Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich und wünsche uns einen guten Tag und gute Beratungen.
Heute feiert der Kollege Hans-Ulrich Klose seinen
70. Geburtstag.
({0})
Zu diesem stolzen Jubiläum und den vielen eindrucksvollen Jahren, die ihm vorausgegangen sind, ließe sich
manches sagen, was bei anderer Gelegenheit sicher vorgetragen wird. Ich begnüge mich im Augenblick damit,
Ihnen die herzlichen Glückwünsche des ganzen Hauses
zum Ausdruck zu bringen.
({1})
Ebenso herzlich gratuliere ich dem Kollegen
Dr. Michael Bürsch, der am 3. Juni seinen 65. Geburtstag gefeiert hat.
({2})
Schließlich möchte ich Sie davon unterrichten, dass
der Kollege Hans-Jürgen Uhl am 1. Juni auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet hat. Als
Nachfolger begrüße ich den Kollegen Dieter Steinecke.
({3})
Wir treten nun in unsere Tagesordnung ein. Ich rufe
die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 e sowie den Zu-
satzpunkt 3 auf:
13 a) Abgabe einer Erklärung durch die Bundeskanzlerin
Vorschau auf den Europäischen Rat am 21./
22. Juni 2007
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Löning, Michael Link ({4}), Florian
Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Ein Europa der Erfolge - Mehr Demokratie in
der EU wagen
- Drucksache 16/5268 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Volker Beck ({5}) und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik
der Europäischen Union weiterentwickeln
- Drucksache 16/5425 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({6})
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die EU braucht einen neuen Grundlagenvertrag
- Drucksache 16/5441 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({7})
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union ({8}) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar
Lafontaine, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Für eine demokratische, freiheitliche, soziale
und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union
- Drucksachen 16/3402, 16/5647 Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Silberhorn
Michael Roth ({9})
Markus Löning
Dr. Diether Dehm
Redetext
Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD
Die Verfasstheit der Europäischen Union zügig
klären - Für ein klares und enges Mandat einer Regierungskonferenz
- Drucksache 16/5601 Zu dieser Regierungserklärung liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung eineinviertel Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
nun die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.
({10})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In gut
zwei Wochen geht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
zu Ende. Vieles wurde in den zurückliegenden Monaten
erreicht. Heute spricht kaum noch jemand von Stagnation oder Ratlosigkeit in Europa. Stattdessen sind eine
neue Entschlossenheit und Geschlossenheit spürbar.
„Europa gelingt gemeinsam“, dieses Motto unserer Präsidentschaft haben wir mit Leben erfüllt.
({0})
Die Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft in
den unterschiedlichen Politikbereichen können sich
wahrlich sehen lassen - ich kann hier nicht alles aufzählen; wir als Bundesregierung werden Ihnen das natürlich
zur Kenntnis geben -: Geringere Gebühren beim grenzüberschreitenden Telefonieren mit Handys zum Beispiel,
Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs in der EU, ein Luftfahrtabkommen mit den USA,
größerer Verbraucherschutz für Kreditnehmer - das alles
sind ganz praktische Fortschritte, die die Bürgerinnen
und Bürger auch persönlich spüren werden. Sie wirken
sich auf den Alltag der Bürger positiv aus.
Der Prümer Vertrag wird in den Rechtsrahmen der
Europäischen Union überführt. In diesem Vertrag haben
sich 2005 Deutschland und weitere sechs Länder zusammengeschlossen, um Straftaten besser als bisher verhindern oder verfolgen zu können. Dies stärkt die Sicherheit
aller Bürger in der EU. Außerdem können wir sagen:
Das Schengen-Abkommen wird auf die mittel- und osteuropäischen Staaten ausgeweitet; die Agentur Frontex
wird Migration illegaler Art besser bekämpfen können
und vieles andere mehr.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen
Union wurde gestärkt. Wir haben im März wichtige
Ziele zum Bürokratieabbau beschlossen. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission kann der von uns
beschlossene Bürokratieabbau einen mittelfristigen
Wachstumsimpuls von 1,5 Prozent des europäischen
Bruttoinlandsproduktes auslösen. Das zeigt, wie wir
konkrete europäische Entscheidungen zum Wohle und
auch für den Wohlstand der Menschen in der Europäischen Union durchsetzen können.
({1})
Die Eurozone dehnt sich weiter aus. Zum Jahresbeginn hat Slowenien die gemeinsame Währung eingeführt. In der nächsten Woche werden die Staats- und Regierungschefs auch den Beitritt Zyperns und Maltas zur
Eurozone beschließen.
In der Energie- und Klimapolitik der Europäischen
Union hat der Europäische Rat im März eine entscheidende Wende eingeleitet. Klimaschutz- und Energiepolitik werden erstmals in einer integrierten Politik
zusammengefasst. Verminderung der Treibhausgase,
Verringerung des Energieverbrauchs, Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und verbindliche Ziele für
Biokraftstoffe sind die Ziele, die der Europäische Rat im
März verabschiedet hat.
Für mich steht außer Zweifel: Ohne dieses Ergebnis
des März-Rates wären die Klimabeschlüsse des G-8Gipfels von Heiligendamm völlig undenkbar gewesen.
({2})
Sie waren die entscheidende Voraussetzung für das G-8Bekenntnis zum Klimaschutz. Dieses Bekenntnis der
G 8, einschließlich der USA, die das Kiotoprotokoll
nicht ratifiziert haben, ist in seiner Bedeutung gar nicht
hoch genug einzuschätzen. Denn die G 8 sind sich darin
einig, dass wir eine Folgevereinbarung zum Kiotoprotokoll für die Zeit nach seinem Auslaufen 2012 brauchen,
und zwar nicht irgendwo, sondern einzig und allein unter
dem Dach der Vereinten Nationen,
({3})
und auch nicht irgendwann, sondern bis Ende 2009.
Damit hat die Umweltministerkonferenz im Dezember dieses Jahres auf Bali einen ganz klaren Verhandlungsauftrag. Dieser Verhandlungsauftrag befindet sich
zudem nicht im luftleeren Raum, vielmehr haben die G 8
ausdrücklich auf die im Umweltbericht der Vereinten
Nationen festgelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse
Bezug genommen.
Der IPCC-Bericht - so heißt dieser wissenschaftliche
Bericht der UNO - macht mit unmissverständlicher
Klarheit deutlich, dass die Erderwärmung auf 1,5 bis
2,5 Grad begrenzt werden muss, wenn wir nicht völlig
irreparable Schäden der Erdatmosphäre und unserer
Erde erleben wollen. Der IPCC-Bericht betont, dass nur
eine deutliche Reduzierung der Treibhausgase den Klimawandel stoppen kann. Diese Elemente - ein klares
Bekenntnis zum UNO-Prozess und eine Akzeptanz der
wissenschaftlichen Erkenntnisse - sind die von den G 8
unmissverständlich anerkannte Basis für die Umweltminister bei ihrem Treffen auf Bali in diesem Jahr.
Hinzu kommen die Entscheidungen der Europäischen
Union, Kanadas und Japans, auf die die G 8 ausdrücklich Bezug nehmen, wenn sie vereinbaren, ernsthaft in
Betracht zu ziehen, die Treibhausgase bis zum Jahre
2050 mindestens zu halbieren. Diese Ergebnisse sind ein
enormer Fortschritt, den viele Beobachter noch vor wenigen Wochen für völlig undenkbar gehalten haben.
({4})
Möglich wurden sie, weil Europa geschlossen und entschlossen für seine Überzeugungen eingetreten ist;
({5})
möglich wurden sie, weil Europa Motor des weltweiten
Klimaschutzes ist.
Aber wir wissen auch, dass wir nur vorankommen
werden, wenn sich weltweit alle Emittenten zu ehrgeizigen Maßnahmen bekennen. Dazu gehören natürlich zuerst die Industrieländer. Sie müssen zeigen, dass sie ihrer
historischen Verantwortung gerecht werden. Dazu gehören in zunehmendem Maße aber auch die Schwellenländer; denn mit ihrem dynamischen wirtschaftlichen Aufholprozess wächst auch ihre Verantwortung für die
Lösung globaler Probleme.
Das gilt für alle Bereiche. Deshalb ist es unverzichtbar gewesen, dass sich die G-8-Staaten auf dem Gipfel
in Heiligendamm mit China, Indien, Brasilien, Mexiko
und Südafrika darüber verständigt haben, in den nächsten zwei Jahren eine völlig neue Form des vertieften
Dialogs über zentrale Fragen der Weltwirtschaft zu führen. Damit haben wir den sogenannten Heiligendammprozess begründet, eine Neuheit, die aus meiner Sicht
unverzichtbar ist.
({6})
Die G 8 haben in Heiligendamm an einer weiteren
Stelle gezeigt, dass sie über ihren Tellerrand schauen.
Wir haben unser großes Engagement für die Zukunft
Afrikas bekräftigt. Wir haben die weitreichenden Zusagen, die wir in den letzten Jahren zur Steigerung der öffentlichen Entwicklungsleistungen gerade für Afrika gemacht haben, bestätigt. Dies gilt auch für Deutschland.
Wir werden unsere Zusagen einhalten und wollen bis
2011 zusätzlich 3 Milliarden Euro für die Entwicklungshilfe bereitstellen. Wir werden darüber hinaus neue
Wege gehen müssen, zum Beispiel im Hinblick auf innovative Finanzinstrumente. So könnte ich mir vorstellen,
dass wir im Rahmen der parlamentarischen Beratungen
zur Versteigerung von CO2-Zertifikaten auch Projekte
des Klimaschutzes im Sinne der Entwicklungspolitik
vereinbaren.
Wir haben in Heiligendamm im Kampf gegen HIV/
Aids, Malaria und Tuberkulose neue, wichtige Impulse gesetzt: für den Zugang zu Medikamenten, für das
Millenniumsziel des Kampfes gegen diese Krankheiten
sowie für eine Stärkung der Gesundheitssysteme. Dafür
sollen mindestens 60 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt werden. Deutschland selbst wird dafür bis
2015 insgesamt 4 Milliarden Euro aufbringen. Das
schließt einen substanziellen deutschen Beitrag zur Wiederauffüllung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von
HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria auf der Finanzierungskonferenz im September hier in Berlin, in Deutschland, mit ein.
Ich sage an dieser Stelle allerdings ganz klar: Entwicklungshilfe allein wird nicht ausreichen, um die Millenniumsziele zu erreichen. Bessere Regierungsführung,
mehr und nachhaltige Investitionen, Wirtschaftswachstum, faire Handelschancen - diese Elemente sind mindestens so wichtig wie finanzielle Hilfen.
({7})
Sie sind der Schlüssel für die Entwicklung und für Armutsbekämpfung auch und gerade in Afrika.
Wichtig in diesem Zusammenhang - übrigens nicht
nur für die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas, sondern
für die Weltwirtschaft insgesamt - wäre ein Erfolg der
laufenden Doharunde; auch darüber wurde in Heiligendamm ausführlich gesprochen. Alle, die dabei waren,
waren sich einig, dass ein Durchbruch in diesem Jahr
- so besagen es auch die Dokumente - wünschenswert
und wichtig wäre.
({8})
- Sie hätten das alles ja schon lösen können. Das ist
nicht passiert.
({9})
Meine Damen und Herren, dass wir insgesamt auf einen erfolgreichen G-8-Gipfel in Heiligendamm zurückblicken können, dass wir unseren Gästen und der Weltöffentlichkeit ein gutes Bild unseres Landes gezeigt haben,
dazu haben - ich denke, darüber sind wir uns einig nicht zuletzt unsere Polizei und all unsere Sicherheitskräfte beigetragen.
({10})
Sie haben einen ungestörten Ablauf aller Veranstaltungen - übrigens auch der friedlichen Demonstrationen und die Sicherheit unserer Staatsgäste gewährleistet.
Deshalb möchte ich all denen, die daran beteiligt waren,
an dieser Stelle meinen Dank, den Dank der Bundesregierung und sicherlich auch den Dank des ganzen Hauses übermitteln.
({11})
Während unserer EU-Ratspräsidentschaft haben wir
mit allen G-8-Partnern außerhalb der Europäischen
Union EU-Gipfel abgehalten: mit den USA, mit Russland, mit Kanada und mit Japan. Zahlreiche einzelne
wichtige, konkrete Abmachungen wurden getroffen. Gerade diese Gipfel haben eines ganz deutlich gemacht:
Gemeinsam können wir Europäer unsere Anliegen in der
Welt zur Geltung bringen; gemeinsam können wir auch
wichtige außenpolitische Weichen stellen.
So hat sich die deutsche Ratspräsidentschaft von Beginn an dafür eingesetzt, dass das Nahost-Quartett einen
neuen Anlauf für den Friedensprozess in Nahost nimmt.
Die Ereignisse der letzten Tage bedrücken. Wir fordern
alle auf, der Gewalt ein Ende zu machen. Es gibt keine
Alternative zu einem Verhandlungsprozess, zu einer
Zweistaatenlösung. Die Bundesregierung wird sich mit
aller Kraft weiter dafür einsetzen.
({12})
In der Statusfrage des Kosovo hat sich die deutsche
Ratspräsidentschaft in den letzten Monaten nachdrücklich für eine geschlossene Haltung der Europäischen
Union eingesetzt. Wir arbeiten weiter an einer raschen
und für alle Seiten akzeptablen Lösung.
Der Europäische Rat wird darüber hinaus einen Bericht über die Vertiefung der europäischen Nachbarschaftspolitik annehmen. Dabei geht es insbesondere um
Angebote für einen besseren Zugang der Nachbarn
Europas zum Binnenmarkt und um ein neues, leistungsbezogenes Finanzierungsinstrument für reformbereite
Staaten.
Außerdem werden wir eine Zentralasienstrategie verabschieden. Mit ihr will die Europäische Union ihre
Politik gegenüber dieser Region zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten sowie zu Energie- und
Umweltfragen besser koordinieren.
({13})
Praktische Fortschritte auf wichtigen Politikfeldern
sind das eine; sie sind unverzichtbar. Die Stärkung des
Gemeinschaftsgefühls der Europäerinnen und Europäer
ist das andere; das ist mindestens ebenso wichtig. Der
25. März dieses Jahres war dafür ein wichtiger Tag. In
Berlin haben wir den 50. Geburtstag der Römischen Verträge gefeiert. Wir haben nicht nur Rückschau betrieben
- die war ohne Zweifel wichtig; denn wir sind dankbar
für 50 Jahre Leben in Frieden und Freiheit; wir Europäer
sind zu unserem Glück vereint -, sondern auch der Ausblick auf die Zukunft hat diesen Festtag geprägt. Dabei
haben wir uns die gemeinsame Verantwortung der
27 Regierungen für Europa bewusst gemacht.
Das Bewusstsein für diese gemeinsame Verantwortung muss auch den Europäischen Rat in der nächsten
Woche leiten, der sich vor allem mit dem weiteren Prozess des Verfassungsvertrages beschäftigen wird. Im
Juni 2006, also vor einem Jahr, hatte der Europäische
Rat dem deutschen Ratsvorsitz dazu einen Auftrag erteilt. Er lautete so kurz wie klar: Deutschland soll einen
Fahrplan für das weitere Vorgehen im Verfassungsprozess vorlegen. Ich sage unumwunden: „Fahrplan“ ist ein
geradezu schlichtes, ein zu einfaches Wort für eine wahrhafte Herkulesaufgabe.
Führen wir uns noch einmal kurz vor Augen, wo wir
am Anfang dieser Aufgabe standen. Seit nunmehr über
15 Jahren bestimmt die Frage der Reform der europäischen Verträge die öffentliche Debatte in und über
Europa: Von Maastricht nach Amsterdam, von Amsterdam nach Nizza - Jahr für Jahr folgte ein Reformschritt
auf den anderen, auch in immer kürzer werdenden zeitlichen Abständen. Aber was nicht folgte, war die volle
Handlungsfähigkeit einer größeren, erweiterten Europäischen Union. So konnte keiner dieser Reformschritte das
gewährleisten, was eigentlich nötig ist, nämlich Handlungsfähigkeit.
Dann kam das Projekt einer europäischen Verfassung,
ein großes Projekt. Das Schicksal ist bekannt: Zwar
wurde sie von 18 Mitgliedstaaten ratifiziert, durch zwei
ablehnende Volksabstimmungen wurde sie jedoch zum
Halten gebracht. Nun war guter Rat teuer. Stillstand trat
ein. Eine Denkpause wurde verordnet; denn jeder
wusste: Europa muss auch nach 2009, also nach der
nächsten Europawahl, handlungsfähig sein, und sei es
nur im Hinblick auf das Aussehen der Kommission oder
den möglichen Beitritt weiterer Länder; ich erinnere nur
an die Verhandlungen mit Kroatien.
Auf der Festveranstaltung zum 50. Geburtstag der
Römischen Verträge in Berlin konnte dieser Stillstand
erstmals aufgebrochen werden. In der dort verabschiedeten Berliner Erklärung wurde das Zieldatum für das Inkrafttreten einer, wie es dort heißt, „erneuerten gemeinsamen Grundlage“ gesetzt: das Jahr 2009. Dieses klare
Bekenntnis aller 27 Regierungen, des Europäischen Parlaments und der Kommission für eine erneuerte gemeinsame Grundlage ab 2009 war ein wichtiger Schritt. Er
schaffte vor allen Dingen heilsamen Zeitdruck.
({14})
Machen wir uns nichts vor: Europa steht vor neuen
Aufgaben, nach innen und vor allen Dingen nach außen.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns Politikern, dass wir uns so schnell wie möglich wieder mit ihren Problemen beschäftigen und nicht weiter und langwierig mit uns selbst. Seit Januar hat der deutsche
Ratsvorsitz deshalb konzentriert und vertraulich mit allen Partnern in der EU verhandelt, sowohl bilateral als
auch gemeinsam. Die Vertraulichkeit, über die mancherorten gesprochen wird, ist absolut erforderlich. Sie war
zwingend, um in der kurzen Zeit, die wir haben, den uns
gestellten Auftrag zu erfüllen und einen Fahrplan überhaupt vorlegen zu können.
In unzähligen Konsultationen haben wir zunächst die
politischen Hauptanliegen der Partner ausgelotet. Es
liegt auf der Hand, dass die Regierung eines Landes, in
dem der Verfassungsvertrag durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, einen völlig anderen Blick auf
das Problem hat als eine Regierung, die den Vertrag ratifiziert hat, wie auch die Bundesregierung und das deutsche Parlament.
({15})
Die Mitgliedstaaten ihrerseits sind mit ihren Anliegen
an uns herangetreten. Wir haben alle diese Anliegen geprüft. Wir haben dort, wo es geht, versucht, sie miteinander zu vereinbaren. In den letzten Wochen hat sich die
Zahl der offenen Fragen auf eine überschaubare Anzahl
von Punkten reduziert. Die allerdings haben es zum Teil
wirklich in sich. Mit ihnen muss sich der Europäische
Rat in der nächsten Woche befassen.
Ein Ergebnis können wir schon jetzt festhalten: Heute
arbeiten wieder alle Partner an einem gemeinsamen ProBundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
jekt. Ich sage aber auch offen: Hätten wir diese gemeinsame Basis nicht geschaffen, dann wäre der Versuch, einen Fahrplan für den weiteren Verfassungsprozess
vorzulegen, von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen.
({16})
So haben wir jetzt die Chance, diesen Fahrplan zu verabschieden. Ich sage: Wir haben die Chance, nicht mehr
und nicht weniger. Denn die noch vor uns liegenden
Schritte dürfen wir nicht unterschätzen.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen:
Deutschland hat in den letzten Wochen und Monaten
von vielen Partnern aus den Mitgliedstaaten große Unterstützung erfahren. Ohne diese Unterstützung wären
wir niemals an dem Punkt, an dem wir heute sind.
({17})
Ende der Woche werden die Außenminister in Brüssel
den an die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten heute zu
verschickenden Bericht des deutschen Vorsitzes über unsere Konsultationen beraten. Dieser Bericht gibt auch
Auskunft über eine Hauptsorge der Bürgerinnen und
Bürger Europas: die Sorge vor einer Europäischen
Union, die sich zu einem sogenannten Superstaat entwickeln könnte. Gemeint ist die Sorge vor einer unnötigen Schwächung der Nationalstaaten. Denn sie sind für
die Menschen vertraute Heimat und notwendige Orientierung. Gemeint ist auch die Sorge vor zu vielen bürokratischen Regelungen aus Brüssel, die unsere eigenen
Traditionen nicht ausreichend achten.
Wir alle, denke ich, sind gut beraten, diese Sorgen
ernst zu nehmen. Der zu verabschiedende Fahrplan soll
deshalb den Vorschlag enthalten, die notwendige Reform
der Verträge durch einen sogenannten Änderungsvertrag zu unternehmen - dies ist ein Rechtsinstrument, das
uns in Europa seit Maastricht, Amsterdam und Nizza
vertraut ist -: ein Reformvertrag in Gestalt eines Änderungsvertrages einerseits und damit die Möglichkeit für
die notwendige Handlungsfähigkeit der Europäischen
Union andererseits. Dabei wollen wir die Fortschritte
aus dem ursprünglichen Verfassungsvertrag in diesen
Reformvertrag überführen und in Kraft treten lassen.
Das heißt, wir wollen die Substanz des Vertrages erhalten, ohne die Bürgerinnen und Bürger zu überfordern.
({18})
Sie werden sicher verstehen, dass ich den Ergebnissen
der Beratungen im Rat in der nächsten Woche nicht vorgreifen kann. Aber schon jetzt zeichnet sich ab: Staatsähnliche Bezeichnungen und Symbole werden in einen
neuen Vertrag nicht aufgenommen. Sie stehen für zu
viele unserer Partner für den sogenannten europäischen
Superstaat, von dem ich vorhin gesprochen habe. Ich
teile diese Sorge nicht, aber ich habe sie zu respektieren.
Denn wir wissen doch alle: Nicht immer sind es ganz
konkrete sachliche Fragen, Paragrafen und Kompetenzen, die die Menschen bewegen. Oft geht es auch um
Fragen des - im eigentlichen Sinne des Wortes - Selbstverständnisses von Staaten und ihren Bürgern.
Dies führt uns übrigens zu der Diskussion über die
künftige Stimmenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten, die in Polen, wie Sie wissen, intensiv geführt
wird. Ich halte nichts davon, diese Frage heute Morgen
auszublenden oder unter den Teppich zu kehren. Das
hilft uns nicht weiter. Das Problem steht im Raum. Eine
Lösung ist noch nicht in Sicht. Sie kann nur einstimmig
gefunden werden, und sie kann - damit das ganz klar ist nur in einer Form bestehen, die Europa insgesamt weiterhilft.
({19})
Das müssen wir beachten. Wir brauchen eine Lösung,
die Europa insgesamt weiterhilft. Wir müssen sehen, ob
uns das gelingt. Das ist heute noch völlig offen. Um auch
unabhängig von diesem Punkt Europas Handlungsfähigkeit zu stärken, müssen wir die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den
Mitgliedstaaten noch deutlicher als bislang herausarbeiten. Denn darum geht es uns: Wir wollen die Sorgen und
Anliegen der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen und
gleichzeitig die Handlungsfähigkeit für die Zukunft sichern. Das sind zwei Seiten einer Medaille.
Meine Damen und Herren, die weitere Arbeit wird
unter den nachfolgenden Vorsitzen Portugals und Sloweniens fortgesetzt, mit denen wir im Trio zusammenarbeiten. Aber heute ist klar: Nach zwei Jahren Denkpause in
allen Mitgliedstaaten und nach sechs Monaten intensiver
Konsultationen wollen wir jetzt einen deutlichen Schritt
nach vorne schaffen.
({20})
Wir wollen in der nächsten Woche einen Fahrplan
für den weiteren Verfassungsprozess verabschieden. Ob
das gelingt, hängt gewiss nicht allein von uns ab. Aber
wir werden das Unsrige tun. Gelingt das nicht, dann ist
das noch nicht der Untergang Europas - natürlich nicht -,
aber dann hat das kaum zu beschreibende, schwerwiegende Folgen für die Zukunft Europas. Die Aufrichtigkeit dieser Debatte in diesem Haus gebietet es aus meiner Sicht, dass ich auch darauf heute Morgen hinweise.
Schönreden hilft uns nicht weiter.
({21})
Gelingt es uns aber, in der nächsten Woche einen
Fahrplan zu verabschieden, dann könnte sich die Europäische Union mit größerer Handlungsfähigkeit und
neuem Schwung um die Bewältigung der politischen
Aufgaben innerhalb und außerhalb Europas kümmern.
Das ist es, was die Bürger Europas von uns erwarten,
und zwar zu Recht. Dafür setzt sich die ganze Bundesregierung mit aller Kraft ein.
Herzlichen Dank.
({22})
Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Dr. Guido Westerwelle.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorab etwas zu den Ergebnissen von
Heiligendamm sagen, wie auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, es in Ihrer Regierungserklärung getan haben. Ich
denke, man kann unterm Strich zusammenfassen, dass
die Ergebnisse von Heiligendamm im Großen und Ganzen positiv zu beurteilen sind. Das ist ein Fortschritt, sowohl für uns in Deutschland als auch für die ganze Welt.
Dieser Fortschritt reicht zwar nicht aus, aber Fortschritt
ist immer besser als Stillstand oder Rückschritt. Gemessen daran, dass übrigens auch aus den Reihen der Regierung noch am Tag vor dem Beginn des Gipfels erklärt
worden ist, dass er scheitern wird, sind dabei ganz stattliche Ergebnisse herausgekommen.
({0})
Ich hoffe, die Damen und Herren von der SPD gestatten mir, dass ich es, obwohl ich der Opposition angehöre, würdige, wenn die Regierung ordentliche Ergebnisse vorlegt. Ich halte jedenfalls nichts davon, wenn
man diese Ergebnisse, die in der Tat Fortschritt bedeuten, zerredet, kaputtmeckert.
({1})
Alles in allem sind das solide Ergebnisse.
({2})
Ich möchte eingehen auf das, was aus den Reihen der
beiden anderen Oppositionsfraktionen gesagt worden ist.
Die Kollegen haben in fundamentaler Weise alles, was
im Hinblick auf den Klimaschutz beschlossen worden
ist, infrage gestellt und versucht, den Eindruck zu erwecken, Sie könnten das alles besser. Sie von den Grünen
hatten sieben Jahre Zeit; doch etwas Besseres haben Sie
nicht zustande gebracht.
({3})
- Frau Kollegin Künast, lassen Sie mich sagen: Nicht
einmal die große Künast hätte in Heiligendamm mehr
herausgeholt.
({4})
Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass eines
nicht zusammenpasst: In der Debatte vor Heiligendamm
wurde von den Grünen und der Linksfraktion die demokratische Legitimation dieses Gipfels bestritten, nach
dem Motto: Was sitzen die da frecherweise zusammen
und verabreden die da? Aber hinterher sagen Sie, es sei
aus Ihrer Sicht nicht genug herausgekommen. Wenn dieser Gipfel aus Ihrer Sicht keine Legitimation hat, sollten
Sie bei Ihrer Beurteilung der Ergebnisse etwas zurückhaltender sein.
({5})
Der zentrale Punkt, der uns noch länger beschäftigen
wird - das muss man positiv sehen -, ist die Rolle der
Vereinten Nationen. Ich lasse einmal dahingestellt, ob
das Einlenken der Vereinigten Staaten von Amerika
überwiegend oder lediglich auch auf das Verhandlungsgeschick der Bundeskanzlerin zurückzuführen ist. Ich
glaube, das wird stark mit dem innenpolitischen Druck
in den Vereinigten Staaten zu tun haben. Wie dem auch
sei: Dass die Vereinigten Staaten von Amerika, was die
Rolle der Vereinten Nationen angeht, traditionell zurückhaltend sind - das ist eine diplomatische Formulierung -, ist bekannt. Umso wichtiger ist, dass sich die
Vereinigten Staaten von Amerika bewegt haben.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen: Es ist
wichtig - der Deutsche Bundestag hat mehrfach darüber
gesprochen; auch die FDP hat das mehrfach angesprochen - und nicht zu unterschätzen, dass in der Frage der
Raketenstationierung Bewegung in die Diskussion
zwischen Russland und den Vereinigten Staaten gekommen ist. Das ist übrigens nicht nur das Ergebnis der Arbeit der Bundeskanzlerin, sondern - das sage ich unumwunden - mit Sicherheit auch das Ergebnis des
Wirkens des Außenministers. Dass über dieses Thema
gesprochen wird, liegt im deutschen Interesse. Wir können als Europäer kein Interesse daran haben, dass auf
unserem Kontinent eine neue Rüstungsspirale in Gang
gesetzt wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir Europäer
bei den Gesprächen zwischen Moskau und Washington
eine Rolle spielen. Die Stationierung amerikanischer Raketen ist schließlich keine Angelegenheit von zwei, drei
oder vier Staaten; sie geht ganz Europa an. Das ist auch
nicht nur eine Angelegenheit der NATO; das ist zuvörderst eine europäische Frage. Deshalb gehört es auf die
europäische Tagesordnung.
({6})
Ich möchte noch eine Bemerkung zur Rolle der Polizistinnen und Polizisten beim Gipfel in Heiligendamm
machen. Ich halte es für erforderlich, dass - bei allem,
was man an der Taktik der Polizei kritisieren mag - unter
dem Strich eines klar ist: Wenn dort Menschen, die sich
Demonstranten nennen, mit Betonbrocken versuchen,
jungen Polizistinnen und Polizisten die Köpfe einzuschlagen, dann sind das keine Demonstranten, sondern
Kriminelle.
({7})
Hier ist eine klare Sprache gefordert. Das muss man als
Demokrat sagen.
Sie haben einen Ausblick auf das gegeben, was auf
dem EU-Gipfel unter Ihrer Präsidentschaft in der nächsten Woche eine Rolle spielen wird. In weiten Teilen
können wir als Freidemokraten uns mit dem Entschließungsantrag einverstanden erklären, den die beiden KoDr. Guido Westerwelle
alitionsfraktionen hier eingebracht haben. Ich habe gesehen, dass darüber bereits heute abgestimmt werden soll.
Das ist Ihre Entscheidung. Ich hätte es gut gefunden,
wenn der Versuch unternommen worden wäre, über die
Grenzen von Regierung und Opposition hinweg hier zu
einer gemeinsamen Mehrheit zu kommen.
In weiten Teilen finden wir das, was Sie vorgelegt haben, vernünftig. Aus unserer Sicht fehlen aber Aussagen
zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank.
Dieses Thema sprechen Sie in Ihrem Antrag nur sehr unterentwickelt bis gar nicht an. Ich weiß nicht, warum Sie
das nicht tun. Aus unserer Sicht ist das wichtig; denn wir
als Deutsche legen auf die Europäische Zentralbank und
ihre Unabhängigkeit weiterhin großen Wert.
({8})
Zum Schluss noch etwas zur europäischen Verfassung, zum Verfassungsprozess und zu dem, was Sie dazu
gesagt haben. Das wird ohne Frage nicht nur für Sie,
sondern auch für die beiden folgenden Präsidentschaften
eine unglaublich schwierige Aufgabe werden. Ich muss
Ihnen klar sagen, dass es keinen Grund dafür gibt, dass
sich die Opposition hier gegen die Regierung stellt. Wir
haben den Verfassungsvertrag hier im Deutschen Bundestag mit riesiger Mehrheit beschlossen. Wir sollten
deshalb auch bei der Durchsetzung unseres gemeinsamen Interesses, den ins Stocken geratenen Verfassungsprozess doch noch zu einem guten Ergebnis zu führen,
zu einer großen Mehrheit kommen; denn das liegt in unserem deutschen Interesse. Wenn es nur zur Erweiterung, aber nicht zur Vertiefung Europas kommt, dann
verliert Europa das Vertrauen der Bürger und dann sind
unsere Institutionen nicht mehr handlungsfähig. Deswegen muss die Vertiefung Europas für das ganze Hohe
Haus des Deutschen Bundestages von herausragender
Bedeutung sein. Es ist Angelegenheit nicht nur der Bundesregierung, sondern des ganzen Parlaments, dass dieser Verfassungsprozess zu einem Ergebnis geführt wird.
Wir wissen, dass der Verfassungsvertrag abgespeckt
werden wird, dass er nach den fehlgeschlagenen Volksabstimmungen kaum in derselben Form wieder vorgelegt werden kann. Es ist aber richtig, dass Sie ehrgeizig
versuchen, das, was darin steht, zu retten. Dies gilt insbesondere für die demokratische Kontrolle durch das
Europäische Parlament und die nationalen Parlamente.
Wir müssen hier eine Phase der Demokratisierung der
europäischen Institutionen einleiten und durchsetzen.
({9})
Das muss in jedem Fall am Ende des Verfassungsprozesses stehen. Das ist viel wichtiger als jede Symbolik. Es
war richtig, dass Sie darauf in Ihrer Regierungserklärung
einen Akzent gesetzt haben.
({10})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der neue Verfassungsvertrag wieder an einigen Mitgliedsländern
scheitert, dann sollte sich Deutschland entschließen, mit
den Ländern, die ihn wollen, zu einer vertieften Integration im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit zu
kommen. Es kann nicht sein, dass durch das Veto einzelner Staaten - mögen sie uns noch so nahe sein, und
mögen sie auch unsere Nachbarn sein - der gesamte
europäische Integrationsprozess abgebrochen wird.
Dadurch würde Europa als Ganzes riskiert. Möglicherweise wird kein Weg daran vorbeiführen, dass wir, wie
bei der Eurozone, neue Schritte gehen müssen. Diejenigen, die in Europa Avantgarde sein wollen, müssen dann
auch Avantgarde sein dürfen. Wir haben jetzt die letzte
Chance zur Schaffung einer europäischen Verfassung.
Umso wichtiger ist es, dass wir diese Chance ergreifen.
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben am Schluss Ihrer
Regierungserklärung gesagt: Die Bürger erwarten, dass
wir uns mit ihren Problemen befassen und dass wir uns
nicht mit uns selbst befassen. Sie haben das auf die europäischen Institutionen bezogen. Das könnte eins zu eins
auch für die deutsche Regierung gelten.
({11})
Deswegen möchte ich Ihnen in aller Gelassenheit sagen:
So viel Gemeinsamkeit es im Hohen Hause hinsichtlich
Ihrer Präsidentschaft und unserer gemeinsamen deutschen Ziele in der Außen- und in der Europapolitik gibt:
Es ist sicher - quasi wie das Amen in der Kirche -, dass
auch Sie nicht ewig auf roten Teppichen gehen können.
({12})
Die Innenpolitik ruft bereits. Dort müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen. Miss World ist schön, Miss Germany,
die in Deutschland ihre Hausaufgaben macht, ist genauso gefragt.
Vielen herzlichen Dank.
({13})
Hans-Ulrich Klose ist der nächste Redner für die
SPD-Fraktion.
({0})
Vielen Dank, Herr Präsident, für die Glückwünsche;
vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wo
könnte ein Parlamentarier einen solchen Geburtstag besser feiern als im deutschen Parlament?
({0})
Ich wurde, wie Sie leicht errechnen können, 1937 in
Breslau geboren, also gut zwei Jahre vor Beginn des
Zweiten Weltkrieges. Bei Kriegsende war ich noch nicht
ganz acht Jahre alt. Das war alt genug, um kindgemäße
Erinnerungen an die Nazizeit und an den Krieg zu ha10572
ben. Ich finde, es ist gut, sich zu erinnern, auch wenn die
Erinnerungen nicht gut sind.
Den Neubeginn in Deutschland, die Wiederaufbauphase und die nach Churchills Züricher Rede 1946
Schritt für Schritt einsetzende Neuordnung Europas hin
zur zunächst westeuropäischen Einheit habe ich als
Teenager miterlebt, nicht unbedingt mit hohem Sachverstand, aber mit ungebrochener jugendlicher Begeisterung. Meine Begeisterung hat sich mit Schwankungen
bis heute gehalten. Für mich ist Europa eine Erfolgsgeschichte; denn wer gesehen und miterlebt hat, was Europa, was Deutschland am Ende des Krieges war, der kann
es kaum glauben: Der am Abgrund taumelnde Kontinent
erholte sich - wirtschaftlich und politisch von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützt - nach erstaunlich kurzer Zeit. Ich glaube, es ist 60 Jahre her, dass der
amerikanische Außenminister Marshall seine berühmte
Rede gehalten hat, die dann zum European Recovery
Program, genannt Marshallplan, geführt hat.
Amerika ist heute nicht mehr so populär wie in den
ersten Dekaden nach der Katastrophe. Warum das so ist,
bleibt eine interessante Frage. Noch mehr aber interessiert mich, wie es um Europa steht. Wie populär ist die
EU? Wie sieht die Begeisterung der Deutschen für die
EU aus? Ich glaube, dass noch immer die große Mehrheit der Europäer und der Deutschen die europäische
Einheit will und unterstützt. Es lässt sich aber nicht übersehen: Die Skepsis ist gewachsen. Warum? Die Erfolge
des europäischen Prozesses werden inzwischen als
selbstverständlich - also in Wahrheit gar nicht mehr wahrgenommen. Die negativen Begleiterscheinungen
werden dagegen überbetont und dramatisiert.
