Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/14/2007

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle herzlich und wünsche uns einen guten Tag und gute Beratungen. Heute feiert der Kollege Hans-Ulrich Klose seinen 70. Geburtstag. ({0}) Zu diesem stolzen Jubiläum und den vielen eindrucksvollen Jahren, die ihm vorausgegangen sind, ließe sich manches sagen, was bei anderer Gelegenheit sicher vorgetragen wird. Ich begnüge mich im Augenblick damit, Ihnen die herzlichen Glückwünsche des ganzen Hauses zum Ausdruck zu bringen. ({1}) Ebenso herzlich gratuliere ich dem Kollegen Dr. Michael Bürsch, der am 3. Juni seinen 65. Geburtstag gefeiert hat. ({2}) Schließlich möchte ich Sie davon unterrichten, dass der Kollege Hans-Jürgen Uhl am 1. Juni auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet hat. Als Nachfolger begrüße ich den Kollegen Dieter Steinecke. ({3}) Wir treten nun in unsere Tagesordnung ein. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 e sowie den Zu- satzpunkt 3 auf: 13 a) Abgabe einer Erklärung durch die Bundeskanzlerin Vorschau auf den Europäischen Rat am 21./ 22. Juni 2007 b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Löning, Michael Link ({4}), Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Ein Europa der Erfolge - Mehr Demokratie in der EU wagen - Drucksache 16/5268 - Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder Steenblock, Volker Beck ({5}) und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union weiterentwickeln - Drucksache 16/5425 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({6}) Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die EU braucht einen neuen Grundlagenvertrag - Drucksache 16/5441 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({7}) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union ({8}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union - Drucksachen 16/3402, 16/5647 Berichterstattung: Abgeordnete Thomas Silberhorn Michael Roth ({9}) Markus Löning Dr. Diether Dehm Redetext Präsident Dr. Norbert Lammert ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD Die Verfasstheit der Europäischen Union zügig klären - Für ein klares und enges Mandat einer Regierungskonferenz - Drucksache 16/5601 Zu dieser Regierungserklärung liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung eineinviertel Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat nun die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel. ({10})

Dr. Angela Merkel (Kanzler:in)

Politiker ID: 11001478

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In gut zwei Wochen geht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu Ende. Vieles wurde in den zurückliegenden Monaten erreicht. Heute spricht kaum noch jemand von Stagnation oder Ratlosigkeit in Europa. Stattdessen sind eine neue Entschlossenheit und Geschlossenheit spürbar. „Europa gelingt gemeinsam“, dieses Motto unserer Präsidentschaft haben wir mit Leben erfüllt. ({0}) Die Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft in den unterschiedlichen Politikbereichen können sich wahrlich sehen lassen - ich kann hier nicht alles aufzählen; wir als Bundesregierung werden Ihnen das natürlich zur Kenntnis geben -: Geringere Gebühren beim grenzüberschreitenden Telefonieren mit Handys zum Beispiel, Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs in der EU, ein Luftfahrtabkommen mit den USA, größerer Verbraucherschutz für Kreditnehmer - das alles sind ganz praktische Fortschritte, die die Bürgerinnen und Bürger auch persönlich spüren werden. Sie wirken sich auf den Alltag der Bürger positiv aus. Der Prümer Vertrag wird in den Rechtsrahmen der Europäischen Union überführt. In diesem Vertrag haben sich 2005 Deutschland und weitere sechs Länder zusammengeschlossen, um Straftaten besser als bisher verhindern oder verfolgen zu können. Dies stärkt die Sicherheit aller Bürger in der EU. Außerdem können wir sagen: Das Schengen-Abkommen wird auf die mittel- und osteuropäischen Staaten ausgeweitet; die Agentur Frontex wird Migration illegaler Art besser bekämpfen können und vieles andere mehr. Die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union wurde gestärkt. Wir haben im März wichtige Ziele zum Bürokratieabbau beschlossen. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission kann der von uns beschlossene Bürokratieabbau einen mittelfristigen Wachstumsimpuls von 1,5 Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes auslösen. Das zeigt, wie wir konkrete europäische Entscheidungen zum Wohle und auch für den Wohlstand der Menschen in der Europäischen Union durchsetzen können. ({1}) Die Eurozone dehnt sich weiter aus. Zum Jahresbeginn hat Slowenien die gemeinsame Währung eingeführt. In der nächsten Woche werden die Staats- und Regierungschefs auch den Beitritt Zyperns und Maltas zur Eurozone beschließen. In der Energie- und Klimapolitik der Europäischen Union hat der Europäische Rat im März eine entscheidende Wende eingeleitet. Klimaschutz- und Energiepolitik werden erstmals in einer integrierten Politik zusammengefasst. Verminderung der Treibhausgase, Verringerung des Energieverbrauchs, Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und verbindliche Ziele für Biokraftstoffe sind die Ziele, die der Europäische Rat im März verabschiedet hat. Für mich steht außer Zweifel: Ohne dieses Ergebnis des März-Rates wären die Klimabeschlüsse des G-8Gipfels von Heiligendamm völlig undenkbar gewesen. ({2}) Sie waren die entscheidende Voraussetzung für das G-8Bekenntnis zum Klimaschutz. Dieses Bekenntnis der G 8, einschließlich der USA, die das Kiotoprotokoll nicht ratifiziert haben, ist in seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen. Denn die G 8 sind sich darin einig, dass wir eine Folgevereinbarung zum Kiotoprotokoll für die Zeit nach seinem Auslaufen 2012 brauchen, und zwar nicht irgendwo, sondern einzig und allein unter dem Dach der Vereinten Nationen, ({3}) und auch nicht irgendwann, sondern bis Ende 2009. Damit hat die Umweltministerkonferenz im Dezember dieses Jahres auf Bali einen ganz klaren Verhandlungsauftrag. Dieser Verhandlungsauftrag befindet sich zudem nicht im luftleeren Raum, vielmehr haben die G 8 ausdrücklich auf die im Umweltbericht der Vereinten Nationen festgelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse Bezug genommen. Der IPCC-Bericht - so heißt dieser wissenschaftliche Bericht der UNO - macht mit unmissverständlicher Klarheit deutlich, dass die Erderwärmung auf 1,5 bis 2,5 Grad begrenzt werden muss, wenn wir nicht völlig irreparable Schäden der Erdatmosphäre und unserer Erde erleben wollen. Der IPCC-Bericht betont, dass nur eine deutliche Reduzierung der Treibhausgase den Klimawandel stoppen kann. Diese Elemente - ein klares Bekenntnis zum UNO-Prozess und eine Akzeptanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse - sind die von den G 8 unmissverständlich anerkannte Basis für die Umweltminister bei ihrem Treffen auf Bali in diesem Jahr. Hinzu kommen die Entscheidungen der Europäischen Union, Kanadas und Japans, auf die die G 8 ausdrücklich Bezug nehmen, wenn sie vereinbaren, ernsthaft in Betracht zu ziehen, die Treibhausgase bis zum Jahre 2050 mindestens zu halbieren. Diese Ergebnisse sind ein enormer Fortschritt, den viele Beobachter noch vor wenigen Wochen für völlig undenkbar gehalten haben. ({4}) Möglich wurden sie, weil Europa geschlossen und entschlossen für seine Überzeugungen eingetreten ist; ({5}) möglich wurden sie, weil Europa Motor des weltweiten Klimaschutzes ist. Aber wir wissen auch, dass wir nur vorankommen werden, wenn sich weltweit alle Emittenten zu ehrgeizigen Maßnahmen bekennen. Dazu gehören natürlich zuerst die Industrieländer. Sie müssen zeigen, dass sie ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. Dazu gehören in zunehmendem Maße aber auch die Schwellenländer; denn mit ihrem dynamischen wirtschaftlichen Aufholprozess wächst auch ihre Verantwortung für die Lösung globaler Probleme. Das gilt für alle Bereiche. Deshalb ist es unverzichtbar gewesen, dass sich die G-8-Staaten auf dem Gipfel in Heiligendamm mit China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika darüber verständigt haben, in den nächsten zwei Jahren eine völlig neue Form des vertieften Dialogs über zentrale Fragen der Weltwirtschaft zu führen. Damit haben wir den sogenannten Heiligendammprozess begründet, eine Neuheit, die aus meiner Sicht unverzichtbar ist. ({6}) Die G 8 haben in Heiligendamm an einer weiteren Stelle gezeigt, dass sie über ihren Tellerrand schauen. Wir haben unser großes Engagement für die Zukunft Afrikas bekräftigt. Wir haben die weitreichenden Zusagen, die wir in den letzten Jahren zur Steigerung der öffentlichen Entwicklungsleistungen gerade für Afrika gemacht haben, bestätigt. Dies gilt auch für Deutschland. Wir werden unsere Zusagen einhalten und wollen bis 2011 zusätzlich 3 Milliarden Euro für die Entwicklungshilfe bereitstellen. Wir werden darüber hinaus neue Wege gehen müssen, zum Beispiel im Hinblick auf innovative Finanzinstrumente. So könnte ich mir vorstellen, dass wir im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Versteigerung von CO2-Zertifikaten auch Projekte des Klimaschutzes im Sinne der Entwicklungspolitik vereinbaren. Wir haben in Heiligendamm im Kampf gegen HIV/ Aids, Malaria und Tuberkulose neue, wichtige Impulse gesetzt: für den Zugang zu Medikamenten, für das Millenniumsziel des Kampfes gegen diese Krankheiten sowie für eine Stärkung der Gesundheitssysteme. Dafür sollen mindestens 60 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt werden. Deutschland selbst wird dafür bis 2015 insgesamt 4 Milliarden Euro aufbringen. Das schließt einen substanziellen deutschen Beitrag zur Wiederauffüllung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria auf der Finanzierungskonferenz im September hier in Berlin, in Deutschland, mit ein. Ich sage an dieser Stelle allerdings ganz klar: Entwicklungshilfe allein wird nicht ausreichen, um die Millenniumsziele zu erreichen. Bessere Regierungsführung, mehr und nachhaltige Investitionen, Wirtschaftswachstum, faire Handelschancen - diese Elemente sind mindestens so wichtig wie finanzielle Hilfen. ({7}) Sie sind der Schlüssel für die Entwicklung und für Armutsbekämpfung auch und gerade in Afrika. Wichtig in diesem Zusammenhang - übrigens nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas, sondern für die Weltwirtschaft insgesamt - wäre ein Erfolg der laufenden Doharunde; auch darüber wurde in Heiligendamm ausführlich gesprochen. Alle, die dabei waren, waren sich einig, dass ein Durchbruch in diesem Jahr - so besagen es auch die Dokumente - wünschenswert und wichtig wäre. ({8}) - Sie hätten das alles ja schon lösen können. Das ist nicht passiert. ({9}) Meine Damen und Herren, dass wir insgesamt auf einen erfolgreichen G-8-Gipfel in Heiligendamm zurückblicken können, dass wir unseren Gästen und der Weltöffentlichkeit ein gutes Bild unseres Landes gezeigt haben, dazu haben - ich denke, darüber sind wir uns einig nicht zuletzt unsere Polizei und all unsere Sicherheitskräfte beigetragen. ({10}) Sie haben einen ungestörten Ablauf aller Veranstaltungen - übrigens auch der friedlichen Demonstrationen und die Sicherheit unserer Staatsgäste gewährleistet. Deshalb möchte ich all denen, die daran beteiligt waren, an dieser Stelle meinen Dank, den Dank der Bundesregierung und sicherlich auch den Dank des ganzen Hauses übermitteln. ({11}) Während unserer EU-Ratspräsidentschaft haben wir mit allen G-8-Partnern außerhalb der Europäischen Union EU-Gipfel abgehalten: mit den USA, mit Russland, mit Kanada und mit Japan. Zahlreiche einzelne wichtige, konkrete Abmachungen wurden getroffen. Gerade diese Gipfel haben eines ganz deutlich gemacht: Gemeinsam können wir Europäer unsere Anliegen in der Welt zur Geltung bringen; gemeinsam können wir auch wichtige außenpolitische Weichen stellen. So hat sich die deutsche Ratspräsidentschaft von Beginn an dafür eingesetzt, dass das Nahost-Quartett einen neuen Anlauf für den Friedensprozess in Nahost nimmt. Die Ereignisse der letzten Tage bedrücken. Wir fordern alle auf, der Gewalt ein Ende zu machen. Es gibt keine Alternative zu einem Verhandlungsprozess, zu einer Zweistaatenlösung. Die Bundesregierung wird sich mit aller Kraft weiter dafür einsetzen. ({12}) In der Statusfrage des Kosovo hat sich die deutsche Ratspräsidentschaft in den letzten Monaten nachdrücklich für eine geschlossene Haltung der Europäischen Union eingesetzt. Wir arbeiten weiter an einer raschen und für alle Seiten akzeptablen Lösung. Der Europäische Rat wird darüber hinaus einen Bericht über die Vertiefung der europäischen Nachbarschaftspolitik annehmen. Dabei geht es insbesondere um Angebote für einen besseren Zugang der Nachbarn Europas zum Binnenmarkt und um ein neues, leistungsbezogenes Finanzierungsinstrument für reformbereite Staaten. Außerdem werden wir eine Zentralasienstrategie verabschieden. Mit ihr will die Europäische Union ihre Politik gegenüber dieser Region zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten sowie zu Energie- und Umweltfragen besser koordinieren. ({13}) Praktische Fortschritte auf wichtigen Politikfeldern sind das eine; sie sind unverzichtbar. Die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Europäerinnen und Europäer ist das andere; das ist mindestens ebenso wichtig. Der 25. März dieses Jahres war dafür ein wichtiger Tag. In Berlin haben wir den 50. Geburtstag der Römischen Verträge gefeiert. Wir haben nicht nur Rückschau betrieben - die war ohne Zweifel wichtig; denn wir sind dankbar für 50 Jahre Leben in Frieden und Freiheit; wir Europäer sind zu unserem Glück vereint -, sondern auch der Ausblick auf die Zukunft hat diesen Festtag geprägt. Dabei haben wir uns die gemeinsame Verantwortung der 27 Regierungen für Europa bewusst gemacht. Das Bewusstsein für diese gemeinsame Verantwortung muss auch den Europäischen Rat in der nächsten Woche leiten, der sich vor allem mit dem weiteren Prozess des Verfassungsvertrages beschäftigen wird. Im Juni 2006, also vor einem Jahr, hatte der Europäische Rat dem deutschen Ratsvorsitz dazu einen Auftrag erteilt. Er lautete so kurz wie klar: Deutschland soll einen Fahrplan für das weitere Vorgehen im Verfassungsprozess vorlegen. Ich sage unumwunden: „Fahrplan“ ist ein geradezu schlichtes, ein zu einfaches Wort für eine wahrhafte Herkulesaufgabe. Führen wir uns noch einmal kurz vor Augen, wo wir am Anfang dieser Aufgabe standen. Seit nunmehr über 15 Jahren bestimmt die Frage der Reform der europäischen Verträge die öffentliche Debatte in und über Europa: Von Maastricht nach Amsterdam, von Amsterdam nach Nizza - Jahr für Jahr folgte ein Reformschritt auf den anderen, auch in immer kürzer werdenden zeitlichen Abständen. Aber was nicht folgte, war die volle Handlungsfähigkeit einer größeren, erweiterten Europäischen Union. So konnte keiner dieser Reformschritte das gewährleisten, was eigentlich nötig ist, nämlich Handlungsfähigkeit. Dann kam das Projekt einer europäischen Verfassung, ein großes Projekt. Das Schicksal ist bekannt: Zwar wurde sie von 18 Mitgliedstaaten ratifiziert, durch zwei ablehnende Volksabstimmungen wurde sie jedoch zum Halten gebracht. Nun war guter Rat teuer. Stillstand trat ein. Eine Denkpause wurde verordnet; denn jeder wusste: Europa muss auch nach 2009, also nach der nächsten Europawahl, handlungsfähig sein, und sei es nur im Hinblick auf das Aussehen der Kommission oder den möglichen Beitritt weiterer Länder; ich erinnere nur an die Verhandlungen mit Kroatien. Auf der Festveranstaltung zum 50. Geburtstag der Römischen Verträge in Berlin konnte dieser Stillstand erstmals aufgebrochen werden. In der dort verabschiedeten Berliner Erklärung wurde das Zieldatum für das Inkrafttreten einer, wie es dort heißt, „erneuerten gemeinsamen Grundlage“ gesetzt: das Jahr 2009. Dieses klare Bekenntnis aller 27 Regierungen, des Europäischen Parlaments und der Kommission für eine erneuerte gemeinsame Grundlage ab 2009 war ein wichtiger Schritt. Er schaffte vor allen Dingen heilsamen Zeitdruck. ({14}) Machen wir uns nichts vor: Europa steht vor neuen Aufgaben, nach innen und vor allen Dingen nach außen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns Politikern, dass wir uns so schnell wie möglich wieder mit ihren Problemen beschäftigen und nicht weiter und langwierig mit uns selbst. Seit Januar hat der deutsche Ratsvorsitz deshalb konzentriert und vertraulich mit allen Partnern in der EU verhandelt, sowohl bilateral als auch gemeinsam. Die Vertraulichkeit, über die mancherorten gesprochen wird, ist absolut erforderlich. Sie war zwingend, um in der kurzen Zeit, die wir haben, den uns gestellten Auftrag zu erfüllen und einen Fahrplan überhaupt vorlegen zu können. In unzähligen Konsultationen haben wir zunächst die politischen Hauptanliegen der Partner ausgelotet. Es liegt auf der Hand, dass die Regierung eines Landes, in dem der Verfassungsvertrag durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, einen völlig anderen Blick auf das Problem hat als eine Regierung, die den Vertrag ratifiziert hat, wie auch die Bundesregierung und das deutsche Parlament. ({15}) Die Mitgliedstaaten ihrerseits sind mit ihren Anliegen an uns herangetreten. Wir haben alle diese Anliegen geprüft. Wir haben dort, wo es geht, versucht, sie miteinander zu vereinbaren. In den letzten Wochen hat sich die Zahl der offenen Fragen auf eine überschaubare Anzahl von Punkten reduziert. Die allerdings haben es zum Teil wirklich in sich. Mit ihnen muss sich der Europäische Rat in der nächsten Woche befassen. Ein Ergebnis können wir schon jetzt festhalten: Heute arbeiten wieder alle Partner an einem gemeinsamen ProBundeskanzlerin Dr. Angela Merkel jekt. Ich sage aber auch offen: Hätten wir diese gemeinsame Basis nicht geschaffen, dann wäre der Versuch, einen Fahrplan für den weiteren Verfassungsprozess vorzulegen, von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. ({16}) So haben wir jetzt die Chance, diesen Fahrplan zu verabschieden. Ich sage: Wir haben die Chance, nicht mehr und nicht weniger. Denn die noch vor uns liegenden Schritte dürfen wir nicht unterschätzen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen: Deutschland hat in den letzten Wochen und Monaten von vielen Partnern aus den Mitgliedstaaten große Unterstützung erfahren. Ohne diese Unterstützung wären wir niemals an dem Punkt, an dem wir heute sind. ({17}) Ende der Woche werden die Außenminister in Brüssel den an die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten heute zu verschickenden Bericht des deutschen Vorsitzes über unsere Konsultationen beraten. Dieser Bericht gibt auch Auskunft über eine Hauptsorge der Bürgerinnen und Bürger Europas: die Sorge vor einer Europäischen Union, die sich zu einem sogenannten Superstaat entwickeln könnte. Gemeint ist die Sorge vor einer unnötigen Schwächung der Nationalstaaten. Denn sie sind für die Menschen vertraute Heimat und notwendige Orientierung. Gemeint ist auch die Sorge vor zu vielen bürokratischen Regelungen aus Brüssel, die unsere eigenen Traditionen nicht ausreichend achten. Wir alle, denke ich, sind gut beraten, diese Sorgen ernst zu nehmen. Der zu verabschiedende Fahrplan soll deshalb den Vorschlag enthalten, die notwendige Reform der Verträge durch einen sogenannten Änderungsvertrag zu unternehmen - dies ist ein Rechtsinstrument, das uns in Europa seit Maastricht, Amsterdam und Nizza vertraut ist -: ein Reformvertrag in Gestalt eines Änderungsvertrages einerseits und damit die Möglichkeit für die notwendige Handlungsfähigkeit der Europäischen Union andererseits. Dabei wollen wir die Fortschritte aus dem ursprünglichen Verfassungsvertrag in diesen Reformvertrag überführen und in Kraft treten lassen. Das heißt, wir wollen die Substanz des Vertrages erhalten, ohne die Bürgerinnen und Bürger zu überfordern. ({18}) Sie werden sicher verstehen, dass ich den Ergebnissen der Beratungen im Rat in der nächsten Woche nicht vorgreifen kann. Aber schon jetzt zeichnet sich ab: Staatsähnliche Bezeichnungen und Symbole werden in einen neuen Vertrag nicht aufgenommen. Sie stehen für zu viele unserer Partner für den sogenannten europäischen Superstaat, von dem ich vorhin gesprochen habe. Ich teile diese Sorge nicht, aber ich habe sie zu respektieren. Denn wir wissen doch alle: Nicht immer sind es ganz konkrete sachliche Fragen, Paragrafen und Kompetenzen, die die Menschen bewegen. Oft geht es auch um Fragen des - im eigentlichen Sinne des Wortes - Selbstverständnisses von Staaten und ihren Bürgern. Dies führt uns übrigens zu der Diskussion über die künftige Stimmenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten, die in Polen, wie Sie wissen, intensiv geführt wird. Ich halte nichts davon, diese Frage heute Morgen auszublenden oder unter den Teppich zu kehren. Das hilft uns nicht weiter. Das Problem steht im Raum. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Sie kann nur einstimmig gefunden werden, und sie kann - damit das ganz klar ist nur in einer Form bestehen, die Europa insgesamt weiterhilft. ({19}) Das müssen wir beachten. Wir brauchen eine Lösung, die Europa insgesamt weiterhilft. Wir müssen sehen, ob uns das gelingt. Das ist heute noch völlig offen. Um auch unabhängig von diesem Punkt Europas Handlungsfähigkeit zu stärken, müssen wir die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten noch deutlicher als bislang herausarbeiten. Denn darum geht es uns: Wir wollen die Sorgen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit für die Zukunft sichern. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Meine Damen und Herren, die weitere Arbeit wird unter den nachfolgenden Vorsitzen Portugals und Sloweniens fortgesetzt, mit denen wir im Trio zusammenarbeiten. Aber heute ist klar: Nach zwei Jahren Denkpause in allen Mitgliedstaaten und nach sechs Monaten intensiver Konsultationen wollen wir jetzt einen deutlichen Schritt nach vorne schaffen. ({20}) Wir wollen in der nächsten Woche einen Fahrplan für den weiteren Verfassungsprozess verabschieden. Ob das gelingt, hängt gewiss nicht allein von uns ab. Aber wir werden das Unsrige tun. Gelingt das nicht, dann ist das noch nicht der Untergang Europas - natürlich nicht -, aber dann hat das kaum zu beschreibende, schwerwiegende Folgen für die Zukunft Europas. Die Aufrichtigkeit dieser Debatte in diesem Haus gebietet es aus meiner Sicht, dass ich auch darauf heute Morgen hinweise. Schönreden hilft uns nicht weiter. ({21}) Gelingt es uns aber, in der nächsten Woche einen Fahrplan zu verabschieden, dann könnte sich die Europäische Union mit größerer Handlungsfähigkeit und neuem Schwung um die Bewältigung der politischen Aufgaben innerhalb und außerhalb Europas kümmern. Das ist es, was die Bürger Europas von uns erwarten, und zwar zu Recht. Dafür setzt sich die ganze Bundesregierung mit aller Kraft ein. Herzlichen Dank. ({22})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Dr. Guido Westerwelle. ({0})

Dr. Guido Westerwelle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002944, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorab etwas zu den Ergebnissen von Heiligendamm sagen, wie auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, es in Ihrer Regierungserklärung getan haben. Ich denke, man kann unterm Strich zusammenfassen, dass die Ergebnisse von Heiligendamm im Großen und Ganzen positiv zu beurteilen sind. Das ist ein Fortschritt, sowohl für uns in Deutschland als auch für die ganze Welt. Dieser Fortschritt reicht zwar nicht aus, aber Fortschritt ist immer besser als Stillstand oder Rückschritt. Gemessen daran, dass übrigens auch aus den Reihen der Regierung noch am Tag vor dem Beginn des Gipfels erklärt worden ist, dass er scheitern wird, sind dabei ganz stattliche Ergebnisse herausgekommen. ({0}) Ich hoffe, die Damen und Herren von der SPD gestatten mir, dass ich es, obwohl ich der Opposition angehöre, würdige, wenn die Regierung ordentliche Ergebnisse vorlegt. Ich halte jedenfalls nichts davon, wenn man diese Ergebnisse, die in der Tat Fortschritt bedeuten, zerredet, kaputtmeckert. ({1}) Alles in allem sind das solide Ergebnisse. ({2}) Ich möchte eingehen auf das, was aus den Reihen der beiden anderen Oppositionsfraktionen gesagt worden ist. Die Kollegen haben in fundamentaler Weise alles, was im Hinblick auf den Klimaschutz beschlossen worden ist, infrage gestellt und versucht, den Eindruck zu erwecken, Sie könnten das alles besser. Sie von den Grünen hatten sieben Jahre Zeit; doch etwas Besseres haben Sie nicht zustande gebracht. ({3}) - Frau Kollegin Künast, lassen Sie mich sagen: Nicht einmal die große Künast hätte in Heiligendamm mehr herausgeholt. ({4}) Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass eines nicht zusammenpasst: In der Debatte vor Heiligendamm wurde von den Grünen und der Linksfraktion die demokratische Legitimation dieses Gipfels bestritten, nach dem Motto: Was sitzen die da frecherweise zusammen und verabreden die da? Aber hinterher sagen Sie, es sei aus Ihrer Sicht nicht genug herausgekommen. Wenn dieser Gipfel aus Ihrer Sicht keine Legitimation hat, sollten Sie bei Ihrer Beurteilung der Ergebnisse etwas zurückhaltender sein. ({5}) Der zentrale Punkt, der uns noch länger beschäftigen wird - das muss man positiv sehen -, ist die Rolle der Vereinten Nationen. Ich lasse einmal dahingestellt, ob das Einlenken der Vereinigten Staaten von Amerika überwiegend oder lediglich auch auf das Verhandlungsgeschick der Bundeskanzlerin zurückzuführen ist. Ich glaube, das wird stark mit dem innenpolitischen Druck in den Vereinigten Staaten zu tun haben. Wie dem auch sei: Dass die Vereinigten Staaten von Amerika, was die Rolle der Vereinten Nationen angeht, traditionell zurückhaltend sind - das ist eine diplomatische Formulierung -, ist bekannt. Umso wichtiger ist, dass sich die Vereinigten Staaten von Amerika bewegt haben. Ich will einen weiteren Punkt ansprechen: Es ist wichtig - der Deutsche Bundestag hat mehrfach darüber gesprochen; auch die FDP hat das mehrfach angesprochen - und nicht zu unterschätzen, dass in der Frage der Raketenstationierung Bewegung in die Diskussion zwischen Russland und den Vereinigten Staaten gekommen ist. Das ist übrigens nicht nur das Ergebnis der Arbeit der Bundeskanzlerin, sondern - das sage ich unumwunden - mit Sicherheit auch das Ergebnis des Wirkens des Außenministers. Dass über dieses Thema gesprochen wird, liegt im deutschen Interesse. Wir können als Europäer kein Interesse daran haben, dass auf unserem Kontinent eine neue Rüstungsspirale in Gang gesetzt wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir Europäer bei den Gesprächen zwischen Moskau und Washington eine Rolle spielen. Die Stationierung amerikanischer Raketen ist schließlich keine Angelegenheit von zwei, drei oder vier Staaten; sie geht ganz Europa an. Das ist auch nicht nur eine Angelegenheit der NATO; das ist zuvörderst eine europäische Frage. Deshalb gehört es auf die europäische Tagesordnung. ({6}) Ich möchte noch eine Bemerkung zur Rolle der Polizistinnen und Polizisten beim Gipfel in Heiligendamm machen. Ich halte es für erforderlich, dass - bei allem, was man an der Taktik der Polizei kritisieren mag - unter dem Strich eines klar ist: Wenn dort Menschen, die sich Demonstranten nennen, mit Betonbrocken versuchen, jungen Polizistinnen und Polizisten die Köpfe einzuschlagen, dann sind das keine Demonstranten, sondern Kriminelle. ({7}) Hier ist eine klare Sprache gefordert. Das muss man als Demokrat sagen. Sie haben einen Ausblick auf das gegeben, was auf dem EU-Gipfel unter Ihrer Präsidentschaft in der nächsten Woche eine Rolle spielen wird. In weiten Teilen können wir als Freidemokraten uns mit dem Entschließungsantrag einverstanden erklären, den die beiden KoDr. Guido Westerwelle alitionsfraktionen hier eingebracht haben. Ich habe gesehen, dass darüber bereits heute abgestimmt werden soll. Das ist Ihre Entscheidung. Ich hätte es gut gefunden, wenn der Versuch unternommen worden wäre, über die Grenzen von Regierung und Opposition hinweg hier zu einer gemeinsamen Mehrheit zu kommen. In weiten Teilen finden wir das, was Sie vorgelegt haben, vernünftig. Aus unserer Sicht fehlen aber Aussagen zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Dieses Thema sprechen Sie in Ihrem Antrag nur sehr unterentwickelt bis gar nicht an. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht tun. Aus unserer Sicht ist das wichtig; denn wir als Deutsche legen auf die Europäische Zentralbank und ihre Unabhängigkeit weiterhin großen Wert. ({8}) Zum Schluss noch etwas zur europäischen Verfassung, zum Verfassungsprozess und zu dem, was Sie dazu gesagt haben. Das wird ohne Frage nicht nur für Sie, sondern auch für die beiden folgenden Präsidentschaften eine unglaublich schwierige Aufgabe werden. Ich muss Ihnen klar sagen, dass es keinen Grund dafür gibt, dass sich die Opposition hier gegen die Regierung stellt. Wir haben den Verfassungsvertrag hier im Deutschen Bundestag mit riesiger Mehrheit beschlossen. Wir sollten deshalb auch bei der Durchsetzung unseres gemeinsamen Interesses, den ins Stocken geratenen Verfassungsprozess doch noch zu einem guten Ergebnis zu führen, zu einer großen Mehrheit kommen; denn das liegt in unserem deutschen Interesse. Wenn es nur zur Erweiterung, aber nicht zur Vertiefung Europas kommt, dann verliert Europa das Vertrauen der Bürger und dann sind unsere Institutionen nicht mehr handlungsfähig. Deswegen muss die Vertiefung Europas für das ganze Hohe Haus des Deutschen Bundestages von herausragender Bedeutung sein. Es ist Angelegenheit nicht nur der Bundesregierung, sondern des ganzen Parlaments, dass dieser Verfassungsprozess zu einem Ergebnis geführt wird. Wir wissen, dass der Verfassungsvertrag abgespeckt werden wird, dass er nach den fehlgeschlagenen Volksabstimmungen kaum in derselben Form wieder vorgelegt werden kann. Es ist aber richtig, dass Sie ehrgeizig versuchen, das, was darin steht, zu retten. Dies gilt insbesondere für die demokratische Kontrolle durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente. Wir müssen hier eine Phase der Demokratisierung der europäischen Institutionen einleiten und durchsetzen. ({9}) Das muss in jedem Fall am Ende des Verfassungsprozesses stehen. Das ist viel wichtiger als jede Symbolik. Es war richtig, dass Sie darauf in Ihrer Regierungserklärung einen Akzent gesetzt haben. ({10}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der neue Verfassungsvertrag wieder an einigen Mitgliedsländern scheitert, dann sollte sich Deutschland entschließen, mit den Ländern, die ihn wollen, zu einer vertieften Integration im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit zu kommen. Es kann nicht sein, dass durch das Veto einzelner Staaten - mögen sie uns noch so nahe sein, und mögen sie auch unsere Nachbarn sein - der gesamte europäische Integrationsprozess abgebrochen wird. Dadurch würde Europa als Ganzes riskiert. Möglicherweise wird kein Weg daran vorbeiführen, dass wir, wie bei der Eurozone, neue Schritte gehen müssen. Diejenigen, die in Europa Avantgarde sein wollen, müssen dann auch Avantgarde sein dürfen. Wir haben jetzt die letzte Chance zur Schaffung einer europäischen Verfassung. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Chance ergreifen. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben am Schluss Ihrer Regierungserklärung gesagt: Die Bürger erwarten, dass wir uns mit ihren Problemen befassen und dass wir uns nicht mit uns selbst befassen. Sie haben das auf die europäischen Institutionen bezogen. Das könnte eins zu eins auch für die deutsche Regierung gelten. ({11}) Deswegen möchte ich Ihnen in aller Gelassenheit sagen: So viel Gemeinsamkeit es im Hohen Hause hinsichtlich Ihrer Präsidentschaft und unserer gemeinsamen deutschen Ziele in der Außen- und in der Europapolitik gibt: Es ist sicher - quasi wie das Amen in der Kirche -, dass auch Sie nicht ewig auf roten Teppichen gehen können. ({12}) Die Innenpolitik ruft bereits. Dort müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen. Miss World ist schön, Miss Germany, die in Deutschland ihre Hausaufgaben macht, ist genauso gefragt. Vielen herzlichen Dank. ({13})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Hans-Ulrich Klose ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion. ({0})

