Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 12/3/2008

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Fragestunde - Drucksache 16/11124 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Storm bereit. Die Frage 1 der Abgeordneten Cornelia Hirsch wird schriftlich beantwortet. Die Frage 2 der Kollegin Cornelia Hirsch wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung - ({0}) - Gut. Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Nicolette Kressl bereit. Ich rufe die Frage 4 der Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan auf: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das in der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedete Erbschaftsteuergesetz einen erheblichen bürokratischen Aufwand insbesondere für mittelständische Familienbetriebe in der Land- und Forstwirtschaft verursacht, und wie ist dieser erhöhte bürokratische Aufwand mit dem von der Bundesregierung mehrfach erklärten Ziel des Bürokratieabbaus vereinbar?

Nicolette Kressl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002706

Sehr geehrte Kollegin, ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir die Befürchtungen, es gebe gerade für diesen Bereich einen erhöhten bürokratischen Aufwand, nicht teilen. Ich will Ihnen das auch verdeutlichen: Mit der hier im Haus in der letzten Sitzungswoche verabschiedeten Reform werden ja die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer umgesetzt. Danach müssen alle Vermögensarten, vom Grundvermögen über Betriebsvermögen bis hin zu Anteilen an land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, ausnahmslos nach dem gemeinen Wert bewertet werden. Erst in einem zweiten Schritt darf der Gesetzgeber den Erwerb einzelner Vermögensarten steuerlich begünstigen, wenn dafür - das ist ein Zitat - „ausreichende Gemeinwohlgründe“ vorliegen. Die von Unternehmen - einschließlich derjenigen der Land- und Forstwirtschaft - im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu erbringenden Informationspflichten sind insbesondere mit Blick auf die mit der Erbschaftsteuerreform einhergehenden massiven steuerlichen Entlastungen erforderlich. Gleichwohl hat das Parlament entschieden, diese Entlastungen vorzunehmen, weil wir diese Gemeinwohlgründe im Bereich der Land- und Forstwirtschaft - ich betone das ausdrücklich - als gegeben ansehen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen.

Dr. Christel Happach-Kasan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003669, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich freue mich natürlich darüber, dass es in diesem Bereich Entlastungen gegeben hat. Gleichwohl möchte ich eine Nachfrage stellen. Wir sehen insbesondere beim Betriebsübergang durchaus erhebliche bürokratische Lasten. Fest steht, dass auch die Lohnsumme darüber entscheidet, ob es zu einer Besteuerung kommt oder nicht, was wiederum bürokratische Lasten zur Folge hat. Wir befürchten, dass das ein Anreiz ist, die Anzahl der Arbeitsplätze vor einer Betriebsübergabe zu senken, um eine geringere Lohnsumme zu haben und dadurch dem Nachfolger die Möglichkeit zu geben, steuerfrei gestellt zu bleiben. Wir befürchten deshalb, dass dieses Erbschaftsteuergesetz zu einem Arbeitsplatzabbau führt. Das scheint mir in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation genau die falsche Botschaft für unsere mittelständischen Betriebe zu sein. Teilen Sie diese Einschätzung? Redetext

Nicolette Kressl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002706

Sehr geehrte Frau Kollegin, zusammenfassend sage ich: Nein, wir teilen diese Befürchtung nicht. Ich will das gerne begründen: Erstens sind sehr viele Unternehmen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft von der Regelung hinsichtlich der Lohnsumme nicht betroffen, da diese Regelung nicht für Betriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gilt. Die Unternehmen wissen sehr wohl - das haben meine Kontakte zu den entsprechenden Verbänden ergeben -, dass die Neustrukturierung des Erbschaftsteuerrechts für sie eine deutliche Erleichterung bedeutet. Zweitens ist es im Laufe der parlamentarischen Beratungen hinsichtlich der Lohnsumme zu Veränderungen gekommen. Durch die Zusammenfassung mehrerer Jahre - wir sagen sogar, dass innerhalb der Jahre eine flexible Handhabung möglich ist - sind wir zu einem deutlich flexibleren Verfahren gekommen. Das wird sehr vielen Unternehmen entgegenkommen. Gleichzeitig kommen wir aber auch der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nach, die wir sehr ernst nehmen müssen: Wenn ihr privilegiert, wenn ihr verschont, müsst ihr dafür gute Gründe nennen, und ihr müsst Möglichkeiten zur Überprüfung der Gemeinwohlgründe vorsehen. Wir sind der Überzeugung, dass dieses Gesetz diesen Bedingungen genau entspricht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Christel Happach-Kasan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003669, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bezogen auf das Steueraufkommen insgesamt ist die Erbschaftsteuer ja eine Bagatellsteuer. Ihr Aufkommen liegt bei unter 1 Prozent des gesamten Steueraufkommens. In den einzelnen Bundesländern ist die Situation sehr unterschiedlich. Die FDP-Fraktion befürwortet eine föderale Gestaltung der Erbschaftsteuer, weil das Steueraufkommen allein den Ländern zur Verfügung steht. Wenn Sie berücksichtigen, dass das Steueraufkommen in Mecklenburg-Vorpommern pro Einwohner gerade einmal 4 Euro beträgt, was zur Folge hat, dass die Bürokratiekosten, die dem Land durch die Erhebung der Erbschaftsteuer entstehen, nicht gedeckt sind, und das Steueraufkommen in Hamburg 124 Euro beträgt, frage ich: Teilen Sie die Einschätzung, dass es insbesondere mit Blick auf die Interessen der ärmeren Bundesländer besser wäre, dem FDP-Modell zu folgen, statt an einer bundeseinheitlichen Erbschaftsteuerregelung festzuhalten? ({0})

Nicolette Kressl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002706

Frau Kollegin, auch diese Einschätzung teile ich ausdrücklich nicht. Ich finde es ganz besonders spannend, dass Ihre Frage an dem Punkt „Vermeidung von Bürokratie“ ansetzt. Nun können wir gemeinsam einmal durchspielen, was es an Bürokratie bedeuten würde, wenn wir in 16 verschiedenen Bundesländern 16 verschiedene Formen der Erbschaftsteuer hätten. Dann müssten wir uns gemeinsam überlegen, ob wir auch 16 Doppelbesteuerungsabkommen vereinbaren müssen, weil einige Unternehmen Niederlassungen in verschiedenen Ländern haben. Insofern verstehe ich die Position der FDP an dieser Stelle nicht. Zusätzlich will ich darauf hinweisen, dass sehr viele Ministerpräsidenten im Vorfeld der Beratungen sehr deutlich gemacht haben, dass sie die Frage, ob ihnen die Erbschaftsteuereinnahmen zum Beispiel für Investitionen in Bildung zur Verfügung stehen, keineswegs als Bagatellfrage ansehen, sondern in der Erbschaftsteuer eine wichtige Einnahmequelle sehen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, Sie haben nicht die Möglichkeit, eine weitere Zusatzfrage zu stellen. Es tut mir leid. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern auf. - Herzlich willkommen, Herr Altmaier. Sie stehen zur Beantwortung der Fragen bereit. Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Wolfgang Wieland auf: Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, ein, das Abstimmungsverfahren oder Entscheidungsquorum im Bundesrat so zu verändern, dass die einfache Mehrheit der Stimmen entscheidend ist, und welche Pläne hat die Bundesregierung, einen Vorschlag mit dem Ziel der Veränderung des Entscheidungsquorums oder Abstimmungsverfahrens im Bundesrat vorzulegen? Bitte schön.

Peter Altmaier (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002617

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es handelt sich um einen Vorschlag, den der Bundesminister des Innern und der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Herr Körper, in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der gegenwärtigen Föderalismuskommission gemacht haben. Dies ist allerdings kein neuer Vorschlag. Sowohl Herr Schäuble als auch Herr Körper haben einen Vorschlag aufgegriffen, den die vorherige Bundesregierung im Rahmen der Beratungen der ersten Föderalismuskommission bereits im Jahr 2003 gemacht hat. Dieser Vorschlag wird im Übrigen auch von namhaften Experten unterstützt. Er war zum Beispiel Gegenstand der Vorschläge der Bertelsmannkommission „Verfassungspolitik und Regierungsfähigkeit, Entflechtung 2005“. Er wird auch vom Konvent für Deutschland und dessen Vorsitzenden, dem ehemaligen Bundespräsidenten Professor Dr. Roman Herzog, vertreten. Die Bundesregierung hat zu diesem Vorschlag keinen Beschluss gefasst, weil es sich um einen Vorschlag von Mitgliedern der Föderalismuskommission handelt. Ich habe allerdings keinen Zweifel, dass sich die frühere Haltung der Bundesregierung im Vergleich zu heute nicht verändert hat.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Das Letzte war nicht recht verständlich, Herr Staatssekretär. Wollen Sie damit, dass sich die frühere Haltung der Bundesregierung nicht verändert habe, sagen, dass diese Bundesregierung alle Meinungen der Vorgängerregierung übernimmt? Das wäre erstaunlich, aber so klang es. Wie kommt es denn, dass der Vorschlag gerade in dem Moment gegenüber der Öffentlichkeit geäußert wurde, als die Regierung zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode keine Mehrheit im Bundesrat für ein Gesetz bekam? Halten Sie es für einen guten Stil, dann vorzuschlagen, die Spielregeln zu ändern, weil man einmal im Bundesrat durchgefallen ist?

Peter Altmaier (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002617

Herr Kollege Wieland, Sie wissen, dass das Prinzip der Diskontinuität zwar für Gesetzesvorlagen gilt, die in den Bundestag eingebracht werden. Es gilt aber selbstverständlich nicht für Auffassungen und Haltungen der Bundesregierung. Wenn wir von bisher vertretenen Auffassungen abweichen, dann pflegen wir dies in aller Regel auch zu sagen. Im Übrigen ist der damalige Vorschlag der Bundesregierung, der Ihre Fraktion durchaus nahe stand, auf ein breites positives Echo gestoßen. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Grünen vom 2. April 2003. Wörtlich heißt es: In diesem Zusammenhang gilt es auch, das behäbige Abstimmungsverfahren im Bundesrat zu reformieren. Zur Diskussion steht dabei die Frage, ob durch Enthaltungen einzelner Länder im Bundesrat das Zustandekommen der erforderlichen Stimmenmehrheit weiterhin verhindert werden kann. Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Sie denn Ihre Meinung geändert haben, nur weil das konkrete Abstimmungsverhalten zum BKA-Gesetz dann zu einem Ergebnis führen würde, das Ihnen möglicherweise nicht genehm ist.

Wolfgang Wieland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003863, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin ja nicht kleinlich, aber derzeit spielen wir „Regierung fragt, Abgeordnete antworten“. Das können wir gern auch einmal machen. Nun zu meiner Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, müssen wir denn nicht beide feststellen, dass im Rahmen der Föderalismusreform I, die Raum geboten hätte, so etwas zu machen, dieser Vorschlag erkennbar nicht verfolgt wurde, und zwar weder im Paket der alten Bundesregierung enthalten war noch von den neuen Mehrheiten umgesetzt wurde, und dass bei der Föderalismusreform II, bei der es um die Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern, um eine Schuldenbremse und anderes geht, diese Frage nun wahrlich überhaupt nichts zu suchen hat, es sei denn, man nimmt an, dass Länder durch Geldzuwendungen gekauft werden, wie es in der Vergangenheit geschehen sein soll? Ich will das gar nicht vertiefen, aber führt dieser Hinweis auf die Föderalismusreform II nicht völlig in die Irre?

