noch viele Fragen offen. Nur ein Beispiel: Der Münchener Flughafen hat für 20 Millionen Passagiere 330 Check-in-Counter und 21 Gepäckausgabebänder. An unserem Flughafen in Berlin gibt man sich mit 96 Abfertigungsschaltern und 8 Gepäckausgaben für 24 Millionen Passagiere zufrieden. Das Chaos ist an sich vorprogrammiert. Ein wichtiger Bestandteil des Einzelplans 12 ist die Schifffahrt. Als im Sommer dieses Jahres die Reederei Deilmann ankündigte, die „MS Deutschland“ statt unter deutscher Flagge unter maltesischer Flagge fahren zu lassen, war die Aufregung im Land natürlich groß. Die „MS Deutschland“ ist ein symbolträchtiges Schiff, nicht nur weil sie als „Traumschiff“ berühmt wurde, sondern auch, weil es leider das letzte große Kreuzfahrtschiff unter deutscher Flagge ist. Viele Gespräche waren notwendig, um die Reederei zu bewegen, das Schiff nicht auszuflaggen. An dieser Stelle möchte ich dem Maritimen Koordinator der Bundesregierung, Hans-Joachim Otto, danken, der mit wirklich unermüdlichem Einsatz die Reederei davon überzeugen konnte, dass es neben ökonomischen Gesichtspunkten auch eine nationale Verantwortung gibt. Das ist übrigens bei der SPD ganz anders. Das parteieigene Kreuzfahrtschiff „MS Princess Daphne“ fährt nämlich unter portugiesischer Flagge. ({11}) Die maritime Wirtschaft stellt einen bedeutenden und wichtigen Wirtschaftszweig in Deutschland dar. Hohe Investitionen der Reedereien sichern und schaffen Arbeitsplätze. Allein die deutschen Schifffahrtsunternehmen beschäftigen 90 000 Menschen. Damit diese Erfolgsgeschichte fortgesetzt werden kann, brauchen wir das Maritime Bündnis. Durch die Förderung von Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute auf deutschen Schiffen wird der Schiffsstandort in diesem Land gestärkt. Deswegen wollen wir den Förderansatz für das Haushaltsjahr 2013 auf einem Niveau von 57,8 Millionen Euro verstetigen. Wir bleiben der verlässliche Partner der maritimen Wirtschaft. Zum Schluss möchte ich noch auf die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zu sprechen kommen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das wird nun schwerlich möglich sein. ({0}) - Nein, das ist natürlich höchst bedauerlich; aber die Lage ist halt so, wie sie ist. ({1})

Dr. Claudia Winterstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich will nur sagen: Die FDP hat zehn Jahre lang dafür gekämpft, und wir sind sehr froh, dass wir jetzt auf einem guten Weg sind und auch im Bereich der Wasserund Schifffahrtsverwaltung zu mehr Effizienz kommen. Wir werden darüber in den kommenden Haushaltsberatungen ganz sicher weiter intensiv diskutieren, Herr Kahrs. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun der Kollege Roland Claus für die Fraktion Die Linke. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die unbestrittene Tatsache, dass es hier um den größten Investitions- und Infrastrukturetat des Bundes geht, sagt noch nichts über die Qualität der Investitionen ({0}) und sagt auch nichts über die Fähigkeit des zuständigen Ministeriums, diese Investitionen voranzubringen. Herr Bundesminister Ramsauer, wohlgesonnen könnte man sagen: Sie haben Ihre Rede hier in betonter Sachlichkeit vorgetragen. ({1}) Ich muss Ihnen sagen: Das, was Sie hier angeboten haben, war einfach nur lustlos. ({2}) Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Ihnen immer mehr Kompetenzen aus der Hand genommen werden. Man muss Sie zu mehr Selbstvertrauen ermuntern. Für mich steht fest: Sie können nicht mit Geld umgehen, und schon gar nicht mit viel Geld. ({3}) Sie haben sich den Beitrag Ihres Ressorts zur Energiewende ohne Not aus der Hand nehmen lassen. Zum Thema Gebäudesanierung hat der Genosse Pronold schon das Richtige gesagt. ({4}) Sie haben die Mittel für den Stadtumbau reduziert und sich damit Protestschreiben von Bürgermeistern von CSU bis Linke eingehandelt. Sie haben das Programm „Soziale Stadt“ als baufremde Ausgabe diskreditiert. Das ist wirklich nicht hinzunehmen. Sie werden doch inzwischen weltweit Erfahrungen gesammelt haben. ({5}) Wir haben uns den Umbau einer Township in Kapstadt angeschaut. Man kann sich in Deutschland den Umbau von großen Wohnsiedlungen anschauen, zum Beispiel in Bremen-Tenever. ({6}) Es geht niemals nur um die Seite des Bauens. Es geht immer auch um die Verbindung von Bau und demokratischer Teilhabe. Deshalb ist dieses Programm so wichtig. ({7}) Wenn Sie dieses Programm diskreditieren, zeugt das von einer betonköpfigen Politik, die ich Ihnen unterstellen muss. Sie haben das Programm „Altersgerecht Umbauen“ in die Abwicklung geschickt. Wenn es ein positives Programm gibt, das eine wirklich herausragende Wirkung auf andere Entwicklungsmöglichkeiten hat, dann ist es dieses Programm. Ich habe damit eine wunderbare Erfahrung gemacht: An einem Neubaublock in meinem Wahlkreis ist inzwischen außen ein Fahrstuhl angebracht worden. Das ist nahezu eine Touristenattraktion. Dieses Programm aber, mit dem Sie etwas bewirken können, schicken Sie in die Abwicklung. Ich muss mich erinnern: Ich habe 1990 als Mitglied der letzten Volkskammer der DDR vergeblich versucht, diese unselige Altschuldenbelastung ostdeutscher Wohnungsunternehmen zu verhindern. Das wurde mit dem Einigungsvertrag Gesetz; ich konnte es nicht verhindern. ({8}) Ich hätte es aber nie für möglich gehalten, dass ich 22 Jahre danach noch immer auf die verheerenden Wirkungen dieser Altschuldenbelastung hier im Deutschen Bundestag hinweisen muss. Das ist noch immer ein Riesenproblem, das ungelöst ist. Meine Fraktion wird Ihnen einen Vorschlag für eine sinnvolle Kombination von Stadtumbau Ost und Altschuldentilgung unterbreiten. ({9}) Herr Minister, Sie sind auf die steigenden Mieten in Ballungsgebieten eingegangen. Wir erwarten, dass Sie an diesem Thema dranbleiben. Jetzt steht die Privatisierung von über 11 000 bundeseigenen Wohnungen an, die bislang noch der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft gehören. Das fällt zwar in die Zuständigkeit des Bundesfinanzministeriums, aber wir erwarten vom Bau- und Wohnungsminister Engagement in dieser Sache. Sie wissen, dass etliche Mitglieder meiner Fraktion als Alternative zu dieser Privatisierung eine Genossenschaft mit dem Namen FAIRWOHNEN gegründet haben. Nun sind wir aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen worden; das werden wir uns nicht bieten lassen. Wir rechnen nicht damit, dass Sie der Genossenschaft beitreten, Herr Minister, aber ein bisschen mehr Unterstützung für diese Initiative wäre schon angebracht. ({10}) Zur Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Seit dem Frühjahr ist die Katze aus dem Sack. Mit dem sogenannten 5. Bericht zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes liegen die Dinge auf dem Tisch. Sie wollen alle Behörden in Bonn zentralisieren. Warum gründen Sie nicht gleich ein Zentralkomitee der Wasser-und Schifffahrtsverwaltung? ({11}) Das, was Sie vorhaben, ist dem ja ähnlich. Ich kann Ihnen sagen, wohin das führt. Besonders zu kritisieren ist, dass Sie die Wasserstraßen im gesamten Osten quasi zu Restwasserstraßen erklären. Obwohl noch nichts im Parlament entschieden ist, hat das bereits faktische Auswirkungen. Ich kann Ihnen von einem Jugendlichen aus meinem Wahlkreis berichten. Durch meinen Wahlkreis fließt die Saale. Der Jugendliche hat ein großes Interesse an fließenden Gewässern und hatte sich bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung beworben. Man hatte ihm gesagt: Willkommen, junger Mann, wir brauchen unbedingt Nachwuchs. Als er nun nachfragte - nachdem im Mai dieser Bericht auf den Tisch gekommen war -, ob er dort seine Ausbildung machen kann, wenn er mit der Schule fertig ist, wurde ihm gesagt: Hier im Osten geht nichts mehr. Wir stellen keine Auszubildenden mehr ein. - Das kann man die Macht des Faktischen nennen, Herr Minister; ich nenne es die Macht des Zynischen. ({12}) Die Linke steht für eine Verkehrs-, Bau- und Stadtentwicklungspolitik, die stets von sozialer Verantwortung und demokratischer Teilhabe aller an den öffentlichen Gütern ausgeht. Was alle brauchen, muss öffentlich zugänglich und bezahlbar sein. Ich will noch ein Wort zum Flughafen Berlin sagen. Dazu möchte ich den Focus aus dem April 1996 zitieren. Der Focus berichtete im April 1996 über die Initiative von Bundesminister Wissmann, CDU, und der CDU Berlin für eine private Investition von 8 Milliarden D-Mark für einen neuen Flughafen am Standort Schönefeld. Der Focus nannte das ein sensationelles Konzept. Das muss deshalb hier zitiert werden, weil die Christlich Demokratische Union inzwischen versucht, sich vom Acker zu machen und die Schuld bei zwei Ministerpräsidenten, die zufällig der SPD angehören, abzuladen. ({13}) Es ist auch nicht damit zu erklären, dass der Bund mit 26 Prozent Minderheitseigner ist. Der Bund hat eine Menge für die Infrastrukturanbindung dieses Flughafens getan. Deshalb muss man Sie auffordern, zu Ihrer Verantwortung zu stehen, damit es nicht eines Tages heißt: Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu eröffnen. Vielen Dank. ({14})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Wir ahnen die Vervollständigung der Geschichtsbücher. Der nächste Redner ist nun der Kollege SvenChristian Kindler für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sven Christian Kindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004070, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zugeben: Als ich den Verkehrshaushalt durchgearbeitet habe, war ich überrascht. Bei der Durchsicht der Kapitel zu den Verkehrsträgern Schiene und Straße dachte ich erst an einen Fehler in der schwarzgelben Matrix. Ich hatte ein Déjà-vu-Gefühl. Das kam daher: Es gibt deutliche Kürzungen der Mittel beim Neubau und beim Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen, 430 Millionen Euro weniger, dafür 130 Millionen Euro mehr beim Erhalt und 226 Millionen Euro mehr bei Investitionen in die Schiene. Das kommt mir bekannt vor; denn das ist in der Tendenz das, was in unseren grünen Anträgen zu den Haushalten der letzten Jahre steht. Ich dachte, Herr Minister, Sie hätten aus den Fehlern Ihres Parteifreundes Karl-Theodor zu Guttenberg gelernt. Statt zu „guttenbergen“, hätten Sie uns, die grüne Bundestagsfraktion, als Originalquelle im Haushaltsplan angeben können. ({0}) Aber bei uns wird ja alles unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Wenn man in den Bundeshaushalt schaut, sieht man, dass die Titel Erhalt und Neubau gegenseitig deckungsfähig sind. In der Vergangenheit wurde im laufenden Haushaltsjahr aber immer vom Erhalt zum Neubau umgeschichtet. Deswegen muss man abwarten, was passiert. Beim weiteren Betrachten des Haushalts trat wieder Ernüchterung ein: Eine realistische Verkehrspolitik? - Fehlanzeige! Eine nachhaltige Vision, wie wir diesen Haushalt zukunftsfest machen? - Auch Fehlanzeige! Ein aktuelles Beispiel ist Ihr neues Konzept zum Radverkehr. Es ist ungenau; es gibt viel heiße Luft. Was machen Sie konkret? Sie haben in Ihrer Amtszeit die Mittel für den Radverkehr um fast die Hälfte gekürzt. Ein weiteres Beispiel: ÖPP, öffentlich-private Partnerschaften. Seit Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie die Mittel für diesen Titel fast verdoppelt, nämlich auf 190 Millionen Euro. Auch dieses Jahr gibt es 20 Millionen Euro mehr. Was ist das Problem bei ÖPP? Erstens. Dies ist häufig teurer. Der Bund leistet sich Projekte, wofür er eigentlich kein Geld hat, und die Projektkosten sind höher. Zweitens. Dies ist häufig total intransparent und geheim. Wir erfahren nichts über die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, nichts über die Verträge. Das sagen nicht nur wir; das hat Ihnen zuletzt auch der Bundesrechnungshof gesagt. Wenn Sie schon nicht auf uns hören, dann könnten Sie wenigstens auf den Bundesrechnungshof hören. ({1}) In dieser Haushaltswoche ging es auch viel um Konsolidierung. Den schwarz-gelben Willen hierzu merkt man besonders bei Ihnen, Herr Minister Ramsauer. Im Juni hat das Kabinett mit der Zustimmung des Verkehrsministers den Haushaltsentwurf beschlossen. Am selben Tag, Herr Minister, haben Sie eine Zusatzmilliarde gefordert, wie Sie es auch heute wieder gemacht haben, jedoch ohne jeden Vorschlag für eine Gegenfinanzierung. Es gibt keinen Deckungsvorschlag dafür. Gleichzeitig haben Sie - es kommt noch besser - die Abschaffung der Luftverkehrsteuer gefordert. Das wäre dann ein Einnahmeausfall von 1 Milliarde Euro. Das macht zusammen 2 Milliarden Euro Defizit von Herrn Ramsauer. Mehr ausgeben und Steuern senken - Glückwunsch, Herr Minister, Sie haben exemplarisch gezeigt, wie schwarzgelbe Haushaltspolitik aussieht. ({2}) Das Problem ist auch: Mehr Geld im Verkehrsetat löst das grundsätzliche Problem nicht. Ich habe das Bundesverkehrsministerium gefragt: Wie viele Anmeldungen gibt es eigentlich im Vordringlichen Bedarf im aktuellen Bundesverkehrswegeplan für Neu- und Ausbauprojekte der Straße? Im Vordringlichen Bedarf sollen 33 Milliarden Euro bis 2015 prioritär sein. Im Finanzplan 2012 bis 2015 sind dafür 6,3 Milliarden Euro eingestellt. Das heißt, nur 20 Prozent der Neubauprojekte sind finanziert; für 80 Prozent ist überhaupt kein Geld da. Da klafft eine 27-Milliarden-Euro-Lücke. Da hilft auch 1 Milliarde Euro mehr oder weniger nicht. Das Grundproblem aber ist, dass das mit der Priorisierung gar nichts zu tun hat. Sie priorisieren im Haushalt nicht. Das ist nicht ehrlich und nicht transparent. Der ganze Bundesverkehrswegeplan funktioniert so nicht. Das ist kein Problem der Unterfinanzierung. Der Bundesverkehrswegeplan ist planlos überbucht; das ist das grundsätzliche Problem. ({3}) - Aber das Gute in Baden-Württemberg ist, dass dort eine starke Priorisierung vorgenommen worden ist. Dort haben wir ganz klar gesagt, welche Straßen wir priorisieren. Wir haben klargemacht, dass es bei Straßen in Baden-Württemberg eine klare Priorisierung gibt. ({4}) Wir müssen hier grundsätzlich neu denken. Wir haben das Problem, dass überall Wahlkreis- und Lobbyinteressen einer grundsätzlichen Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans vorgehen. Deswegen brauchen wir für die Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans einen Neuanfang. Wir wollen einen Bundesmobilitätsplan. Er muss ehrlich sein, und er muss die Kosten transparent darstellen. Vor allen Dingen muss er alle Verkehrsträger im Gesamtnetz berücksichtigen, was er bisher eben nicht macht, und auf die neuen Mobilitätsanforderungen eingehen. Für diesen Neuanfang brauchen wir viel Mut. Wir müssen uns mutig gegen die Lobbys durchsetzen. Wir müssen den Mut haben, uns gegen Wahlkreisinteressen durchzusetzen. Wir müssen vor allen Dingen Mut haben, Verkehrspolitik grundsätzlich neu zu denken. Vielen Dank. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Arnold Vaatz für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Arnold Vaatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003248, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden jetzt schon eine Woche lang über den Haushalt. ({0}) Da gibt es eine Situation, die sich kontinuierlich wiederholt: Einerseits wird uns vorgeworfen, dass wir angesichts guter Steuereinnahmen überhaupt neue Schulden machen. Andererseits wird bei fast jedem Einzelplan gefordert, dass wir etwas drauflegen. ({1}) Die Kritik, dass wir in einzelnen Bereichen zu wenig Geld eingeplant hätten, wäre dann seriös, wenn Sie uns Fehlverwendungen nachwiesen und seriöse Deckungsvorschläge machten. ({2}) Herr Pronold, das haben Sie bis jetzt nicht getan. Ich hoffe, Herr Kahrs wird das nachholen, wenn er zu Wort kommt. Dann wäre ein seriöses Gespräch darüber möglich. ({3}) Wer Ja zur Haushaltskonsolidierung sagt, der muss die Konsequenzen akzeptieren. Wir sagen Ja zur Haushaltskonsolidierung. Unter diesen Bedingungen hat Peter Ramsauer einen Investitionshaushalt mit immerhin 10,1 Milliarden Euro vorgelegt, der, so meine ich, ein hohes Maß an Kontinuität und Investitionssicherheit erreicht und außerdem von großer konzeptioneller Klarheit ist. Was ich darunter verstehe, will ich Ihnen sagen: Wir sind eine mobile Gesellschaft und wollen das bleiben. Wir haben eine hohe Wohn- und Lebensqualität erreicht und wollen sie erhalten. Wir haben enorme Investitionen in den Schutz unserer Lebensgrundlagen getätigt und wollen dies fortsetzen. Dazu brauchen wir eine leistungsfähige Infrastruktur; diese müssen wir erhalten und verbessern. Ich sage Ihnen Folgendes: Wer in seinem Leben über ein Jahrzehnt oder länger die vollständige Agonie einer Infrastruktur erlebt hat, wie ich während der DDR-Zeit, der will in eine solche Situation nie wieder zurück. Insofern halte ich die Orientierung an dem Grundsatz, keinen weiteren Werteverzehr infolge unterlassener Erhaltungs- und Instandhaltungsarbeiten zuzulassen, für eine grundlegende Weichenstellung in diesem Haushalt, meine Damen und Herren. ({4}) Im Rahmen des Investitionsbeschleunigungsprogramms haben wir dies in den Haushalten 2012 und 2013 umgesetzt. Diese Prioritäten setzt auch der Investitionsrahmenplan, der bis 2015 gilt. Auch hier zeigt sich etwas sehr Interessantes: ({5}) Er hat ein Volumen von 41 Milliarden Euro. Der letzte unter sozialdemokratischer Ägide entstandene Investitionsrahmenplan hatte einen Umfang von 57 Milliarden Euro. Das Problem war, dass Sie schon damals wussten, dass entschieden weniger Mittel zur Verfügung stehen. Aber das ist eben der Unterschied: Unser Grundprinzip ist Seriosität, nicht Schaufensterpolitik. ({6}) Herr Pronold, wenn Sie uns vorwerfen, wir hätten keine Visionen, ({7}) dann muss ich sagen: Ich bin mir angesichts Ihrer Rede nicht hundertprozentig sicher, ob Sie den Unterschied zwischen den Begriffen Vision und Halluzination kennen. ({8}) Denn das, was Sie hier vorgetragen haben, hat teilweise von so großer Unkenntnis und von Wunschdenken gestrotzt, dass wir darüber nur lachen konnten. Das ist die Realität. Meine Damen und Herren, der Finanzbedarf für unsere Verkehrsinfrastruktur ist noch viel höher, als wir ihn im Haushalt darstellen können; das wissen wir alle. Dieser Finanzbedarf wäre nicht ganz so hoch, wenn wir nicht noch heute die Versäumnisse einer Handvoll früherer SPD-Verkehrsminister nachholen müssten, durch die unser Etat zusätzlich belastet wird. Das ist es aber nicht allein. Auch die gestiegenen Standards, die gestiegenen Umweltanforderungen und die exorbitante Länge der Genehmigungsverfahren sowie die in dieser Zeit steigenden Material- und Baupreise erhöhen den Kostendruck. Darauf müssen wir reagieren, entweder durch die Zurverfügungstellung von mehr Haushaltsmitteln, indem wir auf das allgemeine Steueraufkommen zurückgreifen, oder durch anderweitige Erhöhungen der Einnahmen. Dieser Weg ist eingeschlagen worden. Mittlerweile werden die Verkehrsinvestitionen zu rund einem Drittel aus den Einnahmen aus der Lkw-Maut gespeist. Wir haben auch damit begonnen, sowohl bei der Straße als auch bei der Schiene verkehrsträgerbezogene Finanzierungskreisläufe einzurichten. Das bedeutet ein Stück mehr Unabhängigkeit vom Haushalt, meine Damen und Herren. ({9}) Auch wenn niemand bestreitet, dass die bedarfsgerechte Finanzierung der Verkehrswege eine Aufgabe der öffentlichen Hand bleiben muss, glaube ich, dass wir zur Finanzierung unserer Investitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur allgemein unabhängiger vom Haushalt werden müssen. Das bleibt in den kommenden Jahren eine wichtige Baustelle. Die konzeptionellen Ansätze der Nutzerfinanzierung müssen weiterentwickelt werden. Dafür brauchen wir allerdings einen breiten öffentlichen Konsens; denn das ist keine Augenblicksaufgabe, sondern eine langfristige strategische Entscheidung, die wir anstreben müssen. Meine Damen und Herren, was wir uns mit Sicherheit nicht leisten können, sind fortwährende Verzögerungen beim Infrastrukturausbau, die bei Großprojekten in den letzten Jahren allmählich zur Regel geworden sind. Die Planungsprozesse dauern zu lange. ({10}) Längst ist es so, dass nach Recht und Gesetz erfolgte Entscheidungen immer wieder infrage gestellt werden nicht von uns. ({11}) Es mag ja lustig sein, dass Herr Kretschmann den Bau des Stuttgarter Bahnhofs vor Störungen durch seine eigene Klientel schützen muss. ({12}) Da aber Herr Kindler gesagt hat, unsere Haushalte seien überbucht, ({13}) muss ich Sie darauf hinweisen: Vorkommnisse wie bei Stuttgart 21 sind die wirklichen Kostentreiber. Das ist der Grund für die Überbuchung. ({14}) Es ist nicht so, dass das von Haus aus so sein musste. Ihre Verzögerungsmaßnahmen, Ihre Prozesshanselei, Ihre teilweise mit Mitteln der Gewalt vorgetragene Gegnerschaft bei allen Großprojekten haben bis jetzt Unsummen an zusätzlichen Kosten produziert, über die Sie jetzt, weil das Geld fehlt, Krokodilstränen vergießen. Das kann nicht die Zukunft für unsere Infrastrukturinvestitionen sein. ({15}) Zum Markenkern unseres Landes, zum Ruf Deutschlands in der Welt gehören Qualität, Effizienz, Termintreue. Es war noch vor Monaten undenkbar, dass einmal in der ganzen Welt homerisches Gelächter über das Versagen Deutschlands auf genau diesem Feld ausbrechen würde. Der Dilettantismus beim Berliner Flughafen muss aufgeklärt werden. Dergleichen darf sich niemals wiederholen. Die Chuzpe des Aufsichtsratsvorsitzenden im Umgang mit dem unter seiner Ägide angerichteten enormen Schaden muss für ihn einschneidende politische Folgen haben, wenn das Vertrauen in unsere öffentlichen Institutionen nach diesem Fall keinen Schaden nehmen soll. ({16}) Wir stehen in einem weltweiten Wettbewerb. Rahmenbedingungen, die diesen Wettbewerb verzerren, müssen beseitigt werden. Das betrifft zum Beispiel die Harmonisierung des europäischen Schienenverkehrs. Das gilt aber auch für den Luftverkehr. Ich sehe dringenden Diskussions- und Handlungsbedarf bei der Luftverkehrsteuer. ({17}) - Ja, genau. Wir sind eine demokratische Partei, wir sind eine demokratische Fraktion. Demzufolge darf ich hier sagen, dass ich der Meinung bin, dass wir über diese Sache noch einmal nachdenken müssen. ({18}) Ein Kernstück der europäischen Politik ist das transeuropäische Verkehrsnetz. Wir haben die diesjährigen Vorschläge der EU-Kommission dazu begrüßt. Aber wir haben auch durchgesetzt, dass die Planungs- und Finanzierungshoheit bei den Mitgliedstaaten verbleibt. Damit ist die zeitliche Realisierung kein Brüsseler Diktat. Sie steht unter unserem Finanzierungsvorbehalt. Das ist wichtig; denn das Ganze wird sehr teuer werden. Wir sind insgesamt an sechs von insgesamt zehn transeuropäischen Korridoren beteiligt. Im Baubereich haben wir einen Schwerpunkt auf die Förderung der energetischen Sanierung gelegt. Für das Gebäudesanierungsprogramm haben wir 1,5 Milliarden Euro jährlich aus dem Energie- und Klimafonds zur Verfügung. Wir alle hoffen, dass die Länder im Vermittlungsverfahren einlenken und auch die zweite Säule, die steuerliche Förderung, ermöglichen. Ich möchte auch dafür werben - das ist der einzige Punkt, Herr Claus, worin ich mit Ihnen übereinstimme -, dass wir im parlamentarischen Verfahren versuchen, das Programm „Altersgerecht Umbauen“, dessen Mittel momentan leider auf null gesetzt sind, für die Zukunft auf alle Fälle zu erhalten. Vielen Dank. - Es gibt eine Menge zu tun. Packen wir es an! ({19})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Johannes Kahrs ist der nächste Redner für die SPDFraktion. ({0})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Reden gehört, bei denen man sich fragt: Warum sind diese Redner überhaupt aufgestanden? ({0}) Der Minister hat sich hier hingestellt und, im Vergleich zu sonst, lustlos etwas vorgetragen, was ihm jemand aufgeschrieben hat. Ich kenne ihn noch vom Anfang der Legislaturperiode. Da hat er deutlich mehr Elan auf die Straße gebracht. ({1}) Das ist heute nicht mehr so. Schauen wir einmal genau hin: Früher saß da eine stolze Riege seiner Staatssekretäre. Heute sitzen da nur noch zwei. Das heißt: Im Hause gibt es kein Interesse mehr. Der Minister hat kein Interesse mehr; die Koalition hat bei seiner Rede kaum noch geklatscht. Sie wickeln gerade ab; das kann vorkommen. Die letzten drei Jahre waren ja auch nicht so toll. In der Union wird schon darüber gestritten, ob das, was Sie gemacht haben, überhaupt sinnvoll war. Um ein Beispiel zu nennen - ich persönlich hätte dieses Thema gar nicht angesprochen; aber der Minister und der Kollege Vaatz haben darüber gesprochen -: Sie haben die Luftverkehrsteuer - man muss sich das Wort einmal auf der Zunge zergehen lassen - eingeführt. Jetzt bejammern Sie, dass es sie noch gibt. Innerhalb von drei Jahren ist das eine echte Leistung. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen. ({2}) Zuerst führt man eine Steuer ein, und dann erklären der Minister und Herr Vaatz: Sie muss wieder weg. - Die dafür notwendige Mehrheit haben Sie. Ganz ehrlich: Wir Sozialdemokraten wären dazu bereit. Wir reichen Ihnen die Hand; wir machen sogar mit. ({3}) Sie kriegen also in diesem Haus eine Zweidrittelmehrheit. Sie müssen sich nur mal durchsetzen. ({4}) Das ist das Hauptproblem Ihrer etwas jämmerlichen Politik: Sie setzen sich nicht mal in dieser Koalition durch. Sie sind mit dem Fachausschuss und als Bau- und Verkehrspolitiker in Gänze gescheitert. ({5}) Das ist die Wahrheit, und das ist es, was der Minister heute verkündet hat: sein eigenes Scheitern. Ich habe hier großartige Debatten über die Einführung der Pkw-Maut erlebt. Sie erinnern sich vielleicht auch noch daran, dass das vollmundig versprochen wurde, übrigens von demselben Minister, der gesagt hat: Der Autofahrer ist zu sehr belastet durch die Benzinsteuer und Benzinkosten; man muss den Autofahrer entlasten. - In der gleichen Sekunde stellt er sich hin und fordert eine Pkw-Maut. Da fragt man sich, wo das solide Finanzkonzept bleibt, das Sie eingefordert haben, Herr Vaatz. Man muss sich fragen, was diesem Haus in den letzten drei Jahren gefehlt hat: nämlich Führung, Ideen und von mir aus auch Visionen. Die Wirtschaftswoche, die nicht wirklich SPD-nah ist, ({6}) zitiert dazu Herrn Ramsauer. Sie können das nachlesen. Herr Ramsauer mahnt: Die wirtschaftlichen Grunddaten für unsere Verkehrsprognose 2030 machen deutlich: Wir dürfen die Infrastruktur nicht dauerhaft auf Verschleiß fahren - deshalb sind zusätzliche Haushaltsgelder notwendig. Deswegen hat er die Luftverkehrsteuer abschaffen wollen: damit er mehr Haushaltsmittel hat. Die Pkw-Maut wollte er einführen, damit er mehr Haushaltsmittel hat. Die Pkw-Maut kommt nicht. Stattdessen haben wir lustige Fragen diskutiert, zum Beispiel ob man auf dem Seitenstreifen der Autobahn fahren kann, ob alle Parkplätze neue Namen bekommen sollen oder ob man neue Autokennzeichen braucht, damit der Lokalpatriot glücklich und selig ist. ({7}) Die Frage ist: Inwiefern ist das Politik? Das Erbärmliche an der ganzen Veranstaltung ist, dass Sie hier seriöse Politik fordern, aber drei Jahre Murks abgeliefert haben. ({8}) Das wissen Sie auch, und das ist das Peinliche. Man kann glauben, dass, wenn es eine bürgerliche Mehrheit gibt, CDU/CSU und FDP irgendwann etwas auf den Tisch legen. Dass Sie die Wehrpflicht abgeschafft haben und eine Luftverkehrsteuer einführen, haben Ihre Wähler von Ihnen nicht erwartet, übrigens auch keine Pkw-Maut. ({9}) - Die FDP-Wähler werden weniger. Um die kümmert sich zurzeit keiner. Wenn man sich das alles anguckt, dann glauben zumindest wir als Sozialdemokraten, dass es mal wieder Zeit ist für einen soliden Haushalt. Das heißt, dass wir uns darüber unterhalten müssen: Was muss die Linie sein zum Beispiel im Verkehrsbereich; was braucht man für die Infrastruktur? Da muss man gucken, wie man das solide rechnet. Der Kollege Vaatz hatte das eingefordert. Die SPD hat ein Steuer- und Finanzkonzept vorgelegt, und wir haben auch gesagt, wie wir Mehreinnahmen generieren wollen. Das ist solide durchgerechnet. Es wird Anträge der SPD geben, den Verkehrsetat strukturell um 2 Milliarden Euro zu erhöhen. Wir haben das beim letzten Mal mit 1 Milliarde Euro gemacht, weil wir der Meinung waren: Man muss in Infrastruktur investieren. Der Minister hatte mit dem, wie ihn die Wirtschaftswoche in dieser Frage zitiert hatte, recht, nur, getan hat er nichts. ({10}) Ich glaube, Sie müssen sich anstrengen. Wir haben gesagt, wir würden 1 Milliarde Euro für die dauerhafte Instandhaltung der Bundesautobahnen ausgeben. Wenn Sie 1 Milliarde Euro mehr haben, können Sie endlich die notwendigen Sanierungen angehen, und zwar strukturell. Damit das nicht wieder so eine peinliche Veranstaltung wird wie beim Minister, dass man über das Befahren des Seitenstreifens spricht und sonst nicht viel passiert, sind wir der Meinung, dass man 24 Stunden am Tag an sieben Tagen der Woche bei entsprechender Schichtarbeit an den Baustellen auf den Autobahnen arbeiten kann. ({11}) Es ist nichts peinlicher, als wenn man am Wochenende über die Autobahn fährt oder man Tag für Tag an Baustellen vorbeifährt, sich dort im Stau entlangquält und gar nichts passiert; es bewegt sich da niemand. ({12}) Wenn sich nicht endlich mal was bewegt, dann haben wir doch das Problem, dass all das Geld, das Sie da investieren wollen, nichts bringt. Es muss mehr Geld geben, und es muss auch eine Idee geben, wie man mit dem Geld umgeht, wie man es hinkriegt, dass auf deutschen Autobahnen wieder entsprechend gefahren werden kann und man nicht im selbstgebauten Stau steht. Das sind Dinge, die wir hier diskutieren müssen. - Herr Minister, es bringt Ihnen gar nichts, dass Sie da mit Ihrem Kollegen reden und nicht zuhören. Es wäre gut, wenn Sie einfach mal was tun. ({13})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Kahrs, darf die Kollegin Winterstein Ihnen eine Frage stellen?

