Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich.
Wir schließen heute die erste Lesung der Haushalts-
beratungen - Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b - ab:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2009 ({0})
- Drucksache 16/9900 -
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Finanzplan des Bundes 2008 bis 2012
- Drucksache 16/9901 Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss
Am Dienstag haben wir zu Beginn dieser Beratungen
für die heutige Aussprache eine Redezeit von insgesamt
drei Stunden vereinbart.
Wir beginnen die heutigen Beratungen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie, Einzelplan 9.
Das Wort erhält der Bundesminister Michael Glos.
({1})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Zuerst die gute Nachricht: Die deutschen Sparer
müssen nicht um ihr Geld bangen; die Sicherungseinrichtungen der deutschen Banken sind nach wie vor intakt. Wir sind derzeit in einer Banken- und Finanzmarktkrise, die vor allen Dingen in den USA und in
Großbritannien Dimensionen erreicht hat, mit denen unsere Generation noch nie konfrontiert war. Es war vor allen Dingen eine Krise, getrieben von Gier und Maßlosigkeit. Alle Alarmsignale wurden überhört. Die Party
wurde gefeiert, ohne Rücksicht auf die, die das möglicherweise zahlen müssen. Bundeskanzlerin Merkel hat
zu Recht gefordert - das war die deutsche Haltung beim
G-8-Gipfel in Heiligendamm -, dass die Hedgefonds
kontrolliert werden, das heißt, dass alles transparenter
wird. Man hat nämlich überhaupt nicht gewusst, welche
Risiken sich auftürmen.
Durch verantwortungsvolles Handeln von Aufsichtsbehörden und Zentralbanken rund um den Globus ist
mittlerweile umsichtig reagiert und verhindert worden,
dass die Krise noch stärkere Ausmaße annimmt. All dies
zeigt: Die aktuellen Turbulenzen sind kein singuläres Ereignis, nach dem wir alsbald wieder zur Tagesordnung
übergehen können. Außerdem zeigt es: Nur entschlossenes Handeln sichert Vertrauen, und ohne Vertrauen sind
funktionsfähige Finanzmärkte und eine stabile Wirtschaft nicht denkbar.
({0})
Das gilt vor allen Dingen für Deutschland. Der Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau hat sich
gestern mit den Konsequenzen aus dem Fall Lehman
Brothers beschäftigt. Mein Kollege Peer Steinbrück und
ich haben mit den Verwaltungsratsmitgliedern in einer
vertrauensvollen Zusammenarbeit gestern Entscheidungen getroffen und erste Konsequenzen gezogen. Die beiden zuständigen Vorstandsmitglieder wurden bis zur
endgültigen Klärung des Vorfalls suspendiert, ebenso der
für Risikokontrolle zuständige Bereichsleiter. Darüber
hinaus wird die KfW die Geschäftsabläufe und die Aufbauorganisation, vor allem das Risikomanagement, einer
intensiven und kritischen Prüfung unterziehen.
Ich bin der festen Überzeugung: Wir müssen alles
tun, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen.
({1})
Gerade mit öffentlichem Geld muss man vorsichtig umgehen. Es ist nicht das Geld der Spekulanten, das hier
Redetext
verbrannt worden ist, sondern es ist Geld, das uns allen
gehört.
({2})
- Ich kann Sie nicht verstehen. Wollen Sie wieder Frau
Schaeffler enteignen, oder um was geht es hier?
({3})
Wir in Deutschland und Europa haben diese Krise
nicht ausgelöst; doch sie berührt auch uns. Wir müssen
uns vor allen Dingen um die produzierende Wirtschaft
kümmern und alles tun, dass sie ausreichend mit Geld
und Krediten versorgt wird; denn wir sind das drittstärkste Industrieland der Welt. Die Menschen in
Deutschland leben in starkem Maße von der industriellen Produktion und allem, was sich darum herumrankt.
Die Krise zieht natürlich auch die Konjunkturindikatoren ein Stück nach unten. Unsere Wirtschaft ist hochgradig in die Weltwirtschaft eingebunden. Davon haben
wir in den letzten drei Jahren profitiert, und zwar erheblich. Es wird jetzt kaum möglich sein, sich von negativen Entwicklungen auf den Weltmärkten abzukoppeln.
Die immer noch von den USA dominierte Weltwirtschaft muss eine Reinigungs- und Anpassungsphase hinter sich bringen.
Die aktuelle Krise ist das Spiegelbild vorangegangener Übersteigerungen. Jahrelang haben einige am Immobilienboom, vor allen Dingen in den USA, massiv verdient und gutgläubige Anleger mit unsicheren
Finanzprodukten „beglückt“. Nun herrscht weltweit Katerstimmung. Es zeigt sich wieder einmal, dass Einkommen und Gewinn auf die Dauer nur durch harte Arbeit
und unternehmerische Initiative zu erzielen sind.
In Deutschland haben wir diese Grundregel nie vergessen. Wir haben sie gerade in den letzten Jahren sehr
beachtet. Unsere Unternehmen haben ihre Wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren kräftig steigern können.
Die Bilanzen sind fast überall solide. Auch das ist eine
gute Nachricht. Die strukturelle Widerstandsfähigkeit
der deutschen Wirtschaft ist gestiegen. Das kommt uns
jetzt zugute, wenn es darum geht, Folgeschäden der internationalen Entwicklung zu verkraften, und wir werden sie verkraften müssen.
Der Export wird das Wachstum nicht mehr im gleichen Maße wie bisher stützen, obwohl auch hier wieder
positive Zeichen zu sehen sind. Ich nenne nur die Stichworte „Euro-Dollar-Kurs-Entwicklung“ und „rückläufige Ölpreise“; von letzteren verspreche ich mir natürlich
auch positive Effekte.
Umso wichtiger ist es, die eigenen Wachstumspfeiler
zu stärken, also vor allem betriebliche Investitionen und
Strukturverbesserungen weiter voranzutreiben sowie die
private Nachfrage zu stärken.
Damit wir die aktuelle Wachstumsschwäche überwinden, müssen alle Akteure, die Verantwortung tragen,
mitziehen. Von den Tarifpartnern erwarte ich Augenmaß bei den Lohnabschlüssen. Ich habe großes Verständnis für die Forderungen der Arbeitnehmer, aber was
wir in Deutschland nicht erwirtschaftet haben, können
wir nicht zusätzlich verteilen. Die hohen Energie- und
Rohstoffpreise haben bewirkt, dass sehr viel von dem,
was von deutschen Arbeitnehmern erarbeitet worden ist,
aus Deutschland abgeflossen ist. Was draußen ist - wir
haben keine geschlossene Volkswirtschaft mehr -, können wir nicht in Deutschland zusätzlich verteilen. Deswegen muss die Wirtschafts- und Finanzpolitik dafür
sorgen, dass von den Löhnen und Einkommen ein fairer
Anteil für den privaten Konsum übrig bleibt, nachdem
Steuern und Abgaben abgezogen sind.
Ich verstehe gut die Freude über unerwartete Steuermehreinnahmen. Ich glaube, sie eint uns alle. Unser Gemeinwesen steht dadurch besser da. Aber es ist auch
Geld, das an anderer Stelle fehlt, nämlich beim Verbraucher, beim Mittelstand und beim Handel. Verbraucher
und Unternehmen haben einen Anspruch darauf, möglichst viel von dem zu behalten, was sie hart verdient haben.
({4})
Wer Entlastung von Steuern und Abgaben als Verbrennen von öffentlichen Geldern bezeichnet, verwechselt
Entstehung und Verwendung. Das müssen wir immer im
Auge behalten.
({5})
Ich will, dass wir eine konjunkturgerechte, bürgerfreundliche Wachstumspolitik pflegen. Ein wirksames
Signal wäre eine dauerhafte Senkung von Steuern und
Abgaben, sobald es möglich ist, insbesondere für den
breiten Mittelstand. Dazu rechne ich die Beamten und
Facharbeiter in allererster Linie. Vor allen Dingen ist ein
wichtiges Signal, dass wir den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung weiter senken:
({6})
von 3,3 auf 2,8 Prozent. Das muss drin sein.
({7})
- Ich stütze nicht Ihre Politik. Ich kann Sie akustisch
auch gar nicht verstehen.
({8})
- Nein. Sie werden das alles noch erleben.
({9})
- Sie werden erleben - damit das ganz klar ist -, dass die
Kanzlerin hier mitmacht.
({10})
Ich unterstütze selbstverständlich die Forderung der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion; denn es ist vernünftig,
ein Gesamtentlastungspaket von 10 Milliarden Euro, das
Beitragssenkungen und andere Verbesserungen enthält,
auf den Weg zu bringen. Ich stehe selbstverständlich
auch hinter den Forderungen meiner Partei nach weiteren Entlastungsschritten in der nächsten Legislaturperiode. Dahinter steckt ein durchdachter Plan.
({11})
Auch in diesem Punkt ist Ihr Ausspruch, Frau Bundeskanzlerin, richtig - ich zitiere -:
Der Bund muss erstmal dahin kommen, wo Bayern
heute schon ist.
Ich hoffe, dass sich das auch bei den geplanten Maßnahmen bewahrheitet.
({12})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen
einen Ausgleich der inflationsbedingten Progressionswirkung bei den Steuern so bald wie möglich sicherstellen. Das steht nicht im Widerspruch zu unseren Konsolidierungsbemühungen, sondern ist eine entscheidende
Voraussetzung für einen dauerhaften Haushaltsausgleich. Nur wenn wir dem Wachstum Raum geben, sind
auch Einnahmen des Staates bzw. der öffentlichen Hand
und damit deren Ausgaben gesichert.
Um das Wachstum dauerhaft zu stärken, brauchen wir
eine Zukunftsorientierung der öffentlichen Ausgaben.
Das geschieht auch in meinem Haushalt, indem zum
Beispiel die Fördermaßnahmen für Altindustrien auslaufen - ich nenne die Steinkohleförderung - und stattdessen Wachstumsfelder zusätzlich gefördert werden.
({13})
Ich möchte noch ein Letztes zu den Voraussetzungen
für dauerhaftes Wachstum in einem Industrieland wie
Deutschland sagen: Hierzu gehört eine preiswerte, sichere und klimafreundliche Energieversorgung aus einem Energiemix, sodass Energie vor allen Dingen auch
für die energieintensiven Industrien bezahlbar bleibt.
Hier geht es nicht um diejenigen, die Anteilseigner der
Firmen sind, sondern in allererster Linie um die Arbeitsplätze in Deutschland.
({14})
Deswegen beschäftigt mich die Entwicklung der Energiepreise ganz besonders. Wir müssen uns hier künftig
noch besser aufstellen.
Ich meine, dass wir um den Weiterbetrieb der sicheren deutschen Kernkraftwerke auf absehbare Zeit nicht
umhinkommen. Ich bin selbstverständlich dafür - hier
werden mir immer falsche Vorhaltungen gemacht -, dass
wir Energieeffizienz fördern, dass wir Energie einsparen
und moderne Technologien fördern. Wir tun das. Ich
habe unlängst erst die größte Windenergiemesse der
Welt in Husum eröffnet. Ich weiß, dass 70 bis 80 Prozent
der Produkte in den Export gehen. Ich werbe bei meinen
Reisen für diese Produkte; stets nehmen Anbieter dieser
Technologien daran teil. Ich halte das industriepolitisch
für ungeheuer sinnvoll.
({15})
Wir müssen aber der Entwicklung auch Raum und Zeit
geben und dürfen nicht zwischenzeitlich Arbeitsplätze
gefährden
({16})
und vor allen Dingen nicht die Geldbeutel der Verbraucher stärker belasten, als es sein muss, weil ansonsten
dieses Geld im Inlandskreislauf fehlt.
({17})
Ich möchte noch eine Ermahnung aussprechen: Wir
haben innerhalb der Bundesregierung - ich muss ausnahmsweise den Kollegen Gabriel loben ({18})
einen guten Kompromiss beim Emissionshandel gefunden, den wir auch in Brüssel durchsetzen wollen. Dort
hat man ja sehr viel weniger Verständnis für die deutsche
Industrie, als es naturgemäß bei uns der Fall ist. Viele
andere Länder sind ja entindustrialisiert und haben für
unsere Forderungen kein Verständnis. Deshalb muss bei
den Verhandlungen über die Zuteilungsquoten für die
nächste Emissionshandelsperiode die energieintensive
Industrie ausgenommen werden. Wenn man sie nämlich
einbeziehen würde, wäre das nicht nur zum Schaden
Deutschlands, sondern zum Schaden von ganz Europa.
Die Produktion würde dann nämlich an andere Orte in
der Welt verlagert; dort würde dafür sehr viel mehr Energie verbraucht und die Umwelt stärker geschädigt, als es
bei uns der Fall ist. Zugleich würden bei uns die Arbeitsplätze verloren sein. Wir müssen deshalb Einigkeit im
ganzen Haus darüber erzielen, um die Europäische
Union ein Stück weit in die Schranken zu weisen.
({19})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke
mich bei all den Seiten dieses Hauses, die eine Politik
der Vernunft und des Augenmaßes unterstützen.
Herzlichen Dank.
({20})
Rainer Brüderle ist der nächste Redner für die FDPFraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach drei
Jahren konjunkturellem Sonnenschein in Deutschland
muss die Bundesregierung jetzt im Abschwung ihre Fähigkeiten als Krisenmanager beweisen. Es ist allerdings
ein Irrglaube, zu meinen, man könnte die Wirtschaft
steuern und Konjunkturschwankungen abschaffen. Das
musste schon einmal eine Große Koalition erfahren.
Seitdem sind antizyklische Maßnahmen zur Konjunktursteuerung nur noch im Gespräch, wenn man Schulden
machen will. Haushaltsüberschüsse aus guten Zeiten
sind in den vergangenen 30 Jahren unrealistisches
Wunschdenken geblieben; sie wurden nie erreicht.
Worüber hier im Parlament zu reden ist, ist nicht die
Tatsache, dass wir uns im Abschwung befinden. Das
kommt in der Wirtschaft von Zeit zu Zeit vor; das kann
man gar nicht vermeiden. Wir müssen über die Tatsache
reden, dass die Bundesregierung nicht rechtzeitig für
diesen Fall vorgesorgt und Maßnahmen ergriffen hat.
({0})
Im Mittelstandsland Deutschland muss sich der Mittelstand von der Bundesregierung verschaukelt vorkommen.
({1})
Man hat fast das Gefühl, die schwarz-rote Regierung
hätte ein systematisches Programm zur Schwächung des
deutschen Mittelstands aufgelegt.
({2})
Schon kurz nach der letzten Bundestagswahl wurde das
Immunsystem des Mittelstands durch die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Republik geschwächt.
Bei der drastischen Mehrwertsteuererhöhung darf man
sich nicht wundern, wenn der private Konsum, der zwei
Drittel der Nachfrageseite ausmacht, nicht anspringt,
wenn die Menschen ihr Geld zusammenhalten und somit
nicht durch mehr Nachfrage die Wirtschaft stützen.
Die Sozialabgaben für Unternehmen und Arbeitnehmer sind nicht - wie versprochen - dauerhaft unter
40 Prozent gesunken. Der Zwangsgesundheitsfonds wird
im kommenden Jahr eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge und zusätzliche Belastungen bringen. Die Bürokratie ist in einem höchst bescheidenen und fast zu vernachlässigenden Maß abgebaut worden. Allein die
Vorverlegung der Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge auf den Monatsersten hat eine Zusatzbelastung von
4 Milliarden Euro ausgelöst. Dagegen ist eine Entlastung
von 60 Millionen Euro ein Witz.
({3})
4 Milliarden Euro draufzuknallen und 60 Millionen Euro
zu geben, ist ein schlechtes Geschäft.
({4})
Die Bundesregierung hat der Wirtschaft die Schutzjacke der Mittelstandsförderung dank der Ausflüge der
KfW in die private Bankenwelt schon halb ausgezogen.
({5})
Herr Minister Glos, Sie haben versprochen, dass das
ERP-Fördervolumen auch nach der Übertragung auf die
KfW vollständig erhalten bleibt.
({6})
Können Sie diese Garantie heute vor diesem Parlament
bestätigen? - Diese Frage muss gestellt werden.
({7})
Mit den Platzhaltergeschäften bei Post, Telekom und
EADS wurde die KfW von einer Förderbank zu einem
Aktienfonds. Mit dem IKB-Abenteuer wurde sie zu einem Hegdefonds, und in den vergangenen Tagen hatte
man den Verdacht, dass sie zu einer Art Spielkasino
wurde.
({8})
Der Mittelstand darf nicht die Zeche für die Aktivitäten
des Staates im Banksektor zahlen müssen.
({9})
Die angeblich aktive Rolle der Bundesregierung bei
der Bewältigung der internationalen Finanzkrise sieht
sehr bescheiden aus. Als die Finanzmärkte bei dem G-7Frühjahrstreffen der Finanzminister und des IWF im
April letzten Jahres international zu einem politischen
Thema wurden, war der Bundesfinanzminister auf Safari. Es muss offensichtlich eine hohe Bedeutung gehabt
haben, sich um die Angelegenheit zu kümmern, wenn
man lieber auf Safari geht, statt beim IWF tätig zu sein.
Meine Damen und Herren, es geht so weiter. Als Medizin verordnet die Bundesregierung jetzt ausgerechnet
eine mittelstandsfeindliche Vergaberechtsnovelle. Die
öffentlichen Unternehmen werden bevorzugt, und private Handwerker werden aus dem Markt gedrängt. Der
Energiepreis wird vom Staat künstlich hoch gehalten,
indem durch die Kraft-Wärme-Kopplung und das Erneuerbare-Energien-Gesetz Subventionstatbestände fortgeführt
werden. Da helfen auch keine Konjunkturprogramme in
Form von Kühlschrank- oder Neuwagensubventionen.
Neue Ausgabenprogramme helfen überhaupt nicht weiter, auch dann nicht, wenn sie im Kostüm des Klimaschutzes daherkommen.
Fatal ist die ungeklärte Situation bei der Erbschaftsteuer.
({10})
Die Erbschaftsteuer ist eine Riesenbelastung für Familienunternehmen, für die mittelständische Wirtschaft.
Hier muss Klarheit sein; hier muss Entlastung stattfinden. Am besten wäre es, die Erbschaftsteuer komplett
abzuschaffen. Übertragen Sie wenigstens die Kompetenz
auf die Bundesländer, sodass der föderale Wettbewerb
diejenigen, die mutiger sind, nach vorne bringt! Die Mittelständler müssen nicht nach Österreich oder in ein anRainer Brüderle
deres Land gehen, sondern können in Deutschland bleiben, wenn der Mittelstand durch die Abschaffung der
Erbschaftsteuer gefördert wird.
({11})
Die wachstumsfeindlichen Maßnahmen der Bundesregierung - Steuererhöhung für den Mittelstand, Mindestlöhne, Gesundheitsreform, Antidiskriminierungsgesetz - haben weit mehr Belastungen für den Mittelstand
gebracht, als die Förderprogramme an Entlastung bringen. Hier wäre der Bundeswirtschaftsminister als ordnungspolitisches Gewissen gefordert, sich dem entgegenzustellen. Wenn er sagt, von Bayern zu lernen, heiße
für die Bundesregierung, besser zu werden, dann soll er
das auch umsetzen. Die Bayern haben die Steuerentlastung kurz vor der Wahl entdeckt. Das heißt, es sind nicht
gerade Initiativworte des Wirtschaftsministers, endlich
die Entlastung durchzuführen, damit Luft zum Investieren ist, Luft, voranzukommen, neue Arbeitsplätze zu
schaffen und vorhandene zu halten.
Ein Teil des Erfolgs der letzten drei Jahre war die
Steuerreform von 2000, die damals dank des Vermittlungsausschusses und auch dank unserer Stimme aus
Rheinland-Pfalz möglich gemacht wurde. Es dauert längere Zeit, bis die Wirkungen das Wirtschaftsgeschehen
nachhaltig beeinflussen und ein Stück voranbringen können; deshalb wäre es überfällig, die Steuerreform auf
den Weg zu bringen. Aber all das geschieht nicht. Wir
beschäftigen uns mit Nebenpunkten. Es gibt tolle Erklärungen, aber die wahren Weichenstellungen erfolgen
nicht.
Was wir jetzt an den Finanzmärkten erleben, ist letztlich
Teil eines Verfalls der ordnungspolitischen Verhaltensweisen und des klaren Kurses in der Wirtschaftspolitik. Wir
erleben es bei der Konzentration in der Energiewirtschaft. Da wird Monopoly gespielt, und wir wundern
uns, wenn die Energiepreise nicht entsprechend reagieren und die Benzinpreise, selbst wenn die Rohölpreise
sinken, trotzdem oben bleiben. Das hat etwas mit Marktstrukturen zu tun. Da sind Dinge nicht in Ordnung. Im
Bankenbereich hat es damit zu tun, dass die Aufsicht
nicht funktioniert, dass offensichtlich auch die Verwobenheit des Staates mit Teilen des Bankensektors nicht
funktioniert. Es ist doch bemerkenswert, dass die Landesbanken, die öffentlich-rechtlichen Banken, ganz vorn
sind bei den Fehlentscheidungen,
({12})
bei der Misswirtschaft und beim Aufkauf von miserablen
amerikanischen Wertpapieren, den Subprime-Papieren.
Da sind die Strukturen nicht in Ordnung.
Unsere Debatte muss darüber geführt werden, wie wir
die soziale Marktwirtschaft wieder zur Wirkung bringen und wie deren Prinzipien wieder Beachtung finden.
Schon die Gründungsväter, Eucken und andere, haben
darauf hingewiesen, dass es schiefgeht, wenn nicht zwei
Dinge beachtet werden: Eine zu hohe Konzentration
muss vermieden werden, denn sonst kann die Wirtschaft
nicht funktionieren, und es muss vermieden werden,
dass der Staat - Eucken nannte es Punktualismus - zugunsten einzelner Unternehmen in das Marktgeschehen
eingreift; Holzmann war der klassische Fall.
Wir sind, wenn wir nicht eine Kurskorrektur im
marktwirtschaftlichen Denken, eine Renaissance der sozialen Marktwirtschaft anpacken, voll dabei, diese Befürchtung der Gründungsväter der sozialen Marktwirtschaft Realität werden zu lassen. Wir stemmen uns
dagegen. Machen Sie mit! Noch gibt es eine Chance, den
Kurs zu ändern.
({13})
Das Wort erhält nun der Kollege Ludwig Stiegler für
die SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns inmitten eines Prozesses, in dem wir unsere alte
Diskussion über Staat und Markt praktisch beobachten
können. Wir Sozialdemokraten haben seit dem Godesberger Programm den Grundsatz: So viel Markt wie
möglich, so viel Staat wie nötig. Jetzt sehen wir, gerade
an den Diskussionen der letzten Jahrzehnte, dass alle
diejenigen, die den Staat aus der Regulierung vertreiben
wollten, heute vor den Scherben ihrer Politik stehen.
Alle Liberalen, innerhalb und außerhalb der FDP, haben
gegen die Regulierung durch den Staat gekämpft. Heute
sind sie diejenigen, die die Trauermärsche anführen.
({0})
So schnell kann man nicht vom Sünder zum Proselyten
werden in diesem Bereich.
All die stolzen Banker - erinnern Sie sich an die
Victory-Zeichen - haben sich als die wahren Wertschöpfer dieses Jahrhunderts dargestellt.
({1})
Sie haben sich als diejenigen gezeigt, auf die man hören
muss. Der Staat sollte möglichst weit weg bleiben. Wenn
heute der Staat und die Zentralbanken nicht wären, dann
wären all diese wertvollen und erfolgreichen Typen weg.
Dann wäre alles verbrannt. Die Finanzmärkte würden
sich selber kannibalisieren. Jetzt ist der Staat der Lender
of Last Resort. Wir sagen diesen Typen: Ihr habt einmal
so gewirtschaftet, wie ihr wolltet. Nie wieder! Wir werden euch auf die Finger schauen.
({2})
- Da kommen Sie schon wieder mit dem Zuruf „Verstaatlichung!“. - Das sind die Leute, die sagen: Der Staat
sollte fernbleiben, wenn es darum geht, den Alltag zu regulieren. - Kaum aber sind Milliarden verbrannt, kaum
sind Millionen Schicksale davon berührt - zum Beispiel
im Rahmen der Altersvorsorge -, dann schreit man nach
des Staates Hilfe und sagt dann, wenn er geholfen hat:
Nun geh wieder; nun wollen wir wieder alleine Beute
machen.
Wenn die Weltwirtschaft etwas daraus gelernt hat,
dann müssen jetzt all die guten Vorsätze, die die Bank
für Internationalen Zahlungsausgleich formuliert hat,
auch umgesetzt werden. Noch im April hatte man diese
guten Vorsätze, und die G 7 hat entsprechende Fristen
gesetzt. Je näher es zur Umsetzung kommt, desto zögerlicher wird man. Wenn man sieht, wie es in Amerika auf
den Finanzmärkten zugeht - wie in einem Westernfilm -,
weiß man, dass die Welt dafür sorgen muss, dass auf den
Finanzmärkten Recht und Ordnung herrschen und nicht
der Wilde Westen.
({3})
Seit 1998 haben sich alle sozialdemokratischen
Finanzminister weltweit bemüht,
({4})
ohne Unterstützung durch die Liberalen, ohne Unterstützung durch andere, zum Beispiel durch sogenannte Wissenschaftler. Was haben die uns in Frankfurt alles erzählt! Sie haben gesagt, dass man die Märkte sich selber
überlassen muss. Was haben die uns alles aufgeschrieben! Dies alles ist belegt und dokumentiert.
({5})
Daran werden wir uns deutlich erinnern. Wir bzw. die
Menschen haben hinterher die Folgen zu tragen. Also
werden wir diesen Wilden Westen nie mehr zulassen
können und unseren Beitrag leisten müssen. Ich hoffe,
dass die Staaten auf der IMF-Konferenz im Oktober etwas tun.
Auch die arroganten Engländer spüren, was sie angerichtet haben. Man muss sehen, wie stolz sie vor drei
Jahren argumentiert haben und wie kleinlaut sie jetzt daherkommen.
({6})
Man sollte sich einmal die ganzen Reden ansehen, in
denen wir Deutsche belächelt wurden und der deutsche
Finanzminister als Dorfdepp in der Finanzwirtschaft dargestellt wurde. All diese tollen Typen haben jetzt den Salat. Jetzt werden wir wieder Ordnung schaffen. Wir hoffen, dass wir genügend Unterstützung haben. Es gibt zu
viele, die dafür bitter gezahlt haben.
({7})
- Da sieht man einmal, wie objektiv wir sind. Wir sehen,
dass selbst ein Blair Blödsinn machen kann und dass wir
hinterher dafür büßen müssen. Da haben wir keine Hemmungen.
({8})
- Gerade ein Herr Kampeter, der immer mit den Jägern
gejagt hat und jetzt mit den Hasen flüchten will,
({9})
ist der Letzte, der uns Belehrungen erteilen kann. Aber
in aller koalitionären pflichtschuldigsten Liebe werden
wir das miteinander ertragen.
