Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich zur 189. Sitzung des Deutschen Bundestages in
der laufenden Legislaturperiode. Nicht alle von Ihnen
werden die heutige Sitzung langfristig eingeplant haben.
Deswegen bedanke ich mich bei allen, die entweder ihren Urlaub so vorsichtig disponiert oder ihren bereits angetretenen Urlaub so kurzfristig umdisponiert haben, um
an der heutigen Sondersitzung teilnehmen zu können.
Im Übrigen sind diese Sondersitzungen nicht so selten, wie gelegentlich gemutmaßt wird. Dies ist in der
Geschichte des Deutschen Bundestages immerhin die
55. Sitzung außerhalb der vereinbarten Sitzungswochen
des Deutschen Bundestages. Da die meisten von uns an
den wenigsten dieser Sondersitzungen persönlich teilgenommen haben, hilft es vielleicht, die allgemeine Erinnerung aufzufrischen. Für den Bundesfinanzminister
könnte es zutreffen, dass er eine größere Anzahl dieser
Sondersitzungen absolvieren musste.
Bevor ich den ersten Tagesordnungspunkt aufrufe,
muss ich zwei einleitende Bemerkungen machen. Morgen wird die Euro-Gruppe der Finanzminister des EuroWährungsgebiets über einen Antrag Spaniens auf Finanzhilfe entscheiden. Gemäß dem Stabilisierungsmechanismusgesetz darf die Bundesregierung einer solchen
Hilfsmaßnahme nur zustimmen, wenn der Deutsche
Bundestag hierzu einen zustimmenden Beschluss gefasst
hat. Der entsprechende Antrag der Bundesregierung
liegt Ihnen vor. Ich habe deshalb gemäß Art. 39 Abs. 3
Satz 2 des Grundgesetzes den Deutschen Bundestag zu
der heutigen Sondersitzung einberufen und gehe davon
aus, dass Sie damit einverstanden sind. - Ich höre keinen
Widerspruch. Dann kann entsprechend unserer Geschäftsordnung so verfahren werden.
Bevor ich dem Finanzminister das Wort erteile,
möchte ich zunächst dem Kollegen Dr. Peter Danckert
zu seinem 72. Geburtstag gratulieren, den er vor wenigen Tagen gefeiert hat, und ihm alle guten Wünsche des
gesamten Hauses übermitteln.
({0})
Schließlich mache ich darauf aufmerksam, dass der
Kollege Christian Lindner mit Wirkung vom 10. Juli
dieses Jahres auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet hat. Für ihn ist der Kollege HansWerner Ehrenberg nachgerückt, den ich im Namen des
Hauses herzlich begrüße und dem ich eine gute Zusammenarbeit wünsche.
({1})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vereinbart
worden, die Tagesordnung um die Beratung des An-
trags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP mit
dem Titel „Rechtliche Regelung der Beschneidung min-
derjähriger Jungen“ zu erweitern und diesen im An-
schluss an Tagesordnungspunkt 1 aufzurufen. Für die
Aussprache soll eine halbe Stunde vorgesehen werden.
Darf ich auch dafür Ihr Einvernehmen feststellen? - Das
ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 1 a und b auf:
a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den
Bundesminister der Finanzen
Sicherung der Stabilität der Euro-Zone - Fi-
nanzhilfen für Spanien
b) Beratung des Antrags des Bundesministeriums
der Finanzen
Finanzhilfe zugunsten Spaniens; Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen
Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3
Absatz 2 Nummer 1 und 4 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes ({2}) für Notmaßnahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugunsten Spaniens
- Drucksachen 17/10320, 17/10321 Zu dem Tagesordnungspunkt liegen je ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor. Über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen werden wir später namentlich abstimmen.
Präsident Dr. Norbert Lammert
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung 90 Minuten vorgesehen. - Auch hierzu höre ich
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
der Bundesminister der Finanzen, Herr Dr. Wolfgang
Schäuble.
({3})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Lage in Europa und darüber hinaus ist immer
noch durch die Verunsicherung auf den Finanzmärkten
über die weitere Entwicklung der Euro-Zone belastet.
Das kann man an dem Auf und Ab der Börsen und auch
des Euro-Kurses, die beide von den realen Geschehnissen zumeist abgekoppelt sind, ablesen.
Wir haben seit Ausbruch der Vertrauenskrise mit umfassenden finanz- und wirtschaftspolitischen Reformmaßnahmen in den betroffenen Ländern und mit der
Schaffung leistungsfähiger Strukturen und Kontrollmechanismen für die gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik in der Euro-Zone erhebliche Fortschritte
gemacht. Das ist unbestritten. Aber die Rückgewinnung
verloren gegangenen Vertrauens dauert und kann nur
Schritt für Schritt erfolgen. Deshalb hat die Bundesregierung immer wieder darauf hingewiesen, dass es trotz
aller zwischenzeitlichen Erfolge zu weiteren Inanspruchnahmen der europäischen Finanzierungsinstrumente
kommen kann, also der Finanzierungsinstrumente, mit
denen Mitgliedstaaten der Euro-Zone die für den Erfolg
von Reformmaßnahmen notwendige Zeit verschafft werden soll.
Die spanische Regierung hat am 25. Juni einen Antrag auf Finanzhilfe gestellt. Spanien sieht sich aufgrund
der hohen Nervosität der Finanzmärkte nicht in der
Lage, die aus der Immobilienblase resultierenden Verwerfungen im spanischen Bankensektor alleine zu bewältigen. Diese Einschätzung haben die Europäische
Kommission, die Europäische Zentralbank, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, EBA, und der Internationale Währungsfonds bestätigt. Es wird an den Märkten
bezweifelt, ob es dem spanischen Staat gelingen kann,
die Probleme in seinem Bankensektor zu lösen, ohne dabei seine eigene Zahlungsfähigkeit zu gefährden. Schon
der Anschein einer Gefährdung der nachhaltigen Zahlungsfähigkeit des spanischen Staates kann zu gravierenden Ansteckungseffekten im Euro-Raum führen. Dadurch werden die Probleme im spanischen Bankensektor
zu einem Problem der Finanzstabilität der Euro-Zone.
Wir haben für solche Fälle im vergangenen Jahr das
Instrument der Gewährung von Finanzhilfen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, EFSF, an Staaten
zur Restrukturierung und Rekapitalisierung von Banken
geschaffen. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger
Prüfung zu der Auffassung gekommen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Hilfen vorliegen, dass die mit der Hilfe verbundenen Auflagen geeignet sind, das spanische Bankenproblem nachhaltig zu
lösen, und dass wir ein starkes Interesse daran haben,
Spanien zu ermöglichen, seinen erfolgversprechenden
Weg grundlegender wirtschafts- und finanzpolitischer
Reformen aus eigenem Antrieb weiterzuverfolgen.
Spanien ist mit seinen Anstrengungen zur Defizitreduzierung und der Umsetzung von tiefgreifenden Strukturreformen insgesamt auf einem guten Weg, wieder zu
soliden Staatsfinanzen und zu einer wettbewerbs- und
wachstumsfähigen Wirtschaft zurückzufinden; aber dieser Erfolg ist durch die Unsicherheit im Bankensektor
gefährdet.
Das Land hat sich im September vergangenen Jahres
neue verfassungsrechtliche Fiskalregeln ähnlich der
Schuldenbremse unseres Grundgesetzes gegeben,
Regeln, die für alle staatlichen Ebenen grundsätzlich
strukturell ausgeglichene Haushalte vorschreiben. In der
letzten Woche hat die spanische Regierung ein Konsolidierungspaket mit Ausgabenkürzungen und Einnahmesteigerungen, auch mit einer Anhebung der Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent, in einem Volumen von
insgesamt 56 Milliarden Euro über die nächsten zweieinhalb Jahre vorgestellt. Mit dieser Hilfe will Spanien
die Vorgabe im europäischen Defizitverfahren erfüllen,
sein übermäßiges Defizit bis 2014 abzubauen.
Zur Verbesserung seiner Wettbewerbsfähigkeit hat
das Land grundlegende Arbeitsmarktreformen ergriffen.
Dazu zählen zum Beispiel Maßnahmen zur Verringerung
der starken Abschottung zwischen befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen oder zur Flexibilisierung des Lohnfindungsverfahrens. Bei einer
Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von mittlerweile über 50 Prozent muss
es das vorrangige Ziel sein, allen zu ermöglichen, sich
ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Auch das
Rentensystem wird überholt, zum Beispiel durch die
Einschränkung von Frühverrentungen. Es wird eine Reform der Pflegeversicherung mit dem Ziel der Kostenrationalisierung geben.
Diese von Spanien ergriffenen strukturellen Reformen sind richtig, und sie sind notwendig; Spanien
kommt an ihnen so wenig vorbei wie andere Staaten, die
inmitten von Reformprozessen stehen. Aber das kann
nur funktionieren, wenn auch die Probleme im Bankensektor gelöst werden. Da geht es darum, einen Teufelskreis zwischen Staats- und Bankenrisiken zu durchbrechen: Einerseits wird die Stabilität der spanischen
Banken infrage gestellt, weil der spanische Staat oftmals
für die Lösung der Bankenprobleme als finanziell zu
schwach wahrgenommen wird. Andererseits folgt diese
Wahrnehmung von angeblicher Finanzschwäche des
Staates allein aus der Sorge um mögliche Einstandspflichten bei den Banken.
Um die Unsicherheit zu reduzieren, hat Spanien seinen gesamten Bankensektor einer externen Evaluation
unterzogen. Wir wissen aus dieser Evaluation, in welcher Größenordnung Kapitalverstärkungen im Zuge von
Restrukturierungen notwendig sein werden. Die Hilfen
und die Vorgaben der Restrukturierung des Bankensektors werden vom spanischen Restrukturierungsfonds
FROB gemanagt. Hinter diesem Restrukturierungsfonds
steckt die spanische Regierung, und das bedeutet: Spanien stellt den Antrag, Spanien bekommt das Geld zur
Bankenrekapitalisierung, und Spanien haftet als Staat für
die Hilfen aus der EFSF.
Das jetzige Programm ändert nichts daran, dass der
spanische Staat seinen eigenen laufenden Finanzierungsbedarf weiter ganz regulär selber am Markt refinanzieren
kann und refinanzieren wird. Eine zügige Umstrukturierung der in Schieflage geratenen spanischen Finanzinstitute ist deshalb wichtig, um den Kapitalmarktzugang des
spanischen Staates zu tragbaren Zinssätzen sicherzustellen und Ansteckungseffekte auf andere Staaten in der
Euro-Zone zu unterbinden.
Die Europäische Kommission, die EZB, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde und der IWF kommen in
ihrem gemeinsamen Bericht zu dem Ergebnis, dass - ich
zitiere die Situation des spanischen Bankensektors potenzielle Risiken für andere Länder der Europäischen
Union und besonders der Euro-Zone birgt, falls jene
Schwächen nicht angemessen und zügig behoben
werden.
Aufgrund der Schwäche einiger spanischer Banken
ist in einem insgesamt unsicheren Marktumfeld mit hohen Zinssätzen für die staatliche Kreditaufnahme Spaniens die Finanzstabilität der gesamten Euro-Zone
gefährdet. Ohne die extreme Verunsicherung der Finanzmärkte wäre Spanien in der Lage, seinen Bankensektor
allein in Ordnung zu bringen. Aber wir haben eben eine
Ausnahmesituation, und in dieser Ausnahmesituation
helfen wir dem spanischen Staat, gegen die übermäßige
Nervosität der Finanzmärkte, und wir leisten damit einen
Beitrag zum Erhalt der Finanzstabilität der Euro-Zone
insgesamt.
({0})
Die von diesen europäischen Institutionen mit Spanien vereinbarten Auflagen für eine solche Hilfe - also
das Memorandum of Understanding -, über die morgen
in der Euro-Gruppe entschieden werden soll, sind detailliert und präzise ausgearbeitet. Ich möchte beispielhaft
nennen: Für jede Bank wird von externen Prüfern ein individueller Stresstest durchgeführt. Banken, die als nicht
lebensfähig angesehen werden, müssen abgewickelt
werden. Für alle Banken mit Kapitalbedarf müssen detaillierte Restrukturierungspläne erstellt und von der Europäischen Kommission nach den Vorgaben des EU-Beihilferechts genehmigt werden. Bevor auf staatliche
Mittel zurückgegriffen werden kann, müssen die Anteilseigner der Banken ihren Beitrag leisten. Die Gehälter der Manager solcher Banken werden gedeckelt. Es
gibt also klare Vorgaben für das Verfahren, und diese
Vorgaben entsprechen in vielen Punkten der in Deutschland beim SoFFin entwickelten Praxis.
Zusätzlich zu diesen Vorgaben für den Finanzsektor
verpflichtet sich Spanien bindend, seine Verpflichtungen
nach dem europäischen Defizitverfahren, nach dem Europäischen Semester, auch nach den Empfehlungen zur
Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte - das
ist das europäische Sekundärrecht - umzusetzen.
Die Hilfen werden auf bis zu 100 Milliarden Euro begrenzt. Die EFSF wird kurzfristig eine Tranche von
30 Milliarden Euro in Reserve halten, um in einem Notfall sofort handlungsfähig zu sein. Damit lässt sich schon
jetzt ein klares Signal an die Märkte senden, ohne dass
wir irgendwelche Abstriche bei der Sorgfalt hinsichtlich
der Umsetzung der vereinbarten bankindividuellen Prüfungen machen. Sobald der ESM aktiviert ist, wird das
spanische Programm ohne materielle Änderungen in den
ESM überführt. In jedem Fall haftet aber der spanische
Staat gegenüber der EFSF bzw. künftig auch gegenüber
dem ESM für die Rückzahlung der Mittel. Etwas anderes ist nach den geschlossenen Verträgen und Gesetzen
gar nicht möglich.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
will in diesem Zusammenhang eine Bemerkung machen,
die ich bereits gestern im Haushaltsausschuss gemacht
habe. Dort habe ich darauf hingewiesen, dass ich die Information bekommen habe, die Republik Zypern habe
einen Antrag auf ein sogenanntes Stepping-out gestellt.
Stepping-out bedeutet nach den Regeln der EFSF, dass
ein Land, das unter vollem Programm ist, beantragen
kann, an der Haftungsgarantie für andere Hilfszusagen
nicht teilzunehmen. Das habe ich gestern dem Haushaltsausschuss mitgeteilt und dabei hinzugefügt, dass
sich, wenn ein solcher Antrag genehmigt würde, der
deutsche Anteil an der Haftung, der jetzt, wie im vorliegenden Antrag ausgeführt ist, 29,07 Prozent beträgt, auf
29,13 Prozent erhöhen würde. Ich habe ergänzend zu der
Mitteilung im Haushaltsausschuss mitzuteilen - deswegen erwähne ich dies jetzt -, dass Zypern diesen Antrag
vorläufig zurückgezogen hat, sodass wir darüber nicht
zu entscheiden haben. Aber ich wollte Ihnen diese Information der Vollständigkeit halber geben.
In diesen Tagen sind manchmal zwei Debatten durcheinandergeraten, die wir sauber voneinander trennen
sollten. Das eine ist die Frage der Gewährung von Finanzhilfen an Spanien nach den bestehenden Instrumenten, und das andere ist eine in die Zukunft gerichtete Debatte darüber, dass wir bei einer vergemeinschafteten
Geldpolitik im Euro-Raum, in dem eine nicht unbeträchtliche Zahl von Instituten stark mit anderen Banken
des europäischen Finanzbinnenmarkts vernetzt ist, ein
Mindestmaß an Rechtsvereinheitlichung im Bankensektor und eine durchsetzungsstarke europäische Bankenaufsicht brauchen. Aber dies ist eine zukünftige Debatte.
An dem Vorhaben werden wir in der Zukunft arbeiten.
Heute haben wir auf der Grundlage der geltenden Verträge und der geltenden Gesetze zu beraten und zu entscheiden. Das darf man nicht miteinander vermischen.
({1})
Eine solche Aufsicht, wenn sie denn geschaffen werden soll, muss mit Kompetenzen ausgestattet werden,
die über die Kompetenzen der 2011 geschaffenen Europäischen Bankenaufsichtsbehörde, EBA, weit hinausgehen. Die EBA hat eine koordinierende Funktion für die
nationalen Bankenaufsichten. Wir werden eines Tages
eine wirkliche europäische Bankenaufsicht brauchen.
Dabei geht es dann um einheitliche klare Regelungen für
die rechtzeitige Restrukturierung und gegebenenfalls
auch Abwicklung notleidender Banken, die dann von einer europäischen Aufsicht im Einzelfall durchgesetzt
werden und deren Anwendung sich danach richtet, was
der finanziellen Stabilität in ganz Europa geschuldet ist.
Die europäischen Verträge sehen vor, dass der Europäische Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank einstimmig
beschließen kann, der EZB entsprechende Aufsichtsfunktionen zu übertragen. Dabei sind aber noch viele
Fachfragen zu klären, etwa der Kreis der einzubeziehenden Banken. Es bedarf auch einer sicheren Abgrenzung
des Mandats gegenüber den geldpolitischen Aufgaben
der EZB, bei denen die Europäische Zentralbank unabhängig ist. Bei der Bankenaufsicht - wir kennen das aus
der Debatte in Deutschland über das Verhältnis von
BaFin und Bundesbank - kann sie solch eine Unabhängigkeit natürlich nicht haben.
Es ist vereinbart worden, dass die Europäische Kommission bis zum September ein Modell ausarbeiten soll,
über das der Rat dann bis Jahresende entscheiden kann.
Eine Zustimmung Deutschlands zu einem solchen Vorschlag wird im Übrigen in jedem Fall einen entsprechenden Rückhalt im Deutschen Bundestag voraussetzen.
Erst nach diesen grundlegenden Entscheidungen könnte
eine europäische Bankenaufsicht mit wirksamen Durchgriffsrechten auf notleidende Banken aufgebaut und etabliert werden. Erst wenn eine solche europäische Aufsicht unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank
funktioniert, kann sich die Frage der Finanzierung einer
von der europäischen Aufsicht veranlassten Restrukturierung notleidender Banken durch europäische Mechanismen und Institutionen stellen. Hier besteht eben nicht
nur ein zeitlicher Zusammenhang, sondern vor allem ein
sachlogischer. Nur wer die Aufsicht mit entsprechenden
Durchgriffsrechten hat, kann auch die Verantwortung für
Kapitalhilfen übernehmen. Deswegen ist das Königreich
Spanien, solange es die Aufsicht hat, unser Partner für
die Gewährung von Kapitalhilfen.
Im Übrigen ist die Beantwortung der Frage, wie das
im Einzelnen technisch auszubuchstabieren sein wird,
noch völlig offen. So und nicht anders haben es die
Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone am 29. Juni
beschlossen. Deshalb: Wer jetzt von einem unmittelbar
bevorstehenden Einsatz des ESM zur direkten Bankenrekapitalisierung oder gar von einer kollektiven Haftung
für die Schulden der Banken des Euro-Systems schwadroniert, der wird dem Ernst der zugrunde liegenden
fachlichen und politischen Fragen nicht gerecht.
({2})
Herr Präsident, meine Damen und Herren, bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum haben
wir gerade auch in den letzten Wochen und Monaten
gute Fortschritte erzielt. Vor allem die besonders im
Fokus der Finanzmärkte stehenden Länder sind beim
Defizitabbau und auch bei den Strukturreformen zur
Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit sichtbar vorangekommen. Das gilt für Irland und Portugal, aber
auch für andere Länder. Spanien habe ich erwähnt. Auch
andere große und kleinere Länder haben bedeutende Reformschritte und -maßnahmen auf den Weg gebracht.
Übrigens hat auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in
seinem Sondergutachten vom 6. Juli dargelegt, wie konsequent der Defizitabbau in den europäischen Krisenländern vorangebracht worden ist. Er betont dabei, dass die
Erfolge bei der Rückführung der strukturellen Defizite
weit über das hinausgehen, was wichtige Industriestaaten außerhalb der Euro-Zone bis heute erreicht haben.
Nicht zuletzt arbeitet der Sachverständigenrat heraus,
dass an strukturellen Reformen in den Krisenländern
kein Weg vorbeiführt. Genau diesen Weg gehen wir in
der Euro-Zone seit zwei Jahren konsequent. Der eingeschlagene Weg - das ist wahr - ist nicht bequem, aber er
ist gleichermaßen unvermeidlich wie erfolgversprechend.
Auch bei der Schaffung eines neuen institutionellen
Rahmens für die Währungsunion, der ihre Stabilität dauerhaft sicherstellt, sind wir erheblich vorangekommen.
Als wir die gemeinsame Währung eingeführt haben,
konnten wir die notwendigen Elemente einer politischen
Union nicht bilden. Heute müssen wir dies schaffen, um
die mangelnde Kongruenz zwischen Geldpolitik, die
vergemeinschaftet ist, und Finanz- und Wirtschaftspolitik, die in nationaler Zuständigkeit sind, so zu überbrücken, dass der Euro dauerhaft stabil bleibt.
Dazu gehören die Verschärfung des Stabilitäts- und
Wachstumspakts und das neue gesamtwirtschaftliche
Überwachungsverfahren. Dazu gehören vor allem die
am 29. Juni in diesem Haus mit breiter Mehrheit - die
erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde weit überschritten - beschlossenen Elemente Europäischer Fiskalvertrag und Europäischer Stabilitätsmechanismus, ESM, die
derzeit noch vom Bundesverfassungsgericht geprüft
werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wenn man
vor zwei Jahren vorhergesagt hätte, dass alle Länder der
Euro-Zone und acht weitere Mitgliedsländer der Europäischen Union, also insgesamt 25 von 27, sich in einem
Fiskalvertrag verpflichten, Schuldenbremsen ähnlich der
deutschen Regelung in ihre nationalen Rechtsordnungen
einzuführen, wäre man allenfalls für einen schlechten
Scherz ausgelacht worden. Das ist aber die Wirklichkeit,
und das zeigt, wie sehr sich die Einstellungen in Europa
verändert haben.
({3})
Wir sind auf einem richtigen Weg. Dieser Weg wird
Erfolg haben, wenn wir ihn Schritt für Schritt, konsequent, beharrlich und mit Augenmaß weiter beschreiten.
Aber - wie gesagt -: Wir brauchen dazu Zeit. Man verliert Vertrauen schnell, und man gewinnt es nur allmählich wieder zurück. Die Situation macht vielen unserer
Mitbürgerinnen und Mitbürger große Sorgen.
Ich bin überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind,
die Probleme in der Euro-Zone zu überwinden und die
Basis für eine solide Währungsunion mit einem nach außen und innen weiterhin stabilen Euro zu schaffen. Die
Aufgabe ist nicht trivial. Es gibt weder schnelle noch
einfache Lösungen. Wir wissen, dass unsere Mitbürger
in einem hohen Maße durch die ständigen Krisenmeldungen verunsichert sind.
Deshalb müssen wir wieder und wieder erklären, welche großen Vorteile die europäische Integration einschließlich der gemeinsamen Währung für alle Europäer
und nicht zuletzt, sondern vor allem für uns Deutsche
hat, Vorteile, die unter gar keinen Umständen gefährdet
werden dürfen.