Peter Altmaier (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002617

Herr Kollege Wieland, da ich die Ehre habe, stellvertretendes Mitglied der Föderalismusreformkommission II zu sein, darf ich Sie daran erinnern, dass die Mitglieder derselben ad personam vom Deutschen Bundestag und von den Fraktionen bestellt worden sind. Die Vorschläge, die dort verhandelt werden, beziehen sich auch, aber nicht nur auf den Bereich der Finanzbeziehungen. Sie betreffen beispielsweise auch die Verwaltungszusammenarbeit und eine Reihe von anderen Feldern. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass in dem einen oder anderen Fall Vorschläge, die in der Föderalismusreformkommission I nicht behandelt oder vereinbart werden konnten, in die Föderalismusreformkommission II eingebracht worden sind. Dies ist hier durch zwei Mitglieder dieser Reformkommission geschehen. Das ist ein ganz normales demokratisches Verfahren, für das gerade Sie als Vertreter einer Fraktion, die sehr großen Wert ({0}) auf die Rechte einzelner Abgeordneter legt, Verständnis haben müssten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches. Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Die Beantwortung übernimmt Herr Staatsminister Dr. Gernot Erler. Die Frage 5 des Kollegen Axel E. Fischer, die sich mit Menschenrechtsverletzungen im indischen Bundesstaat Orissa beschäftigt, muss nach den Gepflogenheiten des Hauses schriftlich beantwortet werden. Die Frage 6 des Kollegen Omid Nouripour wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Frage 7 des Kollegen Ernst-Reinhard Beck wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dagmar Wöhrl bereit. Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Christian Lange auf: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Hält es die Bundesregierung für möglich, dass die Angaben über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2005 ({0}) auf einer fehlerhaften Datenbasis basieren und somit auch die Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlüsse falsch sein könnten, bzw. wie sonst erklärt sich die Bundesregierung die gravierende Veränderung der Datenbasis zwischen dem Berichtsjahr 2003 ({1}) und dem Berichtsjahr 2005, nachdem in Deutschland im Berichtsjahr 2003 mindestens 514 454 Konzerne und sonstige Unternehmensgruppen existiert haben, denen 173 645 mehrheitlich kontrollierte Unternehmen angehören ({2}), und im Berichtsjahr 2005 nur von 117 793 Konzernen und sonstigen Unternehmensgruppen mit 195 502 Unternehmen ausgegangen wird ({3})?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Die Frage betrifft einen vermuteten Qualitätsabfall bei der Berichterstattung der Monopolkommission in den letzten beiden Jahren. Die Angaben über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration entsprechen jedoch dem aktuellen Kenntnisstand der Monopolkommission und der amtlichen Statistik. Eine grundsätzliche Veränderung der Datenbasis zwischen dem XVI. Hauptgutachten der Monopolkommission, das sich auf das Berichtsjahr 2003 bezieht, und dem XVII. Hauptgutachten der Monopolkommission, das sich auf das Berichtsjahr 2005 bezieht, ist nicht gegeben. Tatsächlich hat es einen konzeptionellen und methodischen Wechsel in der Konzentrationsberichterstattung gegeben, den die Monopolkommission im XVII. Hauptgutachten ausführlich erläutert hat. Mit dem Umstieg auf das Unternehmensregister der amtlichen Statistik konnte auf diese Weise erstmals eine umfassende Berichterstattung über nahezu alle Wirtschaftsbereiche erfolgen. Es wurden nunmehr Unternehmen aus nahezu allen Wirtschaftsbereichen in Deutschland mit einem steuerbaren Umsatz von mindestens 17 500 Euro und mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erfasst, also bei weitem mehr als früher. Gleichzeitig konnte erreicht werden, dass in der Berichterstattung über den Konzentrationsstand der deutschen Wirtschaft die wirtschaftlich aktiven und damit konzentrationsrelevanten Unternehmen berücksichtigt werden. Im XVI. Hauptgutachten musste die Monopolkommission für Aussagen über Unternehmensgruppen noch auf die Datenbasis privater Anbieter zurückgreifen, die auch Angaben zu wirtschaftlich nicht aktiven Einheiten enthält.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, entnehme ich Ihren Worten zu Recht, dass die aufgezeigten Daten von 2003 auf 2005, also die Veränderung von 173 645 Unternehmensgruppen auf nur noch 40 459, trotz der Umstellung, auf die Sie verwiesen haben, eine Konzentrationsbewegung zeigen, die sich in der deutschen Wirtschaft sozusagen jenseits der Öffentlichkeit vollzogen hat, oder - um noch einmal nachzufragen - hat dies mit der Umstellung der Datenbasis zu tun?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Das hat etwas mit der Umstellung der Datenbasis zu tun. Ursprünglich stammten die Bestände aus zwei privaten Datenquellen, nämlich von VVC und BvD. Die Angaben im XVII. Hauptgutachten zum Berichtsjahr 2005 stammten allerdings aus den Konzentrationsdatenbanken des Statistischen Bundesamtes, die auf dem Unternehmensregister der amtlichen Statistik basieren, in der das wirtschaftliche Gewicht der Unternehmen wiedergegeben wird; die entsprechenden Kriterien - einen Unternehmenswert in Höhe von mindestens 17 500 Euro und/oder zumindest einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten - habe ich bereits erwähnt. Es bestand der Wunsch, dass man die Datenbasis umstellt. Die neuen Zahlen haben sich aus dem damaligen Bericht ergeben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatssekretärin, heißt das, dass weder das XVI. noch das XVII. Gutachten in der Sache richtig war, und hat dies Konsequenzen für die sachliche Auswertung? Da Sie gerade noch einmal die Datenbasis erläutert haben, stellt sich die Frage, ob dies für die inhaltliche Bewertung Konsequenzen hat. Da die Datenbasis in beiden Gutachten eklatant unterschiedlich ist, drängt sich geradezu die Frage auf, ob der Konzentrationsprozess entweder im XVI. oder im XVII. Hauptgutachten falsch bewertet wurde.

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Er ist nicht falsch bewertet worden. Es ist eine andere Basis zugrunde gelegt worden. Im Gutachten wurde ausdrücklich erwähnt, wie sich die Basis zusammensetzt. Dem Gutachten ist also zu entnehmen, dass keine Vergleichbarkeit gegeben ist.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Christian Lange auf, die sich mit derselben Fragestellung beschäftigt: Hält die Bundesregierung die empirischen Ergebnisse im Konzentrationsbericht selbst, der von lediglich 118 168 Konzernen und Unternehmensgruppen mit 40 459 Unternehmen ausgeht ({0}), was einen Wegfall von über 75 Prozent innerhalb von zwei Jahren bedeutet, für glaubwürdig?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Der in der Frage erwähnte „Wegfall von über 75 Prozent“ ist nach den Hauptgutachten der Monopolkommission nicht zutreffend. Die genannten Zahlen sind nicht korrekt wiedergegeben. Die Bezugsgröße für die Berechnung der Veränderungsrate ist unklar. Es wird unterstellt, dass der Wegfall von 75 Prozent durch Gegenüberstellung der Angabe von 117 793 Unternehmensgruppen aus dem XVII. Hauptgutachten zum Berichtsjahr 2005 und der Angabe von 514 454 Unternehmensgruppen mit zwei und mehr Unternehmen im integrierten Datenbestand von VVC und BvD aus dem XVI. Hauptgutachten zum Berichtsjahr 2003 berechnet wurde. Eine solche Gegenüberstellung ist jedoch nicht möglich. Während sich die erste Angabe auf einen Datenbestand zu wirtschaftlich relevanten Unternehmen bezieht, ist die zweite Angabe den einmalig verknüpften Datenbeständen zweier privater Datenanbieter entnommen - das habe ich vorhin schon ausgeführt -, bei denen die wirtschaftliche Relevanz der Unternehmen nicht gesichert ist. Daher sind die empirischen Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung auch glaubwürdig. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass bei der Berichterstattung nicht die Fallzahlen von Unternehmen und Unternehmensgruppen im Vordergrund stehen, sondern das wirtschaftliche Gewicht der Unternehmen unter Berücksichtigung ihrer Zugehörigkeit zu Unternehmensgruppen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Noch eine Zusatzfrage? - Sie verzichten. Die Fragen 10 und 11 des Kollegen Dr. Ilja Seifert werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 12 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl auf: Welche Personen in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, wussten bereits vor Juni 2008 von der radioaktiven Kontamination von Laugen - Lösungen in der Schachtanlage Asse II, und welche Entscheidung traf man in der BGR, wie mit der Kenntnis über die Kontamination umzugehen sei, die die BGR durch den GSF-Quartalsbericht 1/2006 über die „Verfüllung des Tiefenaufschlusses“ - erhalten vom niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, LBEG, im Juni 2006 - erlangte? Frau Staatssekretärin, bitte.

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Vielen Dank. - Ich beantworte die Frage wie folgt: Im Rahmen von geowissenschaftlichen und geotechnischen Forschungsarbeiten zum mechanischen Verhalten von Salzgestein führt die BGR bereits seit vielen Jahren auf unterschiedlichen Strecken der Schachtanlage Asse II Versuche durch. Diese Versuche befassten sich ausschließlich mit gebirgsmechanischen und gesteinsphysikalischen Fragestellungen und dienten der Erprobung von Geräten sowie der Entwicklung von Methoden. Die Kontamination von Lösungen und andere im Hinblick auf den Strahlenschutz relevante Fragen waren nicht Gegenstand der Untersuchungen. Hierfür hat auch nicht die BGR, sondern haben der Betreiber und die atomrechtlichen Aufsichtsbehörden die Fachkompetenz. Auch im Rahmen der gutachterlichen Tätigkeit der BGR für das LBEG wurden auftragsgemäß ausschließlich gebirgsmechanische und seismologische Fragestellungen behandelt. Das zeitweise vor Ort tätige Personal der BGR wurde vom Asse-Betriebspersonal regelmäßig belehrt und unter anderem auch darauf hingewiesen, dass einzelne Bereiche der Schachtanlage aus betriebssicherheits- und strahlenschutzrelevanten Gründen nicht für Versuche und Begehungen zur Verfügung stehen. Eine genehmigungs- und strahlenschutzrechtliche Bewertung dieses Sachverhalts konnte von den BGR-Mitarbeitern aus drei Gründen nicht vorgenommen werden: Erstens. Die Beurteilung dieses Sachverhaltes gehörte nicht zu ihren Aufgaben. Zweitens. Die BGR-Mitarbeiter verfügten über keine strahlenschutztechnische Kompetenz. Drittens. Der gesamte Sachverhalt war nicht bekannt und musste von der BGR auch nicht geklärt werden. Der erwähnte GSF-Quartalsbericht 1/2006 ist vom LBEG im Juni 2006 der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und auch der BGR übersandt worden. Darin wurden unter anderem kontaminierte betriebliche Lösungen in der Schachtanlage Asse II erwähnt. Aus Sicht der BGR war der Quartalsbericht nur hinsichtlich ihrer Forschungsarbeiten und ihrer gutachterlichen Tätigkeit auszuwerten. Dazu gehören nicht strahlenschutzrechtliche Befunde. Die BGR konnte gemäß den Zuständigkeiten davon ausgehen, dass sich die niedersächsischen atomrechtlichen Überwachungsbehörden NMU und LBEG mit strahlenschutzrechtlichen Fragen befassen. Eine Berichtspflicht seitens der BGR gegenüber dem BMWi bestand vor diesem Hintergrund hinsichtlich strahlenschutzrechtlicher Belange nicht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin Wöhrl, jetzt muss ich meine erste Zusatzfrage leider für etwas verwenden, von dem ich dachte, dass es klar ist. Ich entnehme Ihrer Antwort, dass die BGR der Ansicht war, dass ein Wissen, eine Kenntnisnahme oder ein Informiertwerden über kontaminierte Laugen in der Asse keinerlei Anlass sind, diese Kenntnis an irgendwen weiterzugeben. Habe ich Sie so richtig verstanden?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Nein, so haben Sie mich nicht richtig verstanden. Ich habe gesagt, dass die BGR eine gutachterliche Tätigkeit für das LBEG ausgeübt hat und im Auftrag des BMBF und der Europäischen Kommission mit Forschungsarbeiten befasst war. Die Auswertung, die sich daraus ergeben hat, ist nicht aufgrund strahlenschutzrechtlicher Belange erfolgt, sondern nur für den Bereich, für den sie zuständig gewesen sind. Es ist nicht ihre Aufgabe, und sie hat nicht die Kompetenz, eine solche Auswertung vorzunehmen.