Hans Ulrich Klose (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001136, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Glückwünsche; vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wo könnte ein Parlamentarier einen solchen Geburtstag besser feiern als im deutschen Parlament? ({0}) Ich wurde, wie Sie leicht errechnen können, 1937 in Breslau geboren, also gut zwei Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. Bei Kriegsende war ich noch nicht ganz acht Jahre alt. Das war alt genug, um kindgemäße Erinnerungen an die Nazizeit und an den Krieg zu ha10572 ben. Ich finde, es ist gut, sich zu erinnern, auch wenn die Erinnerungen nicht gut sind. Den Neubeginn in Deutschland, die Wiederaufbauphase und die nach Churchills Züricher Rede 1946 Schritt für Schritt einsetzende Neuordnung Europas hin zur zunächst westeuropäischen Einheit habe ich als Teenager miterlebt, nicht unbedingt mit hohem Sachverstand, aber mit ungebrochener jugendlicher Begeisterung. Meine Begeisterung hat sich mit Schwankungen bis heute gehalten. Für mich ist Europa eine Erfolgsgeschichte; denn wer gesehen und miterlebt hat, was Europa, was Deutschland am Ende des Krieges war, der kann es kaum glauben: Der am Abgrund taumelnde Kontinent erholte sich - wirtschaftlich und politisch von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützt - nach erstaunlich kurzer Zeit. Ich glaube, es ist 60 Jahre her, dass der amerikanische Außenminister Marshall seine berühmte Rede gehalten hat, die dann zum European Recovery Program, genannt Marshallplan, geführt hat. Amerika ist heute nicht mehr so populär wie in den ersten Dekaden nach der Katastrophe. Warum das so ist, bleibt eine interessante Frage. Noch mehr aber interessiert mich, wie es um Europa steht. Wie populär ist die EU? Wie sieht die Begeisterung der Deutschen für die EU aus? Ich glaube, dass noch immer die große Mehrheit der Europäer und der Deutschen die europäische Einheit will und unterstützt. Es lässt sich aber nicht übersehen: Die Skepsis ist gewachsen. Warum? Die Erfolge des europäischen Prozesses werden inzwischen als selbstverständlich - also in Wahrheit gar nicht mehr wahrgenommen. Die negativen Begleiterscheinungen werden dagegen überbetont und dramatisiert. Europa durchlebt gegenwärtig eine Phase doppelter Globalisierung: einer europäischen und einer globalen. Mit der Implementierung der sogenannten Europäischen Akte zum 1. Januar 1993 entstand der gemeinsame europäische Markt, der freie Verkehr für Menschen, Kapital, Güter und - verspätet - auch für Dienstleistungen. Für Kritiker war das der neoliberale Sündenfall. Die Auswirkungen des größeren Marktes und des verstärkten Wettbewerbs zeigten sich sofort. Sie waren bei annähernd gleichen Wettbewerbsbedingungen positiv. Das hat sich aber inzwischen leicht geändert. Heute gibt es innerhalb der EU erhebliche Lohnkostendifferenzen: Die polnischen Löhne betragen etwa ein Fünftel der deutschen. Die bulgarischen und rumänischen Löhne betragen etwa ein Fünftel der polnischen. Die Löhne im indischen und im chinesischen Raum liegen noch niedriger. Die Konsequenzen dieser Situation können Sie jeden Monat miterleben, weil kostenintensive Betriebe ihre Betriebe ganz oder zum Teil in Niedriglohnländer verlagern. Wenn ich das mittel- und langfristig beobachte, dann glaube ich, dass die Konsequenzen dieser Entwicklung eher positiv sind, weil dadurch der Wettbewerb gestärkt wird. Die Produkte werden billiger, es findet in Europa und darüber hinaus Entwicklung statt. Nur, dem einzelnen Arbeitnehmer, der wegen solcher Betriebsverlagerungen seinen Job verliert, können Sie damit nicht kommen. Er erwartet von der politischen Seite Schutz. ({1}) Diese Schutzforderung läuft in Wahrheit nicht auf Solidarität, sondern auf Abschottung hinaus. Ich persönlich glaube nicht, dass Abschottung das richtige Rezept ist. ({2}) Ich glaube, es ist besser, die Entwicklung zu gestalten, indem wir Regeln und Standards erarbeiten. Das könnten wir besser als bisher, wenn der Verfassungsvertrag schon in Kraft wäre. ({3}) Ob wir ihn bekommen, weiß ich nicht. Ich hoffe es; aber es wird sehr schwierig werden. Es wird schwierig sein, es allen recht zu machen, und zwar denen, die den Verfassungsvertrag schon ratifiziert haben, denen, die ihn noch ratifizieren wollen, und denen, die Schwierigkeiten haben oder machen, nämlich Großbritannien, Polen, Tschechien und die Niederlande. Ich wünsche Ihnen sehr, Frau Bundeskanzlerin, dass es Ihnen mit Ihrer inzwischen gerühmten „zwischen Hartnäckigkeit und Charme pendelnden Verhandlungsführung“ gelingt, den Weg zu einer verbesserten Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit der EU zu ebnen. ({4}) Dass Sie es können, haben Sie, wie ich finde, im März dieses Jahres bewiesen, als es letzten Endes doch gelang, verpflichtende Aktionspläne zur europäischen Energiepolitik und zum Klimaschutz zustande zu bringen. Auch in der vergangenen Woche in Heiligendamm ist Ihnen das viel besser gelungen, als von vielen erwartet. Enttäuscht konnte nur sein, wer den Charakter des G-8Treffens missverstanden hatte. Da tagte nämlich keine Weltregierung und kein exklusiver Security Council, sondern eine Gruppe von Staatslenkern, die Meinungen ausgetauscht und sich auf politische Ziele bzw. Absichtserklärungen geeinigt haben, die sie national und international durchsetzen wollen. Sie sind sozusagen Impulsgeber, deren demokratische Legitimation real und nicht angemaßt war wie bei einigen mehr oder weniger friedlichen G-8-Kritikern. ({5}) Wer sich im Meinungsbildungsprozess auf Kompromisse einlässt, der handelt demokratisch. Bedauern kann das nur, wer von sich glaubt, dass er alles besser weiß. Für mich war Heiligendamm ein Erfolg. Genauer gesagt, es kann zu einem Erfolg werden, wenn die Absichtserklärungen auch umgesetzt werden. Darauf muss sich die Bundesregierung jetzt konzentrieren. ({6}) Ich denke, dass wir als Parlamentarier die Bundesregierung dabei begleiten werden. Zurück zum europäischen Gipfel: Ich möchte noch zwei Punkte ansprechen. Erstens. Ich finde, es müsste nach den Erklärungen des französischen Präsidenten Sarkozy zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein klärendes Wort gesprochen werden. ({7}) Die Europäische Union hat sich mit der Türkei auf Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel des Beitritts geeinigt. Diese Vereinbarung gilt und kann nicht von einem Mitgliedsland einseitig infrage gestellt werden. Wo kämen wir da hin? ({8}) Die Verhandlungen können scheitern - das wissen wir alle -, aber ich finde, die EU muss Vereinbarungen einhalten. Das gilt übrigens auch für die Türkei. Das zypriotische Problem bleibt, es erledigt sich nicht durch Nichtstun. ({9}) Der zweite Punkt betrifft die politische Befindlichkeit bzw. die Finalität der Europäischen Union. Ich erwähnte anfangs, dass Amerika den Prozess der europäischen Einigung von Anbeginn an materiell und politisch gefördert hat. Das ist noch immer der Fall, wenngleich man - wenn man sich häufig in den USA aufhält - erkennen muss, dass sich die geostrategischen Interessen der USA nach dem Ende des Kalten Krieges deutlich verlagert haben, und zwar von West- nach Osteuropa, in den Nahen und Mittleren Osten, nach Zentral- und Ostasien. Aus der Sicht der Supermacht USA ist das verständlich, jedenfalls nachvollziehbar. Befördert wird es, wenn und weil in den USA immer häufiger zweifelnd gefragt wird, wohin dieses einige Europa unter wessen Führung steuert. Analysten in den USA registrieren, dass es höchst unterschiedliche europäische Konzepte gab und gibt: erstens das pragmatische, auf Freihandel und konkrete Projekte gerichtete Europa, von dem in Großbritannien häufiger als anderswo die Rede ist, zweitens Europa als Gegenmacht zu den USA - ob solche französischen Vorstellungen nach dem Wechsel von Chirac zu Sarkozy weiterverfolgt werden, weiß ich nicht; Sarkozy gilt als eher proatlantisch - und drittens die traditionelle deutsche Position, wonach die EU als gleichberechtigter Partner im transatlantischen Bündnis anzusehen ist. Ich bin entschieden für die letztgenannte, für die deutsche Sicht, nicht zuletzt deshalb, weil mit ihr keine Regierung in Europa vor die Wahl gestellt wird, sich zwischen Europa und den USA entscheiden zu müssen. ({10}) Diese Sicht ist es auch, die nach meiner Einschätzung am ehesten geeignet ist, einen Rückfall Europas in Nationalismen zu verhindern. Eine leichte Welle der Renationalisierung gibt es, nicht dramatisch, aber es gibt sie; in einigen Ländern, wie wir wissen, stärker ausgeprägt als in anderen. Sie wird, so hoffe ich, im Sande verlaufen, wenn wir uns in Geduld üben, den Ausgleich suchen und die Vetomentalität überwinden, wenn die angeblich Großen die Sorgen der angeblich Kleinen ernst nehmen, wenn wir Gemeinsamkeiten betonen und Trennendes beiseiteräumen, Schritt für Schritt und - ich wiederhole mich - geduldig. Frau Bundeskanzlerin, ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Brüssel. ({11})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun der Kollege Oskar Lafontaine, Fraktion Die Linke. ({0})

Oskar Lafontaine (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002715, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es gut, wenn sich die führenden Industriestaaten zusammensetzen, um darüber zu beraten, wie man Dinge in der Welt voranbringen kann. Über die Legitimation einer solchen Zusammenkunft brauchen wir also nicht zu sprechen. Es ist ebenfalls zu begrüßen, wenn sich diese Industriestaaten dazu entschließen - das ist mittlerweile geschehen -, wichtige Länder einzubeziehen, die lange Zeit ausgeklammert waren, ohne die aber eine Steuerung der Weltwirtschaft und andere Fragen, die die gesamte Welt betreffen, nicht zu bewältigen wären. So weit, so gut. Die für uns entscheidende Frage ist, ob die jetzige Form der Zusammenkunft richtig ist. Ich teile die Auffassung des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der wesentlich am Zustandekommen dieser Gipfel beteiligt war, dass die jetzige Form der Zusammenkunft dem Anliegen nicht mehr angemessen ist. Es ist ein kostenaufwendiges Medienspektakel. Das, was dabei herauskommt, wurde von Beamten längst vorbereitet. ({0}) Nun haben angeblich drei Themen den G-8-Gipfel in Heiligendamm bestimmt: das Umweltthema, die Stabilität der internationalen Finanzmärkte und die Entwicklungshilfe. Ich möchte zuerst etwas zum Umweltthema sagen. Ich kann die positiven Beurteilungen, die bislang vorgetragen wurden, nicht nachvollziehen. Zur Minderung des CO2-Ausstoßes eine simple Bemerkung: Wenn jemand die Absicht bekundet, zu prüfen, dann ist das in Ordnung. Wenn jemand sagt, bis zum Jahr 2050 wolle man eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 50 Prozent, dann klingt das ganz gut. Aber jeder, der sich mit der Sache befasst und festgestellt hat, dass noch nicht einmal das Basisjahr genannt wurde, worauf sich solche Ziele beziehen, muss zu dem Ergebnis kommen, dass hier die Unverbindlichkeit dominiert und nichts Konkretes herausgekommen ist. ({1}) Das Zweite, was seit Jahrzehnten ein großes Thema der G-8-Gipfel ist, ist die internationale Finanzstabilität. Auch hier hat der Gipfel gar nichts zustande gebracht. Das war zu erwarten; denn - das ist seit Jahrzehnten zu beobachten - solange die Wall Street die amerikanische Politik dominiert oder - anders ausgedrückt - die Wahlkämpfe der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten finanziert, solange die Londoner City die britische Politik dominiert oder - anders ausgedrückt die Wahlkämpfe der britischen Parteien finanziert, so lange wird es keine Vereinbarung geben, die uns bei der internationalen Finanzstabilität voranbringt. Das ist der Zusammenhang, über den man zumindest sprechen muss. ({2}) Es gibt aber - wenn Sie trotz der Heuschreckenjäger, die sich auch auf der Regierungsbank eingenistet haben, ({3}) schon dem Antrag der Linken nicht folgen wollen, kann ich Ihnen das nachdrücklich empfehlen - Möglichkeiten nationaler Regulierung. ({4}) - Ja, Sie waren gemeint. - Hier hat der DGB einen bemerkenswerten Vorschlag gemacht, der darauf hinausläuft, zumindest die Banken stärker zu regulieren, die den Hedgefonds Kredite zur Verfügung stellen. ({5}) Wenn die gesamte Fachwelt sagt - und wir wissen seit der Krise des LTCM, dass das kein Märchen ist -, dass das internationale Finanzsystem in eine Krise geraten kann, was mit großen Verwerfungen für viele Volkswirtschaften und schlimmen sozialen Folgen verbunden ist, dann kann man dieses Thema nicht einfach ignorieren und nichts tun. Wir fordern nach wie vor eine Regulierung der Hedgefonds. ({6}) Nächster Punkt: Entwicklungshilfe. Was dazu - auch zur Hilfe für Afrika - zu sagen ist, hat die international renommierte Organisation Oxfam gesagt. Sie hat darauf hingewiesen, dass es hier Verrechnungsmöglichkeiten gibt. Sie hat Rechnungen vorgelegt - ich will sie hier nicht überprüfen -, nach denen es nicht um 60 Milliarden, sondern allenfalls um 3 bis 4 Milliarden geht, weil alle anderen ausgewiesenen Mittel bereits anderswo etatisiert waren. Wenn das nur zur Hälfte stimmt, dann kann man auch diese Entscheidungen nicht positiv bewerten. Nun komme ich aber zu dem Thema, das den Gipfel überlagert hat, nämlich dem Thema der Gewalt. Ich will hier klar für meine Fraktion feststellen: Wir lehnen Gewalt in jeder Form ab. Gewalt ist kein Mittel der Politik. ({7}) Es ist bedauerlich, dass einzelne junge Menschen in unserem Land immer noch glauben, sie könnten politische Probleme mit Gewalt lösen. Wir können niemals hinnehmen - auch das möchte ich klar sagen -, dass Polizeibeamte mit Pflastersteinen bedroht werden; denn das kann letztendlich auch zum Tod führen. Hier ist der Rechtsstaat gefordert. ({8}) Vor diesem Hintergrund muss ich als jemand, der als Ministerpräsident lange Jahre Polizeieinsätze letztendlich zu verantworten hatte, sagen, dass man es nach dem Gipfel von Heiligendamm nicht mit dem Dank an die Polizeibeamten bewenden lassen kann. Frau Bundeskanzlerin, es ist doch unglaublich: Nach allem, was geschehen ist, danken Sie der Polizei und setzen sich wieder auf die Regierungsbank. Hier sind massive Vorwürfe im Raum - von Grundrechtsverletzungen über Agents provocateurs, die eingeschleust worden sind, bis zur falschen Behandlung vieler Demonstranten -, die aufgeklärt werden müssen. ({9}) Wir haben als Parlament die Aufgabe, den Rechtsstaat zu verteidigen, und können nicht hinnehmen, dass man einfach so zur Tagesordnung übergeht. Es ist ein übles Mittel, dass sich politisch Verantwortliche immer dann, wenn etwas schiefläuft, hinter den jeweils eingesetzten Beamtinnen und Beamten verstecken. Das ist nicht die richtige Vorgehensweise. Insbesondere muss aufgeklärt werden, ob die politisch Verantwortlichen es mit zu verantworten haben, dass die Polizei schlecht untergebracht war und lange Zeit nicht vernünftig ernährt worden ist. Wenn das so ist, dann kann man den Polizeibeamten nicht danken, sondern dann ist man mitverantwortlich für Vorgänge, die wir nicht verantworten wollen. ({10}) Es muss auch aufgeklärt werden, ob die Vorwürfe aus einer Regierungsfraktion, dass die Bundeswehr eingesetzt worden ist, nicht wirklich dahin gehend zu interpretieren sind, dass es sich um einen Verfassungsbruch handelt. ({11}) Ich sage im Hinblick auf die Vorkommnisse während dieser Demonstration: Es geht hier nicht um das eine oder andere, was zu bemängeln wäre. Wir haben vielOskar Lafontaine mehr den Eindruck, dass der Rechtsstaat in der Innenpolitik systematisch infrage gestellt wird. Das ist es, was wir hier zu behandeln haben. ({12}) Wenn schon von Gewalt auf dem Gipfel die Rede war, dann muss ich natürlich darauf hinweisen, dass nicht nur von dieser Gewalt hätte die Rede sein sollen, sondern auch von der Gewalt, die die Gipfelteilnehmer zu verantworten haben, indem sie völkerrechtswidrige Kriege zu verantworten haben, in denen Hunderttausende Menschen ums Leben kommen. ({13}) Dass wir da keine hervorragende Rolle spielen - Sie auch nicht, Frau Bundeskanzlerin -, hat in erschütternder Weise der jüngste Bericht über die Waffenexporte deutlich gemacht. Es ist ein Skandal, dass Deutschland auf dem dritten Platz der Waffenexporteure der Welt ist. ({14}) Was soll diese ganze Gipfelrederei, wenn Sie dies zu verantworten haben? Es werden Staaten beliefert - das stellen selbst die Kirchen fest -, in denen Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass Sie das Völkerrecht jeden Tag brechen, indem Sie Flughäfen, Überflugrechte und Führungseinrichtungen zur Verfügung stellen, um den rechtswidrigen Krieg im Irak zu unterstützen. Gleichzeitig wird jetzt festgestellt, dass Sie an Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen stattfinden, Waffen liefern. Das ist ungeheuerlich. Darüber müsste in diesem Parlament einmal geredet werden. ({15}) Gut wäre es gewesen, wenn sich diese Staaten darauf verständigt hätten, ein „Waffen-Kioto“ zu beschließen, also eine jährliche Reduktion der Waffenexporte. Ich halte nach wie vor an dem Vorschlag fest, dass man im Rahmen der UNO eine Agentur einrichten sollte, die dem UN-Sicherheitsrat zuarbeitet und die Waffenexporte der Staaten verbindlich genehmigen und insbesondere veröffentlichen muss. Wir kämen einen erheblichen Schritt weiter, wenn wir dies machen würden. ({16}) Die Zeit reicht gar nicht aus, um auf alle Fragen einzugehen. ({17}) Ich sage zu der Begeisterung für die EU, die der Kollege Klose angesprochen hat: Natürlich sind die Menschen nicht mehr von der EU begeistert, wenn der Prozess so weitergeht wie bisher, wenn man beispielsweise Verfassungsentwürfe entwickelt und das Volk noch nicht einmal daran beteiligt. Volksabstimmung ist ein Mittel zur Begeisterung, nichts anderes. ({18}) Natürlich sind die Menschen nicht zufrieden, wenn man weiter zulässt, dass Steuerdumping, Lohndumping und Sozialdumping die Grundlage der europäischen Entwicklung sind. Wir alle, die wir hier sitzen oder stehen, sind davon nicht betroffen, aber immer mehr Menschen sind davon betroffen. Es gilt nun einmal der Satz Rousseaus - Herr Kollege Klose, das sage ich in vollem Respekt vor Ihrer politischen Leistung; Sie wissen, wie ich dazu stehe -: Zwischen dem Starken und dem Schwachen befreit das Gesetz, während die Freiheit unterdrückt. - Freiheit der Arbeitsmärkte ist keine Formel, die wir als Überschrift über die EU stellen können, sondern die Menschen brauchen Schutzvorschriften in allen Ländern Europas, das heißt den Mindestlohn. ({19}) Wir sind - die Frau Bundeskanzlerin ist gerade wieder anderweitig beschäftigt; das ist ein besonderer Stil, an den ich mich noch gewöhnen muss - für die europäische Einigung, aber Europa wird nur dann von den Menschen unterstützt werden, wenn sie ihre Interessen auch auf der Ebene der Europäischen Union aufgehoben fühlen. ({20})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun deren Vorsitzender Volker Kauder. ({0})

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zwei Wochen vor Ende der EU-Ratspräsidentschaft durch Deutschland, wenige Stunden vor dem EU-Gipfel und auch im Jahre des 50-jährigen Jubiläums der Europäischen Union ist es angebracht, einmal kurz darüber nachzudenken, was diese EU für uns alle bedeutet. Ich gehöre zum ersten Nachkriegsjahrgang in dieser Bundesrepublik Deutschland, der nicht mehr in einen Krieg ziehen musste. Wenn ich sehe, was sich im Augenblick überall in der Welt abspielt, ein, zwei Flugstunden von hier entfernt, unmittelbar vor unserer Haustüre, dann muss ich sagen: Wenn diese EU, wenn diese Europäische Gemeinschaft nicht mehr fertiggebracht hätte, als uns den Frieden in Europa zu sichern, wäre dies schon Grund genug, an ihrem 50. Jubiläum zu sagen: Vielen Dank, großartige Leistung, was hier erreicht wurde. ({0}) Wenn darüber gesprochen wird, was Politik bewegen kann und was die Politiker in der heutigen Zeit bringen, dann muss auch einmal gesagt werden, damit es den Menschen wieder deutlich wird: Ohne das Engagement der Politik, ohne den entschiedenen Einsatz der Politik wäre diese Friedenspolitik der EU nicht möglich gewesen, ({1}) sie wäre nicht vom Himmel gefallen. Deswegen sind wir all denen dankbar, die sich hier in der EU für dieses große Gemeinschaftswerk eingesetzt haben, auch Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, mit Ihrer EU-Ratspräsidentschaft. ({2}) Was Geschlossenheit, Einigkeit, Entschiedenheit und Klarheit in den Programmen bewirken können, haben wir jetzt in Heiligendamm gesehen. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich in Heiligendamm auf dem Gebiet der Klimapolitik diejenigen bewegt haben, die sich bisher partout nicht bewegen wollten. Sie haben endlich eingesehen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht einfach wegzudiskutieren sind. Jetzt kommen einige und fragen: Was ist denn eigentlich wirklich geschehen? Dazu kann ich nur sagen: Frau Künast, ich traue Ihnen manches zu; aber dass Sie den amerikanischen Präsidenten zur Einsicht gebracht hätten, dass etwas geschehen muss, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, das traue ich Ihnen nun wirklich nicht zu. ({3}) Die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen. Es geht im Wesentlichen um vier große Bereiche - die Bundeskanzlerin hat sie angesprochen -, zum Beispiel um den Klimaschutz und um die Afrikapolitik. Zum ersten Mal ist eine ganz konkrete Zusage gegeben worden. Ich bin davon überzeugt, dass diese Zusage auch eingehalten wird. Durch den Heiligendammprozess sollen die Schwellenländer zum ersten Mal gezielt vorangebracht werden. Ihnen wird deutlich gemacht, dass der rasante Aufholprozess in der wirtschaftlichen Entwicklung natürlich auch bedeutet, Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Das ist ein großartiges Ergebnis. Was für Sorgen und Gedanken haben sich die Menschen über die Auseinandersetzung, über den Streit zwischen Amerika und Russland, zwischen Bush und Putin, gemacht! Man kann nicht hoch genug einschätzen - auch Sie, Herr Kollege Westerwelle haben darauf hingewiesen -, was dort geschehen ist. Niemand hat damit gerechnet, dass es dem G-8-Gipfel gelingt, die beiden zusammenzuführen, weswegen wir eine Sorge weniger haben. Man überlegt nun miteinander. Frau Roth, angesichts dieser Ergebnisse kann ich überhaupt nicht verstehen, wie Sie zu der Aussage kommen, die Staats- und Regierungschefs der G 8 hätten sich „ignorant und arrogant“ gezeigt. Nach Ihren Äußerungen in der letzten Zeit, die Sie mit dem Anspruch der absoluten Erkenntnis vorgetragen haben, habe ich den Eindruck, dass Sie mit dieser Qualifizierung vielleicht sogar sich selbst gemeint haben, Frau Roth. So kann man mit den Ergebnissen dieses Gipfels nicht umgehen. ({4}) Wir haben allen Grund, auch den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten für ihren Dienst herzlich zu danken. ({5}) Sie haben Leib und Leben eingesetzt. Ich habe die Bilder von steinewerfenden Demonstranten gesehen. Daher kann ich nur sagen: Herzlichen Dank an die Sicherheitskräfte in unserem Land, dass sie diesen Gipfel und auch die Demonstranten geschützt haben. ({6}) Herr Lafontaine, eigentlich lohnt es sich nicht, sich mit Ihren Positionen auseinanderzusetzen. ({7}) Was allerdings einen Punkt angeht, muss ich schon sagen: Sie haben Ihr wahres Gesicht gezeigt. Während sich alle anderen vom schwarzen Block als einer Gruppe gewalttätiger Krimineller distanziert haben, ist Ihnen diese Distanzierung nicht über die Lippen gekommen. Das zeigt Ihre Denkweise, Herr Lafontaine. ({8}) Dieser G-8-Gipfel und die Voraussetzungen dafür, die europäischen Gipfel, sind eine gute Perspektive für das, was in Europa in den nächsten Tagen passiert. Wir haben einige Erwartungen an Europa. Wir setzen auf den europäischen Binnenmarkt, und wir setzen darauf, dass sich Europa weiterentwickelt. Wir glauben, dass wir in Europa bei einigen Punkten noch viel erreichen können. Der Klimawandel ist angesprochen worden. Zur Bekämpfung des Klimawandels könnte in Europa Erhebliches geschehen, wenn es bei der Flugsicherung endlich zu einer einheitlichen Lösung kommt. Seit 1999 wird dies in Europa diskutiert. Es gibt in Europa 58 Flugleitstellen und 22 unterschiedliche Betriebssysteme. Die Lufthansa und die Europäische Kommission rechnen uns Mehrkosten für die Nutzer von 2,2 Milliarden Euro vor. Wenn man hier zu einer einheitlichen Lösung käme, dann wären CO2-Einsparungen in Höhe von 4,5 Millionen Tonnen möglich. Das entspricht einem Drittel des Ausstoßes der Flugzeuge einer großen Fluggesellschaft. Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, wäre ich dankbar, wenn man das Thema der einheitlichen Flugsicherung über Europa noch einmal ansprechen könnte. Deutschland wird seinen Beitrag dazu leisten. Durch die Privatisierung der Flugsicherung wird die Möglichkeit eröffnet, zu einheitlichen Lösungen ohne zusätzliche europäische Bürokratie zu kommen. ({9}) Ein zweiter Punkt. Europa muss auch Maßstäbe in technologischer Hinsicht setzen, dort, wo ein einzelnes Land es nicht mehr schaffen kann. Da erinnere ich an die Diskussion zu Galileo. Der Start ist nicht geglückt; okay. Aber Galileo ist es wirklich wert, finde ich, dass wir uns davon nicht verabschieden. Es ist ein großes technologisches Projekt, das uns allen nützen kann und das neue Möglichkeiten bietet. Den Hinweis „Es gibt schon ein anderes System, nämlich GPS“ finde ich nun überhaupt nicht hilfreich. Ich möchte, dass wir Europäer in technologischer Hinsicht im Wettbewerb bleiben und um bessere Lösungen konkurrieren. ({10}) Deswegen möchte ich, dass es bei Galileo bleibt. Ich unterstütze auch die Kolleginnen und Kollegen des Europäischen Parlaments, die sagen: Dann finanzieren wir es aus dem europäischen Haushalt und schauen, wie wir es übertragen. Einen dritten Punkt will ich ansprechen, und das betrifft den europäischen Binnenmarkt, seine Sicherung und Weiterentwicklung. Zunehmend wird unsere mittelständische Wirtschaft - inzwischen nicht mehr nur die Großindustrie - in hohem Maße durch Produktpiraterie in Indien, vor allem aber in China bedroht. Kleine Firmen in unserem Land mit 200, 300 Mitarbeitern müssen schon heute damit leben, dass sie von Nachahmern von Produkten bedroht werden. Dies muss ständig, auch von der Europäischen Union, angesprochen werden. Ich glaube, dass Europa eine Antwort auf die Globalisierung ist, dass aber Europa allein dies nicht schaffen kann und dass wir deshalb als einen Akt der Globalisierung Kräfte bündeln müssen. Das heißt, dass wir in Europa, Amerika und Kanada gemeinsame Standards setzen müssen, um im Wettbewerb mit Asien stärker zu sein. Es ist einfach nicht mehr zu akzeptieren, dass wir in der Europäischen Union, in Amerika und in Kanada noch immer unterschiedliche Standards haben, dass wir über die Zulassung von Produkten miteinander konkurrieren und darüber monatelang, jahrelang streiten, während die anderen unsere Produkte nachmachen und sie auf den Weltmarkt bringen. Da muss die Zusammenarbeit, Frau Bundeskanzlerin, die Sie begonnen haben, energisch vorangetrieben werden. Wir dürfen nicht mehr warten. Wir dürfen nicht zulassen, dass das, was bei uns an geistigem Eigentum erzeugt wird und worauf unsere Zukunftschancen beruhen, von anderen so ausgenutzt wird. Dagegen müssen wir uns wehren. ({11}) Natürlich erwarten wir, dass der Verfassungsprozess vorangeht. Ich war sehr erfreut darüber: Ganz entgegen der europaskeptischen Stimmung, die wir auch ausmachen, will doch eine große Mehrheit der Deutschen, dass der Verfassungsprozess vorangeht; davon verspricht man sich auch Klarheit. Ich weiß nun sehr genau, wie schwierig diese Aufgabe im Augenblick ist. Da hat es gar keinen Sinn, wenn von dem einen oder anderen markige Töne gegen Polen kommen. Die Polen vertreten ihre Interessen. Da mag man anderer Auffassung sein, aber das weiß jeder von uns: Wenn jemand Interessen vertritt und in der Öffentlichkeit dann ständig Druck auf ihn gemacht wird, er womöglich noch beschimpft wird, dann wird für ihn die Möglichkeit, sich zu bewegen, wesentlich geringer. Deswegen sage ich den Polen: Ihr habt eine große Verantwortung dafür, dass diese Europäische Union vorankommt. Denkt daran: Sie ist auch eure Heimat in Gegenwart und Zukunft. Daher, Frau Bundeskanzlerin, bleibt uns wirklich nur übrig, auf Sie zu setzen, darauf, dass Sie dies schaffen können, dass Sie die Polen bewegen können, sodass wir darauf hoffen können, dass sie zur Einsicht kommen. Wir begleiten Sie. Wir hoffen, dass der Verfassungsprozess vorankommt, weil darin die Zukunft von Europa und auch die Zukunft unseres Landes liegt. ({12}) Natürlich erwarten wir von der Europäischen Union, dass sie die Zusagen, die sie gemacht hat, auch einhält. Ich denke an die Erweiterung der EU in diesem Jahr um Bulgarien und Rumänien. Wir haben hier im Parlament trotz einiger Bedenken und Fragen zugestimmt, und das war richtig, um die EU weiterzuentwickeln. Ende Juni wird nun die Stellungnahme zum Monitoring-Verfahren der beiden Länder vorgelegt, bei dem es um zwei Bereiche geht: Justiz und Korruption sowie Landwirtschaft und Hygiene. Wir erwarten, dass darin klar gesagt wird, wie die Situation wirklich ist. Wenn es weiteren Handlungsbedarf gibt, darf die Kommission kein Auge zudrücken, sondern muss ganz energisch darauf drängen, dass die Dinge, die nicht in Ordnung sind, verbessert werden. Die Zustimmung der Bevölkerung zur EU hängt auch davon ab, dass sie ihre Prinzipien nicht nachlässig, sondern konsequent auch bei denen umsetzt, die neu in die EU gekommen sind. ({13}) Nach dem Ende des G-8-Gipfels, nach mehreren Gipfeln in der EU und nach diesem letzten Gipfel können wir sagen: Es war eine erfolgreiche EU-Präsidentschaft Deutschlands und ein erfolgreicher G-8-Gipfel. Wir danken der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin dafür. Das sind gute Perspektiven für die Zukunft, auch unseres Landes. Vielen Dank. ({14})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun Renate Künast für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Renate Künast (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003576, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben Ihre Rede zum nächsten Europäischen Rat benutzt, um einige Worte über die deutsche Ratspräsidentschaft und Ihre angeblich erfolgreiche Arbeit zu sprechen. Ich will auf ein paar Punkte eingehen; meine Bilanz ist eine andere. Erstens. Sie haben den Vertrag von Prüm und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Polizeifragen angesprochen. Das war kein Glanzstück, weil dieser Vertrag den Austausch hochsensibler Daten ermöglicht. Das wurde von Deutschland forciert, und zwar ohne die Einbeziehung des Europäischen Parlaments und außerhalb der europäischen Strukturen. Das war kein Erfolg, Frau Merkel. ({0}) Was die Energie- und Klimapolitik angeht, Herr Kollege Westerwelle, hatte ich - mit Verlaub - das Gefühl, Sie redeten hier schon wieder als Juniorpartner. Aber die Betonung liegt auf „Junior“. ({1}) Meine Bilanz ist eine andere. Ich gebe zu, die Kanzlerin hat sich bemüht. Aber was materiell vereinbart wurde - „ernsthaft in Betracht ziehen bis 2050“ -, sind die Regelungen, die die USA schon Anfang der 90er-Jahre mit der Klimarahmenkonvention verabschiedet haben. Das war die alte US-Position, sich nicht zu bewegen, wenn nicht auch die Schwellenländer sich bewegen. Das war materiell nicht die Position der Europäischen Union. Insofern hat sich Bush durchgesetzt und nicht Merkel oder die EU. ({2}) Lesen Sie sich die Texte einmal durch; es gibt sie längst auf Deutsch. Dann stellen Sie fest, dass zwar am Ende die UN beteiligt sein sollen, vorher aber die US-Position kommt. Das halte ich für einen Mangel. Beim Thema Afrika ist meines Erachtens auch zu wenig geschehen, denn die Wiederholung alter Zusagen ist nicht ausreichend für die Menschen in Afrika. Diese Zusagen müssen umgesetzt und durchgesetzt werden, und die Afrikaner müssen einbezogen werden. Sie reden über Doha und beschwören, dass die Entwicklungsrunde der WTO sich weiterentwickeln muss. Dann machen Sie doch einfach einen konkreten Vorschlag! Gerade die CDU war es, die in den letzten Legislaturperioden Agrarreformen und den Abbau der handelsverzerrenden Exportsubventionen verhindert hat. Bewegen Sie sich endlich! Machen Sie die nächste Agrarreform, und geben Sie den Entwicklungs- und Schwellenländern die Möglichkeit, ihre Wirtschaft aufzubauen und Agrarprodukte nach Europa zu exportieren. Es ist ganz einfach; Sie müssen es nur wollen. ({3}) Rückblickend auf die Ratspräsidentschaft mein letzter Punkt. Wir haben die Sorge - das haben wir auch bei den Referenden mitbekommen -, dass die Menschen in Europa, auch in Deutschland, sich fragen: Ist die Europäische Union eine Union, die allein auf die wirtschaftliche Freiheit reduziert ist, oder bringt sie auch den Menschen etwas, schützt sie auch das Soziale? Da muss ich sagen: Bei dem einzigen sozialpolitischen Punkt, der auf der Agenda stand, nämlich der EU-Regelung zu Betriebsrenten, sind Sie nicht weitergekommen, Frau Merkel. Das wäre ein - wenn auch kleines, aber immerhin - Zeichen gewesen: Die Europäische Union ist für das Soziale, für die Alltagssorgen der Menschen da. Dass Sie da nicht weitergekommen sind, ist ein Mangel. ({4}) Frau Merkel, eigentlich sollte es nächste Woche beim Europäischen Rat um den Verfassungsvertrag und damit um die Menschen gehen. Ich sage Ihnen, Herr Kauder, am Ende geht es nicht nur darum, mehr EU/US-Standards zu schaffen, sondern entscheidend ist die Frage: Gehen wir vor den USA in die Knie, die bei vielen Themen eine kurzfristige, nur wirtschaftsinteressenorientierte Politik machen, oder erhalten wir die europäischen Standards? ({5}) Europa ist mehr als das, was die USA tun, auch im Alltagsgeschäft. ({6}) Wir wollen einen europäischen Verfassungsvertrag mit folgenden harten Punkten: Wir brauchen eine verbindliche Grundrechtecharta. Für die Menschen ist gerade dieser inhaltliche Punkt wichtig. ({7}) Wir brauchen weiterhin die Möglichkeit einer direkten Beteiligung durch ein europäisches Bürgerbegehren; diese muss beibehalten werden. Wir brauchen mehr gemeinsame Außenpolitik, sichtbar auch durch einen europäischen Außenminister. Wenn wir uns die Umfragen ansehen, Frau Bundeskanzlerin, dann stellen wir fest, dass eine breite Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Europa sogar noch mehr will: Sie will Lösungen in Fragen der Klima- und Energiepolitik sowie in Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik und ein Vorangehen auf europäischer Ebene. Deshalb fordern wir für die Bereiche Klima- und Energie- sowie Sozial- und Wirtschaftspolitik Zusatzprotokolle zum Reformvertrag; denn nur dann kommt die Europäische Union materiell weiter. ({8}) Wir wissen, Frau Merkel, Sie haben keine einfache Aufgabe. Ich weiß auch, dass Sie zum Teil andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Pflicht rufen müssen. Es geht an dieser Stelle nicht um die Kür. Hier dürfen auch nicht einige Staaten Animositäten ausleben. Wichtig ist ein Verfassungsvertrag, eine Lösung, die Europa wirklich weiterbringt, die es handlungsfähig macht. Nach 50 Jahren - Sie haben es angesprochen interner Regelung geht es jetzt darum, dass wir vom Wirtschaftlichen zum Sozialen und Ökologischen kommen, dass Europa international seine Aufgaben wahrnehmen kann und nach seiner Herrschaft des Rechts auch internationale Konflikte positiv beeinflussen kann. Deshalb bleibt mir am Ende nichts anderes übrig, Frau Merkel, als Ihnen für nächste Woche viel Erfolg zu wünschen. Der Ehrlichkeit halber füge ich hinzu, dass es mir natürlich nicht in erster Linie um Sie geht, sondern schlicht und einfach um Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger. Für diese müssen Sie verhandeln. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Nächster Redner ist der Kollege Axel Schäfer für die SPD-Fraktion.

