Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/30/2006

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie herzlich an diesem Tag einer wichti- gen Entscheidung. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a und 29 b auf: a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({0}) - Drucksache 16/813 - - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Föderalismusreform-Begleitge- setzes - Drucksache 16/814 - aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({1}) - Drucksachen 16/2010, 16/2069 Berichterstattung: Abgeordnete Michael Grosse-Brömer Dr. Günter Krings Daniela Raab Siegfried Kauder ({2}) Klaus Uwe Benneter Dr. Carl-Christian Dressel Dr. Peter Danckert Jörg van Essen Wolfgang Nešković bb) Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 16/2020 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Claudia Winterstein Roland Claus Anna Lührmann Dr. Ole Schröder Lothar Binding ({4}) b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses ({5}) - zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck ({6}), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Resozialisierungsziele des Strafvollzugs bewahren - Sicherheit nicht gefährden - zu dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten - zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider ({7}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Föderalismusreform im Bildungsbereich - zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Priska Hinz ({8}), Kai Boris Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern in Bildung und Wissenschaft erhalten - zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Innovationspakt 2020 für Forschung und Lehre in Deutschland - Kooperationen zwischen Bund und Ländern weiter ermöglichen Redetext Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für ein effektives, europataugliches und wirtschaftsfreundliches Umweltrecht - zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für ein wirksames Umweltrecht im föderalen Deutschland schaffen - zu dem Antrag der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Ein einheitliches Umweltrecht schaffen Kompetenzwirrwarr vermeiden - Drucksachen 16/653, 16/851, 16/647, 16/648, 16/954, 16/654, 16/674, 16/927, 16/2010, 16/2069 Berichterstattung: Abgeordnete Michael Grosse-Brömer Dr. Günter Krings Daniela Raab Siegfried Kauder ({9}) Klaus Uwe Benneter Dr. Carl-Christian Dressel Dr. Peter Danckert Jörg van Essen Wolfgang Nešković Es liegen mehrere Änderungsanträge und Entschließungsanträge vor. Über fünf Änderungsanträge werden wir später namentlich abstimmen. Die Schlussabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes wird ebenfalls namentlich durchgeführt. Zur Annahme dieses Gesetzentwurfs ist die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Deutschen Bundestages erforderlich. Für diese Abstimmung benötigen Sie außer Ihrer Stimmkarte Ihren gelben Stimmausweis, den Sie, falls Sie dies bislang nicht getan haben, noch Ihrem Stimmkartenfach entnehmen können. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache drei Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Bevor ich die Aussprache eröffne, erteile ich dem Kollegen Maurer, Fraktion Die Linke, das Wort. ({10})

Ulrich Maurer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003805, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion Die Linke beantragt die Rücküberweisung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes an die Ausschüsse gemäß § 82 Abs. 3 der Geschäftsordnung. ({0}) Werten Sie das als einen letzten Versuch der Opposition, dieses Gesetzeswerk dem Sachverstand der Abgeordneten dieses Hohen Hauses zuzuführen. Ich betone das deswegen so, weil wir zwar eine der größten Anhörungen - vielleicht sogar die größte Anhörung - in der Geschichte des Bundestages erlebt haben, aber die zahlreichen Einwände der Sachverständigen unter 30 Tagesordnungspunkten im Rechtsausschuss abgefrühstückt worden sind; anders kann man es nicht nennen. Unter einer seriösen Beratung ({1}) des deutschen Parlaments stellen wir uns jedenfalls etwas anderes vor. ({2}) Diese Prozedur ist von dem Willen diktiert, diesen Gesetzentwurf vor der Sommerpause durchzupeitschen. Es geht, wie ich höre, um den Bestand der großen Koalition. ({3}) Die Wirkungen der Fliehkräfte dieser Gesetzgebung auf die deutsche Republik sind aber so groß, dass der Bestand der großen Koalition bei weitem nicht so wichtig ist wie der Bestand der Republik. ({4}) Mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitiere ich den Kollegen Thierse. ({5}) Er wurde in einem Interview gefragt: Herr Thierse, warum haben Sie im SPD-Fraktionsvorstand gegen die Föderalismusreform gestimmt? ({6}) Seine Antwort lautete: Mit der Föderalismusreform wird ein Paradigmenwechsel vom solidarischen Föderalismus zum Wettbewerbsföderalismus eingeleitet. Der solidarische Föderalismus ist aber Teil der Erfolgsgeschichte der alten Bundesrepublik … Alles läuft darauf hinaus, dass die Länder in verschärfte Konkurrenz zueinander treten. Ein sehr sachverständiger Rat! ({7}) Wir wünschen uns, dass ein Gesetz, von dem - ich hoffe, ich täusche mich - Historiker vielleicht einmal sagen werden, dass es die Republik auseinander getrieben hat, ({8}) ein Gesetz, bei dem Sie das Dach gebaut haben, aber keine Fundamente, weil Sie die Finanzbeziehungen nicht geregelt haben - selbst bei dem Spiel „Monopoly“ geht man mit gleichem Geld an den Start; hier machen Sie es anders -, ({9}) dass ein solches Gesetz so behandelt wird, wie es im Gemeinschaftskundeunterricht an den Schulen gelehrt wird: Da lernen die Schülerinnen und Schüler, dass man sachverständigen Rat einholt und die Einwände der Sachverständigen von den Fachpolitikern einzeln bewerten lässt, um Gesetzeswerke zu verbessern. - All das wollen Sie nicht. Sie wollen eine machttaktische Entscheidung vor der Sommerpause. Das wird Ihrer Verantwortung bei einer Verfassungsänderung nicht gerecht. ({10}) Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, übrigens auch in dem Bewusstsein, dass einige Kolleginnen und Kollegen von der SPD und viele an der Basis der sozialdemokratischen Partei das ebenfalls so sehen. Das ist Ihnen ja auch bekannt. Ich glaube, dass Sie, wenn Sie die Verfassung der Republik ändern, darauf hinwirken sollten, dass Sie sich jedenfalls im Nachfeld der Geschichte nicht nachsagen lassen müssen, Sie hätten die Verfassungsänderung nicht in einem seriösen Gesetzgebungsverfahren unter Abwägung aller Bedenken durchgeführt. ({11}) - Halten Sie sich zurück, Herr Kollege. Es mag sein, dass man sich im Süden der Republik - da komme ich ja selber her - von dieser Gesetzgebung verbesserte Chancen erhofft. Wir haben hier aber die Interessen des gesamten deutschen Staatsvolkes zu wahren. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen. ({12}) Deswegen noch einmal: Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf in Ruhe, seriös und unter Abwägung aller geäußerten Bedenken - die bei den Sachverständigen überwogen haben - in den Ausschüssen bewerten und dann einer Gesetzgebung zuführen, bei der dann wenigstens jeder weiß, dass er seinem Anspruch als Abgeordneter gerecht geworden ist. Vielen Dank. ({13})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Herr Kollege Maurer, wenn Sie mir schon das Vergnügen bereiten, mich zu zitieren, dann könnten Sie mir ein noch größeres Vergnügen bereiten, wenn Sie mich vollständig zitieren würden. ({0}) Ich erteile nun dem Kollegen Norbert Röttgen, CDU/ CSU-Fraktion, das Wort.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Verfahren zur Beratung des Grundgesetzes im Bund-Länder-Verhältnis wird kritisiert. Darum möchte ich es ganz kurz noch einmal darstellen. Allein die Darstellung wird deutlich machen, dass es hinsichtlich der Intensität und Ausführlichkeit wahrscheinlich noch nie ein vergleichbares Verfahren gegeben hat. Wir haben - ich habe mir die Daten noch einmal herausgesucht - im Zeitraum vom 15. Mai bis zum 2. Juni dieses Jahres an sieben ganzen Tagen - unter anderem sind deshalb Plenarsitzungen ausgefallen - nicht nur eine Anhörung des Bundestages durchgeführt, sondern eine gemeinsame Anhörung von Bundestag und Bundesrat. Für alle Abgeordneten, alle Kollegen bestand die Möglichkeit, an einer siebentägigen Anhörung mit einer großen Zahl von Sachverständigen teilzunehmen. ({0}) Wir haben die Anhörung so organisiert, dass alle Mitglieder des Hauses - wo hat es das schon einmal gegeben! - daran teilnehmen konnten. Ich habe es nicht recherchiert; aber ich glaube, dass es eine derartige Intensität und Ausführlichkeit einer Sachverständigenberatung in der Geschichte des deutschen Parlamentes wahrscheinlich noch nicht gegeben hat. ({1}) Die letzte Anhörung war am 2. Juni; jetzt ist es vier Wochen später. In allen Ausschüssen ist darüber erneut beraten worden. Auch Ihre Fraktion hatte Gelegenheit, an diesem Prozess teilzunehmen. Vor vier Wochen ist die Anhörung abgeschlossen worden. Aber es wurde ja nicht nur über Wochen und Monate diskutiert, sondern vom Herbst 2003 bis zum September 2004 hat über ein Jahr eine gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat stundenlang und tagelang beraten, ebenfalls in einer Intensität, wie es sie noch nicht gegeben hat. Wir haben in den Kommissionen jahrelang über dieses Thema beraten. ({2}) Dieser Beratung wiederum sind jahrelange Diskussionen über die Notwendigkeit der Reform des Föderalismus in Deutschland vorangegangen. Ich glaube, es gibt keine andere Diskussion, die einen ähnlich langen Vorlauf hatte. Im Grunde könnte man diese Diskussion über einen Zeitraum von Jahrzehnten nachzeichnen. Ich will im Übrigen daran erinnern, dass diese Reform im Dezember 2004 schon einmal gescheitert ist. Wer also behauptet, er hätte keine Gelegenheit gehabt, sich zu betätigen, der hatte entweder keine Lust oder Eignung dazu oder der möchte einfach destruktiv sein. ({3}) Wenn Sie nur die Hälfte des Engagements, das Sie jetzt in die Kritik an dem Verfahren investieren, in die konstruktive Beteiligung an der Diskussion investiert hätten, dann wären wir schon zufrieden gewesen. ({4}) Es geht aber nicht, dass Sie in der Sache nichts tun und am Ende Ihre Alternativlosigkeit durch eine Kritik am Verfahren kaschieren. Das ist eine billige Methode, die an dieser Stelle völlig unangebracht ist. ({5})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Ernst Burgbacher, FDPFraktion.

Ernst Burgbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003063, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Röttgen, wir müssen die Kirche schon im Dorf lassen. ({0}) Wir saßen gemeinsam 14 Monate in der Föderalismuskommission. Es gingen dann 15 Monate ins Land, in denen in allen möglichen Zirkeln - diese haben mich an den Vermittlungsausschuss erinnert, dessen Bedeutung wir doch zurückfahren wollen - weiterdiskutiert wurde, und zwar ohne Beteiligung des Parlaments. Erst nach etwa 30 Monaten hat die Föderalismusreform zum ersten Mal dieses Parlament erreicht. Dann gab es tatsächlich die größte Anhörung, die dieses Haus je gesehen hat. Angesichts der Tatsache, dass wir nach 30 Monaten nur eine Sitzungswoche Zeit hatten, um die Ergebnisse der Anhörung auszuwerten und zu Beschlüssen zu kommen, kann man nur sagen, dass dies allen Bräuchen in diesem Parlament widerspricht. Die einzelnen Abgeordneten hatten einfach nicht genügend Zeit, sich gründlich mit der Materie zu beschäftigen. ({1}) Wie verlief denn diese Woche? Der Rechtsausschuss hat in einer einzigen Sitzung das gesamte Werk durchgewunken. ({2}) In der letzten Woche gab es eine informelle Sitzung, die Sie noch absagen wollten und die nur auf unseren Druck hin überhaupt zustande kam. ({3}) Die mitberatenden Ausschüsse hatten zum Teil noch nicht einmal die theoretische Chance, so rechtzeitig zu beraten, dass ihre Stellungnahme vom federführenden Ausschuss aufgenommen werden konnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch kein ordentliches Verfahren. ({4}) Was ist der Grund dafür? Der Grund dafür ist einzig und allein, dass Sie Angst davor haben, dass Ihre hart erkämpfte Mehrheit in der Sommerhitze dahinschmilzt und damit die große Koalition. Das ist doch der Punkt. ({5}) Es gab in dieser Woche mehrere Verfahren, die es zu kritisieren gibt. Eines gab es gestern: Im Ausschuss haben Sie mit Ihrer Mehrheit - das ist die Arroganz der Macht - einfach Tagungsordnungspunkte der Opposition abgesetzt. So geht es nicht. Geben Sie Ihre Rechte, die Sie als frei gewählte Abgeordnete haben, nicht an der Garderobe des Bundesrates und der großen Koalition ab! Nehmen Sie Ihre Rechte wahr! Es ist wichtig, dass das Parlament noch einmal in aller Ruhe an diesem Gesetzentwurf arbeitet. Dann besteht die Chance, dass der Gesetzentwurf mit einer breiten Mehrheit von diesem Haus verabschiedet wird. Deshalb werden wir dem Antrag auf Rücküberweisung zustimmen. ({6})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Das Wort hat nun Kollege Olaf Scholz, SPD-Fraktion.

Olaf Scholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003231, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir führen jetzt eine Debatte über eine Rücküberweisung. Man fragt sich schon, was das an dieser Stelle soll. ({0}) - Man kann immer Anträge stellen. Vielleicht ist es auch so, dass sich die PDS-Fraktion fragt: Welchen Geschäftsordnungsantrag stellen wir heute? Ich glaube nicht, dass das ein besonders guter Vorgang ist. Er wird der Sache auch nicht gerecht. Denn wir haben im Plenum und in verschiedenen anderen Gremien des Parlaments sorgfältig und intensiv über die Föderalismusreform diskutiert. Jeder Abgeordnete hatte immer wieder die Möglichkeit, sich mit der Reform, wie wir sie jetzt bestimmen, zu beschäftigen. Es ist schon gesagt worden: Der erste Versuch, diese Reform zustande zu bekommen, startete mit einer Reformkommission, die von Dezember 2003 bis Dezember 2004 tagte. Sie ist dann an einigen Fragen gescheitert; etwa fünf waren noch offen. Aber es war schon viel diskutiert worden und es stand schon vieles fest. Viele haben sich ihre Meinung dazu gebildet. Wer politisch interessiert ist - ich hoffe, das gilt für die Abgeordneten dieses Hauses -, konnte im Koalitionsvertrag der jetzigen Regierungsparteien vom 18. November 2005 den kompletten Text und Begründungen dazu nachlesen, wie wir diese Reform in den Bundestag einbringen wollten. Seit November hätte man diesen Text schon einmal zur Hand nehmen und ein bisschen nachlesen können. Wir haben dann weiter diskutiert. Am 7. März ist der entsprechende Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht worden. Wir hatten am 10. März eine erste Lesung, in der in diesem Hause drei Stunden lang darüber diskutiert worden ist. Spätestens seitdem liegt diese Reform für den Letzten, der nichts mitbekommen hat, auf dem Tisch. Seitdem hätte man sich seine Meinung bilden können. ({1}) Einer der Glanzpunkte der Parlamentsgeschichte bzw. der Gesetzgebungsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland gehört zu dem, worüber wir heute diskutieren, dazu: Das ist die gemeinsame Anhörung von Bundestag und Bundesrat. So etwas hat es in dieser Form und in dieser Ausführlichkeit, was diese beiden Verfassungsgremien betrifft, noch nie gegeben. Jeder weiß, wie kompliziert das war; insbesondere die Bank des Bundesrates weiß es. Denn viele waren skeptisch, ob sie sich auf eine gemeinsame Anhörung mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages einlassen sollten. Aber die Anhörung hat stattgefunden und sie war übermäßig erfolgreich. Die Sorge, dass man sich nach den ersten beiden Tagen der Beratung über die allgemeinen Fragen aus dem Plenarsaal in andere Säle begeben müsste, ist schnell gewichen. Man ist in den Plenarsaal zurückgekehrt, weil sehr viele Abgeordnete dieses Hauses an den Beratungen teilgenommen haben. Egal in welchem Fachgebiet sie tätig sind, sie haben hier im Plenarsaal gesessen, sich alles angehört und mitdiskutiert. Das war eine sehr sorgfältige Debatte. ({2}) 56 Stunden Anhörung sind eine ganze Menge; das wissen alle hier. Natürlich handelt es sich um ein wichtiges Gesetz; deshalb war die Beratungszeit angemessen. Die dafür nötige Zeit haben wir uns genommen. Aber jetzt zu sagen, das alles habe nicht stattgefunden, ist nicht sehr überzeugend. Ich glaube, dass der Zeitpunkt gekommen ist, uns unsere Meinung zu bilden und abzustimmen. Ich will Ihnen ein einziges Argument nennen, das mich abschließend überzeugt, dass das, was Sie hier beantragen, völlig überflüssig ist. Wir haben uns unsere Meinung gebildet. ({3}) Ob wir jetzt oder im September oder im Dezember oder im Januar nächsten Jahres abstimmen, die PDS stellt die gleichen Anträge und ist genauso gegen diese Reform. ({4}) Auch unseren Freunden von der FDP und den Grünen fällt nichts Neues mehr ein. ({5}) Insofern glaube ich, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, abzustimmen. Es wurde gut und sorgfältig beraten. Jetzt ist der Zeitpunkt zum Abstimmen. Der Antrag ist abzulehnen. ({6})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Volker Beck, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag ebenfalls zu, obwohl wir keine große Hoffnung haben, dass bei Ihnen Einsicht einkehrt, die Reform zurückzuüberweisen, und dass Sie, wenn wir sie zurücküberweisen würden, in der Tat zu neuen Erkenntnissen kommen würden. Denn um Erkenntnisse geht es Ihnen gar nicht. ({0}) Sie haben lange Anhörungen durchgeführt, dann kurz beraten und fast keine Konsequenzen daraus gezogen. Anhörungen macht man aber, damit man etwas lernt und daraus Konsequenzen zieht. ({1}) Mit dieser Vorlage haben Sie eine große Chance vertan. Sie hätten der Republik deutlich machen können, dass diese große Koalition, diese politische Konstellation, wenigstens zu etwas gut ist, nämlich zu einer Föderalismusreform, die die Frage klärt, welche gesetzgeberische Kompetenz wir auf Bundesebene und welche wir auf Landesebene brauchen und was die Kommunen alleine können, ohne dass ihnen ein anderer Gesetzgeber reinredet. ({2}) Stattdessen haben Sie danach gefragt: Was kann Frau Merkel und was Herr Stoiber und wann macht Herr Müntefering gerade noch so mit? Volker Beck ({3}) ({4}) Deals, Kuhhandel, ADG gegen Föderalismusreform das ist das Ergebnis, das wir heute vorliegen haben. ({5}) Das ist nicht gut für diese Republik. Wir sind in puncto Reformfähigkeit in diesem Land im europäischen Vergleich schlecht aufgestellt. Jemand hat einmal gesagt - ich glaube, es war Herr Stoiber -: Das wird die Mutter aller Reformen. Was wir hier vorliegen haben, ist die Mutter allen Murkses. Deshalb sollten wir Ihnen die Chance geben, noch einmal nachzuarbeiten. ({6}) Liebe Juristen draußen im Land, falls wir hier unterliegen: Genießen Sie die Sommerpause! Die alte Weisheit „Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“ ist nach der Sommerpause Geschichte. ({7}) Denn dann wird es zum Teil zu einer Rechtsfrage drei Gesetzesbeschlüsse geben: Der Bund trifft eine Regelung, von der die Länder jedoch abweichen dürfen. Dann macht der Bund diese Regelung teilweise verbindlich. Da wird der Hund in der Pfanne verrückt und der Bürger fällt vom Glauben ab. ({8}) Ich freue mich, dass die PDS heute diesen Antrag gestellt hat. Das versetzt uns als Opposition in die Lage, zum Ausdruck zu bringen, dass wir diese Reform ablehnen. In der Bibel steht: Eure Rede sei Ja, Ja oder Nein, Nein, was darüber ist, das ist von Übel. ({9}) Damit ist gemeint, dass eine Frage entweder mit Ja oder mit Nein zu beantworten ist. - Wenn Sie bei Ihrer Haltung bleiben, die Sie heute hier einnehmen, dass diese Reform nicht verabschiedungsreif ist und deshalb zurück in die Ausschüsse gehört, dann müssen Sie in den Landesregierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern dafür sorgen, dass im Bundesrat die Zweidrittelmehrheit nicht zustande kommt. ({10}) Ich habe aber gehört, dass Sie in Berlin bereits für billiges Geld einen Deal ausgehandelt haben, wie mir der Bürgermeister von Berlin vor zwei Tagen auf dem SPDHoffest gesagt hat. Deshalb ist der Antrag nicht ganz so ernsthaft, obwohl er in der Sache richtig ist. Weil er richtig ist, nicht weil er unernsthaft ist, stimmen wir ihm zu. ({11})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Die Fraktion Die Linke hat beantragt, den von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes an die Ausschüsse zurückzuüberweisen. Es ist vereinbart, über diesen Antrag jetzt abzustimmen. Wer stimmt für den Antrag auf Rücküberweisung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der drei anderen Fraktionen abgelehnt. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Peter Struck, SPD-Fraktion. ({0})

Dr. Peter Struck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002278, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bezüglich der Debatte um die bundesstaatliche Neuordnung habe ich eine bemerkenswerte Diskrepanz festgestellt: Sie wurde von Landesparlamenten, Ministerpräsidenten, dem Bundestag, von Verbänden, von der gesamten Politik mit größten Engagement und äußerster Leidenschaft geführt. In den Medien, in der veröffentlichten Meinung, spiegelte sich diese Leidenschaft nur in sehr begrenztem Umfang wider. Bei den Bürgerinnen und Bürgern schien das Interesse an dieser Reform erst gar nicht angekommen zu sein. Mitunter waren Kommentare zu hören wie: Ob ihr die Föderalismusreform macht oder nicht, ist den Menschen egal. Sie ist nur wichtig, um die Handlungsfähigkeit der Politik zu beweisen. - Bei anderen hörte es sich an, als ginge es um eine eher folgenlose Neuorganisation von Gesetzgebungstechniken, die die Menschen kaum zu kümmern hätte. Diesen krassen Fehleinschätzungen entgegne ich: Für die Bürgerinnen und Bürger ist es von hoher Bedeutung, wo Entscheidungen gefällt werden, wo Kompetenzen angesiedelt sind und von wem Institutionen beaufsichtigt und geführt werden. ({0}) Unsere Gesellschaft ist vielfältiger und komplizierter geworden. Wir sind fester Bestandteil einer immer größer werdenden und gleichzeitig immer enger zusammenwachsenden Europäischen Union. Wirtschaftlich sind wir mit der ganzen Welt verwachsen. All das macht es notwendig, dass wir als Gesetzgeber schneller reagieren und notwendige Regelungen effizienter treffen können. ({1}) Die Reform, die wir nach jahrelangen Mühen heute endlich beschließen können, bringt eine Neuordnung in das Verhältnis von Bund und Ländern, in die Kompetenzen der verschiedenen staatlichen Ebenen. Sie bedeutet nicht die Auflage eines neuen Grundgesetzes, aber die Runderneuerung des Bewährten, damit es sich auch in den kommenden Jahrzehnten bewähren kann. Die Reform schreibt die gute Tradition unseres Föderalismus fort, nämlich die Solidarität zwischen den Ländern, aber auch die zwischen Bund und Ländern. Manche, auch Mitglieder meiner Fraktion, bezweifeln das und werden das durch ihr Abstimmungsverhalten in manchen Punkten entsprechend zum Ausdruck bringen. Ich habe dafür Verständnis. Als Fraktionsvorsitzender spreche ich heute auch für diejenigen, die glauben, dieser Reform nicht zustimmen zu können. ({2}) Meine feste Überzeugung ist aber, dass es beim solidarischen Föderalismus als Grundlage unserer Verfassung bleiben wird, auch nach dieser Reform. ({3}) Diese Reform wird bezüglich des Verhältnisses von Bundestag und Bundesrat vieles von dem korrigieren, was bei der letzten Staatsreform Anfang der 90er-Jahre zugunsten der Länder eingeführt wurde. Damals lag der Schwerpunkt auf der Dezentralisierung. Vor allem im Osten waren die neu gegründeten Bundesländer identitätsstiftend. Das führte in der damaligen Debatte aus meiner Sicht zu einer Überbetonung der föderalen Seite. Deren Folgen haben wir gerade in den letzten Jahren immer stärker zu spüren bekommen. Bundesstaatliche Regelungen wurden immer schwieriger, wenn es zu Widersprüchen aus einzelnen Ländern kam. Zunehmend drohte das Verfassungsgericht politische Entscheidungen zu ersetzen. Es ist nicht zu dramatisch, wenn man prophezeit, dass der Bund ohne eine Reform in akute Handlungsunfähigkeit geraten wäre. ({4}) Durch einen Kraftakt, der bis in die letzten Tage andauerte, ist es uns gelungen, diese Tendenz zu stoppen. Bundestag und Bundesrat haben sich zusammengerauft. Herausgekommen ist, wie die große Mehrheit meiner Fraktion und ich meinen, Erstaunliches: Die Ministerpräsidenten haben auf große Teile ihrer Vetorechte im Bundesrat verzichtet und im Gegenzug die Befugnisse ihrer Landtage stärken lassen. Es ist ein wesentlicher Erfolg, dass in Zukunft die Landtage und nicht mehr die Ministerpräsidenten im Bundesrat entscheiden. ({5}) Wir Parlamentarier können uns freuen: Die jetzt vorliegende Reform bedeutet eindeutig eine Stärkung des Parlamentarismus in Deutschland, und zwar auf allen Ebenen. ({6}) Gerade vor diesem Hintergrund möchte ich zu der Kritik mancher Kollegen, der Bund habe zu viele Gesetzgebungsbefugnisse an die Länder abgegeben, anmerken: Ich gehe davon aus, dass die Belange der Bürger auch bei den Landesparlamenten in guten Händen sind. Ich habe Vertrauen in die Landtagsabgeordneten. Sie sind nicht dümmer als Bundestagsabgeordnete. ({7}) - Vielleicht gilt das nicht für die FDP. Ich sehe, dass es in Ihren Reihen ein wenig Aufregung gibt. Generell gilt das aber durchaus. Die Zahl der zustimmungsbedürftigen Gesetze wird faktisch halbiert. Das ist ein Erfolg, an den auch ich erst geglaubt habe, als ich das in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages schwarz auf weiß gesehen habe. ({8}) Das ist ein Erfolg für alle, die sich in Zukunft weniger Nächte im Vermittlungsausschuss um die Ohren zu schlagen haben, wo sie auch manche teilweise unsinnigen Entscheidungen getroffen haben. ({9}) Meine Fraktion hat den Entwurf so intensiv diskutiert wie keinen anderen. Wir haben in vier Fraktionssitzungen alle Aspekte des Pakets analysiert. Hinzu kommt die umfänglichste Anhörung, die es jemals gegeben hat. Darüber wurde gerade schon gesprochen. Vor dem Hintergrund dieser Anhörung sind in den letzten Wochen große substanzielle Verbesserungen im Gesetz erreicht worden. Sie wissen, dass ich mich persönlich dafür eingesetzt habe, dass Änderungen erreicht werden. ({10}) Bei der Einbringung des Entwurfs habe ich die Hoffnung geäußert - das geschah zur Überraschung, vielleicht auch zum Missfallen einiger Beteiligter; aber ich bin dazu da, für meine Fraktion und für die Bürger zu arbeiten, nicht zum Gefallen oder Missfallen mancher Personen -, ({11}) dass Verbesserungen und Veränderungen möglich sein müssen. Ich habe seinerzeit die Punkte genannt, die noch einmal erörtert werden müssten. Insbesondere im Bildungsbereich habe ich wie die meisten Bildungspolitiker aller Fraktionen ({12}) und wie nahezu alle Experten eine Korrektur des so genannten Kooperationsverbotes für unumgänglich gehalten. Wir haben die Veränderung erreicht. ({13}) Dem Bund muss es möglich sein und bleiben, die Länder in ihrer Hochschulpolitik finanziell zu unterstützen, und zwar nicht nur beim Hochschulbau, sondern auch in Forschung und Lehre. ({14}) Ich will besonders betonen: Angesichts der dramatisch wachsenden Zahl der Studenten in den nächsten Jahren wäre alles andere unverständlich und unsinnig gewesen. Deshalb haben wir es so geändert. ({15}) Ich bin der festen Überzeugung, dass wir damit dem für die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands wichtigen Hochschulpakt entscheidende Stützpfeiler eingezogen und den Weg für ähnliche Vorhaben frei gemacht haben. ({16}) Deshalb haben wir um diesen Punkt bis zuletzt gekämpft. Ich bin den Ministerpräsidenten dankbar, dass sie darüber noch einmal zu Verhandlungen bereit waren, obwohl sie sich auf ihrer Konferenz am 22. Juni schon ablehnend entschieden haben. Die jubelnde Reaktion der Bundesbildungsministerin auf diesen Erfolg zeigt mir, dass wir diesen Kampf im Sinne der Bundesregierung geführt haben. ({17}) Frau Schavan, Sie können sich darauf verlassen: Wir sind zur Verbesserung des Bildungs-, Wissenschaftsund Forschungsstandorts Deutschland immer auf Ihrer Seite und wenn es sein muss, gehen wir auch gern voran. ({18}) Im Umweltbereich haben wir aus Bundessicht zwar nicht das Ziel aller Wünsche, aber immerhin einen, wie ich meine, ausgewogenen Kompromiss erreicht. Einige Mitglieder meiner Fraktion sehen das explizit anders. Ich weiß und kann nachvollziehen, dass sich die Umweltpolitiker unserer Fraktion ({19}) und Minister Gabriel noch mehr Bundeseinheitlichkeit gewünscht hätten. Aber ich teile die Auffassung des Ministers, dass es viel weniger Länderabweichungen geben wird, als die Kritiker fürchten. ({20}) Ich halte es für wesentlich, dass jetzt der Rahmen für ein einheitliches und vollständiges Umweltgesetzbuch geschaffen wurde. Ein Jahrzehnt hat der Bund das erfolglos versucht. Jetzt hat das Umweltministerium gut drei Jahre Zeit, das UGB zu realisieren. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber ich bin sicher, dass Sigmar Gabriel diese Aufgabe meistern wird. Unsere Unterstützung dafür hat er. ({21}) Für einen entscheidenden Erfolg halte ich es, dass wir das Grundgesetz europatauglicher gemacht und die Stellung des Bundes in Brüssel gestärkt haben. In den meisten Politikfeldern kann der Bund jetzt endlich mit einer Stimme sprechen. Das ist für das Gewicht Deutschlands im Konzert der 25 Mitgliedstaaten ein großer Fortschritt. Dass sich diese Verbesserung nicht auf die Kernkompetenzen der Länder - Schule, Kultur und Rundfunk - bezieht, ist für die Kulturpolitiker der Koalition eine bittere Pille. Ich kann ihre Forderung an die Länder verstehen, geeignete Prozesse zur Abstimmung untereinander und gemeinsam mit der Bundesregierung zu organisieren. Denn auch im Kulturbereich ist es mehr als wünschenswert, dass die Vertretungsverantwortung eindeutig im gesamtstaatlichen Interesse und nicht im Interesse einzelner Bundesländer wahrgenommen wird. ({22}) Bei einem so umfassenden Paket konnten wir alle nur zusammenkommen, da wir zu Kompromissen bereit waren. Die reine Lehre war nicht durchsetzbar. Das Austarieren der Beziehungen zwischen den einzelnen Ebenen und zwischen den Ländern selbst erfordert auf allen Seiten Zugeständnisse. Mein Lehrmeister Hans-Jochen Vogel hat mich entsetzt gefragt: Was habt ihr mit meinem Strafvollzugsgesetz gemacht? ({23}) Er hatte den Vollzug als Justizminister einer sozialliberalen Koalition in die Bundeszuständigkeit geholt. Jetzt wandert der Vollzug wieder in die Verantwortung der Länder. Der Sinn erschließt sich vielen hier im Hause nicht. ({24}) Deshalb werden wir darauf achten, dass diese Verlagerung nicht zu einem Länderwettbewerb um den härtesten Knast in Deutschland führen wird. ({25}) Noch schärfer werden wir im Auge haben, welche Folgen die Abgabe des Heimgesetzes an die Länder hat. ({26}) Für die Fachpolitikerinnen und die Fachpolitiker meiner Fraktion war diese Entscheidung ein schwer zu überwindendes Hindernis dabei, dem Gesetz zuzustimmen, zumal die Mehrzahl der Experten in den Anhörungen ({27}) und die Wohlfahrtsverbände vehement dafür plädiert haben, die Zuständigkeit beim Bund zu belassen. ({28}) Es muss gesichert bleiben, dass die Qualitätsstandards, die Beschwerderechte sowie die im Heimvertrag festgeschriebenen Rechte und Pflichten im Standard nicht gesenkt werden. Es wird auch entsprechende rechtliche Möglichkeiten geben, gegen eine solche Senkung der Standards vorzugehen. ({29}) Gerade ältere, pflegebedürftige und behinderte Menschen bedürfen des besonderen Schutzes. Ich kann die Meinungen der Kolleginnen und Kollegen verstehen. Aber ich vertraue darauf, dass die Abgeordneten in den Landesparlamenten ebenso verantwortlich mit den Rechten und dem Schutz dieser Menschen umgehen, wie wir das bisher auch getan haben. ({30}) Ich will auch nicht verschweigen, dass es Bedenken unserer Jugend- und Familienpolitiker und -politikerinnen zu dieser Reform gibt. Ihre Sorge ist, dass bewährte Behördenstrukturen zerschlagen und Hilfe zurückgefahren werden. Ich teile diese Sorge nicht. Ich habe mich in meiner Fraktion stark dafür eingesetzt, entgegen diesen Bedenken dem Paket zuzustimmen. Aber ich verstehe diese Sorge. Schließlich will ich noch erwähnen, dass es eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen vor allem - aber nicht nur - aus den neuen Ländern gibt, die die Sorge umtreibt, dass ihre Länder im Wettbewerb nicht mehr mithalten können. Sie sehen in einer massiveren Stärkung des Bundes einen Schutzwall vor dem weiteren Auseinanderdriften der Lebensverhältnisse. Ich glaube aber nicht, dass es in Landesparlamenten die Tendenz oder die Neigung gibt, im Wettbewerbsföderalismus zulasten der Rechte der Menschen besser zu werden. Das wird es nicht geben; das darf es auch nicht geben. ({31}) Wir werden auch darüber im zweiten Teil der Föderalismusreform zu entscheiden haben. Die weit überwiegende Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion haben die Bedenken in einzelnen Politikbereichen zugunsten der Gesamtreform zurückgestellt. Ich danke ihnen dafür. Doch dabei möchte ich es nicht bewenden lassen. Wir haben gegenüber diesen Kollegen auch eine Verpflichtung. Wir müssen die Entwicklung an den kritisierten Punkten genau beobachten und notfalls - wenn es denn geht - zum Einschreiten bereit sein. Das sage ich hier für meine Fraktion deutlich zu. ({32}) Es werden sich immer Wege finden. Ich bin mir im Übrigen sicher, dass die Bedenken derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die heute nicht zustimmen können, durch die Verfassungspraxis widerlegt werden. Wenn wir heute diese Reform beschließen, haben wir einen wichtigen Schritt zur Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung abgeschlossen - aber eben nur einen ersten Schritt. Es wird wenigstens der gleichen Kraft, der gleichen Fairness untereinander bedürfen, jetzt in einer weiteren Stufe auch die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern untereinander anzupacken. Wie in den vergangenen Jahrzehnten ist es auch heute so, dass die Länder der Bundesrepublik ungleich stark, ungleich finanziell leistungsstark sind. Bund und Länder haben hier immer ausgleichend gewirkt über den Länderfinanzausgleich. Schwächere Länder haben auf dieses solidarische System immer setzen können. ({33}) Vor allem der Freistaat Bayern hat mehr als drei Jahrzehnte von dieser Solidarität der Länder profitiert, ({34}) bevor er andere davon profitieren lassen konnte und musste. Für meine Fraktion steht fest, dass diese Solidarität bei der Neuordnung der Finanzbeziehungen weiter benötigt wird. ({35}) Wir werden dafür kämpfen, dass diese notwenige Solidarität bei der zweiten Stufe der Verfassungsreform nicht den Interessen der jetzt reichen, starken Länder, nicht einer bloßen Wettbewerbsideologie geopfert wird. ({36}) Für mich persönlich steht fest, dass dieser Ausgleich am Ende nur dann gerecht zu gestalten ist, wenn die Zahl der Länder geringer und ihre Stärke angeglichen wird. ({37}) Auf Dauer werden wir uns dieser Frage nicht entziehen können. Ich weiß, dass die Neuregelung der Finanzbeziehungen einer großen Kraftanstrengung aller bedarf. Aber wir stehen im Wort, auch diese Aufgabe noch in dieser Legislaturperiode in Angriff zu nehmen, mit der gleichen Beharrlichkeit, mit der wir diese erste Stufe zum Erfolg gebracht haben. Dass wir es geschafft haben, verdanken wir der Arbeit vieler. Ich möchte Franz Müntefering und den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nennen, ({38}) die ab 2003 die Föderalismuskommission geleitet haben. ({39}) Ihnen gilt unser besonderer Dank. Dem Rechtausschuss gilt unser Dank für die Vorbereitung und Durchführung der umfassendsten Anhörung, die es in der Geschichte von Bundestag und Bundesrat je gegeben hat. All den Fachpolitikern und Fachpolitikerinnen, die viel Mühe in das Gelingen gesteckt haben, meinen herzlichen Dank und meinen hohen Respekt für die geleistete Arbeit! ({40}) Der Dank gilt aber ebenso den Ländern, die mit uns um eine Lösung gerungen haben. Mit dem heutigen Tag wird diese Koalition das erste große und wichtige Reformvorhaben ihrer Agenda abschließen. Wir haben im Koalitionsvertrag versprochen, dass der Bund mehr Handlungsfähigkeit gewinnt, die Länder dafür im Gegenzug mehr politische Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Das werden wir heute einlösen. Wir werden Deutschland erneuern, Schritt für Schritt, beharrlich und verlässlich. ({41})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Ernst Burgbacher, FDPFraktion. ({0})