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die von mir so geschätzte Kollegin Claudia Winterstein darf selbstverständlich gerne eine Frage stellen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Meine Güte! Ich glaube, sie traut sich jetzt bei dieser Charmeoffensive gar nicht mehr, das zu fragen, was sie eigentlich vorhatte. ({0})

Dr. Claudia Winterstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Doch, da bin ich unbarmherzig. - Lieber Herr Kahrs, nachdem Sie es so dargestellt haben, dass wir so viel unterlassen haben, anstatt entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und dafür Sorge zu tragen, dass die Verkehrsinfrastruktur top ist, ist meine Frage an Sie: Wie sah es denn am Ende der rot-grünen Koalition aus? ({0}) Wollen Sie behaupten, dass Sie uns die Straßen, die Brücken, die ganze Infrastruktur in einem hervorragenden Zustand übergeben haben, dass Sie auch in der Großen Koalition erfolgreich waren? Denn Sie von der SPD haben ja den Minister im Verkehrsbereich gestellt. Haben Sie all dies so bewältigt, wie Sie es gerade uns so hervorragend vorgeschlagen haben? Sie haben uns vorgeworfen, dass das nicht in ausreichendem Maße geschieht. Meine Zahlen sprechen da eine andere Sprache. Ich habe nicht festgestellt, dass Sie wesentlich mehr ausgegeben haben, sondern ich habe festgestellt, dass es weniger war. Ich habe auch nicht festgestellt, dass die Brücken in einem guten Zustand waren. Wir haben nämlich jetzt diese Hypothek, wir haben die bröckelnden Brücken, und die bröckeln nicht erst seit drei Jahren. ({1})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Liebe Claudia! ({0}) Zum einen ist es schön, dass du mir eine Frage gestellt hast. Bei meinem Kollegen, Herrn Pronold, hat sich gar keiner getraut. Zum anderen ist es schön, dass du jetzt wieder stehst. In der Sache würde ich raten, dass man sich einmal den Haushalt anguckt. ({1}) - Das ist ja schön, aber dann muss man es auch verstehen. ({2}) Im Kern ist es so, dass wir unter Rot-Grün natürlich viel Geld investiert haben, zum Beispiel, um Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Da hat es wunderbare Programme gegeben, die Sie in den letzten Jahren leider immer wieder gekürzt haben. Das heißt: Wenn das Ganze Sinn machen soll, dann müssen Sie nicht nur Geld investieren - wir haben das getan -, sondern brauchen auch eine Idee, wie Sie vorankommen wollen. Ich glaube, wir haben unter Rot-Grün gezeigt, wie es vernünftig funktioniert. Übrigens, das tun wir jetzt auch noch - in den letzten Jahren immer wieder -, weil wir entsprechende Haushaltsanträge vorlegen. Unser Problem ist, dass Ihr Minister, der Ihnen, wie ich zugebe, nicht laufend folgt, in der Sache leider nicht die Dinge macht, die notwendig sind. Die Haushalte sprechen da eine klare Sprache. Deswegen empfehle ich die Lektüre. Wir sehen uns noch in der Abschlussrunde, und dann können wir das noch mal diskutieren. Vielleicht hast du dann etwas dazugelernt. ({3}) Ich danke für die Verlängerung meiner Redezeit. Da die Kollegin Frau Dr. Winterstein, gerade etwas angesprochen hat, möchte ich mit dem Thema weitermachen, mit dem du liebe Claudia, aufgehört hast, nämlich mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Wenn man sich anguckt, was die FDP, etwas lau und träge unterstützt von der CDU/CSU, in dem Bereich getrieben hat, dann wird man feststellen, dass nicht viel Vernünftiges dabei herumgekommen ist. Es gibt ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Beamtenbundes, in dem ganz klar festgestellt wird, dass der Umbau der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung von einer Ausführungsverwaltung zu einer Gewährleistungsverwaltung - das sagt Professor Pechstein wortwörtlich - deutlich über die Grenzen des Zulässigen hinausgeht. Er geht davon aus, dass das bereits heute bestehende Ausmaß von Vergaben gemessen an den Maßstäben des Art. 89 Grundgesetz einen kritischen Umfang erreicht hat und jede weitere Steigerung der Vergabequote diese Situation noch verschärfen würde. Das klingt noch alles harmlos. Was haben Sie denn in der Sache gemacht? Sie sind gerade dabei, eine funktionierende Bundesverwaltung zu zerschlagen. ({4}) Ich habe nichts dagegen, dass man die Bundesverwaltung reformiert; das ist alles in Ordnung. Man kann das Ganze reformieren, man kann investieren, man kann Mitarbeiter motivieren und schulen, man kann das bestehende Personal qualifizieren und mit ihm anständig umgehen. Was Sie tun, ist aber das genaue Gegenteil. Wenn man sich die Beschlüsse anguckt, die Sie vorgelegt und durchgesetzt haben, zum Beispiel über Beförderungsstopps oder die Nichtübernahme von Auszubildenden und zu anderen Dingen: Sie haben doch Tausende von Mitarbeitern in Deutschland mit diesen unsinnigen Ausbauplänen in Angst und Schrecken versetzt. Jetzt haben Sie das Problem, dass es eine Diskussion über die Wertigkeit von Flüssen gibt und darüber, wo der Bund noch tätig wird und wo nicht. In der Sache haben wir das immer verhindert. Wir sind sehr erfolgreich; wir werden es weiter verhindern. Ehrlich gesagt: Die CDU/ CSU will das doch auch nicht. ({5}) Sie können sich noch so sehr mühen, es wird nichts.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Lieber Herr Kahrs, möchten Sie denn vor Ende der Redezeit noch eine Zwischenfrage des Kollegen Kalb beantworten?

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist meine Rettung, sonst wäre meine Redezeit ja gleich vorbei.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

So ähnlich sehe ich das auch. - Bitte schön.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Lieber Kollege Kahrs, nachdem ich vorhin so charmant ausgebremst worden bin, möchte ich meine Frage nachtragen: Würden Sie erstens bitte bestätigen, dass für die Bauausführung und die BaudurchfühBartholomäus Kalb rung nicht Bundesbehörden zuständig sind, sondern die Auftragsverwaltung und hier in der Regel die Landesbauverwaltungen? Würden Sie zweitens meine Meinung teilen, dass es im Einzelfall zwar vernünftig sein kann, rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche zu bauen, dass dies aber auch einen erheblichen Einfluss auf die Kosten hat? Deswegen bin ich der Meinung, man muss genau abwägen, ob das notwendig und sinnvoll ist, da im Übrigen die Unfallgefahr nächtens natürlich größer ist.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Barthel, ich danke dir erst mal für diese Frage. Das gibt mir die Möglichkeit, ({0}) dir in der Antwort darzustellen, dass wir natürlich Probleme mit den Landesbauverwaltungen haben. Deswegen muss man, glaube ich, auch über eine Reform derselben reden. Wir alle wissen, dass bestimmte Vorhaben nicht so bearbeitet werden, wie sie bearbeitet werden müssten. Es gibt gute Landesbauverwaltungen, aber es gibt auch eher grenzwertige. Wir alle glauben aber: Wenn wir uns ernsthaft Mühe geben und diese Landesbauverwaltungen wieder so auf Trab bringen, wird es möglich, die notwendigen Vorhaben schließlich durchzusetzen. Und, Barthel, es ist so, dass es natürlich teurer wird, wenn auf den Baustellen 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche gearbeitet wird. Aber die Frage ist, ob es sich volkswirtschaftlich nicht rechnet, wenn man zwar 10, 15 oder 20 Prozent mehr zahlt, dafür aber vielleicht in der Hälfte der Bauzeit fertig wird. ({1}) - Das ist natürlich eine Abwägung, aber ihr habt ja drei Jahre Zeit gehabt. Es wäre schön, wenn der Minister nicht nur über Seitenstreifen und über neue Kennzeichen reden würde, sondern auch etwas tut. Das ist aber leider nicht der Fall. Deshalb hast du recht: Man muss priorisieren. ({2}) - Entspannt bleiben! Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen. - Deswegen glauben wir, dass in diesem Bereich sehr viel mehr getan werden muss, dass man 40 Millionen Euro mehr für den Fahrradverkehr ausgeben muss, um auf die 100 Millionen Euro zu kommen. Ich weiß, dass dir das ebenfalls sehr am Herzen liegt. Abschließend sei noch gesagt, dass wir glauben, dass wir Geld auch in Wasserstraßen investieren müssen. Der Vorschlag von 300 Millionen Euro für die fünfte Schleuse war gut, Claudia. In dieser Sache haben wir euch immer unterstützt, getrieben und gefordert. Das Problem ist: Der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals kostet 1,2 Milliarden Euro. 300 Millionen Euro sind hier nur ein Anfang. Wir erwarten in diesem Jahr einen Antrag von euch über die nächsten 300 Millionen Euro, damit hier weitergemacht werden kann. Vergessen Sie nicht die Schleuse in Scharnebeck. Dort gibt es ein Problem mit dem Elbe-Seitenkanal. Herr Staatssekretär Ferlemann kennt das Problem. Auch hier erwarte ich, dass die Koalition tätig wird. Also: Eine weitere Infrastrukturmilliarde ist notwendig. Setzen Sie sich mal durch! Tun Sie was Gutes für Deutschland! Glück auf! ({3})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort jetzt dem Kollegen Sebastian Körber für die FDP-Fraktion. ({0})

Sebastian Körber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004078, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Klamaukrede des Kollegen Kahrs wird es einem schon ganz anders. Wenn die einzige sozialdemokratische Vision für dieses Land Mehrbelastung der Menschen und die Absicht, neue Schulden zu machen, ist, dann wird mir sicherlich nicht bange. ({0}) Bei all diesen Zahlen dürfen Sie aber nicht vergessen: Wenn wir uns den Mobilitätsbedarf der Gesellschaft ansehen, stellen wir fest, dass wir einen Ausbau von allen Verkehrsträgern brauchen, und zwar gleichwertig. Es ist völlig unbestritten, ({1}) dass in den nächsten Jahrzehnten die Straße - Sie müssen zuhören, Herr Kollege Kindler ({2}) der Verkehrsträger Nummer eins bleiben wird, zumindest für uns als schwarz-gelbe Koalition. Mit Verlaub, da Sie in letzter Zeit sehr medienwirksam Elektroautos anschauen: Die großen Dienstlimousinen - Frau Künast unterhält sich ja dahinten - stehen um die Ecke, und vorne, wo die Kameras stehen, werden die Elektroautos angeschaut. Allerdings werden auch die auf Straßen fahren müssen. Natürlich darf man nicht vergessen, dass wir gerade in diesem Bereich weiter investieren müssen, und zwar nicht nur in Lärmschutz und Ortsumgehungen. Das ist bei weitem nicht ausreichend. Aber schauen wir vielleicht einmal zu Ihnen nach Baden-Württemberg, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Da haben Sie ja Regierungsverantwortung, gerade im Verkehrsbereich. Ich finde es fast schon schandhaft, dass Sie hier den Kommunen jegliche Unterstützung für weitere Straßen völlig versagt haben. Die Unterstützung für die Straße haben Sie in Baden-Württemberg nämlich auf null gesetzt. ({3}) Auch dort müssten übrigens die Elektroautos auf der Straße fahren. Sie bauen dort lieber mehr Radwege. Aber wir sind nun einmal nicht im Legoland. ({4}) Es funktioniert halt nicht. ({5}) Schauen Sie sich doch einmal den ländlichen Raum an. Da sind die Bürgerinnen und Bürger darauf angewiesen, dass es Straßen gibt. Sie können sich nicht - das war ja auch ein Vorschlag - auf ein abgewracktes Fahrrad setzen. Auch das wird natürlich nicht funktionieren. Wir setzen hier weiterhin auf die individuelle Freiheit und die freie Wahl des Transportmittels. Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns ein weiteres sozialdemokratisches Märchen an. Sie reden immer von Gebäudesanierung und steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten. Bei der Gebäudesanierung - das gehört zur Wahrheit auch dazu; das muss einmal klargestellt werden - hat der Kollege Tiefensee, ein SPD-Minister, diese Mittel zweimal auf drei Jahre befristet. Sie haben zweimal die Ausgabe von Mitteln vorgezogen und haben uns dann in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 quasi ein Defizit übergeben. Mit der gleichen Inbrunst treten Sie im Bundesrat auf. Wir brauchen dringend diese steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten bei der energetischen Gebäudesanierung, um gerade auch beim Klimaschutz voranzukommen. (Johannes Kahrs [SPD]: Aber warum machen es doch auch Ihre Länder nicht? Warum machen es die CDU/FDP-geführten Länder nicht? Es ist gerade den Kollegen von den Grünen wichtig, dass Sie hier entsprechend diese Potenziale heben und diesen Abschreibungsmöglichkeiten zustimmen. ({6}) Vielleicht auch hier einmal zu den Fakten. ({7}) Diese schwarz-gelbe Regierungskoalition, die Bundesregierung, hat der Übernahme des Bundesanteils bei den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten durch die entsprechenden Gesetze bereits zugestimmt. Der wird bei etwa 638 Millionen Euro angesetzt. ({8}) Wir haben energetische Stadtsanierung eingeführt und das CO2-Gebäudesanierungsprogramm endlich verstetigt. Das heißt, wir stellen bereits weit mehr als 2 Milliarden Euro für energetische Gebäudesanierung zur Verfügung. ({9}) Es ist nun einmal ein zustimmungspflichtiges Gesetz im Bundesrat. Wir haben unsere Hausaufgaben hier gemacht. ({10}) Sie sollten es jetzt einmal in den Ländern machen, gerade auch in NRW bei der Kollegin Kraft. ({11}) - Ich kann das sehr gerne aufgreifen. Ich kann eine Ihrer Regierungen zitieren - Zitat der Frau Kollegin Kraft -: Die Energiewende kann nur als Gemeinschaftswerk erfolgreich sein. Ja, dann soll sie ihre Blockadehaltung endlich aufgeben. Sie haben es doch in der Hand. ({12}) - Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie doch wenigstens eine Zwischenfrage. Da kann man noch etwas lernen, Herr Pronold. Im Gebäudebestand müssen wir unsere Energieeinsparpotenziale heben. Das steht für mich und auch für die schwarz-gelbe Regierungskoalition fest. Wir setzen hier weiter auf Anreize anstelle von Zwangsmaßnahmen. Das ist etwas, was die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen immer wieder gerne vorschlagen, dass Hausbesitzer immer weiter belastet werden sollen. ({13}) Dies ist schließlich und endlich nicht zulässig; denn es geht auch darum, das Eigentum der Menschen zu schützen. Im Windschatten der Energiewende segelt immer auch ein Stück weit der demografische Wandel. ({14}) Es gehört dazu, dass wir den altersgerechten Umbau voranbringen und auch in öffentlichen Bereichen entsprechend Barrieren reduzieren. Der Kollege Vaatz hat es bereits angesprochen. Hier erwarte ich mir als Parlamentarier auch noch etwas mehr Einsatz von der Regierung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Bereich der Wohnungspolitik macht Rot-Grün in letzter Zeit ja auch wieder Schlagzeilen. Sie spielen in Wahlkampfzeiten immer gern mit den Ängsten der Mieter. Bund, Länder und Kommunen unterstützen mit insgesamt - man muss sich nur einmal die Zahlen, da wir gerade über den Haushalt debattieren, vor Augen führen - 17 Milliarden Euro jährlich etwa 5 Millionen Haushalte, denen wir Wohngeld zahlen. Das ist in etwa jeder zehnte Haushalt. Man muss doch auch einmal sehen, wie viel Geld wir bereits in diesem Bereich aufwenden. Zusätzlich geben wir 518,2 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung aus. Ich erachte es als wichtig, dass das in den Ländern dann auch für diese Zwecke verwendet wird. Das ist, glaube ich, auch ein ganz entscheidender Punkt, über den der eine oder andere nachdenken sollte. ({15}) In Bayern wird es exzellent eingesetzt. Das wird auch schwarz-gelb regiert. ({16}) Die Städtebauförderung haben wir effizienter ausgestaltet. Der ein oder andere Baudezernent und zahlreiche Kommunalpolitiker hatten zum Schluss gar keinen Überblick mehr über die verschiedenen Programme, die Sie angehäuft hatten. Für die Städtebauförderung stellen wir erneut 455 Millionen Euro zur Verfügung, und zwar zusätzlich zu den Mitteln für das Programm „Energetische Stadtsanierung“. Insbesondere Programme wie „Kleinere Städte und Gemeinden“, „Soziale Stadt“ sowie „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ profitieren davon. - Hier hätte ich Applaus zumindest von der SPD erwartet; denn das alles ist gut für den ländlichen Raum und wirkt dem Flächenverbrauch in diesem Land entgegen. Es ist klar, dass wir die Probleme des Landes im Blick haben. Der vorliegende Haushaltsentwurf zeigt, dass wir ein klares Konzept haben. Das steht im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben. Von Visionen habe ich Ihrerseits nichts gehört. Wir stellen weiterhin Mittel für bezahlbare Mobilität, energieeffizientes Bauen und nachhaltige Stadtentwicklung zur Verfügung. Vielen Dank. ({17})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Thomas Lutze ist der nächste Redner für die Fraktion Die Linke. ({0})

Thomas Lutze (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004103, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Minister Ramsauer, die Menschen kennen Sie als einen Mann deutlicher Worte. Nach drei Jahren Wahlperiode müssen Sie sich auch an Ihren Taten messen lassen. ({0}) Wir sind uns sicherlich alle einig, dass die Mobilität einer der wichtigsten volkswirtschaftlichen Faktoren ist. Trotzdem werden die meisten Bürgerinnen und Bürger im Verkehrsbereich durch deutliche Kostensteigerungen belastet. Punkt eins: die steigenden Kraftstoffpreise. Bei der Mehrwertsteuer zum Beispiel ist der Staat einer der Nutznießer der Abzocke an den Zapfsäulen. ({1}) An nur einer Tankfüllung von 50 Litern verdient der Staat allein durch die Mehrwertsteuer heute knapp 6 Euro mehr als noch im Jahr 2004. Hier könnten Sie etwas tun, Herr Ramsauer. Im Haushaltsentwurf dazu finde ich nichts. Frankreich macht es gerade vor: Dort wurden die Kraftstoffpreise um 10 Cent pro Liter gesenkt. Die Mineralölkonzerne fahren Gewinne ein, die einen vor Neid erblassen lassen. Zwei Beispiele gefällig? Erstes Beispiel: Exxon Mobil - dazu gehört auch Esso macht als weltweit größter Mineralölkonzern 41 Milliarden Dollar Gewinn pro Jahr. Zweites Beispiel: Shell, Europas größter Anbieter, steigerte seinen Gewinn im zweiten Quartal 2011 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 97 Prozent. Nein, an den Tankstellen jedenfalls funktioniert das klassische marktwirtschaftliche Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht. Wenn die Verkaufspreise täglich um 10 Cent schwanken und wenn es in einem Umkreis von wenigen Kilometern zu Differenzen von bis zu 12 Cent pro Liter kommt, dann hat das nichts mit dem Ölpreis oder dem Dollarkurs zu tun; damit lässt sich das nicht begründen. Als im Juni dieses Jahres der Rohölpreis um 25 Prozent im Vergleich zum Februar sank, gab es an den Zapfsäulen keine Preissenkungen. Beim Dollarkurs das gleiche Bild: Steigt der Dollar, steigen die Spritpreise; fällt der Dollar, passiert nichts. Ich will Ihnen sagen, was der Hauptgrund für diese Preissteigerungen ist: Es ist die hemmungslose Geldgier der Mineralölkonzerne. Herr Ramsauer, da hilft uns keine Transparenzstelle, wo die Daten nur erfasst werden. Sie müssen die Verkaufspreise staatlich festlegen. Luxemburg zum Beispiel macht das, und Luxemburg ist bekanntlich kein sozialistisches Land. Eine staatliche Behörde muss also jeden Tag den Verkaufspreis festlegen. Dieser Preis muss dann 24 Stunden gelten. Das wird höchstwahrscheinlich nicht die allgemeine Preissteigerung verhindern. Aber das schränkt wenigstens die absurden Preisschwankungen, die täglich auftreten, ein. Zweites Beispiel sind die steigenden Preise im öffentlichen Nahverkehr. Es wird schnell gesagt: Wenn der Sprit so teuer ist, kann man mit Bus oder Bahn fahren. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir werden zum Jahreswechsel wieder erleben, dass die Preise der Bahn und der regionalen Verkehrsanbieter deutlich anziehen werden. Gerade für Pendler werden die Monatskarten wieder deutlich teurer. Nach wie vor sind die Mobilitätsangebote vor allem im ländlichen Raum und an den Wochenenden lückenhaft. Unsere Kommunen haben zunehmend Probleme, sich den ÖPNV überhaupt zu leisten. Hier darf der Bund nicht weiter kürzen. Sonst bleiben Busse und Bahnen irgendwann im Depot. ({2}) Was passiert im Fernverkehr der Bahn, Herr Ramsauer? In der Preispolitik nichts. Kürzen Sie endlich die Mehrwertsteuer auf Fernverkehrsfahrkarten von 19 auf 7 Prozent; das ist in fast allen anderen EU-Staaten üblich. Dann werden wieder mehr Menschen mit der Bahn fahren, und Sie haben aufgrund der gestiegenen Fahrgastzahlen genauso viel Geld in Ihrer Steuerkasse wie zuvor. ({3}) Bei Milliardenprojekten wie Stuttgart 21 oder dem Berliner Flughafen scheint Geld keine Rolle mehr zu spielen, aber auch der teure Schienennetzausbau für Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h ist in den letzten Jahren wichtiger gewesen als der Bahnverkehr in der Fläche. Hier sollten Sie, Herr Ramsauer, zumindest in der Zukunft umdenken. Von Bahnchef Grube kamen dazu schon einige Anregungen. Sie müssen Geld in die Hand nehmen und die über 16 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die täglich als Pendler zum Arbeitsplatz müssen, entlasten. Die Linke fordert eine Erhöhung der Entfernungspauschale von mindestens 10 Cent pro Kilometer. Die letzte Anpassung gab es im Übrigen 2004. Damals kostete der Liter Benzin 1,10 Euro. Außerdem müssen endlich geeignete Voraussetzungen geschaffen werden, damit auch Pendler mit geringem Einkommen davon profitieren. ({4}) - Vielleicht hören Sie kurz zu, Herr Kollege von den Grünen. - Es müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass auch diejenigen profitieren, die keine oder nur sehr wenige Steuern bezahlen. Dafür gibt es hier im Parlament leider noch keine passende Initiative. Da sollten wir alle schnell aktiv werden. ({5}) Es kann nicht sein, dass derjenige, der keine Steuern bezahlt, von der Pendlerpauschale nicht profitiert. Anstatt die sogenannte Elektromobilität zu fördern, sollte das Augenmerk endlich auf den Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge gelegt werden. Gerade wurde der neue Golf vorgestellt, sicherlich ein tolles Auto. Doch beim Spritverbrauch hinkt die Standardvariante mindestens zehn Jahre hinterher. Würde der Gesetzgeber je nach Fahrzeugklasse Verbrauchsobergrenzen für Neuwagenzulassungen einführen, dann hätten Golf, Astra, Focus und wie sie alle heißen längst serienmäßig Dreilitermotoren. Dafür brauchten Sie, Herr Ramsauer, noch nicht einmal einen eigenen Titel im Haushalt. Dafür müssten Sie nur handeln. Unsere Unterstützung hätten Sie dafür. Ein herzliches Glückauf und vielen Dank. ({6})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen.

