Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/6/2002

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: OECD-Studie 2002 „Bildung auf ein Blick“. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Sehr geehrte Herren und Damen! Der OECD-Bildungsbericht wird in regelmäßigen Abständen herausgegeben. Dieser Bericht weist darauf hin - das ist, denke ich, gerade für Bildungs- und Forschungspolitiker, aber auch für Politiker generell ein ganz entscheidender Gesichtspunkt -, dass es einen sehr engen Zusammenhang zwischen Bildungsstand, Bildungsanstrengungen der Länder und den wirtschaftlichen Wachstumschancen von Volkswirtschaften gibt. Ferner weist er darauf hin, dass es einen ebenfalls sehr engen Zusammenhang zwischen individuellen Lebenschancen und Bildungschancen gibt. Der OECD-Bericht unterstreicht, dass Deutschland insgesamt einen sehr hohen Bildungsstand hat. Die Stärke des deutschen Bildungssystems zeigt sich darin, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter über einen Schulabschluss des Sekundarbereichs II verfügt. Mit einer Abschlussquote von 91 Prozent, bezogen auf die Bevölkerung im typischen Abschlussalter, nimmt Deutschland hier hinter Ungarn und Japan einen herausgehobenen Platz ein. Der OECD-Bericht unterstreicht außerdem, dass es zu einer sehr positiven Entwicklung im Bereich der Hochschulausbildung gekommen ist. Hier zeigt sich, dass die Anstrengungen der Bundesregierung Erfolge zeitigen. Wir haben in den vergangenen vier Jahren eine deutliche Steigerung der Zahl derjenigen Jugendlichen erreichen können, die sich für ein Studium entscheiden. Die Studierendenquote ist in den letzten vier Jahren um mehr als 4 Prozent gestiegen. Dazu haben ganz wesentlich sowohl die Reform des BAföG als auch die Einführung der gestuften Studiengänge von Bachelor und Master beigetragen. Die Studie weist darauf hin, dass der Weg, den wir hier beschritten haben, und die diesbezüglichen Anstrengungen fortgesetzt werden sollten. Die Studie zeigt ebenfalls auf, dass wir nach wie vor einen sehr hohen Stand bei der beruflichen Bildung haben, dass die Modernisierungsanstrengungen, die wir in diesem Bereich unternommen haben, richtig und notwendig waren und dass auch dieser erfolgreiche Weg der beruflichen Ausbildung fortgesetzt werden sollte. Es gibt einen Punkt, bei dem wir noch Verbesserungen erreichen müssen: Das ist die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungswegen, also zwischen der beruflichen Bildung und der Hochschulausbildung. Deshalb ist es richtig, dass wir hier vermehrt Anstrengungen unternehmen. Dies liegt allerdings in der Hand der Länder. Sie könnten durch erleichterte Aufnahmeregelungen und Bestimmungen für Personen aus der beruflichen Bildung den Zugang zur Hochschule einfacher machen. Die Studie weist auf die bekannten Probleme in der Schulpolitik hin. Es zeigt sich, dass es richtig war, dass die Bundesregierung in dieser Frage die notwendigen Konsequenzen gezogen hat, um die schulische Bildung ebenfalls deutlich zu verbessern. Die PISA-Studie hat ja klar aufgezeigt, dass wir erhebliche Schwächen im Schulsystem haben. Das Leistungsniveau der deutschen Schülerinnen und Schüler, auch in der Spitzengruppe, ist nicht so hoch; es ist vielmehr deutlich geringer und niedriger als in vergleichbaren Industriestaaten. Es ist vor allen Dingen ein sehr enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen zu konstatieren. Man kann es auch anders formulieren - so formuliere ich es immer -, nämlich dass wir ein sehr ungerechtes Bildungssystem haben. Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung hier Konsequenzen gezogen hat. Wir werden unseren Beitrag leisten, um den Bildungsstandard insgesamt, bei allen Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu verbessern. Ganztagsschulen können dazu erheblich beitragen, weil sie es ermöglichen, dass Kinder besser individuell gefördert werden. Eine der ganz wichtigen Zielsetzungen unseres Ganztagsschulprogramms ist, den Raum, die Zeit und die Möglichkeit für eine bessere individuelle Förderung zu geben. Genau das - darauf weist die OECD-Studie ausdrücklich hin - ist entscheidend für die Verbesserung der Qualität unseres Bildungssystems. Ein weiterer Punkt. Die Bundesregierung hat gefordert, dass wir bundesweite nationale Bildungsstandards erarbeiten. Die Formulierung eines solchen Ziels ist richtig; auch das zeigt die OECD-Studie auf. Es wird mehrfach darauf hingewiesen, dass es in den Ländern, die in der Bildung erfolgreich sind, üblich ist, dass solche nationalen Bildungsstandards vorhanden sind. Ich bitte darum, dies nicht mit Zentralismus, mit zentralen Lehrplänen oder Rahmenrichtlinien zu verwechseln. Einige machen das immer wieder. Ein solcher Ansatz ist aber das Gegenteil einer aufgeklärten Bildungspolitik. Das Setzen von Standards bedeutet vielmehr, dass Kompetenzen prägnant beschrieben werden und dass die Schulen die Selbstständigkeit erhalten, die sie benötigen, um den Weg festzulegen, wie sie sicherstellen wollen, dass jede Schülerin und jeder Schüler vergleichbare Kompetenzen erlangen kann. Die Studie unterstreicht auch, wie wichtig es ist, dass Bildungsleistungen regelmäßig evaluiert werden. Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung gesagt hat, sie werde ihren Beitrag dazu leisten, dass eine nationale Evaluierungsagentur eingerichtet wird, die regelmäßig den Stand von Bildung überprüft und ihn offen legt, damit wir frühzeitig auf Schwächen und Stärken unseres Bildungssystems hingewiesen werden. Die OECD-Berichte unterstreichen darüber hinaus die Bedeutung einer kontinuierlichen Bildungsberichterstattung. Die Bundesregierung weiß um diese Bedeutung und setzt den Beschluss des Deutschen Bundestages vom Sommer dieses Jahres für eine kontinuierliche Bildungsberichterstattung, die in Zukunft in zweijährigem Rhythmus stattfinden wird, auch um. Last not least: Wir werden im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern die Verbesserung der Unterrichtsqualität vorantreiben, und zwar besonders dort, wo es in Deutschland zentrale Schwächen gibt. Dies ist etwa bei der Sprachkompetenz oder im naturwissenschaftlich-mathematischen Unterricht der Fall wie auch vor allen Dingen bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen aus so genannten benachteiligten Familien, die also, aus welchen Gründen auch immer, familiäre Schwierigkeiten haben. Das sind die Hauptfelder, auf die wir uns in der Bund-Länder-Kommission verständigt haben und auf denen wir ein gemeinsames Programm für die Verbesserung des Unterrichts umsetzen werden. Der Bericht unterstreicht, um das kurz zu sagen, ausdrücklich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Er weist auch darauf hin - diesen Punkt will ich hier thematisieren -, dass zwar die Anstrengungen im Bereich Bildung gerade in den letzten Jahren verstärkt worden sind, dass aber die öffentlichen Bildungsausgaben in Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern wie zum Beispiel den skandinavischen Ländern, aber auch den Ländern Korea, Kanada oder den Vereinigten Staaten noch immer nicht in dem gleichen Maße gestiegen sind. Ich will darauf hinweisen, dass die Bundesregierung hier in den vergangenen vier Jahren ihre Anstrengungen erheblich verstärkt hat. Nachdem wir vor 1998 einen Stillstand, ja sogar Kürzungen im Bildungs- und Forschungshaushalt auf Bundesebene erleben mussten, haben wir die Bildungsausgaben in den vergangenen Jahren erhöht. Mit dem Haushalt für das Jahr 2003 sind das fast 30 Prozent, konkret 28 Prozent. Die Bundesregierung wird an diesem Kurs festhalten. Der Bericht der OECD unterstreicht mit sehr großem Nachdruck, dass dieser Kurs und die Entscheidungen richtig sind. Aber auch andere Politikebenen müssen diese Anstrengungen unterstützen; denn Bildungspolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Bundesregierung wird jetzt wie auch in Zukunft ihrer Verantwortung gerecht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. - Das Wort hat die Kollegin Katherina Reiche.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Krippen und Kindergärten sollen ausgebaut werden. Dies soll mit den Ersparnissen beim Arbeitslosengeld bezahlt werden. So lauten die Pläne. Die Finanzierung ist auf Sand gebaut, weil vorerst niemand weiß, ob und in welcher Höhe diese Einspareffekte tatsächlich zu erzielen sind. Deshalb frage ich: Kann die Bundesregierung konkret beziffern, welche Beiträge wann durch die Einsparungen beim Arbeitslosengeld zur Verfügung stehen werden und in welcher Höhe die Länder diese für den Ausbau von Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen gegebenenfalls zur Verfügung stellen werden? Gibt es bereits konkrete Gespräche oder Verhandlungen mit den Ländern?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Auf Punkt und Komma genau kann die Bundesregierung die Summe noch nicht beziffern. Wir gehen nach unseren Schätzungen davon aus, dass ein Finanzvolumen von ungefähr 1,5 Milliarden Euro mobilisiert werden kann. Dieses soll von den Ländern, den Gemeinden und den Städten genau hierfür eingesetzt werden. Aber wie gesagt: Auf Punkt und Komma genau können wir es noch nicht sagen. Ich will noch auf einen anderen Gesichtspunkt, der in diesem Zusammenhang eine ganz wichtige Rolle spielt, hinweisen: Die Bundesregierung wird einen Bildungsgipfel durchführen, auf dem die Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen thematisiert und Bildungsziele für Kindergärten entwickelt werden sollen. Die erfolgreichen Bildungssysteme zeichnen sich nämlich durch eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen aus. Deshalb habe ich immer darauf hingewiesen, dass Kindergärten einen Bildungsauftrag haben, den sie wahrnehmen müssen, und dass sie mit den Grundschulen sehr eng kooperieren müssen. Das Beispiel Finnland zeigt uns, wie auf diesem Gebiet erfolgreich gearbeitet werden kann. Dort erarbeiten die Kindergärten gemeinsam mit den Grundschulen zum Beispiel Schul- bzw. Kindergartenprogramme für das letzte Kindergarten- und das erste Grundschuljahr. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, um die Qualität der Bildung gerade in den ersten Lebensjahren voranzutreiben. Ich komme zu einem zweiten wichtigen Schritt: Ich habe immer darauf hingewiesen, dass unser Ganztagsschulprogramm vor allen Dingen im Bereich der Grundschule und im Bereich der Sekundarstufe I eingesetzt werden soll, weil es insbesondere hier Mängel und Defizite gibt. Damit soll insbesondere für die Kinder in dem entsprechenden Alter eine bessere individuelle Förderung gewährleistet werden. Last not least will ich darauf hinweisen, dass ich die 1,5 Milliarden Euro, die ich eben beziffert habe, nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld, sondern im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes, das weitaus umfänglicher ist, genannt habe. Deshalb bitte ich, dies auch so zu zitieren. Es bezieht sich auf die Umsetzung des gesamten Hartz-Konzeptes.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine kurze Nachfrage der Kollegin Reiche.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich hätte ganz gern noch etwas über den Verhandlungsstand gewusst. In welchem Verhandlungsstand mit den Ländern befinden Sie sich? Das war auch ein Teil meiner Frage. ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Die Bundesregierung hat die Umsetzung des HartzKonzeptes vorbereitet. In Kürze werden wir die Vorschläge der Bundesregierung hier im Deutschen Bundestag beraten. Dann werden auch die Verhandlungen mit den Ländern aufgenommen werden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Als Nächster hat sich der Kollege Uwe Schummer gemeldet.

Uwe Schummer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003631, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, schon in der PISA-Studie wurde die duale Ausbildung in Deutschland als vorbildlich gelobt. Nach den Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit sind im letzten Jahr etwa 100 000 Schulabgänger ohne eine berufliche Ausbildungsstelle geblieben; in diesem Jahr werden es wahrscheinlich 125 000 sein. Worauf führen Sie diesen massiven Anstieg der nicht mit einer beruflichen Ausbildungsstelle versorgten Schulabgänger zurück? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Ausbildungsmotivation und -fähigkeit in den Betrieben zu stärken?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Offiziell endet das Ausbildungsjahr mit dem 31. August. Wir haben aber die Ausbildungsanstrengungen im letzten und auch schon im vorletzten Jahr auch nach dem 31. August fortgesetzt. Dadurch ist es gelungen, zu einer ausgeglichenen Ausbildungsbilanz zu kommen. Allen Jugendlichen, die können und wollen, konnte ein Ausbildungsplatz vermittelt werden. Das werden wir auch in diesem Jahr fortsetzen. Wenn die Situation eintritt, dass wir bis zum 31. August nicht ausreichend Ausbildungsplätze mobilisiert haben, dann setzen wir die Ausbildungsanstrengungen fort. Die duale Ausbildung beruht auf zwei Säulen. Auf der einen Seite steht die Ausbildung in den Betrieben und den Unternehmen. Auf der anderen Seite steht die Ausbildung in den Berufsschulen. Diesen Weg werden wir fortsetzen. Mir kommt es darauf an, dass wir den Zusammenhang zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung aufrechterhalten. Erstens. Wir werden das duale System dadurch stärken, dass wir die Modernisierung der Ausbildungsberufe fortsetzen. Ich will nur darauf hinweisen, dass es uns durch die gute Zusammenarbeit im Bündnis für Arbeit gelungen ist, eine erhebliche Zahl von Berufen zu modernisieren und neue Ausbildungsberufe zu schaffen, was im Übrigen dazu geführt hat, dass viele zusätzliche Ausbildungsplätze entstanden sind. Zweitens. Wir werden die Berufsausbildung auch dadurch stärken - das haben wir angekündigt -, dass wir die Modellversuche, die wir in den letzten vier Jahren stark vorangetrieben haben, weiterentwickeln und ausweiten. Die berufliche Ausbildung soll in den Berufen, in denen das von der Sache her notwendig ist, mit einer Fachhochschulausbildung verknüpft werden. Beides soll parallel laufen. Das ist gerade für sehr technikintensive Berufe ein sehr erfolgreicher Weg, den wir beschritten haben und weiter beschreiten werden. Drittens. Wir werden auch unsere Modernisierungsanstrengungen fortsetzen. Hier haben wir deutliche Erfolge erzielt. Inzwischen dauert es weniger als ein Jahr, um Berufe zu modernisieren bzw. neue Berufe zu schaffen. Viertens - das ist mein letzter Punkt -: Jugendlichen, die besondere Lernschwierigkeiten haben und eine Ausbildung, aus welchen Gründen auch immer, nicht abschließen, wird die Möglichkeit gegeben, Ausbildungsabschnitte - wir nennen es Ausbildungsbausteine, weil es in sich geschlossene Bausteine sein sollen - zertifizieren zu lassen, sodass sie damit eine bessere Chance haben, in den Arbeitsmarkt zu kommen und einen Job zu finden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Schummer, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich eine weitere Frage von Ihnen im Vizepräsidentin Susanne Kastner Augenblick nicht zulassen kann. Viele Kolleginnen und Kollegen wollen noch Fragen stellen und kämen ansonsten nicht zum Zuge. Als Nächster hat der Kollege Jörg Tauss das Wort.

Jörg Tauss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Gefühl, Kollegin Reiche, dass bei der Frage der Betreuung von Kindern von null bis drei Jahren und den Ganztagsschulen vielleicht ein Missverständnis vorlag. Aber das können wir möglicherweise bilateral klären, weil ich nicht danach fragen möchte. Frau Ministerin, die Initiativen der Bundesregierung würdigend, möchte ich eine Nachfrage stellen. Nachdem jetzt erfreulicherweise auch von der Kultusministerkonferenz Hinweise zu der Entwicklung von Bildungsstandards vorliegen und Sie verdienstvollerweise diese Debatte mit den Ländern durch die Ankündigung befördert haben, dass der Bund ebenfalls nationale Standards entwickelt, interessiert mich, wie die Verzahnung der Entwicklung der Standards zum gegenwärtigen Zeitpunkt aussieht und wie die Bundesregierung möglicherweise die Arbeit der Kultusministerkonferenz weiter ergänzen und fördern will und kann.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich habe darauf hingewiesen, dass in den erfolgreichen Bildungsnationen nationale Standards üblich sind. Dies gilt auch für ein föderales Land wie Kanada. Das heißt, es ist auch in einem föderalen politischen System möglich, nationale Standards mit Erfolg zu verankern. Zu der Frage, wie in Deutschland diese Standards entwickelt, implementiert und evaluiert werden können, haben wir eine Expertise an den Leiter des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, Herrn Professor Klieme, vergeben. Die Ergebnisse dieser Studie werden im Januar vorliegen und gemeinsam mit den Ländern ausgewertet. Bund und Länder sind über dieses wichtige Thema miteinander intensiv im Gespräch und werden dies auch bleiben. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage kommt von der Kollegin Pieper.