Europa durchlebt gegenwärtig eine Phase doppelter
Globalisierung: einer europäischen und einer globalen.
Mit der Implementierung der sogenannten Europäischen
Akte zum 1. Januar 1993 entstand der gemeinsame
europäische Markt, der freie Verkehr für Menschen,
Kapital, Güter und - verspätet - auch für Dienstleistungen. Für Kritiker war das der neoliberale Sündenfall. Die
Auswirkungen des größeren Marktes und des verstärkten
Wettbewerbs zeigten sich sofort. Sie waren bei annähernd gleichen Wettbewerbsbedingungen positiv. Das
hat sich aber inzwischen leicht geändert. Heute gibt es
innerhalb der EU erhebliche Lohnkostendifferenzen: Die
polnischen Löhne betragen etwa ein Fünftel der deutschen. Die bulgarischen und rumänischen Löhne betragen etwa ein Fünftel der polnischen. Die Löhne im indischen und im chinesischen Raum liegen noch niedriger.
Die Konsequenzen dieser Situation können Sie jeden
Monat miterleben, weil kostenintensive Betriebe ihre
Betriebe ganz oder zum Teil in Niedriglohnländer verlagern.
Wenn ich das mittel- und langfristig beobachte, dann
glaube ich, dass die Konsequenzen dieser Entwicklung
eher positiv sind, weil dadurch der Wettbewerb gestärkt
wird. Die Produkte werden billiger, es findet in Europa
und darüber hinaus Entwicklung statt. Nur, dem einzelnen Arbeitnehmer, der wegen solcher Betriebsverlagerungen seinen Job verliert, können Sie damit nicht kommen. Er erwartet von der politischen Seite Schutz.
({1})
Diese Schutzforderung läuft in Wahrheit nicht auf Solidarität, sondern auf Abschottung hinaus.
Ich persönlich glaube nicht, dass Abschottung das
richtige Rezept ist.
({2})
Ich glaube, es ist besser, die Entwicklung zu gestalten,
indem wir Regeln und Standards erarbeiten. Das könnten wir besser als bisher, wenn der Verfassungsvertrag
schon in Kraft wäre.
({3})
Ob wir ihn bekommen, weiß ich nicht. Ich hoffe es; aber
es wird sehr schwierig werden. Es wird schwierig sein,
es allen recht zu machen, und zwar denen, die den Verfassungsvertrag schon ratifiziert haben, denen, die ihn
noch ratifizieren wollen, und denen, die Schwierigkeiten
haben oder machen, nämlich Großbritannien, Polen,
Tschechien und die Niederlande.
Ich wünsche Ihnen sehr, Frau Bundeskanzlerin, dass
es Ihnen mit Ihrer inzwischen gerühmten „zwischen
Hartnäckigkeit und Charme pendelnden Verhandlungsführung“ gelingt, den Weg zu einer verbesserten Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit der EU zu ebnen.
({4})
Dass Sie es können, haben Sie, wie ich finde, im März
dieses Jahres bewiesen, als es letzten Endes doch gelang,
verpflichtende Aktionspläne zur europäischen Energiepolitik und zum Klimaschutz zustande zu bringen.
Auch in der vergangenen Woche in Heiligendamm ist
Ihnen das viel besser gelungen, als von vielen erwartet.
Enttäuscht konnte nur sein, wer den Charakter des G-8Treffens missverstanden hatte. Da tagte nämlich keine
Weltregierung und kein exklusiver Security Council,
sondern eine Gruppe von Staatslenkern, die Meinungen
ausgetauscht und sich auf politische Ziele bzw. Absichtserklärungen geeinigt haben, die sie national und international durchsetzen wollen. Sie sind sozusagen Impulsgeber, deren demokratische Legitimation real und
nicht angemaßt war wie bei einigen mehr oder weniger
friedlichen G-8-Kritikern.
({5})
Wer sich im Meinungsbildungsprozess auf Kompromisse einlässt, der handelt demokratisch. Bedauern kann
das nur, wer von sich glaubt, dass er alles besser weiß.
Für mich war Heiligendamm ein Erfolg. Genauer gesagt,
es kann zu einem Erfolg werden, wenn die Absichtserklärungen auch umgesetzt werden. Darauf muss sich die
Bundesregierung jetzt konzentrieren.
({6})
Ich denke, dass wir als Parlamentarier die Bundesregierung dabei begleiten werden.
Zurück zum europäischen Gipfel: Ich möchte noch
zwei Punkte ansprechen. Erstens. Ich finde, es müsste
nach den Erklärungen des französischen Präsidenten
Sarkozy zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein klärendes Wort gesprochen werden.
({7})
Die Europäische Union hat sich mit der Türkei auf Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel des Beitritts geeinigt.
Diese Vereinbarung gilt und kann nicht von einem Mitgliedsland einseitig infrage gestellt werden. Wo kämen
wir da hin?
({8})
Die Verhandlungen können scheitern - das wissen wir
alle -, aber ich finde, die EU muss Vereinbarungen einhalten. Das gilt übrigens auch für die Türkei. Das zypriotische Problem bleibt, es erledigt sich nicht durch
Nichtstun.
({9})
Der zweite Punkt betrifft die politische Befindlichkeit
bzw. die Finalität der Europäischen Union. Ich erwähnte anfangs, dass Amerika den Prozess der europäischen Einigung von Anbeginn an materiell und politisch
gefördert hat. Das ist noch immer der Fall, wenngleich
man - wenn man sich häufig in den USA aufhält - erkennen muss, dass sich die geostrategischen Interessen
der USA nach dem Ende des Kalten Krieges deutlich
verlagert haben, und zwar von West- nach Osteuropa, in
den Nahen und Mittleren Osten, nach Zentral- und Ostasien. Aus der Sicht der Supermacht USA ist das verständlich, jedenfalls nachvollziehbar. Befördert wird es,
wenn und weil in den USA immer häufiger zweifelnd
gefragt wird, wohin dieses einige Europa unter wessen
Führung steuert.
Analysten in den USA registrieren, dass es höchst unterschiedliche europäische Konzepte gab und gibt: erstens das pragmatische, auf Freihandel und konkrete Projekte gerichtete Europa, von dem in Großbritannien
häufiger als anderswo die Rede ist, zweitens Europa als
Gegenmacht zu den USA - ob solche französischen Vorstellungen nach dem Wechsel von Chirac zu Sarkozy
weiterverfolgt werden, weiß ich nicht; Sarkozy gilt als
eher proatlantisch - und drittens die traditionelle deutsche Position, wonach die EU als gleichberechtigter
Partner im transatlantischen Bündnis anzusehen ist.
Ich bin entschieden für die letztgenannte, für die deutsche Sicht, nicht zuletzt deshalb, weil mit ihr keine Regierung in Europa vor die Wahl gestellt wird, sich zwischen Europa und den USA entscheiden zu müssen.
({10})
Diese Sicht ist es auch, die nach meiner Einschätzung
am ehesten geeignet ist, einen Rückfall Europas in Nationalismen zu verhindern. Eine leichte Welle der Renationalisierung gibt es, nicht dramatisch, aber es gibt sie;
in einigen Ländern, wie wir wissen, stärker ausgeprägt
als in anderen. Sie wird, so hoffe ich, im Sande verlaufen, wenn wir uns in Geduld üben, den Ausgleich suchen
und die Vetomentalität überwinden, wenn die angeblich
Großen die Sorgen der angeblich Kleinen ernst nehmen,
wenn wir Gemeinsamkeiten betonen und Trennendes
beiseiteräumen, Schritt für Schritt und - ich wiederhole
mich - geduldig.
Frau Bundeskanzlerin, ich wünsche Ihnen viel Erfolg
in Brüssel.
({11})
Das Wort erhält nun der Kollege Oskar Lafontaine,
Fraktion Die Linke.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es gut, wenn sich die führenden Industriestaaten zusammensetzen, um darüber zu
beraten, wie man Dinge in der Welt voranbringen kann.
Über die Legitimation einer solchen Zusammenkunft
brauchen wir also nicht zu sprechen. Es ist ebenfalls zu
begrüßen, wenn sich diese Industriestaaten dazu entschließen - das ist mittlerweile geschehen -, wichtige
Länder einzubeziehen, die lange Zeit ausgeklammert
waren, ohne die aber eine Steuerung der Weltwirtschaft
und andere Fragen, die die gesamte Welt betreffen, nicht
zu bewältigen wären. So weit, so gut.
Die für uns entscheidende Frage ist, ob die jetzige
Form der Zusammenkunft richtig ist. Ich teile die
Auffassung des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut
Schmidt, der wesentlich am Zustandekommen dieser
Gipfel beteiligt war, dass die jetzige Form der Zusammenkunft dem Anliegen nicht mehr angemessen ist. Es
ist ein kostenaufwendiges Medienspektakel. Das, was
dabei herauskommt, wurde von Beamten längst vorbereitet.
({0})
Nun haben angeblich drei Themen den G-8-Gipfel in
Heiligendamm bestimmt: das Umweltthema, die Stabilität der internationalen Finanzmärkte und die Entwicklungshilfe. Ich möchte zuerst etwas zum Umweltthema
sagen. Ich kann die positiven Beurteilungen, die bislang
vorgetragen wurden, nicht nachvollziehen. Zur Minderung des CO2-Ausstoßes eine simple Bemerkung: Wenn
jemand die Absicht bekundet, zu prüfen, dann ist das in
Ordnung. Wenn jemand sagt, bis zum Jahr 2050 wolle
man eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 50 Prozent,
dann klingt das ganz gut. Aber jeder, der sich mit der Sache befasst und festgestellt hat, dass noch nicht einmal
das Basisjahr genannt wurde, worauf sich solche Ziele
beziehen, muss zu dem Ergebnis kommen, dass hier die
Unverbindlichkeit dominiert und nichts Konkretes herausgekommen ist.
({1})
Das Zweite, was seit Jahrzehnten ein großes Thema
der G-8-Gipfel ist, ist die internationale Finanzstabilität. Auch hier hat der Gipfel gar nichts zustande gebracht. Das war zu erwarten; denn - das ist seit Jahrzehnten zu beobachten - solange die Wall Street die
amerikanische Politik dominiert oder - anders ausgedrückt - die Wahlkämpfe der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten finanziert, solange die Londoner City
die britische Politik dominiert oder - anders ausgedrückt die Wahlkämpfe der britischen Parteien finanziert, so
lange wird es keine Vereinbarung geben, die uns bei der
internationalen Finanzstabilität voranbringt. Das ist der
Zusammenhang, über den man zumindest sprechen
muss.
({2})
Es gibt aber - wenn Sie trotz der Heuschreckenjäger,
die sich auch auf der Regierungsbank eingenistet haben,
({3})
schon dem Antrag der Linken nicht folgen wollen, kann
ich Ihnen das nachdrücklich empfehlen - Möglichkeiten
nationaler Regulierung.
({4})
- Ja, Sie waren gemeint. - Hier hat der DGB einen bemerkenswerten Vorschlag gemacht, der darauf hinausläuft, zumindest die Banken stärker zu regulieren, die
den Hedgefonds Kredite zur Verfügung stellen.
({5})
Wenn die gesamte Fachwelt sagt - und wir wissen seit
der Krise des LTCM, dass das kein Märchen ist -, dass
das internationale Finanzsystem in eine Krise geraten
kann, was mit großen Verwerfungen für viele Volkswirtschaften und schlimmen sozialen Folgen verbunden ist,
dann kann man dieses Thema nicht einfach ignorieren
und nichts tun. Wir fordern nach wie vor eine Regulierung der Hedgefonds.
({6})
Nächster Punkt: Entwicklungshilfe. Was dazu - auch
zur Hilfe für Afrika - zu sagen ist, hat die international
renommierte Organisation Oxfam gesagt. Sie hat darauf
hingewiesen, dass es hier Verrechnungsmöglichkeiten
gibt. Sie hat Rechnungen vorgelegt - ich will sie hier
nicht überprüfen -, nach denen es nicht um 60 Milliarden, sondern allenfalls um 3 bis 4 Milliarden geht, weil
alle anderen ausgewiesenen Mittel bereits anderswo etatisiert waren. Wenn das nur zur Hälfte stimmt, dann kann
man auch diese Entscheidungen nicht positiv bewerten.
Nun komme ich aber zu dem Thema, das den Gipfel
überlagert hat, nämlich dem Thema der Gewalt. Ich
will hier klar für meine Fraktion feststellen: Wir lehnen
Gewalt in jeder Form ab. Gewalt ist kein Mittel der Politik.
({7})
Es ist bedauerlich, dass einzelne junge Menschen in unserem Land immer noch glauben, sie könnten politische
Probleme mit Gewalt lösen. Wir können niemals hinnehmen - auch das möchte ich klar sagen -, dass Polizeibeamte mit Pflastersteinen bedroht werden; denn das kann
letztendlich auch zum Tod führen. Hier ist der Rechtsstaat gefordert.
({8})
Vor diesem Hintergrund muss ich als jemand, der als
Ministerpräsident lange Jahre Polizeieinsätze letztendlich zu verantworten hatte, sagen, dass man es nach dem
Gipfel von Heiligendamm nicht mit dem Dank an die
Polizeibeamten bewenden lassen kann. Frau Bundeskanzlerin, es ist doch unglaublich: Nach allem, was geschehen ist, danken Sie der Polizei und setzen sich wieder auf die Regierungsbank. Hier sind massive Vorwürfe
im Raum - von Grundrechtsverletzungen über Agents
provocateurs, die eingeschleust worden sind, bis zur falschen Behandlung vieler Demonstranten -, die aufgeklärt werden müssen.
({9})
Wir haben als Parlament die Aufgabe, den Rechtsstaat
zu verteidigen, und können nicht hinnehmen, dass man
einfach so zur Tagesordnung übergeht. Es ist ein übles
Mittel, dass sich politisch Verantwortliche immer dann,
wenn etwas schiefläuft, hinter den jeweils eingesetzten
Beamtinnen und Beamten verstecken. Das ist nicht die
richtige Vorgehensweise. Insbesondere muss aufgeklärt
werden, ob die politisch Verantwortlichen es mit zu verantworten haben, dass die Polizei schlecht untergebracht
war und lange Zeit nicht vernünftig ernährt worden ist.
Wenn das so ist, dann kann man den Polizeibeamten
nicht danken, sondern dann ist man mitverantwortlich
für Vorgänge, die wir nicht verantworten wollen.
({10})
Es muss auch aufgeklärt werden, ob die Vorwürfe aus
einer Regierungsfraktion, dass die Bundeswehr eingesetzt worden ist, nicht wirklich dahin gehend zu interpretieren sind, dass es sich um einen Verfassungsbruch handelt.
({11})
Ich sage im Hinblick auf die Vorkommnisse während
dieser Demonstration: Es geht hier nicht um das eine
oder andere, was zu bemängeln wäre. Wir haben vielOskar Lafontaine
mehr den Eindruck, dass der Rechtsstaat in der Innenpolitik systematisch infrage gestellt wird. Das ist es, was
wir hier zu behandeln haben.
({12})
Wenn schon von Gewalt auf dem Gipfel die Rede
war, dann muss ich natürlich darauf hinweisen, dass
nicht nur von dieser Gewalt hätte die Rede sein sollen,
sondern auch von der Gewalt, die die Gipfelteilnehmer
zu verantworten haben, indem sie völkerrechtswidrige
Kriege zu verantworten haben, in denen Hunderttausende Menschen ums Leben kommen.
({13})
Dass wir da keine hervorragende Rolle spielen - Sie
auch nicht, Frau Bundeskanzlerin -, hat in erschütternder Weise der jüngste Bericht über die Waffenexporte
deutlich gemacht. Es ist ein Skandal, dass Deutschland
auf dem dritten Platz der Waffenexporteure der Welt ist.
({14})
Was soll diese ganze Gipfelrederei, wenn Sie dies zu
verantworten haben? Es werden Staaten beliefert - das
stellen selbst die Kirchen fest -, in denen Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass Sie das Völkerrecht jeden Tag brechen,
indem Sie Flughäfen, Überflugrechte und Führungseinrichtungen zur Verfügung stellen, um den rechtswidrigen
Krieg im Irak zu unterstützen. Gleichzeitig wird jetzt
festgestellt, dass Sie an Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen stattfinden, Waffen liefern. Das ist
ungeheuerlich. Darüber müsste in diesem Parlament einmal geredet werden.
({15})
Gut wäre es gewesen, wenn sich diese Staaten darauf
verständigt hätten, ein „Waffen-Kioto“ zu beschließen,
also eine jährliche Reduktion der Waffenexporte. Ich
halte nach wie vor an dem Vorschlag fest, dass man im
Rahmen der UNO eine Agentur einrichten sollte, die
dem UN-Sicherheitsrat zuarbeitet und die Waffenexporte
der Staaten verbindlich genehmigen und insbesondere
veröffentlichen muss. Wir kämen einen erheblichen
Schritt weiter, wenn wir dies machen würden.
({16})
Die Zeit reicht gar nicht aus, um auf alle Fragen einzugehen.
({17})
Ich sage zu der Begeisterung für die EU, die der Kollege
Klose angesprochen hat: Natürlich sind die Menschen
nicht mehr von der EU begeistert, wenn der Prozess so
weitergeht wie bisher, wenn man beispielsweise Verfassungsentwürfe entwickelt und das Volk noch nicht einmal daran beteiligt. Volksabstimmung ist ein Mittel zur
Begeisterung, nichts anderes.
({18})
Natürlich sind die Menschen nicht zufrieden, wenn man
weiter zulässt, dass Steuerdumping, Lohndumping und
Sozialdumping die Grundlage der europäischen Entwicklung sind. Wir alle, die wir hier sitzen oder stehen,
sind davon nicht betroffen, aber immer mehr Menschen
sind davon betroffen. Es gilt nun einmal der Satz
Rousseaus - Herr Kollege Klose, das sage ich in vollem
Respekt vor Ihrer politischen Leistung; Sie wissen, wie
ich dazu stehe -: Zwischen dem Starken und dem
Schwachen befreit das Gesetz, während die Freiheit unterdrückt. - Freiheit der Arbeitsmärkte ist keine Formel,
die wir als Überschrift über die EU stellen können, sondern die Menschen brauchen Schutzvorschriften in allen
Ländern Europas, das heißt den Mindestlohn.
({19})
Wir sind - die Frau Bundeskanzlerin ist gerade wieder anderweitig beschäftigt; das ist ein besonderer Stil,
an den ich mich noch gewöhnen muss - für die europäische Einigung, aber Europa wird nur dann von den Menschen unterstützt werden, wenn sie ihre Interessen auch
auf der Ebene der Europäischen Union aufgehoben fühlen.
({20})
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun deren Vorsitzender Volker Kauder.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Zwei Wochen vor Ende der EU-Ratspräsidentschaft
durch Deutschland, wenige Stunden vor dem EU-Gipfel
und auch im Jahre des 50-jährigen Jubiläums der Europäischen Union ist es angebracht, einmal kurz darüber
nachzudenken, was diese EU für uns alle bedeutet. Ich
gehöre zum ersten Nachkriegsjahrgang in dieser Bundesrepublik Deutschland, der nicht mehr in einen Krieg
ziehen musste. Wenn ich sehe, was sich im Augenblick
überall in der Welt abspielt, ein, zwei Flugstunden von
hier entfernt, unmittelbar vor unserer Haustüre, dann
muss ich sagen: Wenn diese EU, wenn diese Europäische Gemeinschaft nicht mehr fertiggebracht hätte, als
uns den Frieden in Europa zu sichern, wäre dies schon
Grund genug, an ihrem 50. Jubiläum zu sagen: Vielen
Dank, großartige Leistung, was hier erreicht wurde.
({0})
Wenn darüber gesprochen wird, was Politik bewegen
kann und was die Politiker in der heutigen Zeit bringen,
dann muss auch einmal gesagt werden, damit es den
Menschen wieder deutlich wird: Ohne das Engagement
der Politik, ohne den entschiedenen Einsatz der Politik
wäre diese Friedenspolitik der EU nicht möglich gewesen,
({1})
sie wäre nicht vom Himmel gefallen. Deswegen sind wir
all denen dankbar, die sich hier in der EU für dieses
große Gemeinschaftswerk eingesetzt haben, auch Ihnen,
Frau Bundeskanzlerin, mit Ihrer EU-Ratspräsidentschaft.
({2})
Was Geschlossenheit, Einigkeit, Entschiedenheit und
Klarheit in den Programmen bewirken können, haben
wir jetzt in Heiligendamm gesehen. Es kommt nicht von
ungefähr, dass sich in Heiligendamm auf dem Gebiet der
Klimapolitik diejenigen bewegt haben, die sich bisher
partout nicht bewegen wollten. Sie haben endlich eingesehen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht einfach
wegzudiskutieren sind.
Jetzt kommen einige und fragen: Was ist denn eigentlich wirklich geschehen? Dazu kann ich nur sagen: Frau
Künast, ich traue Ihnen manches zu; aber dass Sie den
amerikanischen Präsidenten zur Einsicht gebracht hätten, dass etwas geschehen muss, um dem Klimawandel
entgegenzuwirken, das traue ich Ihnen nun wirklich
nicht zu.
({3})
Die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen. Es
geht im Wesentlichen um vier große Bereiche - die Bundeskanzlerin hat sie angesprochen -, zum Beispiel um
den Klimaschutz und um die Afrikapolitik. Zum ersten
Mal ist eine ganz konkrete Zusage gegeben worden. Ich
bin davon überzeugt, dass diese Zusage auch eingehalten
wird. Durch den Heiligendammprozess sollen die
Schwellenländer zum ersten Mal gezielt vorangebracht
werden. Ihnen wird deutlich gemacht, dass der rasante
Aufholprozess in der wirtschaftlichen Entwicklung natürlich auch bedeutet, Verantwortung in der Welt zu
übernehmen. Das ist ein großartiges Ergebnis.
Was für Sorgen und Gedanken haben sich die Menschen über die Auseinandersetzung, über den Streit zwischen Amerika und Russland, zwischen Bush und Putin,
gemacht! Man kann nicht hoch genug einschätzen
- auch Sie, Herr Kollege Westerwelle haben darauf hingewiesen -, was dort geschehen ist. Niemand hat damit
gerechnet, dass es dem G-8-Gipfel gelingt, die beiden
zusammenzuführen, weswegen wir eine Sorge weniger
haben. Man überlegt nun miteinander.
Frau Roth, angesichts dieser Ergebnisse kann ich
überhaupt nicht verstehen, wie Sie zu der Aussage kommen, die Staats- und Regierungschefs der G 8 hätten sich
„ignorant und arrogant“ gezeigt. Nach Ihren Äußerungen in der letzten Zeit, die Sie mit dem Anspruch der absoluten Erkenntnis vorgetragen haben, habe ich den Eindruck, dass Sie mit dieser Qualifizierung vielleicht sogar
sich selbst gemeint haben, Frau Roth. So kann man mit
den Ergebnissen dieses Gipfels nicht umgehen.
({4})
Wir haben allen Grund, auch den Polizeibeamtinnen
und Polizeibeamten für ihren Dienst herzlich zu danken.
({5})
Sie haben Leib und Leben eingesetzt. Ich habe die Bilder
von steinewerfenden Demonstranten gesehen. Daher
kann ich nur sagen: Herzlichen Dank an die Sicherheitskräfte in unserem Land, dass sie diesen Gipfel und auch
die Demonstranten geschützt haben.
({6})
Herr Lafontaine, eigentlich lohnt es sich nicht, sich
mit Ihren Positionen auseinanderzusetzen.
({7})
Was allerdings einen Punkt angeht, muss ich schon sagen: Sie haben Ihr wahres Gesicht gezeigt. Während sich
alle anderen vom schwarzen Block als einer Gruppe gewalttätiger Krimineller distanziert haben, ist Ihnen diese
Distanzierung nicht über die Lippen gekommen. Das
zeigt Ihre Denkweise, Herr Lafontaine.
({8})
Dieser G-8-Gipfel und die Voraussetzungen dafür, die
europäischen Gipfel, sind eine gute Perspektive für das,
was in Europa in den nächsten Tagen passiert. Wir haben
einige Erwartungen an Europa. Wir setzen auf den europäischen Binnenmarkt, und wir setzen darauf, dass sich
Europa weiterentwickelt. Wir glauben, dass wir in
Europa bei einigen Punkten noch viel erreichen können.
Der Klimawandel ist angesprochen worden. Zur Bekämpfung des Klimawandels könnte in Europa Erhebliches geschehen, wenn es bei der Flugsicherung endlich
zu einer einheitlichen Lösung kommt. Seit 1999 wird
dies in Europa diskutiert. Es gibt in Europa 58 Flugleitstellen und 22 unterschiedliche Betriebssysteme. Die
Lufthansa und die Europäische Kommission rechnen uns
Mehrkosten für die Nutzer von 2,2 Milliarden Euro vor.
Wenn man hier zu einer einheitlichen Lösung käme,
dann wären CO2-Einsparungen in Höhe von 4,5 Millionen Tonnen möglich. Das entspricht einem Drittel des
Ausstoßes der Flugzeuge einer großen Fluggesellschaft.
Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, wäre ich dankbar,
wenn man das Thema der einheitlichen Flugsicherung
über Europa noch einmal ansprechen könnte. Deutschland wird seinen Beitrag dazu leisten. Durch die Privatisierung der Flugsicherung wird die Möglichkeit eröffnet,
zu einheitlichen Lösungen ohne zusätzliche europäische
Bürokratie zu kommen.
({9})
Ein zweiter Punkt. Europa muss auch Maßstäbe in
technologischer Hinsicht setzen, dort, wo ein einzelnes
Land es nicht mehr schaffen kann. Da erinnere ich an die
Diskussion zu Galileo. Der Start ist nicht geglückt; okay.
Aber Galileo ist es wirklich wert, finde ich, dass wir uns
davon nicht verabschieden. Es ist ein großes technologisches Projekt, das uns allen nützen kann und das neue
Möglichkeiten bietet. Den Hinweis „Es gibt schon ein
anderes System, nämlich GPS“ finde ich nun überhaupt
nicht hilfreich. Ich möchte, dass wir Europäer in technologischer Hinsicht im Wettbewerb bleiben und um bessere Lösungen konkurrieren.
({10})
Deswegen möchte ich, dass es bei Galileo bleibt. Ich unterstütze auch die Kolleginnen und Kollegen des Europäischen Parlaments, die sagen: Dann finanzieren wir es
aus dem europäischen Haushalt und schauen, wie wir es
übertragen.
Einen dritten Punkt will ich ansprechen, und das betrifft den europäischen Binnenmarkt, seine Sicherung
und Weiterentwicklung. Zunehmend wird unsere mittelständische Wirtschaft - inzwischen nicht mehr nur die
Großindustrie - in hohem Maße durch Produktpiraterie
in Indien, vor allem aber in China bedroht. Kleine Firmen in unserem Land mit 200, 300 Mitarbeitern müssen
schon heute damit leben, dass sie von Nachahmern von
Produkten bedroht werden. Dies muss ständig, auch von
der Europäischen Union, angesprochen werden.
Ich glaube, dass Europa eine Antwort auf die Globalisierung ist, dass aber Europa allein dies nicht schaffen
kann und dass wir deshalb als einen Akt der Globalisierung Kräfte bündeln müssen. Das heißt, dass wir in Europa, Amerika und Kanada gemeinsame Standards setzen müssen, um im Wettbewerb mit Asien stärker zu
sein. Es ist einfach nicht mehr zu akzeptieren, dass wir
in der Europäischen Union, in Amerika und in Kanada
noch immer unterschiedliche Standards haben, dass wir
über die Zulassung von Produkten miteinander konkurrieren und darüber monatelang, jahrelang streiten, während die anderen unsere Produkte nachmachen und sie
auf den Weltmarkt bringen. Da muss die Zusammenarbeit, Frau Bundeskanzlerin, die Sie begonnen haben,
energisch vorangetrieben werden. Wir dürfen nicht mehr
warten. Wir dürfen nicht zulassen, dass das, was bei uns
an geistigem Eigentum erzeugt wird und worauf unsere
Zukunftschancen beruhen, von anderen so ausgenutzt
wird. Dagegen müssen wir uns wehren.
({11})
Natürlich erwarten wir, dass der Verfassungsprozess
vorangeht. Ich war sehr erfreut darüber: Ganz entgegen
der europaskeptischen Stimmung, die wir auch ausmachen, will doch eine große Mehrheit der Deutschen, dass
der Verfassungsprozess vorangeht; davon verspricht
man sich auch Klarheit. Ich weiß nun sehr genau, wie
schwierig diese Aufgabe im Augenblick ist. Da hat es
gar keinen Sinn, wenn von dem einen oder anderen markige Töne gegen Polen kommen. Die Polen vertreten
ihre Interessen. Da mag man anderer Auffassung sein,
aber das weiß jeder von uns: Wenn jemand Interessen
vertritt und in der Öffentlichkeit dann ständig Druck auf
ihn gemacht wird, er womöglich noch beschimpft wird,
dann wird für ihn die Möglichkeit, sich zu bewegen, wesentlich geringer. Deswegen sage ich den Polen: Ihr habt
eine große Verantwortung dafür, dass diese Europäische
Union vorankommt. Denkt daran: Sie ist auch eure Heimat in Gegenwart und Zukunft.
Daher, Frau Bundeskanzlerin, bleibt uns wirklich nur
übrig, auf Sie zu setzen, darauf, dass Sie dies schaffen
können, dass Sie die Polen bewegen können, sodass wir
darauf hoffen können, dass sie zur Einsicht kommen.
Wir begleiten Sie. Wir hoffen, dass der Verfassungsprozess vorankommt, weil darin die Zukunft von Europa
und auch die Zukunft unseres Landes liegt.
({12})
Natürlich erwarten wir von der Europäischen Union,
dass sie die Zusagen, die sie gemacht hat, auch einhält.
Ich denke an die Erweiterung der EU in diesem Jahr um
Bulgarien und Rumänien. Wir haben hier im Parlament
trotz einiger Bedenken und Fragen zugestimmt, und das
war richtig, um die EU weiterzuentwickeln. Ende Juni
wird nun die Stellungnahme zum Monitoring-Verfahren
der beiden Länder vorgelegt, bei dem es um zwei Bereiche geht: Justiz und Korruption sowie Landwirtschaft
und Hygiene. Wir erwarten, dass darin klar gesagt wird,
wie die Situation wirklich ist. Wenn es weiteren Handlungsbedarf gibt, darf die Kommission kein Auge zudrücken, sondern muss ganz energisch darauf drängen,
dass die Dinge, die nicht in Ordnung sind, verbessert
werden.
Die Zustimmung der Bevölkerung zur EU hängt auch
davon ab, dass sie ihre Prinzipien nicht nachlässig, sondern konsequent auch bei denen umsetzt, die neu in die
EU gekommen sind.
({13})
Nach dem Ende des G-8-Gipfels, nach mehreren Gipfeln in der EU und nach diesem letzten Gipfel können
wir sagen: Es war eine erfolgreiche EU-Präsidentschaft
Deutschlands und ein erfolgreicher G-8-Gipfel. Wir danken der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin dafür. Das sind gute Perspektiven für die Zukunft, auch unseres Landes.
Vielen Dank.
({14})
Das Wort erhält nun Renate Künast für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben Ihre Rede zum nächsten Europäischen Rat benutzt, um einige Worte über die deutsche
Ratspräsidentschaft und Ihre angeblich erfolgreiche Arbeit zu sprechen. Ich will auf ein paar Punkte eingehen;
meine Bilanz ist eine andere.
Erstens. Sie haben den Vertrag von Prüm und die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Polizeifragen
angesprochen. Das war kein Glanzstück, weil dieser Vertrag den Austausch hochsensibler Daten ermöglicht. Das
wurde von Deutschland forciert, und zwar ohne die Einbeziehung des Europäischen Parlaments und außerhalb
der europäischen Strukturen. Das war kein Erfolg, Frau
Merkel.
({0})
Was die Energie- und Klimapolitik angeht, Herr Kollege Westerwelle, hatte ich - mit Verlaub - das Gefühl,
Sie redeten hier schon wieder als Juniorpartner. Aber die
Betonung liegt auf „Junior“.
({1})
Meine Bilanz ist eine andere. Ich gebe zu, die Kanzlerin hat sich bemüht. Aber was materiell vereinbart wurde
- „ernsthaft in Betracht ziehen bis 2050“ -, sind die Regelungen, die die USA schon Anfang der 90er-Jahre mit
der Klimarahmenkonvention verabschiedet haben. Das
war die alte US-Position, sich nicht zu bewegen, wenn
nicht auch die Schwellenländer sich bewegen. Das war
materiell nicht die Position der Europäischen Union. Insofern hat sich Bush durchgesetzt und nicht Merkel oder
die EU.
({2})
Lesen Sie sich die Texte einmal durch; es gibt sie längst
auf Deutsch. Dann stellen Sie fest, dass zwar am Ende
die UN beteiligt sein sollen, vorher aber die US-Position
kommt. Das halte ich für einen Mangel.
Beim Thema Afrika ist meines Erachtens auch zu
wenig geschehen, denn die Wiederholung alter Zusagen
ist nicht ausreichend für die Menschen in Afrika. Diese
Zusagen müssen umgesetzt und durchgesetzt werden,
und die Afrikaner müssen einbezogen werden.
Sie reden über Doha und beschwören, dass die Entwicklungsrunde der WTO sich weiterentwickeln muss.
Dann machen Sie doch einfach einen konkreten Vorschlag! Gerade die CDU war es, die in den letzten Legislaturperioden Agrarreformen und den Abbau der handelsverzerrenden Exportsubventionen verhindert hat.
Bewegen Sie sich endlich! Machen Sie die nächste
Agrarreform, und geben Sie den Entwicklungs- und
Schwellenländern die Möglichkeit, ihre Wirtschaft aufzubauen und Agrarprodukte nach Europa zu exportieren.
Es ist ganz einfach; Sie müssen es nur wollen.
({3})
Rückblickend auf die Ratspräsidentschaft mein letzter
Punkt. Wir haben die Sorge - das haben wir auch bei den
Referenden mitbekommen -, dass die Menschen in
Europa, auch in Deutschland, sich fragen: Ist die Europäische Union eine Union, die allein auf die wirtschaftliche Freiheit reduziert ist, oder bringt sie auch den Menschen etwas, schützt sie auch das Soziale? Da muss ich
sagen: Bei dem einzigen sozialpolitischen Punkt, der auf
der Agenda stand, nämlich der EU-Regelung zu
Betriebsrenten, sind Sie nicht weitergekommen, Frau
Merkel. Das wäre ein - wenn auch kleines, aber immerhin - Zeichen gewesen: Die Europäische Union ist für
das Soziale, für die Alltagssorgen der Menschen da.
Dass Sie da nicht weitergekommen sind, ist ein Mangel.
({4})
Frau Merkel, eigentlich sollte es nächste Woche beim
Europäischen Rat um den Verfassungsvertrag und damit
um die Menschen gehen. Ich sage Ihnen, Herr Kauder,
am Ende geht es nicht nur darum, mehr EU/US-Standards zu schaffen, sondern entscheidend ist die Frage:
Gehen wir vor den USA in die Knie, die bei vielen Themen eine kurzfristige, nur wirtschaftsinteressenorientierte Politik machen, oder erhalten wir die europäischen
Standards?
({5})
Europa ist mehr als das, was die USA tun, auch im Alltagsgeschäft.
({6})
Wir wollen einen europäischen Verfassungsvertrag
mit folgenden harten Punkten: Wir brauchen eine verbindliche Grundrechtecharta. Für die Menschen ist gerade dieser inhaltliche Punkt wichtig.
({7})
Wir brauchen weiterhin die Möglichkeit einer direkten
Beteiligung durch ein europäisches Bürgerbegehren;
diese muss beibehalten werden. Wir brauchen mehr gemeinsame Außenpolitik, sichtbar auch durch einen europäischen Außenminister.
Wenn wir uns die Umfragen ansehen, Frau Bundeskanzlerin, dann stellen wir fest, dass eine breite Mehrheit
der Bürgerinnen und Bürger in Europa sogar noch mehr
will: Sie will Lösungen in Fragen der Klima- und Energiepolitik sowie in Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik und ein Vorangehen auf europäischer Ebene.
Deshalb fordern wir für die Bereiche Klima- und Energie- sowie Sozial- und Wirtschaftspolitik Zusatzprotokolle zum Reformvertrag; denn nur dann kommt die
Europäische Union materiell weiter.
({8})
Wir wissen, Frau Merkel, Sie haben keine einfache
Aufgabe. Ich weiß auch, dass Sie zum Teil andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Pflicht rufen
müssen. Es geht an dieser Stelle nicht um die Kür. Hier
dürfen auch nicht einige Staaten Animositäten ausleben.
