Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 1/25/2012

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße Sie sehr herzlich. Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit 2012-2017“ Bevor ich das Wort für einen einleitenden fünfminütigen Bericht erteile, darf ich darauf hinweisen, dass wir eine Ein-Minuten-Regelung für Fragen und Antworten vereinbart haben. Für Kolleginnen und Kollegen, die in der letzten Woche an der Befragung der Bundesregierung nicht teilgenommen haben, mache ich darauf aufmerksam, dass nun statt des akustischen Signals ein optisches Signal eingesetzt wird. Der Schriftführer hat hier eine zusätzliche Aufgabe bekommen. Auf den bisherigen Anzeigen für die Tagesordnungspunkte rechts und links des Adlers sowie oberhalb der Hammelsprungtüren wird eine Uhr sekundenweise rückwärtslaufen. Begleitet wird dies von einem Lichtsignal in Gestalt eines Farbfeldes: grün, gelb und rot. ({0}) - Jeder denkt sich sein Teil. ({1}) Eine farbliche Justierung der Farben Grün und Gelb wird in der kommenden Woche erfolgen. In den ersten 30 Sekunden zeigt das Farbfeld grün, gefolgt von gelb. Nach Ablauf von 60 Sekunden, also nach Ablauf der Redezeit, erscheint es dann rot. ({2}) Jetzt hat das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Kollege Thomas Rachel. Bitte schön, Kollege Thomas Rachel.

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass - ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Wir schauen einmal, was los ist. - Gehen Sie bitte zu einem anderen Mikrofon, seien Sie so nett. ({0})

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Präsident, ich freue mich, dass ich jetzt auch akustisch anwesend bin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, Ihnen das neue Rahmenprogramm der Bundesregierung „Forschung für die zivile Sicherheit 2012-2017“ vorstellen zu können, das heute Morgen im Bundeskabinett behandelt wurde. Dies erfolgt auf der Grundlage einer Vereinbarung der Koalitionsfraktionen vom Oktober 2009. Das neue Programm orientiert sich an den strukturellen Besonderheiten des ersten nationalen Sicherheitsforschungsprogramms, das von 2007 bis 2011 durchgeführt wurde, setzt aber gleichzeitig neue Impulse. Ich möchte drei Dinge besonders hervorheben: Erstens. Unsere Forschungsförderung konzentriert sich sowohl auf die Prävention von Schadensereignissen als auch auf Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Die Grundidee des zivilen Sicherheitsforschungsprogramms ist, dass ihm konkrete Krisenszenarien zugrunde liegen, für die nach verbesserten Lösungswegen gesucht wird. Zweitens. In die Projekte werden auch künftig die späteren Endnutzer mit einbezogen, und zwar von Anfang an, also Sicherheitskräfte und Rettungskräfte, zum Beispiel die Feuerwehren, die Notärzte, das Technische Hilfswerk oder die Polizei. Drittens. Von Anfang an werden auch Sozial- und Geisteswissenschaftler mit eingebunden, damit nur solche Sicherheitslösungen zum Einsatz kommen, die von den Menschen in unserem Land akzeptiert und angenommen werden können. ({0}) Um es auf den Punkt zu bringen: Wir unterstützen Forschung für Sicherheit in einer offenen Gesellschaft. Wir unterstützen Lösungsansätze auf Basis eines breiten politischen Konsenses. Wir sind dabei in guter Gesellschaft. Ich möchte dabei vor allem das Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit erwähnen - eine Initiative, bei der alle Fraktionen des Deutschen Bundestages mitwirken -, das mit den im Paul-Löbe-Haus stattfindenden Gesprächsforen viel Anerkennung gefunden hat. Es zeigt sich auch hier, dass die Herausforderungen der zivilen Sicherheitsforschung ein überparteiliches Anliegen sind. Deutschland ist glücklicherweise - wir wollen dafür arbeiten, dass es so bleibt - eines der sichersten Länder der Welt. Wir verfügen über elektrisches Licht, Heizung, Telefon und Internet, wann immer wir wollen. ({1}) Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, TAB, hat im Frühjahr letzten Jahres einmal aufgezeigt, wie die Situation aussähe, wenn es bei uns zu einem länger andauernden, großflächigen Stromausfall kommen würde: Unsere Telefone wären nicht mehr nutzbar; wir hätten kein Internet, keine Heizung und keine Beleuchtung; wir würden nicht mehr an Bargeld kommen, da die Geldautomaten mit Strom betrieben werden; ebenso sind die Pumpen an Tankstellen auf Strom angewiesen; nur wenige verfügen über eine Notstromversorgung. Sie sehen schon daran, dass die Herausforderungen bei der zivilen Sicherheit in einer globalisierten und weit vernetzten Welt vielfältiger geworden sind. Deswegen war es, glaube ich, richtig, dass die Bundesregierung das Thema der zivilen Sicherheitsforschung aufgegriffen hat. Meine Damen und Herren, das neue Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit 2012-2017“ baut auf den Erfahrungen und Erfolgen des ersten nationalen Sicherheitsforschungsprogramms auf. Wir haben für das neue Rahmenprogramm, wie bisher, ein Fördervolumen von rund 55 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. Inhaltlich knüpfen wir an die erste Programmphase an. Wir werden sechs Schwerpunkte setzen: erstens gesellschaftliche Aspekte der zivilen Sicherheit, zweitens urbane Sicherheit, drittens Sicherheit von Infrastrukturen und Wirtschaft, viertens Schutz und Rettung von Menschen, fünftens Schutz vor Gefahrstoffen, Epidemien und Pandemien; nicht zuletzt möchten wir mit der Forschung zur IT-Sicherheit einen Beitrag zur CyberSicherheitsstrategie der Bundesregierung leisten. Uns geht es insgesamt darum, Lösungen zu erarbeiten, um die individuelle Freiheit der Menschen und die Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern und gleichzeitig das hohe Sicherheitsniveau für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu erhalten. Deshalb arbeiten wir so, dass nicht zulasten unserer rechtlich geschützten Freiheit vorgegangen werden soll; vielmehr spielen in der Sicherheitsforschung gesellschaftliche, rechtliche und ethische Aspekte eine ganz wichtige Rolle. Mit dem neuen Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ stellen wir die Weichen für innovative Sicherheitslösungen zum Schutz der Menschen in Deutschland. Wir wollen die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit bewahren. Herzlichen Dank.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen herzlichen Dank. - Ich bitte, zunächst die Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Wir haben versucht, alle Wortmeldungen zu erfassen. Sie signalisieren mir, ob das alles korrekt ist. Als Erste Frau Kollegin Krista Sager.

Krista Sager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003622, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank. - Herr Rachel, der wissenschaftliche Programmausschuss zum Sicherheitsforschungsprogramm hat darauf hingewiesen, dass die Abgrenzung zwischen dem zivilen und dem militärischen Bereich bei einigen Technologien hauptsächlich erst im Anwendungsbereich und nicht vorher erfolgen kann. Er hat aber auch gesagt: Man braucht klare Richtlinien und Kriterien, um den zivilen Charakter des BMBF-Programms zu erhalten und ihm gerecht zu werden. Gibt es Richtlinien und Kriterien, um diesem zivilen Charakter gerecht zu werden, oder werden sie noch entwickelt?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Sager, das Ziel der zivilen Sicherheitsforschung ist es - so ist auch die Praxis in der vergangenen Programmperiode -, dass wir Forschung an zivilen Anwendungsszenarien unter Einbindung von Wissenschaft, Wirtschaft und Anwendern ausrichten. Wir machen das interdisziplinär. Wir haben Geistes- und Sozialwissenschaften genauso wie Technik- und Naturwissenschaften beteiligt. Es geht hier also eindeutig nicht um Wehrforschung. Die Wehrforschung ressortiert beim Bundesverteidigungsministerium; diese dort bezieht sich auf alle wehrtechnischen Anwendungen. Damit hat das zivile Sicherheitsforschungsprogramm nichts zu tun. Dieses richtet sich darauf, die zivile Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Das ist die bisherige Praxis. Das orientiert sich an den Prinzipien, die ich gerade beschrieben habe. Das heißt auch, dass sich Forschungseinrichtungen der Bundeswehr mit ihrem Know-how selbstverständlich bei zivilen Projekten der Sicherheitsforschung einbringen können. Sie sind also als Projektpartner willkommen, aber es werden keine verteidigungs- oder wehrpolitischen Fragestellungen im Rahmen des zivilen Sicherheitsforschungsprogramms bearbeitet.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Als Nächsten habe ich auf meiner Liste den Kollegen Gerold Reichenbach. Bitte schön, Kollege Gerold Reichenbach.

Gerold Reichenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003615, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank. - Ich habe eine Frage zum europäischen Sicherheitsprogramm INDECT, das von Ihrem Hause kogefördert wird. Warum hat das Ministerium das Projekt für förderfähig gehalten, obwohl es in einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamts hieß, dass es sich - ich zitiere - „aufgrund des umfassenden Überwachungsgedankens des Projekts“ nicht beteiligt? Unter welchen Auflagen haben Sie die Förderung des Projekts trotzdem zugestanden?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege, Sie unterliegen insofern einer Fehleinschätzung, als es sich bei INDECT um ein von der Europäischen Union gefördertes Projekt handelt. Die Europäische Union hat den Projektantrag beraten und darüber befunden. Das heißt, für die Begutachtung und die Einhaltung von Auflagen ist die Europäische Kommission zuständig und nicht etwa die Bundesregierung. Der Projektvorschlag wurde vor Vertragsabschluss seitens der EU-Kommission einer ethischen Begutachtung unterzogen. Lassen Sie mich an dieser Stelle den prinzipiellen Unterschied zwischen dem europäischen Programm und dem des BMBF bzw. der Bundesregierung deutlich machen. Die Ziele und die Vorgehensweise des Projekts INDECT unterscheiden sich fundamental von dem Ansatz des deutschen zivilen Sicherheitsforschungsprogramms, weil wir beispielsweise bei der Videoerkennung die Rechtskonformität durch Einbeziehung sozialwissenschaftlicher und auch juristischer Expertise von Wissenschaftlern und im Übrigen auch von Datenschützern von Anfang an mit untersuchen. Das unterscheidet das nationale Programm von der Vorgehensweise der Europäischen Union bei ihrem Programm.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Nächster Fragesteller, unser Kollege Albert Rupprecht.

Albert Rupprecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003620, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen herzlichen Dank. - Sehr geehrter Herr Staatssekretär, mich interessiert, wie die Schwerpunkte identifiziert und festgelegt wurden. Wie ist das Verfahren der Auswahl im Vorfeld gewesen? Was wird im Rahmen des Programms zum Schutz von Einsatzkräften bei Feuerwehr und Katastrophenschutz getan?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Rupprecht, aufbauend auf den Anregungen eines spezifischen Agendaprozesses haben wir die Fortschreibung des zivilen Sicherheitsforschungsprogramms durchgeführt. Wir haben mit dem ersten nationalen Sicherheitsforschungsprogramm der vorigen Bundesregierung angestoßen, dass sich eine Forschungslandschaft im Bereich der zivilen Sicherheitsforschung in Deutschland überhaupt erst richtig etabliert hat. Das war eine wichtige Voraussetzung. Diese positive Entwicklung wird nun fortgesetzt. Es wurden drei Agendaworkshops durchgeführt: zu den Herausforderungen der staatlichen Sicherheitsvorsorge, zu den Herausforderungen für Unternehmen und Wirtschaft und zu den Herausforderungen für Bürger und Gemeinwesen. Daran waren alle Akteure im Bereich der zivilen Sicherheitsforschung beteiligt. Sie haben mitdiskutiert und ihre Überlegungen eingebracht. Darüber hinaus haben Sie gefragt, ob es Aktivitäten zum Schutz der Feuerwehrleute gibt. Ja, solche Aktivitäten gibt es. Ich will Ihnen beispielhaft berichten, dass wir das Projekt „Systemintegrierte Schutzbekleidung für Feuerwehr und Katastrophenschutz“ durchgeführt haben. Warum? Weil die Helfer im Einsatz hohen Belastungen ausgesetzt sind und die Gefahren auch von der Einsatzleitung schwer abzuschätzen sind. Ziel dieses Projektes ist es, eine systemintegrierte Arbeits- und Schutzbekleidung mit Sensoren zu entwickeln, die eine Ortung der Einsatzkräfte sicherstellt und der Einsatzleitung Informationen über die Umgebungssituation der Einsatzkräfte mitteilen kann, sodass richtige Entscheidungen getroffen werden können.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Nächste Fragestellung, Kollege Uwe Schummer.

Uwe Schummer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003631, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, welchen Beitrag leisteten bzw. leisten kleine und mittelständische Unternehmen im Rahmen des ersten und zweiten Forschungsprogramms? Gibt es Initiativen der Bundesregierung, dass KMU verstärkt berücksichtigt werden?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Schummer, die Beteiligung von KMU ist uns ein wichtiges Anliegen. Das wird getragen von der politischen Überzeugung der Koalitionsfraktionen. Im Rahmen des nationalen Sicherheitsforschungsprogramms haben wir bisher 593 Teilvorhaben in 112 Projekten mit einer Gesamtzuwendung in Höhe von 252 Millionen Euro - mit Unterstützung des Deutschen Bundestages - gefördert. 43 Prozent aller Projektpartner sind Unternehmen. 60,8 Prozent aller Unternehmen, die an Forschungsprojekten im Rahmen des zivilen Sicherheitsforschungsprogramms beteiligt sind, sind KMU. Das ist ein außerordentlicher, ein bemerkenswert hoher Anteil. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade junge und dynamische Unternehmen mit ihrer starken Ausrichtung auf den international stark wachsenden Hightechmarkt von diesem Forschungsprogramm erheblich profitieren. Wir haben dieses Programm in die HightechStrategie eingebettet. Wir werden auch in Zukunft Wert darauf legen, dass die KMU eine wichtige Rolle im zivilen Sicherheitsforschungsprogramm spielen können.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Jetzt Kollege René Röspel. Bitte schön.

René Röspel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003210, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank. - Das abgelaufene Sicherheitsforschungsprogramm hat etwa 120 Millionen Euro umfasst. Deswegen meine Frage: Ist das abgelaufene Programm in irgendeiner Form evaluiert worden? Falls ja: Wie sind diese Ergebnisse in die Planung des neuen Programms eingeflossen?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege René Röspel, zum Ende der ersten Förderperiode des Sicherheitsforschungsprogramms ist eine Programmevaluation vorgesehen. In diesem Rahmen sollen die Wirkungen und der Erfolg des bisherigen Programms und der bisherigen Fördermaßnahmen bewertet und Handlungsempfehlungen für die folgende Programmphase entwickelt werden. Man muss sich vor Augen führen, dass das Gesamtprogramm nicht am ersten Tag gestartet wurde, sondern dass es über vier Jahre hinweg eine Vielzahl von Ausschreibungen gegeben hat. Insofern kann man sich das nur sukzessive und im Einzelnen anschauen. Zweck ist es, die Wirkung und den Erfolg der Fördermaßnahmen seit Beginn des Programms anhand quantitativer Indikatoren zu erfassen. Auf dieser Wirkungsanalyse aufbauend, werden geplante programmatische Ausrichtungen überprüft und aufgenommen. Die Vorbereitung, die Durchführung und die Auswertung der Befragung in Form einer empirischen Kurzstudie werden derzeit vom BMBF an eine unabhängige, externe, fachlich ausgewiesene Institution vergeben. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Herr Kollege Röspel, ich bitte um Verständnis, dass Sie jetzt nicht direkt eine weitere Frage stellen können. Zunächst sollen die anderen, die sich vorher gemeldet haben, zum Zuge kommen. Sie stehen aber schon wieder auf der Liste. Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Dr. Petra Sitte.

Dr. Petra Sitte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003848, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön. - Ich habe eine Frage, die an die Anmerkung von Frau Sager anknüpft, dass es sehr schwierig ist, zwischen ziviler und militärischer Forschung abzugrenzen, und dass diese Abgrenzung oftmals erst auf der Anwendungsebene tatsächlich möglich ist bzw. erst die Anwendungsebene hierüber Klarheit bringt. Nun sind die Hochschulen, die sich an diesem Sicherheitsforschungsprogramm beteiligen, auf der Forschungsebene und weniger auf der Anwendungsebene angesiedelt. Die Angehörigen der Hochschulen haben aber die Möglichkeit, über die Zivilklausel für sich in Anspruch zu nehmen, sich nicht an Projekten zu beteiligen, die der Wehr- oder Verteidigungsforschung zugeschrieben werden können. Wie stellen Sie auf der Ebene der Hochschulen bzw. der Forschungsebene sicher, dass dieses Recht eingeräumt werden kann? Wie schaffen Sie Transparenz, insbesondere vor dem Hintergrund von Auskunftsersuchen der Hochschulangehörigen bzw. Studierenden?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Sitte, da es sich bei dem Programm zur zivilen Sicherheitsforschung eben nicht um Wehrforschung handelt, können sich alle Hochschulen und selbstverständlich auch die Hochschulen, die eine sogenannte Zivilklausel haben, am zivilen Sicherheitsforschungsprogramm beteiligen. Um es noch einmal klar zu sagen: Auch die Hochschulen, die eine solche Zivilklausel haben, können sich uneingeschränkt an allen Projekten des nationalen Sicherheitsforschungsprogramms beteiligen; denn alle an den geförderten Projekten beteiligten Partner arbeiten an der Umsetzung ziviler Projekte für zivile Anwendungen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Als Nächstes der Kollege Dr. Peter Röhlinger. Bitte schön, Kollege Peter Röhlinger.

Dr. Peter Röhlinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004137, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, bekanntermaßen spielen ja die Sicherheitsfragen auch international eine Rolle. Deswegen möchte ich Sie fragen: Mit welchen Ländern kooperiert die Bundesregierung in der zivilen Sicherheitsforschung?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Lieber Herr Kollege Röhlinger, eine besondere Note des nationalen Sicherheitsforschungsprogramms ist tatsächlich, dass wir uns nicht nur um eine Stärkung der Forschungscommunity im Bereich der zivilen Sicherheitsforschung in Deutschland bemüht haben, sondern dass wir darüber hinaus auch bilaterale Kooperationen mit anderen Ländern aufgebaut haben. So gibt es Kooperationen mit drei Ländern. Das sind Israel, Frankreich und die USA. Mit ihnen haben wir bilaterale Kooperationsverträge vereinbart. Das Ziel dieser Kooperation besteht letztlich darin, dass wir durch gemeinschaftliche Aktivitäten, durch Hebung des Know-how in den genannten Ländern einen Beitrag dazu leisten wollen, gemeinsam erfolgreich in dem Wachstumsmarkt der zivilen Sicherheitsforschung unterwegs zu sein. Wir haben bis Ende 2011 elf bilaterale Verbundprojekte in diesem Sinne durchgeführt bzw. angestoßen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächster Fragesteller ist der Kollege Michael Kretschmer. Bitte schön. - Ihm folgt die Kollegin Krista Sager.

Michael Kretschmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, mit welchen Ländern die Bundesrepublik Deutschland bei der Sicherheitsforschung kooperiert, ({0}) ob es beispielsweise gezielte Projekte zur Trinkwasserüberwachung gibt bzw. was in diesem Bereich geplant ist?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Kretschmer, das will ich gerne tun. Die Kooperationen, die wir mit den Ländern Israel, Frankreich und den USA haben, sind vielfältig. Sie beziehen sich beispielsweise auf Themen wie „Vermeidung und Früherkennung der Bedrohung durch Gefahrstoffe“, um einmal ein Themenfeld zu nennen. Sie beziehen sich auf den Bereich der IT-Kooperation. Zum Trinkwasser haben wir ein wichtiges Forschungsprojekt im nationalen Sicherheitsforschungsprogramm. Warum? Die Trinkwasserversorgung ist von großer Bedeutung. Die Bürgerinnen und Bürger legen hier Wert auf eine gute Qualität. Bei dem Projekt IRLSENS sind wir dabei, ein innovatives Messsystem zu erarbeiten, das ganz speziell Pestizide, zum Beispiel Insektizide, und chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Chloroform sekundenschnell detektieren und - das ist das Wichtige - die Betreiber des Versorgungsnetzes noch schneller warnen kann, als es in der Vergangenheit möglich gewesen ist. Die Schnelligkeit der Analyse, um im Gefahrenfall frühzeitig die Bevölkerung informieren zu können, ist das Ziel dieses Vorhabens.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächste Fragestellerin, unsere Kollegin Krista Sager.

Krista Sager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003622, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Rachel, 2007, als das Sicherheitsforschungsprogramm gestartet ist, hatten wir eine durchaus kritische Diskussion darüber, dass man nicht einen rein technikorientierten Ansatz verfolgen kann, sondern in jedem Fall auch das Verhalten von Menschen einbeziehen muss und hier ein interdisziplinärer Ansatz gefordert ist. Jetzt stellen sich die Fragen: Wie hoch ist in dem neuen Programm der Anteil, der auf marktorientierte technische Produkte ausgerichtet ist? Ist auch hier inzwischen die Interdisziplinarität gewährleistet, und haben Sie Lehren gezogen aus den Erfahrungen bei der Entwicklung des sogenannten Nacktscanners?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Sager, das waren jetzt viele Fragen. Ich will versuchen, es in der vorgegebenen Zeit zu beantworten. ({0}) Wir haben gute Erfahrungen gemacht. Der Erfolg des nationalen deutschen Sicherheitsforschungsprogramms besteht darin, dass wir die gesellschaftlichen Aspekte frühzeitig einbezogen haben. Wir betreiben keine Beschaffungsforschung, sondern wir beziehen die denkbaren späteren Nutzer bereits frühzeitig mit ein. Insofern werden auch in dem neuen Programm Forschungsthemen bzw. Konzepte und Methoden zur Risikoanalyse, zu Fragen der Risikobewertung, zur Frage der Risikopriorisierung und auch zur Frage des Risikobewusstseins in der Bevölkerung berücksichtigt. Wir haben Datenschützer, Juristen, Ethiker, Sozialund Geisteswissenschaftler beteiligt, und zwar nicht erst am Ende, wenn etwas bereits entstanden ist, sondern frühzeitig bei der Formulierung der Forschungsprojekte; denn wir wollen, dass die Ergebnisse später genutzt werden können. Jetzt schaue ich den Präsidenten an, um herauszufinden, ob ich die Frage zu den Nacktscannern noch beantworten soll, auch wenn das rote Licht schon leuchtet.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Angesichts der Tatsache, dass das allgemein von Interesse ist: Machen Sie das. ({0})

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Der Großzügigkeit des Präsidenten folge ich. - Frau Kollegin Sager, Sie werden sich daran erinnern, dass Bundesforschungsministerin Schavan bereits im Jahr 2008 zusammen mit dem damaligen Innenminister Schäuble den Einsatz von Nacktscannern an europäischen Flughäfen deutlich kritisiert hat. Sie hat gefordert, dass die Sicherheitsforschung an besseren Lösungen arbeiten muss und zwar im Dialog zwischen Technik und Ethik; das Ziel müsse eine Detektion ohne Körperbilder sein. Dabei hat die Forschungsministerin, Frau Schavan, klargestellt, dass die Geistes- und Sozialwissenschaften hier nicht nur als bloße Akzeptanzbeschaffer eingesetzt werden dürfen, sondern dass die ethische Forschung - das ist unser gemeinsames Anliegen - von Anfang an die technischen Lösungen bestimmen muss. Das war und ist die Richtschnur. Konkret fördern wir als BMBF im Sicherheitsforschungsprogramm die Erforschung der Terahertz-Technologie für eine nächste Generation Personenscanner, inklusive einer ethischen Begleitung und einer Evaluation sowie Handlungsempfehlungen für die Technikgestaltung. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir auf die Zusammenarbeit mit dem Datenschutz sowie mit den Sozial- und Geisteswissenschaftlern gerade in diesem Bereich allergrößten Wert legen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Als Nächste habe ich die Fragestellerin Frau Kollegin Ewa Klamt.

Ewa Klamt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004203, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, Großveranstaltungen stellen ja hohe Anforderungen an den Veranstalter, besonders auch im Bereich der Sicherheit. Mich würde interessieren, ob es ein Forschungsprojekt gibt, das die Sicherheit von Großveranstaltungen untersucht. Ich frage dies besonders im Hinblick auf die Ereignisse bei der Love Parade in Duisburg.

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Vielen Dank, Frau Kollegin Klamt, für diese, wie ich glaube, sehr wichtige Frage. Wir alle haben noch die schrecklichen Bilder vor Augen, auf denen zu sehen ist, wie es bei einer Großveranstaltung im Ruhrgebiet zu einer Katastrophe gekommen ist, bei der es letztlich nicht gelungen ist, zu verhindern, dass es Opfer gab. Im Rahmen des Forschungsprogramms für die zivile Sicherheit geht es auch um Großveranstaltungen. Ganz konkret wird an einem Projekt zur Erforschung eines Evakuierungsassistenten für den Krisenfall bei Großveranstaltungen gearbeitet; er nennt sich Hermes. Am Beispiel der Multifunktionsarena in Düsseldorf, die eine Kapazität von 66 000 Zuschauern hat, wird durch Simulation einer Gefahrenlage untersucht, wie Menschen bei Großveranstaltungen zielgerichtet aus der Gefahrensituation herausgeführt werden können. Der Evakuierungsassistent soll den Entscheidungsträgern, die die Situation gestalten können und gestalten müssen, durch frühzeitige Prognosen - auch durch Stauprognosen, an denen deutlich wird, an welchen Stellen es zu Ansammlungen von Menschenmassen kommen kann, die keinen Weg sehen, aus der Gefahrensituation herauszukommen Informationen liefern, damit diese die Lage richtig einschätzen können, sodass auch das Sicherheitspersonal und die Rettungskräfte optimal eingesetzt werden können. Konsequenz all dieser Projekte muss sein, dass die Notfallpläne insgesamt an deren Ergebnissen ausgerichtet und entsprechend verändert werden.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächster Fragesteller ist der Kollege René Röspel.

René Röspel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003210, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

95 Jahre sind eine sehr lange Programmdauer; aber Spaß beiseite. - Wir haben gerade gehört, dass das letzte Programm nicht evaluiert worden ist, obwohl es über 100 Millionen Euro gekostet hat. Sind denn schon Ergebnisse oder Produkte aus dieser Forschung in das tägliche Leben oder die Arbeit zum Beispiel von Polizei, THW und anderen eingeflossen?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Ja, Herr Kollege Röspel. Es gibt sogar eine Zusammenstellung des BMBF, in der die diversen Projekte, die durchgeführt werden, zusammengestellt sind und in der Thema und Sinn des jeweiligen Projekts anschaulich beschrieben werden. Ich habe vorhin bereits deutlich gemacht: Innerhalb der Programmphase von 2007 bis 2011 sind zeitversetzt diverse Projekte auf den Weg gebracht worden. Die ersten dieser Projekte haben jetzt das Ende ihrer Laufzeit erreicht. Wir haben dafür gesorgt - ich habe es angesprochen -, dass nun Studien zur Evaluation der Projekte, die das Ende ihrer Laufzeit erreicht haben, durchgeführt werden. Diese Evaluationsstudien werden zeitversetzt auch bei weiteren Projekten durchgeführt.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächster Fragesteller ist der Kollege Patrick Meinhardt.