Meine Damen und Herren, unsere Hauptaufgabe ist es
jetzt, die Realwirtschaft von diesen Ereignissen abzukoppeln. Das hat uns am meisten zu beschäftigen. Viele
haben die Konjunkturausblicke bisher immer aus dem
Rückspiegel bezogen und gesagt: Na ja, so weit ist es
ganz gut gelaufen, das Wachstum ist gekommen. Nun
müssen wir aber miteinander zur Kenntnis nehmen, dass
auf der vor uns liegenden Wegstrecke mancher Baum
umgefallen und manche Straße nicht mehr passierbar ist.
Das ist etwas, was uns nicht ruhig lassen kann. Gefragt
ist aber nicht Laisser-faire, wie die Liberalen sagen, das
wird der Vater im Himmel schon richten. Wir haben eine
Verantwortung für die kommende Entwicklung.
Wenn wir sehen - ich nenne nur eine Branche -, dass
die Bauwirtschaft bezogen auf das Jahr 2000 im Bereich
des Wohnungsbaus schon heute einen Index-Wert von
unter 50 hat, dann ist klar, dass Handlungsbedarf besteht.
Wir haben aber auch Handlungsmöglichkeiten. Wir haben die Chance, die Bruttowertschöpfung zu steigern.
Mit bescheidenen Einsätzen können wir etwas tun, dass
die Konjunktur in den Wirtschaftsbereichen, in denen sie
auf die Binnennachfrage angewiesen ist, nicht abschmiert. Wir können wenig tun, was die internationalen
Verflechtungen betrifft. Im Bereich der Binnenwirtschaft
können wir aber eine ganze Menge tun.
Wir sind die Erfinder des Programms zur energetischen Gebäudesanierung. Wir wollen unsere öffentlichen, privaten und gewerblichen Gebäude bis zum
Jahr 2020 auf einen energetischen Standard bringen, der
der Situation auf den Weltenergiemärkten und den Notwendigkeiten des Klimaschutzes angemessen ist. Dadurch entstehen Wachstum, Beschäftigung und Wertschöpfung. Darum sollten wir beim Haushalt die
notwendigen Entscheidungen treffen.
({10})
Wir haben schon Erfolge vorzuweisen. Ich möchte
den Finanzminister ausdrücklich dafür loben, dass er die
Mittel für dieses Programm im Sommer binnen 14 Tagen um 500 Millionen Euro aufgestockt hat, damit dieses Programm keinen Fadenriss bekommt. Es hat sich
gezeigt, dass die Nachfrage größer ist, als man bisher gedacht hat. Ich bin nicht dafür, dass man dieses Programm
explosionsartig aufwachsen lässt, sondern dafür, Gespräche mit den beteiligten Kreisen zu führen und das Programm auf einen Wachstumspfad zu setzen, der sich
nicht auf die Preise auswirkt.
Hinzu kommt der ganze Bereich des Stadtumbaus,
der in das Ressort von Wolfgang Tiefensee fällt. Der
Stadtumbau erzeugt flächendeckend eine Nachfrage bei
Handwerk und Gewerbe und bringt gleichzeitig eine
nachhaltige Wertschöpfung mit sich. Wir haben hier die
Chance, mit einem überschaubaren öffentlichen Einsatz
eine hohe private Investition auszulösen. Wir haben in
Deutschland nach wie vor weit mehr Ersparnisse als Investitionen. Wenn es uns gelingt, einen Teil dieser Ersparnisse in Investitionen umzulenken, dann erreichen
wir unser Wachstumsziel, ohne das Konsolidierungsziel
zu schädigen. Herr Kampeter, man kann sich aus dem
Elend nicht heraussparen; das haben wir gelernt. Diese
Große Koalition hat 2005 gezeigt, dass wir aus dem
Elend herauswachsen können, und wir sind herausgewachsen. Darauf sind Sie neidisch. Sie haben uns die
Kohl’sche Katastrophe hinterlassen. Sie sollten ganz
kleinlaut sein, was den Haushalt und die Finanzen betrifft.
({11})
Konsolidieren und wachsen, das ist das Entscheidende.
({12})
Hinzu kommt: Wir brauchen ordentliche Löhne, damit
sich Arbeitnehmereinkommen in Kaufkraft verwandeln. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass wir zwar
über 1 Millionen Beschäftigte mehr haben, das Einkommen der Arbeitnehmer, gemessen am gesamten Volkseinkommen, aber nicht sonderlich gewachsen ist, weil
das untere Drittel der Einkommen besondere Probleme
hat. Wir haben Gott sei Dank starke Gewerkschaften. Im
Exportbereich und im Maschinenbau kann ein fairer Anteil durchgesetzt werden. Wir haben aber auch viele Bereiche, die schlecht organisiert sind und in denen nicht
angemessen gezahlt wird. Wir sind dafür, dass wir in
diesem Jahr zumindest den tariflichen Mindestlohn in
Kraft setzen; denn es gibt nur dann mehr netto, wenn wir
auch mehr brutto haben. Im unteren Bereich hilft eine
Steuersenkung nichts. Da helfen nur höhere Löhne und
Gehälter. Da helfen nur faire relative Preise. Mir kann
keiner erklären, dass derjenige, der eine Anlage sauber
hält, weniger produktiv ist als derjenige, der etwas erfindet oder produziert. Denn wenn die Anlage nicht sauber
wäre, wäre die Kreativität des anderen bald beim Teufel.
Man muss also Haupt und Glieder zusammen sehen.
Deshalb müssen wir für die unteren Einkommen gemeinsam eine Besserstellung erreichen. Dann haben wir
wieder Massenkaufkraft und der Konsum trägt zu
Wachstum und Beschäftigung bei.
({13})
Der Bundeswirtschaftsminister hat wieder seine
Atomarie gesungen.
({14})
Ich kann nur sagen: Jetzt endlich sind auch die Energieversorgungsunternehmen bereit, in erneuerbare und alternative Energien zu investieren. Wer davon den
Druck nimmt, versündigt sich an der Zukunft. Jemand,
der wie Bayern den Mist nur produziert und sagt, die
Niedersachsen sollen ihn nehmen, pflegt keine gute
Nachbarschaft. Man kann nicht sagen: Die einen sind
zum Putzen da und die anderen zum Protzen. Das werden wir Michael Glos nicht durchgehen lassen.
({15})
Sie haben gesehen: Sein Papier zur Energiepolitik war
nichts anderes als ein Wrapper, eine Tüte, um seine
Atomgeschichten durchzusetzen.
({16})
Mehr fällt ihm nicht ein, obwohl es gerade Herr Glos
war, der ein virtuelles Netz gestartet hat, in dem alle
Möglichkeiten der erneuerbaren Energien sogar grundlastfähig werden. Michael Glos weiß das also; zumindest
wenn er seine Sprechzettel liest, müsste er es wissen und
dürfte nicht wider besseres Wissen handeln. Deshalb
wird in diesem Bereich nichts gehen.
({17})
Meine Damen und Herren, wir stehen in der Weltwirtschaft und in der europäischen Wirtschaft vor ernsten
Herausforderungen. Ich denke, wir müssen alles tun, um
diesen Finanzmarktkapitalismus zu bändigen und diese
Kasinomentalität zu brechen. Das Wichtigste ist, dass
wir gleichzeitig die Realwirtschaft vor den Schäden aus
der Finanzindustrie bewahren. Das ist in Deutschland
noch leichter als in anderen Ländern. Diese Chance sollten wir nutzen, damit wir durchkommen. Aber wir sollten uns auch vornehmen, nie mehr wieder solche Zustände zuzulassen, die zu dem geführt haben, was wir
heute zu beklagen haben.
Vielen Dank.
({18})
Roland Claus ist der nächste Redner für die Fraktion
Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Es ist hochinteressant, Sie hier über die Zustände an den internationalen Finanzmärkten urteilen zu
hören. Begriffe wie „Gier“, „diese Typen“ und „Wildwestmentalität“ hören wir schon mit Interesse. Ich will
Sie nur daran erinnern, mit welchen Zwischenrufen Sie
solche Kritiken, wenn sie denn aus unserer Fraktion kamen, bislang belegt haben.
({0})
Ich glaube, die größte Fehleinschätzung, Herr Bundesminister Glos, haben Sie mit den Worten getroffen:
Es war eine Krise. - Ich muss Sie daran erinnern, Herr
Bundesminister Glos: Sie sind der Chef des Verwal18880
tungsrates der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau.
({1})
Die halbe Bundesregierung sitzt darin: Herr Steinbrück,
Herr Tiefensee, Herr Steinmeier.
({2})
- Bei dem Namen Lafontaine geht Ihnen offenbar jedes
Urteilsvermögen ab.
({3})
Erstens können Sie nicht einem Mitglied von 34 die Verantwortung zuweisen.
({4})
Zweitens hat gerade Herr Lafontaine Ihnen hier oft genug bewiesen, dass er völlig andere Schlussfolgerungen
aus der Situation gezogen hat als Sie.
({5})
Aber das hier ist natürlich ein maßgebliches Syndrom.
({6})
Deshalb hätten wir erwartet, Herr Bundesminister, dass
Sie über „diese Typen“ bei den Bankern nicht nur sinnieren, sondern dass Sie über Ihre Verantwortung als aufsichtführendes Gremium sprechen. Dazu sagten Sie aber
kein Wort. Das werden wir so nicht hinnehmen.
({7})
Natürlich wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau gebraucht. Es gibt eine ganze Reihe von Mittelstandsprogrammen, über die hier bereits geredet wurde; ein Beispiel ist das Gebäudesanierungsprogramm. Die Verluste
der KfW schmälern das Fördervolumen. Da können Sie
doch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen!
Sie meinen wohl, dieses Problem mit einer pauschalen Kapitalismuskritik, mit einer Kritik der Finanzmärkte übergehen zu können. Ich muss Ihnen sagen: So
werden Sie dieses Problem nicht lösen.
({8})
So kann Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht weitergehen.
Wenn Sie in dieser Woche wirklich nicht aus dem
Bundestag herausgekommen sein und nicht wahrgenommen haben sollten, welch tiefe Enttäuschung und welche
Empörung über diese Zustände in der Bevölkerung herrschen, dann verwechseln Sie den Bundestag mit dem
wirklichen Leben.
({9})
Diese tiefe Enttäuschung treffen Sie natürlich auch in
Bayern an. Natürlich können Sie vor der bayerischen
Landtagswahl in der nächsten Woche Ihre Sprüche machen. Aber ich frage Sie: Wo fing das Elend der aktuellen Finanzsituation denn an? Haben Sie etwa schon
vergessen, was bei der Bayerischen Landesbank geschehen ist? Ich sage Ihnen: Die Bayerinnen und Bayern
haben das nicht vergessen.
({10})
Herr Bundesminister Glos, eine radikale Kursänderung wäre notwendig. Ihr Etat ist aber ein Etat des
schlichten „Weiter so“. Wir können Sie nur auffordern,
wirkliche Veränderungen herbeizuführen und nicht nur
die Aufsicht ein bisschen zu verbessern.
Vielleicht können Sie dabei auch aus den Erfahrungen
in den Regionen lernen. In meinem Wahlkreis hat die
Linke einen Antrag gestellt, in dem es heißt, Körperschaften des öffentlichen Rechts, zum Beispiel Abwasser- und Abfallzweckverbände, sollten nicht spekulieren;
diesen Antrag haben CDU und Linke im Kreistag beschlossen. Ich sage Ihnen: Das ist ein öffentliches Signal, von dem die Bundesregierung jede Menge lernen
kann.
({11})
Sie beschwören in Ihren Reden gerne die Förderung
des Mittelstands, wir auch. Dafür haben Sie ein neues
Zauberwort erfunden: Zentrales Mittelstandsprogramm,
ZIM. Darüber haben wir schon in den Haushaltsberatungen im vorigen Jahr geredet. Sie haben gesagt, Sie wollen alles neu ordnen und eine Förderung aus einer Hand
betreiben. Das hört sich super an. Ich habe dann die
schlichte Frage gestellt, welche Telefonnummer diese
Einrichtung hat. Nach einem halben Jahr habe ich darauf
eine Antwort bekommen.
Als ich Ihre Verlautbarungen zu Ihrem Einzelplan gelesen habe, dachte ich, ich könne meinen Augen nicht
trauen. Darin heißt es, das am 1. Juli 2008 gestartete Programm werde viele Segnungen mit sich bringen. Von
diesem Programm haben Sie schon in den letzten Haushaltsberatungen geredet. Sie haben es bis zum Sommer
dieses Jahres aber nicht geschafft, es auf den Weg zu
bringen. Das ist Augenwischerei. Das ist keine Förderung des Mittelstands.
({12})
Zum Schluss muss ich Ihnen sagen: Auch hinsichtlich
der Förderung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern ist Ihr Etat eine Fehlanzeige. Die CDU meint in
ihrem Grundsatzpapier, das Wesen der Ostförderung erkannt zu haben. Sie schreiben, dass die Lohnstückkosten ein Standortvorteil sind. Damit meinen Sie niedrige Lohnstückkosten. Dazu kann ich Ihnen nur sagen:
Einer Politik, die meint, dem Osten mit Niedriglöhnen
zu helfen, geben die jungen Leute eine Antwort: Abwanderung. Dort, wo es im Osten aufwärts geht, haben wir
auch vernünftige Löhne. Ziehen Sie daraus endlich den
richtigen Schluss, und beenden Sie Ihre unselige Politik!
({13})
Das Wort erhält nun die Kollegin Kerstin Andreae,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir führen heute eine wirtschaftspolitische Debatte zum Haushalt. Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um einmal zu formulieren, was ich von einem Wirtschaftspolitiker und von einem Kabinett insgesamt
erwarte.
Ich glaube, eine Grundvoraussetzung ist, dass Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik aufeinander abgestimmt
sind. Seit längerem erleben wir allerdings ein böses
Schauspiel: Die Vorschläge, die Wirtschaftsminister
Glos macht, werden von anderen Kabinettsmitgliedern,
allen voran von Finanzminister Steinbrück, regelmäßig
kassiert. Das ist nicht das, was ich mir unter einem Wirtschaftsminister vorstelle, der zukunftsweisende Vorschläge
zur Lösung der großen Probleme und der Herausforderungen macht, vor denen wir stehen.
({0})
Beispiel Konjunkturprogramm, Beispiel Pendlerpauschale, Beispiel Steuersenkungen, alles wieder eingesammelt. Ich komme im Einzelnen noch darauf zurück.
Die Krönung des Ganzen war der blaue Brief von Finanzminister Steinbrück an Sie, Herr Glos. Ein blauer
Brief, den ein Lehrer an die Eltern schreibt, ist damit
verbunden, einmal richtig etwas auf die Finger zu bekommen. Auf dieser Ebene hat sich der Umgang zwischen Finanzminister und Wirtschaftsminister bewegt.
Aus meiner Sicht geht es nicht peinlicher.
({1})
Herr Glos, meine Empfehlung lautet: Denken, rechnen, dann reden.
({2})
Erstes Beispiel: Konjunkturprogramm. Die Presse
schreibt: Der Finanzminister stufte die Entwürfe aus
dem Hause Glos als wirkungslos ein. - Deutlicher geht
es nicht. Wenn Sie schon nicht dem Finanzminister glauben, wenn Sie schon nicht Ihrer Kanzlerin glauben, dann
sollte Ihnen wenigstens die Ausgabe des Handelsblatts
vom 29. Juli 2008 zu denken geben, in der steht „Linke
applaudieren Glos“. Das würde mir zu denken geben,
wenn ich ein Konjunkturprogramm auf den Weg bringe.
({3})
- Die Linke sagt, dass soll nicht wieder vorkommen. Das
liegt wohl weniger an den Inhalten, als an der Frage, wie
peinlich es ist, Glos zu loben.
Was Sie vorgeschlagen haben, trägt nicht. Kurzfristige Maßnahmen machen keinen Sinn. Das beste Konjunkturprogramm heute sind Strukturreformen, die die
Volkswirtschaft stabilisieren, um sie gegen Krisen weniger anfällig zu machen. Das sind aber langfristige Maßnahmen.
({4})
Das sind Maßnahmen im Bereich der Bildung, im Bereich der Kinderbetreuung und im Bereich der nachhaltigen Energieversorgung.
({5})
Nächster Vorschlag: Steuersenkungen. Mit der
Mehrwertsteuererhöhung haben Sie die Kaufkraft gesenkt. Jetzt zu merken, dass die Kaufkraft empfindlich
gesunken ist, ist ein bisschen wenig. Sie machen sich
vom Acker und sagen: Eigentlich müssen wir das alles
wieder zurückgeben. - Sie müssen sich entscheiden.
Entweder Sie treiben via Steuern die Einnahmen nach
oben, oder Sie versprechen Steuersenkungen. Beides zusammen geht aber nicht.
In Ihrer Rede vor ziemlich exakt einem Jahr haben
Sie gesagt: Alles, was auf Pump finanziert wird, lehne
ich natürlich ab. Prima, recht hat er. Was auf Pump finanziert wird, muss man ablehnen; denn das ist falsch.
Deshalb ist der Vorschlag, Steuersenkungen in den
Raum zu stellen, falsch, unseriös und ein leeres Versprechen, Herr Glos.
({6})
Drittes Beispiel: Pendlerpauschale. Man muss sich
bei den Vorschlägen immer fragen, ob jetzt Glos für
Huber schreibt oder ob Huber für Glos schreibt; denn Sie
machen sich zum Verfechter der Pendlerpauschale. Das
ist das Lieblingsthema der Bayern. Ich bin so etwas von
sicher, dass das Thema Pendlerpauschale nach der bayerischen Landtagswahl kein Thema mehr sein wird. Dann
ist das Thema versenkt.
({7})
Das heißt, dass Sie die Menschen für dumm verkaufen. Das werden sich die Menschen aber nicht gefallen
lassen. Ich schwöre Ihnen, dass Sie das in Bayern zu
spüren bekommen, Herr Glos.
({8})
Ein guter Wirtschaftsminister entwirft eine Politik,
die Antworten gibt auf die Risiken, vor denen wir stehen. Die großen Herausforderungen sind die Globalisierung, die demografische Entwicklung und vor allen Dingen Ökologie und Klimawandel. Um unter dem Druck
der Globalisierung, dem wir ausgesetzt sind, bestehen zu
können, brauchen wir Strukturreformen, um unsere
Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Das sind nun einmal
langfristig ausgerichtete Strukturreformen bei Bildung,
Kinderbetreuung und vor allem bei der Frage, wie wir
die vorhandenen Wissensressourcen nutzen können.
Eine dieser Hauptressourcen sind die Frauen. So leid
es mir tut, meine Herren dieses Hauses: Die Frauen sind
die Schlaueren, sie machen die besseren Schulabschlüsse und die besseren Studienabschlüsse.
({9})
Solange Sie aber nicht in der Lage sind, die „Ressource“
Frauen für die Wirtschaft zu nutzen, weil es nicht gelingt, die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
richtig auf den Weg zu bringen, stärken Sie uns nicht im
Rahmen der Wettbewerbsfähigkeit und geben nicht die
richtige Antwort.
({10})
Anderes Thema: Bildung. Das Wort Bildungsrepublik ist ein großes und wichtiges Wort, wir müssen sie
entwickeln. Wir haben nach wie vor die Situation, dass
10 Prozent der Jugendlichen eines Jahrgangs die Schule
ohne Schulabschluss verlassen. 25 bis 30 Prozent der Jugendlichen sind sogenannte sekundäre Analphabeten.
Das sind diejenigen, die die Wörter vielleicht lesen können, aber den Text nicht verstehen. An dieser Stelle müssen Sie ansetzen. Jeder Jugendliche muss eine Chance
bekommen und mitgenommen werden; denn sonst erhalten wir auch nicht unsere Wettbewerbsfähigkeit.
({11})
- Landtag, Bundestag, Bildung, bei dem, was Sie in der
Föderalismuskommission I gemacht haben, würde ich an
Ihrer Stelle einmal ganz ruhig sein. Sie haben doch selber Schuld daran, dass unsere Befugnisse beschnitten
sind und wir nicht in der Lage sind, wirklich Einfluss auf
die Bildungspolitik zu nehmen.
({12})
Thema Klimawandel und Ökologie. Die beste Antwort auf hohe Ölpreise ist die Strategie „Weg vom Öl“.
({13})
Die beste Strategie gegen hohe Strompreise ist nicht
„Atom“. Es ist müßig, zu sagen, dass die Strompreise in
Bayern und Baden-Württemberg am höchsten sind, obwohl der Anteil der Atomenergie am Strom dort am
höchsten ist. Das wissen wir inzwischen alle.
({14})
Herr Glos, Sie sind hier auf einem Irrweg. Sie agieren als
Lobbyist der Atomindustrie und rühren unermüdlich die
Werbetrommel für die Atomenergie.
Das Beste war Ihr Besuch auf einer finnischen AKWBaustelle. Was ist unserem Wirtschaftsminister Glos
dort eingefallen? Er hat sich geärgert, dass er das Eisbärbaby Flocke nicht dabei hat! Es wäre doch hübsch gewesen, mit dem Eisbärbaby Flocke vor dem Neubau eines AKWs zu stehen, um einmal deutlich zu machen, wo
es in unserer Zukunft hingehen soll. Herr Glos, das ist
peinlich.
({15})
- Nein, nein.
Noch einmal zum Bereich Energiewirtschaft. Der
Herr Wirtschaftsminister Glos kämpft in Brüssel unermüdlich gegen das Ownership-Unbundling, also gegen
die eigentumsrechtliche Trennung von Erzeugung und
Netz. Das ist deswegen interessant, weil die großen
Energieversorgungsunternehmen ihre Netze schon verkaufen wollen. Das ist ein Kampf gegen Mühlen, die
schon lange nicht mehr stehen. Das tut unser Wirtschaftsminister in Brüssel, anstatt sich wirklich Gedanken darüber zu machen, wie man Wettbewerb auf dem
Energiemarkt herbeiführt.
({16})
Bürokratieabbau. Auch das ist eines Ihrer Lieblingsthemen. Es ist aber übrigens sehr auffällig, dass das
Thema Bürokratieabbau in den letzten Wochen und Monaten immer mehr in den Hintergrund gerutscht ist.
({17})
Das liegt ein bisschen daran, dass die gesamte Projektarchitektur, mit der sich die Bundesregierung diesen Bürokratieabbau vorgenommen hat, von vornherein ein bisschen falsch war. Jedes andere Land in Europa hat sich
eine Legislaturperiode dafür vorgenommen, den Umfang
der Informationspflichten für die Unternehmen um
25 Prozent zu senken. Man beginnt im ersten Jahr, und
nach vier Jahren soll das Ziel erreicht werden. Deutschland sagt: fünf Jahre und 12,5 Prozent. Das macht sonst
nur noch die EU. Kein anderes EU-Land hat sich ein
solch wenig ehrgeiziges Ziel gesetzt.
Was wurde erreicht? Die Niederlande haben das geschafft. Sie haben den Umfang der Informationspflichten
für die Unternehmen um 25 Prozent gesenkt.
({18})
Wissen Sie, was das ist? Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen und den Mittelstand in den
Niederlanden gegenüber den Unternehmen und dem
Mittelstand in Deutschland. Das ist aber das, was ich von
einem Wirtschaftsminister erwarte: die wettbewerbliche
Situation der Unternehmen in Deutschland zu stärken.
({19})
Zuwanderung. Sie haben ein Gutachten in Auftrag
gegeben, in dem man zu der nicht ganz neuen, aber immer wieder notwendigen Darstellung kommt, dass wir
einen Fachkräftemangel haben. Im IT-Bereich fehlen uns
330 000 Akademiker. Was sagte der Wirtschaftsminister
Glos am 13. September 2008 in Spiegel online? Er sagte,
Deutschland könne nicht „massenhaft ausländische Arbeitnehmer holen, nur weil wir sie im Moment gerade
einmal brauchen“.
({20})
Das ist unfassbar. Es ist für mich nicht begreiflich, wie
ein Wirtschaftsminister im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit und das Finden von wirklichen Lösungen für
Probleme, die wir haben, solche kurzfristigen und kleinteiligen Antworten geben kann. Das erwarte ich nicht
von einem Wirtschaftsminister, Herr Glos.
({21})
Ich komme zum Abschluss. Sie sagten 2005, dass die
Konjunktur angezogen hat. Drei Jahre lang ging das gut.
Jetzt wird es wieder ein bisschen schlechter. Warum
hatte denn die Konjunktur angezogen? Meine Damen
und Herren von der SPD, sie hat unter anderem deswegen angezogen, weil Rot-Grün dringend notwendige
Reformen durchgeführt hat. Wir haben Strukturreformen durchgeführt.
({22})
Zu denen muss man im Übrigen auch stehen. Das ist
wirklich meine Botschaft an Sie.
({23})
Das waren notwendige Reformen. Ohne diese Reformen
von Rot-Grün hätte Schwarz-Rot nicht auf diesen wirtschaftspolitischen Aufschwung zurückschauen können.
Seit Beginn der Großen Koalition warnen Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat
davor, den unter Rot-Grün begonnenen Reformkurs aufzugeben. Genau das machen Sie aber. Sie geben den Reformkurs auf, und nach drei Jahren wundern Sie sich,
warum der Aufschwung nicht weitergeht und wir ins
Stocken geraten.
({24})
Das entspricht nicht dem, was ich von einem Wirtschaftsminister verlange. Ich verlange, dass er zukunftsweisende Antworten gibt. Das tun Sie nicht.
({25})
Frau Kollegin, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.
Ich achte auf die Zeit und bin auch gleich fertig. - Sie
sind auf dem Irrweg, Herr Glos. Sie sind ein Wirtschaftsminister, der nicht vom Kabinett getragen wird.
({0})
Sie sind ein Wirtschaftsminister, der den Reformpfad
verlassen hat. Sie sind ein Wirtschaftsminister, der einen
Haushalt gutheißt, mit dem trotz steigender Steuereinnahmen weitere Schulden gemacht werden. Sie sind ein
Wirtschaftsminister, der keine zukunftsweisenden Entscheidungen treffen kann. Sie sind ein Wirtschaftsminister, der auf die drängenden Fragen keine Antworten gibt.
Deswegen, Herr Glos, bin ich der Meinung, Sie sollten noch einmal in sich gehen und uns für das kommende Jahr bessere Vorschläge machen. Andernfalls
sehe ich schwarz für die Wirtschaftspolitik im kommenden Jahr.
Vielen Dank.
({1})
Das Wort erhält nun der Kollege Kurt Rossmanith,
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren Kollegen! „Forschungs- und Innovationspolitik
sind ein wichtiger Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit
Deutschlands.“ Das hat Angela Merkel dieses Jahr in einer Schrift über das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt geschrieben. Sie hat wie immer recht. In diesem Punkt, liebe Frau Andreae, gebe ich auch Ihnen
recht: Weil die Frauen so tüchtig sind, haben wir auch
eine Bundeskanzlerin. Dies wollen wir beibehalten.
({0})
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist auch ein Bundesministerium für Technologieförderung. Der Strauß, den Sie eben mit Ihren Ausführungen gebunden haben, ist mehr als welk. Deshalb ist es,
glaube ich, müßig, sich damit näher zu beschäftigen.