Ernst Burgbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003063, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Ziele, die wir mit dieser Föderalismusreform verfolgen, herrscht, glaube ich, in weiten Teilen dieses Hauses Einigkeit: Wir alle haben das Gefühl, wir müssen Deutschland wieder reformfähig machen und der Reformstau muss aufgelöst werden. Wir alle erleben, dass Entscheidungsprozesse bei uns zu lange dauern und dass die Bürger häufig nicht mehr nachvollziehen können, wie Entscheidungen zustande kommen. Deshalb haben gerade die Liberalen mit der Naumann-Stiftung und vielen anderen zahlreiche Vorarbeiten dafür geleistet, dass wir in diese Diskussion einsteigen konnten. Wir bekennen uns nach wie vor zu dem Ziel: Eine Föderalismusreform, die den Namen verdient, braucht dieses Land dringend. ({0}) Wir waren uns auch darüber einig, was dazu geleistet werden muss: Wir müssen den Umfang der Zustimmungspflichtigkeit reduzieren. Das war mit das oberste Ziel. Daneben müssen wir die Kompetenzen klarer trennen. Wir hatten das Ziel, die Rahmengesetzgebung und die Gemeinschaftsaufgaben weitgehend abzubauen. Herr Kollege Struck, hier unterscheiden wir uns überhaupt nicht. Ich glaube, hier herrschte Einigkeit im ganzen Hause. So sind wir damals auch angetreten. Ich darf auch deshalb daran erinnern, weil das für den heutigen Diskussionsprozess wichtig ist: Die FDP-Bundestagsfraktion hatte im Vorfeld der Föderalismuskommission einige Forderungen angemeldet. Die eine war: Wir wollten das lieber in einem Konvent behandeln. Das ist abgehakt. Ich glaube aber, zwei weitere Dinge waren schon wichtig: Wir wollten die Frage der Neugliederung der Länder nicht ausklammern und vor allem haben wir gefordert, die Reform der Finanzverfassung in diese Reform mit einzubeziehen. Ich glaube, es zeigt sich heute - das hat sich auch im Verlauf der ganzen Diskussion gezeigt -: Es war ein Grundfehler dieser Konstruktion, die Reform der Finanzverfassung zunächst zum Tabu zu erklären. ({1}) Ich möchte deutlich sagen: Es war enttäuschend, dass Forderungen von uns auch deshalb abgelehnt wurden, weil sie von der Opposition kamen. Ich will nur ein einziges Beispiel nennen: Man hat in der Kommission und übrigens jetzt auch in den Ausschüssen unendlich lange darüber diskutiert, ob man dem Bund bezüglich der Hochschulen Kompetenzen geben soll oder ob alles zu den Ländern kommen soll. Wir als FDP haben früh einen Entwurf eingebracht, wonach die Hochschulautonomie ins Grundgesetz geschrieben werden sollte, weil es dann eine andere Kompetenzaufteilung geben würde und die Hochschulen autonom wären. Das wäre der richtige Weg gewesen. Leider ist die Mehrheit auf diesem Weg nicht mitgegangen. ({2}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir anerkennen, dass in diesem ersten Reformschritt viele richtige Dinge enthalten sind. ({3}) Der Art. 84 Grundgesetz ist in seiner jetzigen Konstruktion sicher richtig. Die Rahmengesetzgebung ist abgeschafft und es wurden eine gewisse Entflechtung und einiges mehr erreicht. Das wollen wir durchaus anerkennen. Auf diesem Weg haben wir Sie auch immer konstruktiv begleitet. Es gibt für uns aber auch einige Punkte, die uns sehr nachdenklich machen. Der erste Punkt ist das Instrument der Abweichungsgesetzgebung. Ich sehe hier viele, mit denen wir in der Kommission saßen. Sie wissen, dass wir hier immer große Bedenken hatten, ob es richtig sein kann, einerseits die Rahmengesetzgebung abzuschaffen und andererseits mit dem neuen Instrument der Abweichungsgesetzgebung eine Pingponggesetzgebung in Gang zu setzen. Wir hatten Bedenken und wir haben diese Bedenken nach wie vor. ({4}) Wir haben auch Bedenken bezüglich des Art. 104 a Abs. 4 Grundgesetz und fragen uns, ob dies tatsächlich zu einer Reduzierung der Anzahl zustimmungspflichtiger Gesetze führt. Wir wissen, dass uns der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages eine Untersuchung vorgelegt hat, wonach die Gesetze in den letzten beiden Legislaturperioden nur etwa zur Hälfte zustimmungspflichtig gewesen seien. An dieser Untersuchung gibt es aber große Zweifel, weil sie vor allem die Gesetze betrifft, die sowieso nicht umstritten waren. Aber in der Anhörung haben uns einige Experten gesagt: Bei den wichtigen Gesetzen besteht sogar eher die Gefahr, dass die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze erhöht wird. - Für die Auswertung dieses Punktes hätten wir wesentlich mehr Zeit gebraucht, sodass wir ihn vielleicht noch hätten klären können. Er ist bis heute ungeklärt. ({5}) Der entscheidende Punkt für uns war die Reform der Finanzverfassung. Wir haben immer gesagt: Der erste Teil der Föderalismusreform bleibt ohne den zweiten Teil, die Reform der Finanzverfassung, ein Torso. Fast alle Experten in der Anhörung haben uns Recht gegeben und dies bestätigt. Wir haben sehr sorgsam abgewogen, wie stark das Versprechen, das in der Vereinbarung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten sowie in dem Entschließungsantrag enthalten ist, zählt. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass das Versprechen zu schwach ist. Darin wird nämlich nur angekündigt, dass die Vertreter des Bundestags, der Bundesregierung und der Landesregierungen zügig in Gespräche eintreten werden. Wir sind aber schon vor drei Jahren in Gespräche eingetreten. Wir hätten erwartet, dass heute klare Vorgaben - ein Zeitplan und Angaben, in welcher Form die Umsetzung erfolgt - vorliegen. Eine offene Themenliste reicht nicht; notwendig ist vielmehr eine Festlegung, welche Themen auf keinen Fall tabuisiert werden. Das wäre entscheidend gewesen. Sie haben aber nichts dergleichen vorgelegt. ({6}) In dem Beschluss ist zu lesen - ich zitiere Die Regierungschefs der Länder weisen darauf hin, dass sie vor Aufnahme dieser Gespräche die Thematik in einer Konferenz nach der Sommerpause … behandeln werden. So etwas haben wir im Mai 2004 schon einmal erlebt, als die Ministerpräsidenten einen gemeinsamen Beschluss gefasst haben - darin sehe ich den Grundfehler des gesamten Vorhabens -, der zwar ein Kompromiss auf einem sehr kleinen gemeinsamen Nenner war, der aber die weitere Arbeit in jeder Phase behindert hat. Nun wird man wieder beschließen, was alles nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden darf. Das wird das Ende der Reform der Finanzverfassung bedeuten. Deshalb können wir dieses Vorhaben nicht mittragen. ({7}) Ganz Deutschland ist zurzeit im Fußballfieber. Wir alle erleben, dass sich etwas geändert hat. Jahrelang haben wir beklagt, dass bei unserer Mannschaft der Ball hin und her geschoben und zurückgespielt wird, dass aber kein Angriff stattfindet. Jetzt sind wir alle begeistert, wie Klinsmann es geschafft hat, dass das Spiel an Tempo gewonnen hat und nach vorne gespielt wird. Genau das bräuchten auch wir, aber dazu taugt Ihr Konzept nicht. Auch bei diesem Konzept wird der Ball wieder nach hinten gespielt. Wir brauchen aber einen Befreiungsschlag nach vorne. Daran haben wir mitgearbeitet. Das Ergebnis, das Sie uns vorlegen, ist in keiner Weise ein solcher Befreiungsschlag. Es fehlt vor allem eine verlässliche Grundlage für den zweiten Schritt, die Reform der Finanzverfassung. Deshalb wird die FDP-Bundestagsfraktion den Gesetzentwurf heute in ihrer großen Mehrheit ablehnen. Wir sind aber weiter zu allen konstruktiven Gesprächen bereit, die unser Land nach vorne bringen. Dafür haben Sie unser Wort. Herzlichen Dank. ({8})

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002318

Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Bosbach, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Wolfgang Bosbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002632, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kontroverse und hitzige Geschäftsordnungsdebatte hat gezeigt, wie wichtig das Thema ist, über das wir heute beraten und entscheiden. Es ist verständlich, dass man hart ringt. Unverständlich ist allerdings, dass der Eindruck erweckt wird, hier würde irgendetwas im Hauruckverfahren - sozusagen im Sprint - durchgezogen. ({0}) Wir haben einen Marathonlauf hinter uns und würden keinen besonders guten Eindruck hinterlassen, wenn wir jetzt fünf Meter vor dem Ziel kollabierten. ({1}) Herr Burgbacher, ich greife gerne Ihr Bild aus dem Fußball auf. Sie haben uns zu Recht mit Fußballspielern verglichen. Heute Morgen beschließen wir die Föderalismusreform; heute Nachmittag stellen wir die Weichen für das Halbfinale. ({2}) - Erst einmal müssen wir ins Halbfinale kommen, Frau Künast. Wir müssen immer die richtige Reihenfolge einhalten. ({3}) Herr Burgbacher, Sie haben doch dem Antrag zugestimmt, die Reform der Finanzverfassung zu vertagen. Glauben Sie, dass eine Mannschaft einen guten Eindruck auf die Zuschauer macht, wenn sie fünf Minuten vor Spielende das Spielfeld verlässt und ankündigt, noch einmal ins Trainingslager zu gehen, weil sie noch ein bisschen üben will? ({4}) Herr Kollege Struck, Sie haben hinsichtlich der Länderfinanzen richtigerweise darauf hingewiesen, dass der Freistaat Bayern über lange Jahre hinweg ({5}) Nehmerland war und vom Länderfinanzausgleich profitiert hat. Sie hätten aber auch ergänzend hinzufügen müssen, dass bis zum Jahr 2006 der Freistaat Bayern mehr als doppelt so viel in den Länderfinanzausgleich eingezahlt hat, als er früher erhalten hat. Es gibt kein solidarischeres Land als den Freistaat Bayern. ({6}) Der Freistaat Bayern ist das einzige Bundesland, das vom Nehmerland zum Geberland geworden ist. Wenn alle Bundesländer Geberländer wären, dann brauchten wir keine Neuordnung der Länderfinanzbeziehungen. ({7}) Jetzt kommen wir zu den Details. Worum geht es? Es geht um die größte Staatsreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es geht um die Entflechtung der viel zu dichten Verflechtung der Bund-LänderBeziehungen, deren Folge die gegenseitige Blockade nicht nur, aber auch im Gesetzgebungsverfahren war. Es geht um die klare Abgrenzung der Kompetenzen der Länder von den Kompetenzen des Bundes und es geht um die Stärkung der Demokratie, damit die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft erkennen können, welche politische Ebene für welches Thema zuständig ist und wer die alleinige Verantwortung trägt. Es geht darum, dass diese Verantwortung nicht mehr auf die jeweils andere parlamentarische Ebene abgewälzt werden kann. Die Bürgerinnen und Bürger haben davon einen Vorteil. Sie sind Gewinner dieser Reform. Gewinner ist aber auch der Bund. Es wäre doch für uns alle ein enormer Fortschritt, wenn in Zukunft diejenigen Gesetze, die wir hier beraten und beschließen, eins zu eins im Bundesgesetzblatt stehen würden. Das wäre doch ein Gewinn für uns alle. ({8}) Wir haben über Jahrzehnte hinweg - das ist schon fast die Regel - unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und im Bundestag gehabt. Fast zwei Drittel aller Gesetze sind zustimmungspflichtig. Sie können nur in Kraft treten, wenn auch der Bundesrat zustimmt. Das eigentliche Gesetzgebungsorgan ist in den letzten Jahrzehnten der Vermittlungsausschuss geworden, der immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt hat. Wenn wir wieder Vertrauen in die Politik und in uns Politiker zurückgewinnen wollen, dann ist Transparenz das oberste Gebot. Dann muss der Deutsche Bundestag wieder in öffentlicher Sitzung als Forum der Nation über seine eigenen Gesetze endgültig entscheiden können. ({9}) Es soll sogar vorgekommen sein, dass im Vermittlungsausschuss sachfremde Materien miteinander verkoppelt worden sind, dass Tauschgeschäfte gemacht wurden. ({10}) Die Koalition hat vor wenigen Tagen gezeigt, dass es auch völlig anders geht. ({11}) Wir wollen die Reformziele durch eine Reduzierung der Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze von jetzt gut 60 Prozent auf gut 30 Prozent erreichen. Das ist in unserem Interesse. Das soll Zug um Zug gegen die Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen, die jetzt noch der Bund hat, an die Länder geschehen. Wir wollen den Typ Rahmengesetzgebung abschaffen und wir wollen den neuen Typ Abweichungsgesetzgebung in das Grundgesetz aufnehmen. Wir wollen das Grundgesetz europatauglicher machen. Wir etablieren einen nationalen Stabilitätspakt. Das ist in unserem Interesse, im Interesse des Bundes. Und - das freut auch den Innenpolitiker -: Wir wollen unserem Bundeskriminalamt eigene Kompetenzen zur Terrorbekämpfung geben. Das Konzept, das Ihnen heute zur Abstimmung vorliegt, stößt auf Zustimmung, aber auch auf Kritik. ({12}) Die einen sagen, das sei der Königsweg, die anderen sagen, das sei ein Irrweg. - Was kann einem Politiker der Union Besseres passieren, als von links außen kritisiert zu werden. Das ist für uns geradezu eine Auszeichnung. ({13}) Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hätte sich an der einen oder anderen Stelle andere Lösungen vorstellen können. Ich nehme als Beispiel das Thema Beamtenrecht. Es waren gerade die Länder, die Anfang der 70er-Jahre den Bund händeringend darum gebeten haben, im Beamtenrecht für die Besoldung, für die Versorgung und für das Laufbahnrecht einheitliche Regelungen zu schaffen. Jetzt wollen die Länder den entgegengesetzten Weg gehen. Sie weisen aus ihrer Sicht nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass 89 Prozent der Beamtinnen und Beamten in der Bundesrepublik Deutschland nicht Bundesbeamte, sondern Länder- und Kommunalbeamte sind, also ihre eigenen Leute. Deswegen müssen wir doch zumindest respektieren, dass sie eine größere Personalhoheit über ihre eigenen Landesbediensteten haben wollen. Ich werbe aus voller Überzeugung für diese Reform. Sie ist für die Modernisierung des Landes und für die Stärkung der Demokratie wirklich unerlässlich. Sie ist ein fairer Kompromiss zwischen den politischen Interessen, die der Bund - also wir - hat, und den legitimen Anliegen der Länder. Im Detail wären andere Regelungen gut zu begründen; der Kollege Struck hat auf die Themen Strafvollzug und Heimrecht hingewiesen. Es wäre jedoch unverantwortlich, wegen Bedenken im Detail, die es auch bei uns gibt, die gesamte Reform komplett scheitern zu lassen. ({14}) Das wäre nach jahrelangen Verhandlungen wirklich eine Blamage für uns alle. Wenn ich „alle“ sage, dann meine ich Regierung und Opposition. Es soll niemand glauben, dass er davon einen Vorteil hätte! ({15}) Hierdurch hätte sich das Thema Föderalismusreform - von deren Notwendigkeit sind wir alle überzeugt - für Jahrzehnte erledigt; das muss man wissen. Unverantwortlich wäre es vor allem deshalb, weil ein Scheitern dieser Reform das Symbol für die Selbstfesselung des Staates und Ausdruck der Reformunfähigkeit unseres Landes wäre. Es soll niemand glauben, dass er als Parlamentarier, dass der Deutsche Bundestag als Gesetzgebungsorgan, dass die Länder einen Vorteil davon hätten, wenn wir scheiterten. Das Gegenteil ist richtig. Es ist richtig, dass wir Kompetenzen an die Länder abgeben. Warum aber wird dauernd unterschlagen, dass die Länder auch Kompetenzen an den Bund abgeben? Richtig ist, dass der Bund jede Menge neuer Kompetenzen erhält. Der für mich bedeutendste Gewinn besteht darin, dass zukünftig zwei Drittel aller Kompetenzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung von der so genannten Erforderlichkeitsklausel befreit werden. ({16}) Spätestens durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Juniorprofessur haben die Länder eine unglaublich starke Stellung im Verfassungsgefüge, genauer gesagt bei der Gesetzgebungstätigkeit des Bundes. Es ist in unserem ureigenen Interesse, dass wir möglichst viele Gesetzgebungsmaterien von dieser Klausel befreien. Wenn das geltende Recht weiterhin Bestand hätte, bestünde die reale Gefahr, dass weite Teile des Bundesrechtes komplett versteinern und wir überhaupt nichts mehr ändern können. ({17}) Dauernd schwebte das Damoklesschwert der Rechtsunsicherheit über jedem Gesetz und auch den entsprechenden Verwaltungsakten der Länder. Das kann doch nicht in unserem Interesse sein. Die Länder bekommen Kompetenzen dort, wo sie schon jetzt für den Vollzug der Gesetzgebungsmaterien zuständig sind. Thema Strafvollzug; Kollege Struck hat es angesprochen. Ich teile das, was er sagt, füge aber Folgendes hinzu: Es war der Bund, der den Ländern die Kompetenz für den Strafvollzug angeboten hat. Die Länder haben dieses Angebot angenommen. Dass man sie dann dafür kritisiert, dass sie ein Angebot des Bundes annehmen, ist nicht in Ordnung. ({18}) Die Länder erhalten nicht nur mehr Kompetenzen. Sie erhalten auch eine größere politische Verantwortung. Wir sollten keinen Zweifel daran haben, dass die Länder dieser Verantwortung auch gerecht werden. Die Kolleginnen und Kollegen in den deutschen Landtagen sind doch genauso verantwortungsbewusst wie wir. Sie alle müssen sich in gleicher Weise wie wir vor der Öffentlichkeit für ihr Tun oder Unterlassen rechtfertigen. Wir dürfen doch nicht glauben, dass wir als Bundesgesetzgeber, nur weil wir eine größere Einheit bilden, per se der bessere Gesetzgeber seien. Die Länder bekommen Kompetenzen und Verantwortung und werden sie auch wahrnehmen. ({19}) Bedenken gibt es natürlich auch bei der Abweichungsgesetzgebung. Aber es ist nicht richtig, dass der Bund im wichtigen Bereich Natur- und Umweltschutz bislang die volle Regelungskompetenz hatte. Das ist schlicht falsch. ({20}) Erst durch die Reform bekommt der Bundesgesetzgeber eine Vollkompetenz. Erst durch diese Reform hat der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit, zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein Umweltgesetzbuch vorzulegen. Es ist nicht richtig, dass die Länder beim Umweltrecht generell vom Bundesrecht abweichen dürfen. Sie erhalten Abweichungsrechte dort, wo der Bund bislang nur eine Rahmenkompetenz hatte. Es ist auch richtig, dass wir den Typ Rahmengesetzgebung abschaffen; denn er hat sich nicht bewährt. ({21}) Der Bund sagt: Wir würden euch Landeskindern gerne ein wunderschönes Kunstwerk hinstellen, aber wir dürfen leider nur den Rahmen zimmern; das Bild liefern die Länder. - Die Länder sagen: Wir würden tolle Kunstwerke fabrizieren, aber der Rahmen ist so groß, dass man vor lauter Rahmen das Bild nicht sehen kann. - So schiebt jeder die politische Verantwortung auf den anderen. Das nützt niemandem. Deswegen müssen wir damit heute ein Ende machen. ({22}) Der Bund hat zukünftig Umweltkompetenzen mit Abweichungsmöglichkeiten. Das ist richtig. Der Bund hat zukünftig aber auch Umweltkompetenzen ohne Abweichungsmöglichkeiten - beispielsweise bei Luft, Lärm und Abfallwirtschaft - und es wäre gut, wenn wir auch in der heutigen Debatte keinen gegenteiligen Eindruck erweckten. Jede Abweichung, die die Länder vornehmen wollen, muss doch gut begründet sein. Was kann unserem Land eigentlich mehr nutzen als ein wirklicher Wettbewerb innovativer, kreativer Ideen? Ein Wettbewerb um die besten Lösungen ist das Beste, was diesem Land passieren kann, übrigens nicht nur beim Thema Föderalismus. Es bleibt die vielfach gestellte Frage - es ist schon angesprochen worden -, warum wir keine Länderneugliederung - sprich: eine Reduzierung der Zahl der Bundesländer - erörtert und ins Auge gefasst haben. Die Bundesländer haben eine sehr unterschiedliche Größe, sehr unterschiedliche Einwohnerzahlen und eine sehr unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft. Ebenso notwendig wie diese Reform - ich stimme sofort zu, Herr Burgbacher - ist eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Das erste Thema ist mit dem zweiten Thema untrennbar verbunden. Aber eine Länderneugliederung, genauer gesagt: eine Neugliederung des Bundesgebiets, kann nicht von uns, also von oben, verordnet werden. ({23}) Neue Länder lassen sich nicht gegen die Herzen der Menschen schaffen. ({24}) Wenn die Menschen ihr Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen haben, wenn sie sich mit einem Land, mit einem Stadtstaat identifizieren, dann kann es nicht Sache anderer sein, ihnen diese Identifikation zu nehmen. Deswegen müssen wir die Menschen zunächst von der Notwendigkeit einer Länderneuordnung überzeugen. Wenn das geschehen ist, dann müssen wir sie darüber entscheiden lassen. Meine herzliche Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie dieser Reform zu! Sie ist in unserem eigenen Interesse. Sie ist im Interesse des Landes und im Interesse aller Menschen, denen wir verpflichtet sind. Danke. ({25})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Bodo Ramelow für die Fraktion Die Linke. ({0})

Bodo Ramelow (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003824, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Werte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass niemand bezweifelt, dass die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im föderalen Aufbau und beim Zusammenspiel zwischen Ländern und Bund entflochten werden mussten und müssen. Auch wir waren stets dafür, dass der Föderalismus immer wieder einer Tauglichkeitsprüfung unterzogen wird. Auch wir waren der Meinung, dass es nicht deswegen so bleiben muss, weil es so ist, wie es ist. Jetzt wird nach einer Länderneuordnung gefragt: Ich kann nur zustimmen, wenn behauptet wird, dass eine solche Neuordnung von den Herzen der Menschen getragen sein muss. Als gebürtiger Niedersachse muss ich trotzdem einmal fragen: Welche Rolle und Funktion hat eigentlich Bremerhaven noch in Deutschland? Welche Besonderheit liegt dem eigentlich zugrunde? Eine andere Frage lautet: Wie ist es mit dem Verhältnis der Länder, was Größe, Vermögen und Substanz angeht? Um beim Bild des Fußballspiels zu bleiben: ({0}) Ich habe das in der Bundesrepublik Deutschland immer so verstanden, dass beim Zusammentreffen verschiedener Mannschaften Spielregeln gelten und dass es notwendig ist, diese Spielregeln auch zu beachten, damit es Fairplay gibt. Der Vertreter der CDU/CSU hat eben gesagt: Alle Länder werden dann Geberländer; das wäre doch ein schönes Ziel. Wenn ich die am Start stehenden Länder betrachte, dann stelle ich fest, dass eine ganze Reihe von diesen Ländern schon beim Start gehandicapt sind. Wenn man ihnen erst einmal die Beine festbindet und gleichzeitig von einem ausgeglichenen Wettbewerb spricht, dann geht das ganze Vorhaben schief. Man hat 1968/69 in der alten Bundesrepublik Deutschland über die Frage der Neuordnung des Föderalismus heftig und trefflich gestritten. Dann hat man den kooperativen Föderalismus im Grundgesetz verankert. Das war die letzte größere Operation am Grundgesetz. ({1}) - Ja. - Man kann auf Zitate von Herrn Benda von der Union zurückgreifen. Er hat damals gegen den Wettbewerbsföderalismus klare Position bezogen. Der damalige niedersächsische Finanzminister von der SPD hat gesagt, er spreche klar gegen den Separatismus. Wenn man jetzt, 2005/06/07, an die Neuordnung der föderalen Beziehungen geht, muss man sich doch erst einmal ein Ziel stecken. Das vermisse ich. Zu definieren ist doch: Geht es um einen kooperativen Föderalismus oder um Wettbewerbsföderalismus? ({2}) Ich habe den Eindruck: Hier ist ein fauler Kompromiss aus Parteizentralen heraus gezimmert worden, die auszuhandelnde Prozesse außerhalb dieses Parlaments miteinander organisieren. Die so genannte Mutter der Reformen, von der hier die Rede ist, führt dazu, dass am Ende offenkundig die stärkeren Länder die Gewinner sein werden und gleiche Arbeits- und Lebensbedingungen in der Bundesrepublik nicht mehr ein Ziel sind, das dem Grundgesetz entspricht und durchgesetzt werden soll. ({3}) Ich will es an ein paar Beispielen festmachen. Wenn es um einen Nationalstaat Bundesrepublik Deutschland geht, der im Grundgesetz verankert ist, dann frage ich mich, wie man am Ende dazu kommen kann, dass die Außenvertretung in bestimmten Bereichen, nämlich Bildung, Rundfunk und andere, nach dem Grundgesetz in Zukunft beim Bundesrat und nicht mehr bei den Institutionen des Nationalstaats angesiedelt ist. Ich hätte gern eine Antwort von Ihnen darauf gehabt. Das haben zum Beispiel die Vertreter des Bundesrates während der großen Anhörung hier vorgetragen, von der Sie, Herr Scholz, geredet haben. Die Anhörung hat stattgefunden, nur, zugehört haben Sie offenkundig nicht, weil Sie nicht zuhören wollten. ({4}) In Art. 23 Grundgesetz steht nach wie vor: Die Außenvertretung übernimmt der Bundesrat. - Das heißt, an der Stelle wird das Grundgesetz nicht einmal im Sinne des Lübecker Konvents geändert, auf dem alle Parlamente gesagt haben: „Wir brauchen wieder mehr Kompetenzen für alle Parlamente“, weil der Bundesrat von den Staatskanzleien und nicht von den Länderparlamenten verwaltet wird. Was machen Sie hier eigentlich ordnungspolitisch? Sie übertragen Kompetenzen, die der Bundesstaat hat, auf Ländervertreter, ohne dass diese noch parlamentarisch kontrolliert sind. Ich halte das für einen katastrophalen Irrweg. ({5}) Eine weitere Anmerkung. Sie haben nicht einmal den Mut, dann, wenn Sie schon mit den Ländern verhandeln, das Konnexitätsprinzip durchzusetzen, und zwar im Grundgesetz und in den Landesverfassungen, damit in Zukunft klar ist: Wenn es um die Kommunen geht, gilt: Wer bestellt, bezahlt. ({6}) - Dann hätten Sie es gleich mit verhandeln können! Nicht nur hier rumschreien, sondern mit verhandeln, damit die Länder, wenn sie denn schon von uns verlangen, dass wir das Grundgesetz ändern, ihre Landesverfassungen gleich mit ändern mit dem Ziel, dass das Konnexitätsprinzip durchgehalten wird! Noch eine Anmerkung, auch zur historischen Dimension. Wir hatten schon einmal die Gelegenheit, über Länderneuordnung, Föderalbeziehungen und andere Dinge ernsthaft miteinander zu streiten. Das war 1990. Der Art. 146 Grundgesetz hätte uns den Weg geöffnet. Ich zitiere, Frau Präsidentin: Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. Indem Sie hier jetzt einen parteipolitischen Hickhack veranstalten, der machtpolitisch die Südstaaten in Deutschland stärken wird, betrügen Sie das ganze deutsche Volk um eine Verfassungsdebatte; Sie sind nicht gewillt, mit der Bevölkerung über Föderalbeziehungen und das Grundgesetz als Ganzes zu reden. ({7}) Dazu sage ich - ich habe das bei Beginn dieser Debatte hier schon einmal dargelegt -: Mehr direkte Demokratie - Herr Beck, Sie hatten das bei Rot-Grün einmal auf der Tagesordnung - hätten wir jetzt einführen können, und zwar im Grundgesetz und in den Landesverfassungen. Es gibt eine von Bürgern getragene große Initiative für direktdemokratische Elemente. Warum reden wir dann, wenn wir bei der Föderalismusreform so massiv ans Grundgesetz gehen, nicht auch einmal über solche Elemente, die das Grundgesetz den Bürgern näher bringen? Sie schützen die Bürger vor uns. Das halte ich für den Fehler. ({8}) - Ja, die Landesverfassungen sollte man gleich mit ändern, wenn wir schon von den Ländern gezwungen werden, Unsinn zu machen. Der Vertreter der CDU hat ja gerade für den Bereich Strafrecht bestätigt, dass wir Unsinn machen. Sie von der CDU geben das hier zu Protokoll; Sie von der SPD bestätigen das. Wir aber sollen das abnicken. Warum machen wir so einen Unsinn, wenn alle Beteiligten sagen, das Strafrecht darf nicht dem Wettbewerbsföderalismus ausgesetzt werden, sondern wir brauchen einheitliche Normen? ({9}) - Strafvollzugsrecht. Nun aber werden die Knäste nach Finanzlage ausgestattet und jeder Regionalfürst kann sich austoben und durch Anwendung eigener Law-andOrder-Prinzipien versuchen, bei seinem Wählervolk auf dem Rücken der Einheitlichkeit des Strafvollzugs zu punkten. Ich halte das für einen Weg in die falsche Richtung. ({10}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun zum Thema Bildung: Ich nehme es Ihnen von der sozialdemokratischen Fraktion übel ({11}) - schreien Sie nur; Sie werden darüber überall in Ihren Wahlkreisen zu diskutieren haben -, dass Sie erst große Initiativen gestartet haben, um die Rückübertragung der Zuständigkeit für Bildung, also den Weg in die Kleinstaaterei, der angesichts der verheerenden PISA-Ergebnisse ein Fehler ist, zu verhindern. Sie haben davon gesprochen, dass wir nationale Standards brauchen. Die letzte Regierung hat von dieser Zuständigkeit sogar gesetzlich Gebrauch gemacht, indem sie ein Programm für mehr Ganztagsschulen auf den Weg gebracht hat. Jetzt geben Sie das einfach für ein Linsengericht ab, ({12}) indem Sie ein Verfahren bezüglich neuer Regelungen für Hochschulen einführen, das die Einstimmigkeit der Länder voraussetzt. Was für einen faulen Kompromiss machen Sie da nur! Sie begeben sich in die Hand eines einzelnen Landes, wenn Sie auf Bundesebene Kompetenzen wahrnehmen wollen. Das heißt, in Zukunft diktiert eine Minderheit über das, was wir hier im Parlament machen, weil ein einziges Land alles verhindern kann. Welch ein Unsinn! ({13}) Wir bekommen keine Bildungsoffensive mehr hin, wir können keine nationale Diskussion über Bildungsstandards führen, die angesichts der schlechten Ergebnisse in den Bereichen Lesen, Rechnen und Schreiben nötig wäre. Die PISA-Studie hat uns ja gerade ins Stammbuch geschrieben, dass wir da ganz hinten liegen. Statt Möglichkeiten offen zu halten, in die Zukunft unserer Kinder zu investieren, in das einzige Vermögen unserer Gesellschaft, nämlich die Bildung und damit in die Köpfe unserer Menschen, ({14}) geben Sie diese Kompetenz für ein Linsengericht der Machtteilhabe ab. Sie werden Ihrer Verantwortung angesichts der historischen Dimension dieser Reform nicht gerecht. ({15}) - Ach, Herr Beck, wieder ein Einwurf zu Berlin. Das ist so lächerlich wie kleingeistig. Ich wollte nichts dazu sagen, aber da Sie es jetzt noch einmal ansprechen, nur so viel: Schon zur Zeit der rot-grünen Regierung haben Sie unsinnigen Föderalismusregelungen zugestimmt, die dem entsprachen, was hier jetzt gerade beschlossen werden soll. ({16}) - Herr Beck, hören Sie doch einmal eine Sekunde zu. Als die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung eingesetzt wurde, in die Vertreter aller Parteien entsandt werden sollten, war es Ihre Partei, die es der PDS bzw. den Mitgliedern von PDS-Landtagsfraktionen verwehrt hat, wenigstens mitzuarbeiten. Sie haben uns außen vor gelassen, obwohl Sie nicht einmal annähernd so viele Landtagssitze wie wir allein in den neuen Ländern haben. ({17}) Vielen Dank, Herr Beck: Sie sollten, um biblisch zu bleiben, nicht nur immer vom Span im Auge des anderen reden, sondern auch den Balken vor Ihrem Kopf beachten. ({18}) Auch zum Thema Dienst- und Beamtenrecht möchte ich eine Bemerkung machen: Hier geht es nicht nur um die Frage der einheitlichen Besoldung, sondern Sie schaffen auch die Möglichkeit der Einführung von 16 Länderrechten.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Künast?

Bodo Ramelow (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003824, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Nein, danke. ({0}) - Sie können doch hinterher eine Kurzintervention machen. - Statt den Mut aufzubringen, ein einheitliches, modernes nationales Dienstrecht in Deutschland auf den Weg zu bringen, bei dem die Trennung in Arbeiter, Angestellte und Beamte aufgehoben wird, wählen Sie den Weg in die Zwergstaaterei. 16 Länder-Beamtenrechte! Wo leben wir denn? Das führt zu einer weiteren Aufsplitterung aller dienstrechtlichen Vorschriften, die nichts mit einer Modernisierung unseres Staates zu tun hat. Sie sind wirklich keine Modernisierer, sondern Sie machen einen Rückwärtsschritt in Kleinstaaterei und Föderalismus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was hier vorliegt, ist nicht die „Mutter aller Reformen“, von der ein langjähriger Ministerpräsident gesprochen hat. Nein, das ist ein Zombie aus Schwiegermutter und Stiefmutter. ({1}) Sie haben nicht den Mut, so etwas auf den Weg zu bringen. Deswegen haben wir Sie heute Morgen gebeten, den Gesetzentwurf an die Fachausschüsse zurückzugeben, damit Sie sich noch einmal vor Augen führen können, was die Fachleute dazu gesagt haben. Sie betrügen uns um die fachliche Debatte. Sie haben noch weitere Möglichkeiten, etwas zu ändern. Die erste Möglichkeit war: Rücknahme und Überarbeitung des vorgelegten Gesetzentwurfs. Die zweite Möglichkeit heißt: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Die letzte Möglichkeit besteht darin - hier gebe ich dem Kollegen Reiche von der SPD Recht -, dass Sie Mut fassen und eine Verfassungsdebatte führen, an der das deutsche Volk teilhat und die den Menschen die Möglichkeit gibt, abzustimmen. Nicht nur die Politiker, sondern auch die Bevölkerung sollte darüber entscheiden, ob wir in einem Land leben wollen, in dem die Stärken und die Schwächen über den Nationalstaat ausgeglichen werden, oder ob wir in einem Land leben wollen, in dem die wirtschaftlich Stärkeren bestimmen, wo es langgeht. Vielen Dank. ({2})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat nun das Wort die Kollegin Renate Künast.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit einem sehr ernsthaften Thema. Das sage ich gerade im Hinblick auf meinen Vorredner. ({0}) Die Menschen draußen erwarten, dass die politischen Entscheidungen näher an sie herankommen, dass Bund und Länder nach der angestrebten Föderalismusreform handlungsfähiger sind, dass Blockaden zwischen Bundestag und Bundesrat abgebaut werden, dass die LandRenate Künast tage wieder stärker werden, dass es nicht einen reinen Föderalismus gibt, in dem ausschließlich die Landesregierungen das Geschäft bestimmen, und dass die Reform dazu führt, dass Deutschland als Nettozahler der Europäischen Union seine Interessen in Europa besser vertreten kann. ({1}) Ich muss Ihnen, meine Damen und Herren von der großen Koalition, an dieser Stelle leider sagen, dass Ihre Vorlage diesen Herausforderungen nicht gerecht wird. Ihre Vorlage ist nicht die „Mutter aller Reformen“ und auch nicht das „Meisterstück der großen Koalition“, sondern allenfalls ein Scheinriese. ({2}) Herr Bosbach, Sie haben auf die deutsche Fußballnationalmannschaft rekurriert und darauf hingewiesen, dass man nicht mitten im Spiel aussteigen könne. Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen: Ihr Beispiel ist falsch. Vielmehr geht es um die Nachspielzeit. Man kann ein Spiel auch in den zwei Minuten der Nachspielzeit gewinnen. Diese Chance wollten wir Ihnen heute eigentlich geben. Aber Sie haben sie ausgeschlagen. ({3}) Da Krista Sager und ich das besondere Glück hatten, in den letzten zwei Jahren dabei zu sein, kennen wir das Vorspiel zu dieser Aufführung und wissen wir, dass Ihre Vorlage das Ergebnis sehr vieler sachfremder Deals ist, die das Land nicht weiterbringen. ({4}) Eines stimmt auf jeden Fall: So viel Anhörung war noch nie. Aber eine Anhörung macht nur Sinn, wenn daraus irgendetwas folgt. Bei Ihrer Vorlage ging es allerdings nicht um die Berücksichtigung des Sachverstands, sondern nur um sachfremde Deals. ({5}) Mich erinnert Ihre Vorlage an 1994. Damals hat man ebenfalls Deals gemacht und die Erforderlichkeitsklausel in die Verfassung aufgenommen. Heute stellen wir aber fest, dass die Rechtsprechung dazu mehrere Bände füllt. Diese Klausel hat dem Land ständig Probleme bereitet. Genau das setzen Sie fort. Ihre Regelung zum Art. 104 a des Grundgesetzes, zu der Mitentscheidung der Bundesländer über den Bundesrat bei Geldleistungen und geldwerten Sachleistungen, ist das neue Einfallstor für Blockaden und Gänge nach Karlsruhe. Das bringt das Land nicht weiter. ({6}) Frau Merkel, was heute vorliegt, ist keine Reform aus einem Guss, sondern entspricht für meine Begriffe dem üblichen Moderieren und Lavieren einer großen Koalition. Das führt allenfalls zu einem Artikelgeschacher, aber nicht zu einer Lösung. Herr Ramelow, ich sage Ihnen, der Sie gerade meine Zwischenfrage scheuten, zu Ihrem Vorwurf, ein Brett vor dem Kopf zu haben: Ich hätte es gern gesehen, wenn sich die Bundesländer, in denen die PDS an der Regierung beteiligt ist, in den letzten Jahren konstruktiv geäußert und akzentuiert hätten. ({7}) In Berlin zum Beispiel war die PDS ein Totalausfall. ({8}) Da hat sie nur an die Hauptstadtklausel gedacht. Es ist einer Hauptstadtregierung nicht würdig, dass sie sich nicht auch ums gesamte Land verdient macht. Ich war häufig dort und kann mich an keinen entsprechend agierenden PDSler und schon gar nicht an eine Vorlage erinnern. So viel zum Thema „Holz vorm Kopf“. Ich kenne aber auch die Schwächen des Stoiber/ Müntefering-Papiers, das quasi als Vorlage diente. Es war schlecht und wir Grünen haben ihm nie zugestimmt. Die heutige Vorlage ist im Vergleich dazu noch schlechter. Sie haben sie verschlimmbessert, statt die Fehler zu beseitigen. ({9}) Lassen Sie mich zu einzelnen Punkten kommen und mit Bildung und Wissenschaft anfangen. Herr Struck hat zu der Vorlage hier vor einigen Monaten gesagt: Diese Regelung würde nämlich konkret bedeuten, dass der Bund generell in der Bildungspolitik keine Akzente mehr setzen darf. Er schließt dann die Frage an: „Ist das wirklich gewollt?“ Heute können wir Herrn Struck sagen: Diese Koalition will es. Die Herren Stoiber, Koch und Wulff wollen es. Es wird nicht zum Nutzen, sondern zum Schaden dieses Landes sein, zum Schaden der Kinder dieses Landes. Deshalb bitte ich Sie von den Sozialdemokraten, sich genau zu überlegen, was für einer Vorlage Sie da zustimmen. ({10}) Gerade die Eltern und Kinder in den finanzschwachen Ländern werden in der nächsten Zeit fragen: Weshalb haben Sie eigentlich die Möglichkeit einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund und Ländern ausgeschlossen? Warum soll es kein konkretes Zusammenwirken mehr geben? - Ich sage gerade in Richtung SPD: Wir wissen doch, dass zu den Kernkompetenzen eines Landes in Bezug auf dessen Zukunftsfähigkeit und auf die Zukunftsfähigkeit jedes einzelnen Kindes in diesem Land die Bildungsfrage gehört. Deshalb sollten wir uns in diesem Bereich gemeinsam anstrengen können. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Bildungspolitik ist vorsorgende Sozialpolitik und die wollen Sie doch machen. Hier hätten Sie die Möglichkeit, indem Sie der Regelung nicht zustimmen. ({11}) - Es geht hier nicht darum, dass der Bund etwas vielleicht besser könnte. Wir sagen doch gerade, es muss etwas Gemeinsames geben; es muss die Möglichkeit geben können, im Bereich Bildung noch einmal so etwas aufzulegen wie das Ganztagsschulprogramm. Es kann doch nicht sein, dass wir in einem solchen Fall Jahre warten müssen, bis ein Land sich finanziell saniert hat! Es muss doch möglich sein, dass man in der Bildungsplanung gemeinsam handelt; schließlich befinden wir uns in internationaler Konkurrenz. Meine Damen und Herren, Indien bildet jedes Jahr 300 000 Ingenieurinnen und Ingenieure aus. Das ist die internationale Konkurrenz, die wir haben. Deshalb müssen wir um jedes Kind, auch das Kind armer Eltern, kämpfen und es fördern. Darum geht es; das liegt uns auf der Seele. Aber das steht nicht in Ihrer Vorlage. ({12}) Mit Edelgard Bulmahn und Krista Sager haben sich zwei Frauen über Jahre intensiv engagiert, um wenigstens im Bereich Wissenschaft noch Möglichkeiten zu eröffnen. Trotz alledem, die Vorlage ist ein Treppenwitz und so wird die Reform am Ende auch beurteilt werden. Ganz Europa müht sich darum, die verschiedenen Studienzugänge und -abschlüsse einander anzugleichen; aber bei uns soll es in Zukunft so sein, dass jedes Bundesland sie abweichend regeln kann. Das ist nicht Zukunft, das ist Kleinstaaterei. ({13}) Das ist auch keine richtige Erweiterung der regionalen Kompetenz. Bei den Hochschulbaumitteln werden wir eines erleben: Bayern und Baden-Württemberg werden profitieren, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg werden am Ende schlechter dastehen als heute, auch wenn es darum geht, powervoll Spitzenhochschulen zu entwickeln und zu bauen. Deshalb sage ich Ihnen ganz klar: Unser Nein zu dieser Reform hängt im Wesentlichen am Bildungsteil; er macht dieses Paket insgesamt nicht zustimmungsfähig. ({14}) Unser zweiter zentraler Kritikpunkt ist das Umweltrecht. Wir wissen, dass aufgrund der Rechtsprechung zur Rahmengesetzgebungskompetenz das alte Rahmenrecht nicht mehr viel wert ist. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das Naturschutzrecht, das Sie jetzt planen, ist allerdings noch viel weniger wert. ({15}) Dieses Recht sieht vor, dass der Bund eine Möglichkeit zur Regelung bekommt, die allerdings nur ganz allgemein gilt. Der Bund hat nämlich nicht die Möglichkeit, ein bindendes und ressortübergreifendes Umweltgesetzbuch zu schaffen. Unser Vorschlag ist, ein Umweltgesetzbuch zu schaffen, das alle Bereiche umfasst. Unsere Vorstellungen gehen dahin, dass der Bund in einzelnen Bereichen Öffnungsmöglichkeiten festschreibt, die den Ländern Abweichungen ermöglichen. Warum wollen wir dies? Es wäre ein einheitliches Verfahren, das für die Wirtschaft gut wäre. Ich glaube, das ist die einzige Weise, mit dem Klimaproblem angemessen umzugehen. Wir wissen doch alle, dass die Ressource Wasser immer teurer wird. Aber da muss man doch nicht Kleinstaaterei institutionalisieren. Sie sagen, man könne ein Umweltgesetzbuch schreiben. Aber Sie normieren gleichzeitig eine Vielzahl von Abweichungsregelungen. Das Umweltgesetzbuch wird in Zukunft nur ein Potemkinsches Dorf sein. Der Mittelstand muss hinterherlaufen und schauen, welches Recht eigentlich gilt. ({16}) Sie müssten eigentlich die Juristenausbildung ändern. Normalerweise lernt jede Studentin und jeder Student der Rechtswissenschaft als Erstes: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. ({17}) Das wird in Zukunft nicht mehr stimmen. Denn der Blick in dieses so genannte Umweltgesetzbuch würde die Rechtsfindung nicht erleichtern, weil man 16 Länderregelungen durchforsten müsste, um zu wissen, was überhaupt gilt. Das ist nicht nur für die Verwaltung schlecht, sondern auch für die Umwelt und für das Klima sowie für die mittelständischen Betriebe, weil sie die entsprechenden Vorschriften durchforsten müssen. ({18}) Wir alle wissen doch, dass die Entwicklung in eine andere Richtung gehen muss als die, die Sie hier festlegen. Sie haben noch nicht einmal einen abweichungsfesten Kern beim Naturschutz gelassen. Sie sagen sogar, dass die Länder in der Landwirtschaft von der guten fachlichen Praxis abweichen können. Wissen Sie eigentlich, welche Bedeutung die Landwirtschaft für die CO2Bindung und für das Klima hat? An allen Stellen, an denen es um unsere Zukunft geht, öffnen Sie Entwicklungen eine Tür, die nicht zu verantworten sind. Deshalb können wir diesem Punkt nicht zustimmen. ({19}) Nehmen wir ein viel diskutiertes Thema in der letzten Zeit, das sicherlich wieder aktuell werden wird, nämlich das Thema Hochwasserschutz. Was macht denn eigentlich die Stadt Hitzacker, wenn Sachsen beim Hochwasserschutz nicht die richtigen Maßnahmen ergreift? Was machen in Nordrhein-Westfalen Städte am Rhein, wenn Baden-Württemberg nicht entsprechende Maßnahmen ergreift? Sie sehen an dieser Stelle, dass ein einheitliches Umweltgesetzbuch Sinn macht. ({20})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Frau Kollegin, ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Mein Fazit ist: Diese Vorlage ist kleinkarierter Lobbyismus und Ergebnis eines Deals. Wir haben aber die Pflicht, das Land handlungsfähiger zu machen, die Zuständigkeiten klar zu sortieren und dabei die Zukunftsfragen zum Wohle des ganzen Landes zu beantworten. ({0}) Mit diesem Umweltrecht und mit diesem Bildungsteil lösen Sie diese Probleme nicht. Deshalb werden wir mit Nein stimmen. ({1})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner für die SPD-Fraktion ist der Kollege Volker Kröning. ({0})