Patrick Meinhardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003807, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, meine Frage bezieht sich auf das Volumen, über das wir uns unterhalten. Also: Welches Volumen hat der Markt für zivile Sicherheitstechnologien und -dienstleistungen? Daran möchte ich gerne folgende Ergänzungsfrage koppeln: Wie erfolgreich sind deutsche Institutionen im Rahmen des europäischen Sicherheitsforschungsprogramms?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Meinhardt, Sie haben das Thema Volumen des Marktes angesprochen. Es sieht so aus, dass das Thema Markt für zivile Sicherheitsforschung vor der Amtszeit von Frau Bundesforschungsministerin Schavan überhaupt nicht im öffentlichen Bewusstsein war. Heute können wir feststellen, dass die damalige Bundesregierung und Bundesforschungsministerin Schavan mit dem Forschungsprogramm für die zivile Sicherheit eine richtige Entscheidung getroffen haben. Allein im Jahr 2008 hatte der Markt für zivile Sicherheitsforschung und -dienstleistungen in Deutschland nach einer Untersuchung des BMWi ein geschätztes Gesamtvolumen von rund 20 Milliarden Euro. Hier besteht also ein Riesenpotenzial für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für kleine, mittlere und größere Unternehmen, sich einzubringen. Es wird damit gerechnet, dass bis zum Jahr 2015 eine Steigerung des Marktvolumens auf rund 31 Milliarden Euro zu verzeichnen ist. Es handelt sich also um einen wachsenden Markt, auf dem sich unsere Partner einbringen können. Dies ist nicht nur in Deutschland so, sondern natürlich auch im europäischen Rahmen. Die EU-Kommission geht nach einer Studie davon aus, dass der globale Markt für Sicherheitstechnologien und -dienstleistungen im Jahr 2008 ein Gesamtvolumen von 100 Milliarden Euro hatte. Insofern macht es Sinn, dass sich deutsche Unternehmen, Betriebe, die Fraunhofer-Gesellschaft, Fachhochschulen und Universitäten national, aber auch international mit ihrem Know-how einbringen. Sie haben darüber hinaus die Relevanz der deutschen Teilnahme am europäischen Sicherheitsforschungsprogramm angesprochen. Ich kann in diesem Zusammenhang die erfreuliche Mitteilung machen, dass sich Deutschland beim europäischen Sicherheitsforschungsprogramm zum erfolgreichsten Mitgliedstaat entwickelt hat, und zwar sowohl hinsichtlich der Projektbeteiligung wie auch bezüglich der Mittelrückflussquote. Das ist also ein klarer Erfolg dieser Bundesregierung und der Beteiligten, die dieses Projekt insgesamt mitgetragen haben. Die Mittelrückflussquote stieg von 10 Prozent auf mittlerweile 15 Prozent.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Sie sehen: Wenn man so umfangreiche Fragen stellt, bekommt man auch lange Antworten. - Vielleicht können Sie jetzt zum Schluss einen zusammenfassenden Satz sagen.

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Ja. - Das heißt, die Mittelrückflussquote steigt, und wir sind sehr froh darüber, dass bei vier von fünf geförderten Projekten ein oder mehrere Partner aus Deutschland kommen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Prima. - Kollege Dr. Ernst Rossmann ist der nächste Fragesteller.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Anknüpfend an den Kollegen Röspel frage auch ich zur Evaluierung nach. Es gibt ja Produkte und Patente. Können Sie vielleicht ein Beispiel dafür nennen, wie dieses Programm seit 2007 in Richtung Regulierung oder Normierung handlungsleitend gewirkt hat? Ansonsten warten wir auf den Evaluierungsbericht. Aber, wie gesagt: Es geht nicht nur um Hardware, sondern letztlich auch um die politisch-administrative Verwaltungsberatung.

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Rossmann, ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Klar ist, dass wir rechtlich und politisch die Regelung in Bezug auf ein ziviles Sicherheitsforschungsprogramm getroffen haben. Diese Norm wird bei allen Projekten eingehalten. Zur Normierung und Normgebung insgesamt und damit auch zur Standardisierung: Dies ist ein wichtiges Thema für die Sicherung der internationalen Vorreiterstellung deutscher Anbieter. Wir müssen uns also auch auf internationaler Ebene um die Normgebung kümmern. Das tun wir mit dem Normungspolitischen Konzept der Bundesregierung. Wir wollen die Rolle der entwicklungsbegleitenden Standardisierung und Normung im Wachstumsfeld der zivilen Sicherheitsforschung weiter stärken. Ich darf Ihnen diesbezüglich berichten, dass im November 2010 am Deutschen Institut für Normung - DIN - eine Koordinierungsstelle Sicherheitswirtschaft eingerichtet worden ist, die den nationalen Normungsund Standardisierungsbedarf identifizieren und den Meinungsbildungsprozess in Deutschland voranbringen soll, um die deutsche Position auf der europäischen und der internationalen Ebene einzubringen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächste Fragestellerin ist unsere Frau Kollegin Krista Sager.

Krista Sager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003622, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wird es im Rahmen dieses Programms auch Überlegungen und Vorschläge geben, wie die Forschungsergebnisse sowohl in die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten an den Hochschulen - zum Beispiel für die Sicherheitsingenieure an den Fachhochschulen - als auch zum Beispiel in die berufliche und unternehmerische Aus- und Weiterbildung integriert werden können?

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Frau Kollegin Sager, ich bin mir sicher, dass die Schaffung eines breiten Netzwerkes in Forschungseinrichtungen, Hochschuleinrichtungen, Ausbildungseinrichtungen und Betrieben mit dazu beigetragen hat und auch weiterhin dazu beitragen wird, die teilweise hochspeziellen Notwendigkeiten in diesen Fachfirmen oder auch Einrichtungen im beruflichen und Hochschulsektor zu artikulieren und dies in die Debatte im Ausbildungssektor und in den Hochschulen mit einzubringen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Wenn ich es richtig sehe, stellt der Kollege Dr. Martin Neumann jetzt die letzte Frage.

Prof. Dr. Martin Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004120, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank. - Ich möchte noch einmal auf das Thema öffentliche Wahrnehmung zurückkommen, Herr Staatssekretär. Wir wissen, Sicherheit hat eine sehr starke emotionale Komponente. Wir wissen auch, dass in diesem Programm viel Geld steckt. Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, damit das Thema Sicherheitsforschung auch in der öffentlichen Wahrnehmung stärker als bisher wahrgenommen werden kann? Das ist wichtig und ein emotionaler Ansatz.

Thomas Rachel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002754

Herr Kollege Professor Neumann, ich habe bereits darauf hingewiesen, dass sich fraktionsübergreifend aus dem Parlament ein eigenes Gremium gebildet hat, das in die Debatte der zivilen Sicherheitsforschung auch Aspekte der inneren Sicherheit einbringt. Wir als Bundesrepublik Deutschland haben mittlerweile ein Standing mit den Forschungseinrichtungen, den Unternehmen und auch der politischen Prioritätensetzung, die wir vorgenommen haben, die eine große Ausstrahlung hat. Ich glaube nicht, dass es darum geht, eine große Öffentlichkeitskampagne zu starten. Es geht darum, dass wir die gute Position, die sich die Bundesrepublik in diesem Bereich erarbeitet hat, im eigenen Lande, aber auch als der führende Partner innerhalb des europäischen Sicherheitsforschungsprogramms weiter herausstellen. Bei der Neuformulierung des europäischen Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 wird es darum gehen, diese hervorgehobene Rolle Deutschlands ein Stück weit zu verteidigen und auch in der Zukunft zu sichern.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Wir sind am Ende des Themenbereiches. Vielen Dank, Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Rachel. Nun die Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung. Hier hat sich Kollege Volker Beck zu Wort gemeldet.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist in den letzten Tagen bekannt geworden, dass mehrere Mitglieder des Hohen Hauses vom Verfassungsschutz beobachtet und vielleicht auch, wenn man den Meldungen aus Niedersachsen Glauben schenken kann, nachrichtendienstlich überwacht werden. Die Liste steht mittlerweile im Internet. Vor diesem Hintergrund frage ich die Bundesregierung, nach welchen Kriterien die Bundesregierung die Abgeordneten hier im Hohen Hause auswählt, die sie einer Beobachtung und Überwachung durch die deutschen Geheimdienste zuführt.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Die Antwort der Bundesregierung gibt der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Die Tatsache, dass die Linke vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist nicht neu. ({0}) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Jahr 2010 entschieden, dass die Beobachtung rechtmäßig ist und dass das Bundesamt für Verfassungsschutz absolut rechtmäßig gehandelt hat, indem es auch gerade den nichtradikalen Flügel der Linken beobachtet hat, um sich ein Gesamtbild dieser Partei machen zu können. Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitet nicht nachrichtendienstlich, sondern es wird das ausgewertet, was die Abgeordneten öffentlich sagen, ({1}) um sich ein Gesamtbild machen zu können. Genau darum geht es. Zu den Landesämtern kann ich als Mitglied der Bundesregierung natürlich nichts sagen. ({2})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ich möchte jetzt der Frau Kollegin Enkelmann das Wort geben und dann noch einmal dem Kollegen Volker Beck. Bitte schön, Frau Kollegin Enkelmann.

Dr. Dagmar Enkelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000479, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Herr Präsident. - In der Frage ging es um die Kriterien und um konkrete Abgeordnete dieses Hohen Hauses, Abgeordnete, die zum Beispiel direkt und frei gewählt worden sind. Die Frage: Hat sich die Bundesregierung damit beschäftigt? Welche Kriterien werden tatsächlich angewendet, um Abgeordnete dieses Hohen Hauses zu beobachten? Diese Beobachtung erfolgt im Übrigen nachgewiesenermaßen auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln und eben nicht nur auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Quellen. Das belegt unter anderem mein Bescheid vom Bundesamt für Verfassungsschutz.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Bitte schön, Kollege von Klaeden.

Not found (Gast)

Frau Kollegin Enkelmann, da sich ein Teil Ihrer Frage darauf richtete, ob dieses Thema in der heutigen Kabinettssitzung eine Rolle gespielt hat, kann ich das mit Nein beantworten. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Der andere Teil: Bitte schön, Parlamentarischer Staatssekretär Ole Schröder.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Das Bundesverwaltungsamt hat bereits darüber entschieden, ob das rechtmäßig war oder nicht. ({0}) - Entschuldigung, ich meinte natürlich nicht das Bundesverwaltungsamt, sondern das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung von 2010. Darin ist genau aufgeführt worden, dass es natürlich rechtmäßig ist, dass Abgeordnete beobachtet werden, die gerade nicht dem radikalen Flügel angehören. Es ging damals um den Abgeordneten Ramelow, der eher ein Gemäßigter der Linken ist. ({1}) Das Kriterium ist - um darauf einzugehen -, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz ein Gesamtbild von der jeweiligen Partei machen muss. ({2}) Darum geht es. Deshalb, um sich ein solches Gesamtbild machen zu können, werden nicht nur besonders radikal auftretende Exponenten der jeweiligen Partei beobachtet, ({3}) sondern natürlich auch die eher Gemäßigten ihrer Partei. Es geht um das Gesamtbild.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Kollege Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Darf ich das von Ihnen noch einmal bestätigt haben: Kriterium ist, dass man gemäßigt ist; dann wird man als Mitglied der Linksfraktion vom Verfassungsschutz beobachtet? ({0}) Also empfiehlt es sich, zum radikalen Flügel überzutreten, um sicher zu sein, dass man bei seinen Gesprächen im Abgeordnetenbüro nicht abgehört wird und dass Zettel, die einem gehören, nicht eingesammelt werden. Ich frage Sie: Nach welchen Kriterien wählen Sie aus? Bei 27 betroffenen Abgeordneten, also gut einem Drittel der Fraktion, muss es objektive Kriterien geben, wen Sie einer solchen Maßnahme zuführen, wenn Sie sie rechtlich für zulässig halten. Gibt es andere gemäßigte Abgeordnete in diesem Hohen Hause, die auch die Ehre haben, dieser Überwachung und Beobachtung zu unterliegen?

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Dr. Ole Schröder (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003628

Wenn es in einer Partei verfassungswidrige Tendenzen gibt, dann muss sie selbstverständlich auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es weitere Fragen an die Bundesregierung? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksachen 17/8404, 17/8449 Auch hier möchte ich wieder an unsere Minutenregelung erinnern. Für die erste Antwort stehen zwei Minuten zur Verfügung, für die folgenden Fragen und Antworten jeweils eine Minute. Für die neu hinzugekommenen Kolleginnen und Kollegen wiederhole ich, dass die Signalisierung jetzt optisch erfolgt. Die Uhren rechts und links hier oben sowie oberhalb der Hammelsprungtüren zeigen jeweils die verbleibenden Sekunden der zur Verfügung stehenden Zeit an. Zusätzlich gibt es jetzt ein Lichtsignal in Gestalt eines Farbfeldes: grün, gelb und rot. Die Farben lassen aber nicht auf politische Dinge schließen. Das gelbe und das grüne Feld werden noch farblich justiert. Es leuchtet zunächst grün. Die letzten 30 Sekunden werden durch Gelb verdeutlicht. Nach Ablauf der Redezeit beginnt es, rot zu blinken. Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringlichen Fragen auf Drucksache 17/8449 auf. Wir kommen zur dringlichen Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen: In welcher Weise konnte die Bundesregierung bei dem Treffen der Finanzminister der Europäischen Union am 23. Januar 2012 in Brüssel ihre erklärte Absicht umsetzen, den Fiskalpakt durch einen Rückverweis auch an den ESMVertrag anzuknüpfen, und welche weiteren Forderungen wird die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in der Sitzung des Europäischen Rates am 30. Januar 2012 erheben? Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter zur Verfügung. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage der Kollegin Paus beantworte ich wie folgt: Finanzielle Unterstützung zur Stabilisierung des Währungsraums auf der einen Seite und die Einhaltung von Haushaltsdisziplin durch betroffene Länder auf der anderen Seite sind für die Bundesregierung zwei Seiten derselben Medaille. Erst mit dem Ansatz Solidarität und Solidität entstand nach unserer Auffassung ein Ansatz, der den Markt überzeugt und die Refinanzierung der aktuell in Schieflage getretenen oder möglicherweise tretenden Mitgliedstaaten mittelfristig ermöglicht. Daher sieht die Bundesregierung einen engen fachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Regelwerken, die diesen Zwecken dienen: dem ESM-Vertrag auf der einen Seite und dem Fiskalvertrag auf der anderen Seite. Beide sind Bestandteil der rechtlichen Säule für eine neue Stabilität, mit der die Krise auch zukünftig gemeistert werden kann. Ohne den Fiskalvertrag entstünden durch den ESM-Vertrag für sich genommen Fehlanreize zu einer mangelhaften Haushaltskonsolidierung, die ihrerseits das Marktvertrauen untergraben könnte und auch die Möglichkeiten der internationalen Solidarität überfordern würde. Die Verhandlungen zum ESM-Vertrag sind in fachlicher Hinsicht abgeschlossen. Er ist gestern dem Europaausschuss und dem Haushaltsausschuss in der englischen Originalfassung und in der deutschen Arbeitsübersetzung zugegangen. Auch der Fiskalvertrag ist im Ergebnis des jüngsten Treffens bis auf wenige Fragen konsensfähig. Es wird möglich sein, beide Vertragswerke zeitlich parallel zu Ende zu bringen und dem Anliegen der Bundesregierung Rechnung zu tragen, dass beide Elemente des Gesamtvorhabens gemeinsam Wirkung entfalten. Insbesondere hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen in dieser Woche dafür Sorge getragen, dass der Zusammenhang, den ich politisch beschrieben habe, auch in den vertraglichen Texten verankert wird. Der ESM-Vertrag wird eine Klausel enthalten, der zufolge ein Mitglied den Fiskalvertrag bis zum 1. März 2013 und dann auch die Schuldenregel rechtlich umsetzen muss, um Finanzhilfen beantragen zu können. Auch ein juristischer Rückverweis auf den ESM-Vertrag wird im Fiskalvertrag enthalten sein. Unter Betonung der Wichtigkeit des ESM-Vertrags als ein Element der globalen Strategie zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion und der Hervorhebung der Tatsache, dass die Gewährung von Unterstützung und der Europäische Stabilitätsmechanismus dieses und jenes erfordern, sind wir bereit, Hilfe zu leisten. Durch den beiderseitigen juristischen Verweis verbinden wir das. Die Bundesregierung hat über ihre Forderungen zum Fiskalpakt wiederholt in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages berichtet. Aus heutiger Sicht besteht in Vorbereitung auf den Europäischen Rat Ende Januar kein Anlass, neue Forderungen zu erheben. Unser Ziel ist, einen möglichst verbindlichen Vertrag zu finalisieren, der Haushaltsdisziplin sicherstellt und die europäischen Institutionen darüber hinaus einbezieht.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Lisa Paus.

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Herr Staatssekretär Kampeter, die Bundesregierung hat sich im letzten Dezember sehr dafür feiern lassen, dass sie sich mit ihrer Forderung nach einer Schuldenbremse für ganz Europa durchgesetzt hat. Die Bundeskanzlerin hat gesagt: Das ist der entscheidende Schlüssel zur Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise. - Sie hat das an konkrete Bestandteile geknüpft. So sollte es ein automatisches Defizitverfahren, Schuldenbremsen in den Verfassungen der einzelnen europäischen Länder und eine Verschränkung mit dem ESM geben. Nun ist dem nicht so. Es gibt keinen Automatismus und auch keine Schuldenbremsen in den Verfassungen aller europäischen Länder. Die Verschränkung mit dem ESM befindet sich noch immer in der Verhandlungsphase. Daher lauten meine Fragen: Erstens. Was trägt der Pakt zur Lösung der Krise bei, zumal schon bekannt ist, dass Frankreich den ESM-Vertrag und den Fiskalpakt nicht zusammen beraten und verabschieden wird? Der Zeitplan sieht lediglich vor, dass Frankreich den ESMVertrag wahrscheinlich im April verabschieden wird. Für den Fiskalpakt gibt es bislang kein definitives Datum. Zweitens. Was schlagen Sie dem Hohen Hause für ein Beratungs- und Ratifizierungsverfahren vor?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Ihre Äußerungen bestehen in der Summe aus Fragen und politischen Einschätzungen. Ich will versuchen, ein paar Ihrer Fragen in der vorgegebenen Zeit zu beantworten. Erstens. Frau Kollegin Paus, im Bereich der nationalen Schuldenregeln sind wir in den letzten Wochen erheblich vorangekommen. Die deutsche Position findet sich im Entwurf des Fiskalpakts wieder. Auch die Regelung zu umgekehrt qualifizierten Mehrheiten, also zu automatischen Sanktionen, entspricht im Wesentlichen dem, was dem deutschen Parlament als deutsche Verhandlungsposition mitgeteilt wurde. Insofern glaube ich, dass ESM-Vertrag und Fiskalpakt eine sehr solide Basis bilden, um Solidarität und Solidität zu erreichen. Zweitens. Die Ratifizierungsverfahren werden wir nach Abschluss der Verträge einleiten. Geplant ist, nach den Beratungen des Europäischen Rats am 30. Januar den ESM-Vertrag im Februar zu finalisieren. Dann wird dem Deutschen Bundestag ein Ratifikationsgesetz zugeleitet, ein technisches Umsetzungsgesetz, in dem die Regeln für die innerparlamentarische Begleitung dieses Mechanismus niedergelegt werden. Drittens. Da wir davon ausgehen, dass wir im Jahr 2013 Finanzmittel für den ESM bereitstellen werden, werden wir Ihnen einen Nachtragshaushalt vorschlagen. Was die Umsetzung und Ratifikation des Fiskalpaktes angeht, wird das analog laufen. Abschließend: Ich kann Ihnen keine Auskunft darüber geben, wann andere Staaten das beabsichtigen. Ihre Spekulationen zu Frankreich hängen auch mit Wahlterminen zusammen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass unabhängig von dem Ausgang von Parlamentswahlen in allen europäischen Staaten die Zusagen, die die Regierungen am 30. Januar oder in der Folge geben, von den Parlamenten umgesetzt und entsprechende Vereinbarungen ratifiziert werden. Dies ist eine gute Übung in Europa, die sich in der Vergangenheit stets bewährt hat.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Lisa Paus.

Lisa Paus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004127, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Nichtsdestotrotz wird es definitiv eine zeitliche Lücke zwischen der Neuausstattung des ESM und den dann geltenden Schuldenbremsen in den jeweiligen Ländern geben. Es wäre schon interessant, zu sehen, wie die Bundesregierung das für diese Krisenphase beurteilt. Vor allen Dingen würde ich aber gerne Folgendes wissen. Es gab intensive Diskussionen über eine notwendige weitere Aufstockung des ESM. Dieser Aufstockung verweigert sich die Bundesregierung nach wie vor. Kann die Bundesregierung begründen, warum das in dem Fall so ist, warum sie aber gleichzeitig in dieser Woche sehr schnell zusätzlich 400 Milliarden Euro für die deutschen Banken bereitstellen möchte?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Frau Kollegin Paus, die in dieser Woche beabsichtigte zweite und dritte Lesung des Zweiten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, auf die Sie abzielen, hat nichts damit zu tun, dass die Bundesregierung einen dreistelligen Milliardenbetrag für die Banken bereitstellen möchte; wir wollen vielmehr damit für die Bürgerinnen und Bürger Finanzmarktstabilität in Deutschland garantieren. ({0}) - Nein, Frau Kollegin, sondern indem man für den Fall der Fälle vorbereitet ist, stabilisierend einzugreifen. Die bisherige Stabilität des Finanzmarkts in der Bundesrepublik Deutschland zeigt, dass die Regierung richtig gehandelt hat. Folgerichtig muss ich Ihnen sagen, dass wir wenig davon halten, bevor der Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ratifiziert ist, schon an eine Änderung, sei es eine Aufstockung oder eine instrumentelle Änderung, zu denken. Wir sind der Auffassung, dass zum jetzigen Zeitpunkt das Instrumentarium im ESM inklusive des Volumens ausreicht. Wir lassen uns nicht von den anonymen Märkten treiben, die mit den Worten, es müsse die Bazooka ausgepackt werden, von den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ein Übermaß an Vorleistungen erwarten. In diesem Kontext glauben wir, dass in dem Verbund von Europäischem Stabilitätsmechanismus, strengeren Fiskalregeln und marktdisziplinierenden Maßnahmen - ich will nicht von einem Gesamtkunstwerk sprechen, sondern von einem politischen Verbund - die Sache sehr gut aufgehoben ist. Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen, die von Marktteilnehmern über welche Kanäle auch immer in die deutsche Politik getragen werden.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Eine Nachfrage unserer Kollegin Dr. Barbara Hendricks.

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Kampeter, können Sie erklären, warum auf die Forderung der IWF-Direktorin Frau Lagarde, man möge den ESM auf 750 Milliarden Euro aufstocken, und auf weitergehende Forderungen von anderer Seite, man möge die EFSF und den ESM zeitweise nebeneinander laufen lassen und damit das Volumen insgesamt auf bis zu 1 Billion Euro aufstocken, die Bundeskanzlerin verlauten lässt, das habe man jetzt nicht vor, zugleich aber Andeutungen sowohl vom Bundesfinanzminister als auch von der Bundeskanzlerin selber gemacht werden, zum jetzigen Zeitpunkt habe man das nicht vor? Mit anderen Worten: Später könne man darüber nachdenken. Können Sie erklären, warum die Bundesregierung schon wieder denselben Fehler macht, indem sie zögerliche Trippelschritte tut und keine Klarheit schafft? Man kann sagen: Nein. - Dann heißt das aber nicht, dass das Nein nur für den jetzigen Zeitpunkt gilt, sondern es heißt definitiv Nein. Oder man kann sagen: Ja. - Dann heißt es auch Ja. Man muss sich nicht darüber freuen, dass „die Märkte“ so reagieren, aber sie reagieren nun einmal auf solche Unklarheiten. Wann endlich wird die Bundesregierung aufhören, solche Unklarheiten zu produzieren?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Frau Kollegin Hendricks, wir haben, glaube ich, ein unterschiedliches Verständnis von Klarheit und Unklarheit. Es ist die klare Position der Bundesregierung, das Notwendige zu tun, um die Finanzmärkte stabil und das deutsche Bankensystem funktionsfähig zu halten. Der Mix aus materiellen und rechtlichen Vorschlägen für Maßnahmen, die wir in den vergangenen Wochen gemeinsam mit unseren europäischen Partnern beschlossen haben, setzt diese Zielsetzung der Bundesregierung gut um. Dass andere Marktteilnehmer, dass andere Institutionen weitere Forderungen an die Bundesrepublik Deutschland stellen, ist aus deren Sicht verständlich; aber wir teilen die Lageeinschätzungen teilweise nicht. Was den IWF angeht, haben die europäischen Staatsund Regierungschefs am 9. Dezember 2011 beschlossen, dass sie einer Ausweitung der Kapazitäten des IWF positiv gegenüberstehen. Dazu hat Frau Lagarde auch in der Öffentlichkeit die notwendigen Vorschläge gemacht. Dies werden wir konstruktiv begleiten. In unsere Überlegungen werden wir auch den Deutschen Bundestag einbeziehen. Die Auffassung, es sei angemessen, Begrifflichkeiten wie „Bazooka“ zu verwenden und möglichst hohe Beträge in das Schaufenster der Märkte zu stellen, da dies ein Mehr an Stabilität bedeute, teilt die Bundesregierung nicht. Ich glaube, dass ein großer Teil der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland darauf Wert legt, dass wir nur das an materiellem Risiko eingehen, was wir auch für notwendig halten, und dass wir dem Deutschen Bundestag die Ausgabe zusätzlicher Milliardenbeträge nicht nur deswegen vorschlagen, weil Marktteilnehmer zusätzliche Forderungen aufstellen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Die mündliche Frage 115 der Kollegin Lisa Paus, die sich mit demselben Themenkreis befasst, wird schriftlich beantwortet. Wir kommen jetzt gemäß Nr. 10 der Richtlinien für die Fragestunde zu den mündlichen Fragen 113 und 114 unseres Kollegen Manuel Sarrazin, Drucksache 17/8404. Diese Fragen beschäftigen sich mit demselben Themenkreis wie die dringliche Frage. Zunächst rufe ich die Frage 113 des Kollegen Manuel Sarrazin auf: Statuiert Art. 7 des sogenannten Fiskalvertrags eine Rechtsfolge, die eine Stimmabgabe oder ein Schweigen der Bundesregierung im Rat der Europäischen Union im Vorhinein erzwingt, und verstößt eine solche völkerrechtliche Verpflichtung zu einem bestimmten Verhalten Deutschlands im Rat gegen die in Art. 23 des Grundgesetzes vorgesehenen Verfahren?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Ich möchte folgende Antwort geben, Herr Kollege Sarrazin: Art. 7 des Entwurfs des sogenannten Fiskalvertrags statuiert eine Pflicht der Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, die Vorschläge oder Empfehlungen der Europäischen Kommission im Rahmen des Defizitverfahrens zu unterstützen. Diese Verpflichtung gilt nicht, wenn unter den Vertragsstaaten, deren Währung der Euro ist, also unter den Euro 17, festgestellt wird, dass eine qualifizierte Mehrheit von ihnen, die analog zu den einschlägigen Bestimmungen der Verträge der Europäischen Union ohne Berücksichtigung des Standpunktes der betroffenen Vertragsparteien ermittelt wird, die vorgeschlagene oder empfohlene Entscheidung ablehnt. Eine solche Verpflichtung, die Verpflichtung also, Sanktionen tatsächlich durchzusetzen - etwas umgangssprachlich formuliert -, entspricht nicht nur der Erwartung einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland, sondern ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da die im Grundgesetz vorgesehenen Maßnahmen insbesondere bei der Ratifizierung des Vertrages beachtet und eingehalten werden. Es ist im Übrigen ein geläufiges allgemeines Merkmal von völkerrechtlichen Verträgen, dass sich die Vertragsparteien hinsichtlich ihrer souveränen künftigen Handlungsmöglichkeiten bei einem Vertragsschluss binden. Ansonsten würde eine solche vertragliche Bindung hinsichtlich zukünftigem fiskalischen Verhalten relativ wenig Sinn machen, Herr Kollege.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege Sarrazin.