({1})
Ich will nur ein Datum nennen. 2005 - bis dahin haben Sie in der Regierung Mitverantwortung getragen -,
hatten wir 4,9 Millionen, fast 5 Millionen Arbeitslose.
Jetzt sind es knapp über 3 Millionen. Im August waren
es 3,1 Millionen Arbeitslose. Auch das sind noch zu
viele. Aber Sie sehen, dass wir etwas zuwege gebracht
haben, und zwar durch unsere Wirtschaftspolitik, durch
entsprechende Förderung und andere Maßnahmen.
Dabei sind wir, die wir im Haushaltsausschuss und im
Parlament die Verantwortung für den Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie tragen,
sehr bescheiden. Von den 288,4 Milliarden Euro, die der
Haushalt im Jahr 2009 umfassen soll, wird der Etat des
Wirtschaftsministeriums mit nur 6,4 Milliarden Euro bedacht. Dabei sind manche große Ausgabenbereiche wie
die Steinkohle vorgegeben. Wir bleiben hier erfreulicherweise zwar unter 2 Milliarden Euro, aber es sind immer noch 1,9 Milliarden Euro. Hoffentlich können wir in
den Beratungen noch das eine oder andere auf den Weg
bringen.
Kollege Brüderle hat von Krisenmanagement gesprochen. Ich möchte betonen, dass das in der Wirtschaft
derzeit nicht notwendig ist. Ich warne davor, wirtschaftspolitisch von einer Krise zu sprechen. Es ist sicherlich
richtig, dass es im Bankenbereich eine Krise gibt. Dass
das große Ärgernis, was die Kreditanstalt für Wiederaufbau betrifft, detailliert untersucht werden muss, ist klar.
Aber, lieber Kollege Stiegler, Sie sind schon seit Jahren Mitglied des Verwaltungsrats der KfW. Deshalb können Sie jetzt nicht einfach sagen „Haltet den Dieb!“.
({2})
Sie selber waren über Jahre dabei und sind es heute
noch.
({3})
Ich warne davor, Vorverurteilungen vorzunehmen. Sie
sollten vielmehr in sich gehen.
({4})
Natürlich muss alles detailgenau untersucht werden.
({5})
Ich könnte noch aus Ihrer Rede zitieren; das lasse ich
aber.
({6})
Ich sage Ihnen nur eines: Natürlich verlässt kein
Haushaltsentwurf das Parlament so, wie er eingebracht
wurde. Wir müssen uns gemeinsam anstrengen und darüber nachdenken, ob wir nicht dieses oder jenes noch
verbessern können, ob wir die Nettoneuverschuldung
möglicherweise nicht doch unter 10 Milliarden Euro
drücken können. Diesen Versuch sollten wir auf jeden
Fall starten. Aber das schließt nicht aus, dass wir dort die
Förderschwerpunkte setzen, wo es notwendig ist, und
zwar gerade im Mittelstand.
Lieber Kollege Rainer Brüderle, Sie sind sonst immer
der Wahrheit verpflichtet. Für den Mittelstand sind wir
gemeinsam. Dann sagen Sie bitte auch, dass die direkt
eingesetzten Mittel zur Förderung des Mittelstandes im
Haushaltsentwurf 2009 im Vergleich zum Haushalt 2008
einen wesentlichen Anstieg aufweisen und dass die Stärkung des Luft- und Raumfahrtbereichs vielen Mittelständlern zugute kommt. Es ist eine Mär, dass nur zwei,
drei ganz große Unternehmen davon profitieren. Nein,
im ganzen Land, von Füssen bis hinauf nach Flensburg,
vom wunderschönen Schwarzwald bis an die Oder, arbeiten Tausende Unternehmen aktiv in diesem Bereich.
Sie betreiben Forschung und geben unserer Jugend im
hochtechnologischen Sektor eine Chance.
Lassen Sie mich zum Mittelstand einen weiteren
Punkt anmerken. Sie haben gesagt, Bürokratieabbau
finde nicht statt. Frau Kollegin Andreae, Sie haben gesagt, davon höre man nichts mehr. Ich bitte Sie, das
Ganze zeitnah zu betrachten. Erst vor ein paar Tagen
wurde ein Bericht über den Bürokratieabbau im Mittelstand veröffentlicht.
({7})
Nicht nur der Bundeswirtschaftsminister, sondern auch
die Institute und die Verbände, sowohl der Zentralverband des Deutschen Handwerks als auch der BDI, sagen,
dass der Mittelstand aufgrund der in den vergangenen
drei Jahren beschlossenen Maßnahmen zum Bürokratieabbau - das spiegelt sich auch im Bundeshaushalt
wider - um 1,8 Milliarden Euro entlastet wurde.
({8})
Lesen Sie diesen Bericht! Das sollten Sie tun, bevor Sie
hier im Plenum eine Rede halten. Sicherlich gibt es immer sehr viel Material. Wenn man aber zu aktuellen
Sachverhalten Stellung nehmen will, dann sollte man
auch auf dem aktuellen Stand sein.
({9})
Der Minister hat überhaupt nichts zur Atomenergie
gesagt, auch nicht, dass wir die Atomenergie für alle
Ewigkeit brauchen. Es wäre aber Wahnsinn, sich von
heute auf morgen von einer Übergangsenergie wie der
Kernenergie abzuschneiden.
({10})
Wir müssen an der Kernenergie so lange festhalten, bis
wir genügend andere Möglichkeiten zur Energieerzeugung inklusive Maßnahmen zur Energieeinsparung haben. Liebe Grüne, Sie haben den Haushaltsentwurf sicherlich nicht gelesen. Wenn Sie es tun, werden Sie
sehen, dass die Fördermittel für alternative Energien einen enormen Anstieg aufweisen.
({11})
Herr Kollege!
Deshalb freue ich mich auf die Beratungen im Haushaltsausschuss und in den Fachausschüssen. Wir werden
sehr viel Gutes finden, aber auch Korrekturen vornehmen müssen. Ich freue mich auf die Diskussion und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
({0})
Ich erteile das Wort der Kollegin Ulrike Flach, FDPFraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Kurt Rossmanith hat gerade zu Recht auf die Rolle von
Herrn Stiegler bei dem IKB-Skandal hingewiesen.
({0})
Wer im Verwaltungsrat sitzt, muss natürlich aufpassen,
Herr Stiegler,
({1})
und darf hier nicht nur Kassandrarufe gegen das Kapital
loswerden.
Ich möchte an dieser Stelle einmal deutlich daran erinnern: Wer hat uns denn das ganze „Gedöns“ mit der
IKB eingebrockt? Das waren doch die Sozialdemokraten.
({2})
Ohne die Sozialdemokraten gäbe es überhaupt keine Beteiligung des deutschen Staates an der IKB.
({3})
Es ist schon bemerkenswert, dass Sie hier jetzt wilde Beschimpfungen gegen Leute aussprechen, die damit überhaupt nichts zu tun haben.
({4})
Aber lassen Sie mich jetzt auf den Haushalt eingehen; schließlich haben wir Haushaltsberatungen. Herr
Glos, Sie haben in diesem Jahr 6,37 Milliarden Euro in
Ihrem Einzelplan; das ist eine Steigerung von fast 3 Prozent. Sie haben eben auf Ihren Rivalen Sigmar Gabriel
hingewiesen. Im Verhältnis zu dem Etat von Herrn
Gabriel ist das fast ein Nullwachstum. Ich frage mich,
warum es Ihnen nicht gelungen ist, die unendlichen Erlöse aus den Emissionszertifikaten in Ihren Haushalt
hineinzulenken, wie es für Herrn Gabriel offensichtlich
eine Selbstverständlichkeit war. Mit dem Geld hätten Sie
Technologiepolitik betreiben und die eigenen Wachstumspfeiler stärken können, wie Sie es von Ihrer eigenen
Politik eben selbst gefordert haben.
({5})
Schauen Sie sich Ihren Haushalt doch einmal an.
Zwar haben wir im Jahr 2009 Aufwüchse. Aber in der
mittelfristigen Finanzplanung haben wir Stagnation bis
hin zu einem Abfall der Ausgaben. Welchen Schluss
ziehe ich als Liberale daraus? - Ganz offensichtlich ist
das ein reiner Wahlkampfetat, und ganz offensichtlich
scheinen Sie, Herr Glos, nicht fest mit einer Fortsetzung
Ihrer Amtszeit zu rechnen.
({6})
Die Ausgaben für die Technologieförderung Mittelstand - Kurt Rossmanith hat sie eben erwähnt - gehen
bis 2012 sogar herunter.
({7})
Die Gelder für Auslandsmessen stagnieren. Einzelne
Titel für die Technologieforschung, von der Sie auf Ihrer
Klausur gesagt haben, Sie wollten 3 Milliarden Euro zusätzlich dafür ausgeben, sinken sogar. Was ist das für ein
klaffender Unterschied zwischen der Realität und Ihren
Ankündigungen, Herr Glos? Schauen Sie sich nur einmal die Schifffahrt an. Die Inflation frisst das bisschen
Geld von 500 000 Euro, das sie dafür mehr ausgeben
wollen, Tag für Tag auf.
({8})
Das Wichtigste ist aber: Wir haben es im Technologieministerium mit einem Minister zu tun, dem die Visionen fehlen.
({9})
Sie leben einfach in den Tag hinein und wackeln bei
wichtigen Politikfeldern. Denken Sie nur an das große
Thema Mondfahrt. Wir haben jetzt die dritte Haushaltsberatung, in der wir nicht wissen, was der Staat bei
Raumfahrt und Mondfahrt machen wird. Jedes Mal wird
uns erzählt: Ja, wir wollen dort gerne einsteigen. - Aber
wenn wir in den Haushalt hineinschauen, müssen wir
feststellen: Nichts passiert! Sie lassen die Leute im Regen stehen,
({10})
und zwar auf einem Technologiefeld, von dem wir genau
wissen, dass die anderen längst an uns vorbeiziehen und
riesige nationale Programme fahren. Wir werden im
Endeffekt in die Röhre schauen.
({11})
Herr Glos, die Österreicher sind vor einigen Tagen
von einer EU-Arbeitsgruppe geprüft worden, und man
hat ihnen vorgeworfen, dass sie zu wenig Visionen haben, dass sie eine zu große Programmvielfalt haben und
dass sie sich verstricken, weil Ministerien gegeneinander
ankämpfen. Ich sehe im Augenblick bei dem von Ihnen
vorgelegten Haushalt an keiner Stelle einen Unterschied
zu Österreich. Wir hätten längst weiter sein müssen, und
zwar wesentlich weiter.
Als Fazit können wir nur sagen: Liberale verstehen
unter Technologiepolitik eine deutliche Investition in
das, was für die nächsten Generationen wirklich wichtig
sein wird. Das leisten Sie nicht. Sie haben versagt.
({12})
Ich vermute, dass uns auch in den letzten Monaten dieser
Bundesregierung nicht mehr geboten werden wird.
({13})
Das Wort hat nun die Kollegin Ute Berg, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Nach dem üblichen Schlechtreden von Frau
Kraft
({0})
- Frau Flach, Entschuldigung; das war eine Freud’sche
Fehlleistung ({1})
möchte ich jetzt einige positive Aspekte in den Vordergrund stellen. Allerdings möchte ich mit dem anfangen,
was wir in den letzten Tagen und Wochen in der Zeitung
immer wieder lesen mussten und was natürlich Anlass
zu Sorgen gibt. Ich meine die Hiobsbotschaften über
amerikanische Bankenpleiten. Das hat sich wie ein roter
Faden durch die Debatten des Deutschen Bundestages
gezogen.
Zunächst klang es wie ein Fall fürs Jugendamt: die
Misere der Sorgenkinder Freddie und Fannie, die in
staatliche Obhut gegeben werden mussten. Mittlerweile
hat sich die Pleitenserie zur schwersten Finanzmarktkrise der letzten Jahrzehnte entwickelt und belastet die
Weltwirtschaft erheblich. Weil der Staat nicht immer als
Supernanny einspringen kann, taumelt nun ein Bankenoder Versicherungsgigant nach dem anderen zu Boden.
Aber nicht nur die Auswirkungen der US-Immobilienkrise und die anhaltenden Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten, sondern auch der hohe Ölpreis hat
das Weltwirtschaftswachstum erheblich gedämpft: in
Europa und natürlich auch hier bei uns in Deutschland.
Deutlich spürbar ist, dass die Verbraucher enorm belastet
sind: Die Einzelhandelsumsätze gehen zurück, und die
Kaufkraft leidet unter der Verteuerung von Energie, aber
auch von Nahrungsmitteln.
Allerdings wächst unsere Wirtschaft unter dem
Strich weiter, und zwar allen Hiobsbotschaften zum
Trotz. Auch 2008 werden wir, aufs ganze Jahr gerechnet,
keine Rezession haben. Die vorsichtigsten Schätzungen
gehen davon aus, dass die Wirtschaft dieses Jahr um
1,7 Prozent wächst, also langsamer als letztes Jahr.
Trotzdem haben wir noch eine positive Bilanz zu verzeichnen. Damit sind wir sogar Konjunkturlokomotive
in Europa.
({2})
Die OECD bescheinigt unserer Wirtschaft insgesamt
eine hohe Widerstandskraft. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir entgegen den Empfehlungen mancher angelsächsischer Länder eben nicht vornehmlich auf
Dienstleistungen gesetzt haben, sondern dass wir die industriellen Kerne unserer Wirtschaft ganz stark in den
Vordergrund gestellt und sie nicht vernachlässigt haben.
Allerdings wird die Wirtschaftsentwicklung auch in
Zukunft durch hohe Energiepreise beeinträchtigt werden. Es wird immer deutlicher: Wir müssen weg vom Öl,
zumindest unabhängiger davon werden, als wir es heute
noch sind. Dafür wollen wir zwei Wege beschreiten: erstens mehr erneuerbare Energien nutzen, zweitens weniger Energie verpulvern. Das geht zusammen mit unserem Ziel, den CO2-Ausstoß zu senken.
Die Bundesregierung unterstützt diese Entwicklung.
Allein das Wirtschaftsministerium fördert die Energieforschung nächstes Jahr mit gut 170 Millionen Euro.
Im Mittelpunkt stehen dabei Forschungsarbeiten auf
dem Gebiet moderner CO2-emissionsarmer Kraftwerkstechnologien, die Forschung an Brennstoffzellen und
Wasserstoff sowie auf dem Gebiet des energieoptimierten Bauens.
Deutschland ist aber auch schon jetzt bei Produkten
und Dienstleistungen gut aufgestellt: 20 Prozent der
Umwelttechnologien auf dem Weltmarkt kommen aus
Deutschland. Deutschland ist international Markt- und
Innovationsführer bei Energieeffizienztechnologien und
bei der Energieberatung. Das bedeutet, dass wir durch
unsere Technologien enorme Einsparpotenziale schaffen und damit natürlich auch Kosten senken können. Wir
haben hier also eine zukunftsträchtige Stellung, wenn
man bedenkt, dass der Weltmarkt für Energieeffizienz
2005 ein Volumen von 450 Milliarden Euro hatte und bis
zum Jahr 2020 eine Verdoppelung auf 900 Milliarden
Euro ansteht. Das bedeutet für uns viele neue Arbeitsplätze und umweltschonender Energieeinsatz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein besonderes Gewicht haben wir in der Wirtschaftspolitik unserer Regierungszeit immer auf den innovativen Mittelstand gelegt. Wie ist es nun zurzeit um diese Unternehmen
bestellt? Die Innovatorenrate ist im letzten Jahr zwar gestiegen, aber im Wesentlichen durch Imitationen von
Produkten. Die Zahl der originären Innovatoren, die
wirklich Marktneuheiten hervorbringen, ist dagegen
leicht gesunken. Das ist natürlich nicht gut. Wir wollen
wieder mehr Unternehmen dazu bringen, verstärkt in
Forschung und Entwicklung zu investieren und wirklich
Neues auf den Markt zu bringen und dort auch zu halten.
Hier genau setzen wir mit der Innovationsförderung für
den Mittelstand an. Wir haben das ZIM, das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, schon mehrfach erwähnt. Da werden viele Aktivitäten gebündelt, und natürlich wird damit auch Bürokratieabbau betrieben, da
Bürokratie den Mittelstand sehr stark belastet, jedenfalls
viel stärker als größere Unternehmen.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung allein im Wirtschaftsetat steigen nächstes Jahr um
350 Millionen Euro auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Man
kann sich natürlich immer darüber streiten, Frau Flach,
ob das genug ist, aber es ist jedenfalls ein großer Batzen.
Ich finde, das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Das ist besonders wichtig in labileren weltwirtschaftlichen Verhältnissen, in denen Kreditvergaben besonders restriktiv gehandhabt werden. Da macht es Sinn,
innovative Unternehmen von staatlicher Seite verstärkt
zu unterstützen, damit sie sich auf dem internationalen
Markt behaupten können, damit sie Marktnischen besetzen können und dort sogar vielleicht Weltmarktführer
werden.
Trotzdem bleibt ein Wermutstropfen: Von unserem
Ziel, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung
und Entwicklung zu investieren, sind wir immer noch
ein ganzes Stück entfernt. Das betrifft aber den gesamten
Staatshaushalt, das heißt auch die Länder. Sie haben einen noch wesentlich größeren Nachholbedarf als wir.
Aber auch vonseiten der Wirtschaft sind weitere Kraftanstrengungen erforderlich. Ich bin wirklich sehr daran
interessiert, dass wir dieses Versprechen, das wir am Anfang dieser Legislaturperiode gegeben haben, nämlich
wirklich 3 Prozent zu investieren, halten.
({3})
Eines steht aber auch fest: Finanzielle Investitionen
verpuffen sehr schnell, wenn Unternehmen nicht die geeigneten Mitarbeiter finden. Der Fachkräftemangel ist
das Wachstumshemmnis Nummer eins für unsere
Wirtschaft. Bundesweit konnten im vergangenen Jahr
70 000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden, wie wir
wissen. Die Fachkräftelücke insgesamt hat zu einem
volkswirtschaftlichen Schaden von 18 Milliarden Euro
geführt.
Aufrütteln muss uns auch die neueste OECD-Studie.
Sie zeigt, dass wir im Bereich Bildung immer noch den
anderen Industrieländern hinterherlaufen. Wir haben
Nachholbedarf über den gesamten Bildungsverlauf gesehen. Wir müssen Kinder und Jugendliche viel individueller und intensiver fördern und unsere Integrationsbemühungen deutlich verstärken.
({4})
Insgesamt muss unser Bildungssystem durchlässiger
werden, sowohl im Schul- als auch im Hochschulbereich. Wir müssen die Hochschulen für junge Frauen und
Männer, die zwar kein Abitur haben, aber die durch ihre
Berufspraxis bewiesen haben, dass sie dazu in der Lage
sind, ein Studium aufzunehmen, öffnen. Wir müssen Anreize dafür setzen, dass mehr junge Menschen ein ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium oder eine
technische Ausbildung im dualen System aufnehmen.
Bund, Länder, Gemeinden und natürlich auch die
Wirtschaft sind gemeinsam gefordert, die schulische Bildung bzw. die Aus- und Weiterbildung qualitativ zu verbessern. Generell muss das Prinzip verantwortlicher Politik sein, den Menschen Chancen auf Teilhabe zu geben.
Das gilt für den Bildungsbereich, das gilt aber ganz
genauso und eng damit verknüpft für den Arbeitsmarkt.
Schließlich war das auch das Ziel der Arbeitsmarktreformen, die wir unter Rot-Grün beschlossen haben. Ich erwähne das sehr gerne, Frau Andreae. Das Ergebnis ist
ermutigend. Die Zahl der Arbeitslosen ist in den letzten
drei Jahren um fast 2 Millionen gesunken. In der Spitze
hatten wir im Jahr 2005 über 5 Millionen Arbeitslose.
Heute sind es gut 3 Millionen. Ich hoffe, dass die Zahl
der Arbeitslosen weiter sinkt. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit haben wir um 21 Prozent gegenüber dem letzten Jahr reduziert.
({5})
Inzwischen gibt es gut 40 Millionen Beschäftigte in
Deutschland. Das sind mehr, als wir je hatten. Allein im
letzten halben Jahr sind 600 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hinzugekommen.
Diese positive gesellschaftliche Entwicklung ist nicht
zuletzt auf die positive Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen. Diese zu verstetigen und in einen Trend dauerhaft höheren Wachstums zu überführen, wird die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre sein. Die
Schlüssel hierzu sind Forschung und Qualifizierung. Nur
durch weitere Anstrengungen auf diesen Feldern können
wir zukunftsträchtige Arbeitsplätze und Wohlstand sichern und der Dynamik der Zukunftsmärkte standhalten.
Vielen Dank.
({6})
Ulla Lötzer ist die nächste Rednerin für die Fraktion
Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kollegin Andreae, noch im Juni hatte Minister Glos aus seinem Haus verlauten lassen: Sollte sich das Konjunkturklima weiter eintrüben, müssen wir im Herbst - nicht
irgendwann in der Zukunft - über Maßnahmen reden,
die das Wachstum verstetigen können. Wir waren über
einzelne Maßnahmen sicherlich anderer Meinung. Aber
nach Rüffeln von Frau Merkel, nach der Standpauke von
Herrn Steinbrück ist Herr Glos eingeknickt: Im Haushalt
findet sich nichts davon. Dieser Haushalt ist die Kapitulation des Wirtschaftsministers vor dem Finanzminister
in Bezug auf konjunkturelle Maßnahmen.
({0})
Statt konjunkturstützende Maßnahmen vorzulegen,
versuchen Sie die ganze Woche, so auch heute, sich im
Glanz des vergangenen Aufschwungs zu sonnen. Aber
das geschieht zu Unrecht; denn die Fakten sind anders.
Auch in Zeiten der Globalisierung tragen Exportnachfrage und Investitionen allein einen Aufschwung nicht
längerfristig. Für die dafür immer noch notwendige Binnennachfrage haben Sie aber nichts getan, im Gegenteil. Als ein wichtiger Bestandteil ging der private Konsum mitten im Aufschwung 2007 zurück - einmalig in
der Geschichte. Das war das Resultat Ihrer Mehrwertsteuererhöhung, Ihrer Verweigerung der Einführung eines Mindestlohns, der Kürzung der Pendlerpauschale
und von vielem anderen mehr.
Schauen Sie dagegen auf Frankreich. Das Institut für
Makroökonomie und Konjunkturforschung hat die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder, Frankreichs und
Deutschlands, seit 1990, seit der Einführung der Währungsunion, verglichen. Die Bilanz ist für Ihre Regierung miserabel, aber auch für Rot-Grün, Kollegin
Andreae:
({1})
mehr Wachstum, weniger Arbeitslosigkeit im Verlauf
der gesamten Zeit und ein doppelt so hoher Beschäftigungsanstieg in Frankreich.
({2})
Das IMK, alle Interpretatoren und die Hans-BöcklerStiftung sagen deutlich: Das liegt an der unterschiedlichen Wirtschaftspolitik. Frankreich legte mehr Wert auf
den Binnenmarkt, erhöhte den gesetzlichen Mindestlohn, verkürzte die Arbeitszeit, sorgte für eine gleichmäßige Verteilung der Einkommen, und das, obwohl es
ebenfalls in den Weltmarkt eingebunden ist.
Für Sie und Ihre Regierung hat die Exportweltmeisterschaft aber Priorität, zum Preis von prekärer Beschäftigung und Armut durch Hartz IV. Ihr Ergebnis ist
die gespaltene Konjunktur. Das Ergebnis sind im Aufschwung seit 2000 der Abstieg des Anteils der Löhne am
Bruttoinlandsprodukt von 67 auf 61 Prozent, der Anstieg
der Armut von 10 Millionen auf 14 Millionen und damit
nicht nur die gespaltene Konjunktur, sondern auch die
gespaltene Gesellschaft.
Zu Ihrer Märchenstunde, Kollege Stiegler, die Regierung lege auf öffentliche Investitionen in die Zukunft
Wert und fördere diese. Auch das hält der Realität leider
nicht stand. Auch sie sind ein wichtiger Bestandteil von
Binnennachfrage. Insgesamt aber ist der Anteil der öffentlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt von
4,7 Prozent 1970 auf 1,5 Prozent während Ihrer beider
Regierungszeit gesunken. Deutschland ist auch hier
Schlusslicht im europäischen Maßstab. 2008 sollen die
Investitionen auf 24,7 Milliarden Euro abgesenkt werden und in den beiden Folgejahren bei 25,9 Milliarden
Euro stagnieren. Damit würde sich ihr Anteil an den Gesamtausgaben des Bundes auf einen historischen Tiefstand von 8,4 Prozent im Jahr 2012 reduzieren. Das Geld
fehlt für die von Ihnen vielbeschworene Bildung, Forschung, Innovation, ökologische Erneuerung und Infrastruktur.
({3})
Wir sind eben nicht nur wegen der Finanzmarktkrise
in Schwierigkeiten, sondern auch wegen der Binnenmarktkrise. Wir werden deshalb umso tiefer in den weltweiten Abschwung hineingerissen werden, wenn hier
keine Kehrtwende erfolgt. Das hat nichts mit Schwarzmalerei oder Nörgelei zu tun, sondern mit wirtschaftspolitischer Verantwortung. Wir brauchen hier eine Kehrtwende. Wir können nicht warten, bis die Wirtschaft in
die Rezession abgerutscht ist, sondern müssen jetzt handeln, um gegenzusteuern.
({4})
Das heißt erstens, die Einführung eines gesetzlichen
Mindestlohns, die Rücknahme der Rente mit 67, die gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit, die steuerliche
Entlastung des Mittelstands und Maßnahmen gegen die
Armut sind volkswirtschaftlich dringend erforderlich.
Sie, Herr Glos, reden heute von Maßnahmen zur Stärkung des Binnenmarkts und fordern im gleichen Atemzug die Gewerkschaften zur Lohnzurückhaltung auf.
Das ist ein Treppenwitz der Geschichte, aber keine Maßnahme zur Stärkung des Binnenmarkts.
({5})
Wir werden dagegen an Ihrer Seite stehen, wenn Sie in
den Tarifkämpfen jetzt tatsächlich volkswirtschaftliche
Verantwortung übernehmen - es geht um hohe Reallohnsteigerungen - und endlich etwas für die Stärkung des
Binnenmarkts tun.
({6})
Wir brauchen zweitens öffentliche Zukunftsinvestitionen in Bildung, in Ganztagsschulen, in den Ausbau
von Kinderbetreuungseinrichtungen, in den Krankenhausbereich, in die öffentliche Infrastruktur, in den ökologischen Umbau der Gesellschaft und der Produktion
sowie in Energieeinsparung und Energieeffizienz. Wenn
sich der Bund um diese Bereiche kümmert, wenn er sich
endlich wieder diesen Problemen stellt und dafür Geld in
die Hand nimmt, dann ist das kein verbranntes Geld. Im
Gegenteil: 30 Milliarden Euro Zukunftsinvestitionen
würden nur die dringendsten Bedarfe decken, die Konjunktur stützen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen
schaffen und so im Gegensatz zu Ihrer Sparpolitik sogar
zur Konsolidierung der Haushalte beitragen.