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin, muss ich tatsächlich meine beiden Zusatzfragen darauf verwenden, klarzumachen, worauf sich meine schriftliche Frage eigentlich bezog?

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ja, das müssen Sie wohl.

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe nicht nach einer Bewertung gefragt, sondern danach, wer davon Kenntnis hatte und wer das weiter zur Kenntnis bekommen hatte. Meine Frage bezog sich überhaupt nicht darauf, ob die BGR das bewertet hat.

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Ich habe vorhin erwähnt, dass der besagte GSF-Quartalsbericht im Juni 2006 der Gesellschaft für Anlagenund Reaktorsicherheit, dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und auch der BGR übersandt worden ist. Das war im Juni 2006.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine Zusatzfrage des Kollegen Hofreiter.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist das so zu verstehen, dass es - da die BGR nicht die Aufgabe hat, sich um kontaminierte Lauge in der Asse zu kümmern - letztendlich niemand im Wirtschaftsministerium zur Kenntnis bekam?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Darauf gehe ich in meiner Antwort auf die zweite Frage der Abgeordneten Kotting-Uhl ein, die gleich folgt. Soll ich die zweite Frage jetzt beantworten, Frau Präsidentin?

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hofreiter, sind Sie damit einverstanden, dass Ihre Frage durch die Antwort auf die zweite Frage der Kollegin Kotting-Uhl beantwortet wird? - Gut, dann rufe ich die Frage 13 der Kollegin Kotting-Uhl auf: Wann wurde das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, BMWi, erstmals über die radioaktive Kontamination von Laugen - Lösungen - in der Schachtanlage Asse II informiert - insbesondere durch die BGR -, und welche Entscheidung traf man im BMWi, wie mit dieser Information umzugehen sei?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Das ist dieselbe Frage, die auch der Kollege Hofreiter eben gestellt hat. Das Vorkommen von radioaktiv kontaminierten Laugen in der Schachtanlage Asse II wurde dem BMWi erstmals im Juni 2008 durch Presseartikel bekannt. Das BMWi besitzt weder für die Schachtanlage Asse II noch bei den aufgeworfenen strahlenschutzrechtlichen Fragestellungen eine unmittelbare Zuständigkeit. Daher beschränkte sich das BMWi darauf, das Reagieren der federführend zuständigen Bundesressorts - BMBF und BMU - sowie des Landes Niedersachsen zur Kenntnis zu nehmen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage.

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, ich erlaube mir erst einmal einen kleinen Kommentar. Wenn der Kommunikationsfluss zwischen den Ministerien immer so ist, dann wundert mich manches nicht. Aber jetzt zu meiner Zusatzfrage. Ich finde es schon ziemlich ungeheuerlich, dass eine nachgeordnete Behörde des Wirtschaftsministeriums wichtige Informationen zu radioaktiver Kontamination im Bergwerk Asse erhält, das Ministerium davon aber nichts erfährt. Vielleicht kann man daraus schließen, dass die BGR noch weitere brisante Informationen zu Asse oder auch zu Gorleben hat, wozu des Öfteren Sie sich geäußert haben, von denen niemand etwas erfährt. Ich habe deshalb die Nachfrage: Wer ist im Wirtschaftsministerium für den Informationsfluss aus der BGR verantwortlich, und überprüft die Bundesregierung - nachdem sie jetzt weiß, dass diese Informationen, die doch relativ relevant sind, nicht weitergegeben wurden -, ob personelle Konsequenzen zu ziehen sind?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Es sind hier keine personellen Konsequenzen zu ziehen, weil - wie ich Ihnen schon dargestellt habe - die BGR ihren Zuständigkeiten entsprechend völlig richtig gehandelt hat. Sie war nicht verpflichtet, hier dementsprechend tätig zu werden. Tätig werden müssen hätten ausschließlich die niedersächsischen atomrechtlichen Überwachungsbehörden, nämlich NMU und LBEG, die mit den strahlenschutzrechtlichen Fragen befasst sind.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Sylvia Kotting-Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003792, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass Lauge in das Bergwerk Asse eindringt. Außerdem haben Geologen und Ingenieure, die vor Ort sehr bekannt sind, wie HansHelge Jürgens, schon vor Jahrzehnten vor dem Risiko gewarnt, dass es eines Tages kontaminierte Lauge im Bergwerk Asse geben könnte; diese hat es offensichtlich auch schon vor den Warnungen des Herrn Jürgens gegeben. Deshalb meine Frage: Hat das Wirtschaftsministerium diese Warnungen nicht ernst genug genommen, um die BGR mit einer genauen Untersuchung dieses Risikos zu beauftragen?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Frau Kollegin, soweit mir bekannt ist, ist das endgültige Schließungskonzept für die Asse II viele Jahre lang vorbereitet worden. Forschungsarbeiten in der Asse waren noch bis, glaube ich - ich möchte mich jetzt nicht festlegen; aber ich gebe es Ihnen gerne schriftlich -, zum Jahre 1995 möglich. Meines Wissens wurden bis 2004 die alten Abbauhohlräume mit Rückständen verfüllt. Die Umsetzung des Schließungskonzepts sollte bis zum Jahre 2014 abgeschlossen sein. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Kurth.

Undine Kurth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003579, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, ich hoffe immer noch, dass ich etwas falsch verstanden habe. Deshalb frage ich noch einmal nach: Habe ich es richtig verstanden, dass in der BGR durch den Quartalsbericht bekannt war, dass man es in der Asse mit kontaminierter Lauge zu tun hat, dass man dies aber, weil man nicht für die Bewertung dieser Situation zuständig war, nicht entsprechend weitergemeldet hat? Mich erinnert das an die Situation: Es brennt. Aber da ich nicht dafür zuständig bin zu melden, dass es brennt, gucke ich mir den Brand an.

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Da die BGR vom Forschungsministerium beauftragt gewesen ist, weiß ich nicht, was die BGR im Rahmen dieses Auftrages an das BMBF weitergegeben hat. Das entzieht sich meinem Wissensstand. Sie wissen, dass die Zuständigkeit für die Asse II ab 1. Januar 2009 vom BMBF auf das BMU übergeht. Da der Auftrag, hier gutachterlich tätig zu werden, vom BMBF ausging, kann ich Ihnen nicht sagen, inwiefern hier Nachrichten weitergegeben worden sind oder nicht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort zu einer weiteren Zwischenfrage hat der Kollege Steenblock.

Rainder Steenblock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002806, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, mittlerweile schreit das Antwortverhalten der Bundesregierung an dieser Stelle fast nach einem Untersuchungsausschuss. Aber ich frage noch einmal konkret nach. Ich kann ja verstehen, dass Sie sagen, die nachgeordnete Stelle Ihres Ministeriums war dafür nicht zuständig und ging davon aus, dass andere, zuständige Behörden reagieren würden. Nun ist die Kontamination in diesem Bereich der Asse ziemlich dramatisch; das haben wir in diesem Jahr bemerkt. Der Ihrem Ministerium nachgeordnete Bereich hat aufgrund fehlender Zuständigkeit nicht sofort reagiert, wusste aber, dass wochenlang, monatelang, jahrelang nichts passierte, obwohl eine Kontamination in der Asse stattfindet. Aufgrund dieses Wissens hätte man sich doch verantwortlich fühlen und das Ministerium informieren müssen. Das ist aber nicht geschehen; das haben Sie heute gesagt. Zieht Ihr Ministerium aus dieser völlig unbefriedigenden Zuständigkeit und diesem Verhalten der Verantwortlichen, die ihr Wissen nicht weitergegeben haben, die Konsequenz, dass Umstrukturierungen zumindest im Informationsfluss notwendig sind, aber auch im Hinblick auf die Art und Weise, wie Beamte ihre Verantwortung wahrnehmen?

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Ich wiederhole noch einmal: Das Wirtschaftsministerium hat davon im Juni 2008 Kenntnis erlangt. Eine Berichtspflicht seitens der BGR gegenüber meinem Ministerium bestand vor dem Hintergrund strahlenschutzrechtlicher Belange nicht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Hofreiter, bitte.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Um sich das praktisch vorzustellen: Da wird ein Bericht, in dem extrem alarmierende Sachen stehen, an die BGR geschickt, und man ignoriert ihn über Jahre. Lesen die die Berichte nicht? Wo liegt die Ursache? Ich war in verschiedenen Bereichen tätig und kann nur sagen: Wenn ich eine Information bekommen habe, für die ich persönlich zwar nicht zuständig war, die aber mehr als alarmierend war, dann habe ich nicht gesagt: „Egal, ich bin nicht zuständig“, und habe den Bericht weggeschmissen, sondern ich habe - so heißt es in formalem Deutsch - Amtshilfe geleistet und den Betroffenen informiert. Wie kann ich mir das nun in diesem Fall vorstellen? Haben die den Bericht gelesen und gedacht: „Oh Scheiße! Den legen wir in die unterste Schublade“, und das war es dann? Ich möchte mir das als normaler, einfacher Abgeordneter vorstellen können.

Dagmar G. Wöhrl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002829

Sie kennen den Aufgabenbereich der BGR. Sie befasst sich mit gebirgsmechanischen und seismologischen Fragen. Das Gutachten wurde von der BGR hinsichtlich ihrer Fragen ausgewertet. Sie hat ihre Aufgaben in diesem Bereich erfüllt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hofreiter, ich bitte Sie, Worte zu verwenden, die dem parlamentarischen Sprachgebrauch entsprechen. Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen, Frau Staatssekretärin. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Fragen beantwortet Herr Parlamentarischer Staatssekretär Klaus Brandner. Ich rufe die Frage 14 der Kollegin Elke Reinke auf: Inwiefern erachtet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Inanspruchnahme des Vermittlungsbudgets im Rahmen des am 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Gesetzes zur Neu20662 Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner ausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, das Änderungen im Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch, SGB II und SGB III, nach sich zieht, allein im Ermessen des Vermittlers liegt und kein Rechtsanspruch darauf besteht, als zielführend, und auf welche Weise werden dadurch die ersetzten bisherigen Instrumente - unter anderem freie Förderung, Bewerbungskosten, Mobilitätshilfen - aufgefangen? Herr Staatssekretär, bitte.