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, wir haben darauf abgezielt, zu klären, ob die Verfahren, die vor Entscheidungen, an denen sich Deutschland im Rat beteiligt, nach Art. 23 GG in der innerstaatlichen Ordnung vorgesehen sind, durch diese völkerrechtliche Bindung letztlich entwertet oder umgangen werden. Dies vorausgeschickt würde ich Sie gerne fragen, inwieweit diese Verpflichtung rechtlich verbindlich ist oder ob sie mehr als eine politische Willenserklärung bzw. als eine politische Selbstverpflichtung betrachtet werden kann. Dieser Unterschied könnte zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommen, dass einerseits Staaten gegenüber Deutschland und andererseits Deutschland oder die Europäische Kommission gegenüber anderen Staaten einen rechtlichen Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten des jeweiligen Partners im Rat geltend machen können.

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Herr Kollege Sarrazin, selbstverständlich wird die Bundesregierung alle Verpflichtungen, auch jene, die sich aus Art. 23 ergeben, vollumfänglich einhalten und sich rechtstreu verhalten. Der von Ihnen insinuierte Konflikt wird daher von der Bundesregierung nicht gesehen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Wir kommen damit zur Frage 114 des Kollegen Manuel Sarrazin: Welche der im Treaty on Stability, Coordination and Governance in the Economic and Monetary Union vorgesehenen Maßnahmen könnten im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren - Sekundärrecht - mit qualifizierter Mehrheit des Rates umgesetzt werden, und welche Maßnahmen bedürfen nach Ansicht der Bundesregierung aufgrund von Inkompatibilität einer Änderung der europäischen Verträge?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Wo habe ich denn meine Antwort vergraben?

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Wer sucht, der findet, Herr Staatssekretär. ({0})

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Ich habe es dabei, aber es ist irgendwo vergraben. ({0}) Ah, hier habe ich es. Die Frage 114 befasst sich ebenfalls mit Rechtsverfahren im Zusammenhang mit dem Primärrecht und dem Sekundärrecht der Europäischen Union. Ich möchte sie wie folgt beantworten, Herr Kollege Sarrazin: Für ganz wesentliche Bestimmungen des Fiskalvertrags fände sich in den europäischen Verträgen keine Ermächtigungsgrundlage. Das gilt zum einen für die Pflicht zur Verankerung von Schuldenbremsen im nationalen Recht und zum anderen für die Einführung eines diesbezüglichen Klagerechts vor dem Europäischen Gerichtshof, wie es in Art. 8 der derzeitigen Entwurfsfassung des VerParl. Staatssekretär Steffen Kampeter trags beschrieben ist. Auch eine Vereinbarung über die Ausübung des Stimmrechts im Defizitverfahren mit der Folge einer umgekehrt qualifizierten Mehrheit kann nach Auffassung der Bundesregierung nicht durch Sekundärrecht geregelt werden. Einzelheiten zu den Kriterien des Defizits und Schuldenstandes sowie zum mittelfristigen Haushaltsziel des Stabilitäts- und Wachstumspakts, auf die im Vertragsentwurf in Art. 3 und Art. 4 Bezug genommen wird, sowie zu den Wirtschaftspartnerschaftsprogrammen müssen auch eine Entsprechung im Sekundärrecht finden.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Sarrazin.

Manuel Sarrazin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003889, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, würden Sie bestätigen, dass die nun von Ihnen als im Sekundärrecht nicht möglich dargestellte umgekehrte qualifizierte Mehrheit in den Verhandlungen über das Sixpack im letzten Frühjahr vom Europäischen Parlament bis zur letzten Minute aufrechterhalten wurde und auch von diesem Hohen Hause dort die Stellungnahme nach Art. 23 als Forderung gegenüber der Bundesregierung aufrechterhalten wurde?

Steffen Kampeter (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001062

Herr Kollege Sarrazin, ich vermag Ihnen in der Fragestunde nicht jeden Diskussionsstand von europäischen Institutionen spontan zu bestätigen oder zu dementieren; aber ich vermute, da Ihre Sachkenntnis sehr detailliert ist, dass der Sachverhalt von Ihnen zutreffend beschrieben wurde. An der Rechtseinschätzung der Bundesregierung ändert sich dadurch aber nichts.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Nachdem die dringliche Frage und die Fragen zu demselben Themenkreis aufgerufen und beantwortet worden sind, rufe ich jetzt die übrigen Fragen auf unserer entsprechenden Drucksache auf. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Mechthild Rawert sowie die Fragen 3 und 4 der Kollegin Hilde Mattheis werden schriftlich beantwortet. Somit komme ich zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann zur Verfügung. Die Fragen 5 und 6 der Kollegin Hiller-Ohm und die Fragen 7 und 8 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter werden schriftlich beantwortet. Somit komme ich zur Frage 9 unserer Kollegin Birgitt Bender: Wie beurteilt die Bundesregierung die Planung für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 für vier Bahnsteige mit insgesamt 16 000 Quadratmeter Bahnsteigfläche - einschließlich der Flächen für Aufzüge, Treppenaufgänge, Stützpfeiler usw. - im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof mit acht Bahnsteigen mit insgesamt 21 710 Quadratmeter, wobei die Bahnsteigflächen im Tiefbahnhof nicht erweiterbar sind, wohingegen die Bahnsteigflächen im Kopfbahnhof verlängert und auf 30 000 Quadratmeter erweitert werden können? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Enak Ferlemann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003525

Sehr geschätzter Herr Präsident, ich beantworte die Fragen 9 und 10 gleich gemeinsam, da sie denselben Sachzusammenhang haben.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Dann rufe ich auch die Frage 10 der Kollegin Birgitt Bender auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Deutsche Bahn AG die nach der Fertigstellung des Projekts Stuttgart 21 freiwerdenden Gleisflächen an die Stadt Stuttgart verkauft hat und diese Flächen bisher nicht durch ein Stilllegungs- und Freistellungsverfahren nach den §§ 11 und 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes entwidmet worden sind?

Enak Ferlemann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003525

Die Fragestellerin fragt nach dem Projekt Stuttgart 21 und den entsprechenden Grundstücksgeschäften. Bei Stuttgart 21 handelt es sich nicht um ein Projekt des Bedarfsplans für die Schienenwege des Bundes, sondern um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind Vorhabenträger und Bauherr. Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart und die Flughafen Stuttgart GmbH beteiligen sich als Aufgabenträger an der Finanzierung. Der Bund übernimmt mit einem Festbetrag in Höhe von 563,8 Millionen Euro den Anteil für das Projekt Stuttgart 21, der für die Einbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm in den Knoten Stuttgart auch ohne Verwirklichung von Stuttgart 21 erforderlich gewesen wäre. Grundsätzlich ist bekannt, dass die Deutsche Bahn AG mit der Stadt Stuttgart einen Vertrag über die Grundstücke geschlossen hat. Für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und eventuell erforderliche Verfahren nach § 11 und nach § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ist die Frage des Eigentums an den Grundstücken nicht von Belang.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Aufgrund der gemeinsamen Beantwortung Ihrer beiden Fragen können Sie jetzt eine Reihe von Zusatzfragen stellen. Bitte schön, Ihre erste Frage, Frau Kollegin Birgitt Bender.

Birgitt Bender (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003502, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Offenbar ist der Bundesregierung nicht bekannt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 7. Dezember 2011 die bundeseigene DB AG zur Erteilung von Auskünften an das Eisenbahn-Bundesamt verpflichtet und damit das EBA in die Lage versetzt hat, sich die für seine Überwachungsaufgabe erforderlichen Informationen durch den Erlass von vollstreckbaren Auskunftsbescheiden zu verschaffen. Deswegen meine Frage: Ist die Bundesregierung bereit, das EBA anzuweisen, zu meiner Frage verbindliche Auskünfte von der DB AG einzufordern, und mir diese mitzuteilen?

Enak Ferlemann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003525

Die Frage beantworte ich wie folgt, Kollegin Bender: Ich glaube, dass die Deutsche Bahn AG in eigener Verantwortung diesen Aufgaben nachkommen wird.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre zweite Nachfrage.

Birgitt Bender (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003502, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sind Sie sich darüber im Klaren, dass die anhaltende Weigerung der Bundesregierung, Fragen zu Stuttgart 21 zu beantworten, dem Bundesverfassungsgericht als Beweismaterial für die von meiner Fraktion im März 2011 beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Organklage gegen die Bundesregierung wegen Nichtbeantwortung parlamentarischer Anfragen, unter anderem auch zum Projekt Stuttgart 21, dienen kann?

Enak Ferlemann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003525

Die Bundesregierung ist gerne bereit, alle Fragen zu Stuttgart 21, die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, zu beantworten. Darüber hinausgehende nicht.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Frau Kollegin, Ihre dritte Nachfrage. - Keine. Dann verzichten Sie auch auf die vierte. Die Fragen 11 und 12 des Abgeordneten Burkert, die Fragen 13 und 14 des Abgeordneten Paula, die Fragen 15 und 16 des Abgeordneten Bartol, die Fragen 17 und 18 des Abgeordneten Beckmeyer, die Fragen 19 und 20 des Abgeordneten Herzog, die Fragen 21 und 22 der Abgeordneten Kumpf, die Fragen 23 und 24 der Abgeordneten Gottschalck, die Frage 25 der Abgeordneten Herlitzius, die Frage 26 der Abgeordneten Behm, die Fragen 27 und 28 des Abgeordneten Hacker und die Fragen 29 und 30 der Abgeordneten Schwarzelühr-Sutter werden schriftlich beantwortet. Sie werden es nicht glauben, Herr Staatssekretär, Sie haben keine mündliche Frage mehr zu beantworten. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Fragen 31 und 32 der Abgeordneten Bulling-Schröter, die Frage 33 des Abgeordneten Fell, die Frage 34 der Abgeordneten Höhn, die Frage 35 der Abgeordneten Kotting-Uhl und die Fragen 36 und 37 der Abgeordneten Vogler werden schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen 38 und 39 der Abgeordneten Burchardt, die Fragen 40 und 41 des Abgeordneten Schulz ({0}), die Frage 42 der Abgeordneten Herlitzius und die Frage 43 des Abgeordneten Hagemann werden schriftlich beantwortet. Jetzt rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp zur Verfügung. Als erste Frage zu diesem Geschäftsbereich rufe ich die Frage 44 unseres Kollegen Volker Beck auf: Von welchen Kriterien - fachliche Qualifikation, Beschäftigungsdauer, Parteizugehörigkeit - lässt sich der Bundesminister Dirk Niebel in seinen Entscheidungen über Stellenbesetzungen, insbesondere im Leitungsbereich, im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, leiten, und welche Konsequenzen zieht er aus dem jüngsten Halbjahresbericht des BMZ-Personalrats? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Frage beantworte ich wie folgt: Die Kriterien zur Besetzung sind in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz und § 9 BBG Eignung, Befähigung und fachliche Leistung. Die Parteizugehörigkeit darf unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz nicht abgefragt werden. ({0}) Bei der Besetzung von Abteilungsleiterstellen ist es allgemein anerkannte Staatspraxis, dass neben der generellen fachlichen Eignung in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz und § 9 BBG eine Übereinstimmung mit der politischen Grundausrichtung und den Zielen der Bundesregierung sowie ein besonderes Vertrauensverhältnis zur Hausleitung erforderlich sind. Der Tätigkeitsbericht des BMZ-Personalrates für das zweite Halbjahr 2011 wird mit dem Personalrat und der gesamten Belegschaft im Rahmen der nächsten Personalversammlung diskutiert. Diese wird am 10. Februar sein.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Nachfrage, Kollege Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine inhaltliche Aussage zu meiner Frage habe ich jetzt nicht gehört, nur allgemeine Plattitüden. Ministerien, Frau Kollegin, sind keine Wahlkampfzentralen und auch keine Endlager für verdiente Parteifunktionäre. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen, was das Ministerium auf folgende Passagen des Tätigkeitsberichts des Personalrates für das zweite Halbjahr 2011 entgegnet. Dort heißt es: Die Schaffung der neuen Abteilung PK und neuer Koordinierungs- und Steuerungsreferate in der Abteilung 2 saugt zusätzliche Personalressourcen auf. Vor diesem Hintergrund lehnt der Personalrat die von der Leitung angestrebte Neuordnung des Hauses ab. Es besteht schlicht kein Spielraum für ein solches Aufpumpen der Strukturen. Volker Beck ({0}) Hier soll viel Personal eingesetzt werden, das wir nicht haben, und hier wurde ein Organigramm geschneidert, das nicht der Stärkung der Fachreferate, sondern der Schaffung von Steuerungseinheiten dient, die die schon bestehende Trennung zwischen operativen Einheiten und Planung/Leitung eher zementiert als überwindet. Entsteht mit Abteilung P & K die „Kampa“ für 2013? Wird das BMZ fit gemacht für den Wahlkampf? Ich hätte gerne eine konkrete Erwiderung von Ihrer Seite. Können Sie diese Vorwürfe des Personalrates Ihres Hauses widerlegen?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Beck, ich verweise ebenfalls auf den von Ihnen zitierten Tätigkeitsbericht des Personalrates des BMZ für das zweite Halbjahr 2011, und zwar auf die Eingangspassage. Bevor der Personalrat zu seinen Kritikpunkten kommt, schreibt er: Der Personalrat gratuliert der Leitung zur Durchsetzung seit Langem berechtigter Stellenforderungen. Wir bedanken uns ausdrücklich für das in diesem Zusammenhang gezeigte Engagement. Keine Leitung der Vergangenheit hat sich derart für Stellenzuwächse eingesetzt, und dazu mit solchem Erfolg. ({0}) Lieber Herr Kollege Beck, ich glaube, Sie übersehen, dass dieser Stellenaufwuchs dadurch zustande kommt, dass wir im vergangenen Jahr eine große Reform unserer Durchführungsorganisationen auf den Weg gebracht haben. Eine Reform in einem solchen Umfang hat es in den fünf Jahrzehnten des Bestehens des BMZ unter keiner Vorgängerregierung gegeben. Jetzt ergibt sich aber die Notwendigkeit, das Ministerium so aufzustellen, dass es die neu gegründete GIZ politisch steuern kann. Zum Schluss will ich Ihnen noch folgende Information mitteilen: Wir sparen unter dem Strich noch 300 Stellen ein. Mit unseren Bemühungen befinden wir uns also auf der Erfolgsspur. ({1})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre zweite Nachfrage, Kollege Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Begeisterung bei der FDP. - Frau Kollegin, könnten Sie neben meiner zweiten Nachfrage, zu der ich jetzt komme, noch meine zuvor gestellte Frage beantworten? Ich wollte nämlich wissen, was Sie zum Punkt „Wahlkampfzentrale“ sagen. Ich will nun die Causa Uta Böllhoff ansprechen. Frau Böllhoff ist eine ehemalige McKinsey-Beraterin mit FDP-Parteibuch. Die geschätzte Kollegin Sibylle Pfeiffer, Fachpolitikerin und entwicklungspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, bescheinigt in einem Brief an die Bundeskanzlerin, dass diese Person keinerlei nennenswerte entwicklungspolitische Erfahrungen hat. Nun haben Sie sie zur Abteilungsleiterin gemacht. Nachdem Sie uns gerade das Beamtenrecht erklärt haben - ich besitze ebenfalls eine Ausgabe des Grundgesetzes, worauf das Beamtenrecht rekurriert -, will ich Sie fragen: Wie ist diese Berufung mit Blick auf Eignung und Befähigung zu erklären, wenn doch keinerlei einschlägige fachpolitische Erfahrung vorliegt? Ihr eigener Minister sagt dazu, es sei eine Berufung für eine Abteilungsleiterstelle erfolgt und diese Abteilungsleiterstelle sei eine Stelle für einen politischen Beamten, die Eignung und Leistung, aber auch politische Loyalität voraussetze. Ich berufe mich in puncto Eignung auf die Expertise der Kollegin von der CDU/CSU, die ich, wie sie weiß, außerordentlich schätze und die sich da wirklich gut auskennt. Können Sie uns diese Personalbesetzung erläutern? Ist da die Vermutung nicht naheliegend, dass Sie gerade eine Wahlkampf-Kampa aufbauen?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Beck, uns ist gemeinsam, dass wir die Kollegen und Kolleginnen der Union sehr schätzen. Zur Frage nach Frau Böllhoff will ich Ihnen sagen: Frau Böllhoff verfügt sehr wohl über eine große Eignung; sie war nämlich bei ihrem bisherigen Arbeitgeber zuständig für die Beratung von Entwicklungs- und Schwellenländern rund um die Themen wirtschaftliche Entwicklung, Wachstum und Effizienzsteigerung im Bereich der EZ. Sie ist also eine ausgewiesene Expertin. Zu Ihrer vorherigen Frage lassen Sie mich sagen: Ein Ministerium hat parteipolitisch neutral geführt zu werden. ({0}) Das betrifft jede Partei. Auf die Frage nach der Kampa erwarten Sie, glaube ich, nicht wirklich eine Antwort. ({1}) - Herr Kollege Beck, ich finde Ihre Frage nicht nur abwegig, sondern sie impliziert auch Unverständnis. Ich kann darüber nur mit dem Kopf schütteln. ({2}) Wir haben bewiesen, dass wir mit unserer Arbeit die Entwicklungspolitik völlig neu aufgestellt haben, ({3}) und zwar sehr erfolgreich, sehr wirksam und international hoch anerkannt. Ich glaube, das sollten auch Sie anerkennen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Zu dieser Frage gibt es weitere Nachfragen. - Zunächst der Kollege Niema Movassat.

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, dass Sie die Kritik des Personalrats hinsichtlich der Kampa als abwegig bezeichnen, ist bezeichnend für den Umgang mit dem Personalrat. Mich würde daher interessieren: Wurde der Personalrat bei Stellenbesetzungsverfahren überhaupt einbezogen? Wie wurde mit seiner Kritik an möglichen Stellenbesetzungen umgegangen? Wenn Sie die erste Frage mit Ja beantworten sollten: Wie erklären Sie sich dann die Kritik des Personalrats an den Stellenbesetzungen? Es ist ja eine sehr deutliche Kritik. Eigentlich ist es ungewöhnlich, dass eine so deutliche Kritik kommt.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Movassat, ich finde es nicht ungewöhnlich, dass der Personalrat Kritik äußert. Das haben auch frühere Personalräte bei früheren Regierungen sehr deutlich und immer wieder getan. Übrigens wurde auch zu Zeiten der Vorgängerregierung der damaligen Ministerin, Frau Wieczorek-Zeul, im Zusammenhang mit Stellenbesetzungen Vetternwirtschaft und Ähnliches vorgeworfen. Solche Vorwürfe gibt es häufig. Ich schätze den Personalrat sehr. Die gesamte Leitung schätzt den Personalrat sehr. Wir pflegen den direkten Austausch über Kritikpunkte. Diese werden nicht unter den Tisch gekehrt, sondern darüber diskutieren wir sehr offen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir bei der Besetzung von Stellen, bei der Auswahl geeigneter Personen - für welche Stelle auch immer - den Personalrat einbeziehen. Im Ministerium handeln wir nach diesem Verfahren, wie es seit mehr als 20 Jahren üblich ist. Dessen dürfen Sie versichert sein.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Jetzt die Nachfrage unserer Kollegin Ute Koczy.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank. - Frau Staatssekretärin Kopp, ich muss Ihnen attestieren, dass Sie versuchen, das Ministerium zu verteidigen. Sie verteidigen es aber auf sehr dünnem Boden. Die Faktenlage und die Informationen, die die Öffentlichkeit erreicht haben, sind so massiv, dass Sie es nicht schaffen werden, darzulegen, dass das, was gerade im Hause Niebel rund um die Stellenbesetzungen passiert, tatsächlich ein einmaliger und außergewöhnlicher Fall ist. Meine Frage: Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung des Personalrats im BMZ, dass durch die Schaffung neuer Strukturen - eine Abteilung und mehrere Referate - lediglich Versorgungsposten für FDPnahe Personen geschaffen werden, die dringend nötige Stärkung der Fachreferate aber ausbleibt?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Koczy, ich bin ganz sicher, dass Sie mit Ihrer Vermutung unrecht haben. Die öffentliche Wahrnehmung der letzten Tage beruht zu einem Großteil auf Vermutungen und sogar anonymen Briefe, die in der Öffentlichkeit auftauchen und in denen die Persönlichkeitsrechte der Bewerber und Mitarbeiter im Ministerium aufs Schärfste attackiert werden. Seien Sie versichert - das habe ich vorhin auch im Ausschuss gesagt -, dass wir alles tun werden, um uns in entsprechender Weise dagegen zu wehren, dass unsere Mitarbeiter und die Menschen, die sich bei uns bewerben, angeprangert und ihre Persönlichkeitsrechte geschleift werden; das lassen wir nicht einfach so stehen. Was die Organisation betrifft, darf ich Ihnen im Hinblick auf den genannten Stellenaufwuchs - etwa 182 Stellen in diesem Jahr, wahrscheinlich noch einmal 30 Stellen im kommenden Jahr - versichern, dass wir natürlich die Strukturen anpassen müssen: Wir wollen die Organisation so vornehmen, dass hier Kohärenz entsteht, dass es zu einer Effizienzsteigerung und dadurch zu einer Entlastung der Leitung kommt. Die jetzt angegangene Neuorganisation steht im Einklang mit dem, was auch in anderen Ministerien stattfindet; sie ist völlig normal. Das heißt, wir passen unsere Strukturen an; hier werden nicht irgendwelche Luftbuchungen vorgenommen. Seien Sie versichert: Wir sind darauf angewiesen, mit Topleuten die beste Entwicklungspolitik zu machen, die wir uns nur vorstellen können. Ich finde, Schwarz-Gelb ist ein Garant dafür, auch wenn es Ihnen schwerfällt, uns hier Anerkennung zu zollen. Ich halte es für nachvollziehbar und ausdrücklich wünschenswert, dass wir jetzt die Strukturen entsprechend anpassen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Jetzt haben wir die Nachfrage unseres Kollegen Uwe Kekeritz. - Bitte schön, Kollege Kekeritz.

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich kann da gleich anschließen. Der Personalrat scheint ein sehr ergiebiges Thema zu sein. Sie haben vorhin aus seinem Tätigkeitsbericht zitiert. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie noch drei oder vier Zeilen weitergelesen hätten. Dann wäre nämlich gekommen, welche Einschränkungen der Personalrat vornimmt; nach dem Lob kam nämlich gleich die Einschränkung. Ich bin jetzt ein bisschen verwirrt. Vorhin haben Sie gesagt: Es sind 300 Stellen eingespart worden. Jetzt haben Sie gesagt: Es gibt einen Aufwuchs um 182 Stellen. Dazu passt, glaube ich, die Aussage des Personalrats im BMZ, dass mit dem Stellenaufwuchs netto nur wenige wirklich neue Stellen hinzugekommen sind und angesichts dieser Tatsache dieses Jahr nicht die Zeit ist, um neue Leitungspositionen zu schaffen. Dazu meine Frage: Wie bewerten Sie diese Aussage?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Kekeritz, ich nenne Ihnen jetzt sehr gern ein paar Daten. Ursprünglich wurde im Rahmen der großen Reform, von der ich gesprochen habe, der Reform von GTZ, DED und InWEnt, eine Einsparung von knapp 700 Stellen erzielt. Bedenken Sie bitte: Es geht um circa 17 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in 130 Ländern weltweit und um einen Jahresumsatz von 2 Milliarden Euro. Wir haben die drei genannten Organisationen zusammengeführt und insgesamt eine Einsparung von knapp 700 Stellen erreicht. In einem Gutachten wurde uns eigentlich ein Aufwuchs um 276,5 Stellen zugebilligt, um die Steuerungsfähigkeit im Ministerium herzustellen. Wir haben tatsächlich allerdings nur 210 Stellen in Anspruch genommen; sie sind uns über den Haushaltsauschuss gewährt worden. 65 Stellen wurden im Rahmen der personellen Verstärkung in 2011 verteilt. Die Stellen von ehemaligen Beratungskräften der GTZ sind nach politischer Schwerpunktsetzung einzusetzen. 46 zu verteilende Stellen gehen in die wichtige Verstärkung der Außenstruktur. Diese werden dort als Schwerpunktkoordinatoren eingesetzt. Es gibt 36,5 Stellen aus dem Überhangpersonal des BMVg, die möglicherweise erst im Laufe des Jahres zur Verfügung stehen werden. Diese Gesamtbilanz beinhaltet - ich sage es noch einmal - eine Einsparung im Umfang von netto 300 Stellen. Am 10. Februar werden wir uns mit dem Personalrat im Einzelnen über die Stärkung der Referate im Ministerium, die der Personalrat in seinem Bericht angesprochen hat, austauschen. Wir wissen natürlich, dass die Stärkung der Referate wichtig ist; davon gehen wir aus.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nachfrage des Kollegen Dr. Volker Wissing.

Dr. Volker Wissing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003702, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, Sie haben sich zu den öffentlichen Debatten über die Personalpolitik früherer Regierungen geäußert. Dazu habe ich eine Nachfrage. Im Tagesspiegel vom 24. August 2000 war unter der Überschrift „Entwicklungshilfeministerium: Verärgerung über Wieczorek-Zeul - Belegschaft kritisiert Personalentwicklung“ Folgendes zu lesen: Im Entwicklungshilfeministerium hängt der Haussegen schief. Die Mitarbeiter sind empört … Der Grund: Es häufen sich die Fälle, wo Ressortchefin Heidemarie Wieczorek-Zeul ({0}) Parteifreunde mit attraktiven Posten versorgt, statt qualifizierte, bewährte Mitarbeiter des Hauses zu befördern. … ({1}) Auch der bisherigen Leiterin des Ministerbüros verhalf Wieczorek-Zeul zu einem Sprung um sechs Gehaltsstufen auf die Abteilungsleiter-Ebene … Und die lukrative Position des Exekutiv-Direktors bei der Weltbank in Washington soll an einen SPDParteifreund aus dem Bezirk Hessen-Süd gehen, der bei der Deutschen Stiftung für Entwicklung ({2}) in Bonn arbeitet. Ich frage Sie, Frau Staatssekretärin: Haben Sie sich auf diese öffentliche Debatte über die damalige rotgrüne Bundesregierung bezogen?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Wissing, das habe ich gemeint, als ich vorhin von einer Vielzahl von Presseberichten aus der Vergangenheit gesprochen habe. Die Diskussion in der Öffentlichkeit über die Personalpolitik in Verbindung mit der derzeitigen Leitung des BMZ, wie wir sie derzeit erleben, bezieht sich auf den glücklichen Umstand, dass wir eine große Reform zustande gebracht haben und jetzt eine Neuorganisation vornehmen. Das heißt, die Vorwürfe, die Sie eben zitiert haben - es gibt eine Vielzahl weiterer, die seinerzeit in der Presse zu lesen waren -, bezogen sich auf das normale, alltägliche Geschäft. Bei uns ist es so: Wir haben einen Neuaufbau des Ministeriums zu gestalten. Es wird versucht, das Ganze in der Öffentlichkeit zu skandalisieren. Ich darf Ihnen aber versichern, dass wir in Ruhe, mit Besonnenheit und mit allem fachlichen Wissen unsere gewohnt qualitativ hochwertige Arbeit weiterführen werden. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Nächste Nachfrage, Frau Kollegin Dr. Bärbel Kofler.