Cornelia Pieper (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003208, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Ministerin, in der OECD-Studie wird die Effizienz der Bildungssysteme von 30 Mitgliedstaaten verglichen. Es ist nicht nur festgestellt worden, dass in Deutschland in der Tat große Defizite im Grundschulbereich bestehen, sondern in der OECD-Studie wird unter anderem auch deutlich, dass zu wenig Schüler in Deutschland die Hochschulreife erwerben. Im Vergleich mit dem OECD-Durchschnitt, der bei 64 Prozent liegt, erwerben in Deutschland nur 37 Prozent eines Jahrgangs die Hochschulreife. Sie haben auch die Sekundarstufe II angesprochen. In Deutschland nehmen nur 30,2 Prozent der Jugendlichen nach Abschluss der Sek II ein Studium auf. Im OECDDurchschnitt sind es immerhin 44 Prozent. Ich weise außerdem darauf hin, dass in Deutschland nur 19 Prozent eines Altersjahrgangs einen entsprechenden Hochschulabschluss erwerben. Im OECD-Durchschnitt hingegen sind es 26 Prozent. Ich frage Sie daher, welche Schritte die Bundesregierung zu unternehmen beabsichtigt, um die Studierwilligkeit junger Menschen in Deutschland zu erhöhen. Ich denke dabei insbesondere an die Einführung von Bachelorund Masterstudiengängen, die eine deutliche Verringerung der Studienzeit und eine passgenauere Vorbereitung der Studierenden auf den späteren Beruf zulässt.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich stimme Ihnen darin zu, dass die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen ein wichtiger Schritt ist, um die Studienbereitschaft zu erhöhen. Denn damit müssen sich Jugendliche nicht von vornherein entscheiden, ob sie ein Studium mit einer längeren Studienzeit durchführen bzw. ob sie eher einen wissenschaftlich orientierten oder einen berufsorientierten Studiengang wählen sollen, sondern sie verfügen über Entscheidungsalternativen. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die Einführung dieser Studiengänge, und zwar nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch durch die im vergangenen Jahr vorgenommene Novellierung des Hochschulrahmengesetzes, mit der wir diese Studiengänge zu Regelstudiengängen gemacht haben. Wenn wir das Ziel verfolgen - dass es mein Ziel ist, habe ich auch im Namen der Bundesregierung immer wieder formuliert -, 40 Prozent der Jugendlichen zu höchsten Bildungsabschlüssen - ich unterscheide dabei nicht zwischen akademischer und beruflicher Bildung - zu führen, ist es sicherlich richtig, dass wir das gesamte Potenzial der Begabungen in unserem Land mobilisieren, fördern und unterstützen müssen. Damit müssen wir bei den Grundschulen beginnen. Wenn wir die Grundschulen nicht ausreichend fördern, wird die Zahl junger Menschen, die die Hochschulen erreichen, nicht ausreichen. Deshalb ist für mich die Verbesserung der Bildungssituation in den Grundschulen ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung die von mir bereits genannten Maßnahmen vorgestellt, nämlich die Schaffung eines flächendeckenden Angebots an Ganztagsschulen, die Verbesserung der Unterrichtsqualität, die Schaffung und Entwicklung bundesweiter Bildungsstandards und die nationale Bildungsberichterstattung. All diese Schritte verfolgen das Ziel, die individuelle Förderung von Kindern zu verbessern. Das ist das A und O, wenn wir das Ziel erreichen wollen, 40 Prozent der Jugendlichen zu höchsten Bildungsabschlüssen zu führen. Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen. In der OECD-Studie wird nicht darauf eingegangen, dass wir im Bereich der beruflichen Bildung viele Berufsausbildungen haben, die durchaus zu einem sehr hohen Bildungsniveau führen. Was aber notwendig und in Deutschland noch nicht in ausreichendem Maße erreicht worden ist, ist die Schaffung von Möglichkeiten für Jugendliche, beispielsweise im Anschluss an eine berufliche Ausbildung ein Hochschulstudium aufzunehmen. Ich habe in der vergangenen Legislaturperiode erstmals mit den Sozialpartnern einen Durchbruch für die informationstechnischen Berufe erreicht. Wir haben gemeinsam ein Weiter- und Fortbildungssystem entwickelt, das mit einer anerkannten Zertifizierung und der Verleihung von Kreditpunkten, wie sie ebenfalls unserer Zielsetzung entspricht, ermöglicht, dass zum Beispiel eine berufliche Ausbildung als IT-Systeminformatiker in Zukunft bei der Aufnahme eines Hochschulstudiums entsprechend gewichtet wird. Das will ich auch für andere Bereiche und Branchen durchsetzen. Denn wir dürfen den Zugang zur Hochschule sozusagen nicht als Einbahnstraße, sondern müssen ihn als mehrspurige Straße organisieren, sodass der Zugang über unterschiedliche Bildungswege gewährleistet wird. Sie werden mir sicherlich zugestehen, auf einen kleinen Erfolg hinzuweisen. Wir haben durchaus schon einen spürbaren Erfolg erzielt. Wir haben es in den letzten vier Jahren geschafft, die Zahl der Studienanfänger erheblich zu steigern - von rund 28 Prozent auf jetzt 32,4 Prozent. Die Entscheidungen und die Reformen der Bundesregierung haben wesentlich dazu beigetragen, dieses Ziel zu erreichen. Wir werden auf diesem Weg auch noch weitergehen. Last but not least wollen wir auch durch den Pakt für Hochschulen, den ich den Ländern angeboten habe, sicherstellen, dass die Zahl der Studienabbrecher deutlich verringert wird. ({0}) Denn die Tatsache, dass die Zahl der Studienabbrecher in einigen Studienfächern doch extrem hoch ist, kann aus meiner Sicht nicht einfach hingenommen werden. Ich will mit diesem Pakt für Hochschulen sicherstellen, dass wir die Zahl der Studienabbrecher deutlich reduzieren. Wenn uns das gelingt, werden wir nämlich auch die Zahl der Studienabschlüsse deutlich erhöhen können.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin Pieper, ich weiß, dass Sie eine zweite Frage stellen wollen. Ich glaube aber, es ist ein Gebot der Fairness gegenüber den anderen Kolleginnen und Kollegen, die sich noch gemeldet haben, dass Sie sich vielleicht noch einmal melden, wenn noch Zeit vorhanden ist. Als Nächste folgt die Kollegin Vera Dominke.

Vera Dominke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003518, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben gerade und auch eingangs schon auf die besonders positive Entwicklung im Hochschulbereich hingewiesen. Tatsächlich war ja in den letzten Jahren insbesondere ein Boom privat finanzierter Elitehochschulen zu verzeichnen. Nun haben Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt, dass Firmenspenden für gemeinnützige und insbesondere auch wissenschaftliche Zwecke künftig nicht mehr absetzbar sein sollen. ({0}) Der Generalsekretär des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, Herr Professor Erhardt, hat diese Entscheidung als Katastrophe für die Wissenschaft bezeichnet; denn wir wissen alle, dass gerade Hochschulen und auch Forschungsinstitute in besonderem Maße von der Förderung durch die Wirtschaft abhängig sind. ({1}) Nun hat zwar der Herr Bundeskanzler verbal schon seinen Rückzieher angekündigt, aber wir wissen ja alle nicht, was nach den Wahlen in Niedersachsen und Hessen tatsächlich in diesem Bereich auf uns zukommen wird. Ich frage Sie deshalb: Wie will die Bundesregierung in Zukunft das Engagement der zu Recht verschreckten Wirtschaft in Bildung und Wissenschaft fördern? Wie wollen Sie die Entwicklung von mehr Public Private Partnership fördern und anstoßen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kollegin, das Wort des Bundeskanzlers gilt. ({0}) Das kann ich ganz kurz beantworten. Deshalb wird die Bundesregierung die Abzugsfähigkeit von Unternehmensspenden an wissenschaftliche Einrichtungen und Bildungseinrichtungen nicht streichen, ({1}) sondern die wird es weiterhin geben. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich weise darauf hin, dass wir im Augenblick Fragen zu dem Themenbereich, der heute angemeldet ist, stellen. Als Nächste bitte die Kollegin Grietje Bettin.

Grietje Bettin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003439, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Ministerin, können Sie mir schon etwas sagen zum Verteilungsschlüssel für die 4 Milliarden Euro, die jetzt zum Ausbau von Ganztagsschulen zur Verfügung gestellt werden sollen? Ist diese Verteilung auch an pädagogische Konzepte geknüpft oder erfolgt die Vergabe dieser Gelder nach einem bestimmten Schlüssel? Wie ist die Planung bisher?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich habe immer darauf hingewiesen, dass die Verteilung dieser Mittel daran geknüpft ist, dass erstens ein pädagogisches Konzept vorliegt und zweitens dadurch auch ein zusätzliches Ganztagsangebot geschaffen wird. Das sind die beiden wichtigen Kriterien. Erstens. Die Umsetzung liegt in der Hand der Länder. Die Länder müssen und werden das pädagogische Konzept verantworten. Es ist völlig klar, dass eine Ganztagsschule natürlich ein pädagogisches Konzept erfordert und dass wir dieses auch fördern. Zweitens. Der Verteilungsschlüssel wird nach unserem Vorschlag so aussehen, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und in der Sekundarstufe I zugrunde gelegt werden sollte. Weil das der objektiv gerechteste Schlüssel ist, haben wir ihn zugrunde gelegt. In unserem Angebot an die Länder wird auch dieser Schlüssel angeboten.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Fragestellerin ist die Kollegin Marion Seib.

Marion Seib (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Im Zusammenhang mit dieser OECD-Studie und als einzige Reaktion auf PISA haben Sie - das haben Sie heute wieder betont; gerade eben haben Sie der Kollegin, die danach fragte, eine Antwort gegeben - das 4-Milliarden-Euro-Programm für die Ganztagsschulen angeboten. ({0}) Seit dem Haushaltsentwurf 2003 ist aber klar, dass mit diesem Programm nur die Investitionen gefördert werden sollen. Das heißt, die Länder und die Kommunen bleiben auf den Sach- und den Personalkosten sitzen. Ich habe deshalb die folgenden Fragen: Erstens. Wann beabsichtigt die Bundesregierung, den Ländern ein ganz konkretes - und zwar schriftliches - Angebot für die Ausstattung der Ganztagsschulen zu unterbreiten? Zweitens. Welche genauen Bedingungen sollen daran geknüpft sein? Wir haben eben gehört, dass Sie von den Ländern ein pädagogisches Konzept verlangen. Wer beurteilt dieses pädagogische Konzept? Drittens. Wird der Schlüssel, den Sie eben auf die Schülerzahl bezogen haben, tatsächlich eingehalten bzw. welchen Einfluss hat das pädagogische Konzept noch auf die Verteilung der Mittel, wenn Sie den Schlüssel nur auf die Schülerzahl beziehen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kollegin, Sie selbst haben gerade unterstrichen, wie notwendig und wie wichtig es ist, dass das, was man lernt, in unterschiedlichen Zusammenhängen wiederholt wird. ({0}) Wir bieten nicht nur eine einzige Maßnahme an; vielmehr schlagen wir - ich betone das seit Frühjahr dieses Jahres immer wieder; ich habe das auch hier, im Bundestag, schon mehrfach geäußert - fünf Schritte vor. Erstens. Wir stärken mit einem pädagogischen Konzept die Ganztagsschule, um eine bessere individuelle Förderung zu erreichen. Die Ganztagsschule muss zu einer wichtigen Säule im Schulsystem werden. Zweitens. Dazu gehört die Entwicklung von bundesweiten, präzisen und prägnanten Bildungsstandards, damit jeder weiß, wohin er muss und wohin er kommen soll. Das ist nämlich immer und an jeder Stelle wichtig und richtig. Das gilt sowohl für Schüler als auch für Lehrer als auch für Eltern - für Politiker natürlich auch. Drittens. Ich habe eine regelmäßige nationale Evaluierung unserer Bildungseinrichtungen vorgeschlagen. Dabei denke ich auch an Bildungsvergleiche. Ich will nämlich nicht, dass wir auf Dauer auf internationale Untersuchungen angewiesen sind. Viertens. Daher wollen wir eine nationale Bildungsberichterstattung. Fünftens. Ich habe den Ländern vorgeschlagen - das haben wir bereits beschlossen -, ein gemeinsames Programm zur Verbesserung des Unterrichts umzusetzen. Die PISA-Studie weist nämlich darauf hin, dass wir genau an diesem Punkt erhebliche Mängel und Schwächen haben. Die Schwerpunkte dessen, was wir diesbezüglich vorhaben, habe ich bereits vorhin genannt. Zu Ihrer Frage: Wir, die Bundesregierung, haben den Ländern vorgeschlagen, dass wir 4 Milliarden Euro einsetzen, um ein flächendeckendes Ganztagsschulangebot mit der Zielsetzung der individuellen Förderung sicherzustellen. Wir fordern dafür ein pädagogisches Konzept ein. Wie ich bereits vorhin ausgeführt habe, liegt es in der Verantwortung der Länder, dieses pädagogische Konzept zu überprüfen und sicherzustellen, dass es qualitativ gut ist. ({1}) Völlig klar ist aber: Wir wollen diese Mittel nicht dafür einsetzen, dass allein ein warmes Mittagessen sichergestellt ist; deshalb fordern wir ein pädagogisches Konzept an. Die Länder müssen dieses Konzept verantworten, so wie es auch in anderen Bereichen geregelt ist. ({2})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage stellt der Kollege Ernst Dieter Rossmann.

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, Sie haben Ihre Ideen zur Verbesserung des Unterrichts angesprochen. Ich möchte Sie nach dem Zusammenhang zwischen dem Handlungsfeld „BundLänder-Programme“ und dem Handlungsfeld „Stiftung Bildung und Erziehung“ fragen. Wo wollen Sie dort jeweils verschiedene Akzente setzen? Wie sollen die beiden Handlungsfelder zusammenfließen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Wir haben vor, eine „Stiftung Bildung und Erziehung“ ins Leben zu rufen. An dieser Stiftung sollen sich unserer Zielsetzung nach auch Private beteiligen können, weil Bildung - ich habe es bereits am Anfang gesagt - eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Diese Stiftung sollte unseren Überlegungen nach zum Beispiel die Möglichkeit haben, gegenüber Schulen, die gern ein neues Unterrichtskonzept umsetzen möchten, für das sie eine finanzielle Unterstützung brauchen, als Ansprechpartner, aber auch als Förderer aufzutreten. Das ist sozusagen der Bottom-up-Weg, wie es so schön heißt. So haben die einzelnen Einrichtungen selber die Möglichkeit, Finanzierungshilfen zu erhalten, wenn sie ein überzeugendes Konzept haben, das zügig und schnell aufgegriffen, umgesetzt und erprobt werden kann. Es muss ja auch die Möglichkeit vorhanden sein, hiermit Erfahrungen zu sammeln.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Frage bitte vom Kollegen Christoph Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben bei Ihren Ausführungen einmal mehr darauf hingewiesen, dass Sie in der Einführung von Ganztagsschulen einen Weg zur Überwindung der Bildungsdefizite sehen, die die OECD-Studie ausweist. Nun ist jedem, der sich einmal in der Schulpraxis mit der Umsetzung von Ganztagsschulkonzepten beschäftigt hat, bekannt, dass sich hinter dem Begriff Ganztagsschule zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze verbergen können. Bei dem einen versteht man darunter eine Betreuungseinrichtung ergänzend zu einer üblichen Halbtagsschule; die Schule nähme also unter ihrem Dach Betreuungsangebote im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes wahr. Diese wären fakultativ, die Teilnahme wäre also in keiner Weise obligatorisch. Der andere Ansatz - auf den müssten Sie verweisen, wenn Ihnen beispielsweise das finnische Modell vorschwebt - sieht eine ganztägige Betreuung im Sinne einer Unterrichtsbetreuung vor. Das hätte zwangsläufig eine Ausweitung der Schulpflicht zur Folge. Ich bedauere etwas, dass Sie bei Ihren Verweisen auf die Ganztagsschulen bisher in diesem, für mich entscheidenden Punkte eine Präzisierung vermissen lassen. Deshalb möchte ich Sie fragen, welcher der von mir genannten Typen aus Ihrer Sicht eine Überwindung der Bildungsdefizite in Deutschland verspricht.

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Sie wissen, dass die Zuständigkeit für die Schulen bei den Ländern liegt. ({0}) Wir machen aber in Form der fünf Punkte, die ich genannt habe, den Ländern ein Angebot, um in einem gemeinsamen Kraftakt unser Bildungssystem zu verbessern. Das halte ich auch für notwendig, weil wir erreichen müssen, dass wir in zehn Jahren wieder zu den Nationen mit der besten Bildung gehören. Das werden wir nicht in ein oder zwei Jahren schaffen, aber innerhalb von zehn Jahren müssen wir es schaffen. Das Ganztagsschulangebot ist bei diesem Vorhaben eine wichtige Säule - neben den anderen, die ich genannt habe. Dazu gehört sozusagen als sechste Säule auch noch die Veränderung der Lehrerausbildung und die Lehrerfortbildung. Die Ganztagsschule ist in Finnland so organisiert, dass dort Personal mit unterschiedlichen Kompetenzen einbezogen wird. Das auch in Deutschland so zu machen halte ich für sinnvoll und richtig. Ich sage ausdrücklich: Eine Ganztagsschule ist keine Schule im traditionellen Sinne, wo die bisherigen 45-minütigen Unterrichtsstunden zum Teil einfach bis in den Nachmittag verlängert werden. Hier soll auch viel stärker projektorientiert gearbeitet werden und den musischen Fächern wieder ein höherer Stellenwert zukommen. Ich halte es beispielsweise für richtig, dass ein Kind die Möglichkeit hat, in der Schule ein Musikinstrument zu erlernen. Das ist im üblichen Unterrichtsstundenrahmen im Augenblick schwer unterzubringen. Mir ist es deshalb wichtig, deutlich zu machen, dass eine Ganztagsschule eine Schule ist, in der Begabungen und Fähigkeiten von Kindern besser gefördert werden. Dafür brauchen wir Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Menschen mit anderen Kompetenzen und Fähigkeiten. Diese Aufgabe, die ich für sehr wichtig halte, haben wir gemeinsam mit den Ländern, Städten und Gemeinden zu meistern, damit wir hier Fortschritte und Erfolge erzielen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Da wir zu diesem Themenbereich nur noch einen Fragesteller haben, kann ich jetzt eine weitere Frage von Ihnen zulassen. Bitte schön, Herr Kollege Bergner.

Dr. Christoph Bergner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003505, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, die für mich entscheidende Frage - es tut mir Leid, das sagen zu müssen - ist nach wie vor nicht beantwortet. Wenn die Ganztagsschule ein wirkungsvolles Instrument zur Überwindung von Bildungsdefiziten sein soll, dann kann man nicht der Frage ausweichen, welcher Typus von Ganztagsschule gemeint ist. Deshalb möchte ich meine Frage gern noch einmal präzisieren: Meinen Sie, dass die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule mit einer Ausweitung der Schulpflicht verbunden sein muss, damit sie zur Überwindung der Bildungsdefizite beiträgt?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Ich habe vorhin gesagt, dass die Ganztagsschule als eine Angebotsschule organisiert werden soll. Das werden die Länder sicherlich entsprechend umsetzen. Es soll also keinen Zwang geben, sondern ein Angebot, das von den Familien genutzt werden kann. Ich bin davon überzeugt, dass viele das Angebot nutzen werden; denn diese Ganztagsschulen werden eine bessere individuelle Förderung der Kinder ermöglichen. Ich bin nicht der Auffassung, dass man das mit einer so starren Definition machen kann, wie das Ihre Frage nahe legt. Sie werden wissen, dass wir in Deutschland nicht einmal eine einheitliche Definition für Ganztagsschulen haben. Die KMK ist erst jetzt dabei, eine verbindliche einheitliche Definition zu erarbeiten. Wenn Sie erfolgreich organisierte Ganztagsschulen sehen wollen, bitte ich Sie, einen Blick in die Ausarbeitung des Forums Bildung zu werfen. Wir haben in den vergangenen vier Jahren gemeinsam mit den Ländern, mit den Sozialpartnern, mit Wissenschaftlern und mit in der Schule Tätigen herausragende Schulen identifiziert und vorgestellt. Jeder kann sich dort anschauen, wie ein guter, erfolgreicher Ganztagsschulbetrieb praktiziert wird und was dort geleistet wird. Ich hoffe, dass alle die sich bietenden Möglichkeiten nutzen. Wie gut eine Ganztagsschule arbeitet, hängt natürlich auch sehr stark von den Lehrern ab, die dort tätig sind, und von den Eltern. Deshalb kommt es darauf an, sie dafür zu gewinnen und davon zu überzeugen. Ich bin der Auffassung, dass ein solches Best-practice-Beispiel viel überzeugender ist als abstrakte, blutleere theoretische Definitionen. Darum sollte man darauf schauen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die letzte Frage in dieser Regierungsbefragung hat der Kollege Hartwig Fischer.