Axel Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003624, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Erfolg des G-8-Gipfels brauchen wir jetzt auch den Erfolg im Rat auf dem EU-Gipfel in Brüssel. ({0}) Wenn wir als Europäer, entsprechend unserer Art, selbstbewusst unsere Interessen vertreten, wenn wir sie selbstbewusst mit Tapferkeit gegenüber den Freunden zur Geltung bringen, dann werden wir gemeinsam Erfolg in Europa haben. ({1}) Wir haben dabei eine klare Verpflichtung, nämlich nach der erfolgreichen Erweiterung 2004 jetzt eine Vertiefung zu erreichen, damit wir mit 27 Ländern in der Lage sind zu handeln, damit die Europäische Union mit 27 Mitgliedstaaten als Gemeinschaft handlungsfähig ist. Das steht im Zentrum der Tagesordnung, über die wir jetzt zu reden haben. Dabei müssen wir selbstbewusst auch über Selbstverständlichkeiten reden. Dazu gehört, dass 27 plus eins Staats- und Regierungschefs sich 2003/2004 auf etwas verständigt haben, was nun die Grundlage sein muss. 18 Parlamente haben den Vertrag ratifiziert; vier Länder gehören zu den Freunden der Verfassung. Bei aller Kompromissfähigkeit muss daher klar sein: Wir müssen uns daran orientieren und nicht an denjenigen, die eher weniger wollen. ({2}) Auf den Punkt gebracht heißt das ganz klar: Auch wenn wir in den Verhandlungen doch einen Schritt zurückgehen werden, so darf das für das gemeinsame Europa kein Rückschritt sein. Wir brauchen den Fortschritt in Europa für die Gemeinschaft, aber auch für die einzelnen Länder. Wir haben in diesem Parlament eine doppelte Verpflichtung. Unsere erste Verpflichtung ist die Verpflichtung zur Kontinuität. Der Verfassungsprozess, der in einem Reformvertrag endet und den wir jetzt zum Abschluss bringen wollen, wurde während der deutschen Ratspräsidentschaft 1999 mit Gerhard Schröder und Joschka Fischer begonnen. 2007 werden wir diesen Prozess mit dieser Kanzlerin und diesem Außenminister abschließen. Was wir auf den Weg gebracht haben, wird jetzt zu einem Erfolg werden. Dafür Glück auf, Frau Bundeskanzlerin, und Glück auf, Herr Bundesaußenminister! ({3}) Unsere zweite Verpflichtung ist - sie reicht von den Liberalen über die Christdemokraten und den Grünen bis hin zu den Sozialdemokraten -, dafür zu sorgen, dass das gemeinsame europäische Verständnis, das seit ungefähr einem Vierteljahrhundert entwickelt worden ist, weiterhin zum Tragen kommt. Das muss für dieses Haus, aber auch für unsere jeweiligen Parteifamilien gelten. Ich will niemanden persönlich anschauen und nicht die einzelnen Vertreter der Regierungen in Europa nennen, die ihre Wurzeln in europäischen Parteien haben. Wir als europäische Föderalisten in diesem Haus müssen den Verfassungsbogen so weit spannen, dass diese Verfassung von allen gemeinsam getragen wird. Auch das gehört zu den Verhandlungen: Bei den Kompromissen, die gefunden werden müssen, darf es keine Sieger und Besiegte geben. Zum Schluss muss sichergestellt sein, dass sich alle in den Ergebnissen wiederfinden. Den Skeptikern muss klar sein, dass es in fast jedem europäischen Land eine breite Unterstützung dafür gibt, dass wir zu einer gemeinsamen europäischen Verfassung kommen. Das ist gerade für die Regierungen wichtig, die jetzt offensichtlich Schwierigkeiten haben, diesen Ergebnissen, die wir erreichen wollen, zuzustimmen. Das sollten wir an dieser Stelle ganz deutlich betonen. ({4}) Wir müssen tragfähige Ergebnisse erzielen. Es kann nicht sein, dass wir nach all den Jahren - nach dem Countdown zur Verfassung im Jahre 1979, nämlich der Direktwahl des Europäischen Parlamentes, nach der Einheitlichen Europäische Akte weitere sieben Jahre später, nach dem Vertrag von Maastricht sechs Jahre später, nach Amsterdam fünf Jahre darauf und nach Nizza drei Jahre später - jetzt weitergehen, ohne zu einem Neustart zu kommen. Wir müssen einen Neustart hinlegen, der lange Zeit trägt. Wir müssen die Institutionen so stärken, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht den Eindruck gewinnen, nach dieser Vertragsreform würde schon bald die nächste kommen. Das würde bewirken, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr wissen, woran sie mit Europa sind. Sie haben aber ein Recht auf Stabilität in diesem Entwicklungsprozess Europas. Daher ist es notwendig, dass wir jetzt Fundamente schaffen, die für einen längeren Zeitraum gültig sind. Das muss uns allen bewusst sein. ({5}) Es geht hierbei um europäische Politik. Die Politik in Europa zu definieren, ist relativ leicht. Sie enthält vier zentrale Elemente, nämlich gesicherten Frieden, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stärke und nachhaltige Entwicklung. Aber diese Definition hat nicht nur etwas damit zu tun, was uns in Europa verbindet, sondern sie hat auch mit der Frage zu tun, wie wir diese Entwicklung in den einzelnen Ländern kommunizieren. Ich glaube, es wird bei diesem Gipfel von großer Wichtigkeit sein, deutlich zu machen, dass die geschlossenen Kompromisse, für die gekämpft werden muss, für jedes einzelne Land von Interesse sind. Denn die Staaten in Europa können für ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger, aber Axel Schäfer ({6}) auch für alle Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union dann gemeinsam besser handeln. Das muss die Denke sein. Deshalb ist mein Appell - nicht nur an die Regierung, wobei ich überzeugt bin, dass das Ganze bei ihr in guten Händen ist -, dass die Kommunikation in den einzelnen Ländern von den Regierungen ausgehen sollte, damit wir Europa zu einem gemeinsamen Erfolg machen und nicht zu einem Ergebnis kommen, das sich gegen dieses oder jenes Land richtet. Das würde Europa teilen, und das ist das Letzte, was wir gebrauchen können. ({7}) Wir sollten in dieser Stunde, da wir wissen, dass viele Bürgerinnen und Bürger vor allen Dingen außerhalb Deutschlands und viele Politikerinnen und Politiker große Erwartungen an die deutsche Ratspräsidentschaft richten, in einem historischen Bewusstsein handeln. Der Erste, der davon gesprochen hat, dass wir so etwas wie eine europäische Verfassung brauchten, war der Franzose Aristide Briand 1916 mitten in den Schrecken des Ersten Weltkrieges. Der Zweite, der dann schon den Entwurf eines Verfassungsvertrages für eine europäische Föderation vorgelegt hat, war der Brite Jennings 1940 in der tiefsten Dunkelheit europäischer Geschichte. Der amerikanische Philosoph Rifkin hat in seinem Buch „Der europäische Traum“ formuliert: Wir Amerikanerinnen und Amerikaner glauben, für den amerikanischen Traum sterben zu können. - Ich bedauere sehr, dass es jetzt in Europa Menschen gibt, die glauben, für eine Quadratwurzel sterben zu können. Jeremy Rifkin hat völlig recht: Wir glauben, dass wir für diesen europäischen Traum leben können. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. ({8})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Das Wort erhält nun der Kollege Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die Grünen.

Rainder Steenblock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002806, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir sind uns in ganz großer Mehrheit einig, dass wir diesen Verfassungsvertrag brauchen, weil die Europäische Union handlungsfähiger, transparenter und demokratischer werden muss. Der Verfassungsvertrag, so wie er vorgelegt wurde, ist dafür eine hervorragende Grundlage. Ich würde gerne zwei Punkte im Hinblick auf die Verhandlungen ansprechen, die mich sehr skeptisch dahin gehend stimmen, ob wir folgende Frage, die damit verbunden ist, lösen: Gelingt es uns mit diesem Vertrag, das Vertrauen der Menschen in die Problemlösungsfähigkeit der Europäischen Union wiederherzustellen? Es gibt ein Misstrauen - es ist berechtigt, wird aber auch von Gruppen ausgenutzt - in die Fähigkeit der EU, die Globalisierung tatsächlich sozialverträglich, ökologisch und nach vorne gewandt zu gestalten. Der erste Punkt dabei ist der Umgang mit der Grundrechtecharta. Ich halte das, was im Augenblick passiert, nämlich dass versucht wird, die Grundrechtecharta irgendwo in diesem Vertragswerk zu verstecken, für ein obskures Unterfangen, das das Misstrauen und die Ängste vieler Menschen nur vergrößert. ({0}) Wenn dieser Vertrag 2009 in Kraft tritt, haben wir Europawahlen. Wie können wir vor die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger in Europa treten, wenn wir sagen: „Die Grundrechtecharta, eure zentralen Rechte in der Europäischen Union, verschieben wir in irgendeinen Anhang, irgendeinen Annex“? Nein, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gehören Wort für Wort in dieses Vertragswerk. Es ist die Grundlage für das Vertrauen in dieses Erfolgsprojekt, das die Menschen auch brauchen. ({1}) Der zweite Punkt ist: Es gibt eine Debatte - sie ist hier noch nicht angesprochen worden - um die Rote Karte der nationalen Parlamente. Die Frage der Subsidiarität in Europa müssen wir sicherlich aus den nationalen Parlamenten heraus bestreiten. Es geht in Europa im Augenblick wirklich nicht darum, neue Blockademöglichkeiten aufzubauen. Es geht darum, Europa handlungsfähiger zu machen. Wir, die nationalen Parlamente, haben die Aufgabe, unsere Regierung bei ihrem Wirken auf europäischer Ebene zu kontrollieren. Wir alle wissen, dass wir im Deutschen Bundestag in der Vergangenheit nicht gerade an der Spitze waren, wenn es darum ging, ({2}) die notwendige Kontrolle zu leisten. Wir haben diese Aufgabe nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen. Wir haben uns in den letzten ein, zwei Jahren gemeinsam darum bemüht, die Voraussetzung zu schaffen, damit wir Informationen von der Bundesregierung bekommen können. Im Vergleich zu anderen europäischen Parlamenten sind wir diesbezüglich mittlerweile auch gut aufgestellt. Bevor die nationalen Parlamente aber das Europäische Parlament auffordern, die Bürgerinnen- und Bürgerrechte zu vertreten, sollten sie sich auf diese Aufgabe konzentrieren und Initiativen unternehmen, die von den Regierungen nach Brüssel getragen werden können. Wir dürfen keine neuen Blockademöglichkeiten, die den europäischen Integrationsgedanken noch weiter zurückdrängen würden, in dieses europäische Vertragswerk einbauen. Wir müssen vorankommen. ({3}) Wenn wir das Vertrauen der Menschen in die Lösungsfähigkeit der Europäischen Union wiedergewinnen wollen, dann muss die Europäische Union ihrer ökologischen Verantwortung gerecht werden und Vorreiter in Sachen Energie-, Klimaschutz- und Sozialpolitik sein. Wir müssen vorankommen, damit Europa die sozialen Interessen der Menschen tatsächlich schützen kann. Am meisten kritisiere ich an der deutschen Ratspräsidentschaft, dass wir in Fragen der Sozialpolitik nicht vorangekommen sind; null Fortschritte. Die Menschen erwarten aber, dass wir hinsichtlich der sozialen Verantwortung Europas vorankommen. In einem Zusatzprotokoll oder einem ähnlichen Dokument müssen wir die Verantwortung Europas für den Schutz des Klimas stärker betonen. Wir müssen geeignete Regelungen finden, damit die Europäische Union ihrer Verantwortung hinsichtlich der Energiepolitik gerecht werden kann. Wir müssen klare Zielvorstellungen haben und die Interessen, die die Menschen von der Europäischen Union wahrgenommen wissen wollen, vertreten. Dann hat die Europäische Union eine Zukunft, und zwar nicht nur in der Politik, sondern auch in den Herzen der Menschen, als die politische Organisation, die die Interessen der Menschen wirklich vertritt. Vielen Dank. ({4})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Dr. Peter Ramsauer ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Dr. Peter Ramsauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001772, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den Tag genau vor einem halben Jahr haben wir in einer Debatte vor dem Dezembergipfel das Arbeitsprogramm der deutschen Präsidentschaft erörtert. Wenn man heute, vor dem Schlussgipfel unserer Präsidentschaft, so etwas wie eine vorläufige Bilanz zieht und wenn man fair ist, dann muss man sagen - Herr Steenblock, das hätte ich auch von Ihnen erwartet -: Die deutsche Präsidentschaft hat Europa auf allen Gebieten deutlich vorangebracht. ({0}) Wenn Sie sich die Frühjahrsprognose der EU-Kommission ansehen, kommen Sie zu dem Fazit: Europa nimmt Fahrt auf. Mit Fug und Recht kann man sagen, dass Deutschland daran einen ganz wesentlichen Anteil hat, und zwar, indem es in der Europäischen Union beim Abbau der Arbeitslosigkeit Platz eins und bei der Zunahme des Wachstums Platz zwei einnimmt. Angesichts dessen verhallt Ihre Kritik, dass wir auf sozialem Gebiet nicht vorangekommen seien. Denn was ist sozialer, als Wachstum zu generieren, sodass die Arbeitslosigkeit in dem Maße sinken kann, wie wir es in den letzten zwölf Monaten erlebt haben? ({1}) Deshalb kann man sagen: Mit unserer Bundeskanzlerin als EU-Ratspräsidentin sitzen wir nicht mehr im Bremserhäuschen, wie es zu Ihrer Regierungszeit, Frau Künast, der Fall war, sondern wir haben uns wieder an die Spitze des europäischen Zuges gesetzt. Wir sind die Lokomotive. Da alles mit allem zusammenhängt, können wir uns gemeinsam darüber freuen, dass das Defizitverfahren gegen Deutschland eingestellt worden ist und eine solide Finanzpolitik betrieben wird. ({2}) Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch der bevorstehende Gipfel ein großer Erfolg wird. Wir können nicht nur deswegen stärker verhandeln, weil wir die EU-Ratspräsidentschaft innehaben - das ist ganz klar -, sondern auch, weil wir nicht mehr auf der wirtschafts- und haushaltspolitischen Anklagebank sitzen, wie wir es viele Jahre getan haben. Ich habe vorhin von dem Arbeitsprogramm gesprochen, das wir im Dezember erörtert haben. Wir können heute feststellen, dass wir in diesem halben Jahr eine ganze Reihe von sehr wichtigen Zielvorgaben durchgesetzt haben. Stichwort „Bürokratieabbau“: Wir kommen in Deutschland beim Bürokratieabbau natürlich nicht viel weiter, wenn Europa nicht mitzieht. Deswegen war es ein wichtiges Ergebnis des Rates im März, dass wir uns in Europa darauf verständigt haben, den Verwaltungsaufwand bis zum Jahr 2012 um 25 Prozent zu vermindern. Des Weiteren ist es uns gelungen, der europäischen Energiepolitik wieder eine gemeinsame Stimme zu geben. Wir haben uns darauf verständigt, von der unglaublich hohen, energiewirtschaftlich extrem bedenklichen Importabhängigkeit wegzukommen. Ich bin ein alter Energiepolitiker und auch Umweltpolitiker. Deswegen bin ich stolz darauf, dass wir diese Selbstverpflichtungen im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft hinsichtlich des Klimaschutzes erreicht haben. Es kann nicht oft genug gesagt werden - die Bundeskanzlerin hat dies in ihrer Regierungserklärung gerade getan -, dass der großartige Erfolg in Heiligendamm ohne die europäische Selbstverpflichtung hinsichtlich der Treibhausgasreduktionen nicht möglich gewesen wäre. ({3}) Man muss die Dinge immer im Zusammenhang sehen. Natürlich gibt es viel zu viele, die immer mehr wollen. Das sind Berufsnörgler, die kein gutes Haar an etwas lassen können. Ich bedanke mich sehr, Herr Kollege Westerwelle, dass Sie diesen Erfolg in so positiver Weise gewürdigt haben. Denjenigen, die nichts anderes können als nörgeln, muss man die Frage stellen: Wenn es Ihnen nicht recht ist, dass es so etwas wie G 8 gibt bzw. G 8 plus G 5, Schwellenländer, was schlagen Sie dann als Alternative vor? Diese Antwort sind Sie uns schuldig. ({4}) - Diese Frage muss zum Beispiel auch an ATTAC gerichtet werden. Meine Antwort darauf ist eine ganz einfache: Wenn es G 8 nicht gäbe, müsste man diesen Zusammenschluss einrichten. Im Grunde genommen dürfte nicht gegen G 8, sondern müsste für G 8 demonstriert werden. ({5})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Ramsauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nouripour von den Grünen.

Dr. Peter Ramsauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001772, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Ramsauer, wir wollen keine Nörgler sein und auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Sie haben ganz am Anfang gesagt, die Europäische Union sei in allen Politikbereichen durch die deutsche Ratspräsidentschaft weitergekommen. Ich stelle die sehr konkrete Frage: Welche legislativen Fortschritte machte die Europäische Union im Bereich der Sozialpolitik durch die deutsche Ratspräsidentschaft?

Dr. Peter Ramsauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001772, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich weiß nicht, ob Sie während der Regierungserklärung schon anwesend waren. Wenn Sie aufgepasst hätten, dann hätten Sie der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Punkt für Punkt die Antwort auf Ihre soeben gestellte Frage entnehmen können. ({0}) Deswegen gehe ich jetzt wieder zu meiner Rede über und wende mich dem Kollegen Lafontaine zu. Sie können sich jetzt wieder setzen. ({1}) Für Ihre Verhältnisse, Herr Kollege Lafontaine, war es eigentlich schon fast rührend, dass Sie vor dem von mir geschilderten Hintergrund die Notwendigkeit für solche Treffen wie G 8 anerkennen. Aber eines mutet eigenartig an: Auf der einen Seite sagen Sie zu Recht, dass diese Treffen erforderlich sind. Sie fordern Transparenz über all diese Vorgänge ein. Sie und Ihre Parteien ermuntern zu Demonstrationen und rufen regelrecht dazu auf, beklagen sich dann aber - dies geschah auch gerade hier am Rednerpult - darüber, dass darüber berichtet wird. Wenn man das alles macht und Transparenz verlangt, dann muss auch darüber berichtet werden dürfen. Dann darf man sich nicht über ein sogenanntes Medienspektakel beklagen. Das passt nicht zusammen. Ich bin über jede Information froh, die in der Öffentlichkeit über die G 8 verbreitet wird. Zu Beginn des Gipfels hatte ich die Befürchtung, dass nur über Krawall berichtet wird. Es ist auch über Krawall berichtet worden; diese Verbrecher - diesen Begriff hat Herr Kollege Westerwelle zu Recht verwendet - können in der Öffentlichkeit gar nicht genug angeklagt werden. Aber in der deutschen Öffentlichkeit ist Gott sei Dank auch ganz deutlich geworden, wofür die G 8 arbeitet und welche hervorragenden Chancen durch sie eröffnet werden können. Die Verabredungen von Heiligendamm stellen die Industrieländer vor gewaltige Herausforderungen, was die Treibhausgasreduktionen anbelangt. Aber das bietet im Rahmen der Globalisierung auch hervorragende Chancen, insbesondere für ein Hochtechnologieland wie das unsrige. Wir sind auf immer mehr Feldern der Hochtechnologie in der ganzen Welt führend. Bei jeder Auslandsreise, die ich unternehme, wird die deutsche Technologieführerschaft gerühmt. Das, was wir in unseren Köpfen entwickeln, werden Exportschlager. Das ist die Grundlage für eine exzellente Entwicklung, für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze und für den Aufschwung unserer Wirtschaft. ({2}) Ich habe bereits über die Zielvorgaben, die wir im Rahmen unserer Präsidentschaft durchgesetzt haben, gesprochen. Dazu gehören eingedenk der sozialen Fragen, die gerade angesprochen worden sind, natürlich auch die ganz konkreten Fortschritte, die die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung dargelegt hat. Dabei geht es, auch im sozialen Bereich, um Antworten auf die konkreten Fragen vieler Menschen nach dem Mehrwert, den uns Europa bietet. Die Menschen fragen sich: Was bringt uns Europa? Was haben wir trotz aller Kritik, die geübt wird, von der europäischen Einigung? Um genau diese Fragen geht es. Unsere Antworten müssen im täglichen Leben der Bürger spürbar sein. So gelingt es uns, Europa nicht nur mit abstrakten, verstandgesteuerten Argumenten zu begründen, sondern auch die Herzen der Menschen zu gewinnen. Europa gelingt nur gemeinsam; so lautet das Leitmotiv unserer Präsidentschaft. Aber Europa gelingt auch nur dann, wenn wir die Herzen der Menschen für uns gewinnen. ({3}) Das hat Helmut Kohl schon früher so formuliert. Dieses Leitmotiv gilt heute wie damals. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wünschen uns, dass der bevorstehende Gipfel einen Beitrag dazu leistet, dass wir die Herzen der Menschen gewinnen, dass Europa gemeinsam gelingt und dass die deutsche Präsidentschaft unter Ihrer Führung, Frau Bundeskanzlerin, als ein großartiger Meilenstein in die europäische Geschichte eingehen wird. Vielen herzlichen Dank. ({4})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Michael Roth, SPD-Fraktion. ({0})

Michael Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003213, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gelegentlich werde ich von Besuchergruppen gefragt, warum im Plenarsaal nicht nur die Deutschlandfahne, sondern auch die Europafahne errichtet ist. Meine Antwort lautet: Das ist unser Bekenntnis nicht nur zu unserer eigenen Nation, sondern auch zum vereinten Europa. Denn wir wissen: Ein starkes Europa liegt in unserem deutschen Interesse. Michael Roth ({0}) Frau Bundeskanzlerin, selbst wenn Sie es nicht schaffen sollten, dafür zu sorgen, dass die Symbole der Europäischen Union im Vertrag erhalten bleiben, wenn wir also, formal gesehen, auf die Europahymne oder auf die blaue Flagge mit den zwölf Sternen verzichten müssen, bin ich mir sicher: Hier wird diese Flagge stehen bleiben. Dieses Bekenntnis zum vereinten Europa wird auch ohne Erwähnung im Verfassungsvertrag bzw. in dem wie auch immer genannten Vertrag Bestand haben. Das sollte uns alle ermuntern, nicht frühzeitig Dinge aufzugeben, die deutlich machen, dass es eben nicht um eine papierne Gemeinschaft geht, sondern dass diese Gemeinschaft von einer gemeinsamen Idee getragen wird. ({1}) Ich bin der Bundeskanzlerin ausgesprochen dankbar, dass sie heute auch die Schwierigkeiten aufgezeigt und die Partner genannt hat, mit denen man noch intensiv reden muss. Was zeichnet die Europäische Union aus? Wir sind eben nicht nur stolz darauf, ein Raum der Freiheit, ein Raum der Demokratie, ein Raum der Rechtsstaatlichkeit zu sein, wir sind auch stolz darauf, ein Raum der Solidarität zu sein. Aber Solidarität ist nun einmal keine Einbahnstraße. Wir strengen uns an und wollen in den Verhandlungen darauf hinwirken, dass im Vertrag beispielsweise die Ergänzung eingeführt wird, dass die Mitgliedstaaten in der für die Zukunft wesentlichen Frage der Energieversorgung solidarisch füreinander einstehen. Dann erwarten wir aber genauso Solidarität, wenn es darum geht, zu verhindern, dass das nach langen, schwierigen Verhandlungen zustande gekommene Institutionenpaket jetzt wieder aufgeschnürt wird. ({2}) Wer die Büchse der Pandora öffnet, wird sie nicht wieder schließen können. Deswegen müssen wir am Prinzip der doppelten Mehrheit festhalten. Die doppelte Mehrheit ist inhaltlich gut begründet: Sie macht deutlich, dass es nicht allein um eine Union der Staaten geht, sondern auch um eine Union der Bürgerinnen und Bürger. Wenn die Umfragen denn stimmen, dass fast 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Polens mit dem vorliegenden Verfassungsvertrag einverstanden sind, scheint es kein Problem mit Polen zu geben, sondern mit der gegenwärtigen polnischen Regierung. Deshalb muss unser Appell nicht an die polnischen Bürgerinnen und Bürger gerichtet sein, sondern an die polnische Regierung. ({3}) Für die schwierigen Verhandlungen und für die Gespräche wünsche ich der Bundeskanzlerin und dem Außenminister alles Gute und Glückauf. ({4}) Ich frage mich manchmal, ob diejenigen, die sich hier am 25. März gemeinsam mit der Bundeskanzlerin und dem Außenminister versammelt haben, wissen, was sie damals einmütig beschlossen haben. Denn die feierliche Berliner Erklärung enthält einen Zeitplan. Es heißt dort, dass rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 die Europäische Union auf eine erneuerte vertragliche Grundlage zu stellen ist. Wenn dem so ist - und das haben alle 27 Staats- und Regierungschefs so gesehen -, dann kann man jetzt nicht mehr Zeit einfordern. Wir brauchen nicht mehr Zeit, wir brauchen endlich klare Entscheidungen, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, wie es mit dieser Europäischen Union, wie es mit dem Integrationsprozess weitergeht. ({5}) Dass jetzt verhandelt wird und dass auch Regierungschefs, die damals den Verfassungsvertrag unterzeichnet haben, neue Forderungen stellen, kann ich noch nachvollziehen. Was mich aber empört, ist die Diskussion über die Grundrechtecharta. Wenn es etwas gibt, worauf wir in Europa stolz sein können, dann ist das die Grundrechtecharta. Es ist doch wunderbar, wenn wir endlich deutlich machen: Europa ist nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, es ist eine Wertegemeinschaft. Das verbindet uns trotz aller politischen Unterschiede. Dafür sollten wir kämpfen, dafür sollten wir einstehen. Es geht nicht darum, in den nationalen Grundrechteschutz einzugreifen. Es geht vielmehr darum, dass die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union mit der Grundrechtecharta vor etwaigen Willkürentscheidungen der Institutionen der Europäischen Union geschützt werden. Das muss man doch auch einem Briten und anderen erklären können! Ich kann nicht verstehen, wie man jetzt fordern kann, die Grundrechtecharta müsse aus dem Vertrag verschwinden. Nein, sie muss rechtsverbindlicher Bestandteil dieses Vertrages werden, und die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Rechte einklagen können. ({6}) Ich bin dem Kollegen Rainder Steenblock dankbar, dass er noch einmal die Rolle der nationalen Parlamente angesprochen hat. Wir können zu Recht gemeinsam stolz darauf sein, dass wir uns auf einen schwierigen, aber lohnenswerten Weg begeben haben. Wir haben nämlich deutlich gesagt, dass wir keine neuen Blockaden errichten wollen, sondern dass wir die Kontrollmöglichkeiten des Bundestages innerstaatlich ausweiten und dazu beitragen wollen, dass die Entscheidungen, die auf der europäischen Ebene getroffen werden, näher am Bürger sind. Das geht aber nur im Dialog und manchmal auch in der Kontroverse mit der Regierung, die unser Land im Ministerrat vertritt. Es geht eben nicht, dass die nationalen Parlamente auf der EU-Ebene in Konkurrenz zum Europäischen Parlament und zu anderen Institutionen treten. Das ist das genaue Gegenteil von mehr Transparenz, ein Wort, das alle Politiker gerne im Munde führen. Deshalb lehnt meine Fraktion die rote Karte auch ganz klar ab. Wir wollen keine rote Karte für die nationalen Parlamente. Wir wollen eine konstruktive Rolle der nationalen Parlamente im europäischen Integrationsprozess. Deswegen bitte ich Sie, noch einmal darüber nachzudenken, ob man statt der dunkelgelben Karte vielleicht eine grüne Karte gewähren könnte. Michael Roth ({7}) Es mag sich jetzt vielleicht etwas kompliziert anhören, weil die meisten zu Recht sagen, dass das Initiativmonopol für Gesetzeswerke und Rechtsakte bei der EUKommission liegt. Es gibt aber auch eine Regelung, wonach das Europäische Parlament eine Initiative mit Mehrheit beschließen kann. Wäre es denn so falsch, wenn man dies auch in Richtung der nationalen Parlamente konstruktiv auf den Weg bringen würde? Man könnte sagen: Wenn ein Drittel der nationalen Parlamente einen Beschluss über eine Gesetzesinitiative fasst, dann muss sich die Europäische Kommission damit konstruktiv auseinandersetzen. - Ich möchte weg davon, dass die nationalen Parlamente auf der EU-Ebene als Blockierer dargestellt und auch diskreditiert werden. Ich möchte deutlich machen: Wir sind Gestalter und gehen mit diesem Europa verantwortungsbewusst um. ({8}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Antrag, den wir heute als Koalition hier einbringen, dokumentieren wir, dass die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister in der nächsten Woche nicht alleinstehen. Ihr Einsatz für mehr Demokratie, mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Handlungsfähigkeit und mehr Transparenz wird von dieser eindeutigen und klaren Mehrheit im Deutschen Bundestag getragen. Es liegt nicht allein im nationalen Interesse, über das leider viel zu oft geredet wird, sondern es liegt auch im europäischen Interesse, dass der Durchbruch endlich gelingt. Deswegen gelten unsere guten Wünsche der Bundeskanzlerin und dem Außenminister. Zum Schluss möchte ich gerne an das anschließen, was Hans-Ulrich Klose heute gesagt hat. Sollte meine Generation einmal in dein Alter kommen, lieber Ulli, dann wäre es doch wunderbar, wenn wir im Rückblick auf das Jahr 2007 sagen könnten: Es ist nicht nur gut, sich zu erinnern, sondern es sind auch gute Erinnerungen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({9})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich schließe die Aussprache. Bevor wir zur Abstimmung über die vorliegenden Entschließungsanträge kommen, nutze ich die Gelegenheit gerne, mit Blick auf die gerade in dieser Woche stattgefundene zweite gemeinsame Parlamentarierkonferenz von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und aller nationalen Parlamente der EU deutlich zu machen, dass die in dieser Diskussion von allen Fraktionen artikulierten Erwartungen an das erhoffte Ergebnis des europäischen Gipfels mit Blick auf die Stärkung der Handlungsfähigkeit, der demokratischen Legitimation und der Transparenz der Gemeinschaft offenkundig von einer ganz breiten Mehrheit der Parlamentarier aller Mitgliedstaaten getragen werden. Frau Bundeskanzlerin, das ist auch für das notwendige schwierige Gespräch mit den Regierungschefs der anderen Mitgliedstaaten möglicherweise keine belanglose Information und sollte am Schluss dieser Debatte heute noch einmal ausdrücklich festgehalten werden. ({0}) Dieser Eindruck wurde im Übrigen auch auf der COSAC-Konferenz - dem regelmäßigen Treffen der Mitglieder der Europaausschüsse aller nationalen Parla- mente -, die vor wenigen Wochen hier im Deutschen Bundestag stattgefunden hat, sowie auf der Konferenz der Parlamentspräsidenten dokumentiert, sodass in die- sem Zusammenhang mit guten Gründen von einer brei- ten Meinungsbildung unter den Parlamentariern Europas gesprochen werden kann. Ich komme nun zur Abstimmung über die Entschlie- ßungsanträge der Fraktion Die Linke zur Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin. Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Druck- sache 16/5619? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist abge- lehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag auf Druck- sache 16/5620? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Auch dieser Entschließungsantrag hat keine Mehrheit gefunden. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/5268, 16/5425 und 16/5441 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge- schlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Die Überweisungen sind so beschlossen. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frie- den sichernde Verfassung der Europäischen Union“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5647, diesen Antrag der Fraktion Die Linke abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfeh- lung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann ist diese Beschlussempfehlung ange- nommen. Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/5601 mit dem Titel „Die Verfasstheit der Europäischen Union zü- gig klären - Für ein klares und enges Mandat einer Re- gierungskonferenz“. Das war unser Zusatzpunkt 3. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Antrag ist angenommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 14 a bis 14 d auf: 14 a) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und Präsident Dr. Norbert Lammert asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union - Drucksachen 16/5065, 16/5527 - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck ({1}), Josef Philip Winkler, Britta Haßelmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes - Drucksache 16/3198 Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({2}) - Drucksachen 16/5621, 16/5654 Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Hartfrid Wolff ({3}) Ulla Jelpke b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({4}) - zu dem Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Hartfrid Wolff ({5}), Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Sprache schafft Identität und ist Schlüssel zur Integration - zu dem Antrag der Abgeordneten Hartfrid Wolff ({6}), Dr. Max Stadler, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Das Aufenthaltsrecht für Hochqualifizierte und Selbständige ändern - Integration maßgeblich verbessern - zu dem Antrag der Abgeordneten Hartfrid Wolff ({7}), Sabine LeutheusserSchnarrenberger, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Bleiberecht großzügig gestalten - Integration verbessern - zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Dr. Hakki Keskin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes sofort evaluieren - zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Petra Pau, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für einen umfassenden Schutz religiös Verfolgter in der Bundesrepublik Deutschland - zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge beim Zugang zum Arbeitsmarkt gleichstellen - zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für Humanität und Menschenrechte statt wirtschaftlicher „Nützlichkeit“ als Grundprinzipien der Migrationspolitik - zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck ({8}), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für ein integrationsförderndes, menschenrechtskonformes und humanitär ausgewogenes Zuwanderungsgesetz - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Kerstin Andreae, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Zuzug von Hochqualifizierten erleichtern - Drucksachen 16/2092, 16/4609, 16/4739, 16/1204, 16/4487, 16/4907, 16/5108, 16/5103, 16/5116, 16/5621, 16/5654 Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Hartfrid Wolff ({9}) Ulla Jelpke c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({10}) zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck ({11}), Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jah- res 2005 vorlegen - Drucksachen 16/940, 16/1704 - Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Dr. Michael Bürsch Dr. Max Stadler Ulla Jelpke d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({12}) zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck ({13}), Monika Lazar, wei10586 Präsident Dr. Norbert Lammert terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für eine wirksame Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Personen - Drucksachen 16/3340, 16/4828 Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Hartfrid Wolff ({14}) Ulla Jelpke Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union liegen zehn Änderungsanträge der Fraktion der FDP sowie zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Über zwei dieser Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie über den Gesetzentwurf der Bundesregierung werden wir später namentlich abstimmen. Ich mache schon jetzt darauf aufmerksam, dass nach den drei Abstimmungen zu diesem Tagesordnungspunkt heute noch zwei weitere namentliche Abstimmungen stattfinden werden. Für die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt ist eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann ist das so vereinbart. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Dr. Hans-Peter Uhl von der CDU/ CSU-Fraktion. ({15}) ({16})