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsekretärin, ich fand Ihre Aufzählung, in welchen Bereichen neue Stellen geschaffen worden sind, interessant. Sie sprachen von 46 Stellen im Außenbereich usw.; dagegen haben wir nichts. Sie haben nur einen Posten vergessen, nämlich die 24 Stellen auf der Leitungsebene. Mich würde schon interessieren, wie Sie vor dem Hintergrund, dass die Effizienz gesteigert werden muss - das wird durch das Ministerium immer sehr betont -, begründen wollen, dass Sie die Stellen im Abteilungsleiterbereich von drei auf fünf, im Unterabteilungsleiterbereich von acht auf zwölf und im Referatsleiterbereich von 49 auf 67 erhöhen wollen.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Kofler, was Sie sagen, betrifft genau die Umstrukturierung im Ministerium. Ich hatte eigentlich noch als Nachtrag erwartet, dass Sie fragen, wie die zu besetzen seien. Ich will diese Frage gleich mit beantworten. Sie werden erstaunt sein, zu hören, dass die allermeisten dieser Stellen in einem - wie ich eben schon sagte - seit 20 Jahren üblichen Auswahlverfahren besetzt werden. Zur Wahl stehen diejenigen, die sich bereits beworben haben. Viele davon sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die schon seit vielen Jahren im Haus sind. Ich betone noch einmal: Die Umstrukturierung des Ministeriums erfordert es, dass wir auch in die Abteilungen hineingehen. Am Ende soll ein hocheffizient arbeitendes Ministerium stehen. Das ist zu unserem Vorteil; denn dadurch können wir bessere Arbeit machen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Wir sind immer noch bei der Frage 44 und haben jetzt noch die Nachfrage des Kollegen Stefan Liebich.

Stefan Liebich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004093, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, in der Sendung Report München wurde aus einem Papier der FDP zitiert: Die Besetzung zahlreicher Stellen mit Liberalen und die Besetzung des Themas Entwicklungszusammenarbeit seien geeignet, dem Image der FDP als sozial kalt entgegenzuwirken. Ich frage Sie als Vertreterin der Bundesregierung, wie Sie das bewerten, wo es doch Aufgabe des Ministeriums ist, sich um die ärmsten Länder der Erde und nicht um die FDP zu kümmern. ({0})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege, Sie haben völlig recht: Es ist nicht Aufgabe des Ministeriums, irgendwelche Papiere von Parteien zu bewerten. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Jetzt kommen wir zur Frage 45 unserer Kollegin Ute Koczy: Wie begründet es die Bundesregierung, dass im Personalreferat des BMZ einem ehemaligen Kreisvorsitzenden der FDP als Referatsleiter Vorrang gegenüber langjährigen BMZMitarbeiterinnen und -Mitarbeitern gegeben wurde, angesichts der Tatsache, dass der Referatsleiter im Personalreferat die Kolleginnen und Kollegen gut kennen sollte, und muss dadurch nicht der Eindruck entstehen, dass dieser Umstand vor allem der Besetzung von Stellen anhand von Kriterien außerhalb der Fachlichkeit dient?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Ich beantworte diese Frage wie folgt: In dem angesprochenen Fall handelte es sich nicht um eine externe Besetzung, sondern um den Wechsel eines Bundesbeamten mit Behinderung mit langjähriger Erfahrung als Referatsleiter innerhalb der Bundesverwaltung von einem Bundesministerium, nämlich dem BMBF, in ein anderes. Diese Mobilität zwischen den Ressorts ist von der Bundesregierung ausdrücklich erwünscht. Sie dient dem Austausch von Know-how innerhalb der Bundesverwaltung sowie einer Verbesserung der Kohärenz. Das BMZ freut sich, dass mit dem Wechsel auch der Anteil der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Behinderung im Haus weiter erhöht werden konnte.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke. - Es geht immer auch darum, auf die Personalstruktur innerhalb eines Hauses zu schauen. Da sehr viele Stellen an Leute vergeben werden, die den Liberalen nahestehen, frage ich: Gab es innerhalb des BMZ keine Person, die für diesen Posten geeigneter gewesen wäre?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Koczy, ich wundere mich über Ihre Bewertung, dass die Leitung des Hauses dazu neigt, Stellen mit Personen mit einer Parteizugehörigkeit - in diesem Fall geht es um die Liberalen - zu besetzen. ({0}) Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir bei Bewerbern und Bewerberinnen aufgrund der grundgesetzlichen Bestimmungen nicht nach der Parteizugehörigkeit fragen dürfen. ({1}) Es gibt einige wenige Posten, die eine besondere Vertrauenssituation mit sich bringen. In diesen Fällen muss man aufgrund der besonderen Situation entscheiden. Es ist überhaupt nicht so, dass im Ministerium auszumachen ist, wer welcher Partei angehört. ({2}) Sie können sich vorstellen, dass es in einem Ministerium mit etwa 650 Leuten eine Mischung an politischen Orientierungen gibt. Vielleicht gibt es sogar Mitarbeiter, die gar keiner Partei angehören. ({3})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es wäre schön, wenn es so wäre. Allein, mir fehlt der Glaube, Frau Staatssekretärin. Trifft es zu, dass diese Stelle im Personalreferat nicht ausgeschrieben wurde? Nach welchen Kriterien wurde diese Stelle mit der Person besetzt, mit der Sie sie jetzt besetzt haben?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Ich habe eben gesagt, dass bis auf wenige Stellen, die in besonderer Weise der Leitung zugeordnet sind, jede Stelle ausgeschrieben wird. Die Mitarbeiter werden im Rahmen eines umfänglichen Verfahrens ausgesucht. ({0}) Selbstverständlich sind alle Stellen nach dem ordnungsgemäßen, nach dem üblichen Verfahren besetzt worden. ({1}) Sie haben nach den Kriterien gefragt. Selbstverständlich wurden die Mitarbeiter nach Eignung und Befähigung ausgesucht. Ich wundere mich über solcherlei Fragen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Jetzt folgen weitere Nachfragen, zunächst unsere Kollegin Karin Roth.

Karin Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003618, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, es ist ja üblich, dass man die Abteilungsleiter hinsichtlich Funktion und Zusammenarbeit anders bewertet als Referatsleiter. Meine Frage ist: Warum haben Sie - wenn es so ist, dass die Person, die Sie eingestellt haben, von außerhalb kam - auf eine Person von außerhalb zurückgegriffen? Denn eine Personalreferatsleitung bedarf nicht unbedingt einer besonderen Qualifikation hinsichtlich der politischen Ausrichtung.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin, ich habe gerade zu erläutern versucht, dass es sich bei der - wie Sie sagen - externen Person um eine Person handelt, die aus einem anderen Ministerium kam, also von einem Ministerium zum anderen gewechselt ist und dass ein solcher Wechsel sehr befruchtend ist, zumal bei einer hohen Qualifikation, von der wir profitieren können. Wir wünschten uns, dass es viel mehr solcher Austausche gäbe. Ich sehe überhaupt nicht, was Sie bei dieser Art der Besetzung als kritisch ansehen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Eine Nachfrage unseres Kollegen Dr. Sascha Raabe.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, als jemand, der sicherlich nicht auf Ministerebene tätig gewesen ist, der aber sechs Jahre lang kleiner Bürgermeister war, kann es einem schon über die Hutschnur gehen, wenn Sie so tun, als sei ausgerechnet die Stelle des Leiters des Personalreferats, also die Stelle desjenigen, der verantwortlich für Bewerbungen ist, der darüber zu entscheiden hat, wer in dem Ministerium eine Stelle erhält, eine Stelle wie jede andere. Ich kann Ihnen sagen: Ich hätte damals nie im Leben ausgerechnet auf diese Stelle irgendjemanden mit einem SPD-Parteibuch gesetzt, ({0}) allein schon deshalb, damit nicht auch nur der Anschein erweckt werden kann, dass es dort eine Bevorzugung gibt. Stimmen Sie mir zu, dass man auf solch eine Stelle, bei der es sich - da hat Kollegin Roth ja recht - nicht um eine politische Beamtenstelle wie beim Staatssekretär handelt, erst recht jemanden hinsetzen muss, der allem Anschein nach neutral ist, der kein Parteibuch hat und der bei den Bewerbungen der Sache nach auswählt und entscheidet? Es kann doch nicht sein, dass Sie so tun, als sei es das Normalste der Welt, dass ausgerechnet dort jemand von der FDP hingesetzt wird. ({1})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Raabe, ich betone noch einmal ausdrücklich, dass wir auch bei der Besetzung dieser sehr wichtigen Stelle wirklich nach den Kriterien der besonderen Eignung und der Befähigung vorgegangen sind. Ich sehe nicht, warum Sie nicht verstehen können, dass die Person, mit der die Stelle besetzt wurde, im Vergleich zu den übrigen Bewerbern, die möglicherweise da waren, wirklich die am besten geeignete Person war. Es ist doch vollkommen klar, dass es in einem solchen Verfahren nach Eignung, Befähigung und Erfahrung geht. Danach haben wir auch entschieden. ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Vielen Dank. - Es gibt eine weitere Nachfrage der Kollegin Helga Daub.

Helga Daub (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003515, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, ob in der Amtszeit von Frau Wieczorek-Zeul Personen von außen auf Führungspositionen im BMZ berufen wurden, bei denen es sich nicht um politische Beamte gehandelt hat?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Es gibt, Frau Kollegin Daub, verschiedene Presseartikel, die das darlegen. Ich habe nicht im Einzelnen geprüft, ob das den Tatsachen entspricht. Aber ich kann Ih18416 nen sagen, dass das, was in der Presse seinerzeit besprochen wurde, genau in diese Richtung ging, bis hin zu der Tatsache, dass beim damaligen Staatssekretär ein Türschild mit der Aufschrift gehangen haben soll: „In diesem Haus wird SPD gewählt.“ ({0})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Jetzt komme ich zur Frage 46 unserer Kollegin Ute Koczy: Wie kann die Bejahung der Frage an die neue Leiterin der Servicestelle „Engagement Global“, Gabriela Büssemaker, in einem Interview im Boulevard Baden vom 16. Oktober 2011, für ihre künftige Anstellung sei bereits alles in trockenen Tüchern und sie werde vom Arbeitgeber selbst zum Ende des Jahres bekannt gegeben, anders verstanden werden, als dass Gabriela Büssemaker zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zusage für die Leitung der Servicestelle erhalten hatte? Sie wird beantwortet durch die Frau Staatssekretärin. Bitte schön.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Meine Antwort lautet ganz klar: Zu den Aussagen von Frau Büssemaker im genannten Interview liegen dem BMZ keinerlei Erkenntnisse vor. Es hat ein transparentes Auswahlverfahren stattgefunden, das durch eine vom BMZ beauftragte Personalagentur durchgeführt wurde und über dessen Ergebnis die Bewerber nach Abschluss informiert wurden.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre erste Nachfrage.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie versuchen, diese Personalpolitik und Vetternwirtschaft im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so darzustellen, als ob es bei Stellenbesetzungen nur um Eignung und Befähigung gehe. Nachdem wir von verschiedenen Seiten schriftliche Informationen zugeschickt bekommen haben, die zeigen, dass es hier Probleme gibt, haben wir natürlich aufmerksam die Personalie recherchiert, um die es in meiner Frage geht, die sie gerade versucht haben, zu beantworten. Dabei fiel dieses Interview, das man im Internet findet, auf. Das hat natürlich große Fragen aufgeworfen. Ich frage Sie: Können Sie definitiv ausschließen, dass Frau Büssemaker, als sie dieses Interview gegeben hat, diese Stelle im BMZ gemeint hat? ({0})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Koczy, was Frau Büssemaker in einem Interview im Oktober 2011 gemeint hat, kann ich nicht sagen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Besetzung der Stelle in einem akribischen Verfahren entschieden wurde; dies ist so verlaufen, wie es stattzufinden hat. Ich kann Ihnen auch gern Details zum Verfahren nennen. Es gab 133 Bewerber und Bewerberinnen; eine Essenz daraus wurde zu Gesprächen eingeladen. Der Kreis wurde immer kleiner. Die beauftragte Agentur hat aus den dann übrig gebliebenen Bewerbern und Bewerberinnen die fähigsten ausgesucht. Danach erfolgte die Entscheidung. Das, was Ihre Frage impliziert, also ob Frau Büssemaker im Vorfeld eine Zusage gegeben wurde, halte ich für abstrus und für eine Zumutung.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ihre zweite Nachfrage.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin Kopp, es ist eine sehr relevante Frage, und sie ist so gemeint, wie sie gestellt worden ist. Damit soll klargestellt werden - das ist die Bedeutung dahinter -: Wenn Frau Büssemaker - man kann sie meiner Meinung nach auch fragen - sagen würde, sie habe damit eine andere Stelle gemeint, dann wären alle weiteren Nachfragen hinfällig. Aber Sie haben das nicht getan. Dadurch entsteht der Verdacht - diesen müssten Sie hier eigentlich ausräumen -, dass vorab ein Versprechen gegeben wurde, dass sie diese Stelle bekommt. Dann wäre das schöne Auswahlverfahren, von dem Sie hier gerade sprechen - dies ist gut und richtig und trifft auf unsere Zustimmung -, hinfällig gewesen. Diejenigen, die in dieses Verfahren gegangen sind, haben sich zum Teil vorher absichern wollen, dass die Stelle eben nicht parteipolitisch motiviert besetzt wird. Wenn Sie diese Frage nicht eindeutig beantworten, dann bleibt dieser Verdacht bestehen. Ich bitte Sie noch einmal: Beantworten Sie diese Frage! ({0})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Selbstverständlich beantworte ich Ihre Frage sehr klar. Was Frau Büssemaker im Oktober 2011 gemeint hat, fragen Sie bitte sie selbst. Ich kann Ihnen sagen, dass sie, wie alle anderen, in einem ganz normalen Auswahlverfahren war, und dass ihr die Entscheidung für ihre Person nach Beendigung dieses Auswahlverfahrens mitgeteilt worden ist. ({0}) - Ich habe es doch so gesagt. - Sie ist in einem stringenten Auswahlverfahren eine Kandidatin von vielen gewesen. Sie ist am Ende dieses Auswahlverfahrens informiert worden. Nichts weiter ist passiert. Noch einmal: Zu dem Interview müssen Sie sie selbst befragen. Wir als BMZ sind damit nicht verbunden.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Eine Nachfrage unserer Kollegin Dr. Bärbel Kofler.

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, auch ich möchte eine Nachfrage stellen, weil ich es genau wie die Kollegin Koczy für relevant erachte, wie und in welchen Zeitabläufen dieses Verfahren gelaufen ist. Ich empfinde es nämlich als Zumutung für die von Ihnen genannten anderen 132 Bewerber, wenn es Absprachen gegeben haben sollte, bevor die Bewerber von einer Personalserviceagentur eingeladen worden sind, was auch noch mit entsprechenden Kosten für den Steuerzahler und das BMZ verbunden war. Vor diesem Hintergrund möchte ich aus dem Interview zitieren, das Frau Büssemaker dem Boulevard Baden am 16. Oktober letzten Jahres gegeben hat, und zwar speziell die Passage zu ihren beruflichen Plänen. Frau Büssemaker sagte auf die Frage: „Wie sehen Ihre beruflichen Pläne aus?“: Ich sage nichts über meinen künftigen Job, weil die Rahmenbedingungen das nicht erlauben. Ich habe Vertraulichkeit zugesichert und halte das ein. Der Arbeitgeber wird das selbst bekanntgeben Ende des Jahres. Sie werden uns doch hier nicht weismachen wollen, dass Frau Büssemaker zeitgleich zu dem Bewerbungsverfahren einen anderen Arbeitgeber hatte, der am Ende des Jahres bekannt geben wird, dass sie dort eingestellt wird! ({0})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Kofler, woher wissen Sie das? ({0}) Woher wissen Sie, dass Frau Büssemaker kein anderes Angebot hatte? Ich weiß das nicht. Ich kann Ihnen nur sagen, dass mir keinerlei andere Informationen vorliegen. Ich habe mich rückversichert und kann nur sagen: Das war für alle 133 Bewerber und Bewerberinnen ein ganz normales Verfahren. Frau Büssemaker ist am Ende als die am besten Geeignete ausgewählt worden. Ich kann Ihnen gerne die einzelnen Schritte - ich habe sie mir notiert - vortragen. Ich nenne Ihnen auch ein Datum: Frau Büssemaker wurde der Öffentlichkeit am 17. Januar 2012 in einer BMZ-Pressemitteilung als neue Geschäftsführerin vorgestellt, und zum 1. Februar dieses Jahres soll sie dieses Amt übernehmen.

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Jetzt die Nachfrage des Kollegen Volker Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Kollegin Kopp, vielleicht müssen wir einmal die Grundlagen dieser Veranstaltung klären. Das ist eine Fragestunde, in der der Bundesregierung Fragen gestellt werden. Die Kenntnisse, die die Bundesregierung zur Beantwortung der Fragen erlangen kann, muss sie sich besorgen, sobald die Fragen vom Bundestagspräsidenten zugelassen werden. ({0}) Meiner Kollegin Koczy haben Sie freundlicherweise das Angebot gemacht, Frau Büssemaker selber zu befragen. Dafür gibt es keine andere Möglichkeit, als dass wir einen Untersuchungsausschuss einrichten, in dem wir Frau Büssemaker unter Wahrheitspflicht als Zeugin vorladen. ({1}) Wenn Sie andeuten wollten, dies im Bundestag zu beantragen, bin ich bereit, über eine Zustimmung zu Ihrem Antrag nachzudenken. ({2}) Ich möchte von Ihnen die genauen Umstände der Einstellung von Frau Büssemaker erfahren. Was Sie nicht wissen, sollten Sie diesem Hohen Hause im Anschluss an diese Fragestunde nachreichen. Ich frage Sie: Wie ist dieses Einstellungsverfahren gelaufen? Welche Personalmanagementagentur war einbezogen? Unter welchen Voraussetzungen? Wie viele Bewerber gab es? Was sagt Frau Büssemaker auf Nachfrage, was sie mit ihrer Aussage gemeint hat? Ich erwarte eine wahrheitsgemäße und vollständige Antwort auf diese Fragen; das ist nämlich unser verfassungsrechtliches Recht. Das hier ist keine Talkshow.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Beck, ich weise Ihre Unterstellung, nicht wahrheitsgemäß zu antworten, zurück. ({0}) Daran, dass dieses Thema viel zu ernst ist, als dass die Diskussion darüber hier als Talkshow bezeichnet werden kann, besteht, wie ich glaube, kein Zweifel. Es geht um Personen, die keine Personen der Öffentlichkeit sind ({1}) - ich sage das noch einmal -, aber seit einigen Tagen und Wochen durch die Presse geschleift werden. Ich finde das alles andere als amüsant. Ich sage Ihnen noch einmal ganz klar, dass ich nicht weiß, was Frau Büssemaker in ihrem Interview im Oktober letzten Jahres gemeint hat. Das hat auch nichts mit dem BMZ zu tun. Warum soll ich sie danach fragen? ({2}) Ich beschreibe Ihnen jetzt das Auswahlverfahren: Beauftragt mit der gesamten Ausschreibung dieser Stelle war die Firma Dr. Heimeier & Partner. Diese Agentur hat übrigens auch schon für die derzeitige Regierung in Baden-Württemberg gearbeitet. Es gab ein Vorgespräch beim BMZ mit den dortigen Abteilungsleitern. Danach wurde ein Entwurf des Ausschreibungstextes unter Berücksichtigung der BMZ-Auswahlkriterien und der Einstellungsvoraussetzungen für den öffentlichen Dienst erstellt. Es gab insgesamt 133 Interessenten, wovon nach Aussage von Dr. Heimeier & Partner 13 gemäß ihrer Bewerbung prinzipiell geeignet waren, die in das weitere Auswahlverfahren kamen. Danach gab es ein Auswahlverfahren, das am 21. Dezember 2011 stattfand. Fünf Personen haben die Befragung im Rahmen dieses Auswahlverfahrens vorgenommen. Acht Kandidaten und Kandidatinnen stellten sich vor. Davon wurden fünf von der Auswahlkommission als grundsätzlich geeignet erachtet. Drei davon kamen in die Endauswahl, und die endgültige Entscheidung über die Stellenbesetzung traf dann die BMZ-Leitung. Danach erfolgte die Pressemitteilung. Während dieses Verfahrens haben etliche Personen bzw. Bewerber im BMZ nachgefragt, ob bereits viele Bewerbungen vorliegen und ob es überhaupt noch Sinn macht, sich zu bewerben. Wir als BMZ-Leitung haben diese Personen dann dazu aufgerufen, sich zu bewerben, sofern sie die geforderten Voraussetzungen für eine Bewerbung erfüllten. ({3})

Eduard Oswald (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001663

Ich nehme Sie gerne noch einmal in die Liste auf, Kollege Volker Beck. Vorher gibt es aber noch vier Nachfragen aus der Mitte des Hauses, und zwar zunächst vom Kollegen Manfred Zöllmer. Bitte schön, Kollege Manfred Zöllmer. ({0})

Manfred Zöllmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003663, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Staatssekretärin, Sie haben eben ausgeführt, dass Eignung und Befähigung zu den Kriterien der Einstellung gehören. Es handelt sich hier ja um eine ehemalige Oberbürgermeisterin der Stadt Ettlingen, die Mitglied der FDP ist und sich auch in mehreren Interviews öffentlich zu bestimmten Fragen geäußert hat. Ich habe hier einen Artikel in nordbaden.businesson.de vom 12. November 2010. Dort hatte Frau Büssemaker erklärt, dass Sie nicht zur nächsten OB-Wahl antreten wird. Wörtlich sagte sie - ich zitierte -: Ich bin aus der Wirtschaft in dieses Amt gekommen - also Oberbürgermeisterin von Ettlingen und möchte nun wieder zurück in die freie Wirtschaft. ({0}) Weiter heißt es hier: Der Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik sei in vielen anderen Ländern selbstverständlich … Am Ende sagt sie noch einmal wörtlich: Meine Zukunft sehe ich nun wieder in der freien Wirtschaft und bitte dies als persönliche Entscheidung zu respektieren. ({1}) Warum haben Sie das denn nicht als persönliche Entscheidung respektiert? Gehört zur Übernahme einer solchen Funktion bzw. Stelle neben der Eignung und Befähigung nicht auch das Wollen? Haben Sie in diesem Fall auch einmal im Internet recherchiert, wie das heutzutage ja üblich ist, wenn man jemanden einstellen will? ({2})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Geschätzter Herr Kollege Zöllmer, Sie dürfen sicher sein, dass auch ich im Internet recherchiere, aber nicht zu jeder Frage und nicht zu jeder Person. Dafür fehlt mir die Zeit. Ich frage mich aber, was Sie damit jetzt aussagen wollen. Das BMZ hat Frau Büssemaker nicht gezwungen, sich zu bewerben, sondern die Interessenten haben sich in freier Entscheidung, wie das bei den Liberalen und, ich hoffe, auch bei anderen üblich ist, dazu entschlossen, sich zu bewerben. Das ist Fakt. Nur davon kann ich berichten. Noch einmal: Dazu, was 2010 gesagt wurde, kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Wir haben die Bewerbungen bekommen, 133 an der Zahl. Diese haben wir in dem üblichen Verfahren gesichtet, und wir sind damit umgegangen. Das ist das Ende der Geschichte. Was Frau Büssemaker bewogen hat, sich zu bewerben und nicht wieder in die freie Wirtschaft zu gehen, bitte ich Sie, Frau Büssemaker zu fragen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Eine Nachfrage des Kollegen Kekeritz.

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Im Prinzip hat Kollege Volker Beck meine Frage schon vorweggenommen. Aber es ist vom Zeitablauf so, dass die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Was hindert Sie daran, zu bestätigen, dass Sie überhaupt nicht in der Lage gewesen wären, eine Zusage zu machen? Also könnten Sie die Frage von Frau Ute Koczy doch mit einem klaren Nein beantworten. Sie könnten doch klar sagen, dass Sie keine Versprechungen und keine Zusagen gemacht haben, bevor das Bewerbungsverfahren, das Einstellungsverfahren beendet wurde. Was hindert Sie daran? Ein Nein habe ich definitiv noch nicht gehört.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kekeritz, noch einmal: Nein, mir sind keinerlei Zusagen bekannt. Es gab ein ganz normales Bewerbungsverfahren; ({0}) das habe ich eben noch einmal gesagt. Zu der zeitlichen Koinzidenz, die Sie hier darlegen, kann ich Ihnen nichts weiter sagen. Aber hier ist rechtlich einwandfrei verfahren worden. Das will ich hier noch einmal ausdrücklich unterstreichen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Karin Roth hat eine Nachfrage.