Hartwig Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003526, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben eben erklärt, dass die Voraussetzung für die Förderung Konzepte seien, die die Länder Ihnen vorlegen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob bei den Konzepten auch die Unterrichtsversorgung eine Rolle spielt. In Niedersachsen zum Beispiel hat sich die Schüler-Lehrer-Relation seit 1990 um 19 Prozent verschlechtert ({0}) und gegenüber 1990 wird 12 Prozent weniger Unterricht erteilt. ({1})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Lieber Herr Kollege, erstens hat sich die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen in den letzten Jahren deutlich verbessert. ({0}) Ich weise nur darauf hin, dass Niedersachsen eines der ersten Bundesländer ist, die die verlässliche Grundschule eingerichtet haben, ({1}) wodurch die Eltern sicher wissen, dass ihr Kind nicht vor 13 Uhr womöglich vor der verschlossenen Haustür steht. Die Sicherheit, die dadurch geschaffen worden ist, ist von der Sache her notwendig. Aber ich will zweitens noch einmal auf den anderen Punkt eingehen. Wir fordern in unserem Vorschlag ein pädagogisches Konzept. Die Länder sind diejenigen, die das pädagogische Konzept überprüfen und es auch verantworten müssen. Die Länder haben die Verantwortung für die Schulpolitik. Deshalb sind sie es, die das pädagogische Konzept prüfen und qualitativ verantworten müssen. Wir fordern den Ländern lediglich ab, dafür Sorge zu tragen, dass ein solches pädagogisches Konzept vorliegt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine kurze Zusatzfrage.

Hartwig Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003526, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Unterrichtsversorgung in den einzelnen Bundesländern für Sie bei der Beurteilung des pädagogischen Konzepts eine Rolle spielen?

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Minister:in)

Politiker ID: 11000305

Die Länder beurteilen das pädagogische Konzept. ({0}) - Ich habe ja vorhin gesagt, dass die Länder das pädagogische Konzept der Schule prüfen und dass sie es auch verantworten müssen. Ich gehe davon aus, dass die Frage der Unterrichtsversorgung für die Länder ein wichtiger Gesichtspunkt ist.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Vielen Dank, Frau Ministerin. Damit beende ich die Regierungsbefragung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 15/20 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Hans Martin Bury zur Verfügung. Ich rufe Frage 1 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, fraktionslos, auf: Welche konkreten diplomatischen Schritte - bilateral oder im Rahmen der EU - plant die Bundesregierung angesichts der guten persönlichen Beziehungen des Bundeskanzlers Gerhard Schröder zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, um die russische Regierung zu einer politischen Lösung des Tschetschenien-Konfliktes zu bewegen?

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Frau Kollegin Lötzsch, die Bundesregierung drängt - bilateral und gemeinsam mit ihren EU-Partnern - im Dialog mit Russland seit Jahren darauf, eine politische Lösung des Tschetschenien-Konflikts zu suchen. Die Bundesregierung wird diese Politik auch bei künftigen Begegnungen mit der russischen Seite auf allen Ebenen fortsetzen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, Ihre Zusatzfrage.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, dass eine politische Lösung des Tschetschenien-Konflikts nur unter Berücksichtigung der Ausgangslage des Jahres 1991, als Tschetschenien verfassungsgemäß aus der Russischen Föderation ausgetreten ist, erreichbar ist?

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Frau Kollegin, es ist Sache der beteiligten Konfliktparteien, in politischen Gesprächen miteinander eine Lösung für die Zukunft Tschetscheniens zu finden. Für den Weg dorthin orientiert sich die Haltung der Bundesregierung an folgenden Prinzipien: Sie orientiert sich zum Ersten an der Anerkennung der territorialen Integrität Russlands und zum Zweiten an dem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus. Zum Dritten sind russische Menschenrechtsverletzungen, aber auch Verbrechen und Vergehen durch Terroristen und tschetschenische Rebellen für uns nicht hinnehmbar. Zum Vierten muss der ungehinderte Zugang für Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten, gewährleistet sein.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Frau Kollegin, Sie haben eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Ausgehend von dieser Beantwortung möchte ich gerne wissen, ob Sie den Tschetschenien-Konflikt als innere Angelegenheit Russlands betrachten und - wenn ja - nach welchen Kriterien Konflikte als innere Angelegenheit von Ländern betrachtet werden und nach welchen nicht.

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Frau Kollegin, ich hatte Ihnen vorhin die Kriterien genannt, an denen sich die Bundesregierung orientiert. Dazu gehört unter anderem die Anerkennung der territorialen Integrität.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch auf: Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das bereits jahrelang mit überaus unverhältnismäßiger Härte auch gegenüber der Zivilbevölkerung praktizierte Vorgehen der russischen Streitkräfte in Tschetschenien - das in anderen Fällen zum Anlass genommen wurde, seitens der NATO militärisch zu intervenieren mit den Pflichten des Europaratmitgliedes Russland hinsichtlich der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Konvention zum Schutz von nationalen Minderheiten im Einklang steht? Bitte schön, Herr Staatsminister.

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Frau Lötzsch, Bundesminister Fischer hat unter anderem vor der Genfer Menschenrechtskommission am 20. März dieses Jahres erklärt, dass die Bundesregierung das gewaltsame Vorgehen der Streitkräfte gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien für inakzeptabel und mit europäischen und VN-Normen nicht vereinbar hält. Die Russische Föderation hat die Europäische Menschenrechtskonvention am 5. Mai 1998 und das Rahmenübereinkommen Nr. 157 zum Schutz nationaler Minderheiten am 21.August 1998 ratifiziert. Sie hat damit alle Pflichten, die sich aus dem System des Menschenrechtsschutzes des Europarats ergeben, übernommen. Die sehr hohe Zahl der gegen die Russische Föderation in den letzten drei Jahren eingelegten Individualbeschwerden ist Grund für besondere Aufmerksamkeit. Es ist davon auszugehen, dass viele dieser Beschwerden mit dem Tschetschenien-Konflikt zusammenhängen. Erste Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Verfahren gegen die Russische Föderation könnten bis Ende 2003 vorliegen. Die Bundesregierung will dem Ausgang dieser Verfahren nicht vorgreifen. Die Bundesregierung setzt sich aktiv für die Einhaltung der Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und für die Unabhängigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein und wird die weitere Arbeit der Gremien des Europarats aufmerksam verfolgen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Vorgehen der russischen Seite bei der Befreiung der Geiseln im Theater Nord-Ost und die Exekution bewusstloser Geiselnehmer anstelle ihrer Festnahme und Ladung vor ein Gericht? Vizepräsidentin Susanne Kastner

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Frau Kollegin, ich glaube, Entscheidungen wie diejenigen, die bei einer solchen Geiselnahme zu treffen sind, gehören zu den schwierigsten, die Politikerinnen und Politiker zu treffen haben. Denn es handelt sich bei einer solchen Aktion immer um eine Abwägung zwischen der Rettung von Menschenleben - immerhin waren rund 800 Geiseln in der Gewalt der Geiselnehmer - und der möglichen Gefährdung von Menschenleben. Ich glaube nicht, dass es uns zusteht, die Entscheidung für die Befreiungsaktion hier zu kritisieren.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Auch wenn Sie sagen, es stehe der Bundesregierung nicht an, solches Vorgehen zu kritisieren, möchte ich fragen: Gibt es Gespräche zwischen der Bundesregierung und der russischen Seite über das Vorgehen in diesem Fall und gibt es Fragen nach dem Einsatz des Kampfgases?

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Frau Kollegin, selbstverständlich gibt es laufend intensive Kontakte mit der russischen Seite.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Es liegen für diesen Geschäftsbereich keine weiteren Fragen vor. Deswegen schließe ich den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes und bedanke mich bei Staatsminister Hans Martin Bury für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Barbara Hendricks zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Ernst Hinsken, CDU/CSU-Fraktion, auf: Mit welcher Begründung bewertet die Bundesregierung die deutsche Erbschaftsteuergesetzgebung als nicht „ursächlich für eine etwaige Unschlüssigkeit der Erben mittelständischer Betriebe“ ({0}), obwohl immer mehr Mittelständler unschlüssig sind, ob sie ihr Erbe überhaupt antreten und die Betriebe weiterführen sollen, und was gedenkt sie dagegen zu unternehmen? Bitte schön, Frau Staatssektretärin.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hinsken, das Erbschaftsteuergesetz enthält für denjenigen, der einen geerbten Betrieb fortführt, erhebliche Erleichterungen. Zu nennen sind hier unter anderem: ein Freibetrag von 256 000 Euro; ein Bewertungsabschlag vom Gesamterbe von 40 Prozent - bevor dieser Freibetrag überhaupt ansetzt! -; die Besteuerung in der günstigen Steuerklasse I, und zwar unabhängig vom Verwandtschaftsgrad des Erbers, und die Möglichkeit der zinslosen Stundung der Erbschaftsteuer, sofern sie überhaupt anfällt, für die Dauer von zehn Jahren. Deshalb kann das geltende Erbschaftsteuerrecht keinesfalls Ursache dafür sein, das Erbe eines Betriebsvermögens nicht antreten und einen mittelständischen Betrieb nicht fortführen zu wollen. Dies müsste andere Gründe haben.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hinsken, Ihre Zusatzfrage bitte.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin Hendricks, warum war Ihr Kollege Diller nicht in der Lage, mir eine solche Antwort zu geben? Ist es diesem vielleicht egal, dass bis zum Jahr 2004 380 000 Betriebsübergaben anstehen? Mindestens die Hälfte dieser Betriebsinhaber weiß noch nicht, wer den Betrieb weiterführen wird. Die Bereitschaft dazu ist überhaupt nicht mehr vorhanden, weil die steuerliche Belastung sehr hoch, ja, erdrückend ist und man sich sagt: Anderweitig komme ich besser über die Runden.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Zunächst, Herr Kollege Hinsken: Ich kenne das Schreiben, das Ihnen Kollege Diller in meiner Abwesenheit - und damit gewissermaßen als mein Vertreter - geschickt hat. Ich bitte darum, Herrn Kollegen Diller von irgendeiner Schuld freizusprechen. Er war natürlich in der Lage, Ihnen eine vernünftige Antwort zu geben. ({0}) Gleichwohl waren Sie mit der Antwort nicht zufrieden; das ist Ihr gutes Recht. Deshalb haben Sie hierzu eine Frage gestellt. Wir alle wissen um die große Zahl der Betriebe, deren Übergabe ansteht. Sie haben gerade von einer Zahl von 380 000 gesprochen. Wir alle kennen das Problem aus unseren Wahlkreisen. Da sind aber nicht nur Fragen des Erbschaftsteuerrechts zu klären. Es gibt sehr viele Betriebsinhaber, die zwar Kinder haben, die aber den elterlichen Betrieb - aus welchen Gründen auch immer - nicht fortführen wollen. Auch gibt es Betriebsinhaber, die keine Erben haben und sich deswegen jemanden suchen, der ihren Betrieb käuflich erwirbt. Das ist natürlich nicht immer einfach, weil derjenige, der einen Betrieb veräußert, aus dem Erlös für sein Alter vorsorgen möchte, was sein gutes Recht ist. Er wird also einen Käufer suchen. Das hat aber mit dem Erbschaftsteuerrecht überhaupt nichts zu tun; denn vererben kann man natürlich auch an Nichtverwandte, aber dann gibt man den Betrieb ja kostenfrei ab. Ein Betriebsinhaber möchte natürlich, sofern er keine nahen Verwandten hat, seinen Betrieb lieber verkaufen, als ihn kostenfrei an irgendeinen Betriebsfremden abzugeben. Er wird ihn also veräußern. Da erfüllen sich nicht immer alle Wünsche der Betriebsveräußerer; denn es ist in der Tat nicht so einfach, einen Betrieb zu erwerben und den dafür notwendigen Schulden- und Zinsendienst zu leisten, der wesentlich höher ist als jede denkbare Zahlung der Erbschaftsteuer. Die Erbschaftsteuer, so wie sie in der Bundesrepublik Deutschland besteht und ich sie Ihnen gerade dargestellt habe, ist gerade im Hinblick auf Betriebsvermögen außerordentlich niedrig. Sie kann kein Hindernis für die Fortführung eines Betriebes sein. Wir haben - denn diese Frage wird häufig gestellt - bei den Landesfinanzverwaltungen nachgefragt: Es gibt bisher keinen einzigen aktenkundigen Fall dahin gehend, dass ein Betrieb etwa wegen Zahlens der Erbschaftsteuer in Konkurs gegangen ist.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hinsken, Ihre zweite Zusatzfrage bitte.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, dass in einem Großteil der EU-Staaten die Erbschaft- und Schenkungsteuer gestrichen worden ist? In etlichen Ländern hat man entsprechende Veränderungen vorgenommen, um Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Betriebe vermehrt übernommen werden. Deshalb die Frage an Sie: Meinen Sie nicht auch, dass es dringend erforderlich wäre, Nachbesserungen bzw. Korrekturen in der Richtung vorzunehmen, die ich gerade angesprochen habe, damit der Einzelne stärker bereit ist, in die Selbstständigkeit zu gehen bzw. selbstständig zu bleiben, wenn er den Betrieb der Eltern übernehmen kann oder er die Möglichkeit hat, bei einem Verwandten oder Bekannten einzusteigen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Wir sprechen von Erbe und Erbschaftsteuer; das möchte ich noch einmal deutlich machen. Ich kenne nicht viele Betriebsinhaber, die ihren Betrieb Bekannten vererben wollen; an Bekannte wollen sie ihn veräußern. Die meisten wollen an Verwandte, am liebsten an relativ nahe Verwandte - manchmal auch an Neffen oder Nichten -, vererben. Ich kenne nur sehr wenige, die ihren Betrieb Bekannten vererben wollen, also ohne einen Veräußerungserlös zu erzielen. ({0}) Dieser Fall entspricht nicht der nahen Lebenswirklichkeit. Wir reden also von Verwandten, von Kindern oder von Verwandten zweiten Grades, zum Beispiel Nichten oder Neffen. Sie könnten infrage kommen, einen Betrieb fortzuführen. Im Rahmen der Erbschaftsteuer werden sie alle wie Nachkömmlinge ersten Grades behandelt; es wird also nicht auf den Verwandtschaftsgrad geachtet. Selbst ein Fremder würde hier wie ein Kind behandelt. Ich sage es noch einmal: Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer wird das Betriebsvermögen grundsätzlich um 40 Prozent reduziert. Dies bezieht sich auf alle Anteile des Betriebsvermögens, auch auf Kapitalvermögen. Es ist eigentlich eine seltsame Vorstellung, dass 10 Millionen Euro, sobald sie in das Betriebsvermögen übergehen, für die Erbschaftsteuer nur noch 6 Millionen Euro wert sind. Das stellt eine erhebliche Vergünstigung dar. Dazu gibt es übrigens schon einen Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofes an das Bundesverfassungsgericht; der Bundesfinanzhof hält die Begünstigung des Betriebsvermögens für zu umfangreich. Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung keinerlei Veranlassung, die Vergünstigungen des bestehenden Erbschaftsteuerrechts bei der Vererbung von Betriebsvermögen noch stärker auszuweiten. ({1})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Michelbach.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Hinsken gesagt, dass es bei der Erbschaftsteuer erhebliche Vergünstigungen gebe, wenn ein Betrieb übernommen wird, und Sie sähen nicht die von Herrn Hinsken angesprochene Problematik. Führen Sie nicht die rapide Abnahme der Zahl von Unternehmen auf die Steuerbelastungen zurück, also auch auf die Doppelbesteuerung in Verbindung mit der Erbschaftsteuer? Und wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang Ihre neuesten Steuererhöhungspläne, die eine unbegrenzte Besteuerung von Gewinnen aus Wertpapier- und Immobilienverkäufen vorsehen? Dies würde neben der Erbschaftsteuer eine zusätzliche große Belastung bedeuten.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Michelbach, ich sehe diesen von Ihnen hergestellten Zusammenhang nicht. Ich weise auch den Begriff der Doppelbesteuerung zurück. Selbstverständlich werden betriebliche Gewinne, sofern sie anfallen, versteuert. Ein Erbfall ist ein eigener steuerlicher Tatbestand, der für sich gesehen wird und neu zu bewerten ist. Zudem fällt die Erbschaftsteuer nicht beim bisherigen Betriebsinhaber an, der die betrieblichen Gewinne bis dahin versteuert hat, sondern beim Nachfolger, der den Betrieb kostenfrei erworben hat, ihn also nicht kaufen muss wie andere junge Menschen, die sich selbstständig machen wollen. Es gibt also überhaupt keinen Grund, hier von einer Doppelbesteuerung zu reden. Es sind zwei verschiedene Sachverhalte. Zum anderen weise ich darauf hin, dass die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen natürlich schon Gegenstand unseres Steuerrechts war, wenn auch mit Fristen. Auch in Zukunft wird es so sein, dass bei demjenigen, der einen Betrieb geerbt hat - nur hier kann ich einen Zusammenhang mit der Frage des Kollegen Hinsken sehen -, bei einer späteren Veräußerung der Wert des Betriebes zu dem Zeitpunkt des Erbantritts berücksichtigt wird.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir kommen damit zur Frage 4 des Abgeordneten Ernst Hinsken: Wird die Bundesregierung, da sie bisher über keine Übersicht zu den steuerlichen Regelungen des Unternehmenserbes im Mittelstand in den EU-Mitgliedstaaten verfügt - vergleiche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller, vom 25. Oktober 2002 auf meine schriftlichen Fragen mit den Arbeitsnummern 17 und 18 für den Monat Oktober 2002 -, diese Informationen einholen, um zu prüfen, welches System für Deutschland als Vorbild dienen könnte, und wenn ja, bis wann?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Die Bundesregierung sieht angesichts der für Betriebsvermögen in Deutschland bereits bestehenden Erleichterungen - ich habe sie eben geschildert, Herr Kollege Hinsken - derzeit keine Veranlassung, einen Rechtsvergleich über die Erbschaftsteuer für die Betriebsnachfolge in den EU-Mitgliedstaaten durchzuführen. Zu bedenken ist auch, dass in den EU-Mitgliedstaaten zum Teil sehr unterschiedliche Systeme für Erbrecht und Erbschaftsteuer bestehen. So gibt es in anderen Ländern zum Beispiel eine Nachlasssteuer oder eine Erbanfallsteuer. Somit wäre ein Rechts- und Belastungsvergleich sehr schwierig.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hinsken, Ihre Zusatzfrage.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin Hendricks, halten Sie es denn für richtig und ist es nicht mehr als mager, wenn Ihr Kollege Diller - ich nehme ihn hier in die Verantwortung, weil er das unterschrieben hat - mir auf die Frage: „Wie ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Unternehmenserbe im Mittelstand steuerlich geregelt und welches System könnte für Deutschland als vorbildlich dienen?“ antwortet: „Die Bundesregierung hat keine Übersicht darüber, wie in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Unternehmenserbe im Mittelstand steuerlich geregelt ist.“ Haben Sie in Ihrem Haus überhaupt eine Abteilung, die sich solchen Sachen widmet? Wenn der Wissenschaftliche Dienst, an den ich mich in der Folge gewandt habe, in der Lage ist, mir innerhalb von sechs Tagen die Antworten zu liefern, die das Bundesfinanzministerium zu liefern nicht in der Lage war, dann ist das doch ein Armutszeugnis für Sie. Sind Sie deshalb bemüht, insofern möglichst schnell für Abhilfe zu sorgen, sodass in Zukunft Abgeordnete auf vernünftig gestellte Fragen auch ausreichende Antworten bekommen? ({0})