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang war die öffentliche Diskussion geprägt von dem fruchtlosen Streit über die Frage: Ist Deutschland ein Einwanderungsland oder nicht? ({0}) Während wir hier über Definitionen gestritten haben, fand jahrelang ungeregelte Zuwanderung nach Deutschland statt. Man hat die Zuwanderer sich selbst überlassen, und zwar aus finanzpolitischen, aber auch aus ideologischen Gründen. Integration erledigt sich aber nicht einfach von selbst. Integration ist ein Prozess, der beiden Seiten - dem Zuwanderer und der Aufnahmegesellschaft - viel abverlangt. Vor allem aber ist Integration für den Staat, wenn er sie ernst nimmt, sehr, sehr teuer. Es ist noch nicht so lange her, es war in den 90erJahren, ({1}) während meiner Zeit als Kreisverwaltungsreferent in München, als ich das gefordert habe, was heute Gesetz wird, Herr Winkler. ({2}) Wenn damals jemand Deutschkenntnisse von Migranten verlangte, wurde er vor allem von den Grünen auf übelste Weise beschimpft. ({3}) Zwangsgermanisierung oder administrativer Rassismus waren die übelsten Schimpfworte. So wurde dies diskriminiert. Mittlerweile sind die meisten Politiker bis hinein in die Reihen der Grünen in der Realität der Zuwanderungsgesellschaft angekommen. Erstmals wird Integration als eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft verstanden. Der Paradigmenwechsel dieses Gesetzes lässt sich auf den Punkt bringen: Nicht alle Menschen, die zuwandern, sind eine Bereicherung, aber alle Menschen, die auf Dauer hier bleiben wollen, müssen integriert werden. Der Unterschied zwischen Arm und Reich wird größer. Der Migrationsdruck auf Europa nimmt zu. Früher kamen die Menschen hauptsächlich im Asylverfahren. Inzwischen kommen sie vermehrt durch Familiennachzug. Allein im vergangenen Jahr sind 43 000 Menschen im Zuge des Ehegattennachzugs eingereist. Aber nicht nur diese legale Zuwanderung, sondern auch die illegale Migration nimmt zu. Angesichts dieser Situation ist es unsere Aufgabe, den sozialen Frieden zu erhalten. Was heißt das konkret? Wir müssen die Zuwanderungsströme in unser Land kontrollieren ({4}) und - das ist in einer Industrie- und Wissensgesellschaft mit einem ständigen Fachkräftemangel noch viel wichtiger - dafür sorgen, dass hochqualifizierte Menschen den Weg nach Deutschland finden. ({5}) In diesem Zusammenhang sind zwei Zahlen zu beachten, die zusammengehören und die uns alle wachrütteln sollten. Im vergangenen Jahr - das ist die Folge der noch unter Rot-Grün eingeführten Greencard-Regelung - sind ganze 400 hochqualifizierte Fachkräfte nach Deutschland eingereist. ({6}) Das hat keine ausländerrechtlichen Gründe gehabt. ({7}) Denn allein 2005 haben 145 000 in der Regel hochqualifizierte Deutsche dieses Land verlassen. Kollege Grindel hat gestern im Innenausschuss bereits darauf hingewiesen. 400 Menschen kamen aus dem Ausland; 145 000 gingen ins Ausland. Das kann doch nichts mit ausländerrechtlichen Bestimmungen zu tun haben. Es muss andere Gründe haben. Ich lege großen Wert darauf, dass wir diese Gründe näher betrachten, ({8}) und zwar zusammen mit der FDP, die dazu sehr vernünftige Ansichten vertritt. Es muss also arbeitsmarktpolitische, wirtschaftspolitische und gesellschaftspolitische Gründe haben, warum so viele hochqualifizierte Menschen gehen und so wenige kommen. Den sozialen Frieden zu bewahren, bedeutet auch, sich mehr um die hier lebenden Ausländer zu kümmern und die Integration durchzusetzen. ({9}) Dazu gehört auch, dass Integrationsverweigerung wirksamer als bisher sanktioniert wird. Einem Hartz-IVEmpfänger in Deutschland, der sich weigert, sich zu integrieren und ein Minimum an Deutsch zu lernen, aber gleichzeitig die Hand aufhält und Sozialleistungen in Empfang nimmt, können diese Sozialleistungen in Zukunft um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Das ist gut so. ({10}) Mitten unter uns leben Frauen, ({11}) die in arrangierten Ehen eingesperrt und ihrer Rechte beraubt sind. Sie werden bewusst daran gehindert, Deutsch zu lernen. Diese frauenfeindlichen Parallelgesellschaften müssen von uns aufgebrochen werden. ({12}) Diesem Problem - das ist der Paradigmenwechsel, zu dem wir uns klar bekennen - werden wir uns mit zwei neuen Vorschriften zuwenden. Erstens wird beim Ehegattennachzug erstmals ein Mindestalter von 18 Jahren festgelegt. Zweitens - das ist vielleicht noch wichtiger muss der nachziehende Ehegatte vor seiner Einreise einfachste deutsche Sprachkenntnisse vorweisen. ({13}) - Das Ziel dieser Regelung ist nicht, wie Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, verleumderisch verbreiten lassen, dass wir Ehegattennachzug verhindern wollen. Ziel dieser Regelung ist vielmehr die Förderung der Integration. Bevor sich ein Mensch entschließt, seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlagern, ({14}) um hier eine Ehe einzugehen, Kinder zu bekommen und diese einzuschulen, kann man erwarten, dass er sich im Heimatland um einfachste Sprachkenntnisse bemüht, um sich in die Lage zu versetzen, sich sprachlich in unsere deutsche Gesellschaft einzufügen. Das ist alles, was wir wollen. ({15}) Wenn er auf diesem untersten Niveau, was seine Sprachkenntnisse angeht, in Deutschland angekommen ist, dann kann er hier richtig Deutsch lernen. ({16})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck zulassen?

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, bitte schön.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Bitte schön, Herr Beck.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Die Regelung, wonach Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sein müssen, müsste dann für jeden Ausländer gelten, egal woher er kommt. Warum gilt dann aber diese Regelung für den Türken und nicht für den Amerikaner und den Japaner? Hat die Unionsfraktion eigentlich schon etwas von dem besonderen Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes gehört, der nicht unter Sprachvorbehalt steht? ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege Uhl, Ihre Antwort wäre gleichzeitig das Ende Ihrer Rede. Ich möchte nur, dass Sie sie entsprechend gestalten.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich werde das Ende meiner Rede so gestalten, dass Sie, Herr Beck, eine Antwort bekommen. Diese lautet wie folgt: Art. 6 des Grundgesetzes wurde von uns natürlich berücksichtigt. Wir haben dabei externen Sachverstand genutzt. Die fragliche Regelung wird mit Sicherheit in Karlsruhe überprüft werden. Das Ergebnis wird lauten - das prognostiziere ich ganz kühn -: Sie ist verfassungsgemäß. ({0}) Kein Mensch fordert Sprachkenntnisse auf Abiturniveau. Die Europäische Union unterscheidet bei den Sprachkenntnissen zwischen den Fallgruppen A 1, A 2, B 1, B 2, C 1 und C 2. - Bitte bleiben Sie stehen, Herr Beck, wenn ich Sie aufkläre. Sie haben offensichtlich davon keine Kenntnis. ({1}) - Ich beantworte Ihre Frage. - Sie wollen wissen, wie das, was wir fordern, mit Art. 6 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen ist. ({2}) Wir fordern, dass diejenigen, die zu uns kommen, deutsche Sprachkenntnisse beherrschen, die der untersten der sechs Stufen, A 1, entsprechen. Sprachkenntnisse dieser Stufe befähigen dazu, zum Beispiel in einem Laden eine Flasche Milch zu kaufen, mehr nicht. Erst dann beginnt das eigentliche Erlernen der deutschen Sprache. Dies müssen wir voraussetzen, weil Sprachdefizite in bestimmten Fällen als Hauptintegrationshindernis auftreten. Die Kurse „Mama lernt Deutsch“ sind eine Antwort auf dieses Problem. Mütter, die zugewandert sind und hier Kinder bekommen haben, sind oft nicht in der Lage, ihren Kindern, die eine deutsche Schule besuchen, zu helfen, wenigstens einen Teil der Hausaufgaben zu kontrollieren oder ein Gespräch mit dem Lehrer zu führen. ({3}) Wenn ein Geschäftsmann mit seiner japanischen Ehefrau nach Deutschland kommt, findet diese Regelung keine Anwendung, weil es auf diesem Gebiet gar keine Integrationsdefizite gibt; das ist der Punkt. ({4}) Das ist eine intelligente Lösung. ({5}) Das Prinzip des Förderns und Forderns wird nun - das hat sich schon auf dem Integrationsgipfel widergespiegelt, der auf Veranlassung der Bundeskanzlerin durchgeführt wurde - erstmalig durchgesetzt. Vor 50 Jahren kam der erste sogenannte Gastarbeiter. Inzwischen sind Jahrzehnte ins Land gegangen. Sie rühmen sich zwar des Leitbildes einer multikulturellen Gesellschaft, sind aber nie auf die Idee gekommen, einen Integrationsgipfel durchzuführen, um sich um diese Menschen wirklich zu kümmern. ({6})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe mit dem Herrn Minister vereinbart, dass ich noch eine Minute sprechen darf.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Gut.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Unter Kaufleuten gilt: Wer schweigt, stimmt zu.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Der Minister hat genickt.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Er hat sogar genickt. Danke schön, Herr Minister. Wir mussten offensichtlich Parallelgesellschaften in unseren Großstädten sich entwickeln lassen, um zu lernen, dass man Integration einfordern muss. Wir mussten offensichtlich erst zur Kenntnis nehmen, dass in einer Stadt wie Berlin jeder zweite arbeitsfähige Mensch mit Migrationshintergrund arbeitslos ist, um zu handeln. Wir mussten erst feststellen, dass im Bereich der Jugendgruppengewalt 70 bis 80 Prozent der Jugendlichen in Berlin einen Migrationshintergrund haben, um uns diesem Personenkreis intensiv zuzuwenden. Ich bin froh, dass wir zu einer Einigung gekommen sind. Ich möchte mich in aller Form bei der SPD-Fraktion für die eineinhalbjährigen konstruktiven Verhandlungen bedanken. Das war nicht einfach; denn wir mussten Sie bei Rot-Grün abholen ({0}) und auf den Weg einer Volkspartei führen. ({1}) Wir sind gemeinsam dort angekommen. Vielen Dank für die konstruktiven Gespräche! ({2}) Noch mehr bedanken möchte ich mich bei Innenminister Schäuble. Immer dann, wenn es in den vergangenen eineinhalb Jahren schwierig wurde, sagten wir gemeinsam, Herr Wiefelspütz: „Hier hilft nur noch ein klärendes Ministerwort“, und dann wurden die Gespräche bei Minister Schäuble fortgesetzt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Ich bin jetzt nicht sicher, ob Herrn Schäuble überhaupt noch Redezeit bleibt.

Dr. Hans Peter Uhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003247, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mit diesem Dank an den Minister geht auch ein Dank an die Beamten des Innenministeriums. Danke schön. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Der Kollege Hartfrid Wolff hat das Wort für die FDPFraktion. ({0})

Hartfrid Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003866, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat im Zuge der Umsetzung der aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der Europäischen Union ein Sammelsurium von Änderungen im Aufenthalts- und Ausländerrecht vorgelegt. Sie gehen zum Teil weit über die Vorgaben der EU hinaus; zum Teil werden die EU-Richtlinien aber auch nicht richtig umgesetzt. Das vorgelegte Gesetz ist Stückwerk. Das ist das Ergebnis der Expertenanhörung im Innenausschuss. Der Bundesregierung wird auch attestiert: Ein Konzept zur Steuerung der Zuwanderung fehlt. Aber nicht nur das: Die Koalition hat zudem die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten. ({0}) Der Gesetzentwurf enthält in §§ 18, 27 a und 34 a Asylverfahrensgesetz dynamische Verweisungen auf Rechtsvorschriften der Europäischen Union und völkerrechtliche Verträge über die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen. ({1}) Diese Verweisungen haben zur Folge, dass nicht nur aktuelle, sondern auch alle zukünftigen Übereinkommen und EU-Rechtsvorschriften zur Abweisung an der Grenze, zur Unzulässigkeit des Asylantrags oder zur Abschiebungsanordnung gelten sollen, ohne dass ein Parlament zugestimmt hat. ({2}) Dadurch unterliegen wichtige Rechtsänderungen nicht mehr der Kontrolle des Deutschen Bundestages. ({3}) Das ist nicht demokratisch und schlicht verfassungswidrig; ({4}) denn Art. 16 a Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz stellt ausdrücklich den so möglichen Erlass einer Liste sicherer Drittstaaten unter Parlamentsvorbehalt. In der Sache birgt sie zudem die Gefahr einer erheblichen Ausweitung der deutschen Drittstaatenregelung. ({5}) Die Unionskollegen Grindel und Uhl haben sich erst vorgestern mit Nachdruck gegen eine Entmachtung des Bundestages ausgesprochen, ({6}) als sie auf die von EU-Kommissar Frattini gemachten Vorschläge zu einer EU-weiten Migrations- und Asylpolitik verwiesen. Das Verhalten der Union ist paradox. Mit der Zustimmung zu diesem Gesetz, zu diesen Verweisungen, entmachten Sie selbst den Bundestag, Herr Grindel. Vielleicht hätte es genutzt, wenn mehr CDUKollegen in der Expertenanhörung genauer zugehört hätten. ({7}) Aber Sie haben die Möglichkeit, dieses Problem noch zu heilen, indem Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Meine Damen und Herren, Bundespräsident Köhler hat sich letzte Woche ausdrücklich für eine Öffnung des deutschen Ausländerrechts ausgesprochen, und ich meine, zu Recht. Durch die systematische Gängelung insbesondere junger Menschen, die zu uns kommen, verhindern wir, dass sie ihre Energie und Kraft zum Nutzen unseres Landes einbringen können. Die FDP teilt die Auffassung von Horst Köhler, dass unser Land mit Weltoffenheit besser fährt. ({8}) Der Bundespräsident hebt - wie die FDP-Fraktion hervor: Deutschland ist darauf angewiesen, als Standort für ausländische Mitarbeiter, Forscher und Entwickler sowie Unternehmer attraktiv zu bleiben. ({9}) Auch wenn sich die Koalition schwer damit tut: Der Arbeitsmarkt ist schon längst international, lieber Herr Grindel. Die Einstellung von ausländischen Hochqualifizierten sorgt für weitere Investitionen in Arbeitsplätze und ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen essenziell. Es ist unverständlich, dass ausländische Absolventen deutscher Hochschulen durch das Vorrangprinzip in Deutschland nur schwer eingestellt werden können. Erst investieren wir in kluge Köpfe, und dann sollen unsere Unternehmen sie nicht einstellen dürfen. Die bürokratischen Hürden für die Beschäftigung von ausländischen Fachkräften generell müssen für Unternehmen deutlich gesenkt werden. Die jetzige Rechtslage benachteiligt gerade kleine und mittelständische Unternehmen massiv. Die bisherigen Regelungen sind zu bürokratisch und abschreckend, die Einflussmöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit deutlich zu weitgehend, und die Hürden für einen Zuzug von ausländischen Selbstständigen sind deutlich zu hoch. Die Regierung vernachlässigt dieses wichtige Thema eklatant. Hartfrid Wolff ({10}) Schlimmer noch: Bei der Arbeitsmigration ist der Bundesinnenminister persönlich offensichtlich orientierungslos. Einerseits antwortet das Bundesinnenministerium auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion, dass man sich eine Zuwanderungssteuerung, sogar ein Punktesystem, vorstellen könne - ganz die Linie von Peter Müller und Rita Süssmuth -, kurz danach lehnt der Innenminister dieses auf dem Evangelischen Kirchentag ab. Was gilt denn nun? ({11}) Um die Arbeitsmigration sinnvoll zu steuern, hat die FDP hier konkrete Vorschläge gemacht, die auch von den Gewerkschaften und den Unternehmen dringend angemahnt werden. Wir brauchen eine Zuwanderungssteuerung mit nachvollziehbaren Kriterien. Integrationspolitik muss werteorientiert sein. Zuwanderer sind zu fördern, aber selbst auch klar gefordert. Die deutsche Sprache, Demokratie und Rechtsstaat, die Grund- und Menschenrechte sind das für alle geltende Fundament unserer Gesellschaft. Sie sind aber auch eine attraktive Zielsetzung für Integration. Hier bedarf es sowohl deutlich ausgeweiteter Angebote und Anreize seitens des Staates als auch verständlicher Richtsätze, um ein klares Erwartungsbild an die Migrantinnen und Migranten aufzuzeigen. Das Gesetzespaket der Koalition bleibt leider vieles schuldig. Einzelne Ziele mögen zwar richtig sein, aber die Bundesregierung setzt viel zu oft auf falsche Instrumente. Individuelle Aspekte und behördliches Ermessen werden zu wenig berücksichtigt. Der Gesetzentwurf ist zuwanderungspolitisches Stückwerk, in vielen Bereichen unausgewogen, schadet unserer Wirtschaft und ist darüber hinaus in verschiedenen Teilen verfassungswidrig. ({12}) Die FDP lehnt dieses Gesetzespaket ab. ({13})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Der Kollege Fritz Rudolf Körper hat das Wort für die SPD-Fraktion. ({0})

Fritz Rudolf Körper (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001162, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder fünfte Einwohner in Deutschland hat einen sogenannten Migrationshintergrund. Daran wird deutlich, welch einer Herausforderung wir ausgesetzt sind. Die zum Teil überzogene und emotionale Debatte der Vergangenheit, ob Deutschland ein Zuwanderungsland ist oder nicht, ist angesichts dieser aktuellen Fakten überhaupt nicht zu verstehen. ({0}) Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns den Themen sachlich, nüchtern und objektiv zuwenden. Was das Thema Integration anbelangt, haben wir - das darf man offen bekennen - einen Nachholbedarf. ({1}) Wenn beispielsweise über 30 Prozent der Migrantinnen und Migranten zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsausbildung sind, dann ist das ein Zustand, den wir nicht einfach hinnehmen können. ({2}) Deswegen ist es auch wichtig, dass das Thema Integration als gemeinsame Aufgabe verstanden wird. Ich sage an dieser Stelle ganz ausdrücklich: Auch unsere Länder haben hier ihre Hausaufgaben zu machen. ({3}) Es ist wichtig, zu erkennen, dass das eine gemeinsame Aufgabe ist, auch eine Aufgabe, die sich in Europa stellt. Wir sind mit diesen Fragen nicht alleine. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir diese EU-Richtlinien umsetzen. Elf sind es insgesamt, neun sind schon verfristet. Das heißt, das Tempo hätte ein höheres sein können. Das will ich hier nur hinzufügen, aber nicht kritisieren. Wir haben schwierige Verhandlungen gehabt. Das will ich gar nicht verkennen. Allerdings muss ich im Hinblick auf Herrn Dr. Uhl sagen, dass Belehrungen der Art, woher wir kommen und wie wir geprägt sind, nicht nötig sind. ({4}) Ich denke, dass wir unsere sozialdemokratischen Positionen hier sehr deutlich gemacht haben. ({5}) Ich will auch zugeben, dass das Ganze schwierig ist; der Gesetzentwurf ist ein Kompromiss. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf das Wiederkehrrecht von zwangsverheirateten Frauen eingehen. Unser Vorschlag für § 37 des Aufenthaltsgesetzes ist aufgrund bestimmter Interventionen in den Verhandlungen gestrichen worden. ({6}) Da mit einer solchen Wiederkehr kein Massenproblem, kein Massenphänomen verbunden ist, hätte es uns gut angestanden, es bei dem zu belassen, was wir vorgeschlagen haben. ({7}) Ich gebe also zu: Der Gesetzentwurf ist ein Kompromiss. Wir können ihm deswegen sehr gut zustimmen, weil in ihm eine Bleiberechtsregelung verankert ist. Diese Regelung betrifft insbesondere Kinder und Jugendliche, die schon lange hier in Deutschland leben, die Deutsch besser als ihre Muttersprache können und die ein ganzes Stück integrationsfest sind. Es ist im Grunde genommen ein unwürdiger Zustand, sie in einem unsicheren Aufenthaltsstatus zu belassen. ({8}) Man kann über diese Bleiberechtsregelung streiten; das ist gar keine Frage. Ich sage aber ganz deutlich: Wir können zumindest 60 000 Menschen hier in Deutschland helfen. Ich denke, das steht uns gut an. ({9}) Lieber Herr Winkler, ich wäre froh gewesen, wenn es uns gelungen wäre - ich sage das einmal im Hinblick auf die Vergangenheit -, eine bundesgesetzliche Bleiberechtsregelung zustande zu bringen. ({10}) In der Vergangenheit hat die Innenministerkonferenz zwölf oder 13 Beschlüsse gefasst, die ein bestimmtes Segment erfassten. Ich finde, wir können darauf stolz sein, dass auf der Grundlage dieser Beschlüsse bundeseinheitliche Regelungen zustande gekommen sind. ({11}) Ich will aber auch zugeben, dass wir an dieser Stelle weiteren Handlungsbedarf sehen. Ich möchte nicht verhehlen, dass diese Bleiberechtsregelung nicht verhindert - dieses Problem bringt sie mit sich -, dass es neue Altfälle gibt. Deswegen haben wir konkrete Vorschläge in Bezug auf § 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes gemacht. Wir wollen, dass die Länder ein Entscheidungsinstrument haben. Sie sollen ein Stück weit dafür Sorge tragen können, dass mit Blick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen zukünftig verhindert werden kann, dass weitere Bleiberechtsfälle hinzukommen. ({12}) Herr Grindel, Herr Kollege Schäuble, ich darf Sie ganz herzlich bitten, sich dazu bereit zu erklären, dass wir darüber noch einmal miteinander reden. Wir wissen, dass auch dieser Fakt in den Ländern umstritten ist. Im Übrigen ist auch die Auslegung des jetzigen § 25 des Aufenthaltsgesetzes strittig. Im Interesse der Betroffenen wäre es notwendig, an dieser Stelle für Besserung zu sorgen. Ich hoffe hier auf konstruktive Mitarbeit. ({13}) Als Zwischenergebnis möchte ich heute festhalten: Wir brauchen erneut eine Diskussion über das Thema Staatsbürgerschaftsrecht. Wir müssen dieses heikle Thema noch einmal aufgreifen. Ich denke dabei insbesondere an die Hinnahme der sogenannten doppelten Staatsbürgerschaft. Ich finde, sie ist richtig. Wir sollten außerdem auf das Punktesystem zurückgreifen, das das alte Zuwanderungsgesetz enthielt. Darüber wird jetzt wieder diskutiert. ({14}) Die Debatte ist mit dem heutigen Tag nicht beendet, sondern sie muss fortgeführt werden. Es gibt genug Fragen, die uns beschäftigen müssen. Wir stimmen diesem Gesetzespaket zu. Gar keine Frage: Es gibt unsererseits ein paar Kritikpunkte, auch was den Spracherwerb anbelangt. Über das Thema Härtefallregelung beim Nachzug haben wir eine verfassungsrechtliche Debatte geführt. Ich glaube aber, dass die Vorteile dieser bundesgesetzlichen Bleiberechtsregelung überwiegen. Wir können 60 000 Menschen helfen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. ({15})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Die Kollegin Sevim Dağdelen hat das Wort für Die Linke. ({0})

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen: Die bisherige Entwicklung und die bisherigen Maßnahmen sind offenbar zu sehr von der Priorität arbeitsmarktpolitischer Gesichtspunkte geprägt worden, während die ebenso gewichtigen sozial- und gesellschaftspolitischen Postulate nachrangig erschienen. Dieses Zitat stammt aus dem Jahr 1979, und zwar vom ersten Ausländerbeauftragen der Bundesregierung, dem Sozialdemokraten Heinz Kühn. Nicht den sozialen Postulaten, sondern dem Diktat der wirtschaftlichen Interessen folgten die Bundesregierungen auch in den späteren Jahrzehnten. Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Heute, 14 Jahre später, wird ein weiterer Angriff auf die Rechte von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten womöglich eine parlamentarische Mehrheit finden. Damals wie heute folgt die Gesetzesänderung der rassistischen Einteilung - und der damit verbundenen Abwertung - von Menschen nach ihrer ökonomischen Nützlichkeit. So geht es der Bundesregierung in der Migrationspolitik um die Flüchtlingsabwehr und die Auslese von Fachkräften und Hochqualifizierten für ihren globalen Standortwettbewerb. Die Integrationspolitik ist dagegen durch einschneidende Sanktionen im Rahmen einer sozialpolitischen Selektionspolitik gekennzeichnet. Die Bundesregierung begründet die zahllosen Verschärfungen mit der Umsetzung von elf EU-Richtlinien. Dabei sehen diese den Großteil der Verschärfun10592 gen gar nicht vor. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht einmal zwingende Normen der EU-Richtlinien wie der subsidiäre Schutz für Kriegsflüchtlinge, die Beachtung des Kindeswohls und die Sicherstellung der Behandlung von besonders Schutzbedürftigen finden sich im Gesetzentwurf wieder. Änderungen, deren Notwendigkeit durch die dreitägige Anhörung deutlich wurde, unterbleiben in Gänze. Gar nichts mit den EU-Richtlinien haben die Verschärfungen im Einbürgerungsrecht und bei den Integrationskursen zu tun. Die Einführung von Einbürgerungstests, die Streichung der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche bis 23 Jahre werden vor allem eine Auswirkung haben: Menschen auch weiterhin von der demokratischen Mitbestimmung durch Wahlen auszuschließen. ({0}) „Es liegt doch klar auf der Hand: Sie wollen die ausländischen Arbeiter in Deutschland, aber sie sollen in Deutschland Sklaven sein“, sagte der SPD-Abgeordnete Karl Liebknecht bereits 1912 bei den Beratungen des damaligen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Angesichts der Diskussion heute muss ich sagen: Es hat sich kaum etwas verändert; nur die SPD ist nicht mehr das, was sie war. ({1}) Sie behaupten zynisch, ihr Gesetz diene der Integration und der Bekämpfung von Zwangsverheiratungen. Tatsächlich aber greifen Sie in das Grundrecht auf Familienzusammenführung und -zusammenleben ein, indem der Ehegattennachzug beschränkt wird. Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen zum Schutz Zwangsverheirateter oder Zwangsverschleppter, wie wir sie immer gefordert haben, wie sie auch von den Sachverständigen bei der Anhörung im Ausschuss und sogar vom Bundesrat gefordert wurden, werden hier nicht ergriffen. Bei in Deutschland Eingebürgerten wird der Nachzug zudem noch von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht. Damit werden Eingebürgerte im Nachhinein rassistisch diskriminiert und ganz einfach zu Deutschen zweiter Klasse. Es geht also keineswegs um von Zwangsverheiratung bedrohte Frauen. Aber glaubwürdig war es sowieso nicht, dass Sie, vor allem in der CDU/CSU-Fraktion, sich für die Rechte von Frauen einsetzen. ({2}) Deutlich wird auch, was Sie unter „präventiver Integration“ verstehen: Niemanden mehr reinlassen. Wenn niemand mehr reinkommt, muss auch niemand mehr integriert werden. Die, die hier sind, sollen mit sozial- und aufenthaltsrechtlichen Sanktionen integriert werden. In diesem Zusammenhang zaubern Sie diesen Popanz des integrationsunwilligen Ausländers herbei. Nicht einmal der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Herr Schmid, konnte Ihnen da folgen. Er hat im Innenausschuss der Aussage zugestimmt, dass die Beteiligung von Alteinwanderinnen und Alteinwanderern an den Integrationskursen ausgezeichnet ist, obwohl sie keinen Rechtsanspruch haben und keine Informationen bekommen. Lieber führen Sie für öffentliche Stellen eine Denunziationspflicht ein, nach der vermeintliche Integrationsdefizite den jeweiligen Ausländerbehörden zu melden sind, oder verlängern die Dauer der systematischen Schlechterstellung von Asylsuchenden und von geduldeten Flüchtlingen mit ihrem ohnehin um 35 Prozent gekürzten Existenzminimum von drei auf vier Jahre. Die SPD hat der faktischen Abschaffung des Asylrechts 1992 unter dem Vorwand einer Bürgerkriegsregelung zugestimmt. Diese Regelung wurde in der zwölfjährigen Zeit ihres Bestehens genau einmal angewandt: Das war 1999 bei der zeitweiligen Aufnahme von Kosovoflüchtlingen. Heute stimmen Sie diesem Gesetzespaket mit inakzeptablen, grundrechtswidrigen und unbegründeten Verschärfungen zu - als Preis für eine sogenannte Altfallregelung, die überhaupt gar keine ist. Während die CDU/CSU nur das macht, was sie ständig propagiert, zeigt die SPD wieder einmal ihren Januskopf: Integration predigen, aber Integrationsbedingungen verschlechtern. ({3}) Abschließend möchte ich hinzufügen: Heribert Prantl schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 5. April 2007: Es gibt zehn Regeln, an die man sich halten muss, um den Ausländern in Deutschland den Weg zur Integration erfolgreich zu verbauen. Da kann ich nur sagen: Bravo! Die Bundesregierung hat es geschafft, sich an alle zehn Regeln zu halten. ({4})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Jetzt spricht Josef Winkler für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen.

Josef Philip Winkler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003660, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein Wort an den Kollegen Körper: Sie haben gerade die Position der SPD-Fraktion vorgetragen. Ich nehme Ihnen sogar ab, dass Sie in den Verhandlungen all das verlangt haben, was Sie eben vorgetragen haben. Von heute an gilt als Position der SPD-Bundestagsfraktion aber das Gesetz, dem Sie zustimmen, und nicht das, worüber Sie in Zukunft noch verhandeln wollen. ({0}) Wir beraten heute in diesem Hohen Hause das umfangreichste Paket an Einschränkungen von Bürgerrechten für Ausländer und Asylbewerber seit Jahrzehnten. ({1}) Sevim DaðdelenSevim Dağdelen Der heutige Tag wird für alle Ausländerinnen und Ausländer, die in Deutschland leben, einen Wendepunkt in der Nachkriegsgeschichte bedeuten. Von heute an ist klar, dass sich der Staat von jeglicher Verpflichtung zur Förderung der Integration befreit und ab sofort nur noch Integration unter Strafandrohung erzwingen will. Denn die Förderung der Integration ist als Gesetzeszweck aus dem Entwurf gestrichen worden. Nicht einmal offensichtliche Verstöße gegen das Grundgesetz oder das Europarecht wurden von Ihnen im parlamentarischen Verfahren korrigiert. Man fragt sich eigentlich, wofür man das überhaupt noch braucht. ({2}) Dass Sie humanitäre Maßstäbe im Umgang mit Ausländern in Deutschland nicht mehr beachten, überrascht uns als Opposition wirklich nicht mehr. Das ist wirklich ein Armutszeugnis für Sie. Ich will einige Punkte nennen. Das grundgesetzlich geschützte Recht auf das Zusammenleben von Ehepartnern wird in Zukunft auf bestimmte Nationalitäten beschränkt. Die Einschränkungen beim Familiennachzug werden insbesondere Türkinnen und Türken betreffen. Es ist überhaupt nicht klar geworden, Herr Kollege Uhl, weshalb bei Türkinnen und Türken das Grundgesetz nicht mehr oder nur eingeschränkt gilt, wenn es um das eheliche Zusammenleben geht, es aber bei Japanern, Amerikanern, Kanadiern und anderen weiter gilt. ({3}) Das einzige Mittel, um den Opfern von Zwangsheirat wirksam zu helfen, wäre die Einräumung eines Aufenthaltsrechts auch ohne Ehemann. Das sagen alle Fachverbände, und das war bei den Sachverständigenanhörungen ganz klar. Nach Ihrer Logik kann die Ehefrau, wenn sich der Mann von ihr scheiden lässt, dann zwar Deutsch, wird aber abgeschoben, wenn sie ins Frauenhaus geht. Wie ist ihr denn damit geholfen? Das ist doch lächerlich! ({4}) Auch bei der Einbürgerung werden zum Beispiel für junge, in Deutschland geborene und aufgewachsene Ausländerinnen und Ausländer neue Hürden geschaffen. Auch Bürgerkriegsflüchtlinge und Opfer von Menschenhandel erhalten nicht den Mindestschutz, der in den EURichtlinien vorgesehen ist. ({5}) Eingebürgerte Ausländerinnen und Ausländer, wie ich zum Beispiel einer bin, sollen lebenslang in einer Datei gespeichert werden, wohl um sie in Zukunft von „echten“ Deutschen unterscheiden zu können. Zu welchem Zweck Sie das in das Gesetz geschrieben haben, bleibt offen. Es steht weder im Gesetz noch in der Begründung, wie diese virtuelle Unterscheidung von Deutschen und „richtigen“ Deutschen die Integration fördern soll. Das glauben Sie doch selbst nicht. Das ist das Allerletzte. ({6}) Diese Liste könnte ich mühelos noch um Dutzende Beispiele erweitern. Wir haben dazu eine ganze Reihe von Änderungsanträgen in den Ausschüssen beraten; die wurden ausnahmslos abgelehnt. Deswegen haben wir heute noch einmal exemplarisch zwei Anträge zur namentlichen Abstimmung vorgelegt. Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Die von Ihnen hier als großer Erfolg dargestellte Bleiberechtsregelung kann niemanden darüber hinwegtäuschen, dass Sie für Millionen von Ausländerinnen und Ausländern, von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern eine erhebliche Verringerung der Bürgerrechte in Kauf genommen haben. ({7}) Deshalb appellieren wir an Sie, wenigstens unseren Änderungsanträgen zur Einführung einer Härtefallklausel beim Familiennachzug und zu Erleichterungen beim Zuzug Hochqualifizierter zuzustimmen. In unserem Änderungsantrag zum Familiennachzug schlagen wir vor, dass wenigstens dann, wenn die nachreisende Ehegattin in ihrem Herkunftsstaat keine Chance hatte, die deutsche Sprache zu erlernen, oder wenn sie zum Beispiel schwanger ist - eigentlich wollen wir überhaupt nicht, dass Deutschkenntnisse vor dem Zuzug nachgewiesen werden müssen -, die Härtefallregelung gilt. Darüber werden wir in diesem Hohen Hause namentlich abstimmen lassen, damit nachweisbar ist, wer dagegen war. ({8}) Auch bezüglich der Zuwanderung aus wirtschaftlichen Zwecken haben wir einen Regelungsvorschlag gemacht, der Forderungen des Bundesrates, der Wirtschaftsverbände, aber auch des DGB zur Liberalisierung der Zuwanderungsregelungen für Hochqualifizierte aufnimmt. Ich kann zusammenfassend nur sagen: Heute wird ein frauenfeindliches, familienfeindliches, integrationsfeindliches sowie menschenrechts- und grundrechtswidriges Gesetzespaket von der Großen Koalition beschlossen. Das ist schädlich, schäbig, schändlich. ({9})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Das Wort hat der Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble.