Karin Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003618, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin Kopp, Sie haben vorher auf die Frage von Herrn Beck geantwortet, dass die Leiterin der Servicestelle keine öffentliche Person sei. Das möchte ich bezweifeln; denn ganz unabhängig von der Besetzung: Diese Person hat eine Aufgabe in der Öffentlichkeit. Sie arbeitet mit NGO und mit den Ländern zusammen. Sie ist also eine Person des öffentlichen Lebens. Insofern haben wir, das Parlament, aber auch andere, mit denen sie zukünftig zusammenarbeiten wird, Interesse an einer Klarstellung hinsichtlich der Aussage, auf die meine Kollegen schon eingegangen sind - besser: des frühzeitigen Signals -, dass sie als Oberbürgermeisterin nicht mehr antritt, weil sie schon etwas Besseres in petto hat, egal wo. Ist es Ihnen möglich, mit der Frau Büssemaker - der Name ist jetzt bekannt - zu klären, ob sie zu dem Zeitpunkt des Interviews noch eine andere Zusage hatte? Können Sie auch gegenüber uns, dem Parlament, insofern richtigstellen, dass das unzweifelhaft nicht die Stelle im BMZ war? Das wäre für öffentliche Veranstaltungen in der Zukunft hilfreich.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Sehr geehrte Frau Roth, ich will noch einmal ausdrücklich betonen: Wenn richtig ist, was ich eben gesagt habe, dass es keine Vorabzusage singulärer Art gegeben hat, keinerlei Zusage und keinerlei Vereinbarung unter dem Tisch, dann ist doch völlig klar, dass Frau Büssemaker, als sie diese Aussage im Interview gemacht hat - das Interview habe ich gelesen; ich selber kenne Frau Büssemaker nicht, ich habe mit ihr noch nie ein Wort gewechselt -, einfach anderes gemeint haben muss. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wenn Ihre Aussage aber nicht richtig war? - Ich gehe davon aus und auch Sie dürfen davon ausgehen, liebe Frau Hendricks, dass meine Aussage richtig war, ist und auch bleibt. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Eine Nachfrage der Kollegin Hänsel.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Frau Präsidentin. - Jetzt hat die Kollegin Roth schon die Frage gestellt, die ich stellen wollte. Aber anknüpfend an Ihre Antwort darauf ergibt sich schon die nächste Frage, Frau Staatssekretärin. Eines wundert mich, ehrlich gesagt. Angenommen, ich wäre Staatssekretärin ({0}) und würde lesen, dass eine Person, mit der das BMZ eine Führungsposition besetzen will, eine solche Aussage macht, dann würde ich sofort zum Telefonhörer greifen und mit dieser Person sprechen. Sie aber sagen, dass Sie die Person nicht kennen und auch noch nie mit ihr gesprochen haben. Ich finde, da fehlt der Aufklärungswillen. ({1}) Wie können Sie sagen: „Da steht irgendwas in der Zeitung; ich habe davon keine Ahnung“, wenn es um eine wichtige und herausragende Stelle geht? Sie wird für viele engagierte Leute, Schulen und Entwicklungsorganisationen eine Anlaufstelle sein. Deshalb muss die Person integer sein. Die Stelle muss auch integer und verantwortungsvoll besetzt worden sein. Ich würde mich ärgern, wenn ich so etwas in der Zeitung lesen würde. Ich würde sagen: „Das kann ja wohl nicht wahr sein“, und würde dem nachgehen. Daran haben Sie aber anscheinend kein Interesse. Wie können Sie mir sonst erklären, dass Sie bis heute nicht mit dieser Frau gesprochen haben? ({2})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Hänsel, was Sie an meiner Stelle machen würden, mag Ihnen überlassen sein. Ich kann nur sagen, was ich für mich selbst verantworten kann. ({0}) Ich sehe keine Veranlassung, Frau Büssemaker anzurufen. Denn ich halte das, was Sie konstruiert haben, für abwegig. ({1}) Ich habe hier klar geantwortet. Auch wenn Sie mich noch länger fragen, werden Sie von mir keine andere Antwort hören. Wenn es Ihnen darum geht, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, dann sagen Sie es doch. Seien Sie doch so transparent und ehrlich. ({2}) - Ja, machen Sie doch keine Umwege. ({3})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Eine Nachfrage des Kollegen Raabe, bitte.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, Sie haben den Zeitablauf präzisiert, indem Sie gesagt haben, das Bewerbungsverfahren sei im November bzw. Dezember und die letzte Endauswahl am 21. Dezember gewesen. Kollege Zöllmer hat gesagt, dass Frau Büssemaker im Herbst 2010 - also etwa ein Jahr, bevor sie als Oberbürgermeisterin aufgehört hat - mit dem Gedanken gespielt hat, in die freie Wirtschaft zu gehen. Daraus scheint nichts geworden zu sein; denn sie hat am 16. Oktober 2011 gesagt, sie habe eine neue Stelle, die sie antreten möchte. Es ist in der Tat sehr ungewöhnlich, und es wäre auch sehr unglaubwürdig, wenn man schon eine neue Stelle in trockenen Tüchern hat, wie Frau Büssemaker sagte, und sich dann trotzdem noch in ein Bewerbungsverfahren beim BMZ begibt. Weil es die Lebenserfahrung nahelegt, gehe ich fest davon aus, dass Frau Büssemaker diese Stelle gemeint hat. In diesem Fall kann sie sie nur von jemandem zugesagt bekommen haben, der dort etwas zu sagen hat. Können Sie ausschließen, dass Minister Niebel oder jemand in seinem Auftrag Frau Büssemaker vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens eine Zusage gegeben hat? Wann hat Minister Niebel von der Bewerbung erfahren? Denn er hat gesagt, er habe keine Bewerber gekannt. Können Sie ausschließen, dass Minister Niebel vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens von der Bewerbung von Frau Büssemaker gewusst hat?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Ich habe die Frage mehrmals sehr klar beantwortet. ({0}) - Ich komme gleich noch dazu. Was Ihre Spekulationen über 2010 und irgendwelche Motivationen angeht, in bestimmter Weise anderweitig berufstätig zu sein, ist es ist nicht meine Aufgabe, dazu Stellung zu nehmen. Das weiß ich schlicht nicht, und das muss ich auch nicht wissen. ({1}) Was Minister Niebel betrifft, kann ich nicht ausschließen, dass er irgendwann die Liste der 133 Bewerber gesehen hat. Davon gehe ich sogar aus. Das ist eine wichtige Stelle. Deshalb wird er sich bestimmt einmal erkundigt haben, wie viele Personen sich beworben haben und was das für Leute sind. Das kann ich so nicht sagen. Aber es geht hier um den Vorwurf, dass vor Eintritt in ein ordnungsgemäßes Verfahren seitens des Ministers oder von wem auch immer eine Zusage gegeben worden sein soll. ({2}) Das suggerieren Sie hier. Da gehe ich nicht mit. ({3}) Ich habe ganz klar gesagt: Nein. - Ich spekuliere nicht mit Ihnen. Im Übrigen sehe ich keinen Grund, an der Integrität von Frau Büssemaker in irgendeiner Weise zu zweifeln, wie das hier eben unterschwellig der Fall war. ({4}) Genau das ist der Punkt, den ich bei Personalangelegenheiten absolut ablehne: Menschen durch die Öffentlichkeit ziehen und ihre Persönlichkeitsrechte in Gefahr bringen. Dazu werde ich nicht beitragen. ({5})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Nun hat Herr Lischka eine Nachfrage.

Burkhard Lischka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, Ausgangspunkt der letzten Nachfragen ist die Frage der Kollegin Koczy, die Ihnen bereits seit einigen Tagen - so die Gepflogenheit - schriftlich vorliegt. In dieser Frage wird ausdrücklich das Interview vom 16. Oktober 2011 angesprochen. Aus der Frage ist der Vorwurf herauszulesen, dass Frau Büssemaker schon zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise entsprechende Zusagen gemacht wurden. Nun haben Sie bei der Beantwortung verschiedener Nachfragen mehrfach darauf hingewiesen, dass Sie sich rückversichert und recherchiert hätten. Ich habe mit Überraschung zur Kenntnis genommen, dass Sie offensichtlich zumindest nicht selbst bei Frau Büssemaker nachgefragt haben, wie denn dieses Interview zu verstehen ist, ob sich ihre Aussage möglicherweise auf einen anderen Arbeitgeber bezieht. Dann hätten wir uns viele Nachfragen sparen können. Nun wird weiter spekuliert. Meine Nachfrage an Sie lautet: Ist denn zumindest in Vorbereitung auf diese Fragestunde und die Beantwortung einer Frage, die Ihnen seit Tagen vorliegt, auf Ihre Veranlassung bei Frau Büssemaker, die zu Ihrem Geschäftsbereich gehört, nachgefragt worden, wie dieses Interview zu verstehen sei, zumindest im Hinblick darauf, dass möglicherweise ein anderer Arbeitgeber gemeint ist?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege, Sie mögen an meiner Antwort erkennen, dass ich keinerlei Veranlassung sah, deswegen bei Frau Büssemaker nachzufragen; denn das, was Sie vermuten, fällt völlig aus dem Rahmen. Selbstverständlich haben wir sehr sorgfältig die Beantwortung der Fragen vorbereitet; das sind wir dem Parlament schuldig. ({0}) Aber bei Frau Büssemaker anzurufen und sie zu fragen, was sie im Jahr 2010 mit einer Rückkehr in die Privatwirtschaft und in dem besagten Interview gemeint haben könnte, ist völlig abwegig. Ich sah keinerlei Veranlassung, bei ihr nachzufragen. Sie mögen meinen, dass sie vielleicht eine andere Stelle in petto hatte. Aber ich kann Ihnen das nicht sagen. Wie gesagt, ich sah keine Veranlassung, deswegen bei ihr nachzufragen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Zu einem Antrag zur Geschäftsordnung gebe ich das Wort der Kollegin Gleicke.

Iris Gleicke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000687, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, ich beantrage für die SPD-Fraktion gemäß Nr. 1 Buchstabe b der Richtlinien für Aussprachen zu Themen von allgemeinem aktuellen Interesse, Anlage 5 unserer Geschäftsordnung, eine Aktuelle Stunde zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 45 und 46 sowie die vielen Zusatzfragen, die dazu gestellt wurden, weil wir die Fragen für nicht ordnungsgemäß und vernünftig beantwortet halten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen sehr deutlich sagen, dass ich Zurufe, wann das ganze Fragen ein Ende hat, für ziemlich unangemessen halte. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Die Fraktion der SPD hat zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 45 und 46 eine Aktuelle Stunde beantragt. Das entspricht Nr. 1 Buchstabe b der Richtlinien für Aussprachen zu Themen von allgemeinem aktuellen Interesse. Diese Aktuelle Stunde findet im Anschluss an die Fragestunde statt. Nichtsdestotrotz fahren wir mit der Fragestunde fort. Ich rufe die Frage 47 des Kollegen Movassat auf: Wie bewertet es die Bundesregierung, dass die Leiterin der neuen Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement „Engagement Global“ bereits am 16. Oktober 2011 und somit vor dem Auswahlverfahren des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Besetzung der Stelle im November und Dezember 2011 in einem Interview mit Boulevard Baden erklärte, sie werde wegen ihres neuen Jobs aus Baden wegziehen und mit ihrem neuen Arbeitgeber sei „schon alles in trockenen Tüchern“?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Movassat hat die gleiche Frage wie Frau Koczy gestellt, in der das Zitat, es sei schon „alles in trockenen Tüchern“ erwähnt wird. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich zu den Aussagen von Frau Büssemaker im genannten Interview nichts sagen kann. Dem BMZ liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Ich betone noch einmal: Es hat ein transparentes Auswahlverfahren durch eine vom BMZ beauftragte Personalagentur stattgefunden. Über das Ergebnis wurden die Bewerber nach Abschluss des Verfahrens informiert.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Eine Nachfrage? - Bitte schön.

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, Sie haben recht: Die Frage entspricht im Wesentlichen der Frage 46. Umso mehr hätte dies Anlass gegeben, sich für diese Fragestunde schlauzumachen; denn gleich zwei Fragesteller haben eine ähnliche Frage gestellt. Wenn ich es richtig sehe, gab es 133 Bewerberinnen und Bewerber. Am Ende hat Frau Büssemaker den Zuschlag erhalten. Wenn ich mir vergegenwärtige, was ich über Frau Büssemaker weiß, dann sehe ich nicht, wo ihre entwicklungspolitische Kompetenz liegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass 132 andere Bewerberinnen und Bewerber keinerlei entwicklungspolitische Kompetenz gehabt haben sollen und man sich deshalb für die Bewerberin entschieden hat, die in dem Bereich bisher gar nicht gearbeitet hat. Deshalb ganz konkret die Frage: Welche entwicklungspolitischen Kompetenzen und Erfahrungen bringt Frau Büssemaker für ihre neue Funktion mit?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Movassat, Frau Büssemaker war, wie Sie wissen, Oberbürgermeisterin, und sie war lange Jahre Unternehmerin. Sie hat im Organisations- und Veranstaltungsbereich als Unternehmerin gearbeitet. Sie ist also in den Bereichen Organisation, Menschen- und Personalführung sowie Veranstaltungen sehr versiert. Sie hat einen breiten Erfahrungsschatz. Ich kann nur sagen: Dass sie in die Endauswahl gekommen ist, mag Ihnen zeigen, wie qualifiziert sie ist. Ich sage noch einmal: Von den 133 Kandidaten wurden 13 in die engere Wahl genommen. Acht Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich vor. Davon wurden fünf durch die Auswahlkommission als grundsätzlich geeignet erachtet. Drei davon erreichten die Endauswahl. Die endgültige Entscheidung über die Personalbesetzung erfolgte durch die BMZ-Leitung.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Sie haben eine weitere Nachfrage? - Bitte sehr.

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön. - Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Personalagentur. Der Name der Personalagentur ist bereits gefallen. Was mich interessieren würde, ist, ob auch sonst privatwirtschaftliche Personalagenturen herangezogen werden, ob das eine neue Praxis ist oder ob eine alte Praxis fortgesetzt wird. Wenn es eine neue Praxis ist, privatwirtschaftliche Personalagenturen einzusetzen: Werden Sie dies auch in Zukunft tun? Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, welche Personalagentur Sie auswählen?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Nicht bei jeder Stellenausschreibung wird eine externe Agentur beauftragt. Das wird besonders in den Fällen gemacht, in denen eine besonders wichtige Stelle auszuschreiben ist und wir uns externen Rat holen wollen. Hier handelte es sich um eine solche Stelle, hier haben wir das gemacht. Aber das ist nicht die Norm. Es wurde schon bei der Besetzung der einen oder anderen Stelle auf das Know-how einer Personalagentur zurückgegriffen, aber das ist nicht bei jeder Stelle, die zu besetzen ist, nötig. Das mag Ihnen umso deutlicher die Unabhängigkeit bei dieser Personalvorauswahl zeigen. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dieser Agentur gemacht.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Kollegin, Sie haben auf die Fragen zahlreicher Kollegen zu meiner Frage vorhin sehr ausweichend geantwortet. Deshalb wäre ich froh, wenn Sie es ausnahmsweise mit Matthäus halten würden. Das wäre auch im Sinne der Präsidentin. In Matthäus, Kapitel 5, heißt es: Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. ({0}) Hat Frau Büssemaker im Oktober 2011 von irgendeiner Stelle im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einen Hinweis erhalten, dass sie diese Stelle erhalten wird oder nicht? Ich erwarte nur ein Ja oder ein Nein und kein Ausweichen, bitte. ({1})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Auch ohne Hinweis auf die Bibel, Herr Kollege Beck, sage ich noch einmal ganz klar: selbstverständlich nein. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Dann kommen wir zur Frage 48 des Kollegen Raabe: Wann hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, Kenntnis von der Bewerbung von Gabriela Büssemaker auf die Stelle als Leiterin der neuen Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement erlangt, und wurde Gabriela Büssemaker die Leitungsstelle vom Bundesminister oder einem Dritten in seinem Auftrag vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens direkt oder indirekt in Aussicht gestellt?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Kollege Raabe, nach Erscheinen der Stellenanzeige - es hat ja eine Stellenanzeige gegeben - hat es verschiedene Nachfragen bei der Leitung, auch beim Minister, nach Bewerbungsmöglichkeiten gegeben. Diese Möglichkeiten sind jeweils bejaht worden. Die Stelle als Leiterin der Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement „Engagement Global gGmbH“ wurde Frau Büssemaker von Bundesminister Dirk Niebel oder Dritten in seinem Auftrag zu keinem Zeitpunkt vor Abschluss des Auswahlverfahrens zugesichert. Also noch einmal ganz klar: Zu keinem Zeitpunkt vor Abschluss des Verfahrens sind hier irgendwelche Zusagen gemacht worden.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Sie möchten eine Nachfrage stellen. Bitte sehr.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, dann entnehme ich Ihren Aussagen, dass sich der Minister jetzt schon gegenüber dem korrigiert, was er in aller Öffentlichkeit vor den Medienvertretern hier in Berlin in seiner Pressekonferenz gesagt hat. Da hat er wörtlich gesagt, dass ihm keine Bewerbung der 133 vorher bekannt gewesen ist. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie den Minister dort korrigieren. Sie sagen: Es ist durchaus möglich, dass - Sie sagten in einer vorigen Antwort sogar: Es ist sogar wahrscheinlich, dass der Minister sich diese Bewerbungen angesehen hat. Das sagten Sie vorhin. Wir können gerne - Sie schütteln den Kopf - im Protokoll nachlesen, dass Sie das vorhin gesagt haben: dass es wahrscheinlich ist, dass der Minister vor Januar, vor der Entscheidung, als die 133 Bewerbungen vorlagen, in sie hineingeschaut hat. Das sagten Sie vorhin. Der Minister hat das auf der Pressekonferenz verneint. Also ist davon auszugehen - so viele Oberbürgermeisterinnen hat die FDP nicht -, dass er mit Sicherheit, wenn sich unter den 133 - das sagt ja auch die Lebenserfahrung - die einzige FDP-Oberbürgermeisterin Deutschlands bewirbt, zumindest vor Ende des Verfahrens gewusst hat, dass Frau Büssemaker sich ebenfalls beworben hat. Es gibt also eine Korrektur zu seiner Aussage auf der Pressekonferenz. Sie sind sich sicher - das haben Sie eben noch einmal gesagt -, dass man noch nicht einmal eine Formulierung - es geht um die Frage der Zusicherung, darum, dass Frau Büssemaker auch nichts in Aussicht gestellt wurde, als sie sich beworben hat - wie „Mit großer Wahrscheinlichkeit bekommen Sie die Stelle“ gebraucht hat? Vorhin haben Sie sich nämlich nur auf die Zusage beschränkt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Raabe.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Also, Sie sagen: „Auch ein Inaussichtstellen war vom Minister oder einem Dritten vorher nicht gegeben“?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Raabe, noch einmal und ganz ruhig, ohne dass jetzt irgendwelche Worte verdreht werden: Vorhin ging die Frage an mich, ob ich ausschließen könne, dass der Minister von der Bewerbung gewusst habe, ob er die Bewerbungen und auch die Bewerbung von Frau Büssemaker gekannt habe; so habe ich das in Erinnerung. Dazu habe ich gesagt: Ich kann nicht ausschließen, dass er zwischendurch auch die Liste der Bewerbungen gesehen hat. Das weiß ich nicht; das kann ich Ihnen einfach nicht sagen. Ich kann nicht ausschließen, dass er diese Liste gesehen hat. Ich habe auch davon berichtet, dass Personen nachgefragt haben, ob sie sich noch bewerben könnten, ob die Bewerbungsfrist schon abgelaufen sei. Ich habe ganz klar gesagt, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Zusage vom Minister oder von Dritten - möglicherweise von von ihm beauftragten Personen - gegeben hat, dass keiner oder keine irgendwelche Zusagen gemacht hat. Mehr als ein klares Nein zu irgendwelchen Spekulationen auf Vorabzusagen können Sie beim besten Willen nicht von mir erwarten. Es hat hier ein ordnungsgemäßes, transparentes Verfahren gegeben. Das Ergebnis kennen Sie. Mehr kann und werde ich Ihnen auch nach zigmaliger Nachfrage nicht sagen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Raabe, Sie haben eine zweite Nachfrage. Bitte sehr.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Zumindest hinsichtlich des ersten Teils der Frage bin ich jetzt als Parlamentarier schon verärgert. Denn Sie tun gerade so, als würde ich Ihnen diese Frage stellen. Ich habe doch die Frage vorher schriftlich eingereicht. Sie lautet: Wann hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, Kenntnis von der Bewerbung von Gabriela Büssemaker auf die Stelle als Leiterin der neuen Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement erlangt … Darauf sagen Sie: Ich kann das nicht ausschließen. Es geht nicht um Sie. Der Minister hat mir durch Sie meine Fragen zu beantworten. Warum kann mir der Minister meine Frage, die ihm schon seit einigen Tagen vorliegt, nicht beantworten? Er braucht doch nur zu sagen: Ich habe es erst im Januar gewusst. Er kann auch sagen: Ich habe es im Dezember gewusst. Oder: Ich habe es im November gewusst. - Darauf habe ich doch ein Anrecht. Sie können doch nicht nach dem Motto antworten: Was fragen Sie mich? Was soll ich Ihnen anderes darauf antworten? - In der Fragestunde kann doch das Parlament eine Antwort und nicht Ihre Privatmeinung erwarten.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Das ist richtig. Es geht nicht um meine Privatmeinung. Deswegen wiederhole ich, dass es verschiedene Nachfragen bei der Leitung - auch beim Minister - gegeben hat, ob man sich denn bewerben könne, ({0}) und dass der Minister dies auch bejaht hat. Ich kann Ihnen aber kein Datum nennen und nicht sagen, wer bei ihm wann in welcher Weise nachgefragt hat. Ich kann auch nicht sagen, ob er im Nachhinein eine Liste gesehen hat. Ich glaube auch, das ist nicht relevant. Vielmehr geht es um die Frage, ob Frau Büssemaker irgendwelche Vorabzusagen gemacht wurden. Das war nicht der Fall. Insofern sehe ich die Frage als komplett beantwortet an.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Nun stellt die Kollegin Hendricks eine Nachfrage.

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Kollegin Kopp, wir stellen aber schon fest, dass die Fragen, die in der Fragestunde gestellt werden - die schriftlich eingereicht werden -, an die Bundesregierung gerichtet sind. Wenn Sie diese Frage als Mitglied der Bundesregierung nicht beantworten können, dann liegt es nahe, dass jetzt der Minister kommt und sie beantwortet; denn die Frage lautet: Wann hat Herr Minister Niebel Kenntnis erhalten? Wenn Ihnen das in Vorbereitung der Beantwortung nicht klargemacht worden ist, dann muss der Minister diese Frage selber beantworten. Wenn er jetzt nicht in der Lage ist, zu kommen - wir wollen nicht unbedingt einen Hammelsprung veranstalten -, dann erwarten wir, dass die Bundesregierung diese Frage durch den Minister schriftlich beantwortet; denn sie ist noch nicht beantwortet. ({0})

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Hendricks, ich bin der Meinung, diese Frage beantwortet zu haben. Wenn Sie sagen, Sie wünschen sich noch mehr Präzision bei der Beantwortung der Frage - im Hinblick darauf, wann was wo gesprochen oder in irgendeiner Weise übermittelt wurde -, dann muss sie der Minister persönlich beantworten. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Ich rufe die Frage 49 des Kollegen Raabe auf: Wann wurden die Ausschreibung und das Auswahlverfahren für die Leitung der neuen Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement durchgeführt, und wie bewertet der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in diesem Zusammenhang die Äußerungen von Gabriela Büssemaker in einem Interview mit Boulevard Baden vom 16. Oktober 2011, dass ihre neue berufliche Tätigkeit zwar schon in trockenen Tüchern sei, sie aber dem Arbeitgeber, der die Stellenbesetzung erst Ende des Jahres 2011 selbst bekannt geben werde, Vertraulichkeit zugesichert habe? Bitte sehr, Frau Kopp.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Das ist eine sehr „rare“ Frage. Dazu sage ich Ihnen, Herr Kollege Raabe: Die Ausschreibung erfolgte am 13. Oktober 2011 in der Zeit und am 15. Oktober 2011 in der FAZ. Nach einer Vorauswahl durch ein Personalberatungsunternehmen wurde das Auswahlverfahren am 21. Dezember 2011 durchgeführt. Zu den Aussagen von Frau Büssemaker in dem genannten Interview liegen dem BMZ keine Erkenntnisse vor.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Eine Nachfrage, Herr Raabe.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, wenn die Stellenausschreibung am 13. Oktober in der Zeit stand, dann ist Frau Büssemaker eine ganz, ganz schnelle Bewerberin. Sie hat dann ja das „Bewerbungsverfahren light“, wie es vom Personalrat Ihres Ministeriums angeprangert wird, zu einem „Bewerbungsverfahren very fast“ gemacht und ein Turbobewerbungsverfahren durchlaufen, sodass sie die Stellenzusage dann anscheinend schon hatte. Im Zusammenhang mit dem, was Sie vorhin gesagt haben, würde ich Sie bitten, Ihr Verhältnis zum Parlament zu überdenken. Wenn Sie gesagt haben - so war das Motto -, diese Fragen seien nicht relevant: Das ist nicht etwas, was Sie zu entscheiden haben. Vielmehr handelt es sich um die ganz einfache Frage: Wann hat der Minister von der Bewerbung gewusst? Diese ist auch ganz einfach zu beantworten. Ob wir Ihnen dann glauben - auch wir können eins und eins zusammenzählen -, dass Frau Büssemaker keine Zusage erhalten hat, ({0}) muss gegebenenfalls auf anderen Wegen geklärt werden. Auch ich möchte wie Frau Hendricks eine schriftliche Antwort auf diese Frage haben.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Die schriftliche Antwort bekommen Sie gern. Ich betone noch einmal, hier dargelegt zu haben, dass es sich um ein ordnungsgemäßes Verfahren handelt. Ich kann die Skepsis hier wirklich nur schwer nachvollziehen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Movassat.

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke. - Frau Staatssekretärin, in der Westfalenpost vom 17. Januar 2012 hat Herr Minister Niebel erklärt, dass auch politische Loyalität Voraussetzung sei bei der Besetzung verantwortlicher Positionen im Ministerium. Mich würde interessieren, ({0}) woran die Bundesregierung politische Loyalität misst, insbesondere auch im Hinblick auf die Mitgliedschaft der Bewerber in einer der beiden regierenden Parteien in diesem Hause.

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Herr Movassat, es ist geläufige Staatspraxis, dass bei den Positionen, die sehr eng an der Leitung eines Ministeriums angesiedelt sind, ein spezielles Vertrauensverhältnis gewährleistet sein muss für eine gute Zusammenarbeit. Das hat der Minister sicher auch mit seinen Aussagen in dem Gespräch mit der Redaktion der Westfalenpost gemeint.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Wir kommen zur Frage 50 der Kollegin Kofler: In welcher Form war VENRO - Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. - an der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Leitung der Servicestelle für bürgerschaftliches und kommunales Engagement beteiligt, und trifft es zu, dass dem Verband ursprünglich ein Mitspracherecht für das Auswahlverfahren zugesichert worden war?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Kofler, auf Ihre Frage nach VENRO ({0}) antworte ich Ihnen wie folgt: VENRO wurde kurz vor offizieller Bekanntgabe der designierten Geschäftsführung der Engagement Global gGmbH telefonisch über die geplante Besetzung informiert. Ein Mitspracherecht im Sinne einer Mitentscheidungskompetenz für die Auswahl ist VENRO nicht zugesichert worden.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Sie haben eine Nachfrage, Frau Kofler?

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Selbstverständlich.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Bitte schön.