Frau Kollegin!
Mittel für Zukunftsinvestitionen sind nicht verbranntes Geld. Verbranntes Geld ist das, was auf den Finanzmärkten vernichtet wird. Hätten Sie nur einen kleinen
Teil davon vorher mit der Vermögensteuer weggesteuert
und in Zukunftsbereiche investiert, sähe die Lage heute
anders aus.
Ich danke.
({0})
Nächster Redner ist der Kollege Laurenz Meyer,
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In
einer schwierigen weltwirtschaftlichen Situation kommt
Deutschland bisher besser durch die Turbulenzen als
viele andere Länder. Woran liegt das eigentlich?
({0})
Laurenz Meyer ({1})
Michael Glos hat, wenn auch kurz, den entscheidenden
Punkt angesprochen - ich möchte uns alle darum bitten,
dass wir uns für die Zukunft stärker auf diesen Punkt
fixieren -: Es liegt daran, dass unsere Angebotsstruktur
im Weltmarkt eine andere ist, als andere Länder sie haben. Es liegt daran, dass Deutschland nach wie vor
Industriestandort ist. Deutschland muss Industriestandort bleiben, wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit
in der Welt behalten wollen.
({2})
Das Bekenntnis zur Industrie und zu den Industriearbeitsplätzen war lange Zeit unmodern. Ursache für die
Situation in Großbritannien und in anderen Ländern
- das ist in der Diskussion schon angesprochen worden ist, dass man gemeint hat, ausschließlich Dienstleistungsarbeitsplätze seien die Arbeitsplätze der Zukunft.
Ich danke dem Wirtschaftsminister dafür, dass er diesen
Punkt in großer Klarheit hier angesprochen hat. Das hat
nämlich Konsequenzen. Das hat Konsequenzen für das
Nachdenken darüber, wo wir unsere Schwerpunkte setzen müssen. Das ist einer der Gründe dafür, dass Forschung und Entwicklung auch im Industriebereich bei
uns einen solch hohen Stellenwert haben müssen; Gott
sei Dank ist deren Bedeutung auch gestärkt worden.
Ich bin ganz sicher, dass auf Deutschland wie auf
kaum ein anderes europäisches Land folgender Satz, den
die Bundeskanzlerin immer wieder gesagt hat, in ganz
besonderer Weise zutrifft: Wir müssen im Weltmaßstab
immer um so viel besser sein, wie wir teurer sind. Nur
dann werden wir unseren Lebensstandard halten können.
({3})
Dass wir die Schwerpunkte in den letzten Jahren entsprechend gesetzt haben, zeigt nun in einer Zeit von
Finanzmarktturbulenzen seine Wirkung.
Es hat ja offensichtlich auch ein Umdenken in der Bevölkerung bis in die Reihen der Grünen hinein stattgefunden. Ich denke etwa an die Beiträge von Joschka
Fischer zu Kohlekraftwerken. Es geht nämlich, Ludwig
Stiegler - ich halte Sie für einen so intelligenten Menschen, dass Sie hier heute manches vorgetragen haben,
was dem bayerischen Landtagswahlkampf geschuldet
ist, aber hinter dem Sie nicht voll und ganz stehen -,
nicht um die Frage, ob man Kernenergie oder alternative Energien nutzt.
({4})
- Hören Sie doch erst einmal zu, dann wissen Sie, wovon ich rede.
({5})
Wir haben uns doch gemeinsam darauf verständigt,
bis 2020 den Anteil der regenerativen Energien auf
30 Prozent zu erhöhen. Das ist wirklich ein ehrgeiziges
Ziel. Aber es muss immer auch eine Antwort auf die
Frage gegeben werden, woher die anderen 70 Prozent
für den Industriestandort Deutschland kommen sollen.
({6})
Dazu werden wir Kohlekraftwerke brauchen. Für eine
Übergangszeit, bis alternative Energien preisgünstig und
in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, werden
wir auch die Kernenergie brauchen, wenn wir nicht
gleichzeitig unsere Klimaschutzziele verfehlen wollen.
Das ist doch eine einfache mathematische Rechnung.
({7})
Dagegen darf man nicht ideologisch argumentieren. Gegen die mathematischen Grundrechenarten kommt nämlich keine Ideologie an. Das sollten wir einfach akzeptieren, wenn wir hier darüber gemeinsam diskutieren.
({8})
Es zeigt sich jetzt, dass die Instrumente wie Arbeitszeitverkürzung etc., die lange Zeit in Deutschland umgesetzt wurden und die Sie hier jetzt wieder vorgetragen
haben, liebe Frau Lötzer - ich nehme Ihnen wirklich
nicht übel, was Sie hier vorgetragen haben, aber das
muss jetzt einmal gesagt werden -, dazu geführt haben,
dass Deutschland zum Schlusslicht in Europa wurde.
Seitdem der Kurs geändert worden ist, ist Deutschland
wieder zu einem stabilisierenden Faktor in Europa geworden und steht mit an der Spitze der Entwicklung.
Ihre ganzen Ammenmärchen sind doch spätestens zusammengebrochen, als jüngst die Zahlen über die Armutsentwicklung vorgelegt wurden.
({9})
Dass 2006, schon ein Jahr nach dem Antritt der Großen
Koalition bzw. ein Jahr nach der Schlussbilanz von RotGrün, laut Armutsbericht 1 Million Menschen weniger
von Armut betroffen waren, zeigt doch, dass unsere Politik Erfolg hat. Ein Anteil daran hat natürlich auch die
frühere Bundesregierung.
({10})
- Jawohl, aber Sie wollen das heute wieder zu guten Teilen rückgängig machen. Es ist doch Unfug, etwas rückgängig zu machen, was den Menschen geholfen und
nicht geschadet hat.
Ich will auch ganz klar sagen - an der Stelle, Frau
Andreae, sollten Sie wie wir alle einmal ein bisschen
selbstkritisch sein -, dass ich es sehr begrüße, dass der
Punkt Bildung - Gott sei es gelobt - so in den Mittelpunkt gerückt ist. Auch das hat etwas mit dem eben genannten Prinzip „Wir müssen um so viel besser sein, wie
wir teurer sind“ zu tun. Die Qualität unserer Arbeitnehmerschaft ist nämlich unser großes Pfund im gegenwärtigen Prozess.
({11})
Nun leben aber die Kinder heute in anderen Familienstrukturen als vor 10 bis 15 Jahren. Die große Herausforderung - ich will das gerne noch ein wenig zuspitzen -,
vor der wir jetzt stehen, lautet, wie wir aus der Vielzahl
Laurenz Meyer ({12})
der Kinder, die bildungsfernen Elternhäusern entstammen, unsere Eliten rekrutieren können. Das ist die große
Aufgabe von Bildungspolitik. Jetzt frage ich Sie - deshalb eben mein Appell zur Selbstkritik -: Wer hat denn
lange Zeit die These bekämpft, dass man Deutsch können muss, wenn man in die Grundschule kommt, und
dies als Tabu hingestellt?
({13})
Ansonsten hat man doch keine Chance, eine vernünftige
Schulausbildung zu bekommen, einen Schulabschluss zu
machen und eine Berufsausbildung aufzunehmen. Wer
jedoch keinen Schulabschluss und keine Berufsausbildung hat - das zeigen die Zahlen doch eindeutig -, ist
später am meisten gefährdet, zu einem Langzeitarbeitslosen zu werden.
({14})
Deswegen gehört dazu, dass wir diejenigen, die nicht
freiwillig dazu bereit sind, diesen Weg zu gehen, auch
mit finanziellen Anreizen dazu zwingen, zu erreichen,
dass ihre Kinder Deutsch können, wenn sie zur Schule
kommen.
({15})
Leider Gottes sieht die Situation heute schlechter aus
als vor 10 oder 15 Jahren, weil wir zu lange hingenommen haben, dass zum Beispiel türkische Kinder in ihren
Familien nur Türkisch - vielleicht sogar nur gebrochen lernen, in jedem Fall nicht richtig Deutsch. Die Türken
können heute in Deutschland türkisches Fernsehen empfangen. Würden sie deutsches Fernsehen einschalten,
würden die jungen Türken zumindest über das Kinderprogramm Deutsch lernen. Das liegt an Ihrer MultiKulti-Philosophie.
({16})
- Nicht an Ihrer, Sie sind eine der wirklich Vernünftigen
hier, wenn ich das richtig einschätze.
({17})
Sie kennen sich doch in Berlin aus. Wir wissen, dass
zum Beispiel in Kreuzberg 50 Prozent der jungen Türken arbeitslos sind. Gleichzeitig haben 50 Prozent dieser
jungen Türken keinen Schulabschluss, keinen Berufsabschluss. Dadurch wissen wir, wo die Zusammenhänge
liegen und wo wir ansetzen müssen.
({18})
Es ist hier ausschließlich - mir leider zu viel - von
dem Bankenversagen der letzten Zeit gesprochen worden. Das alles ist jedem von uns bekannt. Ludwig
Stiegler, auch hier appelliere ich an die Basisintelligenz,
die ich kennengelernt habe.
({19})
Mich hat nicht am meisten geärgert, dass private Banken bei Spekulationen Geld versenkt haben. Das haben
sie ihren Aktionären gegenüber zu verantworten. Die
Aktionäre wären gut beraten, die Bankenvorstände, die
dafür zuständig sind, in die Wüste zu jagen. Mich hat am
meisten geärgert, dass öffentliche, dass staatliche Banken, die nach Basel II bei jedem Mittelständler hingeguckt haben, ob die Risiken zu groß sind oder ob er
Sicherheiten in entsprechender Höhe hat, bei Spekulationen mit Risiken mitgemacht haben, die völlig unüberschaubar waren.
({20})
- Genau die meine ich: die IKB, die WestLB. Deswegen
sage ich ganz klar: Den Unterschied macht nicht die
Frage nach einem privaten oder einem staatlichen Bankensystem aus. Den Unterschied macht die Frage nach
den Verhaltensweisen aus. Zumindest die staatlichen
Banken sind gehalten, sich um ihre eigentliche Aufgabe
zu kümmern. Eine Sparkasse, die nicht mehr für die örtliche Wirtschaft und die Bürger da ist, hat ihre Existenzberechtigung verloren. Das ist die These, die dahintersteht.
({21})
Wir behandeln auch die Grundlage dieser ganzen
Krise zu wenig. Grundlage ist, dass die Amerikaner, die
Engländer und zum Teil auch die Spanier über viele
Jahre ein gigantisches Konjunkturprogramm aufgelegt
haben, indem sie durch Anreize zugelassen haben, dass
sich die private Verschuldung in einem solchen Maße erhöht hat, dass das System irgendwann zusammengebrochen ist. Gleichzeitig haben sie die staatliche Verschuldung über alle Maßen in die Höhe getrieben. Der
Zusammenbruch war seit Jahren absehbar. Ich schließe
daraus, dass man solche Fehler durch staatliche Konjunkturprogramme, durch die man Geld in den Markt
pumpt, sich das aber irgendwann nicht mehr leisten kann
und dann die Zinsen erhöht, wodurch die Bürger die
Kredite nicht mehr zahlen können, nicht machen darf.
Diese ganze Sache platzt wie eine Blase. Das gleiche
System gibt es bei den Kreditkarten. Wir werden noch
aufpassen müssen, dass hier nicht die nächste Blase
platzt. Wir sollten alles dafür tun, dass wir zu soliden
staatlichen Finanzen kommen. Das ist unser Weg.
Gleichzeitig muss die Frage gestellt werden, wie wir
den Menschen in Deutschland dann, wenn wir die
Staatsverschuldung und die Neuverschuldung in den
Griff bekommen haben, parallel zu diesem Schlussprozess höhere Nettobeträge in den Taschen belassen können. Das ist der Schwerpunkt des politischen Handelns
in den kommenden Jahren. Der Prozess muss endlich gestoppt werden, dass den Menschen immer mehr abverlangt wird. Sie müssen netto endlich mehr von ihrem
Bruttogehalt in der Tasche behalten.
({22})
Ich sage kritisch auch in die Richtung der Koalition: Der
erste Beweis, ob wir unser Ziel erreichen, wird sein, ob
wir zum Wahltag die 40-Prozent-Grenze der SozialverLaurenz Meyer ({23})
sicherungsbeiträge erreichen. Da wird die erste Probe
aufs Exempel stattfinden.
Allen Beteiligten, ob in der SPD oder bei uns, sage
ich: Den Arbeitnehmern ist es völlig egal, ob wir die
Steuern oder die Sozialversicherungsbeiträge senken.
Bei den Steuern scheint mir auf mittlere Sicht der größere Handlungsbedarf wegen der Anreizwirkung. Aber
letztlich werden sich die Arbeitnehmer nur daran orientieren, ob sie mehr im Portemonnaie haben, und nicht
daran, aus welcher Quelle das Geld gekommen ist.
Vielen Dank.
({24})
Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Faße für
die SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland
ist und bleibt die Tourismuswirtschaft. Die Deutschen
wissen, was sie am Reiseland Deutschland haben. Es
bleibt in der Wertigkeit ihr Reiseland Nummer eins. Das
belegen nicht nur die Zahlen der vergangenen Jahre,
sondern auch die Zahlen von 2008. Wir haben in den ersten Monaten einen Zuwachs von 5 Prozent zu verzeichnen. Ich denke, das tut uns Deutschen sehr gut.
({0})
Wir haben auch einen Zuwachs an ausländischen
Gästen in Deutschland zu verzeichnen, über 5 Prozent in
diesem Jahr. Alle Hiobsmeldungen, die ich gehört habe,
dass auch diese Branche von den Energieproblemen,
über die wir heute diskutiert haben, schwer getroffen sei,
kann ich nicht bestätigen; dem ist bisher nicht so. Auch
die Buchungen für 2009 zeigen keine Einbrüche in diesem Wirtschaftszweig.
Daran, dass es der Branche so gut geht und dass wir
die Übernachtungszahlen haben steigern können, haben
viele in Deutschland mitgewirkt, vor allen Dingen
3,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie
haben eine gute Arbeit in der gesamten Branche geleistet. Gute Arbeit bedeutet natürlich auch guten Lohn für
diesen Wirtschaftszweig.
({1})
Deshalb müssen wir uns an dieser Stelle auch über das
Thema Mindestlohn unterhalten.
({2})
Es bedeutet aber ebenso gute Aus- und Weiterbildung
und guten Jugendarbeitsschutz. Darüber hinaus sind wir
in dieser Branche gemeinsam gefordert, gegen Schwarzarbeit anzugehen.
({3})
Auch die Tourismuswirtschaft hat ihren Anteil an diesem Aufschwung. Sie muss sich auf neue Bedingungen
und auf einen europäisch und weltweit sich verändernden Markt einstellen. Sie muss ihre Angebotspalette
ständig überprüfen und ihre Qualität steigern. Ich sage
ganz deutlich, dass ich sehr zuversichtlich bin, dass
Deutschland in diesem Wirtschaftsbereich gut aufgestellt ist.
({4})
Ein Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Deutschen Zentrale für Tourismus, die im Ausland
für Deutschland wirbt und im Auftrage der Bundesländer auch im Inlandsmarketing tätig ist. Den Haushaltsansatz für die DZT haben wir kontinuierlich erhöhen können. Das ist auch für das Jahr 2009 geplant. Man kann
sich immer mehr wünschen; aber natürlich ist nicht alles
machbar.
Mein Dank an dieser Stelle gilt auch dem Engagement des Leiters und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Seminars für Tourismus. Diese Institution, die sich in unserem Auftrag seit Jahren sehr
konsequent mit dem Thema Weiterbildung auseinandersetzt, hat eine gute Arbeit geleistet. Ich gehe davon aus,
dass die stattfindenden Überprüfungen dazu führen werden, dass es dieses Seminar, mit einem veränderten Angebot und einer anderen finanziellen Ausstattung, auch
weiterhin geben wird. Gerade im Bereich der Weiterbildung, die wir als SPD als sehr wichtig betrachten, ist
dieses Seminar nicht zu ersetzen.
({5})
Ich danke auch dem kleinen Team im Wirtschaftsministerium, das uns Ausschussmitgliedern bei der politischen Vorbereitung und bei den politischen Entscheidungen hilft und dienlich ist. Ebenso sage ich ein
Dankeschön an alle, die sich, zum Beispiel im Familienausschuss, in anderen Haushalten dafür einsetzen, dass
Gelder für den Tourismus freigegeben werden.
Meine Damen und Herren, die SPD und auch der gesamte Ausschuss fordern ein Leitbild für den Tourismus.
Wir - der Bund, die Länder, die eine große Verantwortung tragen, und die Kommunen - müssen die politischen Schwerpunkte für die Zukunft klar und deutlich
definieren. Sich den Herausforderungen der Zukunft im
Tourismusbereich zu stellen, heißt, sich ganz konsequent
mit dem Thema des demografischen Wandels auseinanderzusetzen. Begriffe wie „Gesundheitstourismus“,
„Medical Wellness“ und „barrierefreies Reisen“ bekommen eine sehr viel höhere Wertigkeit in unserer Gesellschaft. Reisen für alle, Komforttourismus für alle muss
unser Ziel sein. Wir haben gerade im Bereich der Barrierefreiheit sehr viel Arbeit vor uns. Das gehen wir gemeinsam mit dem Ministerium an. Hier sind wir auf einem guten Weg.
({6})
Der zweite große Bereich, dem wir uns stellen müssen, ist der Bereich des Klimawandels. Der Tourismus
ist Mitverursacher; wir alle wissen das. Aber auch er ist
von seinen Auswirkungen betroffen. In den Mittelgebirgen, zum Beispiel im Sauerland, setzt man sich schon
heute damit auseinander, welche Angebote man macht,
wenn der Schnee nicht mehr so fällt, wie man es sich
wünscht. Studien helfen, eine Basis für politische Entscheidungen und politisches Handeln zu schaffen. Ich
freue mich, dass wir hierfür weiterhin Gelder zur Verfügung haben. Ich freue mich, dass in 2009 eine Studie in
Angriff genommen wird, die sich mit der Entwicklung
der ländlichen Räume und der kleinen Städte befassen
wird. Wir wissen, die Städte boomen; aber in den ländlichen Regionen haben wir ein Problem.
Lassen Sie mich als Letztes Professor Opaschowski
aus seinem Buch Deutschland 2020 zitieren:
Urlaub, die populärste Form von Glück, muss im
21. Jahrhundert eine Dreifach-Qualität aufweisen:
Dazu zählen die natürliche Qualität ({7}), die materielle Qualität ({8}) und die immaterielle Qualität ({9}).
Daran lassen Sie uns alle gemeinsam arbeiten.
Danke schön.
({10})
Zu diesem Einzelplan liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.
Damit kommen wir zur Schlussrunde. Ich erteile als
erstem Redner das Wort dem Kollegen Dr. Hans-Ulrich
Krüger für die SPD-Fraktion.
({0})
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Im Jahre 2005 hatten wir im Bundeshaushalt eine Nettokreditaufnahme von über 30 Milliarden Euro.
({0})
Im Jahre 2009 werden wir eine geplante Nettokreditaufnahme von 10,5 Milliarden Euro haben.
({1})
Das ist - auch das ist wahr - die geringste Neuverschuldung seit der Wiedervereinigung und darf daher in dieser
Haushaltswoche mehr als einmal erwähnt werden.
({2})
Ich betone: Das Ziel, im Jahre 2011 keine weiteren
Schulden aufzunehmen, ist realistisch und bleibt mit
höchster Priorität bestehen. Dieses Ziel lassen wir uns
von niemandem - auch nicht von dem, der schon jetzt in
vorauseilender Angst meint, unterschiedliche Wachstumsprognosen interpretieren zu müssen - kaputtreden.
Unseren sozialdemokratischen Finanzministern der letzten Jahre, Hans Eichel und Peer Steinbrück,
({3})
gebührt für diese Leistung Dank und Respekt - für eine
Leistung, deren Durchsetzung nicht einfach war.
({4})
Ich warne eindringlich davor, in den kommenden
Wahlkämpfen - wie es einige schon wieder tun wollen Wahlgeschenke zu versprechen, die schlicht und ergreifend illusorisch und nicht finanzierbar sind und einen
Betrug an unseren Kindern und Kindeskindern darstellen. Denn das, was ausgegeben wird, muss zuvor eingenommen werden; das sollte uns allen klar sein.
({5})
Zusätzlich zu den mehr als 40 Milliarden Euro Zinszahlungen wird jeder weitere Schuldeneuro eine Überbelastung der künftigen Generationen darstellen. Das ist unverantwortlich.
({6})
Der Bund hat aber nicht nur die Pflicht, den Haushalt
zu konsolidieren; nein, er muss auch für die Menschen in
diesem Land investieren. Das tut er mit diesem Haushalt,
mit Investitionen in Höhe von knapp 26 Milliarden Euro; das ist eine Milliarde mehr als im Vorjahr.
({7})
In den nächsten Jahren können daher wichtige Zukunftsfelder auf hohem Niveau beackert werden, zum Beispiel
in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung,
auch im Bereich Klimaschutz.
In diesem Zusammenhang darf und muss man darauf
hinweisen - meine Vorredner aus dem Bereich Wirtschaft haben schon einiges angesprochen -, dass wir Sozialdemokraten die Menschen in diesem Land seit 1998
um mehr als 60 Milliarden Euro steuerlich entlastet haben. Wir nehmen also nicht nur unsere Verantwortung
für unsere Kinder und Kindeskinder ernst, nein, auch die
für alle Erwerbstätigen in diesem Land. Wer erinnert
sich heute noch an einen Eingangssteuersatz von
25,9 Prozent und an einen Spitzensteuersatz von
53 Prozent? Beides sind Steuersätze aus dem Jahr 1998.
Heute haben wir einen Eingangssteuersatz von
15 Prozent und einen Spitzensteuersatz von 42 Prozent
bei gleichzeitig erhöhten Grundfreibeträgen. Demgemäß
zahlt eine Familie mit zwei Kindern - dieses Beispiel
wurde zwar schon erwähnt, verdient aber eine Wiederholung - unter Berücksichtigung des Kindergeldes bis
zu einem Bruttoeinkommen von 37 600 Euro - das waren einmal ungefähr 70 000 DM - keine Einkommensteuer mehr; und das ist auch gut so.
({8})
Getreu dem Motto „Fördern und Fordern“ haben wir
Menschen in sozialen Notlagen aufgefangen. Ich erinnere hier nur an die erstmalige Erhöhung des Wohngeldes seit 2001. Ich erinnere daran, dass Hunderttausende
von Sozialhilfeempfängern aus dem Schattendasein der
Arbeitslosigkeit herausgeholt wurden. Diese Menschen
haben aufgrund der Förderung durch die Bundesagentur
für Arbeit eine deutlich bessere Chance, vermittelt zu
werden, als vor der Reform. Ich erinnere ferner daran,
dass Bezieher von Arbeitslosengeld II in den Schutz der
gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
einbezogen worden sind. Last, not least erinnere ich daran, dass mit zahlreichen Jobinitiativen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder eine Perspektive erhalten haben.
({9})
Wir haben ferner entscheidende Weichenstellungen in
der Familien- und Bildungspolitik des Bundes vorgenommen. Ich erinnere an das Elterngeld - 1,7 Milliarden Euro im Kalenderjahr 2007. Ich erinnere an die
4 Milliarden Euro, die wir für die Ganztagsbetreuung
zur Verfügung gestellt haben. In der Folge sind über
6 400 Ganztagsschulen auf- bzw. ausgebaut worden,
zum Nutzen der Kommunen, der Kinder und der Eltern.
Ich erinnere daran, dass die Kommunen um
1,5 Milliarden Euro entlastet worden sind, um die Betreuung von Kindern unter drei Jahren gewährleisten zu
können.
Diese Leistungen werden auch künftig erbracht werden. Sie sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Jeder, der in den vergangenen Wochen und Monaten
meinte, eine schnellere Haushaltskonsolidierung anmahnen zu müssen, der muss eine Antwort auf die Frage geben, ob die Menschen auf all die Leistungen, die ich soeben erwähnt habe, verzichten sollen. Ich denke, doch
wohl nicht.
({10})
Fakt ist aber auch - daraus mache ich keinen Hehl -,
dass die enorm steigenden Energiekosten und die immer
teurer werdenden Lebensmittel einen Teil der steuerlichen Vorteile der Bürgerinnen und Bürger auffressen.
Bei der Bewältigung dieses Problems muss man aber eines bedenken: Der Staat wird steigende Energie- und Lebensmittelpreise nicht mit Subventionen auffangen können. Dies hätte nämlich fatale Folgen. Ein staatliches
Aushebeln von Spekulationen und zum Teil künstlichen
Knappheitssignalen funktioniert eben leider nicht. Es
führt regelmäßig zu Budgetlükken, die zulasten künftiger Generationen gehen. Trotzdem ist für uns eine Reallohnstagnation wie jede Lohnstagnation nicht hinnehmbar. Wir müssen und wir werden reagieren. Die Ansätze
zum Mindestlohn sind erfolgversprechend und werden
von uns als Sozialdemokraten weiterentwickelt werden.
Ich fordere Sie alle auf, es uns gleichzutun.
({11})
Will man aber - auch das klang eben an - Menschen
mit geringem und mittlerem Einkommen helfen, dann
sind - das zeigt ein Blick in die Tabelle - weitere Steuersenkungen nur am Rande effektiv. Vor allen Dingen
Spitzenverdiener würden und werden hiervon vornehmlich profitieren. Denn für das Gros der Erwerbstätigen
sind Sozialabgaben heutzutage ein weitaus größeres Problem als die Steuerbelastung.
Fakt ist: Bei einem Jahresbruttolohn von 40 000 Euro
bei einem Ledigen und 60 000 Euro bei Ehegatten sind
die Sozialabgaben immer noch höher als die Einkommensteuerlast. So zahlt zum Beispiel eine alleinstehende
Arbeitnehmerin oder ein alleinstehender Arbeitnehmer
mit einem Jahresbrutto in Höhe von 20 000 Euro mehr
als 3 900 Euro Sozialabgaben und 2 000 Euro Steuern.
Ist der betreffende Arbeitnehmer verheiratet und erzielt
ein Jahreseinkommen von 35 000 Euro, summieren sich
die Sozialabgaben auf 6 900 Euro; die Steuerlast beträgt
dann 3 114 Euro. Im Gegensatz hierzu sieht diese Situation bei Einkommensmillionären vollkommen anders
aus. Sie haben - addiert man die Reichensteuer hinzu eine Steuerlast in Höhe von etwas über 45 Prozent, müssen jedoch nur 1,1 Prozent ihres Einkommens an Sozialabgaben entrichten.
Dies verdeutlicht: Unser primäres Ziel muss darin bestehen, wieder eine Sozialabgabenquote von weniger als
36 Prozent zu erreichen, wie wir sie vor der Wiedervereinigung hatten. Für eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer mit einem monatlichen Einkommen von
2 500 Euro würde dies eine Entlastung um 600 Euro im
Jahr, mithin eine Reduzierung um 10 Prozent ihrer bisherigen Sozialabgaben bedeuten, für einen Spitzenverdiener jedoch nur eine Reduzierung um 0,1 Prozent. Das
ist nicht nur hinnehmbar, das ist gerecht.