Volker Kröning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002707, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als vor fast drei Jahren die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung von Bundestag und Bundesrat eingesetzt wurde, fielen Sätze, die Messlatten und Leitplanken unserer Arbeit waren. Ich darf zitieren: Unsere bundesstaatliche Ordnung hat viel von ihrer ursprünglichen Vitalität und Flexibilität verloren … An die Stelle des eigenverantwortlichen Handelns von Bund und Ländern ist … ein Beteiligungsföderalismus getreten … Dadurch haben die Länder und die Landtage viel von ihrem ursprünglichen Gestaltungsspielraum verloren. So Herr Ministerpräsident Stoiber. Ich zitiere weiter: Deutschland ist in einer Phase tief greifender Erneuerung. Wir sind und bleiben - auch mit dieser Verfassungsreform, füge ich hinzu ein demokratischer und sozialer Bundesstaat, wie es im Grundgesetz steht. So der damalige Vorsitzende, den der Deutsche Bundestag bestimmt hatte, unser damaliger Fraktionsvorsitzender Franz Müntefering. In einem Jahr war die Arbeit - das haben wir gemerkt - anders als erhofft, nicht zu schaffen. Offenbar hat es eines verstärkten Mandats bedurft. Dieses Mandat hat die große Koalition angenommen. Ich frage mich nach dem Beitrag der damaligen Ministerin Künast und heutigen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, ({0}) die von Anfang bis Ende in der Kommission mitgearbeitet hat, was wäre, wenn die Wahl nicht vorgezogen worden wäre und wir jetzt über die Verfassungsreform abzustimmen hätten. Es wäre ein Desaster für unser Land. ({1}) - Frau Künast, von einem sachfremden Deal zu sprechen, ist schärfstens zurückzuweisen. Dies ist einfach impertinent. ({2}) Wir haben hier sicherlich das Ergebnis einer politischen Abwägung. Es ist ein Kompromiss. Aber es ist das Ergebnis einer einzigartigen Zusammenarbeit zwischen legitimierten Vertretern des Bundestages und des Bundesrates. ({3}) Das ist nach vielen Anläufen und nach Zutaten, die wir in der Zwischenzeit hatten, zu einem Erfolg geführt worden. Die Zutaten bestanden nicht nur in den Neuwahlen, sie bestanden auch in ausführlichen Beratungen, die zur parlamentarischen Demokratie gehören, nämlich Fraktionsberatungen. In der SPD-Fraktion ist seit der Koalitionsvereinbarung um diesen Kurs bis zum heutigen Ergebnis gerungen worden. Zu diesen Beratungen gehörte auch die Beratung im Rechtsausschuss. Zu dem Lautsprecher Herrn Ramelow sei gesagt: Er war außer bei der Anberatung - da hat er ein Statement abgegeben und ist dann verschwunden - nie im Ausschuss. Als die Einzelberatung im Rechtsausschuss geführt wurde, hat die PDS kein Wort mehr dazu gesagt. ({4}) Um viele Einzelheiten, um Details und um die Grundlinien ist bis in die letzten Wochen und Tage gerungen worden. Wir sind überzeugt davon, dass sich die Gesetzentwürfe, die vor mehr als drei Monaten gleichzeitig in Bundestag und Bundesrat eingebracht wurden, verbessert haben, dass das Gesetzespaket in der Zwischenzeit aufgrund der Anhörung und durch die Verhandlungen innerhalb der Koalition - übrigens mit viel Öffentlichkeit, die unsere Fraktion bzw. Partei mit auf den Buckel genommen hat - sowohl handwerklich als auch inhaltlich verbessert worden ist. Das Gewollte kommt klarer zum Ausdruck. Die Kompetenzen und die Spielregeln der Zusammenarbeit sind in den Bereichen Bildung und Wissenschaft, aber auch Kultur und ebenso in den Bereichen Umwelt, Bau und Raumordnung besser ausgestaltet worden, wenn auch Einzelkompromisse schmerzhaft bleiben. Mit dem neuen und neu gefassten Zustimmungstatbestand bei Bundesgesetzen mit erheblichen Kostenfolgen und mit der Abweichungsgesetzgebung in formell4252 und materiell-rechtlich klar abgesteckten Fällen betritt der Verfassungsänderungsgesetzgeber ohne Frage Neuland. An keiner Regelung haben wir die ganze Zeit über so intensiv gearbeitet wie an diesen beiden Regelungen, Herr Burgbacher, und zwar von Mitte 2004 bis Mitte 2006. Wir halten die gefundenen Lösungen für verantwortbar. Ich glaube, diese Lösungen halten auch fachlicher Kritik stand. Es hat tragische Züge, dass Sie, der Sie daran sehr konstruktiv mitgearbeitet haben, heute das Nein Ihrer Fraktion begründen müssen. ({5}) Im Übrigen ist der Preis für diese Innovationen durchaus vertretbar, wenn man an die Abschaffung der Rahmengesetzgebung und der darauf basierenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts denkt, die uns in der Staatspraxis von Sachdebatten und Sachentscheidungen abgehalten hat und der Neigung der Politik, Entscheidungen nicht mehr von der Volksvertretung, sondern vom Bundesverfassungsgericht fällen zu lassen, die wir leider mit zu vertreten haben, Vorschub geleistet hatte. ({6}) Der Preis ist auch vertretbar, wenn man an die Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel denkt. Es ist ganz erstaunlich, dass dies noch im Laufe der Kommissionsarbeit im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern geregelt werden konnte und es bis in die letzten Tage auch noch zu Einigungen, nämlich bei der Abfallwirtschaft, gekommen ist. Dieses zeigt nicht nur gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes, sondern drückt durchaus auch gesamtstaatliche Verantwortung der Länder aus, für die ich mich bedanke. Sehr zu begrüßen ist auch, dass es nicht allein bei der Verfassungsänderung bleibt, sondern dass die dazu gehörenden Ausführungsgesetze ebenfalls vorgelegt werden - das hatten wir bei früheren Verfassungsänderungen nicht - und heute mit zur Abstimmung stehen. Nicht nur der Verfassungsänderungsgesetzgeber, auch der einfache Gesetzgeber kann sich mit diesem Paket sehen lassen. In jedem Fall gewinnt das Land, wenn wir wieder mehr über die Sache als über Kompetenzen streiten und die notwendigen Entscheidungen von der demokratisch legitimierten Politik - das heißt in erster Linie im Deutschen Bundestag und von den Landtagen, soweit jetzt vorgesehen und im Grundgesetz nicht aufgeschrieben gefällt werden, statt an die Justiz abgeschoben zu werden. Eine Grundsatzbemerkung noch zum Parlamentarismus, zur repräsentativen Demokratie: Die Volksvertretung ist jenseits der Kompetenzordnung allzuständig für die Erörterung gesamtstaatlicher Themen. Das hat sie immer so gehandhabt und das wird sie auch in Zukunft so tun. Sie ist das Forum der Meinungs- und Willensbildung, wie Herr Kollege Bosbach zu Recht gesagt hat. Das wird auch für die weitere Entwicklung der Lebensverhältnisse in unserem Land gelten. Sie werden immer zum Gegenstand öffentlicher Debatte gemacht werden können. Herr Ramelow, da brauchen Sie sich um Bremerhaven, nämlich den Hafen von Bremen, keine Sorgen zu machen. Zu Ihnen und Ihrer Fraktion fällt mir nur noch ein, dass Sie jetzt auf Art. 146 des Grundgesetzes zurückkommen, während, glaube ich, Ihre Kinder oder Eltern - wie auch immer die Genealogie bei der PDS aussehen mag - im Jahre 1990 den Weg nach Art. 23 des Grundgesetzes, nämlich des Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland und des Beitritts zu diesem Grundgesetz, gegangen sind. Sie haben offenbar nicht nur ein gestörtes Verhältnis zum Bundesstaat, sondern auch immer noch zum Grundgesetz. ({7}) Wir bekommen - und auch das zählt zu der Abwägung, Frau Kollegin Künast; ich sage das auch an unsere frühere Mitstreiterin, Frau Sager - eine neue Bildungsund Wissenschaftsverfassung. Das ist richtig und drückt sich sehr klar in Art. 91 b Abs. 2 aus, einer neuen Vorschrift, die an die Stelle der bisherigen Vorschrift über Bildungsplanung tritt, die nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Und das drückt sich durchaus auch in Art. 91 b Abs. 1 in der Fassung, wie wir sie jetzt bekommen haben, aus. Nicht nur Forschungsförderung für außeruniversitäre und universitäre Einrichtungen und Vorhaben, sondern auch die Förderung der Lehre zur Bewältigung der Studentenzahlen der nächsten Jahre, die wir begrüßen und die unser Land braucht, wird auf der Basis dieser Verfassung möglich sein. Es berührt mich sehr zwiespältig und den Kollegen Ortwin Runde, Ihren früheren Ersten Bürgermeister, sicherlich mit, dass Sie Mitte 2004 genau den Vorschlag, den wir damals gemacht hatten, in der kleinen Koalition nicht mitgetragen haben. Das war ein Knacks in der gemeinsamen Arbeit an der Verfassungsreform. ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von Ihnen ringen mit ihrer Entscheidung auch vor dem Hintergrund der Frage, ob die Handlungs- und Leistungsfähigkeit des Staates mit der Reform wirklich gewinnt. Auch ich hatte mir Handlungs- und Leistungsfähigkeit bei meinem Beitrag während der Konstituierung der Kommission zum Maßstab gemacht. Manche fürchten, dass die Änderungen rückwärts und nicht vorwärts weisen. Sie sehen, dass der Abbau von Regelungen mit zusätzlichen Regelungen verbunden wird und dass mit weniger Bürokratie beim Bund und dem Bund-Länder-Verhältnis mehr Bürokratie in den Ländern und im Verhältnis unter den Ländern einhergehen kann. Doch wir sollten das Ziel - wie Herr Dr. Stoiber damals gesagt hat -, den Bundesstaat vitaler und flexibler zu machen oder - wie ich noch lieber sage - mehr Vielfalt in der Einheit zu eröffnen, nicht aus den Augen verlieren. ({9}) - Ich sage das, lieber Kollege Tauss, auch deshalb, weil ich natürlich spezifische bremisch-bayerische Erfahrungen in der Kommission gemacht habe, die ich nicht leugne und die ich auch unserem Senat zugute halten will. Es hat der Arbeit in der Kommission durchaus genützt - das möchte ich an die Damen und Herren der FDP-Fraktion noch einmal sagen -, dass wir in der Kommissionsarbeit, auch wenn wir über die Aussparung des Finanzausgleichs und des Art. 29 des Grundgesetzes verschiedener Meinung waren, zusammengeblieben sind und uns nicht in falschen Gegensätzen verheddert haben, etwa in der ideologischen Auseinandersetzung zwischen kooperativem Föderalismus und Wettbewerbsföderalismus. Herr Westerwelle, ich sage aus tiefer Überzeugung: Die Kooperation zwischen Bund und Ländern bleibt nötig und mit dieser Verfassungsreform erhält sie eine neue Grundlage. Der Wettbewerb - das sage ich gerade an die Adresse besorgter Kollegen in den Volksparteien wird die Grenzen, die ihm das bündische Prinzip steckt, nicht überschreiten. Die Normen des Grundgesetzes, die von der „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ und der „Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit“ sprechen, werden durch die Änderung des Grundgesetzes, die wir vorhaben - das muss man festhalten -, nicht geschwächt, sondern gestärkt. Diesseits und jenseits geschmäcklerischer Einwendungen kann man sogar sagen, dass die Finanzverfassung die Ländergesamtheit an zwei neuen Stellen aufführt und das bündische Prinzip zu einem solidarischen Füreinandereinstehen konkretisiert. Das hat das Bundesverfassungsgericht - diesbezüglich herrscht zwischen Gesetzgeber und Gericht Einvernehmen - in der wichtigen Entscheidung aus dem Jahre 1992, die dem Saarland und Bremen geholfen hat, beschrieben. Das wird durch diese Verfassungsreform nicht abgeschwächt, sondern bekräftigt. Deshalb kann ich das guten Gewissens mittragen. An die Kolleginnen und Kollegen aus den ostdeutschen Ländern möchte ich den ausdrücklichen Hinweis richten, dass die Vereinbarungen, die vor fünf Jahren im Solidarpakt II geschlossen worden sind und an denen politisch eigentlich nie, jedenfalls nicht von den Koalitionsfraktionen, gerüttelt worden ist, nun im Verfassungstext bekräftigt werden. Auch das ist ein Kompromiss. Das ist aber mehr als politische Verbindlichkeit. Das ist die Grundlage dafür, dass wir uns die Stufe zwei vornehmen können. Trotz gewisser Spekulationen, die, Herr Dr. Stoiber, von Süden, von einem wunderschönen See im Freistaat Bayern, nach Norden dringen, wird die bundesstaatliche Vielfalt - davon bin ich überzeugt - das einigende Band der Solidarität nicht verlieren. Franz Müntefering behält, ebenso wie Sie, Recht: In föderaler und parlamentarischer Hinsicht wird unsere Demokratie gestärkt; beide Ebenen und alle Staatsorgane in Bund und Ländern - das muss gesagt werden - bleiben dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet. Noch ein nüchternes Wort zur Verabredung über die zweite Stufe. Herr Dr. Struck hat dazu bereits Stellung bezogen. Ich will dem nur noch hinzufügen, dass Auftrag und Organisation des Verfahrens zu klären bleiben. Sie müssen übrigens nicht nur von den beiden Ebenen, sondern auch von der Zweiten und der Ersten Gewalt festgelegt werden. ({10}) Daran werden wir uns beteiligen. Ich hoffe und arbeite dafür, dass das gelingt. Herr Burgbacher, die Bereitschaft der Länder, die Reform der Finanzverfassung anzugehen, ist eine Frucht der Kommissionsarbeit. Das war vor der Kommissionsarbeit nicht klar, sondern ist erst nach der Kommissionsarbeit klar geworden. Warum wollen Sie denn die Stufe zwei, wenn Sie sich nicht in der Lage sehen, die Stufe eins mitzutragen? Das müssen Sie draußen einmal klar machen. ({11}) Die Initiative ist nicht vom Bund ausgegangen, sondern von den Ländern. Der Bund verschließt sich dem nicht. Wir haben das im Koalitionsvertrag als Angebot formuliert. Zu dem Angebot stehen wir, vor allen Dingen, nachdem die Ministerpräsidenten das im Dezember 2004 gemeinsam mit Frau Dr. Merkel bekräftigt haben. Allen euphorischen, aber auch skeptischen Erwartungen will ich entgegenhalten: Es ist nur ein scheinbarer Widerspruch, dass mit dem Gesamtpaket, das heute hier und in der nächsten Woche an der Leipziger Straße zur Abstimmung steht, auch in der Finanzverfassung erhebliche Verbesserungen zustande kommen. Sie sollten gerade die Verbesserungen, die in den Ausführungsgesetzen erreicht werden, würdigen. Das ist schon - auch mit Blick auf die Europafähigkeit der Bundesrepublik Deutschland - angeführt worden. Es gibt keinen Gegensatz zwischen dieser Tatsache und der Tatsache, dass die Staatlichkeit auf der zweiten Ebene nach der Reform zwar mehr Autonomie auf der Ausgabenseite gewinnt, aber kaum mehr Autonomie auf der Einnahmeseite. Der deutsche Finanzföderalismus weist im Vergleich zu anderen Bundesstaaten innerhalb und außerhalb Europas einige Besonderheiten auf, die einer Überprüfung bedürfen oder zumindest eine Überprüfung verdienen. Ich meine vor allem das Auseinanderklaffen von Regelungskompetenz und Ertragshoheit. Die Frage, ob der Finanzföderalismus nur so oder auch anders ein Vorteil für Wachstum und Beschäftigung ist, ist unabweisbar. So haben wir unsere Kriterien im Koalitionsvertrag formuliert. Ich bin zudem der Meinung, dass wir uns vor fünf Jahren bei der Neuordnung des Finanzausgleichs nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999 nicht genügend mit der Finanzausstattung, der Wirtschaftskraft und deren Entwicklung in den Ländern beschäftigt haben und auch nicht genügend mit der Frage, ob sie auseinander driften und ob sie bei mehr Vielfalt in der Einheit das Maß des Tolerablen einhalten oder überschreiten. Aus der Bundesstaatsreform wird nur etwas, wenn auch, wie ich gesagt habe, bei der zweiten Stufe Planungssicherheit auf der Basis dieser Verfassungsänderung mit Gedankenfreiheit verbunden werden kann. Die Verfassungsänderung setzt Verhaltensänderungen voraus und zieht sie nach sich. Dies mussten und müssen wir wollen. Wir Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag sollten dabei innerhalb unserer Parteien - die repräsentative Demokratie wird durch die Parteien zusammengehalten; lassen Sie uns doch bitte nicht die Parteien denunzieren, nicht ausgerechnet Sie von der PDS; sie sind ein ganz wichtiger Transmissionsriemen funktionierender Demokratie ({12}) sowie in und vor der Öffentlichkeit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern die Informationen geben und die Unterstützung zuteil werden lassen, um die wir in den letzten Wochen in unseren Reihen gerungen haben. Die meisten von uns sind kommunal- und landespolitisch geprägt. Wir sollten uns deshalb nicht mit Angst, sondern mit Mut der Aufgabe stellen, unseren Staat wieder handlungs- und leistungsfähig zu machen. Ich bitte herzlich um die Annahme der Gesetzentwürfe in der Fassung der Empfehlung des Rechtsausschusses. Vielen Dank. ({13})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Ich erteile zunächst das Wort zu einer Kurzintervention dem Kollegen Norbert Barthle für die CDU/CSUFraktion.

Norbert Barthle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003033, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den bisherigen Debattenbeiträgen wurde mehrfach auf die zweite Stufe der Föderalismusreform und den damit in Rede stehenden Länderfinanzausgleich hingewiesen. In diesem Zusammenhang wurde ausdrücklich der bisherige Solidarbeitrag des Landes Bayern gewürdigt und gelobt. Ich will dies in Anwesenheit des bayerischen Ministerpräsidenten ausdrücklich unterstreichen. Bayern hat einen großen Solidarbeitrag geleistet, ({0}) indem Bayern doppelt so viel einbezahlt hat als erhalten. Es handelt sich um eine Summe von rund 37 Milliarden Euro. Ich möchte aber für die Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Hause und auch für die deutsche Öffentlichkeit ausdrücklich darauf hinweisen, dass es ein Bundesland gibt, das sich noch solidarischer verhalten hat, nämlich Baden-Württemberg. ({1}) Baden-Württemberg hat seit Beginn des Länderfinanzausgleiches Anfang der 50er-Jahre insgesamt 54 Milliarden Euro einbezahlt und niemals etwas erhalten. Das entspricht in etwa der Summe der Gesamtverschuldung des Landes Baden-Württemberg. Das heißt, würde man diesen Betrag verrechnen, wären wir schuldenfrei. Ich meine, dieser Solidarbeitrag des Landes BadenWürttemberg sollte auch gewürdigt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne die Ministerpräsidenten dazu auffordern, bei der Neuausrichtung des Länderfinanzausgleichs sorgsam die Frage zu prüfen, wie diese Zahlungen im Sinne der Äußerungen des Kollegen Kröning wirken. Wir wollen alle, dass die schwächeren Länder stärker werden, die stärkeren Länder aber nicht schwach werden. Diese Solidarleistungen sollen dazu beitragen, mehr Wachstum und Beschäftigung zu generieren. In diesem Zusammenhang bitte ich, das sorgsam zu überprüfen. Danke. ({2})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich das Wort der Kollegin Krista Sager.

Krista Sager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003622, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Olaf, ich gehe davon aus, dass du gleich die Hamburger Fahne hochhältst und deutlich machst, dass es auch im Norden ein Land gibt, das zahlt, und dass wir im Norden nicht alle nur die Hand aufhalten. ({0}) Deswegen kann ich mich auf einen anderen Aspekt konzentrieren: Herr Kollege Kröning, Sie haben mich persönlich angesprochen und dabei den Eindruck erweckt, als hätte ich in der Frage, ob wir weiterhin ein Zusammenwirken von Bund und Ländern brauchen - sowohl in der Wissenschaft als auch bei der Fortentwicklung des Bildungswesens -, in der Föderalismuskommission eine andere Position vertreten als zum Beispiel Sie und Herr Runde. Herr Runde wird sicherlich bestätigen können, dass ich mich in der Kommission immer sehr für ein solches Zusammenwirken eingesetzt habe: sowohl in der gesamten Wissenschaft - nicht nur in der Forschung - als auch bei der Fortentwicklung des Bildungswesens, nicht zuletzt mit Blick auf die Fortführung von Ganztagsschulprogrammen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Zusammenarbeit der Bildungspolitiker im Ausschuss für Bildung und Forschung gut verlief und wir wirklich etwas bewegt haben, wenn auch nicht genug. Dass das, was wir erreicht haben, nicht genug ist, wird von den meisten Bildungspolitikern so beurteilt. Herr Kröning, ich bin mir ziemlich sicher: Dass es noch eine kleine Veränderung zugunsten einer Klausel für mehr Studienplätze gegeben hat, ist in erster Linie den Bildungspolitikern zu verdanken, nicht Ihnen. Ich will gerne einräumen, dass auch ich nicht immer mit all ihren Vorgehensweisen sehr glücklich gewesen bin. Insbesondere haben wir ihnen die unglückliche Abweichungsklausel zu verdanken, ({1}) von der viele zu Recht gesagt haben, dass sie uns im Umweltrecht und in anderen Bereichen noch große Probleme bereiten wird, weil sie eine völlige Rechtsunklarheit zur Folge hat. Sie wissen ganz genau, dass gerade die Abweichungsklausel nicht nur von den Grünen und unseren ehemaligen Ministern sehr kritisch gesehen wurde, sondern auch von zahlreichen Mitgliedern der jetzigen Bundesregierung, also nicht nur von denjenigen, die damals auf der Regierungsbank saßen, sondern auch von manchen, die heute noch auf der Regierungsbank sitzen - und zwar zu Recht. Es ist sehr bedauerlich, dass man diese falsche Weichenstellung trotzdem nicht aus dem Gesetzentwurf hat entfernen können. Das gilt für die Bereiche Bildung und Umwelt, aber auch für die Abweichungsklausel. ({2})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Scholz. Anschließend bitte ich Herrn Kollegen Kröning, zu antworten. ({0})

Olaf Scholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003231, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

In der Debatte über den solidarischen Föderalismus, die uns in der nächsten Zeit in der Tat begleiten wird, möchte ich die Südlastigkeit, die zu beobachten ist, reduzieren. Das Bundesland Hamburg ({0}) hat seit Beginn des Länderfinanzausgleichs immer eingezahlt ({1}) und niemals etwas bekommen. ({2}) Das hat es gerne getan und das wird es auch in Zukunft weiterhin gerne tun. ({3})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege Volker Kröning, bitte sehr.

Volker Kröning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002707, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, da ich von der Frau Kollegin Sager angesprochen worden bin, möchte ich noch eine Bemerkung zum Thema Bildungs- und Wissenschaftsverfassung machen. Ich finde, es ehrt Sie, dass Sie auf das „Wie?“ eingegangen sind und die gemeinsame Intention von damals festgehalten haben. Deshalb will ich die Begleitumstände, unter denen wir diesen wichtigen politischen Zug hätten machen können, nicht in Erinnerung rufen. Er hätte uns möglicherweise das Scheitern Ende 2004 erspart. Nein, ich möchte etwas viel Grundsätzlicheres sagen - dabei wende ich mich insbesondere an die Bildungsund Wissenschaftspolitiker aller drei Oppositionsfraktionen -: Man muss wissen, ob man, wenn man im Detail anderer Meinung ist, das Ganze ablehnt. Das ist die entscheidende Frage. ({0}) Man muss sich darüber klar werden, ob uns diese Regelungen voranbringen, auch wenn sie hinter einem abgelehnten bzw. nicht zustande gebrachten Optimum zurückbleiben. Ich finde, die, die mit Nein stimmen wollen, müssen sich öffentlich fragen lassen: Was würden Sie eigentlich tun, wenn Sie nicht in der Opposition wären, wenn Sie nicht im Schutz einer Mehrheit handeln würden, sondern wenn Sie in der Verantwortung stünden? Schönen Dank. ({1})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Guido Westerwelle, FDP-Fraktion. ({0})

Dr. Guido Westerwelle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002944, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach all den lokalpatriotischen Erklärungen hier möchte ich ausdrücklich sagen - sonst bekomme ich zu Hause Ärger -: Nordrhein-Westfalen ist auch ganz großartig. ({0}) Wir reden immerhin in einem Verfassungsorgan über eine, wie Sie es selbst formulieren, regelrechte Jahrhundertreform des Föderalismus. Da ist es mir ein Anliegen, festzustellen: Dafür ist das Interesse auf der Bundesratsbank, jedenfalls was die Zahl der Ministerpräsidenten angeht, sehr überschaubar. Dass wir bei solch einer Frage nach einer gemeinsamen Anhörung von Bundestag und Bundesrat einen einzigen Ministerpräsidenten hier sitzen haben, ({1}) ist in meinen Augen keine gute Ausgangslage. ({2}) Herr Kollege Kröning, Sie haben denjenigen, die die Reform ablehnen wollen, die zentrale Frage gestellt, ob sie es verantworten können, dieses Gesamtpaket wegen ihrer Bedenken in einzelnen Fragen abzulehnen. Ich sage Ihnen: Wir können es verantworten; davon sind wir fest überzeugt. Das wissen Sie auch - in Wahrheit teilt diese Einschätzung mit uns eine sehr große Gruppe Ihrer Fraktion. ({3}) Deswegen würde ich doch darum bitten, dass wir die Debatte so differenziert fortführen, wie sie von Herrn Kollegen Struck heute Morgen, wie ich finde, wohltuend begonnen wurde: dass man einmal Punkt für Punkt die Sachen anspricht, um die es hier wirklich geht. Ich denke, der Konstruktionsfehler der Reform, wie sie heute beschlossen werden soll, ist, dass das eigentlich zentrale Thema von Anfang an ausgeklammert wurde. Man kann die Bund-Länder-Beziehungen nicht neu regeln, wenn man das Entscheidende auf die lange Bank schiebt: die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern untereinander. ({4}) Das wissen wir alle aus unserem privaten Leben: Man kann sich in vielem einig werden; aber wenn es ans Eingemachte geht, muss Einigkeit herbeigeführt werden. Doch das funktioniert hier nicht. Deswegen war es aus unserer Sicht ein Fehler, dass in der seinerzeitigen Verabredung von Herrn Müntefering und von Herrn Stoiber und dann auch von den Verhandlungsauftraggebern die Reform der Finanzverfassung ausgespart wurde. Eine Föderalismusreform, die nicht auch die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sowie den Ländern untereinander neu regelt, ist keine echte Föderalismusreform, die Deutschland weiterbringt. ({5}) Wir hatten seinerzeit im Herbst ein Gespräch bei Ihnen, Frau Bundeskanzlerin - damals noch mit Ihnen in Ihrer Eigenschaft als CDU-Vorsitzende -, bei dem Herr Kollege Hirche, der stellvertretende Ministerpräsident von Niedersachsen, und meine Person bei Ihnen zu Gast waren. Damals ist uns zugesagt worden, dass es eine Reform der Finanzbeziehungen geben wird; zugesagt war, das Ganze zum 1. Januar dieses Jahres zu beginnen. Jetzt, ein halbes Jahr später, bekommen wir eine Erklärung des Fraktionsvorsitzenden der SPD und wir führen einen Briefwechsel mit der Bundeskanzlerin. Doch wir haben bis heute keine auch nur annähernd verbindliche Arbeitsgrundlage für eine wirkliche Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern. ({6}) Die Steuerzahler wollen aber erkennen können, wem sie welche Steuer „verdanken“ bzw. wer ihnen welches Geld abnimmt und wem sie welche Leistungen verdanken. Transparenz ist die Voraussetzung für Demokratie, doch sie fehlt in den Finanzbeziehungen. ({7}) Herr Kollege Burgbacher hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es eine unverbindliche Verabredung gibt, die aber nicht einmal den Weg in dieses Haus gefunden hat. Es gibt eine Verabredung zwischen der Bundeskanzlerin und den 16 Ministerpräsidenten, in der im Grunde genommen steht: Wir bilden einen Arbeitskreis, der sich einmal Gedanken darüber macht, ob wir wirklich einen Arbeitskreis brauchen. - Viel weiter ist der Arbeitsauftrag nicht konkretisiert. Sie brauchen sich nur einmal anzusehen, was beispielsweise der Ministerpräsident von Thüringen, Herr Althaus, ohne Not vor wenigen Tagen in einem dpa-Gespräch gesagt hat, nämlich: Nach den Debatten der letzten Wochen bin ich eher skeptischer, ob wir das Ziel überhaupt erreichen. Deswegen müssen wir einmal zur Kenntnis nehmen: Das, was ursprünglich beabsichtigt gewesen ist, nämlich eine wirkliche Föderalismusreform, liegt heute hier im Deutschen Bundestag leider nicht vor. Ich komme damit zum nächsten Punkt, nämlich zu den Details. Es soll nicht bestritten werden, dass in dem, was heute hier beraten werden soll, auch Fortschritte enthalten sind. Das hat übrigens auch Herr Burgbacher gesagt. Herr Kröning, ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Wir tun das auch in unserem Entschließungsantrag, weil wir hier jetzt nicht in ein kleinliches Hin und Her kommen wollen. Dort sind erfreuliche Aspekte enthalten. Dass die Rahmengesetzgebung abgeschafft wird, ist vernünftig. Dass eine konkurrierende Gesetzgebung verbunden mit einer regelrechten Pingpongregelung, wie sie im Fachjargon mittlerweile genannt wird, dazukommt, ist aber unvernünftig. Sie finden das in Wahrheit doch auch nicht gut. Wir erhalten ein völlig neues Verfassungskonstrukt, bei dem sich die Gesetzgeber im Windhundprinzip gegenseitig überholen müssen: Die Länder können nämlich vom Bund abweichen und dann versucht der Bund innerhalb einer Sechsmonatsfrist, den Ländern wieder in die Parade zu fahren. Das wird unübersichtlich und nicht mehr transparent. ({8}) Schließlich will ich in den wenigen Minuten Redezeit, die ich jetzt noch habe, kurz auf die einzelnen Dinge eingehen. Ich finde, Herr Kollege Struck hat die Bedenken zum Strafvollzug, die auch in seiner Fraktion in Wahrheit mehrheitlich getragen werden, heute Morgen zu Recht geäußert. Das hat ja jeder hier auch am Beifall gemerkt. Sie waren so freundlich, den früheren Justizminister Vogel zu zitieren. 100 Jahre, nachdem die Strafprozessordnung und das Strafrecht längst einheitlich in Kraft waren, hat sich Deutschland 1976 überparteilich und einstimmig darauf geeinigt, den Strafvollzug auch bundeseinheitlich zu reDr. Guido Westerwelle geln. Wir müssen wissen: 30 Jahre danach wird das ab sofort Geschichte sein. - Ich bitte Sie, noch einmal sehr genau zu prüfen, ob das sinnvoll ist. Herr Kollege Struck, Sie sagen, Sie würden sehr genau darauf achten. Sie können gar nicht mehr darauf achten. Was weg ist, ist weg. Wir haben dann nichts mehr zu sagen, wenn Herr Kusch oder Herr Schill in Hamburg Unfug produzieren wollen. Das muss man zur Kenntnis nehmen und das wird von Ihnen mehrheitlich auch so gesehen. ({9}) - Herr Kollege Tauss, es wundert mich, dass Sie in dieser Debatte überhaupt noch Zwischenrufe machen. Ich wünschte mir etwas mehr Mut bei den sachlichen Verhandlungen und schlussendlich auch bei der Abstimmung sowie etwas mehr Zurückhaltung bei den Zwischenrufen. Das muss ich einmal feststellen. ({10}) Schließlich komme ich noch zu dem angesprochenen Punkt Schule und Ausbildung, Kooperationsverbot bei den Hochschulen. Die eigentliche Antwort müsste sein, dass Sie die Autonomie der Hochschulen in der Verfassung verankern. ({11}) Das tun Sie nicht. Das ist ein schwerer und kapitaler Fehler. Das Kooperationsverbot, das jetzt hier beschlossen wird, ist doch in Wahrheit substanziell nicht aufgeweicht worden. ({12}) Der Bund kann bei der Bildung nämlich nur dann mitwirken, wenn alle Länder das einstimmig zulassen. Wer glaubt denn, dass das vernünftig abgehen wird? Es wird Länder geben, die sagen: Wenn du mir den Scheck herüberreichst, dann sind wir bereit, mit euch zusammenzuarbeiten und dann dürft ihr mitwirken. - Dieses Geschacher, das wir heute eigentlich beenden wollten, geht dann in Zukunft in Wahrheit noch dramatischer weiter. Wir wollen das nicht. ({13}) Ich will schließen. In der Kulturpolitik sagt Ihnen der Kulturrat selbst - - Übrigens: Wenn Sie das, was heute beschlossen wird, ernst nehmen, dann dürfte die Bundeskulturstiftung gar nicht mehr arbeiten. ({14}) - Sie sagen, der Kulturrat sei besonders inkompetent. Das nehme ich hier einmal zu Protokoll. Ich glaube, dass wir uns alle überparteilich, regelmäßig und klugerweise mit dem Kulturrat treffen. ({15}) Er sagt, dass das, was heute hier beschlossen wird, ein Drama ist, und empfiehlt, das noch zu ändern. Ich will das nur erwähnen. Beim Beamtenrecht bekommen wir jetzt 17 Besoldungs- und Laufbahnrechte. Als ob das vernünftig wäre!