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Danke sehr, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin Reinke, das Vermittlungsbudget führt die bisherigen, detailliert geregelten Einzelleistungen zu einem einfachen, flexiblen und bedarfsgerechten Instrument zusammen. Zusätzlich eröffnet es darüber hinausgehende Spielräume. Die Bundesregierung ist der festen Überzeugung, dass eine leistungsstarke öffentliche Arbeitsvermittlung den Vermittlungskräften Freiräume bieten muss, um Ausbildung- und Arbeitsuchende individuell und bedarfsgerecht unterstützen zu können. Das Vermittlungsbudget ermöglicht genau das, nämlich unterschiedliche Vermittlungshemmnisse zielgerichtet und bedarfsorientiert zu beseitigen. Das bedeutet: Alle Leistungen, die im Rahmen der derzeit geltenden Regelung erbracht werden, können weiterhin gewährt werden. Darüber hinaus ist jede weitere Unterstützung bei der Anbahnung und der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung möglich, wenn sie für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Auch bisher liegt die Gewährung von Leistungen wie die Erstattung von Bewerbungskosten oder Mobilitätshilfen im Ermessen der Vermittlungsfachkraft. Ein Rechtsanspruch darauf besteht nicht. Über die Notwendigkeit und den am jeweiligen individuellen Bedarf orientierten Umfang der Unterstützung sollen gerade die Vermittlungsfachkräfte oder die Fallmanager vor Ort entscheiden und nicht der Gesetzgeber oder die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit. Deshalb ist das neue Vermittlungsbudget, wie im Übrigen fast alle Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, als Ermessensleistung ausgestattet. Der Zuwachs an Flexibilität bei der vermittlerischen Betreuung berücksichtigt im Übrigen die hohe fachliche Qualifikation der Vermittler. Sie sind in der Lage, sachkundige Einzelfallentscheidungen mit Blick auf die jeweils spezifischen Bedarfe der Arbeitslosen zu treffen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Elke Reinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003829, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Bedeutet das jetzt, dass die Betroffenen zukünftig nicht mehr erfahren, zu welchen konkreten Leistungen sie Zugang haben?

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Selbstverständlich regeln das SGB II und das SGB III einen umfangreichen Maßnahmenkatalog. Die Frage des Einsatzes der Maßnahme selbst ist Aufgabe des Fallmanagers, die er im Zusammenhang mit der Beratung des Einzelnen und in Kenntnis der jeweiligen Defizite des zu Vermittelnden erfüllt. Um genau ihn zu unterstützen, in Arbeit zu kommen, oder um eine Arbeitsaufnahme zu fördern, steht ein ganzer Strauß von Möglichkeiten zur Verfügung, über die der jeweilige Fallmanager im Rahmen seines Budgets entscheiden kann.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Elke Reinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003829, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Das bedeutet also, dass der Fallmanager oder die Fallmanagerin Kenntnis hat. Das ist okay, und das soll so sein. Aber die Transparenz sollte hergestellt werden, damit auch die Betroffenen wissen, was ihnen zusteht und welche Möglichkeiten sie haben. Diese sollten nicht in die Rolle des Bittstellers geraten. Das kann nicht Ziel und Zweck der Übung sein. Außerdem bezweifle ich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schon zurzeit oftmals wegen ihrer Qualifikation überfordert sind und es zahlenmäßig nicht schaffen, zukünftig dann mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zurechtkommen. Vielleicht erteilen Sie eine Auskunft dazu, wie die Fortbildung und die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft gestaltet werden.

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Frau Kollegin Reinke, Sie wissen, dass sowohl an der Fortbildung und der Qualifikation der Mitarbeiter als auch am Umfang der Zahl der Mitarbeiter regelmäßig gearbeitet wird. Sie wissen, dass wir gerade darüber beraten, ob erneut weitere Stellen ausgewiesen werden können. Im Kern geht es darum, dass das politische Ziel der Bundesregierung, einen entsprechenden Schlüssel für die Vermittlung zu erreichen, zielgerichtet verfolgt wird. Aber klar ist auch, da Sie die Transparenz ansprechen, dass in der Eingliederungsvereinbarung konkret festgelegt wird, welche Maßnahmen zwischen dem Arbeitslosen und dem Fallmanager besprochen werden, womit Transparenz über die einzelnen Schritte und die einzelnen Verantwortlichkeiten sichergestellt wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Elke Reinke auf: Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung aufgrund des Urteils des Hessischen Landessozialgerichts ({0}), nach dem die Hartz-IV-Regelsätze nicht ausreichen, um das soziokulturelle Existenzminimum abzudecken, und folglich gegen das Grundgesetz verstoßen, und wird die Bundesregierung den zahlreichen von Sozialverbänden und Wissenschaftsinstituten vorgelegten Expertisen folgen, die einen deutlich höheren als im Zuge des Siebenten Existenzminimumberichts vorgesehenen Eckregelsatz - zum Beispiel 440 Euro - für zwingend notwendig - falls nein, bitte begründen - erachten? Herr Staatssekretär, bitte.

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Frau Kollegin Reinke, das Hessische Landessozialgericht hält laut Pressemitteilung vom 29. Oktober 2008 in dem Verfahren Az. L6 AS 336/07 eine Vorschrift für verfassungswidrig, nach der die Regelleistung für Kinder, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, auf 60 Prozent der maßgebenden Regelleistung für eine alleinstehende Person festgesetzt ist. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat für die Bundesregierung an dem Verfahren teilgenommen. Ein Protokoll der Sitzung vom 29. Oktober 2008 liegt derzeit ebenso wenig vor wie die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass allein aufgrund des Gerichtsverfahrens derzeit kein Handlungsbedarf besteht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Elke Reinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003829, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank. - Vielleicht können Sie mir die Frage beantworten, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn die Bundesregierung die Erhöhung des Regelsatzes zukünftig an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten festmachen würde und nicht mehr wie jetzt am Rentenwert.

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Die Bundesregierung prüft zurzeit Verfahren, wie anhand der jeweiligen Bedarfsermittlung auch ein kinderspezifischer Regelsatz ermittelt werden könnte. Zurzeit ist es so, dass wir abgeleitete Regelsätze haben. Sie sind in der Rechtsprechung - zumindest auf der Ebene der höchstrichterlichen Rechtsprechung - bis jetzt nicht beanstandet worden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage.

Elke Reinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003829, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Sie haben gesagt: Wir überprüfen gerade die Höhe der kinderspezifischen Regelsätze. Auch in der Ausschusssitzung vorhin wurden nur allgemeine Ausführungen gemacht. Können Sie mir vielleicht einen Zeitrahmen nennen, in dem wir mit Ergebnissen rechnen können? Können Sie mir sagen, welche Vorstellungen bei Ihnen vorherrschen? In welche Richtung wird es gehen? Wie wird die ungefähre Höhe sein?