Stephan Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004085, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des bestehenden Straßennetzes hat das BMVBS für das Jahr 2013 2,5 Milliarden Euro Erhaltungsinvestitionen eingeplant. - So liest man es im Schwerpunktepapier zum Haushalt. Man denkt: Endlich wird der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ auch tatsächlich umgesetzt. Denn wir alle wissen: Der Substanzverzehr der Infrastruktur verursacht volkswirtschaftlichen Schaden. Doch der Haushaltsplan ist die Theorie, der Haushaltsvollzug ist die Praxis, und die sieht vollkommen anders aus. Die Flexibilisierung durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Haushaltstitel wird nämlich systematisch missbraucht. Schauen wir uns das letzte Jahr an. 2011 überstiegen die für den Neubau von Autobahnen eingesetzten Haushaltsmittel, die hier vom Bundestag beschlossen wurden, den Verfügungsrahmen um 60 Prozent. Trotz Sanierungsstaus im Autobahnnetz wurde 2011 der geplante Verfügungsrahmen für den Erhalt nur zu 87 Prozent ausgeschöpft. Es wird also sichtbar zulasten der Substanz umgeschichtet. Besonders ausgeprägt - das ist sehr interessant - ist der Verschiebebahnhof in zwei Bundesländern. Sie können raten: Bayern ist dabei, das andere Land ist Niedersachsen. Das ist insbesondere im Bereich der Bundesstraßen der Fall, Stichwort „Ortsumfahrung“. Beide Länder haben 2011 nicht einmal die Hälfte des mit dem Bundeshaushalt abgesteckten Verfügungsrahmens in den Erhalt des Bundesstraßennetzes investiert. Zufällig wird 2013 in beiden Ländern der Landtag gewählt. Schwarz-Gelb will offensichtlich noch einige Wahlgeschenke verteilen. „Erhalt vor Neubau“ bleibt ein Lippenbekenntnis des Ministers Ramsauer. Da helfen auch keine schönen Reden. ({0}) Genauso ist es bei dem Nationalen Radverkehrsplan. Da wird eine große Offensive in Sachen Radverkehrsförderung angekündigt, und gleichzeitig werden die Mittel für den Bau von Radwegen entlang von Bundesstraßen gekürzt. Standen 2010 noch 100 Millionen Euro zur Verfügung, sind es 2013 gerade einmal noch 60 Millionen Euro, die eingeplant sind. Wir wissen, dass erst die Hälfte der Bundesstraßen eine entsprechende Radweginfrastruktur hat. Offensichtlich soll auch der Nationale Radverkehrsplan nur eine Ankündigung bleiben, ein schönes Papier für die Vitrine. Praktisches Regierungshandeln daraus ist jedoch nicht zu erwarten. ({1}) Am Mittwoch hatten wir vom Verkehrsausschuss die Gelegenheit, die Baustelle des neuen Hauptstadtflughafens zu besichtigen. Was wir gesehen und gehört haben, war doch sehr interessant. So haben wir erfahren, dass die Entrauchungsanlage an der Baugenehmigung vorbei gebaut wurde und man mit der zuständigen Genehmigungsbehörde offensichtlich nicht in eine intensive Kommunikation getreten ist. Wir haben feststellen können, dass der Pfusch mit Blick auf den Termindruck immer größer geworden ist. Am Ende ging es einfach nur darum, fertig zu werden, egal wie. Das konnte man sehr schön daran erkennen, wie die Kabeltrassen verlegt worden sind. Wenn man an dieser Stelle nachgebohrt hat, war es wie immer: Niemand hat es bemerkt, niemand will dafür verantwortlich gewesen sein. Meine Damen und Herren, die Terminverschiebung kostet die öffentliche Hand nicht nur 1,2 Milliarden Euro zusätzlich, sondern sie offenbart krasses Managementversagen der Flughafengesellschaft und auch der Aufsichtsratsmitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Überwachungsfunktion in diesem Gremium. ({2}) Jahrelang haben auch die Bundesvertreter im Aufsichtsrat offensichtlich unkritisch den Aussagen der Geschäftsführung und der Planungsgemeinschaft pg bbi vertraut. Dann fragt man sich, wo das bessere Controlling, das kritische Nachfragen denn geblieben ist? Es hat nicht stattgefunden. Im Gegenteil: Im Mai dieses Jahres stimmte der Aufsichtsrat dem unterbreiteten Rahmenterminplan für die Eröffnung am 17. März 2013 zu. Diesen Plan hat noch die Planungsgesellschaft pg bbi erarbeitet. Dieser Truppe kündigte man eine Woche später wegen mangelhafter Koordination und fehlender Erbringung von Bauüberwachungsleistungen. Dieser Truppe, zu der man dann kein Vertrauen mehr hatte, hat man noch eine Woche vorher bezüglich des Terminplans geglaubt. Das passt alles nicht zusammen und zeigt, wie wenig auch die Bundesvertreter im Aufsichtsrat ihre Aufgaben wahrgenommen haben. ({3}) Herr Ramsauer, Sie haben angekündigt, über Konsequenzen mit den anderen Anteilseignern Gespräche zu führen. Ich muss ehrlich sagen: Die Zeit für Ankündigungen ist vorbei; wir wollen Taten sehen. - Wir fordern die Einleitung eines Verfahrens zur Sicherung von Schadensersatzansprüchen aufgrund der falschen Entscheidungen in Richtung der Geschäftsführung. Sie muss haftbar gemacht werden. Es kann auch nicht sein, dass die Geschäftsführung für 2011 noch irgendwelche Erfolgsprämien ausgezahlt bekommt. Wir brauchen dringend einen Neuanfang im Aufsichtsrat. In dieses Gremium müssen Fachleute einziehen. Wir brauchen also eine Umstrukturierung. Gleiches gilt für die Geschäftsführung. ({4}) Noch einmal, Herr Minister: Schluss mit den Ankündigungen! Liefern Sie endlich! ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Reinhold Sendker für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Reinhold Sendker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In früheren Wahlperioden ist eindeutig zu wenig in die Instandhaltung investiert worden; das dürfen wir am Ende der heutigen Debatte eindeutig feststellen. Allein der Vergleich zwischen Sommer, konkret: Juli 2011, Baustellenlänge in Deutschland 1 400 Kilometer, und Juli 2012, Baustellenlänge in Deutschland 2 000 Kilometer, unterstreicht die Ausrichtung: Erhalt steht vor Neubau. Das betrifft, wie wir alle wissen, viele Brückenbauwerke in Deutschland und zahlreiche Autobahnabschnitte. Es gilt also, ein enormes Volksvermögen im Sinne von Wachstum und Entwicklung in unserer Volkswirtschaft zu erhalten und zu optimieren. Die Gesamtinvestitionen liegen erneut bei gut 10 Milliarden Euro. Das ist mehr als in den Jahren vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Ich denke, es ist ein bemerkenswerter Erfolg, dass dank der Haushaltskonsolidierung die Schuldengrenze schon 2013 unterschritten werden kann, andererseits der Verkehrsinvestitionsumfang auf hohem Niveau erhalten bleiben kann. Da ist man versucht, zu fragen: Wer außer dieser Koalition hätte das zustande gebracht? ({0}) - Wissen Sie, wenn ich mir die Haushaltszahlen aus den Zeiten von Herrn Tiefensee ansehe, dann muss ich feststellen: Sie sind nicht wirklich vom Acker gekommen. Wahr ist aber auch, dass durch das Anwachsen der Haushaltsansätze für die Erhaltungsmaßnahmen weniger Spielraum für die Bedarfsmaßnahmen vorhanden ist. Das wird in den nächsten Jahren wohl noch deutlicher. Die umfassenden Grunderneuerungen sind aber unausweichlich. Deswegen benötigen wir für Erhalt und Ausbau weitere Mittel und unterstützen unseren Minister in seiner klaren Forderung nach einer Zusatzmilliarde für die Verkehrsinfrastruktur. ({1}) Das hier schon angesprochene Investitionsbeschleunigungsprogramm erhält in 2013 weitere 290 Millionen Euro. Danach verbleiben nur noch 210 Millionen Euro an Programmmitteln. Ich darf bemerken: Für die fünfte Schleuse in Brunsbüttel und für die Verkehre mit dem Ostseeraum sind diese Mittel so dringlich wie unverzichtbar. Weitere 100 Millionen Euro werden durch die Ausdehnung der Lkw-Maut auf vierspurige Bundesstraßen erwartet. Auch sie werden für die Stärkung von Qualität und Leistungsfähigkeit unserer Straßen verwendet. Meine Damen und Herren, was die Mauteinnahmen in Gänze betrifft, so darf ich feststellen, dass die Schaffung des Finanzkreislaufs Straße heute durch deutlich mehr Akzeptanz und Transparenz ein Erfolg unserer Koalition ist. In der Verkehrspolitik gilt unser Augenmerk ganz besonders den Ideen und Ansätzen zur Optimierung von Bestand und Weiterbau, und zwar vor allem dann, wenn diese wirtschaftlich sind und - ich füge hinzu - noch mehr Transparenz bieten. Diese Zieldefinition passt übrigens auch gut zu ÖPP. Die knappen Mittel für den Aus- und Weiterbau vor Augen und mit dem Wissen um positive Ergebnisse bei vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Hinterkopf kann ich das Herumdrucksen und das teilweise Zurückweisen von sinnvollen ÖPP-Projekten in Deutschland durch rot-grüne oder grün-rote Landesregierungen beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen. ({2}) Ein anderes Thema ist das Thema der Verkehrssicherheit, das unserer Koalition besonders am Herzen liegt. Seit den 70er-Jahren gibt es 82 Prozent weniger Verkehrstote. Das ist eine sehr gute Bilanz. Dass die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2011 erstmals wieder angestiegen ist, ist ein ernstes Signal. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Erhöhung des Haushaltsansatzes um 15 Prozent. Auch das ambitionierte Verkehrssicherheitsprogramm unseres Ministers mit dem Ziel, in der Zeit von 2011 bis 2020 die Zahl der Verkehrstoten um 40 Prozent zu verringern, ist das richtige Signal in unserer Debatte. Der Sicherheit auf unseren Straßen dienen aber auch 130 Millionen Euro im Haushalt 2013 für die Schaffung von Lkw-Parkständen und zusätzliche 50 Millionen Euro für die Betriebsdienste an den Bundesfernstraßen. Ich bin häufig Gast eines sogenannten Fernfahrerstammtisches an einer BAB-Raststätte. Dort wird Klartext gesprochen, wie wichtig und dringend unsere Investitionen und unser klares Bekenntnis zum Ausbau dieser Parkstände im Interesse des Verkehrsflusses auf unseren Bundesfernstraßen sind. Für mehr Verkehr und für mehr Sicherheit im Straßenverkehr und für Lärmminderung sind weitere 181 Millionen Euro für Projekte an Schienenwegen und noch einmal 60 Millionen Euro für Maßnahmen an den Personenbahnhöfen eingestellt. Darauf verweise ich immer wieder gern. Erfreulicherweise ist der Gesamtansatz für die Investitionsmittel für die Schiene höher als im Jahr 2012. Meine Damen und Herren, wenn wir hier über die Optimierung des Verkehrsflusses bei steigenden Verkehrsmengen diskutieren und reden, dann muss unser Augenmerk auch auf die Verbesserungen bei unseren Bundeswasserstraßen gerichtet sein. Allein in Nordrhein-Westfalen verkehren 30 Prozent der Güterverkehre auf NRW-Wasserstraßen. ({3}) Auch hier dienen Substanzerhaltung und -erneuerung der Steigerung der Leistungsfähigkeit des Wasserwegenetzes. Aktuelle Schwerpunktmaßnahmen liegen nicht nur beim NOK, sondern auch im westdeutschen Kanalnetz sowie bei Rhein, Main, Mosel, Neckar und den seewärtigen Anbindungen unserer Seehäfen mit der Anpassung notwendiger Fahrrinnen. ({4}) Wir haben also von der Instandsetzung der Schleusen bis hin zur modernen Wasserwegeinfrastruktur allen Grund, in 2013 und in den Folgejahren genau diesen Verkehrsträger weiterhin ausdrücklich zu stärken. ({5}) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Klimabilanz sind das jährlich 5,6 Millionen Tonnen weniger an CO2-Ausstoß. Das ist mehr als der Ausstoß von Berlin. In Handwerk und Mittelstand werden 300 000 Arbeitsplätze gesichert. Kurz gefasst ist das das Ergebnis und die Erfolgsgeschichte des CO2-Gebäudesanierungsprogramms. Es leuchtet in das Land hinein, und deswegen werden wir es in den nächsten Jahren im Rahmen der Energiewende fortsetzen. Ergänzend zur Städtebauförderung erneut in Höhe von 455 Millionen Euro unterstützt der Bundeshaushalt die Kommunen im kommenden Jahr mit 100 Millionen Euro für Maßnahmen der energetischen Stadtsanierung. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich festgestellt, dass auch der Haushalt 2013 mit vielen weiteren positiven Ausschlägen aus anderen Etatbereichen wieder einmal ein ausgesprochen kommunalfreundlicher Haushalt ist, und diesen Weg wollen wir fortsetzen. ({6}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend sagen: Wir werden in Deutschland durch unseren starken Logistikstandort, als Transitland und als Wachstumslokomotive im Herzen von Europa in der Zukunft starke Güterverkehre und Zuwächse zu verkraften haben. Dazu brauchen wir eine Stärkung der Straßeninfrastruktur verbunden mit einer weiteren Verlagerung auf Schiene und Wasserwege, um das Netz insgesamt zu ertüchtigen. Was Anspruch und Wirklichkeit angeht, sehr geehrter Herr Kollege Pronold: Sie haben vorhin festgestellt, im Bereich kombinierte Verkehre herrsche Stillstand. Ich darf Ihnen sagen, auch im vorliegenden Haushaltsentwurf sind für diesen Bereich 107 Millionen Euro vorgesehen. Bis 2011 wurden 75 Umschlaganlagen der kombinierten Verkehre gefördert, was einer täglichen Entlastung des Verkehrs in einer Größenordnung von 15 000 Lkw entspricht. ({7}) Das sind gute Botschaften. Das ist Ausdruck einer erfolgreichen Politik, die wir im nächsten Jahr fortsetzen werden. Vielen herzlichen Dank. ({8})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Letzter Redner zu diesem Geschäftsbereich ist der Kollege Bartholomäus Kalb für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verkehrsetat mit einem Volumen von 25,7 Milliarden Euro und einem Investitionsanteil von 13,6 Milliarden Euro ist der Investitionshaushalt des Bundes schlechthin. Ein besonderer Schwerpunkt dieses Haushalts sind die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Trotzdem ist dieser Einzelplan eingebettet in ein Gesamtbemühen, das aus haushaltspolitischer Sicht geboten ist, nämlich die Haushaltskonsolidierung, die Rückführung der Neuverschuldung, das Erreichen der Nullverschuldung des Bundes. Die Redner der Opposition haben vorhin mit Krokodilstränen höhere Ausgaben für Verkehrsinvestitionen gefordert. ({0}) Ich will daran erinnern: Das Elend für den Verkehrsetat hat unter dem damaligen Verkehrsminister Stolpe mit dem Finanzplan des Bundes 2004 bis 2008 begonnen. ({1}) Die Verkehrsinvestitionen - ich weiß das noch auswendig - sanken dadurch um mehr als 2,5 Milliarden Euro. Es versteht sich doch von selbst, dass jedes Mitglied dieses Hauses, auch jeder Haushälter auf die Investitionen insbesondere im Bereich der Infrastruktur besonderes Augenmerk legen wird. Wir vonseiten der Koalition werden das in den nächsten Wochen und Monaten im Haushaltsausschuss tun; das sage ich ausdrücklich. Die Verkehrsinfrastruktur - Kollegin Dr. Winterstein hat es vorhin angesprochen - ist nach wie vor ein sehr großer, bedeutender und positiver Standortfaktor für die deutsche Volkswirtschaft. Deswegen müssen wir auf den Erhalt und die Funktionsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur größten Wert legen. ({2}) Es darf nicht zu der Situation kommen, wie sie in den Vereinigten Staaten von Amerika heute zu beobachten ist. Ein aus China stammender Amerikaner führte bezogen auf die dortige Infrastruktur in der Passauer Neuen Presse aus: Die USA heute sind wie China in den 80erJahren. - Das ist ein Nachteil für eine Volkswirtschaft. Darunter hat die volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Amerikas gelitten. Gleiches sollte uns nicht passieren. Im Gegenteil: Wir müssen darauf achten, dass wir aufgrund der demografischen Entwicklung - wir wissen, dass die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2040 von derzeit 39 Millionen auf 38 Millionen zurückgeht - gezwungen sind, leistungsfähiger und effizienter zu werden. Es ist notwendig, dass wir in Bildung und Forschung investieren. Wir dürfen aber nicht so tun, als ob Verkehrsinfrastruktur bzw. Infrastruktur allgemein einen Gegensatz dazu darstellen würden, als ob es auf der einen Seite Investitionen in Kopf und Geist geben würde und alles andere wären Investitionen in Beton und Betonköpfe. Nein, auch diese Infrastruktur ist notwendig, um die Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können. ({3}) Wir dürfen in ideologisch geführten Debatten keinen Gegensatz herbeireden, ob es etwa besser ist, mehr in den Bereich Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr oder mehr in den Bereich Straßenbau zu investieren. Jedes Mobilitätsbedürfnis sollte möglichst optimal bedient werden, umweltschonend und günstig. Da gibt es natürlich unterschiedlichste Anforderungen. Ich komme zum Bereich der Städtebauförderung. Auch hier haben wir ({4}) dafür gesorgt, insbesondere bei den Beratungen des Haushaltsausschusses, dass wir nach wie vor eine wesentliche Leistung erbringen können, mit 455 Millionen Euro dotiert. Im letzten und vorletzten Jahr gab es Briefe von den Kommunen und Länderfinanzministern einerseits. Andererseits haben sich bei der Bauministerkonferenz mindestens drei Landesminister gegen eine Erhöhung ausgesprochen, weil sie die Sorge hatten, eine höhere Kofinanzierung aufbringen zu müssen. So geht das nicht. Wenn wir dies als gemeinsame Aufgabe ansehen, dann gilt das gleichermaßen für Bund, Länder und Gemeinden. ({5}) Vorhin hat Kollege Sendker Sie erfreulicherweise darauf hingewiesen, was wir bei der CO2-Gebäudesanierung tun. Wir halten die 1,5 Milliarden Euro aufrecht, auch wenn es aus dem Energie- und Klimafonds finan23230 ziert wird. Die Staatssekretärsrunde hat sich darauf verständigt, dass der CO2-Gebäudesanierung höchste Priorität einzuräumen ist. Auf die Effekte hat Kollege Sendker hingewiesen. Ich will verzichten, darauf weiter einzugehen. Wenn Ihnen das Anliegen der CO2-Minderung, der Energieeinsparung so wichtig ist, dann geben Sie Ihren Widerstand im Bundesrat auf. Es kann doch nicht sein, dass es nur gut ist, wenn der Bund viel Geld gibt. Da kann nichts teuer genug und hoch genug sein. Aber sobald die Länder mit am Tische sitzen, dann soll am besten gar nichts passieren, damit es nichts kostet. Abgesehen davon bin ich der Meinung, dies bringt volkswirtschaftliche Erträge, die sich auch in Steuereinnahmen niederschlagen. ({6}) Mir läuft ebenfalls die Zeit davon. Ich hätte noch gerne etwas zu dem Desaster Flughafen Berlin-Brandenburg gesagt. Es ist nicht nur das gegenwärtige Thema. Ich bin lang genug in diesem Hause. Ich erinnere mich noch an die sehr exponierten Ziele, die seinerzeit ausgesprochen worden sind. Er sollte ursprünglich einmal im Jahr 2007 an den Start gehen. Davon kann man gar nicht mehr reden. Ich sage dies mit einem Unterton des Bedauerns und der Traurigkeit. Gerade wir, Kollege Pronold, wissen, dass ein leistungsfähiger Flughafen enorme Entwicklungspotenziale für die jeweilige Wirtschaftsregion auslöst, wie wir es in München sehen konnten. Ich sage dann immer stolz: Die können darüber diskutieren, ob das München II oder Niederbayern I ist. Die ganze Region hat daraus eine positive Entwicklung verzeichnen können. Ich sage auch nichts mehr zu dem Thema GVFG, das eben angesprochen worden ist. Die Länder wollten in der Föderalismuskommission - dort saßen Bund und Länder zusammen - diese Aufgabe übertragen bekommen. Wir haben im Haushaltsentwurf 2013 1,335 Milliarden Euro an Zuweisungen für die Länder vorgesehen, die dann in eigener Verantwortung handeln müssen. Nur erwarte ich von den Ländern, dass sie dieses vom Bund übertragene Geld dann auch so einsetzen, dass es tatsächlich der Verbesserung der Gemeindeverkehrsinfrastruktur und dem ÖPNV zugute kommt und nicht der Haushaltssanierung dient. ({7})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Kalb.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich darf zum Schluss kommen, Herr Präsident, und ihre Mahnung ernst nehmen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Sie dürfen.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Für die Koalitionshaushälter sage ich, dass wir mit großer Ernsthaftigkeit in die jetzt anstehenden Haushaltsberatungen im Ausschuss gehen werden und hier genau überlegen werden, welche Akzente und Schwerpunkte zu setzen sind. Lassen Sie uns das mutig und gut angehen! Herzlichen Dank. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Wir kommen damit zur Schlussrunde der Haushaltsberatungen dieser Woche. Ich darf das Wort dem Kollegen Rüdiger Kruse für die CDU/CSU-Fraktion erteilen. ({0}) Vielleicht warten Sie noch einen kleinen Augenblick, bis sich der Schichtwechsel vollzogen hat.

Rüdiger Kruse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004083, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich beginne meine Rede einmal mit einem gar nicht so dramatischen persönlichen Bekenntnis: In diesem Land zahle ich sehr gerne Steuern. ({0}) Das hat etwas mit dem jetzigen Regierungsentwurf, mit der Debatte hier und im Haushaltsausschuss und mit der Arbeit des Parlaments insgesamt zu tun. Natürlich ist Steuernzahlen eine Pflicht, aber man kann Pflichten unterschiedlich nachkommen. Dass ich sie gerne zahle, hat etwas damit zu tun, dass wir hier mehr als andere sehen können, was alles mit diesen Steuergeldern gemacht wird. Man kann an der einen oder anderen Stelle zwar sagen: „Das könnte man noch besser machen“ - über einzelne Projekte kann man unterschiedlicher Meinung sein; das haben wir ja auch vertiefend diskutiert -, aber im Großen und Ganzen haben sie dazu beigetragen, dass wir in den vielen Jahren nach dem letzten Weltkrieg ein wunderbares Gemeinwesen geworden sind. Da weiß man, wofür man das tut. Das sollte auch immer die Grundlage unserer Debatte sein: Ja, wir streiten weiterhin für das Bessere, aber es ist schon recht gut. ({1}) Natürlich reklamieren wir ein gutes Stück Anteil an diesem Zustand. Das kann man natürlich auch begründen. Die Höhe der Ausgaben in diesem Regierungsentwurf liegt zum Beispiel nicht am Limit dessen, was uns durch die Schuldengrenze erlaubt ist, sondern so weit darunter, dass wir für alle Gelegenheiten gut aufgestellt sind und wieder, so wie auch in den vergangenen Jahren, die Chance haben, dass das Ergebnis bei Tatkraft und guter Entwicklung noch besser wird, als wir es vorgeben. Herr Poß hat in seinem Beitrag für die SPD-Fraktion ({2}) - „der war gut“, sagen Sie; er war geeignet, darauf zu antworten - die Verortung des Finanzministers thematisiert. Er war der Meinung, er sei nicht auf der Höhe der Zeit. Nun kann man sagen, dass es für den einen oder anderen sehr anstrengend ist, auf der Höhe der Zeit zu sein. Was ist eigentlich, wenn Sie auf der Höhe der Zeit sind? ({3}) Der jetzige Augenblick: Dafür, dass Sie hier sind, können Sie direkt nichts. Das ist also die Gegenwart. Es ist in Deutschland zwar immer mal ganz nett, die Vergangenheit ein bisschen zu verklären, aber das tut der Finanzminister nicht. Deshalb werden Sie ihm also nicht vorwerfen, dass er in der Vergangenheit lebt und die alte D-Mark romantisiert. ({4}) Ein Politiker, der exakt auf der Höhe der Zeit ist, ist nichts weiter als ein Chamäleon, weil er die äußeren Zustände aufnimmt und als eigenes Licht wiedergibt. Das ist keine Leistung. Er wird vielleicht immer beliebt sein, aber er wird nichts schaffen. Herr Poß, ich mag Ihnen ja zugestehen, dass es für Sie ein Kampf ist, auf die Höhe der Zeit zu kommen, aber wenn Sie da schon lange sind, dann besteht die Kunst darin, nicht zu weit voraus zu sein, aber immer die Zukunft antizipieren zu können. Das, was natürlich diese Regierung auch zu Konflikten führt, ist, dass sie nicht bloß die Antworten liefert, die reflexmäßig aus dem Augenblick bestimmt die richtigen wären, sondern dass darüber nachgedacht wird, was das für einen Einfluss auf die nächste Zukunft hat. Das ist die Kunst guten Regierens. ({5}) - Ich rede von der Regierung, die von Frau Merkel geführt wird und in der Wolfgang Schäuble die Finanzen leitet. ({6}) Sie fragen sich jetzt vielleicht: Na ja, gut, vielleicht muss er das so sagen? ({7}) Was sagt denn der Bürger dazu? Jenseits von Sachdebatten: Der Vertrauenszuwachs für diese beiden Personen in dieser Regierung ist mit jedem Tag kritischer Berichterstattung, mit jedem Tag kritischer Meldungen aus Europa größer geworden; denn ich vertraue Menschen, die in der Realität fest verwurzelt sind, gleichzeitig aber an meine und an die Zukunft zukünftiger Generationen denken. Das ist ja auch das große Thema der Nachhaltigkeit. Deswegen - nicht nur deswegen alleine - bin ich froh, dass wir diese Regierung haben. Ich habe auch gesagt, dass es einen Anteil des Parlaments gibt. Das Haushaltsrecht ist das große Recht des Parlaments. Es gibt sicherlich Parlamente, die noch sehr viel lebhafter mit ihrer Regierung umgehen. Dass die Opposition der Regierung Vorhaltungen macht und vielleicht auch sagt: „Beim Abbau könntet ihr doch viel schneller sein“, will ich gar nicht reflexmäßig mit der Frage beantworten: Warum habt ihr das denn nicht gemacht? Jeder hat seine eigenen Schwierigkeiten. Wichtig ist aber - das findet ja auch statt -, dass sich die eigenen Abgeordneten der Koalition Gedanken über die Etats machen. Deswegen passiert in diesem Parlament auch etwas, was man sich meistens nicht vorstellen kann, dass nämlich auch im Haushalt Dinge verändert werden. Wir haben in den letzten Jahren in den Beratungen Akzente gesetzt, die gut und richtig waren, zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur. Ich finde, es ist ein großer Ausdruck von Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Koalition, wenn uns Johannes Kahrs mitgibt, welche wichtigen Projekte für das Land er gerne von uns bewegt sehen möchte. ({8}) Johannes, ich begreife nicht, warum du deine Reden immer mit „Glück auf!“ beendest. Du bist ein norddeutscher Jung. Vielleicht meinst du, dass es ein bisschen einsilbig wäre, wenn du deine Rede nur mit: „Moin!“, beginnen würdest. Aber das ist dein Geheimnis. ({9}) Für uns gibt es ein übergeordnetes Thema - das kann man am Haushaltsentwurf erkennen -, das uns die nächsten Jahre beschäftigen muss: Schuldenabbau. Wir sind hierbei gut in der Spur, aber wir müssen uns trotzdem weiter anpassen. Wenn wir rechtzeitig etwas unternehmen, können wir Schulden abbauen, ohne auf der Strecke jemanden zu verlieren. Vielleicht könnte die Effizienz das Credo sein. Wir müssen uns fragen: Können wir das, was wir machen, wofür wir alle dankbar sind, was wir auch weiterhin tun wollen, effizienter tun? Gerade war die Infrastruktur unser Thema. Natürlich müssen wir die Infrastruktur teilweise ergänzen. Gleichzeitig kann man aber - auf gleicher Fläche - auch Effizienzsteigerungen erreichen. Es ist schon wichtig, dass wir in die Infrastruktur investieren. Das Thema Effizienz gilt auch für den Bereich der erneuerbaren Energien. ({10}) Auch dort investieren wir. Diese Regierung macht mehr als die Vorgängerregierungen. Die Vorgängerregierungen haben sich auf einem Beschluss ausgeruht und sind nicht in die Umsetzung gegangen. Wir sind jetzt diejenigen - wir wollen ja regieren -, die ihr selbstgewähltes Schicksal, die Energiewende, auf die Straße bringen müssen. ({11}) Wir müssen die großen und die kleinen Etats daraufhin überprüfen - das wird in der nächsten Legislaturperiode sicher ein Thema sein -, ob wir das, was wir erreichen wollen, mit dem Geld, das wir einsetzen, auch wirklich erreichen. Wenn wir das Ziel nicht erreichen, dann muss man da etwas ändern. ({12}) Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir diesen Mut zum Ändern haben, und das werden wir auch in der Zukunft beweisen. Dabei machen wir natürlich auch nicht vor Bereichen halt, die kleiner sind. Als Controller würde man sagen: Über Kultur und Justiz müssen wir nicht reden, weil diese Haushalte unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen. ({13}) Aber auch die Art und Weise, wie wir in diesen Bereichen wirtschaften, hat Auswirkungen auf unser allgemeines Verständnis vom Wirtschaften. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch die guten Projekte, die wir in diesen Bereichen fahren, kritisch hinterfragen. Man muss gerade auch im Kulturbereich einmal überlegen - damit das Kreative, das Neue wachsen kann -, ob alle Förderungen, die wir früher beschlossen haben, so bestehen bleiben können. Das ist nicht schlimm. Das muss mal gedacht werden können; denn sonst ist das nicht Kunst, sondern nur verstaubt. ({14}) Verstaubt, Frau Künast, ist es übrigens auch, wenn man sich auf dem Thema, mit dem man seit den 80er-Jahren gut gefahren ist, ausruht. Ihr Hauptthema ist heute weg; wir haben es erledigt. ({15})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun ist der Kollege Carsten Schneider für die SPDFraktion aufgerufen.