Genauso wichtig ist es, dass nicht ständig unrealistische Erwartungen geschürt und anschließend enttäuscht
werden, sondern dass wir beharrlich und Schritt für
Schritt die notwendigen Maßnahmen umsetzen. Nur so
können wir Vertrauen zurückgewinnen. Heute geht es
darum, Spanien für die Lösung seiner Bankenprobleme
die nötige Zeit zu verschaffen. Dafür bitte ich um Ihre
Zustimmung.
({4})
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Frank-Walter Steinmeier für die SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Schäuble, ja, Sie haben recht: Wo man im Augenblick
auch hinkommt, überall in Deutschland herrscht große
Sorge um die Zukunft der Europäischen Union und unseres gemeinsamen Geldes. Sie haben recht: Die Menschen sind verunsichert. Aber sie sind nicht nur wegen
der immer neuen Krisenmeldungen verunsichert, sondern auch zunehmend verzweifelt, weil sie Hunger nach
Erklärungen haben. Sie wollen zum Beispiel Antworten
auf die Fragen: Wie viele Rettungspakete braucht es eigentlich noch? Hat dieses Fass überhaupt einen Boden?
Wohin soll die Reise noch gehen?
Herr Schäuble, ich weiß nicht, der wievielte Versuch
eines Mitglieds dieser Bundesregierung das eben war,
die Politik der Bundesregierung zu erklären und vor allen Dingen zu erklären, was noch alles vor uns liegt.
Eine solche Erklärung hat wiederum nicht stattgefunden.
Sie tun es nicht, Frau Merkel tut es nicht. Ich sage Ihnen:
Wer sich nicht erklärt, der wird auch nicht verstanden.
Die Leute verstehen einfach nicht mehr, wohin Sie wollen.
({0})
Es ist doch so: Wir hören, auch in diesem Hohen
Hause, seit Monaten immer wieder dieselbe Geschichte.
Das ist die Geschichte von den disziplinlosen Südeuropäern, den ökonomischen Hallodris, denen Deutschland
nur finanzpolitische Mores lehren muss, und am Ende
wird alles besser werden.
({1})
Aber ich sage Ihnen, Herr Gröhe: An diese Geschichte
- das stellen Sie doch auch fest, wenn Sie unterwegs sind glaubt keiner mehr. Auch Ihnen glaubt man sie nicht
mehr.
({2})
Deshalb haben Sie diese Geschichte durch eine zweite
Geschichte ergänzt. Das ist die Geschichte von den roten
Linien,
({3})
die bei jeder neuen Bewilligung nicht überschritten werden dürfen. Mit der Aussage „Kein Cent für Griechenland“ hat das alles vor zwei Jahren begonnen.
({4})
Das war der Anfang der Rutschbahn; darüber klagen Sie
intern doch auch.
Ich weiß nicht, wie viele rote Linien inzwischen formuliert, wie viele rote Linien versichert und wie viele
rote Linien betoniert worden sind. Mit bloßem Schulterzucken ist in den letzten Monaten noch jede dieser roten
Linien überschritten worden. Inzwischen verfällt die
Halbwertszeit Ihrer roten Linien nach Tagen. Das ist das
ganze Drama, mit dem Sie intern zu kämpfen haben.
({5})
Herr Schäuble, Sie wissen: Ich unterstelle Ihnen im
Hinblick auf Europa wahrlich keine bösen Absichten.
Aber so werden Sie - und leider eben nicht nur Sie -, so
wird die Politik insgesamt die Bevölkerung auf dem europäischen Weg verlieren.
Den Gipfel dieser besonderen Art von Regierungskunst haben wir vor knapp drei Wochen hier im Deutschen Bundestag erlebt: bei der Abstimmung über ESM
und Fiskalpakt.
({6})
Einige von uns sind ja schon ein paar Jahre in der Politik. Aber das Chaos, das Sie, Frau Merkel und Herr
Schäuble, an jenem Freitag Ende Juni hier im Bundestag
angerichtet haben, war bis dahin ohne Beispiel.
({7})
In den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages haben Sie mit Ihrer Mehrheit noch zwei Tage vor
den Abstimmungen die Klarstellung durchgesetzt - Sie
haben gesagt, das sei nur eine Klarstellung -, dass keine
Direktfinanzierung von Banken aus dem ESM stattfinden darf. Weniger als 48 Stunden später erklärte die
Kanzlerin, die ja von diesen Regierungsfraktionen getra22808
gen wird, in Brüssel das genaue Gegenteil: Die Direktfinanzierung soll kommen.
({8})
- Meine Damen und Herren, Sie alle waren dabei. Zwölf Stunden später beschloss der Deutsche Bundestag, wiederum mit der Stimme der Kanzlerin, dass es bis
auf Weiteres beim konsequenten Verbot der Direktfinanzierung bleibt. Wer soll das verstehen, meine Damen und
Herren? Die Deutschen verstehen das offenbar nicht.
({9})
Dass Sie sich dabei in immer tiefere Widersprüche
verstricken, liegt nach meiner Überzeugung daran, dass
Sie an Ihrer alten, aber zu einfachen Geschichte von
Deutschland als Stabilitätsanker in einem Meer europäischer Disziplinlosigkeit festhalten. Diese Geschichte hat
den Menschen eine Zeitlang die Illusion gegeben, Sie
hätten die Krise einigermaßen im Griff. Das mag Ihre eigenen Leute in den letzten Monaten einigermaßen zusammengehalten haben. Aber es ist nun einmal so: Wer
sich mit seinen Geschichten zu weit von der Realität entfernt, dem glauben die Menschen irgendwann nicht
mehr.
({10})
Es ist sogar so weit gekommen, dass nicht einmal Ihre
eigenen Leute noch daran glauben. Wir wollen nicht vergessen: Dreimal haben Ihnen die Koalitionsfraktionen
bei der Abstimmung über den ESM die Gefolgschaft
verweigert. Dreimal, und das in einer so bedeutsamen
Frage! Es hat, meine Damen und Herren, Kanzler und
Regierungen in der Geschichte dieser Republik gegeben,
die daraus andere Konsequenzen gezogen hätten, als betreten zu schweigen und sich in die Sommerpause zu retten.
({11})
- Sie können ja darüber lachen. Aber Sie wissen haargenau: Sie regieren nur noch, weil Grüne und Sozialdemokraten in dieser europäischen Überlebensfrage nicht parteitaktisch, sondern in Kenntnis und in Wahrnehmung
ihrer europäischen Verantwortung agieren.
({12})
Wir sind eines der wenigen Parlamente in Europa, das
sich in seiner Haltung zur europäischen Krise nicht völlig zerlegt hat. Das halte ich für einen Gewinn.
({13})
Aber Sie tun zu wenig dafür, dass das auch in Zukunft so
bleibt.
Herr Schäuble - auch das kann ich Ihnen nicht ersparen -, Sie haben uns noch im Mai dieses Jahres erklärt,
dass Spanien nicht unter den Rettungsschirm muss, zu
einem Zeitpunkt, als die Spatzen schon das Gegenteil
von den Dächern pfiffen. Das ist genau das, was wir Ihnen immer wieder vorgeworfen haben: dass Sie die Karten nicht frühzeitig, auch für das Parlament durchschaubar, auf den Tisch legen, sondern lavieren und taktieren,
solange es geht, und Parlament und Öffentlichkeit im
Unklaren lassen. Wer wollte, der konnte schon im Mai,
mit Sicherheit aber Anfang Juni wissen, dass Spanien
Hilfe brauchen würde.
({14})
Wir haben den Rettungsschirm doch nur deshalb aufgespannt, weil sich das schon am Horizont abzeichnete.
Das haben wir Sozialdemokraten mitgetragen - das gilt
auch für den ESM -, allerdings nicht wegen irgendwelcher verblasener Vorstellungen von europäischer Solidarität, erst recht nicht, um eine strauchelnde Regierung im
Amt zu halten. Nein, wir haben das aus richtig verstandenem deutschen Interesse mitgetragen, auch im Hinblick auf deutsche Arbeitsplätze.
Wir wissen seit langem: Wir leben nicht auf einer Insel der Seligen. Die Krise kommt auch im stärksten europäischen Exportland an. Eines ist sicher: Wenn die europäischen Volkswirtschaften, eine nach der anderen,
wirklich ins Trudeln geraten würden, dann wäre nicht
auszuschließen, dass am Ende auch Deutschland in diesem Strudel mitgerissen wird. Wir müssen den Menschen sagen, dass nicht Spanier, Griechen und Portugiesen, sondern wir, wir Deutsche, das größte Interesse an
der Überwindung der europäischen Krise haben. Wir
müssen sagen, dass dieser Weg hart wird, dass er lange
dauern wird und mit erheblichen Lasten, auch für unser
eigenes Land, verbunden sein wird. Den Menschen dies
offen ins Gesicht zu sagen, ist eigentlich nicht Aufgabe
der Opposition. Das wäre Ihre tägliche Aufgabe seit
Mai 2010 gewesen.
({15})
Sie tun es nicht, weil Sie befürchten, dass Ihnen Ihre eigene Koalition um die Ohren fliegt.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, wenn ich heute trotzdem und unter Hintanstellung auch eigener Bedenken,
({16})
- das wollen Sie nicht, oder was? ({17})
die fortbestehen, meiner Fraktion die Zustimmung empfehle,
({18})
dann einzig und allein deshalb, weil es nicht konsequent
wäre, Rettungsschirme aufzuspannen, sie aber nicht zu
benutzen, wenn sie gebraucht werden. Gebaut worden
sind die Rettungsschirme ja bekanntlich nicht zur Bestandswahrung maroder Banken, sondern um die Realwirtschaft vor den Folgen eines Zusammenbruchs des
Finanzsektors zu bewahren. Das war der Sinn der Rettungsschirme.
({19})
Ich kann meiner Fraktion trotz eigener Bedenken die
Zustimmung empfehlen, weil ich die Auflagen im Memorandum gesehen habe, die strenger formuliert sind als
in den Garantiefällen, die wir in diesem Parlament in den
letzten zwei Jahren positiv entschieden haben. Ich habe
gesehen, dass die Abwicklung der Banken ebenso dazugehört wie die völlige Neustrukturierung des spanischen
Bankenbereichs. Trotzdem sage ich: Es darf keine Bankenrettung um jeden Preis geben. Wer sich kaputtspekuliert hat, der darf und der kann keinen Anspruch auf
staatliche Hilfe haben; der darf kein Steuergeld verbrennen. Der muss schlicht und einfach vom Markt; so einfach ist das.
({20})
Meine Damen und Herren, ich will nicht verhehlen,
dass viele in meiner Fraktion überhaupt nicht davon
überzeugt sind, dass wir das Richtige tun. Wenn die
Mehrheit dennoch zustimmt, dann nur deshalb, weil der
Schaden durch eine Verweigerung Deutschlands gegenüber Spanien auch aus unserer Sicht katastrophal wäre.
Aber damit ist auch gesagt: Es kann so nicht weitergehen. Die Rettung von Banken durch den ESM - das
müsste auch Ihr Interesse sein - darf nicht zur Dauerlösung werden. Ich sage Ihnen: Wer immer es vorhat, es
wird keinen direkten Weg von der Spanien-Hilfe zur
dauerhaften Rekapitalisierung von kriselnden Banken
geben, jedenfalls nicht mit uns.
({21})
Das Gegenteil muss doch die Aufgabe sein. Wir müssen aus diesem Parlament heraus Alternativen formulieren. Wir müssen Staatsrisiken und Bankenrisiken voneinander trennen und endlich Vorschläge für ein
Trennbankensystem oder die Anwendung der Volcker
Rule in Deutschland machen. Wir müssen Banken untereinander für die eigenen Risiken einstehen lassen, ohne
dass der Steuerzahler in Zukunft weiterhin belastet wird.
Deshalb brauchen wir einen eigenständigen BankenESM - meinetwegen für systemrelevante Banken -, der
sich über eine europäische Bankenabgabe finanziert.
Das ist die Alternative, meine Damen und Herren. Wir
dürfen uns da nicht länger treiben lassen. Wir müssen
Alternativen aufzeigen.
({22})
Nun weiß ich nicht, wie das in Ihren Fraktionen so
geht. Aber ich sage Ihnen: Jede Woche mit neuen Nachrichten von Praktiken auf den Finanzmärkten lässt den
letzten Rest von Verständnis für eine Bankenrettung bei
uns schwinden. Es ist ja schlimm genug, dass Bankenvorstände in der Vergangenheit ganz offenbar nicht genau wussten, mit welchen Risiken sie wirklich hantieren.
Es ist ein Skandal, dass auch seriöse Institute oder solche, die sich so bezeichnen, in Europa offensichtlich auf
den Niedergang ganzer Volkswirtschaften gewettet haben. Aber dass die grenzenlose Gier keinen Halt macht
vor der systematischen Manipulation von Aktienkursen,
das übersteigt doch wahrscheinlich sogar unsere gemeinsamen Vorstellungen.
Das kann nicht so weitergehen. Denn ich bin fest davon überzeugt: Die Finanzmärkte ruinieren am Ende auf
diese Weise nicht nur die Realwirtschaft, sondern sie ruinieren auch die Demokratie.
({23})
Es kann nicht angehen, dass die Politik immer wieder in
Haftung genommen wird, während sich die Akteure auf
den Finanzmärkten hinter ihrer Anonymität verstecken.
Für mich steht deshalb eines fest, meine Damen und
Herren: Nicht nur Regeln müssen her auf den Finanzmärkten. Ob das gelingt oder nicht, wird sowieso zu einer Überlebensfrage der Demokratie. Ich sage ganz unabhängig davon: Wer in der Vergangenheit Kurse
manipuliert hat und weiterhin manipuliert, der muss
auch die ganze Härte des Strafrechts zu spüren bekommen, ohne Rücksicht auf Rang oder Status.
({24})
Ich glaube, niemand hier macht sich Illusionen darüber, dass wir mit der heutigen Abstimmung erst einmal
Ruhe haben werden. Die nächsten Entscheidungen werden nicht lange auf sich warten lassen. Ich weiß nicht,
wie lange das Geld in Griechenland reicht. Ich weiß
nicht, wie die Europäische Union dann agieren wird. Ich
weiß nicht und habe es heute von Herrn Schäuble auch
nicht gehört, wie Sie dann auf das deutsche Parlament
zukommen. Zu Zypern haben wir einen Satz gehört. Ob
das eine dauerhafte Entlastung von Entscheidungspflichten hier bedeutet, kann ich nach Ihrer Rede nicht sagen.
Mein Abschlusssatz ist nur: Kommen Sie bitte auf
dieses Parlament nicht wieder auf den letzten Drücker
zu. Zurren Sie die Dinge nicht endgültig fest, bevor Sie
hier ins Hohe Haus kommen. Sie haben es in den letzten
Wochen gespürt: „Friss oder stirb“, das geht mit diesem
Parlament nicht mehr. Das wäre das Ende von europäischen Gemeinsamkeiten, die es parteiübergreifend in
diesem Hause immer noch gibt.
Herzlichen Dank.
({25})
Nächster Redner ist der Kollege Rainer Brüderle für
die FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
Steinmeier hat kürzlich behauptet: Die SPD sagt, was ist. Das war Ferdinand Lassalle in Kurzform.
({0})
Sie, Herr Steinmeier, hätten heute die Möglichkeit gehabt, zu sagen, was ist. Sie haben es nicht gemacht. Sie
haben verschwiegen, bemäntelt. Aber wer Lassalle zitiert, legt die Latte hoch. Sie sind heute bequem unter ihr
durchgelaufen. Sagen Sie doch einmal, was ist. Was ist
mit dem toten Rennen der Kanzlerkandidatur? Was ist
mit dem Rückwärtsgang bei der Rente mit 67?
({1})
Was ist mit Ihrer Steuererhöhungspolitik? Was ist mit Ihrer Vergemeinschaftung von Schulden, Stichwort EuroBonds?
In der Sozialdemokratie sind die Machtfragen nicht
gelöst.
({2})
Sie haben die Sachfragen nicht gelöst. Das spürt man bei
jeder Sitzung. Ihre Troika ist ein Pakt des Misstrauens.
Jeder vermutet beim anderen den Dolch im Gewande.
({3})
Die Fraktionen im Deutschen Bundestag haben sich
weitreichende Rechte der Parlamentsbeteiligung erkämpft. Rechte bedeuten auch mehr Pflichten. Rechte
bedeuten auch Verantwortung. Diese Sondersitzung ist
ein starkes Zeichen unserer Demokratie. Wir Parlamentarier tun unsere Pflicht. Wir Parlamentarier nehmen unsere Verantwortung wahr.
Wir beschließen heute das Hilfsprogramm für Spanien. Das ist keine leichte Entscheidung. Aber wir wissen: Wir müssen den Teufelskreis aus Schuldenkrise und
Bankenkrise durchbrechen. Im Moment schwappt die
eine Krise immer wieder in die andere hinüber. Deshalb
brauchen wir Dämme und Dränagen.
Spanien leidet unter den Folgen der Immobilienblase.
Spanien hat strukturelle Schwächen. Aber Spanien ist
nicht Griechenland.
({4})
Spanien hat noch vor kurzem eine niedrigere Schuldenquote als Deutschland gehabt. Spanien hat industrielle
Kerne und attraktive Dienstleistungssektoren. Realwirtschaft kann sich aber nicht von der Finanzwirtschaft abkoppeln. Realwirtschaft braucht Kredite. Deshalb hat
Spanien nur eine Chance, wenn es den Bankensektor in
Ordnung bringt. Dafür hat es Hilfe bei den Euro-Partnern beantragt.
Deutschland ist bereit, zu helfen. Aber wir halten uns
an den Grundsatz: Keine Leistung ohne Gegenleistung!
Die Bundesregierung und die europäischen Partner haben Spanien ein knackiges Pflichtenpaket auferlegt.
({5})
Spanien verpflichtet sich, eine Bad Bank zu schaffen.
Spanien hat sich verpflichtet, strenge Stresstests für den
gesamten Bankensektor durchzuführen. Danach wird
entschieden, welche Institute abgewickelt werden. Spanien wird von der EU-Kommission und von der EZB mit
Unterstützung des IWF überwacht. Wir schicken quasi
die Troika wieder los. Das ist eine effektive Überwachung.
Spanien hat sich zu weitreichenden Strukturreformen
verpflichtet, etwa auf dem Arbeitsmarkt. Spanien hat ein
Sparpaket von 65 Milliarden Euro angekündigt. Das sind
klare Signale.
Eine direkte Bankenhilfe ist nicht vereinbart worden;
Finanzminister Schäuble hat das noch einmal ausdrücklich bestätigt. Auf dem Gipfel wurde ausdrücklich beschlossen: Erst wird eine europäische Bankenaufsicht
geschaffen. Ich erkläre für meine Fraktion: Es wird nicht
reichen, wenn der Währungskommissar im September
Vorschläge dazu macht. Die Möglichkeit von Direkthilfen ist klar an die Umsetzung und nicht an die Ankündigung einer Bankenaufsicht geknüpft.
({6})
Das haben die Kanzlerin und der Finanzminister öffentlich immer wieder gesagt. Die Fraktionen vertrauen der
Regierung. Notfalls werden wir das anmahnen. Hier ist
dann unser parlamentarisches Selbstverständnis gefordert.
Ich erkläre für meine Fraktion außerdem: Ohne eine
europäische Bankenaufsicht mit harten Durchgriffsrechten sind direkte Bankenhilfen überhaupt keine Option.
({7})
Optionen sind dann besonders wertvoll, wenn man sie
nicht ziehen muss. Deutschland hat kein Interesse an einem ESM als Bad Bank.
Wir haben ein gutes Verfahren für Spanien gefunden.
Das gilt es durchzuhalten, damit Vertrauen entstehen
kann.
Meine Damen und Herren, die besten Volkswirte und
Verfassungsrechtler Deutschlands treibt die Schuldenkrise um. Ökonomen machen Aufrufe, ehemalige Verfassungsrichter geben große Interviews, amtierende Verfassungsrichter nehmen sich für ein Eilverfahren mehr
Zeit als üblich. Ich halte das für legitim und auch für notwendig und richtig.
({8})
Ich sehe das als Ausweis unserer Grundfreiheiten, richterlicher Unabhängigkeit, der Freiheit von Forschung
und Lehre und der Meinungsfreiheit.
Deutschland ringt mit sich und seinen Grundsätzen.
Wir müssen den europäischen Weg gehen, aber uns ist
klar: Es muss ein Pfad der Stabilität und der Rechtsstaatlichkeit sein.
({9})
Darum ringen die Politik, Ökonomen und auch Verfassungsrechtler.
Privates Eigentum, Haushaltsautonomie und Geldwertstabilität sind unsere wirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Vorräte.
({10})
Diese müssen wir schützen, die wollen wir schützen, und
die werden wir schützen.
Deutschland kann seinen Wohlstand nicht für ein Europa der Reformpausen einsetzen. Damit würden wir unseren Wohlstand aufs Spiel setzen.
({11})
Davon hat niemand etwas, wir nicht und unsere europäischen Partner auch nicht.
Das Time Magazine hat vor kurzem geschrieben - ich
zitiere -:
Deutschland geht es deswegen besser als dem Rest
Europas, weil es sich nicht so verhält wie der Rest
Europas.
Meine Damen und Herren, die christlich-liberale Koalition schützt die Interessen Deutschlands in Europa.
({12})
Ich zitiere noch einmal das Time Magazine:
Wenn Deutschlands europäische Partner - aber
auch Washington - weiterhin wollen, dass Merkel
und ihr Land sich so stark engagieren, dann ist es
vielleicht an der Zeit, ihr Respekt zu zollen, statt ihr
ständig Beleidigungen an den Kopf zu werfen.
Das Magazin hat völlig recht.
({13})
Das gilt auch für die Opposition.
({14})
Meine Damen und Herren, ich halte es schon für bedenklich, wenn sich Sozialdemokraten zum Sprachrohr
der französischen Sozialisten machen und hier über
Bande spielen. Das hat eine neue Qualität.
({15})
Dort wurden offenbar Informationen ausgetauscht und
vielleicht sogar Strategien besprochen. Hätte ein deutscher Beamter das gemacht, dann wäre das Geheimnisverrat gewesen.
({16})
Das hat Deutschland nicht genützt.
({17})
Altbundeskanzler Schröder hat es klar angedeutet: Es ist
nicht im deutschen Interesse, Reformpausen und die
Rente mit 60 in anderen Ländern zu finanzieren. Das
kann nicht deutsches Interesse sein.
({18})
Kollege Müntefering hat das bei Ihnen ja offen angesprochen. Es gibt offenbar noch Verantwortungsethiker.
({19})
Ihnen sollten Sie mehr Raum geben.
Meine Damen und Herren, die Menschen im Land
machen sich Sorgen um die Geldwertstabilität. Wir alle
hier haben den Menschen versprochen, der Euro werde
genauso stabil sein, wie es die D-Mark war, und die Europäische Zentralbank werde genauso unabhängig sein,
wie es die Deutsche Bundesbank war und ist. Das müssen wir auch einhalten. Zweimal haben die Deutschen
ihre Geldwerte verloren, und zwar durch zwei Währungsreformen. Inflation stand am Anfang und am Ende
der unseligsten Zeit der deutschen Geschichte. Deshalb
ist unsere Mitgift für Europa Sensus für Geldwertstabilität und die Schaffung der Voraussetzungen dafür. Mit einer Schuldenunion aus Euro-Bonds schaffen wir das
nicht,
({20})
mit einer Haftungsunion, in der die deutschen Sparkassen für Großbanken in Spanien und sonst wo einstehen,
auch nicht, mit einer Inflationsunion - Stichwort
„Banklizenz für den ESM“ - auch nicht.