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hinsken, Sie haben selbstverständlich immer das Recht, Fragen an die Bundesregierung zu stellen. Die Bundesregierung wird, wie schon in der Vergangenheit, auch in Zukunft immer bemüht sein, Ihnen rasch Antworten zu geben. Allerdings ist die Bundesregierung auch berechtigt, den Aufwand für die Beantwortung von Fragen in einem angemessenen Rahmen zu halten. Dies entspricht der Geschäftsordnung.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Hinsken, Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin Hendricks, Sie sind mir persönlich sehr sympathisch. Ich weiß, dass ich heute mit Ihnen die Falsche treffe. Mir wäre es lieber, Ihr Kollege stünde hier. Aber dennoch die Fragen: Sind auch bei Ihnen schon Besorgnis erregende Briefe eingegangen, wie ich sie vorhin genannt habe, in denen also gesagt wird: „Wir wollen nicht übernehmen, weil die steuerliche Belastung so hoch ist.“ Was halten Sie von Forderungen verschiedener Wirtschaftsverbände, aber auch politischer Organisationen, nach denen das Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer freigestellt werden soll, wenn der Nachfolger den Betrieb mindestens zehn Jahre weiterführt, die Erbschaftsteuer zunächst gestundet, dann Jahr für Jahr reduziert und nach Ablauf dieser Zeit völlig erlassen werden soll? ({0})

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Hinsken, ich verstehe natürlich solche Wünsche von Interessenverbänden. Jeder würde immer lieber weniger Steuern zahlen, als er zahlen soll. Ich habe Ihnen aber schon gesagt, dass es bereits eine großzügige Regelung für die Erbschaftsteuer, nämlich die zinsfreie Stundung für die Dauer von zehn Jahren, gibt. Ich möchte noch auf die erste Frage eingehen. Bei mir sind bis jetzt keine Briefe eingegangen, in denen stand: Ich bin unschlüssig, ob ich das Erbe meiner Eltern antreten soll, weil mir die Erbschaftsteuer zu hoch ist. - Briefe solchen Inhalts oder auch mit vergleichbaren Formulierungen hat es nach meiner Kenntnis im Bundesfinanzministerium noch nicht gegeben. Wenn ich einen solchen Brief erhielte, würde ich am konkreten Fall demjenigen, der Bedenken hat, nachweisen können, dass eine solche Unschlüssigkeit unbegründet wäre. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Herr Kollege Michelbach, ich erteile Ihnen das Wort zu einer Zusatzfrage.

Hans Michelbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002738, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, Sie haben gesagt, dass Ihnen diese Stundungsregelung nicht bekannt ist. Ist Ihnen nicht bekannt, dass es ein so genanntes englisches Modell gibt, das in Großbritannien die Fortführung von mittelständischen Betrieben sehr begünstigt, indem für die Erbschaftsteuer Stundung und bei einer Fortführung des Betriebs über zehn Jahre sogar Erlass gewährt wird, und das sich für die Arbeitsplatzsicherung und die Erhaltung von Betrieben sehr bewährt hat? Warum können Sie sich eine steuerliche Regelung wie in Großbritannien nicht auch in Deutschland vorstellen? Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal die Frage stellen: Sehen Sie nicht ein - wenn Sie schon nicht einräumen, dass es sich bei der Erbschaftsteuer um eine Doppelbesteuerung handelt -, dass es sich bei der Erbschaftsteuer zumindest um eine Substanzbesteuerung handelt? Denn die Vermögenszuwächse, die für die Betriebe wichtig sind, werden ja noch einmal besteuert, obwohl sie schon vorher vom Erblasser versteuert worden sind.

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Michelbach, das von Ihnen angesprochene englische Modell - das möchte ich gerne einräumen - war mir so nicht bekannt. Ich kann aber verstehen, dass es ein solches Modell in Großbritannien gibt. Dort scheint es auch notwendig zu sein, weil die Erbschaftsteuersätze etwa viermal so hoch sind wie in der Bundesrepublik Deutschland. Bezogen auf das Betriebsvermögen ist die Erbschaftsteuer in Großbritannien bei allgemeinem Erbanfall im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland sogar noch höher als der vierfache Satz, wenn ich mich richtig erinnere. Wenn also die Erbschaftsteuer so hoch wie in Großbritannien ist, dann wird man das Betriebsvermögen besonders schützen müssen. Dies tun wir in der Bundesrepublik Deutschland, wie ich anfangs ausgeführt habe, durch die besondere Begünstigung des Betriebsvermögens beim Erbanfall, und zwar durch einen 40-prozentigen Bewertungsabschlag, durch die Regelung, dass jeder Erwerber die günstigste Steuerklasse erhält, und durch einen Freibetrag von mehr als 250 000 Euro für den Ersterwerber. Bei einem normalen Betriebsvermögen zum Beispiel in der Größenordnung von 3,5 Millionen Euro, das an eine Ehefrau und zwei Kinder vererbt wird, fällt - ich betone das - keine Erbschaftsteuer an. Auch bei größeren Vermögen sind die Erbschaftsteuersätze äußerst moderat. Deshalb brauchen wir in Deutschland keine besondere Regelung wie in Großbritannien.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Eine weitere Frage vom Kollegen Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, nach der Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, auf die der Kollege Hinsken vorhin abgehoben hat, ist in Großbritannien die Regelung so, dass mittelständische Betriebe völlig von der Erbschaftsteuer ausgenommen sind. Würden Sie vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis des Wissenschaftlichen Dienstes bei möglichen Neuregelungen durch die Bundesregierung nicht doch dem englischen Modell näher treten wollen?

Dr. Barbara Hendricks (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002672

Herr Kollege Koschyk, Sie haben nicht gesagt, wie die allgemeinen Bedingungen in Großbritannien aussehen. Sie haben lediglich behauptet, die Betriebe in Großbritannien seien völlig von der Erbschaftsteuer ausgenommen, wenn sie für eine bestimmte Zeit fortgeführt würden. Dies mag so sein, wobei allerdings auch noch die Abgrenzungsfrage interessant ist, was also in Großbritannien als Betriebsvermögen und was als Privatvermögen bewertet wird. Gerade vor diesem Hintergrund warne ich davor, die Ergebnisse kurzsichtiger Rechtsvergleiche für bare Münze zu nehmen; denn meistens sind die Bedingungen an anderer Stelle wieder unterschiedlich. Deswegen trägt ein einfacher Vergleich nicht.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Es liegen keine weiteren Fragen zu dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen mehr vor. Deswegen schließe ich diesen Geschäftsbereich. Ich bedanke mich sehr herzlich bei der Frau Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung steht die Frau Parlamentarische Staatssekretärin Ute Vogt zur Verfügung. Wir kommen zu Frage 5 des Kollegen Hartmut Koschyk: Haben sich nach Einschätzung der Bundesregierung Tarifautonomie und Flächentarifvertrag auch im öffentlichen Dienst bewährt und hält die Bundesregierung daran fest, zunächst Tarifverhandlungen für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst abzuschließen und anschließend das Ergebnis zeit- und inhaltsgleich auf Beamte zu übertragen? Bitte, Frau Staatssekretärin.

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Danke schön, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Koschyk, die vom Grundgesetz garantierte Tarifautonomie hat sich auch im öffentlichen Dienst bewährt. Dies gilt im Grundsatz auch für Flächentarifverträge, sofern sie neben den bestehenden bundeseinheitlichen Regelungen ausreichend Flexibilität bieten, um spezifischen Gegebenheiten in unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Dienstes Rechnung zu tragen. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst wird auch künftig Basis der allgemeinen Anpassungen für die Beamtinnen und Beamten sein. Ob und inwieweit das Ergebnis der Tarifverhandlungen im Einzelnen auf Beamtinnen und Beamte übertragen wird, ist zu gegebener Zeit durch ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu entscheiden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre erste Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, darf ich Ihren Aussagen entnehmen, dass die Bundesregierung der vom Land Berlin ausgehenden Bundesratsinitiative ablehnend gegenübersteht, die eine Öffnungsklausel im Hinblick auf die bundeseinheitliche Besoldung von Beamten zum Ziel hat?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Zu diesem konkreten Entwurf wird sich die Bundesregierung dann äußern, wenn ein entsprechender Beschluss des Bundesrates vorliegt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, hält die Bundesregierung auch weiter an ihrer Begründung zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 fest, zu dem sie ausgeführt hat, eine bundeseinheitliche Regelung - ich darf ergänzen: der Beamten-, Arbeiter- und Angestelltenbesoldung im öffentlichen Dienst - ist erforderlich, da Regelungen über die Alterssicherung für die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, ein ganz besonderes Gewicht haben? Gilt diese Aussage der Bundesregierung auch für die kommenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Diese Aussage gilt im Grundsatz weiter.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Damit kommen wir zur Frage 6 des Abgeordneten Hartmut Koschyk: Seit wann hat die Bundesregierung bereits Kenntnis von der im „Spiegel“ vom 28. Oktober 2002, Seite 134, wiedergegebenen Einschätzung des Bundeskriminalamtes ({0}) hinsichtlich der Bedrohung durch Anschläge des terroristischen Islamismus in Deutschland, nach der Deutschland von den Experten des BKA mittlerweile für annähernd so gefährdet gehalten wird wie die Vereinigten Staaten von Amerika selbst? Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Die Veröffentlichung im „Spiegel“ bezieht sich auf vertrauliche Dokumente. Die Bundesregierung nimmt zu diesen vertraulichen Dokumenten öffentlich keine Stellung. Ich kann Ihnen aber zur allgemeinen Gefährdungslage sagen, dass die Gefährdungsbewertungen für die Bundesrepublik Deutschland sowie die deutschen Interessen im Ausland fortlaufend und der Lage angepasst durch das Bundeskriminalamt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst erstellt werden. Die sich aus den Gefährdungsbewertungen ergebenden Konsequenzen werden zwischen Bund und Ländern regelmäßig und zeitnah erörtert. Deutschland ist ebenso wie die USA und alle sonstigen westlich orientierten Staaten Teil eines Gefahrenraumes, in dem die Gefahr von Anschlägen aus dem Bereich des islamistischen Terrors besteht. Informationen über konkrete Ziele, Orte, Zeiten oder Modi Operandi möglicher Anschläge liegen den deutschen Sicherheitsbehörden nicht vor.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre erste Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, Sie haben darauf verwiesen, dass es sich um vertrauliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen des Bundeskriminalamtes handelt. Jetzt hat in dieser Woche der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Herr Hanning, in einem Fernsehinterview, das von den Medien sehr breit aufgenommen worden ist und die heutigen Schlagzeilen beherrscht, die Gefährdungslage durch terroristische Bedrohungen für Deutschland sehr dramatisch dargestellt. Wäre es vor dem Hintergrund einer solchen Aussage des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes nicht angebracht, dass nicht nur der Chef eines Dienstes, sondern auch der Bundesminister des Innern und die Bundesregierung die Öffentlichkeit über die Gefährdungslage durch terroristische Bedrohungen informieren?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Die Bundesregierung hat keinen Anlass, dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes zu widersprechen. Die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik - das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst - beurteilen die Sicherheitslage gemeinsam so, dass wir mit einer steigenden Gefährdung rechnen müssen. Diese Beurteilung wird ebenso wie die daraus notwendigen Maßnahmen regelmäßig mit den Ländern abgestimmt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre zweite Frage, bitte.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke schön, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erhöhung des Gefährdungspotenzials für die Bundesrepublik Deutschland - auch von Ihnen wurde die Aussage des Bundesnachrichtendienstes indirekt bestätigt - die bislang getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen der beiden Antiterrorpakete für ausreichend und sieht die Bundesregierung nicht die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen, wenn es zum Beispiel um die Einreisemodalitäten möglicher gewaltbereiter Extremisten nach Deutschland geht?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Die gesetzgeberischen Maßnahmen, die in den Antiterrorpaketen I und II getroffen worden sind, sind aus Sicht der Bundesregierung ausreichend. Wir arbeiten gemeinsam mit den Ländern und international intensiv an der Umsetzung. Das betrifft auch Einreisebestimmungen, Visaerteilungen und Ähnliches. Dies wird international abgestimmt.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir kommen jetzt zur Frage 7 der Abgeordneten Petra Pau, fraktionslos: Wie viele antisemitische Straftaten wurden im dritten Quartal 2002 in der Bundesrepublik Deutschland begangen und wie viele Opfer dieser Straftaten gab es?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Sehr geehrte Frau Kollegin Pau, im dritten Quartal des Jahres 2002 wurden insgesamt 243 antisemitische Straftaten, die dem Bereich „Politisch motivierte Kriminalität rechts“ zugeordnet wurden, gemeldet. Darunter sind 37 Propagandadelikte und fünf Gewaltdelikte, bei denen es sich um vier Körperverletzungen sowie um eine Brandstiftung handelt. Im dritten Quartal 2002 wurden zwei Personen verletzt; es waren keine Todesfälle zu verzeichnen.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Da die Kollegin Pau keine Zusatzfragen hat, kommen wir gleich zur Frage 8 der Kollegin Petra Pau: Mit welchen konkreten Maßnahmen will das Bundesministerium des Innern die Umstrukturierung des Bundesgrenzschutzes zur „Bundespolizei“ durchführen?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Die Bundesregierung beabsichtigt, dem Bundesgrenzschutz einen Namen zu geben, der dem geänderten Aufgabenspektrum Rechnung trägt. Die neue Bezeichnung wird mit einer entsprechenden Umbenennung des BGSGesetzes sowie der Namensanpassung in anderen Vorschriften einhergehen. Eine Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches oder eine Umstrukturierung des Bundesgrenzschutzes ist damit nicht verbunden.

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ihre Zusatzfrage, bitte.

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, dass die Bundesregierung nicht mit den Vorstellungen der Gewerkschaft der Polizei zur Schaffung einer tatsächlichen Bundespolizei und auch zur Zusammenfassung von Kompetenzen, wie sie im vergangenen Jahr in einem Strategiepapier niedergelegt wurden, übereinstimmt?

Ute Vogt (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002823

Mit der vorzunehmenden Namensänderung ist keine Veränderung der Aufgabenstellung und der Strukturen des Bundesgrenzschutzes verbunden. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Ich sehe keine weitere Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende der Fragestunde angelangt. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr. Die Aktuelle Stunde ist nach interfraktioneller Verständigung auf 14.30 Uhr terminiert worden. ({0})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen der finanz- und gesellschaftspolitischen Vorhaben der Bundesregierung auf die Familien Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Maria Eichhorn, CDU/CSU-Fraktion.

Maria Eichhorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000449, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rot-Grün hat vor der Wahl die Familienförderung zu den drängendsten Aufgaben erklärt. Nach der Wahl ist davon nichts mehr übrig. ({0}) Versprochen hatte die SPD eine Kindergelderhöhung auf mindestens 200 Euro, die Grünen sogar eine Kindergrundsicherung. ({1}) Davon ist im Koalitionsvertrag keine Rede mehr. ({2}) Entlarvend ist Ihr Satz, dass Eltern ihr Armutsrisiko durch die Erwerbstätigkeit selbst bekämpfen sollen. Damit verabschiedet sich Ihre Familienpolitik aus dem sozialen Ausgleich. ({3}) Nun hat SPD-Generalsekretär Scholz die Katze völlig aus dem Sack gelassen. Rot-Grün wolle mit der Ganztagsbetreuung eine „kulturelle Revolution“ erreichen. Offensichtlich geht es Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-Grün, nicht darum, mit der Kinderbetreuung Familien zu unterstützen. Nein, Ihnen geht es um eine ideologisch ausgerichtete Familienpolitik. ({4}) Mit der weitgehenden Gleichsetzung von ehelichen und nicht ehelichen Lebensgemeinschaften in der letzten Legislaturperiode begann der Anfang vom Ende des Schutzes von Ehe und Familie. In diesem Zusammenhang ist auch der Versuch zu sehen, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Wer das Splitting abschafft oder begrenzt, besteuert Eheleute höher als Singles. Bestraft werden diejenigen, die wegen der Kindererziehung auf Erwerbstätigkeit verzichten oder verzichtet haben. ({5}) Der Gipfel der Abgeschmacktheit, wie die „FAZ“ zu Recht kommentiert hat, ist der unsägliche Satz des Generalsekretärs, die SPD wolle „die Lufthoheit über den Kinderbetten“. ({6}) Sie nehmen durch Ihre Politik den Familien die Luft weg. Sie schnüren Familien finanziell und gesellschaftspolitisch ein. Das sind die Tatsachen. ({7}) Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, Familie und Erwerbstätigkeit miteinander zu vereinbaren. Wir von der Union fordern und setzen uns für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung für alle Altersstufen ein. Aber die Betonung liegt auf „bedarfsgerecht“. Darüber muss vor Ort entschieden werden. Die Eltern müssen selbst entscheiden können, ob sie Beruf und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbaren oder ob sie sich zumindest eine Zeit lang ganz der Erziehung der Kinder widmen möchten. Beides muss möglich sein. ({8}) Dafür hat die Politik die Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie von Rot-Grün jedoch fördern durch Ihre Politik einseitig die Erwerbstätigkeit. Der Ausbau der Betreuungseinrichtungen darf nicht zulasten der finanziellen Förderung von Familien gehen. Für die Verwirklichung der Wahlfreiheit ist beides notwendig: die Betreuungseinrichtungen, aber auch eine angemessene finanzielle Förderung von Familien. Kinder sind in Deutschland ein Armutsrisiko. Dies wird sich durch Ihre Politik verstärken. „Der Spiegel“ hat Ihnen vorgerechnet, dass Familien mit einem Kind in Zukunft 300 Euro weniger in der Tasche haben werden. Allein die Beschränkung der Eigenheimzulage schlägt mit 177 Euro zu Buche. Die Verschiebung der Steuerreform geht ebenfalls zulasten der Familien. ({9}) Durch höhere Sozialabgaben werden den Familien im nächsten Jahr nahezu 450 Euro fehlen. Hinzu kommt noch die nächste Stufe der Ökosteuer, die vor allem Familien mit mehreren Kindern belasten wird. Meine Damen und Herren, die Finanzierung der von Ihnen geplanten Betreuungseinrichtungen ist unseriös. ({10}) Länder, Städte und Gemeinden müssen fürchten, dass sie mit den Kosten allein gelassen werden; denn die Finanzierung soll durch Einsparungen aus der Umsetzung des Hartz-Konzepts erfolgen. Ob diese Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, muss sich erst zeigen. Wer Beschlüsse fasst, muss aber auch für eine verlässliche Finanzierung sorgen. ({11}) Meine Damen und Herren, Kinder in Deutschland müssen sich auf eisige Zeiten einstellen. Von Ihren vollmundigen Ankündigungen vor der Wahl ist nichts mehr übrig geblieben. Eine Zeitung wählte vor kurzem die Überschrift „Schröder-Schröpf“. - Recht hat sie! ({12})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Die nächste Rednerin ist die Parlamentarische Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel.