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie sagen also, dass das, was VENRO in der selbst herausgegebenen Pressemitteilung deutlich beschreibt, nämlich dass ihnen als Vertreter der Nichtregierungsorganisationen im Vorfeld vom BMZ eine Beteiligung am Konsultationsprozess zugebilligt wurde, nicht stattgefunden hat. Erachten Sie es nicht auch für sinnvoll, dass bei der Besetzung einer Servicestelle, die eigentlich die Schnittstelle zum bürgerlichen Engagement darstellt, die Nichtregierungsorganisationen einbeziehen soll, die Transparenz und auch Vertrauen bei den vielen Bürgern, die sich engagieren und um Projekte bewerben, herstellen soll, der Dachverband der Nichtregierungsorganisationen zumindest bei der Aufstellung der Kriterien, nach denen eine solche Stelle vergeben wird, mit einbezogen wird?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Kofler, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass es Anliegen sein muss - das ist auch das Anliegen des BMZ -, in engem Miteinander mit den Vertretern der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten. Diese Servicestelle soll ja für die Kommunen und für die Vertreter der Zivilgesellschaft als Beratungsinstanz zur Verfügung stehen und ihnen dabei helfen, Förderanträge zu bearbeiten und vieles mehr. Wir legen allergrößten Wert darauf, VENRO und weitere an Bord zu haben. VENRO war der Meinung - das ist eigentlich der Hintergrund der Kritik; Sie erinnern sich vielleicht noch an die Anhörung im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung -, dass die Servicestelle von einer zivilgesellschaftlichen Trägerschaft geprägt sein sollte. Im Ausschuss habe ich dazu gesagt - ich wiederhole es hier -, dass wir diesem Wunsch aus ordnungspolitischen Gründen - es geht um die Wahrnehmung von Eigentümerrechten - nicht nachkommen können. Mit der Vorgabe des Public Corporate Governance Codex des Bundes wäre dies nicht kompatibel gewesen. Denn etwa 80 der 118 VENRO-Verbandsmitglieder und auch VENRO e. V. erhalten regelmäßig Fördermittel aus den Programmen der Engagement Global gGmbH. Deshalb ist es besser - so haben wir entschieden; das ist auch richtig so -, diese Stelle eben nicht mit einem Vertreter der Zivilgesellschaft zu besetzen. Das ist sicher nachvollziehbar. Es bleiben sämtliche Beiräte erhalten. Es bleibt auch dabei, dass VENRO zehn Plätze in den Beratungsgremien hat. Wir legen großen Wert darauf, mit VENRO und allen anderen Organisationen eng zu kooperieren. Denn wir wollen, wie ich eben schon sagte, dass diese Servicestelle zu noch mehr Engagement der Zivilgesellschaft führt. Dafür brauchen wir natürlich alle an Bord.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kofler, eine weitere Nachfrage?

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gerade weil wir das zivilgesellschaftliche Engagement, wie Sie sagten, an Bord brauchen, ist es natürlich schon problematisch, dass ein tiefer Vertrauensbruch - ich zitiere da die Pressemitteilung von VENRO - als Folge des von Ihnen gewählten Verfahrens entstanden ist. VENRO sagt ganz deutlich - dem kann ich mich nur anschließen -, dass man bürgerschaftliches Engagement nicht von oben verordnen könne und dass es aus der Zivilgesellschaft heraus entstehen müsse. Kann man in Zukunft im Rahmen eines Konsultationsprozesses Kriterien festlegen, anhand derer diese Zusammenarbeit erfolgen kann? Es müssen doch zivilgesellschaftliche Kriterien Eingang finden. Ist es im Sinne der vertrauensbildenden Maßnahmen, die Sie gegenüber der Zivilgesellschaft durchführen wollen, dass eine Bewerberin diese Stelle erhält, die ausgewiesenermaßen kein entwicklungspolitisches Profil hat?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Jetzt sind Sie wieder bei der Stellenbesetzung. ({0}) Das Anliegen ist, die Zivilgesellschaft entsprechend einzubinden. Ich habe versucht, dies zu erklären. Es geht nicht, dass ein Vertreter von Organisationen, die über die Servicestelle vom BMZ Geld für zivilgesellschaftliche Projekte bekommen, die Leitung dieser Servicestelle innehat und die Anträge bearbeitet. Das wird jeder einsehen. Was das Miteinander in den einzelnen Gremien betrifft, kann ich sagen: Es liegt im Moment der Entwurf einer Geschäftsordnung vor. Es wird darüber beraten, wie die Einbeziehung stattfinden kann. Ich habe gerade schon gesagt, dass VENRO in den verschiedenen Gremien etliche Plätze zugesagt wurden. Ich habe nach Gesprächen mit VENRO nicht den Eindruck, dass es hier zu einem Vertrauensverlust gekommen ist; das hoffe ich auch nicht. Ich will hier ausdrücklich bestätigen: Wir haben ein Interesse an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Eine Nachfrage der Kollegin Koczy.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke. - Die Frage von Frau Kollegin Bärbel Kofler hatte zwei Teile. Im ersten Teil geht es darum, in welcher Form VENRO beteiligt war. Diese Frage wurde meines Erachtens nicht beantwortet. Ich füge hinzu, dass aus der Pressemitteilung des Dachverbandes der Nichtregierungsorganisationen hervorgeht, dass das Haus Niebel falsche Erwartungen hinsichtlich des Prozesses geweckt haben muss. Ansonsten kann man sich diese Pressemit18426 teilung, die uns nach zweijährigem Kontakt mit dem Hause Niebel auf den Tisch geflattert ist, eigentlich nicht erklären. Hier steht zum einen, dass VENRO den Auswahlprozess kritisiert und feststellt, dieser sei nach parteipolitischen Kriterien erfolgt - und damit steht VENRO nicht alleine -, und zum anderen, dass der vom BMZ im Vorfeld zugesagte Konsultationsprozess mit den Nichtregierungsorganisationen über die Geschäftsführung nicht stattgefunden hat. Meines Erachtens heißt das nicht, dass VENRO ein Mitspracherecht im klassischen Sinne eingefordert hätte und dass das zugesichert worden wäre, sondern dass ein Konsultationsprozess hätte stattfinden müssen. Wie stellen Sie sich zu dieser Kritik von VENRO?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Frau Kollegin Koczy, es kommt darauf an, was man unter einem Konsultationsprozess versteht. Staatssekretär Beerfeltz hatte im Vorfeld Kontakt mit VENRO und hat VENRO informiert; das habe ich bereits gesagt. Der Aufbau dieser Servicestelle liegt schon einige Monate zurück; auch in unserem Fachausschuss haben wir darüber gesprochen. Kritikpunkt war immer die Besetzung der Leitung dieser Servicestelle mit einer Person. Damals stand noch gar nicht fest, wer das sein würde; da gab es auch noch keinen Ausschreibungsprozess. VENRO aber war der Meinung - so habe ich das noch in Erinnerung -, dass ein Vertreter der Zivilgesellschaft mit der Leitung beauftragt werden müsste und sollte. Das war der Kritikpunkt. VENRO wurde beim Aufbau der Servicestelle häufiger einbezogen, und zwar durch Nachfragen oder durch Beteiligung im Beirat. Es gibt inzwischen schon Beiräte, wenn auch in anderer Konstellation und unter anderer Führung. Ich gehe davon aus, dass diese Beiräte alle bestehen bleiben. Ein Konsultationsprozess bedeutet natürlich kein Mitspracherecht. Vorhin habe ich bereits zum Thema Mitspracherecht geantwortet. Ich kann Ihnen nur sagen, dass VENRO ein Mitspracherecht nicht eingeräumt wurde.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Wir hätten noch Zeit für eine Nachfrage des Kollegen Raabe, für den Fall, dass er sich beim Fragen kurzfasst. Dafür hätten Sie 15 Sekunden, damit die Zeit für die Antwort eine Minute betragen kann.

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, wie hoch waren die Kosten für das Bewerbungsverfahren?

Gudrun Kopp (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003160

Das ist eine gute Frage; ich hoffe, ich finde das jetzt so schnell. ({0}) Die für das Bewerbungsverfahren entstandenen Kosten belaufen sich auf 24 435,46 Euro Inseratskosten sowie 35 000 Euro Beratungskosten, also insgesamt rund 59 435 Euro.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Damit beende ich die Fragestunde. Die restlichen Fra- gen werden schriftlich beantwortet.1) Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf. Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD gemäß Anlage 5 Nr. 1 Buchstabe b GO-BT zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 45 und 46 auf Drucksache 17/8404 Ich erteile das Wort als erstem Redner dem Kollegen Dr. Sascha Raabe. ({0})

Dr. Sascha Raabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Aktuelle Stunde beantragt, weil wir eben in einer Fragestunde zu der Personalpolitik von Minister Dirk Niebel keine Antwort darauf bekommen haben, nach welchen Kriterien - außer dem FDPParteibuch - dieser Minister einstellt. Wir sagen: Das Maß ist voll. Es ist längst voll. Das Fass ist übergelaufen. Wir werden nicht mehr länger hinnehmen, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Versorgungswerk für FDP-Funktionäre verkommt. ({0}) Vom ersten Tage seiner Amtszeit an hat Minister Niebel eine Vetternwirtschaft betrieben, die ohne Beispiel in der Geschichte dieser Bundesrepublik ist. ({1}) Der Personalrat hat bereits im Januar 2010, wenige Wo- chen nach dem Amtsantritt von Minister Niebel, gesagt, dass die Bevorzugung von Parteifreunden seitens des Ministers weit über das übliche Maß hinausgeht. Sie werden erkennen, dass sich das wie ein roter Faden durch alle Stellungnahmen des Personalrates zieht. Der Minister hat damit nicht aufgehört; es wurde im- mer schlimmer: Nachdem Herr Niebel zunächst das Ministerium abschaffen wollte, hat er die Zahl der Ab- teilungen von drei auf fünf erhöht. Er ist ganz kreativ, leider nicht bei der Lösung der Armutsprobleme, son- dern bei der Schaffung neuer Organisationen und neuer 1) Frage 116 wurde zurückgezogen. Leitungsposten, die er dann wiederum mit FDP-Funktionären besetzt. Sein jüngstes Gesellenstück ist die Schaffung der Abteilung „Planung und Kommunikation“; so etwas hat es vorher noch nie in solch einem Ministerium gegeben. Dazu sagt der Personalrat: Das ist eine Abteilung für den Wahlkampf 2013. - Wir sagen: Wir lassen nicht zu, dass Sie mit Steuergeldern, die für die Bekämpfung der Armut in Entwicklungsländern vorgesehen sind, eine Propagandaabteilung zur Versorgung Ihrer Parteifreunde aufbauen, Herr Minister. ({2}) Wir haben in der Fragestunde erfahren, dass das Personal im Ministerium, bis hinunter in die Unterabteilungen und hin zu der Stelle, die bei Ihnen die Personalentscheidungen trifft - Leitung des Personalreferats -, mit FDP-Parteifreunden durchsetzt ist. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Ihre Personalpolitik als „abstoßend“ kommentiert, und das ist sie auch. Früher waren Sie Arbeitsvermittler in Heidelberg; heute sind Sie Jobvermittler für FDP-Funktionäre im Ministerium. ({3}) Sie hätten lieber Arbeitsminister werden sollen. Dann hätten wir wenigstens bei den FDP-Mitgliedern in Deutschland Vollbeschäftigung. Ich sage Ihnen: Das ist nicht nur abstoßend; Sie schaden damit auch der Glaubwürdigkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in aller Welt. Wenn man, wie Sie, in anderen Ländern eine gute Regierungsführung einfordert - das tun wir auch -, ist das nur glaubwürdig, sofern man nicht im eigenen Hause selbst Vetternwirtschaft nach Autokratenart betreibt. Sie schaden damit unserem Ruf in der Welt und auch dem deutschen Steuerzahler. ({4}) Wir müssen dem ein Ende setzen. ({5}) Ich komme jetzt zu etwas, das über den politischen Vorwurf der Vetternwirtschaft hinausgeht. Ich würde Sie bitten, da einmal ganz genau aufzupassen; denn hier kommen wir in einen Bereich, der auch juristisch sehr heikel ist. Wir wissen, dass Gabriela Büssemaker am 16. Oktober in einem Interview gesagt hat, dass sie als ehemalige Bürgermeisterin von Ettlingen ({6}) - Oberbürgermeisterin - bereits eine Stelle zugesichert bekommen hat und der Arbeitgeber dies „Ende des Jahres“ bekanntgeben wird. Da geht es um die hochdotierte Leitung der neuen Servicestelle. Der Minister hat in einer Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen Stelle gesagt, er habe von keiner Bewerbung gewusst. Frau Staatssekretärin hat es heute schon korrigiert und gesagt: Na ja, er könnte doch etwas von der Bewerbung gewusst haben. ({7}) Frau Büssemaker ist anscheinend schon am 16. Oktober fest davon ausgegangen, dass sie diese Stelle bekommt. Wir haben heute in der Fragestunde erfahren: Das Bewerbungsverfahren hat erst im November, Dezember richtig angefangen; die letzten Gespräche fanden am 21. Dezember statt; das Ergebnis wurde erst danach bekannt gegeben. Es drängt sich der Anfangsverdacht auf, dass hier ein Bewerbungsverfahren von einem externen Personalberatungsbüro durchgeführt wurde, nur um den Anschein eines gesetzeskonformen Auswahlverfahrens zu erwecken. ({8}) Herr Minister, uns ist gerade gesagt worden, dass dabei Kosten in Höhe von knapp 60 000 Euro entstanden sind. Ich sage Ihnen: Wenn es zutrifft, dass Sie zum Schein ein Bewerbungsverfahren durchgeführt haben, über 130 Bewerberinnen und Bewerbern Hoffnung gemacht haben, knapp 60 000 Euro Steuergelder dafür verwendet haben, dann ist das ganz nah am Tatbestand der Untreue nach dem Strafgesetzbuch. ({9}) Wenn sich das bewahrheitet, dann hätten Sie Steuergelder missbraucht; dann würde Ihnen nur bleiben, vom Amt zurückzutreten. ({10}) Wir wissen bereits, dass sich der Minister politisch vom Amt des Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung entfernt hat und zum Minister für Vetternwirtschaft und Abwicklung geworden ist. ({11}) Aber wenn der Vorwurf zutrifft - wir werden das aufklären, weil Frau Staatssekretärin das nicht aufklären wollte oder konnte -, dann kann ich Ihnen, Herr Minister, nur raten: Treffen Sie am Ende einmal in Ihrem Leben eine richtige Personalentscheidung und gehen Sie! ({12}) Danke. ({13})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Sibylle Pfeiffer hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

Sibylle Pfeiffer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003609, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Sascha Raabe, ({0}) das war dermaßen niveaulos, das habe ich überhaupt noch nicht erlebt, ({1}) und ich hoffe, lieber Sascha, dass dir das nicht einmal auf die Füße fällt. ({2}) Dieses Glashaus kann auch einmal zur Falle werden, lieber Sascha, also: Ganz vorsichtig! Was ist denn passiert? Ich hätte nie gedacht, dass die Entwicklungspolitik über einen so langen Zeitraum in den Medien präsent ist. Darüber kann man sich eigentlich nur freuen, weil Entwicklungspolitik etwas Gutes ist. Die Entwicklungspolitik, die das Ministerium unter Dirk Niebel mit Unterstützung der FDP und der CDU/ CSU macht, ist hervorragend. ({3}) Deshalb wäre es mir lieb und recht, wir würden über das Gute reden, das wir in der Entwicklungspolitik machen. ({4}) Aber Fachfragen interessieren offensichtlich nicht, sondern Personalpolitik ist das Thema. Um eines vorwegzunehmen: Die CDU/CSU-Arbeitsgruppe begleitet das BMZ in allen Fragen konstruktiv und manchmal natürlich auch durchaus kritisch. ({5}) Vor allen Dingen die Entscheidungen, die mit der Umstrukturierung zu tun haben, betrachten wir kritisch. Das ist unsere Aufgabe und auch unsere Pflicht. Selbstverständlich gibt es Diskussionen über einzelne Entscheidungen. Aber das klären wir intern, nicht über die Medien und auch nicht im Parlament. ({6}) - Liebe Freunde, ihr wart alle schon in Koalitionen, ihr alle wisst, wie es läuft, ihr wisst, wie das geht. So war es schon immer, und so wird es dummerweise auch in Zukunft sein. Deshalb meine Warnung, lieber Sascha: Was hier eben an Äußerungen gemacht wurde, kann einem vielleicht irgendwann auf die Füße fallen. ({7}) Natürlich hat die Opposition Freude daran, solche Dinge aufzugreifen. Dafür habe ich sogar Verständnis, vielleicht würden wir es genauso machen, das weiß ich nicht. ({8}) Das ist ein weiterer Grund, warum diese Warnung von mir kam. Ich finde, wir hängen dieses Thema definitiv zu hoch. Man könnte auch meinen, wir schießen mit Kanonen auf Spatzen; denn Entwicklungspolitik auf Personalpolitik zu reduzieren, ({9}) wird der ganzen Wahrheit nicht gerecht, und das tut auch der Sache nicht gut. ({10}) Machen wir uns nichts vor: Die Entscheidung über die Strukturen eines Ministeriums unterliegt der Entscheidungshoheit des zuständigen Ministers. Eine Umstrukturierung des Ministeriums - einige haben sich wahrlich völlig erfolglos daran versucht; über Details kann man in diesem Zusammenhang sicherlich diskutieren - ist zwingend notwendig. Das betrifft vor allem die Fusion GTZ, DED und InWEnt. In diesem Fall muss gehandelt werden. Auch hier ist übrigens die Vorgängerregierung mit ihrer Ministerin kläglich gescheitert. ({11}) Nachdem ich schon ziemlich lange in der Entwicklungspolitik tätig bin, weiß ich, dass wir auch schon damals diese Diskussionen mit der Ministerin geführt haben. Im Übrigen hat damals auch schon der Betriebsrat diese Diskussion mit der Ministerin geführt. ({12}) Viele Briefe sind geschrieben worden, auch der Personalrat hat Briefe geschrieben. Das ist alles nichts Neues, das ist ein Déjà-vu, das hatten wir alles schon; nur wechseln wir ab und zu die Köpfe aus. Es ist immer wieder wichtig - darauf möchte ich zurückkommen -, dass wir zur Realität und zur Sachlichkeit zurückkehren und dass wir uns vor allen Dingen um das kümmern, was wichtig ist; denn man sollte uns an einer guten Entwicklungspolitik messen und daran, ob wir unseren Partnerländern in der Hinsicht Partner sind, dass sie sozial, wirtschaftlich und politisch einen Durchbruch schaffen. Hier macht Bundesminister Niebel eine hervorragende Arbeit. ({13}) Er gibt die richtigen Impulse, und er ist tatsächlich auch kreativ, Sascha, und nur weil er so kreativ ist, ist er auch so gut. Er hat es geschafft, dass das Thema Entwicklungshilfe aus der Gutmenschennische herausgekommen ist. ({14}) Das wurde allerhöchste Zeit. Das Almosenministerium ist beendet. ({15}) Wir haben eine Entwicklungsagenda, die unsere Partnerländer mitnimmt, und das zum Wohle der Bevölkerung vor Ort. ({16}) Ich glaube, dass die Menschen in den Partnerländern überhaupt kein Interesse und auch keine Idee davon haben, was hier zurzeit abgeht. Sie können weder mit einer Strukturdiskussion noch einer Personaldiskussion etwas anfangen. Sie wollen, dass man ihnen hilft. Sie brauchen unsere Unterstützung. Diese ist durch die vielen kompetenten Menschen auf allen Ebenen des BMZ gegeben, welches Parteibuch sie auch immer haben; und das finde ich wichtig. ({17})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Heike Hänsel hat das Wort für die Fraktion Die Linke. ({0})

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Niebel, aus aktuellem Anlass möchte ich einen Satz zu einem anderen Thema an Sie richten. Seit zwei Tagen gibt es Meldungen, dass in Pakistan mutmaßliche BND-Agenten festgesetzt wurden, die wahrscheinlich GIZ-Ausweise und ein GIZ-Fahrzeug benutzt haben. Wir fordern hier Aufklärung, auch von Ihnen, Herr Niebel. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, dann wäre das ein Skandal unvorstellbaren Ausmaßes für die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Dadurch wären sehr viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in dieser Region gefährdet. Herr Niebel, deshalb verlangen wir auch in dieser Sache Aufklärung von Ihnen. ({0}) Wir befassen uns in dieser Aktuellen Stunde mit Ihrer Personalpolitik. Das ist ein Thema, über das wir hier im Parlament eigentlich gar nicht diskutieren sollten. ({1}) Aber es gibt massive Vorwürfe, und zwar nicht nur aus den Reihen der Opposition, sondern auch aus den eigenen Reihen, vor allem von Ihrem Koalitionspartner, der CDU. ({2}) Vorwürfe kommen auch vom Personalrat des Ministeriums. Daher haben Sie, Herr Niebel, ein Problem. Sie können sich nicht einfach wegducken. ({3}) - Ja, aber es wird abgewiegelt. In den letzten Tagen hat Herr Niebel in den Medien immer abgewiegelt. Es geht um Ämterpatronage, intransparente Bewerbungsverfahren, darum, dass Stellen zunehmend an FDP-Mitglieder vergeben werden, und um eine Aufblähung des Ministeriums. Was in meinen Augen das Gravierendste ist: Sie tragen mit dieser Politik zu einem enormen Vertrauensverlust in der Bevölkerung bei. Schon jetzt kritisiert die Bevölkerung, dass sich hier Leute selbst bedienen. Es gibt einen massiven Verlust an Vertrauen in die Politik. Wenn Sie nicht für Aufklärung sorgen, dann tragen Sie zu diesem Vertrauensverlust massiv bei. Deswegen fordern wir von Ihnen Aufklärung. ({4}) Auf die Äußerungen der Kollegin Pfeiffer antworteten Sie flapsig: ({5}) Vielleicht hat die Kollegin die neue Entwicklungspolitik noch nicht ganz verstanden. - Da frage ich mich, Herr Niebel: Was hat sie denn nicht verstanden? Vielleicht, dass eine Beraterin von McKinsey nun Abteilungsleiterin wird? Ich frage mich auch: Seit wann ist denn McKinsey bekannt für Armutsbekämpfung? Eigentlich steht dieses Unternehmen für eine knallharte Politik der Liberalisierung, des Stellenabbaus und der Privatisierung. Deswegen sind diese Nachfragen ganz logisch. Sie müssen erklären, welche Personalpolitik Sie betreiben. ({6}) Der Verdacht liegt nun einmal nahe - das ist mittlerweile ein handfester Verdacht -, dass Sie bei Ihren Personalentscheidungen die Parteizugehörigkeit als das entscheidende Qualifikationskriterium einstufen. Es gibt sehr viel neues FDP-Personal, das in entwicklungspolitischer Hinsicht, gelinde gesagt, sehr unerfahren ist. Beispiele wurden genannt. Auch ich möchte die Stellenbesetzung bei „Engagement Global“ - das ist eine neue Servicestelle - nennen. Es gab viele Bewerber und Bewerberinnen. Wir wissen, dass es in der Entwicklungspolitik viele engagierte Leute gibt. Am Ende des Auswahlverfahrens entschied man sich aber für die Oberbürgermeisterin von Ettlingen. Das ist ja löblich. Sie ist entwicklungspolitisch eigentlich völlig unbeleckt; aber sie ist eben eine FDP-Kollegin aus Baden-Württemberg. Das können Sie dem Parlament hier nicht als seriöse Personalpolitik verkaufen. ({7}) Für uns ist aber auch entscheidend - darauf bezieht sich unsere Hauptkritik -, welche Konsequenzen es hat, wenn Sie nicht qualifiziertes Personal und mehr FDPIdeologie ins Ministerium bringen. Wir haben die Folgen solcher Personalentscheidungen zum Beispiel im Bereich Lateinamerika beobachten können: Mitarbeiter aus der Friedrich-Naumann-Stiftung entscheiden jetzt über viele wichtige Projekte in Lateinamerika. ({8}) Was waren nun die Folgen? Eine gute Yasuní-Initiative für den Umweltschutz in Ecuador wurde trotz internationaler Unterstützung von Ihnen abgelehnt. In Nicaragua, einem Land, das massiv zur Armutsbekämpfung beigetragen hat, stellen Sie die Entwicklungszusammenarbeit ein, obwohl es immer noch eines der ärmsten Länder der Erde ist, mit der Begründung: fehlende gute Regierungsführung. Ich sage Ihnen, Herr Niebel: Wir fordern erst einmal eine gute Regierungsführung in Ihrem Ministerium, bevor Sie hier über Good Governance sprechen. ({9}) Wir hätten eigentlich auch noch gern Auskunft über ein Papier, das in der Zeit genannt wurde. In diesem FDP-Papier sprechen Sie davon, dass es um die liberale Durchdringung des Ministeriums geht, um dem Image der FDP als „sozial kalt“ entgegenzuwirken, und dass das Entwicklungsministerium eventuell ins Auswärtige Amt integriert werden soll.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin.

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich schließe damit, Herr Niebel: Sie müssen Auskunft darüber geben, ob dieses Papier existiert. Es wäre, gelinde gesagt, ein Skandal, und das würden Ihnen die Wählerinnen und Wähler 2013 auch nicht durchgehen lassen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Helga Daub hat das Wort für die FDP-Fraktion. ({0})

Helga Daub (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003515, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Wie ein Minister sein Haus intern organisiert, ist Teil der Selbstständigkeit des Ressorts, ({0}) so Regierungssprecher Seibert am vergangenen Freitag zur Haltung der Bundeskanzlerin zur Umstrukturierung in seinem Haus. Damit wäre eigentlich alles gesagt. Aber für die Opposition ist es ganz offensichtlich ein Skandal, dass das Haus nicht mehr wesentlich SPD-dominiert ist. Ich komme gleich noch darauf. ({1}) Es ist zweifellos das gute Recht von Parlamentariern, Fragen zu stellen und damit die Regierung zu kontrollieren. Was hier stattfindet, hat für mich eher etwas mit Hexenjagd zu tun. ({2}) Ich frage mich, wo Ihre parlamentarische Kontrolle - oder sollte ich sagen: Ihre Sensibilität - geblieben ist, als das Haus noch überwiegend SPD-besetzt war und an der Tür eines Staatssekretärs das Schild hing: „In diesem Haus wird SPD gewählt“. So etwas ist skandalös. Es verwundert mich, dass die seinerzeit zuständige Ministerin nicht dagegen vorgegangen ist. ({3}) Wir sind jedenfalls froh, dass es Minister Niebel durch die Reform der Durchführungsorganisationen gelungen ist, die politische Steuerung wieder dahin zu holen, wo sie hingehört, nämlich ins Ministerium. Wenn eine Bundesregierung ihre Ziele erreichen möchte, bedarf es natürlich eines besonderen Vertrauensverhältnisses der politischen Stellen zur Hausleitung. Die Effektivität und die Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit werden so deutlich gestärkt. Das sind wir auch dem Steuerzahler gegenüber schuldig. Der möchte nämlich gerne wissen, wie seine Gelder ausgegeben werden, und er möchte, dass die Gelder effektiv ausgegeben werden. Durch die politische Steuerung im Hause gibt es dort in der Tat 180 Stellen mehr. Unter dem Strich fallen aber durch die Reorganisation der Durchführungsorganisationen 300 Stellen weg, was Sie natürlich immer gern verschweigen, weil es sich so besser skandalisieren lässt. ({4}) Diese 180 Stellen sind auch vom Haushaltsausschuss und vom Bundestag beschlossen. Einen ähnlichen Stellenaufwuchs - damit komme ich jetzt zu Baden-Württemberg -, und zwar ohne dass dem unter dem Strich ein Wegfall von 300 Stellen gegenübersteht, hat der SPD-Fraktionsvorsitzende im badenwürttembergischen Landtag als normale Demokratiekosten abgetan. ({5}) Es steht mir an dieser Stelle nicht zu - das weiß ich -, das Handeln einer Landesregierung zu beurteilen. Aber mit Verlaub: Eine so saloppe Antwort ohne sachliche Begründung ist, vorsichtig ausgedrückt, doch einigermaßen grenzwertig. ({6}) Minister Niebel ist im Gegensatz zu seiner Vorgängerin allerdings bewusst, dass es auch in anderen Parteien gute Leute gibt. So ist zum Beispiel sein Büroleiter, glaube ich, SPD-Mitglied. Der Leiter des neuen Evaluierungsinstituts ist sogar aus den Reihen der Grünen empfohlen worden. ({7}) Das sind nur einige Beispiele. Ich könnte noch andere aufzählen, dann wäre meine Redezeit aber abgelaufen. Im Übrigen ist es absolut unangemessen, um nicht zu sagen beleidigend, Kompetenz von Menschen infrage zu stellen - dies ist bereits mehrfach geschehen -, nur weil sie neben ihrer Qualifikation eine Parteizugehörigkeit haben. ({8}) Wir sind jedenfalls sehr zufrieden, wie der Minister den Umbau des Ministeriums hin zu mehr Effizienz und mehr Effektivität vornimmt. ({9}) Hier möchte ich auf den Volksmund zurückkommen: Es sind nicht die schlechtesten Früchte, an denen die Wespen nagen. Danke. ({10})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Ute Koczy hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen.