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dr. Guido Westerwelle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002944, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Einen letzten Gedanke bitte noch. ({0}) Wenn Eltern mit ihren Kindern, die die Schule besuchen, ein Bundesland wechseln wollen, dann stellen sich die Fragen, ob sie das überhaupt noch richtig können und ob das überhaupt noch zumutbar möglich ist. Auch das ist nicht der Fall. Alles in allem gilt: Das tragende Motiv Ihrer heutigen Entscheidung ist es, eine Abstimmung erfolgreich zu überstehen. Das werden Sie auch schaffen. In der Sache bringen Sie aber Deutschland nicht weiter. ({1})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Das Wort hat nun die Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. ({0})

Dr. Angela Merkel (Kanzler:in)

Politiker ID: 11001478

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Jahren intensiver Diskussion wird der Deutsche Bundestag heute über die Föderalismusreform abstimmen. Bund und Länder haben es sich in diesen Diskussionen nicht leicht gemacht. Selten wurde so miteinander gerungen. Ich finde das auch mehr als verständlich; denn es geht um eine grundlegende Überarbeitung unserer Verfassung. Aus meiner Sicht handelt es sich um eine der wichtigsten Reformen unserer Zeit. Ich möchte für die Bundesregierung sagen, dass wir der Überzeugung sind, dass heute die Weichen für unser Land richtig gestellt werden. ({0}) Aus diesem Grunde ist dies ein guter Tag für Deutschland, und zwar für alle Ebenen: Bund, Länder und auch die Kommunen. ({1}) Es gibt keinen Zweifel: Unser föderales System ist gut und hat sich bewährt. Die Menschen leben in ihren Ländern. Aber es ist in den 60 Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland - das war unverkennbar eine Schieflage in diesem Gefüge der bundesstaatlichen Ordnung entstanden. Insbesondere haben komplizierte und langwierige Entscheidungsprozesse dazu geführt, dass an vielen Stellen Unklarheiten über politische Verantwortlichkeiten entstanden sind. Die Bundesgesetzgebung hat tendenziell die Landesgesetzgebung verdrängt. Für viele Bürger war und ist nicht mehr klar, wer wofür zuständig ist. Deshalb bietet diese Föderalismusreform die historische Chance, die verflochtenen Verantwortlichkeiten neu zu ordnen, Freiheit für eigenverantwortliches Handeln zu ermöglichen, aber auch bundesstaatliche Kompetenzen zu schaffen, wo dies in einer veränderten Welt notwendig ist. Damit wird staatliches Handeln durchschaubarer. Für mich ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze geringer wird. Das ist eine riesige Chance für den Deutschen Bundestag, weil aus meiner Sicht durch die Nichtzustimmungspflichtigkeit und das Wegfallen der intransparenten Vermittlungsausschusssitzungen eine Situation entstehen wird, in der die Debatten in unserem Hause, im Deutschen Bundestag, lebendiger und intensiver werden, da jeder Abgeordnete weiß: Es gibt keine zweite Kompromisslinie. Ich muss für das geradestehen, was ich hier entscheide. Das ist meine Sache. ({2}) Die Abschaffung der Rahmengesetzgebung ist ein unverkennbarer Fortschritt und bedeutet gerade in Bezug auf die Hochschulen eine Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Wir haben einige Gesetzgebungskompetenzen an die Länder zurückgegeben. Ich glaube, es entspricht dem allgemeinen Verständnis des Subsidiaritätsprinzips, die Dinge nahe an die Menschen heranzubringen: Ladenschlussgesetz, Gaststättenrecht und Versammlungsrecht. Die Landtage werden - das ist zwar richtig, aber immerhin sind es unsere Kolleginnen und Kollegen in den Parteien, die diesen Parlamenten angehören - im Strafvollzug und im Heimrecht neue Verantwortlichkeiten bekommen. Ich möchte an dieser Stelle eine Bitte äußern. Es hat in der Föderalismuskommission immer wieder eine Rolle gespielt, inwiefern beim Ladenschluss die Sonnund Feiertage in besonderer Weise gewürdigt werden können. Deshalb wäre es zu begrüßen, wenn dies auch in den Ländergesetzen zum Ausdruck käme, zum Beispiel dass nicht an mehr als vier Sonntagen die Möglichkeit zur Ladenöffnung besteht. Das entspräche unserem Verständnis. Das darf ich Ihnen vielleicht noch mit auf den Weg geben. ({3}) Es gab in allen Fraktionen breite Diskussionen, zum Beispiel auch über die Fragen des Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrechts der Landesbeamten. Es ist vielen in diesem Hause schwer gefallen, hier ein Stück Kompetenz abzugeben. Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass es für uns sehr wichtig ist, dass weiterhin die im Grundgesetz verankerten so genannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gelten sollen. Ich glaube, auch das war für uns ein ganz wichtiger Schritt. Die Diskussion hierüber war nicht leicht. In besonderem Maße werden die Kommunen von dieser Föderalismusreform profitieren; denn es wird jetzt festgeschrieben, dass Aufgaben nicht mehr durch Bundesgesetz auf die kommunale Ebene übertragen werden dürfen. Das hat zur Folge, dass dies durch die Länder geschehen muss, ({4}) die hoffentlich dem Konnexitätsprinzip nicht nur prinzipiell, sondern auch faktisch verpflichtet sind. Das heißt, dass die Kommunen finanziell so ausgestattet werden, wie es notwendig ist. ({5}) Eines ist für die Bundesseite sehr wichtig: Das ist die Verankerung des nationalen Stabilitätspaktes im Grundgesetz. Es war fast eine Sternstunde, wenn ich das einmal sagen darf. Wenn wir über die Bund-LänderFinanzbeziehungen sprechen werden, dann wünsche ich uns weitere solche Sternstunden. Künftig werden alle öffentlichen Haushalte ein Interesse daran haben, dass Verstöße gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu vermeiden sind, weil Bund und Länder gemeinsam haften. Das ist eine ausgesprochen gute Regelung. ({6}) Es ist gelungen - schon das ist ein gewichtiger Grund, dieser Reform zuzustimmen -, mehr Verantwortungsklarheit in der Sicherheitspolitik zu schaffen. ({7}) Wir haben heute eine völlig veränderte Lage, was die Bedrohung anbelangt. Wir haben das althergebrachte Verständnis, dass innere Sicherheit in ganz wesentlichem Maße Sache der Länder ist. Es ist wichtig, dass es gelungen ist, bei länderübergreifenden Gefahren eine Koordinierungskompetenz des Bundeskriminalamtes zu verankern, wodurch wir in die Lage versetzt werden, den Menschen ein Stück mehr Sicherheit zu geben und das Äußerste für sie zu tun. Das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt der Föderalismusreform. ({8}) Ich will die Probleme nicht verschweigen. Die härtesten Debatten wurden über die Bildungspolitik geführt. Ich als Bundespolitikerin sage: Mir ist wichtig, dass es eine gemeinsame Evaluation von Bund und Ländern gibt, die die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich feststellen kann. Hier muss gemeinsam agiert werden. Ich sage auch ganz deutlich: Ich freue mich über die Änderungen, die in den letzten Beratungen gelungen sind. ({9}) Es stellte sich die Frage, inwieweit das Gesamtgefüge der gesamten Reform infrage gestellt wird. Es gab dabei viele Aspekte zu bedenken. Wir können es schaffen, die Modernisierung unseres Wissenschaftssystems voranzubringen. Forschung und Lehre bilden eine Einheit. Es werden in Zukunft neue Kooperationen möglich sein, wenn die Länder sie mittragen. Unser System der Wissenschaft, Forschung und Lehre wird sich verändern. Deshalb ist es gut, dass die faktische Möglichkeit besteht - alle Länder müssen zustimmen, okay -, dass Universitäten mit außeruniversitären Einrichtungen kooperieren. Das ist eine riesige Chance. ({10}) Es wäre verwunderlich, wenn es nicht eine Vielzahl von Diskussionen über die Abweichungsrechte gäbe. Trotzdem glaube ich, dass insbesondere der Umweltbereich auf der Bundesebene zu den Gewinnern dieser Föderalismusreform gehört. Die Frage, ob wir ein Umweltgesetzbuch brauchen, muss eindeutig mit Ja beantwortet werden. ({11}) Deshalb halte ich es für richtig, dass der Bundesumweltminister jetzt die Chance bekommt, ein solches Projekt anzugehen. Das ist übrigens ein sehr ambitioniertes Projekt. Ich rate, was die Abweichungsregelungen und ihre Inanspruchnahme durch die Länder anbelangt, nicht immer das Schlimmste anzunehmen, was passieren kann, sondern auf die Macht des Faktischen zu vertrauen. Sie werden sehen: Das wird sich vernünftig einspielen. Wir haben die Chance, eine Umweltgesetzgebung aus einem Guss zu machen. ({12}) Aus all diesen Gründen bin ich der Meinung, dass wir guten Gewissens nach diesen wirklich sorgfältigen Diskussionen heute die erste Stufe der Föderalismusreform verabschieden können. Lieber Herr Kollege Westerwelle, ich erinnere mich gut an unser Gespräch. Darin ist gesagt worden, dass unverzüglich nach Verabschiedung der ersten Stufe der Föderalismusreform die zweite Stufe in Angriff genommen wird. Unter besonderer Einbeziehung der Kollegen von der FDP haben wir zusammen mit den Ministerpräsidenten über die Frage des Prozedere und der Aufgabenstellung einer solchen zweiten Stufe gesprochen. Wir haben uns wiederum besonders mit Blick auf die FDP entschieden, die Fraktionen des Deutschen Bundestages in diese Gespräche von Anfang an einzubeziehen. Das ist nicht nur eine grundsätzliche Betrachtung gewesen, sondern geschah auch im Hinblick darauf, dass nicht alle Fraktionen in der Regierung sind. Jetzt hier so zu tun, als sei die FDP an der Entwicklung der ersten Stufe der Föderalismusreform, so wie es vereinbart war, nicht beteiligt gewesen, bevor die zweite Stufe in Angriff genommen wurde, finde ich ein wenig ({13}) bedenklich, um es einmal vorsichtig zu formulieren. ({14}) Ich möchte zum Schluss allen danken, die an der Föderalismusreform mitgearbeitet haben, zuvörderst Edmund Stoiber und Franz Müntefering. ({15}) Wir beweisen mit diesem Projekt Mut zu Veränderungen, die den Menschen in unserem Lande gut tun werden. Deshalb werbe ich um Zustimmung. ({16})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Nächster Redner ist der Kollege Lutz Heilmann, Fraktion Die Linke. ({0})

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundeskanzlerin, ich hatte von Ihnen etwas mehr als einen Deal erwartet, der Ihnen den Einzug in das Bundeskanzleramt sichert. ({0}) Eine Vereinheitlichung des Umweltrechts wird mit dieser Reform nicht erreicht. Unser Fazit lautet daher: Klassenziel verfehlt! Setzen - Sechs! ({1}) Lassen Sie mich dies anhand von drei Punkten deutlich machen. Erstens. Bisher unterliegt das Umweltrecht zwei Kompetenzarten und ist zersplittert; insofern sind wir uns alle einig. Mit dieser Reform allerdings vergeben Sie die historische Chance, einen einheitlichen Kompetenztitel „Recht der Umwelt“ und damit ein einheitliches Umweltrecht zu schaffen. Im Gegenteil: Sie erhöhen wider jede Vernunft die Zahl der Kompetenzen auf sage und schreibe fünf Arten. So viel zur besseren Ausgestaltung. Kollege Kröning, jetzt stehen fünf Kompetenzarten zur Debatte. Dies als Straffung und Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern zu verkaufen, ist an Dreistigkeit kaum noch zu übertreffen. Zweitens. Wieder und wieder beschwören Sie schon fast gebetsmühlenartig die Schaffung eines Umweltgesetzbuches. Ich fordere Sie auf: Tun Sie endlich etwas dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, und lassen Sie den Worten Taten folgen! Was aber machen Sie? Sie legen einen Gesetzentwurf vor, mit dem sich ein umfassendes Umweltgesetzbuch schwerlich realisieren lässt. Weite Teile des Umweltrechts unterliegen nach wie vor der Erforderlichkeitsklausel. Durch die Abweichungsmöglichkeit wird das UGB in vielen Bereichen nicht das Papier wert sein, auf dem es gedruckt ist. Ihr Gesetzentwurf ermöglicht weitestgehend nicht mehr als ein Anlagengenehmigungs-UGB, das den Titel „Umweltgesetzbuch“ leider nicht verdient. ({2}) Sie machen Politik ganz im shakespeareschen Sinne: Viel Lärm um nichts! Drittens. Wesentlich schwerwiegendere Auswirkungen wird die Möglichkeit der abweichenden Gesetzgebung für die Länder im Naturschutz, im Wasserrecht und in der Raumordnung haben. Beispielsweise - das wurde schon genannt - soll der Bund nur noch die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes abweichungsfest regeln können. Die 135 Juristinnen und Juristen in diesem Hause können sich wahrscheinlich vorstellen, was dies bedeutet. Die Eingriffs- und Ausgleichsregelung des Naturschutzes wird sozusagen zum Abschuss freigegeben und der Naturschutz, wie wir ihn kennen, infrage gestellt. Dass das alles demnächst Realität wird, zeigen die aktuellen Entwürfe von Landesnaturschutzgesetzen in mehreren Ländern wie Schleswig-Holstein, Brandenburg und Niedersachsen. Den Gesetzentwurf der Landesregierung Schleswig-Holstein beispielsweise bezeichnet der BUND Schleswig-Holstein als Kriegserklärung an den Naturschutz. Das einstmals vorbildliche Naturschutzgesetz in Schleswig-Holstein - es war übrigens Vorbild, als das Bundesnaturschutzgesetz geschaffen wurde - soll dramatisch verschlechtert werden. Die in Deutschland einmaligen schleswig-holsteinischen Knicke sollen ihren Sonderschutz verlieren. Ich frage mich, ob Sie sich die Konsequenzen ausreichend vor Augen geführt haben. Oder sind Ihnen die Auswirkungen auf den Naturschutz schlichtweg egal? Augenscheinlich opfern Sie den Naturschutz dem Wegfall der Erforderlichkeit auf den Gebieten Abfall, Lärm und Luftreinhaltung. Durch die Abweichungsmöglichkeiten droht jetzt eine in der Geschichte der Bundesrepublik einmalige Gesetzesflut. Künftig wird es unter Umständen jeweils 17 Gesetze geben. Bürokratieabbau, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, sieht nach meinem Dafürhalten anders aus. Es bleibt dabei: Der Naturschutz wird als vermeintliches Investitionshemmnis mit dieser Reform entsorgt. Noch ein paar Worte an die Vertreterinnen und Vertreter der Länder. Ihre Bekenntnisse, die Abweichungsrechte nicht zur Senkung von Umweltstandards zu nutzen, sind für mich wenig glaubwürdig. Warum wollen Sie denn die Abweichungsrechte, wenn Sie davon nicht Gebrauch machen wollen? Das Ganze erinnert mich, der ich aus dem Osten komme, an einen geschichtsträchtigen Satz aus dem Jahre 1961, den ich hier gern zitieren möchte: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Sie wissen, was dann folgte. ({3}) Daher bleibt unser Fazit: Die Föderalismusreform verfehlt das Klassenziel. Setzen - Sechs! Danke schön. ({4})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Wieland, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, mir hat bei Ihrer Rede etwas gefehlt; darauf konnten Sie nicht vorbereitet sein, weil Sie diese Debatte nicht vorausahnen konnten. Hier sind viele stolze Vertreter von Geberländern aufgetreten. Ich komme aus einem notorischen Nehmerland. Das gilt auch für Sie, Frau Bundeskanzlerin. Sie sind politisch in einem anderen Bundesland beheimatet und in einem dritten Bundesland sind Sie aufgewachsen. Die Menschen in den neuen Bundesländern, auch die Berlinerinnen und Berliner, haben sich dieses Schicksal nicht ausgesucht. Auch sie wären gerne Geber. Sie können es nicht sein, aber sie können erwarten, nicht als Bittstellerinnen und Bittsteller behandelt zu werden, sondern die immer wieder beschworene Solidarität praktisch zu erfahren, wenn es ums Geld geht. ({0}) - Das geschieht; aber es soll auch nicht in Rede gestellt werden. Es soll hier keine zwei Klassen geben: die Klasse derjenigen, die mit Stolz diskutieren können, und die Klasse derjenigen, die sich Asche aufs Haupt streuen müssen. ({1}) - Gut, dann sind wir uns da einig, Herr Kollege Kröning. Hans-Peter Schneider, ein Sachverständiger, den wir hier angehört haben, hat gleich nach der Wende gesagt: Unser Grundgesetz ist ein Exportschlager. Der Export erfolgt nach Osteuropa, ins Baltikum, sogar nach Südafrika. Exportiert wird nicht nur der Grundrechtskatalog, sondern auch unsere Regelung des Föderalismus. Das ist lange her; es ist genau 15 Jahre her. Heute steht Föderalismus à la Bundesrepublik für Blockade, er steht für Selbstfesselung und für Reformunfähigkeit. Sie hätten mit Ihrer großen Mehrheit - zwei Drittel in diesem Haus, zwei Drittel im Bundesrat - die Chance gehabt, diesen gordischen Knoten zu durchschlagen und hier wirklich eine zukunftsfähige Verfassung vorzulegen. Nichts ist geschehen. Legen Sie den Ursprungsentwurf neben das, was aus der Anhörung herausgekommen ist, und Sie werden feststellen: Es gab marginale Änderungen, die jeweils noch mit einem Zugeständnis an die Länder erkauft wurden. Dies kann nicht befriedigen; dies ist weniger als wenig. ({2}) Die Bundeskanzlerin hat heute ihre Sympathien für die Aufhebung des Kooperationsverbotes wenigstens im Hochschulbereich durchscheinen lassen. Von CDUPolitikern wussten wir schon immer, dass sie solche Sympathien hat. Warum hat sie sie nicht vorher geäußert? Warum hat sie sie nicht laut geäußert? ({3}) Warum hat sie wieder die SPD die Kohlen aus dem Feuer holen lassen, mit dem Ergebnis, dass sich Kurt Beck hinstellte und sagte, er sei sich vorgekommen wie bei dem Gang nach Canossa. ({4}) - Ja. Lieber Herr Tauss, dann will ich das gleich historisch etwas vertiefen, auch wenn Vergleiche immer schwierig sind. ({5}) Heinrich IV. hat es immerhin, wenn auch mühsam, über die Alpen geschafft. Er ist nicht beim ersten VoralpenDuodezfürsten hängen geblieben. Das ist der Unterschied. ({6}) Er hat bei der Gelegenheit im Büßerhemd die Reichseinheit gerettet und die Kleinstaaterei - die kam erst später - verhindert. Insofern war er erfolgreich. ({7}) Das war Ihr Kurt Beck leider nur rudimentär und das waren Sie leider auch nur rudimentär. ({8}) Hier ist die ganz große Chance leider verspielt worden. „Basarökonomie“ ist ein neues Stichwort in der Debatte. Jetzt haben wir unentwegt Basardemokratie erleben müssen. Das heißt, kleinlichst wurde um Kompetenzen gezankt. Insbesondere bei den CDU/CSU-Landesfürsten ist mental offenbar noch nicht angekommen, dass sie jetzt mitregieren. Sie sind nicht nur Deutschland - das haben sie qua Werbeplakat inzwischen vielleicht gemerkt -; sie sind sogar Bundesregierung, aber sie verhalten sich immer noch so, als säßen sie in der Opposition und müssten alles, was der Bund will, ablehnen. ({9}) Zu den „Erfolgen“ der letzten Woche: Reden wir doch einmal über Bildung und über die Roland-Koch-Klausel, nämlich dass wir Einstimmigkeit brauchen! Da können Sie sagen: Das war schon bisher Praxis in der Kultusministerkonferenz. - Aber jetzt kommt es als Gebot in die Verfassung und wird auch noch auf die Forschung ausgedehnt. Das war vorher nicht der Fall. ({10}) - Ja, sicher. In dem alten Text wurde die Forschung von der Notwendigkeit der Einstimmigkeit nicht erfasst. Nunmehr werden Wissenschaft und Forschung erfasst. ({11}) - Ja, die universitäre Forschung. Vorher war es nicht so, dass es auch bei der universitären Forschung der Einstimmigkeit bedarf. Dies ist nunmehr der Fall. Wenn Sie die beiden Entwürfe nebeneinander halten, dann werden selbst Sie es sehen. Das Dramatische ist doch, lieber Herr Kollege Tauss: Sie haben Ihren Widerstand aufgegeben. Sie tun so, als hätte es einen essenziellen Fortschritt im Bereich der Wissenschaft gegeben. ({12}) Gleichzeitig ist von den anderen Punkten, die Struck noch für wichtig nahm - Strafvollzug, Heimgesetz und anderes -, gar nicht mehr die Rede. Um den Strafvollzug wurde in der letzten Woche noch nicht einmal mehr gerungen. Davon war nichts zu spüren. Alle Ihre Experten und Expertinnen in Bund und Ländern sind dagegen, aber es gab überhaupt keinen Kampf darum. Das ist beschämend und bestürzend. ({13})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Volker Kröning?

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Bitte sehr.

Volker Kröning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002707, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Herr Kollege Wieland, auch die Debatte ist eine Grundlage für die spätere Rechtsanwendung, für die Auslegung dessen, was wir beschließen. Ich darf deshalb die Frage stellen: Können Sie mir bestätigen, dass die Einstimmigkeitsklausel, die in Art. 91 b Abs. 1 in der Ausschussfassung vorgesehen ist - ob diese Klausel nun ins Grundgesetz aufgenommen werden musste oder nicht, sei dahingestellt -,

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie wird aufgenommen!

Volker Kröning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002707, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

- der Praxis der Länder untereinander seit eh und je entspricht? Die Ministerpräsidentenkonferenz hat vor einem Jahr in ihrer Geschäftsordnung festgelegt ({0}) - es ist eine Vereinbarung unter den Ländern -, dass das Einstimmigkeitsprinzip nicht mehr ausnahmslos gilt, aber bei finanzwirksamen Maßnahmen fortbesteht. ({1}) Können Sie mir das bestätigen? Sind Sie auch so freundlich, zu bestätigen, dass in dem Entschließungsantrag, den die Koalitionsfraktionen vorgelegt haben, noch einmal bekräftigt wird, dass sich nach Auffassung der Koalition in den Rechtsgrundlagen der bisherigen Projektförderung nichts ändert?

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Kröning, ich brauche es Ihnen gar nicht zu bestätigen. Ich sagte bereits: Eine Praxis, die besteht - Herr Erhardt hat „Kultusministerkonferenz“ mit „Konferenz zur Minimierung der Konkurrenz“ übersetzt -, kommt nun in die Verfassung. Das ist ein qualitativer Unterschied. Vereinbarungen kann man jederzeit ändern; einen Verfassungstext werden Sie so schnell nicht ändern können. ({0}) Darauf hat Herr Biedenkopf, als er hier als Sachverständiger saß, eindrücklich hingewiesen. Er hat gesagt: Verfassungsreform ist keine Trial-and-Error-Veranstaltung, wo man etwas festsetzt und es einen Monat später wieder ändert. Die derzeitigen Mehrheiten werden wir so schnell nicht wieder haben. Was hier beschlossen wird, wird das Leben in der Bundesrepublik über Jahre prägen. Dafür tragen Sie die Verantwortung. Diese nehmen Sie nur wahr, wenn Sie den Änderungsanträgen folgen, die wir gerade zum Bildungsteil noch einmal einbringen und über die wir namentlich abstimmen lassen werden. ({1})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Kollegin Bulmahn?

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Bitte schön.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000305, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Wieland, würden Sie mir bestätigen, um das einmal sehr präzise zu formulieren, dass die Forschungsförderung des Bundes im Projektbereich nach wie vor so, wie es bis jetzt auch der Fall war, durchgeführt werden kann, also ohne dass der Bundesrat zustimmen muss? Das ist so verankert, und zwar sowohl im entsprechenden Artikel des Grundgesetzes als auch in der Erläuterung. Würden Sie mir darüber hinaus bestätigen, dass im Art. 91 b, der die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei Wissenschaft und Forschung regelt, ausdrücklich neben der gemeinsamen Förderung der Forschungsorganisationen auch klargestellt wird, dass Bund und Länder auch zukünftig bei der Förderung von Wissenschaft und Forschung zusammenarbeiten, und zwar sowohl im investiven als auch im nichtinvestiven Bereich? So steht es ganz präzise im Art. 91 b. Würden Sie mir dementsprechend auch zustimmen, wenn ich sage, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt worden ist? ({0})

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bestätige Ihnen gerne, dass es ursprünglich ein totales Kooperationsverbot gab. ({0}) - Aber selbstverständlich! ({1}) Es war ein totales Kooperationsverbot vorgesehen; das wurde aufgehoben. Zusätzlich wurde Kooperation aber mit einer Einstimmigkeitsklausel versehen. Diese Einstimmigkeitsklausel bringt mit sich, dass ein faules Ei den Brei verdirbt. Wenn einer Nein sagt, können Sie beispielsweise Nachteile der neuen Bundesländer nicht mehr ausgleichen oder Vorsprünge nicht mehr einholen. Es langt also, wenn einer Nein sagt. Das ist die neue schlechte Realität, Frau Kollegin. ({2}) Ich würde jetzt gerne zum Bereich Umwelt kommen und zu der dort anzutreffenden so genannten Pingponggesetzgebung etwas sagen: Am Montag dieser Woche wurde aufgrund des Drucks der Industrie ein einziger Bereich von der Erforderlichkeitsklausel ausgenommen, nämlich die Abfallwirtschaft. Das war ein richtiger Schritt. Man hätte natürlich weitere Materien herausnehmen müssen. Sie haben selbst diesen einen Schritt damit erkauft, dass nunmehr als so genannter abweichungsfester Kern nicht mehr die Grundsätze des Naturschutzes, sondern nur noch die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes festgelegt werden. Warum haben Sie nicht gleich von den allgemeinsten Grundsätzen des Naturschutzes gesprochen? Was heißt das denn im Klartext? Es heißt: Für die Allgemeinplätze, für die Lyrik, ist der Bund zuständig, für die Regelungen sind die Länder zuständig. ({3}) Das haben die Länder so gewollt. Insbesondere der Vertreter der bayerischen Staatskanzlei hat hier gesagt, dass Bayern im Wettbewerb um Investoren eigene Umweltregelungen schaffen will. Die Absicht dabei ist doch sicherlich nicht, durch höhere Standards Investoren abzuschrecken, sondern, durch Dumping Investoren ins Land zu holen. So werden sie es machen. Von daher sind alle Befürchtungen im Zusammenhang mit den Neuregelungen im Umweltteil berechtigt. ({4}) Ob nun wirklich die Europatauglichkeit erhöht wurde, nachdem es bei dem Irrweg bleibt, dass sich ein Bundesstaat - das ist einmalig auf der Welt - nach außen durch seine Teilgliederungen vertreten lässt, wie es in Art. 23 Abs. 6 steht, und das nun auch noch von einer Soll- in eine Mussvorschrift umgewandelt wird, steht infrage. Von den Sachverständigen habe ich dazu die ForWolfgang Wieland mulierung gehört: 16 mal null ist null. Übereinstimmend haben sie auch gesagt, die deutsche Interessenvertretung in Brüssel leide darunter. Selbst Rupert Scholz hat den sehr sinnvollen Vorschlag gemacht, das nach österreichischem Vorbild zu ändern. Hierüber wurde aber offenbar überhaupt nicht mehr verhandelt. Sie nehmen sehenden Auges in Kauf, dass hier Quatsch noch quätscher wird, den wir bereits in der Verfassung haben. ({5}) Zum Versammlungsrecht: Zuerst das Gaststättenrecht und dann das Versammlungsrecht - so die Reihenfolge der Bundeskanzlerin -, das hat schon etwas Göttinenhaftes. Zur Erinnerung: Das Versammlungsrecht wird oft als der Stachel im Fleisch der parlamentarischen Demokratie bezeichnet. Es ist das Recht der Bürgerinnen und Bürger, friedlich und ohne Waffen gegen die Obrigkeit zu demonstrieren, auch gegen unsere Entscheidungen. Es ist ein Recht gegen uns und das Gegenteil des Polizeirechts. ({6}) Daher darf man es nicht in dessen Nähe rücken. Wir sollten es stattdessen hüten und nicht aus der Hand geben; darauf kommt es an. ({7}) Zum Strafvollzug: Seit dem In-Kraft-Treten des Strafvollzugsgesetzes wurde nie gefordert, die Zuständigkeit für den Strafvollzug an die Bundesländer abzugeben. Die Bundesjustizministerin hat dies als vergiftetes Geschenk angeboten in der irrigen Annahme, dass die Bundesländer nicht so dämlich sein werden, es anzunehmen. Da hat sie sich geirrt. ({8}) - Da ist er ja, unser Voralpendespot. ({9}) - Ich nehme es zurück. Ich sagte vorhin Duodezfürst. ({10}) - Ich habe es ja gleich zurückgenommen. Aber Herr Stoiber hat hier agiert, als wäre er noch in alter Machtfülle und hätte hier nicht seine kurzen Intermezzi gehabt. Wie auch immer, niemand hatte ernsthaft damit gerechnet. Nunmehr ist vorauszusehen, dass wir einen Wettbewerb nach dem Motto „Wer macht den schärfsten Strafvollzug im ganzen Land?“ bekommen werden. Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat damit bereits Wahlkämpfe geführt. Nichts ist so populismusanfällig wie dieses Thema. Deswegen dürfte die Verlagerung auf die Bundesländer niemals geschehen. ({11}) Professor Meyer sagte in der Anhörung, ein Außerirdischer, der den Verfassungsentwurf liest, müsste zu der Ansicht kommen, dass der Agrarsektor das Hauptproblem der Bundesrepublik sei. Da darf voll gefördert werden. Wir wissen, dass dem nicht so sein sollte; ({12}) denn Bildung und Umwelt sind die zentralen Themen. Aber hier versagt Ihre Reform.

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wir sagen schweren Herzens Nein, weil man zu schlechten Gesetzentwürfen nicht Ja sagen kann. ({0})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Das Wort hat nun der Kollege Joachim Stünker für die SPD-Fraktion. ({0})

Joachim Stünker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003244, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen wurde mit großem Pomp begonnen und gefordert, alles noch einmal an die Fachausschüsse zurückzuverweisen und von Fachpolitikern neu bewerten zu lassen. Ich vermute, wenn wir das machten, hörten wir in zwei Jahren genau dieselben Reden wie heute Morgen. ({0}) - Richtig, diese Reden hören wir schon seit 20 Jahren. ({1}) Der Kollege Ramelow von der Linkspartei hielte wieder eine destruktive Rede. Dabei verzeichnet das Protokoll über die Sitzung des Rechtsausschusses vom vergangenen Mittwoch, als wir zweieinhalb Stunden abschließend über den Gesetzentwurf beraten haben, keine einzige Wortmeldung der Linkspartei zu den entsprechenden Fachfragen. Frau Kollegin Künast hielte wieder eine zentralistische Rede, weil sie die Eckpfeiler des Zusammenspiels von Bund und Ländern im föderalen System in Art. 20, 30 und 70 des Grundgesetzes noch immer nicht akzeptieren könnte und nicht begreifen will, dass die Bundesländer genauso eine Staatlichkeit haben wie der Bund und dass dies zwei gleichberechtigte Ebenen sind, die man in der Balance halten muss. ({2}) Herr Westerwelle würde aus Oppositionsgründen sagen, wir wollten das nur aus Koalitionsgründen durchsetzen, und müsste sich anschließend die Frage stellen lassen, warum denn die Bundesländer, in denen die FDP mitregiert, es anders sehen. ({3}) Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die von uns angestrebten Grundgesetzänderungen keinen Paradigmenwechsel im deutschen Föderalismus bedeuten. Es ist ausdrücklich nicht der Weg hin zum so genannten Wettbewerbsföderalismus; das muss hier noch einmal deutlich gesagt werden. Der solidarische Föderalismus nämlich, wie er im zehnten Abschnitt unseres Grundgesetzes normiert ist, bleibt unangetastet. Er findet nach wie vor im vertikalen und horizontalen Finanzausgleich seinen Ausdruck. Volker Kröning hat bereits darauf hingewiesen - wir waren damals zusammen in dem Sonderausschuss, der den neuen Finanzausgleich erarbeitet hat -: Der Solidarpakt II wird bei dieser Reform ausdrücklich nicht angetastet. Auch ich möchte darauf hinweisen, dass sich unser Grundgesetz in den 57 Jahren seines Bestehens grundsätzlich bewährt hat. Das sollte man auch an diesem Tag betonen. ({4}) Aber es gibt Entwicklungen, die zur Komplizierung von Entscheidungsprozessen geführt haben, zu institutionellen Verflechtungen zwischen Bund und Ländern. Alle Sachverständigen waren, sowohl damals in der Kommission als auch jetzt in der großen Anhörung im Deutschen Bundestag, einhellig der Meinung, dass genau dieser Teil der Modernisierung und Änderung bedarf. Wenn festgestellt wird, dass gehandelt werden muss, und alle sich darüber einig sind, kann die Schlussfolgerung nur sein, dass gehandelt wird. Ich bin dankbar, dass der Verfassungsgesetzgeber heute einhellig handeln wird. Lassen Sie mich, weil das in der Diskussion heute Morgen ein bisschen verwaschen dargestellt wurde, noch einmal sagen, welches eigentlich die Ziele sind, mit denen wir in der Kommission und auch bei der Erarbeitung des Koalitionsvertrages angetreten sind und die wir mit dieser Reform durchsetzen wollen. Es sind im Wesentlichen drei Ziele: Das erste ist, die Zustimmungsrechte der Länder im Bundesrat zu reduzieren, auf das Notwendige zurückzuführen. Das zweite ist eine Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern. Das dritte ist, die Mischfinanzierung abzubauen und nach neuen Fördermöglichkeiten zu suchen. Wir wollen keinen Paradigmenwechsel, wie Herr Westerwelle ihn heute Morgen hier vorgenommen hat, indem wir zuerst den zweiten Schritt machen und über die Finanzverfassung reden. Die Ziele, die ich genannt habe, waren ausdrücklich als erster Schritt verabredet; der zweite sollte hinterherkommen. ({5}) Wenn das verwischt wird, zeigt das eigentlich nur eine Flucht aus der Verantwortung, weil man nicht in der Lage ist, den ersten Schritt mitzugehen. ({6})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Westerwelle?

Joachim Stünker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003244, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, danke; ich möchte das gern im Zusammenhang darstellen. Was würde eigentlich passieren, wenn wir heute denen folgen würden, die uns sagen, wir dürften hier nicht zustimmen, wenn also die Verfassungsreform nicht gelingen würde? Dazu müssen wir uns noch einmal ein bisschen in die Details begeben; ich möchte das kurz versuchen. Es würde uns dann nicht gelingen, die Zustimmungsrechte im Bundesrat massiv zu reduzieren. Mit der Neuregelung, die wir in Art. 84 gefunden haben, können wir diese auf 30 Prozent, vielleicht sogar auf 25 Prozent reduzieren. Wir dokumentieren damit, dass - darauf ist hingewiesen worden - hier im Bundestag entschieden wird, wie ein Bundesgesetz letztendlich aussieht, und nicht im Vermittlungsausschuss, wo hinterher niemand weiß, wie es zu dem, was entschieden worden ist, eigentlich gekommen ist, und niemand Verantwortung dafür übernimmt. Es ist ein weitgehend undemokratischer Prozess, der dort abläuft. Hier werden durch die Neuregelung wieder klare Verantwortlichkeiten deutlich. Deshalb ist es gut und richtig, diesen Weg zu gehen. ({0}) Der Bund kann zukünftig die materiell-rechtliche Regelung, den eigentlichen politischen Kern dessen, was er regeln will, voll umsetzen und hier im Bundestag beschließen. Wenn er will, kann er auch Verfahrens- oder Organisationsregelungen treffen, die die Länder betreffen. Wenn die Länder davon abweichen wollen, führt das in Zukunft nicht mehr dazu, dass das Gesetz im Bundesrat scheitert, sondern dazu, dass die Länder dann Ländergesetze machen müssen. ({1}) Das heißt, der Landtag muss in dem Fall zusammentreten, ein Gesetz verabschieden und erklären, warum er in einem ganz bestimmten Fall von einer Organisationsregelung oder Verfahrensregelung Abstand nehmen oder sie ändern will. Das, was hier gemacht wird, ist urdemokratisch. Es wird Verantwortung von der Exekutive bzw. vom Bundesrat auf die Landtage verlagert. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Demokratie, den wir hier gehen. ({2}) Die Frau Bundeskanzlerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kommunen aufgrund des letzten SatJoachim Stünker zes im geänderten Art. 84 Gewinner dieser Reform sind. Dieser Satz lautet: Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden. Dies ist in der Öffentlichkeit leider teilweise falsch verstanden worden. Insbesondere die Behindertenverbände haben ihn nämlich so verstanden, als wolle der Bund die Aufgabe als solche abgeben. Das ist aber nicht so. Die Aufgabe als solche wird der Bund weiter erfüllen. Aber die Länder müssen diese Aufgabe weitergeben. Das ist genau der richtige Weg; denn die Länder bekommen über das Konnexitätsprinzip die Kosten erstattet für die Aufgaben, die sie hier zu erfüllen haben. Die kommunalen Spitzenverbände in ihrer Gesamtheit haben diese Regelung sehr begrüßt. Daher sollten wir sie heute beschließen. ({3}) Mit dieser Reform gelingt es uns, im Rahmen der Erforderlichkeitsklausel die 33 Kompetenztitel bei der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 72 des Grundgesetzes auf ein Drittel zu reduzieren. Diese Erforderlichkeitsklausel besagt, der Bund muss immer dann, wenn er eine bundeseinheitliche Regelung für diese Kompetenztitel machen will, darlegen, ob und inwieweit diese Regelung erforderlich ist. Er muss nachweisen, dass das Gesetz und jede einzelne Regelung in diesem Gesetz erforderlich sind. Das Bundesverfassungsgericht - an die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts sind wir nun einmal gehalten - hat diese Klausel anders ausgelegt, als wir sie als Gesetzgeber verstehen und als sie ursprünglich gemeint war. Diese Auslegung ist für uns geltendes Recht. ({4}) Das bedeutet, der Bund darf nicht handeln, wenn er gleichwertige Lebensverhältnisse in diesem Land herstellen will. Er darf nur dann handeln, wenn es zur Verhinderung krasser Unterschiede bei den Lebensverhältnissen in den Ländern notwendig ist. ({5}) Man mag denken, dies war nur eine Entscheidung und die Rechtsprechung wird sich ändern. Wir haben aber mittlerweile fünf Entscheidungen, die genau in diesem Tenor judizieren. Das erstreckt sich nicht nur auf das Gesetz insgesamt, sondern auf jede einzelne Vorschrift. Wenn wir diese Änderung heute nicht beschließen, dann bleibt diese Regelung in unveränderter Form in der Verfassung stehen. Bei jeder Gesetzgebung werden wir dann Schwierigkeiten haben. Immer wenn ein Land nach Karlsruhe geht, laufen wir Gefahr, dass man uns sagt, wir dürfen hier gar nicht handeln, weil das reaktive Element, um das es hier geht, noch gar nicht vorhanden ist. Darum ist es wichtig, dass der Verfassungsgesetzgeber diesen Punkt heute ändert. ({6}) Allein dieser Punkt ist es wert, die Veränderungen heute zu beschließen. Die Wirkung - darauf wurde auch schon hingewiesen - wird bei der Rahmengesetzgebung des Bundes in Art. 75 noch potenziert. Auch dort muss eine Erforderlichkeit nachgewiesen werden. Der Bund darf nur den Rahmen setzen. Was unter Rahmen zu verstehen ist, mag jeder in den Urteilen zur Juniorprofessur und zu den Studiengebühren nachlesen. Unter Fachleuten besteht einhellig die Meinung, dass die Rahmenkompetenz des Bundes vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sozusagen tot ist. Denn die Rahmenkompetenz gibt dem Bund eigentlich keine Handlungsspielräume mehr. Dieses Problem haben wir mit dem Vorschlag, der Ihnen vorliegt, gelöst. Daraus hat sich die Abweichungsgesetzgebung entwickelt. Der Bund hat eine Vollkompetenz ohne Erforderlichkeitsregelung. Aber eine Abweichung kann wiederum nicht von der Exekutive vorgenommen werden, sondern nur von den Landtagen. Wenn also der Bund ein umfassendes Umweltgesetzbuch beschließt - ich hoffe und bin sicher, dass der Bundesumweltminister das in dreieinhalb Jahren hinbekommen wird ({7}) und dann ein Land, nicht der Bundesrat, meint, es wolle in Detailregelungen - von abweichungsfesten Kernen kann sowieso nicht abgewichen werden - abweichende Regelungen vornehmen, dann muss das wiederum der entsprechende Landtag in einem Gesetzgebungsverfahren beschließen, und zwar mit der gesamten öffentlichen Begleitung, wie wir sie kennen, also unter Begleitung aller Interessenverbände des jeweiligen Landes. Er muss sehr gute Gründe dafür haben, dass hier abgewichen werden soll. Das ist ein demokratischer Prozess. Das ist Politik in der Auseinandersetzung. Das ist für die Zukunft eine vernünftige Auflösung der toten Kompetenz aus Art. 75 des Grundgesetzes. ({8}) Lassen Sie mich in den restlichen Minuten meiner Redezeit zu einigen Detailfragen Stellung nehmen, über die hier schon gesprochen worden ist. Wir haben insgesamt 16 Kompetenztitel in die ausschließliche Gesetzgebung der Länder übergeben. Der Bund bekommt sechs Kompetenztitel hinzu. Auf die wichtige BKA-Kompetenz wurde bereits hingewiesen. Natürlich haben wir in Teilbereichen Bauchschmerzen; das brauchen wir nicht zu verschweigen. Nur zwei Anmerkungen dazu. Der erste Punkt ist das Heimrecht. Ich weise darauf hin, dass große Teile, die heute im Heimgesetz geregelt sind, zivilrechtlicher Natur sind. Der ganze Bereich des Verbraucherschutzes und der ganze Bereich des Vertragsrechts gehören zum Zivilrecht. Die ausschließliche Kompetenz für das BGB hat der Deutsche Bundestag behalten. Das heißt, über das BGB wird es hier weiterhin eine Klammer geben. Der zweite Punkt: der Strafvollzug. Die zum Strafvollzug getroffenen Regelungen tun mir persönlich sehr weh; das will ich mit Blick auf die Bundesratsbank deutlich sagen. Als langjähriger Strafrichter sehe ich das mit großer Skepsis. Die Diskussion über den Schäbigkeitswettbewerb führe ich gar nicht; um das deutlich zu sagen. Im Gegenteil: Wir haben gestern das ehemals als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beschlossen. Diejenigen, die meinen, die Landtage würden in einen Wettstreit darüber eintreten, die Standards zu senken, diskriminieren eigentlich die frei gewählten Abgeordneten in den Landtagen. Diese Angst habe ich überhaupt nicht; das sollte einmal klar gesagt werden. ({9}) Aber es besteht natürlich das Problem, dass die Einheit von Strafrecht, Strafprozessrecht, Strafvollstreckungsrecht und Strafvollzugsrecht aufgelöst wird. Das wird zu Komplikationen führen. Nur, klar ist auch: Eine Klammer bleibt auch hier bestehen. Denn die Klammer ist die Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen eindeutig gesagt, der Resozialisierungsgedanke habe Grundrechtscharakter. Davon wird - das mache ich hier deutlich - kein Land abweichen können. ({10}) Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Wir haben unseren Auftrag in der Kommission erfüllt und unsere Arbeit hier im Deutschen Bundestag erledigt. Welche Verbesserungen sind für die Menschen in unserem Land von dieser Reform zu erwarten? Erster Punkt. Die Zustimmungsrechte im Bundesrat werden - ich habe es ausgeführt - weitgehend zurückgefahren. Zweiter Punkt. Wir gewinnen durch eine massive Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel neue Handlungskompetenzen des Bundes. Dritter Punkt. Wir führen die Rahmenkompetenz, die tot ist, in eine neue Kompetenz über, die zumindest mit Leben erfüllt werden kann. Vierter Punkt. Die Kooperation bei Forschung und Wissenschaft wird - darauf wurde hingewiesen - auch in Zukunft möglich sein. Fünfter Punkt. Finanzhilfen sind weiterhin möglich. Ich füge ausdrücklich hinzu: Das gilt auch für den Bereich der Kulturförderung. Sechster Punkt. Wir nehmen eine Stärkung bei den Kompetenzen der Landtage, des Bundestages und der Kommunen vor. Das alles ist erreicht worden. All das, was man sich gewünscht hätte oder sich wünschen könnte, konnte natürlich nicht erreicht werden. Aber diejenigen, die jetzt aufgrund der Argumente, die sie genannt haben, nicht zustimmen - links, rechts und in der Mitte -, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie all das verspielen, was erreicht worden ist, wenn dies heute nicht umgesetzt wird. Es bleibt dann alles so, wie es heute ist: mit all den Verflechtungen und all der Unbeweglichkeit zwischen Bund und Ländern. Wir bringen den Menschen im Lande nichts Gutes, wenn wir es lassen, wie es ist. Wir bringen unser Land nur ein Stück weit voran, wenn wir zu diesen Veränderungen kommen. ({11}) Zum Schluss - Frau Präsidentin, ich bin sofort fertig möchte ich heute auch noch einmal Danke sagen. Wir Abgeordnete müssen uns gegenseitig nicht danken. Aber die Zusammenarbeit vor allen Dingen mit Ihnen, Herr Röttgen, in diesen drei Jahren war für mich sehr wohltuend. Herzlichen Dank dafür. Ich möchte aber auch unseren Mitarbeitern sowie unseren Beratern in diesem Prozess danken. Ich möchte den vielen Staatsrechtslehrern, den Professoren danken, die uns in der Kommission begleitet haben, die uns in der Anhörung wichtige Hinweise gegeben haben, damit wir zu den Ergebnissen kommen konnten, zu denen wir gekommen sind. Lassen Sie mich mit einem schließen: Einer der Herren Professoren aus der letzten Reihe sagte am ersten Tag der Anhörung sehr selbstkritisch: Wissen Sie, wenn Sie uns zwölf Staatsrechtslehrer fragen würden, wie der einheitliche Entwurf aussehen soll, würden wir Ihnen keine Antwort liefern können. Wir könnten uns nicht einigen. - Das ist Aufgabe der Politik. Das haben wir zu leisten. Das ist unsere Verantwortung. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Schönen Dank. ({12})

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000825

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Bodo Ramelow. ({0})

Bodo Ramelow (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003824, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Stünker, Sie haben jetzt wie vorher auch Ihr Kollege zum wiederholten Mal darauf hingewiesen, dass wir als Linkspartei und als Fraktion Die Linke in der Rechtsausschusssitzung am 28. Juni keine weiteren Fragen mehr gestellt haben. Das ist zutreffend. ({0}) Darf ich darauf hinweisen, dass wir am 22. Juni im Rechtsausschuss ausführlich Fragen gestellt haben, und zwar genau die, die ich auch heute hier gestellt habe? ({1}) Dazu gehört auch das, was Sie gerade kritisch beleuchtet haben. Jedoch hat auch ein CDU-Kollege gesagt, er habe große Probleme damit, dass der Strafvollzug auf die Länder übertragen wird. Ich habe sehr aufmerksam zugehört und die Frage gestellt, die der Wissenschaftler, der vom Bundesrat vorgeschlagen worden war, von mir im Rahmen der großen Anhörung hier im Saal gestellt bekommen hat, wie er die Außenvertretung in Europa nach dem Grundgesetz in Zukunft sieht. Er hat gesagt, es sei falsch, was dort ins Grundgesetz aufgenommen wird. Die gleiche Frage habe ich im Rechtsausschuss am 22. Juni gestellt. Sie von der SPD haben mir im Rechtsausschuss geantwortet, Sie hätten Verständnis dafür, dass ich die Fragen alle stelle. Ferner stellten Sie fest, dass die Fraktion Die Linke ihren Änderungsantrag zu diesem Gesetzgebungsverfahren schon an dem Morgen eingereicht hätte, sodass jeder Kollege von allen Fraktionen wusste, wofür die Fraktion Die Linke abstimmen und streiten wird. Daraufhin haben Sie geantwortet, aber die Koalition habe noch nicht getagt und habe ihre Kompromisse noch nicht ausgehandelt. Deswegen müssten wir uns gedulden. Ich warte immer noch auf die Ergebnisse. ({2}) - Verzeihen Sie, dass ich einfach das Ergebnis der Gesetzesvorlage, die wir heute abschließend hier beraten, auf mich wirken lasse. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Ihre Koalitionsrunden und Ihr Engagement als sozialdemokratische Vertreter im Deutschen Bundestag sind gemäß dem Spruch zu messen: Es kreißte ein Berg und gebar eine Maus. Es ist keine positive Veränderung dabei herausgekommen. Deswegen muss man es nicht wiederholen und in Zukunft immer wieder die gleichen Fragen stellen, auf die Sie keine Antworten wissen oder wo Sie aus machtpolitischen Gründen auf jede Antwort verzichten. ({3})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zur Erwiderung, Herr Kollege Stünker.