Christel Hanewinckel (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000802

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 22. September 2002 haben Frauen in Ost und West und aller Altersgruppen die SPD und das Bündnis 90/Die Grünen gewählt. Warum wohl? ({0}) Weil sie nämlich mit dem einverstanden sind, was seit 1998 in familienpolitischer Hinsicht auf den Weg ge356 bracht wurde. Sie wollen, dass dieser Weg weiterverfolgt wird. ({1}) Meine Damen und Herren von der Opposition, Frauen und Familien waren es leid, dass ihnen per Gesetz bzw. durch Diskriminierung vorgeschrieben wurde, wie sie zu leben haben. ({2}) Deshalb hat die rot-grüne Koalition in den vergangenen vier Jahren durch die Schaffung neuer Rahmenbedingungen dafür gesorgt, dass Frauen, Familien und alte Menschen ihre Lebensentwürfe auch tatsächlich leben können. ({3}) Für uns hat die Familie ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft. Das soll auch so bleiben. ({4}) Jetzt gilt es, Strukturen für Familien zu schaffen, die ihnen Sicherheit und Möglichkeiten bieten, ihre vielfältigen Lebensentwürfe umzusetzen. ({5}) Denn die Familien halten unsere Gesellschaft zusammen und sorgen für die Weitervermittlung unserer Werte. Im Miteinander der Geschlechter und Generationen lernen Kinder Teilnahme, Teilhabe und Teilen. Sie üben das Streiten und Versöhnen und erleben Wärme, Geborgenheit und Liebe. Familien leben vor, was Solidarität, Verantwortung und Gerechtigkeit heutzutage für uns bedeuten. Sie zeigen uns aber auch auf, wo es an Erneuerung fehlt. Familien sind Leistungsträger und brauchen vor allen Dingen die richtigen Rahmenbedingungen, um ihre Leistungsfähigkeit entfalten zu können. Deshalb war es in der vergangenen Legislaturperiode nötig, den Schwerpunkt auf die materielle Sicherheit der Familien zu setzen. ({6}) Das Bundesverfassungsgericht hat uns aufgrund Ihrer Versäumnisse in der Familienpolitik diese Priorität aufgegeben. ({7}) Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie scheinen vergessen zu haben, was in den vergangenen vier Jahren von der rot-grünen Regierung auf den Weg gebracht wurde. ({8}) Den Familien ist das gegenwärtig, aber ich werde es Ihnen noch einmal aufzählen, damit Sie sich wieder daran erinnern können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN In der vergangenen Legislaturperiode ist die Entlastung der Familien um 13 Milliarden Euro gestiegen. ({9}) - Sie wissen sehr wohl, Frau Lenke, dass sich daran nichts ändern wird. - Sie haben mehr als acht Jahre dafür gebraucht, eine solche Zahl zustande zu bringen. ({10}) Ich erinnere noch einmal an die Maßnahmen, die von uns durchgeführt worden sind: die dreimalige Erhöhung des Kindergelds auf 154 Euro, die Erhöhung des Kinderfreibetrags ({11}) und die Einführung eines Freibetrags für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf. ({12}) - Was heißt hier „niedriger“? Ich habe gar keine Zahl genannt. Der ist eingeführt worden. ({13}) Ich nenne weiter die Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten, die es bisher so auch nicht gab. Die Einkommensgrenzen beim Erziehungsgeld sind nach Urzeiten endlich erhöht worden. Wir haben ferner ein Budget eingeführt, sodass Familien selbst entscheiden können, wie sie es für sich gern hätten, und sie sich nicht so verhalten müssen, wie es ihnen die Opposition in früheren Zeiten vorgeschrieben hat. ({14}) - Beim Erziehungsgeld war es ja so, dass Eltern sehr genau überlegen mussten, wie sie am besten klar kommen. Jetzt haben sie Entscheidungsfreiheit. ({15}) Das ist notwendig. Wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umgesetzt wird, wollen wir den Familien nicht vorschreiben, sondern es ihnen überlassen. ({16}) Die Wohngeldleistungen für Familien wurden verbessert und - wenn Sie sich erinnern; auch das gehört zur Familienpolitik - der BAföG-Höchstfördersatz und die Elternfreibeträge wurden erhöht. ({17}) Es ist also deutlich geworden: Familienpolitik heißt, gerechte Strukturen zu schaffen, wenn es um die wirtschaftliche Situation der Familien geht. Das haben wir begonnen und das werden wir auch weiterhin tun, denn Familien wollen nicht in erster Linie von Transferleistungen, sondern vom Einkommen aus ihrer Erwerbsarbeit leben. Deshalb brauchen Familien eine gut funktionierende Infrastruktur. ({18}) Die ist sehr breit und ich nenne hier nur einen wichtigen Punkt: die Infrastruktur der Kinderbetreuung. ({19}) Familien wollen eine ausreichende Zahl von qualitätsvollen Kindertageseinrichtungen in Ost und in West. ({20}) Sie wollen Krippen, Kindergärten, Horte, in denen sich Kinder wohl fühlen, die Bildung, Erziehung, Wärme, Geborgenheit und Betreuung bieten. Besondere Schwerpunkte werden wir deshalb bei der Errichtung von Ganztagsschulen und bei der Kleinkindbetreuung setzen. Dort muss es um das Zusammenwirken von Bildung, Erziehung und Betreuung gehen. Wir werden Mütter und Väter, Frauen und Männer, die Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen, unterstützen und auch denjenigen den Wiedereinstieg erleichtern, die sich über längere Zeit der Kinderbetreuung gewidmet haben. Meine Damen und Herren, Familie bedeutet auch das miteinander Leben und das füreinander Einstehen von mehreren Generationen. Die meisten Menschen, die Pflege brauchen, werden von Familienangehörigen gepflegt, vorrangig von den weiblichen Familienangehörigen. Sie tun das sehr selbstverständlich; ({21}) es ist manchmal aber auch eine große Belastung und sie sind deshalb auf Unterstützung und Entlastung ({22}) durch ambulante Dienste, Tagespflegeeinrichtungen und stationäre Einrichtungen angewiesen. Wir werden in dieser Legislaturperiode diese Bereiche eng miteinander verzahnen, damit die, die Pflege brauchen, und die, die Pflege leisten, im besten Sinne nicht allein gelassen werden, sondern Unterstützung erfahren. Es ist sehr gut und ich bin sehr froh darüber, dass nach zwölf Jahren nun endlich das Altenpflegegesetz in dieser Republik gültiges Recht werden wird und die CSU und Bayern an dieser Stelle vom Bundesverfassungsgericht deutlich in ihre Schranken gewiesen wurden. ({23}) Es gibt aber noch einen anderen Bereich, in dem die rot-grüne Regierung Impulse für eine gesellschaftspolitisch andere Entwicklung gesetzt hat. Ich rede vom Gesetz zur gewaltfreien Erziehung und vom Gewaltschutzgesetz, das in der letzten Legislaturperiode Recht geworden ist. Jetzt muss es noch darum gehen, dass Gewalt in dieser Gesellschaft mehr denn je geächtet wird. Auch dazu werden wir in der kommenden Legislaturperiode das Unsere beitragen. Meine Damen und Herren, solidarisch ist es, wenn die Hilfe für diejenigen, die in diesem Jahr durch die Flutkatastrophe an den Rand ihrer Existenz gekommen sind, und das, was in dem Bereich geleistet werden muss, auf alle Schultern verteilt wird. Familien erhalten die Hilfen, die sie brauchen, aber Familien in diesem Lande sind auch gewillt, Hilfe zu leisten. Sie sind nämlich bereit, auf die Entlastung durch die zweite Stufe der Steuerreform zu verzichten. ({24}) Wir werden mit unserer Familienpolitik den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken - egal was Sie von der Opposition dazu sagen. Wir werden die vorhandene Solidarität der Menschen untereinander sichern und stützen. ({25}) Wir werden Familien stärken und fördern; denn darum geht es. Wir werden Begehrlichkeiten sowie unverträgliche Belastungen abwenden und die Kräfte der Familie unterstützen. Meine Damen und Herren von der Opposition, unterstützen Sie nicht weiterhin die Spaltung der Gesellschaft da, ({26}) wo Menschen bereit sind, füreinander einzustehen! Arbeiten Sie lieber konstruktiv mit und verweigern Sie sich nicht den Familien! Vielen Dank. ({27})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke, FDPFraktion.

Ina Lenke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003170, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierungsparteien haben die Bundestagswahl nur knapp gewonnen. ({0}) Viele Wählerinnen haben großes Vertrauen in eine sozialdemokratische Politik gesetzt. Sie sind allesamt betrogen worden, Herr Küster: ({1}) Vor der Wahl versprechen, nach der Wahl es brechen. Frau Hanewinckel hat heute auf Wolke sieben gesessen und die Realität nicht gesehen. ({2}) Der Koalitionsvertrag und besonders die Regierungserklärung des Bundeskanzlers zur Familienpolitik im Frühjahr ({3}) - nun beruhigen Sie sich einmal - trieften geradezu vor Versprechungen. O-Ton Schröder vom 18. April - hören Sie sich das einmal an -: Deshalb setzen wir mit unserer Politik da an, wo Menschen zusammenleben ..., in der Familie also. ... Wir wollen diesen Weg der Verbesserung - das ist immer noch nötig - weitergehen. ({4}) Wir werden nicht zulassen, dass etwas verloren geht ... Was sind denn die nackten Tatsachen nach der Wahl? Rot-Grün überbietet sich mit Belastungen und Einsparvorschlägen, die Familien, Kinder sowie Leistungsträger und Leistungsträgerinnen in unserer Gesellschaft besonders hart treffen. ({5}) Die neue Familienministerin, Frau Schmidt, ist auf Tauchstation gegangen. Sie schweigt, schweigt und schweigt. ({6}) Kurz nach der Wahl erleben wir ein rot-grünes Streichkonzert ohne Ende. Erstens: Eigenheimzulage - familienfeindlich. Zweitens: Gaspreiserhöhung und Ökosteuererhöhung. Eine Familie - das wissen diejenigen, die Kinder haben verbraucht viel Energie für die Heizung, für die Waschmaschine, für Warmwasser, für alles Mögliche. Also, Sie vergrößern die Belastungen der Familien. ({7}) Drittens: Ausweitung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Krankenversicherung und Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge. Für Mütter und Väter, die durch eigener Hände Arbeit das Familieneinkommen sichern, bedeutet das nicht mehr, sondern weniger netto. ({8}) Viertens: die Ankündigung, das Ehegattensplitting zu kappen. Die Kappung haben Sie vor, obwohl Sie genau wissen, dass 70 Prozent der Familien vom Ehegattensplitting profitieren. Die Grünen haben von diesem Vorhaben Abstand genommen. Frau Schewe-Gerigk, ich sage Ihnen: Diese Pläne kommen wieder. Warten wir einmal ein Jahr ab, dann kommt es. Fünftens. Frau Hanewinckel hat darauf verwiesen, was die Regierungskoalition durch das Zweite Familienförderungsgesetz alles erreicht hat. Dieses Gesetz enthielt die Streichung des Haushaltsfreibetrages für Alleinerziehende und die Kürzung der steuerlichen Entlastung für auswärts studierende Kinder. Frau Hanewinckel, Sie als Staatssekretärin möchte ich bitten, sich vielleicht bei Frau Hendricks schlau zu machen. Das BAföG haben Sie zwar erhöht, den Steuerfreibetrag für Eheleute, deren Kinder auswärtig studieren, haben Sie aber gesenkt. ({9}) Erzählen Sie mir nichts! Sie sind auf dem Irrweg. Fragen Sie einmal Ihren Steuerberater, der das besser als Sie weiß! ({10}) - Ich weiß das schon, Herr Küster. Ich weiß das besser als Sie. Herr Küster, ich komme aus diesem Beruf. Sie können mir nichts erzählen. ({11}) - Regen Sie sich ruhig auf! Ich glaube, Sie haben ein Recht dazu, weil Sie alles falsch machen. Sechstens. Die hohe Arbeitslosigkeit trifft zuerst Frauen. SPD- und Grünen-Politiker sind für die schlechte Arbeitsmarktlage verantwortlich. ({12}) Kein europäisches Nachbarland hat derart schlechte Wirtschaftsdaten. Frau Hanewinckel schwebt wirklich auf Wolke sieben. Sie hat gesagt, Sie würden für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. ({13}) In den letzten vier Jahren haben Sie überhaupt nichts getan. Sie haben vier Jahre lang Verbesserungen im Kinderbetreuungsbereich versprochen, jetzt erst fangen Sie damit an. Sie haben noch nicht einmal eine Konferenz zustande gebracht. Frau Bergmann, die vorherige Frauenministerin, wollte einen Kinderbetreuungsgipfel; jetzt will ihn auch die neue Ministerin. Freuen wir uns darauf; bisher hat es nicht geklappt. Das ist Versagen auf der ganzen Linie. ({14}) Da nützen Ihnen, meine Damen und Herren, die Hinweise auf die Erhöhung des Kindergeldes nun überhaupt nicht. ({15}) Nein, Sie kürzen zwar das Kindergeld nicht, aber Sie ziehen den Familien peu à peu das Geld durch andere versteckte Maßnahmen aus der Tasche. So sieht es aus. ({16}) Liberale Familienpolitik bedeutet, das kleinste und bedeutendste soziale Netz in unserer Gesellschaft durch niedrigere Steuern, durch Verringerung der Abgabenlast, durch ein nachhaltiges System zum Erhalt unserer sozialen Sicherungssysteme und durch Steuerentlastung bei den Kinderbetreuungskosten zu fördern. Ich komme jetzt zum Schluss, Frau Präsidentin. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel - den kennen Sie ja alle - rechnete die mögliche finanzielle Belastung durch die Steuerbeschlüsse aus, die manchen Familien die Tränen in die Augen treiben. Tränen der Wut, wie der „Weser-Kurier“ in Bremen kommentierte. Dem kann ich nur zustimmen. So ist die Lage. ({17}) In Niedersachsen und Hessen werden, am 2. Februar 2003, Landtagswahlen stattfinden. Mein Hinweis an frustrierte Wählerinnen und Wähler lautet: Kommen Sie zu uns! ({18})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Andreae, Bündnis 90/Die Grünen. ({0})

Kerstin Andreae (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003493, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss zunächst meine Stimme entschuldigen: Ich bin stark erkältet; ich hoffe, Sie sehen mir das nach. ({0}) - Schon länger. Ich möchte zuerst einen Blick zurückwerfen, weil ich zeigen möchte, was wir in der letzten Legislaturperiode erreicht haben. Ganz allgemein: Wir haben ein modernes Kinder- und Familienbild und ein modernes Gesellschaftsbild auf den Weg gebracht. Jetzt führen wir das in Form der Förderung eines modernen Frauen- und Familienbildes und moderner Beziehungsmodelle fort. ({1}) Das ist ein Erfolg. Darauf bin ich stolz. Ich bin mir sicher, dass die Punkte, die wir anführen und die ich noch ausführen werde, dazu beitragen können. ({2}) Das war übrigens einer der Hauptgründe für unseren Wahlerfolg. Das haben ja auch Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, erkannt. Sie haben erkannt, dass Sie gerade für junge Familien und für junge Frauen kein attraktives Bild abgegeben haben, weil Sie ein antiquiertes Familienbild präsentiert haben. ({3}) Sie haben hier eine Neuorientierung Ihrer Politik angekündigt. Ich bin sehr gespannt, wie sich das äußert und ob Sie sich der Lebenswirklichkeit junger Menschen wirklich annähern können. ({4}) Die Kollegin Riemann-Hanewinckel hat ja schon ausgeführt, was Rot-Grün in den letzten vier Jahren gemacht hat, deswegen erwähne ich es nur ganz kurz: Kindergeld, steuerfreier Grundfreibetrag für Kinder, zusätzliche kindbezogene Freibeträge, Absetzbarkeit erwerbsbedingter Betreuungskosten. Diese Reformen haben sich finanziell positiv auf die Familien ausgewirkt. ({5}) 53 Milliarden Euro sind in der letzten Legislaturperiode mehr für Familien ausgegeben worden. Das müssen uns andere Regierungen erst einmal nachmachen. ({6}) - In vier Jahren. Von den künftigen finanz- und gesellschaftspolitischen Vorhaben will ich drei Punkte herausgreifen. Das eine ist der Ausbau der Kinderbetreuung. Mit Ihrer Forderung, meine Damen und Herren von der Opposition, den Familien und den Frauen bei der Entscheidung, ob sie ihre Kinder selber betreuen oder Betreuungseinrichtungen nutzen wollen, die Wahlmöglichkeit zu lassen, haben Sie wirklich Recht; aber viele haben keine Wahl. ({7}) Ich komme aus Baden-Württemberg und habe einen zweieinhalbjährigen Sohn. Vor diesem Hintergrund kann ich sagen: Baden-Württemberg ist das Land mit der miserabelsten Betreuungsquote überhaupt. ({8}) Eine Wahl ist erst möglich, wenn es flächendeckend Betreuungsmöglichkeiten gibt. Erst dann kann ich entscheiden, ob ich die Betreuungseinrichtungen nutze oder die Kinder bei mir zu Hause bleiben. Wir haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass der Bund dies durch eine gesetzliche Regelung sicherstellen wird. Das Entscheidende hierbei ist, dass durch eine gesetzliche Regelung festgeschrieben wird, dass in dieser Legislaturperiode in jedem Bundesland eine bedarfsgerechte Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren von mindestens 20 Prozent erreicht werden muss. Das sind richtige Schritte, die jungen Familien nützen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen und für Gerechtigkeit gegenüber Alleinerziehenden sorgen, weil diese ganz besonders auf Betreuungseinrichtungen angewiesen sind. ({9}) Zu den finanzpolitischen Vorhaben. Wir halten an unserem Ziel der Haushaltskonsolidierung fest. Wir haben sie zeitlich verzögert, aber wir halten daran fest. Haushaltskonsolidierung ist ein elementarer Beitrag zu Generationengerechtigkeit und für unsere Kinder. ({10}) Wir haben im Rahmen der Sparmaßnahmen aber immer auch darauf geachtet, die zusätzlichen Belastungen für Familien mit Kindern gering zu halten. Das gilt beispielsweise für die Eigenheimzulage, über die wir morgen noch sprechen werden. ({11}) Die Fördermöglichkeiten für Familien mit Kindern sind beibehalten worden. Ebenso bestehen weiterhin Fördermöglichkeiten für Familien, die erst bauen und dann Kinder bekommen. ({12}) Aber richtig ist, dass es zu mehr Belastungen kommt, für Paare mit Kindern weniger als für Paare ohne Kinder. Zur Haushaltskonsolidierung müssen alle ihren Beitrag leisten. ({13}) Wenn Sie nach den Auswirkungen der finanzpolitischen Vorhaben fragen, dann will ich noch eines anführen: Die nächste Stufe der Steuerreform wird kommen, ({14}) und zwar am 1. Januar 2004. ({15}) Die erste Stufe der Steuerreform hat insbesondere für Familien spürbare Entlastungen gebracht. Eine Familie mit zwei Kindern und durchschnittlichem Einkommen wird durch unsere Steuerreform um 2 400 Euro pro Jahr entlastet. Wir haben diese Steuerreform auf den Weg gebracht, nicht Sie. ({16}) Meine Damen und Herren, Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, weitere Stufen der Steuerreform, Haushaltskonsolidierung und besondere Berücksichtigung von Alleinerziehenden, ({17}) das sind einige unserer familienpolitischen Vorhaben und Schwerpunkte. Sie nutzen Familien, Kindern und der Gesellschaft. Vielen Dank. ({18})

Dr. h. c. Susanne Kastner (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001069

Liebe Kollegin Andreae, ich gratuliere Ihnen im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag und wünsche Ihnen alles Gute und gute Besserung für Ihre Stimme. ({0}) Nächster Redner in der Debatte ist Thomas Dörflinger, CDU/CSU-Fraktion.