Wichtig ist ein Verfassungsvertrag, eine Lösung, die
Europa wirklich weiterbringt, die es handlungsfähig
macht. Nach 50 Jahren - Sie haben es angesprochen interner Regelung geht es jetzt darum, dass wir vom
Wirtschaftlichen zum Sozialen und Ökologischen kommen, dass Europa international seine Aufgaben wahrnehmen kann und nach seiner Herrschaft des Rechts
auch internationale Konflikte positiv beeinflussen kann.
Deshalb bleibt mir am Ende nichts anderes übrig,
Frau Merkel, als Ihnen für nächste Woche viel Erfolg zu
wünschen. Der Ehrlichkeit halber füge ich hinzu, dass es
mir natürlich nicht in erster Linie um Sie geht, sondern
schlicht und einfach um Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger. Für diese müssen Sie verhandeln.
({9})
Nächster Redner ist der Kollege Axel Schäfer für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach dem Erfolg des G-8-Gipfels brauchen wir jetzt
auch den Erfolg im Rat auf dem EU-Gipfel in Brüssel.
({0})
Wenn wir als Europäer, entsprechend unserer Art, selbstbewusst unsere Interessen vertreten, wenn wir sie selbstbewusst mit Tapferkeit gegenüber den Freunden zur Geltung bringen, dann werden wir gemeinsam Erfolg in
Europa haben.
({1})
Wir haben dabei eine klare Verpflichtung, nämlich
nach der erfolgreichen Erweiterung 2004 jetzt eine Vertiefung zu erreichen, damit wir mit 27 Ländern in der
Lage sind zu handeln, damit die Europäische Union mit
27 Mitgliedstaaten als Gemeinschaft handlungsfähig ist.
Das steht im Zentrum der Tagesordnung, über die wir
jetzt zu reden haben.
Dabei müssen wir selbstbewusst auch über Selbstverständlichkeiten reden. Dazu gehört, dass 27 plus eins
Staats- und Regierungschefs sich 2003/2004 auf etwas
verständigt haben, was nun die Grundlage sein muss.
18 Parlamente haben den Vertrag ratifiziert; vier Länder
gehören zu den Freunden der Verfassung. Bei aller Kompromissfähigkeit muss daher klar sein: Wir müssen uns
daran orientieren und nicht an denjenigen, die eher weniger wollen.
({2})
Auf den Punkt gebracht heißt das ganz klar: Auch
wenn wir in den Verhandlungen doch einen Schritt zurückgehen werden, so darf das für das gemeinsame
Europa kein Rückschritt sein. Wir brauchen den Fortschritt in Europa für die Gemeinschaft, aber auch für die
einzelnen Länder.
Wir haben in diesem Parlament eine doppelte Verpflichtung. Unsere erste Verpflichtung ist die Verpflichtung zur Kontinuität. Der Verfassungsprozess, der in
einem Reformvertrag endet und den wir jetzt zum Abschluss bringen wollen, wurde während der deutschen
Ratspräsidentschaft 1999 mit Gerhard Schröder und
Joschka Fischer begonnen. 2007 werden wir diesen Prozess mit dieser Kanzlerin und diesem Außenminister abschließen. Was wir auf den Weg gebracht haben, wird
jetzt zu einem Erfolg werden. Dafür Glück auf, Frau
Bundeskanzlerin, und Glück auf, Herr Bundesaußenminister!
({3})
Unsere zweite Verpflichtung ist - sie reicht von den
Liberalen über die Christdemokraten und den Grünen bis
hin zu den Sozialdemokraten -, dafür zu sorgen, dass das
gemeinsame europäische Verständnis, das seit ungefähr einem Vierteljahrhundert entwickelt worden ist,
weiterhin zum Tragen kommt. Das muss für dieses
Haus, aber auch für unsere jeweiligen Parteifamilien gelten. Ich will niemanden persönlich anschauen und nicht
die einzelnen Vertreter der Regierungen in Europa nennen, die ihre Wurzeln in europäischen Parteien haben.
Wir als europäische Föderalisten in diesem Haus müssen
den Verfassungsbogen so weit spannen, dass diese Verfassung von allen gemeinsam getragen wird.
Auch das gehört zu den Verhandlungen: Bei den
Kompromissen, die gefunden werden müssen, darf es
keine Sieger und Besiegte geben. Zum Schluss muss sichergestellt sein, dass sich alle in den Ergebnissen wiederfinden. Den Skeptikern muss klar sein, dass es in fast
jedem europäischen Land eine breite Unterstützung dafür gibt, dass wir zu einer gemeinsamen europäischen
Verfassung kommen. Das ist gerade für die Regierungen
wichtig, die jetzt offensichtlich Schwierigkeiten haben,
diesen Ergebnissen, die wir erreichen wollen, zuzustimmen. Das sollten wir an dieser Stelle ganz deutlich betonen.
({4})
Wir müssen tragfähige Ergebnisse erzielen. Es kann
nicht sein, dass wir nach all den Jahren - nach dem
Countdown zur Verfassung im Jahre 1979, nämlich der
Direktwahl des Europäischen Parlamentes, nach der Einheitlichen Europäische Akte weitere sieben Jahre später,
nach dem Vertrag von Maastricht sechs Jahre später,
nach Amsterdam fünf Jahre darauf und nach Nizza drei
Jahre später - jetzt weitergehen, ohne zu einem Neustart
zu kommen. Wir müssen einen Neustart hinlegen, der
lange Zeit trägt. Wir müssen die Institutionen so stärken,
dass die Bürgerinnen und Bürger nicht den Eindruck gewinnen, nach dieser Vertragsreform würde schon bald
die nächste kommen. Das würde bewirken, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr wissen, woran sie mit
Europa sind. Sie haben aber ein Recht auf Stabilität in
diesem Entwicklungsprozess Europas. Daher ist es notwendig, dass wir jetzt Fundamente schaffen, die für einen längeren Zeitraum gültig sind. Das muss uns allen
bewusst sein.
({5})
Es geht hierbei um europäische Politik. Die Politik in
Europa zu definieren, ist relativ leicht. Sie enthält vier
zentrale Elemente, nämlich gesicherten Frieden, soziale
Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stärke und nachhaltige
Entwicklung. Aber diese Definition hat nicht nur etwas
damit zu tun, was uns in Europa verbindet, sondern sie
hat auch mit der Frage zu tun, wie wir diese Entwicklung
in den einzelnen Ländern kommunizieren. Ich glaube, es
wird bei diesem Gipfel von großer Wichtigkeit sein,
deutlich zu machen, dass die geschlossenen Kompromisse, für die gekämpft werden muss, für jedes einzelne
Land von Interesse sind. Denn die Staaten in Europa
können für ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger, aber
Axel Schäfer ({6})
auch für alle Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union dann gemeinsam besser handeln. Das muss
die Denke sein.
Deshalb ist mein Appell - nicht nur an die Regierung,
wobei ich überzeugt bin, dass das Ganze bei ihr in guten
Händen ist -, dass die Kommunikation in den einzelnen
Ländern von den Regierungen ausgehen sollte, damit
wir Europa zu einem gemeinsamen Erfolg machen und
nicht zu einem Ergebnis kommen, das sich gegen dieses
oder jenes Land richtet. Das würde Europa teilen, und
das ist das Letzte, was wir gebrauchen können.
({7})
Wir sollten in dieser Stunde, da wir wissen, dass viele
Bürgerinnen und Bürger vor allen Dingen außerhalb
Deutschlands und viele Politikerinnen und Politiker
große Erwartungen an die deutsche Ratspräsidentschaft
richten, in einem historischen Bewusstsein handeln. Der
Erste, der davon gesprochen hat, dass wir so etwas wie
eine europäische Verfassung brauchten, war der Franzose Aristide Briand 1916 mitten in den Schrecken des
Ersten Weltkrieges. Der Zweite, der dann schon den Entwurf eines Verfassungsvertrages für eine europäische
Föderation vorgelegt hat, war der Brite Jennings 1940 in
der tiefsten Dunkelheit europäischer Geschichte.
Der amerikanische Philosoph Rifkin hat in seinem
Buch „Der europäische Traum“ formuliert: Wir Amerikanerinnen und Amerikaner glauben, für den amerikanischen Traum sterben zu können. - Ich bedauere sehr,
dass es jetzt in Europa Menschen gibt, die glauben, für
eine Quadratwurzel sterben zu können. Jeremy Rifkin
hat völlig recht: Wir glauben, dass wir für diesen europäischen Traum leben können. Das ist unsere gemeinsame
Aufgabe.
({8})
Das Wort erhält nun der Kollege Rainder Steenblock,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Wir sind uns in ganz großer Mehrheit einig, dass wir diesen Verfassungsvertrag brauchen, weil die Europäische
Union handlungsfähiger, transparenter und demokratischer werden muss. Der Verfassungsvertrag, so wie er
vorgelegt wurde, ist dafür eine hervorragende Grundlage.
Ich würde gerne zwei Punkte im Hinblick auf die Verhandlungen ansprechen, die mich sehr skeptisch dahin
gehend stimmen, ob wir folgende Frage, die damit verbunden ist, lösen: Gelingt es uns mit diesem Vertrag, das
Vertrauen der Menschen in die Problemlösungsfähigkeit
der Europäischen Union wiederherzustellen? Es gibt ein
Misstrauen - es ist berechtigt, wird aber auch von Gruppen ausgenutzt - in die Fähigkeit der EU, die Globalisierung tatsächlich sozialverträglich, ökologisch und nach
vorne gewandt zu gestalten.
Der erste Punkt dabei ist der Umgang mit der Grundrechtecharta. Ich halte das, was im Augenblick passiert,
nämlich dass versucht wird, die Grundrechtecharta irgendwo in diesem Vertragswerk zu verstecken, für ein
obskures Unterfangen, das das Misstrauen und die
Ängste vieler Menschen nur vergrößert.
({0})
Wenn dieser Vertrag 2009 in Kraft tritt, haben wir Europawahlen. Wie können wir vor die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger in Europa treten, wenn wir sagen:
„Die Grundrechtecharta, eure zentralen Rechte in der
Europäischen Union, verschieben wir in irgendeinen Anhang, irgendeinen Annex“? Nein, die Grundrechte der
Bürgerinnen und Bürger gehören Wort für Wort in dieses
Vertragswerk. Es ist die Grundlage für das Vertrauen in
dieses Erfolgsprojekt, das die Menschen auch brauchen.
({1})
Der zweite Punkt ist: Es gibt eine Debatte - sie ist
hier noch nicht angesprochen worden - um die Rote
Karte der nationalen Parlamente. Die Frage der Subsidiarität in Europa müssen wir sicherlich aus den nationalen Parlamenten heraus bestreiten. Es geht in Europa im
Augenblick wirklich nicht darum, neue Blockademöglichkeiten aufzubauen. Es geht darum, Europa handlungsfähiger zu machen. Wir, die nationalen Parlamente,
haben die Aufgabe, unsere Regierung bei ihrem Wirken
auf europäischer Ebene zu kontrollieren. Wir alle wissen, dass wir im Deutschen Bundestag in der Vergangenheit nicht gerade an der Spitze waren, wenn es darum
ging,
({2})
die notwendige Kontrolle zu leisten. Wir haben diese
Aufgabe nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen.
Wir haben uns in den letzten ein, zwei Jahren gemeinsam darum bemüht, die Voraussetzung zu schaffen, damit wir Informationen von der Bundesregierung bekommen können. Im Vergleich zu anderen europäischen
Parlamenten sind wir diesbezüglich mittlerweile auch
gut aufgestellt. Bevor die nationalen Parlamente aber das
Europäische Parlament auffordern, die Bürgerinnen- und
Bürgerrechte zu vertreten, sollten sie sich auf diese Aufgabe konzentrieren und Initiativen unternehmen, die von
den Regierungen nach Brüssel getragen werden können.
Wir dürfen keine neuen Blockademöglichkeiten, die den
europäischen Integrationsgedanken noch weiter zurückdrängen würden, in dieses europäische Vertragswerk
einbauen. Wir müssen vorankommen.
({3})
Wenn wir das Vertrauen der Menschen in die Lösungsfähigkeit der Europäischen Union wiedergewinnen
wollen, dann muss die Europäische Union ihrer ökologischen Verantwortung gerecht werden und Vorreiter in
Sachen Energie-, Klimaschutz- und Sozialpolitik sein.
Wir müssen vorankommen, damit Europa die sozialen
Interessen der Menschen tatsächlich schützen kann. Am
meisten kritisiere ich an der deutschen Ratspräsidentschaft, dass wir in Fragen der Sozialpolitik nicht
vorangekommen sind; null Fortschritte. Die Menschen
erwarten aber, dass wir hinsichtlich der sozialen Verantwortung Europas vorankommen. In einem Zusatzprotokoll oder einem ähnlichen Dokument müssen wir die
Verantwortung Europas für den Schutz des Klimas stärker betonen. Wir müssen geeignete Regelungen finden,
damit die Europäische Union ihrer Verantwortung hinsichtlich der Energiepolitik gerecht werden kann.
Wir müssen klare Zielvorstellungen haben und die Interessen, die die Menschen von der Europäischen Union
wahrgenommen wissen wollen, vertreten. Dann hat die
Europäische Union eine Zukunft, und zwar nicht nur in
der Politik, sondern auch in den Herzen der Menschen,
als die politische Organisation, die die Interessen der
Menschen wirklich vertritt.
Vielen Dank.
({4})
Dr. Peter Ramsauer ist der nächste Redner für die
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf
den Tag genau vor einem halben Jahr haben wir in einer
Debatte vor dem Dezembergipfel das Arbeitsprogramm
der deutschen Präsidentschaft erörtert. Wenn man heute,
vor dem Schlussgipfel unserer Präsidentschaft, so etwas
wie eine vorläufige Bilanz zieht und wenn man fair ist,
dann muss man sagen - Herr Steenblock, das hätte ich
auch von Ihnen erwartet -: Die deutsche Präsidentschaft
hat Europa auf allen Gebieten deutlich vorangebracht.
({0})
Wenn Sie sich die Frühjahrsprognose der EU-Kommission ansehen, kommen Sie zu dem Fazit: Europa
nimmt Fahrt auf. Mit Fug und Recht kann man sagen,
dass Deutschland daran einen ganz wesentlichen Anteil
hat, und zwar, indem es in der Europäischen Union beim
Abbau der Arbeitslosigkeit Platz eins und bei der Zunahme des Wachstums Platz zwei einnimmt. Angesichts dessen verhallt Ihre Kritik, dass wir auf sozialem
Gebiet nicht vorangekommen seien. Denn was ist sozialer, als Wachstum zu generieren, sodass die Arbeitslosigkeit in dem Maße sinken kann, wie wir es in den letzten
zwölf Monaten erlebt haben?
({1})
Deshalb kann man sagen: Mit unserer Bundeskanzlerin als EU-Ratspräsidentin sitzen wir nicht mehr im
Bremserhäuschen, wie es zu Ihrer Regierungszeit, Frau
Künast, der Fall war, sondern wir haben uns wieder an
die Spitze des europäischen Zuges gesetzt. Wir sind die
Lokomotive. Da alles mit allem zusammenhängt, können wir uns gemeinsam darüber freuen, dass das Defizitverfahren gegen Deutschland eingestellt worden ist und
eine solide Finanzpolitik betrieben wird.
({2})
Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch der bevorstehende Gipfel ein großer Erfolg wird. Wir können nicht
nur deswegen stärker verhandeln, weil wir die EU-Ratspräsidentschaft innehaben - das ist ganz klar -, sondern
auch, weil wir nicht mehr auf der wirtschafts- und haushaltspolitischen Anklagebank sitzen, wie wir es viele
Jahre getan haben.
Ich habe vorhin von dem Arbeitsprogramm gesprochen, das wir im Dezember erörtert haben. Wir können
heute feststellen, dass wir in diesem halben Jahr eine
ganze Reihe von sehr wichtigen Zielvorgaben durchgesetzt haben. Stichwort „Bürokratieabbau“: Wir kommen in Deutschland beim Bürokratieabbau natürlich
nicht viel weiter, wenn Europa nicht mitzieht. Deswegen
war es ein wichtiges Ergebnis des Rates im März, dass
wir uns in Europa darauf verständigt haben, den Verwaltungsaufwand bis zum Jahr 2012 um 25 Prozent zu vermindern.
Des Weiteren ist es uns gelungen, der europäischen
Energiepolitik wieder eine gemeinsame Stimme zu geben. Wir haben uns darauf verständigt, von der unglaublich hohen, energiewirtschaftlich extrem bedenklichen
Importabhängigkeit wegzukommen. Ich bin ein alter
Energiepolitiker und auch Umweltpolitiker. Deswegen
bin ich stolz darauf, dass wir diese Selbstverpflichtungen
im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft hinsichtlich des
Klimaschutzes erreicht haben. Es kann nicht oft genug
gesagt werden - die Bundeskanzlerin hat dies in ihrer
Regierungserklärung gerade getan -, dass der großartige
Erfolg in Heiligendamm ohne die europäische Selbstverpflichtung hinsichtlich der Treibhausgasreduktionen
nicht möglich gewesen wäre.
({3})
Man muss die Dinge immer im Zusammenhang sehen.
Natürlich gibt es viel zu viele, die immer mehr wollen. Das sind Berufsnörgler, die kein gutes Haar an etwas
lassen können. Ich bedanke mich sehr, Herr Kollege
Westerwelle, dass Sie diesen Erfolg in so positiver Weise
gewürdigt haben. Denjenigen, die nichts anderes können
als nörgeln, muss man die Frage stellen: Wenn es Ihnen
nicht recht ist, dass es so etwas wie G 8 gibt bzw. G 8
plus G 5, Schwellenländer, was schlagen Sie dann als
Alternative vor? Diese Antwort sind Sie uns schuldig.
({4})
- Diese Frage muss zum Beispiel auch an ATTAC gerichtet werden.
Meine Antwort darauf ist eine ganz einfache: Wenn es
G 8 nicht gäbe, müsste man diesen Zusammenschluss
einrichten. Im Grunde genommen dürfte nicht gegen
G 8, sondern müsste für G 8 demonstriert werden.
({5})
Herr Kollege Ramsauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nouripour von den Grünen.
Ja.
Herr Kollege Ramsauer, wir wollen keine Nörgler
sein und auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Sie haben ganz am Anfang gesagt, die Europäische Union sei
in allen Politikbereichen durch die deutsche Ratspräsidentschaft weitergekommen. Ich stelle die sehr konkrete
Frage: Welche legislativen Fortschritte machte die Europäische Union im Bereich der Sozialpolitik durch die
deutsche Ratspräsidentschaft?
Ich weiß nicht, ob Sie während der Regierungserklärung schon anwesend waren. Wenn Sie aufgepasst
hätten, dann hätten Sie der Regierungserklärung der
Bundeskanzlerin Punkt für Punkt die Antwort auf Ihre
soeben gestellte Frage entnehmen können.
({0})
Deswegen gehe ich jetzt wieder zu meiner Rede über
und wende mich dem Kollegen Lafontaine zu. Sie können sich jetzt wieder setzen.
({1})
Für Ihre Verhältnisse, Herr Kollege Lafontaine, war
es eigentlich schon fast rührend, dass Sie vor dem von
mir geschilderten Hintergrund die Notwendigkeit für
solche Treffen wie G 8 anerkennen. Aber eines mutet eigenartig an: Auf der einen Seite sagen Sie zu Recht, dass
diese Treffen erforderlich sind. Sie fordern Transparenz
über all diese Vorgänge ein. Sie und Ihre Parteien ermuntern zu Demonstrationen und rufen regelrecht dazu auf,
beklagen sich dann aber - dies geschah auch gerade hier
am Rednerpult - darüber, dass darüber berichtet wird.
Wenn man das alles macht und Transparenz verlangt,
dann muss auch darüber berichtet werden dürfen. Dann
darf man sich nicht über ein sogenanntes Medienspektakel beklagen. Das passt nicht zusammen.
Ich bin über jede Information froh, die in der Öffentlichkeit über die G 8 verbreitet wird. Zu Beginn des Gipfels hatte ich die Befürchtung, dass nur über Krawall berichtet wird. Es ist auch über Krawall berichtet worden;
diese Verbrecher - diesen Begriff hat Herr Kollege
Westerwelle zu Recht verwendet - können in der Öffentlichkeit gar nicht genug angeklagt werden. Aber in der
deutschen Öffentlichkeit ist Gott sei Dank auch ganz
deutlich geworden, wofür die G 8 arbeitet und welche
hervorragenden Chancen durch sie eröffnet werden können.
Die Verabredungen von Heiligendamm stellen die Industrieländer vor gewaltige Herausforderungen, was die
Treibhausgasreduktionen anbelangt. Aber das bietet im
Rahmen der Globalisierung auch hervorragende Chancen, insbesondere für ein Hochtechnologieland wie das
unsrige. Wir sind auf immer mehr Feldern der Hochtechnologie in der ganzen Welt führend. Bei jeder Auslandsreise, die ich unternehme, wird die deutsche Technologieführerschaft gerühmt. Das, was wir in unseren
Köpfen entwickeln, werden Exportschlager. Das ist die
Grundlage für eine exzellente Entwicklung, für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze und für den Aufschwung
unserer Wirtschaft.
({2})
Ich habe bereits über die Zielvorgaben, die wir im
Rahmen unserer Präsidentschaft durchgesetzt haben, gesprochen. Dazu gehören eingedenk der sozialen Fragen,
die gerade angesprochen worden sind, natürlich auch die
ganz konkreten Fortschritte, die die Bundeskanzlerin in
ihrer Regierungserklärung dargelegt hat. Dabei geht es,
auch im sozialen Bereich, um Antworten auf die konkreten Fragen vieler Menschen nach dem Mehrwert, den
uns Europa bietet. Die Menschen fragen sich: Was bringt
uns Europa? Was haben wir trotz aller Kritik, die geübt
wird, von der europäischen Einigung? Um genau diese
Fragen geht es. Unsere Antworten müssen im täglichen
Leben der Bürger spürbar sein.
So gelingt es uns, Europa nicht nur mit abstrakten,
verstandgesteuerten Argumenten zu begründen, sondern
auch die Herzen der Menschen zu gewinnen. Europa gelingt nur gemeinsam; so lautet das Leitmotiv unserer
Präsidentschaft. Aber Europa gelingt auch nur dann,
wenn wir die Herzen der Menschen für uns gewinnen.
({3})
Das hat Helmut Kohl schon früher so formuliert. Dieses
Leitmotiv gilt heute wie damals.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wünschen uns,
dass der bevorstehende Gipfel einen Beitrag dazu leistet,
dass wir die Herzen der Menschen gewinnen, dass Europa gemeinsam gelingt und dass die deutsche Präsidentschaft unter Ihrer Führung, Frau Bundeskanzlerin, als
ein großartiger Meilenstein in die europäische Geschichte eingehen wird.
Vielen herzlichen Dank.
({4})
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Michael Roth, SPD-Fraktion.
({0})
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gelegentlich werde ich von Besuchergruppen gefragt,
warum im Plenarsaal nicht nur die Deutschlandfahne,
sondern auch die Europafahne errichtet ist. Meine Antwort lautet: Das ist unser Bekenntnis nicht nur zu unserer eigenen Nation, sondern auch zum vereinten Europa.
Denn wir wissen: Ein starkes Europa liegt in unserem
deutschen Interesse.
Michael Roth ({0})
Frau Bundeskanzlerin, selbst wenn Sie es nicht schaffen sollten, dafür zu sorgen, dass die Symbole der
Europäischen Union im Vertrag erhalten bleiben, wenn
wir also, formal gesehen, auf die Europahymne oder auf
die blaue Flagge mit den zwölf Sternen verzichten müssen, bin ich mir sicher: Hier wird diese Flagge stehen
bleiben. Dieses Bekenntnis zum vereinten Europa wird
auch ohne Erwähnung im Verfassungsvertrag bzw. in
dem wie auch immer genannten Vertrag Bestand haben.
Das sollte uns alle ermuntern, nicht frühzeitig Dinge aufzugeben, die deutlich machen, dass es eben nicht um
eine papierne Gemeinschaft geht, sondern dass diese Gemeinschaft von einer gemeinsamen Idee getragen wird.
({1})
Ich bin der Bundeskanzlerin ausgesprochen dankbar,
dass sie heute auch die Schwierigkeiten aufgezeigt und
die Partner genannt hat, mit denen man noch intensiv reden muss. Was zeichnet die Europäische Union aus? Wir
sind eben nicht nur stolz darauf, ein Raum der Freiheit,
ein Raum der Demokratie, ein Raum der Rechtsstaatlichkeit zu sein, wir sind auch stolz darauf, ein Raum der
Solidarität zu sein. Aber Solidarität ist nun einmal keine
Einbahnstraße. Wir strengen uns an und wollen in den
Verhandlungen darauf hinwirken, dass im Vertrag beispielsweise die Ergänzung eingeführt wird, dass die Mitgliedstaaten in der für die Zukunft wesentlichen Frage
der Energieversorgung solidarisch füreinander einstehen. Dann erwarten wir aber genauso Solidarität, wenn
es darum geht, zu verhindern, dass das nach langen,
schwierigen Verhandlungen zustande gekommene Institutionenpaket jetzt wieder aufgeschnürt wird.
({2})
Wer die Büchse der Pandora öffnet, wird sie nicht wieder
schließen können. Deswegen müssen wir am Prinzip der
doppelten Mehrheit festhalten. Die doppelte Mehrheit ist
inhaltlich gut begründet: Sie macht deutlich, dass es
nicht allein um eine Union der Staaten geht, sondern
auch um eine Union der Bürgerinnen und Bürger.
Wenn die Umfragen denn stimmen, dass fast
70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Polens mit dem
vorliegenden Verfassungsvertrag einverstanden sind,
scheint es kein Problem mit Polen zu geben, sondern mit
der gegenwärtigen polnischen Regierung. Deshalb muss
unser Appell nicht an die polnischen Bürgerinnen und
Bürger gerichtet sein, sondern an die polnische Regierung.
({3})
Für die schwierigen Verhandlungen und für die Gespräche wünsche ich der Bundeskanzlerin und dem Außenminister alles Gute und Glückauf.
({4})
Ich frage mich manchmal, ob diejenigen, die sich hier
am 25. März gemeinsam mit der Bundeskanzlerin und
dem Außenminister versammelt haben, wissen, was sie
damals einmütig beschlossen haben. Denn die feierliche
Berliner Erklärung enthält einen Zeitplan. Es heißt
dort, dass rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen
Parlament 2009 die Europäische Union auf eine erneuerte vertragliche Grundlage zu stellen ist. Wenn dem so
ist - und das haben alle 27 Staats- und Regierungschefs
so gesehen -, dann kann man jetzt nicht mehr Zeit einfordern. Wir brauchen nicht mehr Zeit, wir brauchen
endlich klare Entscheidungen, damit die Bürgerinnen
und Bürger wissen, wie es mit dieser Europäischen
Union, wie es mit dem Integrationsprozess weitergeht.
({5})
Dass jetzt verhandelt wird und dass auch Regierungschefs, die damals den Verfassungsvertrag unterzeichnet
haben, neue Forderungen stellen, kann ich noch nachvollziehen. Was mich aber empört, ist die Diskussion
über die Grundrechtecharta. Wenn es etwas gibt, worauf wir in Europa stolz sein können, dann ist das die
Grundrechtecharta. Es ist doch wunderbar, wenn wir
endlich deutlich machen: Europa ist nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, es ist eine Wertegemeinschaft. Das
verbindet uns trotz aller politischen Unterschiede. Dafür
sollten wir kämpfen, dafür sollten wir einstehen. Es geht
nicht darum, in den nationalen Grundrechteschutz einzugreifen. Es geht vielmehr darum, dass die Bürgerinnen
und Bürger der Europäischen Union mit der Grundrechtecharta vor etwaigen Willkürentscheidungen der Institutionen der Europäischen Union geschützt werden.
Das muss man doch auch einem Briten und anderen erklären können! Ich kann nicht verstehen, wie man jetzt
fordern kann, die Grundrechtecharta müsse aus dem Vertrag verschwinden. Nein, sie muss rechtsverbindlicher
Bestandteil dieses Vertrages werden, und die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Rechte einklagen können.
({6})
Ich bin dem Kollegen Rainder Steenblock dankbar,
dass er noch einmal die Rolle der nationalen Parlamente angesprochen hat. Wir können zu Recht gemeinsam stolz darauf sein, dass wir uns auf einen schwierigen, aber lohnenswerten Weg begeben haben. Wir haben
nämlich deutlich gesagt, dass wir keine neuen Blockaden errichten wollen, sondern dass wir die Kontrollmöglichkeiten des Bundestages innerstaatlich ausweiten und
dazu beitragen wollen, dass die Entscheidungen, die auf
der europäischen Ebene getroffen werden, näher am
Bürger sind. Das geht aber nur im Dialog und manchmal
auch in der Kontroverse mit der Regierung, die unser
Land im Ministerrat vertritt. Es geht eben nicht, dass die
nationalen Parlamente auf der EU-Ebene in Konkurrenz
zum Europäischen Parlament und zu anderen Institutionen treten. Das ist das genaue Gegenteil von mehr Transparenz, ein Wort, das alle Politiker gerne im Munde führen.
Deshalb lehnt meine Fraktion die rote Karte auch
ganz klar ab. Wir wollen keine rote Karte für die nationalen Parlamente. Wir wollen eine konstruktive Rolle
der nationalen Parlamente im europäischen Integrationsprozess. Deswegen bitte ich Sie, noch einmal darüber
nachzudenken, ob man statt der dunkelgelben Karte vielleicht eine grüne Karte gewähren könnte.
Michael Roth ({7})
Es mag sich jetzt vielleicht etwas kompliziert anhören, weil die meisten zu Recht sagen, dass das Initiativmonopol für Gesetzeswerke und Rechtsakte bei der EUKommission liegt. Es gibt aber auch eine Regelung, wonach das Europäische Parlament eine Initiative mit
Mehrheit beschließen kann. Wäre es denn so falsch,
wenn man dies auch in Richtung der nationalen Parlamente konstruktiv auf den Weg bringen würde? Man
könnte sagen: Wenn ein Drittel der nationalen Parlamente einen Beschluss über eine Gesetzesinitiative fasst,
dann muss sich die Europäische Kommission damit konstruktiv auseinandersetzen. - Ich möchte weg davon,
dass die nationalen Parlamente auf der EU-Ebene als
Blockierer dargestellt und auch diskreditiert werden. Ich
möchte deutlich machen: Wir sind Gestalter und gehen
mit diesem Europa verantwortungsbewusst um.
({8})
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem
Antrag, den wir heute als Koalition hier einbringen, dokumentieren wir, dass die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister in der nächsten Woche nicht alleinstehen. Ihr Einsatz für mehr Demokratie, mehr
Rechtsstaatlichkeit, mehr Handlungsfähigkeit und mehr
Transparenz wird von dieser eindeutigen und klaren
Mehrheit im Deutschen Bundestag getragen. Es liegt
nicht allein im nationalen Interesse, über das leider viel
zu oft geredet wird, sondern es liegt auch im europäischen Interesse, dass der Durchbruch endlich gelingt.
Deswegen gelten unsere guten Wünsche der Bundeskanzlerin und dem Außenminister.
Zum Schluss möchte ich gerne an das anschließen,
was Hans-Ulrich Klose heute gesagt hat. Sollte meine
Generation einmal in dein Alter kommen, lieber Ulli,
dann wäre es doch wunderbar, wenn wir im Rückblick
auf das Jahr 2007 sagen könnten: Es ist nicht nur gut,
sich zu erinnern, sondern es sind auch gute Erinnerungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({9})
Ich schließe die Aussprache.
Bevor wir zur Abstimmung über die vorliegenden
Entschließungsanträge kommen, nutze ich die Gelegenheit gerne, mit Blick auf die gerade in dieser Woche
stattgefundene zweite gemeinsame Parlamentarierkonferenz von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und
aller nationalen Parlamente der EU deutlich zu machen,
dass die in dieser Diskussion von allen Fraktionen artikulierten Erwartungen an das erhoffte Ergebnis des
europäischen Gipfels mit Blick auf die Stärkung der
Handlungsfähigkeit, der demokratischen Legitimation
und der Transparenz der Gemeinschaft offenkundig von
einer ganz breiten Mehrheit der Parlamentarier aller Mitgliedstaaten getragen werden.
Frau Bundeskanzlerin, das ist auch für das notwendige schwierige Gespräch mit den Regierungschefs der
anderen Mitgliedstaaten möglicherweise keine belanglose Information und sollte am Schluss dieser Debatte
heute noch einmal ausdrücklich festgehalten werden.
({0})
Dieser Eindruck wurde im Übrigen auch auf der
COSAC-Konferenz - dem regelmäßigen Treffen der
Mitglieder der Europaausschüsse aller nationalen Parla-
mente -, die vor wenigen Wochen hier im Deutschen
Bundestag stattgefunden hat, sowie auf der Konferenz
der Parlamentspräsidenten dokumentiert, sodass in die-
sem Zusammenhang mit guten Gründen von einer brei-
ten Meinungsbildung unter den Parlamentariern Europas
gesprochen werden kann.
Ich komme nun zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge der Fraktion Die Linke zur Regierungs-
erklärung der Bundeskanzlerin.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Druck-
sache 16/5619? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist abge-
lehnt.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Druck-
sache 16/5620? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält
sich der Stimme? - Auch dieser Entschließungsantrag
hat keine Mehrheit gefunden.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/5268, 16/5425 und 16/5441 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der
Fall. Die Überweisungen sind so beschlossen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Angelegenheiten der Europäischen Union
zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frie-
den sichernde Verfassung der Europäischen Union“. Der
Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5647, diesen Antrag der Fraktion Die
Linke abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfeh-
lung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der
Stimme? - Dann ist diese Beschlussempfehlung ange-
nommen.
Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen der
CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/5601 mit
dem Titel „Die Verfasstheit der Europäischen Union zü-
gig klären - Für ein klares und enges Mandat einer Re-
gierungskonferenz“. Das war unser Zusatzpunkt 3. Wer
stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer
enthält sich der Stimme? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 14 a bis 14 d
auf:
14 a) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und
Präsident Dr. Norbert Lammert
asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union
- Drucksachen 16/5065, 16/5527 - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck ({1}), Josef Philip
Winkler, Britta Haßelmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Aufenthaltsgesetzes
- Drucksache 16/3198 Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({2})
- Drucksachen 16/5621, 16/5654 Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff ({3})
Ulla Jelpke
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({4})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Hartfrid Wolff ({5}),
Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Sprache schafft Identität und ist Schlüssel
zur Integration
- zu dem Antrag der Abgeordneten Hartfrid
Wolff ({6}), Dr. Max Stadler, Sibylle
Laurischk, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Das Aufenthaltsrecht für Hochqualifizierte
und Selbständige ändern - Integration
maßgeblich verbessern
- zu dem Antrag der Abgeordneten Hartfrid
Wolff ({7}), Sabine LeutheusserSchnarrenberger, Dr. Karl Addicks, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Bleiberecht großzügig gestalten - Integration verbessern
- zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke,
Sevim Dağdelen, Dr. Hakki Keskin, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes
sofort evaluieren
- zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Petra Pau, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Für einen umfassenden Schutz religiös Verfolgter in der Bundesrepublik Deutschland
- zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Ulla Jelpke, Katja Kipping, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge
beim Zugang zum Arbeitsmarkt gleichstellen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke,
Sevim Dağdelen, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Für Humanität und Menschenrechte statt
wirtschaftlicher „Nützlichkeit“ als Grundprinzipien der Migrationspolitik
- zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip
Winkler, Volker Beck ({8}), Irmingard
Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für ein integrationsförderndes, menschenrechtskonformes und humanitär ausgewogenes Zuwanderungsgesetz
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thea
Dückert, Kerstin Andreae, Josef Philip
Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuzug von Hochqualifizierten erleichtern
- Drucksachen 16/2092, 16/4609, 16/4739, 16/1204,
16/4487, 16/4907, 16/5108, 16/5103, 16/5116,
16/5621, 16/5654 Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff ({9})
Ulla Jelpke
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({10}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip
Winkler, Volker Beck ({11}), Britta Haßelmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jah-
res 2005 vorlegen
- Drucksachen 16/940, 16/1704 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Dr. Michael Bürsch
Dr. Max Stadler
Ulla Jelpke
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({12}) zu
dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip
Winkler, Volker Beck ({13}), Monika Lazar, wei10586
Präsident Dr. Norbert Lammert
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine wirksame Bleiberechtsregelung für
langjährig in Deutschland geduldete Personen
- Drucksachen 16/3340, 16/4828 Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff ({14})
Ulla Jelpke
Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der
Europäischen Union liegen zehn Änderungsanträge der
Fraktion der FDP sowie zwei Änderungsanträge der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Über zwei dieser Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie über den Gesetzentwurf der Bundesregierung
werden wir später namentlich abstimmen. Ich mache
schon jetzt darauf aufmerksam, dass nach den drei Abstimmungen zu diesem Tagesordnungspunkt heute noch
zwei weitere namentliche Abstimmungen stattfinden
werden.