Joachim Stünker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003244, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich kann es kurz machen, Herr Kollege Ramelow. Erster Punkt: In der zweieinhalbstündigen Abschlussdebatte am 28. Juni waren Sie gar nicht da. ({0}) Zweiter Punkt: Fragen zu stellen ist sinnvoll, bringt uns aber im Ergebnis nicht weiter. Man muss auch Lösungen anbieten. Von Ihnen kam jedoch nicht ein einziger Vorschlag für eine Lösung. Danke. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nun erhält der Kollege Otto Schily Gelegenheit für eine Kurzintervention.

Otto Schily (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001970, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Für politische Entscheidungen gibt es eine einfache Formel: Was kann man gewinnen, was kann man verlieren? Ich finde - Kollege Stünker hat das sehr überzeugend dargestellt -, dass die Verweigerung der Zustimmung zu dieser Vorlage sehr viele Nachteile mit sich bringt, weil die Vorlage viele Vorteile bietet. Zur Ehrlichkeit der Debatte gehört aber auch, dass man zur Sprache bringt, was an diesem Gesetzeswerk misslungen ist. Ich will versuchen, das an einfachen Beispielen zu illustrieren. Ich begrüße, dass das Bundeskriminalamt erstmals eine Präventionszuständigkeit erhält. Ich bedauere aber, dass es nicht gelungen ist, diese Präventionszuständigkeit über ein minimales Maß - im Grunde ist es nur eine Hilfszuständigkeit - hinaus zu entwickeln. Das entspricht nicht der Gefahr, der wir durch den internationalen Terrorismus ausgesetzt sind. Aus ordnungspolitischen Gründen kann ich nicht verstehen, dass die Länder in diesem Zusammenhang eine Gesetzgebungszuständigkeit in Gestalt des Zustimmungserfordernisses für sich reklamieren. Das ist ungefähr so, als würde der Bund für sich eine Zuständigkeit für die Polizeigesetze der Länder reklamieren. Ich finde, es wäre vernünftig gewesen, die Dinge anders zu ordnen. Ich begrüße aber, dass ein erster Schritt vollzogen worden ist. Vielleicht werden wir in der Praxis die Erkenntnis gewinnen, dass man das weiter ausbilden muss. Ich bedauere, dass in diesem Gesetzeswerk die Zuständigkeit für das Beamtenrecht vollständig an die Länder abgegeben wird. Es gab sehr vernünftige Kompromissvorschläge des Deutschen Beamtenbundes. Man hätte sie einarbeiten sollen. Das ist eine bedauerliche Entwicklung, die sich in der Praxis nicht bewähren wird. Ich finde auch nicht gut, dass dieses Gesetzeswerk - jedenfalls bezogen auf die Länderseite - sehr stark von der Exekutive bestimmt ist. Diese Frage geht auch das Selbstbewusstsein dieses Parlaments an. Ich hätte es begrüßt, wenn man in die Begründung nicht hineingeschrieben hätte, was die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten beschließen. Wir sind die oberste Volksvertretung. Wir sollten gegenüber der Exekutive mit einem entsprechenden Selbstbewusstsein ausgezeichnet sein. Zuallererst hat das Parlament etwas zu sagen. ({0}) Ich muss beklagen, dass es nicht gelungen ist, mit diesem Gesetzeswerk eine Fehlentwicklung, nämlich - so will ich das einmal formulieren - den föderalen Ehrgeiz in der Außenpolitik, zu bremsen. ({1}) Herr Ministerpräsident Stoiber, wir alle kennen das so genannte Schloss Wahnstein in Brüssel. Die Chaotisierung der deutschen Außenpolitik, für die die Länder in Brüssel sorgen, muss irgendwann einmal ein Ende haben. ({2}) Es würde vielleicht schon reichen, wenn die Länder das beachten würden, was bereits im Grundgesetz steht, nämlich dass Außenpolitik Sache des Bundes ist. ({3}) Man hätte aber die Gelegenheit nutzen können, dazu etwas in Art. 23 des Grundgesetzes - Stichwort Vollzugsfrage - hineinzuschreiben. Schließlich hat man in die Verfassung sogar die Geschäftsordnung der Ministerpräsidentenrunde - Stichwort Einstimmigkeit - aufgenommen, was ich nicht gerade als verfassungsästhetisch gelungen bezeichnen kann. ({4})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Schily.

Otto Schily (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001970, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin schon am Schluss. - Mit dem letzten Satz kehre ich zurück zu der schönen Formel „Was kann ich gewinnen? Was kann ich verlieren?“ Wir werden mit dieser Föderalismusreform mehr gewinnen als verlieren. Wir würden verlieren, wenn wir sie heute ablehnen würden. Danke schön. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun die Kollegin Sabine LeutheusserSchnarrenberger für die FDP-Fraktion. ({0})

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001336, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Schily, Sie haben die ganzen Vorteile gar nicht aufgezählt, die Sie bei Ihrer Abwägung dazu bringen, den vorgelegten Gesetzentwürfen doch zustimmen zu können. Die FDP-Fraktion teilt Ihre sehr deutlich vorgetragene Kritik nicht in allen, aber in vielen Punkten. Das sind für uns die Gründe, die uns im Rahmen einer Gesamtabwägung dazu bringen, zu sagen: Wir können einer so grundlegenden Verfassungsreform, die über Jahre hinweg Bestand haben soll, die in ein oder zwei Jahren nicht wieder auf dem Prüfstand stehen und korrigiert werden darf, nicht zustimmen, wenn wir in einigen wichtigen, grundlegenden Bereichen falsche Weichenstellungen zur Kenntnis zu nehmen haben und sehen, dass keine Bereitschaft besteht, diese zu ändern oder zu korrigieren. ({0}) Von daher ist es eine sehr gut überlegte Entscheidung, die wir uns nicht leicht gemacht haben. Denn wir sehen uns sehr wohl in der Verantwortung, dazu beizutragen, dass unsere verfassungsrechtlichen Strukturen geändert werden, weil sie eben nicht mehr in allen Bereichen den heutigen Anforderungen - sei es international, sei es was Bürgernähe und Verantwortlichkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürger betrifft - so gerecht werden, wie es 1949 die Mütter und Väter des Grundgesetzes, dieser guten Verfassung, im Auge hatten. Deshalb sehen wir sehr wohl Änderungsbedarf. Aber es muss das gesagt werden, was die Sachverständigen in der Anhörung fundiert, argumentativ belegt herausgearbeitet haben. Sie haben einmal das gesagt, Herr Stünker, was Sie gesagt haben: Jeder von uns könnte seine eigene Verfassung schreiben und die sähe aus der subjektiven Sicht besser aus. Die Sachverständigen haben auch gesagt: Hier wird ein Beschäftigungsprogramm für Juristen und Rechtsprechung aufgelegt, ({1}) weil die Verfassung in dieser Änderung eben gerade nicht so klar, so bestimmt und so deutlich ist, wie das mit einer so grundlegenden Verfassungsreform erfolgen müsste. ({2}) Lassen Sie mich nur ein Beispiel nennen. Das belegen Sie mit Ihrem Entschließungsantrag, Herr Stünker. Sie müssen in Ihrem Entschließungsantrag ausführen, was unter bestimmten Begriffen in dieser Grundgesetzänderung zu verstehen ist. Sie müssen zum Beispiel beim wichtigen Art. 84 des Grundgesetzes, der die Zustimmungsbedürftigkeit der Bundesgesetze durch die Länder, durch den Bundesrat, reduzieren soll, erklären, was Ausnahmefälle sind. Sie sagen: Das soll das Umweltverfahrensrecht sein. Ja, wenn das so ist, warum schreiben Sie denn das nicht in die Vorlage? Das gilt für viele Punkte. Das Gesetz muss künftig interpretiert und von den Gerichten bestimmt werden. Wir wollen, dass es mehr Klarheit und Bestimmtheit in diesem Gesetz gibt und wir nicht jetzt schon wissen: Sehenden Auges übertragen wir die Verantwortung den Gerichten. Eine grundsätzliche Struktur, die jetzt geschaffen werden soll und die wir kritisieren, ist die so ausgestaltete Abweichungsgesetzgebung. Denn sie führt dazu, dass es konkurrierende Gesetzgebung mit Erforderlichkeitsprüfung und ohne Erforderlichkeitsprüfung, konkurrierende Gesetzgebung mit Abweichungsrechten und ohne Abweichungsrechte, konkurrierende Gesetzgebung mit Abweichungsrechten, aber abweichungsfesten Kernen und nicht abweichungsfesten Kernen gibt. Sie alle wissen gar nicht, was das im Einzelnen bedeutet. Was bedeutet denn der abweichungsfeste Kern „Allgemeine Grundsätze des Naturschutzes“? Hier wird doch in einer Art und Weise eine Verfassungsänderung betrieben, die den hohen Ansprüchen an eine Verfassungsänderung in vielen Punkten nicht gerecht wird. ({3}) Deshalb kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir diese Reform in dieser Form insgesamt nicht mittragen können, auch wenn wir konzedieren - das hat Herr Westerwelle deutlich ausgeführt -, dass es Verbesserungen in einigen Bereichen gibt und dass es eine Verantwortung von Bund und Ländern gerade auch bei der Verschuldung und eine so genannte Haftungsregelung gibt. Das begrüßen wir ausdrücklich und haben wir auch so in unseren Entschließungsantrag geschrieben. Eine Verfassung soll Bestand haben. Ich habe in den letzten Tagen gelesen, dass gerade auch Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion sich damit trösten: Wenn man heute schon zustimmen muss, dann kann man ja in ein, zwei Jahren die Änderungen, die man heute nicht hat durchsetzen können, wieder auf den Weg bringen. Das wird nicht gehen. So darf an einer Verfassung nicht herumgewerkelt werden. ({4}) Das wird dem Anspruch, den wir an die Grundlage unserer demokratischen und sozialen Rechtsordnung stellen, in keiner Weise gerecht. Zu einigen konkreten Punkten der vorgelegten Gesetzentwürfe ist schon etwas gesagt worden. Natürlich - hier schließe ich mich all meinen Vorrednern an - ist es ein falscher Schritt, die Zuständigkeit für den Strafvollzug auf die Länder zu übertragen. ({5}) Wenn es so war, dass die Länder diese Kompetenz nicht haben wollten, sie ihnen aber angeboten wurde, um quasi einen Ausgleich zu schaffen, dann wäre es in den letzten Wochen, in denen pausenlos Sitzungen stattgefunden haben, doch ein Leichtes gewesen, das mit derselben Argumentation einer Rückübertragung des Notariats auf den Bund auch für den Bereich des Strafvollzugs zu tun, sodass es bei der jetzigen Regelung hätte bleiben können. ({6}) Aber die Bereitschaft dazu war nicht vorhanden, allerdings nicht deshalb, weil es wirklich überzeugende Sachargumente für eine solche Übertragung gibt. Denn die Rechtseinheit aus „Strafen“ und „Strafen vollziehen“ wird aufgebrochen und es wird eine Entwicklung eingeleitet, deren Verlauf wir noch nicht beurteilen können. Aber das, was wir hören, und das, was sich Bund und Länder schon jetzt gegenseitig vorwerfen, lässt leider nicht allzu viel Gutes erwarten. Im Gegenteil: Es ist zu befürchten, dass § 1 - ein Ziel des Strafvollzugs ist ja die Resozialisierung - aus dem Gesetz gestrichen wird. ({7}) Genau darüber wird in den Ländern sehr offensiv diskutiert. ({8}) Meine Damen und Herren, wenn Sie gewisse Dinge nicht ändern bzw. beibehalten wollen, weil sie in einem guten Zustand sind, dann nehmen Sie sie in die Verfassung auf! Das gilt zum Beispiel für die Kulturförderung. Es reicht nicht aus, in Entschließungsanträgen Erläuterungen und Begründungen abzugeben, dass man gar nichts ändern wolle, wenn die vorgelegten Gesetzestexte nach Anhörung aller Experten genau zum gegenteiligen Ergebnis führen können. Das führt zu großer Rechtsunsicherheit. Hier haben Sie eine große Chance vertan, deutlich zu machen, dass Sie an der bewährten gemeinsamen Kulturförderung in der Bundesrepublik Deutschland und an einem guten Miteinander uneingeschränkt festhalten wollen. Das wird zu Recht kritisiert, auch von einem Gremium, das immer mit hohem Sachverstand in viele Kreise des Bundestages Input gibt. ({9}) Deshalb sage ich: Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir haben sehr sorgfältig abgewogen. Wir können in vielen Punkten keine Wendung zum Guten erkennen. Wir sehen, dass es Verbesserungen gibt. Aber die Gesamtabwägung unter Einbeziehung der Tatsache, dass die Verabredungen im Hinblick auf die Finanzbeziehungen nicht eingehalten worden sind, lässt für uns leider kein anderes Ergebnis zu. Wir können dieser Reform nicht zustimmen. Vielen Dank. ({10})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Dr. Norbert Röttgen. ({0})

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Zentrum der Kritik an der Verfassungsreform, die heute zur Abstimmung steht, stehen ganz wichtige Einzelfragen. Diese Reform wird im Wesentlichen mit Verweis auf neue Einzelregelungen kritisiert. Ich finde es richtig und legitim, dass man sich mit Einzelfragen beschäftigt. Ich möchte mit der wichtigsten Grundfrage und nicht mit den Einzelfragen, die sich allerdings auch stellen, anfangen. Die wichtigste Frage, die Grundfrage dieser Reform, lautet: Wie organisieren wir Demokratie und Parlamentarismus in unserem Land? Das ist die Grundfrage, auf die diese Verfassungsreform eine Antwort gibt. Sie gibt eine Antwort darauf, wie die Situation zurzeit ist. Zurzeit, nach geltendem Recht, ist es so, dass die Bürgerinnen und Bürger bei jeder Bundestagswahl ein Parlament, den Deutschen Bundestag, wählen, das in der Mehrzahl der Fälle nicht die Macht hat, selbst zu entscheiden. Die Mehrzahl der Gesetzesentscheidungen, die hier getroffen werden, können wir letztlich nicht allein durchsetzen, sondern wir brauchen dafür die Zustimmung des Bundesrates. Die Bürgerinnen und Bürger wählen also kein Parlament, das sich durchsetzen und in der Mehrzahl der Fälle endgültig entscheiden kann. Vielmehr ist unser System durch eine Vermischung der Verantwortung gekennzeichnet. Das ist auf dem Gebiet der Gesetzgebung so, das ist auf dem Gebiet der Verwaltung so und das ist auf dem Gebiet der Finanzen bzw. der Finanzierung des Staates so. Diese Wirklichkeit der Vermischung von Verantwortlichkeiten hat entmündigende Wirkung. Die Tatsache, dass der Vermittlungsausschuss zum Ersatzparlament geworden ist, entmündigt zum Beispiel dieses Haus, den Bundestag; denn von den Entscheidungen, die im Vermittlungsausschuss getroffen werden, kann der Bundestag kein einziges Komma mehr verändern, er kann nur Ja oder Nein dazu sagen. Die Mitglieder des Bundestages können nicht mehr inhaltlich gestalten, sie werden durch die geltende Verfassungslage entmündigt - Sie wie jeder andere auch, meine Damen und Herren. ({0}) Genauso hat diese Vermischung von Verantwortlichkeiten entmündigende Wirkung auf die Bürgerinnen und Bürger: weil die Bürger nicht mehr erkennen können, wer eigentlich entscheidet, wer für was verantwortlich ist. In dem Maße, wie das der Fall ist, entmündigen wir die Bürger bei ihrer Wahl: weil sie keine Richtungsentscheidung mehr treffen können, weil sie die Politik nicht mehr kontrollieren können, weil ja nicht mehr klar ist, wer für eine Entscheidung in diesem Land verantwortlich ist. Darum geht es bei dieser Verfassungsreform um die Wiederherstellung und Wiedereinführung des Prinzips Verantwortung in die deutsche Politik. ({1}) Genau das ist der substanzielle Fortschritt dessen, was so technisch klingt: Die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze, die im Moment über 60 Prozent ausmacht, wird um rund die Hälfte reduziert. Das heißt, dass die Bürger in Zukunft einen Bundestag wählen können, der in der Mehrzahl seiner Fälle entscheidungsfähig ist. Bei zwei Dritteln aller Gesetze, die verabschiedet werden, entscheiden nun wir. Damit können die Bürgerinnen und Bürger bei Wahlen darüber entscheiden, wer Politik in Deutschland macht. Das bedeutet diese Reform und darum ist sie richtig. ({2}) Verantwortlichkeit ist eine Bedingung für Demokratie. Demokratie kann nicht funktionieren, wenn das Prinzip Verantwortung außer Kraft ist, was zwei Konsequenzen hat - um es noch einmal zu sagen -: Wenn Verantwortung nicht gilt, ist die Politik entscheidungsunfähig. Wenn es in diesem Land etwas wie Politikverdrossenheit gibt - ich glaube, dass es so etwas gibt -, dann zeigt sich das in dem Vorwurf der Bürgerinnen und Bürger an „die Politik“ - nicht an einzelne Parteien -: Ihr tut eure Pflicht nicht, weil ihr die Probleme nicht löst. Darum muss Politik entscheidungsfähig werden: weil es unsere Pflicht ist, die Probleme zu lösen. ({3}) Wir müssen die Bedingungen dafür schaffen, dass wir das können. Verantwortung ist auch die Bedingung dafür, dass Kontrolle möglich ist. Die Bürger wollen, dass entschieden wird, und sie wollen, wenn sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, über Politik befinden. Deshalb ist es so wichtig, unsere Demokratie besser zu organisieren, unseren Parlamentarismus besser zu organisieren. Das ist keine reine Angelegenheit des Bundes, sondern das muss für den Gesamtstaat geschafft werden. Das ist der zweite Gesichtspunkt, den ich ansprechen möchte: Fast alle Kritik, die geäußert worden ist - von Ihnen, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, von Ihnen, Herr Wieland, übrigens auch von Herrn Schily -, verkennt das Wesen von Verfassungsgesetzgebung im Bundesstaat: Wenn Sie etwas verändern wollen, brauchen Sie dafür eine Mehrheit von zwei Dritteln im Bundestag und im Bundesrat. ({4}) Es mangelt doch nicht an Vorschlägen, wie das alles idealiter gezeichnet werden sollte. Die gibt es seit Jahrzehnten. Die praktische und verantwortliche Aufgabe von Politik ist, den Fortschritt möglich zu machen. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Röttgen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schily?

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gerne.

Otto Schily (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001970, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Röttgen, da Sie mich hier persönlich angesprochen haben: Wo haben Sie in meinen Ausführungen entdeckt, dass ich nicht auch erkannt hätte, dass politische Entscheidungen eines politischen Kompromisses bedürfen? Ich habe mir nur erlaubt - ich glaube, das gehört zur Ehrlichkeit der Debatte -, anzumerken, wo in diesem Vertragswerk vielleicht nicht das Optimale gelungen ist. Warum sollen wir uns dagegen nicht zur Wehr setzen? Was haben Sie daran auszusetzen?

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich kann Ihnen sagen, was ich daran auszusetzen habe: dass Sie damit nicht den entscheidenden Punkt getroffen haben. Sie haben es auf die neu begründete Kompetenz des Bundes bezogen, bei Gefahren durch den internationalen Terrorismus für die Gesetzgebung zuständig zu sein. Sie haben gesagt: Ich stelle mir vor, dass das noch viel mehr sein müsste. Das ist meine kritische Anmerkung an dieser Stelle. Ich halte das für eine wirklich fehlerhafte Bewertung des Prozesses, weil es zu zwei Dingen kommt: Wie eben ausgeführt, gewinnen wir im Deutschen Bundestag mit dem Abbau der Anzahl an Zustimmungsrechten ein erhebliches Maß an Entscheidungsmacht. ({0}) - Ich bin noch bei der Antwort, Herr Präsident.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege, es wird Ihnen auch aufgefallen sein, dass die Uhr stehen geblieben ist.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, ich habe das auch mehr für den Kollegen Schily gesagt. Herr Präsident, ich hatte Sie angesprochen, aber ich meinte eigentlich den Kollegen Schily. ({0}) - Nein, ich bin nicht kleinlich, ich will nur den Prozess, der hier stattfindet, schildern. Die Länder sagen uns - wir haben die Ministerpräsidenten dafür gewonnen -, dass sie in Zukunft keine Ausländerpolitik mehr machen. Zu einem Zuwanderungskompromiss als große politische Zusammenwirkung und Kontroverse von Bund und Ländern wird es in Zukunft nicht mehr kommen, weil Art. 84 des Grundgesetzes geändert worden ist. In Zukunft werden die Länder bei den großen Reformen der Sozialversicherung im Rahmen der Bundespolitik nicht mehr mitwirken. Das heißt, im Hinblick auf die Mitwirkung gibt es einen Machtverzicht der Länder. ({1}) Trotzdem und gleichzeitig sagen die Länder, dass sie von ihrer Kernkompetenz Polizeirecht an einer wichtigen Stelle noch eine zusätzliche Kompetenz an den Bund abgeben. Ich finde, die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, ist angemessen zu würdigen und man sollte nicht sagen, dass die eine Seite noch nicht weit genug gegangen ist. Sie hat sich bewegt. ({2}) Darum finde ich, dass Sie den Prozess fehlerhaft und unzutreffend kritisiert haben. Das war meine Antwort auf Ihre Frage. ({3}) - Ja, ich finde, dass diese Reform unser Land weiterbringt. ({4}) - Davon bin ich ganz fest überzeugt. Nun will ich etwas zum Thema Verantwortung der Parteien sagen. Damit meine ich insbesondere die FDP, weil sie mich gerade angesprochen hat, aber auch die Grünen. Ich will etwas zu Ihrer Kritik sagen. Ich halte sie aus mehreren Gründen für unglaubwürdig: Weder an der FDP noch an den Grünen ist die Verfassungsreform im Dezember 2004 gescheitert. Mit Ihnen wäre die Verfassungsreform im Dezember 2004 durchgeführt worden. Es hat nur zwischen den beiden großen Volksparteien nicht hingehauen. Sie hätten im Dezember 2004 ungefähr das beschlossen, was heute zum Beschluss vorliegt. Darum ist Ihre Kritik unglaubwürdig. ({5}) Herr Westerwelle, jetzt einmal etwas zu der kraftvollen Kritik, dass noch viel mehr passieren müsse, die Sie an Einzelregelungen geübt haben.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Röttgen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Burgbacher?

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Ernst Burgbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003063, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Röttgen, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bundestag überhaupt nicht mehr gefragt wurde, bevor es zum Scheitern der Föderalismuskommission kam? Stoiber und Müntefering haben die 32 Abgeordneten wie Kinder eine Stunde lang sitzen gelassen. Dann kamen sie und sagten: Es ist gescheitert. Der Bundestag wurde nicht gefragt. Sind Sie weiter bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir dort immer Bedenken angemeldet und gesagt haben, dass wir der Abweichungsgesetzgebung und den Regelungen bezüglich der Europatauglichkeit so nicht zustimmen können?

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Burgbacher, am Ende lautete im Dezember 2004 die Frage, ob wir im Bundestag und im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit hinbekommen. Wir beide waren Mitglieder in Oppositionsfraktionen. Ich respektiere Sie übrigens generell, aber auch für die Arbeit, die Sie in der Föderalismuskommission geleistet haben, und ich sage Ihnen jetzt nur meine Einschätzung über Sie. Meine Einschätzung war und ist, dass Sie bei dem, was auf dem Tisch lag, gesagt hätten: Ich habe zwar Bedenken in Einzelpunkten - die kann ich jetzt auch äußern -, aber das ist ein Fortschritt für unser Land. Wir haben viel erreicht und ich werde mich meiner Verantwortung nicht entziehen und deshalb diesem Gesamtpaket zustimmen. Das ist meine Einschätzung Ihrer Haltung, die Sie dort ganz persönlich vertreten hätten. Die darf ich Ihnen gegenüber äußern. ({0}) Herr Westerwelle, ich will etwas zu der Kritik sagen, die von Ihnen geäußert wurde. Sie sagten, es müsse noch viel mehr passieren und es dürfe insbesondere nicht so viel vom Bund auf die Länder übertragen werden. Ich spreche Sie jetzt einmal nicht nur in Ihrem Amt als FDPFraktionsvorsitzender, sondern auch in Ihrem Amt als FDP-Bundesvorsitzender an. ({1}) Sie sprechen kraftvolle Appelle aus und führen an, was noch alles zu erreichen ist. Sie haben es aber nicht erreicht, eine einheitliche Position der FDP zu realisieren. ({2}) Denn im Bundesrat hat die FDP über die Länder, in denen sie mitregiert, der Föderalismusreform zugestimmt. Im Bundestag, wo die FDP der Opposition angehört, vertritt sie eine Position, die sich aus dem Entzug der Verantwortung ergeben hat. Sorgen Sie erst einmal für eine einheitliche Position der FDP zur Föderalismusreform! Das wäre schon ein Fortschritt. ({3}) Das macht das Problem der Verfassungsgesetzgebung deutlich: Was Sie zum Beispiel zum Strafvollzug im Bundestag kritisieren, wird von Ihrem freidemokratischen Justizminister in Baden-Württemberg geradezu gefordert. ({4}) Das, was Sie in der Hochschulpolitik im Bundestag kritisieren, wird von dem freidemokratischen Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen geradezu gefordert. Sie schaffen noch nicht einmal eine Föderalismusreform innerhalb der FDP. ({5}) Dass Sie uns vorwerfen, dass das, was wir im Bundestag und Bundesrat schaffen, zu wenig ist, ist ein bisschen billig. Sie sagen, wir müssten noch viel mehr machen, aber Sie selbst schaffen gar nichts.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Röttgen, nun möchte auch die Kollegin Sager Ihre Redezeit verlängern.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gut.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Bitte.

Krista Sager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003622, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Röttgen, Sie haben hier auch Behauptungen über die Grünen aufgestellt. ({0}) Deshalb frage ich Sie: Können Sie sich daran erinnern, dass zum Ende der Beratungen der Föderalismuskommission die Themen Umwelt, Bildung und Europa strittig gestellt worden sind - es wurde bis zum Schluss keine Verständigung erzielt -, dass die Kommission scheiterte und dass die Grünen wesentlich daran beteiligt waren, diese Themen strittig zu stellen? Wir haben dieser Reform auch danach nicht zugestimmt.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Kollegin Sager, ich wollte eigentlich etwas Positives über Sie sagen. Ich wollte sagen, dass Sie wie wir alle nicht ganz bei Trost wären, wenn wir in Einzelfragen der Gesamtreform, die die umfassendste Verfassungsreform in der Geschichte des Landes darstellt, nicht an der einen oder anderen Stelle Kritik und einzelne Verbesserungsvorschläge hätten. Ich wollte Ihnen eigentlich nur ein Kompliment machen, nämlich dass es meine Überzeugung war und ist, dass Sie die Einzelbedenken zurückstellen würden, weil das Gesamtwerk einen Fortschritt für unser Land bedeutet. Diese verantwortungsvolle Position habe ich Ihnen zugetraut, als Sie noch regierten. In der Opposition ist es etwas bequemer. Ich habe selber schon Erfahrungen mit Bequemlichkeit und Anstrengung in den unterschiedlichen Rollen gemacht. Es wäre besser gewesen, wenn Sie Ihrer Verantwortung weiter nachgekommen wären und auch in der Opposition dafür eingetreten wären, dass das Land weiter vorankommt. Das ist meine Auffassung. ({0}) Ich glaube, dass mit dieser Reform ein verantwortlicher Kompromiss herbeigeführt worden ist. Es geht bei der Föderalismusreform um Machtverteilung im Bundesstaat. Die Macht, zu entscheiden, wird neu verteilt. Dass die Ministerpräsidenten bereit waren, sich aus ihrer eigentlichen Lieblingsrolle als Mitspieler in der Bundespolitik ein beachtliches Stück zurückzuziehen und zum Ausgleich ihre Landtage zu stärken, ist ein enormer Fortschritt. Ich möchte es ausdrücklich würdigen, dass an dieser Stelle Einzelinteressen zurückgestellt worden sind. ({1}) Ich will zum Schluss kommen. Alle Reden, die darauf abzielten, dass die Bundesinteressen noch stärker berücksichtigt werden müssen, wurden im Ergebnis nicht in die Tat umgesetzt. Es gibt eine praktische Alternative zum Status quo: ein beachtlicher Fortschritt, der vielleicht noch größer hätte ausfallen können. Zu der Föderalismusreform gibt es aber nicht die Alternative einer noch viel besseren Reform, weil die Vorstellungen darüber, wie eine solche bessere Reform aussehen könnte, nicht mehrheitsfähig sind. Darum bestehen die Alternativen darin, dass entweder jeder Einzelne für sich das Recht in Anspruch nimmt, zu wissen, wie die Reform aussehen müsste, oder dass Demokratie und Parlamentarismus in Deutschland im Dienste des Landes und für die Menschen besser organisiert werden. Das tut die große Koalition. Danke. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Westerwelle das Wort.

Dr. Guido Westerwelle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002944, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Röttgen, zuerst einmal herzlichen Dank für die vielen Belehrungen, die uns, an der Spitze Herrn Schily und meiner Person, gegeben worden sind. Das war nötig. ({0}) Ich bin sehr gespannt, wie Sie in zwei bis drei Monaten in einer anderen Funktion reden werden; denn der BDI hat das Ganze ausdrücklich nicht als großen Wurf bezeichnet. Das wird man wohl einmal vortragen dürfen. Ich bin sehr gespannt, welche Metamorphose Ihre Argumentation, Herr Kollege Röttgen, in den nächsten Monaten durchmachen wird. ({1}) Der Punkt, den ich eigentlich für wichtig halte und der hier angesprochen werden muss, betrifft die unterschiedlichen Abstimmungen im Bund und in den Ländern. Es ist in meinen Augen eine sehr schwierige Argumentation, die Sie vorgetragen haben. Ich glaube nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen, die sich darüber Gedanken machen, das gut finden können. Hier diskutiert jetzt das Verfassungsorgan Deutscher Bundestag. Dass andere Verfassungsorgane und Angehörige anderer Verfassungsorgane zu anderen Ergebnissen kommen können, halte ich für völlig normal. Ich sage für uns, die wir regieren, voraus - das wissen auch Sie -: Es wird verschiedene Länder geben, auch solche, die von der SPD mitregiert werden, die sich anders verhalten werden. Das ist bereits angekündigt worden. Ich möchte ein Missverständnis nicht stehen lassen. Ich halte es für einen schweren Fehler, zu glauben, dass die verschiedenen Verfassungsorgane zwingend zu einer parteipolitisch einheitlichen Haltung kommen müssen. Hier geht es zunächst einmal um das Verfassungsorgan Deutscher Bundestag. Wenn wir der Meinung sind, dass die Übertragung der Zuständigkeiten für den Strafvollzug ein Fehler ist, dann dürfen wir diese Meinung vertreten. Wenn ein Land froh darüber ist, die Zuständigkeiten zu erhalten, dann darf ich es dafür nicht in die Ecke stellen. Wenn ein Land Kompetenzen erhält, dann wird es dem zustimmen. Ob wir klug beraten sind, diese Kompetenz abzugeben, wird man wohl noch bestreiten dürfen. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Zur Erwiderung Kollege Röttgen.

Dr. Norbert Röttgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte nur einen Satz darauf erwidern. Natürlich kann man der Meinung sein, Herr Kollege Westerwelle, dass der Bundestag sagen soll, was er für richtig hält, und auch der Bundesrat sagen soll, was er für richtig hält, und dass die Parteien auf ihren Landesparteitagen ebenfalls etwas Unterschiedliches oder was auch immer sagen. Das hat nur ein Ergebnis, worauf ich hinweisen wollte. Das Prinzip, das Sie befürworten, führt zu dem Ergebnis, dass nichts passiert. An den Problemen ändert sich nichts, wenn jeder immer weiß, was richtig ist, aber nichts zusammengeführt wird. Wir führen zusammen und kommen zu Ergebnissen. Das ist der Unterschied der Methoden. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Ilja Seifert, Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Ilja Seifert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002153, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Röttgen hat nach der Kanzlerin, nach Herrn Struck und nach Herrn Scholz die Koalitionsmitglieder zum x-ten Male beschworen: Stimmt ab und seht das große Ganze, das ist etwas Tolles; denn wir verteilen die Machtverhältnisse in diesem Land richtig; überseht bitte die vielen kleinen Details und die vielen kleinen Fehler. Ich will, wenn ich es in meiner Redezeit von vier Minuten schaffe, noch ein halbes Dutzend Fehler hinzufügen, damit Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wissen, dass Sie es in der Hand haben, einen richtig großen Fehler zu begehen oder ihn zu vermeiden. Ich will eine Bemerkung zu dem großen Ganzen machen, das angeblich richtig ist. Sie, Herr Röttgen, tun so, als ob das Wichtigste wäre, zu wissen, wer wo wann etwas zu sagen hat. Nein, das Wichtigste ist, dass die Menschen in diesem Lande frei leben und an dieser Gesellschaft teilhaben können. Das ist das Wichtigste. Das ist das große Ganze, nicht die Verfassungsorgane. ({0}) Lassen Sie mich bitte zu den so genannten Details kommen. Vor drei Tagen hatte jeder von Ihnen vor dem Reichstagsgebäude die Möglichkeit, sich von ungefähr drei oder vier Dutzend Menschen mit Behinderung darüber beraten zu lassen, welche Auswirkungen dieses Gesetz auf die behinderten Menschen haben wird. Die Regierung weiß es sogar selbst. Noch im März antwortete sie auf eine Anfrage bezüglich der Eingliederungshilfe - Zitat aus der Bundestagsdrucksache 16/808 -: Eine Regionalisierung ohne bundeseinheitliche Sozialstandards ließe erhebliche Nachteile für hiervon betroffene behinderte Menschen befürchten. ({1}) - Das wollen wir doch erst einmal sehen. - Es geht zum Beispiel darum, dass Barrierefreiheit in keiner einzigen Landesbauordnung zwingend vorgeschrieben ist. Es ist weder zwingend vorgeschrieben, den Neubau von Barrieren zu verhindern, noch ist zwingend vorgeschrieben, die bestehenden Barrieren abzubauen. Vorschriften gibt es nur für öffentliche Bauten. Lassen Sie uns darüber reden, warum im Behindertengleichstellungsgesetz gerade erst festgeschrieben worden ist, dass Barrierefreiheit wichtig ist. Ein weiterer Punkt, über den ich gerne reden möchte: Warum gibt es in keinem einzigen Land eine einigermaßen vergleichbare Regelung zu § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes, nach der Behindertenorganisationen Mitspracherechte in Bezug auf die Verkehrsführung in den Städten und auf den Städtebau haben? Immer geht es um die Abschaffung von Barrieren und Barrierefreiheit. Aber nirgendwo ist eine derartige Regelung festgelegt. Kein einziges Land hat dazu bisher entsprechende Regelungen erlassen und sie werden es voraussichtlich auch in Zukunft nicht tun. Ein anderer Punkt, über den ich reden möchte: Sie übertragen den Ländern die Kompetenz für das Heimrecht. Wir haben schon erste Erfahrungen gemacht. Bayern verlangt, die Standards in Heimen zu senken. Das heißt, dass es in Zukunft wieder mehr Mehrbettzimmer geben wird. Anstatt - das brauchen wir wirklich die ambulanten Strukturen zu stärken, wird mehr in Beton und weniger in ambulante Strukturen investiert, die wirklich funktionieren. Die Menschen werden sich in Mehrbettzimmern in Betonklötzen wiederfinden, weil das angeblich billiger ist. Lassen Sie uns auf diesem Gebiet über Teilhabe, Freiheit und über das, was im Lande wirklich wichtig ist, reden! Das möchte ich nicht aufgeben. Der letzte Punkt, den ich in meiner kurzen Redezeit noch ansprechen kann: Alle finden das persönliche Budget, das Menschen mit Behinderungen zukünftig die Teilhabe sichern soll, ganz toll. Wenn es in jedem Land andere Formulare geben wird, was macht dann jemand, der sich die Freiheit nimmt, von Bremerhaven nach Niedersachsen umzuziehen? Er muss in Zukunft erst eine andere Behördensprache lernen. Möglicherweise muss er erst einmal ein Formular beantragen, damit er ein Formular beantragen darf. All das gibt es schon. Ich zitiere abschließend noch einmal die Bundesregierung, damit Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wissen, dass Sie sehenden Auges Fehler begehen. Die Bundesregierung schrieb in der Antwort auf die gestellte Frage weiter: Mittel- und langfristig wäre in Anbetracht zu erwartender unterschiedlicher Prioritätensetzung in den Ländern die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse für behinderte Menschen in Deutschland nicht mehr gewährleistet. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen außer: Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und stimmen Sie gegen diese Verfassungsänderung! Danke schön. ({2})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Peter Friedrich, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Hans Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003124, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Die Rede vom Kollegen Seifert hat deutlich gemacht, dass die Vorfrage jeder Diskussion um die Ordnung des Bundesstaates lautet: Stehen wir dem Föderalismus positiv gegenüber oder sehen wir im Föderalismus etwas Lästiges, das man nach Möglichkeit weitgehend ausschalten soll? Dass Ihre Partei, Herr Seifert, mit Föderalismus und Dezentralisierung Probleme hat, ist mir angesichts der Wurzeln, der Tradition Ihrer Partei - Politbüro und Zentralkomitee - spätestens seit heute völlig klar. ({0}) Ein Grund für die politische und für die gesellschaftliche Stabilität in diesem Land ist, dass wir uns bemühen, den Menschen Entscheidungsebenen und Entscheidungsbefugnisse möglichst nahe zu bringen. Ich glaube, dass die Länder dabei eine ganz wichtige Funktion haben.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Friedrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Seifert?