({12})
Dies alles hat viel mehr mit sozialer Gerechtigkeit zu
tun als Fantastereien bezüglich unseriöser und nicht zu
finanzierender Steuersenkungsmodelle.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Bundeshaushalt 2009 schließt sich der Kreis. Wir zeigen: Wir
sind auf dem richtigen Weg. Wir konsolidieren auf der
einen Seite und investieren auf der anderen Seite.
({13})
Das schützt unsere Kinder vor unzumutbaren Belastungen in der Zukunft und entlastet die heutigen Erwerbstätigen. Das verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit.
Ich danke Ihnen.
({14})
Nächster Redner ist der Kollege Otto Fricke für die
FDP-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist interessant. Wir hören hier eine schöne
Rede mit vielen Zahlen. Zum schlimmsten Thema, also
dazu, was die Große Koalition im Zusammenhang mit
der IKB und der KfW in finanzieller Sicht gegenwärtig
gemacht hat, wird nichts gesagt. Aber ich bin mir sicher,
der Minister wird uns, nachdem er schon auf einen spä18894
teren Rednerplatz ausgewichen ist, nachher noch einiges
dazu erklären.
({0})
Der Minister hat am Dienstag in seiner Einführungsrede zum Haushalt einiges dazu gesagt, wie die Lage in
Deutschland aussieht. Es klang staatstragend und verantwortungsvoll, aber er hat keine Konsequenzen gezogen.
Dabei hätten Sie doch die drei oder vier kleinen Schritte
erklären können, die die Folgen dieser Bankenkrise für
uns im Haushalt 2009 sein werden. Die Bankenkrise
wird sich auf die Realwirtschaft auswirken, die Realwirtschaft wird sich auf das Wirtschaftswachstum auswirken, das Wirtschaftswachstum wird sich auf die Steuerzahlungen auswirken, und die Steuerzahlungen werden
sich dann leider auf den Haushalt auswirken. Wir werden, wenn wir so weitermachen und wenn Sie, Herr Minister, nicht anfangen, ehrlich zuzugeben, dass das Wirtschaftswachstum sinken wird, spätestens nach der
Bundestagswahl einen Crash erleben.
Wir haben im Juli, als der Haushalt vom Kabinett verabschiedet worden ist, erlebt, wie man lächelnd sagte:
Wir haben den Haushalt im Griff, wir bauen die Neuverschuldung weiter ab. So ging man im Juli bei schönem
Wetter auseinander. Inzwischen hat sich das Wetter verändert, nicht nur draußen, sondern eben auch in der
Wirtschaft.
({1})
Von Westen kommen dunkle Wolken. Was ist nun mit
dem Regierungsschiff? Kapitän Merkel und Steuermann
Steinbrück stehen weiterhin auf dem Schiff und sagen
zwar, dass da, wo sie hinwollen, Wolken sind, aber sie
denken weder an Regenmäntel noch an Rettungswesten.
Sie steuern einfach weiter, und die Minister verteilen
weiterhin Sonnencreme und Sonnenschirme. So sieht es
doch bei der Regierung im Moment aus.
({2})
Wer die Debatte der letzten Tage verfolgt hat, konnte
feststellen: Kein Minister hat gesagt, dass sein Ressort
weniger Mittel bekommen hat. Jeder Minister hat gesagt: Mein Ressort hat etwas mehr Geld bekommen,
aber eigentlich hätte ich gerne noch mehr. - Gemeint ist
übrigens: mehr Geld von dir, lieber Steuerzahler. Das
wird aber nie laut ausgesprochen.
({3})
Wie sieht Ihre Schönwetterpolitik aus? Seitdem die
Regierung an der Macht ist, fällt das Wirtschaftswachstum von Jahr zu Jahr geringer aus: 2006 lag es bei
2,9 Prozent, 2007 bei 2,5 Prozent, 2008 wird es voraussichtlich bei 1,7 Prozent liegen - es könnte allerdings
auch weniger werden -, und für 2009 rechnen manche
Institute mit nur noch 0,2 Prozent.
({4})
Mit anderen Worten: Jedes Jahr, das die Große Koalition
regiert, bedeutet für den Bürger weniger Wirtschaftswachstum und mehr Zukunftsrisiken.
({5})
Die Risiken werden von Ihnen völlig ausgeblendet
und nicht erwähnt. Welche Risiken gibt es eigentlich?
Die Industrieproduktion geht zurück. Die Zahl der Auftragseingänge sinkt seit Monaten. Die jeweiligen Quartalszahlen zum Wirtschaftswachstum fallen immer
schlechter aus. Die Inflationsgefahr, die angeblich nicht
groß war, ist weiterhin vorhanden, wird aber ignoriert.
Über die kalte Progression freut sich der Minister sogar
klammheimlich. Er sagt sich wohl: Ein bisschen Inflation schadet nie. Denn dann kann ich mehr Geld einnehmen, und niemand merkt es. - Das sind keine Bedingungen, unter denen man versuchen kann, die Situation in
diesem Staat zu verbessern.
({6})
Hinzu kommt die Bankenkrise. Keiner von uns weiß
genau, was dabei herauskommt - keine Frage. Allerdings muss man sagen: Die KfW, die Kreditanstalt für
Wertverlust, und die IKB, das Institut kranker Bilanzen,
({7})
sind nur ein Teil des großen Problems, allerdings ein wesentlicher Teil. Denn in beide Banken
({8})
- das gilt übrigens auch für die Landesbanken, die heute
Morgen ebenfalls gemeldet haben, dass sie Milliardenverluste zu verzeichnen haben - hat sich der Staat in umfangreichster Weise eingemischt, und er meint immer
noch, sich dort weiterhin einmischen zu müssen.
({9})
Anstatt „Raus mit der Politik!“ zu sagen, setzt man
ein paar Verwaltungschefs und ein paar kleine Mitarbeiter vor die Tür. Politische Verantwortung wird an dieser Stelle aber nicht übernommen. Im Hinblick auf die
politische Verantwortung bei der KfW/IKB muss man
sagen: Es gibt nach wie vor ein Aufsichtsgremium, einen
Verwaltungsrat, der riesengroß ist, dem man kaum Informationen zukommen lässt, und, wenn überhaupt, dann
nur so spärlich, dass dort gar keine vernünftigen Entscheidungen mehr getroffen werden können.
({10})
Denken wir einmal daran zurück, was gesagt wurde,
als es vor ein paar Jahren um die IKB ging; es wird nämlich häufig völlig vergessen, wo das eigentliche Problem
bei der IKB lag. Im Jahre 2001 hieß es, übrigens auch
von Herrn Stiegler: Wir dürfen die IKB auf keinen Fall
an eine Heuschrecke verkaufen! Das war übrigens die
Royal Bank of Scotland. Was machen Sie jetzt, Herr
Stiegler? Was ist gestern beschlossen worden? Es wurde
vereinbart, die IKB an eine der größten Heuschrecken
überhaupt zu verkaufen, an Lone Star. Wer hat dem zugestimmt? SPD und Union. Das ist, mit Verlaub, eine
Verhohnepipelung der Wähler!
({11})
Man hätte die IKB nicht kaufen dürfen. Das wollen
Sie aber nicht wahrhaben. Diesen Fehler wollen Sie verdecken. Mein Vorwurf an die Große Koalition ist: Im
Jahre 2005 hätten Sie feststellen müssen, dass wir die
IKB noch immer haben. Wenn die CDU/CSU wirklich
noch ein ordnungspolitisches Gewissen hat, hätte sie sagen müssen: Wir wollen die IKB nicht. Dann hätte man
noch genug Zeit gehabt, sie zu verkaufen.
({12})
Gab es irgendeinen Versuch, die IKB zu verkaufen?
({13})
Nein. Man hat alles so belassen, wie es war. Denn es ist
ja schön, sich auch ein bisschen auf dem Privatsektor zu
betätigen.
({14})
Hätte man die IKB verkauft, hätten wir jetzt höhere
Privatisierungserlöse und geringere Zinsverluste. Vor allen Dingen hätten wir jetzt nicht all die Zuschusspflichten und wären nicht mit den Risiken konfrontiert, die uns
in den nächsten Jahren erwarten.
({15})
Das ist einer der größten Fehler, die die Große Koalition
gemacht hat. Jetzt versucht sie, ihn zu verdecken, indem
sie sagt: Eigentlich können wir nichts dafür. Es liegt am
Weltbankenmarkt.
({16})
Der Staat muss sich aus dem Bankenmarkt so weit
wie möglich heraushalten. Natürlich brauchen wir mit
Blick auf die Daseinsvorsorge des Staates eine Grundversorgung der Banken; das ist keine Frage. Das ist ein
Teil der sozialen Marktwirtschaft. Aber angesichts all
dessen, was bei der KfW nach wie vor getan wird und
was mit staatlicher Daseinsvorsorge wirklich nichts zu
tun hat, müssen wir schleunigst, allerdings nicht vorschnell, versuchen, zu privatisieren und dafür Erlöse zu
bekommen, anstatt zuzulassen, dass die Politik weiterhin
den Finger darauf hat.
({17})
Man muss ganz klar feststellen: Kaum bricht der Bankenmarkt zusammen, fällt auch die KfW in sich zusammen.
({18})
Ich frage mich immer wieder: Was wird wohl geschehen,
wenn einmal die Wirtschaft schwächelt? Sie haben bisher immer nur Schönwetterhaushalte vorgelegt; denn alles lief gut. Wenn Sie im Hinblick auf den Haushalt genauso agieren, wie Sie bei der KfW agieren, wenn so die
Reaktion der Großen Koalition auf schlechtere wirtschaftliche Zahlen im Jahre 2009 aussieht, dann kann
man nur sagen: Gute Nacht, Deutschland!
Ich möchte auf ein anderes Thema zu sprechen kommen. Herr Minister, Sie haben etwas Schönes gesagt:
Alle Kinder sind gleich. - Ich sage Ihnen: Jedes Kind ist
individuell, alle Kinder sind unterschiedlich.
({19})
- Sie sollen für den Staat alle gleich sein. Das ist noch
viel besser. Herr Steinbrück, dann frage ich mich Folgendes: Weshalb ist es so, dass das Kind eines Facharbeiters kostenlos in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert ist, der kleine Unternehmensgründer
mit drei Mitarbeitern jedoch, der in der privaten Krankenversicherung ist, pro Monat 100 Euro bezahlen darf
und dies noch nicht einmal steuerlich absetzen kann? Wo
sind da dem Staat alle Kinder gleich?
({20})
Hinzu kommt, dass die Große Koalition sagt: Lieber
Steuerzahler, der du deine Kinder privat versicherst, bitte
zahle noch zusätzliches Steuergeld für den sogenannten
Gesundheitsfonds, den die CSU inzwischen auch liebt.
Bitte zahle noch Steuergeld, damit wir die anderen Kinder kostenlos versichern können.
Das ist keine Gleichbehandlung. Sie machen Unterschiede. Sie sagen: Die einen sind gut, die anderen sind
böse, den Guten helfen wir, und den Bösen brauchen wir
nicht zu helfen. - Das kann doch nicht wahr sein.
({21})
Schauen wir uns einmal an, wie dieser 4-MilliardenEuro-Zuschuss wirkt. Die Ministerin wehrt sich über
Monate und Jahre hinweg gegen eine Prüfung durch den
Rechnungshof. Werden die gesetzlichen Krankenkassen
auch nur einmal an der Oberfläche geprüft, folgt Skandal
auf Skandal. Die Chefs bekommen ihr Geld. Es gibt
schöne Versorgungspöstchen. Es gibt hier noch ein Zusatzsalär und da noch ein Zusatzsalär. Ich bin gespannt,
wie viel Prozent der Beitragssatzsteigerungen der kommenden Jahre auf diesen Dschungel bei den gesetzlichen
Krankenkassen zurückzuführen sind. Bezahlen wird dies
zukünftig auch noch der Steuerzahler.
({22})
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben einen auf den ersten
Blick richtigen Satz gesagt: Die CDU habe aus der Verschuldung gelernt. Aus Fehlern zu lernen, ist immer gut.
Zum Thema Lernen haben Sie sich in letzter Zeit sehr
gut erkundigt. Interessant ist jedoch, ob Sie wirklich
beim Thema Verschuldung gelernt haben.
({23})
Das können Sie nicht bei Schönwetterhaushalten oder
bei einem Wahlkampfhaushalt, wie er jetzt vorliegt, machen. Die Frage, ob Sie aus der Vergangenheit gelernt
haben, wird sich beim Haushalt erst dann beantworten
lassen, wenn schwierigere Zahlen vorliegen und wenn
Sie dann versuchen, einen Haushalt gut hinzubekommen, ohne dass Sie bei den Leuten abkassieren und ihnen immer mehr Geld aus der Tasche ziehen. Dann wird
sich zeigen, ob Sie gelernt haben.
({24})
Frau Bundeskanzlerin, zudem hat mich verwundert,
dass der Finanzminister - ich bin sehr froh darüber - den
Franzosen deutlich gesagt hat, was er von Konjunkturprogrammen hält, nämlich nichts. Das ist auch richtig
so. Nur, Frau Bundeskanzlerin, ich habe nicht gehört
- vielleicht habe ich es überhört, lese es dann gerne
nach, oder Sie bestätigen es vielleicht jetzt -, dass Sie ab
Februar, wenn richtiger Wahlkampf herrscht, nicht zu
großen Konjunkturprogrammen ansetzen werden.
Die FDP wird Ihnen ganz genau auf die Finger
schauen,
({25})
ob Sie Versuche von Konjunkturprogrammen und von
Wählerberuhigungen machen, ob Sie Versuche unternehmen, wie sie die CSU gegenwärtig in Bayern unternimmt, die 19 Mal die Steuern erhöht und ein Mal bei
den Skiliften senkt und jetzt sagt: Tut uns leid, wir haben
es gar nicht so gewollt. - Das kann nicht die Politik sein,
die in den kommenden Monaten gerade bei diesem
knappen Haushalt kommen wird.
({26})
Für den Fall, dass die Frage gestellt wird, was wir anders machen würden: Wir werden ein Sparbuch vorlegen. Wir werden die sozialen Sicherungssysteme durch
die Umsetzung unserer Vorschläge wieder auf gesunde
Beine stellen. Wir werden für niedrige Steuern und dafür
sorgen, dass das Steuersystem einfach und gerecht ist.
Wir werden den Staat an den Stellen zurücknehmen, an
denen er nicht notwendig ist.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie nur deshalb
versuchen, die Steuern zu erhöhen, damit Sie wieder
neue Bereiche haben, in denen Sie dann Ihre politischen
Hände walten lassen können, obwohl die Bürger dies
selbst viel besser könnten.
Wir brauchen mehr Freiheit, aber auch - Herr
Stiegler, Sie wissen ganz genau, dass das zur Freiheit dazugehört - mehr Verantwortung. Damit das klar ist:
Dieser blödsinnige einfache Versuch ist nicht in Ordnung, zu sagen, dass all das, was liberal ist, gewissenlos
sei. Nein, alles, was liberal ist, bedeutet auch immer,
dass man Verantwortung hat. Gewissenlos sind die
Leute, denen eine ethische Grundlage fehlt. Ich habe das
Gefühl, dass das die Leute sind, die mit Steuergeldern
nicht richtig umgehen können, genauso wie die Leute,
die mit Privatgeldern nicht richtig umgehen können.
({27})
Wir verzeichnen weiterhin hohe Steuermehreinnahmen. Ist es dieser Bundesregierung mit dem Abbau der
Verschuldung aber wirklich ernst? Man hört jetzt schon,
wegen der Steuermehreinnahmen im Jahr 2008 müsse
man mit der Privatisierung nicht so schnell vorankommen. Na ja, nach den schlechten Erfahrungen, die RotGrün mit der Privatisierung der Bundesdruckerei gemacht hat, wäre ich froh, wenn diese Bundesregierung
nicht so viel privatisieren würde.
Jetzt aber ernsthaft: Privatisierung kann doch nicht in
Abhängigkeit von der Höhe der jeweiligen Neuverschuldung angegangen werden. Wenn die Privatisierung richtig ist, dann muss ich sie machen, und wenn sie falsch ist
- wie etwa bei der Bundesdruckerei -, dann darf ich sie
nicht machen. Sehen Sie also zu, dass Sie mit der Privatisierung in diesem Jahr schon weiter fortfahren; denn jeder vernünftige Euro, den Sie aufgrund einer Privatisierung erzielen, bedeutet gleichzeitig mindestens einen
Cent an Zinsen weniger, den die Steuerzahler bezahlen
müssen.
({28})
Ich komme zum Schluss. Wir sollten viel mehr daran
denken, wie wir die soziale Marktwirtschaft stärken
können. Mehr soziale Marktwirtschaft wagen - das ist
im Moment unsere Verantwortung. Die Betonung liegt
dabei auf „soziale“, aber es muss eben eine Marktwirtschaft sein.
Es ist eine alte Weisheit, dass die meisten Unfälle im
Haushalt passieren. Sie sind mit dem Haushalt 2009 gerade dabei, dies wieder zu beweisen.
Herzlichen Dank.
({29})
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege
Jochen-Konrad Fromme.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Fricke, ich bin sehr gespannt auf die Alternativen, die Sie uns im Laufe der Beratungen vortragen
werden, und ich hoffe, dass die Qualität gegenüber der
der bisherigen Sparbücher, die ja keine Sparbücher waren, deutlich steigt.
({0})
Ich glaube, durch die bisherigen Beratungen wurde
schon einiges deutlich gemacht, insbesondere, dass die
Linken langsam die Katze aus dem Sack und ihre Maske
fallen lassen. Wie das Beispiel Schaeffler zeigt, wollen
Sie nämlich eine andere Gesellschaftsordnung und Verstaatlichungen. Sie wollen eine steigende Staatsquote.
Sie sollten den Bürgerinnen und Bürgern dann aber bitte
schön auch sagen, was das Ergebnis ist. Das Ergebnis ist
nämlich eine Staatswirtschaft, wie es sie 40 Jahre lang
in einem Teil unseres Vaterlandes gab.
({1})
Sie sind doch erst zufrieden, wenn die Leute am Ersten
jedes Monats alles abgeben und Sie zuteilen können. Wo
das hinführt, haben wir gesehen.
Sie sollten dann auch einmal deutlich machen, dass
fast die Hälfte der Zinsen nicht für die Kosten der Wiedervereinigung gezahlt werden müssen, sondern dafür,
dass wir das, was Sie lange kaputt gemacht haben, wieder aufbauen mussten.
({2})
Was könnten wir mit diesen 20 Milliarden Euro im Jahr
nicht alles Gutes und Schönes machen!
Die Grünen klagen hier ständig ein, wir müssten die
Armut bekämpfen, und sie zitieren den Armutsbericht.
Ich darf zum Ersten sagen, dass der Armutsbericht für
den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2005 erstellt wurde.
Er ist also Ihre Schlussbilanz, nicht unsere augenblickliche Bilanz.
({3})
Zum Zweiten sollten wir uns darüber im Klaren sein,
dass in dem Armutsbericht die relative Armut beschrieben wird. Wenn wir es mithilfe der Steuerpolitik der Linken schaffen würden, die Reichen aus Niedersachsen zu
vertreiben, dann gäbe es plötzlich keinen Armen mehr,
obwohl sich für die Menschen gar nichts geändert hätte.
Umgekehrt: Wenn Bill Gates seinen Wohnsitz plötzlich
nach Deutschland verlegen würde, dann würde das
durchschnittliche Einkommen steigen und es gäbe mehr
Arme, ohne dass sich für die Menschen etwas geändert
hätte. Seien Sie deswegen etwas vorsichtig.
Ich kann Ihnen nur sagen: Durch den neuesten Bericht des DIW wird deutlich, dass Ihr Popanz wie eine
Seifenblase zerplatzt ist.
({4})
Es stellt sich jetzt nämlich heraus, dass sich die Dinge
verbessert haben. Deutschland ist durch unsere Politik
ein Stück gerechter geworden;
({5})
denn was ist denn besser für einen Arbeitslosen, als dass
er einen Arbeitsplatz bekommt? Es nützt ihm doch überhaupt nichts, wenn ich irgendeinem, der ein höheres Einkommen erzielt, ein bisschen weniger gebe oder ihm
mehr wegnehme. Davon hat der einzelne Arbeitslose gar
nichts. Sie sollten sich also auch einmal mit den Fakten
beschäftigen.
Sie sagen, dass unsere Politik unsozial ist. Das ist
eben falsch. Ich erinnere nur an das, was in der Debatte
angesprochen wurde: Wohngeld, BAföG, mehr für die
Familien. Schauen Sie sich einmal die Ausgabenblöcke
unseres Haushalts an. Allein der Sozialhaushalt hat einen Umfang von 125 Milliarden Euro. Davon sind
79 Milliarden Euro für die Rente, 4 Milliarden Euro für
die Krankenkassen und 6 Milliarden Euro für die Familien. Wenn das keine Sozialpolitik ist, dann weiß ich
nicht, was Sozialpolitik sein soll.
({6})
Lieber Kollege Hase - - Ach nein, ich meine ja Herrn
Stiegler.
({7})
Das, was Sie hier vorgetragen haben, war wirklich neben
der Sache.
({8})
Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen. Deswegen haben Sie sich jetzt auch verzogen. Sie
haben nämlich gemerkt, dass ich Sie hier einmal ansprechen wollte.
({9})
- Ja, das merkt man doch. Hasen haben in der Regel
Angst. Das ist eben so.
({10})
Was er zur Energiepolitik gesagt hat, ist völliger Unsinn. Wenn aufgrund von Knappheit oder mangelnder
Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage steigende Preise zu verzeichnen sind, dann müssen wir das
Übel an der Wurzel packen und das Angebot-NachfrageVerhältnis verändern. Subventionen oder Ähnliches sind
keine Lösung.
Wenn Sie sagen, dass Niedersachsen mit dem Atommüll nicht alleingelassen werden soll, sondern Bayern
auch etwas tun sollte, dann frage ich Sie, ob Sie für jedes
Bundesland ein Endlager wollen. Wer soll das denn bezahlen? Das ist völliger Unsinn. Wir müssen uns vielmehr darum bemühen, dass die Länder mit Standorten
dafür einen Ausgleich erhalten.
Sie haben die Grundlagen der Marktwirtschaft nicht
begriffen, wenn Sie meinen, dass günstige Strompreise
gewährleistet sind, solange es Atomkraft gibt. Solange
das Angebot kleiner ist als die Nachfrage, bestimmt der
Markt den Preis, völlig unabhängig von der Art der
Stromerzeugung und deren Kosten.
({11})
Deshalb wäre es sinnvoller, die Laufzeiten zu verlängern, weil dadurch sofort das Angebot gesteigert würde.
Diese Maßnahme könnte verhindern, dass die Preise
weiter steigen.
({12})
Wir sollten auch die Risiken dieses Haushalts berücksichtigen. Deswegen stelle ich an die Adresse aller Gut18898
menschen - damit meine ich das ganze Haus, aber besonders die Umverteiler der Linken - gerichtet fest: Wir
sind gerade mal in der Lage, aus unseren Einnahmen die
Zinsen, die in der Vergangenheit entstanden sind, zu bezahlen. Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, dass wir
zunächst einmal die Einnahme- und die Ausgabeseite in
Einklang bringen müssen, um auf Dauer nachhaltige
Finanzpolitik zu betreiben. Anders geht es nicht.
Ich bedaure es sehr, dass sich derzeit viele in der
Föderalismuskommission von der Schuldenbremse verabschieden wollen. Wenn es uns nicht gelingt, geeignete
Instrumente zu schaffen, um uns zu disziplinieren, dann
kommen wir niemals vorwärts. Politiker sind Menschen.
Menschen sind schwach und versuchen in Extremsituationen immer, auszuweichen.
({13})
Wir brauchen eine wirksame Schuldenbremse, um
dieses Thema in den Griff zu bekommen. Die erste Maßnahme muss darin bestehen, dass Bund und Länder damit beginnen, die Tilgung ihrer Schulden in Angriff zu
nehmen. Das unterscheidet uns von der kommunalen
Ebene: Sie sind nicht besser, weil sie bessere Politiker
sind, sondern sie sind in einer besseren Lage, weil wir
sie immer gezwungen haben, ihre Schulden zu tilgen.
Wenn Sie uns auf diesem Weg folgen, dann tun wir
etwas für die langfristige Entwicklung. Ich lade alle ein,
mit konstruktiven Vorschlägen zu einer Verbesserung
dieses Haushaltes beizutragen. Aber es müssen tragfähige Vorschläge sein, die die Ursachen an der Wurzel packen. Wir brauchen keine Scheingefechte oder einen
Wettbewerb um Wählerstimmen, in dem wir uns sozusagen gegenseitig überbieten. Wir brauchen eine solide
Haushaltspolitik. Der Entwurf ist ein richtiger Ansatz.
Helfen Sie uns auf diesem Weg! Machen Sie mit! Aber
lassen Sie Sprechblasen, die nur die Wähler verunsichern!
({14})
Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke die
Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.
({0})
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Schlechter hätte
die Haushaltswoche für den Finanzminister nicht laufen
können. Auf der einen Seite wollte er der Öffentlichkeit
zeigen, wie gut er mit Geld umgehen kann. Auf der anderen Seite wollte er uns Linken anhängen, dass wir nur
Geld ausgeben könnten. Aber dieser Plan ist gründlich
gescheitert, Herr Steinbrück.
({0})
Die staunende Öffentlichkeit konnte beobachten, wie
unter Ihrer Verantwortung, Herr Steinbrück, Geld einfach so verschwindet. Auf der einen Seite trauen Sie
Eltern nicht zu, 10 Euro Kindergeld mehr zu verantworten. Aber bei der IKB, die nachweislich nicht mit Geld
umgehen kann, sind Sie bereit, über Nacht Milliarden
locker zu machen, die dann für immer im Finanzstrudel
verschwinden. Das ist nicht hinnehmbar.
Ein aktuelles Beispiel - darüber ist schon viel gesprochen worden - haben wir in dieser Woche mit der KfW
erlebt. 300 Millionen Euro Steuergelder wurden einfach
verbrannt.
({1})
- Mindestens. - Wenn ein Arbeitsloser einen Fahrschein
im Wert von 2,10 Euro ersetzt bekommen möchte, dann
beschäftigen sich drei Sachbearbeiter und ein Referatsleiter mit diesem Anliegen.
({2})
Doch wenn 300 Millionen Euro oder mehr überwiesen
werden, dann geht das augenscheinlich automatisch.
Dann gibt es niemanden, der die Überweisungen vorher
kontrolliert. Das ist Steinbrück’sche Finanzpolitik.
({3})
Die Aufsicht über die KfW sollten eigentlich Herr
Steinbrück und Herr Glos wahrnehmen.
({4})
Beide haben wieder nichts gewusst. Beide kommen aus
dem Mustopf. Natürlich schiebt der Finanzminister die
Schuld auf die Bank, wie er es schon bei dem Skandal
um die IKB getan hat.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Koppelin?