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kruse, ich kann nachvollziehen, dass Sie in der Schlussrunde der Debatte über den Haushaltsentwurf nicht über den Haushalt sprechen wollen; denn das ist alles andere als etwas, worauf die Koalition aus Union und FDP stolz sein kann. ({0}) Sie haben mit keinem einzigen Wort gesagt, wie hoch die Neuverschuldung ist, die Sie in diesem Jahr beschließen wollen: 18,8 Milliarden Euro. ({1}) Sie wollen diesem Land 18,8 Milliarden Euro neue Schulden aufbürden, und das in einer Zeit, in der die Konjunktur brummt, in der Sie die niedrigste Arbeitslosenquote, die niedrigsten Zinsausgaben und die höchsten Steuereinnahmen haben? Kollege Fricke, das ist doch richtig, oder? ({2}) In dieser Debatte haben Sie immer wieder gesagt, dass Sie eine solide Politik machen, weil die Ausgaben nicht steigen. ({3}) Sie vergleichen die Ausgabenhöhe immer mit den Vorjahren, insbesondere mit 2009/2010. Darf ich Ihnen mitteilen, dass wir in dieser Zeit Konjunkturprogramme hatten, die natürlich - das war gewollt - zu einem Aufblähen des Sektors geführt haben? ({4}) Natürlich geht das jetzt zurück, und es ist gut, dass das passiert. Das ist aber noch kein Gewinn. ({5}) Jetzt komme ich zu den Zahlen, um die Entlastung deutlich zu machen: Im Jahr 2011 hat diese Koalition das Haushaltsjahr mit einer Neuverschuldung von knapp 17 Milliarden Euro abgeschlossen. Für 2012 planen Sie 32 Milliarden Euro. Das ist eine deutliche Steigerung. ({6}) Im Jahr 2013 wollen Sie dann wieder auf 18 Milliarden Euro kommen. Dieser Zickzackkurs ist stilbildend für Ihre Politik. Sie haben kein Ziel. Sie wollen nur irgendwie über die Wahl kommen. Aber Sie bringen damit das Land nicht voran. ({7})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Lieber Kollege Schneider, darf Ihnen der Kollege Fricke eine Zwischenfrage stellen?

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gern.

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Schneider, von der erneuten Verwechslung von Ist und Soll - hier verweise ich auf die Ausführungen des Kollegen Barthle - einmal abgesehen: Sie sagen, wie die Ausgaben in 2012 sind. Sie wissen genau, dass wir zusätzliche Belastungen haben.

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Welche?

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Welche? Stichwort Europa, ESM und so. Ich weiß nicht, ob Sie sich da auskennen. ({0}) Es gab dazu diese Woche eine ziemlich wichtige Entscheidung; dies nur als kleiner Hinweis. Sie sagen, 2012 hätten wir zu viel ausgegeben. Könnten Sie mir sagen, welche Milliardenausgabe - ich weiß, dass man das bei Ihnen betonen muss - im Haushalt 2012 die SPD nicht getätigt hätte?

Carsten Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003218, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Kollege Fricke, es ist richtig: Der Bundestag hat beschlossen, dem ESM in diesem Jahr, im Jahr 2012, über 8 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Jetzt subtrahieren Sie einmal: 32 minus 8. Auf welche Summe kommen wir dann? Ist diese Summe höher als die Neuverschuldung des Jahres 2011? Ja, ist sie. Sie ist deutlich höher. ({0}) Sie haben es in der Hand, im Nachtragshaushalt dafür zu sorgen, dass sie gesenkt wird. Werden Sie dies tun, oder werden Sie die Neuverschuldung trotz der exzellenten Situation, in der wir uns befinden, weiter erhöhen? ({1}) Sehr geehrter Kollege Fricke, Sie werden sie wahrscheinlich nicht senken; das weiß man, wenn man sich ansieht, wie Sie hier die vergangenen Jahre konstant gearbeitet haben. Ich will jetzt eigentlich nicht mit dem Argument kommen, dass die FDP eine Apothekerpartei ({2}) und Klientelpartei ist. Aber Sie haben gefragt, welche Ausgaben genau wir kürzen wollen. Wissen Sie, Herr Kollege Fricke, der entscheidende Punkt in einem Staatshaushalt ist nicht, wie hoch die Ausgaben sind, der entscheidende Punkt ist, wie hoch die Kredite sind, die Sie brauchen, um Ihren Staatshaushalt zu finanzieren. ({3}) Wir als Sozialdemokraten setzen auf einen konsequenten Subventionsabbau. ({4}) Dazu haben wir Ihnen Vorschläge gemacht. Ich komme zum ersten Vorschlag, auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Sie geben immer noch - das ist weiterhin geltendes Recht - 1 Milliarde Euro für die Hoteliers in diesem Lande aus. Es handelt sich um Steuermindereinnahmen; auf dieses Geld verzichten Sie. Mit diesem Geld könnte man die Lücke schließen. ({5}) Wissen Sie, entscheidend sind nicht die Ausgaben, sondern entscheidend ist, ob Sie neue Schulden aufnehmen oder nicht. Sie tun es, und zwar mehr als notwendig ist. Ihnen fehlt die Kraft, dieses Land mit diesem Haushalt strukturell so zu verändern, dass wir von der hohen Verschuldung herunterkommen, dass wir wieder leistungsfähig und unabhängig von den Wirren der Finanzmärkte werden. ({6}) Ich rechne Ihnen das gerne vor. Betrachten wir das Jahr 2012 und das Jahr 2013; wir sprechen gerade über den Haushaltsentwurf für 2013. Angesichts der großen Unsicherheit, die wir sowohl aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung - selbst der Finanzminister ist darauf eingegangen - als auch aufgrund der Finanzkrise und den damit verbundenen Verwerfungen an den Märkten für Staatsanleihen haben, wäre es gut, Vorsorge zu treffen. Tun Sie das? Sie tun es nicht. In keinem einzigen Punkt. Im Gegenteil: Sie fahren volles Risiko. Nehmen wir als Beispiel die Zinsausgaben. Sie sagen, Ihre Ausgaben würden sinken. Sie sinken aber nicht einmal, sie sind stabil. ({7}) Die Gesamtausgaben des Bundes bleiben von 2012 auf 2013 stabil. Aber Sie vergessen dabei - ich erkläre Ihnen das gern -, dass Sie Entlastungen haben. Sie haben 10,7 Milliarden Euro weniger Zinsausgaben. Dafür können Sie gar nichts. Das sind klassische Windfall Profits, die Sie mitnehmen. 2,8 Milliarden Euro geben Sie weniger für die Bundesagentur für Arbeit aus. 2 Milliarden Euro hohlen Sie sich im Gesundheitsfonds und 1 Milliarde Euro bei der Rente. Das sind Entlastungen auf der Ausgabenseite. Diese führen aber nicht dazu, dass Sie die Ausgaben senken. Im Gegenteil: Die Ausgaben bleiben konstant. Sie haben - verglichen mit 2011 - Steuermehreinnahmen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Das macht unter dem Strich 24 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme wird gesenkt, aber nicht in diesem Umfang. Vielmehr verfrühstücken Sie diese Möglichkeiten der konjunkturellen Konsolidierung. Um die FAZ zu zitieren: Schäuble spart sich das Sparen. ({8}) Wir Sozialdemokraten ({9}) stehen für einen aktiven Staat. Carsten Schneider ({10}) ({11}) Wir wollen ihn nicht über Schulden finanzieren - das wollen Sie -, sondern wir wollen so schnell wie möglich runter von der Neuverschuldung. ({12}) Dazu werden wir Ihnen, so wie in den vergangenen Jahren, Vorschläge vorlegen, zum Beispiel zum Abbau von Subventionen; da haben Sie vollkommen versagt. Sie haben die Subventionen erhöht, anstatt sie abzubauen. Das ist ungerecht. ({13}) Und wir werden für eine gerechtere Besteuerung in diesem Land sorgen. Das fängt bei der Frage an: Was hat uns die Krise eigentlich gekostet? Bisher hat der Bundeshaushalt davon profitiert. Ich habe die Zinsausgaben genannt. Sie aber tun so, als gäbe es keine Kosten. Sie sind versteckt: 20 Milliarden Euro sind im Konjunktur- und Tilgungsfonds. Die Konjunktur läuft doch gut, oder? Wie viel haben Sie getilgt? Null. Es geht weiter zu der Frage der jetzt als Schattenbank eingeführten EZB. ({14}) - Es geht um die als Schattenbank für den Bundeshaushalt eingeführte EZB. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück. ({15}) Dafür gibt es null Vorsorge. Im Gegenteil: Die Risiken werden aus dem Bundeshaushalt auf andere Institutionen verschoben, und das mit voller Duldung und Akzeptanz der Bundesregierung. ({16}) Ich finde auch das ein starkes Stück: Herr Vizekanzler und Herr Wirtschaftsminister, Sie haben hier gestern in der Wirtschaftsdebatte gesagt, die Bundesregierung bzw. die FDP - ich war mir nicht ganz sicher, wen Sie meinten - stünde für Währungsstabilität, und bezogen sich auf die Bundesbank. Diese findet natürlich in der EZB ihre Wiedergeburt. Ich weiß nicht, ob Sie Zeitungen lesen und mitbekommen haben, welche Entscheidungen getroffen worden sind. Aber eines ist klar: Seit dem letzten Donnerstag entwickelt sich die EZB mehr in Richtung Fed als in Richtung Bundesbank. Wer das abstreitet, meine Damen und Herren, der will den Leuten die Augen verkleistern. ({17}) Sie haben nicht mehr die Kraft, hier im Bundestag, in der Öffentlichkeit für die notwendigen Maßnahmen zu sorgen, die erforderlich sind, um Länder vor Spekulationen zu schützen, weil Sie in Ihrer Koalition zerstritten sind. Aber der Bundesfinanzminister hat sich im Juni per Pressemitteilung zustimmend zu der Entscheidung von Herrn Draghi geäußert, was das Ankaufprogramm von Staatsanleihen betrifft. Sie haben die Europäische Zentralbank also durch Ihr Nichthandeln in diese Situation gebracht und auch dazu beigetragen, dass der Bundesbankpräsident voll in Opposition ging und kurz vor dem Rücktritt stand. Jetzt befinden wir uns deshalb auf dem Weg in die Staatsfinanzierung durch die EZB, und zwar mit hohen Risiken, ohne dass der Bundestag - das ist für mich der entscheidende Kritikpunkt - einen maßgeblichen Einfluss oder eine maßgebliche Kontrolle dieser Institution hat. ({18}) Das, meine Damen und Herren, wird das Vermächtnis dieser Bundesregierung sein. ({19}) Ich bin mir sicher, die Intervention wird ein, zwei Jahre lang ökonomisch helfen. Ob dies auch dauerhaft hilft, wird davon abhängen, ob es gelingt, eine gerechte Ordnung an den Finanzmärkten zu erreichen. Es besteht aber die Gefahr, dass der Weg, den die Bundesregierung jetzt eingeschlagen hat - der Bundestag wird quasi aus der Entscheidung herausgenommen, und die EZB nimmt die Rolle des Staatsfinanzierers ein -, lange nachwirken wird. Das wird diese Währungsunion tüchtig verändern. Ich weiß nicht, ob Sie sich dieser Bedeutung bewusst sind. Ich höre dann immer wieder, dass dies mit vielen Auflagen verbunden sei und dass es kein Geld ohne entsprechende Konditionen gebe. - Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie sich die Pressemitteilung und das Statement von Herrn Draghi wirklich angeschaut haben. Er verweist auf den ESM - das ist dieser Rettungsfonds - und dort ganz speziell auf die Dispokreditlinie. Sie nennt sich ECCL. Wissen Sie, wie die Bedingungen hinsichtlich der Inanspruchnahme lauten, dass also die EZB dann quasi unbegrenzt, und zwar ohne Haftung, ohne Obergrenze, interveniert? Dass man sich an das jeweilige Nationale Reformprogramm hält, das sich die Staaten selbst geben. Dem muss nicht zugestimmt werden. Das melden die Staaten dann einfach nach Brüssel. ({20}) Ich habe mir einmal den Spaß gemacht, mir das deutsche Nationale Reformprogramm anzugucken. Darin stehen Dinge, die Sie auch hier im Haushalt wiederfinden, wie zum Beispiel das Betreuungsgeld. ({21}) Das kündigen Sie als Nationales Reformprogramm an, um Deutschland nach vorn zu bringen. ({22}) Das kostet nicht nur mehr als 1,2 Milliarden Euro blanko, ohne dass Sie eine Gegenfinanzierung bringen. Nein, es ist auch noch ökonomisch vollkommen unsinnig und auch familienpolitisch kontraproduktiv. Carsten Schneider ({23}) ({24}) Meine Damen und Herren, wenn zu solchen Bedingungen jetzt Staaten durch die EZB finanziert werden, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht! Das ist nicht ein Weg in eine Fiskalunion, bei der wir die nationale Souveränität einschränken müssen. Im Gegenteil: Das wird die Rutschpartie in eine Haftungsunion, in eine Schuldenunion, wie Sie es immer wieder nennen, ohne dass wir irgendeinen Einfluss auf die nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten haben. Ich finde, das ist nicht akzeptabel. Ich glaube, dass Ihnen das in den nächsten Monaten noch auf die Füße fallen wird; denn die Verunsicherung ist groß. Ich finde, wir sollten das Interview mit Herrn Draghi, das heute in der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist, zum Anlass nehmen, ihn in den Bundestag einzuladen. ({25}) - Ja. ({26}) Ich finde, dass wir im Haushaltsausschuss mit ihm über diese Maßnahmen sprechen müssen. ({27}) Insbesondere würde mich interessieren, wie sich die Bundesregierung in diesem ganzen Spiel verhalten hat und ob es nicht doch so ist, wie ich vermute: dass Herr Draghi in diese Richtung getrieben wurde und letztendlich von der Bundeskanzlerin ganz klar Unterstützung signalisiert bekommen hat. Ich erinnere nur an die Haushaltsausschusssitzung vom vorigen Donnerstagmorgen. Da hat der Prozessbevollmächtigte klar gesagt, er könne sich nicht vorstellen, dass diese Operation gegen den Willen eines großen Mitgliedstaates durchgeführt wurde. ({28}) Wenn das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache entschieden hat, werden wir wissen, wie es ausgeht. Meine Damen und Herren, der vorgelegte Haushalt um das Handelsblatt zu zitieren - ist „Das Ende der Konsolidierung“, und das im Wahljahr 2013. ({29}) Das ist keine große Überraschung, sondern das ist typisch. Sie haben die letzten drei Jahre verschlafen. Sie haben sich auf den Lorbeeren der Beschäftigten, der Gewerkschaften und der Unternehmen ausgeruht, ohne dieses Land durch eigenes Zutun und strukturelle Veränderungen weiter nach vorn zu bringen. Sie zeigen mit dem Finger auf andere Länder in Europa, sind selbst aber nicht in der Lage, hier die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und Deutschland eine dauerhafte Führungsposition zu verschaffen. ({30}) Im Gegenteil: Die von Stagnation geprägte Politik dieser Regierung wird uns auf Dauer teuer zu stehen kommen. Je früher damit Schluss ist, desto besser. Vielen Dank. ({31})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Was gibt es Schöneres, als seinen Geburtstag im Kreise von lieben Kolleginnen und Kollegen zu begehen. Ich gratuliere Ihnen recht herzlich, Kollege Koppelin, und gebe Ihnen das Wort. ({0})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das wird wahrscheinlich der einzige Beifall sein, den ich bei meiner Rede vom ganzen Haus bekomme; ({0}) aber ich bedanke mich natürlich dafür. Der Kollege Carsten Schneider, der eben gesprochen hat, machte auch in unsere Richtung die Bemerkung: Ich weiß nicht, ob Sie Zeitung lesen. - Bei den Reden von Carsten Schneider und manch anderen Sozialdemokraten wurde ich an einen Artikel erinnert - ich lese nämlich Zeitung -, der vor einigen Tagen, am 7. September dieses Jahres, in der Financial Times Deutschland erschienen ist. Es ging darum, dass Frau Nahles wohl bei den Demokraten in Amerika war. Am Ende des Artikels wurde darauf hingewiesen, dass im Willy-Brandt-Haus auf Wunsch von Frau Nahles Schreibkurse eingerichtet wurden, mit folgender Begründung - ich lese wörtlich aus diesem Artikel vor -: „… damit die Sozialdemokraten nicht mehr so langweilige Reden schreiben.“ ({1}) So lautet das Originalzitat aus der Financial Times Deutschland vom 7. September dieses Jahres. Ich rate den Rednern der Sozialdemokraten dringend, auf die von Frau Nahles eingerichtete Datenbank zurückzugreifen. ({2}) Ein Beispiel hat der Kollege Carsten Schneider - das zog sich schon durch die ganze Woche - gerade abgeliefert. Er kritisierte uns dafür, dass wir die Grenze im Hinblick auf die Neuverschuldung bei 18 Milliarden Euro gezogen haben. Diesen Betrag muss man übrigens nicht ausschöpfen. Ich erinnere an dieser Stelle an eure alten Reden. Damals habt auch ihr so etwas immer gesagt. Hinterher sah das alles allerdings ganz anders aus. Ihr baut hier also einen Popanz auf, an dem ihr euch hochziehen könnt, der allerdings überhaupt nicht stimmt. ({3}) Die 18-Milliarden-Euro-Grenze hat Kollege Schneider, wie gesagt, gerade kritisiert. Noch vor einer Stunde hat sein Kollege Kahrs hier gestanden und in der Debatte zu einem anderen Etat 1 Milliarde Euro mehr gefordert. ({4}) Ich habe mir ja die ganze Woche die Reden der Fachpolitiker der Sozialdemokraten angehört. Sie haben ständig mehr und mehr und mehr gefordert, aber nicht gesagt, wie sie ihre Forderungen gegenfinanzieren wollen; darauf will ich gleich noch zu sprechen kommen. ({5}) Ich kann nur sagen: Die Neuverschuldung des Bundes unterschreitet die Vorgaben der Schuldenregelung. Diese Koalition steuert kraftvoll auf einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu. Wir können das schaffen. Wir wollen die Null bei der Neuverschuldung; das ist unser Ziel. Wahr ist: Die gute konjunkturelle Lage und die gute Situation bei den Steuereinnahmen helfen uns bei der Erreichung dieses Ziels, ohne Frage. Aber es ist doch ein Märchen, wenn die Sozialdemokraten hier erklären, das sei eigentlich ihr Verdienst aus längst vergangenen Zeiten. Nein, das ist unser Verdienst. Unsere Politik bedeutet nämlich - das wissen die Menschen draußen -: keine Steuererhöhungen. ({6}) Das, was wir beschließen, gilt für längere Zeit. Bei uns gibt es kein hü und hott wie bei den Sozialdemokraten, die jeden Tag die Einführung einer neuen Steuer fordern. Im Gegensatz zu dem, was wir machen, verunsichert das die Menschen. Insofern glaube ich, es war sehr hilfreich, dass wir für die Betriebe und die mittelständische Wirtschaft Planungssicherheit geschaffen haben. Im Übrigen darf ich daran erinnern - auch wenn die Sozialdemokraten das nicht hören mögen -, wie Ihre Politik in der Vergangenheit ausgesehen hat - Sie wühlen ja gerne in der Vergangenheit herum, um zu zeigen, wie toll Sie gewesen sind -: Vor der Bundestagswahl 2005 haben Sie erklärt, mit Ihnen werde es keine Mehrwertsteuererhöhung geben, und nach der Wahl haben Sie die Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht. Das hat Ihnen damals 50 Milliarden eingebracht. Was hat Ihr Finanzminister gemacht? Er hat trotzdem neue Schulden in Höhe von 250 Milliarden Euro aufgenommen. Das war Ihre Politik, nichts anderes! ({7}) Wenn in dieser Woche die Argumentation bei den Sozialdemokraten - die Linken haben teilweise mitgemacht ({8}) besonders kurzatmig wurde, verwies man auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen. Ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz klar: Wer Steuern hinterzieht, begeht eine Straftat. Das muss verfolgt, und das muss geahndet werden. Aber es kann nicht sein, dass deutsche Behörden in der Schweiz Daten stehlen lassen, um so Steuersündern auf die Spur zu kommen. ({9}) Es kann nicht sein, dass wir diese Daten stehlen lassen. Der fast planmäßige Ankauf von gestohlenen Schweizer Bankdaten ist für mich nicht zu akzeptieren. ({10}) Die Schweiz ist ein Rechtsstaat. ({11}) Diebstahl ist dort strafbar. Daran sollten wir uns nicht beteiligen. Sie sollten dem deutsch-schweizerischen Abkommen, das der Finanzminister ausgehandelt hat, zustimmen. ({12}) - Tun Sie nicht so scheinheilig, Herr Kollege Oppermann, weil Sie denken, Sie haben damit ein schönes Thema gefunden. Ich habe einmal das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung vom Dezember 2003 herausgesucht. Es stammt von Hans Eichel. Was steht in diesem Gesetz? Sie haben Leuten, die Steuern hinterzogen haben und im Ausland ihr Geld geparkt haben, angeboten: Wenn ihr dieses Geld angebt, dann braucht ihr gar nicht mehr alles zu versteuern. ({13}) Das heißt, der ehrliche Deutsche, der hier seine Einkünfte versteuert hat, musste voll zahlen, und andere, die ihr Geld im Ausland hatten und dieses dann auf der Grundlage Ihres Gesetzes angegeben haben, mussten nur 60 Prozent zu einem geringeren Steuersatz versteuern. ({14}) Das war Ihre Politik. Das wollten wir nicht mehr machen. ({15})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Koppelin, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Montag?

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, klar. Das verlängert meine Redezeit. ({0})

Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003595, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe mich nicht deswegen gemeldet, Herr Kollege Koppelin, aber Sie profitieren tatsächlich davon. Sie haben in Ihrer Rede ausgeführt, dass Sie sich dagegen wenden, dass deutsche Behörden in der Schweiz Daten stehlen lassen. Erstens. Ich möchte Sie herzlich bitten, dass Sie uns einen einzigen Vorgang - einen einzigen Vorgang! - benennen, bei dem deutsche Behörden irgendjemanden angestiftet haben, irgendjemanden dazu angeleitet haben, ({0}) irgendjemanden gefragt oder gebeten haben oder irgendjemanden in die Schweiz geschickt haben, damit er dort rechtswidrig Daten erwirbt. ({1}) Zweitens. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass es bei der Ermittlung von Straftaten und bei der Dingfestmachung von Straftätern in Deutschland seit Jahrzehnten absolut üblich ist, für sachdienliche Hinweise - ich betone: für sachdienliche Hinweise -, nicht für rechtmäßig erworbene, Gelder auszuloben. Der Polizei werden jede Woche wegen dieser Auslobungen Hinweise und Beweise zugeliefert, wofür die Behörden selbstverständlich Geld bezahlen. Was haben Sie eigentlich plötzlich gegen dieses rechtsstaatliche Mittel? Sind Sie nur deswegen dagegen, weil es um reiche Leute geht, die Steuern hinterziehen? ({2})

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001180, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Montag, ich habe natürlich Ihren Redebeitrag zu diesem Thema in dieser Woche mit Interesse gehört. Deswegen habe ich das aufgenommen. Insofern bin ich Ihnen für die Zwischenfrage dankbar. Es ist vielleicht mein Vorteil, dass ich nicht wie Sie Jurist bin, sondern bei mir vielleicht mehr der gesunde Menschenverstand durchkommt. ({0}) Für mich ist völlig klar: Wenn ich als deutsche Behörde laufend Geld für solche Daten-CDs anbiete und zahle, dann animiert das andere, das nachzumachen, um auch abzukassieren. Nichts anderes ist das. ({1}) Das ist dann die Aufforderung zum Diebstahl. ({2}) Frau Präsidentin, wir werden bei anderer Gelegenheit dieses Thema noch diskutieren. Aber es muss möglich sein, dass man nicht nur den Standpunkt der Grünen vertritt, ({3}) sondern dass wir auch unseren Standpunkt hier vertreten und dagegenhalten. ({4}) Es ist auch schon vom Kollegen Otto Fricke, von Rainer Brüderle und anderen auf Folgendes hingewiesen worden: Viel Geld kosten uns all die Forderungen aus den Bundesländern. Die eine oder andere Forderung ist da wirklich zu kritisieren. Wir werden teilweise „erpresst“, weil wir die Zustimmung zu bestimmten Gesetzen im Bundesrat brauchen. Das kostet den Bundeshaushalt Geld. Das verschweigt natürlich der Kollege Carsten Schneider. Ich will auch gleich einige Beispiele nennen. Schauen wir einmal in die Länder: Glauben Sie, lieber Kollege Schneider, dass das Land Nordrhein-Westfalen, wenn wir ihm nicht 3 Milliarden Euro geben würden, damit es seine WestLB abwickeln kann - das Land muss selber 8 Milliarden Euro aufbringen -, klarkommen würde? Das Geld fehlt im Bundeshaushalt. ({5}) Das ist doch klar. Die 3 Milliarden Euro hätte ich gerne. Mit der WestLB soll übrigens die Bank abgewickelt werden, mit der uns die Sozialdemokraten zeigen wollten, dass sie die besseren Banker sind. ({6}) Das wollten Sie uns zeigen und haben nach Strich und Faden eine Pleite hingelegt. Das war sozialdemokratische Politik. ({7}) - Wenn Sie sich aufregen, Kollege Oppermann, kann ich gerne weitere Beispiele nachliefern. Nehmen wir also Rheinland-Pfalz: Da wurden durch den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Kurt Beck Millionen an Steuergeldern in den Sand des Nürburgrings gesetzt. Vor der Landtagswahl haben die Grünen das heftigst kritisiert. Nach der Vertrauensabstimmung fallen sie jetzt Herrn Beck um den Hals. Das ist ihre Politik; so schnell sind sie eingeknickt; Herr Beck muss wirklich beeindruckend sein. Beeindruckend ist allerdings in der Tat, dass er mit dem Projekt, so schätzt man, 400 Millionen Euro in den Sand gesetzt hat. Ganz bunt geht es - das ist schon angesprochen worden - in den SPD-regierten Ländern Berlin und Brandenburg mit dem Willy-Brandt-Flughafen zu. Klaus Wowereit als Aufsichtsratsvorsitzender hat - das ist auch der Eindruck in der Bevölkerung - längst den Überblick verloren. ({8}) - Dass Sie sich darüber aufregen, verstehe ich. Wowereit war am 25. Juni bei uns im Haushaltsausschuss. Wir haben einen Sachstandsbericht zu Terminen, Kostenschätzungen und zum Finanzierungskonzept bekommen. Herr Wowereit stand Rede und Antwort. Bereits einen Monat danach stimmte nichts, aber auch gar nichts mehr. Sie können gerne die Vorlagen von mir bekommen. ({9}) Es stimmte nichts daran. Das werden die Grünen hoffentlich bestätigen. Sonst hätte Frau Künast nicht vielleicht sogar einen Untersuchungsausschuss zu dem Punkt gefordert. Der Bund ist Anteilseigner. Deshalb werden wir uns vielleicht irgendwann beteiligen müssen. Aber wo kommt das Geld dann her? Sie kritisieren unsere Neuverschuldung, und gleichzeitig zocken Sie mit Ihren SPD-Ländern ab. Herr Wowereit würde völlig hilflos dastehen, wenn der Bund ihm nicht eines Tages helfen wird. Das ist doch das Entscheidende. ({10}) Den Gipfel - das sage ich mit Blick auf den Kollegen Carsten Schneider ({11}) erreicht der Sozialdemokrat Matthias Machnig. Er ist SPD-Wirtschaftsminister. Ich kannte ihn bis dato noch gar nicht. ({12}) Aber seit dem 3. September ist mir dieser Mann bekannt. Dieser Herr Machnig kommt aus Thüringen ({13}) und ist dort SPD-Wirtschaftsminister. Er hat am 3. September im Handelsblatt vom Bund für die nächsten Jahre - man höre und staune - 1 000 Milliarden Euro für die ostdeutschen Bundesländer gefordert. ({14}) Berechnet auf die Jahre, für die er das fordert, sind das circa 65 Milliarden Euro mehr pro Jahr, die er vom Bund für die ostdeutschen Länder bekommen will. Schön und gut, dort ist sicherlich etwas zu tun. In den westdeutschen Ländern ist übrigens auch Erhebliches zu tun. Kommen Sie mal nach Schleswig-Holstein! Ich kann nur sagen: Wir haben da auch Nachholbedarf. ({15}) Lieber Carsten Schneider, der Mann kommt aus Thüringen. ({16}) Der haushaltspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Carsten Schneider, kommt ebenfalls aus Thüringen. Stimmt ihr euch denn gar nicht ab, damit ihr ein einheitliches Konzept habt? Das müsst ihr doch abgestimmt haben. Das kann doch nicht wahr sein. ({17}) Schlussfolgerung auch nach dieser Woche und diesen Beispielen: Eher legt ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass Sozialdemokraten sparen. Das ist meine Auffassung. ({18}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden unsere solide Haushaltspolitik fortsetzen. ({19}) Wir wollen die Null. Wir wollen einen ausgeglichenen Haushalt. Sie können sich daran beteiligen. Aber es geht nicht an, hier immer nur noch mehr zu fordern. Ich sehe gerade den Kollegen Kahrs. Sagen Sie doch, dass es Unsinn ist, was die Landesregierung in Schleswig-Holstein macht. Dort werden Straßenbauprojekte wie die A 20 eingestellt, und hier wird 1 Milliarde Euro mehr für den Straßenbau gefordert. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({20})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch. ({0})