Dr. Hans Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003124, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich mache mich lieber bei diesem Kollegen unbeliebt als beim ganzen Rest. Ich gestatte jetzt keine Zwischenfragen. ({0}) Der Bürger schätzt regional überschaubare Strukturen. Er schätzt es nicht, wenn er aus dem fernen Berlin oder gar aus dem fernen Brüssel regiert wird. Deswegen ist es richtig, dass die Länder in dieser Republik eine eigene Staatlichkeit haben und dass wir mit dieser Reform auch die Staatlichkeit unserer Bundesländer stärken. Umgekehrt gilt: Wo unserer Auffassung nach bundeseinheitliche Regelungen erforderlich sind, ist der Bund zuständig, ohne durch Beteiligungsrechte der Länder überDr. Hans-Peter Friedrich ({1}) mäßig gestört zu werden. Beide Ziele werden erreicht. Hier hat jemand zu Recht gesagt: Es gewinnen die Parlamente in diesem Land, und zwar die Parlamente auf Bundesebene und die Parlamente auf Landesebene. Das ist der Kern der Reform ({2}) Wir verbinden mit dieser Reform Effizienz und Transparenz. Das ist ein persönlicher und politischer Erfolg derjenigen, die sich diesem Problem in unendlich vielen Stunden gewidmet haben: Edmund Stoiber und Franz Müntefering. Ihnen unser herzlicher Dank und Glückwunsch zu diesem großartigen Erfolg. ({3}) Man sollte noch einmal Folgendes sagen: Die Trennungslinie zwischen dem, was die Länder entscheiden sollen, und dem, was der Bund entscheiden soll, ist keine Abgrenzung zwischen Wichtigem und Unwichtigem nach dem Motto: Was unwichtig ist, das können die Länder machen, was wichtig ist, das macht der Bund. Diese Trennungslinie verläuft vielmehr folgendermaßen: Dort, wo die Materie verlangt, dass regionalspezifisch, flexibel und nah am Menschen entschieden und auf spezifische Situationen eingegangen wird, müssen die Länder entscheiden. Ich halte es für richtig, dass die in den Ländern vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten einen Wettbewerb um die beste, modernste und zielführendste Antwort auf Probleme herbeiführen. Ich werde nicht verstehen - ich will es auch nicht akzeptieren -, warum die Idee des Wettbewerbsföderalismus abqualifiziert und als Kleinstaaterei, als Zersplitterung oder als Spirale nach unten diskreditiert wird. Ich glaube, dass der Wettstreit um die beste Lösung etwas ist, was unser Land insgesamt voranbringt. Man hat ideologische Motive, wenn man Wettbewerb und Solidarität gegeneinander ausspielt. Ein solches Spannungsverhältnis, einen solchen Gegensatz gibt es nämlich überhaupt nicht. ({4}) Ich behaupte, dass die Subsidiarität und der Föderalismus die Akzeptanz der Wähler im Hinblick auf getroffene politische Entscheidungen erhöhen. Unsere Reform wäre auch für die Europäische Union eine Handlungsanleitung. Vielfalt statt Einheitsbrei, Freiheit statt Reglementierung wären der bessere Weg zu einem gemeinsamen Europa. Ein Ausdruck von Subsidiarität und Dezentralisierung ist übrigens auch der hohe Stellenwert, den wir unseren Kommunen - auch über unsere Verfassung, das Grundgesetz - einräumen. Bereits die jetzt geltende Fassung des Grundgesetzes schützt die kommunale Eigenständigkeit. Wir fügen einen neuen Baustein, einen neuen Schutzfaktor hinzu: Aufgaben dürfen auf die Gemeinden durch Bundesgesetz nicht übertragen werden. Ich glaube, das ist ein wichtiges politisches Signal an unsere Kommunen, an unsere Kommunalpolitiker, an die Mandatsträger in den Städten und Gemeinden. Es stärkt übrigens auch die Verantwortung der Länder für die Kommunen. ({5}) Diese Länderverantwortung beinhaltet Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten gehört selbstverständlich auch die Finanzausstattung der Kommunen. Ich sehe in der neuen Formulierung zum Schutz der Kommunen im Übrigen auch - lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen - einen Handlungsauftrag zur Überprüfung, ob die bestehenden Bundesgesetze für die Kommunen unzumutbare Kosten mit sich bringen und ob wir möglicherweise Entlastungen für die Kommunen schaffen können. Lassen Sie mich etwas zur Abweichungsgesetzgebung sagen. Es ist ein Instrument, das scheinbar unlösbare Konflikte auflöst. Der erste Konflikt besteht darin, dass der Bund in bestimmten Materien eine Vollkompetenz haben möchte, obwohl die Länder dort heute Gestaltungsrechte haben und man diese Gestaltungsrechte der Länder nicht abschaffen will. Das ist ein Konflikt, den es aufzulösen galt. Dabei ging es nicht darum, eine verfassungsästhetische Hochreckveranstaltung durchzuführen, sondern es ging darum - das sage ich in Richtung von Frau Künast, die das vorhin kritisiert hat -, bei der Verfassungsänderung auch die Verfassungswirklichkeit zu berücksichtigen - so wie bei jeder Gesetzesänderung auch die Rechtswirklichkeit zu berücksichtigen ist - und dieser Verfassungswirklichkeit gerecht zu werden. Ich halte es für ungerecht und auch für falsch, wenn der Vorwurf erhoben wird, die Abweichungsmöglichkeit der Länder würde zu einer Unterschreitung oder Absenkung der bundesrechtlich gesetzten Standards führen; das ist immer wieder zu hören. Erstens gibt es in den Rechtsmaterien, in denen abgewichen werden kann, abweichungsfeste Kerne. Zweitens gibt es zu diesen Materien eine verbindliche europäische Rechtssetzung. Auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ist zu berücksichtigen. Das wichtigste Argument - das ist das dritte - lautet: Die Wählerinnen und Wähler, die den Bundestagsabgeordneten oder die Bundestagsabgeordnete wählen, sind dieselben, die auch die Landtagsabgeordneten wählen. Sie haben an die Landtagsabgeordneten dieselben Erwartungen wie an die Bundestagsabgeordneten. ({6}) Wenn Demokratie funktioniert, dann kann ein Landtag von den Standards, die auf Bundesebene gesetzt worden sind, gar nicht so gravierend abweichen. Ich glaube im Übrigen nicht, dass eine Abweichung in großem Stil stattfinden wird. Es gibt einen zweiten Konflikt, der mit dieser Abweichungsgesetzgebung gelöst wird. Einige Länder können sich durchaus vorstellen, mit sehr weit gehenden Bundesregelungen zu leben. Das eine oder andere Land ist vielleicht auch ganz froh darüber, wenn der Bund in einer Materie Regelungen vorgibt, um sozusagen die eigenen Gesetzgebungskapazitäten für anderes zu schonen. Dr. Hans-Peter Friedrich ({7}) Überhaupt hat die Ausübung der Staatlichkeit etwas mit der Leistungsfähigkeit des einzelnen Bundeslandes zu tun. Diesem Thema - das ist heute oft genug gesagt worden - werden wir uns widmen müssen. Wenn diese Föderalismusreform umgesetzt ist, werden wir das Thema der Finanzbeziehungen der Länder und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit angehen. Was Herr Westerwelle heute behauptet hat - Herr Stoiber und Herr Müntefering hätten die Finanzbeziehungen aus dem Auftrag der Föderalismuskommission herausgenommen -, ist schlichtweg falsch. Wahr ist, dass der Einsetzungsbeschluss dieses Hauses, gefasst auch mit den Stimmen der FDP, dies ausdrücklich ausgeschlossen hat. ({8}) Insofern ist diese Reform heute Voraussetzung für weitere Stufen der Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung. Deswegen ist diese Reform heute nicht nur die Mutter aller Reformen, sondern sogar die Mutter aller künftigen Verfassungsreformen. Auch unter diesem Aspekt bitte ich das zu sehen. Ich kann nicht akzeptieren, dass die FDP, obwohl in der Opposition, das Ganze jetzt als ein tagespolitisches Ereignis sieht. Ich denke, dass die Tragweite dieser Reform von national außerordentlicher Bedeutung ist und nicht im tagespolitischen Oppositionsgehabe untergehen darf. ({9}) Deswegen sage ich: Wer eine weitere Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung verlangt - wie das die FDP tut -, der hat das Recht, diese Forderung zu erheben, verloren, wenn er gleichsam die Voraussetzung dafür, dass dies erreicht werden kann, heute ablehnt. Ich appelliere deswegen an die FDP und an die vernünftigen Teile der Grünen, der Reform ihre Stimme zu geben. Wenn man behauptet, dass man sozusagen nur unglücklicherweise in der Opposition, aber eigentlich regierungsfähig ist, dann muss man diese Regierungsfähigkeit beweisen, wenn es um eine nationale Reform dieses Ausmaßes geht. ({10}) Das Land muss beweisen, dass wir in der Lage sind, mutig und entschlossen die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen. Heute ist der Tag, den Beweis dafür zu erbringen, dass wir alle gemeinsam in diesem Haus dazu in der Lage sind. Ich bitte deswegen um Zustimmung zu dieser Reform. Vielen Dank. ({11})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Jürgen Gehb, CDU/ CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Jürgen Gehb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach 15 Vorrednern und eine Viertelstunde vor der Abstimmung an einem Tage wie heute, wo alle auf das Fußballspiel warten, als Redner auftreten zu müssen, ist weiß Gott keine besonders veritable Position. ({0}) Selbst einem begeisterungsfähigeren Redner würde es wohl kaum gelingen, die Aufmerksamkeit des gesamten Auditoriums zu finden. Mal sehen, ob es mir gelingt. Mir fällt auf, dass sich ein Punkt bei der ganzen Kritik an dieser Reform gleichsam wie ein roter Faden durchzieht, nämlich der Argwohn gegenüber den Fähigkeiten der Länder. Alle singen das Hohelied auf den Föderalismus, aber viele sprechen zugleich von Kleinstaaterei, Zwergstaaterei, Separatismus und Landesfürsten. Der Höhepunkt war Ihr Ausdruck „der Alpendespot“, Herr Wieland. ({1}) Wer eine solche Synonymisierung vornimmt, der sollte doch so ehrlich sein, zu sagen, dass ihm ein Zentralstaat am liebsten sei. Das wäre wenigstens ehrlich. ({2}) Herr Stünker hat zu Recht an das erinnert, was einer der Verfassungsrechtler sehr schön sagte: Selbst wenn wir mit der Crème de la Crème der deutschen Verfassungsrechtlerschaft das Grundgesetz änderten, würde das auch nicht überall auf fruchtbaren Boden fallen und unisono Zustimmung finden. Ehe Sie, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hier nun endgültig wegzusacken drohen, möchte ich Ihnen bezüglich der von Ihnen geäußerten Angst, dass bei einer Grundgesetzänderung das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird und ein Tummelplatz für Juristen entsteht, sagen: Selbst wenn wir die Viehhauptmängelverordnung oder das Viehseuchengesetz ändern würden, würden sich Rechtswissenschaftler auf den Plan gerufen fühlen, dazu etwas zu schreiben. Wozu, wenn nicht bei einer Änderung des Grundgesetzes, sollte das Bundesverfassungsgericht irgendwann einmal etwas sagen? Aber aus Angst vor dem Tode begehen wir noch keinen Selbstmord. ({3}) Meine Damen und Herren, sieben Minuten reichen natürlich nicht, um stakkatohaft in Form einer Digestenexegese jeden einzelnen Artikel abzuklopfen. ({4}) Auf die Regelung zum Strafrecht und alles Mögliche andere wurde eingegangen. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den Sie, Herr Wieland, noch in der letzten Rechtsausschusssitzung angesprochen haben. Ansonsten kam ja in den beiden Rechtsausschusssitzungen von Ihrer Fraktion wie auch von den Linken wenig. ({5}) Das sage ich, obwohl ich die Linken sonst nicht einmal ignoriere. Sie hatten ja aus Angst, dass wir in die Sache eintreten, so den Schweiß auf der Stirn stehen wie der Hypochonder, der freitags zum Arzt geht und Angst hat, dass er für Montag gesundgeschrieben wird. ({6}) Nehmen wir einmal das Versammlungsrecht. Herr Wieland und die Grünen haben vorgetragen, es sei unmöglich, die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht den Ländern zu geben; es handele sich hier ja nicht um eine Materie des Polizei- und Ordnungsrechtes. Dazu sage ich Ihnen: Das Versammlungsrecht bzw. die Versammlungsfreiheit ist bereits grundgesetzlich verbrieft. In § 15 des Versammlungsgesetzes lesen Sie Folgendes: Die zuständige Behörde - das ist übrigens regelmäßig der Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt oder der Landrat eines Landkreises kann die Versammlung … verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn … - jetzt schön lauschen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung … unmittelbar gefährdet ist. Meine Damen und Herren, jeder von Ihnen, der während seines Jurastudiums nicht immer dann im Schwimmbad gewesen ist, wenn das öffentliche Recht behandelt wurde, weiß, dass öffentliche Sicherheit und Ordnung genuin zum Länderrecht gehören und Teil des Polizei- und Ordnungsrechtes sind. ({7}) Bei Ihnen paaren sich also Unwilligkeit und Sachunkunde in geradezu idealtypischer symbiotischer Form. Das zeigt sich auch noch an anderen Dingen. Wenn von Zuständigkeit der Länder gesprochen wird, sprechen einige von Ihnen sofort von Ministerpräsidenten, Landesfürsten oder gar Landesregierungen. Sind Sie schon einmal auf die Idee gekommen, dass der Adressat der Verlagerung der Zuständigkeit auf die Länder nicht die Exekutive ist, sondern die Landesparlamente? Die dortigen Abgeordneten - sie heißen nicht Bundestagsabgeordnete, weil es dort keinen Bundestag gibt, sondern Landtagsabgeordnete, weil es dort Landtage gibt - haben keine geringere demokratische Legitimation als wir. Jeder, der glaubt, dass die Länder das, was wir können, nicht können, zeigt damit nur seine blanke Hybris. ({8}) Wenn das noch mit Vokabeln wie „Schäbigkeitswettlauf“ versehen wird, dann hat man den Eindruck, dass wir, wenn der Strafvollzug auf die Länder übergeht, in archaische Zeiten wie bei Ben Hur zurückfallen: Die Sträflinge sitzen unten in der Galeere angekettet, während oben unser Justizminister Jürgen Banzer mit der Trommel den Takt angibt. Meine Damen und Herren von der Opposition, angesichts einer solchen Argumentation muss ich Ihnen sagen: Sie sind ja verrückt geworden. ({9}) Da wir kurz vor dem Beginn des Viertelfinales stehen und heute schon aus dem reichhaltigen Reservoir der Fußballsprache Metaphern genommen haben: Wenn die Linke, die ich, wie gesagt, sonst noch nicht einmal ignoriere - Herr Ramelow, aufgewacht! -, ({10}) lediglich in der Aufwärmphase ihren Spielführer, den so sehr geeigneten Bundesrichter a. D. Nešković, zu den Obleutegesprächen schickt, aber in der Hauptspielphase Herrn Ramelow einwechselt, weil auf einem anderen Spielfeld, im Untersuchungsausschuss, medienträchtiger Meriten zu verdienen sind, und wenn man sieht, dass die Besetzung der Linken in den Rechtsausschusssitzungen immer dürftiger wird und dass die Rechtsstudentin Dagdelen dasitzt, ohne auch nur piep zu sagen, dass dann Herr Ramelow kommt und uns erzählen will, wie das Grundgesetz zu ändern ist, und dass Sie an die Nachspielzeit große Hoffnungen knüpfen, dann stellt sich die Frage, wer noch kommen soll. Schon in der Vorspielzeit hat Herr Nešković den Bettel hingeschmissen und in der Hauptspielzeit ist Herr Ramelow gekommen. Wollen Sie uns in der Nachspielzeit vielleicht noch irgendeinen anderen Rumpelfüßler bieten? ({11}) Wer nach sieben Tagen Anhörung - das sind etwa 56 Stunden - behauptet, wir wollten das durchpeitschen, und wer glaubt, dass wir hier nur ein Schaulaufen veranstaltet haben, der ärgert sich darüber, dass wir ergebnisoffen diskutiert und viele Änderungen vorgenommen haben. Übrigens, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Sie haben in der Rechtsausschusssitzung am vergangenen Mittwoch gesagt, selbst Sachverständige der Union hätten Kritik geäußert. Gnädige Frau, liebe Kollegin, bei Ihnen mag das vielleicht anders sein, aber wir bestellen nur die Sachverständigen und nicht gleich das Ergebnis mit. ({12}) Nachdem heute so viel Dank an Herrn Müntefering und Herrn Stoiber, an alle - mit Verlaub - Großkopferten, ausgesprochen wurde, möchte ich den Subalternen einen Dank aussprechen, die diesem Parlament eine Premiere ermöglicht haben: sieben Tage Anhörung! Der Rechtsausschuss sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mit geradezu forensischer Akribie das Verfahren durchgezogen. Ich erlaube mir an dieser Stelle, zwei Personen namentlich herauszustellen.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das geht kaum, weil Sie das außerhalb Ihrer Redezeit tun müssten.

Dr. Jürgen Gehb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das geht doch. - Das sind Andreas Schmidt und Herr Stegner, der Kovorsitzende. Sie haben die Sitzungen glänzend geleitet und dazu beigetragen, dass die Anhörung ein Erfolg wurde. Herzlichen Dank. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erbitte nun Ihre Aufmerksamkeit für die letzte Rednerin in dieser Debatte. Das ist die Kollegin Antje Tillmann, CDU/CSUFraktion. ({0})

Antje Tillmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003646, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun ziemlich genau vier Stunden über die Neuordnung der föderalen Ordnung unseres Landes gesprochen. Ich freue mich, dass diese Debatte sachgerecht, sachlich und - teilweise mehr, teilweise weniger - erheiternd geführt wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und den Grünen, ich hatte in der Debatte nicht den Eindruck, dass Ihre Rednerinnen und Redner bislang nicht genügend Zeit gehabt hätten, sich sachlich mit der Diskussion auseinander zu setzen. ({0}) Das eine oder andere in Ihren Reden war durchaus bedenkenswert, allerdings nicht so neu, dass wir unser Abstimmungsverhalten hätten ändern müssen. Die Geschäftsordnungsdebatte heute Morgen war ebenfalls nicht zielführend. Wir können heute abstimmen, weil wir uns seit zwei Jahren sehr intensiv mit diesem Thema befassen, zuerst 15 Monate in der Kommission und dann in allen Ausschüssen und in der Anhörung. Lieber Kollege Burgbacher, dass Sie heute auf die Idee kommen, diesem Vorhaben gerade aus finanzpolitischen Gründen nicht zustimmen zu können, weil der Länderfinanzausgleich ausgeschlossen worden sei, ist nicht ganz glaubhaft; denn 15 Monate haben Sie sehr intensiv und konstruktiv in der Kommission mitgearbeitet und manche Nacht haben wir gemeinsam versucht, Lösungen zu finden. Da finde ich es ein bisschen eigenartig, dass Sie heute keine Lust mehr haben, weiterzumachen. ({1}) Im Übrigen halte ich auch das Argument für falsch, wir hätten den Finanzbereich komplett ausgeschaltet. Wir haben sehr intensiv über den Finanzbereich beraten und im Sinne der Haushaltskonsolidierung durch Bund und Länder sind die erreichten Punkte durchaus vorzeigbar. Das haben auch die Sachverständigen so gesehen. Ich zitiere: Ich möchte Sie ausdrücklich loben für das, was hier vorgelegt wurde: Das ist wesentlich mehr, als ich mir persönlich erwartet habe, nachdem die Föderalismuskommission ihre Arbeit damals eingestellt hatte. Das Vorliegende ist sehr gut. So Professor Homburg, Uni Hannover. Oder: Wir sind froh, dass Sie dieses Paket geschnürt haben. Wenn man das gelesen hat, dann kann man nur sagen, dass das, was jetzt auf dem Tisch liegt, toll ist. Das sollte man auch nicht zerreden. So der Bundesrechnungshof. ({2}) Die Aussage, die Finanzverfassung sei nicht angepasst worden, ist schlichtweg falsch. Gerade aus diesem Grund bedaure ich, liebe Kollegen von der FDP, dass Sie nicht zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Im Einzelnen. Erstens. Bund und Länder haben endlich die Verantwortung für die Einhaltung des 3-Prozent-Maastrichtkriteriums gemeinsam bestätigt. Erstmalig haben die Länder sich bereit erklärt, zu dieser Verantwortung zu stehen und eine eventuelle Strafzahlung mit dem Bund gemeinsam zu tragen. Viel wichtiger aber ist, dass die drohende Strafzahlung dazu geführt hat, dass beide, Bund und Länder, sich darauf verständigt haben, bei der Haushaltskonsolidierung des Gesamtstaates zusammen zu wirken. Punkt zwei. Die Bundesfinanzhilfen zeitlich zu befristen, ist eine ganz alte Forderung der FDP. Durch die Einigung darauf können Hilfen des Bundes zu ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung, nur vorübergehend Aufgaben der Länder zu finanzieren, eingesetzt werden. Bei dauerhafter Veränderung des Finanzbedarfs werden wir zum Deckungskostenprinzip zurückkehren. Punkt drei; eine ganz wichtige Forderung der Unternehmen und Verbände. Bund und Länder haben sich auf eine Effektivierung der Steuerverwaltung geeinigt. Das spart Geld, Zeit und Bürokratie. Auch hier wollen Sie nicht mitmachen, obwohl das eine alte Forderung von Ihnen ist. ({3}) Viertens. Einen ganz entscheidenden Durchbruch haben wir für die Kommunen errungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben einen Antrag zur Unterstützung der kommunalen Selbstverwaltung gestellt, machen aber in diesem Punkt, der für die Kommunen der wichtigste ist, nicht mit. Wir werden demnächst in unserer Verfassung de facto ein Konnexitätsprinzip für die Kommunen haben. Das wird in Euro aufrechenbar eine Hilfe für die Kommunen sein, weil derjenige, der Wohltaten vollbringen will, vorher auch für das Geld sorgen muss. ({4}) Das ist eine ganz wichtige Forderung der Kommunen, aber Sie machen hier nicht mit. Ich weiß nicht, ob wir über Ihren Antrag wirklich weiter diskutieren sollten. Es gab einen Punkt aus dem Bereich Finanzbeziehungen, der in der Öffentlichkeit sehr intensiv diskutiert wurde: das Problem des Zusammenwirkens von Bund und Ländern in den Bildungsfragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sollten wir uns einmal kurz die aktuelle Verfassungslage zu diesem Punkt anschauen. Auch bisher war es nach unserer Verfassung gar nicht möglich, ein Ganztagsschulprogramm verfassungsgemäß aufzulegen. ({5}) In der Anhörung ist bestätigt worden, dass das, was da verabredet wurde, eindeutig verfassungswidrig war. ({6}) Es hat nur leider keinen Kläger gegen dieses Programm gegeben. Aber so sollten wir mit unserer Verfassung nicht umgehen. ({7}) An dem Tatbestand der Unzulässigkeit ändert das, was wir heute beschließen werden, nichts, Herr Kollege Tauss; da können Sie sich aufregen, wie Sie wollen. Es bleibt dabei, dass unsere Verfassung die Bildungsfragen den Ländern zuweist. ({8}) Ich will aber gar nicht verhehlen, dass ich froh bin, dass wir das Zusammenwirken von Bund und Ländern in den Hochschulfragen noch in den letzten Tagen verändert haben. Es ist richtig, dass der Bund und die Länder auch weiterhin in der Hochschulförderung zusammenarbeiten. Aber ich finde es ebenso richtig, dass hier bei den Ländern das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die auch für den Haushalt ab und zu ein Auge haben: Wir müssen dafür sorgen, dass die Länder sich nach der Änderung der Verfassung nicht mit ihrem Eigenanteil aus der Hochschulbauförderung zurückziehen und im nächsten Schritt vom Bund zusätzliches Geld für Hochschulen fordern. Deshalb finde ich es gut, dass die Länder - denen ich dafür danke - jetzt selber die Selbstverpflichtung gefordert haben und dass sie auch gegenseitig darauf achten, dass die Haushaltsdisziplin eingehalten wird. Das ist unser gemeinsames Ziel, das durch die heutige Verfassungsänderung dokumentiert wird. ({9}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin wie einige meiner Vorredner der festen Überzeugung, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Landtagen ihre Aufgaben genauso verantwortlich erledigen, wie wir es für uns in Anspruch nehmen. Die Kollegen in den Landtagen sind genauso engagiert und genauso verantwortungsbewusst, wie wir es sein wollen. Deswegen finde ich es richtig, dass wir die Zuständigkeiten entkoppeln. Ich halte diese Entkopplung auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern für absolut erforderlich; denn die Bürgerinnen und Bürger haben sich von uns schon so oft anhören müssen, dass dieses oder jenes nicht verabschiedet werden konnte, weil der Bundesrat nicht mitziehen wollte oder weil der Bundesrat die Verantwortung dem Bundestag zuweist. Solche Schuldzuweisungen wird es künftig in einem weitaus geringeren Umfang geben. Das ist wichtig für die Bürgerinnen und Bürger, das ist ein Schritt zu mehr Demokratie und Transparenz und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, warum wir die Föderalismusreform heute auf den Weg bringen sollten. ({10})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset- zes auf Drucksache 16/813. Hierzu liegen eine ganze Reihe von persönlichen Erklärungen zur Abstimmung vor, die nach dem bewährten Verfahren dem Protokoll beigefügt werden.1) Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- schlussempfehlung auf Drucksache 16/2010, den Ge- setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegen insgesamt sieben Änderungsanträge der Fraktion der FDP sowie sechs Änderungsanträge der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen vor. Interfrak- tionell ist vereinbart, dass zuerst über die fünf Ände- rungsanträge abgestimmt wird, zu denen namentliche Abstimmung verlangt wurde. Wir führen jetzt also zunächst diese fünf namentlichen Abstimmungen nacheinander durch. Selbstverständlich werden die anderen Änderungsanträge anschließend im üblichen Verfahren zur Abstimmung gestellt. Ich bitte Sie, bei den Abstimmungen diesmal besonders sorgfältig darauf zu achten, dass die Stimmkarten Ihren Namen tra- gen und dass Sie nur Ihre Karte in die dafür vorgesehe- nen Abstimmungskästen werfen. Wir kommen nun zur ersten namentlichen Abstim- mung. Hier handelt es sich um den Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 16/2046. Es geht um das Konnexi- tätsprinzip. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen und mir ein Zeichen zu geben, wenn wir mit der Abstimmung beginnen kön- nen. - Die Abstimmung ist eröffnet. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir alle fünf na- mentlichen Abstimmungen hintereinander durchführen. Es möge sich bitte niemand in der Zwischenzeit irgend- welchen vermeintlich noch dringenderen Geschäften zu- wenden und sich anschließend darüber beklagen, er habe eine nicht absehbar schnelle weitere Abstimmung ver- passt. 1) Anlagen 8 bis 18 Präsident Dr. Norbert Lammert Gibt es jemanden, der seine Stimmkarte noch nicht ab- gegeben hat? - Dann schließe ich jetzt die erste namentli- che Abstimmung und bitte gleichzeitig, die zweite vorzu- bereiten, damit wir diese schnell anschließen können. Wir kommen nun zur zweiten namentlichen Abstim- mung. Hier handelt es sich um einen Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck- sache 16/2062 zur Gesetzgebungskompetenz im Um- weltbereich. Sind alle Abstimmungsplätze mit Schrift- führern besetzt? - Das ist offensichtlich der Fall. Ich er- öffne die zweite namentliche Abstimmung. Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmkar- ten abgegeben? - Ermutigt durch einzelne Fraktionsvor- sitzende frage ich jetzt noch einmal, ob es jemanden gibt, der seine Karte noch nicht abgegeben hat. - Nun traut sich niemand mehr. Dann schließe ich den zweiten Wahlgang. Wir werden gleich den dritten Wahlgang an- schließen; parallel dazu werden die Stimmen dieses Wahlgangs ausgezählt.1) 1) Ergebnis Seite 4284 C Haben wir an allen Positionen entleerte Urnen? - Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung. Hierbei geht es um den Änderungsantrag der Fraktion des Bünd- nisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2063 zur Ge- setzgebungskompetenz für den Strafvollzug. Ich eröffne den dritten Abstimmungsvorgang. Ist jemand anwesend, der seine Stimmkarte für den dritten Abstimmungsvorgang noch nicht abgegeben hat? - Ich schließe die dritte namentliche Abstimmung.2) In der Zeit, die für die Bereitstellung der Urnen für den vierten Abstimmungsvorgang benötigt wird, gebe ich Ih- nen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der ersten namentlichen Abstim- mung mit - mit herzlichem Dank an die Schriftführerin- nen und Schriftführer -: Abgegebene Stimmen 595. Mit Ja haben gestimmt 109, mit Nein haben gestimmt 484, zwei haben sich enthalten. Damit ist der Änderungs- antrag abgelehnt. 2) Ergebnis Seite 4287 A Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 595; davon ja: 109 nein: 484 enthalten: 2 Ja SPD Rolf Stöckel FDP Jens Ackermann Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Daniel Bahr ({0}) Uwe Barth Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({1}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Joachim Günther ({2}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Michael Link ({3}) Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({4}) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Florian Toncar Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({5}) Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({6}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann fraktionslos Gert Winkelmeier Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({7}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Präsident Dr. Norbert Lammert Wolfgang Börnsen ({8}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({9}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({10}) Dirk Fischer ({11}) Axel E. Fischer ({12}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({13}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({14}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({15}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({16}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({17}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({18}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({19}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({20}) Stefan Müller ({21}) Bernward Müller ({22}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({23}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({24}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({25}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({26}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({27}) Andreas Schmidt ({28}) Ingo Schmitt ({29}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({30}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({31}) Gerald Weiß ({32}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({33}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({34}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({35}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({36}) Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({37}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Präsident Dr. Norbert Lammert Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({38}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({39}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({40}) Frank Hofmann ({41}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({42}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({43}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel ({44}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({45}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({46}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({47}) Michael Roth ({48}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({49}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({50}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({51}) Silvia Schmidt ({52}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({53}) Carsten Schneider ({54}) Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({55}) Swen Schulz ({56}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jörg Tauss Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({57}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({58}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({59}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({60}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({61}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({62}) Brigitte Pothmer Claudia Roth ({63}) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({64}) Enthalten SPD Dr. Matthias Miersch Detlef Müller ({65}) Aus gegebenem Anlass mache ich noch einmal darauf aufmerksam, dass wir wie vereinbart und angekündigt verfahren: Die Abstimmungen finden alle nacheinander statt. Deswegen empfiehlt es sich, zwischendurch keine zusätzlichen Beschäftigungen anzunehmen. Weil wir aus technischen Gründen eine gewisse Zeit überbrücken müssen - die Abstimmungsurnen müssen geleert werden, bevor neue Stimmkarten hineingeworfen werden können -, möchte ich darauf hinweisen, dass beim Präsidium ein heimatloser 20-Euro-Schein, der in den Reihen der SPD-Fraktion gefunden wurde, angeliefert wurde. ({66}) Da ich nicht sicher bin, ob dies als freundliche Gabe zur Unterstützung der schwierigen Arbeit der Schriftführerinnen und Schriftführer gedacht war, was eine nahe Präsident Dr. Norbert Lammert liegende Erklärung wäre, will ich wenigstens die theoretische Option eröffnen, dass sich derjenige, der ihn verloren hat, mit plausiblen Beweismitteln bei uns melden kann. ({67}) Die Frage, warum er in den Reihen der SPD-Fraktion gefunden wurde, kann ich natürlich nicht beantworten. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass es so gewesen sein soll. Wir kommen jetzt zur vierten namentlichen Abstim- mung. Hierbei handelt es sich um den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck- sache 16/2064 zum Thema „Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich Bildung und Wissen- schaft“. Sind wiederum alle Abstimmungsplätze mit Schriftführerinnen und Schriftführern besetzt? - Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Urnen erst nach Abschluss der Abstimmung wegzubringen und nicht unmittelbar davor. Mir wurden diesbezüglich erste Beschwerden vorgetragen. Ich eröffne die vierte namentliche Abstimmung. Haben alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre vierte Stimmkarte in eine dafür vorgesehene Urne geworfen? - Dann schließe ich jetzt den vierten Abstim- mungsvorgang.1) Wir kommen zur fünften namentlichen Abstimmung. Hier geht es um den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2065 zum Heimrecht im Bereich der öffentlichen Fürsorge. Sind wieder alle Plätze von den Schriftführerinnen und Schriftführern besetzt? - Bevor ich die Abstimmung er- öffne, weise ich darauf hin, dass wir unmittelbar nach dieser fünften namentlichen Abstimmung parallel zu der dann stattfindenden Auszählung weitere Abstimmungen über gestellte Änderungsanträge durchführen, damit wir dann, wenn die einzelnen Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen vorliegen, die Schlussabstimmung vor- nehmen können. Die fünfte namentliche Abstimmung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich mir den de- zenten Hinweis erlauben, dass es mir unzweckmäßig er- scheint, nun wegen einer vermeintlich längeren Pause bis zur Schlussabstimmung mehrgängige Menüs zu be- stellen. Denn bei der Zügigkeit, mit der unsere Schrift- führerinnen und Schriftführer zu arbeiten pflegen, kann die Schlussabstimmung eher stattfinden, als manche ver- muten. Klagen werden dann nicht entgegengenommen, bestenfalls zu Protokoll. Hat irgendjemand seine Stimmkarte für die fünfte na- mentliche Abstimmung noch nicht abgeben können? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich damit den fünf- ten Abstimmungsvorgang und bitte die Schriftführerin- nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. 1) Ergebnis Seite 4289 B Das Ergebnis dieser Abstimmung und der drei anderen Abstimmungen gebe ich später bekannt.2) Ich bitte Sie, nun wieder Platz zu nehmen, damit wir, sobald sich die Kolleginnen und Kollegen halbwegs übersichtlich auf die jeweiligen Fraktionen verteilt haben, weitere Abstimmungen durchführen können. ({68}) - Meine Damen und Herren, wir stimmen im Augenblick über Anträge zur Änderung des Grundgesetzes ab. Ich fände es durchaus angemessen, wenn das mit mindestens derselben Aufmerksamkeit erfolgen würde, die wir uns auch bei Abstimmungen, die keine Verfassungsänderungen betreffen, angewöhnt haben. ({69}) Wir kommen zu den weiteren Änderungsanträgen. Für sie ist keine namentliche Abstimmung beantragt, sodass wir durch Handzeichen abstimmen können. Zunächst stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/2045. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dieser Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen mehrheitlich abgelehnt. Wir kommen zum Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 16/2048. ({70}) - Entschuldigung. Wir stimmen zunächst ab über den Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 16/2047. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist mit breiter Mehrheit abgelehnt. Wir kommen jetzt zum voreilig aufgerufenen Ände- rungsantrag der FDP auf Drucksache 16/2048. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dage- gen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungs- antrag ist mit breiter Mehrheit abgelehnt gegen die Stim- men der FDP und des Kollegen Meckel und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Wir kommen nun zum Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/2049. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit breiter Mehrheit ist dieser Ände- rungsantrag abgelehnt gegen die Stimmen der Opposi- tionsfraktionen und des Kollegen Meckel. Wir kommen nun zum Änderungsantrag der FDP- Fraktion auf Drucksache 16/2050. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt. 2) Ergebnis Seite 4292 A Präsident Dr. Norbert Lammert Wir kommen zum Änderungsantrag der FDP auf Drucksache 16/2051. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? ({71}) Wer enthält sich der Stimme? - Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt gegen die Stimmen der FDPFraktion und einzelne Stimmen der SPD-Fraktion bei Enthaltung der Fraktionen des Bündnisses 90/Die Grünen und Die Linke. Ich komme zum Änderungsantrag von Bündnis 90/ Die Grünen auf Drucksache 16/2066. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt gegen diesen Änderungsantrag? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei wenigen Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag mit breiter Mehrheit abgelehnt gegen die Stimmen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Änderungsantrag auf Drucksache 16/2067, ebenfalls gestellt von Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt gegen die Stimmen von FDP und Bündnis 90/ Die Grünen bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke. Damit haben wir über die Änderungsanträge vollständig abgestimmt. Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen über die Änderungsanträge, über die wir vorhin einzeln abgestimmt haben, unterbreche ich die Sitzung. ({72}) Sie wird, sobald die Ergebnisse vorliegen, wieder eröffnet; dann kommen wir zur Schlussabstimmung. - Ich wiederhole meine Empfehlung, nun keine üppigen Freizeiten einzuplanen. ({73})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder, um die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt zu geben. Das Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung habe ich bereits vorgetragen. Wir kommen zum Ergebnis der zweiten namentlichen Abstimmung. Sie betraf den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2062. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegebene Stimmen 579. Mit Ja haben gestimmt 97, mit Nein haben gestimmt 428, enthalten haben sich 54 Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 581; davon ja: 100 nein: 427 enthalten: 54 Ja SPD Markus Meckel Christel RiemannHanewinckel FDP Jens Ackermann Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Daniel Bahr ({0}) Uwe Barth Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({1}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Joachim Günther ({2}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Michael Link ({3}) Horst Meierhofer Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({4}) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Florian Toncar Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({5}) Martin Zeil DIE LINKE Diana Golze Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({6}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({7}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({8}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({9}) Brigitte Pothmer Claudia Roth ({10}) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({11}) Präsident Dr. Norbert Lammert Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({12}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({13}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({14}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({15}) Dirk Fischer ({16}) Axel E. Fischer ({17}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({18}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({19}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({20}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({21}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({22}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({23}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({24}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({25}) Stefan Müller ({26}) Bernward Müller ({27}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({28}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({29}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({30}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({31}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({32}) Andreas Schmidt ({33}) Ingo Schmitt ({34}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({35}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({36}) Gerald Weiß ({37}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({38}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({39}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Lothar Binding ({40}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({41}) Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Präsident Dr. Norbert Lammert Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({42}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({43}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({44}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({45}) Frank Hofmann ({46}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({47}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({48}) Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel ({49}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({50}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({51}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({52}) Michael Roth ({53}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({54}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({55}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({56}) Silvia Schmidt ({57}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({58}) Carsten Schneider ({59}) Reinhard Schultz ({60}) Swen Schulz ({61}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jörg Tauss Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({62}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({63}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Angelika Brunkhorst Frank Schäffler Enthalten SPD Dirk Becker Petra Bierwirth Marco Bülow Dr. Matthias Miersch Detlef Müller ({64}) Frank Schwabe FDP Patrick Meinhardt DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({65}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost fraktionslos Gert Winkelmeier Präsident Dr. Norbert Lammert Wir kommen zum Ergebnis der dritten namentlichen Abstimmung. Hierbei ging es um den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2063. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegebene Stimmen 594. Mit Ja haben gestimmt 144, mit Nein haben gestimmt 442, enthalten haben sich acht Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 591; davon ja: 141 nein: 442 enthalten: 8 Ja SPD Dr. Herta Däubler-Gmelin Christine Lambrecht Dirk Manzewski Markus Meckel Detlef Müller ({66}) Christel RiemannHanewinckel FDP Jens Ackermann Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Daniel Bahr ({67}) Uwe Barth Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({68}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Joachim Günther ({69}) Heinz-Peter Haustein Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({70}) Cornelia Pieper Jörg Rohde Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({71}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({72}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({73}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({74}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({75}) Brigitte Pothmer Claudia Roth ({76}) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({77}) fraktionslos Gert Winkelmeier Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({78}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({79}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({80}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({81}) Dirk Fischer ({82}) Axel E. Fischer ({83}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({84}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Präsident Dr. Norbert Lammert Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({85}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({86}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({87}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({88}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({89}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({90}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({91}) Stefan Müller ({92}) Bernward Müller ({93}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({94}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({95}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({96}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({97}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({98}) Andreas Schmidt ({99}) Ingo Schmitt ({100}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({101}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({102}) Gerald Weiß ({103}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({104}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({105}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({106}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({107}) Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({108}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({109}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({110}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({111}) Frank Hofmann ({112}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({113}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Präsident Dr. Norbert Lammert Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christian Lange ({114}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel ({115}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({116}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({117}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({118}) Michael Roth ({119}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({120}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({121}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({122}) Silvia Schmidt ({123}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({124}) Carsten Schneider ({125}) Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({126}) Swen Schulz ({127}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jörg Tauss Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({128}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({129}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Angelika Brunkhorst Ulrike Flach Dr. Christel Happach-Kasan Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Michael Link ({130}) Patrick Meinhardt Gisela Piltz Frank Schäffler Florian Toncar Hartfrid Wolff ({131}) Enthalten SPD Detlef Dzembritzki Dr. Matthias Miersch Frank Schwabe FDP Birgit Homburger DIE LINKE Diana Golze Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Wir kommen zum Ergebnis der vierten namentlichen Abstimmung. Sie betraf den Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2064. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegebene Stimmen 589. Mit Ja haben gestimmt 53, mit Nein haben gestimmt 478, enthalten haben sich 58 Kolleginnen und Kollegen. Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 590; davon ja: 53 nein: 479 enthalten: 58 Ja SPD Markus Meckel FDP Jens Ackermann Uwe Barth Joachim Günther ({132}) Heinz-Peter Haustein Heinz Lanfermann Cornelia Pieper Christoph Waitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({133}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({134}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({135}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({136}) Brigitte Pothmer Claudia Roth ({137}) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({138}) Präsident Dr. Norbert Lammert Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({139}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({140}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({141}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({142}) Dirk Fischer ({143}) Axel E. Fischer ({144}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({145}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({146}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({147}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({148}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({149}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({150}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({151}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({152}) Stefan Müller ({153}) Bernward Müller ({154}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({155}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({156}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({157}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({158}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({159}) Andreas Schmidt ({160}) Ingo Schmitt ({161}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({162}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({163}) Gerald Weiß ({164}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({165}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({166}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({167}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({168}) Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Präsident Dr. Norbert Lammert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({169}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({170}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({171}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({172}) Frank Hofmann ({173}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({174}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({175}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel ({176}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({177}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({178}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({179}) Michael Roth ({180}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({181}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({182}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({183}) Silvia Schmidt ({184}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({185}) Carsten Schneider ({186}) Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({187}) Swen Schulz ({188}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({189}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({190}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Daniel Bahr ({191}) Angelika Brunkhorst Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({192}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Dr. Christel Happach-Kasan Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Michael Link ({193}) Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({194}) Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Florian Toncar Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({195}) Enthalten SPD Dr. Matthias Miersch Detlef Müller ({196}) Frank Schwabe FDP Sabine LeutheusserSchnarrenberger Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Präsident Dr. Norbert Lammert Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({197}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann fraktionslos Gert Winkelmeier Die fünfte und letzte namentliche Abstimmung zu Änderungsanträgen gab es zum Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2065. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegebene Stimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 146, mit Nein haben gestimmt 439, Enthaltungen sieben. Auch dieser Änderungsantrag ist abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 590; davon ja: 146 nein: 437 enthalten: 7 Ja SPD Dr. Herta Däubler-Gmelin Markus Meckel Christel RiemannHanewinckel FDP Jens Ackermann Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Daniel Bahr ({198}) Uwe Barth Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({199}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Joachim Günther ({200}) Heinz-Peter Haustein Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({201}) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({202}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({203}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({204}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({205}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({206}) Brigitte Pothmer Claudia Roth ({207}) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({208}) fraktionslos Gert Winkelmeier Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({209}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Präsident Dr. Norbert Lammert Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({210}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({211}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({212}) Dirk Fischer ({213}) Axel E. Fischer ({214}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({215}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({216}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({217}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({218}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({219}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({220}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({221}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({222}) Stefan Müller ({223}) Bernward Müller ({224}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({225}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({226}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({227}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({228}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({229}) Andreas Schmidt ({230}) Ingo Schmitt ({231}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({232}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({233}) Gerald Weiß ({234}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({235}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({236}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({237}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({238}) Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Präsident Dr. Norbert Lammert Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({239}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({240}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({241}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({242}) Frank Hofmann ({243}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({244}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({245}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Petra Merkel ({246}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({247}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({248}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({249}) Michael Roth ({250}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({251}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({252}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({253}) Silvia Schmidt ({254}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({255}) Carsten Schneider ({256}) Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({257}) Swen Schulz ({258}) Ewald Schurer Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jörg Tauss Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({259}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({260}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Angelika Brunkhorst Dr. Christel Happach-Kasan Michael Link ({261}) Patrick Meinhardt Frank Schäffler Florian Toncar Hartfrid Wolff ({262}) Enthalten SPD Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Detlef Müller ({263}) Frank Schwabe FDP Harald Leibrecht Damit sind alle genannten Änderungsanträge abgelehnt. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit breiter Mehrheit gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen bei einzelnen Gegenstimmen aus der SPD-Fraktion angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Ich weise darauf hin, dass zur Annahme dieses Gesetzentwurfs eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Das sind mindestens 410 Stimmen. Für diese namentliche Abstimmung benötigen Sie außer Ihrer Stimmkarte auch Ihren gelben Stimmausweis. Ich mache darauf aufmerksam, dass es auch nach dieser namentlichen Abstimmung noch eine Reihe von Abstimmungen über Entschließungsanträge gibt. Bevor Sie Ihre Stimmkarte in eine der Urnen werfen, übergeben Sie bitte Ihren Wahlausweis einem der Schriftführer. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Plätze besetzt? - Das ist der Fall. Die Abstimmung ist eröffnet. Ist noch ein Kollege oder eine Kollegin anwesend, der bzw. die seine oder ihre Stimmkarte für die SchlussabPräsident Dr. Norbert Lammert stimmung nicht abgegeben hat? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Dies wird zügig gehen, weil es sich jetzt nur um eine noch auszuzählende Abstimmung handelt. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich es vortragen. Ich schlage vor, dass wir in der Zwischenzeit über die Entschließungsanträge abstimmen. Ich bitte darum, Platz zu nehmen, damit die Feststellung von Mehrheiten zweifelsfrei möglich ist. Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen nun zu den Entschließungsanträgen. Zunächst zum Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/2052. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Er ist mit breiter Mehrheit angenommen. Wir kommen zum Entschließungsantrag der FDPFraktion auf Drucksache 16/2053. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/2054? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2055. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen nun zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurf eines Föderalismusreform-Begleitgesetzes auf Drucksache 16/814. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/2010, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen bei einzelnen Gegenstimmen aus den Reihen der SPD-Fraktion angenommen. Wir setzen die Abstimmung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 16/2010 fort. Unter den Nrn. 3 bis 10 der Beschlussempfehlung empfiehlt der Rechtsausschuss, die Vorlagen auf den Drucksachen 16/653, 16/851, 16/647, 16/648, 16/954, 16/654, 16/674 und 16/927 für erledigt zu erklären. Es ist vereinbart, dass über die Nrn. 3 bis 10 der Beschlussempfehlung gemeinsam abgestimmt wird. - Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind. Dann verfahren wir so. Wer stimmt für die eben genannte Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist das mit ganz breiter Mehrheit so beschlossen. Ich unterbreche, bis das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung über die Föderalismusreform vorliegt. Das kann nur ein ganz kurzer Augenblick sein. Ich wäre dankbar, wenn Sie bis dahin im Plenarsaal blieben. ({264})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Mit besonders herzlichem Dank an die Schriftführerinnen und Schriftführer ({0}) teile ich nun das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU zur Änderung des Grundgesetzes mit. ({1}) - Habe ich euch unterschlagen? ({2}) - Selbst da wird vorgetragen, wer beteiligt ist, wenn auch nicht an der Regierung. Ich korrigiere fürs Protokoll. Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zu dem gemeinsam von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes bekannt: Abgegebene Stimmen 593. Mit Ja haben gestimmt 428, ({3}) mit Nein haben gestimmt 162 Kolleginnen und Kollegen, es gab drei Enthaltungen. Die für eine Verfassungsänderung notwendige Mehrheit sind 410 Jastimmen. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen. Präsident Dr. Norbert Lammert Endgültiges Ergebnis Abgegebenen Stimmen: 592; davon ja: 428 nein: 161 enthalten: 3 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({4}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({5}) Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({6}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({7}) Dirk Fischer ({8}) Axel E. Fischer ({9}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser ({10}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({11}) Dr. Franz Josef Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({12}) Volker Kauder Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({13}) Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({14}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({15}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({16}) Maria Michalk Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Carsten Müller ({17}) Stefan Müller ({18}) Bernward Müller ({19}) Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Bernd Neumann ({20}) Henry Nitzsche Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({21}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({22}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({23}) Hermann-Josef Scharf Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({24}) Andreas Schmidt ({25}) Ingo Schmitt ({26}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({27}) Michael Stübgen Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({28}) Gerald Weiß ({29}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({30}) Elisabeth WinkelmeierBecker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({31}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Lothar Binding ({32}) Volker Blumentritt Clemens Bollen Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann ({33}) Marco Bülow Präsident Dr. Norbert Lammert Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({34}) Dieter Grasedieck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({35}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Petra Hinz ({36}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({37}) Frank Hofmann ({38}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung ({39}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({40}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel ({41}) Ulrike Merten Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({42}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({43}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Walter Riester Sönke Rix Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth ({44}) Michael Roth ({45}) Ortwin Runde Anton Schaaf Axel Schäfer ({46}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt ({47}) Silvia Schmidt ({48}) Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt ({49}) Carsten Schneider ({50}) Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({51}) Swen Schulz ({52}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jörg Tauss Jella Teuchner Jörn Thießen Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Andreas Weigel Petra Weis Gert Weisskirchen ({53}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff ({54}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Nein CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Klaus Barthel Petra Bierwirth Dr. Gerhard Botz Dr. Herta Däubler-Gmelin Wolfgang Gunkel Dirk Manzewski Markus Meckel Dr. Matthias Miersch Detlef Müller ({55}) Christel RiemannHanewinckel René Röspel Marlene Rupprecht ({56}) Renate Schmidt ({57}) Rüdiger Veit Gunter Weißgerber FDP Jens Ackermann Dr. Karl Addicks Christian Ahrendt Uwe Barth Angelika Brunkhorst Patrick Döring Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({58}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Miriam Gruß Joachim Günther ({59}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({60}) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({61}) Martin Zeil DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Präsident Dr. Norbert Lammert Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dagdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger-Neuling Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Jan Korte Oskar Lafontaine Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Dorothee Menzner Kornelia Möller Kersten Naumann Wolfgang Nešković Dr. Norman Paech Petra Pau Elke Reinke Paul Schäfer ({62}) Dr. Herbert Schui Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck ({63}) Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({64}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Undine Kurth ({65}) Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller ({66}) Brigitte Pothmer Christine Scheel Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Josef Philip Winkler Margareta Wolf ({67}) fraktionslos Gert Winkelmeier Enthalten FDP Michael Link ({68}) Frank Schäffler Florian Toncar Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist der Abschluss einer in Umfang und Bedeutung herausragenden Gesetzgebung des Deutschen Bundestages, unbeschadet der vorgetragenen unterschiedlichen politischen Bewertungen. Dies ist ein Gesetzgebungswerk, das seit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 sowohl von der Anzahl wie auch von der Bedeutung der damit verbundenen Änderungen her die größte Ergänzung bzw. Änderung der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Dies ist, wie ich finde, ein Anlass, Dank an alle zu sagen, die daran mitgewirkt haben, ganz besonders an diejenigen, die in einer sehr unauffälligen Weise die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass diese außerordentlich komplizierte und umfangreiche Arbeit überhaupt möglich war. ({69}) Ich möchte dem Dank des ganzen Hauses an alle Beteiligten - sei es bei Bund oder Ländern, sei es in Wissenschaft oder Medien - die persönliche Bitte hinzufügen, dass nun alle die Souveränität besitzen sollten, möglichst unvoreingenommen zu prüfen, ob die vorgetragenen Hoffnungen wie die vorgetragenen Befürchtungen sich im politischen Alltag tatsächlich bestätigen, um daraus gegebenenfalls weitergehende Schlussfolgerungen zu ziehen. ({70}) Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf: Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten Jahresbericht 2005 ({71}) - Drucksache 16/850 Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe. ({72}) Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jahresbericht 2005 ist der erste Bericht, den ich als Wehrbeauftragter vorlege. Sie wissen, dass wir uns in diesem Jahr schon einmal mit einem Bericht des Wehrbeauftragten befasst haben. Dieser betraf aber noch das Jahr 2004. Anfang März habe ich diesen Bericht dem Präsidenten des Deutschen Bundestages überreicht und gleichzeitig der Öffentlichkeit vorgestellt. Heute wird er an den Verteidigungsausschuss zur Beratung überwiesen. Ich begrüße ausdrücklich die zeitnahe Behandlung des Berichtes durch das Parlament. Sie ist ein wichtiges Signal Wehrbeauftragter Reinhold Robbe dafür, dass der Deutsche Bundestag dieses wichtige Papier und - mehr noch - seine Verantwortung gegenüber den Streitkräften sehr ernst nimmt. ({73}) Ich darf mich in diesem Zusammenhang auch im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Bundestagspräsidenten, bei den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses, beim Bundesminister der Verteidigung und bei allen nachgeordneten Dienststellen des Bundesverteidigungsministeriums ganz herzlich bedanken, die mit dem Amt des Wehrbeauftragten in Verbindung stehen. Ich danke ausdrücklich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch der Jahresbericht 2005 versteht sich als Mängelbericht. Er kann und will nicht in Anspruch nehmen, ein lückenloses Bild vom Zustand und den Perspektiven der Streitkräfte zu zeichnen. Trotzdem habe ich mich darum bemüht, die wesentlichen Probleme auf den Punkt zu bringen und gleichzeitig den Eindruck zu vermeiden, die Summe der problembehafteten Eingaben würde die tatsächliche Stimmung in unserer Bundeswehr widerspiegeln. Im Aufbau knüpft der Jahresbericht 2005 an die Vorgängerberichte an. In ihm sollen nicht die spektakulären Einzelfälle in den Vordergrund gestellt werden, sondern es sollen anhand von Beispielen nachhaltige Schwachstellen und Fehlentwicklungen aufgezeigt werden. Lassen Sie mich dafür einige Beispiele nennen. Stichwort Personal. Ein Drittel aller Eingaben an den Wehrbeauftragten betrifft Personalfragen der Zeit- und Berufssoldaten. Das war im Übrigen auch in den vergangenen Jahren bereits so. Inhaltlich geht es dabei häufig um die Personalbearbeitung. Das heißt, Anträge werden gar nicht, unvollständig oder verspätet bearbeitet bzw. weitergeleitet. Angesichts der Vielzahl dieser Fälle habe ich die Sorge, dass das Vertrauen in die Personalbearbeitung Schaden nimmt. Ursächlich dafür sind in erster Linie personelle Vakanzen, weil Soldaten von aufzulösenden Einheiten bereits versetzt oder aber im Auslandseinsatz sind. Wenn es für sie Vertreter gibt, dann fehlen ihnen häufig die nötige Ausbildung und Erfahrung, um die Antragsflut zu bewältigen. Es geht aber nicht nur um die Bearbeitung, sondern auch um Ergebnisse. Es fehlt an Planstellen; deshalb bleiben Beförderungen aus. Das führt zu Wartezeiten, die im Attraktivitätsprogramm nicht vorgesehen waren. Immer mehr Soldaten haben darüber hinaus die begründete Sorge, ihr Laufbahnziel nicht zu erreichen. ({74}) Im Hinblick auf die Beurteilungspraxis beklagen schließlich viele Soldatinnen und Soldaten, dass zur Übernahme als Berufssoldat anstehende Kameraden unverhältnismäßig gut beurteilt werden, um ihnen eine Übernahme zu ermöglichen. Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass ein neues Beurteilungssystem auf der Grundlage von Quotenzuweisungen dieses Problem löst. Stichwort Ausbildung. Ausbildung setzt Personal und Material voraus. An beidem fehlt es. Dass die Abstellung von Personal und Material für den Einsatz in jedem Fall Vorrang genießt, ist unstreitig. Das geschieht im Übrigen auch. Allerdings entstehen dabei Lücken in den Stammeinheiten. Erstmalig hat der Bundesminister der Verteidigung eingeräumt, selbst Eingreifverbände nicht vollständig mit geschützten Fahrzeugen ausstatten zu können. Eine entsprechende Nachsteuerung ist erst für den Einsatzfall vorgesehen. Das ist eine Mangelverwaltung, die weder für die Soldaten im Einzelnen noch für die Streitkräfte insgesamt auf Dauer hinnehmbar ist. Welche Auswirkungen die Verwaltung des Mangels auf die Grund- und Vollausbildung in den Heimatstandorten hat, steht bei mir in diesem Jahr besonders im Fokus. Die Ergebnisse werde ich dann in meinen nächsten Jahresbericht aufnehmen. An dieser Stelle nur so viel: Nicht selten scheitern die Einsatzvorbereitende Ausbildung zur Konfliktverhütung und Krisenreaktion, die so genannte EAKK, und auch die Vollausbildung daran, dass es an den notwendigen Fahrzeugen und an entsprechendem Gerät fehlt. Auch sagen mir die Ausbilder immer wieder, dass die vorgesehene Zeit nicht ausreiche, um die vorgegebenen Lernziele in der erforderlichen Ausbildungstiefe zu erreichen. Stichwort Ausrüstung. Die Bundeswehr wandelt sich zu einer Hightecharmee, wie wir alle wissen. Sie verfügt über moderne Panzer, Kampfflugzeuge und U-Boote, übt an Simulatoren und ist auf dem Weg, noch bestehende Lücken, beispielsweise im strategischen Lufttransport oder bei der vernetzten Operationsführung und Datenverarbeitung, zu schließen. Gleichzeitig entstehen aber Probleme, wenn es darum geht, beispielsweise die Soldaten im ISAF-Einsatz mit Kampfstiefeln und Tarnanzügen in ausreichender Zahl und Größe auszurüsten. Das lässt bei den Betroffenen Zweifel aufkommen, ob das Versprechen, alles für den Schutz der Soldaten im Einsatz zu tun, auch verlässlich ist. Schließlich das vierte Stichwort: Versorgung. Damit meine ich nicht die Absicherung im Einsatz. Hier hat der Gesetzgeber, haben Sie mit dem Einsatzversorgungsgesetz, wie ich meine, eine überzeugende Antwort auf die erhöhte Gefährdung der Soldatinnen und Soldaten und die Notwendigkeit ihrer Absicherung gegeben. Nein, es geht um die Besoldung. Die Streichung des Urlaubsgeldes, die Kürzung des Weihnachtsgeldes, die Kürzung von Übergangsgebührnissen, die Erhöhung des Verpflegungsgeldes und der Wegfall des so genannten Buschgeldes treffen die Masse der Soldaten, insbesondere die Mannschaften und Unteroffiziere, die dem einfachen und mittleren Dienst zugeordnet sind. Denn oftmals wird vergessen, dass zwei Drittel aller Bundeswehrangehörigen nicht den oberen, sondern den unteren Einkommensgruppen angehören. Der Griff ins Portemonnaie der Soldaten ist ohne Frage eine ernst zu nehmende Ursache wachsender Demotivation. Sie macht sich gegenüber dem Wehrbeauftragten in zunehmendem Maße Luft. Sorge bereitet mir auch die sanitätsdienstliche Versorgung der Soldaten im Inland. Dabei ist die Wehrbeauftragter Reinhold Robbe medizinische Versorgung im Einsatz nach wie vor auf einem außerordentlich hohen Niveau. Handlungsbedarf zeichnet sich allerdings beim Blick auf die Einsatzbelastung und ihre Folgen ab. Die Lücken, die die Einsätze im Inland reißen, sind offensichtlich. Insbesondere in den Bundeswehrkrankenhäusern fehlt es dadurch an Ärzten, aber auch an notwendigem Pflegepersonal. Nachhaltige Probleme zeichnen sich aber auch im Bereich der truppenärztlichen Versorgung ab. Ständiger Personalwechsel lässt das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient oft gar nicht erst entstehen. Vertragsärzte können diesen Mangel nur begrenzt beheben. Ein weiteres Problem stellt die zunehmende Entfernung der Einheiten und Verbände von den Sanitätszentren dar. Fahr- und Wartezeiten belasten Soldaten und Vorgesetzte in gleicher Weise, abgesehen davon, dass diese Organisationszeiten in keinem Ausbildungsplan berücksichtigt sind. Ich denke, es ist dringend geboten, darüber nachzudenken, wie dieses spezielle Problem gelöst werden kann. Das war der Versuch einer Kurzfassung dessen, was der Jahresbericht 2005 auf vielen Seiten ausführlich darlegt. Er wäre unvollständig, würde ich in diesem Zusammenhang nicht daran erinnern, was inzwischen kein Geheimnis mehr ist: Den Streitkräften steht für das, was sie leisten sollen und müssen, zu wenig Geld zur Verfügung. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit. ({75})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich im Namen des Hauses dem Wehrbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Vorlage des Jahresberichts 2005 recht herzlich danken. ({0}) Das Wort hat die Kollegin Anita Schäfer, CDU/CSUFraktion. ({1})