Klaus Brandner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003053

Selbstverständlich werden wir die Ergebnisse abwarten müssen, die durch das Statistische Bundesamt und durch eine entsprechende Bedarfssetzung erzielt werden. Diesen Ergebnissen können und wollen wir nicht vorgreifen. Sie sollten jedenfalls sicher sein, dass an diesem Vorhaben sehr konkret und zeitnah gearbeitet wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die Frage 16 der Kollegin Sabine Zimmermann wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereiches. Vielen Dank, Herr Brandner, für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf. Die Fragen 17 und 18 der Kollegin Dr. Kirsten Tackmann werden schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 19 der Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf. Die Fragen beantwortet Herr Parlamentarischer Staatssekretär Achim Großmann. Die Frage 20 der Kollegin Veronika Bellmann wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 21 der Kollegin Veronika Bellmann. Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter auf: Wie sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Gewinne der DB Mobility Logistics AG verwendet werden, nachdem der Börsengang abgesagt wurde und damit Gewinne der DB Mobility Logistics AG nicht an Dritte ausgeschüttet werden müssen, und inwieweit hält die Bundesregierung die Verwendung der Gewinne der DB Mobility Logistics AG für weitere Zukäufe im Logistikbereich für sinnvoll?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Hofreiter, in Übereinstimmung mit § 5.2 des Beteiligungsvertrages wird zwischen der Deutschen Bahn AG und der DB Mobility Logistics AG bis zur Beteiligung außenstehender Aktionäre ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestehen. Somit fließen Gewinne der DB Mobility Logistics AG an die Deutsche Bahn AG. Wofür die Mittel verwendet werden, entscheiden Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung der Deutschen Bahn AG nach Maßgabe der aktienrechtlichen Regelungen. Wenn Sie wünschen, kann ich Ihnen gern den entsprechenden Passus aus dem Beteiligungsvertrag vorlesen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ist daran gedacht, dass der Bund als Alleineigentümer auf die DB AG Einfluss nimmt? Das Geld, das durch die Privatisierung eingenommen und in die Infrastruktur investiert werden sollte, fließt nämlich nun in Form von Gewinnausschüttungen an den Bund und könnte so zur Finanzierung der ursprünglich geplanten Maßnahmen verwandt werden. Plant der Bund in seiner Eigenschaft als Alleineigentümer, solche Maßnahmen bei der Gesellschafterversammlung oder über den Aufsichtsrat durchzusetzen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege, ich glaube, es macht Sinn, dass wir die Prüfung des Jahresabschlusses 2008 abwarten. Das geschieht gemeinhin zwischen Mitte März und Mitte April. Dann kennt man das Ergebnis, und dann sind die Gremien, die ich gerade genannt habe, gefordert, eine Entscheidung zu treffen. Bis dahin sollte man sich diesen Überlegungen nicht hingeben. Es gibt Wichtigeres zu tun.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Aussage „Es gibt Wichtigeres zu tun“ ist in diesem Zusammenhang sicher richtig, verblüfft aber trotzdem: Zuerst hieß es, dass der Börsengang das Wichtigste überhaupt ist, weil wir die Einnahmen daraus für die Infrastruktur brauchen. Jetzt heißt es: Es gibt Wichtigeres zu tun, als sich zu überlegen, wie man die Infrastruktur mithilfe der Gewinne der DB AG verbessern kann. Das ist meiner Meinung nach völlig unverständlich. Können Sie diesen Widerspruch aufklären?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Diesen Widerspruch kann ich aufklären. In beiden Fällen, die Sie geschildert haben, sind die entsprechenden Einnahmen noch nicht vorhanden. Weder hat ein Börsengang stattgefunden, noch wissen wir, ob und in welcher Höhe wir Gewinne zu gewärtigen haben. Da sind wir zwar froher Hoffnung - die Abschlüsse der ersten drei Quartale waren gut -; trotzdem sollten wir uns mit dieser Frage erst beschäftigen, wenn wir wissen, um welche konkreten Summen es geht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Dann rufe ich die Frage 23 des Kollegen Hofreiter auf: Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung des Logistikmarktes insbesondere vor dem Hintergrund des Scheiterns des Amerika-Engagements der Deutschen Post AG ein, und wie beurteilt die Bundesregierung das Engagement der bundeseigenen Deutschen Bahn AG auf dem Logistikmarkt? Herr Staatssekretär, bitte.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Dr. Hofreiter, die im Zuge der Globalisierung zunehmende globale Arbeitsteilung bei der Produktion von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen, die vermehrte Auslagerung von Leistungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, also das sogenannte Outsourcing, sowie die fortschreitende Liberalisierung des weltweiten Handels haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Zunahme der weltweiten Transportströme geführt und damit auch die Nachfrage nach Transport- und Logistikleistungen erhöht. Es handelt sich hierbei um wesentliche strukturelle Veränderungen, die trotz konjunktureller Abschwünge zu einer weiterhin wachsenden Bedeutung und damit grundsätzlich positiven Entwicklung des Logistikmarktes führen. Vor diesem Hintergrund ist für die Deutsche Bahn AG ein Engagement auf dem weltweiten Logistikmarkt von vitalem Interesse, nicht zuletzt deshalb, weil die verladende Wirtschaft - damit meine ich die Industrie und die Spediteure - mehr und mehr verkehrsträgerübergreifende Transportlösungen aus einer Hand verlangt. Von der Entscheidung der Deutschen Post AG, sich vom nationalen US-Expressmarkt zurückzuziehen, ist das bestehende Engagement im Logistikbereich nicht betroffen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass es eine sinnvolle Aufgabe für den deutschen Steuerzahler, dessen Geld in der DB Mobility Logistics AG und anderen Unternehmen steckt - das alles ist zu 100 Prozent in öffentlichem Eigentum -, bzw. den deutschen Staat ist, die Risiken des internationalen Logistikmarkts zu übernehmen? Mir als einfachem Abgeordneten, wie Herr Königshofen heute gesagt hat, leuchtet nicht ein, dass der deutsche Staat in den USA Luftfrachtlogistik betreiben muss. Können Sie wirklich ernsthaft vertreten, dass das eine Aufgabe des deutschen Staates ist?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Dr. Hofreiter, ich erinnere mich spontan an ungefähr hundert Gelegenheiten, bei denen wir dieselbe Frage diskutiert haben. Ich werde nicht müde, Ihnen immer wieder zu erklären, dass ein Unternehmen, das den Schienengüterverkehr organisieren muss, sich auf Entwicklungen im Logistikmarkt einstellen muss. Es ist nicht nur die Auffassung der Bundesregierung, sondern eine Auffassung, die man landauf, landab hört, dass es positiv ist, Logistikketten zu organisieren, um dann in dem jeweiligen Land auch der Transporteur zu sein. In den letzten Jahren haben defizitäre Bahntöchter wie DB Netz und DB Station & Service davon profitiert - wir haben immer wieder darauf hingewiesen -, dass es auch starke DB-Töchter gab. Die haben nämlich Gewinne eingefahren, die man den anderen Infrastrukturtöchtern zur Verfügung stellen konnte. Ich glaube, dieses Geschäft hat sich für den deutschen Steuerzahler bisher sehr gelohnt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Anton Hofreiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003772, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich habe nicht danach gefragt, wie sich ein Logistikunternehmen sinnvoll international aufstellt, sondern danach, ob Sie es für eine Aufgabe des deutschen Staates halten, das international zu organisieren. Es gibt weitere Beispiele. Die Spezialtransporte für die Minen in Australien zum Beispiel werden von der DB AG - zu 100 Prozent im Eigentum des deutschen Staates - organisiert. Meine Frage ist: Sehen Sie das als eine Aufgabe des deutschen Staates an?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Dann will ich noch etwas präziser antworten als eben. Die Deutsche Bahn ist aktienrechtlich privatwirtschaftlich organisiert. Zu ihrem Kerngeschäft gehört der Transport von Gütern. Dieser Transport von Gütern entwickelt sich im internationalen Bereich in Logistikketten. Es macht auch Sinn - ich habe eben schon darauf hingewiesen -, in diesem Geschäftsfeld präsent zu sein, weil sonst Wettbewerber, die nach der Liberalisierung im Schienengüterverkehr in Deutschland fahren dürfen, die Gewinne vereinnahmen, die uns und damit dem deutschen Steuerzahler in den letzten Jahren insofern zugute gekommen sind, als wir damit Defizite bei den Infrastrukturunternehmen ausgleichen konnten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die Fragen 24 und 25 der Kollegin Elisabeth Scharfenberg werden schriftlich beantwortet. Ich rufe nun die Frage 26 des Kollegen Lutz Heilmann auf: Wie viele Eisenbahnkreuzungen mit Straßen in kommunaler Baulast befinden sich an der Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden, die laut dem deutsch-dänischen Staatsvertrag über den Bau einer festen FehmarnbeltQuerung „spätestens sieben Jahre nach der Eröffnung“ der festen Fehmarnbelt-Querung von einer ein- zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke ausgebaut werden soll?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte gerne mit Ihrer Erlaubnis diese und die nächste Frage wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten. Dem Fragesteller geht dadurch ja keine Zusatzfrage verloren.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Dann rufe ich auch die Frage 27 auf: Würde die laut dem deutsch-dänischen Staatsvertrag über den Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung „spätestens bis zur Eröffnung“ der festen Fehmarnbelt-Querung vorgesehene Elektrifizierung der teils zwei-, teils eingleisigen Schienenstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden die Anwendung von § 13 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes zur Folge haben, und, wenn ja, wie viele Straßen in kommunaler Baulast wären davon betroffen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Kollege Heilmann, Deutschland hat sich im Staatsvertrag über den Bau einer festen FehmarnbeltQuerung vom 3. September 2008 zum Ausbau der Hinterlandanbindungen verpflichtet. Die vertragsgemäße Anbindung der festen Fehmarnbelt-Querung für Straße und Schiene auf deutscher Seite von Lübeck bis Puttgarden wird bis dahin realisiert. Bis zur Eröffnung der festen Fehmarnbelt-Querung soll die vorhandene eingleisige Schienenstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden elektrifiziert werden. Darüber hinaus soll sieben Jahre nach Eröffnung der festen Fehmarnbelt-Querung der Ausbau der Schiene zwischen Lübeck und Puttgarden zu einer zweigleisigen Strecke abgeschlossen sein. Die Fehmarnsundbrücke bleibt eingleisig. Die DB Netz AG hat im Juni 2008 mit der Vorentwurfsplanung für die Schienenanbindung begonnen, die eine Vorzugsvariante für diesen Ausbau und entstehende Kosten ermitteln soll. Ergebnisse werden im Verlauf des Jahres 2009 vorliegen. Bis dahin können wegen möglicher Trassenveränderungen keine Aussagen bezüglich der Anzahl von Eisenbahnkreuzungen in kommunaler Baulast bzw. der betroffenen Kommunalstraßen getroffen werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

So, Herr Kollege Heilmann, Ihre Zusatzfragen.