Für die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt
ist eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich höre keinen
Widerspruch, dann ist das so vereinbart.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Dr. Hans-Peter Uhl von der CDU/
CSU-Fraktion.
({15})
({16})
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang war die öffentliche Diskussion geprägt von dem
fruchtlosen Streit über die Frage: Ist Deutschland ein
Einwanderungsland oder nicht?
({0})
Während wir hier über Definitionen gestritten haben,
fand jahrelang ungeregelte Zuwanderung nach
Deutschland statt. Man hat die Zuwanderer sich selbst
überlassen, und zwar aus finanzpolitischen, aber auch
aus ideologischen Gründen. Integration erledigt sich
aber nicht einfach von selbst. Integration ist ein Prozess,
der beiden Seiten - dem Zuwanderer und der Aufnahmegesellschaft - viel abverlangt. Vor allem aber ist Integration für den Staat, wenn er sie ernst nimmt, sehr, sehr
teuer. Es ist noch nicht so lange her, es war in den 90erJahren,
({1})
während meiner Zeit als Kreisverwaltungsreferent in
München, als ich das gefordert habe, was heute Gesetz
wird, Herr Winkler.
({2})
Wenn damals jemand Deutschkenntnisse von Migranten
verlangte, wurde er vor allem von den Grünen auf
übelste Weise beschimpft.
({3})
Zwangsgermanisierung oder administrativer Rassismus
waren die übelsten Schimpfworte. So wurde dies diskriminiert.
Mittlerweile sind die meisten Politiker bis hinein in
die Reihen der Grünen in der Realität der Zuwanderungsgesellschaft angekommen. Erstmals wird Integration als eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft verstanden. Der Paradigmenwechsel dieses
Gesetzes lässt sich auf den Punkt bringen: Nicht alle
Menschen, die zuwandern, sind eine Bereicherung, aber
alle Menschen, die auf Dauer hier bleiben wollen, müssen integriert werden.
Der Unterschied zwischen Arm und Reich wird größer. Der Migrationsdruck auf Europa nimmt zu. Früher
kamen die Menschen hauptsächlich im Asylverfahren.
Inzwischen kommen sie vermehrt durch Familiennachzug. Allein im vergangenen Jahr sind 43 000 Menschen
im Zuge des Ehegattennachzugs eingereist. Aber nicht
nur diese legale Zuwanderung, sondern auch die illegale
Migration nimmt zu.
Angesichts dieser Situation ist es unsere Aufgabe, den
sozialen Frieden zu erhalten. Was heißt das konkret?
Wir müssen die Zuwanderungsströme in unser Land
kontrollieren
({4})
und - das ist in einer Industrie- und Wissensgesellschaft
mit einem ständigen Fachkräftemangel noch viel wichtiger - dafür sorgen, dass hochqualifizierte Menschen den
Weg nach Deutschland finden.
({5})
In diesem Zusammenhang sind zwei Zahlen zu beachten, die zusammengehören und die uns alle wachrütteln
sollten. Im vergangenen Jahr - das ist die Folge der noch
unter Rot-Grün eingeführten Greencard-Regelung - sind
ganze 400 hochqualifizierte Fachkräfte nach Deutschland eingereist.
({6})
Das hat keine ausländerrechtlichen Gründe gehabt.
({7})
Denn allein 2005 haben 145 000 in der Regel hochqualifizierte Deutsche dieses Land verlassen. Kollege Grindel
hat gestern im Innenausschuss bereits darauf hingewiesen. 400 Menschen kamen aus dem Ausland; 145 000
gingen ins Ausland. Das kann doch nichts mit ausländerrechtlichen Bestimmungen zu tun haben. Es muss andere
Gründe haben. Ich lege großen Wert darauf, dass wir
diese Gründe näher betrachten,
({8})
und zwar zusammen mit der FDP, die dazu sehr vernünftige Ansichten vertritt.
Es muss also arbeitsmarktpolitische, wirtschaftspolitische und gesellschaftspolitische Gründe haben, warum
so viele hochqualifizierte Menschen gehen und so wenige kommen.
Den sozialen Frieden zu bewahren, bedeutet auch,
sich mehr um die hier lebenden Ausländer zu kümmern
und die Integration durchzusetzen.
({9})
Dazu gehört auch, dass Integrationsverweigerung
wirksamer als bisher sanktioniert wird. Einem Hartz-IVEmpfänger in Deutschland, der sich weigert, sich zu integrieren und ein Minimum an Deutsch zu lernen, aber
gleichzeitig die Hand aufhält und Sozialleistungen in
Empfang nimmt, können diese Sozialleistungen in Zukunft um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Das ist gut
so.
({10})
Mitten unter uns leben Frauen,
({11})
die in arrangierten Ehen eingesperrt und ihrer Rechte beraubt sind. Sie werden bewusst daran gehindert, Deutsch
zu lernen. Diese frauenfeindlichen Parallelgesellschaften müssen von uns aufgebrochen werden.
({12})
Diesem Problem - das ist der Paradigmenwechsel, zu
dem wir uns klar bekennen - werden wir uns mit zwei
neuen Vorschriften zuwenden. Erstens wird beim Ehegattennachzug erstmals ein Mindestalter von 18 Jahren
festgelegt. Zweitens - das ist vielleicht noch wichtiger muss der nachziehende Ehegatte vor seiner Einreise einfachste deutsche Sprachkenntnisse vorweisen.
({13})
- Das Ziel dieser Regelung ist nicht, wie Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, verleumderisch verbreiten lassen, dass wir Ehegattennachzug verhindern
wollen. Ziel dieser Regelung ist vielmehr die Förderung
der Integration. Bevor sich ein Mensch entschließt, seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlagern,
({14})
um hier eine Ehe einzugehen, Kinder zu bekommen und
diese einzuschulen, kann man erwarten, dass er sich im
Heimatland um einfachste Sprachkenntnisse bemüht, um
sich in die Lage zu versetzen, sich sprachlich in unsere
deutsche Gesellschaft einzufügen. Das ist alles, was wir
wollen.
({15})
Wenn er auf diesem untersten Niveau, was seine Sprachkenntnisse angeht, in Deutschland angekommen ist,
dann kann er hier richtig Deutsch lernen.
({16})
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Beck zulassen?
Ja, bitte schön.
Bitte schön, Herr Beck.
Die Regelung, wonach Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sein müssen, müsste dann für
jeden Ausländer gelten, egal woher er kommt. Warum
gilt dann aber diese Regelung für den Türken und nicht
für den Amerikaner und den Japaner? Hat die Unionsfraktion eigentlich schon etwas von dem besonderen
Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes gehört, der nicht unter Sprachvorbehalt steht?
({0})
Herr Kollege Uhl, Ihre Antwort wäre gleichzeitig das
Ende Ihrer Rede. Ich möchte nur, dass Sie sie entsprechend gestalten.
Ich werde das Ende meiner Rede so gestalten, dass
Sie, Herr Beck, eine Antwort bekommen. Diese lautet
wie folgt: Art. 6 des Grundgesetzes wurde von uns natürlich berücksichtigt. Wir haben dabei externen Sachverstand genutzt. Die fragliche Regelung wird mit Sicherheit in Karlsruhe überprüft werden. Das Ergebnis
wird lauten - das prognostiziere ich ganz kühn -: Sie ist
verfassungsgemäß.
({0})
Kein Mensch fordert Sprachkenntnisse auf Abiturniveau. Die Europäische Union unterscheidet bei den
Sprachkenntnissen zwischen den Fallgruppen A 1, A 2,
B 1, B 2, C 1 und C 2. - Bitte bleiben Sie stehen, Herr
Beck, wenn ich Sie aufkläre. Sie haben offensichtlich
davon keine Kenntnis.
({1})
- Ich beantworte Ihre Frage. - Sie wollen wissen, wie
das, was wir fordern, mit Art. 6 des Grundgesetzes in
Einklang zu bringen ist.
({2})
Wir fordern, dass diejenigen, die zu uns kommen, deutsche Sprachkenntnisse beherrschen, die der untersten der
sechs Stufen, A 1, entsprechen. Sprachkenntnisse dieser
Stufe befähigen dazu, zum Beispiel in einem Laden eine
Flasche Milch zu kaufen, mehr nicht. Erst dann beginnt
das eigentliche Erlernen der deutschen Sprache. Dies
müssen wir voraussetzen, weil Sprachdefizite in bestimmten Fällen als Hauptintegrationshindernis auftreten. Die Kurse „Mama lernt Deutsch“ sind eine Antwort auf dieses Problem. Mütter, die zugewandert sind
und hier Kinder bekommen haben, sind oft nicht in der
Lage, ihren Kindern, die eine deutsche Schule besuchen,
zu helfen, wenigstens einen Teil der Hausaufgaben zu
kontrollieren oder ein Gespräch mit dem Lehrer zu führen.
({3})
Wenn ein Geschäftsmann mit seiner japanischen Ehefrau
nach Deutschland kommt, findet diese Regelung keine
Anwendung, weil es auf diesem Gebiet gar keine Integrationsdefizite gibt; das ist der Punkt.
({4})
Das ist eine intelligente Lösung.
({5})
Das Prinzip des Förderns und Forderns wird nun
- das hat sich schon auf dem Integrationsgipfel widergespiegelt, der auf Veranlassung der Bundeskanzlerin
durchgeführt wurde - erstmalig durchgesetzt. Vor
50 Jahren kam der erste sogenannte Gastarbeiter. Inzwischen sind Jahrzehnte ins Land gegangen. Sie rühmen
sich zwar des Leitbildes einer multikulturellen Gesellschaft, sind aber nie auf die Idee gekommen, einen Integrationsgipfel durchzuführen, um sich um diese Menschen wirklich zu kümmern.
({6})
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich habe mit dem Herrn Minister vereinbart, dass ich
noch eine Minute sprechen darf.
Gut.
Unter Kaufleuten gilt: Wer schweigt, stimmt zu.
Der Minister hat genickt.
Er hat sogar genickt. Danke schön, Herr Minister.
Wir mussten offensichtlich Parallelgesellschaften in
unseren Großstädten sich entwickeln lassen, um zu lernen, dass man Integration einfordern muss. Wir mussten
offensichtlich erst zur Kenntnis nehmen, dass in einer
Stadt wie Berlin jeder zweite arbeitsfähige Mensch mit
Migrationshintergrund arbeitslos ist, um zu handeln. Wir
mussten erst feststellen, dass im Bereich der Jugendgruppengewalt 70 bis 80 Prozent der Jugendlichen in
Berlin einen Migrationshintergrund haben, um uns diesem Personenkreis intensiv zuzuwenden.
Ich bin froh, dass wir zu einer Einigung gekommen
sind. Ich möchte mich in aller Form bei der SPD-Fraktion für die eineinhalbjährigen konstruktiven Verhandlungen bedanken. Das war nicht einfach; denn wir mussten Sie bei Rot-Grün abholen
({0})
und auf den Weg einer Volkspartei führen.
({1})
Wir sind gemeinsam dort angekommen. Vielen Dank für
die konstruktiven Gespräche!
({2})
Noch mehr bedanken möchte ich mich bei Innenminister Schäuble. Immer dann, wenn es in den vergangenen eineinhalb Jahren schwierig wurde, sagten wir gemeinsam, Herr Wiefelspütz: „Hier hilft nur noch ein
klärendes Ministerwort“, und dann wurden die Gespräche bei Minister Schäuble fortgesetzt.
Ich bin jetzt nicht sicher, ob Herrn Schäuble überhaupt noch Redezeit bleibt.
Mit diesem Dank an den Minister geht auch ein Dank
an die Beamten des Innenministeriums.
Danke schön.
({0})
Der Kollege Hartfrid Wolff hat das Wort für die FDPFraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Bundesregierung hat im Zuge der Umsetzung der
aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der Europäischen Union ein Sammelsurium von Änderungen im
Aufenthalts- und Ausländerrecht vorgelegt. Sie gehen
zum Teil weit über die Vorgaben der EU hinaus; zum
Teil werden die EU-Richtlinien aber auch nicht richtig
umgesetzt.
Das vorgelegte Gesetz ist Stückwerk. Das ist das Ergebnis der Expertenanhörung im Innenausschuss. Der
Bundesregierung wird auch attestiert: Ein Konzept zur
Steuerung der Zuwanderung fehlt.
Aber nicht nur das: Die Koalition hat zudem die
Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten.
({0})
Der Gesetzentwurf enthält in §§ 18, 27 a und 34 a Asylverfahrensgesetz dynamische Verweisungen auf Rechtsvorschriften der Europäischen Union und völkerrechtliche Verträge über die Zuständigkeit für die Prüfung von
Asylanträgen.
({1})
Diese Verweisungen haben zur Folge, dass nicht nur aktuelle, sondern auch alle zukünftigen Übereinkommen
und EU-Rechtsvorschriften zur Abweisung an der
Grenze, zur Unzulässigkeit des Asylantrags oder zur Abschiebungsanordnung gelten sollen, ohne dass ein Parlament zugestimmt hat.
({2})
Dadurch unterliegen wichtige Rechtsänderungen nicht
mehr der Kontrolle des Deutschen Bundestages.
({3})
Das ist nicht demokratisch und schlicht verfassungswidrig;
({4})
denn Art. 16 a Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz stellt ausdrücklich den so möglichen Erlass einer Liste sicherer
Drittstaaten unter Parlamentsvorbehalt. In der Sache
birgt sie zudem die Gefahr einer erheblichen Ausweitung der deutschen Drittstaatenregelung.
({5})
Die Unionskollegen Grindel und Uhl haben sich erst
vorgestern mit Nachdruck gegen eine Entmachtung des
Bundestages ausgesprochen,
({6})
als sie auf die von EU-Kommissar Frattini gemachten
Vorschläge zu einer EU-weiten Migrations- und Asylpolitik verwiesen. Das Verhalten der Union ist paradox.
Mit der Zustimmung zu diesem Gesetz, zu diesen Verweisungen, entmachten Sie selbst den Bundestag, Herr
Grindel. Vielleicht hätte es genutzt, wenn mehr CDUKollegen in der Expertenanhörung genauer zugehört hätten.
({7})
Aber Sie haben die Möglichkeit, dieses Problem noch zu
heilen, indem Sie unserem Änderungsantrag zustimmen.
Meine Damen und Herren, Bundespräsident Köhler
hat sich letzte Woche ausdrücklich für eine Öffnung des
deutschen Ausländerrechts ausgesprochen, und ich
meine, zu Recht. Durch die systematische Gängelung
insbesondere junger Menschen, die zu uns kommen, verhindern wir, dass sie ihre Energie und Kraft zum Nutzen
unseres Landes einbringen können. Die FDP teilt die
Auffassung von Horst Köhler, dass unser Land mit
Weltoffenheit besser fährt.
({8})
Der Bundespräsident hebt - wie die FDP-Fraktion hervor: Deutschland ist darauf angewiesen, als Standort
für ausländische Mitarbeiter, Forscher und Entwickler
sowie Unternehmer attraktiv zu bleiben.
({9})
Auch wenn sich die Koalition schwer damit tut: Der
Arbeitsmarkt ist schon längst international, lieber Herr
Grindel. Die Einstellung von ausländischen Hochqualifizierten sorgt für weitere Investitionen in Arbeitsplätze
und ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen essenziell. Es ist unverständlich, dass ausländische
Absolventen deutscher Hochschulen durch das Vorrangprinzip in Deutschland nur schwer eingestellt werden
können. Erst investieren wir in kluge Köpfe, und dann
sollen unsere Unternehmen sie nicht einstellen dürfen.
Die bürokratischen Hürden für die Beschäftigung von
ausländischen Fachkräften generell müssen für Unternehmen deutlich gesenkt werden. Die jetzige Rechtslage
benachteiligt gerade kleine und mittelständische Unternehmen massiv. Die bisherigen Regelungen sind zu bürokratisch und abschreckend, die Einflussmöglichkeiten
der Bundesagentur für Arbeit deutlich zu weitgehend,
und die Hürden für einen Zuzug von ausländischen
Selbstständigen sind deutlich zu hoch. Die Regierung
vernachlässigt dieses wichtige Thema eklatant.
Hartfrid Wolff ({10})
Schlimmer noch: Bei der Arbeitsmigration ist der
Bundesinnenminister persönlich offensichtlich orientierungslos. Einerseits antwortet das Bundesinnenministerium auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion, dass
man sich eine Zuwanderungssteuerung, sogar ein Punktesystem, vorstellen könne - ganz die Linie von Peter
Müller und Rita Süssmuth -, kurz danach lehnt der Innenminister dieses auf dem Evangelischen Kirchentag
ab. Was gilt denn nun?
({11})
Um die Arbeitsmigration sinnvoll zu steuern, hat die
FDP hier konkrete Vorschläge gemacht, die auch von
den Gewerkschaften und den Unternehmen dringend angemahnt werden. Wir brauchen eine Zuwanderungssteuerung mit nachvollziehbaren Kriterien.
Integrationspolitik muss werteorientiert sein. Zuwanderer sind zu fördern, aber selbst auch klar gefordert. Die
deutsche Sprache, Demokratie und Rechtsstaat, die
Grund- und Menschenrechte sind das für alle geltende
Fundament unserer Gesellschaft. Sie sind aber auch eine
attraktive Zielsetzung für Integration. Hier bedarf es sowohl deutlich ausgeweiteter Angebote und Anreize seitens des Staates als auch verständlicher Richtsätze, um
ein klares Erwartungsbild an die Migrantinnen und Migranten aufzuzeigen.
Das Gesetzespaket der Koalition bleibt leider vieles
schuldig. Einzelne Ziele mögen zwar richtig sein, aber
die Bundesregierung setzt viel zu oft auf falsche Instrumente. Individuelle Aspekte und behördliches Ermessen
werden zu wenig berücksichtigt. Der Gesetzentwurf ist
zuwanderungspolitisches Stückwerk, in vielen Bereichen unausgewogen, schadet unserer Wirtschaft und ist
darüber hinaus in verschiedenen Teilen verfassungswidrig.
({12})
Die FDP lehnt dieses Gesetzespaket ab.
({13})
Der Kollege Fritz Rudolf Körper hat das Wort für die
SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder
fünfte Einwohner in Deutschland hat einen sogenannten
Migrationshintergrund. Daran wird deutlich, welch einer
Herausforderung wir ausgesetzt sind. Die zum Teil überzogene und emotionale Debatte der Vergangenheit, ob
Deutschland ein Zuwanderungsland ist oder nicht, ist angesichts dieser aktuellen Fakten überhaupt nicht zu verstehen.
({0})
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns den Themen sachlich, nüchtern und objektiv zuwenden. Was das
Thema Integration anbelangt, haben wir - das darf man
offen bekennen - einen Nachholbedarf.
({1})
Wenn beispielsweise über 30 Prozent der Migrantinnen
und Migranten zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsausbildung sind, dann ist das ein Zustand, den wir nicht
einfach hinnehmen können.
({2})
Deswegen ist es auch wichtig, dass das Thema Integration als gemeinsame Aufgabe verstanden wird. Ich
sage an dieser Stelle ganz ausdrücklich: Auch unsere
Länder haben hier ihre Hausaufgaben zu machen.
({3})
Es ist wichtig, zu erkennen, dass das eine gemeinsame
Aufgabe ist, auch eine Aufgabe, die sich in Europa stellt.
Wir sind mit diesen Fragen nicht alleine. Deswegen ist
es auch wichtig, dass wir diese EU-Richtlinien umsetzen. Elf sind es insgesamt, neun sind schon verfristet.
Das heißt, das Tempo hätte ein höheres sein können. Das
will ich hier nur hinzufügen, aber nicht kritisieren.
Wir haben schwierige Verhandlungen gehabt. Das
will ich gar nicht verkennen. Allerdings muss ich im
Hinblick auf Herrn Dr. Uhl sagen, dass Belehrungen der
Art, woher wir kommen und wie wir geprägt sind, nicht
nötig sind.
({4})
Ich denke, dass wir unsere sozialdemokratischen Positionen hier sehr deutlich gemacht haben.
({5})
Ich will auch zugeben, dass das Ganze schwierig ist;
der Gesetzentwurf ist ein Kompromiss. Ich möchte in
diesem Zusammenhang auf das Wiederkehrrecht von
zwangsverheirateten Frauen eingehen. Unser Vorschlag für § 37 des Aufenthaltsgesetzes ist aufgrund bestimmter Interventionen in den Verhandlungen gestrichen worden.
({6})
Da mit einer solchen Wiederkehr kein Massenproblem,
kein Massenphänomen verbunden ist, hätte es uns gut
angestanden, es bei dem zu belassen, was wir vorgeschlagen haben.
({7})
Ich gebe also zu: Der Gesetzentwurf ist ein Kompromiss. Wir können ihm deswegen sehr gut zustimmen,
weil in ihm eine Bleiberechtsregelung verankert ist.
Diese Regelung betrifft insbesondere Kinder und Jugendliche, die schon lange hier in Deutschland leben, die
Deutsch besser als ihre Muttersprache können und die
ein ganzes Stück integrationsfest sind. Es ist im Grunde
genommen ein unwürdiger Zustand, sie in einem unsicheren Aufenthaltsstatus zu belassen.
({8})
Man kann über diese Bleiberechtsregelung streiten;
das ist gar keine Frage. Ich sage aber ganz deutlich: Wir
können zumindest 60 000 Menschen hier in Deutschland
helfen. Ich denke, das steht uns gut an.
({9})
Lieber Herr Winkler, ich wäre froh gewesen, wenn es
uns gelungen wäre - ich sage das einmal im Hinblick auf
die Vergangenheit -, eine bundesgesetzliche Bleiberechtsregelung zustande zu bringen.
({10})
In der Vergangenheit hat die Innenministerkonferenz
zwölf oder 13 Beschlüsse gefasst, die ein bestimmtes
Segment erfassten. Ich finde, wir können darauf stolz
sein, dass auf der Grundlage dieser Beschlüsse bundeseinheitliche Regelungen zustande gekommen sind.
({11})
Ich will aber auch zugeben, dass wir an dieser Stelle
weiteren Handlungsbedarf sehen. Ich möchte nicht verhehlen, dass diese Bleiberechtsregelung nicht verhindert
- dieses Problem bringt sie mit sich -, dass es neue Altfälle gibt. Deswegen haben wir konkrete Vorschläge in
Bezug auf § 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes gemacht.
Wir wollen, dass die Länder ein Entscheidungsinstrument haben. Sie sollen ein Stück weit dafür Sorge tragen
können, dass mit Blick auf den Schutz von Kindern
und Jugendlichen zukünftig verhindert werden kann,
dass weitere Bleiberechtsfälle hinzukommen.
({12})
Herr Grindel, Herr Kollege Schäuble, ich darf Sie
ganz herzlich bitten, sich dazu bereit zu erklären, dass
wir darüber noch einmal miteinander reden. Wir wissen,
dass auch dieser Fakt in den Ländern umstritten ist. Im
Übrigen ist auch die Auslegung des jetzigen § 25 des
Aufenthaltsgesetzes strittig. Im Interesse der Betroffenen
wäre es notwendig, an dieser Stelle für Besserung zu
sorgen. Ich hoffe hier auf konstruktive Mitarbeit.
({13})
Als Zwischenergebnis möchte ich heute festhalten:
Wir brauchen erneut eine Diskussion über das Thema
Staatsbürgerschaftsrecht. Wir müssen dieses heikle
Thema noch einmal aufgreifen. Ich denke dabei insbesondere an die Hinnahme der sogenannten doppelten
Staatsbürgerschaft. Ich finde, sie ist richtig. Wir sollten
außerdem auf das Punktesystem zurückgreifen, das das
alte Zuwanderungsgesetz enthielt. Darüber wird jetzt
wieder diskutiert.
({14})
Die Debatte ist mit dem heutigen Tag nicht beendet,
sondern sie muss fortgeführt werden. Es gibt genug Fragen, die uns beschäftigen müssen. Wir stimmen diesem
Gesetzespaket zu. Gar keine Frage: Es gibt unsererseits
ein paar Kritikpunkte, auch was den Spracherwerb anbelangt. Über das Thema Härtefallregelung beim Nachzug
haben wir eine verfassungsrechtliche Debatte geführt.
Ich glaube aber, dass die Vorteile dieser bundesgesetzlichen Bleiberechtsregelung überwiegen. Wir können
60 000 Menschen helfen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({15})
Die Kollegin Sevim Dağdelen hat das Wort für Die
Linke.
({0})
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!
Ich möchte mit einem Zitat beginnen:
Die bisherige Entwicklung und die bisherigen Maßnahmen sind offenbar zu sehr von der Priorität arbeitsmarktpolitischer Gesichtspunkte geprägt worden, während die ebenso gewichtigen sozial- und
gesellschaftspolitischen Postulate nachrangig erschienen.
Dieses Zitat stammt aus dem Jahr 1979, und zwar vom
ersten Ausländerbeauftragen der Bundesregierung, dem
Sozialdemokraten Heinz Kühn.
Nicht den sozialen Postulaten, sondern dem Diktat
der wirtschaftlichen Interessen folgten die Bundesregierungen auch in den späteren Jahrzehnten. Am 26. Mai
1993 beschloss der Bundestag die faktische Abschaffung
des Grundrechts auf Asyl. Heute, 14 Jahre später, wird
ein weiterer Angriff auf die Rechte von Flüchtlingen,
Migrantinnen und Migranten womöglich eine parlamentarische Mehrheit finden. Damals wie heute folgt die Gesetzesänderung der rassistischen Einteilung - und der
damit verbundenen Abwertung - von Menschen nach ihrer ökonomischen Nützlichkeit.
So geht es der Bundesregierung in der Migrationspolitik um die Flüchtlingsabwehr und die Auslese von
Fachkräften und Hochqualifizierten für ihren globalen
Standortwettbewerb. Die Integrationspolitik ist dagegen
durch einschneidende Sanktionen im Rahmen einer
sozialpolitischen Selektionspolitik gekennzeichnet.
Die Bundesregierung begründet die zahllosen Verschärfungen mit der Umsetzung von elf EU-Richtlinien. Dabei sehen diese den Großteil der Verschärfun10592
gen gar nicht vor. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht
einmal zwingende Normen der EU-Richtlinien wie der
subsidiäre Schutz für Kriegsflüchtlinge, die Beachtung
des Kindeswohls und die Sicherstellung der Behandlung
von besonders Schutzbedürftigen finden sich im Gesetzentwurf wieder. Änderungen, deren Notwendigkeit
durch die dreitägige Anhörung deutlich wurde, unterbleiben in Gänze.
Gar nichts mit den EU-Richtlinien haben die Verschärfungen im Einbürgerungsrecht und bei den Integrationskursen zu tun. Die Einführung von Einbürgerungstests, die Streichung der erleichterten Einbürgerung für
Jugendliche bis 23 Jahre werden vor allem eine Auswirkung haben: Menschen auch weiterhin von der demokratischen Mitbestimmung durch Wahlen auszuschließen.
({0})
„Es liegt doch klar auf der Hand: Sie wollen die ausländischen Arbeiter in Deutschland, aber sie sollen in
Deutschland Sklaven sein“, sagte der SPD-Abgeordnete
Karl Liebknecht bereits 1912 bei den Beratungen des damaligen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Angesichts der
Diskussion heute muss ich sagen: Es hat sich kaum etwas verändert; nur die SPD ist nicht mehr das, was sie
war.
({1})
Sie behaupten zynisch, ihr Gesetz diene der Integration und der Bekämpfung von Zwangsverheiratungen.
Tatsächlich aber greifen Sie in das Grundrecht auf Familienzusammenführung und -zusammenleben ein, indem
der Ehegattennachzug beschränkt wird. Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen zum Schutz Zwangsverheirateter
oder Zwangsverschleppter, wie wir sie immer gefordert
haben, wie sie auch von den Sachverständigen bei der
Anhörung im Ausschuss und sogar vom Bundesrat gefordert wurden, werden hier nicht ergriffen. Bei in
Deutschland Eingebürgerten wird der Nachzug zudem
noch von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig
gemacht. Damit werden Eingebürgerte im Nachhinein
rassistisch diskriminiert und ganz einfach zu Deutschen
zweiter Klasse. Es geht also keineswegs um von
Zwangsverheiratung bedrohte Frauen. Aber glaubwürdig war es sowieso nicht, dass Sie, vor allem in der
CDU/CSU-Fraktion, sich für die Rechte von Frauen einsetzen.
({2})
Deutlich wird auch, was Sie unter „präventiver Integration“ verstehen: Niemanden mehr reinlassen. Wenn
niemand mehr reinkommt, muss auch niemand mehr integriert werden. Die, die hier sind, sollen mit sozial- und
aufenthaltsrechtlichen Sanktionen integriert werden. In
diesem Zusammenhang zaubern Sie diesen Popanz des
integrationsunwilligen Ausländers herbei. Nicht einmal
der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Herr Schmid, konnte Ihnen da folgen. Er hat im
Innenausschuss der Aussage zugestimmt, dass die Beteiligung von Alteinwanderinnen und Alteinwanderern an
den Integrationskursen ausgezeichnet ist, obwohl sie
keinen Rechtsanspruch haben und keine Informationen
bekommen.
Lieber führen Sie für öffentliche Stellen eine Denunziationspflicht ein, nach der vermeintliche Integrationsdefizite den jeweiligen Ausländerbehörden zu melden
sind, oder verlängern die Dauer der systematischen
Schlechterstellung von Asylsuchenden und von geduldeten Flüchtlingen mit ihrem ohnehin um 35 Prozent gekürzten Existenzminimum von drei auf vier Jahre.
Die SPD hat der faktischen Abschaffung des Asylrechts 1992 unter dem Vorwand einer Bürgerkriegsregelung zugestimmt. Diese Regelung wurde in der zwölfjährigen Zeit ihres Bestehens genau einmal angewandt:
Das war 1999 bei der zeitweiligen Aufnahme von Kosovoflüchtlingen.
Heute stimmen Sie diesem Gesetzespaket mit inakzeptablen, grundrechtswidrigen und unbegründeten
Verschärfungen zu - als Preis für eine sogenannte Altfallregelung, die überhaupt gar keine ist. Während die
CDU/CSU nur das macht, was sie ständig propagiert,
zeigt die SPD wieder einmal ihren Januskopf: Integration predigen, aber Integrationsbedingungen verschlechtern.
({3})
Abschließend möchte ich hinzufügen: Heribert Prantl
schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 5. April
2007:
Es gibt zehn Regeln, an die man sich halten muss,
um den Ausländern in Deutschland den Weg zur Integration erfolgreich zu verbauen.
Da kann ich nur sagen: Bravo! Die Bundesregierung hat
es geschafft, sich an alle zehn Regeln zu halten.
({4})
Jetzt spricht Josef Winkler für die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein Wort an den Kollegen Körper: Sie haben gerade die Position der SPD-Fraktion vorgetragen.
Ich nehme Ihnen sogar ab, dass Sie in den Verhandlungen all das verlangt haben, was Sie eben vorgetragen haben. Von heute an gilt als Position der SPD-Bundestagsfraktion aber das Gesetz, dem Sie zustimmen, und nicht
das, worüber Sie in Zukunft noch verhandeln wollen.
({0})
Wir beraten heute in diesem Hohen Hause das umfangreichste Paket an Einschränkungen von Bürgerrechten für Ausländer und Asylbewerber seit Jahrzehnten.
({1})
Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
Der heutige Tag wird für alle Ausländerinnen und Ausländer, die in Deutschland leben, einen Wendepunkt in
der Nachkriegsgeschichte bedeuten. Von heute an ist
klar, dass sich der Staat von jeglicher Verpflichtung zur
Förderung der Integration befreit und ab sofort nur noch
Integration unter Strafandrohung erzwingen will. Denn
die Förderung der Integration ist als Gesetzeszweck aus
dem Entwurf gestrichen worden. Nicht einmal offensichtliche Verstöße gegen das Grundgesetz oder das
Europarecht wurden von Ihnen im parlamentarischen
Verfahren korrigiert. Man fragt sich eigentlich, wofür
man das überhaupt noch braucht.
({2})
Dass Sie humanitäre Maßstäbe im Umgang mit Ausländern in Deutschland nicht mehr beachten, überrascht
uns als Opposition wirklich nicht mehr. Das ist wirklich
ein Armutszeugnis für Sie. Ich will einige Punkte nennen.
Das grundgesetzlich geschützte Recht auf das
Zusammenleben von Ehepartnern wird in Zukunft auf
bestimmte Nationalitäten beschränkt. Die Einschränkungen beim Familiennachzug werden insbesondere Türkinnen und Türken betreffen. Es ist überhaupt nicht klar geworden, Herr Kollege Uhl, weshalb bei Türkinnen und
Türken das Grundgesetz nicht mehr oder nur eingeschränkt gilt, wenn es um das eheliche Zusammenleben
geht, es aber bei Japanern, Amerikanern, Kanadiern und
anderen weiter gilt.
({3})
Das einzige Mittel, um den Opfern von Zwangsheirat wirksam zu helfen, wäre die Einräumung eines
Aufenthaltsrechts auch ohne Ehemann. Das sagen alle
Fachverbände, und das war bei den Sachverständigenanhörungen ganz klar. Nach Ihrer Logik kann die Ehefrau,
wenn sich der Mann von ihr scheiden lässt, dann zwar
Deutsch, wird aber abgeschoben, wenn sie ins Frauenhaus geht. Wie ist ihr denn damit geholfen? Das ist doch
lächerlich!
({4})
Auch bei der Einbürgerung werden zum Beispiel für
junge, in Deutschland geborene und aufgewachsene
Ausländerinnen und Ausländer neue Hürden geschaffen.
Auch Bürgerkriegsflüchtlinge und Opfer von Menschenhandel erhalten nicht den Mindestschutz, der in den EURichtlinien vorgesehen ist.
({5})
Eingebürgerte Ausländerinnen und Ausländer,
wie ich zum Beispiel einer bin, sollen lebenslang in einer
Datei gespeichert werden, wohl um sie in Zukunft von
„echten“ Deutschen unterscheiden zu können. Zu welchem Zweck Sie das in das Gesetz geschrieben haben,
bleibt offen. Es steht weder im Gesetz noch in der Begründung, wie diese virtuelle Unterscheidung von Deutschen und „richtigen“ Deutschen die Integration fördern
soll. Das glauben Sie doch selbst nicht. Das ist das Allerletzte.
({6})
Diese Liste könnte ich mühelos noch um Dutzende
Beispiele erweitern. Wir haben dazu eine ganze Reihe
von Änderungsanträgen in den Ausschüssen beraten; die
wurden ausnahmslos abgelehnt. Deswegen haben wir
heute noch einmal exemplarisch zwei Anträge zur namentlichen Abstimmung vorgelegt.
Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann es
Ihnen nicht ersparen: Die von Ihnen hier als großer Erfolg dargestellte Bleiberechtsregelung kann niemanden
darüber hinwegtäuschen, dass Sie für Millionen von
Ausländerinnen und Ausländern, von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern eine erhebliche Verringerung
der Bürgerrechte in Kauf genommen haben.
({7})
Deshalb appellieren wir an Sie, wenigstens unseren Änderungsanträgen zur Einführung einer Härtefallklausel
beim Familiennachzug und zu Erleichterungen beim Zuzug Hochqualifizierter zuzustimmen.
In unserem Änderungsantrag zum Familiennachzug
schlagen wir vor, dass wenigstens dann, wenn die nachreisende Ehegattin in ihrem Herkunftsstaat keine Chance
hatte, die deutsche Sprache zu erlernen, oder wenn sie
zum Beispiel schwanger ist - eigentlich wollen wir überhaupt nicht, dass Deutschkenntnisse vor dem Zuzug
nachgewiesen werden müssen -, die Härtefallregelung
gilt. Darüber werden wir in diesem Hohen Hause namentlich abstimmen lassen, damit nachweisbar ist, wer
dagegen war.
({8})
Auch bezüglich der Zuwanderung aus wirtschaftlichen Zwecken haben wir einen Regelungsvorschlag gemacht, der Forderungen des Bundesrates, der Wirtschaftsverbände, aber auch des DGB zur Liberalisierung
der Zuwanderungsregelungen für Hochqualifizierte aufnimmt.
Ich kann zusammenfassend nur sagen: Heute wird ein
frauenfeindliches, familienfeindliches, integrationsfeindliches sowie menschenrechts- und grundrechtswidriges Gesetzespaket von der Großen Koalition beschlossen. Das ist schädlich, schäbig, schändlich.
({9})
Das Wort hat der Bundesminister Dr. Wolfgang
Schäuble.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht ist es wichtig, ins Bewusstsein zu rufen, dass Mobilität und Migration in dieser Zeit der Globalisierung
Phänomene sind, die die Gesellschaften weltweit maßgeblich prägen.
({0})
Aus diesem Grund sind das Bewahren von Offenheit und
Toleranz sowie das Gelingen von Integration eine der
großen Aufgaben. Sie erfordert viel verantwortliches
Handeln. Im Übrigen erfordert sie in unserer grundgesetzlichen Ordnung ein enges Zusammenwirken von
Bund, Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft.