Von Deutschland wird Orientierung und auch ein
Stück Führungsverantwortung gefordert. Führungsverantwortung heißt aber nicht, der liebe Onkel oder die
nette Tante zu sein und ständig Bonbons zu verteilen,
({21})
sondern durch ein gutes Beispiel Orientierung zu geben.
Deutschland setzt ein gutes Beispiel. Wir bringen unsere
Wirtschaftsstärke, aber auch unsere Stabilität ein. Das ist
der richtige Pfad für Europa.
({22})
Das Wort erhält nun die Kollegin Sahra Wagenknecht
für die Fraktion Die Linke.
({0})
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Wir
sind also wieder einmal zusammengekommen, um Milliarden, die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hart
erarbeitet haben, im schwarzen Loch des Finanzmarkts
zu versenken. Der einzige Fortschritt ist immerhin, dass
Sie diesmal wenigstens offen zugeben, worum es geht:
Nicht um Hilfszahlungen an Länder, die ihnen vielleicht
dabei helfen können, ihre Krise zu meistern oder ihre
riesige Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, sondern es
geht wieder einmal nur um Hilfszahlungen für Banken,
die andere Banken, Hedgefonds und private Großanleger
vor Verlusten schützen sollen.
Bis zu 48 Milliarden Euro kann die heutige Entscheidung den deutschen Steuerzahler kosten. Das ist etwa
das Vierfache dessen, was der Bund jährlich in seinem
Etat für Bildung und Forschung ausweist. Insoweit muss
man schon sagen: Es war wirklich ungerecht, dass Frau
Merkel in Europa einmal „Madame Non“ genannt wurde.
Wenn es um Banken und darum geht, Steuergeld für
Banken zu verbrennen, dann war Madame Merkel - und
sie ist es bis heute - leider immer „Madame Oui“.
({0})
Gleichzeitig singen Sie aber - diese Regierung macht
das heute ja wieder - das Mantra von Haushaltsdisziplin
und Haushaltskonsolidierung. Sie zwingen die Bundesländer, Polizisten und Lehrer zu entlassen, um eine sogenannte Schuldenbremse einzuhalten. Verarmte Kommunen verkloppen Krankenhäuser und Wohnungen und
schließen eine kommunale Einrichtung nach der anderen. Ich sage Ihnen aber: So viele Theater, Bibliotheken
und Schwimmbäder gibt es in ganz Deutschland nicht,
dass man durch ihre Schließung die gigantischen Summen wieder hereinholen könnte, die Sie hier mit jeder
einzelnen Entscheidung verpulvern.
({1})
Erzählen Sie doch niemandem, dieses Geld sei nicht
in Gefahr. Es ist natürlich in akuter Gefahr. Ich bin zwar
lange nicht so marktgläubig, wie Sie das sind. Aber gibt
es Ihnen nicht zu denken, dass die Banken, deren Risikokapital Sie jetzt mit deutschem Steuergeld aufstocken
wollen, am privaten Markt seit langem nicht einmal
mehr Anleihen platzieren können? Das spricht doch
wohl sehr dafür, dass Sie sich hier auf ein verdammt
schlechtes Geschäft einlassen.
({2})
Ich finde, Sie müssen sich auch einmal entscheiden.
Sie wollen doch den Kapitalismus auch im Finanzbereich, also private Banken und ein marktwirtschaftlich
organisiertes Finanzsystem. Dann müssen Sie aber auch
die Regeln anerkennen, die in der privaten Wirtschaft
nun einmal gelten. Eine der Kernregeln ist, dass Investoren für ihre Verluste haften, nicht der Steuerzahler.
({3})
Jeder kleine Unternehmer, der eine falsche Investitionsentscheidung trifft, muss am Ende dafür büßen.
({4})
Er wird oft genug gerade von den Banken bis aufs letzte
Hemd ausgezogen. Aber für die Banken selbst soll das
offensichtlich nicht gelten.
Wenn Sie uns jetzt sagen: „Na ja, Bankenpleiten kann
man nicht verantworten, das hat solche gesamtwirtschaftlichen Folgen“, dann seien Sie doch nur einmal
konsequent. Dann akzeptieren Sie, dass Finanzen ein öffentliches Gut sind, das eben nicht privater Renditejagd
überlassen werden darf.
({5})
Dann akzeptieren Sie, dass der Finanzsektor öffentlich
und gemeinwohlorientiert organisiert werden muss, dass
Finanzen so wenig auf einen Markt gehören wie Gesundheit, Bildung und viele andere elementare Güter.
Genau das fordert die Linke ja seit langem.
({6})
Aber das, was Sie machen, gigantische private Wettbuden am Markt zu belassen, die alle Freiheiten haben,
die Ersparnisse mit waghalsigen Geschäften zu verzocken, sich an jeder Blase zu beteiligen, um maximale
Rendite herauszuschinden, und immer dann, wenn es
eng wird, den Steuerzahler kommen und brav für die
Verluste haften zu lassen, also Sozialismus für die Bankvorstände und Vermögenden und Kapitalismus für den
Rest der Bevölkerung, das ist wirklich ein absurdes und
krankes Modell.
({7})
Ich muss auch sagen: Dass sich SPD und Grüne jedes
Mal dazu hergeben, der Regierung für diesen Bankensozialismus die nötige Mehrheit zu sichern, die sie gar
nicht mehr hätte ohne sie, das ist wirklich ein einziges
Trauerspiel.
({8})
Ich kann die Phrase nicht mehr hören: Die Finanzmärkte dürfen nicht beunruhigt werden. - Ob die Menschen beunruhigt werden, ob die Demokratie ausgehebelt wird,
({9})
ist alles nicht so wichtig, solange nur die Finanzmärkte
bei Laune bleiben. Ich finde es schon ziemlich skrupellos, wie teilweise versucht wurde, sogar das Bundesverfassungsgericht mit Rücksicht auf Finanzmarktinteressen unter Druck zu setzen.
Genau das unterscheidet die Linke von Ihnen allen.
Wir wollen nicht die Finanzmärkte beruhigen, und wir
wollen auch nicht um das Vertrauen dieser Zockerbande
werben, sondern wir wollen die Finanzmärkte entmachten. Wir wollen die Banken als öffentliche Institute so
reorganisieren, dass sie endlich wieder das tun, wofür
Banken da sind:
({10})
sichere Sparmöglichkeiten anbieten und Investitionen finanzieren; und sonst gar nichts.
Tatsächlich brauchen Spanien und auch Italien - das
wird das nächste Land sein - unser Steuergeld nicht.
({11})
Was sie wirklich brauchen, ist erstens ein regulierter Finanzsektor, in dem Investoren und Gläubiger für die Verluste der Vergangenheit haften. Zweitens müssen sie
endlich unabhängig von der Zinstreiberei der Finanzmärkte werden. Ich sage Ihnen: Wenn sie sich tatsächlich
zu dem gleichen Zinssatz wie die privaten Banken finanzieren könnten, nämlich zu 0,75 Prozent, und wenn sie
nicht mehr für die Verluste ihrer Banken haften müssten,
dann hätten diese Länder so gut wie keine Defizite mehr.
Allen, die sofort wieder warnen, billige Zinsen würden zu unverhältnismäßiger Schuldenmacherei animieren, kann ich nur sagen: Dann beschließen Sie doch einen einfachen Sanktionsmechanismus. Die EZB darf nur
an die Länder Direktkredite vergeben, die erstens bereit
sind, eine kräftige Vermögensteuer für Vermögen oberhalb von 1 Million Euro einzuführen, und die sich zweitens verpflichten, diese Steuer automatisch anzuheben,
wenn und solange die Staatsverschuldung 60 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts überschreitet. Ein solcher
Sanktionsmechanismus wäre tausendmal besser als Ihre
ganzen Kürzungsdiktate, und er wäre vor allem wirksamer.
({12})
Auch in Spanien gibt es genug Vermögen. Immerhin
hat die Immobilienblase keineswegs nur Schulden produziert. Sie hat nämlich auch, und zwar nicht wenig,
Vermögen geschaffen, und diese Vermögen sind nach
wie vor vorhanden. Aber sie befinden sich ganz sicher
nicht bei den 300 000 Kleinsparern, die jetzt gerade im
Zuge der Bankenrestrukturierung mit ihrem Vermögen
bluten sollen.
Ich finde es auch bemerkenswert, dass eine Gläubigerbeteiligung nur in dem Sonderfall tatsächlich durchgesetzt wird, wo sie eben nicht andere Banken und
Hedgefonds betrifft, sondern Kleinanleger. Das zeigt
doch auch, wie verlogen das ganze Gerede ist, dass es
hier angeblich immer darum geht, die Kleinanleger zu
schützen. Nein, die Kleinanleger in Spanien bluten jetzt.
Die Banken und Hedgefonds werden geschützt. Auch
deutsche Banken gehören zu denen, die von dem Steuergeld profitieren werden, das nicht wir, aber Sie heute
wieder freigeben werden.
Ich nenne Ihnen noch zwei Zahlen, um deutlich zu
machen, wo das Geld liegt. Die europäischen Staaten haben aktuell eine Staatsverschuldung von 11 Billionen
Euro. Die privaten Vermögen in Europa betragen 13 Billionen Euro, und zwei Drittel besitzen die oberen
10 Prozent. Das heißt, Sie können spielend die Spareinlagen von 90 Prozent der Bevölkerung in Europa sichern
und Sie können sogar noch die Staatsverschuldung reduzieren, wenn Sie bereit sind, die Reichen mit ihrem Vermögen dafür haften zu lassen. Das wäre tausendmal besser als Ihr Schuldensumpf, die ganzen Kürzungsdiktate
und die Ausplünderung der Steuerzahler.
({13})
Frau Kollegin, achten Sie bitte auf die Zeit.
Ich komme zum Ende. - Die Linke jedenfalls wird
heute wieder geschlossen gegen diese erneute milliardenschwere Bankenrettung stimmen; denn wir sind
überzeugt: So kann und so darf es in Europa nicht weitergehen.
Ich danke Ihnen.
({0})
Das Wort erhält nun der Kollege Volker Kauder für
die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Wir haben hier im Deutschen Bundestag den ersten Rettungsschirm beschlossen, um einen Beitrag leisten zu
können, unsere Währung, den Euro, zu schützen und zu
stabilisieren. Wir haben diesen Rettungsschirm doch geschaffen, um ihn dann einzusetzen, wenn es notwendig
ist.
Frau Wagenknecht, die Linke hat damals nicht zugestimmt. Deswegen ist es gar kein Wunder, dass Sie auch
jetzt nicht zustimmen.
({0})
Es wundert mich überhaupt nicht, dass Sie das erste Mal
nicht zugestimmt haben und auch jetzt nicht zustimmen
werden; denn das, was damals Sie und die SED als ökonomisches Konzept in der DDR gemacht haben,
({1})
hat dazu geführt, dass die Bürgerinnen und Bürger Sie
rausgeschmissen haben.
({2})
17 Millionen Menschen haben Sie in die Armut getrieben. Von Ihnen brauchen wir keine Belehrungen darüber,
wie es funktionieren muss.
({3})
- Sie können nachher reden. Wissen Sie, Sie sollten hier
nur ein einziges Mal auftreten und den Satz sagen: Wir
haben nachgedacht und erkannt, was wir alles falsch gemacht haben.
({4})
Aber das bringen Sie ja überhaupt nicht fertig. Dazu sind
Sie gar nicht in der Lage.
({5})
Da kann man nur fragen: Ist es mangelnde Einsichtsfähigkeit oder eine gewisse Arroganz, die Sie an den Tag
legen? Ich sagen Ihnen: Damit überzeugen Sie niemanden hier im Deutschen Bundestag. Niemanden!
({6})
Wir haben damals ganz klar formuliert, unter welchen
Voraussetzungen und Bedingungen wir bereit sind, diese
Euro-Stabilisierung vorzunehmen. Wir haben dies miteinander so beschlossen, indem wir gesagt haben: Es müssen Leistung und Gegenleistung, Solidität und Solidarität zusammenkommen. Deswegen ist doch völlig klar:
Die heutige Zustimmung zu dem Antrag, Spanien bei
der Rekapitalisierung seiner Banken zu unterstützen, ist
mit entsprechenden Konditionen verbunden.
Ich kann mich nur wundern: Immer bei dem Satz „Es
muss etwas verändert werden, es kann nicht so weitergehen wie bisher“ kommt aus der linken Hälfte des Deutschen Bundestags ein Stöhnen. Man kann doch nicht sagen, dass die Griechen und andere so hervorragend
gewirtschaftet haben, dass nichts verändert werden
muss. Ich kann Ihnen nur sagen: Es gehört mit dazu,
dass wir dies dort, wo etwas falsch gelaufen ist, sagen.
Bloß Hilfe zu geben nach dem Motto: „Nur nicht sagen,
was falsch gelaufen ist“, wird zu keiner Lösung in Europa führen.
({7})
Nur deshalb, Frau Roth - Sie schaue ich ganz besonders an -, weisen wir darauf hin, was sich verändern
muss. Wir sagen im Übrigen, dass auch wir in Deutschland in diesem Veränderungsprozess sind. Deswegen,
Herr Kollege Steinmeier: Es ist eben nicht so, dass wir
der Bevölkerung sagen: Es muss sich überhaupt nichts
tun. - Vielmehr haben wir der Bevölkerung klar gesagt
- das wissen Sie sehr genau; das ist Ihnen auch nicht
leichtgefallen -, was sich mit Rente mit 67, mit Hartz IV
und vielem anderen tun muss und was wir verändern
müssen. Wenn ich mir den deutschen Bundeshaushalt
anschaue, dann muss ich mich fragen, ob wir nicht mehr
und mehr auch die Investitionshöhe in unserem Haushalt
verändern müssen und nicht nur konsumtive Ausgaben
tätigen dürfen. Eine entsprechende Veränderung ist notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu
erhalten. Das sagen wir den Menschen auch.
({8})
Wir können uns vieles in Deutschland trotz der Solidarität in Europa nur leisten, weil wir eine funktionierende Wirtschaft haben und weil es gut läuft. Ich kann
nur sagen: Ich bin froh, dass wir Entwicklungen, Prozesse in unserem Land vorangebracht haben, die auch
der deutschen Wirtschaft helfen. Ich will nur auf Folgendes hinweisen: Vor sechs, sieben oder acht Jahren waren
die Sozialversicherungsbeiträge so hoch, dass die deutsche Wirtschaft unter diesen sogenannten Lohnzusatzkosten regelrecht geächzt hat. Es ist auch ein Erfolg dieser Koalition, dass wir hier durch eine konsequente
Politik zu Entlastungen gekommen sind.
({9})
Das war aber nur zu erreichen, indem eine ganze Reihe
von Reformmaßnahmen getroffen wurden.
Ich gehöre - darauf habe ich schon einmal hingewiesen - der ersten Nachkriegsgeneration an, die eine große
Vision hatte: ein stabiles Europa ohne Grenzen, ein Europa des Friedens. Es sollte nie wieder Krieg von diesem
Europa ausgehen. Deswegen fühle ich mich diesem Europa in besonderer Weise verpflichtet, genauso wie
viele, viele von uns hier. Wir wollen dieses Europa erhalten; wir wollen es stabilisieren. Aber damit dies gelingt, müssen sich auch alle an die Spielregeln halten, die
wir miteinander vereinbart haben.
({10})
In diesem Punkt bin ich der Bundesregierung, namentlich Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, dankbar.
Ich muss dies aber auch immer wieder sagen: Ein Teil
der Probleme ist in Europa entstanden - das gehört zur
Wahrheit und zur Analyse, um daraus die Konsequenzen
zu ziehen -, weil man sich, wenn es ernst wurde, nie an
die Regeln gehalten hat, die man selber vereinbart hat.
Ich will gar nicht die aktuelle Ausgabe des Spiegels zitieren. Lesen Sie von der SPD einmal ganz genau nach!
Dann wissen Sie, was damals infolge des brutalen Regelbruchs und der Aufgabe der Stabilitätskriterien passiert ist.
({11})
- Ja, ja; das ist halt das Thema. - Deswegen reagiere ich
sehr allergisch darauf. Wenn wir in Europa etwas vereinbart haben, muss es eingehalten werden, auch wenn es
dem einen oder anderen nicht ganz leichtfällt.
({12})
Deswegen bin ich dankbar, dass die Bundesregierung
klipp und klar gesagt hat: Es gibt keine direkte Bankenfinanzierung.
({13})
Vielmehr wird heute über einen Antrag Spaniens abgestimmt. Spanien haftet dafür. Es werden dafür ganz klare
Konditionen vereinbart, die eingehalten werden müssen.
({14})
Noch zu einem anderen Punkt. Wir haben auch klipp
und klar gesagt, warum wir diese Maßnahmen ergreifen.
Ich bin manchmal sehr überrascht, wie hier dahergeredet
wird. Der Euro ist unsere Währung, und wir haben allen
Grund, unsere Währung zu stabilisieren und zu schützen.
Ich bin wirklich heilfroh, dass wir sagen können: Wir haben keine Euro-Krise, wir haben eine Staatsschuldenkrise.
({15})
Das ist der entscheidende Punkt. Wir werden alles tun,
um diese Währung zu schützen.
Wir haben in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/
2009 dafür sorgen können, dass die Spareinlagen der
Menschen gesichert sind. In Spanien waren es Sparkassen aus dem regionalen Bereich - genauso, wie es bei
uns welche gibt -, die zu einer Bank zusammengeschlossen wurden. Wer leichtfertig daherschwätzt, es werde
den Banken Geld gegeben, um sie zu stützen, um Kapitalisten zu stützen, der vergisst durchweg, dass auf diesen Banken die Sparvermögen unserer Bürgerinnen und
Bürger liegen. Wenn diese Banken in Schieflage kämen,
wären unsere Bürgerinnen und Bürger in erster Linie betroffen. Deswegen ist es richtig, was wir heute machen.
Wir tragen zu einer Stabilisierung in Europa bei.
Wenn ich mir anhöre, welche Konzepte - auch gestern wieder im Haushaltsausschuss ({16})
vorgeschlagen werden - Altschuldenfonds, Vergemeinschaftung und vieles andere mehr -, dann muss ich sagen: Ich bin zwar dankbar dafür, dass wir in diesem Parlament eine gesamteuropäische Verantwortung tragen
- jawohl, Herr Kollege Steinmeier und Herr Trittin, das
stimmt; dafür bin ich dankbar -, aber wenn ich höre,
welche Lösungsvorschläge Sie darüber hinaus haben,
bin ich dankbar dafür, dass eine christlich-liberale Koalition dieses Land regiert.
({17})
Jürgen Trittin ist der nächste Redner von Bündnis 90/
Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber
Kollege Kauder, in Ihrer Dankbarkeit sollten Sie vielleicht nicht übersehen, dass diese christlich-liberale Koalition, wie Sie sich selber eben bezeichnet haben,
({0})
in entscheidenden Abstimmungen in diesem Hause
keine Mehrheit mehr gehabt hat; das ist der Kern.
({1})
Wenn Sie sagen - möglicherweise wäre ich hier mit
Ihnen sogar einer Meinung -, man müsse die Ausgaben
stärker auf Investitionen konzentrieren, dann frage ich
Sie, lieber Herr Kauder: Wie kommen Sie denn dann auf
die Idee, eine neue, milliardenschwere Subvention in
Form des Betreuungsgelds auf den Weg zu bringen? Was
hat denn das mit finanzieller Solidität zu tun?
({2})
Angesichts der spanischen Entwicklung, Herr
Kauder, sich hier hinzustellen und die Geschichte von
der Staatsschuldenkrise zu wiederholen, das ist schon
abenteuerlich.
({3})
2007 lag die spanische Verschuldungsquote bei 36 Prozent. Selbst heute ist die staatliche Verschuldungsquote
in Spanien niedriger als in der Bundesrepublik Deutschland unter der angeblichen Sparkanzlerin Angela Merkel.
In Spanien haben wir es genau genommen mit etwas anderem zu tun. Spanien ist in die Krise geraten, weil eine
Immobilienblase geplatzt ist und weil wir dort eine Bankenkrise und eine Bankschuldenkrise haben. Das ist das
Problem, um das es in Spanien geht.
({4})
Die spanische Gesellschaft befindet sich jetzt in der
Situation, dass sie angesichts der geplatzten Immobilienblase nicht mehr in der Lage ist, mit den Folgen dieser Entwicklung klarzukommen und ihren außer Kontrolle geratenen Sparkassensektor - liebe Kollegin
Wagenknecht, darum geht es im Wesentlichen; das sind
doch die Banken, die Sie eigentlich befürworten - in den
Griff zu bekommen.
({5})
Das versucht Spanien nun in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Worin besteht diese wirtschaftliche
Krise? Zum Beispiel darin, dass nicht genügend investiert wird. Warum wird nicht genügend investiert? Weil
für Unternehmen unter den Bedingungen zusammenbrechender Sparkassen eine Fremdkapitalfinanzierung
kaum noch möglich ist. Das ist eine der Ursachen für die
Rezession; das ist eine der Ursachen für eine fast 50-prozentige Jugendarbeitslosigkeit in diesem Land. Das heißt
für uns: Wer die Rezession in Spanien überwinden will,
der muss mit dafür Sorge tragen, dass dieser marode
Bankensektor restrukturiert wird. Dazu ist Spanien allein
nicht in der Lage. Deswegen der Hilfsantrag.
Deswegen glaube ich, dass es gute Gründe gibt, sich
das vorurteilsfrei und offen anzuschauen. Ja, es gibt bestimmte Elemente in dem Hilfspaket, die richtig sind übrigens Elemente, von denen Sie nie etwas hören wollten. Sie haben immer behauptet, der Zinsdruck auf diese
Länder mache gar nichts. Wenn Spanien das allein wuppen müsste, dann würde der Druck auf Spanien - die
Zinsen liegen heute schon 5 Prozentpunkte über denen,
die Deutschland zu zahlen hat - noch weiter steigen.
Sie können es auch andersherum sagen: Wenn Spanien durch europäische Hilfe in die Lage versetzt wird,
diesen Zinsdruck zu mindern, dann macht das ungefähr
2,5 Milliarden Euro bis 3 Milliarden Euro pro Jahr im
Haushalt Spaniens aus. Das sind übrigens 2,5 Milliarden
Euro bis 3 Milliarden Euro, die Spanien weniger sparen
muss.
Deswegen glaube ich, dass das ein vernünftiger Vorschlag ist. In diesem Vorschlag stecken Elemente, die
wir gerne auch in anderen Paketen gehabt hätten, zum
Beispiel das Verbot, Dividenden auszuschütten, sowie
eine klare Regelung, dass Banken unter dem Restrukturierungsfonds ihren Managern nicht mehr als
300 000 Euro bzw. 500 000 Euro auszahlen dürfen.