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Tagen von Bundesregierung und Koalition reichlich Selbstgefälligkeit und Eigenlob erlebt. Ich finde das, ehrlich gesagt, völlig unangemessen, meine Damen und Herren. ({0}) Darum möchte ich die Kritik der Linken in drei Punkten zusammenfassen: Erstens. Dieser Haushalt ist kein Schutzschirm für die Menschen in unserem Land. Zweitens. Die Bundesregierung unternimmt nichts, aber auch gar nichts, um die soziale Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Drittens. Die Bundesregierung setzt Geld an der völlig falschen Stelle ein; sie verschwendet also Steuermittel. Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend einen Schutzschirm für Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslose und Familien. ({1}) Was heißt das? Schützen Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping und beschließen Sie endlich einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde! ({2}) In der Krise 2008 wurde die Regelung zur Kurzarbeit vereinfacht. Das brauchen wir jetzt wieder. Schützen Sie die heutigen und zukünftigen Rentnerinnen und Rentner vor Altersarmut! Führen Sie endlich eine solidarische Mindestrente ein! Das ist das Gebot der Stunde. ({3}) Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, sollen jetzt 8 Euro im Monat mehr bekommen. Wenn man sich nur einmal anschaut, wie die Preise gestiegen sind - Mieten, Strom, Wasser, Lebensmittel werden immer teurer -, dann muss man sagen: 8 Euro im Monat sind doch wirklich eine Verhöhnung dieser Menschen. Wir brauchen endlich eine Überwindung des unwürdigen Hartz-Systems, meine Damen und Herren. ({4}) Wir als Linke sind die schärfsten Kritiker der Banken. Aber eigentlich sind doch die Banken nur die Söldner, die mit dem Spielgeld der Superreichen auf den Finanzmärkten nach hohen Renditen jagen und dabei kein Erbarmen kennen. Darum will ich hier unsere Forderung wiederholen und bekräftigen, die gestern auch schon von meinem Kollegen Roland Claus aufgebracht wurde: Spekulationen mit Nahrungsmitteln müssen endlich verboten werden. ({5}) Doch die dringend nötige Regulierung von Banken und Finanzmärkten ist nur ein Schritt. Die eigentliche Ursache für die dauerhafte Finanzkrise ist doch die Konzentration des Reichtums in den Händen weniger. Deshalb ist unsere Forderung nach Umverteilung nicht nur eine Forderung nach mehr Gerechtigkeit, sondern in Wirklichkeit eine Forderung nach Erhalt unserer Gesellschaft. Aber diese Bundesregierung steht für weniger Gerechtigkeit; sie steht für eine Beschädigung der Demokratie und unserer Sozialsysteme. Wir müssen endlich einen anderen politischen Weg gehen, meine Damen und Herren. ({6}) Nun ist heute von mehreren Kollegen über Subventionen gesprochen worden. Ich finde, wenn man über Subventionen spricht, soll man das sehr konkret machen. Schauen wir uns einmal die 20 größten Subventionsempfänger in Deutschland an: Hier stehen die energieintensiven Unternehmen auf Platz eins. Durch Subventionen für diese gehen dem Bundeshaushalt jährlich 2,3 Milliarden Euro verloren. Ich finde, das ist nicht hinzunehmen. ({7}) Finanzminister Schäuble hat nun gefordert, dass die Unternehmen wenigstens einen konkreten Nachweis über die eingesparten Mengen an Strom und Brennstoff liefern sollen, aber das wurde dann vom Wirtschaftsminister, der sonst nichts bringt, gekippt. Meine Damen und Herren, die Steuerzahler sollten durch eine Bankenabgabe von den Krisenkosten entlastet werden. Auch das ist ein Flop. Eigentlich war geplant, dass Herr Schäuble im Jahr 2011 über die Bankenabgabe 1,3 Milliarden Euro einnimmt. Es wurde weniger als die Hälfte, gerade einmal 500 Millionen Euro. Die Bundesbank hat uns die Auskunft erteilt - Sie können das nachlesen -, dass die Krise den deutschen Steuerzahler bisher 335 Milliarden Euro gekostet hat. ({8}) Da fragt man sich: Warum wurden bei den Banken nur 500 Millionen Euro geholt? Da ist wirklich mehr drin. ({9}) Im Jahr 2010 - Sie erinnern sich - haben Sie ein Kürzungspaket beschlossen. Es wurde immer wieder geändert, und darum ist es interessant, zu schauen, was daraus geworden ist. Die Konzerne müssen zur Sanierung der Staatsfinanzen so gut wie gar nichts beitragen; das alles wurde peu à peu wieder gestrichen. Aber die Kürzungen, die den einfachen Steuerzahler treffen, wurden eins zu eins umgesetzt. Darum finde ich es immer besonders empörend, wenn Politiker - auch in dieser Woche wieder - versuchen, das Märchen zu verbreiten, dass eigentlich nur die Besserverdienenden Steuern zahlen. Das, meine Damen und Herren, stimmt nicht. ({10}) Auch Arbeitslose und Rentner zahlen Steuern, nämlich Verbrauchssteuern, vor allen Dingen die Mehrwertsteuer. Diese Steuern sind in den letzten Jahren immer wieder gestiegen, im Gegensatz zur Einkommen- und zur Erbschaftsteuer. Nur einmal zwei aktuelle Zahlen: Wenn wir die Einnahmen aus den Jahren 2010 und 2011 vergleichen, so sehen wir, dass die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer um 3,6 Prozent zurückgegangen sind, aber die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer um 1,8 Prozent gestiegen sind; hier wurden insgesamt 139 Milliarden Euro eingenommen. Ich finde, dass es für alle Menschen, die sich mit ihren Steuerzahlungen am Staatshaushalt beteiligen, beleidigend ist, ihnen immer wieder zu erklären, sie würden gar nichts zahlen und nichts beitragen. Das stimmt einfach nicht, meine Damen und Herren. ({11}) Wir brauchen endlich eine Finanztransaktionsteuer, die den Finanzmarkt entschleunigt und die zudem ordentlich Geld in die Staatskasse bringt. Wir brauchen höhere Vermögensteuern in unserem Land. Man muss auch ganz deutlich sagen: Hier wurde viel über die Schweiz diskutiert; das ist alles richtig. Wenn es jedoch um die Besteuerung von Vermögen geht, ist Deutschland eine große Steueroase. Auch das muss ein Ende haben. ({12}) Ich möchte konkret etwas zur Verschwendung von Geldern sagen. Ein einziges Beispiel: Nach dem 2010 beschlossenen Kürzungspaket sollte das Verteidigungsministerium im Jahr 2013 1 Milliarde Euro weniger ausgeben. Davon findet man im Haushalt gar nicht mehr. Die Bundeswehr macht eine Reform und baut Personal ab. Doch trotz des Personalabbaus will der Minister fast 1 Milliarde Euro mehr für sein Personal haben. In der Summe macht das 2 Milliarden Euro mehr aus als noch 2010 geplant. Stellen Sie sich bitte einmal vor: In Griechenland wird, so wie es die Troika gefordert hat, Personal im öffentlichen Dienst abgebaut. Dann sagen die Griechen aber: Ja, wir bauen Personal ab, aber wir senken die Personalkosten nicht um 1 Milliarde Euro, sondern wir erhöhen sie um 1 Milliarde Euro. - Diese Koalition würde doch im Karree springen und sofort alle Kreditlinien für Griechenland sperren lassen. Wenden Sie endlich die Maßstäbe, die Sie anderen abverlangen, auf sich selber an! Erst dann wird eine glaubwürdige Politik daraus. ({13}) Jeder Europäer, der es wissen will, weiß es schon: Die Bundesregierung hat viel bittere Medizin für unsere europäischen Nachbarn zur Hand. Auch im eigenen Land wird diese bittere Medizin verteilt, aber nur an Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und Menschen, denen es nicht so gut geht. Die Wirkung ist katastrophal. ({14}) Dieser Haushalt ist ein Schönwetterhaushalt für die Menschen, die schon immer auf dem Sonnendeck gelegen haben. Er ist jedoch eine Bedrohung für die Menschen, die unter Deck sitzen müssen. Es wird Zeit, dass sich etwas ändert in unserem Land. Vielen Dank. ({15})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Kollege Sven-Christian Kindler hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sven Christian Kindler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004070, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Woche lang haben wir nun über den Bundeshaushalt 2013 geredet. Vor einer entscheidenden Frage hat sich die Koalition jedoch immer gedrückt. Die Frage lautet, wie sich die Konjunktur in der nächsten Zeit entwickeln wird. ({0}) Davon hängt nämlich maßgeblich ab, ob ihr Entwurf auch nur im Ansatz funktioniert. Zu den Zahlen: Die Koalition geht für den Haushalt 2013 von einem Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,6 Prozent aus und für die Folgejahre laut Finanzplan von einem Wachstum in Höhe von 1,5 Prozent. Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle hat seine Prognose schon auf 0,8 Prozent gesenkt, geht also nur noch von der Hälfte aus. Das RWI sagt nur noch ein Wachstum in Höhe von 1,0 Prozent für das nächste Jahr voraus. Auch in der Wirtschaft ist dieser Trend spürbar. Die Auftragseingänge gehen zurück, befristete Verträge werden nicht verlängert, die Investitionen werden zurückgefahren. Viele Länder Europas befinden sich in der Rezession. Das zeigt: Ihre Haushaltsführung ist nicht nachhaltig. Sie surfen nur auf der Konjunkturwelle. Wenn diese Welle einbricht, wird auch Ihr Haushalt zusammenbrechen wie ein Kartenhaus. ({1}) Bei Ihrer Haushaltspolitik haben Sie nur von der guten Konjunktur der letzten Jahre profitiert. Hinzu kommt, dass die Zinsausgaben auf einem historisch niedrigen Niveau liegen. Obwohl diese schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode die Schulden um 100 Milliarden Euro erhöht hat - 100 Milliarden Euro durch diese Schuldenkoalition -, sind die Zinsausgaben um 10 Milliarden Euro gesunken. Dafür haben Sie aber nichts getan. Das ist Ihnen einfach zugefallen, weil Deutschland Krisengewinner ist. Daher rührt die konjunkturelle Haushaltsverbesserung. Diese Haushaltsverbesserung ist also rein konjunkturell bedingt; Sie haben diese Zeit leider nicht genutzt, irgendetwas im Haushalt voranzubringen. Sie haben sich nicht um eine strukturelle Haushaltsverbesserung gekümmert. Das ist Ihr großer Fehler. ({2}) Was jetzt nötig ist, auch angesichts der großen ökonomischen Probleme und der Konjunkturdaten, ist ein massives Umsteuern in der Krise. Wir brauchen einerseits nachhaltige Investitionen, um Konjunkturimpulse gegen die Rezession in Europa auszusenden. Andererseits brauchen wir Investitionen, um für die Zukunft vorzusorgen. Das gilt vor allem im sozialen und ökologischen Bereich, weil wir den Ressourcenverbrauch ebenso wie den Ausstoß der Treibhausgase vermindern müssen. Der Klimawandel mit seinen großen Herausforderungen darf in dieser Finanzkrise nicht vergessen werden, denn er ist die eigentliche Megakrise des 21. Jahrhunderts. ({3}) Was wollen wir konkret tun? Wir wollen konkret zum Beispiel einen 3-Milliarden-Energiesparfonds einführen. Wir wollen Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen helfen, wirtschaftlicher mit Energie umzugehen, mit Energie effizienter zu leben. Es soll insbesondere dort energetische Stadtteilsanierung gemacht werden, wo Menschen leben, die nicht so privilegiert sind. Gerade sozial benachteiligte Viertel wollen wir sanieren. Denn wir wissen, es ist jetzt dringend notwendig, diese Energiewende wirklich mit aller Kraft voranzutreiben. Was aber macht diese Bundesregierung? Der Umweltminister hat auch diese Woche noch einmal gesagt, er wolle die erneuerbaren Energien ausbremsen. Angela Merkel hat gesagt, sie wolle die Windenergie einschränken. Der FDP-Chef Rainer Brüderle will mit seinem planwirtschaftlichen Quotenmodell ein Moratorium für die Energiewende durchsetzen. Wahnsinn! Diese Bundesregierung setzt die Energiewende mit voller Absicht in den Sand, obwohl wir jetzt schnell erneuerbare Energien, Netze und Speicher ausbauen müssten. ({4}) Was wir uns wirklich sparen können, sind ökologisch schädliche Subventionen. Wir brauchen keine Milliardensubventionen für die Industrie bei der EEG-Umlage, bei Netzentgelten oder bei der Ökosteuer. Es gibt Milliardensubventionen durch das Dienstwagenprivileg, und es gibt Milliardensubventionen für den Flugverkehr. Es ist nicht nur umweltpolitisch geboten, diese umweltschädlichen Subventionen endlich abzubauen, sondern dies ist auch haushaltspolitisch geboten, um Spielräume im Haushalt zu schaffen. ({5}) Wir müssen in der Krise aber auch auf ein gerechteres Steuersystem umsteuern. Wir hatten sehr gute Konjunkturdaten. Wir hatten nachlaufend wirklich sehr gute Steuereinnahmen, und wir haben historisch niedrige Zinsen. Aber immer noch plant diese Bundesregierung, im nächsten Jahr 18 Milliarden neue Schulden zu machen. Das heißt, wir haben ein strukturelles Einnahmeproblem des Staates, und wir haben eine strukturelle Unterfinanzierung des Staates, jedenfalls dann, wenn man den Sozialstaat erhalten will. Diese Koalition steht - das weiß ich - natürlich für einen magersüchtigen Staat, sie steht für einen Nachtwächterstaat, den sich nur Reiche leisten können. Das wollen wir Grüne nicht. Wir Grüne sagen auch klar: Wir wollen einen leistungsfähigen Sozialstaat. Wir wollen die Staatsquote wieder erhöhen. Wir wollen Besserverdienende stärker beteiligen über eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und indem wir Kapitalerträge angemessen besteuern; denn Haushaltskonsolidierung funktioniert nur, wenn es gerecht zugeht und gerade starke Schultern mehr dazu beitragen. ({6}) Außerdem wollen wir Schulden abbauen. Wir sind die einzige Partei, die ein tragfähiges Konzept für den Schuldenabbau hat. ({7}) - Ja, Baden-Württemberg macht eine sehr gute Haushaltspolitik. Darauf sind Sie hier neidisch; das weiß ich. ({8}) Wir sind die einzige Partei, die ein tragfähiges Konzept hat. Wir setzen uns für einen Altschuldentilgungsfonds in Europa ein, um Europa zu stabilisieren. Damit es gerecht und konjunkturverträglich läuft, wollen wir auch Vermögensabgaben einführen; denn wir wissen, die Gegenseite zu Schulden sind immer auch Vermögenswerte. Mit unserem grünen Konzept für eine deutsche Vermögensabgabe belasten wir 99 Prozent überhaupt nicht. 1 Prozent, die Millionäre, sollen ihren Beitrag dazu leisten, dass wir Schulden aus dieser Bankenkrise zurückführen. ({9}) Das ist nicht nur aus sozialen Gründen richtig, um gegen die wachsende Ungleichheit anzugehen. Das ist auch ökonomisch vernünftig, weil sehr viel privater Reichtum in den letzten Jahren und Jahrzehnten auf die Finanzmärkte geflossen ist und da zu großen Spekulationsblasen geführt hat. Deswegen ist Schuldenabbau mit einer Vermögensabgabe auch ein wichtiger Beitrag für die Finanzmarktstabilität. ({10}) Ich war übrigens etwas überrascht, als Minister Schäuble in seiner Einbringungsrede am Dienstag Argumente gegen eine höhere Vermögensbesteuerung gebracht hat, so zum Beispiel das Argument der Kapitalflucht. Das ist bei unserem Konzept ausgeschlossen, weil wir für die Vermögensbewertung eine Stichtagsregelung mit einem Stichtag in der Vergangenheit haben. Wenn da mit Kapitalflucht argumentiert wird, wundere ich mich schon; denn es ist doch diese Bundesregierung, die mit der Schweiz ein Steuerabkommen machen will, mit dem man Kapitalflucht per Steuerhinterziehung quasi legalisieren möchte. ({11}) Wir haben in den nächsten Monaten im Haushaltsausschuss viel vor. Wir haben viele Sitzungen. Die Grünen werden Ihnen konkrete Vorschläge unterbreiten - ich hoffe, Sie nehmen sie an -, wie wir Schulden mit einer Vermögensabgabe abbauen können, wie wir sozial und ökologisch in dieser Krise umsteuern können und wie wir nachhaltig und gerecht diesen Haushalt konsolidieren können; denn eine andere Politik ist möglich. Vor allen Dingen ist eine andere Politik endlich notwendig. Vielen Dank. ({12})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans Michelbach für die Unionsfraktion. ({0})

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Diese Haushaltswoche war eine erfolgreiche Woche für Deutschland, für Europa, für unser Parlament und für die christlich-liberale Koalition. Wir sind Stabilitätsanker, Impulsgeber für Wachstum und Vorbild für Wettbewerbsfähigkeit. Wir senden ein starkes Signal und zeigen, welche Kraft in Deutschland steckt, wenn unser Land richtig regiert wird. ({0}) Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit und den höchsten Beschäftigungsstand aller Zeiten in Deutschland. Wir halten die Vorgaben der Schuldenbremse bereits drei Jahre früher als geplant ein. Das ist unser Erfolg, ein unbestreitbarer Erfolg. ({1}) Herr Kollege Schneider, da Sie die Neuverschuldung in Höhe von rund 18 Milliarden Euro kritisieren, sage ich Ihnen: Denken Sie an den Schuldenansatz von 86 Milliarden Euro in dem Jahr, als Sie zuletzt Verantwortung getragen haben! Denken Sie an NRW und Baden-Württemberg! Sie kennen nichts anderes, als immer wieder neue Schulden zu machen. ({2}) Der Haushalt dieser Koalition ist Ausdruck einer soliden Finanzpolitik der Nachhaltigkeit. Unser Haushalt ist wachstumsfreundlich, krisenbekämpfend und zukunftsorientiert gestaltet. Mit diesem Haushalt gelingt uns die zielführende Balance zwischen einer vernünftigen, schrittweisen Konsolidierung und notwendigen Investitions- und Wachstumsimpulsen. Eine erfolgreiche Krisenbekämpfung kann nur mit Haushaltskonsolidierung und positiver Wachstumsentwicklung gleichermaßen gelingen. Deutschland ist erfolgreich als Stabilitätsanker in Europa. ({3}) Es liegt in unserem Interesse, dass es allen in Europa gut geht. Wichtig ist, dass jetzt die in den letzten Jahren gewachsene Unsicherheit in Europa beendet wird. Dafür stehen wir; dafür arbeiten wir. Die Überwindung der Vertrauenskrise ist nur mit einer Stabilitätsunion und nicht mit einer Schuldenunion möglich. Das ist der Grundsatz; das ist unsere Konzeption. Wir wollen keine unkontrollierte Vergemeinschaftung der Schulden. Wir wollen nicht Ihre Euro-Bonds. Wir wollen keinen Altlastentilgungsfonds. Wir wollen kein einheitliches Einlagensicherungssystem für alle Banken in Europa. Wir wollen keine unbeschränkte Zahlmeisterei mit Haftung für alle. ({4}) Das ist unser Prinzip. ({5}) Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Woche unsere Auffassung bestätigt, die Parlamentsrechte entsprechend gewichtet sowie unseren Fiskalpakt und unsere ESM-Gesetzgebung weitgehend akzeptiert. Das ist doch ein Erfolg. Wir sollten damit offensiv umgehen und der Bevölkerung sagen: Jawohl, hier wird richtige Politik gemacht. - Die Kritiker lassen dagegen jeglichen Lösungsansatz vermissen. Es gibt doch nur drei Wege. Der erste Weg ist der der Renationalisierung und der Verweigerung jeglicher Hilfe. Das wäre mit ungeordneten Staatspleiten und großen Arbeitsplatzverlusten auch bei uns verbunden. Der zweite Weg - das ist der Weg der Opposition - ist die Vergemeinschaftung der Schulden und die Haftung für alles. Das lehnen wir ab, weil das langfristig nicht zum Ziel führt. Der dritte Weg - das ist unser Weg - sind Hilfen mit Konditionalität und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aller Länder. Das ist die einzige Chance; denn die Schuldenkrise ist in einzelnen Ländern entstanden, und die Probleme können nur dort gelöst werden. Die Probleme sind durch nichts anderes als die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit entstanden. Deshalb ist eine Fortentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion mit dem Fiskalpakt sowie mit konsequenten Prüfungen und Kontrollen der einzig richtige Weg; den beschreiten wir. ({6}) Wir sind gegen eine reine Flutung mit Geld durch die EZB. ({7}) Das ist sinnlos und brandgefährlich im Hinblick auf die Inflation. Ihre Unterstellung, wir machten unsere politischen Hausaufgaben nicht und verließen uns auf die EZB, ({8}) ist grundfalsch. Die EZB ist unabhängig, und wir sind dafür, dass sie unabhängig bleibt. ({9}) Wir sollten das auch nicht infrage stellen. Die wichtigste Handlungsschneise sehe ich nach wie vor bei den Banken. Wir stehen in dieser Situation vor einer wichtigen Entscheidung und einer politischen Herausforderung. ({10}) Deshalb verfolgen wir eine konsequente Regulierungspolitik gegenüber den Finanzmärkten. Da lassen wir uns von niemandem der Untätigkeit zeihen und uns in unseren Bemühungen von niemandem überholen. Das Funktionieren der Währungsunion und des Finanzmarktes ist für uns eine wesentliche Herausforderung. Wir haben geliefert. Wir haben in dieser Legislaturperiode über zwölf Regulierungsgesetze auf den Weg gebracht. Wir werden jetzt CRD IV mit der Basel-IIIEigenkapitalanforderung voranbringen. Das heißt, wir haben Finanzmarktregulierungen auf den Weg gebracht. Mit unserem Restrukturierungsgesetz und der Bankenabgabe haben wir Regelungen getroffen, die Vorbild für ganz Europa sind. In einer Bankenunion dürfen nicht alle gleichbehandelt werden, sondern sie muss differenziert gestaltet werden. Wir haben hier große Erfolge erzielt. Wir werden den Hochfrequenzhandel einschränken, und wir werden weitere Regulierungen auf den Weg bringen, weil die Handlungsschneise bei den Banken nach wie vor eine große Aufgabe für die Politik ist. Wir Finanzpolitiker werden uns dieser Aufgabe widmen und uns der Herausforderung stellen. ({11}) Was ist noch zu tun in dieser Zeit? Wir kämpfen für weitere Wachstumsimpulse. Das ist sicher notwendig. Ich habe bereits gesagt: Konsolidierung ist nur mit Wachstum möglich. - Daher ist auch wichtig, dass die steuerpolitische Agenda nicht in die falsche Richtung geht. Es darf nicht immer höhere Steuerbelastungen für die Bürger geben, sondern wir müssen die heimlichen Steuererhöhungen beenden und den Menschen das Geld zurückgeben, indem wir das Gesetz zum Abbau der kalten Progression auf den Weg bringen. Ich kann Sie nur bitten: Hören Sie auf mit Ihrer Blockadehaltung. Die richtet sich gegen die Interessen der Menschen. ({12}) Mit der Beitragssenkung bei den Sozialversicherungen werden wir die Menschen um 32 Milliarden Euro entlasten. Das ist für die Stärkung der Kaufkraft und des Konsums ein wesentlicher Faktor und wird die Konjunktur verstetigen. Das ist der richtige Weg. Wir werden mit dem Jahressteuergesetz neue Wege beschreiten. Die Aufbewahrungsfrist wird auf sieben Jahre verkürzt. Das ist ein Abbau von Bürokratie und erspart 2,5 Milliarden Euro. Wir dürfen die Menschen nicht immer weiter belasten, sondern wir müssen ihnen Freiräume geben; denn das Geld gehört zuerst den Menschen und dann erst dem Staat. Deutschland hat überhaupt kein Einnahmeproblem. Deutschland hat eine richtige Politik betrieben, indem es mit Wachstumsimpulsen in Verbindung mit einer entsprechenden Steuerpolitik zur Konsolidierung beigetragen hat. Eines möchte ich zum Schluss deutlich sagen: Hören Sie auf mit Ihrem scheinheiligen Verhalten, wenn es um das Steuerabkommen mit der Schweiz geht! Wer dauerhaft Geschäfte mit kriminellen Hehlern macht, pervertiert den Rechtsstaat. Die Spielchen, die Sie machen, sind nicht hinnehmbar. Es geht Ihnen nur darum, Neid im Volk zu wecken. ({13}) Wir müssen deutlich machen: Die oberen 50 Prozent der Steuerzahler in Deutschland zahlen 95 Prozent der Einkommensteuer. ({14}) Hier gibt es Gleichbehandlung. Hier sind keine Änderungen notwendig. Sie machen sich der Untreue schuldig, wenn Sie auf die Einnahme der 10 Milliarden Euro verzichten, die aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz dem Fiskus zufließen werden. ({15}) In diesem Sinne sage ich: Kommen Sie zur Vernunft! Wir warten darauf, dass Sie im Vermittlungsverfahren zum Wohle und im Interesse der Menschen mitarbeiten. Vielen Dank. ({16})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Bettina Hagedorn hat nun für die SPDFraktion das Wort. ({0})