Deswegen liegt mir daran, dass das, was wir in - zugegebenermaßen vielen und manchmal mühsamen, aber
am Ende guten - Verhandlungen zustande gebracht haben, nicht einfach als Kompromiss um des Kompromisses willen verstanden wird, wie es immer dargestellt
wird, sondern als Ergebnis einer Suche nach einem Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Interessen auch zwischen Bund und Ländern.
Denn wir können Bleiberechts- oder Altfallregelungen
nicht ohne engen Kontakt mit den Ländern, die ihre eigenen Verantwortlichkeiten haben, gestalten. Da haben
wir einen guten Weg gefunden, und wir sind weiter gekommen als viele andere.
({1})
Integration muss gelingen, und dieses Gesetz ermöglicht Integration besser. Man kann bei der Frage einfacher Sprachkenntnisse, auch im Zusammenhang mit
dem Ehegattennachzug, nicht einfach ignorieren, dass
bis zu 50 Prozent der zweiten und dritten Generation türkischer Abstammung Ehepartner heiraten, die nicht in
Deutschland aufgewachsen sind. Hier tätig zu werden,
übrigens zusammen mit den für die Community der
Menschen türkischer Abstammung der zweiten und dritten Generation Verantwortlichen, ist eine der großen
Aufgaben, damit Integration besser gelingt.
({2})
Wer das verweigert und so redet, wie Sie das getan haben, Herr Kollege Winkler, versündigt sich an dem Ziel
gelingender Integration in diesem Land.
({3})
Eine zweite Bemerkung in allem Ernst, weil Sie es
sich mit Ihrer Polemik meines Erachtens ein wenig zu
leicht machen,
({4})
weil Sie der Schwere der Verantwortung und der Aufgabe nicht gerecht werden und weil wir alle es uns nicht
leicht gemacht haben, aber weil wir diese Verantwortung
spüren und sie wahrnehmen: Man kann diese Aufgaben
heute nur in einem gemeinsamen europäischen Ansatz
wahrnehmen.
({5})
Wir sind ein Europa; darüber haben wir heute schon geredet und waren uns in den Grundzügen auch weitgehend einig. Dazu gehören offene Grenzen und zum Beispiel die Erweiterung des Schengenabkommens Ende
dieses Jahres. Aus diesem Grund brauchen wir einen gemeinsamen europäischen Ansatz. Wir brauchen ihn bei
der Bekämpfung illegaler Migration und bei der Steuerung legaler Migration.
({6})
Ich komme nachher noch darauf zurück, Herr Kollege
Wolff, einschließlich einer Bemerkung zum Kirchentag.
Herr Minister, möchten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Nouripour zulassen?
Ich möchte diesen Gedanken erst noch zu Ende führen.
Deswegen ist es gut und notwendig, dass wir diese elf
aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien, die schon
vor Jahren erlassen wurden - Sie waren während dieser
Zeit lange in der Verantwortung -, nun in die nationale
Gesetzgebung umsetzen. Das haben wir endlich gemeinsam geschafft; es ist spät genug.
Bitte, Frau Präsidentin, jetzt möchte ich die Zwischenfrage gerne zulassen.
Herr Kollege Nouripour.
Herr Minister, Sie haben gerade Anmerkungen zum
Familiennachzug von Ehegatten mit Anmerkungen zur
zweiten Generation vermischt und daraus eine Integrationsangelegenheit gemacht. Darauf will ich jetzt nicht
eingehen.
Ich möchte aber gerne zwei Sätze aus der Begründung Ihres Gesetzentwurfes vortragen:
Gebildete Männer und Frauen sind nach dem Familienbild der betreffenden Kreise unattraktiver, sie
sind schwerer „kontrollierbar“, worauf es den
Zwang ausübenden Personen aber maßgeblich ankommt. Auch einfache Sprachkenntnisse bedeuten
eine solche Bildung.
Vorher wird erwähnt, dass diese Bildung eine präventive
Maßnahme gegen Zwangsverheiratung sei. Abgesehen
davon, dass ich nicht weiß, was Sie mit „betreffenden
Kreise“ meinen, ist meine Frage: Worin besteht eigentlich die Prävention, wenn nach Ihrer Definition erst die
Zwangsheirat und dann die Sprachkurse kommen? Wo
ist da, bitte schön, die Bildung, die präventiv wirken
soll?
Sie haben die Begründung vielleicht gelesen, aber sicherlich nicht verstanden. Es geht nämlich um zwei verschiedene Dinge. Das eine ist die Bekämpfung der
Zwangsheirat, und das andere ist die Förderung von Integration und die Bekämpfung des Missbrauchs des Familiennachzugs, der die Integration in der dritten Generation verhindert. Darüber habe ich geredet, aber nicht
über die Bekämpfung der Zwangsheirat.
Es geht in diesem Zusammenhang schon um die Erkenntnis, dass die Ehepartner wenigstens Grundkenntnisse in unserer Sprache haben müssen, wenn sie nicht
nur im eigenen Familienverband kommunizieren wollen.
Wenn diese Menschen gewisse Grundkenntnisse haben,
dann ist die Chance, dass sie in der Obhut des Familienclans gehalten werden, geringer und die Chance für Integration ist höher. Hundertprozentig wirkt diese Maßnahme nicht, aber sie geht in die richtige Richtung. Und
Sie werden sehen, es gibt dagegen keine verfassungsrechtlich durchgreifenden Bedenken.
({0})
Wir müssen illegale Migration bekämpfen. Wir müssen zugleich die Fähigkeit behalten, Menschen, die in
Not sind, zu helfen.
({1})
Deswegen haben wir in dieser Woche beim Europäischen Rat der Innenminister in aller Klarheit gesagt: Es
steht völlig außer Frage, dass jeder, der in Lebensgefahr
schwebt, gerettet werden muss, unabhängig davon, in
welches Land er hinterher kommt. Das ist Europa sich
selbst schuldig; das ist die gemeinsame Politik aller europäischen Innenminister.
Herr Minister, es gibt jetzt den Wunsch der Kollegin
Dağdelen nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie diese
Frage zulassen?
Ich möchte gerne den nächsten Punkt ansprechen.
Ansonsten kann ich mein Versprechen, die Redezeit des
Kollegen Uhl entsprechend auszugleichen, nicht halten.
Wir müssen bei der Steuerung legaler Migration
zwei Gesichtspunkte beachten; darauf habe ich auf dem
Kirchentag hingewiesen. Dort ging es übrigens um die
Aufnahme von Flüchtlingen und nicht um Arbeitsmigranten. Ich habe in Bezug auf die Steuerung legaler
Migration gesagt, dass wir unsere Verantwortung für die
Arbeitsmärkte wahrnehmen müssen. Herr Kollege
Körper, diese Verantwortung trägt in der Regierung vor
allen Dingen der Arbeitsminister. Er hat die Solidarität
des Innenministers bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung verdient, und er hat sie auch. Wir müssen also
unsere Verantwortung für die Arbeitsmärkte im Blick
haben. Deswegen ist es eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten und nicht der Europäischen Union.
({0})
Wir dürfen bei dem, was mit den Stichworten Punktesystem und Attraktivität für Hochqualifizierte umrissen
wird, die Interessen der Entwicklungsländer nicht ganz
vergessen. Wenn die entwikkelte Welt die Leistungsfähigen aus der weniger entwickelten Welt abziehen wollte,
dann würde sie ihren Verpflichtungen gegenüber Afrika
nur unzureichend gerecht. Auch das muss man auf einem Kirchentag sagen. Ich habe es getan. Das ist kein
Widerspruch.
({1})
Nun gibt es den Wunsch des Kollegen Wiefelspütz
nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie diese Frage zulassen?
Diesen Wunsch kann ich nur mit Freude entgegennehmen.
Herr Wiefelspütz.
Das könnte mir schaden, Herr Minister.
Das war Absicht.
Ich unterstelle immer solche Absichten.
Herr Minister Schäuble, ganz ernsthaft: Ist das Punktesystem für Sie ein Thema, über das in den kommenden
Monaten zu reden lohnte?
({0})
Herr Kollege Wiefelspütz, wir haben gemeinsam
- auch mit dem Kollegen Müntefering und der Kollegin
Schavan - verabredet, dass wir im Laufe dieses Gesetzgebungsverfahrens und gegebenenfalls danach darüber
reden, welche weiteren Schritte wir in der Frage der
Steuerung legaler Migration gehen. Das ist miteinander
verabredet. Im Übrigen war es insbesondere die Forderung der Forschungs- und Bildungsministerin, dass wir
uns da mehr bewegen. Dann haben wir gesagt: Darüber
werden wir weiter reden.
Das führt mich zu meiner letzten Bemerkung, Frau
Präsidentin - Kollege Uhl hat schon darauf hingewiesen -:
Wir haben uns viel Mühe gegeben - übrigens nicht nur
in den verschiedenen Teilen unserer Koalition, sondern
auch in der Verantwortung von Bund und Ländern -, zu
den unterschiedlichen Gesichtspunkten gemeinsame Lösungen zu finden. Ich werbe noch einmal dafür, dass wir
die Verantwortung der Innenpolitiker und der Arbeitsmarktpolitiker sehen. Auch der Kollege Müntefering
- das ist richtig - hat seinen Teil dazu beigetragen, dass
wir insgesamt zu einer Lösung gekommen sind.
({0})
Auch das darf bei dieser Gelegenheit gesagt werden.
Ich möchte mich bei allen bedanken. Ich weiß, dass
ein solch kompliziertes Unterfangen niemals allen Gesichtspunkten gerecht werden kann. Aber ich glaube,
dies ist nicht nur ein mehrheitsfähiger Kompromiss. Ich
glaube, dies ist eine Regelung zwischen Bund und Ländern, die die Chancen für Integration und damit für
Offenheit und Toleranz in diesem Lande sowie die Sicherheit der Menschen deutscher Abstammung und der
Menschen mit Migrationshintergrund verbessert. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
({1})
Es liegen jetzt drei Wortmeldungen zu einer Kurzintervention vor, die ich im Zusammenhang aufrufe, sodass der Minister danach, so er das möchte, im Zusammenhang antworten kann. Eine Kurzintervention
angemeldet haben der Kollege Beck, die Kollegin
Dağdelen und der Kollege Winkler, der persönlich angesprochen wurde.
Herr Beck, bitte.
Herr Minister, ich hätte eigentlich erwartet, dass uns
der Verfassungsminister hier erläutert, wie seine Vorstellungen beim Ehegattennachzug mit dem besonderen
Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes
zu vereinbaren sind.
({0})
Der Vorschlag, den Sie hier gemacht haben, ist offensichtlich verfassungswidrig. Mir haben viele Kollegen
aus der SPD gesagt, sie stimmten dem nur zu, weil sie
wüssten, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das aufheben werde. Es ist allerdings eine merkwürdige Auffassung von Gesetzgebung, dass man verfassungswidrige Gesetze beschließt, weil man sicher ist,
dass sie keinen Bestand haben.
({1})
Sie behaupten, dass das, was Sie hier vorschlagen, gut
für das Vorgehen gegen Zwangsheirat und gut für die
Frauen sei. Mir fällt auf, dass die CDU/CSU immer dann
besonders feministisch wird, wenn sich dies gegen die
Ausländer instrumentalisieren lässt. Wie soll das denn
eigentlich funktionieren? Eine Frau wird in Anatolien zu
einer Ehe gezwungen. Das deutsche Ausländerrecht verhindert, dass sie zu ihrem Ehemann nach Deutschland
kommt. Glauben Sie wirklich, dass dieser Frau in Anatolien damit geholfen ist, oder glauben Sie nicht viel eher,
dass es besser wäre, wenn sie nach Deutschland kommt,
hier über ihre Rechte aufgeklärt wird und ihr unter Umständen Frauenhilfeorganisationen helfen, aus dieser
Zwangslage herauszukommen? Bewirkt Ihre Regelung
nicht das glatte Gegenteil von dem, was sie nach dem,
was Sie vortragen, angeblich bewirken soll?
({2})
Dass es Ihnen nicht um die Frauen und die Opfer
geht, sieht man sehr schön an einem weiteren Punkt in
diesem Gesetzentwurf. Sie setzen damit die Richtlinie
gegen den Menschenhandel um. Wie Sie diese Richtlinie umsetzen, zeigt, dass Sie gerade einmal ein Minimum für den Schutz der Opfer festlegen. In dieser Richtlinie ist vorgesehen, dass Frauen, die Opfer von
Menschenhandel werden, sechs Monate Zeit haben, sich
zu überlegen, ob sie mit der Polizei zusammenarbeiten,
bevor sie in ihr Heimatland abgeschoben werden. Was
macht Ihre Koalition? Sie begrenzt diesen Zeitraum auf
drei Monate.
In dieser Richtlinie wird verlangt, dass die betroffenen Frauen hier eine anständige medizinische Betreuung
bekommen. Sie sehen für diese Frauen die Regelungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor. Das heißt,
die Frau, die von ihrem Zuhälter zur Prostitution gezwungen wird und die Zähne herausgeschlagen bekommt, bekommt keine entsprechende medizinische Behandlung bezahlt.
({3})
Sie bekommt, wenn sie traumatisiert wurde, weil sie hier
als Sexsklavin arbeiten musste,
Herr Beck!
- nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht die
notwendige psychotherapeutische Betreuung bezahlt.
Herr Beck, das ist eine Kurzintervention. Deswegen
müssen Sie bitte zum Schluss kommen.
Wenn Ihnen die Frauen so wichtig sind, warum tun
Sie für die Opfer nicht das, was die Richtlinien der Europäischen Union vorschreiben?
Herr Beck!
Ich bin sehr betrübt darüber, dass die Sozialdemokraten einem solchen Gesetz in das Bundesgesetzblatt verhelfen.
({0})
Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention hat die
Kollegin Dağdelen.
Herr Minister, nachdem Sie die Zwischenfrage nicht
zugelassen haben, bleibt mir nichts anderes übrig, als
eine Kurzintervention zu machen. Ich will auf zwei
Punkte Ihrer Rede eingehen.
Erstens. Sie können sich zwar oft dazu beglückwünschen und sich auf die Schulter klopfen, dass Sie mit einem solchen Gesetzespaket die Integration fördern. Es
steht allerdings immer noch die Frage im Raum, wie es
kommt, dass 22 Organisationen, die an dem Integrationsgipfel teilnehmen, sich in einem offenen Brief an
die Bundeskanzlerin gewendet haben und ihre Kritik darin deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Der Gesetzentwurf ist ihrer Auffassung nach sowohl nicht EUrichtlinienkonform als auch nicht verfassungskonform.
Abgesehen davon, ob ein Gesetzentwurf verfassungsoder richtlinienkonform ist, ist für mich entscheidend, ob
er politisch sinnvoll ist. Der Bundesausländerbeirat hat
gestern im Zusammenhang mit der Abstimmung im Innenausschuss eine Presseerklärung herausgegeben, in
der er sagt, dass dieses Gesetzespaket ein Integrationsverhinderungsgesetz ist und nicht, wie Sie dauernd predigen, ein die Integration förderndes Gesetz. Ich schließe
mich dieser Auffassung an.
({0})
Zweitens. Sie sprachen von Migration und Mobilität
im Zusammenhang mit der Globalisierung. An einer
Grenze der EU, im Mittelmeer, kommen 10 000 Menschen zu Tode; das ist mittlerweile ein großer Friedhof.
Ist das die Art von Globalisierung, von Freizügigkeit, die
Sie wollen? Wir haben auf der einen Seite die Freizügigkeit der Waren, schränken aber auf der anderen Seite die
Freizügigkeit der Menschen - das ist ein Menschenrecht ein, indem wir die Grenzen im Süden Europas immer
weiter abschotten. Im letzten Jahr sind, wie gesagt,
10 000 Menschen vor den Grenzen zur EU zu Tode gekommen; 351 Menschen starben auf dem Weg zu uns.
Verstehen Sie das unter Freizügigkeit, Mobilität und Migration?
({1})
Der Kollege Winkler hat das Wort zu einer Kurzintervention.
Danke, Frau Präsidentin. - Der Herr Bundesinnenminister hat mir nach seiner Meinung vorhalten müssen,
dass ich mich versündige - an was auch immer. An den
Menschen? Mir ist nicht ganz klar geworden, woran.
Dazu will ich Folgendes sagen: Ich bin Mitglied im
Ausschuss für politische und ethische Grundsatzfragen
des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Führen
Sie sich einmal die Papiere und Forderungskataloge zu
Gemüte, die die Kirchen in den letzten Jahren in
Deutschland zur Ausländerpolitik und Integrationspolitik aus christlicher Überzeugung aufgestellt haben! Bedenken Sie dabei, wie wenig davon in diesem Gesetzespaket enthalten ist! Mir stellt sich die Frage, wer sich
hier woran versündigt.
({0})
Lesen Sie einmal, was die EKD-Synode, die Katholische
Bischofskonferenz, das Zentralkomitee der deutschen
Katholiken und eine Vielzahl anderer kirchlicher Dachorganisationen gefordert haben!
Mir stinkt es sowieso, dass Sie meinen, Sie hätten,
weil Sie das christliche C im Namen Ihrer Partei tragen,
diesen Anspruch gepachtet. Auch ich bin Christ, auch
ich bin Politiker. Sie versündigen sich an den Menschen!
({1})
Herr Dr. Schäuble, Sie möchten antworten?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen, es kurz zu machen. Ich bitte
aber, die Kürze meiner Ausführungen nicht als Unfreundlichkeit zu empfinden.
Herr Kollege Beck, ich habe versucht, auf die Einwendungen einzugehen - die Sie bzw. die anderen Kollegen
vorgebracht haben -, dass die von uns vorgesehenen Regelungen zum Ehegattennachzug auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Ich teile sie überhaupt
nicht, weil ich ganz sicher bin, dass wir das sorgfältig
geprüft haben. Sie werden sehen, dass es zulässig und
sogar richtig ist. Sie sind anderer Meinung. Gott sei
Dank ist es in unserer pluralistischen Demokratie möglich, unterschiedlicher Meinung zu sein. Darüber streiten
wir nicht. Jetzt haben Sie nach meiner Meinung gefragt.
Wir haben sorgfältig geprüft, dass es dem Schutz von
Art. 6 GG nicht entgegensteht, zu sagen: Man erhält die
Nachzugserlaubnis für Ehegatten nur, wenn be10598
stimmte Minimalvoraussetzungen gegeben sind. Für
diese Regelung gibt es einen sachlichen Grund.
({0})
Diesen sachlichen Grund habe ich genannt. Er besteht
darin, dass bis zu 50 Prozent der dritten Generation bestimmter Zugewanderter Ehegatten haben, die nicht in
Deutschland aufgewachsen sind. Das spricht dafür, dass
es sich oft um arrangierte Ehen handelt; da geht es noch
gar nicht um die Zwangsverheiratung. Dies ist ein integrationsverhindernder Missbrauch, den wir gerade im
Sinne von Art. 6 des Grundgesetzes bekämpfen müssen.
({1})
Meine zweite Bemerkung richte ich an die Kollegin
Dağdelen. Natürlich ist es wahr, dass dabei eine Vielfalt
von Gesichtspunkten und Interessen vertreten werden.
Das gilt, Kollege Winkler, auch für Stellungnahmen der
beiden Kirchen. Ich bin - das erwähne ich, da wir gerade
schon bei Bekenntnissen sind - Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ich habe mich vielen Diskussionen ausgesetzt. Kollege Wolff hat meine Ausführungen auf dem Kirchentag erwähnt, allerdings in genau
der gegenteiligen Richtung. Daran können Sie die Vielfalt von Gesichtspunkten sehen.
Angesichts der Vielfalt von Interessen und Gesichtspunkten ist es doch geradezu zwingend, dass ein
solches Gesetz, das komplexe Gesichtspunkte berücksichtigen muss - in der unterschiedlichen Verantwortung
von Bund, Ländern und Kommunen; ich habe davon gesprochen -, niemals die Erwartungen einer Seite zu hundert Prozent erfüllen kann. Wer das glaubt, ist nicht in
der Lage, in der pluralistischen Demokratie zu verantwortlichen gesetzgeberischen Regelungen zu kommen.
Die beiden Kirchen haben anerkannt, dass es eine
deutliche Verbesserung ist. Die beiden Kirchen wie alle
gesellschaftlichen Gruppen erkennen an,
({2})
dass diese Bundesregierung große Anstrengungen unternimmt, um Integrationsdefizite in unserer Gesellschaft
zu bekämpfen; dies betrifft auch und im Besonderen das
Verhältnis zu den Muslimen, die in Deutschland leben.
Deswegen sind wir auf dem richtigen Weg.
({3})
Im Übrigen, Frau Kollegin Dağdelen, über die Menschen, die in den Meeren vor den Küsten Europas ertrinken, habe ich gesprochen. Vielleicht haben Sie nicht zugehört. Ich habe mit großem Nachdruck und großer
Klarheit dazu gesagt - auch am Dienstag in der Konferenz der Innenminister -: Wenn ein Mensch aus welchen
Gründen auch immer in Seenot ist, gibt es - niemand in
Europa ist anderer Meinung - keinen Grund, zu sagen:
Um Gottes willen, da wollen wir lieber nicht hinschauen.
Wer gerettet werden kann, muss gerettet werden. Aber
gerade damit nicht so viele ertrinken, müssen wir die
kriminellen Menschenhändler, die diese Opfer auf das
Meer bringen und deren Leben gefährden, noch erfolgreicher bekämpfen. Das ist gemeinsame europäische
Politik. Es ist keine fruchtbare politische Debatte, wenn
Sie, nachdem ich das gesagt habe, wider besseres Wissen Ihre Vorwürfe wiederholen.
Herr Kollege Winkler, ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie anderer Meinung sind. Vielmehr habe ich
gesagt: Die Tonart, in der Sie dieses Problem behandeln,
wird dem Anliegen, das friedliche, tolerante Zusammenleben von Menschen - 20 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund - zu fördern, nicht gerecht. Denn nur dem, der mit der Vielfalt der Interessen
und der Ängste, die die Menschen haben, verantwortlich
umgeht, wird Integration gelingen. Daher sollten Sie
Ihre Sprache noch einmal überprüfen. Nicht mehr, aber
auch nicht weniger habe ich gemeint.
({4})
Zum Abschluss dieser Debatte hat jetzt das Wort der
Kollege Sebastian Edathy für die SPD-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Als letzter Redner in der Debatte zu sprechen, gibt mir
die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass es uns allen
ganz gut täte, wenn wir bei der Diskussion über ausländerrechtliche Fragen, aber auch über Fragen der Integrationspolitik ein Stück weit verbale Abrüstung betreiben
würden, weil das der Versachlichung dienen würde.
({0})
Wir sind mit der heutigen Beschlussfassung über den
vorliegenden Gesetzentwurf nicht am Ende der Debatte
über die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Ausländerrechts angelangt. Schon gar nicht sind wir am
Ende der Debatte über die Notwendigkeit, die Integrationsmaßnahmen weiterzuentwickeln und sie künftig effektiver und besser zu gestalten.
Ich möchte einige Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfs hervorheben und dazu die Meinung der SPDBundestagsfraktion pointiert zum Ausdruck bringen:
Die SPD-Fraktion stimmt diesem Gesetzentwurf mit
großer Mehrheit zu, weil er erstmals eine gesetzliche
Bleiberechtsregelung enthält, von der viele Menschen
werden profitieren können, die sich in einer misslichen
Situation befinden: Sie leben schon lange in Deutschland, können aber nicht abgeschoben werden. Über ihnen und ihren Familien schwebt das Damoklesschwert,
das Land möglicherweise innerhalb weniger Wochen
oder Monate verlassen zu müssen.
Das ist zum einen unter humanitären Gesichtspunkten
eine unerträgliche Situation, zum anderen ist es eine Situation, die auch volkswirtschaftlich alles andere als vernünftig ist. Obwohl diese Menschen es könnten, haben
wir sie bisher nicht in die Lage versetzt, selbst für sich
zu sorgen und sich in Deutschland eine Lebensperspektive aufzubauen. Mit dieser Bleiberechtsregelung ändern
wir das.
({1})
Gleichwohl sage ich Ihnen voraus, dass wir in wenigen Jahren erneut über dieses Thema werden reden müssen,
({2})
weil es in den Verhandlungen zwischen SPD und Union
nicht gelungen ist, eine dauerhafte Regelung für die
Menschen zu schaffen, die schon einige Jahre in
Deutschland leben und künftig in die Kettenduldung
„hineinwachsen“ werden. Diese Menschen haben aufgrund der Stichtagsregelung kein Bleiberecht. Für diese
Menschen haben wir allerdings das Recht geschaffen, ab
dem fünften Aufenthaltsjahr in Deutschland arbeiten zu
dürfen.
Als Sozialdemokrat sage ich aber: Wenn wir diesen
Menschen nach vier Aufenthaltsjahren die Erlaubnis geben, hier zu arbeiten, wenn sie also gut genug sind, hier
arbeiten zu dürfen, dann müssten sie, wenn sie nicht abgeschoben werden können, auch gut genug sein, ein
Bleiberecht zu erhalten. Wir werden uns dafür einsetzen.
({3})
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist
das Thema Einbürgerung. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Hürden, die genommen werden müssen,
bevor eine Einbürgerung stattfinden kann, schon jetzt alles andere als niedrig sind. Nun kommt eine weitere
Hürde hinzu: Künftig soll, möglicherweise in Form eines Einbürgerungstests, ein Nachweis von Kenntnissen
über die deutsche Gesellschaft und Rechtsordnung erfolgen. Das kann man grundsätzlich befürworten. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden allerdings sehr genau darauf achten, wie diese Regelung
ausgestaltet wird. In Deutschland gibt es nicht zu viele
Einbürgerungen, sondern zu wenige.
({4})
Als Demokratinnen und Demokraten wollen wir, dass
die Ausländerinnen und Ausländer, die dauerhaft in
Deutschland leben, keine Bürger zweiter Klasse sind,
sondern zur Einbürgerung eingeladen werden.
Als ich jünger war - daran kann ich mich noch gut
erinnern -, gab es bei Kindergeburtstagen ein Spiel, das
sich „Wurstspringen“ nannte. Es bestand darin, dass in
der Regel im Garten eine Leine gespannt wurde, an der
Würste befestigt wurden. Diese Leine wurde von den Erwachsenen gehalten, und die Kinder mussten springen
und nach den Würsten greifen. Immer dann, wenn sie sie
fast erreicht haben, wurde die Leine etwas höher gehalten. Bei Kindergeburtstagen ist „Wurstspringen“ ja ganz
lustig. Die SPD wird aber darauf achten, dass wir in
Deutschland kein „Wurstspringen“ mit Ausländern veranstalten.
({5})
Ich möchte deutlich sagen: Wir erwarten vom Integrationsgipfel unter anderem, dass eine Kampagne gestartet
wird, in deren Rahmen die Menschen, die die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, aufgerufen und
eingeladen werden, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Wir wollen nicht den Eindruck erwecken bzw. das
Klima erzeugen, als sei Einbürgerung unerwünscht. Einbürgerung ist erwünscht. Seitens der SPD gilt das auf jeden Fall.
({6})
Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen - in dieser Hinsicht bin ich mit der Regelung, die wir gefunden
haben, nicht zufrieden -: Einen rechtlichen Zustand, von
dem wir eigentlich wissen müssten, dass er veränderungswürdig ist, verändern wir durch dieses Gesetz
nicht. Dabei geht es um die Frage: Wollen wir an der
Frist von sechs Monaten festhalten, innerhalb derer ein
Mensch, der ein Aufenthaltsrecht in Deutschland hat,
dann, wenn er vorübergehend im Ausland lebt, hierher
zurückkehren muss, wenn er sein Aufenthaltsrecht nicht
verlieren möchte?
({7})
Da wir in Deutschland lange über die Bekämpfung
von Zwangsehen diskutiert haben, weise ich darauf hin:
Wenn wir dieses Thema ernst nehmen, können wir
Frauen, die ins Ausland verschleppt, möglicherweise im
Urlaub zwangsverheiratet und beispielsweise von ihren
Schwiegereltern festgehalten werden und daher länger
als sechs Monate nicht in Deutschland sind, doch nicht
einfach sagen: Da hast du Pech gehabt, jetzt musst du bei
dieser Familie bleiben.
({8})
Diese Frauen brauchen ein Rückkehrrecht. Dieses
Thema muss wieder auf die Tagesordnung.
({9})
- Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, Frau
Dağdelen. Ich habe sowieso nur noch eine Minute und
45 Sekunden Redezeit.
Möchten Sie der Kollegin Dağdelen zu einer Zwischenfrage und sich noch zu etwas mehr Redezeit verhelfen?
Ja.
Frau Dağdelen, bitte schön.
Lieber Kollege Edathy, es ist schon bemerkenswert,
wie Sie hier versuchen, die Kolleginnen und Kollegen
Ihrer eigenen Fraktion davon zu überzeugen, diesem Gesetzentwurf, der hier eigentlich von jeder Seite kritisiert
wird - auch Sie stimmen, wie Ihre Kritik zeigt, mit mir
offensichtlich überein -, zuzustimmen.
Sie sprechen davon, dass Sie Einbürgerung befürworten und dass die SPD-Fraktion findet, dass zu wenig
Menschen eingebürgert werden. Wie kommt es dann,
dass in Berlin, wo Rot-Rot regiert, in einer Kampagne
dafür geworben wird, sich, weil das einfacher sei, vor Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfes einbürgern zu lassen,
in Nordrhein-Westfalen hingegen der sogenannte Integrationsminister Laschet von der CDU erklärt, man solle
das lieber nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfes
machen? Sollen sich die Leute jetzt vorher einbürgern
lassen oder nachher? Stimmen Sie mit mir überein, dass
dieser Gesetzentwurf eine Verschlechterung der jetzigen
Rechtslage des Staatsangehörigkeitsgesetzes mit sich
bringt?
Ein weiterer Punkt betrifft die Beendigung des Aufenthaltsrechts, wenn sich jemand länger als sechs Monate im Ausland aufhält. Stimmen Sie mir zu, dass die
Regelung, die Sie gerade gefordert haben - dass man,
wenn man verschleppt oder zwangsverheiratet worden
ist, auch nach mehr als sechs Monaten im Ausland nach
Deutschland zurückkehren darf -, in dem vorliegenden
Gesetzentwurf nicht enthalten ist?
Dass es so sein müsste, habe ich gesagt. Eine solche
Regelung steht aber nicht in dem Gesetzentwurf; das ist
richtig.
Frau Dağdelen, ich will zu dem, was Sie mich gefragt
haben, einige Ausführungen machen. Gerade die SPDBundestagsfraktion hat keinen Belehrungsbedarf, was
Fragen des Einbürgerungsrechtes betrifft.
({0})
Wir haben in der ersten rot-grünen Wahlperiode gemeinsam mit der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen das
deutsche Staatsbürgerschaftsrecht auf ein modernes
Niveau gehoben und dabei mentale Blockaden - die bei
Teilen unseres aktuellen Koalitionspartners leider noch
bestehen - beiseiteschieben können.
Als zweiten Punkt haben Sie das Rückkehrrecht angesprochen. Wir verschärfen die geltende gesetzliche Regelung nicht, verbessern sie aber auch nicht, was die
Frist von sechs Monaten betrifft. Ich finde das bedauerlich; das will ich in aller Offenheit sagen. Denn wenn
man es mit dem Schutz von Frauen, die Opfer von
Zwangsverheiratungen geworden sind, ernst meint, liebe
Kolleginnen und Kollegen von CDU und CSU,
({1})
dann muss man sich auch überlegen, wie man damit umgeht, wenn sie ins Ausland verschleppt werden.
({2})
Deswegen hoffe ich, dass Sie im Prozess der Entideologisierung Ihrer ausländerrechtlichen Positionen weitere
Fortschritte machen.
({3})
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Außerdem haben es die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in der Hand, für andere Mehrheitsverhältnisse zu sorgen; in der Demokratie
ist so etwas ja nicht unüblich.
({4})
Ein weiterer Punkt, den ich gerne ansprechen möchte,
ist der Ehegattennachzug. Ich glaube, dass niemand in
diesem Haus ernsthaft wird bestreiten können, dass es
wünschenswert ist, wenn Menschen, die nach Deutschland zuwandern, möglichst gute Integrationsvoraussetzungen aufweisen. Das gilt auch für den Ehegattennachzug. Ich halte es allerdings verfassungsrechtlich und
inhaltlich für durchaus nicht unproblematisch, wenn wir
den Erwerb von Sprachkenntnissen vor einem Ehegattennachzug für obligatorisch erklären. Wir geraten nämlich in Konflikt mit Art. 6 des Grundgesetzes.
({5})
Außerdem haben wir den verpflichtenden Integrationsund Sprachkurs erst vor wenigen Jahren eingeführt.
({6})
Hinzu kommt ein Punkt, der das Ganze verschärft:
Diese Regelung muss sich den Vorwurf gefallen lassen,
diskriminierend zu sein. Denn die Voraussetzung des
Spracherwerbs soll nicht für alle gelten, sondern nur für
Menschen aus bestimmten Ländern: Die Japanerin wird
auch dann kommen dürfen, wenn sie kein Deutsch kann,
die Inderin hingegen nicht. Die Australierin wird trotzdem kommen dürfen, die Türkin hingegen nicht. Ich bin
sehr gespannt darauf, wie dies in Karlsruhe beurteilt
wird, und wäre nicht traurig, wenn diese Regelung gekippt wird, um das deutlich zu sagen.
({7})
Uns liegt heute ein Kompromissgesetzentwurf vor,
der nicht unproblematisch ist. Die SPD-Fraktion stimmt
mit großer Mehrheit zu, weil wir ansonsten keine Bleiberechtsregelung erreichen könnten und weil wir den
Menschen, die davon betroffen sein werden, eine Perspektive aufzeigen und eine Antwort geben müssen.
Wir tun uns mit der Zustimmung heute schwer, wir
leisten sie aber - auch in der Erwartung, dass durch die
weiteren integrationspolitischen Schritte Fortschritte erSebastian Edathy
zielt werden. Wir erwarten hier auch, dass sich die Bundeskanzlerin engagiert. Vom Integrationsgipfel dürfen
nicht nur schöne Fernsehbilder, sondern muss mehr ausgehen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einem Vorstoß für ein kommunales Wahlrecht für Ausländer, wie
wir ihn als SPD fordern?
Vielen Dank.
({8})
Damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen jetzt zu einer ganzen Reihe von Abstim-
mungen. Auf Wunsch eines einzelnen Geschäftsführers
will ich hier ausdrücklich sagen, dass wir vier namentli-
che Abstimmungen vor der nächsten Debatte durchfüh-
ren werden, die durch einfache Abstimmungen unterbro-
chen werden.
Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien
der Europäischen Union. Der Innenausschuss empfiehlt
unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/5621, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf den Drucksachen 16/5065 und 16/5527 in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Hierzu liegen Änderungs-
anträge vor, über die wir jetzt zuerst abstimmen werden.
Zu den zwei Änderungsanträgen der Fraktion des Bünd-
nisses 90/Die Grünen und zur Schlussabstimmung über
den Gesetzentwurf ist namentliche Abstimmung ver-
langt.
Wir kommen zur Abstimmung über die zwei Ände-
rungsanträge der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grü-
nen. Bitte achten Sie bei der Stimmabgabe sorgfältig
darauf, dass die Stimmkarten Ihren eigenen Namen tra-
gen.
Zunächst stimmen wir namentlich über den Ände-
rungsantrag auf Drucksache 16/5632 ab. Ich bitte jetzt
die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe-
nen Plätze einzunehmen. - Sind jetzt alle Urnen besetzt? -
Das sieht so aus. Dann eröffne ich die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen.1)
Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5633.
Auch hier wurde namentliche Abstimmung verlangt. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze
wieder einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das
ist offensichtlich der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen,
dass wir bei der Abstimmung über den zweiten Ände-
rungsantrag sind. Falls jemand während der Gespräche
1) Ergebnis Seite 10602 C
durcheinander gekommen sein sollte: Wir sind jetzt bei
der zweiten namentlichen Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Weil relativ wenige Schriftführerinnen und
Schriftführer anwesend sind, wird darum gebeten, dass
sich diejenigen, die noch verfügbar sind, in den Auszäh-
lungsraum begeben.
Das Ergebnis der namentlichen Abstimmungen wird
Ihnen vor der Schlussabstimmung über den Gesetzent-
wurf bekanntgegeben.2)
Wir setzen jetzt die Abstimmungen fort. Weil es sich
dabei um einfache Abstimmungen handelt, bitte ich Sie,
sich zu Ihrem Platz zu begeben, damit wir den Überblick
über das Abstimmungsverhalten der Kolleginnen und
Kollegen behalten.