Anita Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003216, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Jahresbericht 2005 des Wehrbeauftragten zeichnet sich durch Offenheit und Klarheit aus. Am inneren Zustand der Bundeswehr, den Alltagssorgen der Soldaten und den Auswirkungen der Transformation wird nichts beschönigt. Herr Wehrbeauftragter, für Ihre wichtige Arbeit danke ich Ihnen und Ihren Mitarbeitern im Namen meiner Fraktion ganz herzlich. ({0}) Ich erinnere: Gemessen an der Truppenstärke hatte der Bericht des Jahres 2004 das höchste Eingabevolumen. Die Eingaben sind im Jahr 2005 zwar um etwa 10 Prozent zurückgegangen, bewegen sicher aber immer noch auf einem hohen Niveau. In den ersten Monaten des Jahres 2006 ist das Eingabevolumen wieder deutlich um etwa 20 Prozent angestiegen. Die Belastung der Truppe durch laufende und neue Einsätze ist nach wie vor hoch. Durchschnittlich haben sich im Berichtsjahr 2005 etwa 6 500 Soldaten an internationalen Krisenmissionen beteiligt. Einsatzplanung, -ausbildung, -ausrüstung und -durchführung haben erneut Anlass zu Kritik gegeben. Wie schon in den letzten Jahresberichten fallen Personalengpässe bei Spezialisten ins Auge, so insbesondere in den Bereichen Operative Information, Sanitätsdienst, Heeresfliegertruppe, Feldjäger, Fernmelder und Pioniere. Wenn das gegenwärtige Niveau gehalten werden soll, müssen politische und militärische Führung entschieden gegensteuern. Fest steht: Die Wehrpflicht bleibt für eine nachhaltige Personalplanung der Streitkräfte unverzichtbar. Zusätzlich müssen wir aber in eine kreative Nachwuchswerbung und Karriereplanung investieren. Die Konkurrenz zum zivilen Arbeitsmarkt wird immer härter. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass der Wehrbeauftragte die Forderung unseres Verteidigungsministers nach einem eigenen Besoldungsrecht für die Soldatinnen und Soldaten unterstützt. Schließlich steht es auch so im Koalitionsvertrag. Es ist ein untragbarer Zustand, dass zwei Drittel aller Soldaten zu den unteren Einkommensgruppen gehören. Ein eigenes Besoldungsrecht, das sich an das Beamtenbesoldungsrecht anlehnt, wäre ein wegweisender Schritt. Darüber hinaus muss die Ungleichbehandlung der Bundeswehrangehörigen in Ost und West so schnell wie möglich beendet werden. Die Bundeswehr der Zukunft muss so attraktiv sein, dass sich qualifizierte junge Menschen in ausreichender Zahl freiwillig für den Dienst in den Streitkräften entscheiden. Besonders bedenklich sind nach wie vor Mängel in der Einsatzausstattung. So finden sich im Jahresbericht Klagen darüber, dass die Ausstattung von deutschen Kräften der NATO Response Force mit geschützten Einsatzfahrzeugen unzureichend war. Dies führte dazu, dass die der NATO verbindlich zugesicherten Kräfte auf ungeschützte Fahrzeuge zurückgreifen mussten. Der Wehrbeauftragte kritisierte diesen Zustand zu Recht als nicht hinnehmbar. Diesen kritischen Befund kann ich bestätigen: Soldaten der am Standort Zweibrücken stationierten Feldjäger aus meinem Wahlkreis waren Teilnehmer der fünften NATO-Response-Force. Diesem Kontingent stand die im Vorfeld zugesagte Ausstattung mit gepanzerten Erkundungsfahrzeugen für den Patrouillendienst nicht zur Verfügung. In der zweiten Jahreshälfte 2006 werden Zweibrücker Feldjäger an der siebten NATO-ResponseForce teilnehmen. Ab Oktober 2006 soll die NATO-Eingreifgruppe, für die deutsche Soldaten fest eingeplant sind, voll einsatzbereit sein. Vor diesem Hintergrund muss der Schutzausstattung der Bundeswehr höchste Priorität zukommen. Anita Schäfer ({1}) ({2}) Ich begrüße daher ausdrücklich, dass Bundesminister Jung nach den jüngsten Vorfällen in Afghanistan im Sinne des Schutzes unserer Soldaten gehandelt hat. Das ist jetzt eigentlich einen Applaus wert. Ein weiterer Punkt des Berichts ist bedenklich: Das für bergige Einsatzgebiete wie Afghanistan unverzichtbare Geländefahrzeug „Wolf“ stößt immer deutlicher an seine Grenzen. Die Berichte zahlreicher betroffener Soldaten sprechen eine eindeutige Sprache. Das Fahrzeug ist offensichtlich nicht für das durch die Zusatzpanzerung erhöhte Gewicht ausgelegt. Überbeanspruchung und erhöhter Materialverschleiß führen häufig zu Ausfällen. Wir brauchen rasch ein Nachfolgemodell für den „Wolf“, um Schutz und Mobilität unserer Soldaten im Einsatz zu erhöhen. Die Einsatzbelastung hat Folgen für die Motivation der Soldaten und das innere Gefüge der Streitkräfte. Notwendig ist nicht nur eine ausreichende Erholungsphase, sondern auch eine nachhaltige Betreuung von Familien der im Einsatz befindlichen Soldaten. Mit der Einrichtung von 31 Familienbetreuungszentren hat die Bundeswehr Vorbildliches geleistet. ({3}) Umso wichtiger ist es, eine in materieller wie in personeller Hinsicht ausreichende Ausstattung der Zentren zu gewährleisten. Hierbei zu sparen, wirkt sich auf die Motivation der Soldaten und ihrer Familien schädlich aus. In diesem Jahr blicken wir auf 50 Jahre Wehrbeauftragter zurück. Gerade im Zeichen der Transformation der Bundeswehr gewinnt der Wehrbeauftragte als Frühwarnsystem an Bedeutung. Diese Aufgabe verlangt Fingerspitzengefühl und vor allem die Wahrung des Vertrauens in das Amt des Wehrbeauftragten. Hierzu gehört der Schutz für die Petenten, die sich an den Wehrbeauftragten wenden, und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Deutschen Bundestages. Entscheidend ist, dass der Wehrbeauftragte seine Bedenken und Anregungen zunächst in die Gremien des Deutschen Bundestages einbringt, bevor öffentliche Stellungnahmen erfolgen. Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, ich hoffe, dass das in Zukunft wieder der Fall sein wird. Zu Recht wird im aktuellen Bericht kritisiert, dass die Transformation der Bundeswehr allzu technokratisch und ohne Einbeziehung der Soldaten vorangetrieben wird. Diese Entwicklung ist mit dem Prinzip der inneren Führung nicht zu vereinbaren. ({4}) Hier müssen militärische und politische Führung korrigierend eingreifen. Notwendig ist, dass der Transformationsprozess jetzt eine Phase der Konsolidierung durchläuft. Die Soldaten erwarten mit Recht Verlässlichkeit im Rahmen der Transformation und, mit Blick auf die Ziele nationaler Sicherheitspolitik, Klarheit. Dabei kann und sollte das Weißbuch eine wertvolle Orientierungshilfe bieten. Es wäre deswegen falsch, die Fertigstellung des Weißbuches aus parteitaktischen Gründen zu blockieren. ({5}) Die Truppe braucht konzeptionelle wie finanzielle Planungssicherheit, Verlässlichkeit und Kontinuität. Alles andere würde den Transformationsprozess gefährden. Deswegen ist der Verteidigungsminister gehalten, sich gegen weitere Kürzungen seines Etats zu wehren. ({6}) Hierbei kann er auf jeden Fall mit der Unterstützung der Sicherheits- und Verteidigungspolitiker rechnen, zumindest mit der der Koalitionsfraktionen. ({7}) - Das finde ich hervorragend. Das muss im Protokoll festgehalten werden. ({8}) Der Soldatenberuf ist nicht irgendein Job. Das haben Sie, Herr Wehrbeauftragter, in Ihrem Bericht deutlich herausgestellt. Wir müssen den mit Gefahr für Leib und Leben verbundenen Soldatendienst in den Fokus des gesellschaftlichen Interesses rücken. Das muss unsere politische Handlungsprämisse sein. Wir dürfen das Vertrauen unserer Soldaten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Denn Vertrauen ist die Grundlage für Einsatzbereitschaft, Motivation und Kameradschaft. ({9}) Einen Vertrauensverlust unserer Soldaten in die Politik können wir in Anbetracht neuer Verpflichtungen in EU und NATO, aber auch neuer Kriseneinsätze wie jetzt im Kongo nicht verantworten. Gerade wir Parlamentarier stehen deswegen in der Pflicht, alles zu tun, damit unsere Soldaten ihren Auftrag in Zukunft erfolgreich erfüllen können. Herzlichen Dank. ({10})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort hat die Kollegin Elke Hoff, FDP-Fraktion. ({0})

Elke Hoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003771, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wehrbeauftragter, ich danke Ihnen für den vorliegenden Bericht, der klar und deutlich die Ängste und Sorgen unserer Soldatinnen und Soldaten zur Sprache bringt und damit erneut zeigt, wie wichtig die Institution des Wehrbeauftragten für die Bundeswehr und für das Parlament ist. ({0}) So haben Sie die Rolle der Bundeswehr beim Einsatz gegen die Vogelgrippe beklagt, auf die Risiken und Ausrüstungsdefizite der Bundeswehr im Hinblick auf den bevorstehenden Kongoeinsatz hingewiesen und sich in die Diskussion um ein Ehrenmal für im Einsatz gefallene Soldaten eingeschaltet. Auch wenn dieses Amtsverständnis Feuer unter dem Dach der großen Koalition entfacht hat, begrüße ich dieses Engagement als Anwalt unser Soldatinnen und Soldaten ausdrücklich. ({1}) Eine Reihe von Problemen im Jahresbericht hat sich inzwischen zu modernen Klassikern entwickelt. Erinnert sei nur an den Beförderungsstau, das Ausufern bürokratischer Einsatzhindernisse, den baulichen Zustand der Kasernen und die Auswirkungen der permanenten Unterfinanzierung auf die Streitkräfte. Das dauerhafte Verwalten des Mangels lässt die Bereitschaft, immer neue Belastungen des Transformationsprozesses mitzutragen, nicht gerade wachsen. Dieses Bild der Bundeswehr wird auch zunehmend ein öffentliches. So abwegig oder amüsant auch die Berichterstattung über die Ausrüstung der Soldaten mit Artikeln eines Kaffeerösters teilweise sein mag, so schlecht ist dies für das Image der Bundeswehr als interessanter Arbeitgeber für junge und gut ausgebildete Menschen. Diesen Nachwuchs zu gewinnen, wird für die Bundeswehr in den nächsten Jahren bei Verschärfung der Bewerbersituation immer schwerer werden. Junge Menschen sind dann für einen Dienst bei der Bundeswehr zu begeistern, wenn sie einen modern denkenden und gut ausgestatteten Arbeitgeber vorfinden. Aber auch hinsichtlich der Bewerbungen aus der Truppe läuft vieles nicht so, wie es sein sollte. Mir erschließt sich nicht, warum die Zentren für Nachwuchsgewinnung ein Monopol für die Stellenbesetzungen innehaben und die Kompaniechefs und Feldwebel, die ihr Personal doch viel besser kennen, keine Möglichkeit erhalten, geeignete Bewerberinnen und Bewerber aus der Truppe heraus zu fördern. ({2}) Jahr für Jahr wird in den Berichten des Wehrbeauftragten deutlicher, dass die Belastungen der Soldatinnen und Soldaten durch immer neue Auslandseinsätze größer werden. Die Bedenken meiner Fraktion zum Einsatz im Kongo kennen Sie. An dieser Stelle kann ich nur die Lektüre eines Artikels über den Wahlkampf im Kongo in der heutigen „FAZ“ empfehlen. Mich macht die Bedenkenlosigkeit besorgt, mit der der Bundeswehr immer neue Verpflichtungen aufgebürdet und alte weitergeführt werden, ohne wirklich die Ziele des Einsatzes, die Interessen der Bundesrepublik Deutschland sowie deren realistische Erreichbarkeit zu prüfen. ({3}) Sowohl für bestehende als auch für zukünftige Verpflichtungen fehlen verlässliche Kriterien, nach denen das Für und Wider von Auslandseinsätzen der Bundeswehr abgewogen werden kann. Dies sollte eigentlich das für Ende dieses Jahres angekündigte Weißbuch leisten, das der Bundesverteidigungsminister am 12. Juli durchs Kabinett bringen wollte, um einen schnellen Erfolg verbuchen zu können. Daraus wird nach den Querelen der letzten Tage innerhalb der Koalition nun erst einmal nichts. ({4}) Der bekannt gewordene Ressortentwurf des Ministers lässt bisher nichts Gutes ahnen. Die darin ansatzweise definierten deutschen Interessen sind jedenfalls nicht dazu geeignet, vor jeder Entscheidung über einen Bundeswehreinsatz im Ausland zu prüfen, inwieweit konkrete deutsche Interessen den Einsatz erfordern und rechtfertigen. ({5}) Nach Auffassung der FDP-Bundestagsfraktion bedarf es einer unmissverständlichen Beschreibung des politischen Ziels inklusive der angestrebten Nachkonfliktordnung, der Wahrung bzw. Wahrnehmung deutscher Interessen und eines klar umrissenen Auftrags für die Streitkräfte sowie der Bereitstellung der von ihnen benötigten Mittel. Wieso kann die Bundesregierung dies nicht leisten? Ich habe zunehmend den Eindruck, dass sie sich dahinter versteckt, von den Vereinten Nationen bzw. der EU aufgefordert worden zu sein, diese oder jene Aufgabe wahrzunehmen. Die wichtige und unverzichtbare Einbindung Deutschlands innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft entbindet die politisch Verantwortlichen aber nicht von der selbstbestimmten Entscheidung, was man mitmacht und was man lässt. ({6}) Für die Zukunft wird es von großer Bedeutung sein, die Belastungen durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr gerechter zu verteilen. Immer wieder gehen die gleichen Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz, weil die Bundeswehr zwar nicht über zu wenige, aber über zu wenig einsatzfähige Soldaten verfügt. Wir tragen Verantwortung für den gefährlichen Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten in vielen Regionen der Welt und sind für die Wahrnehmung dieser Aufgabe zu großem Dank verpflichtet. Deshalb heißt es: optimal ausstatten statt optimal schönreden. An dieser Stelle, sehr geehrter Herr Minister, möchte ich ausdrücklich darum bitten, dass unseren Soldatinnen und Soldaten, die zurzeit im Sudan ihren Dienst tun, endlich die Möglichkeit eröffnet wird, Feldpost und Päckchen von zu Hause zu bekommen. Das ist zurzeit nämlich nicht möglich. Ganz herzlichen Dank. ({7})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort hat die Kollegin Hedi Wegener, SPD-Fraktion. ({0})

Hedi Wegener (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003254, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Liebe Gäste auf der Tribüne, aufgepasst: Der Bericht des Wehrbeauftragten, über den wir gerade sprechen, betrifft vor allen Dingen die jungen Leute. Als ich meine letzte Rede zu diesem Thema beendet habe, sagte ich, dass Sie, Herr Minister, und Sie, Herr Robbe, sich Ihre Lorbeeren erst noch verdienen müssen. Letztes Mal ging es um den Bericht des vorigen Wehrbeauftragten. Nun liegt Ihr erster Bericht vor, Herr Robbe. Recht herzlichen Dank dafür! In Ihrem Bericht thematisieren Sie die Dinge, die von den Petenten an Sie herangetragen worden sind. Sie sind sozusagen ihr Sprachrohr. Die vielen Eingaben sprechen für sich. Ich konzentriere mich diesmal auf die Ausstattung der Truppe, wie es bereits einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner getan haben. Ich sage, vor allen Dingen an den Minister gerichtet, laut und deutlich: Sie ist unzureichend. Zumindest wird sie von der Truppe als unzureichend empfunden. Was einen weiteren Einsatz im Ausland betrifft, wird es künftig Probleme geben. Denn es ist eine Grenze erreicht. Mehr ist schlicht und ergreifend nicht drin. ({0}) Das fängt bei den Einsatzübungen an. Es darf nicht sein, dass sich die Soldaten erst im Einsatzland mit den Handfeuerwaffen vertraut machen können. Sie, Herr Wehrbeauftragter, haben geschrieben: Ein Soldat, der im Einsatz mit seiner Schusswaffe nicht vertraut ist, stellt ein Risiko für sich und seine Kameraden dar. Wohl wahr. ({1}) Die Probleme mit den Kampfstiefeln, den Übungen der Hubschrauberbesatzung, dem Ausfall der Einsatzfahrzeuge in Kabul und Faizabad, dem Umbau der Einsatzfahrzeuge Wolf und der unzureichenden Ausstattung der NATO Response Force mit geschützten Einsatzfahrzeugen sind nicht hinnehmbar. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein weiteres Problem aufmerksam machen, über das am Mittwoch im Unterausschuss Innere Führung gesprochen wurde: Wir wollen, dass Frauen in der Bundeswehr Dienst tun. Aber dazu müssen wir sie auch entsprechend ausstatten. Das Problem fängt damit an, dass Frauen nicht in die Stiefel passen, mit denen sie marschieren müssen; sie sind ein bis zwei Nummern zu groß. Das Gleiche gilt für die Splitterwesten, die es nicht in der Größe S gibt. Meine Damen und Herren, das ist lebensgefährlich und muss sich ändern. Es kann doch nicht so schwer sein, passende Bekleidung herzustellen. Aber manchmal habe ich den Eindruck: Man beschäftigt sich in der Bundeswehr mehr mit der Größe XXL als mit der Größe S. ({2}) Zum Inland: Herr Wehrbeauftragter, als Sie kürzlich eine Kaserne im Saarland besucht haben, haben Sie die dortigen Missstände bemängelt. Es gibt Missstände bei der Unterbringung, etwa beim Zustand der Sanitäreinrichtungen. Kasernen brauchen keinen Viersternestandard, aber Mindestanforderungen sollten sie erfüllen. Die Umgebung, die Unterbringung hat - davon bin ich fest überzeugt - einen Einfluss auf Moral, Stimmung und Umgangston. Ich sage es einmal ein bisschen populistisch: In einer verkommenen Umgebung verkommen auch die Sitten und der Umgang miteinander. Hier scheint doch Not am Mann zu sein. Man muss da besser hinschauen. Wenn, wie in dem Bericht geschildert, ein Oberst, ein Kasernenkommandant, laut und ausfallend wird, weil er am Kasernentor bei Dunkelheit seinen Ausweis vorzeigen soll, dann muss ich sagen: Wenn sich Vorgesetzte so verhalten, dann wundert mich das doch sehr! Einen solchen Zirkus hat schließlich nicht einmal der Minister veranstaltet, als er inkognito unangemeldet eine Kaserne besucht hat und auch nicht gleich erkannt wurde. ({3}) - Genau. Wer den Wehrbericht aufmerksam liest, muss feststellen, dass am Umgangston noch einiges gemacht werden muss. Die Integration von Frauen ist da ziemlich hilfreich, wie Männer und Frauen sagen. Frauen sind keine Mimosen, aber sie beteiligen sich durchgängig nicht an solch „bekloppten“ Ritualen, wie sie in Männergesellschaften manchmal gepflegt werden. Dabei haben die Vorgesetzten eine Schlüsselrolle. Vertrauensbildung, Vorbildfunktion, Selbstkritik und dass man miteinander redet, das sind die besten Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen Umgang miteinander. Wir warten bis zur nächsten Debatte auf Ihren Bericht, Herr Minister. Danke. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Kunert, Fraktion Die Linke. ({0})

Katrin Kunert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003795, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei uns in der Fraktion sitzt man zu seinem Tagesordnungspunkt möglichst in der ersten Reihe. Vielleicht wäre es ja möglich, dass Herr Robbe demnächst auch weiter vorne sitzt, sodass man ihn wenigstens einmal anschauen kann. ({0}) Stellen Sie sich vor, Deutschland müsste sich gegen Angriffe verteidigen, doch die Soldatinnen und Soldaten befinden sich im Streik. ({1}) Die Bundeswehr soll immer mehr Aufgaben übernehmen, Auslandseinsätze stehen auf der Tagesordnung und werden trotz knapper Kassen finanziert. Viel Geld wird in neue Technik investiert, aber bei den Soldatinnen und Soldaten sind Sie knausrig. Während in Tarifverhandlungen bundesweit Lohnerhöhungen erstritten werden, wie unlängst von den Ärzten an den Unikliniken, und selbst der Bundespräsident eine 1,3-prozentige Diätenerhöhung in die Diskussion bringt, weil die Lebenshaltungskosten steigen, gibt es weitere Kürzungen beim Weihnachtsgeld der Soldatinnen und Soldaten. So steigern Sie die Attraktivität der Bundeswehr mitnichten. Die Unterschiede beim Sold zwischen Ost und West bestehen weiterhin. Dass die Debatte „Besoldung der Soldaten“ letzte Nacht für 3 Uhr angesetzt war, zeigt deutlich, wie ernst Sie diese Probleme nehmen. Bei den so genannten Radarfällen aus NVA-Zeiten gibt es keine Bewegung und der Beförderungsstau kann so manchem Ferienstau Konkurrenz machen. Hier muss endlich gehandelt werden. Der Jahresbericht 2005 des Wehrbeauftragten ist nahezu deckungsgleich mit dem Bericht des Vorjahres: gleiche Probleme, gleiche Sorgen, gleiche Nöte. Viel Neues gibt es nicht; lediglich der Kühlschrank „Olaf“, bei dem ein Rekrut Meldung zu machen hatte, und die Kaffeemaschine „Heraldine“, bei der er sich abzumelden hatte, zeugen von einer neuen Kreativität der Vorgesetzten im Schikanieren von Soldatinnen und Soldaten. Aus unserer Sicht muss generell über die Aufgaben und über die Tätigkeit des Wehrbeauftragten gesprochen werden. Wozu ist der Bericht da, wenn Probleme zwar benannt, aber nicht gelöst werden? Wer kommt hier seiner Verantwortung nicht nach? An dieser Stelle, lieber Kollege Kramer, lassen Sie mich die Gedanken vom 6. April dieses Jahres wieder aufnehmen. Sie waren sehr erregt, weil ich mir die Beschlussempfehlung in der Formulierung etwas „zackiger“ gewünscht hatte. „Zackiger“ war auf das Lösen der Probleme bezogen. Denn Jahr für Jahr werden im Bericht des Wehrbeauftragten die gleichen Probleme benannt; doch das war es - kein Wort über Zuständigkeiten! Wenn in der Beschlussempfehlung steht, dass darum gebeten wird, etwas zur Kenntnis zu geben, muss ich sagen: Mir und meiner Fraktion fehlt die Nennung der Verantwortlichkeiten. Ich will wissen, wer Missstände bis wann zu beseitigen hat! ({2}) Das hat auch etwas mit Konsequenz und Verbindlichkeit unserer eigenen Arbeit als Abgeordnete zu tun und das sind wir den Soldatinnen und Soldaten schuldig. Aus unserer Sicht müssen die Mängel im Bericht des Wehrbeauftragten benannt werden, aber darüber hinaus müssen auch Schlussfolgerungen gezogen und es muss den strukturellen Ursachen für die Probleme der Soldatinnen und Soldaten nachgegangen werden, Zusammenhänge müssen deutlich gemacht werden. Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee erfolgt auf dem Rücken der Soldatinnen und Soldaten. Mehrausgaben bei den Investitionen bedeuten, dass Geld für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Soldatinnen und Soldaten fehlt. Die Vielzahl von internationalen Verpflichtungen führt zu hohen Einsatzbelastungen bei den dafür qualifizierten Soldaten. Durch die mögliche Umsetzung des neuen Weißbuches würde diese Situation verschärft. Wir müssen an den Kernaufgaben der Bundeswehr festhalten und die Sicherheit im Land der Polizei überlassen. In dem Bericht wird aber auch unterstrichen, dass die festgestellten Mängel in der militärischen Führung mit der Militärgerichtsbarkeit und der Wehrdisziplinarordnung zusammenhängen. Wir fordern den Wehrbeauftragten auf, grundsätzlich die Praxis zu durchleuchten und den Bundestag darüber zu informieren. Noch eines: Rechtsextremistische Vorkommnisse sind leider nach wie vor an der Tagesordnung. ({3}) Ich frage Sie: Wissen wir, was die Ursachen sind? Welche Gegenstrategien gibt es? - Zum Thema Wehrpflicht ist leider festzustellen, dass es trotz des neuen Tiefstandes nur am Rande erwähnt wird. Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses über die Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten für den möglichen Kongoeinsatz gesprochen wurde. Ich denke, wenn man Großes vorhat und in die große weite Welt ziehen will, dann muss man die Soldatinnen und Soldaten auch entsprechend ausstatten. Herr Wehrbeauftragter, in dieser Beziehung haben Sie unsere Unterstützung. Wir laden Sie gerne zur Zusammenarbeit mit uns ein. Danke schön. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Kunert, zum Sitzplatz des Wehrbeauftragten will ich Ihnen sagen: Der Wehrbeauftragte ist ein Beauftragter unseres Parlaments, aber kein Mitglied dieses Hauses. Wie Sie wissen, dürfen nur gewählte Mitglieder des Hauses den Parlamentsbereich betreten. ({0}) - Das sind Länderplätze. - Man muss sich schon an die Gegebenheiten dieses Parlaments halten. Nächster Redner ist der Kollege Winfried Nachtwei, Bündnis 90/Die Grünen. ({1})

Winfried Nachtwei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002743, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wehrbeauftragter! Lieber Reinhold Robbe, herzlichen Dank für Ihren ersten Jahresbericht, den zum Jahre 2005. Zugleich bedanke ich mich auch bei all Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für diesen wieder sehr hilfreichen Bericht. ({0}) Ich begrüße ausdrücklich Ihr Bemühen, auch durch vermehrte unangemeldete Besuche in der Truppe dichter an die unverstellte Realität in der Bundeswehr heranzukommen und dies dann auch öffentlich zu machen. Das ist zwar unbequem für die Betroffen selbst, aber auf jeden Fall hilfreich. Damit beschreiten Sie also einen guten Weg. ({1}) Wegen der Kürze der Zeit kann ich nicht zu den verschiedenen Details Stellung nehmen; dafür haben wir im Ausschuss genügend Zeit. Deshalb möchte ich vor allem zu zwei Aspekten sprechen. Zunächst komme ich zu der Kernbotschaft in dem Bericht. Die Kernbotschaft ist Ihr zu Recht erteilter Hinweis auf eine auseinander klaffende Schere: die Schere zwischen den Belastungen und Anforderungen auf der einen Seite und den Leistungen, Besoldungen usw., die es für die Soldatinnen und Soldaten dafür gibt, auf der anderen Seite. Viele Bürgerinnen und Bürger werden sagen: Na ja, das ist doch die normale Entwicklung in den letzten Jahren gewesen. Wir müssen auch mehr Arbeit erbringen und erhalten trotzdem weniger. Man muss aber bedenken, dass hier ganz wesentliche Unterschiede bestehen. Ich denke auf der einen Seite an die Anforderungsebene. Es werden Auslandseinsätze, ständige Vor- und Nachbereitungen und monatelange Abwesenheiten von zu Hause gefordert, was mit enormen Belastungen für die Angehörigen, die Familie, verbunden ist. Die Leute werden in die Einsätze befohlen und gehen ein Risiko für Leib und Leben ein. Das ist ein ganz besonderes Anforderungsniveau, welches es in keiner anderen Berufsgruppe gibt. Auf der anderen Seite - Herr Wehrbeauftragter, Sie haben selbst darauf hingewiesen - befinden sich zwei Drittel der Bundeswehrangehörigen in unteren Besoldungsgruppen. Daneben sind die Bedingungen hierzulande zumindest stellenweise sehr problematisch. Das wurde von Ihnen und auch von anderen Kolleginnen und Kollegen eben dargestellt. Ich nenne zum Beispiel die sanitäre Versorgung, die immer mehr zu wünschen übrig lässt, und - das wurde in den letzten Wochen noch einmal deutlich und das wurde auch in Ihrem Bericht dargestellt - die Unterkunftsverhältnisse für die Soldaten lassen teilweise wirklich sehr zu wünschen übrig. Das sind die Kernbotschaften Ihres Berichts. Ein weiterer Punkt ist, dass Sie die Forderung des Bundespräsidenten nach einer breiten sicherheitspolitischen Debatte deutlich unterstützen. Diese ist in der Tat sowohl die Voraussetzung für die außenpolitische Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit als auch dafür, den Soldaten eine entsprechende Orientierung zu bieten. Sie ist deshalb von elementarer Bedeutung. Diese Debatte muss in den nächsten Monaten stattfinden. Bis zum Jahresende besteht dazu die Gelegenheit. Danach wäre diese so enorm wichtige Chance vertan. In der Debatte sind folgende Schlüsselfragen zu berücksichtigen: Erstens muss über die Auswertung unserer bisherigen Auslandseinsätze diskutiert werden. Bisher ist eine solche Auswertung noch nicht erfolgt. Zweitens müssen die deutschen Sicherheitsinteressen im Kontext europäischer und internationaler Sicherheitsinteressen genauer geklärt und abgestimmt werden. ({2}) Drittens ist unser Verständnis von Verteidigung zu klären. In diesem Zusammenhang gerät inzwischen immer mehr durcheinander. In diesem Punkt ist eine größere Präzision sehr wichtig. Schließlich stellt sich die Frage, wie der Anspruch einer umfassenden Sicherheitspolitik, die wir alle wollen, im Sinne einer kohärenteren Politik und im Sinne von ausgewogenen sicherheitspolitischen Fähigkeiten operationalisiert werden kann. Zu dieser Debatte sind selbstverständlich nicht nur die Mitglieder der sicherheitspolitischen Community - Bundeswehrangehörige, der Bundeswehrverband und der Reservistenverband - aufgerufen, sondern auch die Wissenschaft, Parteien, Kirchen, Medien, Friedenspraktiker und Friedensorganisationen, also all diejenigen, die sich den Regeln und Anforderungen des Systems der Vereinten Nationen verpflichtet fühlen. Ich glaube, das ist die Basis, auf der diese Debatte geführt werden sollte.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege.