Thomas Dörflinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003069, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist gut, dass wir zu Beginn der 15. Wahlperiode diese Debatte führen; denn der Beginn dieser Wahlperiode unterscheidet sich von dem Beginn anderer Wahlperioden dadurch, dass wir uns nicht mehr in einem parteipolitischen Wettstreit darüber befinden, wer mit welchen Konzepten die bessere Familienförderung erreicht, sondern an einem Scheideweg stehen, an dem wir uns entscheiden müssen zwischen einer Familienpolitik, die sich an Art. 6 des Grundgesetzes orientiert, und einer Familienpolitik, die die Änderung oder die Abschaffung dieses Artikels des Grundgesetzes notwendig macht. ({0}) Wir sind uns vermutlich darüber einig, dass die „FAZ“ nicht unbedingt zu den Organen gehört, die sozialdemokratische Grundsatzpositionen vertreten. ({1}) Aber wir sind uns wahrscheinlich auch darüber einig, dass diese Zeitung ein internationales Renommee besitzt und auf ihre Wortwahl durchaus achtet. Der Kommentator der „FAZ“ hat am vergangenen Montag seinen Kommentar mit den Worten beschlossen: Zerstörung der Ehe, Entwertung der Familie als Lebens- und Fürsorgegemeinschaft, ({2}) - es ist interessant, dass Sie das lächerlich finden das ist in der Tat eine kulturelle Revolution. Nur originell ist sie nicht. Sie entspringt der Tradition eines freiheitsverachtenden sozialistisch-totalitären Denkens ... Den Rest des Zitates erspare ich Ihnen. ({3}) Wenn sich der Kommentator der „FAZ“ einer solchen Wortwahl befleißigt, dann müssten Ihnen eigentlich die Ohren klingen, dass in Ihrer Politik etwas nicht in Ordnung sein kann. ({4}) In diesem Zusammenhang ist mindestens genauso interessant, dass sich der SPD-Vize Wolfgang Thierse heute bemüßigt fühlt, in einem Beitrag für die „Zeit“ aufzufordern, traditionelle Institutionen wie Kirchen und Familien wieder stärker aufzuwerten. Ich sage: Ausnahmsweise hat der Mann Recht, nur, er müsste in den eigenen Reihen damit anfangen, anstatt andere dazu aufzufordern. ({5}) Ihr Problem, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ist: Sie haben ein tiefes Misstrauen gegenüber den Menschen. ({6}) Sie trauen ihnen beispielsweise nicht zu, ihre Kinder verantwortungsbewusst so zu erziehen, dass das anschließend in Einklang mit dem zu bringen ist, was Sie an ideologischen Vorgaben gemacht haben. ({7}) Sie sind der Auffassung, der Staat müsse grundsätzlich alles regeln. ({8}) Dieser Auffassung sind wir nicht. Wir sind vielmehr der Meinung, dass jeder, familienpolitisch gesehen, nach seiner eigenen Fasson selig werden kann und dass der Staat nur dort eine Hilfeleistung anbieten sollte, wo sie notwendig ist. Im Unterschied zu Ihnen überlassen wir es dem Einzelnen, wo und wann er Hilfe anfordert. Wir maßen uns nicht an, zu entscheiden, wann unseren Bürgerinnen und Bürgern geholfen werden sollte. ({9}) Wir haben ein grundsätzlich anderes Menschenbild. Das unterscheidet uns und das wird an dieser Frage deutlich. Der Staat hat nicht die Aufgabe, Bedarfe zu wecken - im Übrigen entsteht ohne sein Angebot kein Bedarf -, nur weil er beispielsweise meint, dass Erwerbstätigkeit grundsätzlich höher zu bewerten sei als Berufstätigkeit in der Familie. ({10}) Lassen Sie mich zwei abschließende Bemerkungen zu der nach meiner Meinung wenig geschmackvollen Ankündigung des SPD-Generalsekretärs und Kollegen Olaf Scholz machen, man wolle die „Lufthoheit über den Kinderbetten“ erreichen. ({11}) Dazu sage ich Ihnen eines: Die Lufthoheit über den Betten unserer beiden Kinder haben meine Frau und ich. Dazu brauchen wir nicht Herrn Scholz, dazu brauchen wir nicht Frau Schmidt und dazu brauchen wir auch nicht Herrn Schröder. ({12}) Eine weitere Bemerkung zu dieser Ankündigung. ({13}) Wenn ich in das Zimmer meines Sohnes Klaus-Martin mit einem Foto dieses Kabinetts gehen würde, dann würde er mich fragen: Papa, was soll diese alte Truppe in meinem Zimmer? Lassen Sie uns, die jungen Familien in Deutschland, einfach das tun, was wir für richtig halten. Wir können es wesentlich besser als Sie. Herzlichen Dank. ({14})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ingrid ArndtBrauer.

Ingrid Arndt-Brauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass Ihre zwei Kinder und meine vier Kinder Ihre Rede nicht anhören mussten. ({0}) Dieses Niveau dürfen wir niemandem zumuten. Wir sollten dieses Thema ernst nehmen und sachlich darüber reden. ({1}) Ich möchte daher am Anfang meiner Rede über das Menschenbild sprechen, das wir zugrunde gelegt haben, als wir in der letzten Legislaturperiode reformorientierte Gesetze auf den Weg gebracht haben. ({2}) Es ging beispielsweise um das Problem, wie man bei der Rente mit Menschen umgeht, die jahrelang Kinder erzogen haben. Dieses Problem haben Sie uns ziemlich ungelöst vor die Tür gelegt. ({3}) Es waren gerade die Frauen, die durch ihre Familienleistungen erhebliche Ausfälle in der Rentenversicherung hinnehmen mussten. ({4}) Sie wissen, dass wir das verändert haben. Wir haben die Anerkennungszeiten erhöht. ({5}) Wir haben für Menschen, die mehrere Kinder erziehen, Entgeltpunkte eingeführt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass wir bei der Riester-Rente eine sehr hohe Kinderförderung eingebaut haben. Das kommt den Familien sehr zugute. ({6}) Zur Beruhigung eines Vorredners will ich sagen, dass das Ehegattensplitting bleibt. ({7}) Auch bei uns hat das Ehegattensplitting einen hohen Stellenwert. Diesen Punkt wollte ich noch einmal deutlich machen. Auch Sie haben 16 Jahre lang gefordert, Subventionen müssten abgebaut werden. ({8}) Jeder Bürger fordert dies. Wir haben aber folgendes Problem: Es gibt circa 20 Millionen Familien in Deutschland. Wenn man Subventionen abbaut, ist es schwierig, nur die zu treffen, die keine Familie haben. ({9}) Mit unseren Maßnahmen treffen wir ein wenig auch die Familien. Aber wir haben uns bemüht, beim Subventionsabbau die Familien nicht, wie Sie es vorhin unterstellt haben, über Gebühr zu treffen. ({10}) Wenn man bedenkt, dass mit dem Subventionsabbau der Haushalt konsolidiert wird und damit eine verantwortungsvolle und nachhaltige Politik möglich wird, dann muss man sagen, dass dieser Abbau den Familien zugute kommt. ({11}) Wenn Sie sich dann noch anschauen, was wir streichen, dann werden Sie mir zustimmen, dass alles nicht so schlimm ist. ({12}) Sie können niemandem erklären, dass die Senkung der linearen Gebäudeabschreibung per se familienfeindlich ist. Sie können ferner niemandem erklären, dass die Erhöhung der Pauschale bei privater Nutzung von Firmenwagen familienfeindlich ist. ({13}) Auch die Einführung von Kontrollmitteilungen seitens der Banken an die Finanzbehörden ist vom Ansatz her nicht familienfeindlich. ({14}) Vielleicht wirkt sie sich auf die eine oder andere Familie negativ aus; das mag so sein. Aber ich denke, wir alle wollen, dass eine vernünftige Finanzpolitik gemacht wird. Deswegen ist diese Einführung völlig in Ordnung. Dass wir bei der Eigenheimzulage besonders die Kinder als Förderpotenzial herausstellen, ist nicht familienfeindlich. ({15}) - Nein, nicht ab dem sechsten Kind. - Im Gegenteil, wir erhöhen zum Beispiel die Ökozulage bei der Eigenheimförderung. Wir handeln also nachhaltig, indem wir den Familien, vor allem den Kindern, eine vernünftige Welt hinterlassen. Das ist sehr familienfreundlich. ({16}) Wir nehmen einige Dinge bei der Umsatzsteuer zurück, ({17}) die jahrelang Subventionen waren. Das mag natürlich bei dem einen oder anderen Betrieb, der Familienangehörige beschäftigt, zu Einbußen führen. ({18}) Aber Sie können keinem verkaufen, warum es solche Subventionen weiterhin geben muss. Bei einigen Dingen kann man nur mit dem Kopf schütteln, zum Beispiel dass wir Sporen zur Aussaat privilegiert behandelt und Stroh und Streu bevorzugt besteuert haben. Auch Abfälle aus der Lebensmittelindustrie wurden mit dem halben Steuersatz besteuert. Worin bei den hier vorgesehenen Maßnahmen Familienfeindlichkeit besteht, kann ich nicht erkennen. ({19}) Alles in allem muss man klarstellen: Wir versuchen, den Haushalt zu konsolidieren, ohne die Leistungen für die Familie zurückzufahren. Im Gegenteil: Wir versuchen, die Lebenssituation der Familien zu verbessern. ({20}) Die Unterstellung, die in dem Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde deutlich wird, wird nicht dadurch wahrer, dass Sie Ihre Aussagen hier im Bundestag machen und sie nicht nur in entsprechenden Presseorganen verbreiten. ({21}) Wir sollten uns zusammensetzen, vernünftig über alles sprechen, die Schärfe herausnehmen und ein bisschen auf das Niveau unserer Diskussion achten. Ich danke Ihnen. ({22})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat die Abgeordnete Ingrid Fischbach, CDU/CSU.

Ingrid Fischbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003117, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt der absolute Kracher. ({0}) Ich hoffe, und zwar nicht nur für uns, sondern für alle anderen, dass gerade viele Menschen bzw. Familien vor dem Fernseher gesessen und dem zugehört haben, was Sie, verehrte Frau Kollegin Arndt-Brauer, hier zum Besten gegeben haben: Die Familien werden zum Subventionsfall der neuen Bundesregierung gemacht. Dazu kann ich nur sagen: Machen Sie weiter so! Denn dann, Frau Hanewinckel, werden Sie genau das erleben, was Sie vorhin angesprochen haben. Am 22. September seien Sie, so sagten Sie, von den Familien und Frauen gewählt worden, und Sie fragten, warum wohl. Angesichts der jetzigen Umfrageergebnisse frage ich Sie: Warum wohl? Das, was die Kollegin gerade gesagt hat, war besser als all das, was ich darauf hätte antworten können. Machen Sie weiter so! Sie werden die Quittung bekommen. ({1}) Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung ein Jahrzehnt für die Familien angekündigt. Er will Deutschland zu einem familienfreundlichen Land machen. ({2}) Im Koalitionsvertrag steht: „Wir stärken die Familien und das Leben mit Kindern.“ ({3}) Nach der Rede von eben, nach Ihren Aussagen ist festzustellen: Sie sind dabei, die Familien zum Subventionsfall zu machen. ({4}) Die konkreten Maßnahmen im Koalitionsvertrag: keine. Trotz der angespannten Lage, in der sich die Familien zurzeit in Deutschland befinden, werden in der kommenden Legislaturperiode keine Entlastungen erfolgen. Vielmehr werden die Familien stärker belastet als bisher. Das ist der falsche Weg. Das werde ich Ihnen an zwei Stellen deutlich machen - ich spreche jetzt nicht über Milliardenbeträge; das versteht draußen keiner; denn die Portemonnaies der Familien sind klein und die Budgets eng; da geht es um einzelne Euro, um einzelne Cent -: an der Krankenversicherung und an der Rentenversicherung. Das sind Dinge, die die Menschen draußen verstehen. Denn hier muss Vorsorge bzw. Planungssicherheit für das Alter geschaffen werden. Daran denken die Menschen. Schauen wir einmal, was Sie den Familien hier anbieten: Führen Sie hier Entlastungen durch? Geben Sie Planungssicherheit? Helfen Sie den Familien? Gibt es hier eine Familienförderung? Fördern Sie Familien? - Pustekuchen! Herr Kuhn, Sie sitzen hier so locker und lustig. ({5}) Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Sie gesagt haben: Ein Rentenbeitrag von 19,3 Prozent, das ist das letzte Wort! Wir erleben jetzt, dass die Koalitionsvereinbarung nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht; denn sie hat nicht einmal drei Wochen gehalten. ({6}) Was hat die Ministerin Ulla Schmidt nicht alles versprochen! - Sie ist heute nicht da. Das ist auch nicht tragisch. Sie hat weit wichtigere Probleme zu lösen. - Noch im August hat sie gesagt, ob man es hören wollte oder nicht: Die Opposition redet Unsinn. Die Krankenkassenund Rentenversicherungsbeiträge sind stabil. Wir lassen uns doch nicht schlecht reden. - Was haben wir jetzt auf dem Tisch? Herr Kuhn hat gesagt, 19,3 Prozent seien das letzte Wort. Nun sind es 19,5 Prozent für die Rentenversicherung. Wissen Sie, was die Anhebung von 19,1 Prozent auf 19,5 Prozent für die Familien bedeutet? ({7}) - Sie haben gesagt, die Beiträge blieben stabil. Zu diesem Zweck haben Sie die Ökosteuer eingeführt. Sie haben gesagt: „Liebe Leute, ihr müsst jetzt Ökosteuer zahlen, weil wir die Rentenbeiträge stabil halten wollen“, und die Menschen haben es getan. Jetzt aber zahlen sie Ökosteuer, erhöhte Rentenbeiträge und - jetzt kommt das Schlimmste auch die Heizölkosten werden steigen. ({8}) Das bedeutet für die Familien eine zusätzliche Belastung von im Schnitt 75 Euro pro Monat. Wer soll das denn bezahlen? Das ist doch schier unmöglich. ({9}) Mein Kollege Laumann hat einmal gesagt: Um die Rentenbeiträge stabil zu halten, müssen wir jetzt viel mehr Auto fahren: Rasen für die Rente. Meine Damen und Herren, Sie setzen noch eins drauf. Jetzt heißt es nicht nur: „Rasen für die Rente“, sondern auch: „Heizen für die Rente“. Je kälter der Winter, desto sicherer ist unsere Altersvorsorge. Liebe Leute, so geht es doch wirklich nicht! ({10}) Sie erhöhen die Krankenkassenbeiträge und die Rentenversicherungsbeiträge. Wo entlasten Sie eigentlich die Familien? Wenn Sie in dieser Form ein Jahrzehnt weitermachen, dann werden wir keine Familien mehr haben. ({11}) Ihre Kollegin hat vorhin gesagt: Man muss offensichtlich erst ein Haus bauen und kann erst dann Kinder kriegen. Aber dann will keiner mehr Kinder, weil es nicht zu bezahlen ist. Dann wird auch niemand mehr das Haus bauen können, das er bauen will, zumindest wird er es nicht abbezahlen können. ({12}) - Herr Dreßen, Sie können schimpfen, so viel Sie wollen. Sie wissen, dass ich Recht habe. Deshalb ärgern Sie sich auch so. ({13}) Sie haben in beiden Bereichen, sowohl bei der Krankenversicherung als auch bei der Rentenversicherung, einen faulen Kompromiss ausgehandelt. Sie wissen ganz genau, dass die Zahlen, die Sie jetzt auf den Tisch gelegt haben, keinen Bestand haben werden. Das heißt, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Die Beiträge sind weder stabil noch ist ein Ende der Beitragserhöhungen in Sicht. Es wird weitergehen. Das werden die Familien nicht mitmachen; das haben sie auch nicht verdient. Die Menschen in Deutschland haben Stabilität verdient, ein faires Miteinander und auch, zu wissen, wohin es geht. Meine Damen und Herren, in der „Financial Times“ vom 5. November steht ein Artikel mit der Überschrift „Das Letzte“. Die neue Familienministerin - eine starke Frau, sie kämpft für die Familien - sagt in diesem Artikel: Ich hasse meinen Job! ... Für meine Aufgabe habe ich kein Geld und keine Gesetzgebungskompetenz, deshalb wurde ich offenbar ausgesucht. ({14}) Ich kann Ihnen nur sagen: Die CDU/CSU hat Kompetenz. Wir hassen unseren Job nicht, sondern machen ihn gerne und wir machen ihn für die Familien. ({15})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ekin Deligöz, Bündnis 90/Die Grünen.