Wir werden jetzt über zehn Änderungsanträge der
FDP-Fraktion abstimmen. Wer stimmt für den Änderungs-
antrag auf Drucksache 16/5622? - Gegenstimmen? - Ent-
haltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt bei Zu-
stimmung durch die Opposition und Gegenstimmen aus
der Koalition.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5623? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen
Stimmergebnis wie vorher.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5624? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
Der Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen
Stimmverhältnis.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5625. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage-
gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist
ebenfalls abgelehnt mit dem gleichen Ergebnis.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5626. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage-
gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist ab-
gelehnt bei Zustimmung durch die Fraktionen der FDP
und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen Stimmen der
CDU/CSU und der SPD und bei Enthaltung der Fraktion
Die Linke.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5627? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
Der Änderungsantrag ist abgelehnt bei Zustimmung
durch die Opposition und Gegenstimmen der Koalition.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5628? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
Der Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmver-
hältnis wie vorher abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck-
sache 16/5629. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage-
2) Ergebnis Seite 10604 B
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen Ergebnis wie vorher.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 16/5630? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt mit dem
gleichen Ergebnis wie der vorherige.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 16/5631? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Auch dieser Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor abgelehnt.
Bevor wir zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung kommen, müssen wir auf
die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen warten.
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir unmittelbar
im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt eine weitere namentliche Abstimmung über den Bundeswehreinsatz im Sudan durchführen werden.
Ich unterbreche die Sitzung.
({0})
Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und
Schriftführern ermittelte Ergebnis der beiden namentlichen Abstimmungen bekannt, zunächst zum Änderungsantrag auf Drucksache 16/5632: Abgegebene Stimmen 576. Mit Ja haben gestimmt 150, mit Nein haben
gestimmt 426, Enthaltungen keine. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 576;
davon
ja: 150
nein: 426
Ja
FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Daniel Bahr ({0})
Uwe Barth
Angelika Brunkhorst
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich ({1})
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther ({2})
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({3})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Konrad Schily
Marina Schuster
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({4})
DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Diana Golze
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kersten Naumann
Dr. Norman Paech
Elke Reinke
Paul Schäfer ({5})
Volker Schneider
({6})
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({7})
Volker Beck ({8})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Kai Gehring
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz ({9})
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Markus Kurth
Undine Kurth ({10})
Monika Lazar
Anna Lührmann
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({11})
Winfried Nachtwei
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({12})
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Dr. Gerhard Schick
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Wolfgang Wieland
fraktionslos
Gert Winkelmeier
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ernst-Reinhard Beck
({13})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({14})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({15})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({16})
Dirk Fischer ({17})
Axel E. Fischer ({18})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({19})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung ({20})
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({21})
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler ({22})
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Johann-Henrich
Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers
({23})
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer ({24})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({25})
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Carsten Müller
({26})
Stefan Müller ({27})
Bernward Müller ({28})
Bernd Neumann ({29})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({30})
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Johannes Röring
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Albert Rupprecht ({31})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({32})
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({33})
Andreas Schmidt ({34})
Ingo Schmitt ({35})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({36})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Hans Peter Thul
Antje Tillmann
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß ({37})
Gerald Weiß ({38})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({39})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
SPD
Dr. Lale Akgün
Gregor Amann
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Ernst Bahr ({40})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Dirk Becker
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Lothar Binding ({41})
Volker Blumentritt
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Dr. Gerhard Botz
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({42})
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({43})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({44})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Petra Hinz ({45})
Gerd Höfer
Iris Hoffmann ({46})
Frank Hofmann ({47})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Johannes Jung ({48})
Josip Juratovic
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Christian Kleiminger
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Jürgen Kucharczyk
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({49})
Dr. Karl Lauterbach
Waltraud Lehn
Gabriele Lösekrug-Möller
Dirk Manzewski
Lothar Mark
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Petra Merkel ({50})
Dr. Matthias Miersch
Ursula Mogg
Marko Mühlstein
Detlef Müller ({51})
Michael Müller ({52})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Christoph Pries
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Steffen Reiche ({53})
Maik Reichel
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({54})
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({55})
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({56})
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Marianne Schieder
Otto Schily
Dr. Frank Schmidt
Ulla Schmidt ({57})
Silvia Schmidt ({58})
Renate Schmidt ({59})
Heinz Schmitt ({60})
Carsten Schneider ({61})
Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Reinhard Schultz
({62})
Swen Schulz ({63})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Andreas Steppuhn
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({64})
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Engelbert Wistuba
Waltraud Wolff
({65})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Zum Änderungsantrag auf Drucksache 16/5633: Abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 97, mit
Nein haben gestimmt 418, Enthaltungen 50. Damit ist
auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 563;
davon
ja: 96
nein: 417
enthalten: 50
Ja
SPD
Christoph Strässer
FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Daniel Bahr ({66})
Uwe Barth
Angelika Brunkhorst
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich ({67})
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther ({68})
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Markus Löning
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({69})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Marina Schuster
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({70})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({71})
Volker Beck ({72})
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Kai Gehring
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz ({73})
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Markus Kurth
Undine Kurth ({74})
Monika Lazar
Anna Lührmann
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({75})
Winfried Nachtwei
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({76})
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Dr. Gerhard Schick
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Wolfgang Wieland
Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({77})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({78})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({79})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({80})
Dirk Fischer ({81})
Axel E. Fischer ({82})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({83})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung ({84})
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({85})
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler ({86})
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Johann-Henrich
Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers
({87})
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer ({88})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({89})
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Carsten Müller
({90})
Bernward Müller ({91})
Bernd Neumann ({92})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({93})
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Johannes Röring
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Albert Rupprecht ({94})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({95})
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({96})
Andreas Schmidt ({97})
Ingo Schmitt ({98})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({99})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Hans Peter Thul
Antje Tillmann
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß ({100})
Gerald Weiß ({101})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({102})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
SPD
Dr. Lale Akgün
Gregor Amann
Gerd Andres
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Ernst Bahr ({103})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Dirk Becker
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Lothar Binding ({104})
Volker Blumentritt
Gerd Bollmann
Dr. Gerhard Botz
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({105})
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({106})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({107})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Petra Hinz ({108})
Gerd Höfer
Iris Hoffmann ({109})
Frank Hofmann ({110})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Johannes Jung ({111})
Josip Juratovic
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Christian Kleiminger
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Jürgen Kucharczyk
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({112})
Waltraud Lehn
Helga Lopez
Gabriele Lösekrug-Möller
Dirk Manzewski
Lothar Mark
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Petra Merkel ({113})
Dr. Matthias Miersch
Ursula Mogg
Marko Mühlstein
Detlef Müller ({114})
Michael Müller ({115})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Christoph Pries
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Steffen Reiche ({116})
Maik Reichel
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({117})
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({118})
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({119})
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Marianne Schieder
Otto Schily
Dr. Frank Schmidt
Ulla Schmidt ({120})
Silvia Schmidt ({121})
Renate Schmidt ({122})
Heinz Schmitt ({123})
Carsten Schneider ({124})
Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Reinhard Schultz
({125})
Swen Schulz ({126})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Andreas Steppuhn
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({127})
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Engelbert Wistuba
Waltraud Wolff
({128})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Enthalten
DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Diana Golze
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Ulla Jelpke
Dr. Hakki Keskin
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kersten Naumann
Dr. Norman Paech
Elke Reinke
Paul Schäfer ({129})
Volker Schneider
({130})
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
fraktionslos
Gert Winkelmeier
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen. Zugestimmt haben dem Gesetzentwurf Abgeordnete der Koalition. Dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der Opposition. Es gab einige Enthaltungen
bei der SPD-Fraktion.
({131})
- Es gab auch Gegenstimmen bei der SPD-Fraktion.
Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen; ich trage es
hiermit nach.
Bevor wir zur dritten Beratung und Schlussabstim-
mung kommen, teile ich Ihnen mit, dass eine sehr große
Zahl von Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unse-
rer Geschäftsordnung vorliegt.1)
Wir kommen zur
dritten Beratung
und Schlussabstimmung. Die Linke hat hierzu namentli-
che Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer wiederum, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist
der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.
Ist noch jemand anwesend, der noch keine Gelegen-
heit hatte, seine Stimme abzugeben? - Das scheint nicht
der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-
zählung zu beginnen. Das Ergebnis dieser Abstimmung
wird Ihnen später bekannt gegeben.2)
Jetzt ist wieder der Zeitpunkt erreicht, an dem ich Sie
bitten muss, sich auf Ihre Plätze zu begeben, damit wir
den Überblick behalten. Das gilt wiederum besonders
für Pulks, die sich direkt vor dem Präsidium gebildet ha-
ben. Es handelt sich wahrscheinlich nicht um eine ange-
meldete Demonstration. Auch vor der Regierungsbank
steht es sich offensichtlich gut. Ich kann so zumindest
die Kollegen der FDP nicht sehen, was sehr schade ist.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 16/5634. Wer stimmt für diesen Entschließungs-
antrag? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! -
Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Dafür haben
die Abgeordneten der Fraktion Die Linke gestimmt, da-
gegen die Abgeordneten der CDU/CSU, SPD und FDP.
Die Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen haben
sich enthalten.
Ich komme zur Abstimmung über den Gesetzentwurf
der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zur Ände-
rung des Aufenthaltsgesetzes. Der Innenausschuss emp-
fiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5621, den Gesetzentwurf der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3198
abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
1) Anlagen 4 bis 8
2) Ergebnis Seite 10608 D
zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Die Gegen-
stimmen! - Die Enthaltungen! - Der Gesetzentwurf ist
in zweiter Beratung abgelehnt. Zugestimmt haben die
Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen, dagegen
gestimmt haben die Abgeordneten der CDU/CSU und
der SPD. Enthalten haben sich die FDP und die Linke.
Damit entfällt die dritte Beratung.
Tagesordnungspunkt 14 b. Wir setzen die Abstim-
mung zu der Beschlussempfehlung des Innenausschus-
ses auf Drucksache 16/5621 fort. Unter Nr. 3 seiner
Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 16/2092 mit dem Titel „Sprache schafft Identität
und ist Schlüssel zur Integration“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Ent-
haltungen! - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Koalition und der Linken gegen die Stimmen
der FDP bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen
angenommen.
Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der FDP auf
Drucksache 16/4609 mit dem Titel „Das Aufenthalts-
recht für Hochqualifizierte und Selbstständige ändern -
Integration maßgeblich verbessern“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenprobe! - Die
Enthaltungen! - Diese Beschlussempfehlung ist eben-
falls mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie vorher an-
genommen.
Unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 16/4739 mit dem Titel „Bleibe-
recht großzügig gestalten - Integration verbessern“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegen-
stimmen! - Die Enthaltungen! - Diese Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der FDP bei Enthaltung der Linken und des
Bündnisses 90/Die Grünen ebenfalls angenommen.
Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 6 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 16/1204 mit dem Titel „Auswirkungen des
Zuwanderungsgesetzes sofort evaluieren“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! -
Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei
Zustimmung der Koalition und der FDP gegen die Stim-
men der Linken und bei Enthaltung von Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.
Unter Nr. 7 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/4487 mit dem Titel „Für
einen umfassenden Schutz religiös Verfolgter in der
Bundesrepublik Deutschland“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthal-
tungen! - Diese Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/
Die Grünen und Linken bei Enthaltung der FDP ange-
nommen.
Unter Nr. 8 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/4907 mit dem Titel „Asyl-
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
suchende und geduldete Flüchtlinge beim Zugang zum
Arbeitsmarkt gleichstellen“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthal-
tungen! - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalition bei Gegenstimmen von der Linken und bei
Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und FDP ange-
nommen.1)
Unter Nr. 9 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/5108 mit dem Titel „Für
Humanität und Menschenrechte statt wirtschaftlicher
„Nützlichkeit“ als Grundprinzipien der Migrationspoli-
tik“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die
Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition und der
FDP gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung von
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 10 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen auf Drucksache 16/5103 mit dem Titel „Für ein
integrationsförderndes, menschenrechtskonformes und
humanitär ausgewogenes Zuwanderungsgesetz“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegen-
stimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfeh-
lung ist bei Zustimmung durch die Koalition gegen die
Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthal-
tung der Linken und der FDP angenommen.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 11 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen auf Drucksache 16/5116 mit dem Titel „Zu-
zug von Hochqualifizierten erleichtern“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! -
Die Enthaltungen! - Diese Beschlussempfehlung ist bei
Zustimmung durch die Koalition gegen die Stimmen von
1) Anlage 2
Bündnis 90/Die Grünen und FDP und bei Enthaltung
durch die Linke ebenfalls angenommen.
Tagesordnungspunkt 14 c. Beschlussempfehlung des
Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005 vorlegen“.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/1704, den Antrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/940 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung durch die Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und
bei Enthaltung der FDP und der Linken angenommen.
Tagesordnungspunkt 14 d. Beschlussempfehlung des
Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine wirksame
Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Personen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4828, den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/3340 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung durch Koalition und Linke gegen die Stimmen von
Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung durch die
FDP angenommen.
Ich komme zu Tagesordnungspunkt 14 a zurück und
gebe Ihnen bekannt das Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der Europäischen Union auf den Drucksachen 16/5065, 16/5527 und 16/5621, das die Schriftführerinnen und Schriftführer ermittelt haben: Abgegeben worden sind 573 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt
398 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 170 Abgeordnete, und es haben sich fünf Abgeordnete enthalten.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 573;
davon
ja: 398
nein: 170
enthalten: 5
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({132})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({133})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({134})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({135})
Dirk Fischer ({136})
Axel E. Fischer ({137})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({138})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung ({139})
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({140})
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler ({141})
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Johann-Henrich
Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers
({142})
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer ({143})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({144})
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Carsten Müller
({145})
Stefan Müller ({146})
Bernward Müller ({147})
Bernd Neumann ({148})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({149})
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Johannes Röring
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Albert Rupprecht ({150})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({151})
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({152})
Andreas Schmidt ({153})
Ingo Schmitt ({154})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({155})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Hans Peter Thul
Antje Tillmann
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß ({156})
Gerald Weiß ({157})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer ({158})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Ernst Bahr ({159})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Lothar Binding ({160})
Volker Blumentritt
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Dr. Gerhard Botz
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({161})
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({162})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Petra Hinz ({163})
Gerd Höfer
Iris Hoffmann ({164})
Frank Hofmann ({165})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Lothar Ibrügger
Johannes Jung ({166})
Josip Juratovic
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Christian Kleiminger
Astrid Klug
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({167})
Waltraud Lehn
Dirk Manzewski
Katja Mast
Markus Meckel
Petra Merkel ({168})
Dr. Matthias Miersch
Ursula Mogg
Marko Mühlstein
Detlef Müller ({169})
Michael Müller ({170})
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Johannes Pflug
Joachim Poß
Christoph Pries
Dr. Wilhelm Priesmeier
Steffen Reiche ({171})
Maik Reichel
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Walter Riester
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({172})
Ortwin Runde
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({173})
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Marianne Schieder
Otto Schily
Dr. Frank Schmidt
Ulla Schmidt ({174})
Renate Schmidt ({175})
Heinz Schmitt ({176})
Carsten Schneider ({177})
Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Reinhard Schultz
({178})
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Andreas Steppuhn
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({179})
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Engelbert Wistuba
Waltraud Wolff
({180})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gregor Amann
Elvira Drobinski-Weiß
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({181})
Reinhold Hemker
Christel Humme
Dr. Bärbel Kofler
Jürgen Kucharczyk
Helga Lopez
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Christel RiemannHanewinckel
Sönke Rix
Marlene Rupprecht
({182})
Silvia Schmidt ({183})
Swen Schulz ({184})
Ewald Schurer
FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Daniel Bahr ({185})
Uwe Barth
Angelika Brunkhorst
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich ({186})
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther ({187})
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({188})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Konrad Schily
Marina Schuster
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({189})
DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Diana Golze
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kersten Naumann
Dr. Norman Paech
Elke Reinke
Paul Schäfer ({190})
Volker Schneider
({191})
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({192})
Volker Beck ({193})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Kai Gehring
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz ({194})
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Markus Kurth
Undine Kurth ({195})
Monika Lazar
Anna Lührmann
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({196})
Winfried Nachtwei
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({197})
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Dr. Gerhard Schick
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Wolfgang Wieland
fraktionslos
Gert Winkelmeier
Enthalten
SPD
Dirk Becker
Gabriele Lösekrug-Möller
Heinz Paula
Wolfgang Spanier
Christoph Strässer
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 k
sowie die Zusatzpunkte 4 a und 4 b auf:
17 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des VN-Übereinkommens vom 13. April
2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer
Handlungen
- Drucksache 16/5334 Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss ({198})
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Internationalen Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen
- Drucksache 16/5336 Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss ({199})
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Europäischen Übereinkommen vom 26. Mai
2000 über die internationale Beförderung von
gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen ({200})
- Drucksache 16/5389 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ({201})
Innenausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus
einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2011 ({202})
- Drucksache 16/5525 Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss ({203})
Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO
e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode
2008 bis 2012
- Drucksache 16/5617 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({204})
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Freihafens Bremen
- Drucksache 16/5580 Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss ({205})
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 22. April 2005 zur Änderung des
Übereinkommens vom 11. Oktober 1973 zur
Errichtung des Europäischen Zentrums für
mittelfristige Wettervorhersage
- Drucksache 16/5577 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika
Knoche, Heike Hänsel, Michael Leutert, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Das Menschenrecht auf Schutz vor Binnenvertreibung stärken - Fluchtgründe vermeiden
- Drucksache 16/3913 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ({206})
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Paul
Schäfer ({207}), Inge Höger, Monika Knoche,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Keine deutsche Beteiligung an der Europäischen Verteidigungsagentur
- Drucksache 16/4489 Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss ({208})
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Elke
Reinke, Dr. Lothar Bisky, Klaus Ernst, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN
Neuregelung der GEZ-Befreiungstatbestände Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages
- Drucksache 16/5140 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien ({209})
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Grietje
Bettin, Volker Beck ({210}), Ekin Deligöz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks nach EU-Kompromiss sicherstel-
len
- Drucksache 16/5424 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien
ZP 4 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Laurenz
Meyer ({211}), Dr. Martina Krogmann, HansJoachim Fuchtel, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Dr. Uwe Küster, Dr. Rainer Wend, Dr. h. c.
Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD
Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener
Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern
- Drucksache 16/5602 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ({212})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Birgit Homburger, Elke Hoff,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Planungen für Bundeswehr-Ehrenmal am
Bendlerblock aussetzen - Würdigung der
Toten in unmittelbarer Reichstagsnähe
- Drucksache 16/5593 Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss ({213})
Innenausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Es handelt sich dabei um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen, wobei die Vorlage auf Drucksache 16/5140
- das ist Tagesordnungspunkt 17 j - federführend im
Ausschuss für Kultur und Medien behandelt werden soll. Damit sind Sie einverstanden. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 18 a bis 18 m
auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 18 a:
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({214}) zu dem Antrag der Bundesregierung
Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der
Überwachungsmission AMIS der Afrikanischen Union ({215}) in der Region Darfur/Sudan
auf Grundlage der Resolutionen 1556 ({216})
und 1564 ({217}) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und
18. September 2004
- Drucksachen 16/5436, 16/5655 Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Marina Schuster
Monika Knoche
Kerstin Müller ({218})
- Bericht des Haushaltsausschusses ({219})
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 16/5656 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Lothar Mark
Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Alexander Bonde
Ich mache darauf aufmerksam, dass es hierzu einen
Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke gibt, über
den wir nach der namentlichen Abstimmung abstimmen
werden.
Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/5655, den Antrag
der Bundesregierung auf Drucksache 16/5436 anzuneh-
men.
Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben hierzu
namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der
Fall. Dann eröffne ich hiermit die Abstimmung.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)
Wir setzen die Abstimmungen fort. Wir kommen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 16/5618 zu dem Antrag
der Bundesregierung zur Fortsetzung des Bundeswehr-
einsatzes im Sudan. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? - Die Gegenprobe! - Die Enthaltungen! -
Damit ist dieser Antrag abgelehnt bei Zustimmung der
Fraktion Die Linke und Gegenstimmen aus dem Rest des
Hauses.
1) Ergebnis Seite 10617 D
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 18 b:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll
vom 8. Dezember 2005 zum Übereinkommen
über die Sicherheit von Personal der Vereinten
Nationen und beigeordnetem Personal
- Drucksache 16/4381 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({220})
- Drucksache 16/5313 Berichterstattung:
Abgeordnete Karl-Georg Wellmann
Detlef Dzembritzki
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller ({221})
Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5313, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/4381 zuzustimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist
dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 c:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
15. Dezember 2003 über Politischen Dialog
und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
einerseits und der Republik Costa Rica, der
Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik
Nicaragua und der Republik Panama andererseits
- Drucksache 16/4716 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({222})
- Drucksache 16/5438 Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Lothar Mark
Marina Schuster
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller ({223})
Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5438, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/4716 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Der Gesetzentwurf ist ohne
Gegenstimmen angenommen bei Zustimmung durch
CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der Linken.
Tagesordnungspunkt 18 d:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur
Reform berufsrechtlicher Regelungen in der
Wirtschaftsprüferordnung ({224})
- Drucksache 16/2858 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie ({225})
- Drucksache 16/5544 Berichterstattung:
Abgeordneter Christian Lange ({226})
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5544, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 16/2858 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und
der FDP und Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, aufzustehen. - Die
Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmergebnis wie zuvor angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 e:
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 25. Juni 2005 zur Änderung des Partnerschaftsabkommens vom
23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der
Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen
Raum und im Pazifischen Ozean einerseits
und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits ({227})
- Drucksache 16/4970 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({228})
- Drucksache 16/5648 Berichterstattung:
Abgeordnete Anette Hübinger
Dr. Sascha Raabe
Hellmut Königshaus
Heike Hänsel
Ute Koczy
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
- Bericht des Haushaltsausschusses ({229})
gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 16/5649 Berichterstattung:
Abgeordnete Jochen Borchert
Iris Hoffmann ({230})
Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Alexander Bonde
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5648, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 16/4970 anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ohne Gegenstimmen angenommen bei Zustimmung
der Koalitionsfraktionen und des Bündnisses 90/Die
Grünen sowie bei Enthaltung der FDP und der Linken.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die
Gegenstimmen? - Die Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmergebnis wie vorher angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 f:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 1. Juni
2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen
- Drucksache 16/5386 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({231})
- Drucksache 16/5650 Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding ({232})
Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5650, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/5386 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die Gegenstimmen? - Die Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und
Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 g:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
12. Oktober 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen
- Drucksache 16/5388 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({233})
- Drucksache 16/5652 Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding ({234})
Dr. Gerhard Schick
Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5652, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/5388 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Die Enthaltungen? - Damit ist dieser Gesetzentwurf bei Zustimmung von CDU/CSU, SPD, FDP und
der Linken ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung
durch Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.
Tagesordnungspunkt 18 h:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({235})
Sammelübersicht 226 zu Petitionen
- Drucksache 16/5430 Wer stimmt dafür? - Dagegen? - Enthaltungen? - Die
Sammelübersicht ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({236})
Sammelübersicht 227 zu Petitionen
- Drucksache 16/5431 Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 j:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({237})
Sammelübersicht 228 zu Petitionen
- Drucksache 16/5432 Wer stimmt dafür? - Dagegen? - Enthaltungen? Auch diese Sammelübersicht ist einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 k:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({238})
Sammelübersicht 229 zu Petitionen
- Drucksache 16/5433 Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung des
ganzen Hauses und Enthaltung durch die Linke angenommen.
Tagesordnungspunkt 18 l:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({239})
Sammelübersicht 230 zu Petitionen
- Drucksache 16/5434 -
Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthal-
tungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung des
ganzen Hauses und Enthaltung der Linken angenom-
men.1)
Tagesordnungspunkt 18 m:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({240})
Sammelübersicht 231 zu Petitionen
- Drucksache 16/5435 Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung
durch Koalition und FDP ohne Gegenstimmen bei Enthaltung durch Bündnis 90/Die Grünen und die Linke angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales
({241})
- zu dem Antrag der Abgeordneten Werner
Dreibus, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der LINKEN
Deutschland braucht Mindestlöhne
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich
L. Kolb, Dirk Niebel, Birgit Homburger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Vorschläge des Sachverständigenrates auf-
greifen - Tarifrecht flexibilisieren, auf Min-
destlöhne verzichten, Bürgergeld einführen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Schnell handeln für eine umfassende Min-
destlohnregelung
- Drucksachen 16/4845, 16/4864, 16/5102,
16/5585 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Ralf Brauksiepe
1) Anlage 3
Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke später namentlich abstimmen werden.
Zwischen den Fraktionen ist verabredet, eine halbe
Stunde zu debattieren. - Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Klaus Brandner für
die SPD-Fraktion.
({242})
({243})
Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen
und Kollegen! Die Linksfraktion stellt heute einen Antrag zur Abstimmung, der mit dem Aufruf der SPD identisch ist.
({0})
Um es klar zu sagen: In der Schule würde es wegen des
hundertprozentigen Abschreibens eine glatte Sechs dafür
geben.
({1})
Abschreiben ist weder originell noch kreativ. Wer abschreibt, hat kein eigenes Profil. Wer abschreibt, bleibt
sitzen. So bin ich das aus meiner Schulzeit gewohnt.
({2})
Worum geht es Ihnen? Wir haben der Presse entnehmen können: Sie wollen eine Politshow veranstalten. Es
geht Ihnen nicht um Inhalte. Wenn es Ihnen um Inhalte
gehen würde, dann würden Sie nicht zum gleichen Sachverhalt zwei unterschiedliche Anträge in das Parlament
einbringen. Ihnen geht es darum, die SPD vorzuführen,
aber es geht Ihnen nicht um Lösungen.
({3})
Sie benutzen die Sorgen der Menschen, um zu skandalisieren, und nicht dafür, um Lösungen zu produzieren.
({4})
Ich sage Ihnen: Die Steckbriefe werden schon wieder
gedruckt. Die Bilder von den Verfechtern einer Mindestlohnlösung werden von Ihnen an die Gewerkschaften gemailt. Die Druckmaschinen sind angeworfen. Ich weiß
nicht, wie viele Bäume in diesem Land sterben müssen,
damit Ihre Propagandamaschinen anlaufen können.
({5})
Wir sind das aber zwischenzeitlich von Ihnen gewohnt.
Ich bekomme in meiner Funktion als erster Bevollmächtigter der IG Metall regelmäßig Post von Ihnen. Ich weiß
also, worüber ich spreche.
Verantwortungsvoll ist Ihr Handeln nicht. Denn die
Menschen haben uns gewählt, damit wir ihre Interessen
ernsthaft wahrnehmen.
({6})
Für Sandkastenspiele und Mätzchen ist da kein Raum.
({7})
Um es an dieser Stelle klar zu sagen: Wir lehnen Ihren
Antrag ab.
({8})
Wir lehnen aber auch ebenso klar den Antrag der FDP
ab.
({9})
Die FDP beklagt, im Deutschen Bundestag würden
Menschen im Wachdienst zu Hungerlöhnen arbeiten.
({10})
Sie sollten diesen Widerspruch selbst einmal auflösen,
sehr geehrter Herr Kolb. Wir wollen nämlich Mindestlöhne. Damit hätte es ein Ende mit den Hungerlöhnen
im Wachdienst. Wir wollen ein Vergaberecht, bei dem
Tariftreue und Tarifverträge eine faire Grundlage für den
Wettbewerb bilden.
({11})
Wir wollen Wettbewerb zu fairen Bedingungen und keinen Wettbewerb auf dem Rücken der Arbeitnehmer.
Der Parteitag der FDP lässt grüßen. Die FDP will sich
ein Sozialprofil geben und will es schärfen.
({12})
Der vorliegende Antrag von der FDP verschafft uns sicherlich einen Eindruck davon, wie die FDP das tun will.
({13})
Unsere Position zum Mindestlohn ist klar: Wer in einem Vollzeitjob arbeitet, muss von seiner Arbeit auch
menschenwürdig leben können.
({14})
Die Friseurin in Sachsen zum Beispiel, die bei einer 37Stunden-Woche und 3,06 Euro Stundenlohn auf
492 Euro brutto monatlich kommt,
({15})
lebt unter Bedingungen, die nicht fair sind. Das muss
verändert werden.
({16})
Wir wollen, dass das Wegbrechen der Löhne nach unten beendet wird. Wir sollten uns dazu einmal die Situation in der deutschen Landwirtschaft anschauen. Immer
mehr ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nutzen Deutschland als Durchgangsland. Denn die
Mindestlöhne und die Lohnbedingungen in unseren
westlichen Nachbarländern sind günstiger als in
Deutschland.
({17})
Wir sind in einer negativen Lohndrift. Das darf so
nicht weitergehen. Deshalb müssen wir dem Lohnsenkungswettbewerb eine nachhaltige Unternehmensstrategie entgegensetzen. Unsere Strategie ist es, uns für qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
einzusetzen, die hochwertige Güter und Dienstleistungen produzieren. Sie haben Anspruch auf eine gute Bezahlung. Wir stehen für die Grundidee „Besser statt billiger“. Das ist die Aussage, für die die SPD in der
politischen Auseinandersetzung eintritt.
({18})
Wir sind für Wettbewerb. Wir wollen aber einen Wettbewerb zu fairen Bedingungen und keine Dumpinglöhne.
({19})
Die „Geiz ist geil“-Strategie ist falsch. Das will ich
deutlich sagen. Ich denke dabei konkret an drei Beispiele. Ich kann nicht verstehen, dass beispielsweise
Milch zu einem Einstandspreis von unter 40 Cent pro Liter angeboten wird. Mineralwasser ist teurer. Hier ist etwas nicht in Ordnung in diesem Land.
({20})
Ich sage ganz deutlich: Wenn die Postdienstleistungen
- wir wollen doch alle eine verlässliche Versorgung in
der Fläche - nur von Zustellern erbracht werden, die
3 Euro pro Stunde verdienen und die mit dem Hinweis
abgespeist werden, sie könnten sich den Rest vom Arbeitsamt holen, dann ist etwas nicht in Ordnung.
({21})
Es ist auch nicht in Ordnung, dass die Sicherheitskräfte
im Deutschen Bundestag, die wir alle jeden Morgen,
wenn wir das Parlamentsgebäude betreten, als positiv
und gut ansehen,
({22})
mit billigen Löhnen abgespeist werden.
({23})
Deshalb, Herr Kolb, brauchen wir - um es klar zu sagen - Mindestlöhne. Für uns gilt: Dienstleistungen und
Güter haben ihren Wert. Arbeit hat ihren Wert. Es geht
auch um die Würde. Deshalb brauchen wir einen Mindestlohn.
({24})
Klar ist: Die Grundsicherung ersetzt keine Mindestlöhne. Es gibt in Deutschland über 500 000 Vollzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die Hartz-IV-Aufstocker sind. Das ist ein Zustand, der nicht in Ordnung
ist. Wir nehmen nicht hin, dass die Unternehmen weiter
ihre Löhne zurückschrauben, in der Gewissheit, dass der
Staat als Ausfallbürge eintritt. Dem müssen alle Parteien
im Deutschen Bundestag einen Riegel vorschieben.
({25})
Staatliche Alimentierung ist kein Ersatz für Mindeststandards. Wir verlangen von den Unternehmen anständige Löhne für anständige Arbeit.
Übrigens, Mindeststandards schützen nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping.
Sie schützen auch Unternehmen, und zwar insbesondere
kleine und mittlere Unternehmen, vor einem Vernichtungswettbewerb durch Konkurrenten, die mit Dumpinglöhnen arbeiten.
({26})
Zum Argument, Mindestlöhne vernichteten Jobs. Es
ist längst belegt: Das Gegenteil ist der Fall.
({27})
Deutschland ist nicht wegen der niedrigen Löhne, sondern wegen hochmotivierter und hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Hochtechnologiestandort. Wenn in 20 EU-Staaten ein Mindestlohn die
Regel ist und in fünf weiteren Staaten die Tarifbindung
eine so gute Basis darstellt, dass man dort keine gesetzlichen Mindestlöhne braucht - und das in vielen Staaten
mit konservativer Regierung -, dann zeigt das, dass das
Argument „Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze“
grundsätzlich Quatsch ist.
({28})
Lassen Sie mich an diesem Punkt ganz offen ein Wort
an unseren Koalitionspartner richten. In den letzten Wochen und Monaten hörten wir ein hohes Loblied auf die
Tarifautonomie.
({29})
- Ich höre das gern. - Ein klares Bekenntnis zur Tarifautonomie gab es nicht immer. Ich baue darauf, dass es
nachhaltig ist und dass wir uns darauf nachhaltig verlassen können.
({30})
Für die SPD - das will ich klar sagen - ist die Tarifautonomie ein sehr hohes, bedeutungsvolles Gut, das wir
nicht nur in der Koalitionsvereinbarung geschützt haben,
sondern das wir als Sozialdemokraten durchgängig in
diesem Lande schützen und verteidigen werden.
({31})
Wir stimmen heute nicht gegen den Inhalt des Antrags der Linksfraktion, sondern gegen die politische
Show.
({32})
Eine Berliner Tageszeitung hat richtig getitelt, als sie
formulierte: „Mätzchen um den Mindestlohn“. Für
Mätzchen sind wir uns in diesem Hohen Hause zu
schade.
({33})
Wir wollen eine schnelle und verbindliche Lösung für
die Menschen in diesem Land. Wir wollen unser Ziel mit
unserem Koalitionspartner erreichen. Wir wollen unser
Ziel erreichen, ohne, wie manche glauben, Munition für
den Wahlkampf zu sichern.
Am Montag wird der Koalitionspartner dazu beitragen - davon bin ich überzeugt; dafür gibt es eine Reihe
von positiven Signalen -, dass wir in dieser Angelegenheit zu einem fairen Kompromiss kommen.
({34})
Das Entsendegesetz ist eine solche Basis. Wir brauchen
eine flächendeckende Lohnunterschranke, damit das,
was ich hier beschrieben habe, nämlich die Inanspruchnahme öffentlicher Kassen, um zu einem menschenwürdigen Einkommen zu kommen, beseitigt wird.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
({35})
Ich komme zu Tagesordnungspunkt 18 a zurück und
gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte
zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS in
der Region Darfur/Sudan bekannt. Es handelt sich um
die Drucksachen 16/5436 und 16/5655. Abgegebene
Stimmen 564. Mit Ja haben gestimmt 506, mit Nein haben gestimmt 40, Enthaltungen 18. Die Beschlussempfehlung - und damit der Antrag der Bundesregierung ist angenommen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon
ja: 506
nein: 40
enthalten: 18
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({0})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({1})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({2})
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({3})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
({4})
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung ({5})
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder ({6})
Eckart von Klaeden
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler ({7})
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Johann-Henrich
Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers
({8})
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer ({9})
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer ({10})
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Carsten Müller
({11})
Stefan Müller ({12})
Bernward Müller ({13})
Bernd Neumann ({14})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche ({15})
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Johannes Röring
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Albert Rupprecht ({16})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({17})
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({18})
Andreas Schmidt ({19})
Ingo Schmitt ({20})
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({21})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Hans Peter Thul
Antje Tillmann
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß ({22})
Gerald Weiß ({23})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth WinkelmeierBecker
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
SPD
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Ernst Bahr ({24})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Dirk Becker
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Lothar Binding ({25})
Volker Blumentritt
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Dr. Gerhard Botz
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({26})
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Renate Gradistanac
Angelika Graf ({27})
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({28})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Gabriele Hiller-Ohm
Gerd Höfer
Iris Hoffmann ({29})
Frank Hofmann ({30})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Johannes Jung ({31})
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Christian Kleiminger
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Jürgen Kucharczyk
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({32})
Waltraud Lehn
Helga Lopez
Gabriele Lösekrug-Möller
Dirk Manzewski
Lothar Mark
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Petra Merkel ({33})
Dr. Matthias Miersch
Ursula Mogg
Marko Mühlstein
Detlef Müller ({34})
Michael Müller ({35})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Christoph Pries
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Steffen Reiche ({36})
Maik Reichel
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({37})
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({38})
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({39})
Bernd Scheelen
Marianne Schieder
Otto Schily
Dr. Frank Schmidt
Ulla Schmidt ({40})
Silvia Schmidt ({41})
Renate Schmidt ({42})
Heinz Schmitt ({43})
Carsten Schneider ({44})
Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Reinhard Schultz
({45})
Swen Schulz ({46})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Andreas Steppuhn
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({47})
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Engelbert Wistuba
Waltraud Wolff
({48})
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Daniel Bahr ({49})
Angelika Brunkhorst
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich ({50})
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther ({51})
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine LeutheusserSchnarrenberger
Markus Löning
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
({52})
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Konrad Schily
Marina Schuster
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({53})
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({54})
Volker Beck ({55})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Kai Gehring
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz ({56})
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Markus Kurth
Undine Kurth ({57})
Monika Lazar
Anna Lührmann
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({58})
Winfried Nachtwei
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({59})
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Dr. Gerhard Schick
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Wolfgang Wieland
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Nein
CDU/CSU
Willy Wimmer ({60})
SPD
Gregor Amann
Petra Hinz ({61})
FDP
DIE LINKE
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Ulla Lötzer
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kersten Naumann
Dr. Norman Paech
Elke Reinke
Volker Schneider
({62})
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Sabine Zimmermann
fraktionslos
Gert Winkelmeier
Enthaltung
CDU/CSU
Dr. Wolf Bauer
Norbert Schindler
FDP
Uwe Barth
DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Diana Golze
Dr. Barbara Höll
Dr. Hakki Keskin
Michael Leutert
Dr. Gesine Lötzsch
Paul Schäfer ({63})
Dr. Petra Sitte
Jörn Wunderlich
Nächster Redner in unserer jetzigen Debatte ist der
Kollege Dr. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion.