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht ist es wichtig, ins Bewusstsein zu rufen, dass Mobilität und Migration in dieser Zeit der Globalisierung Phänomene sind, die die Gesellschaften weltweit maßgeblich prägen. ({0}) Aus diesem Grund sind das Bewahren von Offenheit und Toleranz sowie das Gelingen von Integration eine der großen Aufgaben. Sie erfordert viel verantwortliches Handeln. Im Übrigen erfordert sie in unserer grundgesetzlichen Ordnung ein enges Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft. Deswegen liegt mir daran, dass das, was wir in - zugegebenermaßen vielen und manchmal mühsamen, aber am Ende guten - Verhandlungen zustande gebracht haben, nicht einfach als Kompromiss um des Kompromisses willen verstanden wird, wie es immer dargestellt wird, sondern als Ergebnis einer Suche nach einem Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Interessen auch zwischen Bund und Ländern. Denn wir können Bleiberechts- oder Altfallregelungen nicht ohne engen Kontakt mit den Ländern, die ihre eigenen Verantwortlichkeiten haben, gestalten. Da haben wir einen guten Weg gefunden, und wir sind weiter gekommen als viele andere. ({1}) Integration muss gelingen, und dieses Gesetz ermöglicht Integration besser. Man kann bei der Frage einfacher Sprachkenntnisse, auch im Zusammenhang mit dem Ehegattennachzug, nicht einfach ignorieren, dass bis zu 50 Prozent der zweiten und dritten Generation türkischer Abstammung Ehepartner heiraten, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind. Hier tätig zu werden, übrigens zusammen mit den für die Community der Menschen türkischer Abstammung der zweiten und dritten Generation Verantwortlichen, ist eine der großen Aufgaben, damit Integration besser gelingt. ({2}) Wer das verweigert und so redet, wie Sie das getan haben, Herr Kollege Winkler, versündigt sich an dem Ziel gelingender Integration in diesem Land. ({3}) Eine zweite Bemerkung in allem Ernst, weil Sie es sich mit Ihrer Polemik meines Erachtens ein wenig zu leicht machen, ({4}) weil Sie der Schwere der Verantwortung und der Aufgabe nicht gerecht werden und weil wir alle es uns nicht leicht gemacht haben, aber weil wir diese Verantwortung spüren und sie wahrnehmen: Man kann diese Aufgaben heute nur in einem gemeinsamen europäischen Ansatz wahrnehmen. ({5}) Wir sind ein Europa; darüber haben wir heute schon geredet und waren uns in den Grundzügen auch weitgehend einig. Dazu gehören offene Grenzen und zum Beispiel die Erweiterung des Schengenabkommens Ende dieses Jahres. Aus diesem Grund brauchen wir einen gemeinsamen europäischen Ansatz. Wir brauchen ihn bei der Bekämpfung illegaler Migration und bei der Steuerung legaler Migration. ({6}) Ich komme nachher noch darauf zurück, Herr Kollege Wolff, einschließlich einer Bemerkung zum Kirchentag.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Minister, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nouripour zulassen?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Ich möchte diesen Gedanken erst noch zu Ende führen. Deswegen ist es gut und notwendig, dass wir diese elf aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien, die schon vor Jahren erlassen wurden - Sie waren während dieser Zeit lange in der Verantwortung -, nun in die nationale Gesetzgebung umsetzen. Das haben wir endlich gemeinsam geschafft; es ist spät genug. Bitte, Frau Präsidentin, jetzt möchte ich die Zwischenfrage gerne zulassen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, Sie haben gerade Anmerkungen zum Familiennachzug von Ehegatten mit Anmerkungen zur zweiten Generation vermischt und daraus eine Integrationsangelegenheit gemacht. Darauf will ich jetzt nicht eingehen. Ich möchte aber gerne zwei Sätze aus der Begründung Ihres Gesetzentwurfes vortragen: Gebildete Männer und Frauen sind nach dem Familienbild der betreffenden Kreise unattraktiver, sie sind schwerer „kontrollierbar“, worauf es den Zwang ausübenden Personen aber maßgeblich ankommt. Auch einfache Sprachkenntnisse bedeuten eine solche Bildung. Vorher wird erwähnt, dass diese Bildung eine präventive Maßnahme gegen Zwangsverheiratung sei. Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, was Sie mit „betreffenden Kreise“ meinen, ist meine Frage: Worin besteht eigentlich die Prävention, wenn nach Ihrer Definition erst die Zwangsheirat und dann die Sprachkurse kommen? Wo ist da, bitte schön, die Bildung, die präventiv wirken soll?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Sie haben die Begründung vielleicht gelesen, aber sicherlich nicht verstanden. Es geht nämlich um zwei verschiedene Dinge. Das eine ist die Bekämpfung der Zwangsheirat, und das andere ist die Förderung von Integration und die Bekämpfung des Missbrauchs des Familiennachzugs, der die Integration in der dritten Generation verhindert. Darüber habe ich geredet, aber nicht über die Bekämpfung der Zwangsheirat. Es geht in diesem Zusammenhang schon um die Erkenntnis, dass die Ehepartner wenigstens Grundkenntnisse in unserer Sprache haben müssen, wenn sie nicht nur im eigenen Familienverband kommunizieren wollen. Wenn diese Menschen gewisse Grundkenntnisse haben, dann ist die Chance, dass sie in der Obhut des Familienclans gehalten werden, geringer und die Chance für Integration ist höher. Hundertprozentig wirkt diese Maßnahme nicht, aber sie geht in die richtige Richtung. Und Sie werden sehen, es gibt dagegen keine verfassungsrechtlich durchgreifenden Bedenken. ({0}) Wir müssen illegale Migration bekämpfen. Wir müssen zugleich die Fähigkeit behalten, Menschen, die in Not sind, zu helfen. ({1}) Deswegen haben wir in dieser Woche beim Europäischen Rat der Innenminister in aller Klarheit gesagt: Es steht völlig außer Frage, dass jeder, der in Lebensgefahr schwebt, gerettet werden muss, unabhängig davon, in welches Land er hinterher kommt. Das ist Europa sich selbst schuldig; das ist die gemeinsame Politik aller europäischen Innenminister.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Minister, es gibt jetzt den Wunsch der Kollegin Dağdelen nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie diese Frage zulassen?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Ich möchte gerne den nächsten Punkt ansprechen. Ansonsten kann ich mein Versprechen, die Redezeit des Kollegen Uhl entsprechend auszugleichen, nicht halten. Wir müssen bei der Steuerung legaler Migration zwei Gesichtspunkte beachten; darauf habe ich auf dem Kirchentag hingewiesen. Dort ging es übrigens um die Aufnahme von Flüchtlingen und nicht um Arbeitsmigranten. Ich habe in Bezug auf die Steuerung legaler Migration gesagt, dass wir unsere Verantwortung für die Arbeitsmärkte wahrnehmen müssen. Herr Kollege Körper, diese Verantwortung trägt in der Regierung vor allen Dingen der Arbeitsminister. Er hat die Solidarität des Innenministers bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung verdient, und er hat sie auch. Wir müssen also unsere Verantwortung für die Arbeitsmärkte im Blick haben. Deswegen ist es eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten und nicht der Europäischen Union. ({0}) Wir dürfen bei dem, was mit den Stichworten Punktesystem und Attraktivität für Hochqualifizierte umrissen wird, die Interessen der Entwicklungsländer nicht ganz vergessen. Wenn die entwikkelte Welt die Leistungsfähigen aus der weniger entwickelten Welt abziehen wollte, dann würde sie ihren Verpflichtungen gegenüber Afrika nur unzureichend gerecht. Auch das muss man auf einem Kirchentag sagen. Ich habe es getan. Das ist kein Widerspruch. ({1})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Nun gibt es den Wunsch des Kollegen Wiefelspütz nach einer Zwischenfrage. Möchten Sie diese Frage zulassen?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Diesen Wunsch kann ich nur mit Freude entgegennehmen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Wiefelspütz.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das könnte mir schaden, Herr Minister.

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Das war Absicht.

Dr. Dieter Wiefelspütz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002506, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich unterstelle immer solche Absichten. Herr Minister Schäuble, ganz ernsthaft: Ist das Punktesystem für Sie ein Thema, über das in den kommenden Monaten zu reden lohnte? ({0})

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Herr Kollege Wiefelspütz, wir haben gemeinsam - auch mit dem Kollegen Müntefering und der Kollegin Schavan - verabredet, dass wir im Laufe dieses Gesetzgebungsverfahrens und gegebenenfalls danach darüber reden, welche weiteren Schritte wir in der Frage der Steuerung legaler Migration gehen. Das ist miteinander verabredet. Im Übrigen war es insbesondere die Forderung der Forschungs- und Bildungsministerin, dass wir uns da mehr bewegen. Dann haben wir gesagt: Darüber werden wir weiter reden. Das führt mich zu meiner letzten Bemerkung, Frau Präsidentin - Kollege Uhl hat schon darauf hingewiesen -: Wir haben uns viel Mühe gegeben - übrigens nicht nur in den verschiedenen Teilen unserer Koalition, sondern auch in der Verantwortung von Bund und Ländern -, zu den unterschiedlichen Gesichtspunkten gemeinsame Lösungen zu finden. Ich werbe noch einmal dafür, dass wir die Verantwortung der Innenpolitiker und der Arbeitsmarktpolitiker sehen. Auch der Kollege Müntefering - das ist richtig - hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir insgesamt zu einer Lösung gekommen sind. ({0}) Auch das darf bei dieser Gelegenheit gesagt werden. Ich möchte mich bei allen bedanken. Ich weiß, dass ein solch kompliziertes Unterfangen niemals allen Gesichtspunkten gerecht werden kann. Aber ich glaube, dies ist nicht nur ein mehrheitsfähiger Kompromiss. Ich glaube, dies ist eine Regelung zwischen Bund und Ländern, die die Chancen für Integration und damit für Offenheit und Toleranz in diesem Lande sowie die Sicherheit der Menschen deutscher Abstammung und der Menschen mit Migrationshintergrund verbessert. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. ({1})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Es liegen jetzt drei Wortmeldungen zu einer Kurzintervention vor, die ich im Zusammenhang aufrufe, sodass der Minister danach, so er das möchte, im Zusammenhang antworten kann. Eine Kurzintervention angemeldet haben der Kollege Beck, die Kollegin Dağdelen und der Kollege Winkler, der persönlich angesprochen wurde. Herr Beck, bitte.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Minister, ich hätte eigentlich erwartet, dass uns der Verfassungsminister hier erläutert, wie seine Vorstellungen beim Ehegattennachzug mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes zu vereinbaren sind. ({0}) Der Vorschlag, den Sie hier gemacht haben, ist offensichtlich verfassungswidrig. Mir haben viele Kollegen aus der SPD gesagt, sie stimmten dem nur zu, weil sie wüssten, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das aufheben werde. Es ist allerdings eine merkwürdige Auffassung von Gesetzgebung, dass man verfassungswidrige Gesetze beschließt, weil man sicher ist, dass sie keinen Bestand haben. ({1}) Sie behaupten, dass das, was Sie hier vorschlagen, gut für das Vorgehen gegen Zwangsheirat und gut für die Frauen sei. Mir fällt auf, dass die CDU/CSU immer dann besonders feministisch wird, wenn sich dies gegen die Ausländer instrumentalisieren lässt. Wie soll das denn eigentlich funktionieren? Eine Frau wird in Anatolien zu einer Ehe gezwungen. Das deutsche Ausländerrecht verhindert, dass sie zu ihrem Ehemann nach Deutschland kommt. Glauben Sie wirklich, dass dieser Frau in Anatolien damit geholfen ist, oder glauben Sie nicht viel eher, dass es besser wäre, wenn sie nach Deutschland kommt, hier über ihre Rechte aufgeklärt wird und ihr unter Umständen Frauenhilfeorganisationen helfen, aus dieser Zwangslage herauszukommen? Bewirkt Ihre Regelung nicht das glatte Gegenteil von dem, was sie nach dem, was Sie vortragen, angeblich bewirken soll? ({2}) Dass es Ihnen nicht um die Frauen und die Opfer geht, sieht man sehr schön an einem weiteren Punkt in diesem Gesetzentwurf. Sie setzen damit die Richtlinie gegen den Menschenhandel um. Wie Sie diese Richtlinie umsetzen, zeigt, dass Sie gerade einmal ein Minimum für den Schutz der Opfer festlegen. In dieser Richtlinie ist vorgesehen, dass Frauen, die Opfer von Menschenhandel werden, sechs Monate Zeit haben, sich zu überlegen, ob sie mit der Polizei zusammenarbeiten, bevor sie in ihr Heimatland abgeschoben werden. Was macht Ihre Koalition? Sie begrenzt diesen Zeitraum auf drei Monate. In dieser Richtlinie wird verlangt, dass die betroffenen Frauen hier eine anständige medizinische Betreuung bekommen. Sie sehen für diese Frauen die Regelungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor. Das heißt, die Frau, die von ihrem Zuhälter zur Prostitution gezwungen wird und die Zähne herausgeschlagen bekommt, bekommt keine entsprechende medizinische Behandlung bezahlt. ({3}) Sie bekommt, wenn sie traumatisiert wurde, weil sie hier als Sexsklavin arbeiten musste,

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Beck!

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

- nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht die notwendige psychotherapeutische Betreuung bezahlt.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Beck, das ist eine Kurzintervention. Deswegen müssen Sie bitte zum Schluss kommen.

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn Ihnen die Frauen so wichtig sind, warum tun Sie für die Opfer nicht das, was die Richtlinien der Europäischen Union vorschreiben?

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Beck!

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich bin sehr betrübt darüber, dass die Sozialdemokraten einem solchen Gesetz in das Bundesgesetzblatt verhelfen. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention hat die Kollegin Dağdelen.

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Minister, nachdem Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben, bleibt mir nichts anderes übrig, als eine Kurzintervention zu machen. Ich will auf zwei Punkte Ihrer Rede eingehen. Erstens. Sie können sich zwar oft dazu beglückwünschen und sich auf die Schulter klopfen, dass Sie mit einem solchen Gesetzespaket die Integration fördern. Es steht allerdings immer noch die Frage im Raum, wie es kommt, dass 22 Organisationen, die an dem Integrationsgipfel teilnehmen, sich in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin gewendet haben und ihre Kritik darin deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Der Gesetzentwurf ist ihrer Auffassung nach sowohl nicht EUrichtlinienkonform als auch nicht verfassungskonform. Abgesehen davon, ob ein Gesetzentwurf verfassungsoder richtlinienkonform ist, ist für mich entscheidend, ob er politisch sinnvoll ist. Der Bundesausländerbeirat hat gestern im Zusammenhang mit der Abstimmung im Innenausschuss eine Presseerklärung herausgegeben, in der er sagt, dass dieses Gesetzespaket ein Integrationsverhinderungsgesetz ist und nicht, wie Sie dauernd predigen, ein die Integration förderndes Gesetz. Ich schließe mich dieser Auffassung an. ({0}) Zweitens. Sie sprachen von Migration und Mobilität im Zusammenhang mit der Globalisierung. An einer Grenze der EU, im Mittelmeer, kommen 10 000 Menschen zu Tode; das ist mittlerweile ein großer Friedhof. Ist das die Art von Globalisierung, von Freizügigkeit, die Sie wollen? Wir haben auf der einen Seite die Freizügigkeit der Waren, schränken aber auf der anderen Seite die Freizügigkeit der Menschen - das ist ein Menschenrecht ein, indem wir die Grenzen im Süden Europas immer weiter abschotten. Im letzten Jahr sind, wie gesagt, 10 000 Menschen vor den Grenzen zur EU zu Tode gekommen; 351 Menschen starben auf dem Weg zu uns. Verstehen Sie das unter Freizügigkeit, Mobilität und Migration? ({1})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Der Kollege Winkler hat das Wort zu einer Kurzintervention.

Josef Philip Winkler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003660, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin. - Der Herr Bundesinnenminister hat mir nach seiner Meinung vorhalten müssen, dass ich mich versündige - an was auch immer. An den Menschen? Mir ist nicht ganz klar geworden, woran. Dazu will ich Folgendes sagen: Ich bin Mitglied im Ausschuss für politische und ethische Grundsatzfragen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Führen Sie sich einmal die Papiere und Forderungskataloge zu Gemüte, die die Kirchen in den letzten Jahren in Deutschland zur Ausländerpolitik und Integrationspolitik aus christlicher Überzeugung aufgestellt haben! Bedenken Sie dabei, wie wenig davon in diesem Gesetzespaket enthalten ist! Mir stellt sich die Frage, wer sich hier woran versündigt. ({0}) Lesen Sie einmal, was die EKD-Synode, die Katholische Bischofskonferenz, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und eine Vielzahl anderer kirchlicher Dachorganisationen gefordert haben! Mir stinkt es sowieso, dass Sie meinen, Sie hätten, weil Sie das christliche C im Namen Ihrer Partei tragen, diesen Anspruch gepachtet. Auch ich bin Christ, auch ich bin Politiker. Sie versündigen sich an den Menschen! ({1})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Herr Dr. Schäuble, Sie möchten antworten?

Dr. Wolfgang Schäuble (Minister:in)

Politiker ID: 11001938

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen, es kurz zu machen. Ich bitte aber, die Kürze meiner Ausführungen nicht als Unfreundlichkeit zu empfinden. Herr Kollege Beck, ich habe versucht, auf die Einwendungen einzugehen - die Sie bzw. die anderen Kollegen vorgebracht haben -, dass die von uns vorgesehenen Regelungen zum Ehegattennachzug auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Ich teile sie überhaupt nicht, weil ich ganz sicher bin, dass wir das sorgfältig geprüft haben. Sie werden sehen, dass es zulässig und sogar richtig ist. Sie sind anderer Meinung. Gott sei Dank ist es in unserer pluralistischen Demokratie möglich, unterschiedlicher Meinung zu sein. Darüber streiten wir nicht. Jetzt haben Sie nach meiner Meinung gefragt. Wir haben sorgfältig geprüft, dass es dem Schutz von Art. 6 GG nicht entgegensteht, zu sagen: Man erhält die Nachzugserlaubnis für Ehegatten nur, wenn be10598 stimmte Minimalvoraussetzungen gegeben sind. Für diese Regelung gibt es einen sachlichen Grund. ({0}) Diesen sachlichen Grund habe ich genannt. Er besteht darin, dass bis zu 50 Prozent der dritten Generation bestimmter Zugewanderter Ehegatten haben, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind. Das spricht dafür, dass es sich oft um arrangierte Ehen handelt; da geht es noch gar nicht um die Zwangsverheiratung. Dies ist ein integrationsverhindernder Missbrauch, den wir gerade im Sinne von Art. 6 des Grundgesetzes bekämpfen müssen. ({1}) Meine zweite Bemerkung richte ich an die Kollegin Dağdelen. Natürlich ist es wahr, dass dabei eine Vielfalt von Gesichtspunkten und Interessen vertreten werden. Das gilt, Kollege Winkler, auch für Stellungnahmen der beiden Kirchen. Ich bin - das erwähne ich, da wir gerade schon bei Bekenntnissen sind - Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ich habe mich vielen Diskussionen ausgesetzt. Kollege Wolff hat meine Ausführungen auf dem Kirchentag erwähnt, allerdings in genau der gegenteiligen Richtung. Daran können Sie die Vielfalt von Gesichtspunkten sehen. Angesichts der Vielfalt von Interessen und Gesichtspunkten ist es doch geradezu zwingend, dass ein solches Gesetz, das komplexe Gesichtspunkte berücksichtigen muss - in der unterschiedlichen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen; ich habe davon gesprochen -, niemals die Erwartungen einer Seite zu hundert Prozent erfüllen kann. Wer das glaubt, ist nicht in der Lage, in der pluralistischen Demokratie zu verantwortlichen gesetzgeberischen Regelungen zu kommen. Die beiden Kirchen haben anerkannt, dass es eine deutliche Verbesserung ist. Die beiden Kirchen wie alle gesellschaftlichen Gruppen erkennen an, ({2}) dass diese Bundesregierung große Anstrengungen unternimmt, um Integrationsdefizite in unserer Gesellschaft zu bekämpfen; dies betrifft auch und im Besonderen das Verhältnis zu den Muslimen, die in Deutschland leben. Deswegen sind wir auf dem richtigen Weg. ({3}) Im Übrigen, Frau Kollegin Dağdelen, über die Menschen, die in den Meeren vor den Küsten Europas ertrinken, habe ich gesprochen. Vielleicht haben Sie nicht zugehört. Ich habe mit großem Nachdruck und großer Klarheit dazu gesagt - auch am Dienstag in der Konferenz der Innenminister -: Wenn ein Mensch aus welchen Gründen auch immer in Seenot ist, gibt es - niemand in Europa ist anderer Meinung - keinen Grund, zu sagen: Um Gottes willen, da wollen wir lieber nicht hinschauen. Wer gerettet werden kann, muss gerettet werden. Aber gerade damit nicht so viele ertrinken, müssen wir die kriminellen Menschenhändler, die diese Opfer auf das Meer bringen und deren Leben gefährden, noch erfolgreicher bekämpfen. Das ist gemeinsame europäische Politik. Es ist keine fruchtbare politische Debatte, wenn Sie, nachdem ich das gesagt habe, wider besseres Wissen Ihre Vorwürfe wiederholen. Herr Kollege Winkler, ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie anderer Meinung sind. Vielmehr habe ich gesagt: Die Tonart, in der Sie dieses Problem behandeln, wird dem Anliegen, das friedliche, tolerante Zusammenleben von Menschen - 20 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund - zu fördern, nicht gerecht. Denn nur dem, der mit der Vielfalt der Interessen und der Ängste, die die Menschen haben, verantwortlich umgeht, wird Integration gelingen. Daher sollten Sie Ihre Sprache noch einmal überprüfen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger habe ich gemeint. ({4})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Zum Abschluss dieser Debatte hat jetzt das Wort der Kollege Sebastian Edathy für die SPD-Fraktion. ({0})

Sebastian Edathy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003111, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als letzter Redner in der Debatte zu sprechen, gibt mir die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass es uns allen ganz gut täte, wenn wir bei der Diskussion über ausländerrechtliche Fragen, aber auch über Fragen der Integrationspolitik ein Stück weit verbale Abrüstung betreiben würden, weil das der Versachlichung dienen würde. ({0}) Wir sind mit der heutigen Beschlussfassung über den vorliegenden Gesetzentwurf nicht am Ende der Debatte über die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Ausländerrechts angelangt. Schon gar nicht sind wir am Ende der Debatte über die Notwendigkeit, die Integrationsmaßnahmen weiterzuentwickeln und sie künftig effektiver und besser zu gestalten. Ich möchte einige Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfs hervorheben und dazu die Meinung der SPDBundestagsfraktion pointiert zum Ausdruck bringen: Die SPD-Fraktion stimmt diesem Gesetzentwurf mit großer Mehrheit zu, weil er erstmals eine gesetzliche Bleiberechtsregelung enthält, von der viele Menschen werden profitieren können, die sich in einer misslichen Situation befinden: Sie leben schon lange in Deutschland, können aber nicht abgeschoben werden. Über ihnen und ihren Familien schwebt das Damoklesschwert, das Land möglicherweise innerhalb weniger Wochen oder Monate verlassen zu müssen. Das ist zum einen unter humanitären Gesichtspunkten eine unerträgliche Situation, zum anderen ist es eine Situation, die auch volkswirtschaftlich alles andere als vernünftig ist. Obwohl diese Menschen es könnten, haben wir sie bisher nicht in die Lage versetzt, selbst für sich zu sorgen und sich in Deutschland eine Lebensperspektive aufzubauen. Mit dieser Bleiberechtsregelung ändern wir das. ({1}) Gleichwohl sage ich Ihnen voraus, dass wir in wenigen Jahren erneut über dieses Thema werden reden müssen, ({2}) weil es in den Verhandlungen zwischen SPD und Union nicht gelungen ist, eine dauerhafte Regelung für die Menschen zu schaffen, die schon einige Jahre in Deutschland leben und künftig in die Kettenduldung „hineinwachsen“ werden. Diese Menschen haben aufgrund der Stichtagsregelung kein Bleiberecht. Für diese Menschen haben wir allerdings das Recht geschaffen, ab dem fünften Aufenthaltsjahr in Deutschland arbeiten zu dürfen. Als Sozialdemokrat sage ich aber: Wenn wir diesen Menschen nach vier Aufenthaltsjahren die Erlaubnis geben, hier zu arbeiten, wenn sie also gut genug sind, hier arbeiten zu dürfen, dann müssten sie, wenn sie nicht abgeschoben werden können, auch gut genug sein, ein Bleiberecht zu erhalten. Wir werden uns dafür einsetzen. ({3}) Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Thema Einbürgerung. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Hürden, die genommen werden müssen, bevor eine Einbürgerung stattfinden kann, schon jetzt alles andere als niedrig sind. Nun kommt eine weitere Hürde hinzu: Künftig soll, möglicherweise in Form eines Einbürgerungstests, ein Nachweis von Kenntnissen über die deutsche Gesellschaft und Rechtsordnung erfolgen. Das kann man grundsätzlich befürworten. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden allerdings sehr genau darauf achten, wie diese Regelung ausgestaltet wird. In Deutschland gibt es nicht zu viele Einbürgerungen, sondern zu wenige. ({4}) Als Demokratinnen und Demokraten wollen wir, dass die Ausländerinnen und Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben, keine Bürger zweiter Klasse sind, sondern zur Einbürgerung eingeladen werden. Als ich jünger war - daran kann ich mich noch gut erinnern -, gab es bei Kindergeburtstagen ein Spiel, das sich „Wurstspringen“ nannte. Es bestand darin, dass in der Regel im Garten eine Leine gespannt wurde, an der Würste befestigt wurden. Diese Leine wurde von den Erwachsenen gehalten, und die Kinder mussten springen und nach den Würsten greifen. Immer dann, wenn sie sie fast erreicht haben, wurde die Leine etwas höher gehalten. Bei Kindergeburtstagen ist „Wurstspringen“ ja ganz lustig. Die SPD wird aber darauf achten, dass wir in Deutschland kein „Wurstspringen“ mit Ausländern veranstalten. ({5}) Ich möchte deutlich sagen: Wir erwarten vom Integrationsgipfel unter anderem, dass eine Kampagne gestartet wird, in deren Rahmen die Menschen, die die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, aufgerufen und eingeladen werden, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Wir wollen nicht den Eindruck erwecken bzw. das Klima erzeugen, als sei Einbürgerung unerwünscht. Einbürgerung ist erwünscht. Seitens der SPD gilt das auf jeden Fall. ({6}) Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen - in dieser Hinsicht bin ich mit der Regelung, die wir gefunden haben, nicht zufrieden -: Einen rechtlichen Zustand, von dem wir eigentlich wissen müssten, dass er veränderungswürdig ist, verändern wir durch dieses Gesetz nicht. Dabei geht es um die Frage: Wollen wir an der Frist von sechs Monaten festhalten, innerhalb derer ein Mensch, der ein Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, dann, wenn er vorübergehend im Ausland lebt, hierher zurückkehren muss, wenn er sein Aufenthaltsrecht nicht verlieren möchte? ({7}) Da wir in Deutschland lange über die Bekämpfung von Zwangsehen diskutiert haben, weise ich darauf hin: Wenn wir dieses Thema ernst nehmen, können wir Frauen, die ins Ausland verschleppt, möglicherweise im Urlaub zwangsverheiratet und beispielsweise von ihren Schwiegereltern festgehalten werden und daher länger als sechs Monate nicht in Deutschland sind, doch nicht einfach sagen: Da hast du Pech gehabt, jetzt musst du bei dieser Familie bleiben. ({8}) Diese Frauen brauchen ein Rückkehrrecht. Dieses Thema muss wieder auf die Tagesordnung. ({9}) - Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, Frau Dağdelen. Ich habe sowieso nur noch eine Minute und 45 Sekunden Redezeit.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Möchten Sie der Kollegin Dağdelen zu einer Zwischenfrage und sich noch zu etwas mehr Redezeit verhelfen?

Sebastian Edathy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003111, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Frau Dağdelen, bitte schön.

Sevim Dağdelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003746, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Lieber Kollege Edathy, es ist schon bemerkenswert, wie Sie hier versuchen, die Kolleginnen und Kollegen Ihrer eigenen Fraktion davon zu überzeugen, diesem Gesetzentwurf, der hier eigentlich von jeder Seite kritisiert wird - auch Sie stimmen, wie Ihre Kritik zeigt, mit mir offensichtlich überein -, zuzustimmen. Sie sprechen davon, dass Sie Einbürgerung befürworten und dass die SPD-Fraktion findet, dass zu wenig Menschen eingebürgert werden. Wie kommt es dann, dass in Berlin, wo Rot-Rot regiert, in einer Kampagne dafür geworben wird, sich, weil das einfacher sei, vor Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfes einbürgern zu lassen, in Nordrhein-Westfalen hingegen der sogenannte Integrationsminister Laschet von der CDU erklärt, man solle das lieber nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfes machen? Sollen sich die Leute jetzt vorher einbürgern lassen oder nachher? Stimmen Sie mit mir überein, dass dieser Gesetzentwurf eine Verschlechterung der jetzigen Rechtslage des Staatsangehörigkeitsgesetzes mit sich bringt? Ein weiterer Punkt betrifft die Beendigung des Aufenthaltsrechts, wenn sich jemand länger als sechs Monate im Ausland aufhält. Stimmen Sie mir zu, dass die Regelung, die Sie gerade gefordert haben - dass man, wenn man verschleppt oder zwangsverheiratet worden ist, auch nach mehr als sechs Monaten im Ausland nach Deutschland zurückkehren darf -, in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht enthalten ist?