({6})
Er beinhaltet auch das Element, dass Banken gegebenenfalls abgewickelt werden müssen; wer etwas gegen die
Wand fährt, muss auch pleitegehen können. All dieses ist
vernünftig.
Aber in diesem Paket stecken auch eine ganze Reihe
von Unbekannten. Ich weiß noch nicht, wie viele Banken am Ende tatsächlich abgewickelt werden müssen,
wie vielen wir helfen wollen und müssen.
({7})
Weil wir das nicht wissen, haben wir uns im Haushaltsausschuss gemeinsam, Herr Kollege Fricke, darauf verständigt, dass wir diese Frage nach genauer Erörterung
hier im Deutschen Bundestag entscheiden werden.
Meine Damen und Herren, es kommt ein Weiteres
hinzu: Ich glaube, es ist richtig, zu versuchen, Spanien
zu helfen. Aber es wird auch notwendig sein, aus dieser
Entwicklung zu lernen. Warum sind wir schon wieder in
der Situation, mit Staatsgeldern eine Bankschuldenkrise
- denn darum geht es hier - managen zu müssen? Das ist
deswegen der Fall, weil Sie bis heute unserem Ratschlag, unserer Forderung, endlich einen europäischen
Bankenrestrukturierungsfonds aufzubauen, nicht gefolgt sind. Das ist der Kern.
({8})
Wenn man aus dieser Entwicklung lernen will, dann
gibt es nur eine Konsequenz, und die lautet: Wir brauchen zügig eine europäische Bankenunion, wir brauchen
zügig eine exekutiv wirksame europäische Bankenaufsicht, wir brauchen eine Schuldenbremse nicht nur für
Staaten, sondern auch für Banken, und wir brauchen eine
von den Banken über eine Abgabe finanzierte europäische Einlagensicherung. Das ist es, was wir in Europa
brauchen, und das heißt, aus dieser Krise, aus dieser
Hilfssituation endlich zu lernen und Konsequenzen zu
ziehen.
({9})
Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Otto Fricke für
die FDP-Fraktion.
({0})
Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Trittin, Sie haben vieles gesagt,
dem ich zustimmen kann. Ich will aber eines zum Thema
Mehrheiten festhalten; als Haushälter schaut man ja genau auf die Zahlen. Ich habe hier keine einzige Abstimmung zu Europa erlebt, bei der diese Koalition nicht ihre
Mehrheit hatte. Noch viel mehr: Ich habe keine einzige
Abstimmung erlebt, bei der wir als Koalition selbst dann
nicht die Mehrheit gehabt hätten, wenn alle in der Opposition mit Nein gestimmt hätten. Sie können sich das
gerne einmal anschauen.
({0})
Deswegen bleibe ich dabei: Die notwendigen Mehrheiten haben wir immer, und selbst dann, wenn wir sie
eigentlich nicht brauchten, sind Sie noch nicht einmal in
der Lage, die entsprechenden Gegenstimmen zu liefern.
({1})
So viel zu den Fakten.
({2})
Nichtsdestotrotz will ich eines positiv hervorheben, was
noch gar nicht geschehen ist. Wir vergessen das oft, weil
wir die Diskussion immer auf den aktuellen Punkt konzentrieren und gar nicht sehen, was wir erreicht haben.
Wir haben hier heute zu Spanien eine ernsthafte Debatte,
die in den letzten Wochen angefangen hat. Wir debattieren hier im Plenum, und wir entscheiden hier im Plenum nicht im Ausschuss. Wir bereiten das im Ausschuss vor.
Die Demokratisierung, die Parlamentarisierung dieser
Entscheidung zeigt doch, dass all das nicht stimmt, was
in den letzten Wochen und Monaten gesagt wurde, dass
dies alles in einem Handstreich von irgendwelchen Leuten in Brüssel und in der Regierung von heute auf morgen entschieden werden würde. Darauf sollten wir als
Parlament gemeinsam doch auch einmal stolz sein.
({3})
Was ist Ziel unseres Handelns bei der Rettung Spaniens? Dass wir uns um Europa kümmern, weil wir entsprechend der Stärke unseres Landes eine besondere
Verantwortung haben. Das Ziel kann aber nicht sein,
dass wir ein gleichgemachtes Europa wollen.
Wir wollen ein Europa in Freiheit. Was heißt das eigentlich? Das bedeutet auch: in finanzieller Freiheit. Das
heißt auch, dass die Staaten nach ihren jeweiligen Vorstellungen entscheiden können, wie sie das Leben ihrer
Menschen verbessern wollen.
Aber die Freiheit alleine nützt nichts, wenn sie nicht
auch zu Verantwortung führt. Diese Verantwortung ist
nicht wahrgenommen worden. Herr Trittin - das sage ich
auch in Richtung Linke -, warum haben wir diese Bankenkrise denn eigentlich? Erstens, ja, weil der Finanzsektor mitgemacht hat. Aber, zweitens, doch auch, weil
Spanien dasselbe falsche Heilsversprechen gegeben hat
wie die USA, indem es seinen Bürgern gesagt hat: Unabhängig davon, wie viel Geld ihr habt oder verdient, ist es
ganz leicht für euch, Eigentum zu erlangen. Das machen
wir mit niedrigen Zinsen; das geht alles.
Dies müssen wir jetzt auskurieren. Es war wiederum
ein Staat, der seinen Bürgern gesagt hat: Es geht ohne
Fleiß, und es geht ohne Sparsamkeit.
({4})
Diesen Fehler müssen wir jetzt ausgleichen, und zwar im
Rahmen sozialer Standards und durch Anpassungen, die
notwendig sind. Das ist allerdings ein langwieriger Prozess.
({5})
Wir sollten nicht vergessen, dass jedes Versprechen
der Politik an die Bürger, etwas sei - unabhängig von
Leistung - leicht, am Ende zu einer, wie man so schön
sagt, Blase führt.
Es gibt ein niederländisches Sprichwort, welches das
eigentliche Problem, das wir - der Minister hat das angesprochen - in der Kommunikation mit der Bevölkerung
haben, sehr gut trifft. Es geht dabei um Vertrauen. Das
niederländische Sprichwort besagt: Vertrauen geht auf
dem Rücken eines Pferdes und kommt nur zu Fuß zurück.
Genau das ist das Problem, das wir im Moment in Europa haben, das die Bürger bei der Frage haben, welchem Land und welcher Bank und ob man der Politik
vertrauen kann.
({6})
In jeder Fraktion gibt es kritische Meinungen, und wir
fragen uns: Können wir denn vertrauen, wenn wir jetzt
Spanien helfen? Sind sie so wie die Griechen, wie wir
sie in den vergangenen Jahren erlebt haben? Oder sind
sie so - das muss man auch einmal sagen - erfolgreich,
wie es Portugal und Irland sind?
Wir wissen das nicht genau. Aber ich will eines deutlich in Richtung Spanien sagen: Das, was die gegenwärtige spanische Regierung bereits getan hat und was sie
von ihrer Bevölkerung verlangt, bedeutet ein hartes
Stück Arbeit, verlangt sehr viel Mut und ist nicht einfach. Ich weiß um die Kritik, welche die Linke hinsichtlich der Programme vorgebracht hat.
Aber dass ein Land wie Spanien diese Anstrengungen
unternimmt, zeigt uns - insofern bitte ich um einen Vertrauensvorschuss der Bürger für Spanien und unsere
heutige Entscheidung -, dass wir mit dem, was wir tun,
die richtige Entscheidung treffen, um das gemeinsame
Haus Europa zu erhalten, und zwar nicht nach dem
Motto „Jeder, wie er kann!“, sondern jeder entsprechend
seiner eigenen Verantwortung. Deswegen werden ich
und die breite Mehrheit meiner Fraktion heute zustimmen.
Herzlichen Dank.
({7})
Axel Schäfer ist der nächste Redner für die SPDFraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
stimmen heute als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die Hilfe für Spanien,
({0})
weil wir der Auffassung sind, dass wir Stabilität auch
praktizieren und anwenden müssen, dass wir das, was
wir versprochen haben, auch einhalten müssen, und weil
wir uns der Dramatik der Situation bewusst sind.
Die Alternative würde nämlich heißen, dass Spanien
und dann vielleicht auch Italien sich nicht mehr am Kapitalmarkt refinanzieren könnten. In einer solchen Situation wäre auch unsere europäische Währung, der Euro,
am Ende. Dagegen müssen wir gemeinsam alles unternehmen. Deshalb stimmen wir als Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten heute zu.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP
und der Union, wenn man bestimmte Länder wie Griechenland nennt, darf man die historische Wahrheit nicht
verschweigen. Es ist nicht nur so, dass wir von diesen
Ländern etwas einfordern. Viele hier im Haus haben vergessen, was wir von diesen Ländern bekommen haben.
Es war Griechenland, das 1953 dem Schuldenschnitt für
Deutschland um die Hälfte zugestimmt hat. Die Zustimmung zu diesem Schuldenschnitt war eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir den Wiederaufbau, den Aufschwung, all das, was nach 1945 erreicht worden ist,
gemeinsam hinbekommen haben. Das wird heute vergessen; aber das gehört zur historischen Wahrheit, was
gelebte Solidarität auch ist, dazu.
({1})
Axel Schäfer ({2})
Der Kollege Brüderle hat hier angesprochen, dass ein
bestimmtes Verhalten bei Beamten Verrat gewesen wäre.
Man denkt bei der CSU dann gleich an so etwas wie
Landesverrat. Leider ist man mittlerweile auf diesem
Niveau von Vorwürfen angekommen. Dazu gehört aber,
dass das, was dahintersteht, nämlich die parlamentarische und die sozialdemokratische Zusammenarbeit in
Europa, mit zu dem größten Erfolg in diesem Haus geführt hat. Wir haben es nämlich gemeinsam mit Ihnen,
wenn auch verspätet, geschafft, dass sich dieses Parlament für eine Finanztransaktionsteuer ausgesprochen
hat. Das war ein Vorschlag, der im Juni 2011, initiiert
von der französischen Parti Socialiste und von der deutschen Sozialdemokratie, parlamentarisch eingereicht, in
der Assemblée nationale und hier im Hause diskutiert
und auf den Weg gebracht worden ist. Das ist heute europäische Mehrheitsmeinung. Damals waren Sie nicht
dafür. Inzwischen haben wir das, von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten angestoßen, durchgesetzt.
({3})
Das ist ein Erfolg. Kollege Brüderle, das ist eben gemeinsame europäische Politik.
({4})
Wir werden das genau an dieser Stelle fortsetzen müssen. Das heißt, es wird in Europa keine Denkverbote geben, und es wird keine „Ausschließeritis“ geben nach
dem Motto: Das kann nicht sein. - Der wichtige Schritt
dazu ist - Jürgen Trittin hat zu Recht darauf hingewiesen -:
Es muss eine europäische Bankenunion geben mit verbindlicher europäischer Aufsicht, mit verbindlichen europäischen Insolvenzregeln, mit schärferen Regeln, die
wir im Rahmen von Finanzmarktkontrolle insgesamt bekommen. Das muss in Europa gelingen, und das muss
im Rahmen der Gesetzgebung vorangebracht werden.
({5})
Weil wir diese Debatte heute nicht nur als Deutsche
mit unseren Interessen führen, müssen wir eines klarmachen, Frau Bundeskanzlerin: Es kann Deutschland nur
gut gehen, wenn es allen anderen Ländern nicht schlecht
geht. Das ist die Voraussetzung. Es kann uns nur gemeinsam gut gehen. Es kann nicht sein, dass es den einen schlecht und den anderen gut geht.
Sie haben angekündigt, 2013 im Bundestag eine
wichtige Debatte über die europäische Zukunft zu führen. Seien Sie sicher: Wir werden das gerne aufnehmen.
Wir sind inhaltlich gut aufgestellt, und wir werden das
noch verbessern. Wir haben mit Martin Schulz einen
Präsidenten im Europäischen Parlament, der das Ganze
treibt, der es parlamentarisch voranbringt. Wir gehen
auch in diese Auseinandersetzung mit Optimismus, weil
wir wie bei Europa ins Gelingen verliebt sind.
({6})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Gerda Hasselfeldt
für die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für
uns gilt auch heute der Grundsatz: Solidarität in Europa ja; aber Solidarität ist keine Einbahnstraße. Für uns gilt
der Grundsatz: Leistung - ja; aber Leistung nur mit Gegenleistung. Für uns gilt der Grundsatz: Hilfen - ja; aber
Hilfen nur mit Auflagen. - Das hat uns in den letzten
Monaten bei den bisherigen Entscheidungen geleitet,
und das ist auch die Grundlage für den jetzt anstehenden
Beschluss.
({0})
Nun ist heute schon klar dargelegt worden, dass die
Hilfen für die Banken in Spanien notwendig sind. Wenn
die Schwächen des Bankensystems dort nicht beseitigt
werden, dann birgt das Gefahren für die gesamte EuroZone und damit auch für uns. Das heißt, das, was wir
heute beschließen, was wir auf den Weg bringen, geschieht in unserem eigenen Interesse, im Interesse der
Stabilität unserer gemeinsamen Währung.
Um die Schwächen zu beseitigen, muss aber, wenn
das Ganze Sinn machen soll, die Zeit auch genutzt werden, um das System, die Banken dort zu restrukturieren.
Die Banken müssen auf ein ein Niveau gebracht werden,
mit dem sie in der Lage sind, die Wirtschaft zu versorgen
- denn das ist die Aufgabe des Bankensystems -, damit
der gesamten spanischen Wirtschaft gutzutun und damit
auch dem europäischen Raum.
({1})
Deshalb sind die Auflagen, die gemacht werden, nicht
Schikane, sondern sie sind notwendig, sie sind fachlich
geboten, sie sind sachlich geboten. Ich bin sehr dankbar
dafür, dass in dem Memorandum of Understanding klar
dargelegt wird, was da alles gemacht werden muss. Es
ist viel konkreter als das, was wir bei früheren Entscheidungen zu verzeichnen hatten. Das muss einmal anerkannt werden.
({2})
Für uns ist dabei ganz entscheidend, dass es keine direkten Bankenhilfen gibt; ich sage das ganz besonders
betont. Antragsteller ist der spanische Staat. Vertragspartner ist der spanische Staat. Es geht bei diesen Hilfen
um rückzahlbare und verzinste Darlehen an den spanischen Staat. Der spanische Staat haftet. Mir ist diese
Klarstellung auch deshalb so wichtig, weil dies vorhin
von Herrn Steinmeier schon wieder vermischt wurde mit
den Beschlüssen in der Zukunft über eine gemeinsame
europäische Bankenaufsicht und weil schon wieder unterstellt wurde, dass im Zusammenhang mit der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht dann eine direkte
Bankenhilfe möglich sei und diese jetzt auch schon realisiert würde.
({3})
- Natürlich hat er das gesagt! - Wissen Sie, wenn in der
Bevölkerung Erklärungsbedarf besteht, was diese
schwierigen Zusammenhänge angeht - insofern stimme
ich mit ihm völlig überein -, dann müssen wir diese Erklärung alle miteinander leisten, jeder und jede an dem
Platz, an dem er oder sie Verantwortung trägt,
({4})
und auch so, dass die Erklärung der Wahrheit entspricht,
dass sie den Beschlüssen entspricht, dass die zeitlichen
Dimensionen klar zum Ausdruck kommen und dass
nichts vermischt wird, was zusätzliche Verunsicherung
mit sich bringt.
({5})
Die Hilfen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
beziehen sich auf den Bankensektor. Dort liegt auch das
Problem in Spanien. Das heißt aber nicht, dass die makroökonomische Situation außer Acht gelassen wird.
Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen den
makroökonomischen Ungleichgewichten, den öffentlichen Haushalten und dem Finanzsystem, dem Bankensystem. Deshalb ist es wichtig und meines Erachtens unerlässlich, dass die Bemühungen Spaniens in Bezug auf
Haushaltskonsolidierung, Arbeitsmarktreformen, Reformen in der Sozialpolitik und im Steuersystem, die in den
letzten Monaten schon mit konkreten Beschlüssen auf
den Weg gebracht wurden, fortgesetzt werden und dass
die Ergebnisse dieser Bemühungen auch überwacht und
kontrolliert werden. Genau das geschieht. Ich habe gelegentlich den Eindruck, dass dies in der Diskussion ein
bisschen unbeachtet bleibt, vielleicht deshalb, weil die
Grundlagen dafür nicht hier im Hause beschlossen wurden, sondern weil beispielsweise das Europäische
Semester, die Six-Pack-Regelungen und vieles, was auf
europäischer Ebene heute praktiziert wird, im Europäischen Parlament und im Rat beschlossen und auf den
Weg gebracht wurden. Aber sie werden konkret bei Spanien angewandt. Es ist nun die Verpflichtung der spanischen Regierung, auf Konsolidierung, auf Reformen
nicht nur zu achten, sondern diese auch durchzuführen.
Das wird vom Rat und von der Kommission kontrolliert.
Der Bundesfinanzminister hat uns zugesichert, auch hier
im Parlament regelmäßig Bericht über die Fortschritte zu
erstatten. Ich bedanke mich dafür sehr herzlich. Ich will
deutlich zum Ausdruck bringen, dass beides zusammengehört. Es sind letztlich zwei Seiten einer Medaille, die
aber in verschiedenen Körben aufzuheben sind. Mir ist
es wichtig, dass dies hier zum Ausdruck gebracht wird.
Noch etwas, meine lieben Kolleginnen und Kollegen:
Wenn wir uns heute die europäische Landschaft anschauen und sehen, in wie vielen Ländern Konsolidierungsbemühungen an der Tagesordnung sind, dann können wir, wie ich finde, sagen, dass wir viel geleistet
haben. Es ist deutlich: Die Konsolidierungsmentalität
hat in den europäischen Ländern Fuß gefasst, mehr als es
noch vor zwei Jahren der Fall war. Das Bewusstsein für
solide öffentliche Haushalte und für notwendige Strukturreformen ist gestiegen, und nicht zuletzt deshalb, weil
die deutsche Bundesregierung immer der Motor dieser
Bewegung war. Ich möchte mir nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn wir in diesen schwierigen Zeiten
eine andere Bundesregierung gehabt hätten.
({6})
Unsere zentralen Forderungen sind bei dieser Beschlussvorlage erfüllt, nämlich: keine Leistung ohne Gegenleistung, Solidarität ist keine Einbahnstraße, keine
Vergemeinschaftung von Schulden und Risiken, sondern
Verantwortung des Staates und Haftung des Staates Spanien. Deshalb empfehle ich Ihnen die Zustimmung.
({7})
Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Diether Dehm,
Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kauder, wenn Sie ein ums andere Mal bestreiten,
dass es sich hier um eine Bankschuldenkrise handelt,
und von einer Staatsschuldenkrise reden, dann sprechen
Sie sich mit Herrn Schäuble besser ab. Er hat gestern
eindrücklich im Haushaltsausschuss - natürlich nach Befragung der Kollegen Bartsch und Bockhahn - gesagt,
dass es sich um eine Bankschuldenkrise handelt. Sie
kommen mit dem nicht mehr so taufrischen Argument
der DDR immer dann, wenn Sie nicht mehr weiter wissen. Wenn Sie Selbstkritik üben wollen, dann sagen Sie:
Jawohl, der Mappus ist am Gängelband von Morgan
Stanley durch die Arena geführt worden. Wenn Sie
Selbstkritik üben wollen, dann sagen Sie: Wir waren
auch immer ein bisschen zu nah bei Ackermann und der
Deutschen Bank. Distanz zur Macht der Banken zu
üben, das wäre für Sie ein Beitrag zur Selbstkritik. Das
wäre produktiv und brächte nach vorne.
({0})
Herr Trittin, eine kleine Korrektur: Es handelt sich
hier nicht um Sparkassen; die deutschen Sparkassen sind
ziemlich einzigartig. Es sind Aktiengesellschaften, auch
wenn es staatliche Anteile gibt. Bankia ist mit einer
deutschen Sparkasse nicht zu vergleichen. Das lesen Sie
am besten noch einmal nach.
Herr Brüderle, Sie fordern schonungslose Wahrheit
ein. Statt die Spekulanten bei der Rückzahlung gewährter Darlehen heranzuziehen, lassen Sie immer nur Bevölkerungen bluten. In Spanien wird die Mehrwertsteuer
um 3 Prozentpunkte erhöht und die Arbeitslosenunterstützung um 10 Prozentpunkte gekürzt. Von einer Steuer
für Superreiche ist wieder einmal keine Rede. Das ist die
schonungslose Wahrheit.
({1})
Ich sage Ihnen: Ihre Spekulantenpflege macht Europa
nicht mehr lange mit.
Der große Komponist Mikis Theodorakis, den Sie gelegentlich sicherlich hören - ihn hören sogar diejenigen,
die am deutschen Wesen Europa genesen lassen wollen -,
dieser Mikis Theodorakis hat Gregor Gysi, Pierre
Laurent, Alexis Tsipras und mir gesagt: Macht es nicht
wie die SPD, die sich in urlanger Tradition als Opposition kostümiert, aber immer wieder in Richtung Deutsche Bank zwinkert. - Als ich Sie, Herr Steinmeier, vorhin gehört habe, habe ich gedacht, Sie begründeten,
warum Sie mit Nein stimmen. Es ist doch keine Absage
an die Parteitaktik und kein Opfer für das Gemeinwohl,
wenn man die Schwächsten der Schwachen in Südeuropa opfert. Was Sie uns als vorbildlich darstellen, ist
doch kein Opfer. Ich kann Ihnen nur sagen: Die alleinerziehende Mutter, die ihr Kind beim SOS-Kinderdorf abgibt, steht uns näher als diejenigen, für die Sie heute die
Bankenhilfe beschließen.
({2})
Wir klagen dagegen. Wir streiten dagegen. Die deutsche Linke, die Izquierda Unida und die griechische
Linke haben gemeinsam beschlossen: Wir stehen bei den
Demonstrierenden. Das tun wir auch, weil Ihre Schuldenbremse verhindert, dass die deutschen Arbeiter und
Handwerker Mittel, Aufträge und Kredite bekommen.
Ihre Schuldenbremse trifft die Kranken, weil die Gesundheitsvorsorge jetzt in ganz Europa privatisiert wird.
Übrigens: Berauben heißt auf Lateinisch privare.
Ihre Politik ist - wenn Sie heute mit Ja stimmen -:
Schuldenbremse gegen Arbeitsplätze und Ausbildung,
Milliardengeschenke für Finanzspekulanten. Deswegen
haben schon am 29. Juni einzelne Abgeordnete der anderen Fraktionen dagegengestimmt. Die Linke ist die einzige Fraktion, die geschlossen dagegen stimmt. Wir stehen bei den Menschen, die gegen die Wall Street
demonstrieren. Wir tun dies auch aus Respekt vor der
großen europäischen Kultur, für die der Name Mikis
Theodorakis steht.
Herr Kollege!
Wenn die Indignados mit ihrer Klage, die gestern vom
spanischen Nationalgerichtshof angenommen worden
ist, erfolgreich sind, dann ist ohnehin ein Großteil dessen, was sie hier beschließen, obsolet.
Herr Kollege!