({64})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zum Mindestlohn gibt es in der Sache eigentlich nichts
Neues zu vermelden.
({0})
Für meine Fraktion kann ich weiterhin erklären: Die
FDP lehnt einen Mindestlohn ohne Wenn und Aber ab.
Ein Mindestlohn, der zu niedrig ist, ist wirkungslos, und
ein Mindestlohn, der zu hoch ist, bedroht Hunderttausende von Arbeitsplätzen in unserem Land.
({1})
Herr Brandner, Sie sagten, dass Hightech hohe Löhne
ermöglicht. Was nützt das aber der Friseuse im Erzgebirge, dem Wachmann oder einem anderen, dessen Arbeit mit Hochtechnologie nichts zu tun hat? Diese Menschen werden ihren Arbeitsplatz verlieren.
({2})
Bevor die SPD Mindestlöhne fordert, sollte die SPDFraktion erst einmal ihre eigenen Sekretärinnen ordentlich bezahlen. Mit gutem Beispiel voranzugehen, das ist
hier gefragt.
({3})
Ein gesetzlicher Mindestlohn untergräbt die Tarifautonomie in unserem Land und ist ein potenzieller
Spielball für ein „Wer bietet mehr?“ in Wahlkampfzeiten. So weit, so klar. Wir wollen keine Mindestlöhne,
sondern ein bedarfsorientiertes Mindesteinkommen.
Mit unserem Bürgergeldkonzept haben wir einen klaren
Vorschlag vorgelegt, den Sie sich ansehen sollten.
({4})
Auch wenn die heutige Debatte in der Sache nichts
Neues bringt, ist sie doch von Reiz und zugleich lehrreich. Es ist nämlich interessant, zu beobachten, wie sich
die politische Konkurrenz nicht um der Sache willen,
sondern aus taktischem Kalkül verhält. Wir erleben eine
verkehrte Welt.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Tauss?
Ja, sehr gerne.
Herr Kollege, da Sie der Meinung sind, sich in die
Gehaltsfindung der SPD-Fraktion einmischen zu müssen, frage ich Sie: Um wie viele Prozentpunkte übersteigt die Bezahlung der Sekretärinnen der FDP-Fraktion
die Bezahlung der Sekretärinnen der SPD-Fraktion?
Bitte übermitteln Sie uns doch Ihren Tarifvertrag! Vielleicht können wir uns Ihrem offensichtlich deutlich höheren Satz gelegentlich anschließen. Wie viel Prozent
zahlen Sie mehr als wir?
Herr Kollege Tauss, Sie verkennen, dass die Ausgangssituation unterschiedlich ist.
({0})
Sie kommen sozusagen mit einer Monstranz in diesen
Plenarsaal und fordern, dass niemand in diesem Land
weniger als 7,50 Euro pro Stunde verdienen soll. Ich bin
der Meinung, dass jemand, der das derart kategorisch
fordert, zunächst vor der eigenen Tür kehren sollte. Das
heißt, dass Sie jedem einzelnen Arbeitnehmer Ihrer
Fraktion mindestens 7,50 Euro zahlen müssen. Das ist
bisher nicht der Fall. Es muss erlaubt sein, darauf hinzuweisen.
({1})
Ich habe gesagt, dass wir heute eine verkehrte Welt
erleben. Die Linke versucht, mit ihrem Antrag die SPD
vorzuführen, obwohl von vornherein klar ist, dass das
zum Scheitern verurteilt ist. Herr Kollege Lafontaine,
dieses Scheitern ist aber genau das, was Sie eigentlich
wollen - Sie können das gern mit einem Lächeln bestätigen -: Sie glauben nämlich, dadurch neues Wasser auf
Ihre Mühlen leiten zu können. Herr Lafontaine und Herr
Gysi, Sie verhalten sich an dieser Stelle wirklich pharisäerhaft; das muss ich Ihnen sagen.
({2})
Liebe Kollegen von der SPD, klatschen Sie nicht zu
früh. Wenn die SPD ihrerseits versucht, die Union mit
ihrer kategorischen Forderung nach einem gesetzlichen
Mindestlohn zu treiben, so steht auch dahinter nicht die
Hoffnung auf eine Einigung. Es geht vielmehr darum,
für kommende Landtagswahlkämpfe ein Thema vorzubereiten, aus dem man Honig saugen kann, mit dem man
die klassische Wählerklientel wieder an die Sozialdemokratie binden oder zumindest wieder heranführen kann.
Seien Sie ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der SPD: Für Ihre Wahlkampfstrategie in Hessen und
Niedersachsen wäre es doch geradezu fatal, wenn Sie
sich am kommenden Montag im Koalitionsausschuss
mit der Union einigen würden. Insofern ist auch Ihr Verhalten nicht ehrlich; aber es ist zumindest erklärbar.
({3})
Was ich mir nicht erklären kann, ist das Verhalten der
Union. Ohne Not bewegt sie sich Stück für Stück auf die
SPD zu. Wir alle kennen doch aus dem Alltag Verhandlungssituationen, in denen sich eine Seite nicht oder
noch nicht wirklich einigen will. Dann kann die andere
Seite bieten, was sie will. Es wird nie genügen. Dies verkennend, biedert sich die Union in den Verhandlungen
bei der SPD an.
({4})
Herr Kollege Brauksiepe, wenn die Bundeskanzlerin
verlauten lässt, es gebe einen Spielraum beim Mindestlohn, und Sie ihr als arbeitsmarktpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion anschließend sekundieren und sagen, dass
Sie bereit sind, einen pragmatischen Weg zu gehen, dann
lässt das nichts Gutes erahnen. Sie haben sich auf eine
schiefe Ebene begeben und werden mehr und mehr ins
Rutschen kommen. Das sage ich Ihnen voraus.
({5})
Erkennen Sie denn nicht, Herr Kollege Brauksiepe, wohin das führt? Die SPD wird die Bewegung bei Ihnen
dankbar registrieren. Sie wird es sich auch für kommende Verhandlungen notieren. Aber zu einer Einigung
wird es nicht kommen, weil es bei der SPD zurzeit kein
Einigungsinteresse gibt.
Deswegen ist es fatal, wenn Sie, Herr Kollege
Brauksiepe, in nicht mehr zu überbietender Beflissenheit
einen Vorschlag nach dem anderen präsentieren und
gleichzeitig verbrennen:
({6})
das gesetzliche Verbot sittenwidriger Löhne, die Reaktivierung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen, die Ausdehnung des Entsendegesetzes über den engen im Koalitionsvertrag vereinbarten
Bereich hinaus und zuletzt die Genehmigung von Branchenmindestlöhnen durch das Kabinett, wenn der nach
Tarifvertragsgesetz vorgesehene Tarifausschuss einen
Mindestlohn blockiert. Das alles, Herr Kollege
Brauksiepe, sind Schritte auf einem Weg, an dessen
Ende ein ordnungspolitischer GAU stehen wird, nämlich
die Einmischung der Politik in die Lohnfindung, die
sozialpolitische Instrumentalisierung der Löhne und Gehälter. Ich sage Ihnen: Ludwig Erhard würde sich im
Grabe umdrehen, wenn er sehen könnte, wie kopflos die
Union in dieser Debatte herumirrt.
({7})
Dabei würde ein einfacher Blick in den Koalitionsvertrag genügen, diesen Spuk zu beenden. Ich frage
mich: Wo sind wir eigentlich, liebe Kolleginnen und
Kollegen gerade von der Union, wenn ich als Vertreter
der Opposition Sie hier auffordern muss, Ihren eigenen
Koalitionsvertrag einzuhalten? Das wäre vollkommen
ausreichend. Mittlerweile sind alle - mit Ausnahme der
FDP - von einer regelrechten Mindestlohnhysterie besessen,
({8})
bei der manche sogar vergessen zu haben scheinen,
worüber sie reden. Wenn Norbert Röttgen, der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, sagt, dass jemand, der Vollzeit - etwa 30 Stunden in der Woche - arbeitet, in der Lage sein muss, von seinem Einkommen
eine Familie zu ernähren,
({9})
dann zeugt das im günstigsten Fall von Ahnungslosigkeit. Denn der bedarfsdeckende Mindestlohn in diesem
Falle - Ehepaar mit Kindern - würde bei mindestens
12 Euro pro Stunde liegen. Das kann doch nicht Ihr
Ernst sein.
({10})
Spätestens dieses Beispiel zeigt: Nicht ein Mindestlohn - jetzt erkläre ich es Ihnen noch einmal, Herr Kollege Brauksiepe -, sondern ein bedarfsorientiertes
Mindesteinkommen ist die richtige Lösung. Es bringt
überhaupt nichts, wenn wir uns hier in sozialpolitischer
Neoromantik ergehen und der Eindruck erweckt wird,
das Glück der Menschen in Deutschland hänge davon
ab, ob es einen Mindestlohn gibt und wie hoch dieser ist.
Ich sage Ihnen: Das Glück der Menschen in diesem Land
hängt davon ab, ob sie einen Arbeitsplatz haben oder
nicht.
Herr Kollege Kolb.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. - Genau dieses, die Chance auf einen Arbeitsplatz, wird mit der Einführung eines Mindestlohns hunderttausendfach vernichtet.
Ich fordere Sie auf, dieser Fata Morgana eines Mindestlohnes nicht länger nachzugehen, sondern zur wirtschafts- und ordnungspolitischen Vernunft zurückzukehren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({0})
Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich der Kollegin Ute Kumpf.
Werter Kollege Kolb und auch andere Kolleginnen
und Kollegen, damit Sie nicht weiter die Unwahrheit
über die Bezahlung der Zeitarbeitskräfte bei der SPDFraktion verbreiten, gebe ich Ihnen folgende Information: Die vier Kolleginnen, die für zwei bzw. drei Wochen bei uns gearbeitet haben, erhalten rückwirkend ab
1. Mai für die Zeit, in der sie kurzzeitig bei uns gearbeitet haben, den Mindestlohn von 7,50 Euro.
({0})
Die Firma Dr. Stern, die Zeitarbeitskräfte in die Ministerien und in den Bundestag vermittelt, haben wir aufgefordert, nicht den CGB-Tarifvertrag zugrunde zu legen,
sondern das Arbeitgeberlager zu wechseln und den
DGB-Tarifvertrag anzuwenden.
({1})
Wir haben damit erreicht, dass die Zeitarbeitskräfte,
die bei uns als Aushilfe beschäftigt werden, tarifvertraglich gut abgesichert sind. Wir werden die Fraktionen auffordern, bei den Verhandlungen für die Zeitarbeitskräfte
in den Ministerien und bei der Bundestagsverwaltung
darauf zu achten, dass der DGB-Tarifvertrag zur Anwendung kommt und dass natürlich auch - ich bin Mitglied
der Mitarbeiterkommission - die Tarifverträge und sonstige arbeitsrechtliche Vereinbarungen, die normalerweise zu den guten Sitten gehören, bei den Abgeordnetenmitarbeitern eingehalten werden. Da kann sich
vielleicht die FDP die eine oder andere Scheibe abschneiden.
({2})
Sie können antworten, Herr Kollege Kolb.
Das will ich sehr gerne tun, Frau Präsidentin. - Ich
hatte mich, Frau Kollegin Kumpf, in meinen Ausführungen auf eine Veröffentlichung der „Badischen Zeitung“
vom 26. Mai dieses Jahres bezogen.
({0})
Ich freue mich, zu hören, dass dieses Problem mittlerweile gelöst ist.
Wenn jetzt noch die Mitarbeiter der Fraktion der Linken einen Betriebsrat gründen könnten, wäre eitel Sonnenschein in diesem Haus.
({1})
Vielleicht erfahren wir ja gleich noch, dass sie mittlerweile etwas weiter sind.
Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Gitta Connemann,
CDU/CSU-Fraktion.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
muss sagen: Es zeugt von einer gewaltigen Chuzpe aufseiten der Fraktion der Linken, einen solchen Antrag
vorzulegen, sogar namentliche Abstimmung zu verlangen, wenn man ihr eigenes Handeln betrachtet. Der Kollege Kolb hat schon kurz auf den „Spiegel“-Artikel hingewiesen. Dazu fällt mir nur der Kommentar ein: Nicht
an ihren Worten sollst du sie messen, sondern an ihren
Taten.
(Ulrich Maurer ({0}): Das müssen Sie
gerade sagen!
Um große Worte sind Sie nie verlegen, meine Damen
und Herren von der Linken, Sie geben sich immer wieder als vermeintliche Vorkämpfer für Arbeitnehmerrechte und prangern die angebliche Arbeitgeberwillkür
an - das wird sicherlich auch der Kollege Gysi gleich
tun -, und zwar mit großer Emotion, mit Pathos,
zornentbrannt, wutschnaubend, manchmal sogar voller
Tränen. Offensichtlich sind das aber nur Krokodilstränen, jedenfalls laut „Spiegel“ der letzten Woche.
({1})
Dort wird unter dem Titel „Rotes Hire and Fire“ der Umgang der Abgeordneten der Linken-Fraktion mit ihren
Mitarbeitern beschrieben, wodurch übrigens die Gewerkschaften alarmiert wurden. Ich zitiere: -
Frau Kollegin Connemann, jetzt habe ich Sie leider
mitten im Satz unterbrochen. Der Herr Kollege
Ramelow würde gerne eine Zwischenfrage stellen.
({0})
Gerne. Ich kann auch danach zitieren.
Frau Kollegin, ich würde Sie gerne fragen,
({0})
woher Sie die Kenntnis haben, dass wir in der Fraktion
Die Linke keinen Betriebsrat hätten. Ich darf Ihnen offiziell versichern, dass die Fraktion sehr wohl über einen
kompletten Betriebsrat verfügt.
({1})
Darf ich Sie fragen, ob Sie in Ihrer Fraktion demnächst auch für Ihre Wahlkreismitarbeiter einen Betriebsrat gründen wollen - wenn Sie eine solche Veränderung des Abgeordnetenrechts durchsetzen wollen,
sollten Sie eine Debatte organisieren, die wir alle miteinander führen - und welche Initiative Sie im Ältestenrat
ergreifen wollen, um dieses rechtliche Problem zu lösen? In unserer Fraktion zumindest gibt es einen Betriebsrat. Für die Mitarbeiter unserer Fraktion wenden
wir den einschlägigen Tarifvertrag, den TVöD, an. Woher haben Sie also Ihre Kenntnis, und wie werden Sie
sich im Ältestenrat verhalten?
({2})
Herr Kollege Ramelow, Sie dürfen mich gerne etwas
fragen. Wenn Sie aber eine Frage stellen, sollte diese an
die richtige Person gerichtet sein. Ich jedenfalls habe
kein Wort von einem Betriebsrat gesagt.
({0})
Ich wollte auf einen völlig anderen Umstand hinweisen.
Im „Spiegel“ stand - ich zitiere -:
Es habe, heißt es in einem Ver.di-Papier, bereits im
„ersten Jahr der Legislatur Entlassungen in zweistelliger Höhe“ gegeben.
({1})
Mitglieder der Linksfraktion haben danach
erst reihenweise Leute auf 400-Euro-Basis beschäftigt,
({2})
später die Verträge wieder aufgelöst.
({3})
Wiederum andere würden einstellen und entlassen,
wie es ihnen passt …
({4})
Aus unseren Hausmitteilungen weiß ich, dass Verdi
gegen Ihre Fraktion vorgehen wird. Zum Schutz Ihrer
Mitarbeiter werden offene Sprechstunden angeboten.
({5})
Herr Kollege Ramelow, lassen Sie mich auf Ihre Frage
wie folgt antworten: Nicht an Ihren Worten werden Sie
gemessen, sondern an diesen Taten.
({6})
Wenn Sie ein wenig Bibelkenntnis hätten,
({7})
wüssten Sie, dass dieser Satz aus der Bergpredigt im
Matthäusevangelium stammt, übrigens unter der Überschrift „Hütet euch vor den falschen Propheten!“ Dieser
Satz trifft auch auf Sie zu: Hütet euch vor den falschen
Propheten!
({8})
Das gilt auch für Ihren Antrag. Sie wollen niemandem
helfen. Kollege Brandner hat es wirklich treffend auf
den Punkt gebracht: Es geht Ihnen nur darum, eine
Schau zu veranstalten. Was Sie hier veranstalten, ist ein
unwürdiges Politikspektakel. Sie sind sich nicht zu
schade, mit diesem Antrag etwas zu fordern, was von
dem, was Sie noch vor wenigen Wochen gefordert haben, inhaltlich erheblich abweicht. Darauf kann es nur
eine Antwort geben: Ablehnung.
({9})
Ablehnen werden wir auch die Anträge der FDP und
des Bündnisses 90/Die Grünen.
({10})
Die FDP negiert in ihrem Antrag, dass es überhaupt ein
Problem gibt. Betroffen ist zwar nur ein kleiner Teil der
Arbeitnehmer, doch auch und gerade sie brauchen Lösungen - die die FDP nicht anbietet.
({11})
Lösungen bietet auch die Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen nicht an. Die Grünen präsentieren uns hier
einen Bauchwarenladen: von allem etwas, aber nichts
Richtiges. Das hilft nicht bei der Lösung der Probleme
am Arbeitsmarkt, die es unbestritten gibt.
Trotz der großen Erfolge beim Abbau der Arbeitslosigkeit gibt es immer noch zu viele Menschen ohne
Arbeit. Mehr als die Hälfte davon sind Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte, Menschen ohne Schulabschluss, ohne Ausbildung.
({12})
Und dann sind da noch die Niedriglohnbeschäftigten:
500 000 Frauen und Männer arbeiten in Vollzeit, können
ihren Lebensunterhalt davon aber nicht bestreiten und
sind auf staatliche Aufstockungsleistungen angewiesen.
({13})
Beide Gruppen brauchen unsere Hilfe; da sind wir uns
einig, Herr Kolb, und da sind auch Union und SPD einig.
({14})
Wir wollen, dass jeder die Chance auf Arbeit hat. Wir
wollen, dass Familien ein angemessenes Mindesteinkommen haben. Wir wollen, dass Menschen, die arbeiten, mehr haben als diejenigen, die nicht arbeiten. Wir
wollen eines nicht: sittenwidrige Löhne. In diesen Zielen
sind wir uns einig, und wir ringen gemeinsam um Lösungen.
Einen Königsweg gibt es sicherlich nicht. Dafür sind
die Regionen, die Branchen, die Beschäftigten, die Arbeitslosen in Deutschland zu unterschiedlich. Deshalb
lehnen wir als Union einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ab.
({15})
Mit einem Einheitslohn würde diesen Unterschieden
nicht Rechnung getragen. Gerade die Beschäftigungsaussichten von Geringqualifizierten würden weiter
sinken. Denn - so hart und kalt es auch klingt - Löhne
orientieren sich an der Produktivität, und diese ist bei
Geringqualifizierten tendenziell niedriger. Nicht jeder in
diesem Land ist gleich stark, gleich klug und gleich gebildet.
({16})
- Diese Frage haben Sie schon einmal gestellt. Sie wiederholen sich ständig.
({17})
Es wäre gut, wenn Sie einmal etwas Neues bringen würden.
Wenn der Staat einen Einheitslohn festsetzt, haben
gerade die Geringqualifizierten am Arbeitsmarkt keine
Chance; denn sie können diesen Lohn nicht erwirtschaften. So hat übrigens auch der Sachverständigenrat in seinen letzten Jahresgutachten vor der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns gewarnt. Ein
solcher Einheitslohn würde Arbeitsplätze zerstören.
({18})
Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung
Halle und des Ifo-Institutes Dresden würden bei einem
gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro über
600 000 Arbeitsplätze verloren gehen. Die Einkommenserhöhung, die einige Arbeitnehmer erhielten, würde also
mit dem Arbeitsplatzverlust anderer teuer erkauft.
({19})
Dies gilt insbesondere für die neuen Länder; denn in
den Grenzgebieten besteht die Gefahr, dass der Kunde
einfach ins Nachbarland geht. In Polen zum Beispiel gibt
es zwar einen Mindestlohn; aber er liegt bei 1,35 Euro.
Sicherlich gibt es auch Nachbarländer mit einem höheren Mindestlohn, etwa Großbritannien oder Frankreich.
Aber die Bedingungen in England sind mit unseren nicht
zu vergleichen: weniger Kündigungsschutz, weniger Urlaub, weniger soziale Sicherung. Ferner ist belegt, dass
der Mindestlohn in Frankreich die Beschäftigungsmöglichkeiten von Jugendlichen und Frauen beeinträchtigt
hat. So lautet übrigens auch das Fazit des neuesten
Standortchecks der Bertelsmann-Stiftung.
({20})
Ich könnte viele weitere Studien anführen, etwa die
der Johannes-Kepler-Universität Linz oder des Instituts
der deutschen Wirtschaft Köln, wonach ein gesetzlicher
Mindestlohn von 7,50 Euro das Volumen der Schattenwirtschaft um 7 Prozent steigen ließe.
({21})
Das wären 25 Milliarden Euro, die am Fiskus und an den
Sozialkassen vorbeigehen. Ich könnte auf ein Gutachten
der Universität Erfurt verweisen, demzufolge die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verfassungswidrig wäre, weil er den Nerv der Tarifautonomie träfe.
Wissenschaftler und Ökonomen sind sich einig in ihrer Ablehnung; doch das wird in der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen. Die Forderung nach einem
gesetzlichen Mindestlohn ist populär und entspricht einem Gerechtigkeitsgefühl. Wäre ein Mindestlohn aber
auch sozial gerecht?
({22})
Aus meiner Sicht nicht; denn dadurch würde nicht die
soziale Situation berücksichtigt.
({23})
Was für einen Alleinstehenden ausreichend sein kann, ist
für den Unterhalt einer ganzen Familie vielleicht viel zu
wenig.
Hier braucht es auch zur Sicherung des Lebensstandards zielgenauere Instrumente; denn eines ist unbestritten richtig - das sollten auch Sie zur Kenntnis nehmen,
Herr Dr. Kolb -: Es gibt Gerechtigkeitslücken in diesem
Land.
({24})
Dies gilt zum Beispiel in den Fällen von Lohnwucher.
Er ist nicht die Regel, aber es gibt ihn in Deutschland.
Ich sage hier für die Union ganz klar: Mit uns sind sittenwidrige Hungerlöhne nicht zu machen.
({25})
Einem Missbrauch dürfen wir nicht tatenlos zusehen.
Wir setzen uns für eine Kodifizierung sittenwidriger
Löhne ein, weil die derzeitige Regelung nicht hilft.
({26})
Im Niedriglohnsektor haben wir natürlich ein Problem. Jemand, der auf dem ersten Arbeitsmarkt nur ein
geringes Einkommen erzielt, muss unterstützt werden.
Ein Mensch, der nicht angemessen leben kann, muss
Hilfe erhalten. Er muss von seinem Einkommen leben
können. Wer 30 oder 40 Stunden in der Woche arbeitet,
der sollte natürlich mehr in der Tasche haben als derjenige, der Hilfeleistungen empfängt. Um gerade diesen
Menschen helfen zu können, gibt es die Idee der Kombilöhne bzw. Lohnzuschüsse.
({27})
Natürlich wäre es das Beste, wenn der Lohn bzw. das
Gehalt für den Lebensunterhalt ausreichten. Wenn der
Markt dafür aber nicht gegeben ist, sind Zuschüsse des
Staates allemal klüger als der komplette Wegfall von Arbeitsplätzen.
({28})
Ein Wegfall von Arbeitsplätzen droht in bestimmten
Branchen, in denen zum Beispiel durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU Druck durch ausländische
Billigkonkurrenz entstehen kann. Deshalb müssen wir
über eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sprechen, das Sie damals übrigens mit aus der
Taufe gehoben haben, Herr Dr. Kolb.
({29})
Beim Bau oder bei den Gebäudereinigern stellt das ein
probates Mittel dar, vor allem als Außenschutz. Der Arbeitsminister prüft zurzeit,
({30})
welche Branchen die Voraussetzungen dafür erfüllen.
Frau Kollegin Connemann, Sie müssen zum Ende
kommen.
({0})
Gut. - Diese Voraussetzungen sind im Koalitionsvertrag genannt.
Auf der Grundlage dieser Maßnahme werden wir ein
Paket schnüren, mit dem beiden Gruppen geholfen wird:
den Arbeitslosen ebenso wie den betroffenen Menschen
im Niedriglohnsektor; denn dauerhaft werden wir nicht
an unseren Worten, sondern an unseren Taten gemessen.
Vielen Dank.
({0})
Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Gregor Gysi,
Fraktion Die Linke.
({0})
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Frau Connemann, eine arrogante Rede hilft den
Betroffenen keinen einzigen Schritt weiter. Nichts anderes haben Sie hier geboten.
({0})
Ich sage als Erstes etwas zum Vorwurf gegenüber unserer Fraktion: Natürlich haben wir für unsere Fraktionsmitarbeiter einen Betriebsrat. Es gibt keine Entlassungen, und es wird auch ein ordentlicher Lohn gezahlt. Sie
müssen verstehen: Das, was der „Spiegel“ aufgreift, der
schon immer an Ihrer Seite schrieb, was ja nichts Neues
ist
({1})
- ich wusste doch, dass ich Sie erheitern kann -,
({2})
bezieht sich auf persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten. Sie als Fraktion haben darauf genauso wenig Einfluss wie wir.
Zweiter Punkt. Kollege Brandner, was Sie hier zu Beginn Ihrer Rede geliefert haben, war ein starkes Stück.
Sie hoben auf das Abschreiben in der Schule ab. Der Unterschied zur Schule besteht darin, dass wir von Anfang
an erklärt haben, dass das Ihr Text ist. Das geschah mit
Absicht.
({3})
Außerdem sprachen Sie hier von Mätzchen. Sie machen Mätzchen. Sie wollen eine bundesweite Unterschriftenaktion für gesetzliche Mindestlöhne durchführen und erklären im Bundestag, Sie würden ihnen nicht
zustimmen. Das sind Mätzchen.
({4})
Herr Kollege Gysi, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Friedrich?
Nein, die erlaube ich nicht.
Sie haben auch gesagt, dass Sie wegen unserer Mails
Papier einsparen wollen. Wissen Sie, was die Wahrheit
ist? Ihre Mitglieder sind gar nicht mehr bereit, die Unterschriftenaktion durchzuführen. Dadurch haben wir viel
Papier eingespart und Bäume gerettet.
({0})
Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zum Vorwurf der
Politshow.
({1})
Das Gegenteil ist richtig. Warum stimmen Sie nicht zu?
Sie stimmen aus einem Grund nicht zu, nämlich weil Ihr
Koalitionspartner, die Union, das nicht will. Sie haben
das aber nie gesagt. Sie haben in der ersten Lesung gesagt, Sie hätten noch Beratungsbedarf, Sie müssten noch
über Ihren eigenen Text nachdenken.
({2})
Sie haben in den Ausschüssen gesagt, Sie wollten eine
Verschiebung, um weiter darüber nachzudenken. Warum
haben Sie nicht gleich gesagt, dass Sie das nicht dürfen,
weil die Union Ihnen das verbietet?
({3})
Die Koalitionsdisziplin ist Ihnen wichtiger als die Erreichung eines so wichtigen Zieles. Das darf man der Öffentlichkeit doch mitteilen.
({4})
Ein Satz zur FDP: Ich weiß, dass Sie strikt gegen
Mindestlöhne sind. Sie müssen nur erklären, warum Sie
bei Ärztinnen und Ärzten und bei Rechtsanwälten immer
dafür sind, nur bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht.
({5})
Zur Union: Sie sind für Kombilöhne. Das heißt, Sie
sind für Staatsinterventionismus; der Staat soll die
Teillöhne bezahlen.
({6})
Sonst plädieren Sie immer für die Freiheit der Wirtschaft. Bei den Löhnen sehen Sie das aber genau umgekehrt.
({7})
Dann argumentieren Sie mit der Schwarzarbeit. Frau
Connemann, ich bitte Sie. Haben Sie je gefordert, die
Warenhäuser zu schließen, weil zu viel geklaut wird?
Seit wann lassen wir uns bei unseren Gesetzen von Kriminalität beeinflussen? Das ist doch keine Herangehensweise.
({8})
Ich sage Ihnen etwas zu den Folgen: Laut Statistischem Bundesamt verdienen in Deutschland 3,5 Millionen Vollbeschäftigte unter 900 Euro netto. Es geht um
diese 3,5 Millionen Menschen. Hinzu kommen diejenigen, die nur wenig mehr verdienen. Deshalb ist das keine
Politshow; das ist für diese eine ernst zu nehmende
Frage. Es gibt im Bundestag eine Mehrheit. Die ist Ihnen
nicht wichtig. Ihnen ist Ihre Koalitionsdisziplin gegenüber der Union wichtig.
({9})
Es geht aber um über 3,5 Millionen Menschen, die entweder in Würde oder nicht in Würde leben können. Darauf verzichten Sie heute.
({10})
Ich finde, das ist ein starkes Stück. Es ist völlig legitim,
dass wir das in der Gesellschaft politisch deutlich machen, und zwar auch zu diesem Zeitpunkt.
Danke schön.
({11})
Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem
Kollegen Peter Friedrich.
Herr Kollege Gysi, ich wollte Ihnen eigentlich eine
Zwischenfrage stellen. Aber vielleicht können wir das
auch auf diesem Wege klären.
Sie haben vorhin gesagt, selbstverständlich gäbe es
einen Betriebsrat für die Mitarbeiter Ihrer Fraktion. Das,
was bei den Abgeordneten passiere, sei Sache der Abgeordneten. Ich frage Sie: Wie stehen Sie dazu, dass der
Parteitag der WASG in Rheinland-Pfalz abgebrochen
werden musste, weil die Delegierten aus Protest gegen
das Arbeitgeberverhalten Ihres Fraktionskollegen Ulrich
aus dem Saal gegangen sind?
({0})
Herr Kollege Gysi.
Ich finde innerparteiliche demokratische Auseinandersetzungen immer spitze.
({0})
Ich finde es auch spitze, wenn man sich mit einzelnen
Abgeordneten auseinandersetzt.
Ich glaube, Sie hatten auch Schwierigkeiten mit einem Abgeordneten, der sein Mandat niedergelegt hat.
Man kann über die Dinge sehr unterschiedlich diskutieren. Ich lasse aber nicht zu, dass Sie der Fraktion Vorwürfe machen, die nicht angebracht sind und bei denen
es - wenn überhaupt - um das Verhalten einzelner Abgeordneter geht. Eines sage ich Ihnen allen: Wenn Sie einen persönlichen Mitarbeiter haben, mit dem Sie nicht
zurechtkommen, dann sind Sie alle dafür, das Verhältnis
aufzulösen. Das sollten Sie dann aber nicht anderen Abgeordneten vorwerfen.
({1})
Nachdem der Herr Kollege Ulrich persönlich angegriffen worden ist, gebe ich ihm das Wort zu einer persönlichen Erklärung.
Lieber Kollege von der SPD, Grundvoraussetzung für
eine politische Debatte ist, dass man sich schlaumacht
und weiß, worüber man redet, dass man sich informiert
und versucht, nachzuvollziehen, was passiert ist.
In Rheinland-Pfalz ist das, was Sie hier schildern,
nicht vorgefallen. Auf diesem Parteitag habe ich ganz
offensiv und auf meine Art und Weise dargelegt, warum
ich wie gehandelt habe. Es gab keine einzige negative
Anmerkung. Der Parteitag konnte nachvollziehen, dass
diese Entscheidung in meinem Abgeordnetenbüro notwendig war. Deshalb reden Sie bitte keinen Unsinn, und
versuchen Sie nicht, den Sachverhalt falsch darzustellen!
Der Parteitag hat für mein Handeln vollstes Verständnis
gehabt.
Vielen Dank.
({0})
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen.
({0})
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem
Hintergrund dessen, was über die Arbeitsbedingungen
bei Abgeordneten der Linksfraktion geschildert wurde,
kann man die Arbeitsuchenden nur auffordern, sich dort
besser nicht zu bewerben.
({0})
Sie wetteifern in diesem Parlament immer wieder um
die roteste Fahne in diesem Land. Das könnte mir egal
sein. Ich finde es aber schade, Herr Gysi, dass Sie damit,
ohne es zu merken, den Schwarzen in die Hände spielen.
({1})
Ihnen ist vor allem eines wichtig, nämlich die SPD vorzuführen. Den Zoff mit der SPD setzen Sie Sitzung für
Sitzung fort. Die lachenden Dritten sind diejenigen in
der CDU/CSU-Fraktion, die sich in Sachen Mindestlohn
keinen Millimeter weit bewegen wollen.
({2})
Damit schaffen Sie eine Situation, die die Wirklichkeit
in diesem Parlament nicht wiedergibt. Es gibt in diesem
Parlament eine Mehrheit für den Mindestlohn. Aber mit
Ihrer Inszenierung verdecken Sie dies. Sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was Sie vorgeben, erreichen
zu wollen.
({3})
Herr Gysi, ich wünschte, Sie würden zur Kenntnis
nehmen, dass es hier nicht um das Wohlbefinden der
Linksfraktion geht.
({4})
Es geht aber auch nicht um das Haltbarkeitsdatum der
Großen Koalition, Herr Brandner und Frau Connemann.
Auch Sie funktionalisieren den Mindestlohn und die Betroffenen, wenn Sie das Thema zur Schicksalsfrage erklären.
({5})
Es geht um fast 4 Millionen Menschen, die zu wenig
verdienen, um davon vernünftig leben zu können. Für
dieses Problem brauchen wir eine Lösung. Diese Lösung
gibt es auch, wenn Sie endlich von den Grabenkämpfen
und dem Lagerdenken zu einer sachgerechten Debatte
zurückkehren würden.
({6})
Alle im Bundestag vertretenen Parteien außer der
FDP - die lassen wir aber leichten Herzens beiseite - sehen Handlungsbedarf.
({7})
Die CDU will doch die Ausweitung des ArbeitnehmerEntsendegesetzes, Frau Connemann.
({8})
Auch die SPD will die Ausweitung dieses Gesetzes.
Wir haben Ihnen mit unserem Antrag einen Vorschlag
vorgelegt, der keine Maximalforderungen enthält. Wir
haben Ihnen einen Vorschlag vorgelegt, zu dem beide
großen Fraktionen Ja sagen können, weil er Regelungen
gegen Arbeitsplatzvernichtung und Schwarzarbeit
enthält. Ich fordere Sie auf - in diesem Punkt gebe ich
Herrn Gysi recht -: Geben Sie den Fraktionszwang an
dieser Stelle auf! Lassen Sie die Abgeordneten in dieser
sehr wichtigen moralischen Frage nach ihrer persönlichen Auffassung und ihren politischen Wertvorstellungen abstimmen!
({9})
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSUund der SPD-Fraktion, nehmen Sie sich selber ernst und
delegieren Sie diese Entscheidung nicht an den Koalitionsausschuss! Sie sind gewählt worden, um Entscheidungen zu treffen. Heute steht eine Entscheidung an. Wir
haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, den Sie eigentlich
nicht ablehnen können. Es gibt eine Chance für den Sieg
der Vernunft. Lassen Sie uns den Menschen zeigen, dass
Politik nicht nur taktischen Erwägungen folgt, sondern
manchmal auch in der Lage ist, Probleme zu lösen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion,
({10})
noch ein Wort: Auf dem CDU-Parteitag in RheinlandPfalz Mitte Mai stand der Mindestlohn auf der Tagesordnung. Ihr langjähriger CDA-Vorsitzender Josef Zolk hat
dort laut „Welt“ gesagt: „Hätten wir an dem Tag darüber
abgestimmt, hätten wir für den Mindestlohn votiert.“ Sie
haben im Mai die Chance verpasst. Nutzen Sie heute die
Gelegenheit, das zu korrigieren!
Ich danke Ihnen.
({11})
Ich schließe die Aussprache.1)
1) Anlagen 9 bis 11
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf
Drucksache 16/5585. Unter Nr. 1 seiner Beschlussemp-
fehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des An-
trags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4845
mit dem Titel „Deutschland braucht Mindestlöhne“. Die
Fraktion Die Linke verlangt namentliche Abstimmung.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an
den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Ab-
stimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung
wird Ihnen später bekannt gegeben.2)
Wir setzen die Abstimmungen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales fort. Der
Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5585 die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/4864 mit
dem Titel „Vorschläge des Sachverständigenrates aufgreifen - Tarifrecht flexibilisieren, auf Mindestlöhne
verzichten, Bürgergeld einführen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Die
Linke und CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP angenommen.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5585 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen auf Drucksache 16/5102 mit dem Titel
„Schnell handeln für eine umfassende Mindestlohnregelung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU
und FDP bei Gegenstimmen der Grünen und Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Thea
Dückert, Jerzy Montag, Fritz Kuhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Keine Toleranz gegenüber Korruption
- Drucksache 16/4459 Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ({0})
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten
erhalten soll. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.