Sebastian Edathy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003111, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dass es so sein müsste, habe ich gesagt. Eine solche Regelung steht aber nicht in dem Gesetzentwurf; das ist richtig. Frau Dağdelen, ich will zu dem, was Sie mich gefragt haben, einige Ausführungen machen. Gerade die SPDBundestagsfraktion hat keinen Belehrungsbedarf, was Fragen des Einbürgerungsrechtes betrifft. ({0}) Wir haben in der ersten rot-grünen Wahlperiode gemeinsam mit der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht auf ein modernes Niveau gehoben und dabei mentale Blockaden - die bei Teilen unseres aktuellen Koalitionspartners leider noch bestehen - beiseiteschieben können. Als zweiten Punkt haben Sie das Rückkehrrecht angesprochen. Wir verschärfen die geltende gesetzliche Regelung nicht, verbessern sie aber auch nicht, was die Frist von sechs Monaten betrifft. Ich finde das bedauerlich; das will ich in aller Offenheit sagen. Denn wenn man es mit dem Schutz von Frauen, die Opfer von Zwangsverheiratungen geworden sind, ernst meint, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und CSU, ({1}) dann muss man sich auch überlegen, wie man damit umgeht, wenn sie ins Ausland verschleppt werden. ({2}) Deswegen hoffe ich, dass Sie im Prozess der Entideologisierung Ihrer ausländerrechtlichen Positionen weitere Fortschritte machen. ({3}) Die Hoffnung stirbt zuletzt. Außerdem haben es die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in der Hand, für andere Mehrheitsverhältnisse zu sorgen; in der Demokratie ist so etwas ja nicht unüblich. ({4}) Ein weiterer Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, ist der Ehegattennachzug. Ich glaube, dass niemand in diesem Haus ernsthaft wird bestreiten können, dass es wünschenswert ist, wenn Menschen, die nach Deutschland zuwandern, möglichst gute Integrationsvoraussetzungen aufweisen. Das gilt auch für den Ehegattennachzug. Ich halte es allerdings verfassungsrechtlich und inhaltlich für durchaus nicht unproblematisch, wenn wir den Erwerb von Sprachkenntnissen vor einem Ehegattennachzug für obligatorisch erklären. Wir geraten nämlich in Konflikt mit Art. 6 des Grundgesetzes. ({5}) Außerdem haben wir den verpflichtenden Integrationsund Sprachkurs erst vor wenigen Jahren eingeführt. ({6}) Hinzu kommt ein Punkt, der das Ganze verschärft: Diese Regelung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, diskriminierend zu sein. Denn die Voraussetzung des Spracherwerbs soll nicht für alle gelten, sondern nur für Menschen aus bestimmten Ländern: Die Japanerin wird auch dann kommen dürfen, wenn sie kein Deutsch kann, die Inderin hingegen nicht. Die Australierin wird trotzdem kommen dürfen, die Türkin hingegen nicht. Ich bin sehr gespannt darauf, wie dies in Karlsruhe beurteilt wird, und wäre nicht traurig, wenn diese Regelung gekippt wird, um das deutlich zu sagen. ({7}) Uns liegt heute ein Kompromissgesetzentwurf vor, der nicht unproblematisch ist. Die SPD-Fraktion stimmt mit großer Mehrheit zu, weil wir ansonsten keine Bleiberechtsregelung erreichen könnten und weil wir den Menschen, die davon betroffen sein werden, eine Perspektive aufzeigen und eine Antwort geben müssen. Wir tun uns mit der Zustimmung heute schwer, wir leisten sie aber - auch in der Erwartung, dass durch die weiteren integrationspolitischen Schritte Fortschritte erSebastian Edathy zielt werden. Wir erwarten hier auch, dass sich die Bundeskanzlerin engagiert. Vom Integrationsgipfel dürfen nicht nur schöne Fernsehbilder, sondern muss mehr ausgehen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einem Vorstoß für ein kommunales Wahlrecht für Ausländer, wie wir ihn als SPD fordern? Vielen Dank. ({8})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen jetzt zu einer ganzen Reihe von Abstim- mungen. Auf Wunsch eines einzelnen Geschäftsführers will ich hier ausdrücklich sagen, dass wir vier namentli- che Abstimmungen vor der nächsten Debatte durchfüh- ren werden, die durch einfache Abstimmungen unterbro- chen werden. Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Druck- sache 16/5621, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 16/5065 und 16/5527 in der Aus- schussfassung anzunehmen. Hierzu liegen Änderungs- anträge vor, über die wir jetzt zuerst abstimmen werden. Zu den zwei Änderungsanträgen der Fraktion des Bünd- nisses 90/Die Grünen und zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf ist namentliche Abstimmung ver- langt. Wir kommen zur Abstimmung über die zwei Ände- rungsanträge der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grü- nen. Bitte achten Sie bei der Stimmabgabe sorgfältig darauf, dass die Stimmkarten Ihren eigenen Namen tra- gen. Zunächst stimmen wir namentlich über den Ände- rungsantrag auf Drucksache 16/5632 ab. Ich bitte jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe- nen Plätze einzunehmen. - Sind jetzt alle Urnen besetzt? - Das sieht so aus. Dann eröffne ich die Abstimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.1) Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5633. Auch hier wurde namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze wieder einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist offensichtlich der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir bei der Abstimmung über den zweiten Ände- rungsantrag sind. Falls jemand während der Gespräche 1) Ergebnis Seite 10602 C durcheinander gekommen sein sollte: Wir sind jetzt bei der zweiten namentlichen Abstimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Weil relativ wenige Schriftführerinnen und Schriftführer anwesend sind, wird darum gebeten, dass sich diejenigen, die noch verfügbar sind, in den Auszäh- lungsraum begeben. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmungen wird Ihnen vor der Schlussabstimmung über den Gesetzent- wurf bekanntgegeben.2) Wir setzen jetzt die Abstimmungen fort. Weil es sich dabei um einfache Abstimmungen handelt, bitte ich Sie, sich zu Ihrem Platz zu begeben, damit wir den Überblick über das Abstimmungsverhalten der Kolleginnen und Kollegen behalten. Wir werden jetzt über zehn Änderungsanträge der FDP-Fraktion abstimmen. Wer stimmt für den Änderungs- antrag auf Drucksache 16/5622? - Gegenstimmen? - Ent- haltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt bei Zu- stimmung durch die Opposition und Gegenstimmen aus der Koalition. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5623? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen Stimmergebnis wie vorher. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5624? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen Stimmverhältnis. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5625. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage- gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt mit dem gleichen Ergebnis. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5626. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage- gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist ab- gelehnt bei Zustimmung durch die Fraktionen der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen Stimmen der CDU/CSU und der SPD und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5627? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt bei Zustimmung durch die Opposition und Gegenstimmen der Koalition. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5628? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmver- hältnis wie vorher abgelehnt. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Druck- sache 16/5629. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dage- 2) Ergebnis Seite 10604 B Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt gen? - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen Ergebnis wie vorher. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 16/5630? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt mit dem gleichen Ergebnis wie der vorherige. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 16/5631? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Auch dieser Änderungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor abgelehnt. Bevor wir zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung kommen, müssen wir auf die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen warten. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir unmittelbar im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt eine weitere namentliche Abstimmung über den Bundeswehreinsatz im Sudan durchführen werden. Ich unterbreche die Sitzung. ({0})

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11003132

Ich gebe jetzt das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der beiden namentlichen Abstimmungen bekannt, zunächst zum Änderungsantrag auf Drucksache 16/5632: Abgegebene Stimmen 576. Mit Ja haben gestimmt 150, mit Nein haben gestimmt 426, Enthaltungen keine. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 576; davon ja: 150 nein: 426 Ja FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Daniel Bahr ({0}) Uwe Barth Angelika Brunkhorst Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({1}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther ({2}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({3}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({4}) DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kersten Naumann Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({5}) Volker Schneider ({6}) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({7}) Volker Beck ({8}) Cornelia Behm Birgitt Bender Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({9}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Markus Kurth Undine Kurth ({10}) Monika Lazar Anna Lührmann Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({11}) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Claudia Roth ({12}) Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Wolfgang Wieland fraktionslos Gert Winkelmeier Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Ernst-Reinhard Beck ({13}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({14}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({15}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({16}) Dirk Fischer ({17}) Axel E. Fischer ({18}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich ({19}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({20}) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({21}) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({22}) Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({23}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({24}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({25}) Dr. h. c. Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Carsten Müller ({26}) Stefan Müller ({27}) Bernward Müller ({28}) Bernd Neumann ({29}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({30}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({31}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({32}) Hermann-Josef Scharf Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({33}) Andreas Schmidt ({34}) Ingo Schmitt ({35}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({36}) Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({37}) Gerald Weiß ({38}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({39}) Elisabeth WinkelmeierBecker Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({40}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Dirk Becker Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({41}) Volker Blumentritt Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Willi Brase Bernhard Brinkmann ({42}) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({43}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({44}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Petra Hinz ({45}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({46}) Frank Hofmann ({47}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Johannes Jung ({48}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({49}) Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel ({50}) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller ({51}) Michael Müller ({52}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({53}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({54}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({55}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({56}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Otto Schily Dr. Frank Schmidt Ulla Schmidt ({57}) Silvia Schmidt ({58}) Renate Schmidt ({59}) Heinz Schmitt ({60}) Carsten Schneider ({61}) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({62}) Swen Schulz ({63}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Dieter Steinecke Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Dr. Peter Struck Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({64}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Engelbert Wistuba Waltraud Wolff ({65}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Zum Änderungsantrag auf Drucksache 16/5633: Abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 97, mit Nein haben gestimmt 418, Enthaltungen 50. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 563; davon ja: 96 nein: 417 enthalten: 50 Ja SPD Christoph Strässer FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Daniel Bahr ({66}) Uwe Barth Angelika Brunkhorst Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({67}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther ({68}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Ina Lenke Markus Löning Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({69}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Marina Schuster Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({70}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({71}) Volker Beck ({72}) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Cornelia Behm Birgitt Bender Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({73}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Markus Kurth Undine Kurth ({74}) Monika Lazar Anna Lührmann Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({75}) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Claudia Roth ({76}) Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Wolfgang Wieland Nein CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({77}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({78}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({79}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({80}) Dirk Fischer ({81}) Axel E. Fischer ({82}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich ({83}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({84}) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({85}) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({86}) Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({87}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({88}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({89}) Dr. h. c. Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Carsten Müller ({90}) Bernward Müller ({91}) Bernd Neumann ({92}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({93}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Albert Rupprecht ({94}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({95}) Hermann-Josef Scharf Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({96}) Andreas Schmidt ({97}) Ingo Schmitt ({98}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({99}) Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({100}) Gerald Weiß ({101}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({102}) Elisabeth WinkelmeierBecker Wolfgang Zöller Willi Zylajew Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Ernst Bahr ({103}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Dirk Becker Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({104}) Volker Blumentritt Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Willi Brase Bernhard Brinkmann ({105}) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({106}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({107}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Petra Hinz ({108}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({109}) Frank Hofmann ({110}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Johannes Jung ({111}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({112}) Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel ({113}) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller ({114}) Michael Müller ({115}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({116}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({117}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({118}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({119}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Otto Schily Dr. Frank Schmidt Ulla Schmidt ({120}) Silvia Schmidt ({121}) Renate Schmidt ({122}) Heinz Schmitt ({123}) Carsten Schneider ({124}) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({125}) Swen Schulz ({126}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Dieter Steinecke Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Dr. Peter Struck Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({127}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Engelbert Wistuba Waltraud Wolff ({128}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Enthalten DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger Ulla Jelpke Dr. Hakki Keskin Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kersten Naumann Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({129}) Volker Schneider ({130}) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann fraktionslos Gert Winkelmeier Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen. Zugestimmt haben dem Gesetzentwurf Abgeordnete der Koalition. Dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der Opposition. Es gab einige Enthaltungen bei der SPD-Fraktion. ({131}) - Es gab auch Gegenstimmen bei der SPD-Fraktion. Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen; ich trage es hiermit nach. Bevor wir zur dritten Beratung und Schlussabstim- mung kommen, teile ich Ihnen mit, dass eine sehr große Zahl von Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unse- rer Geschäftsordnung vorliegt.1) Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Die Linke hat hierzu namentli- che Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerin- nen und Schriftführer wiederum, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. Ist noch jemand anwesend, der noch keine Gelegen- heit hatte, seine Stimme abzugeben? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus- zählung zu beginnen. Das Ergebnis dieser Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2) Jetzt ist wieder der Zeitpunkt erreicht, an dem ich Sie bitten muss, sich auf Ihre Plätze zu begeben, damit wir den Überblick behalten. Das gilt wiederum besonders für Pulks, die sich direkt vor dem Präsidium gebildet ha- ben. Es handelt sich wahrscheinlich nicht um eine ange- meldete Demonstration. Auch vor der Regierungsbank steht es sich offensichtlich gut. Ich kann so zumindest die Kollegen der FDP nicht sehen, was sehr schade ist. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Druck- sache 16/5634. Wer stimmt für diesen Entschließungs- antrag? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. Dafür haben die Abgeordneten der Fraktion Die Linke gestimmt, da- gegen die Abgeordneten der CDU/CSU, SPD und FDP. Die Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen haben sich enthalten. Ich komme zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zur Ände- rung des Aufenthaltsgesetzes. Der Innenausschuss emp- fiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621, den Gesetzentwurf der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3198 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf 1) Anlagen 4 bis 8 2) Ergebnis Seite 10608 D zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Die Gegen- stimmen! - Die Enthaltungen! - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Zugestimmt haben die Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen, dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD. Enthalten haben sich die FDP und die Linke. Damit entfällt die dritte Beratung. Tagesordnungspunkt 14 b. Wir setzen die Abstim- mung zu der Beschlussempfehlung des Innenausschus- ses auf Drucksache 16/5621 fort. Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ab- lehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck- sache 16/2092 mit dem Titel „Sprache schafft Identität und ist Schlüssel zur Integration“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Ent- haltungen! - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim- men der Koalition und der Linken gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen. Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der FDP auf Drucksache 16/4609 mit dem Titel „Das Aufenthalts- recht für Hochqualifizierte und Selbstständige ändern - Integration maßgeblich verbessern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenprobe! - Die Enthaltungen! - Diese Beschlussempfehlung ist eben- falls mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie vorher an- genommen. Unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/4739 mit dem Titel „Bleibe- recht großzügig gestalten - Integration verbessern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegen- stimmen! - Die Enthaltungen! - Diese Beschlussemp- fehlung ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen ebenfalls angenommen. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 6 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die Ab- lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/1204 mit dem Titel „Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes sofort evaluieren“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung der Koalition und der FDP gegen die Stim- men der Linken und bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Unter Nr. 7 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4487 mit dem Titel „Für einen umfassenden Schutz religiös Verfolgter in der Bundesrepublik Deutschland“. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthal- tungen! - Diese Beschlussempfehlung ist mit den Stim- men der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/ Die Grünen und Linken bei Enthaltung der FDP ange- nommen. Unter Nr. 8 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4907 mit dem Titel „Asyl- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt suchende und geduldete Flüchtlinge beim Zugang zum Arbeitsmarkt gleichstellen“. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthal- tungen! - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen von der Linken und bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und FDP ange- nommen.1) Unter Nr. 9 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/5108 mit dem Titel „Für Humanität und Menschenrechte statt wirtschaftlicher „Nützlichkeit“ als Grundprinzipien der Migrationspoli- tik“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschluss- empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition und der FDP gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 10 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die Ab- lehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5103 mit dem Titel „Für ein integrationsförderndes, menschenrechtskonformes und humanitär ausgewogenes Zuwanderungsgesetz“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegen- stimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfeh- lung ist bei Zustimmung durch die Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthal- tung der Linken und der FDP angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 11 sei- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5621 die Ablehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/ Die Grünen auf Drucksache 16/5116 mit dem Titel „Zu- zug von Hochqualifizierten erleichtern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Diese Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung durch die Koalition gegen die Stimmen von 1) Anlage 2 Bündnis 90/Die Grünen und FDP und bei Enthaltung durch die Linke ebenfalls angenommen. Tagesordnungspunkt 14 c. Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005 vorlegen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/1704, den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/940 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung durch die Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der FDP und der Linken angenommen. Tagesordnungspunkt 14 d. Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine wirksame Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Personen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4828, den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3340 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung durch Koalition und Linke gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung durch die FDP angenommen. Ich komme zu Tagesordnungspunkt 14 a zurück und gebe Ihnen bekannt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union auf den Drucksachen 16/5065, 16/5527 und 16/5621, das die Schriftführerinnen und Schriftführer ermittelt haben: Abgegeben worden sind 573 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 398 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 170 Abgeordnete, und es haben sich fünf Abgeordnete enthalten. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 573; davon ja: 398 nein: 170 enthalten: 5 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({132}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({133}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({134}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({135}) Dirk Fischer ({136}) Axel E. Fischer ({137}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich ({138}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({139}) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({140}) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({141}) Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({142}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({143}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({144}) Dr. h. c. Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Carsten Müller ({145}) Stefan Müller ({146}) Bernward Müller ({147}) Bernd Neumann ({148}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({149}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({150}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({151}) Hermann-Josef Scharf Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({152}) Andreas Schmidt ({153}) Ingo Schmitt ({154}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({155}) Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({156}) Gerald Weiß ({157}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer ({158}) Elisabeth WinkelmeierBecker Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({159}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({160}) Volker Blumentritt Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Willi Brase Bernhard Brinkmann ({161}) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({162}) Nina Hauer Hubertus Heil Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Petra Hinz ({163}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({164}) Frank Hofmann ({165}) Eike Hovermann Klaas Hübner Lothar Ibrügger Johannes Jung ({166}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Astrid Klug Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({167}) Waltraud Lehn Dirk Manzewski Katja Mast Markus Meckel Petra Merkel ({168}) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller ({169}) Michael Müller ({170}) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Steffen Reiche ({171}) Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Walter Riester René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({172}) Ortwin Runde Anton Schaaf Axel Schäfer ({173}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Otto Schily Dr. Frank Schmidt Ulla Schmidt ({174}) Renate Schmidt ({175}) Heinz Schmitt ({176}) Carsten Schneider ({177}) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({178}) Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Dieter Steinecke Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Dr. Peter Struck Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({179}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Engelbert Wistuba Waltraud Wolff ({180}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Nein SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Elvira Drobinski-Weiß Renate Gradistanac Angelika Graf ({181}) Reinhold Hemker Christel Humme Dr. Bärbel Kofler Jürgen Kucharczyk Helga Lopez Lothar Mark Caren Marks Hilde Mattheis Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Christel RiemannHanewinckel Sönke Rix Marlene Rupprecht ({182}) Silvia Schmidt ({183}) Swen Schulz ({184}) Ewald Schurer FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Daniel Bahr ({185}) Uwe Barth Angelika Brunkhorst Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({186}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther ({187}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({188}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({189}) DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kersten Naumann Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({190}) Volker Schneider ({191}) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({192}) Volker Beck ({193}) Cornelia Behm Birgitt Bender Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({194}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Markus Kurth Undine Kurth ({195}) Monika Lazar Anna Lührmann Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({196}) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Claudia Roth ({197}) Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Wolfgang Wieland fraktionslos Gert Winkelmeier Enthalten SPD Dirk Becker Gabriele Lösekrug-Möller Heinz Paula Wolfgang Spanier Christoph Strässer Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 k sowie die Zusatzpunkte 4 a und 4 b auf: 17 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des VN-Übereinkommens vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen - Drucksache 16/5334 Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss ({198}) Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen - Drucksache 16/5336 Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss ({199}) Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 26. Mai 2000 über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen ({200}) - Drucksache 16/5389 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ({201}) Innenausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2011 ({202}) - Drucksache 16/5525 Überweisungsvorschlag: Innenausschuss ({203}) Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 - Drucksache 16/5617 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({204}) Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Freihafens Bremen - Drucksache 16/5580 Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss ({205}) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 22. April 2005 zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1973 zur Errichtung des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage - Drucksache 16/5577 - Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Knoche, Heike Hänsel, Michael Leutert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Das Menschenrecht auf Schutz vor Binnenvertreibung stärken - Fluchtgründe vermeiden - Drucksache 16/3913 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ({206}) Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Paul Schäfer ({207}), Inge Höger, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Keine deutsche Beteiligung an der Europäischen Verteidigungsagentur - Drucksache 16/4489 Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss ({208}) Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Elke Reinke, Dr. Lothar Bisky, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Neuregelung der GEZ-Befreiungstatbestände Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - Drucksache 16/5140 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien ({209}) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck ({210}), Ekin Deligöz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN Besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach EU-Kompromiss sicherstel- len - Drucksache 16/5424 - Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien ZP 4 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Laurenz Meyer ({211}), Dr. Martina Krogmann, HansJoachim Fuchtel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Dr. Rainer Wend, Dr. h. c. Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern - Drucksache 16/5602 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ({212}) Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Birgit Homburger, Elke Hoff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Planungen für Bundeswehr-Ehrenmal am Bendlerblock aussetzen - Würdigung der Toten in unmittelbarer Reichstagsnähe - Drucksache 16/5593 Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss ({213}) Innenausschuss Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss Es handelt sich dabei um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen, wobei die Vorlage auf Drucksache 16/5140 - das ist Tagesordnungspunkt 17 j - federführend im Ausschuss für Kultur und Medien behandelt werden soll. Damit sind Sie einverstanden. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 18 a bis 18 m auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 18 a: - Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({214}) zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS der Afrikanischen Union ({215}) in der Region Darfur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen 1556 ({216}) und 1564 ({217}) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September 2004 - Drucksachen 16/5436, 16/5655 Berichterstattung: Abgeordnete Eckart von Klaeden Dr. Herta Däubler-Gmelin Marina Schuster Monika Knoche Kerstin Müller ({218}) - Bericht des Haushaltsausschusses ({219}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 16/5656 - Berichterstattung: Abgeordnete Herbert Frankenhauser Lothar Mark Jürgen Koppelin Michael Leutert Alexander Bonde Ich mache darauf aufmerksam, dass es hierzu einen Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke gibt, über den wir nach der namentlichen Abstimmung abstimmen werden. Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Be- schlussempfehlung auf Drucksache 16/5655, den Antrag der Bundesregierung auf Drucksache 16/5436 anzuneh- men. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben hierzu namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich hiermit die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1) Wir setzen die Abstimmungen fort. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frak- tion Die Linke auf Drucksache 16/5618 zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung des Bundeswehr- einsatzes im Sudan. Wer stimmt für diesen Entschlie- ßungsantrag? - Die Gegenprobe! - Die Enthaltungen! - Damit ist dieser Antrag abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion Die Linke und Gegenstimmen aus dem Rest des Hauses. 1) Ergebnis Seite 10617 D Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 18 b: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll vom 8. Dezember 2005 zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal - Drucksache 16/4381 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({220}) - Drucksache 16/5313 Berichterstattung: Abgeordnete Karl-Georg Wellmann Detlef Dzembritzki Dr. Werner Hoyer Dr. Norman Paech Kerstin Müller ({221}) Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5313, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/4381 zuzustimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 18 c: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Dezember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik Nicaragua und der Republik Panama andererseits - Drucksache 16/4716 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({222}) - Drucksache 16/5438 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Lothar Mark Marina Schuster Wolfgang Gehrcke Kerstin Müller ({223}) Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5438, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/4716 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Der Gesetzentwurf ist ohne Gegenstimmen angenommen bei Zustimmung durch CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der Linken. Tagesordnungspunkt 18 d: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung ({224}) - Drucksache 16/2858 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie ({225}) - Drucksache 16/5544 Berichterstattung: Abgeordneter Christian Lange ({226}) Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5544, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/2858 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und der FDP und Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, aufzustehen. - Die Gegenstimmen! - Die Enthaltungen! - Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmergebnis wie zuvor angenommen. Tagesordnungspunkt 18 e: - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 25. Juni 2005 zur Änderung des Partnerschaftsabkommens vom 23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits ({227}) - Drucksache 16/4970 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ({228}) - Drucksache 16/5648 Berichterstattung: Abgeordnete Anette Hübinger Dr. Sascha Raabe Hellmut Königshaus Heike Hänsel Ute Koczy Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt - Bericht des Haushaltsausschusses ({229}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 16/5649 Berichterstattung: Abgeordnete Jochen Borchert Iris Hoffmann ({230}) Jürgen Koppelin Michael Leutert Alexander Bonde Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5648, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/4970 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ohne Gegenstimmen angenommen bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie bei Enthaltung der FDP und der Linken. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die Gegenstimmen? - Die Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmergebnis wie vorher angenommen. Tagesordnungspunkt 18 f: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 1. Juni 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen - Drucksache 16/5386 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({231}) - Drucksache 16/5650 Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding ({232}) Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5650, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/5386 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Die Gegenstimmen? - Die Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen. Tagesordnungspunkt 18 g: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Oktober 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen - Drucksache 16/5388 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({233}) - Drucksache 16/5652 Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding ({234}) Dr. Gerhard Schick Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5652, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/5388 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Die Enthaltungen? - Damit ist dieser Gesetzentwurf bei Zustimmung von CDU/CSU, SPD, FDP und der Linken ohne Gegenstimmen und bei Enthaltung durch Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 18 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({235}) Sammelübersicht 226 zu Petitionen - Drucksache 16/5430 Wer stimmt dafür? - Dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 18 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({236}) Sammelübersicht 227 zu Petitionen - Drucksache 16/5431 Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 18 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({237}) Sammelübersicht 228 zu Petitionen - Drucksache 16/5432 Wer stimmt dafür? - Dagegen? - Enthaltungen? Auch diese Sammelübersicht ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 18 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({238}) Sammelübersicht 229 zu Petitionen - Drucksache 16/5433 Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung des ganzen Hauses und Enthaltung durch die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 18 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({239}) Sammelübersicht 230 zu Petitionen - Drucksache 16/5434 - Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthal- tungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung des ganzen Hauses und Enthaltung der Linken angenom- men.1) Tagesordnungspunkt 18 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ({240}) Sammelübersicht 231 zu Petitionen - Drucksache 16/5435 Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Sammelübersicht ist bei Zustimmung durch Koalition und FDP ohne Gegenstimmen bei Enthaltung durch Bündnis 90/Die Grünen und die Linke angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales ({241}) - zu dem Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der LINKEN Deutschland braucht Mindestlöhne - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, Birgit Homburger, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Vorschläge des Sachverständigenrates auf- greifen - Tarifrecht flexibilisieren, auf Min- destlöhne verzichten, Bürgergeld einführen - zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Schnell handeln für eine umfassende Min- destlohnregelung - Drucksachen 16/4845, 16/4864, 16/5102, 16/5585 - Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Ralf Brauksiepe 1) Anlage 3 Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke später namentlich abstimmen werden. Zwischen den Fraktionen ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattieren. - Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich gebe das Wort dem Kollegen Klaus Brandner für die SPD-Fraktion. ({242}) ({243})

Klaus Brandner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003053, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Linksfraktion stellt heute einen Antrag zur Abstimmung, der mit dem Aufruf der SPD identisch ist. ({0}) Um es klar zu sagen: In der Schule würde es wegen des hundertprozentigen Abschreibens eine glatte Sechs dafür geben. ({1}) Abschreiben ist weder originell noch kreativ. Wer abschreibt, hat kein eigenes Profil. Wer abschreibt, bleibt sitzen. So bin ich das aus meiner Schulzeit gewohnt. ({2}) Worum geht es Ihnen? Wir haben der Presse entnehmen können: Sie wollen eine Politshow veranstalten. Es geht Ihnen nicht um Inhalte. Wenn es Ihnen um Inhalte gehen würde, dann würden Sie nicht zum gleichen Sachverhalt zwei unterschiedliche Anträge in das Parlament einbringen. Ihnen geht es darum, die SPD vorzuführen, aber es geht Ihnen nicht um Lösungen. ({3}) Sie benutzen die Sorgen der Menschen, um zu skandalisieren, und nicht dafür, um Lösungen zu produzieren. ({4}) Ich sage Ihnen: Die Steckbriefe werden schon wieder gedruckt. Die Bilder von den Verfechtern einer Mindestlohnlösung werden von Ihnen an die Gewerkschaften gemailt. Die Druckmaschinen sind angeworfen. Ich weiß nicht, wie viele Bäume in diesem Land sterben müssen, damit Ihre Propagandamaschinen anlaufen können. ({5}) Wir sind das aber zwischenzeitlich von Ihnen gewohnt. Ich bekomme in meiner Funktion als erster Bevollmächtigter der IG Metall regelmäßig Post von Ihnen. Ich weiß also, worüber ich spreche. Verantwortungsvoll ist Ihr Handeln nicht. Denn die Menschen haben uns gewählt, damit wir ihre Interessen ernsthaft wahrnehmen. ({6}) Für Sandkastenspiele und Mätzchen ist da kein Raum. ({7}) Um es an dieser Stelle klar zu sagen: Wir lehnen Ihren Antrag ab. ({8}) Wir lehnen aber auch ebenso klar den Antrag der FDP ab. ({9}) Die FDP beklagt, im Deutschen Bundestag würden Menschen im Wachdienst zu Hungerlöhnen arbeiten. ({10}) Sie sollten diesen Widerspruch selbst einmal auflösen, sehr geehrter Herr Kolb. Wir wollen nämlich Mindestlöhne. Damit hätte es ein Ende mit den Hungerlöhnen im Wachdienst. Wir wollen ein Vergaberecht, bei dem Tariftreue und Tarifverträge eine faire Grundlage für den Wettbewerb bilden. ({11}) Wir wollen Wettbewerb zu fairen Bedingungen und keinen Wettbewerb auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Der Parteitag der FDP lässt grüßen. Die FDP will sich ein Sozialprofil geben und will es schärfen. ({12}) Der vorliegende Antrag von der FDP verschafft uns sicherlich einen Eindruck davon, wie die FDP das tun will. ({13}) Unsere Position zum Mindestlohn ist klar: Wer in einem Vollzeitjob arbeitet, muss von seiner Arbeit auch menschenwürdig leben können. ({14}) Die Friseurin in Sachsen zum Beispiel, die bei einer 37Stunden-Woche und 3,06 Euro Stundenlohn auf 492 Euro brutto monatlich kommt, ({15}) lebt unter Bedingungen, die nicht fair sind. Das muss verändert werden. ({16}) Wir wollen, dass das Wegbrechen der Löhne nach unten beendet wird. Wir sollten uns dazu einmal die Situation in der deutschen Landwirtschaft anschauen. Immer mehr ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nutzen Deutschland als Durchgangsland. Denn die Mindestlöhne und die Lohnbedingungen in unseren westlichen Nachbarländern sind günstiger als in Deutschland. ({17}) Wir sind in einer negativen Lohndrift. Das darf so nicht weitergehen. Deshalb müssen wir dem Lohnsenkungswettbewerb eine nachhaltige Unternehmensstrategie entgegensetzen. Unsere Strategie ist es, uns für qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen, die hochwertige Güter und Dienstleistungen produzieren. Sie haben Anspruch auf eine gute Bezahlung. Wir stehen für die Grundidee „Besser statt billiger“. Das ist die Aussage, für die die SPD in der politischen Auseinandersetzung eintritt. ({18}) Wir sind für Wettbewerb. Wir wollen aber einen Wettbewerb zu fairen Bedingungen und keine Dumpinglöhne. ({19}) Die „Geiz ist geil“-Strategie ist falsch. Das will ich deutlich sagen. Ich denke dabei konkret an drei Beispiele. Ich kann nicht verstehen, dass beispielsweise Milch zu einem Einstandspreis von unter 40 Cent pro Liter angeboten wird. Mineralwasser ist teurer. Hier ist etwas nicht in Ordnung in diesem Land. ({20}) Ich sage ganz deutlich: Wenn die Postdienstleistungen - wir wollen doch alle eine verlässliche Versorgung in der Fläche - nur von Zustellern erbracht werden, die 3 Euro pro Stunde verdienen und die mit dem Hinweis abgespeist werden, sie könnten sich den Rest vom Arbeitsamt holen, dann ist etwas nicht in Ordnung. ({21}) Es ist auch nicht in Ordnung, dass die Sicherheitskräfte im Deutschen Bundestag, die wir alle jeden Morgen, wenn wir das Parlamentsgebäude betreten, als positiv und gut ansehen, ({22}) mit billigen Löhnen abgespeist werden. ({23}) Deshalb, Herr Kolb, brauchen wir - um es klar zu sagen - Mindestlöhne. Für uns gilt: Dienstleistungen und Güter haben ihren Wert. Arbeit hat ihren Wert. Es geht auch um die Würde. Deshalb brauchen wir einen Mindestlohn. ({24}) Klar ist: Die Grundsicherung ersetzt keine Mindestlöhne. Es gibt in Deutschland über 500 000 Vollzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die Hartz-IV-Aufstocker sind. Das ist ein Zustand, der nicht in Ordnung ist. Wir nehmen nicht hin, dass die Unternehmen weiter ihre Löhne zurückschrauben, in der Gewissheit, dass der Staat als Ausfallbürge eintritt. Dem müssen alle Parteien im Deutschen Bundestag einen Riegel vorschieben. ({25}) Staatliche Alimentierung ist kein Ersatz für Mindeststandards. Wir verlangen von den Unternehmen anständige Löhne für anständige Arbeit. Übrigens, Mindeststandards schützen nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping. Sie schützen auch Unternehmen, und zwar insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, vor einem Vernichtungswettbewerb durch Konkurrenten, die mit Dumpinglöhnen arbeiten. ({26}) Zum Argument, Mindestlöhne vernichteten Jobs. Es ist längst belegt: Das Gegenteil ist der Fall. ({27}) Deutschland ist nicht wegen der niedrigen Löhne, sondern wegen hochmotivierter und hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Hochtechnologiestandort. Wenn in 20 EU-Staaten ein Mindestlohn die Regel ist und in fünf weiteren Staaten die Tarifbindung eine so gute Basis darstellt, dass man dort keine gesetzlichen Mindestlöhne braucht - und das in vielen Staaten mit konservativer Regierung -, dann zeigt das, dass das Argument „Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze“ grundsätzlich Quatsch ist. ({28}) Lassen Sie mich an diesem Punkt ganz offen ein Wort an unseren Koalitionspartner richten. In den letzten Wochen und Monaten hörten wir ein hohes Loblied auf die Tarifautonomie. ({29}) - Ich höre das gern. - Ein klares Bekenntnis zur Tarifautonomie gab es nicht immer. Ich baue darauf, dass es nachhaltig ist und dass wir uns darauf nachhaltig verlassen können. ({30}) Für die SPD - das will ich klar sagen - ist die Tarifautonomie ein sehr hohes, bedeutungsvolles Gut, das wir nicht nur in der Koalitionsvereinbarung geschützt haben, sondern das wir als Sozialdemokraten durchgängig in diesem Lande schützen und verteidigen werden. ({31}) Wir stimmen heute nicht gegen den Inhalt des Antrags der Linksfraktion, sondern gegen die politische Show. ({32}) Eine Berliner Tageszeitung hat richtig getitelt, als sie formulierte: „Mätzchen um den Mindestlohn“. Für Mätzchen sind wir uns in diesem Hohen Hause zu schade. ({33}) Wir wollen eine schnelle und verbindliche Lösung für die Menschen in diesem Land. Wir wollen unser Ziel mit unserem Koalitionspartner erreichen. Wir wollen unser Ziel erreichen, ohne, wie manche glauben, Munition für den Wahlkampf zu sichern. Am Montag wird der Koalitionspartner dazu beitragen - davon bin ich überzeugt; dafür gibt es eine Reihe von positiven Signalen -, dass wir in dieser Angelegenheit zu einem fairen Kompromiss kommen. ({34}) Das Entsendegesetz ist eine solche Basis. Wir brauchen eine flächendeckende Lohnunterschranke, damit das, was ich hier beschrieben habe, nämlich die Inanspruchnahme öffentlicher Kassen, um zu einem menschenwürdigen Einkommen zu kommen, beseitigt wird. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. ({35})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 18 a zurück und gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS in der Region Darfur/Sudan bekannt. Es handelt sich um die Drucksachen 16/5436 und 16/5655. Abgegebene Stimmen 564. Mit Ja haben gestimmt 506, mit Nein haben gestimmt 40, Enthaltungen 18. Die Beschlussempfehlung - und damit der Antrag der Bundesregierung ist angenommen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 564; davon ja: 506 nein: 40 enthalten: 18 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({0}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({1}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({2}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({3}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich ({4}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Gerda Hasselfeldt Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({5}) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder ({6}) Eckart von Klaeden Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({7}) Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({8}) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({9}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Laurenz Meyer ({10}) Dr. h. c. Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Carsten Müller ({11}) Stefan Müller ({12}) Bernward Müller ({13}) Bernd Neumann ({14}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Peter Rauen Eckhardt Rehberg Katherina Reiche ({15}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({16}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({17}) Hermann-Josef Scharf Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({18}) Andreas Schmidt ({19}) Ingo Schmitt ({20}) Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({21}) Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({22}) Gerald Weiß ({23}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth WinkelmeierBecker Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({24}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Dirk Becker Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({25}) Volker Blumentritt Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Willi Brase Bernhard Brinkmann ({26}) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf ({27}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({28}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Gerd Höfer Iris Hoffmann ({29}) Frank Hofmann ({30}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Johannes Jung ({31}) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({32}) Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel ({33}) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller ({34}) Michael Müller ({35}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche ({36}) Maik Reichel Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({37}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({38}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({39}) Bernd Scheelen Marianne Schieder Otto Schily Dr. Frank Schmidt Ulla Schmidt ({40}) Silvia Schmidt ({41}) Renate Schmidt ({42}) Heinz Schmitt ({43}) Carsten Schneider ({44}) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Reinhard Schultz ({45}) Swen Schulz ({46}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Dieter Steinecke Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Dr. Peter Struck Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({47}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Engelbert Wistuba Waltraud Wolff ({48}) Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Daniel Bahr ({49}) Angelika Brunkhorst Mechthild Dyckmans Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({50}) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther ({51}) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Dirk Niebel Hans-Joachim Otto ({52}) Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({53}) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({54}) Volker Beck ({55}) Cornelia Behm Birgitt Bender Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({56}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Markus Kurth Undine Kurth ({57}) Monika Lazar Anna Lührmann Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({58}) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Claudia Roth ({59}) Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Jürgen Trittin Wolfgang Wieland Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Nein CDU/CSU Willy Wimmer ({60}) SPD Gregor Amann Petra Hinz ({61}) FDP DIE LINKE Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Ulla Lötzer Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kersten Naumann Dr. Norman Paech Elke Reinke Volker Schneider ({62}) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Sabine Zimmermann fraktionslos Gert Winkelmeier Enthaltung CDU/CSU Dr. Wolf Bauer Norbert Schindler FDP Uwe Barth DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Dr. Martina Bunge Roland Claus Diana Golze Dr. Barbara Höll Dr. Hakki Keskin Michael Leutert Dr. Gesine Lötzsch Paul Schäfer ({63}) Dr. Petra Sitte Jörn Wunderlich Nächster Redner in unserer jetzigen Debatte ist der Kollege Dr. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion. ({64})

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Mindestlohn gibt es in der Sache eigentlich nichts Neues zu vermelden. ({0}) Für meine Fraktion kann ich weiterhin erklären: Die FDP lehnt einen Mindestlohn ohne Wenn und Aber ab. Ein Mindestlohn, der zu niedrig ist, ist wirkungslos, und ein Mindestlohn, der zu hoch ist, bedroht Hunderttausende von Arbeitsplätzen in unserem Land. ({1}) Herr Brandner, Sie sagten, dass Hightech hohe Löhne ermöglicht. Was nützt das aber der Friseuse im Erzgebirge, dem Wachmann oder einem anderen, dessen Arbeit mit Hochtechnologie nichts zu tun hat? Diese Menschen werden ihren Arbeitsplatz verlieren. ({2}) Bevor die SPD Mindestlöhne fordert, sollte die SPDFraktion erst einmal ihre eigenen Sekretärinnen ordentlich bezahlen. Mit gutem Beispiel voranzugehen, das ist hier gefragt. ({3}) Ein gesetzlicher Mindestlohn untergräbt die Tarifautonomie in unserem Land und ist ein potenzieller Spielball für ein „Wer bietet mehr?“ in Wahlkampfzeiten. So weit, so klar. Wir wollen keine Mindestlöhne, sondern ein bedarfsorientiertes Mindesteinkommen. Mit unserem Bürgergeldkonzept haben wir einen klaren Vorschlag vorgelegt, den Sie sich ansehen sollten. ({4}) Auch wenn die heutige Debatte in der Sache nichts Neues bringt, ist sie doch von Reiz und zugleich lehrreich. Es ist nämlich interessant, zu beobachten, wie sich die politische Konkurrenz nicht um der Sache willen, sondern aus taktischem Kalkül verhält. Wir erleben eine verkehrte Welt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tauss?