Bettina Hagedorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Michelbach, Ihre Rede reiht sich nahtlos in die vielen Reden von Schwarz-Gelb ein, die wir hier diese Woche leider hören mussten. Die Redner haben vor Selbstgefälligkeit gestrotzt, so als seien die guten Arbeitslosenzahlen, die Höchstbeschäftigung, die sprudelnden Steuerquellen, die überquellenden Sozialkassen allein Ihr Verdienst. ({0}) - Nein, das ist es nicht, und das wissen Sie auch. Das hat draußen längst jeder wahrgenommen. Sie profitieren seit Jahren quasi im Schlafwagen von dieser guten Konjunktur. Wir Deutsche sind nur so gut durch die Krise gekommen - warum verleugnen Sie das eigentlich, liebe Kollegen von der CDU/CSU? -, weil wir damals in der Krise mit den Konjunkturpaketen und dem Kurzarbeitergeld gemeinsam die Weichen richtig gestellt haben. Damals hatten wir eigentlich eine hervorragende Nettokreditaufnahme: Sie wurde bei 10,5 Milliarden Euro veranschlagt. Wir Haushälter wollten sie damals gemeinsam unter 10 Milliarden Euro drücken. Das war, unmittelbar bevor Lehman Brothers pleiteging. Dann haben wir gemeinsam das Richtige gemacht, und nur deshalb sind wir so gut durch die Krise gekommen. Sie profitieren jetzt davon. ({1}) Wir freuen uns, dass Deutschland davon profitiert. Ich verurteile aber die Art und Weise, wie Sie hier davon abzulenken versuchen, dass Sie keine eigenen Strukturanstrengungen unternommen haben. Sie wollten doch Subventionen abbauen. Was ist denn daraus in den letzten drei Jahren geworden? Sie haben die Subventionen aufgestockt, Stichwort „Mövenpick/Hoteliers“. Davon versuchen Sie abzulenken. Herr Kollege Michelbach, Sie haben mit den kriminellen Steuerhinterziehern, über denen Sie mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz einen Schutzschirm ausbreiten wollen, gerade wieder ein gutes Beispiel für Ihre Klientelpolitik geliefert. ({2}) Seien Sie ganz sicher: Da machen wir nicht mit. In gleicher Weise haben Sie die ganze Woche gebetsmühlenartig versucht, die kritischen Redebeiträge der Opposition zu diffamieren. Wir haben immer wieder zu Recht gesagt - ich werde gleich darauf noch eingehen -, dass der Haushalt, den Sie hier vorgelegt haben, deshalb unverantwortlich ist, weil Sie keine Vorsorge für den Fall tragen, dass sich - der Kollege Sven Kindler hat schon darauf hingewiesen - die Konjunktur eintrübt. Null Vorsorge! Stattdessen plündern Sie mit diesem Haushalt auch noch sämtliche Sozialkassen, und nur so bringen Sie Ihre Prognose zustande. ({3}) Auch wenn darauf schon verwiesen worden ist, will ich es noch einmal kurz erwähnen: Die für die Zinslasten veranschlagten Mittel müssten aufgestockt werden, wenn wir es mit einer Konjunkturdelle zu tun bekommen. Sie tragen keine Vorsorge für die Lasten der europäischen Rettungsaktionen, und Sie diffamieren uns alle salopp und lapidar als Schwarzmaler. Aber damit werden Sie der Situation nicht gerecht. Sie von SchwarzGelb haben hier einen Haushaltsentwurf vorgelegt, mit dem wir für eine Konjunkturdelle nicht gewappnet sind. Sie haben eben so unverschämt gelacht, als ich gesagt habe: Sie greifen in die Sozialkassen, und das ist unverantwortlich mit Blick auf das, was für die Zukunft eigentlich an Vorsorge geschehen müsste. - Daher will ich an dieser Stelle konkret werden. Das Schlimme ist, dass Sie seit drei Jahren kürzen, und zwar jedes Jahr mehr. Und wo kürzen Sie? Einzig und allein im Haushalt von Frau von der Leyen, einzig und allein auf dem Rücken von Arbeitslosen bzw. Langzeitarbeitslosen und ihren Familien. ({4}) Darunter sind zu einem großen Teil, nämlich 40 Prozent, Alleinerziehende. Darunter sind sehr viele Migranten und sehr viele Menschen mit Behinderungen. ({5}) Dadurch, dass Sie sich an den Mitteln, die für Qualifizierung und Weiterbildung erforderlich wären, vergreifen, nehmen Sie diesen Menschen Chancen, obwohl es gerade die Aufgabe von Frau von der Leyen wäre, ihnen Chancen zu eröffnen. ({6}) Diese Ministerin versucht, das Ganze zu kaschieren - sie hat in diesem Kabinett grandios versagt, weil sie eben nicht die erfolgreiche und ehrgeizige Kämpferin für diejenigen Menschen ist, die ihr eigentlich anvertraut sind -, zum Beispiel gerade mit ihrer Shownummer Zuschussrente. Sie versucht, davon abzulenken, dass sie eigentlich gar keine Anwältin der Rentner ist. Sie hat es wieder einmal kommentarlos hingenommen, dass dieser Haushalt erneut mit 2 Milliarden Euro zulasten der Rentenkasse konsolidiert wird; „konsolidiert“, so nennen Sie das. 1 Milliarde Euro davon haben Sie im Haushalt und auch im Finanzplan ausgewiesen. Das addiert sich übrigens bis 2016 auf satte 4,75 Milliarden Euro. Dann haben Sie noch etwas ganz Bemerkenswertes gemacht. Sie haben im August im Kabinett eine Beitragssatzsenkung von 19,6 Prozent auf 19,0 Prozent verkündet. Damit haben Sie so getan, als sei dies eine Wohltat, obwohl es eigentlich aktuelle Gesetzeslage ist. Wir hätten das in der Bereinigungssitzung ohnehin beschlossen, weil wir das all die Jahre so gemacht haben. Wir haben den Beitragssatz immer so angepasst, wie der Schätzerkreis es Anfang November empfohlen hat, und er wird aller Voraussicht nach Anfang November eine Senkung auf 19,0 Prozent verkünden. Was aber haben Sie gemacht? - Sie wollten den Showeffekt im August. Sie wollten sich bei den Beitragszahlern einschmeicheln. Obwohl dieser Beschluss erst im August durch das Kabinett ging, hat Herr Schäuble schon bei seinem Haushaltsentwurf, den er im Juli vorgelegt hat, die Einsparung von 1 Milliarde Euro - in diesem Umfang profitiert nämlich der Bundeshaushalt von einer Beitragssatzsenkung - eingerechnet und damit vorweggenommen. Was bedeutet das? Das bedeutet: Wenn sich Ihre CDU-Ministerpräsidenten oder auch Landesminister, die im Moment gern laut darüber nachdenken, ob nicht die Beitragssatzsenkung in dieser Höhe wegen anderer Maßnahmen verändert werden könnte, durchsetzen würden und damit der Beitragssatz nicht in diesem Umfang gesenkt würde oder sogar stabil bliebe - es gibt ja viele, die sagen, dies wäre aus demografischen Gründen ein schlauer Gedanke -, dann hätten Sie in Ihrem Haushalt plötzlich eine Lücke von 1 Milliarde Euro. Diese Art, einen Haushalt aufzustellen, ist einfach unsolide. ({7}) Sie haben Ihr Sparpaket aufgelegt, aber bei der Wirtschaft und bei sich selbst sparen Sie gar nichts ein. Das sind alles Luftbuchungen. Sie sparen nur im Bereich von Frau von der Leyen. Da kürzen Sie schon seit Jahren. Sie versuchen, das zu kaschieren. Manche Journalisten haben es noch nicht mitgekriegt, dass die Einsparungen in diesem Bereich in Wirklichkeit in jedem Jahr zunehmen. Nachdem in Ihrem Sparpaket schon Einsparungen von 5 Milliarden Euro allein 2013 zulasten der Langzeitarbeitslosen und der Arbeitslosen vorgesehen waren, legen Sie mit diesem Haushalt noch etwas drauf. Jetzt wollen Sie nämlich mit Ihrer sogenannten Instrumentenreform und der Umwandlung von Rechtsansprüchen in Ermessensleistungen zusätzlich zu den 5 Milliarden Euro um weitere 1,5 Milliarden Euro kürzen, und zwar ausschließlich bei den Langzeitarbeitslosen. ({8}) Zwar ist die Arbeitslosenquote niedrig, worüber wir uns gemeinsam freuen. Wie gesagt, wir haben eine gute Konjunktur. Trotzdem haben wir in Deutschland ein Problem. Es gibt hier nämlich eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Es gibt bei uns eine sehr große Anzahl von Menschen, die sich nicht erst seit einem halben, seit einem Jahr oder seit zwei Jahren in Arbeitslosigkeit befinden, sondern schon fünf oder sechs Jahre, also in Langzeitarbeitslosigkeit sind. Wenn wir diese Menschen nicht bis an das Ende ihrer Tage abschreiben wollen, dann müssen wir sie qualifizieren, was unter dem Aspekt des Fachkräftemangels kein schlechter Gedanke ist. ({9}) Das kostet Geld. Dieses Geld ist in den Jobcentern aber nicht mehr vorhanden. ({10})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollegin Hagedorn, auch die Kollegin Winterstein kann Ihre Redezeit jetzt nicht mehr verlängern. Es tut mir leid. Sie haben Ihre Redezeit schon überzogen. Insofern kann ich die Frage jetzt nicht mehr zulassen. ({0})

Bettina Hagedorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es tut mir leid, ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb, da wir einen Finanzminister haben - er kann heute leider nicht da sein -, von dem wir wissen, dass er eigentlich fachlich kompetent ist, kann man ihm angesichts dieses verantwortungslosen Haushalts leider nicht einmal nur grobe Fahrlässigkeit unterstellen. Nein, es ist ein vorsätzlich verantwortungsloser Haushalt. Vielen Dank. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollegin Winterstein, es tut mir leid. Das Präsidium hat in seiner ganzen Schönheit offensichtlich seine Aufmerksamkeit der falschen Seite des Hauses zugewandt. Wir werden das zukünftig korrigieren. Das Wort hat nun der Kollege Otto Fricke für die FDP-Fraktion. ({0})

Otto Fricke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003530, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Das ist schon vollkommen in Ordnung. Man sollte die Aufmerksamkeit in Haushaltsdebatten mehr auf die linke Seite des Hauses richten; denn es ist viel wichtiger, diese unter Kontrolle zu halten. Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist der letzte Haushalt, den wir in dieser Legislatur debattieren. ({0}) Wir sollten ganz ruhig und entspannt schauen, wo wir stehen, und das damit vergleichen, wie das bei den jeweiligen Haushalten der letzten Legislaturperioden aussah. Ich habe nachgeschaut: 2004/2005, da war so ein Hans Eichel dabei, der hat uns einen Haushalt hinterlassen mit einer Neuverschuldung in Höhe von 40 Milliarden Euro. 2009 war da so ein Herr Steinbrück - auch ein Sozialdemokrat -, ({1}) der uns einen Haushalt mit einer Neuverschuldung in Höhe von 86 Milliarden Euro hinterlassen hat. ({2}) Für das Haushaltsjahr 2013 ist eine Neuverschuldung in Höhe von 18 Milliarden Euro geplant. Ich kann mich den Aussagen der Bundeskanzlerin nur anschließen: Von über 80 Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro herunterzukommen, das ist eine Leistung, die sozialdemokratische Finanzminister nicht geschafft haben und auch nicht schaffen würden. ({3}) Darauf kann unsere Koalition stolz sein. ({4}) Das sollte man den Bürgern auch immer wieder sagen. ({5}) Warum ist das so, dass bei Ihnen eine Neuverschuldung von 40 Milliarden Euro und 86 Milliarden Euro stattfindet und bei uns eben nur von 18 Milliarden Euro? In den Debatten war eine starke Widersprüchlichkeit zu spüren. Es hieß auf der einen Seite: mehr sparen, aber auf der anderen Seite: mehr ausgeben. Lassen Sie mich das im Einzelnen darstellen. Warum ist die Basis des Haushalts so gut? Warum bemühen wir uns, die Milliardenbeträge zu reduzieren? Weil wir wissen, dass jeder Cent, den wir zusätzlich ausgeben, die nächste Generation belastet. Deshalb kämpfen wir darum, so wenig neue Schulden wie möglich zu machen. Warum stehen wir besser da? Weil die Wirtschaft gut dasteht. Warum steht die Wirtschaft gut da? Weil die Rahmenbedingungen gut sind und weil die Bevölkerung sagt: Es lohnt sich, entsprechende Leistungen zu erbringen. Sie steht gut da, weil Unternehmer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer etwas leisten. Das ist der Rahmen, den diese Regierung gesetzt hat. Frau Kollegin Hagedorn, Sie suchen geradezu nach irgendeiner benachteiligten Gruppe. ({6}) Ich gebe Ihnen recht: Langzeitarbeitslose sind eine Gruppe, um die man sich Gedanken machen muss. Nur, der Unterschied ist: Sie haben es in all den elf Jahren, in denen Sie an der Regierung waren, nicht hinbekommen, ({7}) beim Thema Langzeitarbeitslose auch nur irgendetwas zu bewegen, und haben außerdem noch ein paar Millionen Arbeitslose draufgepackt. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Wir haben die Arbeitslosenzahlen heruntergesetzt. ({8}) Wir haben dafür gesorgt, dass mehr Leute in Arbeit sind. All das tut Ihnen weh, weil es Ihnen lieber wäre, wenn Sie für Ihre Politik andere Zahlen hätten. Weil Sie das im Bereich Arbeitsmarkt nicht mehr schaffen, versuchen Sie jetzt beim Thema Sozialneid einen Popanz aufzubauen. So läuft doch bei Ihnen im Moment Haushaltspolitik. Der Wirtschaftsmotor läuft gut, die Sozialsysteme sind gesichert, und der Kernhaushalt des Bundes liegt bei einer schwarzen Null. Um das den Bürgern noch einmal zu verdeutlichen: Wir haben für den Haushalt 2013 Zusatzbelastungen zu erwarten. Das hat zwei Gründe. Der eine Grund ist die vom Kollegen Schneider vorhin vollkommen vergessene Zusatzausgabe in Höhe von 8 Milliarden Euro für den ESM. Der zweite Grund wird deutlich, wenn ich die völlig leere Bundesratsbank betrachte. ({9}) Bei jedem Thema - ich würde vermuten, selbst wenn es um das Zweite Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Podologen ginge - sagt der Bundesrat: Das Gesetz ist okay, aber wir hätten gerne noch einmal 2 Milliarden Euro für dieses oder 3 Milliarden Euro für jenes, ({10}) damit wir diesem Gesetz zustimmen. Wir haben zwar nichts damit zu tun, aber gebt uns mehr Geld. - In diesem Fall sind das 10 Milliarden Euro. Jeder kann nachrechnen: Für die Länder und Kommunen zusätzlich 10 Milliarden Euro und für Europa zusätzlich 8 Milliarden, das ergibt 18 Milliarden Euro, und das entspricht genau der Summe der Neuverschuldung für 2013. ({11}) Das zeigt: In Bezug auf die Ausgaben des Bundes ist es der schwarz-gelben Koalition gelungen, eine schwarze Null zu schreiben. Damit ist es uns gelungen, die verfassungsrechtlichen und auch die europarechtlichen Vorgaben zu erreichen. All das tut Ihnen weh, aber diese Zahlen zeigen: Schwarz-Gelb kann mit dem Geld des Steuerzahlers umgehen. ({12}) Jetzt komme ich zu einem Punkt, der mich wirklich ärgert. Sie sagen immer wieder: ({13}) Die Verschuldung ist zu hoch, und deswegen müssen die Ausgaben gesenkt werden. Kollege Schneider hat das auch gesagt. Ich habe ihm eben die Frage gestellt: Herr Kollege Schneider, sagen Sie mir doch einmal, an welcher Stelle im Haushalt Sie Ausgaben in Milliardenhöhe einsparen wollen? ({14}) Die Antwort des Kollegen Schneider war - gar keine. ({15}) Sie haben mir keinen einzigen Bereich genannt, in dem Sie die Ausgaben senken wollen. Soll ich Ihnen sagen, warum das so ist? Weil Sie es nicht können! Sie können dem Bürger nicht sagen: Wir müssen auf diese oder auf jene Ausgabe verzichten. Oder ist es anders? Liebe Sozialdemokraten und Grüne, darf ich mal fragen: Wollen Sie etwa im Bereich der Investitionen die Ausgaben kürzen? ({16}) Nein. Ich höre nichts. Wollen Sie im Bereich der Sozialpolitik Ausgaben kürzen? Nein. Ich höre nichts. ({17}) Wollen Sie im Bereich der Familienpolitik Ausgaben kürzen? ({18}) - Ja. Also, wir halten fest: Bei der Familienpolitik wollen Sie Ausgaben kürzen. Richtig? Gut. ({19}) Wir wollen bei der Familienpolitik keine Ausgaben kürzen, weil sie neben der Bildung die Basis für die Zukunft unseres Landes ist und wir die Rohstoffe in den Köpfen nutzen wollen. ({20}) Wenn es die Sozialdemokraten wollen, dann können sie bei den Familien gerne kürzen. Wir kürzen bei Familien nicht. ({21}) Als Haushälter sitzt man gemeinsam mit den Kollegen stundenlang in einer Sitzung, hört zu und muss überlegen, ob man in der Finanzdebatte ist - dann werden Sie von uns wahrscheinlich weniger Ausgaben fordern, beweisen aber nicht, dass dies geht - oder in einer Fachdebatte. In einer Fachdebatte habe ich immer das Gefühl, die Schizophrenie in der SPD ist nicht dreigeteilt wie bei den Spitzenkandidaten, sondern nur zweigeteilt, nach dem Motto: Die einen fordern: „Weniger ausgeben!“ und können es nicht beweisen, und die anderen sagen: Mehr ausgeben! In der Gesundheitsdebatte zum Beispiel wurde gesagt: Wir geben viel zu wenig aus. Die 2 Milliarden Euro, die wir als Puffer haben, dürfen wir nicht zurücknehmen. Daraufhin habe ich gefragt: Wo fehlt es denn? Es wurde geantwortet: Da und dort fehlt es. Ich habe weiter gefragt: Wie viel mehr sollte denn ausgegeben werden? Ihre Leute sagen dann: 2 Milliarden Euro mehr ({22}) und beim Verkehr 1 Milliarde Euro mehr. ({23}) Es gibt doch keinen Bereich, wo Sie nicht mehr ausgeben wollen. Diese Art - das muss man den Bürgern immer wieder sagen - ist in allen anderen europäischen Ländern, die sich jetzt in der Krise befinden, der Beginn des Krebses gewesen, den wir alle nicht haben wollen. Wir wollen den Bürgern nicht sagen: Ich sorge dafür: Du kriegst mehr, du kriegst mehr, und du kriegst mehr. Demjenigen, dem man das Geld spätestens mit einer Mehrwertsteuererhöhung wegnehmen will, sagt man es nicht. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. ({24}) Das Schöne ist, dass man inzwischen bei diesem Thema wunderbar sehen kann, wie es wäre, wenn Sozialdemokraten an der Macht wären. ({25}) Gucken Sie nach Frankreich. Ich sage Ihnen: Wir sind sehr froh, dass Herr Hollande uns spätestens im Mai zeigen wird, dass ihm genau dasselbe passieren wird, was Schröder passiert ist. Er wird erkennen, dass all die Wunschträume, wie man die Welt gerne hätte und wie viel Geld man gerne noch ausgeben würde, in den Sand gesetzt werden. ({26}) Das wird für diese Koalition eine wunderbare Vorlage, um zu sagen: Leute, bleibt bei wirtschaftlicher Vernunft und glaubt nicht linken Träumereien. Zu den Grünen: In Baden-Württemberg gab es in den Jahren 2010, 2011 jeweils eine schwarze Null. Was passiert in 2012, 2013 und 2014? Sie machen Schulden in Milliardenhöhe. So ist es nämlich, wenn Grün-Rot die Regierung mit einem grünen Ministerpräsidenten und einem roten Finanzminister übernimmt: ({27}) Dann steigt die Neuverschuldung, und dann steigen die Ausgaben. Das Allerbeste ist: Wer Lust und Interesse hat, dem empfehle ich - in Nordrhein-Westfalen finden derzeit parallel die Haushaltsberatungen statt - die Rede von Frau Kraft. ({28}) - Gute Frau. Ja, das finde ich übrigens auch. Sie ist der Beweis dafür, dass Sie es so machen. - Nordrhein-Westfalen hat, seitdem die Sozialdemokraten die Regierung übernommen haben, bei einem Haushaltsvolumen von 50 Milliarden Euro die Ausgaben um 5 Milliarden Euro erhöht, ({29}) während wir sie bei einem sechsmal so großen Haushalt um 1 Milliarde gesenkt haben. Das ist der Unterschied: Bei Ihnen geht es runter, bei uns geht es wunderbar nach oben mit der Wirtschaft und mit dem Ausgleichen von Haushalten. Daran können wir sehen, wo es entsprechende Parallelitäten geben würde. ({30}) Zum Schluss: Ich finde, diese Woche war eine gute Woche; denn sie hat gezeigt, dass Schwarz-Gelb wirklich die einzige Möglichkeit ist, dieses Land innerhalb Europas auf einer guten Basis zu halten. Dabei hat uns das Verfassungsgericht geholfen. Diese Woche hat ein Zweites gezeigt - das darf ich als großer Freund der Niederlande sagen -: Wenn man für Europa einsteht, aber auch klar sagt, dass es Regeln gibt, an die man sich zu halten hat, dann kann man Wahlen gewinnen und dann kann man sich vor allen Dingen gegen diejenigen durchsetzen, die einfach nur mehr Geld ausgeben wollen. So wird es auch kommen. In einem Jahr - das sage ich Ihnen voraus - werden wir genau sehen, dass uns der Wähler das, was wir jetzt vorbereitet haben, danken wird, weil er weiß, dass wir auf sein Geld aufpassen. Herzlichen Dank. ({31})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Roland Claus für die Fraktion Die Linke. ({0})