Ute Koczy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003788, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Niebel hat der Opposition diese Diskussion sehr leicht gemacht. All die Fakten, all die Daten, all die Reaktionen gab es, weil Minister Niebel so reagiert, wie er reagiert. Das ist das Entscheidende. Wir haben die Situation, dass die Reaktionen des Ministers und eine unkluge Personalpolitik so viel Wirbel im eigenen Haus, in der eigenen Koalition und in den Zivilorganisationen hervorgerufen haben, dass es zu Widerstand gekommen ist. ({0}) Die Unterlagen, die uns vorliegen, diese Informationen sind nicht von der SPD, nicht von den Linken und auch nicht von den Grünen nach außen getragen worden. Diese Dokumente, aus denen man unwahrscheinlich gut zitieren kann, was die Presse natürlich auch tut, haben dazu beigetragen, dass wir diese Diskussion führen. „Vetternwirtschaft“, „Jobvermittler“, „maßlos“, „Minister im Kampfmodus“, „Karriere in Gelb“, „Spät-Niebelsche Dekadenz“, „aufgebläht“, „Postenversorgung“, „BMZ als Außenstelle der FDP-Parteizentrale“ - der Ruf ist ruiniert, Herr Minister! ({1}) Der Minister wird sagen, das sei so nicht richtig, das alles habe so nicht stattgefunden. Man muss sich diese Zitate einmal vor Augen führen. ({2}) Ich möchte das gerne verdeutlichen. Im Tätigkeitsbericht des Personalrats vom zweiten Halbjahr 2011 steht zum Beispiel: Die Schaffung der neuen Abteilung „Planung und Kommunikation“ und neuer Koordinierungs- und Steuerungsreferate in der Abteilung 2 saugt zusätzliche Personalressourcen auf. Vor diesem Hintergrund lehnt der Personalrat die von der Leitung angestrebte Neuordnung des Hauses ab. Herr Minister, das ist eine Ohrfeige. Angesichts der in den vielen Bereichen des Hauses noch immer sehr knappen Ausstattung mit Referentinnen und Referenten ist das eher ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein als ein Durchbruch. Insbesondere machen diese Zahlen aber eines deutlich: 2012 ist nicht der richtige Zeitpunkt, um neue Häuptlinge zu krönen. 2012 ist nicht der richtige Zeitpunkt, um eine neue Abteilungsleitung, drei neue Unterabteilungsleitungen und eine beachtliche Zahl von neuen Referatsleitungen zu schaffen. Das ist ein Hilferuf. ({3}) Eine Abspaltung konzeptioneller Arbeit von den fachlichen Aufgaben und der Verantwortung für Ressourcen führt zu Qualitäts- und Realitätsverlust und sicherlich dazu, dass politisch und konzeptionell denkende und arbeitende Kolleginnen und Kollegen zu Umsetzern degradiert werden und ihre Motivation verlieren. Das ist eine Absage an die weitere Mitarbeit. Das bedeutet: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in die innere Emigration, wenn sie so geführt werden. Das wollen wir nicht. ({4}) Wir wollen, dass das Entwicklungshilfeministerium seine Aufgaben macht, dass es mit fachlich kompetenten Personen besetzt ist und dass ein transparentes Auswahlverfahren durchgeführt wird. Sie behaupten, die FDP stehe hinter dem Minister. Aber aus einem schönen Brief der Kollegin Pfeiffer wissen wir, welche Kritik in den Koalitionsfraktionen geäu18432 ßert wird, was alles passiert ist und dass Ihnen wirklich die Hutschnur gerissen ist. ({5}) Frau Pfeiffer, diesen Brief haben Sie nicht im Konjunktiv formuliert, ({6}) sondern Sie haben Fakten beschrieben und Frau Kanzlerin Merkel deutlich gemacht, was Sie davon halten. ({7}) Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Es dennoch zu versuchen, ist der falsche Weg. Sie müssen anders damit umgehen. Herr Minister, es ist Ihnen gelungen, den Ruf des BMZ zu ruinieren. ({8}) - Er hat es in den letzten 14 Tagen geschafft, den Ruf des BMZ zu ruinieren, und zwar auch deshalb, weil er so reagiert hat, wie er reagiert hat. Er hat nicht versucht, die Situation zu beruhigen. Vielmehr hat er verbal auf Frau Pfeiffer eingeschlagen. Er hat die Union aufgefordert, Leute mit mehr Kompetenz in den Ausschuss zu schicken, damit es mit der Entwicklungshilfearbeit vorangeht. ({9}) Außerdem mussten Sie sich vom Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden sagen lassen, dass es eine Personalpolitik, die darauf hinausläuft, dass man versucht, bestimmte Stellen mit Vertretern der eigenen politischen Richtung zu besetzen, zwar schon immer gegeben hat, allerdings nicht in dem Umfang wie in den letzten ein, zwei Jahren. Diese Aussage bleibt an Ihnen haften. ({10}) Darauf müssen wir reagieren. Deswegen findet diese Aktuelle Stunde statt. Aus der Fragestunde und der Aktuellen Stunde haben sich so viele Fragen ergeben, dass wir erst einmal prüfen müssen, welche Nicht- und Halbwahrheiten uns hier vorgetragen wurden. ({11}) Leider ist dies weiterhin die Aufgabe der Opposition. Danke. ({12})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Der Kollege Dr. Christian Ruck hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Christian Ruck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001893, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese von der SPD angezettelte Aktuelle Stunde ist erstens ein Ablenkungsmanöver und zweitens scheinheilig. ({0}) Ein Ablenkungsmanöver ist sie deshalb, weil Sie für Kritik an der christlich-liberalen Entwicklungspolitik offensichtlich keine anderen Ansätze sehen, als Haare in der Suppe zu suchen. ({1}) Das ist verständlich; denn unsere Entwicklungspolitik ist erfolgreich. ({2}) Wir haben die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Wir haben bei der Vorfeldreform den Durchbruch erzielt. Wir haben einen gigantischen Aufwuchs an finanziellen Mitteln zu verzeichnen. Wir haben auch einen großartigen Aufwuchs beim Personal, einen Aufwuchs, von dem wir, als wir das BMZ gemeinsam geleitet haben, nur zu träumen gewagt hätten; das muss ich zugeben. ({3}) Deswegen muss ich sagen: All das, was hier getrieben wird, ist ein bisschen kleinkariert. ({4}) Ihr Verhalten ist, wie gesagt, auch scheinheilig. Lieber Sascha Raabe, dich erkläre ich hiermit zum Oberscheinheiligen. ({5}) Ich kann mich noch gut erinnern, was passiert ist, als die damalige rot-grüne BMZ-Führung antrat. Bei den bewährten Unions-Abteilungsleitern von Carl-Dieter Spranger - alles hochdekorierte Leute - haben Sie erst einmal einen Kahlschlag gemacht. Was kam dann? Dann hat man - man höre und staune - zwei Abteilungsleiter von außerhalb geholt; ({6}) das ist dir vielleicht neu, lässt sich aber leicht nachlesen. Vor diesem Hintergrund sage ich ganz ehrlich: Ich finde es richtig, wenn jeder Minister bzw. jede neue Ressortspitze loyale Leute an die Spitze des Ministeriums holt. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Da mir gelegentlich vorgehalten wurde, auch ich hätte im BMZ gerne etwas werden wollen - das stimmt auch -, sage ich: Ich hätte es genauso gemacht. ({7}) Das ist nämlich richtig. Das hat etwas mit der Steuerungsfähigkeit unter einer neuen Regierung zu tun. Ich halte es auch nicht grundsätzlich für falsch, wenn man sich in ein Ministerium neuen Sachverstand von außen holt. ({8}) Dadurch fließen neue Ideen ein und entstehen neue Konzeptionen. Das kann einem Ressort nur guttun. ({9}) - Ich verwahre mich dagegen, dass Leute nur deswegen unqualifiziert sind, weil sie ein Parteibuch haben. Auch das weise ich zurück. ({10}) Noch etwas: Ich weiß, dass bürgerschaftliches Engagement ein wesentliches Element der Kommunalpolitik ist und dass viele Kommunen Entwicklungspartner suchen. Man kann also tatsächlich auf die Idee kommen, dass jemand aus der Kommunalpolitik, eine Oberbürgermeisterin, für dieses Amt infrage kommen könnte. So abwegig ist das nicht. ({11}) Wir sollten - das gilt für alle Regierungen und Ressortleitungen, also generell - erstens auf Qualität Wert legen, unabhängig davon, ob jemand ein Parteibuch hat oder nicht und ob er von außen kommt oder nicht - das ist klar -, ({12}) und zweitens immer auch auf die Leute hören, die das Personal in den Ministerien vertreten. Auch das ist nichts Neues. Wir können uns gerne darüber unterhalten, ob wir Parlamentarier einen Ehrenkodex für Besetzungen aufstellen sollten, was wir uns darunter vorstellen. Das, was im BMZ passiert ist, ist den Affenzirkus, den Sie hier veranstalten, aber nicht wert. Deswegen sagen wir in aller Ruhe: Wir werden unsere erfolgreiche Sacharbeit - unabhängig von Ihrem Geschrei - fortsetzen. ({13})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Bärbel Kofler hat das Wort für die SPD-Fraktion. ({0})

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier nicht um einen Affenzirkus, sondern um die Frage, wie mit den Mitarbeitern im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgegangen wird. Es geht auch nicht darum, ob sich jemand von außen bewirbt und ausgewählt wird. Vielmehr geht es um Doppelstandards bei der Auswahl von Mitarbeitern. ({0}) Bisher war es in allen Regierungskoalitionen der Vergangenheit gängige Praxis, ({1}) dass bestimmte akademische Mindestqualifikationen für den höheren Dienst gefordert wurden, dass die entwicklungspolitische Motivation abgefragt worden ist und dass alle Bewerber entsprechende Verfahren und Assessment-Center durchlaufen mussten. Deshalb stellt sich die Frage, warum all dies bei einer Vielzahl von Einstellungen und bei einer Vielzahl von Bewerbungen in den letzten zwei Jahren hier nicht geschehen ist und warum die Leute, die man zum Teil befristet eingestellt hat, um den Personalrat zu umgehen, über die Hintertür entfristete Verträge erhalten haben. Es geht hier um Doppelstandards bei der Einstellung von Beschäftigten und nicht um einen Angriff auf die Qualifikation einzelner Menschen. ({2}) Beantworten Sie doch einmal die Fragen, die wir hier gestellt haben. Wir haben die Aktuelle Stunde ja auch deshalb beantragt, weil eine Vielzahl von Fragen nicht beantwortet werden konnte. Gehen Sie doch einmal darauf ein, was mit den 65 Mitarbeitern aus der GIZ ist, auf deren Bewerbungsverfahren angeblich massiv Einfluss genommen worden ist. Man hat dort Leute auf die Liste gesetzt, die im Bewerbungsverfahren beim BMZ schon durchgefallen waren. Ich hätte ganz gerne gehört, ob das stimmt oder nicht. Nehmen Sie dazu Stellung, Herr Minister! ({3}) Wenn ein Ministerium Vertreter ins Ausland entsendet, spielt es schon eine Rolle, ob es sich um Externe handelt. Ich würde gerne wissen, warum Sie zum Beispiel Vertreter des BMZ zur Weltbank entsenden, die das Ministerium noch nie im Leben von innen gesehen haben. Diese Fragen müssen doch einmal beantwortet werden. Hier geht es nicht um einen Angriff auf einzelne Personen, sondern darum, dass man sich vor die Beschäftigten des BMZ stellt, die die Verfahren - mit allen Qualifikationen - ordnungsgemäß durchlaufen und all diese Auswahlkriterien erfüllt haben. Um die Mitarbeiter, die gute fachliche Arbeit leisten und deren Qualifikationen mit Füßen getreten werden, geht es. ({4}) Das hat auch etwas mit dem Vertrauensverhältnis zwischen den Mitarbeitern und der Hausleitung des Ministeriums zu tun. Wenn wir hier entwicklungspolitische Debatten führen und sagen, dass wir für die Armutsbekämpfung in den Ländern mehr Geld brauchen, unter anderem für das Personal, dann kommt vom Minister immer als Erstes die Antwort: Nein, das brauchen wir nicht; wir brauchen mehr Effizienz. ({5}) Jetzt frage ich mich schon, wie man mit einem Aufblähen der Leitungsebene des Ministeriums zu genau dieser Effizienz im Ministerium kommen kann. Das ist mir schleierhaft. Von drei Abteilungen auf fünf Abteilungen, von acht Unterabteilungen auf zwölf Unterabteilungen, von 49 Referaten auf 67 Referate - dass Sie dann noch Abteilungskoordinatoren brauchen, weil Sie sich in dem Wirrwarr offensichtlich selber nicht mehr auskennen, ist selbstverständlich. ({6}) Die Reform im Ministerium wird hier viel gelobt und als Nachvornebringen der Entwicklungszusammenarbeit dargestellt. Ich muss Ihnen schon sagen: Was hier an Personalpolitik betrieben wird, hat auch Auswirkungen darauf, wie unsere Entwicklungspolitik im Ausland aufgenommen wird. Wenn man in anderen Ländern Good Governance, also gute Regierungsführung, und Transparenz einfordert und ihnen - zu Recht - vorschreibt, dass sie bei der Einstellung von Mitarbeitern keine Vetternwirtschaft betreiben sollen, dann muss das auch bei uns im Lande gelten. Insbesondere ein Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung darf nicht in den Geruch kommen, hier intransparent zu handeln und nach eigenem Gutdünken Leute zu beschäftigen. ({7}) Zum Thema Zivilgesellschaft; das hatten wir gerade in der Fragestunde. Ich finde es schon relevant, dass die vielen Bürger in diesem Lande, die sich ehrenamtlich engagieren, und die vielen Nichtregierungsorganisationen, die Projektanträge einreichen, zu der Schnittstelle im Ministerium Vertrauen haben. In einer Pressemitteilung des Dachverbandes der Nichtregierungsorganisationen, VENRO, wird kritisiert - offensichtlich muss im Vorfeld etwas anderes vereinbart worden sein -, dass die Auswahl erneut offensichtlich nach parteipolitischen Kriterien erfolgte und außerdem - das ist entscheidend der vom BMZ im Vorfeld zugesagte Konsultationsprozess mit den Nichtregierungsorganisationen nicht stattgefunden hat. Er spricht von einem tiefen Vertrauensbruch mit dem BMZ.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin.

Dr. Bärbel Kofler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003710, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das muss uns zu denken geben; denn hier muss es darum gehen, die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft zu stärken, und nicht darum, das Gegenteil zu tun. Danke. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Die Kollegin Dr. Christiane Ratjen-Damerau hat das Wort für die FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Christiane Ratjen-Damerau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004204, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat aus einer Personalratsinformation aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beginnen, auch um Ihnen, Frau Kofler, ein wenig die Sorge, die Sie geäußert haben, zu nehmen. Da heißt es: Bei der Besetzung der Abteilung ist deutliche Kritik angebracht. Völlig inakzeptabel ist für uns die Bestellung der Person Y. Es bedeutet einen Schlag ins Gesicht der qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber aus dem Bundesministerium, wenn die politische Leitung des Hauses ihnen auf diese Weise attestiert, sie für weniger qualifiziert zu halten. - Wo der Personalrat recht hat, hat er recht. Herr Raabe schmunzelt schon; er wird es wissen. Die Information stammt aus dem Jahr 2007 ({0}) - es holt einen alles ein -, aus der Zeit, als das Ministerium von der SPD geführt wurde. In der Mitteilung von 2008, gegen Ende der Dienstzeit von Frau Wieczorek-Zeul, lese ich: Der Personalrat hat Frau Ministerin in einem gemeinsamen Gespräch darauf aufmerksam gemacht, dass eine angemessene Tonlage im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Hause unabdingbar ist, um den Mitarbeitern das Gefühl einer Wertschätzung ihrer Arbeit und ihrer Person zu vermitteln. ({1}) Die Zeitung Die Welt sprach daher 2008 von „Fehlentwicklungen in der Personalpolitik“ und dem „Versuch, den politischen ‚Freundeskreis‘ unterzubringen“. ({2}) Darauf hieß es im Parlament: Wieczorek-Zeul wies in ihrer Rede die Vorwürfe des Personalrats weit von sich, etwa dass es Klientelwirtschaft gebe und Karriere besonders jene Kollegen machten, die der SPD angehörten. ({3}) Doch die Belegschaft ließ sich nicht so rasch überzeugen. „Ministerium meutert gegen die ‚Rote Heidi‘“, so brachte es 2008 die Bild-Zeitung auf den Punkt. Ich erinnere auch daran, dass die CDU/CSU bereits 2000 festgestellt hat: Es ist … ein offenes Geheimnis, dass die BMZ-Belegschaft seit der Amtsübernahme von Ministerin Wieczorek-Zeul unter Führungschaos, autoritärem Leitungsstil, Frustration und Demotivierung leidet … Dem Fass den Boden schlägt aber die immer schamlosere Genossenversorgung mit lukrativen BMZ-Posten aus. ({4}) Wenn Sascha Raabe der Leitung des Bundesministeriums Vetternwirtschaft vorwirft, ({5}) dann kann ich nur vermuten, Herr Raabe: Sie kennen sich aus. Sie sind ein Experte. ({6}) Meine Mutter sagte früher immer so schön: Was ich selber denk und tu, trau ich andern Menschen zu. ({7}) Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung. Sie sprechen immer von Vetternwirtschaft. Wenn wir schon darüber sprechen, sollten wir in Zeiten der Frauenbewegung lieber von Vettern- und Cousinenwirtschaft reden, zumal es sich um zwei Bewerberinnen handelt. ({8}) Alles, was ich heute von der Opposition gehört habe, ist der Versuch, die besagte Vettern- und Cousinenwirtschaft in der eigenen Regierungszeit vergessen zu machen. Sie werfen dem Bundesministerium vor, dass drei politische Beamtenstellen politisch besetzt wurden, was zudem völlig legitim ist und der allgemeinen Staatspraxis entspricht. ({9}) Aber Sie verschweigen, dass Rot-Grün in BadenWürttemberg in allen elf Ministerien genau diese Stellen neu besetzt haben. Dass Personen ohne Verwaltungserfahrung auf höchstdotierte Posten gehievt wurden, gibt es nur im rot-grünen Baden-Württemberg. ({10}) Die CDU rügt in Baden-Württemberg: Diese Versorgungsmentalität ist schon sehr verwunderlich. Das Bundesministerium hat mit der Entstehung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit die größte Reform in der Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik vor Ablauf der Legislaturperiode durchgeführt. ({11}) Es wurden Doppelstrukturen abgebaut. Aus der Fusionsrendite wird das Bundesministerium die geforderte Steuerungsfähigkeit herstellen und zugleich - das darf man nicht vergessen, auch wenn es heute selten erwähnt wurde - mindestens 300 Stellen einsparen. ({12}) Das ist Bürokratieabbau und erhöht die Wirksamkeit. ({13}) Mittlerweile ist die positive Grundstimmung im Ministerium einer deutlichen Ernüchterung gewichen. Ein ständig wachsender Aufgabenkatalog bei gleichzeitigem Personalabbau, mangelnder Transparenz von Informationsflüssen und häufigen Entscheidungen im kleinen Kreis ohne die Einbindung des im Hause vorhandenen Sachverstandes beeinträchtigen die Motivation der Belegschaft. ({14}) … Hier wird die gesamte Problematik deutlich: ein abgrundtiefes Misstrauen … gegenüber den Mitarbeitern des BMZ. Dies spiegelt sich auch in einer Fülle von Personalentscheidungen wider. Das sagte der CDU/CSU-Kollege Klaus-Jürgen Hedrich laut Protokoll in einer Bundestagsdebatte in der 14. Legislaturperiode im September 2000. So weit das zehn Jahre alte Zitat. Aber eigentlich möchte ich lieber mit Ihnen über die Zukunft sprechen statt über die Vergangenheit.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Dafür haben Sie leider keine Zeit mehr, Frau Kollegin.

Dr. Christiane Ratjen-Damerau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004204, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das kommt jetzt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Nein, Frau Kollegin. Ihre Redezeit ist überschritten.

Dr. Christiane Ratjen-Damerau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004204, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wir gestalten neue Politik mit Innovationen und einer modernen Entwicklungspolitik für die Menschen dieser Welt. Parteipolitische Auseinandersetzungen haben hier keinen Platz.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin! ({0})

Dr. Christiane Ratjen-Damerau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004204, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Machen Sie einfach mit! Dann muss ich keine alten Zitate mehr heraussuchen und Sie von der Arbeit abhalten. Danke schön. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Barbara Hendricks hat das Wort für die SPD-Fraktion. ({0})

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das eigentlich Bemerkenswerte an dem Vorgang, über den wir heute debattieren, ist die Dreistigkeit, mit der Minister Niebel vorgeht. ({0}) Er scheint sich noch nicht einmal Gedanken zu machen, ob irgendjemand das bemerkt, was er schon seit mehr als zwei Jahren tut. Es geht nämlich nicht nur um die Besetzung von politischen Leitungsstellen - diese lassen in der Regel einen politischen Gleichklang mit der Leitung des Hauses erwarten -, sondern um das Durchsetzen des ganzen Ministeriums, der GIZ und des nachgeordneten Bereichs mit FDP-Mitgliedern, und zwar unabhängig von deren Fähigkeiten. ({1}) Man kann Herrn Minister Niebel zu Recht für einen schlechten Minister halten. Aber es ist bemerkenswert unverfroren, was er uns hier bietet. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie die noch übriggebliebenen potenziellen FDP-Wähler das Verhalten des Ministers vor dem Hintergrund bürgerlicher Tugenden, für die die FDP nach eigenem Bekunden steht, einordnen werden. Die Öffentlichkeit wird dann auch zu beurteilen haben, wie es um die angeblich liberalen Tugenden bestellt ist. Habe ich richtig verstanden, dass es dabei unter anderem um Leistungsbereitschaft geht? ({2}) Was soll zum Beispiel ein junger Beamter in einem Ministerium von Leistungsbereitschaft halten, wenn er trotz allen Einsatzes von Parteifreunden des Ministers, die von außen in das Ministerium eingeschleust werden, überholt wird? Wie um Himmels willen soll so Leistungsbereitschaft entstehen und wachsen? ({3}) Am 12. Januar ließ Herr Niebel sein Ministerium verlautbaren: Laut Grundgesetz werden Mitarbeiter nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgewählt. Richtig, so lautet die Vorgabe des Grundgesetzes. Weiter heißt es: Das BMZ hält sich an die Vorgaben des Grundgesetzes. Die Parteizugehörigkeit wird nicht abgefragt, kann also keine Rolle spielen. Natürlich wird sie nicht abgefragt. Aber man kennt sich nun einmal, sodass sie doch eine gewisse Rolle spielen mag. Ich möchte aus gegebenem Anlass auf einen bedeutenden internationalen Völkerrechtsakt zu sprechen kommen, nämlich auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003. Wie wir alle wissen, haben wir dieses Übereinkommen bislang nicht umgesetzt, weil wir unsicher waren, wie wir mit der Frage der Bestechlichkeit von Abgeordneten umgehen sollen. Selbstkritisch füge ich hinzu, dass wir eine Implementierung dieser Konvention schon viel zu lange vor uns herschieben. Wir, das ganze Haus, sind hier gefragt und verantwortlich. ({4}) Wir werden in nächster Zeit einen entsprechenden Vorschlag machen. Die Grünen haben schon einen Vorschlag vorgelegt. Ich denke, wir können uns hier verständigen. Bei allen Problemen betreffend die Umsetzung dieser Konvention ist ein wesentlicher Punkt des Übereinkommens niemals strittig gewesen, zumal dies in vollständigem Einklang mit dem Grundgesetz steht. Die Konvention fordert in Art. 7 von den Vertragsstaaten unter anderem, „für die Anwerbung, Einstellung, Beschäftigung, Beförderung und das Ausscheiden von Beamten und gegebenenfalls anderen nicht gewählten Amtsträgern Regelungen zu beschließen, beizubehalten und in der Wirkung zu verstärken, die … auf den Grundsätzen der Effizienz und Transparenz sowie auf objektiven Kriterien wie Leistung, Gerechtigkeit und Eignung beruhen …“. Eine ähnliche Formulierung lässt sich auch im Grundgesetz finden, wenn auch nicht so ausführlich, und ist auf jeden Fall völlig unproblematisch. Diese von mir zitierte zentrale Forderung wird aber nicht von diesem deutschen Bundesminister erfüllt. Ausgerechnet sein Ministerium ist zu alledem für die Entsendung deutscher Fachkräfte in Entwicklungsländer zuständig, die den dortigen Behörden bei der Umsetzung der Konvention in das jeweilige nationale Recht helfen sollen. Was sollen diese Länder von uns denken? Wie soll man auf diese Weise glaubwürdig in der Entwicklungsarbeit sein? Wie soll man denn noch Good Governance und Korruptionsbekämpfung von den Partnerländern einfordern? Wir sagen unseren Partnern in Afrika und anderswo, sie müssten damit aufhören, wichtige Posten nach Ethnien- oder Stammeszugehörigkeit zu besetzen; denn das mindert die Expertise und öffnet Klientel- und Gefälligkeitspolitik, Tür und Tor. Vetternwirtschaft, Günstlingswirtschaft, Klüngelei - nennen Sie es, wie Sie wollen -: Im Ergebnis ist das, was Herr Minister Niebel hier veranstaltet, nichts anderes als Nepotismus. Es ist unsere Verantwortung gerade als Entwicklungspolitikerinnen und -politiker der Opposition, ein solches Verhalten öffentlich zu kritisieren; denn Herr Niebel hat seit seinem Amtsantritt nichts anderes geleistet, als Anschauungsunterricht in Sachen Nepotismus zu geben. Wenn wir so etwas schon bei uns in einer gefestigten Demokratie, einem sicheren Rechtsstaat durchgehen lassen, müssen wir in Zukunft auf internationaler Bühne zum Thema „gute Regierungsführung“ allesamt schweigen. Aber das Thema „gute Regierungsführung“ hat in dieser Koalition sowieso kein echtes Zuhause. Das wissen wir bedauerlicherweise schon seit etwa zwei Jahren. Auch Bundeskanzlerin Merkel ist dabei nicht ganz unbeteiligt. Alle Stellen ab A 16 werden vom ganzen Kabinett beschlossen. Es ist nicht Herr Niebel allein, sondern es ist das ganze Kabinett, das diese Stellen beschließt. Es könnte auch der FDP-Vorsitzende, Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler - man muss diese Aufzählung schon so machen, damit man glaubt, dass es so ist -, also Herr Rösler, den Herrn Niebel zurückziehen; denn die Frau Bundeskanzlerin wird ihn nicht entlassen. ({5})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin.