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, sehr gerne.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, da Sie der Meinung sind, sich in die Gehaltsfindung der SPD-Fraktion einmischen zu müssen, frage ich Sie: Um wie viele Prozentpunkte übersteigt die Bezahlung der Sekretärinnen der FDP-Fraktion die Bezahlung der Sekretärinnen der SPD-Fraktion? Bitte übermitteln Sie uns doch Ihren Tarifvertrag! Vielleicht können wir uns Ihrem offensichtlich deutlich höheren Satz gelegentlich anschließen. Wie viel Prozent zahlen Sie mehr als wir?

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Tauss, Sie verkennen, dass die Ausgangssituation unterschiedlich ist. ({0}) Sie kommen sozusagen mit einer Monstranz in diesen Plenarsaal und fordern, dass niemand in diesem Land weniger als 7,50 Euro pro Stunde verdienen soll. Ich bin der Meinung, dass jemand, der das derart kategorisch fordert, zunächst vor der eigenen Tür kehren sollte. Das heißt, dass Sie jedem einzelnen Arbeitnehmer Ihrer Fraktion mindestens 7,50 Euro zahlen müssen. Das ist bisher nicht der Fall. Es muss erlaubt sein, darauf hinzuweisen. ({1}) Ich habe gesagt, dass wir heute eine verkehrte Welt erleben. Die Linke versucht, mit ihrem Antrag die SPD vorzuführen, obwohl von vornherein klar ist, dass das zum Scheitern verurteilt ist. Herr Kollege Lafontaine, dieses Scheitern ist aber genau das, was Sie eigentlich wollen - Sie können das gern mit einem Lächeln bestätigen -: Sie glauben nämlich, dadurch neues Wasser auf Ihre Mühlen leiten zu können. Herr Lafontaine und Herr Gysi, Sie verhalten sich an dieser Stelle wirklich pharisäerhaft; das muss ich Ihnen sagen. ({2}) Liebe Kollegen von der SPD, klatschen Sie nicht zu früh. Wenn die SPD ihrerseits versucht, die Union mit ihrer kategorischen Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn zu treiben, so steht auch dahinter nicht die Hoffnung auf eine Einigung. Es geht vielmehr darum, für kommende Landtagswahlkämpfe ein Thema vorzubereiten, aus dem man Honig saugen kann, mit dem man die klassische Wählerklientel wieder an die Sozialdemokratie binden oder zumindest wieder heranführen kann. Seien Sie ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Für Ihre Wahlkampfstrategie in Hessen und Niedersachsen wäre es doch geradezu fatal, wenn Sie sich am kommenden Montag im Koalitionsausschuss mit der Union einigen würden. Insofern ist auch Ihr Verhalten nicht ehrlich; aber es ist zumindest erklärbar. ({3}) Was ich mir nicht erklären kann, ist das Verhalten der Union. Ohne Not bewegt sie sich Stück für Stück auf die SPD zu. Wir alle kennen doch aus dem Alltag Verhandlungssituationen, in denen sich eine Seite nicht oder noch nicht wirklich einigen will. Dann kann die andere Seite bieten, was sie will. Es wird nie genügen. Dies verkennend, biedert sich die Union in den Verhandlungen bei der SPD an. ({4}) Herr Kollege Brauksiepe, wenn die Bundeskanzlerin verlauten lässt, es gebe einen Spielraum beim Mindestlohn, und Sie ihr als arbeitsmarktpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion anschließend sekundieren und sagen, dass Sie bereit sind, einen pragmatischen Weg zu gehen, dann lässt das nichts Gutes erahnen. Sie haben sich auf eine schiefe Ebene begeben und werden mehr und mehr ins Rutschen kommen. Das sage ich Ihnen voraus. ({5}) Erkennen Sie denn nicht, Herr Kollege Brauksiepe, wohin das führt? Die SPD wird die Bewegung bei Ihnen dankbar registrieren. Sie wird es sich auch für kommende Verhandlungen notieren. Aber zu einer Einigung wird es nicht kommen, weil es bei der SPD zurzeit kein Einigungsinteresse gibt. Deswegen ist es fatal, wenn Sie, Herr Kollege Brauksiepe, in nicht mehr zu überbietender Beflissenheit einen Vorschlag nach dem anderen präsentieren und gleichzeitig verbrennen: ({6}) das gesetzliche Verbot sittenwidriger Löhne, die Reaktivierung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen, die Ausdehnung des Entsendegesetzes über den engen im Koalitionsvertrag vereinbarten Bereich hinaus und zuletzt die Genehmigung von Branchenmindestlöhnen durch das Kabinett, wenn der nach Tarifvertragsgesetz vorgesehene Tarifausschuss einen Mindestlohn blockiert. Das alles, Herr Kollege Brauksiepe, sind Schritte auf einem Weg, an dessen Ende ein ordnungspolitischer GAU stehen wird, nämlich die Einmischung der Politik in die Lohnfindung, die sozialpolitische Instrumentalisierung der Löhne und Gehälter. Ich sage Ihnen: Ludwig Erhard würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen könnte, wie kopflos die Union in dieser Debatte herumirrt. ({7}) Dabei würde ein einfacher Blick in den Koalitionsvertrag genügen, diesen Spuk zu beenden. Ich frage mich: Wo sind wir eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von der Union, wenn ich als Vertreter der Opposition Sie hier auffordern muss, Ihren eigenen Koalitionsvertrag einzuhalten? Das wäre vollkommen ausreichend. Mittlerweile sind alle - mit Ausnahme der FDP - von einer regelrechten Mindestlohnhysterie besessen, ({8}) bei der manche sogar vergessen zu haben scheinen, worüber sie reden. Wenn Norbert Röttgen, der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, sagt, dass jemand, der Vollzeit - etwa 30 Stunden in der Woche - arbeitet, in der Lage sein muss, von seinem Einkommen eine Familie zu ernähren, ({9}) dann zeugt das im günstigsten Fall von Ahnungslosigkeit. Denn der bedarfsdeckende Mindestlohn in diesem Falle - Ehepaar mit Kindern - würde bei mindestens 12 Euro pro Stunde liegen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. ({10}) Spätestens dieses Beispiel zeigt: Nicht ein Mindestlohn - jetzt erkläre ich es Ihnen noch einmal, Herr Kollege Brauksiepe -, sondern ein bedarfsorientiertes Mindesteinkommen ist die richtige Lösung. Es bringt überhaupt nichts, wenn wir uns hier in sozialpolitischer Neoromantik ergehen und der Eindruck erweckt wird, das Glück der Menschen in Deutschland hänge davon ab, ob es einen Mindestlohn gibt und wie hoch dieser ist. Ich sage Ihnen: Das Glück der Menschen in diesem Land hängt davon ab, ob sie einen Arbeitsplatz haben oder nicht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Kolb.

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. - Genau dieses, die Chance auf einen Arbeitsplatz, wird mit der Einführung eines Mindestlohns hunderttausendfach vernichtet. Ich fordere Sie auf, dieser Fata Morgana eines Mindestlohnes nicht länger nachzugehen, sondern zur wirtschafts- und ordnungspolitischen Vernunft zurückzukehren. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich der Kollegin Ute Kumpf.

Ute Kumpf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003166, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Werter Kollege Kolb und auch andere Kolleginnen und Kollegen, damit Sie nicht weiter die Unwahrheit über die Bezahlung der Zeitarbeitskräfte bei der SPDFraktion verbreiten, gebe ich Ihnen folgende Information: Die vier Kolleginnen, die für zwei bzw. drei Wochen bei uns gearbeitet haben, erhalten rückwirkend ab 1. Mai für die Zeit, in der sie kurzzeitig bei uns gearbeitet haben, den Mindestlohn von 7,50 Euro. ({0}) Die Firma Dr. Stern, die Zeitarbeitskräfte in die Ministerien und in den Bundestag vermittelt, haben wir aufgefordert, nicht den CGB-Tarifvertrag zugrunde zu legen, sondern das Arbeitgeberlager zu wechseln und den DGB-Tarifvertrag anzuwenden. ({1}) Wir haben damit erreicht, dass die Zeitarbeitskräfte, die bei uns als Aushilfe beschäftigt werden, tarifvertraglich gut abgesichert sind. Wir werden die Fraktionen auffordern, bei den Verhandlungen für die Zeitarbeitskräfte in den Ministerien und bei der Bundestagsverwaltung darauf zu achten, dass der DGB-Tarifvertrag zur Anwendung kommt und dass natürlich auch - ich bin Mitglied der Mitarbeiterkommission - die Tarifverträge und sonstige arbeitsrechtliche Vereinbarungen, die normalerweise zu den guten Sitten gehören, bei den Abgeordnetenmitarbeitern eingehalten werden. Da kann sich vielleicht die FDP die eine oder andere Scheibe abschneiden. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie können antworten, Herr Kollege Kolb.

Dr. Heinrich L. Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001171, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das will ich sehr gerne tun, Frau Präsidentin. - Ich hatte mich, Frau Kollegin Kumpf, in meinen Ausführungen auf eine Veröffentlichung der „Badischen Zeitung“ vom 26. Mai dieses Jahres bezogen. ({0}) Ich freue mich, zu hören, dass dieses Problem mittlerweile gelöst ist. Wenn jetzt noch die Mitarbeiter der Fraktion der Linken einen Betriebsrat gründen könnten, wäre eitel Sonnenschein in diesem Haus. ({1}) Vielleicht erfahren wir ja gleich noch, dass sie mittlerweile etwas weiter sind. Vielen Dank.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gitta Connemann, CDU/CSU-Fraktion. ({0})

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss sagen: Es zeugt von einer gewaltigen Chuzpe aufseiten der Fraktion der Linken, einen solchen Antrag vorzulegen, sogar namentliche Abstimmung zu verlangen, wenn man ihr eigenes Handeln betrachtet. Der Kollege Kolb hat schon kurz auf den „Spiegel“-Artikel hingewiesen. Dazu fällt mir nur der Kommentar ein: Nicht an ihren Worten sollst du sie messen, sondern an ihren Taten. (Ulrich Maurer ({0}): Das müssen Sie gerade sagen! Um große Worte sind Sie nie verlegen, meine Damen und Herren von der Linken, Sie geben sich immer wieder als vermeintliche Vorkämpfer für Arbeitnehmerrechte und prangern die angebliche Arbeitgeberwillkür an - das wird sicherlich auch der Kollege Gysi gleich tun -, und zwar mit großer Emotion, mit Pathos, zornentbrannt, wutschnaubend, manchmal sogar voller Tränen. Offensichtlich sind das aber nur Krokodilstränen, jedenfalls laut „Spiegel“ der letzten Woche. ({1}) Dort wird unter dem Titel „Rotes Hire and Fire“ der Umgang der Abgeordneten der Linken-Fraktion mit ihren Mitarbeitern beschrieben, wodurch übrigens die Gewerkschaften alarmiert wurden. Ich zitiere: -

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Connemann, jetzt habe ich Sie leider mitten im Satz unterbrochen. Der Herr Kollege Ramelow würde gerne eine Zwischenfrage stellen. ({0})

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gerne. Ich kann auch danach zitieren.

Bodo Ramelow (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003824, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Kollegin, ich würde Sie gerne fragen, ({0}) woher Sie die Kenntnis haben, dass wir in der Fraktion Die Linke keinen Betriebsrat hätten. Ich darf Ihnen offiziell versichern, dass die Fraktion sehr wohl über einen kompletten Betriebsrat verfügt. ({1}) Darf ich Sie fragen, ob Sie in Ihrer Fraktion demnächst auch für Ihre Wahlkreismitarbeiter einen Betriebsrat gründen wollen - wenn Sie eine solche Veränderung des Abgeordnetenrechts durchsetzen wollen, sollten Sie eine Debatte organisieren, die wir alle miteinander führen - und welche Initiative Sie im Ältestenrat ergreifen wollen, um dieses rechtliche Problem zu lösen? In unserer Fraktion zumindest gibt es einen Betriebsrat. Für die Mitarbeiter unserer Fraktion wenden wir den einschlägigen Tarifvertrag, den TVöD, an. Woher haben Sie also Ihre Kenntnis, und wie werden Sie sich im Ältestenrat verhalten? ({2})

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ramelow, Sie dürfen mich gerne etwas fragen. Wenn Sie aber eine Frage stellen, sollte diese an die richtige Person gerichtet sein. Ich jedenfalls habe kein Wort von einem Betriebsrat gesagt. ({0}) Ich wollte auf einen völlig anderen Umstand hinweisen. Im „Spiegel“ stand - ich zitiere -: Es habe, heißt es in einem Ver.di-Papier, bereits im „ersten Jahr der Legislatur Entlassungen in zweistelliger Höhe“ gegeben. ({1}) Mitglieder der Linksfraktion haben danach erst reihenweise Leute auf 400-Euro-Basis beschäftigt, ({2}) später die Verträge wieder aufgelöst. ({3}) Wiederum andere würden einstellen und entlassen, wie es ihnen passt … ({4}) Aus unseren Hausmitteilungen weiß ich, dass Verdi gegen Ihre Fraktion vorgehen wird. Zum Schutz Ihrer Mitarbeiter werden offene Sprechstunden angeboten. ({5}) Herr Kollege Ramelow, lassen Sie mich auf Ihre Frage wie folgt antworten: Nicht an Ihren Worten werden Sie gemessen, sondern an diesen Taten. ({6}) Wenn Sie ein wenig Bibelkenntnis hätten, ({7}) wüssten Sie, dass dieser Satz aus der Bergpredigt im Matthäusevangelium stammt, übrigens unter der Überschrift „Hütet euch vor den falschen Propheten!“ Dieser Satz trifft auch auf Sie zu: Hütet euch vor den falschen Propheten! ({8}) Das gilt auch für Ihren Antrag. Sie wollen niemandem helfen. Kollege Brandner hat es wirklich treffend auf den Punkt gebracht: Es geht Ihnen nur darum, eine Schau zu veranstalten. Was Sie hier veranstalten, ist ein unwürdiges Politikspektakel. Sie sind sich nicht zu schade, mit diesem Antrag etwas zu fordern, was von dem, was Sie noch vor wenigen Wochen gefordert haben, inhaltlich erheblich abweicht. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Ablehnung. ({9}) Ablehnen werden wir auch die Anträge der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen. ({10}) Die FDP negiert in ihrem Antrag, dass es überhaupt ein Problem gibt. Betroffen ist zwar nur ein kleiner Teil der Arbeitnehmer, doch auch und gerade sie brauchen Lösungen - die die FDP nicht anbietet. ({11}) Lösungen bietet auch die Fraktion des Bündnisses 90/ Die Grünen nicht an. Die Grünen präsentieren uns hier einen Bauchwarenladen: von allem etwas, aber nichts Richtiges. Das hilft nicht bei der Lösung der Probleme am Arbeitsmarkt, die es unbestritten gibt. Trotz der großen Erfolge beim Abbau der Arbeitslosigkeit gibt es immer noch zu viele Menschen ohne Arbeit. Mehr als die Hälfte davon sind Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte, Menschen ohne Schulabschluss, ohne Ausbildung. ({12}) Und dann sind da noch die Niedriglohnbeschäftigten: 500 000 Frauen und Männer arbeiten in Vollzeit, können ihren Lebensunterhalt davon aber nicht bestreiten und sind auf staatliche Aufstockungsleistungen angewiesen. ({13}) Beide Gruppen brauchen unsere Hilfe; da sind wir uns einig, Herr Kolb, und da sind auch Union und SPD einig. ({14}) Wir wollen, dass jeder die Chance auf Arbeit hat. Wir wollen, dass Familien ein angemessenes Mindesteinkommen haben. Wir wollen, dass Menschen, die arbeiten, mehr haben als diejenigen, die nicht arbeiten. Wir wollen eines nicht: sittenwidrige Löhne. In diesen Zielen sind wir uns einig, und wir ringen gemeinsam um Lösungen. Einen Königsweg gibt es sicherlich nicht. Dafür sind die Regionen, die Branchen, die Beschäftigten, die Arbeitslosen in Deutschland zu unterschiedlich. Deshalb lehnen wir als Union einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ab. ({15}) Mit einem Einheitslohn würde diesen Unterschieden nicht Rechnung getragen. Gerade die Beschäftigungsaussichten von Geringqualifizierten würden weiter sinken. Denn - so hart und kalt es auch klingt - Löhne orientieren sich an der Produktivität, und diese ist bei Geringqualifizierten tendenziell niedriger. Nicht jeder in diesem Land ist gleich stark, gleich klug und gleich gebildet. ({16}) - Diese Frage haben Sie schon einmal gestellt. Sie wiederholen sich ständig. ({17}) Es wäre gut, wenn Sie einmal etwas Neues bringen würden. Wenn der Staat einen Einheitslohn festsetzt, haben gerade die Geringqualifizierten am Arbeitsmarkt keine Chance; denn sie können diesen Lohn nicht erwirtschaften. So hat übrigens auch der Sachverständigenrat in seinen letzten Jahresgutachten vor der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns gewarnt. Ein solcher Einheitslohn würde Arbeitsplätze zerstören. ({18}) Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle und des Ifo-Institutes Dresden würden bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro über 600 000 Arbeitsplätze verloren gehen. Die Einkommenserhöhung, die einige Arbeitnehmer erhielten, würde also mit dem Arbeitsplatzverlust anderer teuer erkauft. ({19}) Dies gilt insbesondere für die neuen Länder; denn in den Grenzgebieten besteht die Gefahr, dass der Kunde einfach ins Nachbarland geht. In Polen zum Beispiel gibt es zwar einen Mindestlohn; aber er liegt bei 1,35 Euro. Sicherlich gibt es auch Nachbarländer mit einem höheren Mindestlohn, etwa Großbritannien oder Frankreich. Aber die Bedingungen in England sind mit unseren nicht zu vergleichen: weniger Kündigungsschutz, weniger Urlaub, weniger soziale Sicherung. Ferner ist belegt, dass der Mindestlohn in Frankreich die Beschäftigungsmöglichkeiten von Jugendlichen und Frauen beeinträchtigt hat. So lautet übrigens auch das Fazit des neuesten Standortchecks der Bertelsmann-Stiftung. ({20}) Ich könnte viele weitere Studien anführen, etwa die der Johannes-Kepler-Universität Linz oder des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, wonach ein gesetzlicher Mindestlohn von 7,50 Euro das Volumen der Schattenwirtschaft um 7 Prozent steigen ließe. ({21}) Das wären 25 Milliarden Euro, die am Fiskus und an den Sozialkassen vorbeigehen. Ich könnte auf ein Gutachten der Universität Erfurt verweisen, demzufolge die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verfassungswidrig wäre, weil er den Nerv der Tarifautonomie träfe. Wissenschaftler und Ökonomen sind sich einig in ihrer Ablehnung; doch das wird in der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen. Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn ist populär und entspricht einem Gerechtigkeitsgefühl. Wäre ein Mindestlohn aber auch sozial gerecht? ({22}) Aus meiner Sicht nicht; denn dadurch würde nicht die soziale Situation berücksichtigt. ({23}) Was für einen Alleinstehenden ausreichend sein kann, ist für den Unterhalt einer ganzen Familie vielleicht viel zu wenig. Hier braucht es auch zur Sicherung des Lebensstandards zielgenauere Instrumente; denn eines ist unbestritten richtig - das sollten auch Sie zur Kenntnis nehmen, Herr Dr. Kolb -: Es gibt Gerechtigkeitslücken in diesem Land. ({24}) Dies gilt zum Beispiel in den Fällen von Lohnwucher. Er ist nicht die Regel, aber es gibt ihn in Deutschland. Ich sage hier für die Union ganz klar: Mit uns sind sittenwidrige Hungerlöhne nicht zu machen. ({25}) Einem Missbrauch dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Wir setzen uns für eine Kodifizierung sittenwidriger Löhne ein, weil die derzeitige Regelung nicht hilft. ({26}) Im Niedriglohnsektor haben wir natürlich ein Problem. Jemand, der auf dem ersten Arbeitsmarkt nur ein geringes Einkommen erzielt, muss unterstützt werden. Ein Mensch, der nicht angemessen leben kann, muss Hilfe erhalten. Er muss von seinem Einkommen leben können. Wer 30 oder 40 Stunden in der Woche arbeitet, der sollte natürlich mehr in der Tasche haben als derjenige, der Hilfeleistungen empfängt. Um gerade diesen Menschen helfen zu können, gibt es die Idee der Kombilöhne bzw. Lohnzuschüsse. ({27}) Natürlich wäre es das Beste, wenn der Lohn bzw. das Gehalt für den Lebensunterhalt ausreichten. Wenn der Markt dafür aber nicht gegeben ist, sind Zuschüsse des Staates allemal klüger als der komplette Wegfall von Arbeitsplätzen. ({28}) Ein Wegfall von Arbeitsplätzen droht in bestimmten Branchen, in denen zum Beispiel durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU Druck durch ausländische Billigkonkurrenz entstehen kann. Deshalb müssen wir über eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sprechen, das Sie damals übrigens mit aus der Taufe gehoben haben, Herr Dr. Kolb. ({29}) Beim Bau oder bei den Gebäudereinigern stellt das ein probates Mittel dar, vor allem als Außenschutz. Der Arbeitsminister prüft zurzeit, ({30}) welche Branchen die Voraussetzungen dafür erfüllen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Connemann, Sie müssen zum Ende kommen. ({0})

Gitta Connemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003514, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gut. - Diese Voraussetzungen sind im Koalitionsvertrag genannt. Auf der Grundlage dieser Maßnahme werden wir ein Paket schnüren, mit dem beiden Gruppen geholfen wird: den Arbeitslosen ebenso wie den betroffenen Menschen im Niedriglohnsektor; denn dauerhaft werden wir nicht an unseren Worten, sondern an unseren Taten gemessen. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Gregor Gysi, Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000756, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Connemann, eine arrogante Rede hilft den Betroffenen keinen einzigen Schritt weiter. Nichts anderes haben Sie hier geboten. ({0}) Ich sage als Erstes etwas zum Vorwurf gegenüber unserer Fraktion: Natürlich haben wir für unsere Fraktionsmitarbeiter einen Betriebsrat. Es gibt keine Entlassungen, und es wird auch ein ordentlicher Lohn gezahlt. Sie müssen verstehen: Das, was der „Spiegel“ aufgreift, der schon immer an Ihrer Seite schrieb, was ja nichts Neues ist ({1}) - ich wusste doch, dass ich Sie erheitern kann -, ({2}) bezieht sich auf persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten. Sie als Fraktion haben darauf genauso wenig Einfluss wie wir. Zweiter Punkt. Kollege Brandner, was Sie hier zu Beginn Ihrer Rede geliefert haben, war ein starkes Stück. Sie hoben auf das Abschreiben in der Schule ab. Der Unterschied zur Schule besteht darin, dass wir von Anfang an erklärt haben, dass das Ihr Text ist. Das geschah mit Absicht. ({3}) Außerdem sprachen Sie hier von Mätzchen. Sie machen Mätzchen. Sie wollen eine bundesweite Unterschriftenaktion für gesetzliche Mindestlöhne durchführen und erklären im Bundestag, Sie würden ihnen nicht zustimmen. Das sind Mätzchen. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Gysi, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Friedrich?

Dr. Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000756, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Nein, die erlaube ich nicht. Sie haben auch gesagt, dass Sie wegen unserer Mails Papier einsparen wollen. Wissen Sie, was die Wahrheit ist? Ihre Mitglieder sind gar nicht mehr bereit, die Unterschriftenaktion durchzuführen. Dadurch haben wir viel Papier eingespart und Bäume gerettet. ({0}) Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zum Vorwurf der Politshow. ({1}) Das Gegenteil ist richtig. Warum stimmen Sie nicht zu? Sie stimmen aus einem Grund nicht zu, nämlich weil Ihr Koalitionspartner, die Union, das nicht will. Sie haben das aber nie gesagt. Sie haben in der ersten Lesung gesagt, Sie hätten noch Beratungsbedarf, Sie müssten noch über Ihren eigenen Text nachdenken. ({2}) Sie haben in den Ausschüssen gesagt, Sie wollten eine Verschiebung, um weiter darüber nachzudenken. Warum haben Sie nicht gleich gesagt, dass Sie das nicht dürfen, weil die Union Ihnen das verbietet? ({3}) Die Koalitionsdisziplin ist Ihnen wichtiger als die Erreichung eines so wichtigen Zieles. Das darf man der Öffentlichkeit doch mitteilen. ({4}) Ein Satz zur FDP: Ich weiß, dass Sie strikt gegen Mindestlöhne sind. Sie müssen nur erklären, warum Sie bei Ärztinnen und Ärzten und bei Rechtsanwälten immer dafür sind, nur bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht. ({5}) Zur Union: Sie sind für Kombilöhne. Das heißt, Sie sind für Staatsinterventionismus; der Staat soll die Teillöhne bezahlen. ({6}) Sonst plädieren Sie immer für die Freiheit der Wirtschaft. Bei den Löhnen sehen Sie das aber genau umgekehrt. ({7}) Dann argumentieren Sie mit der Schwarzarbeit. Frau Connemann, ich bitte Sie. Haben Sie je gefordert, die Warenhäuser zu schließen, weil zu viel geklaut wird? Seit wann lassen wir uns bei unseren Gesetzen von Kriminalität beeinflussen? Das ist doch keine Herangehensweise. ({8}) Ich sage Ihnen etwas zu den Folgen: Laut Statistischem Bundesamt verdienen in Deutschland 3,5 Millionen Vollbeschäftigte unter 900 Euro netto. Es geht um diese 3,5 Millionen Menschen. Hinzu kommen diejenigen, die nur wenig mehr verdienen. Deshalb ist das keine Politshow; das ist für diese eine ernst zu nehmende Frage. Es gibt im Bundestag eine Mehrheit. Die ist Ihnen nicht wichtig. Ihnen ist Ihre Koalitionsdisziplin gegenüber der Union wichtig. ({9}) Es geht aber um über 3,5 Millionen Menschen, die entweder in Würde oder nicht in Würde leben können. Darauf verzichten Sie heute. ({10}) Ich finde, das ist ein starkes Stück. Es ist völlig legitim, dass wir das in der Gesellschaft politisch deutlich machen, und zwar auch zu diesem Zeitpunkt. Danke schön. ({11})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem Kollegen Peter Friedrich.

Peter Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003754, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Gysi, ich wollte Ihnen eigentlich eine Zwischenfrage stellen. Aber vielleicht können wir das auch auf diesem Wege klären. Sie haben vorhin gesagt, selbstverständlich gäbe es einen Betriebsrat für die Mitarbeiter Ihrer Fraktion. Das, was bei den Abgeordneten passiere, sei Sache der Abgeordneten. Ich frage Sie: Wie stehen Sie dazu, dass der Parteitag der WASG in Rheinland-Pfalz abgebrochen werden musste, weil die Delegierten aus Protest gegen das Arbeitgeberverhalten Ihres Fraktionskollegen Ulrich aus dem Saal gegangen sind? ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Gysi.

Dr. Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000756, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich finde innerparteiliche demokratische Auseinandersetzungen immer spitze. ({0}) Ich finde es auch spitze, wenn man sich mit einzelnen Abgeordneten auseinandersetzt. Ich glaube, Sie hatten auch Schwierigkeiten mit einem Abgeordneten, der sein Mandat niedergelegt hat. Man kann über die Dinge sehr unterschiedlich diskutieren. Ich lasse aber nicht zu, dass Sie der Fraktion Vorwürfe machen, die nicht angebracht sind und bei denen es - wenn überhaupt - um das Verhalten einzelner Abgeordneter geht. Eines sage ich Ihnen allen: Wenn Sie einen persönlichen Mitarbeiter haben, mit dem Sie nicht zurechtkommen, dann sind Sie alle dafür, das Verhältnis aufzulösen. Das sollten Sie dann aber nicht anderen Abgeordneten vorwerfen. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nachdem der Herr Kollege Ulrich persönlich angegriffen worden ist, gebe ich ihm das Wort zu einer persönlichen Erklärung.

Alexander Ulrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003858, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Lieber Kollege von der SPD, Grundvoraussetzung für eine politische Debatte ist, dass man sich schlaumacht und weiß, worüber man redet, dass man sich informiert und versucht, nachzuvollziehen, was passiert ist. In Rheinland-Pfalz ist das, was Sie hier schildern, nicht vorgefallen. Auf diesem Parteitag habe ich ganz offensiv und auf meine Art und Weise dargelegt, warum ich wie gehandelt habe. Es gab keine einzige negative Anmerkung. Der Parteitag konnte nachvollziehen, dass diese Entscheidung in meinem Abgeordnetenbüro notwendig war. Deshalb reden Sie bitte keinen Unsinn, und versuchen Sie nicht, den Sachverhalt falsch darzustellen! Der Parteitag hat für mein Handeln vollstes Verständnis gehabt. Vielen Dank. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Brigitte Pothmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003823, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund dessen, was über die Arbeitsbedingungen bei Abgeordneten der Linksfraktion geschildert wurde, kann man die Arbeitsuchenden nur auffordern, sich dort besser nicht zu bewerben. ({0}) Sie wetteifern in diesem Parlament immer wieder um die roteste Fahne in diesem Land. Das könnte mir egal sein. Ich finde es aber schade, Herr Gysi, dass Sie damit, ohne es zu merken, den Schwarzen in die Hände spielen. ({1}) Ihnen ist vor allem eines wichtig, nämlich die SPD vorzuführen. Den Zoff mit der SPD setzen Sie Sitzung für Sitzung fort. Die lachenden Dritten sind diejenigen in der CDU/CSU-Fraktion, die sich in Sachen Mindestlohn keinen Millimeter weit bewegen wollen. ({2}) Damit schaffen Sie eine Situation, die die Wirklichkeit in diesem Parlament nicht wiedergibt. Es gibt in diesem Parlament eine Mehrheit für den Mindestlohn. Aber mit Ihrer Inszenierung verdecken Sie dies. Sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was Sie vorgeben, erreichen zu wollen. ({3}) Herr Gysi, ich wünschte, Sie würden zur Kenntnis nehmen, dass es hier nicht um das Wohlbefinden der Linksfraktion geht. ({4}) Es geht aber auch nicht um das Haltbarkeitsdatum der Großen Koalition, Herr Brandner und Frau Connemann. Auch Sie funktionalisieren den Mindestlohn und die Betroffenen, wenn Sie das Thema zur Schicksalsfrage erklären. ({5}) Es geht um fast 4 Millionen Menschen, die zu wenig verdienen, um davon vernünftig leben zu können. Für dieses Problem brauchen wir eine Lösung. Diese Lösung gibt es auch, wenn Sie endlich von den Grabenkämpfen und dem Lagerdenken zu einer sachgerechten Debatte zurückkehren würden. ({6}) Alle im Bundestag vertretenen Parteien außer der FDP - die lassen wir aber leichten Herzens beiseite - sehen Handlungsbedarf. ({7}) Die CDU will doch die Ausweitung des ArbeitnehmerEntsendegesetzes, Frau Connemann. ({8}) Auch die SPD will die Ausweitung dieses Gesetzes. Wir haben Ihnen mit unserem Antrag einen Vorschlag vorgelegt, der keine Maximalforderungen enthält. Wir haben Ihnen einen Vorschlag vorgelegt, zu dem beide großen Fraktionen Ja sagen können, weil er Regelungen gegen Arbeitsplatzvernichtung und Schwarzarbeit enthält. Ich fordere Sie auf - in diesem Punkt gebe ich Herrn Gysi recht -: Geben Sie den Fraktionszwang an dieser Stelle auf! Lassen Sie die Abgeordneten in dieser sehr wichtigen moralischen Frage nach ihrer persönlichen Auffassung und ihren politischen Wertvorstellungen abstimmen! ({9}) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSUund der SPD-Fraktion, nehmen Sie sich selber ernst und delegieren Sie diese Entscheidung nicht an den Koalitionsausschuss! Sie sind gewählt worden, um Entscheidungen zu treffen. Heute steht eine Entscheidung an. Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, den Sie eigentlich nicht ablehnen können. Es gibt eine Chance für den Sieg der Vernunft. Lassen Sie uns den Menschen zeigen, dass Politik nicht nur taktischen Erwägungen folgt, sondern manchmal auch in der Lage ist, Probleme zu lösen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ({10}) noch ein Wort: Auf dem CDU-Parteitag in RheinlandPfalz Mitte Mai stand der Mindestlohn auf der Tagesordnung. Ihr langjähriger CDA-Vorsitzender Josef Zolk hat dort laut „Welt“ gesagt: „Hätten wir an dem Tag darüber abgestimmt, hätten wir für den Mindestlohn votiert.“ Sie haben im Mai die Chance verpasst. Nutzen Sie heute die Gelegenheit, das zu korrigieren! Ich danke Ihnen. ({11})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache.1) 1) Anlagen 9 bis 11 Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/5585. Unter Nr. 1 seiner Beschlussemp- fehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des An- trags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4845 mit dem Titel „Deutschland braucht Mindestlöhne“. Die Fraktion Die Linke verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Ab- stimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2) Wir setzen die Abstimmungen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales fort. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5585 die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/4864 mit dem Titel „Vorschläge des Sachverständigenrates aufgreifen - Tarifrecht flexibilisieren, auf Mindestlöhne verzichten, Bürgergeld einführen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Die Linke und CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5585 die Ablehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/ Die Grünen auf Drucksache 16/5102 mit dem Titel „Schnell handeln für eine umfassende Mindestlohnregelung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der Grünen und Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Jerzy Montag, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Keine Toleranz gegenüber Korruption - Drucksache 16/4459 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ({0}) Innenausschuss Rechtsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten soll. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. 2) Ergebnis Seite 10630 C Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Dr. Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem sind wir uns sicherlich einig: Korruption und Vetternwirtschaft sind Gift für die Wirtschaft und - ohne Frage - auch für die Demokratie. Das Bundeskriminalamt hat festgestellt, dass die Schäden, die dadurch ausgelöst werden, in Milliardenhöhe liegen. Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass überall ankommt: Das, was wir früher gedacht haben, nämlich dass der Sumpf anderswo ist, zum Beispiel in Sizilien, oder dass es ihn nur im Krimi gibt, gilt nicht mehr. Der Sumpf von Korruption, Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft ist längst bei uns zu finden. Es gibt eine aktuelle Diskussion beispielsweise über die Vorkommnisse in Sachsen. Ohne irgendwelche Vorverurteilungen treffen zu wollen, glaube ich, dass an dieser Stelle eines deutlich gesagt werden muss: Wer Korruption verhindern will, muss sicherstellen, dass alles getan wird, was mit Transparenz und Aufklärung und mit Verfolgung der Korruption zu tun hat. ({0}) Solange die Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel anhand der Diskussion über die Vorkommnisse in Sachsen, den Eindruck gewinnen, dass in der Politik eher darüber diskutiert wird, ob beispielsweise ein Ladendieb genetisch erfasst werden soll, als darüber, was gegen Korruption getan werden soll, die zu Milliardenverlusten und zu einer Schädigung der Demokratie führt, so lange tut hier Handeln not und müssen geeignete Instrumente benannt werden. Deswegen haben wir unseren Antrag zu diesem Zeitpunkt vorgelegt. ({1}) Handeln tut auch deshalb not, weil das Verbot, das seit 1999 für deutsche Betriebe, die im Ausland tätig sind, besteht, offenbar noch nicht durchschlägt. Ich verweise auf das Beispiel Siemens, an dem übrigens in erschreckendem Maße deutlich wird, dass es nicht nur um Einzelfälle, sondern letzten Endes um ein systematisches Vergehen geht. Transparency International hält 57 deutschen Unternehmen vor, in Korruptionsfälle im Zusammenhang mit Öl für Lebensmittel im Irak verwickelt zu sein. Auch diesen Vorwürfen muss nachgegangen werden. Es werden da sehr große, bekannte Firmen genannt, unter anderem Linde, Daimler-Chrysler, Babcock Borsig. Diesen Dingen muss nachgegangen werden. Das Verbot reicht offenbar nicht aus. Deswegen brauchen wir in Deutschland ein bundesweites Korruptionsregister, um das, was hier verbal verkündet wird, auch durchsetzen zu können. Aktuell wird - Sie wissen das; das läuft gerade über den Ticker - wieder eine Diskussion um VW geführt, insbesondere um den Kollegen Uhl, der bis vor kurzem noch Mitglied dieses Hauses war, im Zusammenhang mit Leugnen, mit Lügen, mit diversen Vorfällen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir mit den Gewerkschaften und den Unternehmen einen breiten Dialog über Maßnahmen gegen Korruption führen. Wir müssen alles dafür tun, damit das, was früher unter dem Deckmantel des Kavaliersdelikts verdeckt worden ist, an die Öffentlichkeit kommt, damit ein solches Verhalten zukünftig verhindert wird. Es muss in den Betrieben geächtet werden. Ich glaube, dass wir das zu einem Thema von Corporate Governance in den Betrieben machen müssen. ({2}) Wir brauchen Schutz für diejenigen, die Korruption in den Betrieben aufdecken, die sogenannten Whistleblowers. Da gibt es heute Mobbing statt Hilfe. Sie leisten aber große Hilfe, um hier voranzukommen. ({3}) Wir müssen mehr Kontrolle in die Unternehmen bringen. Wir müssen deswegen zukünftig auch durch Gesetz verhindern, dass Vorstandsvorsitzende einfach an die Spitze von Aufsichtsräten wechseln können. Wir als Grüne halten es auch für notwendig, dass es nicht mehr als fünf Aufsichtsratsmandate pro Person geben darf. ({4}) - Natürlich hat das etwas mit Korruption zu tun, weil es darum geht, die Aufsichtsräte in die Situation zu versetzen, ernsthaft bei den Unternehmen, in denen sie Aufsicht führen sollen, hinzuschauen. Sie sollen nicht durch Arbeit in einer Vielzahl von Unternehmen dieser Welt überlastet werden. ({5}) Ich sage Ihnen an dieser Stelle übrigens noch etwas Interessantes: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Wirtschaftskriminelle in der Regel männlich und im Alter zwischen 31 und 50 Jahren sind. ({6}) Ich sage das vor dem Hintergrund der Fälle, die wir aktuell diskutieren, zum Beispiel den Fall bei VW. ({7}) Es würde der Unternehmenskultur nicht schaden, sondern ihr nützen, wenn mehr Frauen in die Aufsichtsräte kämen. ({8})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Zeit, bitte.