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Die habe ich selbstverständlich. - Ich danke zunächst für die Ausführungen. Ich möchte aber jetzt nachfragen, ob Sie nicht doch Zahlen haben. Es gibt ja den Umweltkonsultationsbericht Eine feste Fehmarnbeltquerung und die Umwelt von 2006. Dort steht auf Seite 16 im Absatz „Anlagenbedingte dauerhafte Auswirkungen“ unter dem Stichwort „Fremdenverkehr“: Alle 43 Bahnübergänge zwischen Lübeck und Puttgarden bleiben in Betrieb. Herr Staatssekretär, Sie haben das ja eben alles noch einmal sehr deutlich erklärt. Ihre Ausführungen stehen jedoch im Widerspruch zu dem genannten Umweltbericht. Nach diesem kann man ja davon ausgehen, dass es schon Zahlen gibt. Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass es, auch wenn es für Sie im Verkehrsministerium nicht sehr viel Geld ist, für kleine Kommunen in Ostholstein, die einen solchen Bahnübergang laut § 13 Eisenbahnkreuzungsgesetz ertüchtigen und dafür 10 000 Euro aufwenden müssen, schon eine Menge Geld ist. Deshalb frage ich hier noch einmal nach, um den Kommunen entsprechende Auskünfte geben zu können.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Es ist gut möglich, dass die von Ihnen zitierte Aussage aus dem Bericht und die Zahlenangabe stimmen. Trotzdem ist es so, dass man sich dann, wenn man in die konkrete Planung eines solchen Ausbauprojektes geht, erst einmal darüber verständigen muss - hier hat, wie gesagt, gerade die Vorplanung begonnen -, ob auf der bestehenden Trasse die geforderte Zweigleisigkeit hergestellt werden kann. Ich erinnere mich an andere Projekte - ich sitze zum Beispiel im Projektbeirat der zwischen Oberhausen und der holländischen Grenze verlaufenden Betuwe-Linie, wo es um den Bau eines dritten Gleises geht -, bei denen nicht automatisch klar war, dass das weitere Gleis immer neben der vorhandenen Trasse liegt: Es kann Radiusänderungen geben, das Gleis kann teilweise rechts oder links von der bestehenden Trasse liegen. Das heißt, im Rahmen der Konfiguration der Trasse wird es unter Umständen noch zu Änderungen kommen. Deshalb ist, wie ich glaube, die Aussage richtig, dass wir zum Zeitpunkt der beginnenden Vorplanung noch nicht sagen können, welche konkreten Auswirkungen dieses Bauvorhaben haben wird. Sie haben völlig recht: Das Eisenbahnkreuzungsgesetz nimmt auch die Kommunen mit in Haftung. Darin ist so geregelt, dass abhängig von der Art der Straßen und der anderen Verkehrsträger, die die Trassen kreuzen, Umlagen erhoben werden. Auch hier gibt es dann aber die Möglichkeit - das mögen die nächsten Jahre zeigen -, tragfähige Lösungen zu finden. Wieder einmal gespiegelt auf Nordrhein-Westfalen - ohne dass ich damit sagen will, dass diese Lösungen auch alle für SchleswigHolstein infrage kommen -, kann ich zum Beispiel sagen, dass die Mittel, die der Bund nach den Beschlüssen der ersten Föderalismuskommission aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz den Ländern zur Verfügung stellt, natürlich auch für die Beseitigung von Eisenbahnkreuzungen in Anspruch genommen werden können. Das heißt, den Kommunen kann ein Großteil der entstehenden Kosten auch mit Bundesgeld über die betroffenen Länder ersetzt werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich habe noch eine Nachfrage. - Ich habe vorhin aus dem Umweltkonsultationsbericht zitiert. Erst heute hatte ich ein Gespräch mit Vertretern, die sich sehr vehement für die Fehmarnbelt-Querung in Deutschland einsetzen. Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, in denen viel über Auswirkungen auf Umwelt, Wirtschaft und soziale Belange enthalten ist. Sie sagen, dieser Bericht sei zwar schön geschrieben und enthalte viele Punkte, aber es könne am Ende ganz anders kommen. Wir müssen also ganz neu über das Projekt nachdenken; denn Ihrer Antwort entnehme ich mehr oder weniger, dass vieles, was bisher geschrieben wurde, zwar Anhaltspunkte sein können, aber dennoch nach dem Motto „Papier ist geduldig“ verfasst wurden. Ist das so? Können Sie bestätigen, dass Sie mir keine definitive Aussage darüber geben können, wie viele Übergänge es gibt, bei denen Kommunen womöglich zahlen müssen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Heilmann, ich glaube, Sie verwechseln immer noch zwei Bewertungsgrundsätze. Die Aussage, die Sie zum zweiten Mal zitiert haben, besagt, dass es angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Bahntrasse befahren wird, nicht notwendig wäre, diese 43 Bahnübergänge aufzuheben. Ich habe gesagt, dass im Rahmen der Vorplanung unter Umständen Vorschläge dazu gemacht werden. Vielleicht kommen sie sogar von den Kommunen; denn viele Kommunen sind im Rahmen ihrer städtebaulichen Entwicklung mit der Bahn in Verhandlungen darüber, Bahnübergänge aufzulösen. In der Planung könnte, ausgelöst durch verschiedene am Verfahren Beteiligte, durchaus eine Situation entstehen, die mich veranlasst, diese Zahl zu korrigieren. Deshalb verweise ich noch einmal auf die Vorplanung. Ich glaube, die Zusammenführung der beiden völlig unterschiedlichen Bewertungsgrundsätze - das haben Sie gerade versucht - ist einfach nicht zulässig.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich möchte noch eine Klarstellung anfügen. Dieser Umweltkonsultationsbericht ist ja nicht von irgendwem herausgegeben worden. Er ist auf deutscher Seite vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und auf dänischer Seite vom Ministerium für Verkehr und Energie herausgegeben worden. Die Bundesregierung ist also daran beteiligt gewesen. Führen Sie jetzt konkrete Gespräche mit ostholsteinischen Kommunen, zum Beispiel mit den Städten Neustadt und Oldenburg, ob Bahnübergänge aufgelöst und stattdessen Brücken oder Tunnel gebaut werden können?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Da ich in den letzten beiden Antworten darauf hingewiesen habe, dass die Bahn gerade erst mit der Vorplanung begonnen hat, ist für jeden einsichtig, dass es derartige Gespräche noch gar nicht geben kann.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Die Parlamentarische Staatssekretärin Klug sitzt neben Ihnen auf der Regierungsbank. Der Umweltminister hat im Mai in Ostholstein auf einer Veranstaltung die Meinung geäußert, er halte die Fehmarnbelt-Querung - das ist nicht von mir; das hat der Bundesumweltminister so gesagt - für eine „bekloppte Idee“. Letzte Woche hatte die Frau Staatssekretärin Besuch aus Ostholstein, wenn ich es den Zeitungen richtig entnommen habe. Vor dem Hintergrund, dass hier offensichtlich Uneinigkeit in der Bundesregierung zwischen dem Bundesumweltministerium, das von einer „bekloppten Idee“ spricht, und Ihrem Ministerium - Herr Tiefensee hat sich in Elmshorn ganz anders geäußert - herrscht, möchte ich fragen, welche Auswirkungen diese Uneinigkeit auf das bevorstehende Ratifizierungsverfahren hat. Letzte Woche wurde uns der entsprechende Gesetzentwurf vorgelegt.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich gehe einmal davon aus, dass Sie dann von Uneinigkeit in der Bundesregierung sprechen können, wenn Herr Gabriel diese Äußerung am Kabinettstisch bei der Verabschiedung des Staatsvertrages wiederholt. Warten wir das doch einmal ab! Ich gehöre nicht zu der PolitiParl. Staatssekretär Achim Großmann kergeneration, die jede Äußerung eines Politikers kommentieren muss. Ich finde, man darf einem auch einmal etwas durchgehen lassen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 28 des Kollegen Rainder Steenblock auf: Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung trotz stark veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen und der Tatsache, dass bisher noch nicht feststeht, in welcher Form eine feste Querung über den Fehmarnbelt realisiert werden wird - Tunnel oder Brücke - und somit auch die ökologischen Auswirkungen des Projektes in keinster Weise bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden können, an dem Plan fest, das Bundeskabinett im Dezember 2008 über den Bau der Brücke entscheiden zu lassen?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Lieber Rainder Steenblock, für die Bundesregierung gibt es keinen Anlass, die Kabinettsbefassung zu verschieben. Im Vorfeld der Unterzeichnung des Staatsvertrages ist das Projekt sehr sorgfältig untersucht worden. Dies betrifft insbesondere die umweltbezogenen Fragen. Die Ergebnisse sind in den Entscheidungsprozess eingeflossen. In den nun folgenden Plan- und Genehmigungsverfahren sind unter anderem die ökologischen Auswirkungen vertieft zu untersuchen und abzuwägen, und es ist zu entscheiden, ob die Querung als Brücke oder als Tunnel realisiert werden soll. Dies ist das vorgegebene Verfahren. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über eine feste Fehmarnbelt-Querung ist festgelegt, dass das Königreich Dänemark die feste Fehmarnbelt-Querung errichten und betreiben wird und die Kosten trägt. Die Finanzierung und damit auch die Klärung der Frage, ob auf veränderte ökonomische Rahmenbedingungen zu reagieren ist, fällt insofern in die Zuständigkeit des Königreichs Dänemark.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Rainder Steenblock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002806, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ich würde Sie jetzt natürlich am liebsten fragen, welchen Minister Sie meinten, als Sie sagten, dass Sie manche Äußerung nicht so ernst nehmen; aber das tue ich nicht. Ich möchte auch vor dem Hintergrund dessen, dass Sie auf die Frage des Kollegen Heilmann geantwortet haben, dass man im Ministerium nicht so genau wisse, was da passiert, meine Frage stellen. Auf welcher Grundlage die Bundesregierung entscheidet, ist ihre Sache. Aber auch das Parlament muss im nächsten Jahr damit befasst werden. Deshalb muss man sehen: Die bisherige Fährverbindung ist im Augenblick nicht einmal zu 40 Prozent ausgelastet; das heißt, zurzeit sind nicht einmal 4 500 Fahrzeuge auf dieser Verbindung unterwegs. Eine norwegische Reederei hat angekündigt, eine zweite Fährverbindung aufzubauen, und zwar zu Preisen, die die Hälfte der bisherigen Transportpreise für Autos ausmachen. Sie wissen, dass man für die Beförderung über die feste Fehmarnbelt-Querung aufgrund der Kosten ganz andere Preise verlangen wird als für die bisherigen Fährverbindungen. Zudem ist in einer Bundestagsdrucksache nachzulesen, dass die Gefahr besteht, dass die Baupreise für die feste Fehmarnbelt-Querung sich um bis zu 100 Prozent erhöhen. Darüber hinaus steht in dem Staatsvertragsentwurf: Sollten die Voraussetzungen für das Projekt oder für Teile des Projekts sich deutlich anders entwickeln als angenommen … - das ist aus meiner Sicht zurzeit der Fall -, werden die Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern. Außerdem sind wir wahrscheinlich mit knapp 1 Milliarde Euro im Obligo, was die Hinterlandverbindung angeht. Halten Sie es vor dem Hintergrund, dass sich also gravierende Rahmenbedingungen verändert haben, wirklich für vernünftig, dass die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung anstrebt? Ist es nicht vielmehr notwendig, zunächst die Fragen, die die Kommunen betreffen, die die Umwelt betreffen - Sie haben selber gesagt, Sie wissen bislang nicht, ob ein Tunnel oder eine Brücke gebaut werden soll; eine Umweltverträglichkeitsprüfung gibt es auch noch nicht -, zu klären, bevor tatsächlich ein Staatsvertrag geschlossen wird?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Man muss sich einmal anschauen, wie ein solches Projekt entwickelt wird, Herr Steenblock. Wir schaffen für die feste Fehmarnbelt-Querung ja nicht ein völlig neues Verfahren, sondern wir tun das, was wir auch bei anderen kleinen, mittleren und großen Projekten tun: Wir entwickeln sie Schritt für Schritt. Zur ökonomischen Seite komme ich gleich. Fangen wir einmal mit der Entwicklung des Verfahrens an. Zunächst muss eine Grundsatzentscheidung vorliegen. Erst dann erfolgt die Planungsvertiefung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Dazu gehört für dieses Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Beteiligung der Öffentlichkeit; eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung gemäß EU, FFH- und Vogelschutzrichtlinie, ist erforderlich, sofern Schutzgebiete erheblich beeinträchtigt werden. Art. 13 des Staatsvertrages legt fest, dass eine Entscheidung über die Wahl der technischen Lösung für die feste Fehmarnbelt-Querung unter anderem auf Grundlage der UVP getroffen wird. Das heißt, erst wartet man ab, was bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen herauskommt, und dann wird die Entscheidung unter anderem über die Variante gefällt. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen: Die dänische Seite hat die Beauftragung qualifizierter technische Berater für den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung ausgeschrieben. Sie hat vier Beratergruppen, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, für eine Brückenlösung und drei für eine Tunnellösung berufen. Das sind internationale Kapazitäten, die dabei helfen sollen, dieses Problem zu lösen. Im Zusammenhang mit der ökonomischen Seite haben wir im Vorfeld mit unseren dänischen Freunden darüber gesprochen, welche Risikobehaftung dieses Projekt haben könnte. In der Risikoeinschätzung waren die Dänen mutiger und entschlossener als wir. Wir haben etwas mehr Risiken gesehen als die Dänen. Die Dänen haben viele Erfahrungen mit solchen Brücken und sagen uns: Selbst da, wo wir negativ gestartet sind, liegen die Zahlen inzwischen weit über denen, die zunächst in der Planung angesetzt worden sind. Deshalb haben wir uns im Staatsvertrag darauf geeinigt, dass die Kosten für den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung konsequent von den Dänen übernommen werden - und damit alle Risiken. Im Staatsvertrag ist festgelegt, dass die finanziellen Verpflichtungen der Bundesrepublik nur die deutschen Hinterlandanbindungen betreffen. Ich finde, wenn eine Seite sagt: „Wir sind in der Risikobewertung deutlich positiver eingestellt; wir beurteilen das Ganze so wirtschaftlich, dass wir das Risiko sogar komplett übernehmen wollen“, dann kann man uns nicht die Frage stellen, ob wir uns nicht mit den ökonomischen Auswirkungen beschäftigen sollten. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass diese nach wie vor eine Rolle spielen. Deshalb ist im Vertrag auch festgelegt, dass beide Seiten, wenn sich die Grundlagen deutlich verändern würden, eine Exitstrategie haben. So sehen Staatsverträge aus. Das ist erst ein Entwurf. Der Staatsvertrag muss ratifiziert werden. Wir haben alle Zeit, um uns in den nächsten Monaten im Parlament sehr ausgiebig mit diesen strittigen Fragen zu beschäftigen. Ich hoffe, dass es zu einer guten Lösung kommt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Steenblock, Sie können noch eine Zusatzfrage stellen.

Rainder Steenblock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002806, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, ist es aus Ihrer Sicht dem gesunden Menschenverstand nicht deutlich näher, dass man einen Staatsvertrag zum Bau einer Brücke - das ist ja der Inhalt des Staatsvertrages - nur dann schließt, wenn man weiß, was man will? Für die Planung aber - wie Planung funktioniert, weiß auch ich so in etwa - brauchen wir keinen Staatsvertrag. Das kann man weit unterhalb dieser Ebene handhaben und sagen: Wir schaffen erst einmal durch Untersuchungen Klarheit - da bin ich immer dabei -, was eigentlich gemacht werden muss und wie teuer es wird, und dann schließen wir einen Vertrag, um das Geplante zu bauen. Dann ist auch klar, wie viel jeder dazu beiträgt. Wir sind immerhin mit knapp 1 Milliarde Euro dabei. Es ist nicht so, dass die Dänen das ganze Risiko tragen. Vielmehr sind auch wir mit sehr viel Geld dabei. Deshalb noch einmal die Frage: Wäre die Reihenfolge der Entscheidungen andersherum nicht sinnvoller, nämlich dass man zunächst einmal alle notwendigen Untersuchungen durchführt, sodass man weiß, was auf einen zukommt, und dann über das konkrete Projekt einen

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Nein, da bin ich nach wie vor anderer Auffassung. Das gilt für kleine, mittlere und große Projekte. Es gibt einen vernünftigen Verfahrensablauf. Er ist vorgeschrieben. Sie werden eine Untersuchung im Hinblick auf die notwendige Tiefenschärfe, eine UVP, all das, was im Gesetz vorgeschrieben ist, unter der Beteiligung der öffentlichen Träger nicht in der gewünschten Qualität bekommen, wenn Sie diesen vorgesehenen Prozess nicht durchlaufen. Außerdem, Herr Steenblock, haben wir festgestellt, dass all das, was uns jetzt bewegt, sehr volatil ist. Wir haben in diesem Jahr schon sehr hohe und dann abstürzende Ölpreise erlebt. Dasselbe gilt für Stahl- und Baupreise. Auf dem Logistikmarkt wird gesagt: Natürlich spüren wir jetzt eine Delle. - Aber alle sagen uns: Das ist eine Delle, und es geht auch wieder in die andere Richtung. Ich glaube, wir wären schlecht beraten, wenn wir bei Projekten sozusagen alle drei Wochen zusammenkommen, uns ein paar Zahlen anschauen und dann auf die Bremse oder das Gas treten würden. So kann man internationale Beziehungen im Verkehr nicht organisieren und auch keine Verkehrsinfrastruktur entwickeln.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine Zusatzfrage des Kollegen Heilmann.