Nein, Herr Kollege. - Damals war angeblich die Chefin der KfW, Ingrid Matthäus-Maier, die Parteikollegin
von Herrn Steinbrück, schuld. Frau Matthäus-Maier
musste ihren Hut nehmen, nicht der Finanzminister. Der
Finanzminister erklärte damals zum möglichen Nachfolger: Es wird ein Profi sein müssen, bei dem der Sachverstand eine Rolle spielt und nicht die Politik. Herr
Steinbrück, dieser Satz ist nicht nur arrogant, sondern
sagt auch viel über Ihr Politikverständnis aus. Sachverstand und Politik kommen bei Ihnen, Herr Steinbrück,
offensichtlich nicht zusammen.
({0})
Als Nachfolger wollten Sie also einen echten Profi nehmen. Er hat gleich das doppelte Gehalt bekommen. Der
erste Schritt war, 300 Millionen Euro an eine bankrotte
Bank zu überweisen. Herr Steinbrück, wann übernehmen Sie endlich die Verantwortung für Ihr ständiges Versagen bei der Kontrolle der KfW und für Ihre miserable
Personalpolitik?
({1})
- Wir können Herrn Steinbrück und Herrn Glos ruhig in
einem Zusammenhang nennen. Damit haben Sie recht,
Kollege Benneter.
Herr Steinbrück meinte in seiner Rede, dass das Menschenbild der Linken die Menschen zu Bittstellern, zu
Abhängigen und zu Verlierern mache.
({2})
Das ist wirklich unverschämt und eine Beleidigung der
Menschen. Nicht unser Menschenbild macht die Menschen zu Bittstellern, zu Abhängigen und zu Verlierern,
sondern die Politik der Großen Koalition.
({3})
Sie haben doch einen kannibalisierenden Arbeitsmarkt
geschaffen, der Millionen arbeitende Menschen zwingt,
als Bittsteller zum Staat zu gehen, weil der Lohn zum
Leben nicht reicht. Damit nehmen Sie den Menschen
ihre Würde. Sie machen sie zu Verlierern der Gesellschaft, nicht wir.
({4})
In der Debatte fiel oft - von den Kollegen der SPD
ausgesprochen - das Wort gesetzlicher Mindestlohn. Es
wurde gesagt, man müsse diskutieren. Der Vorredner
von der SPD sagte, man müsse über Ansätze von gesetzlichem Mindestlohn sprechen. Sagen Sie den Menschen
doch klar und offen, was Sie wollen,
({5})
und ergreifen Sie, wenn Sie es mit dem gesetzlichen
Mindestlohn wirklich ehrlich meinen, die Chance hier
im Parlament. Wir werden Ihnen auf jeden Fall immer
wieder Anträge dazu vorlegen. Stimmen Sie endlich der
Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zu!
({6})
Weiterhin wurde behauptet, dass die Linke eine antike
nationalökonomische Vorstellung als Antwort auf die
Globalisierung habe.
({7})
Auch das ist falsch. Diese Regierung will mit staatlichen
Mitteln verhindern - so wurde es im August im Kabinett
beschlossen -, dass ausländische Unternehmen deutsche
Unternehmen kaufen. Das ist Protektionismus. Ja, ich
sage ganz offen: Wir sind für die Regulierung der
Finanzmärkte. Doch das ist kein Protektionismus. Das
ist bitter nötig, wie wir in den letzten Tagen erfahren haben.
({8})
Die Finanzkrise ist auch ein Versagen der Finanzminister, die sich ständig irgendwo in der Welt treffen, aber in
der Frage nach strengeren Kontrollen und Regeln nichts,
aber auch gar nichts auf die Reihe bringen.
Ich sage auch ganz offen: Ja, wir waren dagegen, dass
Heuschrecken in Deutschland zugelassen werden; denn
wir wussten, dass sie Unternehmen zerstören und ausschlachten sowie die Arbeiter und Angestellten auf die
Straße setzen. Meine Damen und Herren von der FDP,
ich habe in Ihren Reden gehört, dass jetzt auch Sie vor
Heuschrecken warnen. Zu diesem Erkenntnisfortschritt
kann ich Ihnen nur gratulieren.
({9})
Auch Herr Müntefering, der sich häufig über Heuschrecken beklagt, hat zuvor den Heuschrecken die Lizenz
zum Ausweiden deutscher Unternehmen gegeben. Ja,
wir als Linke wollen Unternehmen sowie Arbeiter und
Angestellte vor solchen Übergriffen schützen. Wenn Sie
das nicht wollen, meine Damen und Herren von der
Koalition, dann sagen Sie das auch so deutlich.
Die Wirtschaftswoche hat die Pleiten der Heuschrecken zusammengefasst. Hier nur einige Überschriften:
Hertie - horrende Mieten, ATU - Expansion verpatzt,
Hugo Boss - Dividende auf Pump, neckermann.de Löhne gedrückt, Tank & Rast - total verschuldet, Märklin - Millionen für Berater, Rodenstock - Chefs in Serie. Stellen Sie sich doch nur einen Moment lang vor, wir
Linken wären an der Regierung
({10})
und trügen die Schuld an diesen Schlagzeilen, die
Schuld am Niedergang dieser traditionsreichen Unternehmen.
({11})
Herr Schäuble würde doch sofort die Bundeswehr gegen
uns einsetzen wollen.
({12})
Uns wird immer unterstellt, wir würden alles verstaatlichen wollen. Das ist eine absolut lächerliche Behauptung. Herr Steinbrück verstaatlicht gerade ein privates
Unternehmen, nicht wir als Linke. Aber ich will an die
Geschichte dahinter erinnern. Der ehemalige Finanzminister Eichel - er sitzt noch hier - hat die Bundesdruckerei in Berlin gegen den Protest der Linken an
eine Heuschrecke, den Finanzinvestor Apax, verkauft.
Apax bürdete dem Unternehmen dann hohe Schulden
auf und führte es damit an den Rand der Pleite. 2002
stieg die Heuschrecke wieder aus, und der Betrieb wurde
von einem Treuhänder verwaltet. Jetzt wird die Bundesdruckerei von CDU, CSU und SPD wieder verstaatlicht.
({13})
Damit Sie mich nicht missverstehen: Das ist eine richtige Entscheidung. Darum muss sich auch der Verfassungsschutz mit dieser Verstaatlichung nicht befassen.
({14})
Der Populismusvorwurf wird gerne von den anderen
Parteien gegen uns erhoben. Aber gerade in dieser Woche konnten wir gut mitverfolgen, wie unsinnig dieser
Vorwurf gegen uns ist, weil die Bürgerinnen und Bürger
den täglichen Populismus der Regierung erleben.
({15})
Mein Kollege Dr. Gregor Gysi hat in seiner Rede am
Beispiel der Pendlerpauschale und des Wahlkampfs
von Herrn Huber sehr schön dargestellt, was Populismus
ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, zumindest Sie haben in der nächsten Woche die Chance,
Herrn Huber und die Kollegen in Bayern zu unterstützen. Wir werden Ihnen nämlich einen Antrag zur Pendlerpauschale mit namentlicher Abstimmung vorlegen.
Ich bin einmal gespannt, wie das Abstimmungsergebnis
sein wird.
({16})
In der außenpolitischen Debatte wurden wir als Linke
heftig angegriffen, weil wir angeblich nicht solidarisch
und nicht verantwortungsvoll sind. Das will ich in aller
Deutlichkeit zurückweisen. Diejenigen, die uns mangelnde Solidarität mit der NATO vorwerfen, sind genau
diejenigen, die die Solidarität im eigenen Land untergraben.
({17})
Warum sollten wir mit einer NATO solidarisch sein, die
gegen das Völkerrecht verstößt und die Russlands
Sicherheitsinteressen verantwortungslos negiert und
das Land mit Raketen umstellt?
({18})
Diese friedensbedrohende Politik ist unverantwortlich
und wird von uns nicht unterstützt.
({19})
Wir als Linke sind der Auffassung, dass die globalen
Probleme nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden
können.
({20})
Sieben Jahre Krieg in Afghanistan sind ein trauriger Beleg dafür.
({21})
Es ist deshalb auch nicht nachvollziehbar, warum der
zweitgrößte Haushalt mit über 31 Milliarden Euro der
Haushalt der Bundeswehr ist. Die Bundeswehr wird
auch nicht volksverbundener und eine besonders überzeugende Parlamentsarmee, wenn vor dem Reichstag ein
Gelöbnis abgelegt wird,
({22})
das dann auch noch 1 Million Euro kostet.
({23})
Man kann die Rekruten nur davor warnen, den Worten von Altkanzler Schmidt, dass sie nie wieder missbraucht würden, zu glauben. Dieses Versprechen war
leichtfertig, und ich glaube nicht, dass die Mütter und die
Ehefrauen der in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten das so sehen wie Herr Schmidt.
({24})
Über die sinnlosen, Milliarden verschlingenden Rüstungsprojekte habe ich bereits gesprochen. Ich möchte
noch einmal in Erinnerung rufen, dass kein einziges
Rüstungsprojekt nach Beendigung des Kalten Krieges
beendet wurde, obwohl sich die Sicherheitslage so sehr
verändert hat. Es geht also nicht in erster Linie um die
Bekämpfung des Terrorismus und um die Sicherheit der
Bürger, sondern um hohe Dividenden für die Rüstungsaktionäre.
Wir als Linke werden Ihnen bei den Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen eine Reihe von Anträgen für mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Solidarität und
weniger Rüstung im Haushalt 2009 vorlegen. Wenn Sie
unseren Vorschlägen folgen, haben Sie die Chance, dazu
beizutragen, dass es in unserem Land gerechter zugeht.
Vielen Dank.
({25})
Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem
Kollegen Koppelin.
Verehrte Kollegin, Sie haben eben über die KfW und
über die aus meiner Sicht ausgesprochen skandalösen
Vorgänge gesprochen, die sich dort abgespielt haben. Da
gestern der Verwaltungsrat getagt hat, frage ich Sie:
Können Sie mein großes Bedauern darüber verstehen,
dass ich den Kollegen Oskar Lafontaine bei dieser Sitzung vermisst habe?
({0})
Da Sie über die Heuschrecken gesprochen haben
- gestern ist der Verkauf der IKB an Lone Star beschlossen worden -, können Sie sicherlich mein großes Bedauern auch darüber verstehen, dass ich nicht die Unterstützung des Kollegen Oskar Lafontaine hatte, als wir
dagegen gestimmt haben. Ihn habe ich dort sehr vermisst.
({1})
Verehrte Kollegin, ich muss sagen, es hat mich sehr beruhigt, dass ich heute Morgen - so hat man mir gesagt Interviews von Oskar Lafontaine hätte hören können, in
denen er sich über diese Sitzung geäußert hat.
Verehrte Kollegin, was ich nicht fair finde - damit
will ich weder die Regierung noch irgendjemanden sonst
in Schutz nehmen -, ist, dass Sie hier die wahre Lehre
verkünden, aber dann, wenn Sie etwas tun können, etwa
in Abstimmungen, kneifen und nicht da sind.
({2})
Frau Kollegin Lötzsch, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten
Damen und Herren, ich denke, es ist in aller Öffentlichkeit klar geworden, dass wir
({0})
uns als Linke gegen die Verscherbelung der IKB gewandt haben.
({1})
Es wurde zugelassen - auch dagegen haben wir uns gewandt -, dass 10 Milliarden Euro - so ist das Tableau
des Finanzministeriums - verbrannt wurden.
Ich habe eigentlich eine Anmerkung wie die Ihre eher
aus der Regierungskoalition erwartet. Bei jeder Gelegenheit, bei der die KfW erwähnt wird, fällt der Name Oskar
Lafontaine.
({2})
Sie scheinen der Überzeugung zu sein, dass in diesem
Land allein Oskar Lafontaine regiert.
({3})
Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Treten Sie doch
einfach alle zurück, wenn Sie diese Überzeugung immer
zum Ausdruck bringen, und übergeben diese Tätigkeit
an Oskar Lafontaine.
({4})
Lieber Herr Kollege Koppelin, hinsichtlich Ihrer
Frage zur Aufklärung dieser Vorgänge möchte ich Sie
herzlich bitten, uns nicht weiter daran zu hindern, endlich einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen
bei der IKB auf den Weg zu bringen.
({5})
Es wäre eine vernünftige Sache, hier gemeinsam vorzugehen. Dabei könnten wir bei der Aufklärung sehr gut an
einem Strang ziehen.
Vielen Dank.
({6})
Nun hat der Kollege Omid Nouripour für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
Kollegin Lötzsch, ich habe noch immer nicht verstanden, wo Oskar Lafontaine gestern war. Aber vielleicht
bekommen wir das noch heraus.
({0})
Erlauben Sie mir noch eine Vorbemerkung. Sie haben
gerade davon gesprochen, dass Ihre Partei antimilitaristisch sei und es Ihnen darum gehe, den Einflussbereich
der NATO zu beschränken, um es einmal mit meinen
Worten auszudrücken. In dieser Woche fand die Abstimmung über den Einsatz im Sudan statt. Bei diesem Einsatz im Sudan ging es nicht um die NATO, es ist eine
UN-geführte Mission. Es ging nicht darum, eventuell auf
Menschen zu schießen. Es ging darum, Konvois mit Lebensmitteln, die für Flüchtlinge in Lagern bestimmt sind,
zu beschützen. Auch gegen diese Mission haben Sie gestimmt.
({1})
Daher müssen Sie sich den Vorwurf anhören, dass Sie
keine verantwortungsvolle Außenpolitik betreiben.
({2})
Zum Haushalt.
O Glaubensvater, sieh die Not, in der wir uns befinden.
So beginnt ein katholisches Kirchenlied. Es ist dem
Apostel der Deutschen, dem heiligen Bonifatius, gewidmet.
({3})
Ich hatte diesen Vers in dieser Woche einige Male im
Kopf, als ich der Einbringung des Haushalts zugehört
habe. Was mussten wir dabei erleben? Wir sahen einen
Finanzminister, der uns wieder und wieder erzählt, 2011
gebe es einen Haushalt ohne Schulden. Wenn das nicht
der Fall sein würde, so hat er versprochen, dann werde er
im Jahre 2011 zurücktreten. Welch ein manifestes Versprechen!
„Heiliger Bonifatius, hilf!“, kann ich da nur sagen,
dass wir im nächsten Jahr bis zur Bundestagswahl noch
unbeschadet davonkommen und dass dann endlich diese
schwarz-rote Trauergemeinde auseinandergeht.
({4})
Der Haushaltsentwurf 2009 liegt jetzt zusammen mit
dem Finanzplan bis 2012 auf dem Tisch. Die riesengroße
Verpackungsüberschrift ist „Konsolidierter Haushalt“.
Schade, dass man auch da genau hineinschauen muss,
um festzustellen, ob es so ist, zumal ich gerade nach dieser Woche nicht nur das Gefühl habe, dass Sie das nicht
schaffen werden; ich habe vielmehr das Gefühl, dass Sie
gar kein Interesse daran haben, das zu schaffen. Das ist
ein Problem für dieses Land. Es ist viel von Zukunft gesprochen worden. Ich habe den Eindruck, Ihr Begriff
von Zukunft reicht bloß bis zum 27. September 2009.
Dann wird nämlich gewählt. Sonst hätten Sie nicht einen
ausschließlichen Wahlkampfetat vorgelegt. Das ist ein
riesengroßes Problem. Wir werden in den Ausschusssitzungen alles daransetzen, dies zu ändern.
({5})
Unser Maßstab für den Haushalt ist der Dreiklang von
Schuldenabbau - das machen Sie nicht -, Investitionen in die Zukunft - das machen Sie nicht - und Entlastung der Bürgerinnen und Bürger - auch das machen Sie
nicht. Alle nur denkbaren Ziele, die man für einen Haushalt haben kann, werden von Ihnen nicht erreicht. Das
Schlimme daran ist, dass die Voraussetzungen zur Konsolidierung für das Jahr 2009 so gut sind wie schon
lange nicht mehr. Der Kollege Krüger hat vorhin leider
nicht gesagt, dass die Einnahmen 25 Prozent höher sind
als zu Zeiten von Hans Eichel. Sie haben leider auch
nicht erwähnt, dass in diesem Jahr und im Jahr 2009 mit
voraussichtlich 250 Milliarden Euro so viel wie noch nie
eingenommen werden wird. Sie haben vor allem nicht
gesagt, dass dies damit einhergeht, dass man wiederum
10,5 Milliarden Euro auf Kosten der Kinder und der
Kindeskinder dieses Landes pumpt.
({6})
Sie, Herr Minister, haben Ihre Amtszeit mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer begonnen. Sofort danach haben Sie versprochen, es werde mehr Netto geben. Ich
habe in den letzten Monaten keine Normalverdiener gesehen, die behaupten konnten, sie hätten jetzt mehr Netto
auf dem Konto. Ein Beispiel: Am 1. Juli ist der Pflegeversicherungsbeitrag um 0,25 Prozentpunkte gestiegen.
Sie konnten nicht einmal versprechen, dass es ein kleines bisschen mehr Netto geben würde; denn wir werden
ab dem 1. Januar das unglaubliche Projekt namens Gesundheitsfonds haben, das alle Hoffnungen auf mehr
Netto zugrunde richten wird. Der Streit geht darum, ob
die Beiträge um 0,8 oder 1,3 Prozentpunkte steigen werden. Das ist vollkommen unklar.
({7})
- Ich habe Sie, Herr Kollege Kampeter, akustisch leider
nicht verstanden. ({8})
Ihr Zahlenwerk ist ungefähr so solide wie die Zwischenrufe des Herrn Kampeter.
({9})
Der Haushalt ist mit heißer Nadel gestrickt. Sie gehen
davon aus, dass die Einnahmen des Bundes bis in alle
Ewigkeit steigen und eines Tages die Einnahmenkurve,
steil von unten kommend, die Kurve der Ausgaben
schneiden wird. So funktioniert Ihre Konsolidierung im
Jahr 2011. Spannend. Die Einnahmesteigerung ist für
Sie so sicher wie das Amen in der Kirche. Verstehen Sie
mich nicht falsch: Auch als Muslim halte ich sehr viel
vom Amen in der Kirche. Ich habe da großes Vertrauen.
Ich habe aber kein Vertrauen, wenn bei der Haushaltskonsolidierung nicht seriös kalkuliert wird, nicht entschlossen gespart wird und wenn nicht sinnvoll umgeschichtet wird.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel für den Finanzplan. Sie
wollen bis zum Jahre 2011 2,7 Milliarden Euro bei den
Ausgaben für das Arbeitslosengeld II einsparen. Jeder
Einzelne und jede Einzelne in diesem Haus wünscht sich
selbstverständlich, dass die Zahl derjenigen, die Arbeitslosengeld II erhalten, sinken wird. Aber wir haben unglaublich große Konjunkturrisiken, zu denen Sie nachher hoffentlich etwas sagen werden. Diese werden
selbstverständlich einen Einfluss auf den Arbeitsmarkt
haben. Deshalb ist das Augenwischerei. Oder haben Sie
etwa die paar Spinner, über die ich in den letzten Tagen
lesen durfte, dass sie der Meinung sind, mit 132 Euro im
Monat könne man wunderbar klarkommen, eingestellt,
damit sie für Sie den Haushalt aufstellen? So könnte ich
mir erklären, wie Sie 2,7 Milliarden Euro beim ALG II
einsparen. Sozial wäre das allerdings nicht.
({10})
Sie selbst, Herr Minister, haben in dieser Woche gesagt, die Finanzkrise sei unfassbar und die Konjunktur
„drehe in Abschwung“. Gleichzeitig planen Sie immer
noch ein Wachstum von 1,5 Prozent bis zum Jahr 2011
und 1,2 Prozent für das Jahr 2009 ein. Wie das zusammenpasst, werden Sie uns auch gleich erklären. Auch
das habe ich noch nicht so ganz verstanden. Vor allem ist
mir aufgefallen, dass Sie in dieser Woche die Haushaltsreden halten, aber die Erklärung zur Finanzkrise erst
nächste Woche abgeben und die ganze Zeit so tun, als
habe das eine auf das andere gar keinen Einfluss. Ihr
Wort in Gottes Ohr. Ich glaube das allerdings auf keinen
Fall. Das werden Sie spätestens nächste Woche zugegeben haben.
({11})
Jetzt zum Haushalt 2009. Ich will nicht falsch verstanden werden: Wir wollen nicht nur sparen. Wir wollen auch investieren. Das ist uns wichtig, und wir sind
der festen Überzeugung, dass wir uns sonst die Zukunft
verbauen würden. Wir wollen aber an den richtigen Stellen investieren. Wir wollen in den Klimaschutz, in die
Bildung, in die Familienförderung, in die Kinderbetreuung und in die Entwicklungszusammenarbeit investieren.
Noch einmal: Dabei muss man ein paar Tage weiter
als bis zum nächsten Wahltag denken. Das kommt im
Haushalt 2009 aber leider nicht zum Ausdruck. Ich kann
Sie nur warnen: Ihre Wahltaktik bei der Haushaltsaufstellung wird nicht aufgehen.
Ende nächster Woche werden in Bayern Landtagswahlen stattfinden. Dort gibt es das Duo infernale
Beckstein und Huber.
({12})
Die beiden gehen von Wahlzelt zu Wahlzelt und versuchen, die Menschen zu begeistern. Wenn das nicht funktioniert, dann versprechen sie halt ein paar Milliarden
mehr und gehen weiter auf ihrem Kriegspfad mit den
Grundrechenarten. Ich prophezeie Ihnen: Das wird nicht
gut gehen. Die Menschen lassen sich ganz bestimmt
nicht für dumm verkaufen. Ich kann nur hoffen, Herr
Steinbrück, dass Sie sich davon belehren lassen und die
richtigen Konsequenzen ziehen.
({13})
Wir haben Ihnen in den Jahren seit 2005 vorgerechnet, wie man eine Haushaltskonsolidierung bis zum
Jahre 2009 zustande bringen kann. Wir haben Ihnen vorgerechnet, wie man die notwendigen Investitionen trotzdem tätigen kann. Wir waren der festen Überzeugung,
dass dies das beste Wahlgeschenk ist, das man den Menschen in diesem Land, ihren Kindern und ihren Kindeskindern geben kann. Das ist besser, als Schulden zu machen, die sie dann tilgen müssen, Herr Steinbrück.
Stichwort „Investitionen“: Ich möchte zwei Beispiele
für nach unserer festen Überzeugung sinnvolle Investitionen bringen.
Erstes Beispiel: der Bereich Klimaschutz. Beim Klimaschutz geht es darum, dass die Weltsicherheitslage,
die Weltwirtschaftslage und auch die Klimaberichte den
Schluss nahelegen: Wir müssen weg vom Öl. In diversen
Beschlüssen der Koalition, etwa nach Klausuren, ist immer irgendwo zu finden: Wir müssen weg vom Öl. Aber
das Geld, das man braucht, um zum Beispiel die dafür
notwendige Forschung zu betreiben, steht leider nicht in
dem notwendigen Maße zur Verfügung. Wir werden in
den Haushaltsberatungen Anträge stellen, um dies zu
ändern. Wir haben Ihnen bereits gezeigt, wie man für
Klimaschutz 10 Milliarden Euro mehr einsetzen, gleichzeitig aber 20 Milliarden Euro Subventionen, die umweltschädlich sind, streichen kann. So funktioniert eine
gescheite Haushaltspolitik.
({14})
Zweites Beispiel: Datenschutz, das Thema des Sommers. Wir hatten etliche Skandale. Auch die Letzten in
der CDU/CSU-Fraktion, die der Meinung waren, Datenschutz sei bloß ein Hindernis bei der Bekämpfung von
Verbrechen, sind mittlerweile auf die Idee gekommen:
Datenschutz ist kein Luxus. Der Haushalt des Bundesministeriums des Innern beinhaltet einen Aufwuchs um
533 Millionen Euro. Dadurch werden unter anderem
130 neue Stellen geschaffen; das ergibt sich durch das
BKA-Gesetz. Diese Stellen werden zu dem Zweck geschaffen, mehr, mehr und immer mehr Daten zu sammeln. Gleichzeitig sagte der Minister in der Sommerpause: Wir brauchen keine neuen Gesetze für
Datenschutz, wir brauchen mehr Kontrolle. - Die Anzahl der Datensätze steigt, aber der Bundesdatenschutzbeauftragte bekommt keine einzige neue Stelle. Meine
Frage ist: Wer um Gottes willen soll diese ganzen Daten
überhaupt noch kontrollieren, wenn Sie in den Datenschutz kein Geld investieren?
({15})
So funktioniert Datenschutz nicht.
Diese Beispiele sind aus meiner Sicht sehr charakteristisch für den ganzen Haushalt: Draußen werden Reden
geschwungen, die sich in der nackten Realität der Zahlen
nicht widerspiegeln.
Ich freue mich sehr auf die Haushaltsberatungen.
({16})
- Ja, wir alle freuen uns sehr. - Wir werden den Maßstab
des Dreiklangs anlegen. Wir wollen es doch noch zustande bringen, Schulden abzubauen, in die Zukunft zu
investieren und die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.
Noch einmal: Das ist unser Maßstab. Ich weiß, dass das
ein Balanceakt ist. Sie, Herr Minister, haben versucht,
einen solchen Balanceakt zu vollführen.
Ich habe diese Woche in einer Frauenzeitschrift gelesen - wir als Opposition versuchen überall, wo es geht,
die Regierung zu kontrollieren, und lesen alles, was wir
in die Finger bekommen -, dass die Frau Kanzlerin
selbst zugibt, dass sie nicht so gut auf einem Schwebebalken balancieren kann - das kann ich auch nicht - und
dass sie es gerne können würde. Wenn ich mir diesen
Haushalt anschaue, dann kann ich nur sagen: Ein Balanceakt funktioniert so nicht. So werden Sie vom
Schwebebalken auf die Nase fallen. Das wäre vielleicht
ein Grund für Schadenfreude, wenn es für das Land
nicht so traurig wäre.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({17})
Für die Bundesregierung hat das Wort nun Herr Bundesminister Peer Steinbrück.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ich möchte mich für die meisten Beiträge in dieser Haushaltsdebatte sehr herzlich bedanken. Ich möchte
mich insbesondere für die Unterstützung aus den Reihen
der Koalitionsfraktionen bedanken. Nachdem ich den
Beitrag von Frau Lötzsch gehört habe, möchte ich mich
auch ausdrücklich für alle Beiträge von FDP und Grünen
sehr herzlich bedanken.
({0})
Ich werde mich mit diesem schwurbeligen Brei aus
Antikapitalismus und Antirüstung, internationalem Finanzkapital und Relikten aus Marxismus und „Senilismus“ nicht lange beschäftigen können, Frau Lötzsch.
({1})
Da ist alles drin - mit jedem Vorurteil behaftet und natürlich auch mit dem Versuch, bei denjenigen, die dafür
vielleicht empfänglich sind, entsprechende Reflexe auszulösen.