Dr. Thea Dückert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003071, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich komme zum Schluss. Wir werden noch viele Debatten haben. Eines muss doch klar sein: Wir brauchen eine effektive Verfolgung der Korruption. Wir sind der Ansicht, dass wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften brauchen, um den Tiger mit Zähnen auszustatten. Wir freuen uns auf die Beratungen mit Ihnen. Eigentlich können Sie unsere Vorschläge nicht ablehnen. Wir werden gerne mit Ihnen diskutieren. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 15 zurück und gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/5585 zu dem Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4845 mit dem Titel „Deutschland braucht Mindestlöhne“ bekannt. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es eine große Anzahl von persönlichen Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung gibt. Abgegebene Stimmen 532. Mit Ja haben 431 gestimmt, mit Nein haben 100 gestimmt, Enthaltungen eine. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 532; davon ja: 431 nein: 100 enthalten: 1 Ja CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Albach Peter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck ({0}) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Carl-Eduard von Bismarck Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen ({1}) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Anke Eymer ({2}) Georg Fahrenschon Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Ingrid Fischbach Hartwig Fischer ({3}) Dirk Fischer ({4}) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Peter Gauweiler Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Ralf Göbel Dr. Reinhard Göhner Josef Göppel Peter Götz Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Klaus Hofbauer Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Andreas Jung ({5}) Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Siegfried Kauder ({6}) Eckart von Klaeden Jürgen Klimke Julia Klöckner Jens Koeppen Kristina Köhler ({7}) Manfred Kolbe Norbert Königshofen Dr. Rolf Koschorrek Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Johann-Henrich Krummacher Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers ({8}) Andreas G. Lämmel Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Ingbert Liebing Dr. Klaus W. Lippold Patricia Lips Dr. Michael Luther Stephan Mayer ({9}) Wolfgang Meckelburg Laurenz Meyer ({10}) Dr. h. c. Hans Michelbach Philipp Mißfelder Dr. Eva Möllring Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Carsten Müller ({11}) Stefan Müller ({12}) Bernward Müller ({13}) Bernd Neumann ({14}) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Rita Pawelski Dr. Peter Paziorek Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Daniela Raab Thomas Rachel Hans Raidel Peter Rauen Eckhardt Rehberg Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Johannes Röring Kurt J. Rossmanith Dr. Christian Ruck Albert Rupprecht ({15}) Peter Rzepka Anita Schäfer ({16}) Hermann-Josef Scharf Hartmut Schauerte Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({17}) Andreas Schmidt ({18}) Ingo Schmitt ({19}) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Wilhelm Josef Sebastian Horst Seehofer Kurt Segner Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl ({20}) Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß ({21}) Gerald Weiß ({22}) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Willy Wimmer ({23}) Elisabeth WinkelmeierBecker Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr ({24}) Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Dirk Becker Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding ({25}) Volker Blumentritt Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Willi Brase Bernhard Brinkmann ({26}) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Detlef Dzembritzki Siegmund Ehrmann Hans Eichel Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Rainer Fornahl Gabriele Frechen Dagmar Freitag Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Renate Gradistanac Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann ({27}) Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz ({28}) Gerd Höfer Iris Hoffmann ({29}) Frank Hofmann ({30}) Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Johannes Jung ({31}) Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Ulrich Kelber Christian Kleiminger Astrid Klug Walter Kolbow Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange ({32}) Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Markus Meckel Petra Merkel ({33}) Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Michael Müller ({34}) Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel RiemannHanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({35}) Ortwin Runde Marlene Rupprecht ({36}) Anton Schaaf Axel Schäfer ({37}) Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Otto Schily Dr. Frank Schmidt Ulla Schmidt ({38}) Silvia Schmidt ({39}) Renate Schmidt ({40}) Heinz Schmitt ({41}) Carsten Schneider ({42}) Olaf Scholz Reinhard Schultz ({43}) Swen Schulz ({44}) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Dieter Steinecke Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Dr. Peter Struck Joachim Stünker Dr. Rainer Tabillion Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Hedi Wegener Andreas Weigel Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen ({45}) Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Engelbert Wistuba Heidi Wright Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Daniel Bahr ({46}) Angelika Brunkhorst Mechthild Dyckmans Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Horst Friedrich ({47}) Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Harald Leibrecht Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Hans-Joachim Otto ({48}) Detlef Parr Gisela Piltz Jörg Rohde Frank Schäffler Dr. Konrad Schily Marina Schuster Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff ({49}) Nein SPD Wolfgang Gunkel Detlef Müller ({50}) Ottmar Schreiner Dr. Marlies Volkmer DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Diana Golze Heike Hänsel Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cornelia Hirsch Inge Höger Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Monika Knoche Jan Korte Katrin Kunert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothée Menzner Kersten Naumann Dr. Norman Paech Elke Reinke Paul Schäfer ({51}) Volker Schneider ({52}) Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck ({53}) Volker Beck ({54}) Cornelia Behm Birgitt Bender Grietje Bettin Alexander Bonde Ekin Deligöz Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Kai Gehring Anja Hajduk Britta Haßelmann Winfried Hermann Peter Hettlich Priska Hinz ({55}) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Thilo Hoppe Ute Koczy Sylvia Kotting-Uhl Markus Kurth Undine Kurth ({56}) Monika Lazar Anna Lührmann Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller ({57}) Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Claudia Roth ({58}) Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Silke Stokar von Neuforn Hans-Christian Ströbele Wolfgang Wieland fraktionslos Gert Winkelmeier Enthaltung SPD Ernst Kranz Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Michael Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003531, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „Keine Toleranz gegenüber Korruption“, so lautet der Titel Ihres Antrags, Frau Kollegin Dückert. Dem kann ich im Prinzip absolut zustimmen. ({0}) Aber zu dem, was Sie hier gesagt haben, fällt mir eine ganze Menge ein. Jetzt uns Männer unter Generalverdacht zu stellen ({1}) und zu behaupten, dass wir grundsätzlich diejenigen seien, die Korruption wollten, schreit nach dem Antidiskriminierungsgesetz. ({2}) Ich bin der Meinung, dass wir überprüfen müssen, ob solche Äußerungen in diesem Hohen Hause korrekt sind. Sie als Befürworterin des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes sollten als Allererste wissen, dass so etwas nicht funktioniert. Das lassen wir uns nicht gefallen. ({3}) Lassen Sie mich etwas genauer auf das von Ihnen eingebrachte Vorhaben eingehen. Gestern hatten wir eine Debatte zum Zweiten Mittelstands-Entlastungsgesetz. Ihre Kollegin Andreae hat gesagt, wir täten in Sachen Bürokratieabbau zu wenig. Ich erinnere mich an Worte von Ihnen im Ausschuss, die genauso geklungen haben. Wir haben es durchgesetzt, das Gesetz ist gekommen, und wir haben eine Reihe von Statistiken, Informationspflichten etc. abgeschafft. Wir werden dadurch Einsparungen bei den Unternehmen und auch bei den Verwaltungen erzielen. ({4}) Nun geht es von Ihrer Seite aus wieder vollkommen in die andere Richtung. Wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen würden, würden wir schlicht und ergreifend wieder jede Menge zusätzliche Bürokratie aufbauen. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass in den Unternehmen unabhängige Ombudsstellen eingerichtet werden. Ich kann Ihnen sagen: Es gibt schon viel zu viele Beauftragte in den Unternehmen. Die Unternehmen sollen etwas unternehmen und sich nicht die ganze Zeit mit irgendwelchen Beauftragten beschäftigen. ({5}) Wir sollten den Unternehmen endlich wieder die Möglichkeit geben, frei zu arbeiten, und wir sollten ihnen nicht die Pflicht auferlegen, zusätzliche Stellen zur Korruptionsbekämpfung einzurichten. Es wird noch besser: Es soll eine Verwaltung aufgebaut werden, die dafür verantwortlich ist, ein Korruptionsregister zu erstellen. Das wäre sozusagen ein Korruptionspranger in Deutschland. Den hätten wir dann auch noch. Mehrkosten sollen damit nicht verbunden sein. Sie sind es, die ständig auf zu hohe Kosten verweisen, und nun fordern Sie, neue Behörden zu schaffen. Wie Sie wissen, belegt die deutsche Wirtschaft im Transparency-Index einen der vorderen Ränge. Uns kann nicht nachgewiesen werden, dass Deutschland auf diesem Sektor besonders auffällig ist. Daher brauchen wir so ein Register mit Sicherheit nicht und zusätzliche Bürokratie schon gar nicht. Einen weiteren Ihrer Punkte kann ich überhaupt nicht nachvollziehen: Was hat die Tätigkeit im Aufsichtsrat mit Korruption zu tun? Gelinde gesagt, empfinde ich es als eine Unverschämtheit, die Mitglieder von Aufsichtsräten unter den Generalverdacht der Korruption zu stellen, Frau Dückert. ({6}) Ich muss Ihnen sagen: Das lasse ich nicht auf den Aufsichtsratsmitgliedern sitzen. Sie tun in dieser Diskussion so, als ob jemand, der in mehr als fünf Aufsichtsräten sitzt, automatisch der Korruption nahe wäre. ({7}) Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Bis jetzt kann ein Deutscher zehn Aufsichtsratsmandate haben. Wenn er Vorsitzender eines Aufsichtsrates ist, wird eines abgezogen, und es sind nur neun, etc. Aufsichtsratsmandate in dieser Anzahl kann man durchaus erfüllen. Ich glaube, ich weiß, wovon ich rede. Außerdem sind Sie für ein Verbot des Wechsels in den Aufsichtsrat. Ein solches Verbot ist ziemlicher Unfug. Es kann nicht so sein, dass auf der Arbeitnehmerbank jede Menge Vertreter sitzen, die aus dem Unternehmen kommen und das entsprechende Wissen haben, während auf der Arbeitgeberbank keiner die Struktur des Unternehmens kennt. Ich halte Ihre Forderung für absolut falsch. Würde man ihr folgen, führte das nicht zu einer Gleichgewichtung in den mitbestimmten Aufsichtsräten der großen Unternehmen. Ich wiederhole: Ich halte das für falsch. Man kann mit mir darüber diskutieren - ich lehne nicht unbedingt alles ab, was Sie sagen -, ob es richtig ist, dass der Aufsichtsratsvorsitzende vorher Vorstandsvorsitzender gewesen sein kann. Aber es kann nicht richtig sein, dass die Expertise der Arbeitgeberseite nicht mehr im Aufsichtsrat eines großen Unternehmens vertreten sein darf. Ich wiederhole noch einmal: Das halte ich für falsch. Sie müssen darüber noch einmal nachdenken. ({8}) Wie gesagt, die Umsetzung Ihrer Forderung würde zu einer Ungleichgewichtigkeit führen. Es wäre beispielsweise nicht richtig, dass im Aufsichtsrat von Bayer ein Vertreter von BASF sitzt. Das würde Geheimnisverrat und anderem Tür und Tor öffnen. Das sollte nicht passieren. Denken Sie darüber also noch einmal nach. Ich glaube, Sie haben sich damit nicht intensiv genug beschäftigt. ({9}) - Über den Aufsichtsratsvorsitz können Sie mit mir diskutieren. Der Aufsichtsratsvorsitzende spielt durchaus eine Doppelrolle, und seine Stimme kann bei der Mehrheitsfindung ausschlaggebend sein. Auf der Arbeitgeberbank muss die Expertise des Unternehmens genauso vertreten sein, wie es auf der Arbeitnehmerbank der Fall ist. Darüber sollten wir uns im Klaren sein. Anders als Sie es in Ihrem Antrag schreiben, hat das mit Filz und Korruption im Übrigen wirklich nichts zu tun. Selbstverständlich sind wir gegen Korruption. Das brauche ich nicht zu betonen. Die Bundesregierung hat am 30. Mai beschlossen, das Korruptionsstrafrecht zu erweitern; sie wird dazu eine Gesetzesinitiative ergreifen. Das muss auch so sein. Wir wollen selbstverständlich, dass Korruption bekämpft wird, und zwar auf nationaler und auf europäischer Ebene. Diese Bundesregierung ist aktiv und viel schneller, als es die Grünen üblicherweise sind. Die Grünen hätten in den sieben Jahren, in denen sie an der Regierung waren, selbst entsprechend vorgehen können. Auf diese Idee sind sie aber nicht gekommen. Ich wehre mich dagegen, Unternehmen und Unternehmer unter Generalverdacht zu stellen. Es steht völlig außer Zweifel, dass wir für Nulltoleranz gegenüber Korruption sind. Unternehmer sind allerdings nicht aus sich heraus schlechte Menschen, ({10}) und sie erliegen nicht automatisch der Korruptionsgefahr. Vielen Dank. ({11})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich gebe das Wort dem Kollegen Martin Zeil, FDPFraktion.

Martin Zeil (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003868, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle unterstützen den Kampf gegen jedwede Korruption; denn allen ist klar: Fairer Wettbewerb kann sonst nicht funktionieren. So hat die FDP bereits 1997 mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption die Weichen für wirksame Maßnahmen gegen Korruption gestellt. Dieses Gesetz trägt die Handschrift der liberalen Justizminister Leutheusser-Schnarrenberger und Schmidt-Jortzig. In dem heute vorliegenden Antrag fordert die Fraktion der Grünen weitergehende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung. Aus unserer Sicht werden dabei einige Punkte verkannt und manche falsch eingeordnet. Wir wehren uns auch dagegen - Herr Kollege Fuchs hat es schon angesprochen -, hier mit Generalverdächtigungen zu arbeiten, wo doch gerade die Grünen in anderen Bereichen in Bezug darauf zu Recht sehr sensibel sind. ({0}) Es gibt, Frau Kollegin Dückert, die geforderten Schwerpunktstaatsanwaltschaften bereits in sieben Bundesländern, und die Länder haben auch schon mit der Einrichtung zentraler Ermittlungsstellen begonnen. Der Aufbau eines neuen Korruptionsregisters, das hier gefordert wird, muss genau auf seine Tauglichkeit überprüft werden. Eine solche Einrichtung darf sich nicht dahin entwickeln - Herr Kollege Fuchs, Sie haben das Wort auch schon erwähnt -, dass Unternehmen sozusagen auf Verdacht an den Pranger gestellt werden. Schäden, die durch vorschnelle Verdächtigung entstehen können, müssen gerade im Interesse derer, die ehrlich am Wettbewerb teilnehmen, vermieden werden. Abgesehen davon glauben wir nicht, dass wir mit mehr Bürokratie hier unbedingt viel Gutes erreichen können. Was zum Beispiel den Wechsel von Vorständen in den Aufsichtsrat angeht, so darf man hier keineswegs einen falschen Zusammenhang herstellen oder gar unterstellen, wie das in dem Antrag geschieht, dass solche Wechsel generell die Korruption fördern. Es ist auch nicht richtig, dass Aufsichtsräte von außerhalb stets die besseren Kontrolleure sind, weil Detailkenntnisse der Branche und der Strukturen des kontrollierten Unternehmens bei der Bekämpfung von Korruption gerade von großem Vorteil sein können. Es ist nach unserer Auffassung ausschließlich Sache der Eigentümer des Unternehmens, verantwortungsbewusst zu entscheiden, wer das Unternehmen kontrollieren soll. Wenn immer wieder die aktuellen Vorgänge in bestimmten Firmen herangezogen werden, wie es heute von den Grünen wieder geschehen ist, möchte ich einmal deutlich sagen: Diese Vorgänge werden mit den Mitteln des Rechtsstaats bekämpft und aufgearbeitet. ({1}) Ich glaube nicht, dass wir hier vorschnell nach neuen Maßnahmen rufen sollten. Die größten Probleme mit der Korruption haben wir aber nicht im Geltungsbereich der Gesetze, für die wir verantwortlich sind. Die Staaten mit der größten Verbreitung von Korruption sind vielmehr auf der ganzen Welt verstreut. Wir wollen und sollten aktiv daran mitwirken, Korruption überall einzudämmen. Mit deutschen Gesetzen werden wir zum Beispiel in Kulturkreisen, wo Vorteilsgewährungen zum Abschluss von größeren Geschäften zum Teil sogar erwartet werden, sicherlich nicht weiterkommen. Das anzuerkennen, gehört zur Ehrlichkeit. Hier sind internationale Maßnahmen gefordert. Die bestehenden einseitigen Verbote für Unternehmer aus nur einem Teil der Wirtschaft reichen nicht aus. Dennoch gilt: Wir können nicht korrupte Vergabepraktiken in anderen Teilen der Welt verurteilen, wenn wir hierzulande keine klare Gesetzeslage haben. Deshalb ist es gut, dass wir in Europa und auch in der Bundesrepublik seit Jahren mit gutem Beispiel vorangehen. Problematisch bei der Gesetzgebung und in der Praxis ist auch immer die Frage der Abgrenzung: Wo beginnt eine strafbare Vorteilsannahme, und wo handelt es sich noch um einen ganz normalen Vorgang? Ich darf als Beispiel nennen, dass sich ein Bürgermeister bereits in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung begeben kann, wenn er nur Spenden für seine Gemeinde einwirbt. Unsere Fraktion hat zu diesem sensiblen Thema eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. Wir haben aber leider keine befriedigende Antwort erhalten. Wir bitten die Bundesregierung, gerade diesen Punkt bei ihrem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption zu bedenken. Warum die Grünen in ihrem Antrag zum Beispiel dieses Gesetz gar nicht erwähnen, bleibt unklar. Wir unterstützen den Kampf gegen Korruption. Wir erkennen an, dass der Antrag der Grünen gut gemeint ist. Aber „gut gemeint“ ist auch hier nicht „gut gemacht“. Deswegen können wir uns Ihrem Antrag nicht anschließen. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich erteile das Wort dem Kollegen Christian Lange von der SPD-Fraktion.

Christian Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003168, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Korruptionsfälle bei Siemens und VW machen uns in der Tat betroffen und zeitweilig sprachlos angesichts von so viel Dreistigkeit. Es bedeutet nicht nur für die Unternehmen und die betroffenen unschuldigen Belegschaften einen riesigen Verlust von Vertrauen in die Unternehmensführung bzw. die jeweiligen Entscheidungsträger, sondern auch für die Anlegerinnen und Anleger und - nicht zu vergessen - die Kundinnen und Kunden. Die Börse reagiert sofort und bestraft auch diejenigen, die dieses Desaster nicht zu verantworten und nicht verursacht haben. Konzerne bewegen sich außerdem nicht allein auf dem Markt. Immer mitbetroffen sind auch die kleineren und mittleren Unternehmen, die Zuliefererbetriebe. Oftmals fürchten sie um ihre Existenz, wenn es um Korruption bei Großkonzernen als Auftraggeber geht. „Ehrliche Arbeit für ehrliches Geld“, so denken Gott sei Dank die meisten, seien es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung oder bei uns in der Politik. Nichtsdestotrotz gibt es schwarze Schafe, denen das nicht reicht und die sich auf dem Rücken anderer bereichern wollen. Es hinterlässt ein schlechtes Gefühl und einen schalen Geschmack, wenn es um die Glaubwürdigkeit jener Personen geht, denen wir unser Geld, unsere Arbeitskraft, unser Markenvertrauen oder unsere Loyalität anvertrauen. Uns allen ist deshalb daran gelegen, Korruption nicht nur in unserem Land, sondern international zu bekämpfen. Transparency International, Frau Kollegin Dückert, ermittelte in der Tat, dass weltweit durch Korruption ein jährlicher Schaden von 400 Milliarden US-Dollar entsteht. Das sind gewaltige Summen, die den eigentlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Länder - da haben Sie Christian Lange ({0}) recht, Herr Kollege Zeil - verlorengehen. Es verschwinden in großem Umfang über dunkle Kanäle öffentliche Gelder, die dringend für Bildung, Gesundheitswesen und Armutsbekämpfung benötigt werden. Öffentliche Mittel, die sich aus Steuerleistungen der Bürger speisen, werden höchst undemokratisch und ohne jegliche Mitbestimmung im Sinne einiger weniger Vorteilsnehmer missbraucht. Deutschland zählt übrigens nach Angabe von Transparency International weltweit zu den 20 Ländern mit der geringsten Korruption. Dies geht aus dem Korruptionsindex 2006 hervor. Deutschland behauptet damit seinen Platz im vorderen Feld. Das ist ein wichtiger Punkt, wenn es um die Sicherung des Vertrauens in den Wirtschaftsstandort Deutschland geht. Die Bewertung der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich übrigens im genannten Zeitraum deutlich verschlechtert, sicherlich auch im Zuge des Enron-Prozesses, bei dem der ExUnternehmenschef Jeff Skilling wegen Korruption zu 24 Jahren Haft verurteilt wurde. Dennoch gibt es auch in Deutschland noch das eine oder andere zu tun, und wir dürfen uns auf diesen „Erfolgen“ nicht ausruhen. Lassen Sie mich deshalb zum Antrag der Grünen einige Worte verlieren. Ihre Forderung, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nach einem Register für korrupte Unternehmen klingt gut. Das will ich ausdrücklich sagen; denn Sie wissen, ich bin jemand, der bei Transparenz und Korruptionsbekämpfung immer vorneweg geht. Allerdings ist es nicht ganz so einfach, wie Sie sich das vorstellen. Das Grundproblem ist: In einem solchen Register werden keine juristischen Personen geführt werden können. Denn strafrechtlich können nur reale, natürliche Personen in Erscheinung treten. Sie werden verurteilt, nicht juristische Personen. Deshalb müssen wir, wenn wir ein solches Register fordern, schon ehrlich miteinander umgehen. Die Managerinnen und Manager, die natürlichen Personen, sind allenfalls diejenigen, die in ein solches Register gehören, nicht aber, wie von Ihnen gefordert, die juristischen Personen. Diese machen sich selbst nicht strafbar. Wenn wir ein solches Register einführen würden, wie Sie es vorgeschlagen haben, wäre das ein Problem, weil es sich nicht an den Maßstab des Strafrechts hält. Deshalb bin ich da sehr zurückhaltend. In diesem Zusammenhang möchte ich einen zweiten Punkt erwähnen: Wir haben uns in der vergangenen Wahlperiode gemeinsam dem Gesetz zur Offenlegung von Managergehältern gewidmet, einem Instrument für mehr Transparenz, das seine segensreiche Wirkung in der Öffentlichkeit seit kurzem zeigt. Aktionäre und die interessierte Öffentlichkeit können endlich feststellen, ob die Vorstände eines Unternehmens ihrer Leistung entsprechend entlohnt werden. Das ist das gute Recht der Anteilseigner und hat deshalb etwas mit Anteilseignerschutz zu tun. Der Schutz der Aktionäre hat in diesem Fall Vorrang vor der Geheimniskrämerei von Managern. Denn es sind die Anteilseigner, denen das Unternehmen gehört. Es ist auch ein Schutz vor Strippenzieherei im Dunkeln durch Absprachen, von wem auch immer, bei entsprechenden Hauptversammlungen. Freiwillig sind viele Unternehmen dieser Selbstverpflichtung im Rahmen des Corporate-GovernanceKodex allerdings nicht gefolgt. Deshalb mussten die Koalitionsfraktionen damals eingreifen. Seit dem Geschäftsbericht für das Jahr 2006 müssen börsennotierte Aktiengesellschaften in Deutschland angeben, welches Vorstandsmitglied wie viel bekommt. Dabei muss nicht nur das Grundgehalt offengelegt werden; auch der erfolgsbezogene Anteil der Bezüge, zum Beispiel Aktienoptionen, und vertraglich zugesagte Abfindungen oder Pensionen müssen ausgewiesen werden. Nur die Aktionäre selbst können die Vorstände mit einer Dreiviertelmehrheit für fünf Jahre von dieser Auskunftspflicht befreien. Ihre Forderung Nummer zwei zum arbeitsrechtlichen Schutz von Hinweisgebern halte ich zumindest für schwierig. In der Atomwirtschaft - daher kommt das ja, bezogen auf Atomwaffen ebenso wie auf Atomenergie sind die sogenannten Whistleblower durchaus notwendig; das will ich hier ausdrücklich sagen. Fehlverhalten nicht nur aufgrund von Korruption kann dort schnell schlimme und nicht rückholbare Auswirkungen haben, die wir alle mit schweren gesundheitlichen Schäden oder gar mit unserem Leben zu bezahlen haben. Whistleblower schlagen Alarm, wenn etablierte Kontrollinstanzen außer Kontrolle geraten und versagen. Dort brauchen wir Menschen, die Befehle hinterfragen und die Loyalität gegenüber organisierten Kontrollinstanzen notfalls verweigern. Wir wollen aber eine transparente und offene Unternehmenskultur mit leistungsbereiten und leistungsgerecht bezahlten Mitarbeitern, wo Korruption schon aufgrund dieser Rahmenbedingungen keine Chance hat. Wir werden noch einmal darüber nachdenken; zumindest eine gewisse Zurückhaltung will ich hier aber signalisieren. Was die Forderung Nummer drei Ihres Kataloges nach Gesprächen mit der Regierungskommission Deutscher Corporate-Governance-Kodex über die Aufnahme von Korruption in den Kodex anbelangt, so möchte ich dies ausdrücklich begrüßen. Ich halte das für einen guten Gedanken. Wir müssen den Kampf gegen Korruption in alle Ebenen hineintragen, sowohl was die Arbeitgeberseite als auch was die Arbeitnehmerseite, die Gewerkschaften, anbelangt. Besonders wenn es um die Führung von Unternehmen und die Unternehmenskultur geht, halte ich es für unabdingbar, das Bewusstsein für Korruption und Bestechung zu schärfen und dazu gezielte unternehmensinterne Maßnahmen zu ergreifen. Der vierte Vorschlag, den Sie gemacht haben, ist die Beschränkung der Aufsichtsratsmandate. Da möchte ich mich ausdrücklich den Ausführungen des Kollegen Dr. Fuchs anschließen. Was das Thema der Anzahl der Mandate anbelangt, so hat dies mit Korruption reichlich wenig zu tun. Aber es hat natürlich etwas mit Seriosität zu tun. Man fragt sich, wie manche Manager es schaffen, ihre Tätigkeit in zehn oder noch mehr Aufsichtsräten zu koordinieren. ({1}) - Bis zehn. - Das ist aber eine Frage der Seriosität und nicht der Bekämpfung von Korruption. Christian Lange ({2}) Für richtig halte ich - da möchte Ihren Vorschlag aufgreifen, Herr Dr. Fuchs -, dass wir uns noch einmal Gedanken darüber machen, was den Wechsel vom Vorstandsvorsitz hin zum Aufsichtsratsvorsitz anbelangt. Ich könnte mir vorstellen, dass es da Handlungsbedarf gibt. Einen weiteren Punkt aus dem Katalog der Grünen will ich aufgreifen, und zwar das Thema Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Ich glaube, das ist ein guter Weg, aber ich sage ausdrücklich: Wir sind bereits auf diesem Weg. Überall dort in Deutschland, wo sich Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Bezug auf Korruption etabliert haben, wo Kommunen energisch an die Trockenlegung des flächendeckend anzutreffenden Schmiergeldsumpfes gingen, schnellten die Fallzahlen sprunghaft in die Höhe, konnte man ganze Netzwerke von Firmen ausheben, die sich öffentliche Aufträge gegenseitig zugeschoben haben. Nur zur Information: Nach meinen Recherchen gibt es Schwerpunktstaatsanwaltschaften unter anderem in Frankfurt am Main, München und Stuttgart. Meine Damen und Herren, wir werden den Antrag der Grünen heute in die Ausschüsse verweisen. Was meine Fraktion anbelangt, verweisen wir ihn mit Sympathie. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. ({3})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Dr. Barbara Höll, Fraktion Die Linke. ({0})

Dr. Barbara Höll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000921, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Keine Toleranz gegenüber Korruption“, das unterschreibt sicher jeder und jede in diesem Hause. Man könnte diese politische Lyrik allerdings auch klarer ausdrücken: Es geht hier um Gesetzestreue und um nichts anderes. Natürlich unterstützen auch wir die Intention des Antrages. Detailliert wird darüber in den Ausschüssen beraten werden. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, dass ich es schon erstaunlich finde, dass Sie in Ihrem Antragstext sehr schnell von den deutschen Zuständen weggehen und auf das Ausland ausweichen. Es gibt sicher beklagenswerte Zustände in anderen Ländern. Diese Länder brauchen Hilfe und Unterstützung. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, hier über die Binnenkorruption zu sprechen. ({0}) Es wird ausgeführt, dass Deutschland als Exportweltmeister auf einem zufriedenstellenden siebten Platz liegt. Ich frage Sie aber: Warum ist der Exportweltmeister in diesem Punkt nicht auf Platz eins? Ich denke, Selbstzufriedenheit ist schädlich. Wenn die größte Wirtschaftsmacht der EU nicht auf Platz eins, sondern nur auf Platz sieben steht - diesen Platz nahm Deutschland ein, noch bevor die Korruptionsskandale bei Siemens und VW die Republik erschütterten -, dann sollte uns das schon zu denken geben. Die Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Tagen Zeitungen wie die „Leipziger Volkszeitung“ oder die „Berliner Zeitung“ aufgeschlagen haben, fragen sich, was in diesem Lande los ist. Der Sachsenskandal um Boomtown Leipzig - inzwischen kann man fast Sumpftown sagen - ist Tag für Tag in den Printmedien. Skandale, die scheinbar schon fast vergessen sind - ich nenne beispielsweise das Paunsdorf-Center in Leipzig, Sachsen LB, Schommer- und Heitmann-Affäre -, können wieder nachgelesen werden. ({1}) Es kursieren Gerüchte über die Größenordnungen der Skandale. Aber niemand weiß richtig, was los ist. Ich finde es besonders bedenklich, wenn in dieser Situation von Berlin aus nicht das eindeutige Signal ausgesendet wird, dass es notwendig ist, vorbehaltlos aufzuklären. ({2}) Es kann doch nicht angehen, dass die Menschen morgens in der Zeitung über einen neuen Skandal lesen und mittags dann hören, dass alles nicht ganz so schlimm sei. Eine Staatssekretärin äußert intern die Meinung, es werde bei der Aufklärung eh nicht viel rauskommen. Wenn gesagt wird, es sei für die Ermittlungsbehörden schwierig, an die Unterlagen heranzukommen - es gibt sie also -, dann muss ich fragen: Wo leben wir eigentlich? Das ist ein Punkt, der nicht nur Sachsen, sondern ganz massiv uns alle betrifft. Wenn Minister auf die Frage, ob sie in einer vorherigen Position gesetzestreu gehandelt haben, nicht sofort eine klare Antwort geben, dann finde ich das schon bedenklich. Das führt dazu, dass Menschen das Gefühl haben, dass vielleicht noch ein bisschen aufgeklärt und ein wenig moralische Entrüstung gezeigt wird, dass aber anschließend die Politik da oben zur Tagesordnung übergeht. ({3}) Menschen wollen Sicherheit. Sie verlangen einen unnachsichtigen Kampf gegen die Korruption. Sie wollen integre Politikerinnen und Politiker, Behörden und Unternehmen. Wer Korruption bekämpfen will, braucht vor allem Öffentlichkeit. Sie folgt dem Transparenzgebot und bietet vor allem denjenigen den besten Schutz, die sich unter persönlichem Risiko gegen Erscheinungen der Korruption auflehnen, die ihnen bekannt geworden sind, und die den Kontakt zu den Ermittlungsbehörden suchen. Wir müssen gemeinsam nachdenken, intensiv an diesem Thema arbeiten und vieles, was in dem Antrag der Grünen aufgeführt ist, positiv vorantreiben. Es darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Die Politik in Berlin muss sich fragen lassen, ob es angehen kann, dass in einem Bundesland der Eindruck entsteht, man würde fast in einem rechtsfreien Raum leben. Von hier aus muss Druck ausgeübt werden. Ich glaube, hier sind wir gemeinsam in der Pflicht. Ich danke Ihnen. ({4})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/4459 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 20. Juni 2007, 13 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.