Lutz Heilmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003766, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, ich sehe mich gezwungen, doch noch einmal eine Frage zu stellen. Seit Monaten greift die Finanzkrise in der Welt um sich. Es wird deutlich, wie wir alle miteinander verwoben bzw. globalisiert sind, wie es häufig formuliert wird. Nun haben Sie gesagt, dass Dänemark das alleinige Risiko trägt. Sind Sie der Meinung, dass das in der jetzigen Situation überhaupt noch haltbar ist? Es mag sein, dass Dänemark sagt: Wir bezahlen das. Sollte aber der böse Fall eintreten - wir leben alle gemeinsam in der EU -, sehe ich die Bundesrepublik Deutschland dann doch wieder in der Verantwortung, auch für dieses Projekt und seine Finanzierung. Sind Sie der Meinung, dass wir unter diesen Gesichtspunkten eine solche Argumentation noch aufrechterhalten können?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich bin der Meinung, dass wir bei Investitionen in internationale Verkehrsinfrastrukturen gut beraten sind, das zu tun, was wir bis jetzt überall bei grenzüberschreitenden Projekten gemacht haben: Wir haben Staatsverträge geschlossen und uns dann an die Arbeit gemacht, diese umzusetzen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 29 des Kollegen Manfred Kolbe auf: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Ist der Bundesregierung bekannt, welche sicherheitstechnischen Gründe dazu geführt haben - ausgelöst durch die Radachsenkontrollen an ICE-Zügen -, dass der Fahrplan so geändert wurde, dass es bei der ehemals einheitlichen Fahrstrecke Hamburg-Berlin-Leipzig-München jetzt zu einer Zweiteilung in der Art gekommen ist, dass die Fernverkehrsstrecke Hamburg-Berlin nach wie vor im Stundentakt und größtenteils mit ICE bedient wird, während die Strecke Berlin-Leipzig-München nur noch grundsätzlich im Zweistundentakt und mit Ersatzzügen bedient wird? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Vielen Dank. - Herr Kolbe, auch Ihre Fragen möchte ich wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Dann rufe ich auch die Frage 30 des Abgeordneten Kolbe auf: Falls die Bundesregierung entsprechende Kenntnisse hat, welche Gründe waren dies?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Nach § 4 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz sind die Eisenbahnen verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und die Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge und Zubehör sicher zu bauen und in einem betriebssicheren Zustand zu halten. Die Änderungen des Angebots aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Fahrzeugen, deren Radsätze häufiger geprüft werden als bisher vorgesehen, liegt in der unternehmerischen Verantwortung des Eisenbahnverkehrsunternehmens.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Manfred Kolbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, jetzt haben Sie den Kern der Frage ignoriert. Als regelmäßigem Benutzer dieser Strecke ist mir aufgefallen, dass die Strecke Berlin-Hamburg - das habe ich mir auch ausdrucken lassen - im Einstundentakt mit dem ICE befahren wird, während die Strecke Berlin-Leipzig-München lediglich im Zweistundentakt mit Ersatzzügen befahren wird. Früher wurden beide Strecken einheitlich im Einstundentakt mit dem ICE befahren. Warum diese Ungleichbehandlung?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich versuche, Ihnen im zweiten Teil meiner Antwort noch etwas Genaueres dazu zu sagen. Ich möchte zunächst noch einmal den letzten Teil meiner ersten Antwort vorlesen: Die Änderungen des Angebotes - damit ist gemeint, wie oft man wo fährt - aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Fahrzeugen, deren Radsätze häufiger geprüft werden als bisher vorgesehen, liegen in der unternehmerischen Verantwortung des Eisenbahnverkehrsunternehmens. Das heißt, ich habe nicht nur über die Sicherheit gesprochen, sondern damit zusammenhängend auch darüber, dass das Unternehmen zu entscheiden hat, wo es mit welchen Fahrzeugen in welchem Takt fährt, wenn ihm weniger Züge zur Verfügung stehen. Das ist eine unternehmerische Entscheidung. Deshalb kann ich Ihnen diese Frage im Namen der Bundesregierung nicht beantworten. Jetzt möchte ich Ihnen eine Brücke bauen, wie Sie möglichst schnell zu einer Antwort kommen können; so habe ich es bei vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, die mich angerufen oder angeschrieben haben, auch gemacht. Sie richten Ihre Frage an die Deutsche Bahn AG. Ich weiß, dass diese versuchen wird, all diese Fragen zeitnah zu beantworten. Ich denke, das ist der richtige Weg. Die unternehmerische Verantwortung kann die Bundesregierung der Bahn in der Fragestunde nicht abnehmen. Die Bahn ist verpflichtet und auch gut beraten, Ihnen zu erklären, warum sich das Angebot auf einigen Strecken trotz eingeschränkter Anzahl von Zügen vom Angebot anderer Strecken unterscheidet.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Manfred Kolbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nimmt die Bundesregierung es denn irgendwie zur Kenntnis, oder interessiert sie das überhaupt nicht? Ich verstehe, dass dies in der unternehmerischen Verantwortung der Bahn liegt. Meine Frage ist aber: Interessiert Sie das überhaupt nicht? Wie befassen Sie sich damit?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Mich interessiert das sehr. Mich treibt das auch um. Deshalb ist es ganz wichtig, die Bahn darin zu unterstützen. Die Bahn hat die Züge nicht gebaut; das darf man auch einmal erwähnen. Deshalb ist es wichtig, eine Verantwortungskaskade herzustellen, die klarmacht, wer in diesem Bereich Verantwortung hat und wer in eigener Verantwortung sagt: Diese Radwellen müssen nach soundso vielen Kilometern geprüft werden. Was wir jetzt machen, ist eine Reaktion auf einen Unfall. Dabei geht es um die mangelnde Transparenz im Hinblick auf diejenigen, die im industriellen Betrieb dieser Anlagen Verantwortung übernehmen müssten. Das Eisenbahn-Bundesamt hat angesichts seiner Verantwortung für die Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn durch Sicherheitsauflagen dafür zu sorgen, dass diese Radwellen in regelmäßigen Abständen überprüft werden, sodass es nicht zu weiteren Unfällen kommt. In anderen europäischen Ländern, wo ähnliche Radwellen im Einsatz sind, gibt es längere Untersuchungsintervalle. Wir versuchen, in gemeinsamer Verantwortung relativ schnell dazu zu kommen, dass diese Regelung auch bei uns wieder greifen kann und wir eine größere Kundenzufriedenheit bei gleichzeitig ordentlicher Si20670 cherheit im Bahnverkehr gewährleisten können. Sie können sicher sein, dass ich einen großen Teil meiner Zeit darauf verwende, darüber nachzudenken, wie man das gewährleisten kann, und entsprechende Gespräche zu führen. Man kann die Deutsche Bahn aus ihrer unternehmerischen Verpflichtung aber nicht entlassen. Das wäre eine Rückgängigmachung des Privatisierungsprozesses, den wir 1993 im Bundestag beschlossen haben, und zwar in großer Übereinstimmung, da nicht nur die damaligen Koalitionsfraktionen zugestimmt haben, sondern auch die SPD.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben keine weitere Zusatzfrage, Herr Kolbe? Bitte.

Manfred Kolbe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001172, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind der Bundesregierung die wirklich chaotischen Verhältnisse auf der Strecke Berlin-Leipzig bekannt? Ist der Bundesregierung bekannt, dass es regelmäßig zu Verspätungen kommt und die Züge regelmäßig so überfüllt sind, dass die Hälfte der Fahrgäste nur noch Stehplätze bekommt?

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Gehen Sie einmal davon aus, dass wir reichlich Mails und Briefe bekommen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine Zusatzfrage der Kollegin Landgraf.

Katharina Landgraf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001278, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es möglich, dass die Bundesregierung Einfluss nimmt und die Bahn auffordert, Kulanzregelungen vorzunehmen? Insbesondere auf der gerade genannten Strecke ist die Situation für die Fahrgäste unzumutbar. Aufgrund der längeren, unberechenbaren Fahrzeiten und der überfüllten Züge sind die hohen Preise nicht mehr angemessen.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Ich muss jetzt ein bisschen aufpassen, weil ich das aus dem Kopf sagen muss; dabei kann man Fehler machen. Später findet man sich dann mit einer Aussage im Protokoll wieder und bekommt böse Briefe, in denen steht, dass man etwas gesagt hat, was gar nicht stimmen würde. Deshalb sage ich das jetzt einmal im Konjunktiv: Ich meine, gelesen zu haben - ist das Konjunktiv?; auf jeden Fall führe ich konditional ein -, dass sich die Bahn hinsichtlich der Kulanz gegenüber den Kunden sehr stark bewegt hat. Ich meine auch, gelesen zu haben und von Kundinnen und Kunden in Gesprächen erfahren zu haben, dass durch Fahrplanänderungen die notwendige Transparenz wiederhergestellt worden ist. Das heißt, es fallen zwar Züge aus, aber das ist im Fahrplan eingeplant, sodass man sich orientieren kann und sieht, welche Züge fahren und welche Züge nicht fahren, auch wenn das Angebot reduziert wurde.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Troost.

Dr. Axel Troost (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003857, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Als ebenfalls ständiger Nutzer dieser Strecke sage ich: Die Frage bezog sich nicht darauf, dass es wesentlich weniger Züge gibt. Das verstehen wir. Das muss so sein. Die Frage bezog sich vielmehr darauf, dass es eine Ungleichbehandlung zwischen der Strecke Hamburg-Berlin - man sieht diesen ICE ankommen, wenn man in einen anderen Zug einsteigt - und der Strecke Berlin-Leipzig gibt. Bei der Ungleichbehandlung dieser Bahnstrecken könnte man schon den Eindruck gewinnen, dass die Lobby in Hamburg stärker ist als die Lobby in Sachsen.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Damit sich dieser Eindruck nicht verfestigt, schlage ich Ihnen vor, das zu tun, was ich auch Herrn Kolbe geraten habe: Schreiben Sie die Bahn an und äußern Sie diesen Verdacht, und geben Sie der Bahn Gelegenheit, diesen Eindruck auch auszuräumen. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herr Staatssekretär, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Die Fragen beantwortet Frau Parlamentarische Staatssekretärin Astrid Klug. Die Fragen 31 und 32 des Kollegen Hans-Josef Fell werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 33 der Kollegin Bärbel Höhn auf: Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der aktuellen Studie des Öko-Instituts im Auftrag des WWF, derzufolge die von der Bundesregierung geforderte Ausweitung der Anerkennung von Klimaschutzprojekten im Ausland - sogenannte CDM-/JI-Projekte - im Rahmen des europäischen Emissionshandels dazu führen kann, dass weniger als ein Fünftel der nominellen deutschen Emissionsreduktionen tatsächlich im Inland erbracht wird? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr verehrte Frau Kollegin Höhn, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Das in der Studie des Ökoinstituts verwendete Mengengerüst bildet die Position der Bundesregierung zur Nutzung von Klimaschutzprojekten im Ausland nicht richtig ab. In einem EU-weiten Emissionshandelssystem ist allein die EU-weite Gesamtmenge nutzbarer Zertifikate maßgeblich. Daher ist eine isolierte Betrachtung der Situation in Deutschland nicht möglich.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen.