Wir klagen für den Sozialstaat in Deutschland und in
Europa. Das ist unsere Maßgabe. Daran könnte sich auch
die Sozialdemokratie orientieren.
({0})
Nun erhält für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
die Kollegin Priska Hinz das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit einer
Mär muss die Bundesregierung heute tatsächlich aufräumen. Es sollte künftig keiner mehr sagen, dass es sich in
Europa um eine Staatsschuldenkrise handelt. Tatsächlich
beschließen wir heute ein bankenspezifisches Programm, nachdem wir in der EFSF diese Möglichkeit eingeführt haben, weil man einem Staat helfen muss, wenn
die Banken überschuldet sind und er alleine die Restrukturierung nicht durchführen kann. Das hat nichts damit
zu tun, dass ein Staat unverantwortlich gewirtschaftet
hat; denn Spanien ist, was seine Staatsverschuldung angeht, besser als Deutschland. Deswegen sollten Sie die
Mär von der hohen europäischen Staatsverschuldung
schlicht und einfach vergessen.
({0})
Womit Sie aber noch nicht aufgeräumt haben, Herr
Finanzminister - das bedauern wir Grüne sehr -, ist der
Teufelskreis von Staatsschuldenkrise und Bankenkrise.
Das ist nicht möglich, weil es noch keine europäische
Bankenaufsicht und keinen europäischen Bankenrestrukturierungsfonds gibt. Daran sieht man, dass Sie Ihre
Hausaufgaben nicht gemacht haben. Wir Grüne fordern
dies seit Monaten ein. Wenn Sie sich vor einem Jahr an
diese Aufgaben gemacht hätten, dann wären wir heute
vielleicht so weit.
({1})
Sie müssten dann keine Nebelkerzen werfen, wie Sie es
heute tun, und hinterher den Raum langsam lüften. Sie
sagen, es gebe nur die Spanienhilfe mit direkter Haftung
durch den Staat. Meine Güte, wir haben überhaupt keine
Alternative, weil anderes gesetzlich und vertraglich derzeit gar nicht geht. Also reden Sie auch nicht über etwas
anderes. Herr Seehofer, der den bayerischen Abgeordneten im Bundestag empfohlen hat, unter der Maßgabe zuzustimmen, dass es keine direkte Rekapitalisierung gibt,
hat das anscheinend auch nicht verstanden oder die Verträge, denen er im Bundesrat zugestimmt hat, nicht gelesen.
({2})
Wir könnten aber effektiver und kostengünstiger vorgehen, wenn es diese Möglichkeit gäbe. Es wäre auch
besser für die Staatsschulden in Spanien, die um 10 Prozent hochschnellen werden, wenn wir diese indirekte
Hilfe geben müssen. Trotzdem halten wir sie für richtig,
weil der spanische Staat die Restrukturierung nicht alleine finanzieren kann, weil in dem Programm die Abwicklung von Banken aufgeführt ist, worauf wir Grüne
sehr großen Wert legen, und weil auch andere Konditionierungen vorgesehen sind.
Priska Hinz ({3})
Wir sehen aber ein Problem in der Tatsache - das sage
ich hier ganz deutlich für meine Fraktion -, dass die
Gläubigerbeteiligung noch nicht so ausformuliert ist,
dass wir sagen können: Wir können diesem Programm
reinen Gewissens zustimmen, ohne das mit zu begleiten
und zu kontrollieren. - Deswegen gab es in unserer
Fraktion eine Diskussion darüber, ob man tatsächlich
100 Milliarden Euro genehmigen kann oder ob man das
Programm nicht aufspalten und die zweite Tranche im
Bundestag zur Abstimmung stellen muss, wenn der
Stresstest bei den spanischen Banken gelaufen ist.
({4})
Auf unsere grüne Initiative hin wurde im Haushaltsausschuss ausdrücklich klargemacht: Wir nehmen uns das
Recht heraus, die Informationen über den Stresstest, die
Einordung der Banken, zu bekommen, und wir behalten
uns das Recht vor, entsprechende Entscheidungen zu
treffen, dass Programme umformuliert werden oder
Tranchen nicht ausgezahlt werden.
({5})
Sie sollten damit rechnen, dass wir nicht alles mitmachen, wenn Banken nicht abgewickelt werden oder
Gläubiger nicht ordentlich beteiligt werden. Da stehen
wir im Wort, auch gegenüber den Steuerzahlerinnen und
Steuerzahlern, für die wir heute diese Entscheidung mit
treffen.
Frau Kollegin!
Ja, ich komme zum Schluss.
In diesem Wissen und vor diesem Hintergrund können wir heute zustimmen. Ich sage Ihnen: Wir werden
Sie kritisch begleiten und werden darauf pochen, dass
Sie unsere Beschlüsse entsprechend umsetzen.
Danke schön.
({0})
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rainer Stinner
für die FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist das, was wir heute hier tun und entscheiden,
nicht alternativlos. Natürlich gibt es Entscheidungsspielraum. Natürlich kann jeder entscheiden, ob er dem ESM
zustimmt und damit ermöglicht, dass wir gemeinsam in
Europa die Finanzmärkte und die Länder stabilisieren,
oder ob er dagegen ist. Natürlich kann heute jeder die
Alternative wahrnehmen, zu sagen: Nein, ich helfe Spanien nicht. - Aber jeder von uns muss selber Rechenschaft über seine Entscheidung oder auch über seine
Nichtentscheidung ablegen. Ich möchte meine Entscheidung, heute zuzustimmen, mit einigen außenpolitischen
Argumenten unterfüttern.
Wir gehen in Europa von der Narration aus: Europa
heißt Frieden, Freiheit, Wohlstand. - Da heißt es heute
bei vielen, das sei aber langweilig und abgearbeitet und
gebe uns nichts mehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich warne davor, das so leichtfertig zu sagen. Denn natürlich ist es kein Naturgesetz, dass wir in Europa so
friedlich zusammenleben, wie wir es jetzt tun. Heute vor
142 Jahren, am 19. Juli 1870, hat der Deutsch-Französische Krieg begonnen. Zwischen 1870 und 1950 haben in
Europa 58 Kriege stattgefunden. Es ist eben kein Naturgesetz, dass das nicht mehr vorkommt, sondern das ist
Folge kluger Politik von Politikerinnen und Politikern in
vielen europäischen Ländern. Diese europäische Vielfalt, diese europäische Einheit wollen wir erhalten, und
dafür müssen wir etwas tun.
({0})
Es geht heute - das wissen wir alle; das müssen wir bedenken - eben nicht nur um Heller und Pfennig, sondern
es geht darum, dass wir gemeinsam das europäische Projekt von Frieden, Einheit und Freiheit erhalten. Dafür
müssen wir kämpfen, und dafür wollen wir kämpfen.
Es gibt aber eine neue europäische Narration, verbunden mit der Fragestellung: Wie wird die Welt in 50 Jahren aussehen? - Wir sind der Meinung, dass in 50 Jahren
kein einziges europäisches Land allein, auch nicht
Deutschland, am Tisch der Entscheider sitzen wird; da
werden andere sitzen. Wir wollen nicht Objekt der Entscheidungen anderer werden, sondern als Europäer weiterhin Subjekt der Weltpolitik bleiben. Deshalb kämpfen
wir so nachhaltig für Europa.
Nun sagen einige Gegner, der Preis dafür sei ihnen zu
hoch. Ich sage: Erstens sind wir nicht die Einzigen in
Europa, die zahlen. Zweitens: Jawohl, Europa kostet etwas, aber Europa bringt uns auch eine ganze Menge. Wir
Deutsche tragen erhebliche Verantwortung, und die wollen wir wahrnehmen. Wir nehmen die Verantwortung
nicht nur wahr, indem wir hier heute Abstimmungen
zum Thema Spanienhilfe durchführen; wir nehmen sie
auch im Rahmen der Initiative wahr, die das Außenministerium gestartet hat, in deren Rahmen der deutsche
Außenminister andere Minister eingeladen hat, um gemeinsam über die Zukunft nachzudenken, über Heller
und Pfennig hinaus. Das ist eine wichtige Initiative, die
meine Fraktion ausdrücklich unterstützt.
({1})
Meine Damen und Herren, wir müssen - das wissen
wir alle - aus der hektischen Nacharbeit infolge von Problemsituationen herauskommen. Wir müssen gemeinsam den Weg voran definieren. Aber das nützt uns alles
nichts, wenn es uns nicht gelingt, wesentliche europäische Partner zu stabilisieren, und dazu dient der heutige
Beschluss. Das bedeutet übrigens kein Draufsatteln. Wir
vollziehen heute einen Teil des Beschlusses, den wir vor
zwei Jahren mit großer Mehrheit gefasst haben, nämlich
die EFSF einzurichten, genau für den Fall, der uns heute
begegnet. Deshalb wird meine Fraktion mit ganz großer
Mehrheit dem heute vorliegenden Antrag der Bundesregierung zustimmen.
({2})
Lothar Binding ist der nächste Redner für die SPDFraktion.
({0})
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Frank-Walter
Steinmeier vorhin gesagt hat, dass die Opposition dieses
Thema schon über längere Zeit nicht parteipolitisch
missbraucht, hat die Kanzlerin dagesessen und breit,
selbstzufrieden, selbstgerecht gegrinst. Ich muss sagen:
Das hat mich ungeheuer gestört.
({0})
Ich fand, dass die von mir getragene Verantwortung in
dieser Debatte missachtet wurde, und ich glaube, dass
das keine gute Haltung ist.
Als Herr Brüderle seine Leerformeln formuliert hat,
hat mich erschrocken, dass die FDP und die CDU/CSU
applaudiert haben. Herr Brüderle hat uns gesagt, dass die
spanischen Banken eine Bad Bank gründen wollen, eine
AMC - Asset Management Company -, hat uns aber
nicht erklärt, was das eigentlich an Haftungsrisiken für
Deutschland und Europa bedeutet; denn Bad Banks
gründet man ja nur, wenn man kurz- und langfristig nicht
genug Kapital hat. Er hat uns auch nicht erklärt, wie
hoch die Anfangsabschreibung - ein essenzieller Begriff
für die ökonomische Lage - bei diesem Aktivtausch ist.
({1})
Ich muss sagen: Das hat mich enttäuscht.
Ich möchte mich bei denen bedanken, die in der letzten Woche wahnsinnig viel gearbeitet haben: bei den
Mitarbeitern im BMF, im Finanzministerium. Sie mussten eine ungeheure Fülle von Material, von komplexen
Zusammenhängen für uns aufarbeiten.
({2})
Ohne ihre Hilfe wären wir überhaupt nicht in der Lage,
heute etwas zu entscheiden.
({3})
Man muss es einmal sagen: Das ist eine große Leistung.
Das deutet aber auch an, unter welchem Druck wir im
Moment arbeiten müssen, in welchen Zeiträumen und
mit welchen komplexen Zusammenhängen.
Ich würde die Linke gern einmal fragen, ob sie ernsthaft glaubt, dass die ledige Mutter und der Kleinsparer in
Spanien dagegen sind, dass Deutschland Spanien hilft.
({4})
Meine Freunde in Spanien freuen sich, dass wir ihnen
helfen,
({5})
und wir helfen ihnen dann sehr fair, nämlich nur mit einem Kredit. Das ist eine ganz wichtige Sache.
Herr Kauder hat die Reduktion auf die Spitze getrieben. Er hat nämlich gesagt: Wir haben eine Staatsschuldenkrise. - Wir haben aber nicht nur eine Staatsschuldenkrise, sondern eine Staatsschuldenkrise eingebettet in
eine Bankenkrise, eine Liquiditätskrise, eine Insolvenzkrise, eine Marktversagenskrise, eine Verhaltenskrise
und eine Regulierungsdefizitkrise. Wenn Sie all das berücksichtigen, dann wissen Sie, dass die Kanzlerin ein
Problem hat, nämlich das Problem, unterkomplexe Lösungen anzustreben; das hätte sie sich in der Physik niemals erlauben dürfen. Sie ist immer punktuell tätig; aber
jeder weiß: Drei, vier oder sieben Punkte ergeben noch
keine Linie. Die Kanzlerin ist immer zu wankelmütig,
immer zu spät, tut immer zu wenig, ist immer folgenund anlassgetrieben
({6})
und kümmert sich ganz selten um Hintergründe und Ursachen - und das ist ein Problem. Sonst hätten wir heute
das Schattenbankensystem ins Licht gezogen; sonst hätten wir den Bankenrestrukturierungsfonds, hätten das
Trennbankensystem viel weiter vorangetrieben, hätten
marktwirtschaftliche Prinzipien im Bankenwesen, auf
dem Finanzplatz. Wir hätten den Selbstbehalt. Wir hätten den OTC-Handel inzwischen verboten, den Hochfrequenzhandel ganz anders im Blick. Vielleicht müsste
man - das wurde in unserer Fraktion zu Ende gedacht so weit gehen, dass derjenige, der vom Staat Geld will,
in einer ganz besonderen Weise auf Eigentumsansprüche
verzichten muss. Das halte ich für eine sehr gute Idee.
({7})
Wir hätten inzwischen Spekulationen zurückgeführt und
Investitionen ausgebaut.
Ich will einmal an Deutschland erinnern. Wir rühmen
uns manchmal - einige auf der rechten Seite ruhen sich
ziemlich darauf aus -, unsere Krise ganz gut überwunden zu haben. Wodurch? Durch Konjunkturprogramme
und Kurzarbeitergeld.
Herr Kollege!
Das war Geldausgeben zum Besten. - Insofern ist es
gut, was wir heute tun. Die Opposition übernimmt Verantwortung, wo die Regierung dies zum großen Teil zu
wünschen übrig lässt.
Ich bedanke mich vielmals für Ihre Aufmerksamkeit.
({0})
Norbert Barthle ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stimmen heute über ein sektorspezifisches Nothilfeprogramm zur Rekapitalisierung spanischer Banken
ab. Ich halte dieses Programm für richtig und für wichtig. Was ich nicht für richtig und wichtig halte, ist eine
Auseinandersetzung darüber, ob es sich nun um eine
Bankenkrise oder um eine Staatsschuldenkrise handelt.
({0})
Denn in Europa geht es insgesamt um Folgendes:
Erstens. Wir müssen die Haushalte konsolidieren,
also die Staatsschuldenkrise bekämpfen.
({1})
Zweitens: Wir müssen die Finanzmärkte stabilisieren,
damit sie gegen weitere Erschütterungen resistent sind.
({2})
Drittens. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit in
ganz Europa stärken, um wieder ungehindert Zugang zu
den Kapitalmärkten zu haben und Vertrauen zurückzugewinnen.
Diese drei Aufgaben gehören zusammen. Man kann
sie nicht voneinander trennen, und wir trennen sie auch
nicht voneinander.
({3})
Dass Spanien im Kern kein Staatsschuldenproblem
hat, das wissen wir. Die spanische Staatsschuldenquote
liegt mit rund 80 Prozent genau im europäischen Durchschnitt.
({4})
Insofern geht es bei Spanien auch nicht darum, ein Vollprogramm zu erstellen. Spanien macht schon sehr viel
zur Verbesserung seiner Situation. Die Flexibilisierung
des Arbeitsmarktes wurde schon angesprochen. Die
Lohnfindung soll flexibilisiert werden. Das Renteneintrittsalter wurde heraufgesetzt. Ein Nachhaltigkeitsfaktor, der dem unseren ähnlich ist, wurde eingeführt.
Eine Schuldenbremse wurde in die Verfassung aufgenommen. Verstärkte Kontroll- und Sanktionsmechanismen gegenüber den autonomen Regionen werden eingeführt. Eine umfassende Reform des Bankensektors ist
im MoU vereinbart. Da geschieht also sehr viel.
({5})
Insofern ist es richtig, für Spanien kein komplettes
Hilfsprogramm, sondern ein passgenaues, ein maßgeschneidertes zu machen. An dieser Stelle darf ich darauf
verweisen, dass wir erst im vergangenen Jahr mit dem
neuen Instrumentenkasten für die EFSF genau diese
Möglichkeit geschaffen haben, ein solches maßgeschneidertes Programm aufzulegen. Insofern ist die Politik, die
wir betreiben, gradlinig und zielgerichtet. Ich entdecke
keine roten Linien, sondern eine klare Orientierung, in
welche Richtung wir gehen und was wir nicht machen.
({6})
Ich darf daran erinnern, dass Spanien, obwohl es kein
Programmland ist - es handelt sich um ein sektorales
Programm -, dennoch Auflagen zum weiteren Abbau
seiner Defizite im Rahmen des Defizitverfahrens bekommt. Es bekommt Auflagen zu weiteren Reformen
auf dem Arbeitsmarkt,
({7})
zur Förderung von Beschäftigung und zur Förderung
von Aus- und Fortbildung. All das gehört zu diesem Programm.
Lassen Sie mich als Zweites daran erinnern, dass es
keine direkte Bankenhilfe gibt. Auch darauf hat der Bundesfinanzminister in seiner Regierungserklärung nochmals hingewiesen.
({8})
Der Beschluss des Europäischen Rates vom 29. Juni
2012 ist an dieser Stelle eindeutig. Erst dann, wenn eine
schlagkräftige Bankenaufsicht in Europa eingeführt ist,
die funktionsfähig ist - Bankenexperten sagen mir, das
dauert mindestens ein bis zwei Jahre -, könnte der
Gouverneursrat über ein solches Instrument abstimmen.
Zuvor braucht er aber einen Beschluss des Deutschen
Bundestages. Ich bin mir nicht sicher, ob wir für einen
solchen Beschluss tatsächlich eine Mehrheit im Deutschen Bundestag bekämen. Denn wir sind immer dafür,
dass die Haftung beim Staat bleibt und dass Verschuldung und Haftung zueinander gehören.
({9})
Lassen Sie mich als Drittes darauf verweisen, dass
wir mit dem Maßgabebeschluss - die Kollegin Priska
Hinz hat ihn bereits angesprochen - gestern Abend im
Haushaltsausschuss nochmals bestärkt haben, was ohnehin Gesetzeslage ist. Wir wollen in die weitere Abwicklung der jeweiligen Tranchen eingebunden sein. Wir
wollen Möglichkeiten haben, einzugreifen. Diese haben
wir. Auch das, glaube ich, ist eine wichtige Botschaft an
die Menschen draußen. Es gibt keinen Freibrief und keinen Blankoscheck, sondern wir begleiten die weiteren
Maßnahmen Schritt für Schritt.
Das fügt sich in unsere Linie ein, die wir auch an dieser Stelle konsequent durchhalten - ich habe es schon
angesprochen -: Für uns müssen Haftung und Verantwortung immer eine Einheit bilden. Wir wollen keine
Vergemeinschaftung von Schulden. An dieser Stelle darf
ich darauf hinweisen - es ist für die Menschen draußen,
glaube ich, wichtig, dies zu wissen -, dass die SPDFraktion gestern Abend im Haushaltsausschuss noch
versucht hat, ihre Zustimmung an das Zugeständnis,
einen Schuldentilgungsfonds einzurichten, zu knüpfen.
Zuerst waren es die Euro-Bonds, jetzt ist es der Schuldentilgungsfonds. Alles geht in dieselbe Richtung, nämlich Vergemeinschaftung von Schulden. Das machen wir
nicht mit. Das ist unsere klare Ausrichtung und Linie.
Dabei bleiben wir.
({10})
Das hat nicht nur etwas mit der nationalen Rechtsetzung und mit europäischem Recht, dem AEUV, zu tun,
sondern das hat auch etwas mit unserer ordnungspolitischen Orientierung zu tun. Wir helfen, wenn es brennt,
wir bieten Unterstützung an, aber immer konditioniert
und immer so, dass das Risiko überschaubar bleibt. Im
Falle der Nothilfemaßnahmen für Spanien gehe ich davon aus, dass das Risiko sehr überschaubar ist. Die Ausfallswahrscheinlichkeit ist äußerst gering. Zur Erinnerung: Wir übernehmen Bürgschaften für Kredite, die
über die EFSF an Spanien vergeben werden, für die Spanien wieder garantiert. Erst dann, wenn diese Kredite
nicht mehr bedient werden könnten, also wenn Spanien
nicht mehr zahlen könnte, würde unsere Bürgschaft gezogen werden. Dieser Fall ist meines Erachtens relativ
stark ausgeschlossen.
Deshalb bitte ich um die Zustimmung für dieses Programm, das uns allen nützen wird. Deshalb bitte ich um
Zustimmung für dieses Nothilfeprogramm, das nicht nur
im spanischen, sondern vor allem auch in unserem Interesse ist.
Herzlichen Dank.
({11})
Das Wort erhält nun der Kollege Manfred Kolbe.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Als jemand, der diesem heutigen Antrag nicht
zustimmen kann, bedanke ich mich zunächst ganz herzlich für die Einräumung der Redezeit.
Ich möchte mit einem Zitat aus der Financial Times
Deutschland von vor zwei Tagen beginnen:
Ausgerechnet das kapitalistischste aller Gewerbe,
das Bankwesen, entzieht sich den Regeln und Kräften der Marktwirtschaft: Banken, die in ihrem Wirtschaften versagt haben, zu viele Kredite vergeben
und zu wenig Sicherheiten genommen haben, zu
wenig Eigenkapital vorhielten und sich zu sehr auf
Finanzierung über die Märkte und nicht Einlagen
verließen, werden vom Staat gerettet, statt aus dem
Markt zu gehen.
So weit die Financial Times Deutschland.
Ich glaube, dem ist wenig hinzuzufügen. Es geht
nicht, dass der europäische Steuerzahler die Rechnung
für die spanischen Banken bekommt und Eigentümer,
Gläubiger und Management weitgehend ungeschoren
bleiben. Schauen wir uns einmal die Beteiligung dieser
Gruppen an. Bei den Anteilseignern vermag ich keine
besonderen Opfer zu erkennen. Vorrangige Anleihegläubiger sollen nach dem Willen der europäischen Finanzminister geschont werden, obwohl EZB-Präsident
Draghi in diesem Punkt ausdrücklich anderer Meinung
war. Nachrangige Anleihegläubiger sollen zwar beteiligt
werden, mittlerweile gibt es aber Gerichtsurteile in Spanien, die das wahrscheinlich verhindern werden. Große
gesunde spanische Banken wie Santander erbringen
keinen speziellen Beitrag, obwohl das beim deutschen
Rettungsfonds für deutsche Banken der Fall war.
Als besonderer Erfolg wird dann die Gehaltsdeckelung beim Management verkauft. Bisher hat niemand
Zahlen zu dieser berühmten Gehaltsdeckelung genannt.
Ich nenne einmal die Zahlen: Sofern die Institute dem
FROB mehrheitlich gehören, gibt es eine Obergrenze
von 300 000 Euro Fixgehalt; sofern sie nur sonstige
Staatshilfen beziehen, liegt die Obergrenze bei 600 000
Euro plus eventuell noch variable Bestandteile. Ich sage
Ihnen ganz ehrlich: Ich kann das einem Handwerker in
meinem Wahlkreis, der insolvent gegangen ist, weil vielleicht ein Großauftragnehmer nicht gezahlt hat, und dem
jetzt die Zwangsversteigerung des Eigenheims droht,
nicht erklären.
({0})
Ich sage ganz ehrlich: Dem will ich das auch nicht erklären.