Roland Claus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003065, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selten war so viel Beschwörung christlich-liberaler Gemeinsamkeit in einer Haushaltsberatung. Ein Gespenst ging um im Plenarsaal: das Gespenst der Gemeinsamkeit. ({0}) Ich sage Ihnen dazu: Wer so viel demonstrative Beschwörung braucht, wie wir es alle erlebt haben, der hat ein handfestes Problem mit wirklicher Gemeinsamkeit. ({1}) Um es nicht ganz direkt zu sagen: Bei so viel Eigenlob müsste die Klimaanlage im Plenarsaal eigentlich auf Höchststufe arbeiten. Wir sagen Ihnen aber auch: Eine solche Irreführung der Öffentlichkeit lassen wir Ihnen nicht durchgehen. ({2}) Ich will mich mit Ihrem Eigenlob befassen: Eigenlob eins: Wir halten Wort, der Koalitionsvertrag gilt. Was steht im Koalitionsvertrag? In dieser Legislaturperiode werden die Ostrenten endlich angeglichen. Was ist Fakt? Dieses Versprechen wird öffentlich gebrochen. ({3}) Ich sage Ihnen, was das zur Folge hat: Mein Enkel hat im August seine Berufsausbildung begonnen. Mit Beginn dieser Berufsausbildung ist er ein Ostrentenanwärter. Wenn mein Enkel seine Berufszeit beendet - das wird etwa 2060 der Fall sein -, wird er seinen Enkeln erklären müssen, was ein Ostrentner ist und warum er einer ist. Frau Bundeskanzlerin, das ist einfach nur gaga. Eine solche Enttäuschung der Ostdeutschen dürfen Sie sich nicht leisten. ({4}) Eigenlob zwei: Wir sparen. Mein Kollege Dietmar Bartsch hat Ihnen am Dienstag vorgerechnet, dass Sie in dieser Legislaturperiode mehr als 112 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Daneben verschweigen Sie ja auch noch die Schattenhaushalte. ({5}) Sie sagen der Öffentlichkeit nicht, welche Milliardenverluste für die Rettung deutscher Banken bereits angefallen sind und wahrscheinlich noch anfallen werden. Erstaunlicherweise kommt die deutsche Bankenrettung auch in den Medien überhaupt nicht mehr vor. Das müssen wir thematisieren. ({6}) Eigenlob drei: Bundesminister Schäuble sagte am Dienstag wörtlich: „Der soziale Ausgleich … funktioniert …“ Als Beleg fügte er an, dass 10 Prozent der Einkommensbezieher 50 Prozent des Einkommensteueraufkommens tragen. Das ist ebenso richtig wie irreführend, weil ausgeblendet wird, welchen Beitrag die unteren Gehaltsgruppen im Zusammenhang mit dem Mehrwertsteueraufkommen leisten. Das muss doch an dieser Stelle einmal klargestellt werden! ({7}) Mit einer Veröffentlichung zur Sozialstatistik hat das Statistische Bundesamt gestern Ihr Eigenlob natürlich ein bisschen beschädigt. Das Statistische Bundesamt sagt uns: In Deutschland ist die Armut gewachsen ({8}) und hat sich das Armutsrisiko erhöht. - Von den Flächenländern sind hier leider wieder die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen traurige Spitzenreiter. Man muss also sagen: Beides wächst. Ja, der Reichtum ist gewachsen. In der Krise hat sich die Zahl der Millionäre von 720 000 auf 960 000 erhöht. Zugleich wächst aber die Armut in diesem Lande. Deshalb kann man nicht sagen, dass der soziale Ausgleich funktioniert. Was hier leider funktioniert, ist die soziale Spaltung: Die Reichen werden reicher, und die Armen werden zahlreicher. So kann es nicht weitergehen. ({9}) Eigenlob vier: Unser Sozialetat ist riesig; wir leisten erhebliche soziale Wohltaten. Es stimmt, dass der Etat riesig ist. Aber warum ist er denn so groß? Er ist so groß, weil wir für eine verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik, die sehr viele Menschen aus der Gesellschaft ausgrenzt, so viele soziale Nachsorgemaßnahmen und Reparaturen durchführen müssen, dass solche riesigen Summen notwendig sind. Sie nehmen diesen Menschen dabei auch die Würde und treten Art. 1 unseres Grundgesetzes mit Füßen. Eigenlob fünf: Wir tun etwas für die deutsche Einheit und für den Osten. Fakt ist: Die Schere geht nicht zusammen, sondern seit Jahren wieder auseinander. Bei der Steigerung des Bruttoinlandsprodukts blieb der Osten im Jahre 2011 mit 2,5 Prozent deutlich hinter dem Westen mit 3,1 Prozent zurück. Im Stern wird für den Osten ab und zu schon mal der Begriff „verbrannte Erde“ verwendet. Der Anteil des Niedriglohnsektors ist im Osten doppelt so groß wie im Bundesdurchschnitt. Auch das ist nicht hinzunehmen und kann bei Ihnen nicht auch noch unter der Rubrik Eigenlob abgebucht werden. ({10}) Eigenlob sechs: Wir sind für Frieden und Abrüstung. Was ist die Wahrheit? Das Volumen der deutschen Rüstungsexporte wächst. Wir sind, wie ich es inzwischen vom Bundesverteidigungsminister schriftlich bekommen habe, noch immer im Beistandsfall, also, wenn man es deutlich sagt, im Krieg. Nichts von dem, was Sie zur Begründung der deutschen Beteiligung am AfghanistanKrieg früher hier angeführt haben, ist eingetreten. Ich erinnere mich noch gut an das, was ich mir von Ihnen alles anhören musste, als ich vor elf Jahren für meine Fraktion hier im Bundestag die Formel vorgetragen habe: Krieg ist die falsche Antwort auf den Terror. Deshalb gilt auch hier: Es ist nicht wahr, was Sie der Öffentlichkeit versprechen. Eigenlob 7 bis 100 und die notwendige Kritik daran reiche ich Ihnen im Haushaltsausschuss nach. Wir sehen den Beratungen mit Interesse entgegen. ({11})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Die Kollegin Katja Dörner hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Katja Dörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004030, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir konnten in dieser Woche und auch heute wieder erleben, dass die Regierungsfraktionen sich vor Begeisterung über sich selbst gar nicht mehr einkriegen konnten. Aber es ist ja bekanntlich so: Wer sich selbst so loben muss, der hat es offensichtlich nötig, weil es sonst niemand tut. Da steckt nicht besonders viel dahinter. ({0}) Ich werde jetzt einmal ein paar Fakten auf den Tisch legen. ({1}) Es ist ja richtig: Die Neuverschuldung wurde gesenkt, sie wurde sogar deutlich gesenkt. Aber das ist nun wahrhaftig keine eigene Leistung. Das wird deutlich, wenn man sieht, dass allein durch konjunkturelle Effekte 16,5 Milliarden Euro zusätzlich in den Haushalt gespült werden. Dann sieht der Haushaltsentwurf auch noch flott Kürzungen beim Gesundheitsfonds, bei der BA und beim Bundeszuschuss zur Rentenversicherung im Umfang von 5 Milliarden Euro vor. Trotzdem kommen wir auf eine Konsolidierungslücke von mehr als 3 Milliarden Euro. Ich frage mich: Was würden unsere griechischen Freundinnen und Freunde in ihrer derzeitigen Situation zu einer solchen Haushaltsführung sagen? ({2}) Apropos Griechenland, ich habe in dieser Woche in keiner Rede der Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktionen einen einzigen Hinweis darauf gehört, wie massiv wir aktuell in unserem Haushalt von den historisch niedrigen Zinsen profitieren. ({3}) Selbstverständlich sind diese niedrigen Zinsen, die wir für unsere Kredite zahlen, die Kehrseite der Medaille der massiven Zinsbelastungen in anderen Ländern der Europäischen Union. ({4}) Mit dem Finger auf andere wie beispielsweise Griechenland zu zeigen und dabei den ganz harten Hund zu spielen, ist immer einfach. Wir haben aber schon in dieser Woche nachgewiesen, dass Schwarz-Gelb selbst bei der Haushaltskonsolidierung nichts auf die Kette bekommt. ({5}) Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wer für eine derart unsinnige und tatsächlich schädliche Leistung wie das Betreuungsgeld ernsthaft zunächst 300 Millionen Euro und ab 2014 schon 1,4 Milliarden Euro in den Haushalt einstellt, der muss mit uns über Konsolidierung überhaupt nicht mehr sprechen. ({6}) Mir ist am Mittwoch und auch gestern in der Debatte zum Etat des Familienministeriums durchaus aufgefallen, dass sich die FDP für das Betreuungsgeld nicht so recht begeistern kann. In der gestrigen Debatte zum Etat des Familienministeriums haben drei Kolleginnen und Kollegen von der FDP gesprochen. Dabei ist kein einziges Wort zum Betreuungsgeld gefallen. Ich muss sagen: Dieses Wegducken werden wir der FDP in dieser Frage nicht durchgehen lassen. ({7}) Andererseits - das möchte ich auch sagen - haben sich einzelne FDP-Haushaltspolitiker schon ziemlich weit aus dem Fenster gehängt. Sie haben angekündigt, in den Haushaltsberatungen das Betreuungsgeld zu kippen, und das trotz des Kanzlerinnenmachtworts. Hierzu muss ich sagen: Wenn es um die Verhinderung des Betreuungsgeldes geht, dann würden sogar wir eine Lieferung der FDP dankbar entgegennehmen, ({8}) aber wahrscheinlich bleiben auch diese Ankündigungen nur heiße Luft. Ein schönes, aber auch ärgerliches Beispiel für „als Tiger gesprungen, aber als Bettvorleger gelandet“, wenn es um die Haushaltskonsolidierung geht, findet man bei einem Blick in den Verteidigungsetat. Was wurde nicht alles von Herrn Guttenberg im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform angekündigt? 8,2 Milliarden Euro wollte Guttenberg einsparen. Davon spricht heute aufseiten der Regierungskoalition kein Mensch mehr. Stattdessen steigt der Verteidigungsetat nächstes Jahr erneut um 1,4 Milliarden Euro. Das ist aus unserer Sicht völlig inakzeptabel. ({9}) Was im Verteidigungshaushalt nicht gelingt, das hat bei den Ärmsten in unserem Land geklappt und klappt leider weiterhin. Was ist denn von dem sogenannten Sparpaket übrig geblieben? Übrig geblieben ist die Anrechnung des Sockelbetrags beim Elterngeld auf die ALG-II-Leistungen. Hier geht es um 400 Millionen Euro. Dieses Geld fehlt gerade den frischgebackenen Eltern, die das Geld am Nötigsten hätten. Geblieben ist auch die Abschaffung der Rentenzahlungen für Langzeitarbeitslose. Nur das Sparen bei den Ärmsten ist geblieben, bei denen, die sich selbst am wenigsten helfen können. Das ist Sprengstoff für unsere Gesellschaft. ({10}) Für das kommende Jahr planen Sie den Griff in die Kasse der Bundesagentur für Arbeit. Auch das verschärft die soziale Ungerechtigkeit in unserem Land. Denn wenn bei der Qualifizierung und bei der Wiedereingliederung gespart wird, werden Menschen Lebenschancen entzogen. In der Pflege kommt der sonderbare Pflege-Bahr, der letztendlich nicht mehr ist als ein Subventionsprogramm für die privaten Pflegeversicherungen. Ich finde, man sollte einmal ganz genau hinschauen, welche Unternehmensbeteiligungen von Parteien dabei gegebenenfalls eine Rolle spielen könnten. ({11}) Es ist doch absehbar, wer sich eine solche Zusatzversicherung wird leisten können. Das Ganze ist nicht nachhaltig und wird uns sehr bald ganz übel auf die Füße fallen. ({12}) Die Bundesregierung tut nichts, um die soziale Schere in Deutschland zu schließen. Sie tut sogar einiges, um diese weiter auseinanderdriften zu lassen. Hierzu gehört, dass es immer noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Hierzu gehört die regelrecht skandalöse Weigerung der Bundesregierung, die ALG-II-Regelsätze endlich auf ein verfassungskonformes Niveau anzuheben. ({13}) Wir werden in den Haushaltsberatungen zeigen, dass Konsolidierung des Haushalts und mehr soziale Gerechtigkeit, Konsolidierung und mehr Klimaschutz sowie Konsolidierung und bessere Bildung möglich sind. Ich freue mich auf die Beratungen im Haushaltsausschuss. Vielen Dank. ({14})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter. ({0})

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bewegen uns auf den Schlusspunkt der ersten Lesung dieses Bundeshaushalts zu. Es ist an der Zeit, deutlich zu machen, welche Alternativen es in der Haushaltspolitik gibt. ({0}) Auf der einen Seite - das ist nicht nur bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs, sondern auch in den Beiträgen der Fachminister deutlich geworden - steht die wachstumsfreundliche Konsolidierung durch die christParl. Staatssekretär Steffen Kampeter lich-liberale Koalition: Verlässlichkeit, Einhalten von Zusagen, kein Aktionismus, eine Politik von Maß und Mitte, die auch auf den inneren sozialen Zusammenhalt in diesem Land setzt. ({1}) Auf der anderen Seite steht die Finanzpolitik der Opposition, die aus zwei Obersätzen besteht: Im ersten Satz wird gesagt, dass zu viele Schulden gemacht werden, und im nächsten Satz werden neue Ausgaben in Milliardenhöhe gefordert. Die einzige Finanzierungsoption ist zusätzliches Abkassieren bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das ist der Kern Ihrer Finanzpolitik. Es gibt klare Alternativen: Maß und Mitte auf unserer Seite und mangelnde Solidität und Abkassiererei aufseiten der Opposition. ({2}) Wir haben uns in der Haushaltspolitik dieser Legislaturperiode bemüht, nur solche Zusagen zu machen, die wir auch sicher einhalten konnten. Wir haben Jahr für Jahr die Planungen so optimiert, dass wir die Nettokreditaufnahme und auch die Ausgaben senken konnten. Das war eine Gemeinschaftsleistung dieser Koalition und dieses Kabinetts. Das fällt einem nicht in den Schoß. Ich möchte das mithilfe eines Schaubilds deutlich machen. Ich habe einmal die Entwicklung der Kreditaufnahme seit 2010 aufgezeigt: Wo sind wir gestartet, und wo werden wir verlässlich landen? Ich muss mein Schaubild aufklappen; ({3}) es ist sehr groß, weil der Startpunkt bei 86,1 Milliarden Euro liegt. Das waren die Befürchtungen des Herrn Steinbrück. ({4}) Hier sehen Sie die Erfolge des Herrn Schäuble. So unterscheiden sich die Zahlen. Das ist das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit und einer erfolgreichen Finanzpolitik. ({5}) Wir haben immer wieder gehört, wir würden von der konjunkturellen Entwicklung profitieren. Es ist richtig: Die konjunkturelle Entwicklung ist eine Leistung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die durch Fleiß, Innovationsbereitschaft und die Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten die Ärmel hochzukrempeln, entstanden ist. Diese Bundesregierung tut alles, was notwendig ist, damit auch der Rahmen stimmt, damit die Konjunktur brummt. ({6}) Wenn Sie andere Länder Europas betrachten, sehen Sie unterschiedliche konjunkturelle Entwicklungen. Neben dem Fleiß und der Einsatzbereitschaft der Menschen ist eine Bundesregierung wichtig, die diesem Fleiß und dieser Einsatzbereitschaft auch den Freiraum lässt, sich zu entwickeln. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Kampeter, erstens fühlt sich das Präsidium benachteiligt, da Sie ihm das Ergebnis Ihrer Arbeit nicht gezeigt haben. Wir konnten also nicht prüfen, ob das eine erlaubte Einbringung von Materialien ist. Zweitens möchte der Kollege Schneider eine Frage stellen oder eine Bemerkung machen. Gestatten Sie das?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Nein, in diesem Fall nicht. Ich werde mich jetzt allerdings dem Kollegen Schneider widmen. ({0}) Ich glaube, der Kollege Schneider spielt im Rahmen seiner Argumentation im Zusammenhang mit der SPDFinanzpolitik ein ziemlich scheinheiliges Spiel; ({1}) das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden. Wenn Sie die Rede von Frau Hagedorn und die Rede von Herrn Schneider einmal nebeneinanderlegen, dann sehen Sie: Herr Scheider klagt über zu viele Schulden, und Frau Hagedorn fordert, die Ausgaben in den Sozialsystemen weiter hoch zu halten. Man muss sich aber für eines entscheiden. ({2}) Entweder glaubt man Herrn Schneider, der von zu hohen Schulden spricht, oder man glaubt Frau Hagedorn, die von zu wenig Ausgaben in vielen Bereichen spricht. Wer aber beides sagt, der handelt scheinheilig, der ist nicht verlässlich und dem kann man in der Finanzpolitik nicht trauen. ({3}) Ich möchte mich jetzt dem Argument von Herrn Poß zuwenden, der gesagt hat - ich glaube, es war am Dienstag -, wir seien von sozialer Ignoranz geprägt. ({4}) Das waren Ihre Worte, Herr Kollege Poß. Sie haben weiterhin ausgeführt, wir würden bei den Schwachen in dieser Gesellschaft kürzen. ({5}) Aber dafür haben Sie überhaupt keine Belege, ({6}) weder im aktuellen Haushalt noch in der erfolgreichen Bilanz der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Herr Kollege Poß, Sie stehen an der Spitze derjenigen, die im Bundesrat verhindern, dass wir für mehr soziale Gerechtigkeit bei den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen sorgen können, nämlich durch die Abschaffung der kalten Progression. ({7}) Wer hier das Lied der sozialen Ungerechtigkeit singt, den Menschen keine Lohnerhöhungen gönnt und im Bundesrat gegen die Abschaffung der kalten Progression stimmt, der handelt scheinheilig. Das ist das Markenzeichen der Finanzpolitik der Sozialdemokratie. ({8}) Ich möchte mich nun ein Stück weit dem Argument nähern - ich glaube, auch die Kollegin Hagedorn hat es vorgetragen -, wir würden eine Konsolidierung zulasten der sozialen Sicherungssysteme betreiben. ({9}) Zuerst einmal möchte ich sagen: Wir geben einen erheblichen Anteil aus dem Bundeshaushalt, aus Steuergeldern in die sozialen Sicherungssysteme. ({10}) Das ist der Bärenanteil. Lassen Sie uns einmal die drei Bereiche anschauen. Worum geht es, und was machen wir mit diesem Geld? Erstens. Wir haben - ich habe mich gerade bei Daniel Bahr rückversichert - zum ersten Mal riesige Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung. Vor diesem Hintergrund ist es doch wohl vernünftig und geboten, dass wir - die Sozialdemokraten sagen, wir haben zu hohe Schulden - überprüfen, ob der Zuschuss, den wir aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung stellen und den wir nötigenfalls auch mit Schulden finanzieren, leicht zurückgeführt werden kann. Denn es macht wenig Sinn, viele Schulden im Bundeshaushalt und viele Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung zu haben. Fragen Sie einmal Ulla Schmidt und auch Frau Fischer von den Grünen. Die hätten die Probleme, die Daniel Bahr gerade hat, in ihrer Amtszeit gerne gehabt. Überschüsse in den Sozialkassen ermöglichen es, ({11}) den steuerfinanzierten Zuschuss leicht und moderat abzusenken. So bleiben Überschüsse und Stabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung. ({12}) Zweitens. Was die Arbeitslosenversicherung angeht, zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Große Koalition hat im Jahr 2007 beschlossen: Wir geben Steuergelder in die Arbeitslosenversicherung, damit der Arbeitslosenversicherungsbeitrag sinken kann. Wir waren der festen Überzeugung: Das ist ein Beitrag für mehr Wachstum und Beschäftigung, weil der Abgabenhebel gerade bei den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen brutal zugeschlagen hat. Diese Politik war erfolgreich. Der Wirtschaftsminister und die Arbeitsministerin können mit Stolz darauf hinweisen, dass wir, was die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland betrifft, einen Nachkriegsrekord aufgestellt haben. ({13}) In dieser Situation ist es nicht mehr geboten, einer ausgeglichenen, wahrscheinlich sogar über Überschüsse verfügenden Arbeitslosenversicherung weiterhin einen Steuerzuschuss zu gewähren. Wenn Herr Schneider kritisiert, das Defizit sei zu hoch, müsste er doch eigentlich der Erste sein, der fordert, dass es keine Steuerzuschüsse zur Arbeitslosenversicherung mehr geben darf, weil sie diese nicht braucht und das Beitragsniveau ohnehin ausgesprochen niedrig ist. Das ist solide Finanzpolitik, und das ist geboten und vernünftig. ({14}) Das gilt im Übrigen auch im Hinblick auf die Rentenversicherung. Ich habe das Plädoyer der Kollegin Hagedorn für die Absenkung des Rentenversicherungsbeitragssatzes gehört. Wir wollen, dass mehr netto vom Brutto bleibt, insbesondere deshalb, weil wir wissen, dass für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen die Höhe der Sozialabgaben eine viel größere Bedeutung hat als die steuerliche Belastung. ({15}) Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir dafür in Bundestag und Bundesrat politische Mehrheiten brauchen. Ich würde mich freuen, wenn diejenigen, die sich hier für Beitragssatzsenkungen einsetzen, dies auch bei ihren Parteifreundinnen und Parteifreunden im Bundesrat verkünden würden. Wir arbeiten daran genauso hart. Wir wollen diese Beitragssatzsenkung. ({16}) Mit dieser Beitragssatzsenkung wäre übrigens eine leichte, moderate Absenkung der Höhe des Bundeszuschusses verbunden. ({17}) Die Rentenversicherung verfügt aufgrund der erfreulichen konjunkturellen Entwicklung in Deutschland über den höchsten Überschuss in ihrer Geschichte. Die Rücklage ist solide. Wer angesichts dessen behauptet, wir konsolidierten zulasten der Stabilität der sozialen Sicherungssysteme, stellt unter Beweis, dass er weder kompetent noch verantwortungsvoll, noch ein verlässlicher Partner ist, weder in der Wirtschafts- und Sozialpolitik noch in der Finanzpolitik. ({18}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch auf zwei Punkte hinweisen. ({19}) Herr Kollege Schneider, Sie haben mehr über die Geldpolitik als über die Fiskalpolitik geredet. Dass die deutsche Sozialdemokratie die Zuständigkeit für die Geldpolitik hat, ist mir nicht bekannt. Wir haben mit diesem Haushalt deutlich gemacht, dass wir auf nationaler Ebene unsere fiskalpolitischen Hausaufgaben erledigen. ({20}) Wir haben mit den Entscheidungen auf europäischer Ebene deutlich gemacht - Fiskalpakt und ESM wurden ja in dieser Woche bestätigt -, dass wir dafür Sorge tragen werden, dass auch europaweit die Hausaufgaben im Bereich der Fiskalpolitik erledigt werden. Das ist die Aufgabe der Politik. Sie sollten keine Schattengefechte mit der EZB führen. Sie sollten endlich konstruktive, vernünftige Beiträge leisten, beispielsweise im Hinblick auf ein Steuerabkommen mit der Schweiz, ({21}) damit wir bei der Konsolidierung weiter voranschreiten können, anstatt Scheingefechte mit Herrn Draghi - er ist sowieso eine Nummer zu groß für Sie - zu führen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition. ({22}) Wachstumsfreundliche Konsolidierung bedeutet im Übrigen auch, Ordnungspolitik zu betreiben. ({23}) Vor diesem Hintergrund will ich ganz zum Schluss auf einen Aspekt hinweisen, der in dieser Woche etwas untergegangen ist, nämlich auf den Sachverhalt, dass sich der Staat aus seinen Beteiligungen an Unternehmen zurückzieht. Diese christlich-liberale Koalition hat 5 Prozent der Beteiligungen, die indirekt über die Telekom und die KfW gehalten wurden, zurückgeführt. Wir glauben nämlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land auch wirtschaftliche Freiheit genießen sollten. Wir wissen, dass dies eine der Kernkompetenzen der sozialen Marktwirtschaft ist. Wirtschaftliche Freiheit und sozialer, innerer Zusammenhalt in diesem Land sind der Markenkern christlich-liberaler sozialer Marktwirtschaftspolitik. ({24}) Dies unterstützen wir mit diesem Haushaltsentwurf. ({25}) Er führt uns einen Schritt weiter auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Bundeshaushalt. Alle, die daran interessiert sind, sollten - auch im Interesse der nachfolgenden Generationen -, anstatt herumzumäkeln und zu sagen: „Alles ist Mist“, diese kraftvolle Gemeinschaftsleistung der christlich-liberalen Koalition zumindest ein Stück weit anerkennen. Herzlichen Dank. ({26})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Der Kollege Johannes Kahrs hat nun für die SPDFraktion das Wort. ({0})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schätze den Kollege Kampeter sehr, aber das war eher eine Fünf minus. ({0}) Herumdröhnen alleine ersetzt keine Inhalte. Wir haben in den letzten Reden viel eitles Geschwätz und Gespreize, Herr Fricke, und viel Gedröhne gehört. Wir haben viel gehört, was man eigentlich überhaupt nicht vertreten kann. Herr Michelbach sprach hier von „unseren Erfolgen“ und „unseren Verdiensten“. ({1}) Wenn man sich das einmal ansieht und auf die Sachebene entschwindet, dann wird man folgende Fragen stellen müssen: Welche Bundesregierung hat die größte Steuerreform in der Geschichte dieser Republik erreicht? Das war Rot-Grün! ({2}) Welche Bundesregierung hat die großen Reformen in diesem Land nach vorne getrieben, ob es nun die Agenda 2010, Hartz IV oder die Rente mit 67 war? Immer waren es die Sozialdemokraten. ({3}) Diese Bundesregierung hat nichts, aber auch gar nichts dazu geleistet, schon gar nicht die FDP. ({4}) Wenn man sich ansieht, wer dieses Land reformiert hat und die Reformen nach vorne getrieben hat, wer dieses Land nach vorne gebracht hat, dann stellt man fest: Das waren die Sozialdemokraten, das war Gerhard Schröder, das war die Bundesregierung unter Rot-Grün. Das, was Sie hier feiern, was Herr Michelbach, Herr Fricke und Herr Kampeter hier zu einem Verdienst der Bundesregierung erklärt haben, sind die Früchte dieser Reformen. Die Reformen brauchen, bis sie wirken. Dann hat man die Ergebnisse. Diese können Sie jetzt sehen. Sie spiegeln sich bei den Einnahmen wider. Das ist klares Verdienst guter sozialdemokratischer Politik. Das haben Sie nicht hinbekommen. Wenn man sich anschaut, was in den letzten drei Jahren passiert ist, dann kann man nur feststellen: Gar nichts! ({5}) Sie haben selbst die Gesetze, die Sie beschlossen haben, zurückgenommen. Die Luftverkehrsteuer, die Sie eingeführt haben, hat der zuständige Ressortminister, der jetzt wieder da ist, für überflüssig erklärt, man brauche sie nicht, sie könne weg. Da sind wir gerne dabei. Ich glaube aber nicht, dass er sich durchsetzt. Das ist halt so.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Kahrs, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung vom Kollegen Kalb?

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Bartholomäus Kalb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001055, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass jemand aus Ihren Reihen, der Herr Bartol, vor kurzem die Erhöhung der Luftverkehrsteuer gefordert hat? Wie bringen Sie das mit Ihrer Auffassung zusammen? ({0})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

In der Sache ist es so, dass wir dem Vorschlag der Bundesregierung, Ihres Bundesministers und Ihrer Kollegen gefolgt sind, die gesagt haben: Man muss die Luftverkehrsteuer abschaffen. Ich glaube, wir haben gesehen, was die Luftverkehrsteuer in den letzten drei Jahren angerichtet hat. Wir sind bereit, uns mit Ihnen hinzusetzen und zu sehen, wie man das vernünftig hinbekommen kann. Der Kollege Bartol hat - Sie müssen genau zuhören - gesagt: Wir setzen uns mit Ihnen hin und schauen, wie wir aus dem Murks, den Sie da angerichtet haben, etwas Vernünftiges machen können. Sozialdemokraten sind in dieser Republik immer dann gefragt, wenn die Schwarzen den Wagen gegen die Wand gefahren haben. ({0}) Es ist nun einmal so, dass wir die großen Reformen in dieser Republik durchgeführt haben. Die jetzige Situation in dieser Republik - der Wirtschaft geht es gut, die Haushaltseinnahmen fließen - ist Ergebnis sozialdemokratischer Reformpolitik. All das, wovon Sie hier immer wieder laut reden, hat die SPD umgesetzt. Sie schaffen keine einzige große Reform. Sie bekommen es nicht hin. Das war auch aus all Ihren Reden herauszuhören: Sie haben keinen einzigen eigenen Erfolg vorweisen können. Sie haben hier immer nur gesagt: Die jetzigen Ergebnisse, das Geld, das zurzeit auf dem Konto eingeht, finden wir gut. - Das ist toll. Aber das hat einen Grund. Die Grundlagen wurden geschaffen, als Gerhard Schröder dieses Land regiert hat. Das war richtig, wichtig und gut. Ich finde, das können Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. ({1}) Was haben wir bisher hier erlebt? Diese Bundesregierung unter Frau Merkel hat jede Form von politischem Handeln verweigert. In der gesamten Euro-Krise stiehlt sie sich aus der Verantwortung, duldet, dass die Krise seit drei Jahren weiter wütet. Es werden stets nur Trippelschritte unternommen und kleine Rettungsschirme aufgespannt. Es wird nichts reguliert. Wir haben gemerkt: Weder bei den Banken noch bei den Finanzmärkten haben Sie sich zu einer akzeptablen Maßnahme aufraffen können. Im Ergebnis ist Ihre Politik gescheitert. Das, was jetzt passiert, dass die Europäische Zentralbank die Gelddruckmaschine anwerfen muss, um Ihre Politik zu retten und das zu retten, was Sie gegen die Wand gefahren haben, erfüllt die Menschen in diesem Land mit tiefer Angst. Hören Sie sich doch einmal um: Die Menschen haben Angst vor Inflation. Sie haben Angst davor, dass ihre Einkommen, ihr Erspartes, ihre Rente nichts mehr wert sind. Dazu wird das, was Sie zurzeit machen - Sie verstecken sich hinter der Unabhängigkeit der EZB, obwohl Sie vorher klar gesagt haben, dass Sie es begrüßen und unterstützen, wie Herr Schäuble vorgegangen ist -, aber führen. Wenn Sie das jetzt noch mit der Politik von Frau von der Leyen verbinden, die alle Rentner und auch diejenigen ab 45 aufwärts, die schon ihre Rente planen, in Angst und Schrecken versetzt, und keine Lösung liefern - erst streitet man sich laut und dann einigt man sich darauf, dass das SPD-Programm gar nicht so schlecht ist -, ({2}) dann führt das in der Kombination dazu, dass die Menschen auf der einen Seite Angst vor Inflation und auf der anderen Seite Angst vor Armut im Alter haben. Sie bieten keine Lösung an. ({3}) Das kann in diesem Land nicht funktionieren. Die Menschen brauchen ein anständiges Einkommen. Sie brauchen eine anständige Rente, und sie brauchen eine anständige Regierung. Letztere muss Ersteres umsetzen. Diese Regierung kriegt es nicht hin. Was Herr Michelbach gesagt hat, war der Abgrund der gesamten Veranstaltung. Er hat sich dafür eingesetzt, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz umgesetzt wird. Ehrlich gesagt, Herr Michelbach: So etwas Peinliches habe ich schon lange nicht mehr gehört. Dass gerade Sie so etwas sagen, finde ich unsäglich. Wenn Sie Steuerbetrüger privilegieren ({4}) und Menschen beschützen, die kriminell sind, weil sie Steuern hinterziehen, und das als christlich-liberale Regierung, dann ist das unsäglich. ({5}) Dieses Steuerabkommen gehört abgelehnt und versenkt. Dieses Steuerabkommen ist falsch. Es ist menschlich und moralisch unanständig. Das sollten Sie lernen. ({6}) Das geht nämlich nicht. Dafür haben die Menschen in diesem Land ein gutes und klares Gefühl. ({7})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Herr Kollege Kahrs.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn Sie sich entschuldigen wollen, Herr Michelbach, dann können Sie das jetzt gerne tun. ({0})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Sie gestatten also eine Zwischenfrage oder Bemerkung des Kollegen Michelbach. - Bitte.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kahrs, können Sie sich vorstellen, dass Sie hier falsch Zeugnis sprechen?

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein!

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe deutlich gemacht, dass die Steuerzahler, die Vermögen in der Schweiz haben, sich auch letzten Endes einer Besteuerung unterziehen müssen und dass damit für den deutschen Fiskus Einnahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro verbunden sind, die ansonsten, wenn man eine Blockade betreibt wie Sie, nicht dem deutschen Fiskus zur Verfügung stehen. Damit käme es zu einer Art politischer Untreue, weil Sie 10 Milliarden Euro Einnahmen von Leuten, die Vermögen in der Schweiz haben - illegal oder legal, wie auch immer -, verhindern. ({0}) Das ist die Situation. Deswegen verhindern Sie letzten Endes auch diese Einnahmen für das Gemeinwohl. Deswegen haben Sie falsch Zeugnis gesprochen.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Michelbach, ob legal oder illegal, ist durchaus ein Unterschied. Das scheint Ihnen egal zu sein. Ich finde aber, wenn Menschen ihr Vermögen in die Schweiz bringen, macht es einen Unterschied, ob sie dies legal oder illegal tun. Bei illegalem Handeln hätte ich ein Problem. Im Übrigen sind Ihre 10 Milliarden Euro ein gegriffener Wert. Es gibt kaum jemanden, der auf 10 Milliarden Euro käme, wenn man das alles addiert. Es ist aber so: Sie privilegieren die Steuerhinterzieher bzw. die Kriminellen, die das Geld in die Schweiz gebracht haben, indem Sie sie steuerlich gegenüber denjenigen bevorzugen, die in Deutschland ehrlich und anständig ihre Steuern zahlen. ({0}) Das ist doch der Punkt. Auf das hinterzogene Geld müssen sie keine Steuern zahlen, sondern auf die Erträge. Sie sind doch derjenige, der falsch Zeugnis redet. Deswegen, Herr Michelbach, sollten Sie sich erstens schämen und zweitens fragen, ob Sie in einer christlichen Partei den Menschen so etwas verkaufen wollen und können. ({1}) Als CDU, CSU und FDP Steuerhinterziehung zu privilegieren, ist peinlich. Das ist in diesem Land nicht akzeptabel. Das haben wir Ihnen mehr als einmal gesagt. Die Bundesländer werden verhindern, was Sie anrichten. Das hat mit Anstand nichts zu tun. Jetzt sollten Sie sich setzen. ({2}) - Mit parlamentarischem Stil, Herr Fricke, ({3}) hat es nichts zu tun, wenn Sie Steuerkriminelle privilegieren, schützen und vor dem deutschen Fiskus retten. Diese Bundesregierung, wie sie hier sitzt, hat 2010 das Land Nordrhein-Westfalen, in dem die CDU mit der FDP regiert hat, schriftlich aufgefordert, Steuer-CDs zu kaufen. Jetzt frage ich mich -

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Kahrs, indem der Kollege Michelbach noch steht Johannes Kahrs ({0}): Das ist doch gut so!