2) Ergebnis Seite 10630 C
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Dr. Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In einem sind wir uns sicherlich einig: Korruption und
Vetternwirtschaft sind Gift für die Wirtschaft und - ohne
Frage - auch für die Demokratie. Das Bundeskriminalamt hat festgestellt, dass die Schäden, die dadurch ausgelöst werden, in Milliardenhöhe liegen. Ich glaube, es
ist höchste Zeit, dass überall ankommt: Das, was wir früher gedacht haben, nämlich dass der Sumpf anderswo
ist, zum Beispiel in Sizilien, oder dass es ihn nur im
Krimi gibt, gilt nicht mehr. Der Sumpf von Korruption,
Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft ist längst bei uns
zu finden.
Es gibt eine aktuelle Diskussion beispielsweise über
die Vorkommnisse in Sachsen. Ohne irgendwelche Vorverurteilungen treffen zu wollen, glaube ich, dass an dieser Stelle eines deutlich gesagt werden muss: Wer Korruption verhindern will, muss sicherstellen, dass alles
getan wird, was mit Transparenz und Aufklärung und
mit Verfolgung der Korruption zu tun hat.
({0})
Solange die Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel
anhand der Diskussion über die Vorkommnisse in Sachsen, den Eindruck gewinnen, dass in der Politik eher darüber diskutiert wird, ob beispielsweise ein Ladendieb
genetisch erfasst werden soll, als darüber, was gegen
Korruption getan werden soll, die zu Milliardenverlusten
und zu einer Schädigung der Demokratie führt, so
lange tut hier Handeln not und müssen geeignete Instrumente benannt werden. Deswegen haben wir unseren
Antrag zu diesem Zeitpunkt vorgelegt.
({1})
Handeln tut auch deshalb not, weil das Verbot, das
seit 1999 für deutsche Betriebe, die im Ausland tätig
sind, besteht, offenbar noch nicht durchschlägt. Ich verweise auf das Beispiel Siemens, an dem übrigens in erschreckendem Maße deutlich wird, dass es nicht nur um
Einzelfälle, sondern letzten Endes um ein systematisches
Vergehen geht. Transparency International hält 57 deutschen Unternehmen vor, in Korruptionsfälle im Zusammenhang mit Öl für Lebensmittel im Irak verwickelt zu
sein. Auch diesen Vorwürfen muss nachgegangen werden. Es werden da sehr große, bekannte Firmen genannt,
unter anderem Linde, Daimler-Chrysler, Babcock
Borsig. Diesen Dingen muss nachgegangen werden. Das
Verbot reicht offenbar nicht aus. Deswegen brauchen wir
in Deutschland ein bundesweites Korruptionsregister,
um das, was hier verbal verkündet wird, auch durchsetzen zu können.
Aktuell wird - Sie wissen das; das läuft gerade über
den Ticker - wieder eine Diskussion um VW geführt,
insbesondere um den Kollegen Uhl, der bis vor kurzem
noch Mitglied dieses Hauses war, im Zusammenhang
mit Leugnen, mit Lügen, mit diversen Vorfällen. Ich
glaube, es ist wichtig, dass wir mit den Gewerkschaften
und den Unternehmen einen breiten Dialog über Maßnahmen gegen Korruption führen. Wir müssen alles dafür tun, damit das, was früher unter dem Deckmantel des
Kavaliersdelikts verdeckt worden ist, an die Öffentlichkeit kommt, damit ein solches Verhalten zukünftig verhindert wird.
Es muss in den Betrieben geächtet werden. Ich
glaube, dass wir das zu einem Thema von Corporate Governance in den Betrieben machen müssen.
({2})
Wir brauchen Schutz für diejenigen, die Korruption in
den Betrieben aufdecken, die sogenannten Whistleblowers. Da gibt es heute Mobbing statt Hilfe. Sie leisten
aber große Hilfe, um hier voranzukommen.
({3})
Wir müssen mehr Kontrolle in die Unternehmen bringen. Wir müssen deswegen zukünftig auch durch Gesetz
verhindern, dass Vorstandsvorsitzende einfach an die
Spitze von Aufsichtsräten wechseln können. Wir als
Grüne halten es auch für notwendig, dass es nicht mehr
als fünf Aufsichtsratsmandate pro Person geben darf.
({4})
- Natürlich hat das etwas mit Korruption zu tun, weil es
darum geht, die Aufsichtsräte in die Situation zu versetzen, ernsthaft bei den Unternehmen, in denen sie Aufsicht führen sollen, hinzuschauen. Sie sollen nicht durch
Arbeit in einer Vielzahl von Unternehmen dieser Welt
überlastet werden.
({5})
Ich sage Ihnen an dieser Stelle übrigens noch etwas
Interessantes: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass
Wirtschaftskriminelle in der Regel männlich und im
Alter zwischen 31 und 50 Jahren sind.
({6})
Ich sage das vor dem Hintergrund der Fälle, die wir aktuell diskutieren, zum Beispiel den Fall bei VW.
({7})
Es würde der Unternehmenskultur nicht schaden, sondern ihr nützen, wenn mehr Frauen in die Aufsichtsräte
kämen.
({8})
Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Zeit, bitte.
Ich komme zum Schluss. Wir werden noch viele Debatten haben. Eines muss doch klar sein: Wir brauchen
eine effektive Verfolgung der Korruption. Wir sind der
Ansicht, dass wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften
brauchen, um den Tiger mit Zähnen auszustatten. Wir
freuen uns auf die Beratungen mit Ihnen. Eigentlich können Sie unsere Vorschläge nicht ablehnen. Wir werden
gerne mit Ihnen diskutieren.
({0})
Ich komme zum Tagesordnungspunkt 15 zurück und
gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/5585 zu dem Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4845 mit
dem Titel „Deutschland braucht Mindestlöhne“ bekannt.
Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es
eine große Anzahl von persönlichen Erklärungen nach
§ 31 unserer Geschäftsordnung gibt. Abgegebene Stimmen 532. Mit Ja haben 431 gestimmt, mit Nein haben
100 gestimmt, Enthaltungen eine. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 532;
davon
ja: 431
nein: 100
enthalten: 1
Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck
({0})
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen
({1})
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer ({2})
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer ({3})
Dirk Fischer ({4})
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung ({5})
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Siegfried Kauder ({6})
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler ({7})
Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Dr. Rolf Koschorrek
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Johann-Henrich
Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers
({8})
Andreas G. Lämmel
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer ({9})
Wolfgang Meckelburg
Laurenz Meyer ({10})
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Carsten Müller
({11})
Stefan Müller ({12})
Bernward Müller ({13})
Bernd Neumann ({14})
Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Eckhardt Rehberg
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Johannes Röring
Kurt J. Rossmanith
Dr. Christian Ruck
Albert Rupprecht ({15})
Peter Rzepka
Anita Schäfer ({16})
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt ({17})
Andreas Schmidt ({18})
Ingo Schmitt ({19})
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl ({20})
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Hans Peter Thul
Antje Tillmann
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß ({21})
Gerald Weiß ({22})
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Willy Wimmer ({23})
Elisabeth WinkelmeierBecker
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
SPD
Dr. Lale Akgün
Gregor Amann
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Ernst Bahr ({24})
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Dirk Becker
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Lothar Binding ({25})
Volker Blumentritt
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Dr. Gerhard Botz
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
({26})
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Renate Gradistanac
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann
({27})
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Petra Heß
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz ({28})
Gerd Höfer
Iris Hoffmann ({29})
Frank Hofmann ({30})
Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Johannes Jung ({31})
Josip Juratovic
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Christian Kleiminger
Astrid Klug
Walter Kolbow
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Jürgen Kucharczyk
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange ({32})
Waltraud Lehn
Helga Lopez
Gabriele Lösekrug-Möller
Dirk Manzewski
Lothar Mark
Caren Marks
Katja Mast
Markus Meckel
Petra Merkel ({33})
Dr. Matthias Miersch
Ursula Mogg
Marko Mühlstein
Michael Müller ({34})
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Christoph Pries
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Maik Reichel
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel RiemannHanewinckel
Walter Riester
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth ({35})
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
({36})
Anton Schaaf
Axel Schäfer ({37})
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Marianne Schieder
Otto Schily
Dr. Frank Schmidt
Ulla Schmidt ({38})
Silvia Schmidt ({39})
Renate Schmidt ({40})
Heinz Schmitt ({41})
Carsten Schneider ({42})
Olaf Scholz
Reinhard Schultz
({43})
Swen Schulz ({44})
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen
({45})
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Engelbert Wistuba
Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
FDP
Jens Ackermann
Daniel Bahr ({46})
Angelika Brunkhorst
Mechthild Dyckmans
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich ({47})
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Harald Leibrecht
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Burkhardt Müller-Sönksen
Hans-Joachim Otto
({48})
Detlef Parr
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Konrad Schily
Marina Schuster
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff ({49})
Nein
SPD
Wolfgang Gunkel
Detlef Müller ({50})
Ottmar Schreiner
Dr. Marlies Volkmer
DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Diana Golze
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kersten Naumann
Dr. Norman Paech
Elke Reinke
Paul Schäfer ({51})
Volker Schneider
({52})
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck ({53})
Volker Beck ({54})
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Kai Gehring
Anja Hajduk
Britta Haßelmann
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz ({55})
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Markus Kurth
Undine Kurth ({56})
Monika Lazar
Anna Lührmann
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller ({57})
Winfried Nachtwei
Brigitte Pothmer
Claudia Roth ({58})
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Dr. Gerhard Schick
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Wolfgang Wieland
fraktionslos
Gert Winkelmeier
Enthaltung
SPD
Ernst Kranz
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Fuchs,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „Keine Toleranz gegenüber Korruption“, so lautet der Titel Ihres
Antrags, Frau Kollegin Dückert. Dem kann ich im Prinzip absolut zustimmen.
({0})
Aber zu dem, was Sie hier gesagt haben, fällt mir eine
ganze Menge ein. Jetzt uns Männer unter Generalverdacht zu stellen
({1})
und zu behaupten, dass wir grundsätzlich diejenigen
seien, die Korruption wollten, schreit nach dem Antidiskriminierungsgesetz.
({2})
Ich bin der Meinung, dass wir überprüfen müssen, ob
solche Äußerungen in diesem Hohen Hause korrekt sind.
Sie als Befürworterin des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes sollten als Allererste wissen, dass so etwas
nicht funktioniert. Das lassen wir uns nicht gefallen.
({3})
Lassen Sie mich etwas genauer auf das von Ihnen eingebrachte Vorhaben eingehen. Gestern hatten wir eine
Debatte zum Zweiten Mittelstands-Entlastungsgesetz.
Ihre Kollegin Andreae hat gesagt, wir täten in Sachen
Bürokratieabbau zu wenig. Ich erinnere mich an Worte
von Ihnen im Ausschuss, die genauso geklungen haben.
Wir haben es durchgesetzt, das Gesetz ist gekommen,
und wir haben eine Reihe von Statistiken, Informationspflichten etc. abgeschafft. Wir werden dadurch Einsparungen bei den Unternehmen und auch bei den Verwaltungen erzielen.
({4})
Nun geht es von Ihrer Seite aus wieder vollkommen in
die andere Richtung. Wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen würden, würden wir schlicht und
ergreifend wieder jede Menge zusätzliche Bürokratie
aufbauen.
Sie fordern in Ihrem Antrag, dass in den Unternehmen unabhängige Ombudsstellen eingerichtet werden.
Ich kann Ihnen sagen: Es gibt schon viel zu viele Beauftragte in den Unternehmen. Die Unternehmen sollen etwas unternehmen und sich nicht die ganze Zeit mit irgendwelchen Beauftragten beschäftigen.
({5})
Wir sollten den Unternehmen endlich wieder die Möglichkeit geben, frei zu arbeiten, und wir sollten ihnen
nicht die Pflicht auferlegen, zusätzliche Stellen zur Korruptionsbekämpfung einzurichten.
Es wird noch besser: Es soll eine Verwaltung aufgebaut werden, die dafür verantwortlich ist, ein Korruptionsregister zu erstellen. Das wäre sozusagen ein Korruptionspranger in Deutschland. Den hätten wir dann
auch noch. Mehrkosten sollen damit nicht verbunden
sein. Sie sind es, die ständig auf zu hohe Kosten verweisen, und nun fordern Sie, neue Behörden zu schaffen.
Wie Sie wissen, belegt die deutsche Wirtschaft im Transparency-Index einen der vorderen Ränge. Uns kann
nicht nachgewiesen werden, dass Deutschland auf diesem Sektor besonders auffällig ist. Daher brauchen wir
so ein Register mit Sicherheit nicht und zusätzliche Bürokratie schon gar nicht.
Einen weiteren Ihrer Punkte kann ich überhaupt nicht
nachvollziehen: Was hat die Tätigkeit im Aufsichtsrat
mit Korruption zu tun? Gelinde gesagt, empfinde ich es
als eine Unverschämtheit, die Mitglieder von Aufsichtsräten unter den Generalverdacht der Korruption zu stellen, Frau Dückert.
({6})
Ich muss Ihnen sagen: Das lasse ich nicht auf den Aufsichtsratsmitgliedern sitzen. Sie tun in dieser Diskussion
so, als ob jemand, der in mehr als fünf Aufsichtsräten
sitzt, automatisch der Korruption nahe wäre.
({7})
Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Bis jetzt
kann ein Deutscher zehn Aufsichtsratsmandate haben.
Wenn er Vorsitzender eines Aufsichtsrates ist, wird eines
abgezogen, und es sind nur neun, etc. Aufsichtsratsmandate in dieser Anzahl kann man durchaus erfüllen. Ich
glaube, ich weiß, wovon ich rede.
Außerdem sind Sie für ein Verbot des Wechsels in
den Aufsichtsrat. Ein solches Verbot ist ziemlicher Unfug. Es kann nicht so sein, dass auf der Arbeitnehmerbank jede Menge Vertreter sitzen, die aus dem Unternehmen kommen und das entsprechende Wissen haben,
während auf der Arbeitgeberbank keiner die Struktur des
Unternehmens kennt. Ich halte Ihre Forderung für absolut falsch. Würde man ihr folgen, führte das nicht zu einer Gleichgewichtung in den mitbestimmten Aufsichtsräten der großen Unternehmen. Ich wiederhole: Ich halte
das für falsch.
Man kann mit mir darüber diskutieren - ich lehne
nicht unbedingt alles ab, was Sie sagen -, ob es richtig
ist, dass der Aufsichtsratsvorsitzende vorher Vorstandsvorsitzender gewesen sein kann. Aber es kann nicht richtig sein, dass die Expertise der Arbeitgeberseite nicht
mehr im Aufsichtsrat eines großen Unternehmens vertreten sein darf. Ich wiederhole noch einmal: Das halte ich
für falsch. Sie müssen darüber noch einmal nachdenken.
({8})
Wie gesagt, die Umsetzung Ihrer Forderung würde zu einer Ungleichgewichtigkeit führen. Es wäre beispielsweise nicht richtig, dass im Aufsichtsrat von Bayer ein
Vertreter von BASF sitzt. Das würde Geheimnisverrat
und anderem Tür und Tor öffnen. Das sollte nicht passieren. Denken Sie darüber also noch einmal nach. Ich
glaube, Sie haben sich damit nicht intensiv genug beschäftigt.
({9})
- Über den Aufsichtsratsvorsitz können Sie mit mir diskutieren. Der Aufsichtsratsvorsitzende spielt durchaus
eine Doppelrolle, und seine Stimme kann bei der Mehrheitsfindung ausschlaggebend sein.
Auf der Arbeitgeberbank muss die Expertise des Unternehmens genauso vertreten sein, wie es auf der Arbeitnehmerbank der Fall ist. Darüber sollten wir uns im
Klaren sein. Anders als Sie es in Ihrem Antrag schreiben, hat das mit Filz und Korruption im Übrigen wirklich nichts zu tun.
Selbstverständlich sind wir gegen Korruption. Das
brauche ich nicht zu betonen. Die Bundesregierung hat
am 30. Mai beschlossen, das Korruptionsstrafrecht zu
erweitern; sie wird dazu eine Gesetzesinitiative ergreifen. Das muss auch so sein. Wir wollen selbstverständlich, dass Korruption bekämpft wird, und zwar auf
nationaler und auf europäischer Ebene. Diese Bundesregierung ist aktiv und viel schneller, als es die Grünen
üblicherweise sind. Die Grünen hätten in den sieben Jahren, in denen sie an der Regierung waren, selbst entsprechend vorgehen können. Auf diese Idee sind sie aber
nicht gekommen.
Ich wehre mich dagegen, Unternehmen und Unternehmer unter Generalverdacht zu stellen. Es steht völlig
außer Zweifel, dass wir für Nulltoleranz gegenüber Korruption sind. Unternehmer sind allerdings nicht aus sich
heraus schlechte Menschen,
({10})
und sie erliegen nicht automatisch der Korruptionsgefahr.
Vielen Dank.
({11})
Ich gebe das Wort dem Kollegen Martin Zeil, FDPFraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir alle unterstützen den Kampf gegen jedwede Korruption; denn allen ist klar: Fairer Wettbewerb kann sonst
nicht funktionieren. So hat die FDP bereits 1997 mit dem
Gesetz zur Bekämpfung der Korruption die Weichen für
wirksame Maßnahmen gegen Korruption gestellt. Dieses
Gesetz trägt die Handschrift der liberalen Justizminister
Leutheusser-Schnarrenberger und Schmidt-Jortzig.
In dem heute vorliegenden Antrag fordert die Fraktion der Grünen weitergehende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung. Aus unserer Sicht werden dabei einige Punkte verkannt und manche falsch eingeordnet.
Wir wehren uns auch dagegen - Herr Kollege Fuchs hat
es schon angesprochen -, hier mit Generalverdächtigungen zu arbeiten, wo doch gerade die Grünen in anderen
Bereichen in Bezug darauf zu Recht sehr sensibel sind.
({0})
Es gibt, Frau Kollegin Dückert, die geforderten
Schwerpunktstaatsanwaltschaften bereits in sieben
Bundesländern, und die Länder haben auch schon mit
der Einrichtung zentraler Ermittlungsstellen begonnen.
Der Aufbau eines neuen Korruptionsregisters, das
hier gefordert wird, muss genau auf seine Tauglichkeit
überprüft werden. Eine solche Einrichtung darf sich
nicht dahin entwickeln - Herr Kollege Fuchs, Sie haben
das Wort auch schon erwähnt -, dass Unternehmen sozusagen auf Verdacht an den Pranger gestellt werden.
Schäden, die durch vorschnelle Verdächtigung entstehen
können, müssen gerade im Interesse derer, die ehrlich
am Wettbewerb teilnehmen, vermieden werden. Abgesehen davon glauben wir nicht, dass wir mit mehr Bürokratie hier unbedingt viel Gutes erreichen können.
Was zum Beispiel den Wechsel von Vorständen in
den Aufsichtsrat angeht, so darf man hier keineswegs
einen falschen Zusammenhang herstellen oder gar unterstellen, wie das in dem Antrag geschieht, dass solche
Wechsel generell die Korruption fördern. Es ist auch
nicht richtig, dass Aufsichtsräte von außerhalb stets die
besseren Kontrolleure sind, weil Detailkenntnisse der
Branche und der Strukturen des kontrollierten Unternehmens bei der Bekämpfung von Korruption gerade von
großem Vorteil sein können. Es ist nach unserer Auffassung ausschließlich Sache der Eigentümer des Unternehmens, verantwortungsbewusst zu entscheiden, wer das
Unternehmen kontrollieren soll.
Wenn immer wieder die aktuellen Vorgänge in bestimmten Firmen herangezogen werden, wie es heute
von den Grünen wieder geschehen ist, möchte ich einmal deutlich sagen: Diese Vorgänge werden mit den Mitteln des Rechtsstaats bekämpft und aufgearbeitet.
({1})
Ich glaube nicht, dass wir hier vorschnell nach neuen
Maßnahmen rufen sollten.
Die größten Probleme mit der Korruption haben wir
aber nicht im Geltungsbereich der Gesetze, für die wir
verantwortlich sind. Die Staaten mit der größten Verbreitung von Korruption sind vielmehr auf der ganzen Welt
verstreut. Wir wollen und sollten aktiv daran mitwirken,
Korruption überall einzudämmen. Mit deutschen Gesetzen werden wir zum Beispiel in Kulturkreisen, wo Vorteilsgewährungen zum Abschluss von größeren Geschäften zum Teil sogar erwartet werden, sicherlich nicht
weiterkommen. Das anzuerkennen, gehört zur Ehrlichkeit. Hier sind internationale Maßnahmen gefordert.
Die bestehenden einseitigen Verbote für Unternehmer
aus nur einem Teil der Wirtschaft reichen nicht aus.
Dennoch gilt: Wir können nicht korrupte Vergabepraktiken in anderen Teilen der Welt verurteilen, wenn
wir hierzulande keine klare Gesetzeslage haben. Deshalb
ist es gut, dass wir in Europa und auch in der Bundesrepublik seit Jahren mit gutem Beispiel vorangehen.
Problematisch bei der Gesetzgebung und in der Praxis
ist auch immer die Frage der Abgrenzung: Wo beginnt
eine strafbare Vorteilsannahme, und wo handelt es sich
noch um einen ganz normalen Vorgang? Ich darf als Beispiel nennen, dass sich ein Bürgermeister bereits in die
Gefahr strafrechtlicher Verfolgung begeben kann, wenn
er nur Spenden für seine Gemeinde einwirbt. Unsere
Fraktion hat zu diesem sensiblen Thema eine Anfrage an
die Bundesregierung gerichtet. Wir haben aber leider
keine befriedigende Antwort erhalten. Wir bitten die
Bundesregierung, gerade diesen Punkt bei ihrem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption zu bedenken. Warum die Grünen in ihrem Antrag zum Beispiel dieses Gesetz gar nicht erwähnen,
bleibt unklar.
Wir unterstützen den Kampf gegen Korruption. Wir
erkennen an, dass der Antrag der Grünen gut gemeint ist.
Aber „gut gemeint“ ist auch hier nicht „gut gemacht“.
Deswegen können wir uns Ihrem Antrag nicht anschließen.
({2})
Ich erteile das Wort dem Kollegen Christian Lange
von der SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Korruptionsfälle bei Siemens und VW machen uns in der Tat betroffen und zeitweilig sprachlos
angesichts von so viel Dreistigkeit. Es bedeutet nicht nur
für die Unternehmen und die betroffenen unschuldigen
Belegschaften einen riesigen Verlust von Vertrauen in
die Unternehmensführung bzw. die jeweiligen Entscheidungsträger, sondern auch für die Anlegerinnen und Anleger und - nicht zu vergessen - die Kundinnen und
Kunden.
Die Börse reagiert sofort und bestraft auch diejenigen, die dieses Desaster nicht zu verantworten und nicht
verursacht haben. Konzerne bewegen sich außerdem
nicht allein auf dem Markt. Immer mitbetroffen sind
auch die kleineren und mittleren Unternehmen, die
Zuliefererbetriebe. Oftmals fürchten sie um ihre Existenz, wenn es um Korruption bei Großkonzernen als
Auftraggeber geht.
„Ehrliche Arbeit für ehrliches Geld“, so denken Gott
sei Dank die meisten, seien es die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in den Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung oder bei uns in der Politik. Nichtsdestotrotz gibt
es schwarze Schafe, denen das nicht reicht und die sich
auf dem Rücken anderer bereichern wollen. Es hinterlässt ein schlechtes Gefühl und einen schalen Geschmack, wenn es um die Glaubwürdigkeit jener Personen geht, denen wir unser Geld, unsere Arbeitskraft,
unser Markenvertrauen oder unsere Loyalität anvertrauen.
Uns allen ist deshalb daran gelegen, Korruption nicht
nur in unserem Land, sondern international zu bekämpfen. Transparency International, Frau Kollegin Dückert,
ermittelte in der Tat, dass weltweit durch Korruption ein
jährlicher Schaden von 400 Milliarden US-Dollar entsteht. Das sind gewaltige Summen, die den eigentlichen
Entwicklungsmöglichkeiten der Länder - da haben Sie
Christian Lange ({0})
recht, Herr Kollege Zeil - verlorengehen. Es verschwinden in großem Umfang über dunkle Kanäle öffentliche
Gelder, die dringend für Bildung, Gesundheitswesen und
Armutsbekämpfung benötigt werden. Öffentliche Mittel,
die sich aus Steuerleistungen der Bürger speisen, werden
höchst undemokratisch und ohne jegliche Mitbestimmung im Sinne einiger weniger Vorteilsnehmer missbraucht.
Deutschland zählt übrigens nach Angabe von Transparency International weltweit zu den 20 Ländern mit
der geringsten Korruption. Dies geht aus dem Korruptionsindex 2006 hervor. Deutschland behauptet damit
seinen Platz im vorderen Feld. Das ist ein wichtiger
Punkt, wenn es um die Sicherung des Vertrauens in den
Wirtschaftsstandort Deutschland geht. Die Bewertung
der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich übrigens
im genannten Zeitraum deutlich verschlechtert, sicherlich auch im Zuge des Enron-Prozesses, bei dem der ExUnternehmenschef Jeff Skilling wegen Korruption zu
24 Jahren Haft verurteilt wurde.
Dennoch gibt es auch in Deutschland noch das eine
oder andere zu tun, und wir dürfen uns auf diesen „Erfolgen“ nicht ausruhen. Lassen Sie mich deshalb zum Antrag der Grünen einige Worte verlieren.
Ihre Forderung, liebe Kolleginnen und Kollegen von
den Grünen, nach einem Register für korrupte Unternehmen klingt gut. Das will ich ausdrücklich sagen;
denn Sie wissen, ich bin jemand, der bei Transparenz
und Korruptionsbekämpfung immer vorneweg geht. Allerdings ist es nicht ganz so einfach, wie Sie sich das
vorstellen. Das Grundproblem ist: In einem solchen Register werden keine juristischen Personen geführt werden können. Denn strafrechtlich können nur reale, natürliche Personen in Erscheinung treten. Sie werden
verurteilt, nicht juristische Personen. Deshalb müssen
wir, wenn wir ein solches Register fordern, schon ehrlich
miteinander umgehen. Die Managerinnen und Manager,
die natürlichen Personen, sind allenfalls diejenigen, die
in ein solches Register gehören, nicht aber, wie von Ihnen gefordert, die juristischen Personen. Diese machen
sich selbst nicht strafbar. Wenn wir ein solches Register
einführen würden, wie Sie es vorgeschlagen haben, wäre
das ein Problem, weil es sich nicht an den Maßstab des
Strafrechts hält. Deshalb bin ich da sehr zurückhaltend.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen zweiten
Punkt erwähnen: Wir haben uns in der vergangenen
Wahlperiode gemeinsam dem Gesetz zur Offenlegung
von Managergehältern gewidmet, einem Instrument
für mehr Transparenz, das seine segensreiche Wirkung
in der Öffentlichkeit seit kurzem zeigt. Aktionäre und
die interessierte Öffentlichkeit können endlich feststellen, ob die Vorstände eines Unternehmens ihrer Leistung
entsprechend entlohnt werden. Das ist das gute Recht
der Anteilseigner und hat deshalb etwas mit Anteilseignerschutz zu tun. Der Schutz der Aktionäre hat in diesem
Fall Vorrang vor der Geheimniskrämerei von Managern.
Denn es sind die Anteilseigner, denen das Unternehmen
gehört. Es ist auch ein Schutz vor Strippenzieherei im
Dunkeln durch Absprachen, von wem auch immer, bei
entsprechenden Hauptversammlungen.
Freiwillig sind viele Unternehmen dieser Selbstverpflichtung im Rahmen des Corporate-GovernanceKodex allerdings nicht gefolgt. Deshalb mussten die
Koalitionsfraktionen damals eingreifen. Seit dem Geschäftsbericht für das Jahr 2006 müssen börsennotierte
Aktiengesellschaften in Deutschland angeben, welches
Vorstandsmitglied wie viel bekommt. Dabei muss nicht
nur das Grundgehalt offengelegt werden; auch der erfolgsbezogene Anteil der Bezüge, zum Beispiel Aktienoptionen, und vertraglich zugesagte Abfindungen oder
Pensionen müssen ausgewiesen werden. Nur die Aktionäre selbst können die Vorstände mit einer Dreiviertelmehrheit für fünf Jahre von dieser Auskunftspflicht befreien.
Ihre Forderung Nummer zwei zum arbeitsrechtlichen
Schutz von Hinweisgebern halte ich zumindest für
schwierig. In der Atomwirtschaft - daher kommt das ja,
bezogen auf Atomwaffen ebenso wie auf Atomenergie sind die sogenannten Whistleblower durchaus notwendig; das will ich hier ausdrücklich sagen. Fehlverhalten
nicht nur aufgrund von Korruption kann dort schnell
schlimme und nicht rückholbare Auswirkungen haben,
die wir alle mit schweren gesundheitlichen Schäden oder
gar mit unserem Leben zu bezahlen haben. Whistleblower schlagen Alarm, wenn etablierte Kontrollinstanzen außer Kontrolle geraten und versagen. Dort brauchen wir Menschen, die Befehle hinterfragen und die
Loyalität gegenüber organisierten Kontrollinstanzen notfalls verweigern. Wir wollen aber eine transparente und
offene Unternehmenskultur mit leistungsbereiten und
leistungsgerecht bezahlten Mitarbeitern, wo Korruption
schon aufgrund dieser Rahmenbedingungen keine
Chance hat. Wir werden noch einmal darüber nachdenken; zumindest eine gewisse Zurückhaltung will ich hier
aber signalisieren.
Was die Forderung Nummer drei Ihres Kataloges
nach Gesprächen mit der Regierungskommission Deutscher Corporate-Governance-Kodex über die Aufnahme
von Korruption in den Kodex anbelangt, so möchte ich
dies ausdrücklich begrüßen. Ich halte das für einen guten
Gedanken. Wir müssen den Kampf gegen Korruption in
alle Ebenen hineintragen, sowohl was die Arbeitgeberseite als auch was die Arbeitnehmerseite, die Gewerkschaften, anbelangt. Besonders wenn es um die Führung
von Unternehmen und die Unternehmenskultur geht,
halte ich es für unabdingbar, das Bewusstsein für Korruption und Bestechung zu schärfen und dazu gezielte
unternehmensinterne Maßnahmen zu ergreifen.
Der vierte Vorschlag, den Sie gemacht haben, ist die
Beschränkung der Aufsichtsratsmandate. Da möchte
ich mich ausdrücklich den Ausführungen des Kollegen
Dr. Fuchs anschließen. Was das Thema der Anzahl der
Mandate anbelangt, so hat dies mit Korruption reichlich
wenig zu tun. Aber es hat natürlich etwas mit Seriosität
zu tun. Man fragt sich, wie manche Manager es schaffen,
ihre Tätigkeit in zehn oder noch mehr Aufsichtsräten zu
koordinieren.
({1})
- Bis zehn. - Das ist aber eine Frage der Seriosität und
nicht der Bekämpfung von Korruption.
Christian Lange ({2})
Für richtig halte ich - da möchte Ihren Vorschlag aufgreifen, Herr Dr. Fuchs -, dass wir uns noch einmal Gedanken darüber machen, was den Wechsel vom Vorstandsvorsitz hin zum Aufsichtsratsvorsitz anbelangt.
Ich könnte mir vorstellen, dass es da Handlungsbedarf
gibt.
Einen weiteren Punkt aus dem Katalog der Grünen
will ich aufgreifen, und zwar das Thema Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Ich glaube, das ist ein guter Weg,
aber ich sage ausdrücklich: Wir sind bereits auf diesem
Weg. Überall dort in Deutschland, wo sich Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Bezug auf Korruption etabliert
haben, wo Kommunen energisch an die Trockenlegung
des flächendeckend anzutreffenden Schmiergeldsumpfes
gingen, schnellten die Fallzahlen sprunghaft in die Höhe,
konnte man ganze Netzwerke von Firmen ausheben, die
sich öffentliche Aufträge gegenseitig zugeschoben haben. Nur zur Information: Nach meinen Recherchen gibt
es Schwerpunktstaatsanwaltschaften unter anderem in
Frankfurt am Main, München und Stuttgart.
Meine Damen und Herren, wir werden den Antrag der
Grünen heute in die Ausschüsse verweisen. Was meine
Fraktion anbelangt, verweisen wir ihn mit Sympathie.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
({3})
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
Dr. Barbara Höll, Fraktion Die Linke.
({0})
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Keine Toleranz gegenüber Korruption“, das unterschreibt sicher jeder und jede in diesem Hause. Man
könnte diese politische Lyrik allerdings auch klarer ausdrücken: Es geht hier um Gesetzestreue und um nichts
anderes.
Natürlich unterstützen auch wir die Intention des Antrages. Detailliert wird darüber in den Ausschüssen beraten werden. Aber ich möchte doch darauf hinweisen,
dass ich es schon erstaunlich finde, dass Sie in Ihrem
Antragstext sehr schnell von den deutschen Zuständen
weggehen und auf das Ausland ausweichen. Es gibt sicher beklagenswerte Zustände in anderen Ländern.
Diese Länder brauchen Hilfe und Unterstützung. Aber
jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, hier über die Binnenkorruption zu sprechen.
({0})
Es wird ausgeführt, dass Deutschland als Exportweltmeister auf einem zufriedenstellenden siebten Platz
liegt. Ich frage Sie aber: Warum ist der Exportweltmeister in diesem Punkt nicht auf Platz eins? Ich denke,
Selbstzufriedenheit ist schädlich. Wenn die größte Wirtschaftsmacht der EU nicht auf Platz eins, sondern nur
auf Platz sieben steht - diesen Platz nahm Deutschland
ein, noch bevor die Korruptionsskandale bei Siemens
und VW die Republik erschütterten -, dann sollte uns
das schon zu denken geben.
Die Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Tagen
Zeitungen wie die „Leipziger Volkszeitung“ oder die
„Berliner Zeitung“ aufgeschlagen haben, fragen sich,
was in diesem Lande los ist. Der Sachsenskandal um
Boomtown Leipzig - inzwischen kann man fast
Sumpftown sagen - ist Tag für Tag in den Printmedien.
Skandale, die scheinbar schon fast vergessen sind - ich
nenne beispielsweise das Paunsdorf-Center in Leipzig,
Sachsen LB, Schommer- und Heitmann-Affäre -, können wieder nachgelesen werden.
({1})
Es kursieren Gerüchte über die Größenordnungen der
Skandale. Aber niemand weiß richtig, was los ist.
Ich finde es besonders bedenklich, wenn in dieser Situation von Berlin aus nicht das eindeutige Signal ausgesendet wird, dass es notwendig ist, vorbehaltlos aufzuklären.
({2})
Es kann doch nicht angehen, dass die Menschen morgens in der Zeitung über einen neuen Skandal lesen und
mittags dann hören, dass alles nicht ganz so schlimm sei.
Eine Staatssekretärin äußert intern die Meinung, es
werde bei der Aufklärung eh nicht viel rauskommen.
Wenn gesagt wird, es sei für die Ermittlungsbehörden
schwierig, an die Unterlagen heranzukommen - es gibt
sie also -, dann muss ich fragen: Wo leben wir eigentlich? Das ist ein Punkt, der nicht nur Sachsen, sondern
ganz massiv uns alle betrifft.
Wenn Minister auf die Frage, ob sie in einer vorherigen Position gesetzestreu gehandelt haben, nicht sofort
eine klare Antwort geben, dann finde ich das schon bedenklich. Das führt dazu, dass Menschen das Gefühl haben, dass vielleicht noch ein bisschen aufgeklärt und ein
wenig moralische Entrüstung gezeigt wird, dass aber anschließend die Politik da oben zur Tagesordnung übergeht.
({3})
Menschen wollen Sicherheit. Sie verlangen einen unnachsichtigen Kampf gegen die Korruption. Sie wollen
integre Politikerinnen und Politiker, Behörden und Unternehmen. Wer Korruption bekämpfen will, braucht vor
allem Öffentlichkeit. Sie folgt dem Transparenzgebot
und bietet vor allem denjenigen den besten Schutz, die
sich unter persönlichem Risiko gegen Erscheinungen der
Korruption auflehnen, die ihnen bekannt geworden sind,
und die den Kontakt zu den Ermittlungsbehörden suchen.
Wir müssen gemeinsam nachdenken, intensiv an diesem Thema arbeiten und vieles, was in dem Antrag der
Grünen aufgeführt ist, positiv vorantreiben. Es darf nicht
auf die lange Bank geschoben werden. Die Politik in
Berlin muss sich fragen lassen, ob es angehen kann, dass
in einem Bundesland der Eindruck entsteht, man würde
fast in einem rechtsfreien Raum leben. Von hier aus
muss Druck ausgeübt werden. Ich glaube, hier sind wir
gemeinsam in der Pflicht.
Ich danke Ihnen.
({4})
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/4459 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 20. Juni 2007, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.