({1})
Wir haben heute viele Appelle zu Europa gehört. Ich
glaube, wir alle sind fraktionsübergreifend überzeugte
Europäer. In der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts
gibt es keine vernünftige Alternative zu Europa. Ich sage
das auch aus ganz persönlichen Gründen. Ich bin nach
der Flucht meiner Eltern aus der DDR zweisprachig in
Italien aufgewachsen. Es gibt in dieser Zeit und in diesem Jahrhundert keine Alternative zu Europa.
Aber wir werden die europäische Schuldenkrise nicht
mit immer neuen Rettungsschirmen, mit immer neuen
Schulden lösen können. Das ist keine Lösung. Wie soll
denn das in den nächsten Jahren weitergehen? Wollen
wir das so fortsetzen und alle drei Monate neue Hilfen
beschließen? Jetzt steht Zypern vor der Tür. Heute haben
wir in den Zeitungen gelesen, dass die italienische
Region Sizilien möglicherweise in Insolvenz geht. Das
ist nicht zu stemmen.
Was machen wir denn, Herr Bundesfinanzminister,
wenn auch die „AAA“-Länder an Bonität verlieren? Was
machen wir, wenn Sie an den Anleihemärkten einmal
5 oder 6 Prozent Zinsen zahlen müssen, weil die Schuldentragfähigkeit Deutschlands in Zweifel gezogen wird?
Dann hilft uns höchstens noch der liebe Gott. Auch als
Christ möchte ich es aber nicht zu dieser Situation kommen lassen.
Also: Im Interesse Europas müssen wir zu den ursprünglichen Verträgen und zur Eigenverantwortung zurückkehren. Eine Haftungs-, Transfer- und Schuldenunion würde Europa endgültig überfordern. So etwas
gibt es nicht einmal im Bundesstaat USA. Das gibt es
auch nicht im Verhältnis zwischen den bundesdeutschen
Ländern. Das gibt es nicht einmal in einer Ehe; Mann
und Frau haften nicht für die Schulden des anderen. In
Europa aber soll dieses Prinzip eingeführt werden. Das
ist der falsche Weg. Wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung in Europa.
Vor diesem Hintergrund kann ich dem heute zur Abstimmung stehenden Bankenrettungspaket nicht zustimmen.
Vielen Dank.
({2})
Der Kollege Jürgen Hardt erhält nun das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als
sich im Frühjahr 2010 abzeichnete, dass einzelne Staaten
der Euro-Zone Liquiditätsprobleme bekommen, gab es
im Prinzip drei Möglichkeiten, darauf zu reagieren.
Die erste Möglichkeit wäre gewesen, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Ich denke, wir alle sind davon
überzeugt, dass dies ein hochriskanter und gefährlicher
Weg gewesen wäre. Ich bin davon überzeugt, dies hätte
dazu geführt, dass wir im Sinne eines Dominoeffekts einen Zusammenbruch der europäischen Wirtschaft im
großen Stil erlebt hätten. Wir hätten die guten Wachstumszahlen der letzten Jahre und die niedrigen Arbeitslosenzahlen in den Wind schreiben können.
Die zweite Alternative wäre gewesen, zu erklären:
Alle haften für alles. - Das wäre nicht nur vertragswidrig
gewesen, sondern hätte auch dazu geführt, dass alle Anstrengungen unterblieben wären, die notwendig sind, um
die Ursache der Schuldenkrise zu beseitigen.
Wir haben uns deshalb für einen dritten Weg entschieden. Der dritte Weg ist langwierig, kompliziert und
schwer vermittelbar. Aber er bietet die Aussicht auf Erfolg. Diesen Weg beschreiten wir seit nunmehr fast
30 Monaten, und das in der Regel mit großer Zustimmung, auch aus den Reihen der Opposition.
Unser Weg zur Euro-Rettung basiert, um es zu systematisieren, auf fünf Säulen:
Das erste Element ist die Konsolidierung der Haushalte der Staaten der Euro-Zone bzw. der Europäischen
Union, um zukünftige Krisen dieser Art zu vermeiden.
Die Europäische Union unternimmt dazu enorme Anstrengungen, ebenso die einzelnen Mitgliedstaaten. Es
gibt das Europäische Semester, in dessen Rahmen sehr
sorgfältig dargelegt wird, was in den jeweiligen Staaten
zu ändern ist, damit sich die Schuldensituation verbessert.
Zweitens gibt es den nachhaltigen und wirksamen
Mechanismus des Fiskalpakts, der Schuldenbremse.
Wenn hier vor einem Jahr jemand gesagt hätte: „In 25
von 27 EU-Staaten wird es im Herbst des Jahres 2012
eine Schuldenbremse geben, und zwar analog zu der Regelung, die im Grundgesetz getroffen wurde“, wäre er
für verrückt erklärt worden. Es ist ein enormes Verdienst
der Bundesregierung, von Angela Merkel und Wolfgang
Schäuble, aber, wie ich finde, auch ein großes Verdienst
dieses Hauses, dass mit breiter Mehrheit eine Politik unterstützt wurde, die dieses Verhandlungsergebnis beim
Fiskalpakt möglich gemacht hat.
({0})
Das dritte Element ist die Bändigung der Finanzmärkte.
({1})
Ich würde mir wünschen, wir wären schon weiter vorangekommen. Aber auch hier sind wir uns einig, dass es
wichtige Instrumente gibt, die nun eingesetzt werden
müssen.
({2})
So haben wir zum Beispiel ungedeckte Leerverkäufe in
Deutschland verboten. Wir werben dafür, dass dies europaweit geschieht. Wir sind außerdem bereit, eine Finanztransaktionsteuer zur Dämpfung der Spekulation einzuführen. Das muss man allerdings so machen, dass man
dadurch nicht die Wettbewerbsfähigkeit in unzulässiger
Weise einschränkt. Auch hier sind wir auf dem richtigen
Weg.
Das vierte entscheidende Handlungsfeld in diesem
Bereich ist die Stimulierung von Wachstum. Wir haben
die neue Finanzierungsperiode 2014 bis 2020 der Europäischen Union vor der Brust, die wir spätestens im
Jahr 2013 ausverhandeln werden. Wir müssen darauf
achten, dass wir die Instrumente der Europäischen
Union besser auf die Stimulierung von Wachstum ausrichten, als es bisher der Fall ist.
Fünftens spielt das eine Rolle, was wir heute beschließen: dass wir Staaten, die in Not sind, solidarisch und
entschlossen helfen. Wir haben für Spanien ein Programm aufgelegt, mit dem wir das Problem Spaniens an
der Wurzel packen. In Spanien war, was die Haushalts22826
konsolidierung angeht, eine ganz gute Entwicklung zu
verzeichnen. Auch was die Staatsschulden angeht, sieht
die Situation in Spanien relativ vernünftig aus. Aber
über Spanien schwebt das Damoklesschwert der Bankenkonsolidierung. Mit dem Programm, das wir heute
beschließen, nehmen wir an genau dieser Stelle Druck
von den Schultern der spanischen Haushaltspolitiker, sodass sie in der Lage sind, diesen Weg ohne die drohende
enorme finanzielle Belastung für den spanischen Haushalt mit unserer Hilfe zu gehen. Insofern ist dieses Programm ein maßgeschneidertes und kluges Programm.
Ich glaube, es wird erfolgreich sein.
Wenn man mit Abgeordneten aus Südeuropa spricht,
wird einem klar, welch großer Segen es für unser Land
gewesen ist, dass wir in Deutschland in den letzten zwölf
Jahren Reformen durchgeführt haben, die zum Beispiel
in Italien und Spanien jetzt in nur zwölf Monaten umgesetzt werden müssen. Das Schöne ist - das empfinde ich
wirklich so -, dass vier von fünf Parteien in diesem
Hause in unterschiedlichsten Konstellationen an Regierungen beteiligt waren, die sich für diese Reformen eingesetzt und sich um sie verdient gemacht haben. Dass
Deutschland heute so dasteht, wie es dasteht, ist auch der
Tatsache geschuldet, dass wir uns in unserem Lande in
wesentlichen Fragen einig sind. Ich finde, das sollten wir
den Bürgerinnen und Bürgern mutig sagen.
({3})
Wenn die Euro-Rettung fortgesetzt wird und sie so
gelingt, wie wir es uns vorstellen, dann werden die Fragen der Globalisierung - welcher Wirtschaftsraum wird
im 21. Jahrhundert der wichtigste sein, welche Währung
wird im 21. Jahrhundert die Leitwährung der Welt sein? in unserem Sinne beantwortet werden. Ich möchte, dass
unsere Kinder und Enkel ihre Rohstoffe und Energie
nicht mit chinesischen Renminbi, mit indischen Rupien
oder mit russischem Rubel bezahlen müssen, sondern
dass sie in Euro bezahlen können. Insofern verdient das
Projekt der Rettung des Euros und der Stabilisierung Europas jede Anstrengung. In diesem Sinne war es richtig
und vernünftig, dieser Tage in Berlin zusammenzukommen und heute eine Entscheidung zu treffen.
Danke schön.
({4})
Frank Schäffler erhält nun als Nächster das Wort.
({0})
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage
ist, ob das, was wir heute beschließen, gerecht ist.
({0})
Gerecht wäre es, wenn wir in Europa allgemeine und
gleiche Regelungen für alle Staaten schaffen würden.
Aber machen wir das?
({1})
Nein, wir machen es nicht, sondern wir treffen unterschiedliche Regelungen für unterschiedliche Länder in
Europa. Für Irland gelten andere Regelungen als die, die
jetzt für Spanien getroffen werden sollen,
({2})
für Portugal gelten andere Regelungen als die, die jetzt
für Spanien getroffen werden sollen, und auch für Griechenland gelten andere Regelungen als die, die jetzt für
Spanien getroffen werden sollen.
({3})
Alle genannten Staaten haben im Vergleich zu dem, was
wir jetzt Spanien aufs Auge drücken wollen, viel härtere
Maßnahmen zu erleiden.
Den Großen in Europa bringt man Geldkoffer, und in
diejenigen Staaten in Europa, die klein sind, kommt der
Sparkommissar. Das hat nichts mit Gerechtigkeit oder
europäischer Einigung zu tun. Das hat auch nichts damit
zu tun, dass wir die Verursacher der Krise tatsächlich an
die Kandare nehmen.
({4})
Nein, das findet nicht statt. Vielmehr lassen wir die Eigentümer der Banken in Spanien weitestgehend außen
vor. Was haben wir in Deutschland bei der HRE gemacht? Die privaten Banken in Deutschland mussten
8,5 Milliarden Euro auf den Tisch legen, weil sie von
einer Insolvenz der HRE mittelbar betroffen gewesen
wären. In Spanien hat so etwas nicht stattgefunden. In
Spanien gibt es auch keine Bankenabgabe. Also: Wo ist
die Gerechtigkeit, die viele einfordern? Sie ist nicht vorhanden.
Die nächsten Schritte, die jetzt folgen werden, bestehen darin, dass wir den Boden für eine direkte Kapitalisierung des Bankensystems in Spanien bereiten. Das ist
der Weg, der hier faktisch vorbereitet wird. Es gibt nämlich einen Verweis auf die Gipfelerklärung der Staatsund Regierungschefs vom 29. Juni dieses Jahres, in dem
es ausdrücklich heißt, dass nach der Einführung einer
europäischen Bankenaufsicht die direkte Bankenrekapitalisierung vorbereitet wird. Ich frage mich: Gibt es das
nicht schon? Wir haben doch schon die EBA. Sie müsste
nur direkten Zugriff auf die nationalen Bankensysteme
bekommen. Das ist relativ schnell gemacht. Das wird
auch geschehen. Die Aufsicht wird nicht auf die systemrelevanten Banken beschränkt bleiben; denn am Ende
geht es um das spanische Bankensystem. Dort sind die
systemrelevanten Banken nicht betroffen, sondern es
sind die kleinen Sparkassen betroffen. Das heißt, man
wird die systemrelevanten Banken mit den nicht systemrelevanten Banken zusammen beaufsichtigen. Was heißt
das? Das heißt am Ende, dass die Einlagensicherung in
Deutschland dran glauben muss. Wir haften am Ende mit
dem Sparvermögen Deutschlands für die Einlagen und
die Schieflagen von Banken in Südeuropa, und das darf
nicht zugelassen werden.
({5})
Der spanische Bankenmarkt ist geprägt durch eine
Immobilienblase, die dazu geführt hat, dass 1,5 Millionen Wohnimmobilien nicht gebraucht werden. Hier steht
eine Korrektur bevor. Die Frage ist, wer diese Korrektur
bezahlt. Bezahlt das der europäische Steuerzahler, oder
bezahlen das die Eigentümer dieser Banken? Ich bin der
Auffassung, was nicht systemrelevant ist, das muss von
den Eigentümern getragen werden. Das darf in Europa
nicht sozialisiert werden, weil es am Ende dazu führt,
dass wir die marktwirtschaftliche Ordnung außer Kraft
setzen und pervertieren. Das ist das Gegenteil dessen,
was man machen muss.
Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Das ist genau das, was in Südeuropa stattgefunden hat.
Vielen Dank.
({6})
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Bartholomäus Kalb für die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute wieder eine
weitreichende, eine sehr ernsthafte Entscheidung im Interesse der Stabilität unserer Währung zu treffen. Ich
gehe davon aus, dass die Finanzmärkte nicht nur die Entwicklung in Spanien beobachten, sondern auch beobachten, wie wir mit dieser Frage umgehen. Es wird auch an
uns die Frage gestellt, wie das deutsche Parlament mit
der Frage des Euro umgeht, wie ernsthaft wir in
Deutschland für die eigene Währung eintreten. Wenn es
denn Zweifel an unserer Haltung zur Währung gäbe,
dann bräuchten wir uns nicht zu wundern, wenn auch die
Finanzmärkte Zweifel daran hätten.
Wir müssen anerkennen, dass Spanien große Anstrengungen unternimmt. Der Bundesfinanzminister hat vorhin breit dargestellt, was Spanien unternimmt, um die
Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Sie führen
schwierige strukturelle Reformen durch, und sie sind dabei, das übermäßige Defizit in großen Schritten wieder
abzubauen.
({0})
Einen Augenblick, bitte! - Liebe Kolleginnen und
Kollegen, ich bitte Sie, zumindest in den Gängen keine
Gespräche zu führen. Es ist schon, glaube ich, ein Gebot
des Respekts gegenüber dem jeweiligen Redner, jedenfalls nicht demonstrativ bis unmittelbar vor dem Rednerpult Gespräche zu führen. Wir haben bald das Ende dieser Debatte erreicht. Ein Augenblick Disziplin bitte
noch.
Bitte, Kollege Kalb.
({0})
Herr Präsident, ich halte meinen Beitrag auch im
Schnelldurchgang.
Ich wollte sagen, dass Spanien sich in Europa, in der
Europäischen Union, in der Euro-Zone immer als verlässlicher Partner erwiesen hat. Wir sollten auch nicht,
wie der Herr Fraktionsvorsitzende Steinmeier es getan
hat, versuchen, hier Unsicherheit zu schüren, Verwirrung
zu stiften. Die Frage der Bankenunion, die Frage der direkten Bankenstabilisierung steht heute nicht zur Debatte. Das, was wir heute entscheiden, entscheiden wir
auf der Grundlage des geltenden Regelwerks der EFSF,
wie es nach unserem Parlamentsbeteiligungsrecht, nach
unserem StabMechG, durchzuführen ist, und nach keinen anderen Regeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß
sehr wohl, dass die Südstaaten schnell eine Bankenunion
wollen. Darüber müssen wir bei anderer Gelegenheit
- ich vermute, sehr oft und sehr tiefgehend - diskutieren.
Ich bin da auch sehr skeptisch, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man die Situation von Banken in einem
Land losgelöst von den dort herrschenden politischen,
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sonstigen Verhältnissen betrachten kann.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Menschen in unserem Lande erwarten nicht mehr und nicht
weniger von uns, als dass wir für die Stabilität unserer
Währung sorgen.
({1})
Wir haben keine andere Währung als den Euro. Deswegen ist es wichtig, dass wir für diese Währung und die
Stabilität dieser Währung eintreten. Mit der heutigen
Entscheidung - davon bin ich felsenfest überzeugt - leisten wir einen guten Beitrag dazu, den Euro zu stabilisieren, unsere Währung zu sichern, auch im Interesse der
Sicherheit und des Wohlstands unserer Bürger.
Herzlichen Dank.
({2})
Ich schließe die Aussprache.
Mir liegen zahlreiche schriftliche Erklärungen zur
Abstimmung von verschiedenen Kolleginnen und Kolle-
gen aus unterschiedlichen Fraktionen vor, die wir zu
Protokoll nehmen.1)
Eine mündliche Erklärung zur Abstimmung möchte
der Kollege Ströbele abgeben. Den rufe ich jetzt auf. An-
schließend führen wir die namentliche Abstimmung
1) Anlagen 4 bis 6
Präsident Dr. Norbert Lammert
durch. Ich bitte noch um einen Augenblick Geduld. Nehmen Sie bitte noch einen kleinen Augenblick Platz.
Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu meinem Abstimmungsverhalten gebe ich folgende Erklärung ab:
Vor vier Jahren ist mir gesagt worden, dass ich einem
großen Finanzpaket zustimmen soll, weil die Bank zu
groß ist, um pleite zu gehen, „too big to fail“. Heute soll
ich einer Bankenrettung zustimmen, bei der es um Banken geht, die nicht zu groß sind, sondern da handelt es
sich - das ist heute auch erwähnt worden - um kleinere
Banken.
Vor zwei Jahren ist mir gesagt worden, dass ich einem
großen Rettungspaket für Griechenland zustimmen soll,
damit nicht eine Katastrophe eintritt und nicht möglicherweise auch Spanien oder Italien unter einen solchen
Rettungsschirm, der sehr viel größer sein müsste, gebracht werden müssten. Heute sagt man mir, Spanien
muss geholfen werden. Das heißt, dieser schlimme Zustand, den ich damals verhindern sollte, ist eingetreten.
Irgendetwas ist faul an der Argumentation, mit der
man immer wieder versucht, neue Milliardenbeträge locker zu machen und die Zustimmung hier im Parlament
dazu zu bekommen.
({0})
Trotzdem habe ich mir heute überlegt, ob ich mich bei
diesem Paket nicht wenigstens der Stimme enthalten
kann; denn auch ich will Spanien helfen. Aber der Bundesfinanzminister hat mich gemeinsam mit Herrn Fricke
überzeugt, doch mit Nein zu stimmen, und zwar deshalb,
weil sie hier ganz eindeutig erklärt haben, dass auch mit
diesem Rettungspaket für die spanischen Banken wiederum ein Sparpaket verbunden ist, mit dem von Spanien
unsoziales Sparen, wie man es schon von Griechenland
verlangt hat, verlangt wird. Ohne die Durchführung
solch unsozialer und gnadenloser Sparmaßnahmen soll
Spanien nicht geholfen werden. Das treibt mich zu dem
Nein.
Meine entscheidenden Argumente für dieses Nein
sind darüber hinaus: In den vielen Papieren, die wir gestern und vorgestern noch bekommen haben, steht nichts
Konkretes dazu, wie das mit der Eigentümerhaftung, mit
der Eigentümerbeteiligung eigentlich sein soll, wie das
mit der Bankenabwicklung funktionieren soll. Wie viele
Banken sollen es denn sein? Wie soll das denn gehen?
({1})
Vor zwei Jahren ist noch gesagt worden, man will europäische Regelungen dafür entwickeln, wie man Banken pleite gehen lassen kann, in die Insolvenz gehen lassen kann. Davon ist bis heute nichts zu sehen.
Weil ich nicht will, dass Spanien auf die Art und
Weise geholfen wird, dass den spanischen Banken
100 Milliarden Euro unter der Auflage zur Verfügung
gestellt werden, dass die spanische Regierung gnadenlose unsoziale Sparmaßnahmen durchsetzt, stimme ich
heute mit Nein.
({2})
Auch ich bin dafür, nicht nur den Banken zu helfen,
sondern vor allen Dingen der Bevölkerung. Aber ich
sage: So geht es nicht. Das ist der falsche Weg. Das hat
sich spätestens bei Griechenland gezeigt.
({3})
Wir kommen nun unter dem Tagesordnungspunkt 1 a
zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/10350 zu der
Regierungserklärung. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich
der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist mit großer
Mehrheit abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 1 b. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen auf den Drucksachen 17/10320 und 17/10321:
Finanzhilfe zugunsten Spaniens; Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages
entsprechend unseren gesetzlichen Bestimmungen.
({0})
- Es wird Sie in Ihrem Abstimmungsverhalten vermut-
lich nicht mehr wirklich beeinflussen, dennoch bitte ich
30 Sekunden um Aufmerksamkeit für folgende Informa-
tion:
In den Ihnen vorliegenden Unterlagen auf der Druck-
sache 17/10320 findet sich auf der Seite 51, wo es um
das übersandte Memorandum of Understanding geht,
unter der Ziffer 30 eine unvollständige Information, weil
zum Zeitpunkt des Zugangs der Unterlagen, die ja mög-
lichst schnell dem Bundestag zugeleitet wurden, die ent-
sprechenden Defizitzahlen für das Bruttoinlandsprodukt
Spaniens noch nicht ausgewiesen waren. Das ist heute
Morgen im Haushaltsausschuss vorgetragen worden. Da
wir hier heute keine Beschlussempfehlung des Haus-
haltsausschusses als Grundlage haben, kann das insofern
nicht nachgetragen worden sein. Ich bitte Sie deswegen,
damit einverstanden zu sein, dass ich die Zahlen jetzt
nenne und wir sie somit zu Protokoll nehmen.
Die heute Morgen vorgetragenen abgestimmten Zah-
len für dieses Memorandum sind: für das Jahr 2012
6,3 Prozent, für das Jahr 2013 4,5 Prozent und für das
Jahr 2014 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Ich darf nun den Antrag der Bundesregierung zur Ab-
stimmung stellen. Hierzu ist namentliche Abstimmung
beantragt. Sind alle Abstimmungsurnen mit Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführern besetzt? - Das scheint der
Fall zu sein. Dann eröffne ich hiermit die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme für die namentliche Abstimmung noch nicht ab-
gegeben hat, oder hat jemand jemanden gesehen, der
noch mit der Karte in der Hand durch die Gegend läuft,
Präsident Dr. Norbert Lammert
ohne sie abgegeben zu haben? - Das scheint nicht der
Fall zu sein.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-
rerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Ich nehme an, dass Sie damit einverstanden sind,
dass ich das Ergebnis der Abstimmung ohne Unterbre-
chung der Sitzung zu einem späteren Zeitpunkt, gegebe-
nenfalls nach dem nächsten Tagesordnungspunkt, be-
kannt gebe. - Ich bedanke mich für das Einvernehmen.1)
Wir haben jetzt noch über den Entschließungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 17/10349 abzustimmen. Wer stimmt für diesen
Entschließungsantrag? - Wer ist dagegen? - Wer enthält
sich? - Auch dies ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich darf Sie bitten, für unseren nächsten Tagesordnungspunkt wieder Platz zu nehmen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP
Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen
- Drucksache 17/10331 Wie vorhin bereits von uns beschlossen, soll die Aussprache 30 Minuten dauern.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Dr. Günter Krings für die CDU/CSU-Fraktion.