Winfried Nachtwei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002743, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum Schluss. - Diese dringend notwendige Debatte - ein Blick in den Plenarsaal hat mir gezeigt, dass alle Kolleginnen und Kollegen mehr oder weniger auffällig dazu nicken - kommt nur dann zustande, wenn in den nächsten Monaten Fakten geschaffen werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, Sie haben sicherlich im Ausschuss noch viel Zeit, um dieses Thema ausgiebig zu beraten.

Winfried Nachtwei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002743, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Aber ich appelliere an den Minister, nicht einfach Fakten zu schaffen, sondern den Entwurf des Weißbuches auch öffentlich zur Diskussion zu stellen. Ich danke Ihnen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Der Kollege Gert Winkelmeier hat seine Rede zu Pro- tokoll gegeben1). Deshalb gebe ich das Wort der Kollegin Petra Heß, SPD-Fraktion.

Petra Heß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003553, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Die Institution des Wehrbeauftragten feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Dazu möchte ich ihr sehr herzlich gratulieren. ({0}) Trotz starker Vorbehalte in den Anfangsjahren hat sich diese weltweit einmalige Kontrollinstanz unseres Parlaments bewährt und ihre Unverzichtbarkeit deutlich unter Beweis gestellt. Tausende von Anliegen an den Wehrbeauftragten jährlich unterstreichen zum einen, welch großes Vertrauen die Bundeswehrangehörigen in diese Institution haben. Zum anderen zeigt es, dass die innere Führung in den Streitkräften funktioniert und un- sere Soldatinnen und Soldaten keine Scheu haben, sich selbstbewusst an den Wehrbeauftragten zu wenden. Im vorliegenden 47. Bericht des Wehrbeauftragten werden genau 5 601 Eingaben genannt. Das sind zwar 500 Eingaben weniger als im Vorjahr; angesichts der verringerten Truppenstärke relativiert sich diese Zahl aber schnell. Auch dieser Bericht des Wehrbeauftragten gibt einen recht intensiven Eindruck vom Innenleben der Streit- kräfte wieder. Er ist zwar nicht repräsentativ für die ge- samte Bundeswehr, aber er zeigt klar und deutlich auf, welche Defizite es in bestimmten Bereichen der Truppe gibt. Wie schon in den vergangenen Jahren zeigt der Be- richt auch in diesem Jahr auf, dass die sanitätsdienst- liche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten im In- land - insbesondere die klinische Versorgung - durch die Auslandseinsätze zum Teil erheblich beeinträchtigt wird. Durchschnittlich befanden sich circa 130 Sanitäts- offiziere sowie rund 10 Prozent des klinischen Sanitäts- personals im Einsatz, wobei einzelne Betroffene bis zu 240 Abwesenheitstage aufwiesen. Mit dem Kongoein- satz werden sich diese Zahlen und damit auch die Belas- tungen noch erhöhen. In den Bundeswehrkrankenhäusern führte dies zum Teil zu Besorgnis erregenden Personalengpässen bei den Ärzten und beim Assistenzpersonal. Mit der aktuell stattfindenden Neuorganisation der Bundeswehrkrankenhäuser, das heißt Reduzierung auf vier Bundeswehrkrankenhäuser und ein Kooperations- 1) Anlage 2 modell, wird eine Bündelung der medizinischen Ressourcen angestrebt, die insbesondere eine bessere personelle Ausstattung erwarten lässt. Auch eine im Umbau befindliche Reservistenorganisation ist darauf angelegt, Entlastungen zu schaffen. Klagen über fehlendes medizinisches Fachpersonal kamen aber nicht nur aus den Bundeswehrkrankenhäusern, sondern auch aus regionalen Sanitätseinrichtungen. Grund ist auch hier die starke Beanspruchung durch die Einsätze im Ausland. Positiv anmerken möchte ich, dass das Bewerberaufkommen für die Laufbahn der Ärzte im Sanitätsdienst weiterhin außerordentlich hoch ist. Dieses stieg von 1 451 im Jahr 2004 auf 1 700 im Berichtsjahr. Das zeigt, dass die Attraktivität dieser Laufbahn trotz alledem gestiegen ist. Ein Thema, welches in den letzten Jahren leider immer wieder in den Berichten des Wehrbeauftragten eine Rolle spielte, ist die unterschiedliche Ost-West-Besoldung, so auch im Bericht 2005. Sie stimmen mir sicherlich zu: Die Bundeswehr hat seit 1990 so erfolgreich wie kaum eine andere Institution den Prozess der inneren Einheit vollzogen. Innerhalb der Truppe, auch beim täglichen Dienst, spielt es inzwischen keine Rolle mehr, ob ein Soldat aus den neuen oder aus den alten Bundesländern kommt. Das zeigt sich gerade bei den Auslandseinsätzen, bei denen Soldaten aus allen Teilen Deutschlands eng und erfolgreich zusammenarbeiten. Dennoch wird den in Ostdeutschland stationierten Soldatinnen und Soldaten jeden Monat beim Blick auf ihren Lohnzettel aufs Neue vor Augen geführt, dass ihre Leistung weniger wert ist als die ihrer Kameraden in den alten Bundesländern. ({1}) Diese Ungleichbehandlung muss überwunden werden und das möglichst zeitnah. ({2}) Dass das Besoldungsrecht für Beamte, Richter und Soldaten gleichermaßen gilt und eine Sonderlösung für Soldaten daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist, ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist, auch wenn ich beim gestrigen Antrag der FDP bezüglich der sofortigen Angleichung der Ost-West-Besoldung einen anderen Eindruck hatte. ({3}) Die Soldaten unterliegen dem mit den Bundesländern vereinbarten Zeitrahmen für die Angleichung der OstWest-Besoldung, ({4}) nämlich bis Ende 2007 für den einfachen und mittleren Dienst und bis Ende 2009 für die restlichen Dienstgruppen. Dennoch appelliere ich an die Länder und an den Verteidigungsminister, den vereinbarten Zeitrahmen nicht voll auszuschöpfen, sondern darauf hinzuwirken, die Angleichung schon vorher zu realisieren.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, ich würde auch gerne an Sie appellieren, den anberaumten Zeitrahmen einzuhalten.

Petra Heß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003553, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich stelle abschließend fest: Die Soldatinnen und Soldaten unterstreichen mit ihrem Eingabeverhalten, dass sie verantwortungsvolle Staatsbürger in Uniform sind. Ich danke dem Wehrbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die engagierte Arbeit und wünsche ihnen weiterhin gutes Gelingen. Mein Dank gilt insbesondere den Soldatinnen und Soldaten, die in der schwierigen Phase der Transformation in hervorragender Weise ihre Pflicht erfüllen. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/850 an den Verteidigungsausschuss vor- geschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 a bis 31 c auf: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Glaubwürdigkeit der G 8 bewahren - Kriti- sche Themen beim Weltwirtschaftsgipfel in Sankt Petersburg nicht aussparen - Drucksache 16/1570 - b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Lötzer, Heike Hänsel, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für demokratische internationale Entschei- dungsprozesse statt G 8 - Drucksache 16/1879 - c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen Trittin, Thilo Hoppe, Ute Koczy, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN G-8-Gipfel muss Signal zu nachhaltiger Energieversorgung geben und Gesundheits- systeme in den Entwicklungsländern stärken - Drucksache 16/1966 - Die Kollegen Dr. Werner Hoyer, Eckart von Klaeden, Ulla Lötzer, Dr. Ditmar Staffelt und Jürgen Trittin haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) Wir kommen deshalb zu den Abstimmungen. Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/1570 mit dem Titel „Glaubwürdig- 1) Anlage 3 keit der G 8 bewahren - Kritische Themen beim Weltwirtschaftsgipfel in Sankt Petersburg nicht aussparen“. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Antrag ist mit der überwältigenden Mehrheit des Hauses abgelehnt. Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/1879 mit dem Titel „Für demokratische internationale Entscheidungsprozesse statt G 8“. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Antrag ist ebenfalls mit der großen Mehrheit des Hauses abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1966 mit dem Titel „G-8-Gipfel muss Signal zu nachhaltiger Energieversorgung geben und Gesundheitssysteme in den Entwicklungsländern stärken“. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist mit der überwiegenden Mehrheit des Hauses abgelehnt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien ({0}) zu der Unterrichtung durch die Deutsche Welle Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010 - Drucksachen 16/1000, 16/1476 Nr. 1.1, 16/2003 Berichterstattung: Abgeordnete Hans-Joachim Otto ({1}) Wolfgang Börnsen ({2}) Dr. Lukrezia Jochimsen Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Staatsminister für Kultur, Bernd Neumann.

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Welt schaut auf Deutschland. Die Fußballweltmeisterschaft hat unser Land für einige Wochen weltweit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Ich denke, wir geben ein gutes Bild ab. Wenn aber keine Fußballweltmeisterschaft stattfindet, dann ist es vor allem die Aufgabe der Deutschen Welle, im Ausland für ein positives Deutschlandbild Sorge zu tragen. Die Deutsche Welle ist eine Stimme der Freiheit und erwirbt durch ihre täglichen Programme Aufmerksamkeit und Sympathien für Deutschland. ({0}) - Der Beifall war für einen Satz später gedacht. ({1}) Dafür sollten wir dem Auslandssender dankbar sein: dem Intendanten ebenso wie all seinen hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. ({2}) Die Haltung der neuen Bundesregierung gegenüber der Deutschen Welle stellt schon einen gewissen Paradigmenwechsel dar. Wir wollen die Deutsche Welle stärken und haben das auch im Koalitionsvertrag festgelegt. Ich freue mich, dass wir uns darüber im Bundestag im Wesentlichen einig sind. Die Vorgängerregierung hat dem Sender mehr als 30 Millionen Euro aus dem Etat gestrichen. Mit solch drastischen Sparmaßnahmen ist jetzt Schluss! ({3}) Der Haushalt 2006, der kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde, sieht sogar eine leichte Erhöhung der Mittel vor. Der Auslandssender kann sich deshalb jetzt voll und ganz der Umsetzung des Deutsche-WelleGesetzes annehmen und sich darauf konzentrieren, seine Aufgaben zu erfüllen. Der vorliegende Entwurf der Aufgabenplanung für die Jahre 2007 bis 2010 lässt erkennen, dass die Deutsche Welle dabei auf dem richtigen Weg ist. Die Deutsche Welle ist ein freier und regierungsunabhängiger Sender. Das muss sie auch bleiben. Das unterscheidet sie von manch anderen Weltsendern. Geografische Schwerpunkte der Deutschen Welle werden in den kommenden Jahren Ost- und Südosteuropa und darüber hinaus Asien und die arabische Welt sein. Vor allem aber auch China ist für Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell von größtem Interesse. Wie wollen wir das alles finanzieren? In der Tat werden wir einiges ändern müssen, wenn der Auslandssender bezahlbar bleiben soll. Es gilt, Synergieeffekte zu nutzen. Die bisher schon fruchtbare Kooperation mit ARD und ZDF muss weiter ausgebaut werden. Manches lässt sich vielleicht auch durch die Zusammenarbeit mit anderen Auslandssendern erreichen, vor allem mit Radio France Internationale. Schon heute gibt es eine fruchtbare Kooperation mit diesem Sender, auf die beide Seiten nicht verzichten können. Eine andere Frage, die sich die Bundesregierung stellt, ist, wie sich die Deutsche Welle angesichts der Konkurrenz anderer Sender behaupten kann. Sie muss sich - davon bin ich überzeugt - noch genauer auf ihre Zielgruppen einstellen. Ein Mittel dazu sind zum Beispiel Programmfenster in der jeweiligen Landessprache. Mit Arabisch ist da ein wichtiger Anfang gemacht worden. Dadurch können neue Zuschauergruppen gebunden werden, die sich dann auch langfristig dem deutschsprachigen Programm zuwenden werden. Natürlich muss das deutschsprachige Angebot der Deutschen Welle auch künftig überwiegen. Schon als Oppositionsabgeordneter hatte ich mich deshalb - erfolgreich - dafür eingesetzt, dass die Förderung der deutschen Sprache ins Deutsche-Welle-Gesetz aufgenommen wurde. Der Auslandsrundfunk gehört zu unseren wichtigsten Kulturmittlern in der Welt. Eines ist doch klar: Den Zugang zu einem Land erschließt man sich in erster Linie über die Sprache. Je mehr Menschen in der Welt mit der deutschen Sprache in Berührung kommen, desto größer wird das Verständnis sein, das unserem Land entgegengebracht wird. Deshalb ist die Deutsche Welle so wichtig für uns. Die Bundesregierung ist sich dessen bewusst. Sie wird den deutschen Auslandssender auch in Zukunft nach Kräften fördern. Vielen Dank. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Der Kollege Christoph Waitz, FDP-Fraktion, hat seine Rede zu Protokoll gegeben.1) ({0}) Ich rufe nun die Kollegin Monika Griefahn, SPDFraktion, auf.

Dr. Monika Griefahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003136, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle- ginnen und Kollegen! Jetzt dauert es nicht mehr lange und hier in Berlin wird angepfiffen zum heiß erwarteten Viertelfinale. Wer nicht im Stadion sitzen kann, sitzt vor dem Bildschirm. Das ist überall auf der Welt so. Natür- lich fiebere auch ich mit unserer Elf. Doch, insgesamt gesehen, geht es für uns in Deutschland noch um viel mehr als um die Spiele und das Endergebnis: Es geht uns auch darum, uns der Welt als Nation zu präsentieren und den Menschen in anderen Ländern zu zeigen, dass Deutschland ein außergewöhnliches, ein spannendes Land ist, mit Menschen, die gastfreundlich, weltoffen und interessant sind. Wie ansteckend die tolle Stimmung ist, merkt jeder, der auf den Straßen unterwegs ist. Genauso empfinden das eben auch ausländische Medien. Vor einigen Tagen machte uns beispielsweise die Londoner „Times“ ein ganz ungewöhnliches Kompliment und schrieb, dass für uns Deutsche momentan Begriffe wie Humor, Mode, Eleganz und Leichtigkeit stünden. Doch nur ein Bruch- teil der Milliarden von Menschen, die weltweit die WM vor den Bildschirmen verfolgen, kann selbst nach Deutschland kommen und einen Eindruck vor Ort be- kommen. Deswegen sind die Medien besonders in dieser Zeit unser Fenster zur Welt. Die Deutsche Welle ist da- bei eine kraftvolle Stimme, die mit Fernsehen, mit Radio und mit Internet - das Tolle ist, dass wir das im Deut- sche-Welle-Gesetz so verankern konnten - rund um die Uhr und rund um den Globus von Deutschland berichtet, und zwar in 30 Sprachen. 1) Anlage 4 Gerade bei Ereignissen wie der Fußballweltmeisterschaft wird ganz deutlich, welche Chancen und welches Potenzial wir gerade mit der Deutschen Welle haben. Im Fernsehen, Radio und Internet werden viele Fußballthemen zum Anlass genommen, über deutsche Kultur, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu berichten und Menschen in anderen Ländern damit für unser Land zu interessieren. So findet man beispielsweise auf der Internetseite nicht nur einen Live-Ticker, durch den man die Spiele verfolgen kann, sondern auch Hintergrundberichte zu deutschen Firmen, die bei der WM besonders involviert sind, Informationen zum Studienstandort Deutschland oder mehr über das kulturelle Leben. Diese Informationsleistung und das Werben für unser Land sind die Basisanforderungen, die wir an die Deutsche Welle stellen. Aber auch die einzelnen Aufgaben müssen immer wieder an die aktuelle Situation und das Weltgeschehen angepasst werden. Nachdem wir 2004 das neue Deutsche-Welle-Gesetz beschlossen haben, liegt dem Parlament jetzt zum ersten Mal nach Maßgabe dieses Gesetzes eine Aufgabenplanung vor, die beschreibt, was sich der Sender für die kommenden Jahre vorgenommen hat. Ich begrüße, dass die momentanen regionalen Schwerpunkte erneut bekräftigt wurden. Besonders im Vordergrund stehen damit die Zusammenarbeit in Europa, also in Ost- und in Westeuropa, der arabische Sprachraum und Asien. Es ist nicht schwer, Begründungen für diese Schwerpunktregionen zu finden. In Europa muss es auch unsere Aufgabe sein, den europäischen Verfassungsprozess und die europäische Integration gerade der neuen Mitgliedstaaten voranzutreiben. Im arabischen Raum müssen wir noch mehr für einen funktionierenden Dialog der Kulturen tun. In den boomenden Regionen Asiens setzen auch wirtschaftlich gute Beziehungen ein zeitgemäßes Deutschlandbild voraus. Unsere momentane Weltoffenheit leistet dazu einen guten Beitrag. ({0}) Diese Schwerpunkte der Deutschen Welle decken sich mit der Ausrichtung der gesamten auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, sodass die Medienarbeit hier zu einer wichtigen Ergänzung der sonstigen Programme der Mittlerorganisationen wie dem GoetheInstitut oder dem Deutschen Akademischen Austauschdienst wird. Ich betone: Es ist eine Ergänzung. Die Prioritätensetzung bedeutet aber nicht, dass wir andere Weltregionen, in denen wir uns seit Jahren engagieren, vernachlässigen wollen. In Nord- und Südamerika, in Afrika und in Australien ist die Deutsche Welle sehr aktiv und sie soll es auch bleiben. Dennoch ist es wichtig, sich für einige wenige Schwerpunkte zu entscheiden, die besonders verfolgt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann uns allen einen generellen Appell nicht ersparen. In dieser Woche hatten wir im Unterausschuss für Auswärtige Kulturund Bildungspolitik eine Anhörung zur Lage der Goethe-Institute. Dabei wurde von den Sachverständigen eines besonders kritisiert und der ehemalige Botschafter Fritjof von Nordenskjöld brachte es auf den Punkt, als er hinterfragte, ob es wirklich dem Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland entspreche, nur 1 Prozent des Gesamtbudgets für die gesamte Außendarstellung unseres Landes und noch weniger als ein Viertel Prozent für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik aufzuwenden. Ich muss diesem Zweifel zustimmen. In einer globalisierten Welt müssen wir uns gegenüber anderen Ländern, die jetzt sehr viel aktiver werden, positionieren. Dass es darum geht, Deutschland als Kulturnation, als das Volk der Dichter und Denker, als ein ganz entscheidendes Land auf der kulturellen und politischen Weltkarte zu proklamieren, können wir oft und laut hören. Doch bei der Finanzierung verschieben sich die Prioritäten leider viel zu schnell woanders hin. Ich will die wertvolle Arbeit in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik überhaupt nicht kleinreden, doch den Anspruch auf der einen Seite, den viele an sie haben, und die finanzielle Ausstattung auf der anderen Seite haben wir noch nicht in ein ausgewogenes Verhältnis bekommen. Ich vergleiche das nur einmal mit einigen Inlandsinstitutionen. Allein dem WDR steht fünfmal mehr Geld zur Verfügung als der Deutschen Welle. Wenn wir nur das Fernsehen betrachten, so stellen wir fest, dass allein „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ mit dem Budget produziert werden, das der Deutschen Welle für das komplette TV-Programm zur Verfügung steht. In der gleichen Dimension ist es auch bei dem weltweiten, hoch angesehenen Netz von Goethe-Instituten zu sehen. Ein Autobahnkreuz kostet mehr als das, was uns die 141 Institute in 80 Ländern im Jahr wert sind. Ich glaube, das ist keine gute Entwicklung in einer Zeit, in der es wegen der Globalisierungsprobleme und der politischen Situation in vielen Ländern mehr denn des kulturellen Austausches und der Verständigung bedarf. ({1}) Es gibt einen Boom bei den Auslandssendern. Die USA haben neben der „Voice of America“ mit „alHurra“ seit zwei Jahren einen eigenen arabischen Sender. Auch die englische BBC, das französische „France Télévision“ oder die italienische „Rai Med“ sehen, wie wichtig der Austausch mit dem arabischen Raum ist, und strahlen eigene Angebote aus oder haben dies in Zukunft vor. Die Deutsche Welle hat viel Weitsicht bewiesen, als sie 2002 als erster ausländischer Sender vor Ort mit einem arabischsprachigen Angebot antrat. Diesen Vorsprung dürfen wir uns jetzt nicht von den aufkommenden Konkurrenzsendern kaputtmachen lassen. ({2}) Deshalb müssen wir die Prioritäten entsprechend setzen. Ich begrüße ausdrücklich, dass die vorliegende Aufgabenplanung vorsieht, das Fernsehprogramm von momentan drei auf sechs bis acht Stunden auszuweiten. Ich danke dem Kulturstaatsminister ausdrücklich dafür, dass auch er sagt: Jetzt muss mit den Kürzungen Schluss sein. ({3}) Wenn wir in dieser Zeit an der auswärtigen Kulturund Bildungspolitik weiter sparen, dann fällt uns das in wenigen Jahren auf die Füße. Die Liste der Länder, die auf internationale Fernsehangebote setzen, wird immer länger: Dubai, Iran, Ägypten, China, Russland, Japan, Südkorea und Länder Südamerikas. Viele dieser Nationen investieren ebenso in eigene Kulturinstitute. Am 27. April 2006 eröffnete die Volksrepublik China beispielsweise gerade das erste Konfuzius-Institut in Deutschland. Alle diese Länder nehmen sehr viel Geld in die Hand, um weltweit gerade durch den Rundfunk eine Stimme zu bekommen und mit ihrer Kultur im Ausland vertreten zu sein. Spätestens das zeigt uns, dass unsere Arbeit in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik nicht zurückfahrbar ist, sondern dass wir sie, im Gegenteil, verstärken müssen. Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen, die hier sitzen, das mit uns wollen. Jetzt müssen wir das nur noch unseren anderen Kolleginnen und Kollegen vermitteln. Ich bin froh darüber, dass zumindest für dieses Jahr der Haushalt der Deutschen Welle stabil bleibt. Bei den Goethe-Instituten sieht es noch schwieriger aus. Für die kommende Zeit im Allgemeinen und den Haushalt 2007, den wir im September debattieren, im Speziellen liegen wichtige Aufgaben vor uns, zum einen das verstärkte Engagement in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik - meiner Meinung nach sollte das auch für die finanzielle Seite gelten - und zum anderen die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Mittlerorganisationen. Wie wir auch an dieser Aufgabenplanung sehen, haben wir bei der Deutschen Welle mit dem veränderten Gesetz bereits viel erreicht, was Flexibilisierung und Effektivität angeht. Für das Goethe-Institut stehen mit der Budgetierung und dem Prinzip der Überjährlichkeit solche Veränderungen erst an, die nun endlich so bald wie möglich für das gesamte Institut gelten müssen, so wie sie auch für die Deutsche Welle gelten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir in diesem Raum kämpfen, wie ich weiß, gemeinsam für diese Politik. Es geht letztendlich um mehr als einen Monat Fußballweltmeisterschaft. Es geht darum, das Bild der Deutschen in der Welt auf Dauer positiv zu festigen. Vielen Dank. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Lukrezia Jochimsen, Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Lukrezia Jochimsen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003777, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Parlament sollen heute eine Entschließung zur Aufgabenplanung der Deutschen Welle für die Jahre 2007 bis 2010 annehmen, der ein wichtiger Grundsatz voransteht. Er lautet: Die Stärkung der Deutschen Welle als Mittler der deutschen Kultur- und Bildungspolitik ist das gemeinsame Ziel der im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen. Diesem Grundsatz wie auch allen ihm folgenden Forderungen - deren Bedeutung für die Arbeit der Deutschen Welle hat Frau Kollegin Griefahn ja dankenswerterweise sehr genau und vollständig aufgelistet - stimmt die Linksfraktion zu. Sie hat auch nie einen Zweifel an dieser Zustimmung aufkommen lassen. Allerdings wurde der Entschließungsantrag aller beschworenen Gemeinsamkeit zum Trotz nur von den Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Die Linksfraktion wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Kollegen haben mir freundlicherweise gesagt, ich solle das nicht persönlich nehmen. Ich nehme es nicht persönlich. Ich habe mich schließlich nicht selbst in dieses Hohe Haus berufen. Über 4 Millionen Wähler haben vor neun Monaten entschieden, dass die Linksfraktion diesem Parlament angehört. Diese Wähler, nicht wir, wurden durch diese Entscheidung wieder einmal aus dem demokratischen Parlamentsprozedere ausgegrenzt. Das ist kein Fall zum Übelnehmen; das ist aus meiner Sicht einfach schlechtes Demokratieverständnis. Wir haben im für diese Entschließung zuständigen Fachausschuss für Kultur und Medien einen eigenen Vorschlag eingebracht, der bewusst in allen Aussagen und Formulierungen mit dem der vier anderen Fraktionen übereinstimmte. Über ihn wurde nicht abgestimmt, da er sich von dem Vier-Fraktionen-Vorschlag nicht unterschied. Das ist schade; denn es wäre schon interessant gewesen, die Abstimmung über zwei gleich lautende Anträge zu erleben, von denen einer sich einfach nur dadurch vom anderen unterscheidet, dass er von der Fraktion stammt, die immer wieder diskriminiert werden soll. Ja, die Arbeit der Deutschen Welle zu unterstützen, ist gemeinsames Ziel der im Bundestag vertretenen Fraktionen. Aber die Union will, dass das niemand erfährt. Das hält die Fraktion Die Linke allerdings nicht davon ab und wird sie auch nicht davon abhalten, sich für die Deutsche Welle einzusetzen - so gut sie kann und so weit man sie lässt. Eines können wir nach langen komplizierten Wegen feststellen: Die demokratische Linke ist heute toleranter als die konservative Rechte. Wir hielten es mit ihr auf einem Antrag aus. Ich danke Ihnen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort hat die Kollegin Dr. Uschi Eid, Bündnis 90/ Die Grünen.

Ursula Eid-Simon (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000454, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über die Aufgabenplanung der Deutschen Welle für die Jahre 2007 bis 2010. Dies ist - das muss man noch einmal unterstreichen - ein Novum. Eine solche transparente Beratung ist deswegen möglich geworden, weil wir vor zwei Jahren im Deutschen Bundestag einstimmig das Deutsche-Welle-Gesetz verabschiedet haben. Dieses Gesetz sieht den deutschen Auslandsrundfunk als Mittler zwischen den Kulturen, als mediale Visitenkarte unseres Landes und als Sender, der mit einem zeitgemäßen Medienangebot im globalen Informationsmarkt agiert. Die Deutsche Welle - das möchte ich gleich zu Beginn sagen - erfüllt diese Aufgaben hervorragend. Deswegen möchte ich auch im Namen meiner Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich danken. ({0}) Die Deutsche Welle ist nicht einfach ein Deutschlandkanal, der einseitig Informationen über Land und Leute vermittelt, sondern sie hat einen breiten Informationsauftrag, und zwar insbesondere dort, wo es um die Korrektur einförmiger Berichterstattung in autoritären Staaten geht. Wir dürfen nicht vergessen: Zwei Drittel der Weltbevölkerung leben nach wie vor in Ländern mit massiv eingeschränkter Pressefreiheit und unfreien Medienmärkten. Hier objektiven, differenzierten Journalismus zu verbreiten bleibt nach wie vor die wichtigste Aufgabe der Deutschen Welle. Die vorliegende Aufgabenplanung der Deutschen Welle ist eine gute Grundlage zur Erfüllung ihres Auftrages als transnationales Medium der freien Information. Um im globalen Medienmarkt zu bestehen, ist ein intelligenter Mix der verschiedenen Medienangebote von Fernsehen, Hörfunk und Internet notwendig, der sich an den Interessen der Zielgruppen orientiert und die optimalen, technisch zukunftsfähigen Verbreitungswege wählt. Fernsehen und Internet gewinnen in vielen Regionen der Welt neue Bedeutung. Mit dem Ausbau des arabischsprachigen Fernsehangebots und der Telemedien sowie mit dem Ausbau des Onlineauftritts in den neuen Wachstumsregionen Asiens trägt die Deutsche Welle den neuen geostrategischen Herausforderungen Rechnung. Was mir allerdings Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass Afrika, der Kontinent mit den meisten Hörern des Auslandsrundfunks, nämlich 40 Millionen Menschen, in der Aufgabenplanung nur als Status-quo-Region ausgewiesen wird. Meine Fraktion warnt davor, die Afrikaprogramme als Steinbruch für die Ausweitung nach Asien und in die arabischen Staaten zu benutzen. ({1}) Ich freue mich, dass es am Mittwoch im Kulturausschuss gelungen ist, eine gemeinsame Beschlussempfehlung einstimmig zu verabschieden, allerdings mit dem Wermutstropfen, den Frau Jochimsen gerade geschildert hat. Aber diese breite Unterstützung durch den Deutschen Bundestag ist eine gute Grundlage für die Arbeit der Deutschen Welle als medialer Botschafter Deutschlands in der Welt. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Reinhard Grindel, CDU/CSU-Fraktion.

Reinhard Grindel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003539, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag, von dem vielfach die Rede war, wurde von den Fraktionen unterzeichnet, die auch das Deutsche-Welle-Gesetz gemacht haben. Insofern hat das nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern mit der Geschichte dieses Gesetzes. Frau Griefahn, Sie haben den Haushalt der Deutschen Welle mit den Haushalten von WDR, „Tagesschau“ und „heute“ verglichen. Ich glaube, wir dürfen das nicht überfrachten und falsche Bezugsgrößen nehmen. Der WDR hat mit seinen vielfältigen regionalen Aufträgen - Herr Ehrmann weiß das - eine ganz andere Finanzausstattung verdient. Das Korrespondentennetz von ARD und ZDF ist umfänglicher als das der Deutschen Welle. Frau Griefahn, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir Prioritäten setzen müssen. Frau Eid, ohne die Afrikaberichterstattung zum Steinbruch zu machen: Wenn man überall Prioritäten setzt, setzt man nirgendwo Prioritäten. Das heißt, wenn man irgendwo mehr machen und Akzente setzen will, sollte man wissen, dass das dann in anderen Bereichen nicht so ist. Ich finde, wir sollten deutlich machen, was wir von der Deutschen Welle erwarten. Ich sage ganz klar: Wer die Wirkungsmacht von Bildern im Zusammenhang mit dem Karikaturenstreit erlebt hat und wer den Dialog zwischen den Kulturen führen will, der muss den Schwerpunkt im arabischen Raum bejahen. Ich unterstütze diesen Schwerpunkt, den sich die Deutsche Welle selbst setzt. Ich bedanke mich insbesondere für die hervorragende Arbeit, die etwa - das ist noch nicht erwähnt worden - in Kooperation mit dem afghanischen Fernsehen geleistet wurde. Hier hat die Deutsche Welle Vorbildliches geleistet. ({0}) Ich unterstütze außerdem die Angebote der Deutschen Welle mit Blick auf den Iran in Farsi im Internet und die Überlegungen hinsichtlich eines Schwerpunktes Türkei. Es ist doch richtig: In unfreien Medienmärkten steigt das Interesse an ungefilterten Informationen. Ich begrüße, dass sich die Deutsche Welle dazu bekennt, im Dialog der Kulturen den eigenen Wertekanon selbstbewusst zu vertreten. Dabei muss die Deutsche Welle eine wichtige Alternative zu arabischen, aber auch zu anglophonen Informationsquellen sein. Ich will in diesem Zusammenhang besonders die Bedeutung der Akademie der Deutschen Welle hervorheben, die Journalisten nicht nur journalistisches Handwerkszeug, sondern auch ein Gefühl für Pressefreiheit vermittelt. Die Arbeit der Akademie ist ein wichtiger Beitrag für mehr gegenseitiges Verständnis und Konfliktabbau. ({1}) Es ist gut, dass die Deutsche Welle - der Staatsminister hat es zu Recht angesprochen - in ihrer Aufgabenplanung an verschiedenen Stellen die Bedeutung der Vermittlung der deutschen Sprache betont. Damit geht nicht nur ein Interesse an unserem Land und unserer Kultur einher, sondern das hat auch einen ganz praktischen Aspekt, auf den ich aufmerksam machen will: Wir betrachten doch mittlerweile alle die Bedeutung der Beherrschung der deutschen Sprache als wichtigste Voraussetzung für die Integration der bei uns lebenden Ausländer. Wir haben überlegt - das wissen Sie, Herr Kollege Ehrmann; wir beide sind ja nicht nur im Kultur-, sondern auch im Innenausschuss -, wie wir erreichen können, dass sich Menschen vielleicht schon vor einem Nachzug nach Deutschland zumindest einfache Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen. Ich schlage vor, mit der Deutschen Welle über Konzepte nachzudenken, damit auch auf diesem Weg eine Vermittlung der deutschen Sprache stattfindet. Das ist auch ein Beitrag zur Integration und zum Konfliktabbau in unserem Land. ({2}) Es gibt bereits interaktive Sprachkurse bei DW-World und erfolgreiche Newsletterangebote. Das ist ein wichtiger Beitrag bei der Vermittlung von Sprachkenntnissen. Ein letzter Aspekt, den ich hier kurz ansprechen möchte, ist die beabsichtigte Verschlüsselung des Satellitenempfangs durch ASTRA, dessen Kapazitäten die Deutsche Welle im europäischen Raum nutzt. Ich begrüße, dass der Deutsche Bundestag sich bei dieser Gelegenheit klar und eindeutig für einen unbeschränkten und kostenfreien Empfang der Deutschen Welle einsetzt, und ich erlaube mir in medienpolitischer Hinsicht hinzuzufügen: Das soll in Zukunft natürlich auch für die anderen öffentlich-rechtlichen Sender, ARD und ZDF, gelten. Auch das wollen wir mit unserem Entschließungsantrag ausdrücken. ({3}) Es ist wahr: Die Deutsche Welle ist nicht mehr, wie früher, die „Sparbüchse für den Haushalt“, wie der Staatsminister es vor einiger Zeit in der „FAZ“ treffend formuliert hat. Die Deutsche Welle hat eine gute finanzielle Grundlage und Planungssicherheit. Damit lässt sich ein gutes Programm machen. Das wünschen wir uns von der Deutschen Welle im Interesse unseres Landes und im Sinne eines fruchtbaren Dialoges der Kulturen weltweit. Auch für meine Fraktion möchte ich mich bei allen Mitarbeitern der Deutschen Welle für die engagierte Arbeit herzlich bedanken. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien auf Drucksache 16/2003 zu der Unterrichtung durch die Deutsche Welle über ihre Aufgabenplanung 2007 bis 2010. Der Ausschuss empfiehlt in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 16/1000, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Umverteilung durch den Emissionshandel beenden - Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen - Drucksache 16/1682 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({0}) Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss Die Rednerinnen und Redner haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/1682 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Zuverlässigkeitsüberprüfung von Privatpiloten auf ein angemessenes Maß reduzieren - Drucksache 16/859 Überweisungsvorschlag: Innenausschuss ({1}) Sportausschuss Die Rednerinnen und Redner haben ebenfalls ihre Re- den zu Protokoll gegeben.2) Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/859 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- verstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. 1) Anlage 5 2) Anlage 6 Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Renate Künast, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN Moratorium für Gentechnik in der Landwirt- schaft - Drucksache 16/1909 - Die Rednerinnen und Redner haben ebenfalls ihre Re- den zu Protokoll gegeben.1) Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck- sache 16/1909. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit der Mehrheit des Hauses abgelehnt. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- ordnung. 1) Anlage 7 Der Ältestenrat hat in seiner gestrigen Sitzung vereinbart, den für Freitag, den 7. Juli, vorgesehenen Sitzungstag zu streichen. Außerdem wurde vereinbart, dass während der Haushaltsberatungen ab dem 5. September 2006 keine Befragung der Bundesregierung, keine Fragestunde und keine Aktuellen Stunden stattfinden sollen. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Dienstag, den 5. September 2006, 10.30 Uhr, ein. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch unseren Besucherinnen und Besuchern auf der Tribüne ein schönes Wochenende, einen erholsamen Sommer und heute einen spannenden Fußballabend. Die Sitzung ist geschlossen.