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich komme sofort zum Schluss. - Diese Koalition, die für sich in Anspruch nimmt, eine bürgerliche Koalition zu sein, lässt den bürgerlichen Anstand bedauerlicherweise vermissen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin.

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Deswegen werden sich die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande wohl darauf einstellen müssen,

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Kollegin.

Dr. Barbara Hendricks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

- dass auch an dieser Stelle ein unzulänglicher Amtsinhaber einfach sitzen bleibt. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Jürgen Klimke hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Jürgen Klimke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Personalpolitik des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - darum geht es, aber nicht um eine Skandalgeschichte, wie die Opposition zu behaupten versucht. Sie versucht, mit aller Gewalt einen Skandal zu konstruieren. Erstens. Personalpolitik in einem Ministerium ist zuallererst Angelegenheit des Ministers. Das war schon immer so. ({0}) Zweitens. Wir haben mehrfach festgestellt, auch durch die hervorragenden Antworten von Frau Kopp: ({1}) Niemand wurde an rechtsstaatlichen Verfahren vorbei eingestellt, wie hier behauptet wird. Es gab keine Vetternwirtschaft, es gab kein bewusstes Herauspicken von Bewerbern. ({2}) Drittens. Es geht auch nicht um Führungskräfte allein, sondern es geht um die generelle Frage, wie in einem Ministerium Mitarbeiter eingestellt werden. Es wird nicht überall zuallererst nach dem Parteibuch gefragt, sondern es gibt andere Kriterien, die ausschlaggebend sind, zum Beispiel die Qualifikation. ({3}) Es ist hier deutlich gemacht worden, dass das ein weiterer Punkt ist. Viertens. Allermeistens sind die Führungspositionen im Ministerium nicht von Leuten mit einem entsprechenden Parteibuch besetzt. Die neun Unterabteilungsleiter zum Beispiel sind aus dem Ministerium selbst heraus gekommen. Sie sind langjährige Mitarbeiter des Hauses. Die meisten Referatsleiter haben kein Parteibuch. Hier werden einfach Behauptungen aufgestellt. Ich halte das für völlig unangemessen. Es ist Zeitverschwendung, was wir hier machen. ({4}) Wir sollten viel lieber über die wirklich wichtigen Dinge sprechen, die auch die Menschen draußen interessieren, zum Beispiel Menschenrechtskonzepte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, Vorfeldreformen, die neue Servicestelle, das Evaluierungsinstitut oder die Frage, wie wir Armen und Benachteiligten helfen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe geben können. Das sind doch die wichtigen Fragen. Kooperation mit der Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit, meinetwegen auch die Fragen im Zusammenhang mit dem Yasuní-Nationalpark in Lateinamerika sollten wir diskutieren. ({5}) Das sind kontroverse Themen, über die wir uns unterhalten können. Das bringt uns voran, aber die jetzige Diskussion hält uns doch nur auf. ({6}) Sie ist purer Populismus und langweilt die Zuhörer, ganz abgesehen davon, dass der falsche Eindruck entsteht, es gehe nur um Posten und nicht um Inhalte. Auch in der Vergangenheit gab es schon Personaldiskussionen. Ich erinnere an die heute zur Schau gestellte selbstlose Personalpolitik der Vorgängerministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Sie hat das Ministerium so gestaltet, wie es Minister Niebel vorgefunden hat. Man nennt Frau Wieczorek-Zeul nicht umsonst respektvoll „die rote Heidi“. Das liegt sicherlich an ihren roten Haaren, aber auch an ihrer linken Position in der Sozialdemokratie. Es ließe sich noch ein anderer Grund hinzufügen: Sie hat es verstanden, das Ministerium nach ihrem Willen sowohl inhaltlich als auch personell umzugestalten, aber eben auch farblich. Der berühmte Spruch an der Tür von Herrn Stather „In diesem Ministerium wird SPD gewählt“ ist schon erwähnt worden. ({7}) Ich glaube nicht, dass Herr Beerfeltz - bezogen auf die FDP - so ein Schild an seiner Tür hat. ({8}) Das derzeitige Geschrei ist doch nur deswegen so groß, weil einige verdiente Sozialdemokraten ihre Vormachtstellung im Ministerium gefährdet sehen. Die Opposition muss sich nachsagen lassen, dass ihre Vorwürfe populistisch sind. Die Opposition wähnt sich nämlich schon wieder in der Regierung und glaubt, sie müsse sozusagen ihre Pfründe sichern. ({9}) Aus Sicht der SPD ist für die FDP nicht recht, was für sie selbst billig ist. Das, meine Damen und Herren, darf nicht sein. ({10}) Lassen Sie uns noch über vernünftige Punkte reden. Wir können feststellen: Das Ministerium hat eine besondere Bedeutung - es bekommt 182 neue Stellen. ({11}) Damit macht die Bundesregierung deutlich, welchen Stellenwert Entwicklungspolitik insgesamt hat. Die angestoßenen Reformen bewegen sich in die richtige Richtung - sie haben daher unsere Unterstützung -, ob es die Schaffung der GIZ ist oder ob es die anderen wichtigen Maßnahmen sind, die ich eben angesprochen habe. Daraus resultiert natürlich der Personalaufwuchs des Ministeriums. Lassen Sie mich noch einen anderen Punkt ansprechen. Frischer Wind von außen ist manchmal gar nicht so schlecht. Das kann man aus jedem Unternehmen hören. Manchmal kann jemand, der aus einem anderen Bereich kommt - ob aus der Wirtschaft oder aus dem Bürgermeisteramt einer kleinen Kommune - viel sinnvoller Entwicklungspolitik machen, sich viel sinnvoller für neue Fragen einsetzen als jemand, der an seine Aufgaben sehr vorstrukturiert und ohne Konzept dafür, wie man etwas Neues auf den Weg bringt, herangeht.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege.

Jürgen Klimke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn Sie dem Minister vorwerfen, ehrgeizige Ziele zu verfolgen, dann kann ich nur sagen: Ehrgeizige Ziele kann man nur mit gutem Personal verfolgen und nicht mit Parteisoldaten; das geht nicht. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Jürgen Klimke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja. - Der Minister will Verkrustungen aufbrechen. Er macht es richtig; er macht es zu Recht. Ich glaube, wir sollten ihn bei seiner Botschaft, bei seinen Inhalten, bei seinem Vorgehen unterstützen; denn das hilft der Entwicklungszusammenarbeit, das hilft den Menschen auf der Welt,

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege Klimke.

Jürgen Klimke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- nicht diese komischen Diskussionen hier. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Das Wort hat der Bundesminister Dirk Niebel. ({0})

Dr. h. c. Dirk Niebel (Minister:in)

Politiker ID: 11003198

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nicht mit Presseberichterstattungen über meine Amtsvorgängerin oder das, was die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg macht, aufhalten. Ich möchte aber deutlich machen, dass ich die Diskussion hier schon für reichlich scheinheilig halte. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Ich halte sie nicht wegen der Vorgeschichte der anderen für scheinheilig - das selbstverständlich auch -, sondern allein schon deshalb, weil hier viele Dinge verkürzt dargestellt werden, weil hier mit den Lebensläufen von Menschen ein schändliches Spiel getrieben wird ({0}) und weil nicht allumfassend berichtet wird. Zu der von Ihnen beschriebenen angeblich massiven Kritik des Personalrats: Erstens. Der Personalrat befindet sich im Wahlkampf. ({1}) Ich habe ein hohes Maß an Verständnis dafür, dass man dann etwas prononcierter vorgeht. Zweitens. Sie könnten, wie es Gudrun Kopp vorhin gemacht hat und was ich gern wiederholen möchte, weil noch nicht alle da waren, durchaus die ganze Wahrheit sagen. Der Personalrat schreibt in seiner Info nämlich auch - ich zitiere -: Der Personalrat gratuliert der Leitung zur Durchsetzung seit Langem berechtigter Stellenforderungen. Wir bedanken uns ausdrücklich für das in diesem Zusammenhang gezeigte Engagement. Keine Leitung der Vergangenheit hat sich derart für Stellenzuwächse eingesetzt und dazu mit solchem Erfolg … ({2}) Bevor Sie diese Äußerung aber dazu benutzen, zu argumentieren, ich blähte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf, möchte ich der Wahrheit hier einmal Genüge tun: Ich setze den Koalitionsvertrag um. Im Koalitionsvertrag werden mehrere Aufgaben beschrieben, was Sie auf dreieinhalb Seiten nachlesen können. Wir befinden uns in der Umsetzung, exakt so, wie es vorgesehen ist. Wir - diejenigen, die vom Volk durch eine Wahl dazu legitimiert worden sind - gewinnen die politische Steuerung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zurück. Das wurde durch die größte Strukturreform der Entwicklungspolitik in den vergangenen 50 Jahren ermöglicht, eine Strukturreform, an der drei Vorgängerregierungen kläglich gescheitert sind. ({3}) Um den Aufblähungsvorwurf noch einmal deutlich zu beleuchten: Diese Reform führt dazu, dass im Haushalt des Bundes ungefähr 700 Stellen entfallen sind. Trotz der Einrichtung eines dringend benötigten Evaluierungsinstituts mit 38 Stellen, trotz einer zwingend notwendigen weiteren Strukturreform und der Einrichtung der Engagement Global gGmbH, der Servicestelle für zivilgesellschaftliches und kommunalpolitisches Engagement, mit 145 Stellen und trotz der Überführung von bis zu 212 Stellen in das BMZ in diesem und im kommenden Jahr haben wir immer noch den Haushalt des Bundes um 300 Stellen netto entlastet. Das ist eine der größten Entbürokratisierungsmaßnahmen, die es jemals in Deutschland gegeben hat. ({4}) Ich verstehe es nicht, auch wenn ich als Oppositionspolitiker selbst meine Erfahrungen gesammelt habe, dass Sie nicht bereit sind zu würdigen, dass das eine Maßnahme ist, mit der das Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger effizienter eingesetzt werden kann und die eine bessere Wirkung der Zusammenarbeit in der Entwicklungskooperation überhaupt erst möglich macht. ({5}) Wir werden mit den uns in diesem Jahr übrigens vom Haushaltsausschuss und dem Deutschen Bundestag zugesprochenen 182 Stellen wie folgt vorgehen: 65 Stellen, die früher mit GIZ-Beratern besetzt gewesen sind und die uns der Haushaltsausschuss und das Parlament schon im Vorgriff auf diese 182 Stellen im vergangenen Jahr zugebilligt haben, werden in den Personalbestand des BMZ übergehen. 46 Stellen werden, wie es der Koalitionsvertrag fordert, die Außenstruktur der deutschen Entwicklungspolitik stärken, indem sie nach dem gleichen Verfahren und dem gleichen Vorbild der heute an den Botschaften tätigen WZ-Referenten in das Auswärtige Amt überführt und mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMZ besetzt werden, die im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt ausgewählt werden. Das führt dazu, dass wir in jedem unserer Partnerländer und in allen Pilotländern für die neue Ablauf- und Aufbaustruktur vor Ort mit entsprechenden Fachkräften des BMZ vertreten sind. Dies erhöht die Effizienz, und das erhöht auch die „Sichtbarkeit“ Deutschlands. ({6}) Die verbliebenen 71 Stellen sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die größte Chance in der Geschichte des Ministeriums, aufzusteigen oder sich in ihrer Funktion zu verändern. Noch nie gab es eine größere Möglichkeit, eine neue oder eine höherwertige berufli18440 che Aufgabe im gleichen Haus zu bekommen. Deswegen haben wir hier nicht nur die Möglichkeit der Neubesetzung, sondern auch der Veränderung im Haus. Was die politischen Beamten anbetrifft, so lassen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, doch einmal die Kirche im Dorf. Ich will ja nicht über Herrn Müntefering oder das BMAS in Zeiten, als er noch Parteivorsitzender gewesen ist, reden. Aber es ist doch vollkommen klar, dass politische Beamte deshalb politische Beamte sind, weil zu Eignung, Befähigung und Leistung die politische Nähe zur Regierung hinzukommt. Das war zu jeder Regierungszeit so, auch bei Ihnen. ({7}) Dadurch, dass wir diese 182 Stellen nicht - was Ihnen noch weniger gefallen hätte - an der Leitungsebene aufhängen und den Leitungsapparat aufblähen, haben wir nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung eine Struktur für das Haus gewählt, die auch andere Bundesministerien haben: Wir richten eine Abteilung „Planung und Kommunikation“ ein und bringen die Leitungsreferate außer dem Ministerbüro - das behalte ich mir auch weiterhin vor - in die Linie zurück. Dies ist eine langjährige Forderung des Personalrats. ({8}) Wir haben mit den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern Kompetenz in allen Bereichen unseres Tätigkeitsfeldes. Einer hat die Verwaltungserfahrung aus anderen Ministerien, einer ist in der Zivilgesellschaft hoch kompetent tätig gewesen, einer hat die parlamentarische Erfahrung in der Kooperation mit dem Deutschen Bundestag, einer kommt aus dem Haus und hat die interne Erfahrung über viele Jahre Entwicklungszusammenarbeit. ({9}) Jetzt kommt der nächste Partner aus der Wirtschaft hinzu: eine hoch kompetente Abteilungsleiterin bei einem der bedeutendsten Beratungsunternehmen und dort zuständig für die Entwicklungszusammenarbeit. Dass Sie solchen Leuten, ({10}) die keine Personen des öffentlichen Lebens sind, in der Öffentlichkeit Inkompetenz, Unfähigkeit und Postenschacherei vorwerfen, ist schändlich. Dafür sollten Sie sich allemal schämen. ({11}) - Sie werden das jetzt schon ertragen müssen. Wenn Sie Antworten auf Ihre Fragen einfordern, müssen Sie auch einmal kurzzeitig still sein, damit die zur Verfügung stehenden zwei Minuten reichen, um Ihr Bedürfnis nach Antworten zu befriedigen. ({12}) Wir haben in einem transparenten Besetzungsverfahren mit einer Personalberatung, derer sich auch die grünrote Regierung in Baden-Württemberg bedient, eine Bewerberin für unsere neue Servicestelle für das zivilgesellschaftliche und kommunalpolitische Engagement ausgesucht, der ich zu keinem Zeitpunkt vor Abschluss des Verfahrens irgendetwas zugesagt habe oder habe zusagen lassen. ({13}) Nur, damit das einmal deutlich zu Protokoll kommt. Ich habe zum Schluss unter den letzten drei Bewerberinnen und Bewerbern die Endauswahl getroffen. Ja, und ich habe öffentlich gesagt: Ich kannte sie. Sie war die geeignetste. Ich wusste, dass ich mit ihr arbeiten kann. Deswegen habe ich so entschieden. Ich sehe darin nichts Ehrenrühriges. Im Gegensatz zu Hessen vielleicht - ich kann das nicht beurteilen, Herr Raabe ({14}) sind Oberbürgermeisterinnen in Baden-Württemberg in höchstem Maße kompetent. ({15}) Oberbürgermeisterinnen in Baden-Württemberg haben nicht nur Verwaltungserfahrung. Oberbürgermeisterinnen in Baden-Württemberg arbeiten eng mit der Zivilgesellschaft zusammen. ({16}) Und Oberbürgermeisterinnen in Baden-Württemberg sind in der Lage, kommunales Engagement für die Entwicklungspolitik nutzbar zu machen. ({17}) Wir arbeiten bisher mit 500 Gemeinden und Kommunen in Deutschland zusammen. ({18}) Das klingt bemerkenswert viel. Aber es gibt 12 000 Gemeinden in Deutschland. 11 500 Gemeinden in Deutschland arbeiten noch nicht mit dem BMZ zusammen. Ich ahne, dass viele von denen auch Partnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern haben. Dieses Potenzial wollen wir uns erschließen. Selbst wenn der eine oder andere von den hierfür infrage kommenden Personen das Parteibuch der FDP hat, ({19}) ist dennoch festzuhalten, dass ich Kolleginnen und Kollegen quer durch alle Parteien - von vielen weiß ich ja, dass sie Mitglieder in einer Ihrer Parteien sind - befördert habe. Alle haben übrigens auch Begehrlichkeiten bei solchen Entscheidungen, um der Wahrheit einmal Genüge zu tun. Eines sage ich Ihnen jedoch ganz deutlich: Nur weil jemand liberal ist, ist er noch lange nicht geisteskrank ({20}) und muss von öffentlichen Ämtern ferngehalten werden. Es geht nach Eignung, Befähigung und Leistung. Somit werden wir auch weitere Stellen nach dem Verfahren besetzen, das sich seit über zehn Jahren im BMZ bewährt hat. Das Verfahren haben wir übernommen. Die Politik haben wir verändert, und das ist auch gut so. ({21})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Lothar Binding das Wort. ({0})

Lothar Binding (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003050, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist ja auffällige Lautstärke auch ein Indikator für die Ernsthaftigkeit des Arguments. Kollege Niebel hat von Scheinheiligkeit gesprochen; auf den Begriff der Scheinheiligkeit würde ich gerne nachher noch zurückkommen. Er hat auch von der größten Reform aller Zeiten gesprochen, an der seine Vorgänger gescheitert wären. Die Antwort ist: Diese kleine Reform, die jetzt umgesetzt wurde, hat zuvor überhaupt niemand probiert. Die ganz große Reform aber, die tatsächlich noch aussteht, zu machen, ist nicht gelungen. An diese hat sich nämlich auch ein Herr Niebel nicht herangewagt. ({0}) Ich glaube, das sollte man zur korrekten Geschichtsbetrachtung noch hinzufügen. Ich habe übrigens nicht verstanden, wie Frau Pfeiffer ihren Brief an die Kanzlerin und den Redebeitrag, den sie heute gehalten hat, intellektuell in Übereinstimmung bringen kann. ({1}) - Sie nicken? Ich frage doch nur. ({2}) Ich möchte allen Vorrednern, die wie die Kollegen Daub, Kopp, Ruck, Ratjen-Damerau und selbst Minister Niebel von der Vergangenheit gesprochen haben, mit einem Sprichwort aus Tansania antworten, das Minister Niebel selbst schon gebraucht hat. Es lautet: Es ist nicht notwendig, die Laterne eines anderen auszublasen, damit die eigene heller strahle. - Genau. Insofern kritisiert auch Minister Niebel all Sie, die mit Blick auf die Vergangenheit versuchen, ihn heute besser dastehen zu lassen. Vielleicht noch ein Wort zu den Wespen: Diese Assoziation stammt nicht von mir. Es ist aber festzuhalten, dass die Wespen in der Natur eine Hygienepolizei sind, die sich im Regelfall um Fallobst und totes Kleingetier kümmern. ({3}) - Ja, man muss sich das erst einmal klarmachen. Heute geht es aber nicht darum, sondern uns geht es um Steuergelder. Es geht darum, dass durch Günstlingswirtschaft, Stellenhebungen, Bewerbungen light für Bewerber mit zweifelhaften Qualifikationen, Verdopplung von Strukturen und die Schaffung von Stellen mit lebenslanger Versorgung Steuergelder nicht korrekt verwendet werden. Es ist unsere Aufgabe, uns darum zu kümmern. ({4}) Ich möchte einmal eine mathematische Plausibilitätsüberlegung anstellen - nach mir kommt ja noch ein Mathematiker -: Angenommen, es gibt zehn Stellenausschreibungen. Wir haben heute gehört, das sei ganz normal. Ich würde ja eher sagen, das ist ganz regulär, aber was im BMZ normal ist, muss ja nicht unbedingt - ({5}) Nehmen wir einmal an, auf jede dieser zehn Stellenausschreibungen hätten sich zwar nicht 130, aber 100 Menschen beworben. Also gäbe es insgesamt 1 000 Bewerber. Die Frage ist nun: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass neun der erfolgreichen Bewerber Mitglied der FDP sind? ({6}) Das muss man sich einmal überlegen. Ich will es an einem weiteren Beispiel konkretisieren. Es gibt heute - durch Aufblähung - fünf Abteilungsleiter. Vier davon sind Mitglied der FDP. Auch dieser Anteil hält meiner Plausibilitätsrechnung nicht stand. Noch einmal der Blick zurück als Reaktion auf das, was gesagt wurde: Früher gab es drei Abteilungsleiter. Davon war einer in der SPD. Dieses kommt gemäß meiner Plausibilitätsüberlegung der Realität sehr viel näher. Die Kritik des Personalrats an der Kampa - Kampa bedeutet: Wahlkampfkampagnentruppe für eine Partei wurde hier nicht verstanden. Das wiederum verstehe ich nicht. Es ist ganz interessant, dass in der Vergangenheit Kollege Niebel als Arbeitsvermittler im Arbeitsamt Hei18442 Lothar Binding ({7}) delberg in seinem Büro eine FDP-Wahlkampfzentrale eingerichtet hat. Dirk, ich frage dich, ob du es tatsächlich so weit getrieben hast, dass du Weisungen des Landesarbeitsamtschefs - wenn ich mich richtig erinnere, hieß er Schade - erhalten musstest, um dieses FDP-Wahlkampfbüro in deinem Dienstbüro des Arbeitsamtes wieder aufzulösen. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf den Umgang mit Steuergeldern. Wir sollten diesbezüglich sehr vorsichtig agieren. ({8}) Was heute passiert, ist nichts weiter als die natürliche Fortsetzung des Denkens, das schon lange vorherrscht. Dies hätte jeder, der Dirk Niebel kennt - dies soll kein Vorwurf sein -, wissen können. Ich frage mich aber etwas ganz anderes: Was muss in einem Kabinett los sein, das ein solches Handeln möglich macht? ({9}) Wie kann es sein, dass ein Kabinett so etwas zulässt? Geht es dort zu nach dem Motto „Du tust mir nichts, und ich tue dir nichts; wenn du den einen mit auf Reisen nimmst, dann sage ich nichts, und umgekehrt“? Ist es so, dass im Kabinett jeder jeden deckt? Ich will noch etwas Positives erwähnen. Niebel sagt: Aber ich kämpfe gern dafür, dass unser Deutschland eine Insel des Wohlstands, der Gerechtigkeit und der Freiheit auf dieser Erde bleibt. Bravo! Er sagt weiter: Das geht vielleicht ohne SPD, ohne Grüne, ohne CDU und CSU, aber niemals ohne FDP. Das leuchtet mir wieder ein; das stimmt hundertprozentig. Wenn es nämlich in dem Ministerium nur noch FDPMitglieder gibt, dann sind alle anderen verzichtbar, übrigens auch alle Nichtparteimitglieder. Das erklärt ganz gut, wie Niebel denkt und auch agiert. ({10}) Die Probleme der Gegenwart können mit den bewährten Prinzipien der Freiheit gelöst werden, wenn man ihre Grundsätze auf die Herausforderungen der Tagespolitik anwendet. Auch und gerade die Entwicklungspolitik bietet Liberalen die Möglichkeit, an allen Zukunftsthemen zu arbeiten, die uns heute bewegen. Jetzt fragt man sich natürlich, ob das nicht schon auf den Weg gebracht wurde und ob die FDP nach und nach alle Aufgaben im Kabinett übernimmt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege.

Lothar Binding (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003050, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

In diesem Sinne kann ich nur sagen: So kommt die spätrömische Dekadenz und Günstlingswirtschaft im Kabinett an. Das halte ich nicht unbedingt für ein gutes Omen; denn das sind die Vorzeichen des Untergangs. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Als Letzter hat der Kollege Johannes Selle für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. ({0})

Johannes Selle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002798, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung macht eine gute und anerkannte Arbeit. ({0}) Die größte Reform seit Bestehen des Ministeriums - die Vorfeldreform und die Schaffung der GIZ - war entgegen allen Unkenrufen erfolgreich. Die taz hat noch am Ende der letzten Legislaturperiode das Scheitern der Reform unter damaliger Führung der SPD beklagt. ({1}) - Ja, das scheint bei Ihnen besonders glaubwürdig zu sein. ({2}) Der Bundestag hat den veränderten Stellenplan beschlossen. Der Vorwurf, dass hier illegal Stellen geschaffen werden, kann überhaupt nicht aufrechterhalten werden. Bei der Besetzung dieser Stellen wird eine überdurchschnittliche Anzahl von Posteninhabern mit FDPZugehörigkeit ausgemacht. Dafür kann man Erklärungen suchen, und danach kann man Fragen stellen. Dieses gute Recht haben Sie, und Sie nehmen es mit einer ausufernden Kleinlichkeit in Anspruch. Dabei sind die Schlagzeilen überhaupt nicht neu: Im Entwicklungshilfeministerium droht ein offener Aufstand. - So schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Jahr 2000. Bei Ihren Beiträgen lassen Sie auch das geringste bisschen Selbstkritik vermissen. Aus der Union hat es einen, wohlgemerkt, internen Brief gegeben, der die Sorge zum Ausdruck brachte, dass Schaden für die Arbeit des Ministeriums und der Koalition entstehen könne. So viel Vorsicht innerhalb der Koalition halte ich nicht für verwerflich. In einem FDP-geführten Ministerium ist es kein Nachteil in der Biografie, wenn man irgendwann eine FDP-Funktion innehatte. Das darf niemanden wundern, ({3}) und das dürfte potenzielle Bewerber aus liberalen Kreisen auch nicht entmutigen. ({4}) Es muss festgestellt werden, dass das ordnungsgemäße Bewerbungsverfahren von der Opposition nicht bestritten wird; ({5}) denn dann würden Sie mit dem Widerstand eines Dienstleistungsunternehmens rechnen müssen. Dem gehen Sie aus dem Wege. Ein solch mehrstufiges Verfahren zu bestehen, gilt als Bestätigung der Qualität eines Bewerbers. Die Opposition wagt sich aber, mit dem Brustton der Überzeugung die Qualität der Bewerber einzuschätzen, und zwar, wie heute im Ausschuss deutlich wurde, ohne die Bewerber gesprochen zu haben und ohne Kenntnis der Bewerbungsunterlagen. ({6}) Frau Kollegin Koczy hat im Ausschuss, ebenso wie Kollege Raabe hier in der Fragestunde und in der Aktuellen Stunde, gesagt, diese Personalpolitik würde über das normale Maß hinausgehen. ({7}) Als ob es ein normales Maß für vermutete Korruption gäbe! Sie vermitteln ein schreckliches Bild des Parlaments und des politischen Betriebes. Das darf nicht das letzte Wort sein. ({8}) Wir vertrauen dem verantwortlichen rechtsstaatlichen Handeln des Bundesministers und räumen ihm die notwendige Freiheit der Gestaltung der Verwaltung ein; dazu gehören auch loyale Mitarbeiter. ({9})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Die nächte Sitzung berufe ich für morgen, Donnerstag, den 26. Januar 2012, 9 Uhr, ein. Genießen Sie die gewonnenen Einsichten und den heutigen Abend! Die Sitzung ist geschlossen.