({1})
- Ich darf vielleicht noch einmal insbesondere auch den
von mir gesehen rechten Flügel bitten, verfügbare freie
Plätze aufzusuchen oder für dringliche Gespräche den
Plenarsaal zu verlassen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Mit dem heutigen Antrag, den wir
gleich beschließen wollen, wollen wir nicht weniger, als
ein klares Signal an die jüdischen und muslimischen Gemeinden in Deutschland zu geben, dass jüdisches und
muslimisches Leben insbesondere in Deutschland weiterhin nicht nur möglich ist, sondern auch nicht unzumutbar erschwert wird.
({0})
Die Beschneidung von Jungen muss deshalb weiterhin straffrei möglich sein, wenn das der Elternwille ist,
wenn sie medizinisch fachgerecht erfolgt und wenn sie
ohne unnötige Schmerzen erfolgt. Ich sage für mich persönlich: Das heißt für mich, dass sie mit einer angemessenen Anästhesie erfolgt.
({1})
Meine Damen und Herren, der Antrag, der Ihnen vorliegt und in der Tat in sehr kurzer Frist zusammengestellt
worden ist, ist das Ergebnis einer Abwägung verschiedener Grundrechte, zum einen natürlich der körperlichen
Integrität und der Religionsfreiheit des Kindes, zum anderen der Religionsfreiheit der Eltern, des Persönlichkeitsrechts und vor allem des Elternrechts selbst.
Ich bedanke mich deshalb sehr bei den Kolleginnen
und Kollegen, die das in dieser Woche gemeinsam mit
mir erarbeitet haben. Ich bedanke mich bei dem Koalitionspartner, der FDP, und auch bei der SPD. Bis zuletzt
hatten wir die Hoffnung, dass auch die Grünen bei diesem Antrag dabei sein würden, zumal es - das will ich
schon festhalten - gerade die Fraktionsvorsitzende der
Grünen war, die Frau Künast, die ich hier jetzt leider
nicht mehr sehe, die in der letzten Woche sehr viel
Druck bei diesem Thema gemacht hat.
({2})
So berichtete etwa die Süddeutsche Zeitung vom
Freitag vergangener Woche von Vorschlägen, erst einmal höhergerichtliche, obergerichtliche Entscheidungen
in der Sache abzuwarten. Zitat aus der Süddeutschen
Zeitung:
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, bemängelte, dies dauere zu
lange. Nötig sei eine rasche gesetzliche Regelung.
Genau das fordern wir mit diesem Antrag ein. Genau
dem wollen wir mit diesem Antrag den Weg bereiten.
Umso ärgerlicher ist es, dass sich die Grünen daran nicht
mehr gebunden fühlen. Es ist vielleicht aber auch für
künftige Dinge ganz hilfreich, dass wir jetzt einmal festhalten, dass man erst einmal selbst, bevor man die Regierung lautstark zum Handeln auffordert, in der eigenen
Fraktion überlegt, welches Handeln man denn überhaupt
haben möchte.
({3})
Ich will allerdings auch sehr deutlich machen, dass
wir mit diesem Antrag die Praxis, das Ritual der Be-
schneidung, weder inhaltlich befürworten noch dafür
werben wollen. Es ist richtig, dass darüber in Religions-
gemeinschaften und in der Gesellschaft diskutiert wird.
Aber diese gesellschaftliche, innerreligiöse Debatte
sollte nicht unter dem Damoklesschwert der Strafandro-
hung stattfinden.
Der Maßstab für die Entscheidung, die Beschneidung
straffrei zu ermöglichen, ist natürlich das Kindeswohl;
denn auch eine Beschneidung ist keine Bagatelle, son-
dern eine Handlung, die tatbestandlich eine Körperver-
letzung darstellt. Es kann natürlich auch bei diesem ope-
rativen Eingriff Komplikationen geben, selbst wenn es
der weltweit wohl am häufigsten durchgeführte chirurgi-
sche Eingriff ist. Aber wir wollen auch nicht einfach
Kindeswohl und Elterninteresse gegeneinanderstellen.
Das Kindeswohl ist Maßstab, aber es wird im Regelfall
durch die Entscheidung der Eltern maßgeblich bestimmt.1) Ergebnis Seite 22836 D
Diese Entscheidungsfreiheit wiederum - auch das
machen wir in der Begründung des Antrags deutlich hat Grenzen, die in der staatlichen Rechtsordnung zu finden sind, etwa im Sorgerecht und im Strafrecht. So ist in
§ 228 StGB die Sittenwidrigkeit als eine ganz wesentliche Grenze vorgesehen. Aber ich hoffe, dass wir uns in
weiten Teilen des Hauses einig sind, dass die Beschneidung, die seit Jahrtausenden praktiziert und in fast allen
Ländern der Welt akzeptiert wird, schwerlich unter das
Verdikt der Sittenwidrigkeit zu fassen ist.
Aus diesem Grunde hat es mich überrascht, wenn ich
das so sagen darf, dass in dem Urteil des Landgerichts,
das Anlass der Debatte ist, das Stichwort Sittenwidrigkeit nicht genannt wird und erst recht nicht als Prüfungsmaßstab bestimmt wird. Es ist ersichtlich, dass andere
Gerichte aus meiner Sicht sehr viel vorsichtiger abgewogen haben. Es gibt beispielsweise sogar ein Urteil des
OVG Lüneburg, wonach die Kosten für die Beschneidung und die Feier vom Staat zu übernehmen gewesen
seien. Es ist schwer vorstellbar, dass der Staat eine Straftat und die dazugehörende Feier finanzieren soll.
Wir nehmen es sehr ernst, wenn uns Juden als Mitbürger in Deutschland sagen: Die Beschneidung ist für sie
ein Glaubensgebot. Wir nehmen es auch sehr ernst,
wenn sie sagen: Das besiegelt die Zugehörigkeit zu ihrer
Religionsgemeinschaft. Das haben wir nicht zu hinterfragen. Wir nehmen es sehr ernst, wenn Muslime die Beschneidung als eine wichtige religiöse Praxis ansehen.
Ich glaube deshalb, dass sich die Strafrechtsordnung an
dieser Stelle nach Abwägung zurückhalten muss. Wir
müssen mit unserer Strafrechtsordnung durchaus zur
Kenntnis nehmen, was weltweit Standard ist. Wir müssen international anschlussfähig bleiben. Bei einer Praxis, die nicht strafrechtlich verfolgt wird und weltweit
akzeptiert ist, muss man sehr gute Gründe haben, sie
ausgerechnet in Deutschland unter Strafe stellen zu wollen.
({4})
Wir nehmen allerdings auch eine sehr klare Grenzziehung - auch das ist Teil der Begründung des Antrages gegenüber anderen, auch erniedrigenden religiösen
Praktiken vor, die wir strikt ablehnen, ja verurteilen. Wir
haben die barbarische Praxis der Genitalverstümmelung
bei Mädchen und jungen Frauen noch einmal herausgehoben, die wir klar verurteilen. Dieser Sachverhalt ist
nicht mit dem zu vergleichen, was wir heute diskutieren,
nämlich die Beschneidung bei Jungen.
Das zeigt: Auch Religionsgemeinschaften, auch religiöse Übung muss sich an unsere Rechtsordnung im Allgemeinen und an das Strafrecht im Besonderen halten.
Sehr schön hat das vor einer Woche in der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung Christian Walter zusammengefasst,
als er ausführte, dass der Staat natürlich religiöse Gefahren abwehren muss. Aber der Staat soll nicht ganze Religionsgemeinschaften oder Religionen abwehren. Aus
diesem Grunde bitte ich um die Zustimmung zu unserem
Antrag.
Danke schön.
({5})
Christine Lambrecht ist die nächste Rednerin für die
SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Urteil des Landgerichts Köln vor einigen
Wochen führen wir hier in diesem Land eine sehr engagierte, aber insbesondere auch emotionale Debatte zum
Thema Beschneidung. Ich finde das völlig angemessen;
denn dabei es geht um kleine Jungen, teilweise noch Babys.
In der Debatte melden sich unterschiedlichste Gruppen zu Wort, alle mit sehr gewichtigen Argumenten. Ich
will einige nennen. Da melden sich die Religionsgemeinschaften der Juden und der Muslime zu Wort, die
uns darauf aufmerksam machen, dass die Ausübung ihres Glaubens aufgrund ihrer Gebote und der Vorgaben
dann, wenn Beschneidung in Deutschland in Zukunft
strafbewehrt wäre, nicht mehr möglich wäre. Das ist ein
gewichtiges Argument. Es melden sich aber auch
Menschen im Interesse des Kindes zu Wort, die die
körperliche Unversehrtheit des Kindes im Blick haben, beispielsweise unsere Kinderbeauftragte Marlene
Rupprecht.
({0})
Sie macht zu Recht darauf aufmerksam, dass wir vor einigen Jahren die gewaltfreie Erziehung gefordert und gesetzlich beschlossen haben. Wie passt die gewaltfreie Erziehung mit der Beschneidung, einer Körperverletzung,
zusammen? Auch das ist ein gewichtiges Argument.
Dieses Dilemma macht deutlich, wie schwierig eine Entscheidung in dieser Frage ist.
Hintergrund dieser Debatte ist das schon genannte Urteil des Kölner Landgerichts. Dabei ging es um die Beschneidung durch einen Arzt. Die Richter haben - zu
Recht - festgestellt: Ja, tatbestandlich ist es eine Körperverletzung. Allerdings haben sie den Arzt mit der Begründung freigesprochen: Er hat im Verbotsirrtum gehandelt. Das heißt, er konnte nicht davon ausgehen, dass
seine Handlung strafbar ist, weil die Rechtslage in
Deutschland hier unsicher ist.
Diese Rechtsunsicherheit hat sich jetzt aber noch verschärft; denn auf diesen Verbotsirrtum wird sich in Zukunft niemand mehr berufen können. Das ist geklärt.
Deswegen besteht Unsicherheit bei Ärzten und Beschneidern darüber, welche Konsequenzen sich ergeben,
wenn sie dennoch, auch wenn dieses Urteil keine bindende Wirkung hat, Beschneidungen vornehmen. Ich
glaube, es ist inakzeptabel, diese Rechtsunsicherheit
weiterhin bestehen zu lassen.
Ich hätte mir gewünscht, dass nach diesem Urteil des
Landgerichts eine höchstrichterliche Rechtsprechung
möglich gewesen wäre; denn es geht um die Abwägung
von Grundrechten.
({1})
Wir haben das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Wir haben das Grundrecht auf Religionsausübung.
Wir haben das Recht der Eltern, abgeleitet durch die elterliche Sorge, Religionsausübung auch für ihre Kinder
vorzunehmen. Diese Güter müssen gegeneinander abgewogen werden. Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass
das Bundesverfassungsgericht hierzu Stellung nimmt.
Das ist aber nicht möglich gewesen, weil, wie gesagt,
das Landgericht Köln den Arzt freigesprochen hat, und
damit keine Beschwer vorliegt und damit kein Gang zum
Verfassungsgericht möglich ist.
Wenn wir jetzt abgewartet hätten, bis das Bundesverfassungsgericht in irgendeinem anderen Fall eine Entscheidung trifft, dann hätten wir bis dahin Rechtsunsicherheit und die Gefahr, dass dann Beschneidungen
vielleicht nicht mehr von Ärzten und unter medizinischen Bedingungen, sondern in Hinterzimmern vorgenommen würden oder ein Beschneidungstourismus in
Gang gesetzt würde. Das heißt, Eltern würden aufgrund
ihrer Glaubensvorgabe mit ihrem Kind in andere Länder
reisen und würden dort die Beschneidung vornehmen
lassen. Das kann nicht in unserem Interesse sein.
Um diese unterschiedlichen Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen und dennoch ein ganz klares Signal zu
senden, dass muslimische und jüdische Religionsausübung in diesem Land möglich sein muss, fordern wir
die Bundesregierung mit diesem Antrag auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem diese unterschiedlichen
Rechtsgüter unter einen Hut gebracht werden. Das ist
keine leichte Aufgabe. Das wird wirklich sehr schwierige Formulierungsarbeit sein, um dafür zu sorgen, dass
dieses Gesetz hinterher vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat. Denn was nützt uns ein Gesetz, das
dann später für verfassungswidrig erklärt wird? Wir alle
wissen um die Probleme, die damit verbunden sind.
Hier führen wir eine sehr sachliche Diskussion. Weil
aber in vielen E-Mails und Schreiben versucht wird, die
Beschneidung und die Genitalverstümmelung zu vermischen, ist es mir ganz wichtig, hier ganz klar die Ansage
zu machen: Genitalverstümmelung von Mädchen hat
nichts, aber auch gar nichts mit der Beschneidung von
Jungen zu tun!
({2})
Niemand wird in Deutschland akzeptieren, dass die Genitalverstümmelung von Mädchen straffrei gestellt wird.
Im Gegenteil: Sie ist nicht nur zu verurteilen, sondern sie
ist schon heute strafbar und wird völlig zu Recht entsprechend verfolgt. Das wird auch so bleiben.
({3})
Durch diesen Antrag wollen wir ein Signal aussenden, dass die Religionsausübung von Juden und Muslimen auch in Zukunft in Deutschland möglich sein soll,
dass damit aber auch die Berücksichtigung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern verbunden ist. Deswegen ist die ganz klare Forderung, die Beschneidung sowohl unter medizinischen Bedingungen als auch mit so
wenig Schmerzen wie möglich durchzuführen. Das ist
unsere klare Ansage mit klaren Vorgaben. Aber es ist
wichtig, dass an diesem Tag auch das Signal ausgesendet
wird: Religionsausübung von Muslimen und Juden muss
in Deutschland weiterhin zulässig sein.
Deswegen plädiere ich an dieser Stelle: Unterstützen
Sie den Antrag. Wenn die entsprechende Vorlage dann
auf dem Tisch liegt, werden wir noch eine ganz intensive
Diskussion zu führen haben; denn es geht um gesundheitspolitische, jugendpolitische und kirchenpolitische
Aspekte. Das heißt, es wird kein Hauruckverfahren geben können. Ich bitte um Geduld und Verständnis dafür,
dass man so etwas nicht über das Knie brechen kann.
Vor dieser Aufgabe werden wir dann stehen, wenn wir
eine entsprechende Vorlage haben.
Heute bitte ich Sie, den vorliegenden Antrag zu unterstützen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({4})
Das Wort hat nun der Kollege Jörg van Essen für die
FDP-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
bin sehr dankbar, dass wir hier so sachlich über diese
Frage debattieren. Wer zum Beispiel in die sozialen
Netzwerke schaut, weiß, wie viele Emotionen es im Augenblick bei diesem Thema gibt. Aber ich glaube, wir
sind gut beraten, bei dieser Sachlichkeit zu bleiben. Zur
Sachlichkeit gehört, festzuhalten, dass das, was das
Landgericht Köln entschieden hat, keinerlei Bindungswirkung entfaltet. Gerichte können also anders entscheiden. Deshalb gibt es den einen oder anderen, der sagt:
Wir brauchen gar nichts zu regeln. - Ich sehe das anders.
Wer die Diskussion betrachtet, weiß, wie tief die Verunsicherung ist, die durch das Urteil entstanden ist, wie tief
die Verunsicherung in der muslimischen Gemeinschaft
ist und wie tief die Verunsicherung in der jüdischen Gemeinschaft ist. Das haben wir ernst zu nehmen.
Es gibt auch einen, wie ich finde, handfesten juristischen Grund dafür, den die Kollegin Lambrecht, für deren Beitrag ich ganz außerordentlich danke und mit der
wir ganz hervorragend zusammengearbeitet haben,
schon angesprochen hat. Es gibt auch Verunsicherung
bei den Ärzten, weil sie sich jetzt nicht mehr auf Verbotsirrtum berufen können. Auch das ist von uns zu berücksichtigen. Deshalb haben wir uns zusammengesetzt
und schlagen Ihnen vor, dass wir die Bundesregierung
beauftragen, die Fragen, die aufgeworfen sind, in einem
Gesetzentwurf zu klären. Das ist aber nicht nur ein Auftrag an die Bundesregierung, sondern auch ein Auftrag
an uns alle; denn wir sind der Gesetzgeber. Wir müssen
uns positionieren.
Die bisherigen Beiträge, die wir gehört haben, haben
schon deutlich gemacht, in welchem Umfeld wir uns
hier bewegen. Mir ist es ganz wichtig, dass ein Begriff
gleich zu Beginn unseres Antrags auftaucht, nämlich das
Kindeswohl. Dem sind wir alle verpflichtet. Dem ist
auch unsere Verfassung verpflichtet.
({0})
Deshalb muss das Kindeswohl das Wesentliche sein.
Daneben sind wichtige verfassungsrechtliche Prinzipien zu beachten. Körperliche Unversehrtheit ist ganz
wichtig. Hier wurde bereits etwas angesprochen, das ich
nachdrücklich unterstützen möchte. Beschneidung ist etwas anderes als Verstümmelung. Es gibt einen Unterschied zwischen der Beschneidung von Jungen und der
vorsätzlichen sexuellen Verstümmelung von Frauen.
Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir mit unserem Antrag das deutliche Signal setzen, dass wir solche Verstümmelungen nicht hinnehmen wollen. Das möchte ich,
nachdem die Kollegin Lambrecht das bereits getan hat,
noch einmal nachdrücklich unterstützen.
({1})
Es gibt aber auch andere Verfassungsprinzipien, die
wir ebenso ernst nehmen müssen. Die Religionsausübung ist ein wesentlicher Teil der Religionsfreiheit. Die
muslimischen und die jüdischen Verbände haben uns
deutlich gemacht, dass das, was sie praktizieren, für sie
ganz wesentlich zur Religionsausübung gehört. Ich bin
sehr nachdenklich, seit uns der Vorsitzende des Zentralrats der Juden deutlich gemacht hat, dass die Beschneidung konstitutiv für die Zugehörigkeit zum jüdischen
Glauben ist. Das haben wir ernst zu nehmen und in den
Abwägungsprozess intensiv einzubeziehen. Auch die
muslimischen Verbände haben uns deutlich gemacht,
welch hohe Bedeutung das für sie hat.
Auch der dritte Aspekt spielt eine ganz wesentliche
Rolle, nämlich das Elternrecht. Die Eltern haben das
Recht, darüber zu entscheiden, ob sie es als dem Kindeswohl angemessen ansehen, dass die Kinder in einer religiösen Gemeinschaft und mit den Riten dieser religiösen
Gemeinschaft aufwachsen. Die Eltern können so entscheiden, wenn sie glauben, dass die Kinder in einer solchen Gemeinschaft eine ethische Orientierung bekommen. Wir können nur daran interessiert sein, dass junge
Menschen mit ethischer Orientierung aufwachsen. Auch
das müssen wir ernst nehmen.
Vor diesem Hintergrund habe ich die Bitte, dass diese
so aufgeregt begonnene Debatte sachlich fortgeführt
wird. Das, was zu Beginn dieser Woche zwischen den
Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP stattgefunden
hat, war der Beginn einer sachlichen Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen Fragen. Ich bitte alle, das
fortzusetzen. Wir werden als FDP-Bundestagsfraktion
unseren Beitrag dazu leisten und bitten die Bundesregierung, ihren Teil der Arbeit in den nächsten Wochen zu
erledigen, sodass wir dann im Herbst zu einer Entscheidung kommen können.
Mir ist wichtig, dass wir jetzt ein Signal setzen. Deshalb bitte ich - auch persönlich - Sie nachdrücklich um
Zustimmung. Wir wollen schnellstmöglich wieder
Rechtssicherheit haben. Wir sollten ein entsprechendes
Signal an die betroffenen Religionsgemeinschaften senden und eine Lösung finden, die eine breitestmögliche
gesellschaftliche Zustimmung erfährt. Das ist mein
Wunsch.
Vielen Dank.
({2})
Der Kollege Jens Petermann erhält nun das Wort für
die Fraktion Die Linke.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Am 7. Mai 2012 verkündete das
Landgericht Köln ein Urteil in einem Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen einen Arzt, der eine Beschneidung bei einem vierjährigen Jungen aus religiösen
Gründen auf Wunsch der Eltern vorgenommen hatte. Er
wurde wegen nicht nachweisbarer Schuld vom Tatvorwurf freigesprochen. Ihm wurde zugute gehalten, dass er
das Verbot nicht kannte und davon ausging, nichts Verbotenes zu tun. Diese Entscheidung hat mittlerweile zu
einer lebendigen Debatte in der Öffentlichkeit geführt.
Das war offensichtlich auch Grund für Union, SPD und
FDP, einen sehr eiligen Entschließungsantrag vorzulegen, der eigentlich ohne Debatte durchgewunken werden
sollte. Merkwürdig ist, dass das Papier schon gestern in
einigen Medien kursierte, während es der Linksfraktion
erst heute kurz nach 9 Uhr zugestellt wurde. Da blieb
wohl ein wenig die Fairness im parlamentarischen Verfahren auf der Strecke.
({0})
Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, im
Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der klarstellt,
dass eine religiös motivierte, medizinisch fachgerechte
Beschneidung von Jungen grundsätzlich zulässig ist. Natürlich sind die Achtung der Religion und der Freiheit religiöser Betätigung etwas Selbstverständliches. Das eigentliche Problem liegt auf einer anderen Ebene; das ist
hier schon angesprochen worden. Wie ist es um den
Grundrechtsschutz des minderjährigen, religiös unmündigen Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gegenüber den Grundrechten der Eltern auf
Religionsfreiheit und deren Elternrecht bestellt?
Für die Linke kann ich sagen, dass sie das Problem
differenziert sieht. Aus juristischer Sicht ist das Urteil
richtig, da es lediglich die bestehende Rechtslage aufJens Petermann
greift; denn jeder ärztliche Eingriff erfüllt juristisch gesehen den Tatbestand der Körperverletzung, auch eine
Blinddarmentfernung. Eine Bestrafung des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin scheidet allerdings aus. Die Rechtfertigung liegt in der Einwilligung
des Patienten in den ärztlichen Heileingriff. Weder ein
Säugling noch ein vierjähriger Junge verfügen über die
nötige Einwilligungsfähigkeit. Hier müssen die Eltern
entscheiden. Vom Sorgerecht sind aber nur Erziehungsmaßnahmen gedeckt, die dem Wohle des Kindes dienen.
Eine Entscheidung der Eltern zur Vermeidung einer religiösen Ausgrenzung kann die Einwilligung des kleinen
Patienten nicht ersetzen, da keine medizinische Indikation vorliegt und der Eingriff nicht dem Kindeswohl
dient.
Durch eine Beschneidung wird der Körper des Kindes
dauerhaft und irreparabel verändert. Diese Veränderung
läuft dem Interesse zuwider, später in freier Selbstbestimmung über eine Religionszugehörigkeit entscheiden
zu können. Das Landgericht Köln stellte dies - zutreffend - fest. Die Grundrechte der Eltern aus Art. 4 Abs. 1
Grundgesetz - Religionsfreiheit - und Art. 6 Abs. 2
Grundgesetz - elterliche Sorge - werden begrenzt durch
das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2
Grundgesetz.