Zwei, drei Sachen lasse ich nicht stehen:
Erstens. Wenn Sie wirklich der Auffassung sind, dass
Verwaltungsratsmitglieder für die Organisation eines
konkreten Zahlungsverkehrsvorgangs in einer Bank oder
in einem Unternehmen verantwortlich sind, dann sollten
wir zur Naturalwirtschaft zurückkehren.
({2})
- Da wollen sie hin.
Zweitens. Wenn ich jemandem abspreche, über die
Kontrolle von Zahlungsverkehrsvorgängen reden zu
können, dann sind Sie das. Ich verbinde das mit der Fragestellung, wo die Milliarden des SED- und des DDRVermögens geblieben sind.
({3})
Da kommen Sie nicht raus! Solange Sie das nicht aufgearbeitet haben, können Sie mit mir darüber nicht reden.
Ich frage Sie ganz konkret: Wo sind die Milliarden geblieben, die Sie den ehemaligen DDR-Bürgern geklaut
haben,
({4})
die Sie schön verschoben, verbunkert, in Form von zinslosen Darlehen an Altkader ausgegeben haben? Bevor
Sie das nicht aufgearbeitet haben
({5})
und bevor Sie sich zu dieser Geschichte nicht bekennen,
können Sie mit mir über solche Sachverhalte nicht reden.
({6})
Das Dritte bezieht sich auf Ihre Dienstagsrede, in der
Sie glaubten, in Ihrer Schlussapotheose dem Kollegen
Schäuble fast zynisch - aber es klang so, als ob es ironisch sein sollte - unter dem Rubrum „Nah bei den
Menschen“ das Thema Datensicherheit oder Datenverarbeitung vorhalten zu müssen. Wenn jemand mit Überwachungspraktiken und mit schikanösen Praktiken
wirklich Erfahrung hat, dann sind das die, die in Ihre
Partei Eingang gefunden haben.
({7})
Das ist das zweite Thema, das Sie aufzuarbeiten haben: menschenverachtende Überwachungs- und Schikaneaktivitäten, und zwar aus den politischen Herkünften,
die nach wie vor bei Ihnen versammelt sind. Da ist mit
mir nicht zu reden, besonders nicht nach einem Besuch
des Stasigefängnisses in Hohenschönhausen. Sind Sie
mal da gewesen? Wissen Sie, wie das hieß, wie die ungefähr 210 000 bis 250 000 Menschen, die von der Stasi
verhaftet worden waren, da behandelt worden sind? Wissen Sie, wie das in dem Sprachgebrauch hieß, in diesem
zynischen Sprachgebrauch derjenigen, die das immer
noch nicht historisch aufgearbeitet haben? Revolutionäre
Verurteilung auf dem neuesten Stand der Technik. So haben Sie das genannt! Arbeiten Sie das erst einmal auf,
bevor Sie Herrn Schäuble oder der Bundesregierung irgendeinen Vorwurf zu solchen Sachverhalten machen!
({8})
Was die Haushaltsdebatte selbst und auch die jedenfalls vergleichsweise erfreulichen Beiträge der FDP und
der Grünen betrifft,
({9})
muss ich sagen: Ich habe wieder vieles gehört, was
schon in den früheren Debatten immer eine Rolle spielte.
({10})
- Ja, Herr Fricke, aber unter anderen Bedingungen. Sie
sind immer einer der Ersten, die sagen: Der Haushalt ist
schon im Aufstellungsverfahren Makulatur. - Das höre
ich nun schon das dritte oder vierte Mal.
({11})
Ich finde Ihre Prognosefähigkeiten bewundernswürdig.
Sie wissen immer schon, wie das am Ende, nach Sekundär- und Tertiäreffekten, irgendwo ankommt, bei den
Steuereinnahmen etwa, und was das für die Kalkulation
des Bundeshaushalts heißt. Meine Antwort mit Blick auf
die Vorsorgenotwendigkeiten - Vorsorge ist vor dem
Hintergrund einer abgeschwächten Konjunktur zu treffen - lautet: Das Notwendige wird die Bundesregierung
über die Eckpunkte festlegen, die sie ihren weiteren
Haushaltsplanungen zugrunde legt.
Ich habe nach übereinstimmendem Urteil all derjenigen, auf deren Aussage man etwas hält - nicht derjenigen, die Extrempositionen, wie ich einmal sagen
möchte, einnehmen -, zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister, mit dem Kollegen Glos, im Augenblick
keine Veranlassung, auch nicht im Lichte der Steuerschätzung vom November, die für das Jahr 2009 zugrunde gelegten Eckpunkte zu revidieren.
({12})
- Dann reden Sie mal mit einem Unverdächtigen! Sie
haben offenbar den Eindruck, ich sei nur Propagandist in
eigener Sache,
({13})
nach dem Motto - das würde ich ja noch gelten lassen -:
Der redet nur pro domo. Reden Sie bitte mit dem Bundesbankpräsidenten! Er hat seine Einschätzung im Kabinett vorgetragen. Reden Sie mit denjenigen, die im Sachverständigenrat Verantwortung dafür haben! Ich komme
jedenfalls zu dem nüchternen Urteil, dass das, was wir
unseren Planungen zugrunde gelegt haben, die Aufregung, diese Spekulation auf Baisse, die bei Ihnen immer
eine Rolle spielt,
({14})
jedenfalls nicht rechtfertigt.
({15})
Ich habe ein schlüssiges, konzises, alternatives Finanzkonzept weder von den Grünen noch von Ihnen gehört, das nicht nur Oppositionssemantik folgt, sondern
auch einen Wirklichkeitstest bestehen würde.
({16})
Dass Sie einzelne Punkte angreifen, bei denen für Ihre
Kritik gelegentlich gilt: „Touché!“, steht auf einem anderen Blatt. Sie alle haben ja ein ausgeprägtes Urteilsvermögen. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber
ein schlüssiges Gegenkonzept zu dem, was diese Große
Koalition in Gang gesetzt hat, habe ich noch nicht vorgelegt bekommen.
Sie fordern auf der einen Seite: „Mehr sparen!“, Sie
sagen dem Publikum aber nie, wo denn genau und wie
viel.
({17})
- Nein, das sagen Sie nicht. Es tut mir leid, aber ich habe
in dieser Debatte nichts von Ihnen dazu gehört,
({18})
ob Sie die zusätzlichen Investitionen der Bundesregierung in Bildung, in Kinderbetreuung, in Forschung und
Entwicklung, in Hochschulen, in Infrastruktur
({19})
zurücknehmen wollen, damit die Nettoneuverschuldung
schneller zurückgeht, oder ob Sie der Meinung sind, dass
das eigentlich richtige Zukunftsinvestitionen sind. Ich
habe dazu nichts gehört.
Ich glaube auch, dass Ihr Versuch, ein Szenario auszumalen - das entspricht ja schon fast Ihrem Wunschdenken -, nach dem die Haushaltsplanungen der Bundesregierung scheitern werden, nur vor dem Hintergrund
Ihrer Oppositionsrolle verständlich ist. Aber eine verantwortlich handelnde Bundesregierung würde niemals so
etwas aufstellen, auch nicht die sie tragenden Fraktionen.
({20})
Im Übrigen weise ich noch einmal darauf hin: Ich bekomme immer mehr Stimmen aus dem Ausland, die
letzte übrigens vor gut 24 Stunden von Jean-Claude
Juncker, die alle dem Motto folgen, Europa sei nicht in
gleichem Maße von der aktuellen Finanzkrise betroffen
wie die USA, das europäische Finanzsystem sei stabiler
aufgestellt, man habe hier diese Risikogeschäfte nicht in
vergleichbarem Maße mitvollzogen und es werde deshalb in der Euro-Zone keine Rezession geben. Vielfach
sind sie auch mit einem deutlichen Lob an die Bundesregierung, was mich freut, verbunden, da wir in den letzten
Jahren zur Glaubwürdigkeit des Maastrichter Stabilitätsund Wachstumspaktes beigetragen haben. Ich könnte das
fortsetzen, indem ich einschlägige Äußerungen vonseiten des IWF, der OECD und anderer Organisationen zitierte. All diese Stimmen kommen offenbar in unserer eigenen innenpolitischen Bauchspiegelung überhaupt
nicht vor. Ich frage mich doch, ob nicht gelegentlich
manche der Protagonisten im Ausland, die unsere Entwicklung begleiten, einen etwas realistischeren Blick haben als wir.
({21})
Ich will einige Bemerkungen dazu machen, dass sich
auf den Finanzmärkten zwischen meiner Einbringungsrede vor drei Tagen und meiner heutigen Rede in der Tat
eine Entwicklung abgespielt hat, die zu Beginn dieser
Woche so überhaupt nicht vorherzusehen war. Ich
stimme all denjenigen zu, die sagen, dass wir noch tiefer
in den Abgrund schauen, als wir es zu Beginn dieser
Woche taten. In Amerika hat es seit August/September
letzten Jahres - das muss man sich einmal vorstellen! 24 Schließungen, Zusammenbrüche und Übernahmen
amerikanischer Banken im Zuge der Weltfinanzmarktkrise gegeben. 24! Allein in den drei Tagen seit meiner
Einbringungsrede haben Themen wie die Zukunft von
Merrill Lynch, Morgan Stanley, AIG und anderen - das
wissen Sie alle - eine erhebliche Rolle gespielt. Es ging
in der Tat darum, ein Krisenmanagement zu entwerfen,
damit es nicht zu wirklich hochbrisanten und gefährlichen Entwicklungen kommt.
Ich will deshalb an dieser Stelle, ohne der Regierungserklärung vorzugreifen, die nach einer Verabredung der Bundesregierung mit den Koalitionsfraktionen
nächsten Donnerstag zu diesem Thema abgegeben werden wird, noch einmal zwei, drei Bemerkungen zu diesem Thema machen, um deutlich zu machen, wo wir
stehen. Auf der einen Seite geht es um ein Krisenmanagement, und auf der anderen Seite geht es um die Prävention bzw. Vorsorge, damit sich solche Krisen möglichst nicht wiederholen.
Das augenblickliche Krisenmanagement hat nichts
mit dem zu tun, wonach ich gelegentlich immer wieder
gefragt werde, nämlich: Was tust du denn jetzt mit Blick
auf Bankenüberwachung, Eigenkapitalunterlegung und
Liquiditätsstandards? Das Krisenmanagement wird vielmehr vom Finanzministerium, von den Zentralbanken
und von den Aufsichtsbehörden betrieben. Es ist der
Zeitpunkt gekommen, an dem, wie ich glaube, auch von
dieser Stelle aus dem amerikanischen Finanzminister
Hank Paulson ein großer Dank dafür abgestattet werden
muss, dass er mit seinem Krisenmanagement maßgeblich zur Stabilisierung der Finanzmärkte in den letzten
Wochen und Monaten beigetragen hat.
({22})
Wie Sie aus den Zeitungen wissen und wie wir direkt
von den Amerikanern wissen, sind diese vor dem Hintergrund, dass es keinen Sinn macht, von Einzelfall zu Einzelfall zu hecheln und jedes Mal wieder überrascht zu
werden, dabei, ein Gesamtkonzept zu organisieren. Die
Konstruktion, die offenbar den beteiligten Partnern
durch den Kopf geht, basiert darauf, zu versuchen, alle,
wenn man so will, notleidenden Kredite der betroffenen
Banken zusammenzuführen und dann dieses Gesamtpaket zu managen. Diese Situation ist nicht ganz unbekannt. Eine ähnliche hat es, wie ich glaube, in den USA
schon einmal in den 90er-Jahren gegeben.
Es ist jetzt auch der Zeitpunkt, den beteiligten Zentralbanken weltweit zu danken, dass sie unmittelbar handeln und rechtzeitig Liquidität bereitstellen.
({23})
Dabei erwähne ich maßgeblich auch die Bundesbank mit
Herrn Weber an der Spitze. Es war wichtig, dass man
dort handlungsfähig gewesen ist. Das ist Bestandteil des
Krisenmanagements. Das erstreckt sich auch auf die
Aufsichtsbehörden.
Es wird niemanden von Ihnen wundern, dass ich an
dieser Stelle auch meinen Mitarbeitern im Bundesfinanzministerium danken möchte, die während Telefonkonferenzen aufgrund der Zeitdifferenz gegenüber
den USA von sechs Stunden bis tief in die Nacht buchstäblich in Abstimmungen gefangen genommen werden.
Wenn die USA kurz vor Mitternacht eine Lösung herbeiführen wollen, weil diese mit Blick auf die Öffnung der
Börsen in Asien wichtig ist, dann bedeutet das, dass
meine Leute um drei oder vier Uhr morgens bereitstehen
müssen. Es ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man
darauf hinweisen muss, dass dieses Krisenmanagement
- unbenommen der Dramatik, der Schwierigkeiten und
der Detailfragen, die es dazu gibt, - bisher einigermaßen
geklappt hat. Ich wünsche mir, dass es so bleibt.
({24})
Bei einem anderen Thema können wir dann, wenn wir
von Eigenkapitalunterlegung reden, nichts machen. Dies
gilt zum Beispiel mit Blick auf die unsäglichen Produkte
- Verbriefungen und strukturierten Produkte -, die alle
außerhalb der Bilanzen gehandelt wurden. Da nützt es
gar nicht, mir die Antwort auf die Frage abzuverlangen:
„Herr Steinbrück, müssen da jetzt nicht die Eigenkapitalregeln verschärft werden?“ Wenn wir das jetzt täten,
dann hätten wir noch mehr Zusammenbrüche.
Bei diesem Krisenmanagement geht es vielmehr um
die Frage, wie wir in Zukunft versuchen können, eine
ähnliche Krise zu vermeiden, ohne dass ich Ihnen je zusagen kann, dass die nächste Finanzmarktkrise nicht
vielleicht ganz anders aussieht. Wir sind aber aufgefordert, dies zu tun. Am Donnerstag werde ich ausführlicher dazu Stellung nehmen, aber an dieser Stelle sage
ich, es wäre gelegentlich ganz schön, eine Ermunterung
der Bundesregierung für das zu hören, was wir auf den
Weg gebracht haben. Ich höre einzelne Stimmen, die sagen, was alles nicht gemacht worden ist.
({25})
Es ist unvorstellbar, was in einem halben Jahr zusammen mit den Anglo-Amerikanern auf den Weg gebracht
wurde. Das hätte ich vor einem Jahr für undenkbar gehalten. Ich hoffe, dass der kleine bewertende Ausflug
von Ludwig Stiegler hin zu den Engländern meine Möglichkeiten auf dem Londoner Parkett nicht weiter erschwert.
({26})
- Es konnten nicht alle mithören, aber ich will das nicht
wiederholen, weil das nur zusätzliche Aufmerksamkeit
erregen würde. Ich hoffe, es ist niemand von der britischen Botschaft unter den Zuhörern.
({27})
Ich werde am Donnerstag eine Regierungserklärung
dazu abgeben. Einen Tag später werde ich die wichtigsten Vertreter der deutschen Finanzwirtschaft zu einem
Austausch einladen, nicht zu einem Krisengipfel, weil
ich denke, dass es im Lichte der jetzigen Ereignisse notwendig ist, dass sowohl Vertreter der Versicherungswirtschaft als auch der Bankenwirtschaft mit dem Bundesfinanzminister zusammenkommen, um die Lage zu
beurteilen und um eine Bewertung vorzunehmen. Ich
möchte mich durch sie auch auf die Termine vorbereiten
lassen, die ich im Oktober in Washington habe. Bei diesen Terminen geht es zum Beispiel darum, zu prüfen,
was von dem 100-Tage-Programm umgesetzt wurde und
wie der Zwischenbericht des Financial Stability Forums
aussieht.
Ich komme zum Thema IKB. Ich will hier nicht ausholen. Ich glaube, gestern ist den Mitgliedern des Verwaltungsrats und damit auch Frau Scheel und Herrn
Koppelin von unverdächtigen Vertretern wie zum Beispiel von Herrn Börner und Herrn Müller, dem
Aufsichtsratvorsitzenden der Commerzbank, deutlich
gemacht worden, von welcher Bedeutung diese Rettungsaktion gewesen ist. Ich denke, darüber sollten wir
irgendwann einmal Konsens erzielen, weil die Kosten
und Risiken, die über ein Moratorium und eine anschließende Insolvenz ausgelöst worden wären, ein Vielfaches
größer gewesen wären als das, was wir auf die Beine gestellt haben.
({28})
Zweitens. Ich wäre dankbar, wenn wir auch mit Blick
auf die Wirkung auf das breite Publikum - auf die Bürgerinnen und Bürger - nicht so schnell aus der Hüfte
schießen würden, um den Beifall eines Nachmittags zu
bekommen oder um eine Attacke zu landen. Ich stelle
hier klar: Bei der IKB sind nicht 10,7 Milliarden Euro
Steuergelder verbrannt worden. Herr Koppelin, nach den
gestrigen Erläuterungen wäre ich sehr dankbar, wenn wir
davon Abstand nehmen könnten. Bisher sind 1,2 Milliarden Euro Steuergelder drin. Das ist ein bedingt rückzahlbares Darlehen des Bundes, von dem ich weiß, dass der
Bund das nicht zurückkriegt. Weiter ist eine Bürgschaft
über 600 Millionen Euro drin, wobei uns eine auswärtige
Expertise bestätigt, dass dieser Bürgschaftsfall wahrscheinlich nicht eintreten wird. Weiterhin enthalten ist
eine Abschirmung in Höhe von 7,4 Milliarden Euro
durch die KfW selber, die maßgeblich durch das Auffressen des Risikofonds der KfW gespeist wird, den sie
aus früheren Ergebnissen aufgefüllt hat. Das bedeutet
natürlich, dass die KfW diesen Fonds dann, wenn er leer
ist, aus zukünftigen Ergebnissen wieder auffüllen muss.
Es findet auch in Bezug auf den erwarteten Kaufpreis
der IKB eine Abschreibung statt.
Das heißt, das berührt die ehemalige und die zukünftige Ergebniserzielung, damit auch Eigenkapitalpositionen der KfW und damit mögliche Verzinsungen, die
man darauf erhalten kann. Das sind aber keine Steuergelder. Das sage ich mit einer gewissen Verzweiflung.
({29})
- Entschuldigen Sie bitte, die sind erzielt aus der Masse,
aus den Aktivitäten, aus den Ergebnissen, aus den Förderaktivitäten der KfW.
({30})
- Ich bin doch gar nicht so weit entfernt. Aber wenn Sie
es genauso darstellen würden wie ich und ich käme dann
zu derselben Konklusion wie Sie, Herr Fricke, wäre das
ein Erkenntnisfortschritt.
({31})
Dass am Ende in einer weiteren Ableitung dadurch
auch Steuerpositionen betroffen sind, will ich gar nicht
in Abrede stellen. Keiner weiß übrigens, wann. Warum?
Weil Risikoabschirmung und Wertberichtigungen nicht
gleichzusetzen sind mit real eingetretenen Verlusten. Da
stimmen wir doch sicherlich überein. Dann könnte ich
an dieser Stelle abbrechen.
({32})
Dann hätten wir einen großen Fortschritt erzielt. Wenn
wir, weil das hochkomplex ist, versuchen würden, das
den Menschen zu erläutern, die das nicht wissen können
- woher sollten sie das wissen? -, und bei denen um ein
bisschen Verständnis dafür zu werben, dass da nicht einfach jemand mit einem Streichholz herumgefummelt
hat, einen riesigen Sack von Banknoten, sprich: Steuergeldern, angezündet hat und dann noch einen Veitstanz
darum herum gemacht hat, wäre das sehr gut.
({33})
Ich will auf andere Positionen von Frau Lötzsch gar
nicht mehr eingehen. Das führt nur in die Irre. Was Ihre
persönlichen Attacken gegen mich angeht, sage ich mit
Herbert Wehner: Das ignoriere ich nicht einmal.
({34})
Ich will abschließend, weil die Zeit davonläuft, noch
einen anderen Punkt aufgreifen, der in den ganzen Auseinandersetzungen eine Rolle spielt. Das ist das Thema
der Abzocke oder des - so die ewigen Zwischenrufe von
Herrn Koppelin - Abkassierens. Vielleicht könnten wir
da auch zu dem Ergebnis kommen, dass das nicht mit
dem platten Vorwurf des Abkassierens abgetan werden
kann. Die Belastungsquote der Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik Deutschland im Zehnjahresvergleich, bezogen auf dasselbe Einkommen, ist nachweislich nicht gestiegen, sondern gesunken.
({35})
Ich lasse allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages die einschlägige Finanzstatistik in die Fächer legen;
ich habe sie hier in meinen Unterlagen.
Das heißt, die verschiedenen Steuerreformschritte,
insbesondere unter der Vorgängerregierung, haben dazu
beigetragen, dass sowohl bei den Singles, die übrigens in
Deutschland vergleichsweise schlechter gestellt sind als
in vielen anderen europäischen Ländern, als auch bei
den Verheirateten, die deutlich besser gestellt worden
sind - die Familien auch über das Kindergeld -, zu beobachten ist, dass es, gemessen am selben Einkommen also 25 000 Euro 1998, 25 000 Euro heute; das Gleiche
für 30 000 und 35 000 Euro -, keine Abzocke gegeben
hat. Vielmehr erfahren die Menschen spürbar, dass sie
mit dem Nominalzuwachs teilweise in eine Progression
hineinkommen, wo der von mir zitierte Staubsaugereffekt vieles herauszieht, und dass es andere Effekte,
nicht aus der Steuer- und Abgabenpolitik, gegeben hat,
die das Portemonnaie tatsächlich geschmälert haben. Einer der Oppositionsredner hatte natürlich völlig recht,
als er gesagt hat: Die Menschen sehen nicht genau hin,
was bedingt ist durch kommunale Gebühren, Abgaben,
Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Tankstellen- und
Supermarktpreise, sondern sie sagen: Verfluchte Kiste,
ich habe weniger im Portemonnaie als vorher!
({36})
Das ist mir klar. Aber dann lassen Sie uns doch auch so
argumentieren, damit wir richtige Schlussfolgerungen
daraus ziehen können.
({37})
In dem Zusammenhang macht es auch keinen Sinn, in
einer Rede - ich weiß nicht, ob von Herrn Westerwelle
oder von einem anderen Redner - zu sagen, das seien
diverse Steuererhöhungen in der Zeit der Großen Koalition gewesen. Ich glaube, jemand hat die Zahl von
19 Steuererhöhungen genannt. Das ist natürlich völliger
Unsinn. Es hat die Mehrwertsteuererhöhung gegeben,
gekoppelt daran die Erhöhung der Versicherungsteuer,
und die dritte Steuererhöhung - mehr sind es nicht - ist
die Erhöhung des Balkons für diejenigen, die 250 000 Euro
als Single bzw. 500 000 Euro als Verheirateter verdienen; da ist die Steuer von 42 auf 45 Prozent hochgegangen. Jetzt können ja einmal alle aufstehen hier in diesem
Saal, die als Single mehr als 250 000 Euro bzw. als Verheirateter mehr als 500 000 Euro verdienen. ({38})
Keiner steht auf. Dann frage ich Sie: Wo ist das Problem?
({39})
Das muss doch einmal ein bisschen entdramatisiert werden, dieser Kram, der da in die Welt hineingejagt wird.
({40})
- Wir wollen alle gerne da hin; allerdings soll da alles
abkassiert werden. Das sind steuerliche Vorschläge. Das
ist eigentlich aberwitzig.
Frau Lötzsch, ein Argument sei mir noch im Zusammenhang mit dem Satz: „Die Reichen zahlen keine
Steuern“ gestattet: Dieser Herr L., der sich bei hellem
Licht vor Feigheit vor dem Freund aus meinem Ministerium vom Acker gemacht hat - den Namen nehme ich
gar nicht in den Mund -,
({41})
erklärt ja immer: Die Reichen in Deutschland zahlen
keine Steuern. - 25 Prozent der Steuerzahler, also diejenigen mit einem Einkommen im oberen Bereich, zahlen
über 80 Prozent der Steuern in Deutschland. Irgendwann
muss es Ihnen doch einmal auffallen, dass es diese Statistik gibt.
({42})
Ich merke, dass ich zu leidenschaftlich für ein gutes
Schlusswort - jedenfalls für ein staatstragendes - bin:
Sie werden mich bei der abschließenden Lesung wieder
hier erleben.
Herzlichen Dank.
({43})
Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun die Kollegin Dr. Lötzsch.
({0})
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten
Damen und Herren, ich werde versuchen, auf den Hassausbruch von Herrn Steinbrück
({0})
gegen meine Person sachlich zu reagieren. Er hat erklärt,
dass er uns nicht einmal mehr ignorieren will, hat aber
seine Redezeit fast vollständig Angriffen auf meine Person und meine Partei gewidmet.
Ich greife zwei Punkte auf, die Sie angesprochen haben, Herr Kollege Steinbrück. Der erste Punkt ist das
Gelüge von den angeblich versteckten SED-Millionen.
({1})
Ich denke, es muss klargestellt werden, dass Herr
Steinbrück wider besseres Wissen spricht. Es gab eine
unabhängige Kommission unter Leitung von Herrn
Papier, der bekanntermaßen kein Mitglied unserer Partei
ist. Es gibt notarielle Verträge zwischen dem Finanzministerium und unserer Partei. In diesen Verträgen sind
alle Vermögens- und Rechtsverhältnisse eindeutig geregelt.
({2})
Sie wissen ganz genau, dass es auf Grundlage dieser
Verträge eine Abtretung des Vermögens und eine Rückübertragung von zwei Immobilien gab. Das wissen Sie;
aber Sie versuchen, mit dieser Lüge von den SED-Milliarden auf billige Art und Weise Wählerstimmen zu fangen. Das wird Ihnen nicht gelingen.
({3})
Der zweite Punkt ist der gerne von Ihnen wiederholte
Schlachtruf „Stasi!“. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Herr
Steinbrück: Wir können uns sehr intensiv mit dieser Thematik befassen. Ich bin gerne bereit, auch mit Ihnen darüber zu diskutieren. In der Gedenkstätte Hohenschönhausen war ich bestimmt schon öfter als Sie; aber darauf
will ich jetzt gar nicht eingehen.
Ich finde nur, dass es ein billiger Trick ist, immer
dann, wenn Sie in der Politik versagen, „Stasi!“ zu rufen.
({4})
Das hilft weder den Menschen, deren Steuergelder Sie
verschwenden, noch denjenigen, denen Sie den gesetzlichen Mindestlohn verweigern. Das hilft auch nicht den
2,5 Millionen armen Kindern. Ich habe den Eindruck,
dass die Menschen fast 20 Jahre nach dem Fall der
Mauer auf diesen billigen „Stasi!“-Ruf nicht hereinfallen.
Dann möchte ich noch hinzufügen: Überlegen Sie
doch bitte einmal, welchen Beitrag Sie zur Aufarbeitung und Bewältigung der deutschen Geschichte leisten und bei wem Sie die Verantwortung für die Geschichte abgeben. Ich glaube, Ihren Spruch, Sie wollten
uns noch nicht einmal ignorieren, haben Sie gründlich
widerlegt. Ich kann mich herzlich bedanken für die Aufmerksamkeit, die Sie uns gewidmet haben, und vor allen
Dingen für die Möglichkeit, die Dinge noch einmal klarzustellen.