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

- so einfach ist das nicht - und sich zu Wort meldet, signalisiert er mir, dass er eine weitere Frage hat oder eine weitere Bemerkung machen will. Deshalb muss ich jetzt wissen, ob Sie diese zugestehen wollen. Wenn ja, dann treten Sie beide wieder in den Austausch. Vizepräsidentin Petra Pau ({0}) Wenn nein, hat der Kollege Michelbach - das sei mir als kleiner Hinweis gestattet - noch andere Möglichkeiten, zu intervenieren. Ich wüsste jetzt gerne, wie es hier weitergehen soll.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin da sehr entspannt. ({0}) Wir können das über Kurzintervention oder auch jetzt machen. Ich freue mich immer.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich mache darauf aufmerksam, dass keine Dialoge vorgesehen sind, sondern nur Bemerkungen und Fragen. Dann können Sie noch einmal antworten, und danach sollten wir in der Debatte fortfahren.

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Je mehr meine Redezeit bei diesem Thema verlängert wird, desto besser.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kahrs, können wir uns zunächst einmal darauf verständigen, dass die Wortmeldungen in diesem Hohen Hause von der Frau Präsidentin vergeben werden und nicht von Ihnen? Ich halte es für unkollegial und anmaßend, wie Sie mit Ihren Kollegen umgehen. ({0}) Das hat nichts mit parlamentarischen Gepflogenheiten zu tun. Ich gehöre diesem Hause schon lange an, und ich kann mich nicht entsinnen, dass ich so etwas schon einmal erlebt hätte. Ich frage Sie noch einmal: Bestätigen Sie, dass durch Ihre Blockadehaltung beim Steuerabkommen mit der Schweiz auch illegales Schwarzgeld keiner Besteuerung unterzogen wird, während durch unser Abkommen diese illegalen Schwarzgelder erstmals zugunsten des deutschen Fiskus besteuert würden und somit für das Gemeinwohl zur Verfügung stünden? ({1})

Johannes Kahrs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003157, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Michelbach, ich habe es schon gesagt, aber ich wiederhole es gerne für Sie: Zum einen ist es so, dass Sie denjenigen, die hier in Deutschland Steuern hinterzogen haben, die dieses Geld am Finanzamt vorbei in die Schweiz gebracht haben, ({0}) um keine Steuern zahlen zu müssen, die damit alle Steuerzahler in diesem Land und den Sozialstaat schädigen, einen verbesserten Steuersatz genehmigen und sie damit privilegieren. ({1}) Zum anderen schützen Sie sie, indem Sie ihnen dadurch Anonymität garantieren, ({2}) dass die Namen nicht bekannt gemacht werden. Das heißt, Verbrechen lohnt sich unter Ihrer Regierung. Das kann doch nicht FDP-CDU/CSU-Politik in diesem Lande sein. ({3}) - Ganz ehrlich, Herr Fricke? Sie haben sich eben hier hingespreizt, eitel und gestelzt. Die Sache ist: Wenn man in diesem Land Menschen dazu bringen will, gerne und ehrlich ihre Steuern zu zahlen, dann darf man nicht diejenigen privilegieren und schützen, ({4}) die Steuern hinterziehen. Aber genau das tun Sie. ({5}) Die SPD-geführten Länder verweigern sich im Bundesrat überhaupt nicht, Herr Michelbach, dieses Abkommen so zu überarbeiten, dass es gerecht und anständig wird und demjenigen, der in diesem Land ehrlich arbeitet, garantiert, dass er nicht schlechter behandelt wird als diejenigen, die betrügen, sich in die Schweiz begeben und Steuern hinterziehen. Da machen wir mit. Wir sind gerne dabei, wenn es darum geht, ein vernünftiges Abkommen zu machen. Aber die Art, wie diese Regierung hier handelt, ist nicht in Ordnung und weder christlich noch sozial, noch liberal. Vielen Dank und schönen Tag noch. ({6})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Norbert Barthle für die Unionsfraktion. ({0})

Norbert Barthle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Rede, lieber, geschätzter Kollege Johannes Kahrs, bin ich froh, dass in Deutschland noch nicht die Sozialdemokraten die Deutungshoheit darüber haben, was anständig und was unanständig ist und wer sich für was zu schämen hat. ({0}) Darüber bin ich wirklich froh. Lassen Sie uns am Ende dieser Haushaltswoche vielleicht mit einer gewissen Ruhe und Gelassenheit einen Blick auf die Haushaltsberatungen werfen, mit etwas Distanz und auch unter der Perspektive, wie das Ganze wohl in der Öffentlichkeit ankommt. Ich erlaube mir in aller Ruhe und Gelassenheit einen dezenten Hinweis an die Opposition. Auch wenn man in der Opposition ist, muss man darum kämpfen, seine Glaubwürdigkeit zu behalten. Deshalb würde ich Ihnen empfehlen, darüber nachzudenken, ob es nicht klug wäre, die derzeitige Haushaltssituation einfach anzuerkennen und zu sagen: Da wurde gut gewirtschaftet. Dem steht nicht entgegen, dass man sich in der Fachpolitik auseinandersetzen kann. Sie lassen auch hier die Gelegenheit aus, sich in der Öffentlichkeit Anerkennung zu verschaffen, indem Sie gute Leistungen honorieren. ({1}) Niemand bestreitet, dass man durchaus unterschiedliche Wege gehen kann. Lassen Sie uns doch einmal einen Blick auf die Situation werfen. Sie werfen uns vor, bei uns würde nicht gespart, es würde zu viel Geld ausgegeben und es würden zu hohe Schulden gemacht. ({2}) In dieser Legislaturperiode haben wir für eine Entlastung in Höhe von 38 Milliarden Euro gesorgt, das wird häufig vergessen. ({3}) Der Kollege Carsten Schneider redet immer wieder von 18 Milliarden Euro neuen Schulden, das seien sogar noch mehr als im Jahr 2011; denn da seien es nur 17 Milliarden Euro gewesen. ({4}) Mein Gott! Der Herr Scharping hat einmal brutto und netto verwechselt, wahrscheinlich weil er nicht auseinanderhalten konnte, was das eine und was das andere bedeutet. Der Kollege Carsten Schneider weiß jedoch, was Soll und was Haben ist. ({5}) Denken wir einmal einen kurzen Augenblick darüber nach und nehmen diese Argumentation auf. Herr Schneider wirft uns vor, wir würden jetzt mehr Schulden machen als 2011. Das bedeutet, wir hätten 2011 mehr Schulden machen müssen, also die Nettokreditaufnahme weniger reduzieren, und schlechter wirtschaften müssen, dann wären wir laut seiner Argumentation besser. Das ist doch gaga! Niemand draußen im Lande kann verstehen, dass uns die Erfolge, die sich darin abbilden, dass die ursprünglich vorgesehene Nettokreditaufnahme im Jahresablauf deutlich abgesenkt wird - indem wir die vorhandenen Mehreinnahmen dazu nutzen, die NKA zu senken und weniger Schulden zu machen -, auch noch als ein Makel vorgeworfen werden. So schräg kann man auch in der Opposition nicht argumentieren. Das wird Ihnen auf die Füße fallen. ({6}) Schauen wir uns Ihren zweiten Vorwurf an. Sie behaupten ständig, wir würden bei den Ausgaben nicht sparen. Werfen wir einen Blick auf die Haushaltsansätze: Im Jahr 2010 hatten wir im Bundeshaushalt 304 Milliarden Euro Gesamtausgaben. Im Soll für 2012 standen 312,7 Milliarden Euro; über ESM usw. haben wir bereits diskutiert. Im Entwurf für 2013 stehen 302,2 Milliarden Euro, für 2014 302,9 Milliarden Euro, für 2015 303,3 Milliarden Euro. Was heißt das? Wir liegen im kommenden Jahr fast 10 Milliarden Euro unter dem Ansatz von 2012. In der längerfristigen Perspektive gehen die Ausgaben zurück, und zwar um 0,2 Prozent. Welche sozialdemokratische oder grüne oder sonst wie geführte Landes- oder Bundesregierung hat es jemals geschafft, ({7}) bei ansteigenden Einnahmen die Ausgaben zurückzunehmen, abzusenken oder stabil zu halten? Zeigen Sie mir eine einzige rot-grün geführte Landesregierung, die das geschafft hat! Erinnern Sie sich an Ihre eigene Regierungszeit hier in Berlin. Zeigen Sie mir, wo Sie das auch nur einmal geschafft hätten. Das haben Sie nie hinbekommen. Wir schaffen das. Die christlich-liberale Koalition hält an dieser Linie konstant fest. ({8}) Jetzt komme ich zu Ihrem dritten Vorwurf. Sie behaupten, wir würden keine Vorsorge für die Entwicklung der kommenden Jahre treffen. ({9}) - Das stimmt eben nicht. ({10}) - Ich sage Ihnen, was wir in diesem Jahr an Zinsausgaben vorgesehen haben. Das sind im Jahr 2012 ganz genau 34,3 Milliarden Euro, im Jahr 2013 sind es nur noch 31,7 Milliarden Euro. Dann aber steigen die Ansätze für die Zinsausgaben an, in der Finanzplanung für das Jahr 2016 auf 41,2 Milliarden Euro. Für 2016 haben wir 10 Milliarden Euro mehr an Zinsausgaben als für das kommende Jahr vorgesehen, denn wir wissen genau: Wenn es uns gelingt, diese europaweite Krise zu beruhigen, dann werden die Zinsen wieder in die Höhe gehen. Andere Länder genießen dann auch wieder größeres Vertrauen, und der derzeitige überproportionierte Vertrauensbonus mit den ausgesprochen niedrigen Zinsen wird sich verlieren. Wenn es uns nicht gelingt, die Krise zu beruhigen, werden unsere Zinsen trotzdem ansteigen. Deshalb haben wir ein Mehr von 10 Milliarden Euro an Zinsausgaben für die kommenden Jahre vorgesehen. Hier ist Vorsorge getroffen worden, Herr Kollege. Deshalb stimmt auch dieses dritte Argument nicht. Wir haben bei all unseren Haushaltsplanungen in den vergangenen Jahren immer so gewirtschaftet, dass wir uns entsprechende Sicherheitspuffer vorbehalten haben. Seien Sie ehrlich: Sie würden sich doch eine Situation, wie wir sie haben, herbeiwünschen, sich die Finger danach lecken. Staatssekretär Steffen Kampeter hat gerade noch einmal ausführlich die Situation der sozialen Sicherungssysteme dargelegt. Wir haben Rücklagen gebildet. Wir haben bei der Bundesagentur für Arbeit Rücklagen, die in den kommenden Jahren noch anwachsen werden. ({11}) Wir könnten in diese Kassen hineingreifen; denn es sind Steuerzuschüsse. Wir könnten da jetzt sofort abgreifen. Dann wäre die NKA noch niedriger. Wir tun das aber nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob eine rot-grüne Regierung nicht diesen Weg beschreiten würde. Ich will es nicht unterstellen. Aber wir tun dieses nicht, sondern wir halten auch an der Stelle Linie. Wir halten uns einen Sicherheitspuffer parat, um auf schwierige Zeiten vorbereitet zu sein. ({12}) Das ist die Strategie dieser Regierung. Wir stehen für Verlässlichkeit, für Solidität und für Konsolidierung der Haushalte. Das ist unsere Politik. Die werden wir nicht nur nächstes, sondern auch über- und überübernächstes Jahr so fortsetzen. Danke schön. ({13})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Klaus-Peter Flosbach. ({0})

Klaus Peter Flosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003528, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende einer Haushaltswoche blickt man natürlich auf die Woche zurück. Aber ich habe mir auch die Mühe gemacht, die letzte Rede von Peer Steinbrück als Finanzminister hier in diesem Hause noch einmal nachzulesen. Er hielt sie am 8. September 2009. Er hat von diesem Pult aus mit Blick auf die Zukunft gesagt, dass er damit rechnet, dass man wahrscheinlich im Jahre 2010 eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 100 Milliarden Euro vornehmen müsse. Bitte lesen Sie es auf Seite 26337 nach. Er hat hier gesagt, 100 Milliarden Euro müsste er neu aufnehmen. Nun ist Peer Steinbrück ja ein bekannter Redner, auch heute, ein Prognostiker. Er hat sich allerdings - ich sage einmal - „nur“ um 56 Milliarden Euro verschätzt; denn es gab einen Regierungswechsel. ({0}) Wir haben natürlich gemeinsam in der Großen Koalition mit Kurzarbeit, mit Konjunkturpaketen Gutes gemacht. Aber wir haben in dieser Koalition aus CDU, CSU und FDP als Erstes alle Gesetze darauf konzentriert, das Wachstum in Deutschland zu beschleunigen. Wir haben alle krisenverschärfenden Elemente im Körperschaftsteuerrecht, im Gewerbesteuerrecht, im Erbschaftsteuerrecht beseitigt. Das war der entscheidende Punkt, um die Wirtschaft wieder nach vorne zu bringen, die Staatseinnahmen zu steigern und damit unser hohes soziales Niveau zu halten, meine Damen und Herren. ({1}) Wir haben damals nicht nur die Wirtschaft gefördert, sondern wir haben vor allen Dingen auch die Familien gefördert. Das haben wir dabei nicht vergessen; denn wir stehen für soziale Marktwirtschaft. ({2}) Sowohl der Kollege Fricke als auch der Kollege Meister haben in dieser Woche ja deutlich gemacht, dass wir faktisch einen ausgeglichenen Haushalt haben, inklusive der Sozialsysteme. Trotz ESM, trotz der Übernahme der Grundsicherung von den Kommunen durch den Bund haben wir im Grunde einen ausgeglichenen Haushalt. Im nächsten Jahr werden wir die Schuldenbremse einhalten, also nicht erst im Jahre 2016, sondern bereits im Jahre 2013. ({3}) Wir haben gesagt, wir wollen die Haushalte sanieren, aber trotz der Probleme wollen wir in den Bereichen, in denen eine ungerechte Steuererhöhung stattfindet, den Bürgern Geld zurückgeben; denn jedes Jahr nimmt der Staat nur dadurch 3 Milliarden Euro zusätzlich ein, dass Bruttoeinkommen steigen und jeder Arbeitnehmer mehr Steuern zu zahlen hat. Wir haben gesagt, dieses Geld wollen wir den Bürgern zurückgeben. Genau Sie von der SPD blockieren dies im Bundesrat. Ich weiß nicht, wo Sie angekommen sind, wenn es um die kleinen Einkommen geht. ({4}) Nun gut, meine Damen und Herren von den Grünen und von der SPD, Sie haben uns Ihre Vorlagen gezeigt. Sie wollen bei einer möglichen Übernahme der Regierung die Steuern dramatisch anheben. Jedes Mal begründen Sie die Erhöhung der Einkommensteuer mit Mehrausgaben für Bildung. In der besagten Rede des Herrn Steinbrück hat er dieses Thema auch angesprochen. Er hat vor drei Jahren, vor der Bundestagswahl, gesagt, er würde den Spitzensteuersatz von 45 Prozent auf 47 Prozent - plus Solidaritätszuschlag - anheben, und das Geld würde ganz zielgerichtet in die Bildung fließen. Meine Damen und Herren, Sie haben ja alle mit Zahlen zu tun. Sie wissen, wenn nur der Spitzensteuersatz von 45 auf 47 Prozent angehoben wird, dann bringt dies 600 Millionen Euro mehr in die Staatskasse. Das ist ein Tausendstel unserer Steuereinnahmen. Von diesem Tausendstel fließen nur 42,5 Prozent an den Bund, also 250 Millionen Euro. Was hat diese Bundesregierung gemacht, und zwar ohne die Steuern zu erhöhen? Wir haben 800 Millionen Euro mehr in Bildung und Forschung gesteckt und unterstützen gleichzeitig die Kommunen mit 580 Millionen Euro für die U-3-Betreuung und die Kindertagesstätten. Das ist die Bildungspolitik, die von dieser Regierung betrieben wird. ({5}) Die Welt beneidet uns als Stabilitätsanker und um unsere geringe Arbeitslosigkeit. Wir haben drei Krisen erlebt: die Banken- und Finanzkrise, die Wirtschaftskrise und dann die ({6}) Staatsschuldenkrise, die vielfach als Euro-Krise bezeichnet wird. Wir stehen für eine Stabilitätskultur. Wir unterstützen die Regierung in dem Bemühen, für Unterstützung Gegenleistungen einzufordern. Das Problem ist nicht unser Haushalt, sondern nach wie vor die Einhaltung der Stabilitätskriterien. Herr Kahrs, da Sie vorhin ein großes Plädoyer gehalten haben, möchte ich Sie daran erinnern: 2003/04 haben Sie von Rot-Grün die Stabilitätskriterien nicht eingehalten und damit das Unheil verursacht, das auf uns zugekommen ist. ({7}) Sie sollten hier nicht so große Reden schwingen, sondern lieber das Büßerhemd anziehen; das würde Ihnen besser stehen. Unsere Aufgabe ist nicht nur, auf den Haushalt zu achten. Wir sind als Finanzpolitiker auch besonders gefordert, auf die systemischen Gefahren auf dem Finanzmarkt zu reagieren. ({8}) Die Opposition hat gerade behauptet, es sei nichts geschehen. Schauen Sie sich einmal an, was in den letzten drei Jahren in diesem Bereich passiert ist. Die erste Maßnahme war die drastische Anhebung der Eigenkapitalquote, der wichtigsten Größe, für alle Banken um das Dreieinhalbfache, um für Stabilität auf den Märkten zu sorgen. ({9}) Im Hinblick auf systemische Gefahren ist das besonders wichtig. Wir haben des Weiteren die Vergütungssysteme im Bankenbereich geändert. Wir haben deutlich gemacht: Wer Chancen auf Gewinn haben will, muss gegebenenfalls auch die Risiken und Verluste tragen. Das ist ein Konzept der sozialen Marktwirtschaft. ({10}) Wir werden das Finanzsystem krisenfester machen. Der G-20-Gipfel hat deutlich gemacht: Je größer die Banken sind, desto mehr Eigenkapital müssen sie vorhalten. Die europäische Bankenaufsicht hat auch den 13 großen deutschen Banken zur Auflage gemacht, deutlich mehr Eigenkapital vorzuhalten. Wir in Deutschland sind mit unserem Restrukturierungsgesetz federführend in Europa. Hier geht es um die Sanierung und Abwicklung von Banken. Wir waren die Ersten, die Spekulationsgeschäfte im Bereich der Leerverkäufe verboten haben. Wir sind auch die Ersten, die den computergesteuerten Hochgeschwindigkeitshandel einschränken werden. Wir sind Vorreiter in Europa und liegen vor allen anderen Ländern. Die anderen nehmen uns zum Vorbild. Wir geben die Blaupause für andere Länder. Wir sind federführend in diesem Bereich. ({11}) Wir erhöhen die Transparenz; Herr Kahrs, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Schon in diesem Jahr werden die außerbörslichen Derivate reguliert, genauso wie die Hedgefonds. Die G 20 nehmen sich noch in diesem Jahr den Bereich der Schattenbanken vor. Die LiikanenKommission der Europäischen Kommission wird noch in diesem Jahr Vorschläge vorlegen, aus denen hervorgeht, ob das Universalsystem erhalten bleibt oder ob ein Trennbankensystem erforderlich ist.

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Kollege Flosbach, Sie können gern weitersprechen. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, dass das dann zulasten Ihres Kollegen geht, der nach Ihnen spricht.

Klaus Peter Flosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003528, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich habe schon gesehen, dass Sie mich so freundlich anblinken. Ich komme zum Schluss. Wir beteiligen die Verursacher. Wir stärken die Aufsicht. ({0}) Ich halte gerade nach dieser Haushaltswoche fest: Wir, die Koalition aus CDU, CSU und FDP, stehen für Stabilität nicht nur beim Haushalt, sondern auch auf den Finanzmärkten. ({1}) Wir sind Partner der Bürger. Wir wissen, dass eine starke Wirtschaft und gute Arbeitsplätze ein starkes Sozialsystem schaffen werden. Diese Koalition hat Erfolg, und dieser Erfolg kommt den Bürgern in diesem Land zugute. Vielen Dank. ({2})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Das Wort hat der Kollege Norbert Brackmann für die Unionsfraktion. ({0})

Norbert Brackmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004017, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt ist ein Gradmesser für den Zustand und den Wohlstand unserer Gesellschaft. ({0}) Darauf muss angesichts all der Zahlen und abstrakten Diskussionen hin und wieder hingewiesen werden. ({1}) Letztlich zeigt der Haushalt, was wir für die Menschen, die uns gewählt haben und für deren Wohl wir da zu sein haben, geleistet haben und worauf sie sich auch in Zukunft verlassen können. ({2}) Deswegen ist es wichtig, heute bei der letzten Rede zur Einbringung dieses letzten Haushalts, den wir in dieser Periode komplett verabschieden werden - ({3}) - Das wissen Sie heute noch nicht, und darüber wollen wir auch nicht spekulieren. - Aber wichtig ist, was in dieser Legislaturperiode von dieser Regierung bisher erbracht wurde. ({4}) Ich erinnere mich sehr gut an die erste Einbringung eines Haushaltes hier, als wir eine ähnliche Diskussion gehabt haben. Damals ist diese Regierung mit der sie tragenden Koalition angetreten und hat erklärt, dass sie eine wachstumsfördernde Politik der Konsolidierung machen wolle. Damals lautete Ihre Kritik, wir würden die Konjunktur in Deutschland abwürgen und mit diesem Sparpaket den Wohlstand der Menschen in Deutschland schmälern. ({5}) Wir haben heute unterschiedliche Reden gehört, in denen Sie das genaue Gegenteil sagten. Die Menschen merken sehr genau, was ihnen diese Politik gebracht hat. ({6}) Weil Sie, Frau Hagedorn, sich wieder mit Zwischenrufen hervortun, sage ich: Wenn Sie als Gradmesser für den sozialen Wohlstand den Etat des Arbeits- und Sozialministeriums nehmen, dann gehen Sie in die Irre. ({7}) Es ist Ihnen vorhin vermittelt worden, dass wir diesen Etat unter anderem abschmelzen können, weil die Arbeitslosigkeit dramatisch zurückgegangen ist. ({8}) - Mitnahmeeffekte. - Sie haben genau diese Politik zu Anfang dieser Legislaturperiode - deswegen sage ich das ausdrücklich - bekämpft. Wir sind jetzt in einer Situation, die in Europa nahezu einzigartig ist. 92 Prozent der Jugendlichen bei uns sind in Beschäftigung, in Griechenland ist es nur die Hälfte, nämlich 46 Prozent. Im europäischen Durchschnitt sind es 77 Prozent. Wir sind Spitzenreiter, was die Beschäftigung unserer Jugend angeht. Wir haben eine extrem hohe Beschäftigung mit rund 42 Millionen Beschäftigten. Wir haben 2011 610 000 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen und damit insgesamt über 23 Millionen gehabt. Damit hatten wir fast so viele Vollzeitbeschäftigte wie 1998. Weil der Vergleich mit 2005 vom Kollegen Kahrs bemüht worden ist, weise ich darauf hin, dass wir 1,6 Millionen mehr Vollzeitbeschäftigte als 2005 haben. Das merken die Menschen. Menschen in Arbeit bringen, von der sie leben können, ist die beste Sozialpolitik, die man überhaupt machen kann. ({9}) Die Menschen sind der Gradmesser, nicht der Etat der Sozialministerin. Wir lernen daraus noch etwas anderes, nämlich dass Borgen Sorgen macht. Wenn wir die Arbeitslosigkeit als Indikator nehmen, dann stellen wir fest, dass Länder wie Deutschland, das eine Arbeitslosenquote von 6,8 Prozent hat, einen viel niedrigeren Wert haben als die Länder, die mit ihren Haushalten extreme Sorgen haben. Spanien hat eine Arbeitslosenquote von 25,1 Prozent - über ein Viertel der Menschen ist somit arbeitslos -, in Griechenland beträgt die Arbeitslosenquote 24,4 Prozent. Ich könnte noch andere Länder Europas als Beispiel nennen. Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist mittlerweile die drittbeste in ganz Europa. Dies hat Deutschland zum letzten Mal vor 40 Jahren geschafft. Das ist nicht nur, aber auch ein Erfolg dieser christlichliberalen Koalition. ({10}) Es wird immer wieder die demografische Entwicklung bemüht und gesagt, dass wir immer älter werden. ({11}) - Wir leben länger. Das ist auch gut so. - Was noch besser ist: Wir bleiben auch immer länger gesund. Deswegen können wir auch immer länger arbeiten. Was von Ihnen bisher bestritten wurde, tritt tatsächlich ein: In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl derjenigen, die zwischen 60 und 63 Jahre alt und noch erwerbstätig sind, verdoppelt. Auch das ist ein gutes Zeichen und lässt uns darauf hoffen, dass wir ein längeres Leben auch in Wohlstand organisieren können. ({12}) Das setzt natürlich voraus, dass wir eine leistungsfähige Wirtschaft haben - und das haben wir: Mit 37 Prozent mehr Exporten als 2009 haben wir 2011 erstmals die Marke von 1 Billion Euro geknackt. Das heißt, wir haben Waren im Wert von mehr als 1 Billion Euro exportiert. Wir werden auch in Zukunft - das sagen uns die Wirtschaftsinstitute voraus - in dieser Größenordnung exportieren. Aber wir müssen dabei Maß halten. Damit sind wir beim Thema Schulden. Es ist eines Ihrer Merkmale, Herr Kollege Schneider, immer wieder Soll und Ist zu verwechseln. ({13}) - In Beziehung setzen, genau. Sie setzen Dinge in Beziehung, die wenig miteinander zu tun haben. - Ich will einmal die geraden Linien zeigen. Nehmen wir nur einmal das Soll: 2010 sollte die Neuverschuldung - noch von Ihrem Finanzminister veranschlagt - bei 86 Milliarden Euro liegen. ({14}) Im Bundeshaushalt 2010 waren es dann schon 6 Milliarden Euro weniger - schließlich war unsere Kanzlerin verantwortlich; wohl wahr -: Die Neuverschuldung lag bei 80,2 Milliarden Euro. 2011 sollte die Neuverschuldung 48,4 Milliarden Euro betragen, 2012 32,1 Milliarden Euro, nach dem jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf für 2013 18,8 Milliarden Euro. Das Soll verzeichnet also eine ganz klare Linie der Senkung der Neuverschuldung. Ich stelle dem die Istzahlen gegenüber: 2010 lag die Neuverschuldung bei 44 Milliarden Euro, 2011 bei 17,3 Milliarden Euro, und in diesem Jahr werden wir ebenfalls ein Ergebnis haben, das deutlich unter dem Soll liegen wird. ({15}) Diese Differenz zeigt, dass wir eine sehr positive Entwicklung zu verzeichnen haben. Wir haben daraus den Schluss zu ziehen, dass wir eine Regierung haben, die anders, als es früher der Fall war, unter dem bleibt, was wir ihr vorgeben. ({16}) Dies schafft Glaubwürdigkeit, und Glaubwürdigkeit ist die Grundlage dafür, dass wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Zukunft haben. ({17}) Dieses Vertrauen dürfen wir nicht verspielen. Diese Regierung und dieser Haushalt sind der Beleg und die Garantie dafür, dass uns Konsolidierung in den Erfolg führt. Unsere Maßgabe ist deswegen: konsolidieren, wirtschaftlich denken und damit Wachstum generieren. Vielen Dank. ({18})

Petra Pau (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003206

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 17/10200 und 17/10201 an den Haushaltsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 26. September 2012, 14 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen alles Gute.