Ekin Deligöz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003068, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Fischbach, wenn ich Sie von Quittungen sprechen höre, fällt mir nur eine Quittung ein: Wir haben die Wahl gewonnen, Sie nicht. ({0}) Im Übrigen: Sie reden über Zeitungsartikel vom 5. November, ich über Zeitungsartikel vom 6. November. Darin steht, dass die Preise für Heizöl nicht erhöht werden. Das ist auch Tatsache. ({1}) Es gibt noch einen Punkt, den ich hier mit einer gewissen Ironie und auch mit einer gewissen Bitterkeit anspreche. ({2}) Wenn Frau Eichhorn in dieser Runde aufsteht und die Worte „Bedarfsgerechtigkeit und Verlässlichkeit“ in den Mund nimmt, während die Bayerische Staatsregierung plant, innerhalb der kommenden Jahre 9 000 Kindergärtnerinnen- bzw. Erzieherinnenstellen und ({3}) 3 800 Kindergartengruppen zu streichen und sich immer noch weigert, das Recht auf einen Kindergartenplatz in Bayern umzusetzen, dann ist das nicht nur ironisch, sondern, wie ich finde, kinder- und elternfeindlich und nichts anderes. ({4}) Herr Dörflinger, Sie haben eine schöne Rede gehalten; aber Sie waren, glaube ich, im falschen Film. Sie haben es irgendwie nicht verstanden. Wir reden überhaupt nicht über Art. 6. ({5}) Kein Mensch redet über Art. 6. Kein Mensch will ihn antasten. Ganz im Gegenteil: Wir reden hier über die Familien, über die Realität in den Familien, über das, was die Eltern wollen, über das, was die Eltern brauchen, über das, was wir für sie tun können. Wir wollen - darin unterscheiden wir uns von Ihnen - Eltern in diesem Land nicht allein lassen. Wir wollen sie nicht im Stich lassen. (Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: Sie wollen sie bevormunden - Hans Michelbach ({6}) Wir wollen uns dieser Verantwortung stellen. Wir wollen diese Aufgabe ernst nehmen und wahrnehmen. ({7}) Eine Sache muss ich noch ansprechen. Es ist an der Zeit, finde ich, dass wir gerade dann, wenn es um die Zukunft der Familien, um die Zukunft der Kinder in diesem Land geht, endlich anfangen, über geeignete Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur und zum Teil auch im Bereich der Förderung zu debattieren. ({8}) Vor allem müssen wir diese ideologisierten Debatten beenden. Der Satz von Herrn Scholz von der Hoheit in den Kinderzimmern - das muss man hier offen erwähnen gehört dazu. Das gefällt auch mir nicht. ({9}) Uns geht es darum, die öffentliche Verantwortung für unsere Kinder zu übernehmen, und zwar gemeinsam. Es geht darum, Lebensbedingungen zu verbessern, und es geht darum, sie zu optimieren. Es geht um Beratung, es geht um Hilfsangebote, es geht um Elternkompetenz, es geht um Kinderrechte. Mir gefällt es auch nicht, wenn ich, wo es um Ganztagsschulen und Ganztagskindergärten geht, wo es um Qualität in der Pädagogik geht, wo es nicht nur darum geht, was für die Eltern gut ist, sondern auch darum, was für unsere Kinder gut ist, von Herrn Goppel einen Satz wie „Das kennen wir aus kommunistischen Staaten wie der DDR und der Sowjetunion, mit verheerenden Auswirkungen“ in der Zeitung lesen muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie: Kehren Sie doch bitte in die Realität der Politik zurück! Worum geht es uns? Es geht uns darum, Standards zu schaffen, damit sich Eltern, insbesondere Mütter, entscheiden können, berufs- bzw. erwerbstätig zu bleiben, damit gut qualifizierte Frauen, aber nicht nur die, ihre Erwerbstätigkeit fortsetzen können. Es geht um Qualität in den Betreuungseinrichtungen. Es geht nicht um Sozialismus. Es geht um ein Kinder- und Jugendhilfegesetz - dem Sie übrigens zugestimmt haben - das weder von Marx noch von Lenin verfasst wurde, sondern vom Bundestag verabschiedet wurde. ({10}) Kehren wir zu einer weiteren Realität zurück. Diese Regierung hat deutlich etwas für die Familien getan. ({11}) Wir haben Familien aus der Armut herausgeholt. Ich nenne nur: Erhöhung der Freibeträge, Kindergelderhöhung, BAföG, gesetzliche Rentenversicherung, Anerkennung von Erziehungszeiten, Erziehungsgeldreform, Kinderrechte. Das alles war Bestandteil unserer Gesetzgebung. ({12}) Das sind die Gesetze, gegen die Sie gestimmt haben. ({13}) Bei keiner einzigen dieser Maßnahmen zur Familienförderung habe ich Sie zustimmen sehen. ({14}) Sie haben nirgendwo zugestimmt und das, denke ich, spricht für Ihre Politik. Zum Schluss kann ich nur eines sagen: Gerade wir als Grüne führen die Gerechtigkeitsdebatte. Wir führen die Generationendebatte. Wir sind die Anwälte der Eltern und Kinder. Sie haben das längst verspielt. ({15})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Antje Blumenthal, CDU/CSU.

Antje Blumenthal (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003480, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Deligöz, manchmal ist der Blick zurück doch ganz hilfreich. Erinnern Sie sich bitte daran, was unter CDU/CSUFDP-geführten Regierungen seit 1986 alles umgesetzt worden ist! ({0}) Sie haben es nicht geschafft, Erziehungszeiten anzurechnen. Sie haben die Rentnerinnen betrogen. Daran sollten Sie sich erinnern! Sie sollten sich auch daran erinnern, was wir in dieser Zeit geleistet haben und um wie viel wir das Kindergeld erhöht haben. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben. ({1}) Frau Deligöz, Sie haben sich darauf bezogen, dass Sie die Wahl gewonnen haben. ({2}) Dumm sind wir ja auch nicht. Aber fragen Sie heute bitte Ihre Wählerinnen und Wähler, die Ihren Versprechungen Glauben geschenkt haben! Diese sind bitter betrogen worden. In Ihren heutigen familienpolitischen Papieren heißt es: Ziel der Familienpolitik von Rot-Grün soll unter anderem sein, die materielle Sicherheit von Familien zu verbessern. - Tatsächlich sind die familienpolitischen Auswirkungen der Koalitionsbeschlüsse aber katastrophal. ({3}) Wer unter Rot-Grün Kinder und Familie in unserem Land hat, setzt sich einem nicht unerheblichen Armuts366 risiko aus. Anstatt diesen Missstand zu beseitigen, werden die Familien aufgrund der bisher von Ihnen angekündigten Maßnahmen in ihrem ohnehin schon engen finanziellen Spielraum weiter beschnitten. Alle vollmundigen Wahlversprechungen von Rot-Grün erweisen sich als dreiste Täuschung. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition: Können Sie eigentlich morgens noch in den Spiegel schauen? Ich glaube, Sie tun es lieber abends, weil Sie sonst rot würden. ({4}) Frau Staatssekretärin Riemann-Hanewinckel, auch Sie haben betont, dass Ihre Partei insbesondere von Frauen gewählt worden sei. - Vielleicht können Sie mir zuhören, Frau Staatssekretärin. Ich wollte Sie eigentlich direkt ansprechen. ({5}) - Vielleicht sollte ich auch danach fragen. - Wir haben zurzeit in unserer Republik ein Problem: Sie behaupten immer, dass Sie die Wahl zu Recht gewonnen hätten. Obwohl wir verzweifelt die Wähler und Wählerinnen von Rot-Grün suchen, können wir sie nicht finden. Alle, die zu uns kommen, beklagen sich über Ihre Beschlüsse und bereuen es, nicht uns gewählt zu haben. ({6}) Ich möchte - da das von der Regierungskoalition nicht zur Sprache gebracht worden ist - noch einmal auf die von Ihnen gemachten Versprechungen bzw. auf die Stellen zurückkommen, wo es Veränderungen geben soll. Vor der Bundestagswahl hat die SPD vollmundig von einer Kindergelderhöhung auf 200 Euro geredet. Davon hat sich Rot-Grün mittlerweile verabschiedet. Noch nicht einmal eine minimale Kindergelderhöhung ist im Koalitionsvertrag vorgesehen. Insbesondere Familien mit kleinen Einkommen werden so von Ihnen weiterhin massiv benachteiligt werden. Der Familienleistungsausgleich wird von Ihnen weder weiterentwickelt noch den von Ihnen zu verantwortenden steigenden Lebenshaltungskosten angepasst. Wie gesagt, die Kindergelderhöhung ist vom Tisch. Eine Anpassung des Erziehungsgeldes an die steigenden Lebenshaltungskosten ist nicht in Sicht. Die Kindererziehungszeiten sollten in der Pflegeversicherung angemessen berücksichtigt werden; Sie hatten versprochen, das unverzüglich zu tun. Jetzt ist zu lesen, dass Sie frühestens im Jahr 2004 das umsetzen werden, was Ihnen vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben worden ist. Die Koalition hat außerdem sinkende Sozialversicherungsbeiträge versprochen. Das Ergebnis sind steigende Sozialversicherungsbeiträge und damit auch steigende Lohnnebenkosten. Ich habe ja noch immer die Hoffnung, dass Rot-Grün irgendwann versteht: Das, was wir in der gegenwärtigen Situation dringend benötigen, sind sinkende und nicht steigende Lohnnebenkosten. ({7}) In der nächsten Stufe der Ökosteuer werden die Kosten für Sprit, Strom und Erdgas erhöht. Diese Erhöhungen werden Haushalte mit Kindern überproportional stark belasten; denn Kinder im Haus erhöhen die Verbrauchskosten deutlich. Kinder können aber nichts zur Entlastung bzw. Kostendeckung beitragen. All diese von Ihnen geplanten Maßnahmen tragen zu einer massiven Verschlechterung und nicht zu einer Verbesserung der Situation der Familien bei. Schon heute leben 1 Million Kinder in der Sozialhilfe und fallen somit in den Bereich der Kinderarmut. Bereits in der letzten Legislaturperiode geschah vonseiten der Regierung nichts, um die Situation der Familien zu verbessern. Und jetzt? Durch die von Ihnen geplanten und vor allen Dingen zu vertretenden Mehrbelastungen werden noch mehr Familien und deren Kinder in Armut fallen. ({8}) Anstatt die Kinder und ihre Familien aus der Kinder- und Familienarmut zu befreien, verschlechtern Sie die Situation und nehmen den Menschen damit die Chancen für die Zukunft. Wenn das die von Ihnen neuerdings beanspruchte Lufthoheit über den Kinderbetten ist, von der Ihr Generalsekretär Scholz verächtlich spricht, ({9}) dann gute Nacht! ({10})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Caren Marks, SPD.

Caren Marks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003587, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Familien sind in; 88 Prozent der jungen Menschen wünschen sich Kinder und Familie. Das ist das Ergebnis der Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 1998. Dass aber circa 40 Prozent der Akademikerinnen bis zum 39. Lebensjahr keine Kinder haben, steht dazu zunächst einmal im Widerspruch. Die Gründe liegen jedoch auf der Hand: Familie - sprich: Kinder zu wollen - ist eine Sache; eine andere ist es, die Unwägbarkeiten, die mit der Familiengründung verbunden sind, zu meistern. Das traurige Resultat von 16 Jahren konservativer, rückständiger Familienpolitik ({0}) der CDU/CSU und der FDP ({1}) waren die verfassungswidrige finanzielle Benachteiligung von Familien, ({2}) mangelhafte Betreuungsmöglichkeiten und ein familienfeindliches Klima. ({3}) 1998 wurde es höchste Zeit, Kinder und Familien aus dem Abseits zu holen und wieder in das Zentrum der Gesellschaftspolitik zu stellen. ({4}) Dem längst überholten, ideologisch gefärbten Familienbild der Union haben wir, die SPD, eine moderne und gerechte Familienpolitik entgegengesetzt, ({5}) eine Familienpolitik, die sich an der Lebensvorstellung und der Lebenswirklichkeit von jungen Paaren und jungen Familien orientiert. Die Familienpolitik der SPD basiert auf zwei Säulen: Die erste Säule, ({6}) die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Familien, war ein Schwerpunkt der letzten Legislaturperiode. Wir haben deutlich zugunsten der Familien umverteilt. Mit der Erhöhung von Kindergeld und Steuerfreibeträgen, der Anhebung von Einkommensgrenzen beim Erziehungsgeld und den Verbesserungen beim Wohngeld und BAföG haben wir Familien spürbar entlastet. ({7}) Im Vergleich zur alten, unionsgeführten Regierung geben wir jedes Jahr 13 Milliarden Euro mehr für Familien aus. Obwohl Union und FDP eine Anpassung materieller Rahmenbedingungen für Familien 16 Jahre lang vernachlässigt haben, versuchen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, ({8}) die Familienpolitik nun auf diese materiellen Rahmenbedingungen zu reduzieren. Doch da haben Sie die Rechnung ohne die Familien und insbesondere ohne die jungen Frauen gemacht. ({9}) Denn diese setzen insbesondere auf die zweite Säule unserer Familienpolitik: eine Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist hier an erster Stelle zu nennen. Erste entscheidende Verbesserungen haben wir bereits erreicht. So erleichtern der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, die Flexibilisierung der Elternzeit, aber auch die steuerliche Absetzbarkeit erwerbsbedingter Betreuungskosten bereits die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit. ({10}) Diese Verbesserungen sind aber noch nicht ausreichend. In Sachen Kinderbetreuung - angefangen bei den Krippenplätzen über Ganztagskindergärten und Hortplätze bis hin zu Ganztagsschulen - ist Deutschland innerhalb Europas ein Entwicklungsland. In dieser Legislaturperiode räumen wir dem Ausbau der Ganztagsbetreuung Priorität ein und stellen hierfür 4 Milliarden Euro zur Verfügung. ({11}) Die Union hat nichts dazugelernt. Mit dem Familiengeld wollten Sie, meine geehrten Damen und Herren von der Opposition, da weitermachen, wo Sie aufgehört haben. Junge Mütter sollten mit dem Familiengeld, einer Zuhause-bleib-Prämie, abgespeist werden. ({12}) Dieses Familienkonzept missachtet die Lebensvorstellungen der jungen Generation. Über die Finanzierung des Familiengeldes hat sich die Union wenig Gedanken gemacht. ({13}) Ein über Schulden finanziertes Familiengeld hätten die Kinder, die Sie entlasten wollten, ({14}) bezahlt; denn die Kinder werden morgen für die Bedienung der Schulden geradestehen müssen, die Sie verursachen. Doch die Menschen wissen, wer etwas für Familien tut und wer nur über Familienförderung redet. So werden wir mit den Stimmen der Mütter und Väter weiter für ein kinder- und familienfreundliches Deutschland sorgen. ({15}) Anders als bei der Union war und ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dabei klar: Wir schreiben keiner Familie und keiner Frau vor, wie sie leben sollen. ({16}) Wir ermöglichen es den Menschen aber, so zu leben, wie sie leben wollen. Kinder dürfen für Frauen nicht länger Verzicht auf Karriere bedeuten und Karriere darf für Frauen nicht länger Verzicht auf Kinder bedeuten. ({17}) Der Wirtschaftsstandort Deutschland kann weder auf hoch qualifizierte, motivierte Frauen verzichten, noch kann unsere Gesellschaft auf Kinder verzichten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({18})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das war Ihre erste Rede, Frau Kollegin. Ich gratuliere Ihnen zu dieser ersten Rede. ({0}) Auch die Kollegin, die jetzt das Wort erhält, Rita Pawelski, wird ihre erste Rede im Plenum halten. ({1})

Rita Pawelski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003607, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Marks, wenn man aus einem Land kommt, das in Bezug auf die Kinderbetreuung im untersten Drittel im Ländervergleich liegt, wenn man aus einem Land kommt, das Weltmeister im Schuldenmachen ist - das neue, ungedeckte Haushaltsloch beträgt 1,3 Milliarden Euro -, wenn man aus einem Land kommt, das in der PISA-Studie noch hinter Polen rangiert, dann sollte man hier anders auftreten. ({0}) In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung steht wörtlich: Unser Familienbegriff ist so vielfältig wie die Lebensumstände der Menschen ... So ganz ernst scheint Rot-Grün diesen Satz nicht zu nehmen; denn Sie haben in Ihren Vereinbarungen eine wichtige Gruppe kaum berücksichtigt: die Alleinerziehenden. ({1}) Die werden von Ihnen hart getroffen. In Deutschland leben rund 2 Millionen allein erziehende Mütter und Väter, die sich um 2,8 Millionen Kinder kümmern. Dass es diesen Familien finanziell nicht gut geht, dass es ihnen schlecht geht, dürfte selbst Ihnen von Rot-Grün bekannt sein. Denn über 50 Prozent dieser Familien leben von Sozialhilfe. Das Durchschnittseinkommen beträgt 1 700 Euro. Das ist wahrlich nicht viel. Umso schlimmer ist: Sie schröpfen die Mütter und Väter, die es schaffen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder nicht durch Transferleistungen, sondern durch Erwerbsarbeit zu bestreiten. Sie schämen sich nicht, diesen Menschen, die es oft schwer genug haben, tief in die Tasche zu greifen. Den Alleinerziehenden wird der Haushaltsfreibetrag, der zuletzt 3 000 Euro betrug, stufenweise bis 2005 weggenommen. Das ist ein Riesenskandal. ({2}) Aber das reicht Ihnen immer noch nicht. Durch Ihre unsoziale Renten-, Gesundheits- und Steuerpolitik belasten Sie diese Familien zusätzlich. Sie nehmen ihnen die Luft zum Atmen. ({3}) Wissen Sie eigentlich, was es heißt, jeden Cent nicht dreimal, sondern fünfmal umzudrehen? Wissen Sie eigentlich, wie diese Familien unter Ihrer Politik leiden? Und Sie reden von sozialer Gerechtigkeit! ({4}) Alleinerziehende sind stärker als andere auf Betreuungseinrichtungen angewiesen. Im Koalitionsvertrag fordert Rot-Grün verlässliche Betreuungseinrichtungen und setzt dabei den Schwerpunkt bei Kindern bis zu drei Jahren. Dafür wollen Sie 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Nur, dieses Geld stellen in Wahrheit nicht Sie von der Regierung den Kommunen zur Verfügung. Vielmehr soll es aus den Minderausgaben bei der Umsetzung des Hartz-Konzeptes erwirtschaftet werden - eines Konzeptes, das noch gar nicht umgesetzt ist. ({5}) Sie verteilen also das Fell des Bären, den Sie noch nicht einmal gesichtet haben. ({6}) Es kommt hinzu: Diese Summe reicht nicht. Das hat Ihnen auch der Deutsche Städtetag vorgerechnet. Er geht von Kosten in Höhe von mindestens 2,4 Milliarden Euro aus. Zur jetzt schon offensichtlichen Finanzierungslücke von 900 Millionen Euro schweigen Sie. Wie wollen Sie dies finanzieren? Und vor allem stellt sich die Frage: Wer soll dies tun? Die Kommunen, die von Ihnen ausgeblutet wurden, können die Mehrbelastungen nicht mehr tragen und wehren sich. Was sollen sie anderes tun? Sie werden die Kosten an die Familien weiterreichen. Das trifft dann genau diejenigen, die eigentlich Ihre Hilfe brauchen, nämlich die Alleinerziehenden. Nicht nur die Betreuung der ganz Kleinen ist durch Ihre Finanzierung nur mangelhaft gesichert. Zur Betreuung der Kinder zwischen drei und sechs steht in Ihrer Koalitionsvereinbarung kein einziges Wort. ({7}) Der von Rot-Grün angekündigte Ausbau der Ganztagsschulen entpuppt sich als schillernde Seifenblase, die sehr schnell platzen wird, weil auch hier die Kommunen zur Kasse gebeten werden. Ihre Finanzierungshilfen gibt es nur für einen kleinen Teil der Sachkosten; der Löwenanteil, nämlich die Personalkosten, muss hauptsächlich von den Ländern, die ebenfalls pleite sind - das gilt zumindest für Niedersachsen -, und von den Kommunen aufgebracht werden. ({8}) Die Kommunen wissen das und wehren sich gegen die Einrichtung der Ganztagsschulen. So wurden zum Beispiel in Niedersachsen von 140 Optionen auf Ganztagsschulen nur zwölf angenommen, weil sich die Kommunen die Finanzierung einfach nicht leisten können. ({9}) Dabei wissen wir doch alle, dass gerade Alleinerziehende auf Ganztagsschulen angewiesen sind. Im Klartext heißt das: Durch Ihre Politik ist keine bessere Betreuung für Schulkinder in Sicht. Die Familien werden sich bei Ihnen bedanken! In dem rot-grünen Koalitionsvertrag steht: Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um Armut von Familien zu vermindern. Ich sage Ihnen: Sie machen Familien arm. ({10})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Auch Ihnen, liebe Frau Kollegin, gratuliere ich zur ersten Rede hier im Plenum. ({0}) Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Lydia Westrich, SPD-Fraktion.