Vielen Dank.
({5})
Das Wort hat nun der Kollege Steffen Kampeter für
die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Bundesfinanzminister, Sie haben Aufmunterung für Ihre Tätigkeit erbeten. Ich will für die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion erklären, dass sowohl am
Dienstag als auch heute wesentliche Teile Ihrer Analyse
und Schlussfolgerungen von uns vollumfänglich getragen wurden und werden. Sie sehen, dass der Vorsitzende
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion extra zu Ihrer Rede
ins Plenum gekommen ist. Damit sehen Sie, welche Ehrerbietung und Wertschätzung zumindest wir aus der
Unionsfraktion Ihrer Arbeit zuteilwerden lassen.
({0})
Die Frage, die in dieser Debatte des Öfteren eine
Rolle gespielt hat, ist die nach dem sozialen Zusammenhang, nach der sozialen Gerechtigkeit. Ich will das Verhalten von Herrn Lafontaine in diesen Tagen aufgreifen.
Er hat immer wieder Brandreden gegen den Kapitalismus gehalten. Heute Morgen habe ich ihn in einem Interview über die Vorgänge im Zusammenhang mit der
KfW gehört. Ich muss ganz ehrlich sagen: Offensichtlich verwechselt er soziale Gerechtigkeit mit Selbstgerechtigkeit und Rachegefühlen gegenüber seiner ehemaligen Partei. Es ist doch ein unglaublicher Vorgang, dass
ein Parteivorsitzender, der in den Verwaltungsrat der
Kreditanstalt für Wiederaufbau gewählt wurde, gestern,
als es um den Verkauf der IKB ging, nicht anwesend
war,
({1})
uns aber am folgenden Tag Ratschläge mit dem Tenor
gibt: Hättet ihr auf mich gehört, wäre das alles nicht passiert. Das ist unglaublich selbstgefällig und selbstgerecht!
({2})
Ich will darauf hinweisen, dass die Konsolidierungspolitik der Großen Koalition auch darauf abzielt, den Sozialstaat und die sozialen Leistungen bezahlbar zu halten. In dieser Debatte ist von der Linken, aber auch von
anderen Fraktionen immer wieder der Eindruck erweckt
worden, in Deutschland werde wenig für soziale Sicherung ausgegeben. Die Wirklichkeit sieht aber völlig
anders aus: Im vergangenen Jahr haben wir über
700 Milliarden Euro in die verschiedenen sozialen Sicherungssysteme in diesem Land gegeben. Das sind
30 Prozent unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Wir liegen damit deutlich über dem EU-Durchschnitt.
Die Bedeutung, die unsere Volkswirtschaft den Ausgaben für Soziales beimisst, wird deutlich, wenn man
vergleicht, wie viel wir für andere Bereiche ausgeben. In
einem Debattenbeitrag ist behauptet worden, wir würden
unsere Gesellschaft militarisieren. Wir geben in diesem
Land 20-mal mehr für Soziales aus als für militärische
Sicherung, obwohl sich die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren verändert hat. Wir geben 30-mal mehr
für soziale Sicherung aus als für die innere Sicherheit,
obwohl wir auch hier vor großen Herausforderungen stehen. Wir geben dreimal so viel für soziale Sicherung aus,
wie Bund, Länder und Gemeinden zusammen in Bildung
und Forschung investieren. Wer vor diesem Hintergrund
den Eindruck erweckt, dass der Sozialstaat Deutschland
am Ende sei und die Bürgerinnen und Bürger durch den
Staat arm gemacht würden, der heuchelt, der verleugnet
die Wirklichkeit und gibt kein reales Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse in diesem Land wieder.
({3})
Es wird darüber hinaus behauptet, der Sozialstaat
werde abgebaut. Auch das ist absolut hanebüchener
Blödsinn. Zwischen 1991 und heute sind die Leistungen
der Rentenversicherung um 81 Prozent gestiegen, die
Leistungen der Krankenversicherung um 64 Prozent, die
Leistungen der Unfallversicherung um 43 Prozent und
die der betrieblichen Altersvorsorge um 60 Prozent.
Ausbau und Umbau des Sozialstaates waren in den vergangenen Jahren die Maßgabe für verschiedene Bundesregierungen in diesem Land.
Ich muss klar und deutlich sagen: Ein Abbau, wie von
der Linken behauptet, hat mit der Realität nichts zu tun.
Die Union ist die Partei der sozialen Marktwirtschaft.
Wir stehen zu diesem Sozialstaat. Wir wollen ihn fortentwickeln und ihn treffsicherer machen. An der sozialen Grundhaltung der Union in dieser Großen Koalition
gibt es aber nichts zu deuteln.
({4})
Ich gewinne den Eindruck, dass der Linken gar kein
sozialer Staat vorschwebt, sondern der totale Staat: von
der Wiege bis zur Bahre staatliche Fürsorge. Einen solchen Staat wollen wir nicht. Ein Sozialstaat, wie wir ihn
verstehen, ist immer auch ein freiheitlicher Staat, der auf
Eigenverantwortung und nicht auf staatliche Bevormundung setzt. Insofern ist es völlig richtig, dass Peer
Steinbrück Ihnen ein entmündigendes Gesellschafts- und
Menschenbild vorgeworfen hat.
({5})
Diese Haushaltsdebatte war die ungewöhnlichste der
vergangenen Jahre, weil sie von der Finanzmarktdebatte überschattet war. Einige Anmerkungen zur
Finanzsituation:
Erste Anmerkung. Neben der sehr schwierigen Situation will ich hier auch einmal ein paar positive Aspekte
aufzeigen: Das deutsche Bankensystem ist weiterhin
voll funktionsfähig. Es zeigt sich, dass es klug war, nicht
auf das angelsächsische Modell zu setzen. Unser differenziertes, lokal verankertes Bankensystem, die vielen
Volksbanken und Sparkassen, machen trotz der Finanzkrise sowohl für Unternehmen als auch für die privaten
Kunden einen tollen Job, und die Einlagen sind sicher.
Das ist ein gutes Signal. Das muss an dieser Stelle einmal hervorgehoben werden.
({6})
Bei den privaten Sparkassen und Volksbanken gibt es
vielleicht nicht wie bei den Investmentbanken Champagner, sondern Pils, wenn sie einen Empfang geben.
({7})
Auch das gehört zu unserem Gesellschaftsmodell: Die
Dezentralität der Finanzdienstleistungen hängt damit zusammen, dass die Banker ihre Kunden kennen und dass
die Kunden Vertrauen in ihr lokal verankertes Bankensystem haben.
({8})
Meine zweite Anmerkung. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich anerkenne, dass in den vergangenen Jahren die internationalen Krisenmanagementund Informationsaustauschsysteme besser geworden
sind.
({9})
Wir hätten diese Finanzkrise nicht so managen können,
wenn wir in den vergangenen Jahren auf internationaler
Ebene nicht bessere Informationsaustauschsysteme eingeführt hätten. Jede Weltbank- und IWF-Tagung hat sich
in den vergangenen Jahren hiermit beschäftigt. Die Notenbanken leisten einen tollen Job. Ich will Herrn Weber
und allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und
ebenso den Mitarbeitern des Finanzministeriums ausdrücklich unseren großen Respekt dafür aussprechen,
dass sie mit hohem Leistungseinsatz dafür sorgen, dass
die Finanzkrise in diesem Land zu nicht noch größeren
Verwerfungen führt.
({10})
Dritte Anmerkung zur Finanzkrise. Wir müssen feststellen, dass öffentliche Anstalten wie die KfW nicht
besser oder schlauer sind als private Banken. Beide leiden unter der Kreditkrise. Bisher waren wir der Auffassung, dass wir die öffentliche Anstalt nicht unter die
volle Aufsicht des Kreditwesengesetzes stellen müssen,
({11})
weil wir dachten, sie werde in Erfüllung des öffentlichen
Auftrages verantwortungsvoller handeln als private Banken.
({12})
Wir müssen jetzt überlegen, ob diese Entscheidung heute
noch richtig ist, und überprüfen, ob es nicht sinnvoller
wäre, auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau der vollen
Bankenaufsicht zu unterstellen.
({13})
Es ist ein Mythos, dass öffentlich besser ist als privat.
Deswegen, glaube ich, müssen wir handeln.
({14})
Wir müssen - Kollege Stiegler ist bereits weg - jedoch aufpassen
({15})
- der britische Botschafter hat ihn wahrscheinlich schon
einbestellt -,
({16})
dass wir nicht zusammen mit denjenigen aus dem privaten Bereich, über die wir Aufsicht führen, selbstgerecht
immer auf die anderen zeigen. Das überzeugt nicht. Wir
müssen vielmehr Selbstkritik üben und schauen, wo wir
selber Verbesserungen schaffen können. Das ist auch für
politisch Handelnde jetzt ein wichtiger Auftrag.
({17})
Ich bin sicher, dass wir hier gemeinsam mit dem Finanzministerium zu einem guten Ergebnis kommen werden.
({18})
- Die Rechts- und Fachaufsicht des Finanzministeriums
hat in den vergangenen zehn Jahren dazu keinen Anlass
gesehen, Herr Kollege Fricke.
Ich glaube aber, dass hier jetzt ein Diskussionsprozess
einsetzen wird, der nach vorne führt.
Meine vierte Anmerkung zu diesem Themenbereich.
Herr Kollege, bevor Sie diese vierte Anmerkung machen, muss ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.
Ich freue mich über jede Verlängerung meiner Redezeit, Frau Präsidentin.
Herr Kollege Fricke, bitte sehr.
Herr Kollege Kampeter, es ist ja schön, dass Sie inzwischen zu der Erkenntnis kommen, die die FDP nun
seit mehreren Jahren versucht, Ihnen näherzubringen,
nämlich dass Sie den Bankensektor nicht in die guten
Öffentlichen, die man nicht so sehr kontrollieren muss,
und die schlechten Privaten, die man genau kontrollieren
muss, unterteilen dürfen. Sie haben gesagt: Dazu gab es
bisher keinen Anlass. Wollen Sie hier wirklich festhalten, dass es in den letzten Jahren, besondere seitens des
Rechnungshofs, keine wiederholten Hinweise darauf gegeben hat, dass die KfW in der Frage, ob sie in der Lage
ist, die Risiken zu managen, die sie übernommen hat,
völlig überfordert ist?
Herr Kollege Fricke, ich will jetzt über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KfW kein so vernichtendes
Urteil fällen, wie Sie es ohne Kenntnis der Sachlage hier
vor dem Hohen Hause tun.
({0})
Richtig ist allerdings, dass uns die singulären Ereignisse
jetzt zum Nachdenken zwingen sollten. Ich glaube, dass
es am Ende dieses Prozesses keine Alternative dazu gibt,
dass innerhalb der KfW die gleichen Risikomanagementsysteme wirken und wir sie der gleichen Bankenaufsicht unterstellen müssen, wie wir dies seitens der
BaFin von jeder privaten Bank einfordern. Das ist unsere
Politik. Die KfW kann nicht von der Überprüfung freigestellt werden, wie wir es bisher aufgrund des Förderauftrags getan haben, sondern sie muss im Rahmen der
Überprüfung ihren Förderauftrag als herausragende und
vorbildliche Förderbank erfüllen. Das ist die Zielsetzung
der Union, die wir in die Beratungen einbringen werden.
({1})
Meine vierte Anmerkung bezieht sich darauf, dass wir
als Parlamentarier für diese Vorgänge zu Hause in unseren Wahlkreisen in die Pflicht genommen werden. Herr
Steinbrück, jeder will von uns wissen, warum wir so
blöd waren, zuzulassen, dass 10,3 Milliarden Euro hier
angeblich verbrannt worden sind. Sie haben richtiggestellt, dass das alles Übertreibungen sind; es sind Risikopositionen. Aber Parlamentarier sind nur bereit und in
der Lage, den Menschen daheim in den Wahlkreisen zu
erklären, was passiert ist, wenn sie ordentlich informiert
werden. Ich glaube, in der Vergangenheit war die Kommunikation zwischen der Exekutive und dem Parlament
nicht optimal. Wir brauchen ein neues Beteiligungsmanagement.
({2})
Wir können nicht akzeptieren, dass Verschwiegenheitspflichten des Aktienrechts verhindern, dass wir unterrichtet werden. Wir müssen Formen der Kommunikation
finden, die sowohl der Bundeshaushaltsordnung als auch
dem Aktienrecht Genüge tun. Wir sind bereit, Entscheidungen mitzutragen, wenn auch die Regierung bereit ist,
uns angemessen zu unterrichten. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Grundvoraussetzung für
Vertrauen.
({3})
In den Beratungen des Bundeshaushalts werden wir
auf die Herausforderungen eingehen, die vor uns liegen,
Stichwort: Finanzmarktkrise. Wir werden aber auch versuchen, trotz Gegenwindes unser Ziel zu erreichen, den
Umfang der Nettokreditaufnahme unter die vorgeschlagene Summe von 10,5 Milliarden Euro zu senken. Das
ist eine gute Investition in die Zukunft. In diesem Sinne
freue ich mich ebenso wie Herr Nouripour auf die Beratungen im Haushaltsausschuss.
Danke schön.
({4})
Nächster Redner ist der Kollege Otto Bernhardt für
die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Maßstab für die Solidität eines Haushalts ist das
Verhältnis zwischen den laufenden Einnahmen und den
laufenden Ausgaben. Eigentlich müsste man in guten
Zeiten etwas höhere Einnahmen haben, damit man für
schlechte Zeiten eine Reserve hat; das ist sozusagen § 1
der Haushaltspolitik.
({0})
Aber fast alle Bundesländer und der Bund verstoßen seit
Jahrzehnten gegen diesen Grundsatz. Vor diesem Hintergrund finde ich es gut, dass wir uns Gedanken darüber
machen, wie wir im Grundgesetz Regelungen treffen
können, um zu verhindern, dass Bund und Länder gemeinsam noch einmal 1,5 Billionen Euro Schulden aufbauen.
Wenn wir uns die bisherige Entwicklung vor Augen
führen, stellen wir fest, dass das strukturelle Defizit im
Jahre 2005 - dieses Jahr hat eine besondere Bedeutung;
denn es fand ein Regierungswechsel statt - bei knapp
55 Milliarden Euro lag. Jetzt beträgt es nur noch knapp
15 Milliarden Euro. Daran wird deutlich: Die Große Koalition war gerade bei der nachhaltigen Sanierung der öffentlichen Finanzen sehr erfolgreich.
({1})
Wir haben ehrgeizige Ziele. Wir haben uns vorgenommen, ab dem Jahre 2011 ohne neue Schulden auszukommen und das strukturelle Defizit bis 2012 abgebaut
zu haben. Es liegt an uns, alles zu tun - und zwar nicht
nur auf der Einnahmeseite, sondern auch auf der Ausgabenseite -, um dieses Ziel zu erreichen. Ich finde es
prima, dass sich alle Vertreter der Großen Koalition klar
zu diesem Ziel bekannt haben.
Natürlich hat die internationale Finanzmarktkrise in
dieser Debatte eine große Rolle gespielt; das konnte gar
nicht anders sein. Obwohl ich, wie jeder weiß, ein über18912
zeugter Marktwirtschaftler bin, muss ich sagen: Wer die
Dinge nüchtern betrachtet, den muss nachdenklich stimmen, dass ausgerechnet die beiden Länder, die für die
weitgehende Liberalität der Finanzmärkte eingetreten
sind, die Vereinigten Staaten und Großbritannien, heute
die größten Probleme haben. Das muss zumindest nachdenklich stimmen.
Was die Situation in Deutschland angeht, muss man
sagen: Sicherlich ist die Lage ernst. Es gibt aber überhaupt keinen Grund zur Panik. Der deutsche Finanzmarkt ist mit den Problemen bis heute viel besser fertig
geworden als viele andere Volkswirtschaften.
Es wäre zu einfach, zu sagen, das sei ein Erfolg unseres Dreisäulensystems. Vielmehr gibt es drei Aspekte,
die sehr wichtig sind:
Auf den ersten Punkt hat mein Kollege Kampeter
schon hingewiesen: Wir haben in Deutschland 1 500 im
Wesentlichen regional operierende Banken. Sie sind
vom Volumen her in der Regel zu klein, um sich auf dem
internationalen Finanzmarkt zu engagieren. Das bedeutet ein Stück Stabilität.
Der zweite Punkt: Wir haben in Deutschland eine
Langfristfinanzierungskultur; sie wird von der EU
ständig bedroht, aber wir verteidigen sie. Das heißt, wer
in Deutschland eine Immobilie finanziert, der wird in der
Regel eine zehnjährige Zinsbindung wählen.
({2})
Die Zinsen können sich also nicht täglich ändern. Dies
bringt Stabilität ins System. Dabei müssen wir bleiben.
Es gibt einen dritten Punkt, bei dem wir auch aufpassen müssen, dass es so bleibt, nämlich unsere hervorragenden Sicherungssysteme, und zwar Sicherungssysteme, die von den entsprechenden Bankengruppen
getragen werden. Deshalb kann man jedem sagen: Die
Mindestanforderung der EU, dass 20 000 Euro gesichert
sind, haben wir in Deutschland weit mehr als erfüllt.
Alle Privateinlagen sind durch die Sicherungsfonds gesichert. Ich höre, jeder Dritte denke darüber nach, sein
Geld vom Konto abzuheben. Das ist in Deutschland aber
nicht erforderlich; denn wir haben die notwendigen Sicherungssysteme.
Ich verhehle nicht - das wird eine besondere Debatte,
die wir wahrscheinlich nächsten Donnerstag führen werden, Herr Minister -, dass wir natürlich Probleme bei unseren Landesbanken - der Ehrlichkeit halber müsste ich
sagen: bei einigen Landesbanken - haben.
({3})
- Ich habe gesagt, bei einigen. Es gibt welche, bei denen
es schlimm aussieht, und es gibt einige, bei denen es
nicht so schlimm aussieht.
({4})
Wir sind unter dem Gesichtspunkt des Finanzmarkts
natürlich ein Stück gefordert, aber sonst nicht. Eigentümer sind die Länder und die Sparkassen.
({5})
Wenn wir uns dieses Themas zu sehr annehmen, dann
bekommen wir nachher die Quittung vorgelegt, dann
sollen wir bezahlen. Ich finde, diese Sache mit der Bank,
die uns gehört, also die Sache mit der KfW, hat gereicht.
Deshalb sage ich, dass wir keinen weiteren Bedarf haben.
Lassen Sie mich abschließend Folgendes feststellen:
Der Haushaltsentwurf wird nun in den Ausschüssen beraten. Ich finde es prima, dass Sprecher der beiden Koalitionsfraktionen erklärt haben, dass sie im Rahmen der
Haushaltsberatungen zwei Ziele verfolgen. Das erste
Ziel besteht darin, die Nettokreditaufnahme von
10,5 Milliarden Euro möglichst noch auf unter
10 Milliarden Euro zu senken. Das zweite Ziel besteht
darin, die Investitionen, die zwar 1 Milliarde Euro höher
sind als in diesem Jahr, möglichst noch ein Stück zu erhöhen. Ich kann nur an uns alle appellieren: Wir sollten
unsere Haushälter bei der Verfolgung dieser hervorragenden Ziele tatkräftig unterstützen.
({6})
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Bartholomäus Kalb für die CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Kollege Bernhardt hat mir gerade die
Überleitung gegeben. Ich darf als letzter Redner nochmals auf den Haushalt im engeren Sinne zurückkommen.
({0})
Dieser ist quasi eine Bilanz der Großen Koalition für die
Zeit ihrer Verantwortung. Diese Bilanz kann sich sehen
lassen. Wir sind bei der Konsolidierung des Bundeshaushaltes sehr gut vorangekommen. Außerdem sind wir bei
der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen sehr gut
vorangekommen. Das hat auch niemand ernsthaft in
Zweifel gezogen.
({1})
Die Zahlen sind vorhin schon genannt worden. Mit
Ausgabevorschlägen haben Sie gleichzeitig den Beweis
dafür erbracht, dass Sie diese nicht in Zweifel ziehen. Zu
Beginn der Arbeit der Großen Koalition hatten wir eine
Nettoneuverschuldung des Bundes in der Größenordnung von rund 40 Milliarden Euro und ein strukturelles
Defizit in der Größenordnung zwischen 55 Milliarden
Euro und 60 Milliarden Euro allein beim Bund. Das gesamtstaatliche Budgetdefizit betrug 3,6 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts. Das gesamtstaatliche Defizit
machte rund 80 Milliarden Euro aus. In den Jahren 2003,
2004, 2005 hatten wir erhebliche Probleme bei der EinBartholomäus Kalb
haltung der Maastricht-Kriterien. Darauf brauche ich
nicht weiter einzugehen.
Wir haben es geschafft, die gesamtstaatliche Verschuldung faktisch auf null herunterzufahren. Im Haushaltsentwurf ist eine Nettoneuverschuldung von 10,5 Milliarden Euro vorgesehen. Herr Kollege Kampeter hat bereits
darauf hingewiesen, dass wir Haushälter den Ehrgeiz haben, die Neuverschuldung für das Jahr 2009 noch weiter
abzusenken. Natürlich müssen wir auch - und ganz besonders jetzt - im Auge behalten, wie sich die Konjunktur weiter entwickelt, ob sich die Finanzmarktkrise auf
unsere Realwirtschaft auswirkt.
Es besteht Einigkeit in der Koalition, dass wir auf jeden Fall bis zum Jahre 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt erreichen wollen. Der nächste Schritt ist
dann natürlich, weiter voranzukommen, auch das strukturelle Defizit vollkommen abzubauen und Vorsorge
dafür zu treffen, dass wir auch konjunkturell bedingte
Einnahmeschwankungen ausgleichen können. Es ist ja
schon gesagt worden: Der Bund will dahin kommen, wo
einige Bundesländer, wie zum Beispiel Bayern, schon
sind.
({2})
Dass wir bei der Sanierung der öffentlichen Haushalte
so weit gekommen sind, ist eine ganz gewaltige und von
vielen nicht für möglich gehaltene Leistung. Dafür
mussten wir schmerzhafte und unpopuläre Eingriffe zu
Beginn dieser Großen Koalition vornehmen, und wir haben sie auch vorgenommen. Davon profitieren nicht nur
der Bundeshaushalt und die Menschen, die unmittelbar
vom Bundeshaushalt betroffen sind, sondern auch die
übrigen Gebietskörperschaften - die Länder und die
Kommunen - und die sozialen Sicherungssysteme. Viele
wären bei ihren Konsolidierungsbemühungen und der
Stärkung der sozialen Sicherungssysteme nicht so weit
vorangekommen, wenn wir die Verantwortung dafür
nicht übernommen hätten.
({3})
Es besteht Einigkeit in der Koalition darüber, dass die
weitere Konsolidierung des Bundeshaushalts höchste
Priorität hat. Das heißt, wir wollen im Jahre 2011 einen
ausgeglichenen Bundeshaushalt erreichen, das strukturelle Defizit abbauen, Vorsorge für konjunkturelle
Schwankungen betreiben und Spielräume schaffen, um
die Steuer- und Abgabenlast in den kommenden Jahren
senken zu können. Das ist notwendig, weil wir unser
Land zukunftsfähig machen müssen. Dazu gehören natürlich auch Leistungserhöhungen, zum Beispiel für die
Bereiche Kinder und Familien sowie Bildung und Forschung, und - nicht zu vergessen - die Investitionen in
die Infrastruktur.
({4})
Das hat nichts mit Versprechungen zu tun,
({5})
sondern das ist der notwendigen Aufgabe geschuldet,
dass wir unser Land zukunftsfähig machen müssen. Ich
rate ohnehin, dass wir denen nicht glauben sollten, die
immer alles versprechen und nicht sagen, woher das
Geld dafür kommen soll.
({6})
Wir müssen die notwendigen Maßnahmen ergreifen,
weil wir in den nächsten Jahren dramatische Veränderungen beim Altersaufbau unserer Bevölkerung - den
sogenannten demografischen Wandel - erleben werden.
Das heißt, die Zahl der Erwerbsfähigen und Erwerbstätigen in diesem Land wird sinken. Dieser Personenkreis
muss aber alles erwirtschaften, was wir brauchen, um
unseren Wohlstand zu sichern.
Ein erster Schritt dafür ist, dass wir die Neuverschuldung abbauen, um diesen Menschen künftig nicht weitere Lasten aufzubürden.
({7})
Zweitens müssen wir die sozialen Sicherungssysteme
krisenfest machen. Drittens müssen wir in die Bereiche
Erziehung, Bildung, Forschung und Infrastruktur investieren. Wir müssen die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft stärken.
Auch ich weiß, dass niemand gerne Steuern zahlt. Daher dürfen sich diejenigen, die Leistungen erbringen und
Steuern und Abgaben zahlen, nicht ungerecht und unfair
behandelt sehen und als die Dummen der Nation begreifen.
({8})
Das gilt auch und besonders hinsichtlich der aktuell anstehenden Änderung der Erbschaftsteuer. Ich kann jetzt
nicht darauf eingehen.
Diejenigen, die sehr wohl für sich selber sorgen könnten, aber darauf spezialisiert sind, die Vorzüge des Sozialstaates auszunutzen, dürfen nicht als die besonders
Intelligenten und Cleveren gelten. Dann können nämlich
auch diejenigen, die auf die Hilfe des Staates angewiesen sind, weil sie sich nicht selber helfen können, guten
Gewissens und hoch erhobenen Hauptes auf die Hilfe
des Staates vertrauen.
({9})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt
müssen wir solche Bedingungen schaffen, dass nicht nur
diejenigen, die unsere Sozialsysteme zu schätzen wissen,
sagen: Herr, hier ist es gut sein. - Auch diejenigen, die
leistungswillig, leistungsfähig und leistungsbereit sind,
müssen zu dem Ergebnis kommen: Hier, in diesem Land,
haben wir Zukunft, hier sehen wir unsere Zukunft, hier
wollen wir sein, hier wollen wir schaffen, hier wollen
wir arbeiten, hier wollen wir auch unsere Zukunft gestalten.
({10})
Besonders an die linke Seite des Hauses sei gesagt:
({11})
Neid zu schüren und Neidgefühle zu bedienen,
({12})
ist nicht geeignet, unser Land zukunftsfähig zu machen.
Wir werden den Haushaltsentwurf für das Jahr 2009
im Haushaltsausschuss mit größter Sorgfalt beraten und
dann, wie es der Finanzminister schon angekündigt hat,
im November im Plenum zur Schlussberatung und
Schlussabstimmung vorlegen. Ich gehe davon aus, dass
wir in den Koalitionsfraktionen in Zusammenarbeit mit
dem Bundesfinanzminister ein gutes Beratungsergebnis
erzielen werden.
Herzlichen Dank.
({13})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Entwurfs des
Haushaltsgesetzes 2009 und des Finanzplans des
Bundes 2008 bis 2012 auf den Drucksachen 16/9900
und 16/9901 an den Haushaltsausschuss vorgeschlagen. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 24. September 2008, 13 Uhr,
ein.
Ich wünsche Ihnen ein schönes, angenehmes Wochenende und schließe die Sitzung.