Dass dieses Problem lösbar ist, zeigen übrigens jüdische Gemeinden in Großbritannien. Dort wird das religiös geforderte frühkindliche Ritual der Beschneidung
ins Schmerzlos-Symbolische verschoben und die Entscheidung über den tatsächlichen Eingriff dem Betroffenen selbst überlassen, wenn er als Jugendlicher einwilligungsfähig ist. Jeder, der sich zu dem Thema zu Wort
meldet, muss am Ende mit seinem Gewissen ausmachen,
ob das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und auf Selbstbestimmung, welcher Religion
man angehören möchte, der Religionsfreiheit und dem
Erziehungsrecht der Eltern untergeordnet sein soll.
({1})
Die religiöse Überzeugung des mündigen Menschen
ist zu respektieren und zu schützen. Wir werben dafür,
das frühkindliche Ritual der Beschneidung ins Schmerzlos-Symbolische zu verschieben und die Entscheidung
über den chirurgischen Eingriff dem Betroffenen zu
überlassen, sobald er als 14-jähriger Jugendlicher einwilligungsfähig ist.
Mit Ihrem Antrag haben Sie allerdings die Chance auf
eine gesellschaftliche Debatte vertan. Die Linke kann
darum nicht zustimmen.
Vielen Dank.
({2})
Volker Beck erhält nun das Wort für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die
Rechtsauffassung eines Kölner Richters der Kleinen
Strafkammer vom Mai, religiös begründete Beschneidungen bei Jungen seien strafbar, hat in den letzten zwei
Wochen hohe Wellen geschlagen und zu einer intensiven
Debatte geführt.
In dieser Diskussion habe ich mich zusammen mit ein
paar Kollegen im Sinne dieses Antrags öffentlich geäußert. In den Fraktionsgremien und in den Arbeitskreisen
waren fachliche Diskussionen bis zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht möglich. Deswegen ist die heutige Entscheidung über diesen Antrag für viele Kolleginnen und
Kollegen, die noch mit sich ringen, welche Position sie
vertreten sollen, nicht einfach. Dieses Hopplahopp des
Verfahrens kritisieren wir.
Manche finden das Kölner Urteil im Grunde richtig.
Andere sind, was ihre Position angeht, noch nicht zu einem Ergebnis gekommen. Wiederum andere sehen es so
wie ich. Ich zolle all diesen Positionen in der Debatte
Respekt.
Aber ich will meine Rede jetzt dazu nutzen, um meine
Entscheidung, diesem Antrag heute zuzustimmen, zu begründen.
Die religiös begründete Beschneidung von Jungen ist
ein klassischer Grundrechtskonflikt. Bei Grundrechtskollisionen entscheidet man sich nicht für das eine
Grundrecht und gegen das andere, wie es zum Teil in der
Debatte im Netz dargestellt wird. Es gilt vielmehr, eine
Abwägung vorzunehmen, die alle Grundrechtspositionen so berücksichtigt, dass die Grundrechte sich optimal
verwirklichen. Wir müssen daher die drei Grundrechte,
die hier in Rede stehen - Art. 2, Art. 4 und Art. 6 Grundgesetz -, jeweils ausgleichen und dabei den jeweiligen
Eingriff und den Rechtsgrund erörtern.
Eine Beschneidung ist - da haben Sie recht, Herr
Petermann - wie jede Operation oder Impfung eine
Körperverletzung. Durch rechtswirksame Einwilligung
wird sie aber gerechtfertigt und ist damit eben nicht
strafbar. Deshalb muss man fragen: Dürfen Eltern in dieser Situation für ihr Kind rechtswirksam einwilligen? Im
freiheitlichen Staat treffen nämlich die Eltern die Entscheidungen für das Kindeswohl in den Grenzen der
Rechtsordnung.
Zum Kindeswohl gehört - da unterscheide ich mich
von Ihnen, Herr Petermann - einerseits die Gesundheit
und der Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Kindes, andererseits aber auch das Recht des Kindes, als
gleichberechtigtes und vollwertiges Mitglied einer Religionsgemeinschaft, der die Familie angehört, aufzuwachsen.
({0})
Religionsfreiheit heißt nämlich nicht Freiheit von Religion, sondern Freiheit in religiösen Angelegenheiten.
({1})
Volker Beck ({2})
Bei der Abwägung muss auch die Bedeutung des Eingriffs bewertet werden. Er ist in der Tat irreversibel, aber
doch vergleichsweise gering - eine gesundheitliche
Schädigung ist nicht die Folge -, und er wird auch aus
anderen Gründen, zum Beispiel aus prophylaktischen
und hygienischen Erwägungen, bei Kindern und Erwachsenen vorgenommen.
Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Rupprecht gestatten?
Ja, gerne.
Herr Kollege Beck, Sie wissen, dass das Bundesverfassungsgericht schon 1968 festgestellt hat, dass Kinder
Grundrechtsträger sind, und zwar ohne Einschränkung;
man hat das nicht am Alter festgemacht. Außerdem haben wir die UN-Kinderrechtskonvention im letzten Jahr
in diesem Hause mit breiter Mehrheit in inländisches
Recht umgesetzt. In Art. 24 Abs. 3 der UN-Kinderrechtskonvention steht eindeutig, dass die Vertragsstaaten alles versuchen, um Bräuche, die Kinder verletzen,
zu beseitigen.
Wir haben im Jahr 2000 hier im Hause nach langer
Diskussion mit großer Mehrheit beschlossen, dass Eltern
ihre Kinder gewaltfrei erziehen müssen. Damit haben
wir zum ersten Mal Kinder als Rechtssubjekte in ein
Gesetz aufgenommen. Das heißt, dass Kinder ein Recht
auf gewaltfreie Erziehung haben. Das gilt auch für die
religiöse Erziehung.
Man nimmt niemandem das Recht, Kinder religiös zu
erziehen. Im Gegenteil: Es ist Aufgabe der Eltern, Kinder wertorientiert zu erziehen und sie auf das Leben in
dieser Gesellschaft vorzubereiten. Aber wir haben den
Grundsatz der Gewaltfreiheit. Ich frage mich, wie Sie
diesen Antrag mit der UN-Kinderrechtskonvention und
den Grundrechten vereinbaren wollen.
Ich glaube, dass eine ehrliche Diskussion stattfinden
muss. Meine Bitte an die Kollegen ist: Wenn wir uns in
der Sommerpause mit diesem Thema beschäftigen, sollten wir nicht vorschnell nur auf die Menschen in unserem Land schauen, die ihre Auffassung laut genug äußern. Man sollte auch auf all diejenigen schauen, die sich
nicht äußern, für die wir hier aber im Parlament sitzen,
nämlich auf die Kinder. Ihnen müssen wir klar zur Seite
stehen und eine Stimme geben, wenn es um solche gesellschaftlichen Entwicklungen geht.
Ich hoffe, Sie stimmen mir zu, dass alles, was wir hier
tun, auf dem Boden des Grundgesetzes stehen muss. Das
ist die Basis all unseres Handelns. Ich bitte die Regierung, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Deshalb meine Frage an Sie: Wie wollen Sie dieses
Gesetz mitgestalten, wenn Sie sich schon jetzt im Voraus
festlegen, dass in dem Gesetz eine Straffreiheit vorgesehen werden soll?
Es ist schade, dass Sie mich inmitten meiner Erörterung der Grundrechtskollision unterbrochen haben.
({0})
Aber ich will trotzdem gerne versuchen, auf das, was Sie
vorgetragen haben, zu antworten.
Ich sehe meine Rechtsposition - dazu komme ich
noch - in völligem Einklang mit den Normen der UNKinderrechtskonvention.
({1})
Es geht darin um die Gesundheit der Kinder und um ihren Schutz vor Beeinträchtigungen durch religiöse Bräuche. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch die
Beschneidung liegt meines Erachtens jedoch nicht vor.
Es handelt sich um eine Beeinträchtigung, die keinen
pathologischen Befund beinhaltet.
Sie haben außerdem gesagt, Kinder müssten das
später als Erwachsene selbst entscheiden. Diese UNKonvention schützt aber ausdrücklich Kinder vor religiöser Diskriminierung, also auch vor der Diskriminierung, die damit einhergeht, Jude oder Muslim in unserer
Gesellschaft zu sein.
Sie dürfen nicht übersehen, dass der Beschneidungsbefehl in der jüdischen Religion und im islamischen
Glauben fundamental ist. Die Begründung des Bundes
Gottes mit dem Volk Israel und Abraham in Genesis 17
beginnt mit dem Befehl an Abraham, die Kinder des
Volkes Israel zu beschneiden, sobald sie acht Tage alt
sind. - Da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln,
Frau Kollegin Rupprecht.
Es ist im Rahmen des Grundrechtsausgleichs mit zu
erörtern, welchen Stellenwert der Beschneidungsbefehl
für diese Religion hat. Und da kommen wir zu dem Ergebnis: Es handelt sich um den ersten Befehl Gottes, der
für diese Religion gilt, und er ist das Fundament des
Glaubens aller abrahamitischen Religionen. Damit hat er
einen sehr hohen Stellenwert. Ein Verbot der Beschneidung jüdischer und muslimischer Kinder würde faktisch
bedeuten: Jüdisches Leben und islamisches Leben sind
in Deutschland auf Dauer legal so nicht möglich. Es geht
um eine Abwägung der Grundrechte. Auf der einen Seite
ist die Frage: Zu welchen Beeinträchtigungen führt der
Eingriff bei dem Jungen ohne Krankheitsbefund, wenn
er medizinisch korrekt durchgeführt wird? Es sind relativ geringe Beeinträchtigungen. Auf der anderen Seite ist
die Frage: Ist die Religionsausübung überhaupt noch
möglich, wenn wir die Beschneidung verbieten würden? In dieser Abwägung komme ich zu dem Ergebnis, dass
dies von den Eltern im Sinne des Kindeswohls entschieden werden muss.
Ich halte es in meiner Gedankenwelt für möglich,
dass es eine Entscheidung zum Wohle des Kindes ist, es
im Sinne der jüdischen oder der muslimischen Religion
aufzuziehen.
({2})
Volker Beck ({3})
Meines Erachtens ist es nicht nur in christlichen oder
atheistischen Elternhäusern möglich, das Kindeswohl zu
berücksichtigen. Deshalb müssen wir das respektieren,
auch wenn es uns als Nichtmitglieder dieser Religionsgemeinschaften möglicherweise ein bisschen fremd vorkommt. Aber vielleicht hilft da, egal ob man religiös ist
oder nicht, ein Blick in die Heilige Schrift.
Ich komme bei der Abwägung am Ende also zu dem
Ergebnis, dass die Beschneidung straflos sein muss.
Ich will auf einen weiteren Aspekt, nämlich die Gesundheit des Kindes, aufmerksam machen. Wenn wir zu
dem Ergebnis kommen, dass die Beschneidung strafbar
ist, wird der Effekt ja nicht sein, dass es keine Beschneidung von jüdischen und muslimischen Kindern mehr
gibt, sondern der Effekt wird sein, dass sie nicht mehr
medizinisch fachgerecht ausgeführt wird, und zwar von
selbsternannten Beschneiderinnen und Beschneidern.
({4})
Dann schädigen wir die Gesundheit dieser Kinder maximal. Deshalb muss man neben der rechtlichen und verfassungsrechtlichen Sicht auch eine pragmatische Sicht
auf diesen Konflikt haben und schauen: Womit bewirkt
man am Ende Gutes und womit Schlechtes?
Ich will nicht, dass jüdisches und muslimisches Leben
in Deutschland in der Illegalität ist. Für mich ist ganz
klar: Judentum, Islam und Christentum gehören zu
Deutschland. Ich will, dass dies heute hier zum Ausdruck kommt und dass wir eine inklusive Lösung für
diese Frage finden.
Herr Kollege.
Meine Damen und Herren, gerade angesichts der Debatte im Netz, die dort sehr heftig tobt, teilweise sehr
verletzend ist, meines Erachtens manchmal auch ignorant gegenüber Religion als Phänomen an sich, frage ich
die Menschen, die da so herumwirbeln und gegen die
sachliche Debatte, die wir hier gerade führen, wirklich
polemisieren: Kommt es Ihnen nicht merkwürdig vor,
dass ausgerechnet Deutschland das erste und einzige
Land auf dieser Welt sein sollte, wo die Beschneidung
von Juden und Muslimen strafbar sein soll?
({0})
Ich finde, über diese Frage kann man in der Sommerpause noch einmal nachdenken.
({1})
Zum Schluss dieser Debatte erhält der Kollege
Johannes Singhammer das Wort für die CDU/CSUFraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir, die Christlich Demokratische Union und die
Christlich-Soziale Union, treten entschieden und eindeutig ein für die Religionsfreiheit in Deutschland und in
anderen Ländern. Zur Religionsfreiheit bei uns in
Deutschland gehört, dass eine Unsicherheit darüber vermieden wird, was in zentralen Bereichen der Ausübung
der Religion, so wie sie die einzelnen Gemeinschaften
verstehen, erlaubt ist, nicht erlaubt ist oder sogar verboten ist.
Was zum Kernbereich der Freiheit einer Religion
zählt, das regelt nun nicht staatliche Autorität, sondern
das regelt die einzelne Religionsgemeinschaft selbst.
Was die Beschneidung von Jungen im Judentum und im
Islam betrifft, so gibt es unterschiedliche, aber klare religiöse Einordnungen. Nach jüdischem Verständnis ist die
Beschneidung von Jungen elementar und gehört konstitutiv zum Glauben. Nach der Mitteilung des Zentralrats
der Muslime in Deutschland ist die Beschneidung von
Jungen Bestandteil muslimischer Tradition und folgt der
abrahamischen Praxis.
Wir regeln heute nicht die Art und Weise, wie und unter welchen Voraussetzungen Beschneidung stattfinden
kann und soll; wir regeln das Ob. Wir wollen, dass keine
Unsicherheit mehr darüber besteht, ob die Beschneidung
in Deutschland zulässig ist, erlaubt ist, sich in einer
Grauzone befindet, staatliche Duldung genießt oder gar
aufgrund eines Verbots verfolgt wird. Die klare Botschaft heute: Beschneidung ist zulässig. Es geht die klare
Botschaft auch an diejenigen, die Beschneidungen
durchführen, gerade die Ärzte: Wir wollen, dass Beschneidung zulässig ist, und schaffen deshalb Klarheit.
Die Gewährleistung der Religionsfreiheit bei der Beschneidung - das ist heute schon angesprochen worden hat nichts mit einem anderen Ritual zu tun, das in einigen Regionen der Welt schauerliche Praxis ist: die Genitalverstümmelung bei jungen Mädchen und Frauen. Es
bedeutet keinerlei intellektuelle Überforderung, die Unterschiede zu erkennen.
Keine religiöse Instanz mit Reputation fordert beispielsweise im Islam Genitalverstümmelung von Frauen
und Mädchen. Bei diesem Eingriff in die körperliche Integrität geschieht in der Tat Schlimmes. Nach Schätzungen überleben 15 Prozent der betroffenen Frauen und
Mädchen den Eingriff unmittelbar nicht und muss damit
gerechnet werden, dass weitere 20 Prozent später erkranken und ebenfalls zu Tode kommen. Alle Betroffenen
leiden darunter. Deshalb wird in Deutschland Genitalverstümmelung zu Recht als Straftat aufgefasst und verfolgt, und dabei bleibt es auch.
({0})
Für manche in unserem Land ist Beschneidung etwas
Fremdartiges. Das Zusammenleben von Menschen, die
religiös sind, und Menschen, die sich für eine nichtreli22836
giöse Grundhaltung entschieden haben, erfordert Respekt. Respekt gedeiht am besten auf einer klaren gesetzlichen Regelung, was zulässig ist und was nicht. Eine
solche Regelung wollen wir heute mit diesem Antrag
einleiten. Wir wollen damit auch ein Stück gutes perspektivisches Zusammenleben in Deutschland schaffen.
Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung.
({1})
Ich schließe die Aussprache.
Nach dieser Debatte wird niemand ernsthaft behaupten können, der Deutsche Bundestag wolle mit dem
heute eingebrachten Antrag eine notwendige Debatte
vorschnell beenden. Das Gegenteil ist der Fall: Er will
die notwendige Klärung auf eine sensible und zielführende Weise möglich machen.
({0})
Das ist aus allen Wortbeiträgen hinreichend deutlich geworden. Dafür möchte ich mich bedanken.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP auf der
Drucksache 17/10331 mit dem Titel „Rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen“. Die
Fraktion Die Linke hat beantragt, diesen Antrag zu überweisen zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, an
den Ausschuss für Gesundheit sowie an den Ausschuss
für Kultur und Medien. Die antragstellenden Fraktionen
verlangen sofortige Abstimmung. Nach ständiger Übung
geht die Abstimmung über den Überweisungsvorschlag
vor.
Ich bitte deswegen diejenigen, die dem Überweisungsvorschlag der Fraktion Die Linke zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer
enthält sich? - Damit ist der Überweisungsvorschlag mit
großer Mehrheit bei unterschiedlichen einzelnen Voten
in den Fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke abgelehnt.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag
auf Drucksache 17/10331. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen?
({1})
- Hatten Sie, Frau Kollegin, jemals den Eindruck, dass
Sie unbemerkt geblieben wären?
({2})
Spätestens mit dem Zwischenruf sind Sie für alle Zeiten
in den Protokollen des Deutschen Bundestages verewigt.
Ich darf also noch einmal fragen: Wer stimmt für die-
sen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? -
Der Antrag ist mit großer Mehrheit bei einer Reihe von
Gegenstimmen und Stimmenthaltungen aus verschiede-
nen Fraktionen angenommen.
Ich weise darauf hin, dass wir auch zu diesem Antrag
eine Reihe von schriftlichen Erklärungen zur Abstim-
mung haben, die wir dem Protokoll beifügen.1)
Ich darf Ihnen nun noch das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zur Finanzhilfe zugunsten
Spaniens und zur Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes mitteilen: abgegebene
Stimmen 583. Ich erlaube mir den Hinweis, dass damit
rund 94 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages anwesend waren und von ihrem Abstimmungsrecht
Gebrauch gemacht haben. Es wird nicht viele Betriebe in
Deutschland geben, die bei kurzfristig angesetzten Sonderschichten, allein schon unter Berücksichtigung der
durchschnittlichen Krankheitsquote, eine ähnlich hohe
oder höhere Beteiligung erreichen.
({3})
Mit Ja haben 473 Kolleginnen und Kollegen ge-
stimmt. Mit Nein haben 97 Mitglieder des Bundestages
gestimmt. Es gab 13 Enthaltungen. Damit ist der Antrag
angenommen.
1) Anlagen 7 bis 12
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 583;
davon
ja: 473
nein: 97
enthalten: 13
Ja
CDU/CSU
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Thomas Bareiß
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({4})
Manfred Behrens ({5})
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({6})
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({7})
Dirk Fischer ({8})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({9})
Michael Frieser
Präsident Dr. Norbert Lammert
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung ({10})
Dr. Egon Jüttner
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({11})
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers
({12})
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer ({13})
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller ({14})
Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann ({15})
Michaela Noll
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({16})
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht ({17})
Anita Schäfer ({18})
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt ({19})
Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Nadine Schön ({20})
Dr. Kristina Schröder
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Armin Schuster ({21})
Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl ({22})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Volkmar Vogel ({23})
Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg ({24})
Peter Weiß ({25})
Sabine Weiss ({26})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Elisabeth WinkelmeierBecker
Dagmar G. Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Willi Zylajew
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding ({27})
Gerd Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({28})
Edelgard Bulmahn
Martin Burkert
Petra Crone
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Ingo Egloff
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dagmar Freitag
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf ({29})
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Hans-Joachim Hacker
Klaus Hagemann
Michael Hartmann
({30})
Hubertus Heil ({31})
Wolfgang Hellmich
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Hinz ({32})
Frank Hofmann ({33})
Dr. Eva Högl
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christian Lange ({34})
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel ({35})
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Präsident Dr. Norbert Lammert
Johannes Pflug
Joachim Poß
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
René Röspel
Karin Roth ({36})
Michael Roth ({37})
Annette Sawade
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({38})
Bernd Scheelen
Marianne Schieder
({39})
Ulla Schmidt ({40})
Carsten Schneider ({41})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Uta Zapf
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
FDP
Christian Ahrendt
Christine AschenbergDugnus
Daniel Bahr ({42})
Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Klaus Breil
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Reiner Deutschmann
Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Hans-Werner Ehrenberg
Rainer Erdel
Ulrike Flach
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Dr. Christel Happach-Kasan
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Heiner Kamp
Michael Kauch
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth ({43})
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Dr. Martin Lindner ({44})
Michael Link ({45})
Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller ({46})
Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann
({47})
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({48})
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg von Polheim
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Björn Sänger
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Stephan Thomae
Manfred Todtenhausen
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel
({49})
Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({50})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({51})
Volker Beck ({52})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Agnes Brugger
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Harald Ebner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Priska Hinz ({53})
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth ({54})
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth ({55})
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Dr. Frithjof Schmidt
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler
Nein
CDU/CSU
Veronika Bellmann
Wolfgang Bosbach
Thomas Dörflinger
Axel E. Fischer ({56})
Dr. Peter Gauweiler
Andreas G. Lämmel
Paul Lehrieder
Dr. Carsten Linnemann
Dr. Georg Nüßlein
Thomas Silberhorn
Arnold Vaatz
Klaus-Peter Willsch
SPD
Klaus Barthel
Dr. Peter Danckert
Wolfgang Gunkel
Gabriele Hiller-Ohm
Hilde Mattheis
Dr. Wilhelm Priesmeier
Gerold Reichenbach
Sönke Rix
Dr. Ernst Dieter Rossmann
({57})
Werner Schieder ({58})
Swen Schulz ({59})
Rolf Schwanitz
Waltraud Wolff
({60})
FDP
Jens Ackermann
Nicole Bracht-Bendt
Sylvia Canel
Joachim Günther ({61})
Heinz-Peter Haustein
Dr. Lutz Knopek
Holger Krestel
Lars Lindemann
DIE LINKE
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Dr. Rosemarie Hein
Dr. Barbara Höll
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Dorothée Menzner
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Präsident Dr. Norbert Lammert
Petra Pau
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Ingrid Remmers
Michael Schlecht
Kathrin Senger-Schäfer
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Kathrin Vogler
Johanna Voß
Halina Wawzyniak
Katrin Werner
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Enthalten
SPD
Bettina Hagedorn
Stefan Rebmann
FDP
Helga Daub
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Ute Koczy
Stephan Kühn
Monika Lazar
Beate Müller-Gemmeke
Dr. Gerhard Schick
Dr. Wolfgang StrengmannKuhn
Beate Walter-Rosenheimer
Arfst Wagner ({62})
({63})
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
({64})
- Frau Kollegin Künast, ich berufe die nächste Sitzung
des Deutschen Bundestages auf spätestens Dienstag, den
11. September 2012, 10 Uhr, ein. Ich halte aber meine
Empfehlungen für eine möglichst flexible Urlaubsplanung ausdrücklich aufrecht.
Machen Sie etwas daraus. Alles Gute! Bis dann.
Die Sitzung ist geschlossen.