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die Ergebnisse der Studie nicht für sinnvoll halten, wonach die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent reduziert werden sollen, mit den Verhandlungen der Bundesregierung in Brüssel aber jetzt erreicht wird, dass man 80 Prozent dieser Reduktion nicht hier erbringen muss, sondern ins Ausland verlagern kann? Wie lautet denn Ihr Ergebnis? Was könnte man denn aus Ihrer Sicht an CO2-Reduktionen nicht hier erbringen, sondern ins Ausland verlagern? Ich hätte gern Ihre Einschätzung hierzu. Wie groß ist denn die Menge, die man ins Ausland verlagern kann, aus Ihrer Sicht? Sie verhandeln doch in Brüssel, und das hätte ich gern gewusst. Worüber verhandeln Sie dort? Was kann man verlagern? Das ist eine entscheidende Frage.

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Ich sage Ihnen noch einmal die Position, die Deutschland zu Beginn der Verhandlungen in Europa eingebracht hat. Wir waren der Meinung, dass 50 Prozent der Emissionsminderungen, die zwischen 2012 und 2020 zu erbringen sind, über CDM- und JI-Projekte möglich sein sollen.

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, wir diskutieren in Deutschland massiv über neue Kohlekraftwerke. Ihr Minister ist der Auffassung, neue Kohlekraftwerke seien kein Problem. Dies werde am Ende der Emissionshandel retten; denn dieser deckele die CO2-Emissionen. Dann würden sich Kohlekraftwerke nicht mehr rechnen. Wenn Sie selber davon ausgehen, dass man 50 Prozent der CO2-Reduktionen von Deutschland ins Ausland verlagern kann, was bedeutet das dann aus Ihrer Sicht für die neuen Kohlekraftwerke? Wie viele neue Kohlekraftwerke wollen Sie eigentlich bauen?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die Verhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht abgeschlossen sind. Ich habe vorhin auf die deutsche Verhandlungsposition zu Beginn der Verhandlungen hingewiesen. Die Position der Bundesregierung ist, dass es dem Klima egal ist, wo Emissionsminderungen erzielt werden, und dass wir ein Instrument brauchen - CDM und JI stellen derartige Instrumente dar -, das ein möglichst optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Investitionen in den Klimaschutz erzielt. Deshalb macht es Sinn, Emissionsminderungen nicht komplett im eigenen Land zu erbringen, sondern über den Technologietransfer auch Finanzmittel in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung zu stellen, um dort in Klimaschutzprojekte zu investieren und diese auch bei uns entsprechend anzurechnen. Bezogen auf die Kohlekraftwerke bedeutet das, dass in Zukunft für die Energieversorgung in Deutschland auch weiterhin Großkraftwerke gebraucht werden, dass wir über den Emissionshandel die Möglichkeit haben, möglichst ambitionierte Benchmarks festzusetzen, damit möglichst effiziente Kraftwerke gebaut werden, dass wir über den Preis für CO2 die Möglichkeit haben, zu steuern, wie viele Kraftwerke noch attraktiv und wirtschaftlich sind. Emissionsminderungen müssen natürlich nicht nur im eigenen Land erbracht werden. Es ist durchaus sinnvoll, Emissionsminderungen auch außerhalb Europas zu erzielen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine Zusatzfrage der Kollegin Kurth.

Undine Kurth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003579, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, natürlich ist es richtig, und es ist sicherlich auch unstreitig, dass es dem Klima egal ist, wo CO2 gespart wird. Es ist ganz sicher auch richtig, dass man darüber nachdenken muss, wie sich dies im internationalen Kontext verhält und wie man das berechnen muss. Vor dem Hintergrund der Klimakonferenz in Poznań frage ich nun: Ist es Ihrer Meinung nach nicht auch für die Glaubwürdigkeit und für die Durchsetzungskraft deutscher Vorschläge eine ganz entscheidende Frage, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland - quasi als Tempovorgeber - bereit ist, zu zeigen, was sie selbst im eigenen Territorium leisten will? Sind 50 Prozent im Ausland für die Glaubwürdigkeit in Bezug auf Poznań nicht viel zu viel?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Sehr geehrte Frau Kollegin Kurth, glauben Sie mir, ich bin viel in der Welt unterwegs. Deutschland hat im Hinblick auf die eigenen Klimaschutzanstrengungen und im Hinblick auf die technologische Vorreiterrolle in der Welt eine hohe Reputation. Das wird sich bei den Klimaverhandlungen jetzt und auch im nächsten Jahr in Kopenhagen wieder erweisen und die Verhandlungen positiv voranbringen. Es gehört zur Glaubwürdigkeit im Rahmen internationaler Verhandlungen und eines internationalen Klimaschutzregimes, dass genügend Mittel für den Technologietransfer zur Verfügung stehen, damit Schwellenländer und Entwicklungsländer überhaupt die Chance haben, an diesem internationalen Klimaschutzregime beteiligt zu werden. Über CDM und JI haben wir die Möglichkeit, solche Finanzmittel zu organisieren und mithilfe des Technologietransfers entsprechende Projekte zu finanzieren.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Thiele, auch Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Carl Ludwig Thiele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002315, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, wir führen jetzt gerade auf europäischer Ebene die Diskussion über den Emissionshandel. Werden die Atomkraftwerke in Frankreich berücksichtigt, und, wenn nein, wie stellt sich das im Verhältnis dar, wie viel Geld ist in Deutschland mehr aufzuwenden als in Frankreich?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Sie sind auf der Zielgeraden und werden Ende nächster Woche abgeschlossen. Wenn das Ergebnis vorliegt, wird man genau solche Dinge berechnen können. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 34 der Kollegin Bärbel Höhn auf: Sind Medienberichte zutreffend, dass die Bundesregierung, anders als vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, zunächst gefordert, bei den Verhandlungen über die Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels die kostenlosen Zuteilungen von Emissionszertifikaten nicht mehr davon abhängig macht, dass die betroffenen Industrien im internationalen Wettbewerb stehen, und welcher prozentuale Anteil der deutschen Industriebetriebe wäre danach von der Auktionierung der Zertifikate ausgenommen?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Ich beantworte die Frage wie folgt: Nach Auffassung der Bundesregierung ist die CO2-Intensität einer Branche das vorrangige Kriterium zur Festlegung der von Carbon Leakage betroffenen Sektoren. Dieses Kriterium sowie die Schwellenwerte sollten in der Richtlinie verankert werden. Damit schafft man den gewollten EUweit einheitlichen Ansatz. Es muss so früh wie möglich Rechtssicherheit geschaffen werden. Die Verhandlungen über die Festlegung geeigneter Kriterien sind allerdings weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene abgeschlossen, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Anteil der ausgenommenen Branchen nicht exakt angegeben werden kann.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfragen, Frau Höhn.

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Staatssekretärin, ich will den Strombereich ausklammern; dazu stelle ich gleich meine zweite Nachfrage. Jetzt möchte ich die Industrie ohne den Strombereich betrachten. Ich würde gerne Folgendes von Ihnen wissen: In den Umweltverbänden kursieren Gerüchte, dass über 90 Prozent der Industriebetriebe ausgenommen werden und die Zertifikate umsonst bekommen sollen. Das wäre eine absolute Aushöhlung des Emissionshandels. Gibt es diese Diskussion? Können Sie bestätigen oder dementieren, dass über 90 Prozent - einige reden sogar von 98 Prozent - der Industriebetriebe die Emissionszertifikate umsonst bekommen? Wäre das nicht eine absolute Aushöhlung des Emissionshandels?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Erstens möchte ich an der Stelle darauf hinweisen, dass die Verhandlungen nicht abgeschlossen sind. Es gibt Diskussionen über unterschiedliche Kriterien. Gerade bei diesem Punkt liegen die Positionen der Mitgliedstaaten und übrigens auch die Positionen der Kommission und des Europaparlamentes noch sehr weit auseinander. Diese Frage wird man beantworten können, wenn das Ergebnis vorliegt. Zweitens bedeuten Ausnahmen von Industrieunternehmen von der Versteigerung nicht eine Aushöhlung des Emissionshandels. Sie sind ja trotzdem Teil des Emissionshandels und unterliegen seinen Regeln. Wir reden über ambitionierte Benchmarks, die an diese Unternehmen angelegt werden, um eine Grundzuteilung von CO2-Zertifikaten zu bekommen. Insofern wirkt der Emissionshandel dort als Lenkungsinstrument. Uns geht es darum, sicherzustellen, dass gerade Unternehmen, die in einem internationalen Wettbewerb stehen und die für die Versteigerung und den Kauf von CO2-Zertifikaten einen besonderen Aufwand betreiben müssten, nicht negativ belastet werden. Wir würden dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen. Denn die Konsequenz wäre, dass Unternehmen hier ihre Zelte abbrechen und sie außerhalb von Europa aufschlagen und dort CO2 emittieren würden. Wir wollen, dass die Unternehmen hier bleiben, dass sie dem strengen Emissionshandel hier unterliegen und dass der Emissionshandel hier seine Lenkungswirkung entfaltet.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben noch eine zweite Zusatzfrage.

Bärbel Höhn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003774, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Antwort befriedigt nicht, weil sie eher in die Richtung geht, die die Umweltverbände mit großem Bedauern prognostizieren. Es wäre in der Tat eine Aushöhlung des Emissionshandels. Meine zweite Nachfrage. Schauen wir uns einmal den Strombereich an: Es gibt einen Beschluss des Deutschen Bundestages, dass im Strombereich 100 Prozent der Zertifikate versteigert werden sollen. Nun gibt es mittlerweile von einigen Ländern die Aussage, dass sie zumindest Teile nicht versteigern wollen. Bleibt die Bundesregierung an dieser Stelle hart, und setzt sie diesen Bundestagsbeschluss um? Oder passiert genau das, was wir von den Umweltverbänden über das Verhalten der Bundesregierung hören: dass sie sich hier als Motor darstellt, in Brüssel aber de facto bremst und blockiert? Gilt dies letztlich auch im Hinblick auf die 100-prozenBärbel Höhn tige Versteigerung der Zertifikate im Strombereich, oder bleibt sie hier wirklich hart?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Es ist nach wie vor die Position der Bundesregierung, dass wir im Strombereich 100 Prozent der Zertifikate auktionieren wollen. Aber auch dieser Punkt wird Teil eines Kompromisspaketes sein. Derzeit wird ja nicht nur über diesen Punkt verhandelt, sondern über ein gesamtes Paket, das sich sozusagen auf der Zielgeraden befindet. In diesem Rahmen spielt natürlich auch dieses Thema eine Rolle.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Thiele, bitte.

Carl Ludwig Thiele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002315, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Staatssekretärin Klug, wenn die Bundesregierung die Verhandlungen in der nächsten Woche abschließen möchte, wäre es dann nicht sinnvoll, dass sie vorher weiß, mit welchen Rahmendaten sie in die Verhandlungen geht? Wäre es nicht sinnvoller, dies vorher zu wissen, anstatt nachher nur sagen zu können: „Das und das ist dabei herausgekommen“? - Hierzu noch einmal die Frage: Um wie viel schlechter steht Deutschland da?

Astrid Klug (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003567

Ich habe die Position, die Deutschland dort vertritt, in meiner Antwort auf die eben gestellte Frage erläutert. Dieser Verhandlungsprozess soll Ende nächster Woche abgeschlossen werden. In den Verhandlungen gibt es ein Geben und Nehmen, wenn wir am Ende zu einem Ergebnis kommen wollen. In dieser Frage ist Deutschland mit einer sehr klaren Haltung in die Verhandlungen gegangen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwortung der Fragen. Wir sind damit am Ende der Fragestunde und auch am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 4. Dezember 2008, 9.00 Uhr, ein. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen wunderschönen Abend. Die Sitzung ist geschlossen.