Lydia Westrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002490, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Eichhorn und Herr Dörflinger, Sie und Ihre Partei waren, wenn es um die Familie geht, schon immer gut im Halten von Sonntagsreden. Aber Ihre Redebeiträge heute und die Ihrer Kollegen haben die Familien nicht verdient. ({0}) Das, was Sie heute von sich gegeben haben, spottet jeder Beschreibung. ({1}) Sie haben gezeigt, dass Sie noch immer nicht wissen, wie eine moderne familienfreundliche Politik aussieht. Sie haben bis heute keine Ahnung davon. Seit vielen Jahren beobachten wir und die staunende Öffentlichkeit, wie Sie die Rahmenbedingungen für Familien immer an der Lebenswirklichkeit vorbei formulieren, wenn Sie überhaupt zu Formulierungen kommen. Die Quittung dafür haben Sie bei der Bundestagswahl vor allem von den jungen Frauen erhalten. Diese konnten mit dem von Ihnen propagierten, aber nicht finanzierbaren Familiengeld nichts anfangen. ({2}) Sie entwerfen jetzt ein Familienbild, das niemanden mehr anspricht. Junge Menschen verbinden heute ganz selbstverständlich den Wunsch nach Beruf und Familie. Sie sind gut ausgebildet und wollen ihre Fähigkeiten einsetzen. Sie verlangen von uns, nicht nur die wirtschaftliche Situation für Familien zu verbessern - was wir getan haben und was wir auch weiterhin tun werden -, sie wollen, wie es in unserem Koalitionsvertrag steht, ein bedarfsgerechtes und verlässliches Betreuungsangebot für ihre Kinder. ({3}) Diesen Wunsch werden wir ihnen in dieser Legislaturperiode erfüllen. ({4}) Jahre um Jahre hat Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, das Bundesverfassungsgericht bescheinigt, dass Sie die Familien zu hoch besteuert haben. ({5}) Sie haben gerade denjenigen, die Ihnen angeblich so am Herzen liegen, das Geld zu Unrecht aus der Tasche gezogen. Mit viel Geld und hohem finanziellen Einsatz haben wir Ihre verfassungswidrige Familienpolitik erst wieder in Ordnung bringen müssen. ({6}) Sie waren gegen alles: gegen die Erhöhung des Kindergeldes, gegen die Steuerentlastungen, gegen die Erhöhung des Erziehungsgeldes, gegen den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. ({7}) Elternzeit für Väter und Mütter, das ist ein Fremdwort für Sie. ({8}) Nachhaltigkeit ist in Ihrem Gehirn ebenfalls nicht gespeichert. ({9}) Nachhaltige Politik - ich will es Ihnen noch einmal erklären - betrifft die Umwelt und die Finanzen; sie sichert die Zukunft. Wir sind immer noch damit beschäftigt, Ihren Schuldenberg abzubauen, der eine Riesenhypothek für die nächsten Generationen darstellt. Sie haben eine verantwortungslose und für die Familien verfassungswidrige Politik betrieben und kommen uns jetzt mit Vorwürfen, weil wir das Ruder herumgerissen haben. ({10}) Ja, wir werden sparen, Subventionen abbauen und die Förderungen auf die Menschen, die es wirklich nötig haben, konzentrieren. Wir werden die Eigenheimzulage kinderfreundlich ausgestalten. ({11}) - Frau Lenke, sie soll nicht Ihnen, sondern denjenigen zugute kommen, die sie dringend brauchen; Sie brauchen sie nämlich nicht. Darüber diskutieren wir morgen aber ausführlich. ({12}) - Das stimmt ja nicht. Sie kennen den Gesetzentwurf ja noch gar nicht. Sie müssen erst einmal nachlesen, was morgen auf den Tisch kommt. Wir verstärken die Lenkungswirkung der ökologischen Steuerreform ({13}) und bauen auch dort Subventionen ab, so wie Sie das von der Opposition immer forderten. Wenn es aber konkret wird, kneifen Sie und sind Sprachrohr für jeden Verband und jeden Lobbyisten, der herumläuft. ({14}) Auf die Anhörung zum und die Beratungen über das Gesetz über die Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform sowie darauf, wie Sie sich dabei verhalten, bin ich schon gespannt. ({15}) Es müsste ja selbst zu Ihnen durchgedrungen sein, dass gute und zukunftsfreundliche Familienpolitik immer den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beinhaltet: Ressourcenschonung, Energieeinsparung, Nutzung umweltfreundlicher Technologien und nachwachsender Rohstoffe, das sind Lebensbedingungen für Familien und Kinder. ({16}) - Herr Seiffert, die Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform und die sie begleitenden Programme sind gute Beiträge, diese Bedingungen für Familien zu gewährleisten. Die auseinander klaffende Schere zwischen den Einkommen kinderloser Haushalte und der Haushalte mit kleinen Kindern ({17}) wurzelt vor allem in den unzureichenden Erwerbsmöglichkeiten für Mütter. Frau Eichhorn, das wissen Sie doch. ({18}) Besonders für Alleinerziehende wirkt sich das verheerend aus. ({19}) Wenn Sie ein wenig lesen würden, würden Sie erkennen, dass im europäischen Vergleich hinsichtlich der Einkommensarmut eine hohe Frauenerwerbsquote deutlich wirksamer ist als ein noch so hoher Familienlastenausgleich. ({20}) Deshalb ist der Weg der rot-grünen Koalition, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zu verstärken, unausweichlich. ({21}) Das wäre es selbst für Sie, aber bei Ihnen kommt das ja nicht vor. Auch in Zusammenarbeit mit vielen Unternehmen, die Familienfreundlichkeit als positiven Standortfaktor erkannt haben, kommen verstärkte Bemühungen um flexible Arbeitszeiten hinzu. Wie wir aus reichlicher Erfahrung wissen, ist der Abbau vieler lieb gewordener Subventionen zwar sehr schwierig, aber wir werden diesen Weg trotzdem gehen, weil wir damit die finanziellen Mittel erhalten, die wir für den Aufbau von Betreuungseinrichtungen brauchen, und weil wir damit die Qualität von Bildung und Ausbildung stärken. In jeder ernst zu nehmenden Studie der letzten Zeit und vielen Verlautbarungen von zahlreichen Verbänden - von Verbänden des Handwerks bis zur Caritas - steht, dass eine andere Familienpolitik nötig ist. Sie haben es aber noch nicht gemerkt. ({22}) Die Politik muss weg von Prämien, die Frauen an Heim und Herd binden sollen, und hin zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Frau Kollegin, denken Sie daran, dass die Redezeit in der Aktuellen Stunde nur fünf Minuten beträgt.

Lydia Westrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002490, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen. Wir sparen bei Dienstwagen, bei Auslandsflügen, bei Spekulationsgewinnen und durch die Mindestgewinnbesteuerung. Sie können uns dabei helfen, damit die Familienpolitik auch ihren Namen verdient.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Frau Kollegin!

Lydia Westrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002490, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nicht nur Lobbyismus pur, sondern auch Mut, die unbequemen Entscheidungen für mehr Gerechtigkeit zu tragen, sind gefordert. ({0})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Ich möchte es für alle sagen: In der Aktuellen Stunde sehen wir die Regelung bezüglich der fünfminütigen Redezeit eng, weil es wirklich Schlag auf Schlag gehen soll. ({0}) Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Elke Wülfing, CDU/CSU.

Elke Wülfing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002567, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Westrich, ich weiß gar nicht, was Sie gegen Lobbyisten haben. Zusammen mit meiner Fraktion bin ich gerne Lobbyistin für Alleinerziehende, Familien und Kinder. ({0}) Vielleicht sind auch Sie das, aber Sie setzen sich in Ihrer Regierung und bei Herrn Eichel nicht durch. Frau Pawelski hat eben ganz richtig festgestellt: RotGrün macht arm. ({1}) Rot-Grün macht alle arm, speziell natürlich die Familien. Wenn ich mich an den Wahlkampf erinnere - Frau ArndtBrauer, wir haben uns in der Gegend ab und zu gesehen -, dann muss ich mich schon sehr über die Familienpolitik wundern, die Sie zurzeit machen. Diese Familienpolitik haben die Familien wirklich nicht verdient. ({2}) Was ist eigentlich aus Ihren Versprechungen geworden? Sie haben materielle Sicherheit für die Familien zugesagt. Das ist doch richtig, oder? Sie haben überall gefordert, das Kindergeld müsse auf 200 Euro erhöht werden. Wo ist denn diese Erhöhung geblieben? Ich weiß, das ist peinlich, das hören Sie nicht so gerne. Darauf können Sie auch nicht antworten. Es ist aber nun so, dass nicht nur das Kindergeld nicht auf 200 Euro erhöht wird, sondern dass leider auch viele zusätzliche Belastungen auf die Familien zukommen werden. Das war zum Teil schon Thema dieser Aktuellen Stunde. Aber Sie handeln immer nach dem Motto: Was stört mich mein Geschwätz von gestern? Sie betreiben damit Wählerbetrug. Sie verraten die Interessen unserer Zukunft, nämlich die Interessen unserer Kinder. ({3}) Ich will noch ein paar Beispiele hinzufügen. Wenn das Heizen in einem Haushalt teurer wird, dann trifft das ausgerechnet die Familien; das wissen Sie ganz genau. ({4}) Wer so dämlich war, zu glauben, dass man mit einer Erdgasheizung umweltfreundlich und damit preiswert heizt, ist jetzt wirklich angeschmiert. Der Ökosteuersatz für Erdgas sollte von 3,4 Euro auf 5,7 Euro je Megawattstunde steigen. Sie werden es noch als familienpolitische Förderung verkaufen, dass er jetzt nur auf 5,5 Euro erhöht wird. Ich warte auf diese Art von Argumentation. Das Gleiche haben Sie bei der Eigenheimzulage gebracht. ({5}) Die Drohung, dass dies auch für leichtes Heizöl gelten sollte, stand schon im Raum. Das haben Sie abgewendet. Dafür müssen Ihnen die Familien aber richtig dankbar sein, nicht wahr? ({6}) Wie schön ist es doch, dass Sie dabei geblieben sind, die Ökosteuer nur um 3,5 Cent je Liter zu erhöhen. Dazu werden wir von Ihnen sicherlich noch das eine oder andere hören. Wir haben es vorhin schon gehört: Rasen für die Rente, heizen für die Rente. Ich möchte wissen, was man demnächst für die Rente noch alles tun muss. ({7}) Die Familien haben sich darüber gefreut, dass die von Rot-Grün im letzten Jahr gestrichene Absetzbarkeit von Haushaltshilfen zum Teil wieder eingeführt werden sollte. Die 500-Euro-Mini-Jobs im Haushalt sollten nach dem Hartz-Konzept vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt werden können. Aber das wird wohl nichts. Davor stehen nämlich Herr Eichel oder Frau Hendricks, der größte Feind oder die größte Feindin, die Familien anscheinend haben. Ich bin gespannt, was daraus nun wird. Der eine spricht davon, dass 10 Prozent abgesetzt werden können. Der andere nennt 25 Prozent. Das sind entweder 600 Euro oder 1 500 Euro, aber nicht 6 000 Euro pro Jahr. Damit ist ein wichtiger Anreiz, Haushaltshilfen einzustellen, genommen. Das wird damit zunichte gemacht. Ihre Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die auch die unsere ist - ich hoffe, Sie kapieren das bald -, haben Sie auch noch in den Orkus geschmissen. ({8}) Sie wollten doch das Hartz-Konzept zu 100 Prozent umsetzen. ({9}) Warum machen Sie es dann nicht? Ausgerechnet im Familienbereich, wo es wirklich etwas bewirken würde, machen Sie es nicht, Frau Kressl. Besonders sauer auf Sie dürften die Familien auch wegen der Eigenheimzulage sein. ({10}) Die 13 000 Euro, die Sie den Familien streichen, bedeuten bei uns im Münsterland, dass sich Familien keine Häuser mehr leisten können. ({11}) Viele Familien mit einem ganz normalen Einkommen haben sich dort noch Häuser leisten können. Wenn die Zulage von 13 000 Euro gestrichen wird, dann geht das nicht mehr. Ein Eigenheim ist nicht irgendetwas, ist nicht nur der Besitz eines Hauses. Für eine Familie ist das etwas, was den Kindern nützt und ihnen dient. Ein Haus bringt Sicherheit. ({12}) - Wir wollen einmal sehen, was daraus folgt. Sie sagen an einem Tag dies, an einem anderen Tag jenes und am dritten Tag wieder etwas anderes. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, Frau Westrich. Ich bin es langsam leid. ({13}) Mit der Änderung der Eigenheimzulage werden wir uns dann befassen, wenn sie so im Gesetzblatt steht, wie Sie es einmal hier und einmal da ankündigen. Beim Ehegattensplitting ist es dasselbe. Sie haben Ihren ursprünglichen Plan plötzlich nicht weiterverfolgt. Ich bin aber davon überzeugt, dass dieses Thema nach den Landtagswahlen am 2. Februar 2003 wieder auf den Tisch kommen wird. In dieser Aktuellen Stunde geht es um die Frage, wie sich Ihre finanz- und gesellschaftlichen Vorhaben auf die Familien auswirken. Ihre Vorhaben wirken sich so aus, dass Kinder in ganz normalen Familien nicht mehr so leben können, wie sie es verdient haben, nämlich sicher und mit guter Unterstützung seitens der Eltern. Sie wollen die Einmischung des Staates in die Familien. Das ist Ihr gutes Recht, aber unserer Meinung entspricht es nicht. Ich meine, wir sollten Familienpolitik mit Rücksicht auf die Situation der Eltern und Kinder in Deutschland gestalten und nicht darauf, wie Sie es gerne hätten, Frau Marks nomen est omen. ({14})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Christel Humme, SPD-Fraktion.

Christel Humme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003155, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU/ CSU-Fraktion, ich danke Ihnen recht herzlich für die Beantragung der Aktuellen Stunde. ({0}) Denn wer aufmerksam zugehört hat, weiß genau, dass der Kompetenzvorsprung in der Familienpolitik bei Rot-Grün und nicht bei der CDU/CSU und der FDP liegt. ({1}) Ich garantiere, dass unsere heutige Politik auch weiterhin erfolgreich sein wird, weil sie die Grundlagen schafft, die auch morgen und übermorgen tragfähig sind. Darum und um nichts anderes geht es bei den anstehenden Entscheidungen gerade im Interesse von Familien. Deshalb sind Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und Zukunftssicherung Markenzeichen der rot-grünen Regierung. Das war in der vergangenen Legislaturperiode so und das wird - das garantieren wir - auch in den nächsten vier Jahren so bleiben. Mit den anstehenden Reformen bauen wir Brücken von der Gegenwart in die Zukunft, die auch unsere Kinder und Kindeskinder noch sicher tragen werden. Mit unseren Reformen machen wir die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfähig. Davon profitieren die Familien. Unsere Umsetzung der Hartz-Vorschläge stellt die Arbeitsmarktpolitik auf ein sicheres Fundament und senkt die Arbeitslosigkeit. Auch das kommt vor allen Dingen den Familien zugute. Die von uns eingeleitete Energiewende ist Ausdruck einer nachhaltigen Umweltpolitik. Mit der Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform schaffen wir beides: Arbeitsplätze und eine lebenswerte Umwelt für unsere Kinder. ({2}) Wir sind es, die endlich mit einer nachhaltigen Haushaltspolitik Ernst gemacht haben. Auch dies liegt im Interesse von Familien und Kindern. Denn wenn wir heute auf Pump leben, ({3}) lassen wir es zu - wie es nämlich Ihre Politik war -, dass unsere Kinder und Enkelkinder für unsere Schulden geradestehen müssen. ({4}) Das entspricht nicht unserer Vorstellung von einer nachhaltigen Familienpolitik. ({5}) Zu unserem Kurs der Konsolidierung und Neugestaltung gibt es keine Alternativen. Ihre Wahlprogramme für 2002, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, liefen alle auf das eine hinaus: teure Wahlversprechen ohne Gegenfinanzierung. ({6}) Das ist eine Politik, die die Lösung gegenwärtiger Probleme den uns nachfolgenden Generationen überlässt. Das hat nichts mit Generationengerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit zu tun und ist auch keine nachhaltige Politik zugunsten der Familien. ({7}) Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir haben die Familienpolitik in den vergangenen vier Jahren ohne ideologische Scheuklappen der Lebenswirklichkeit angepasst. ({8}) Sie, meine Damen und Herren von der Union, wollen - das ist der Unterschied zu uns - die Lebenswirklichkeit ständig Ihren politischen Vorstellungen anpassen. Das geht aber gründlich schief. Wenn Sie zu Hause alles im Griff haben, Herr Dörflinger, dann ist das zwar in Ordnung, aber ich rate Ihnen, auch einmal über den Tellerrand zu schauen. ({9}) Dann wüssten Sie, dass 80 Prozent der jungen Frauen und Männer eine Familie haben, aber auch erwerbsfähig sein wollen. ({10}) 70 Prozent der Frauen mit kleinen Kindern wollen arbeiten. Das müssen auch Sie einmal zur Kenntnis nehmen. ({11}) Wenn sich so viele Frauen wie bei uns gegen Kinder entscheiden, dann lösen Sie dieses Problem nicht mit einer Trost- und Zuhausebleibprämie, mit Ihrem Familiengeld. ({12}) Mit Sicherheit schon deshalb nicht, weil Sie dieses Geld unabhängig vom Einkommen an alle zahlen, also auch an die gut verdienenden Abgeordneten. Das ist nicht die Lösung, die wir anstreben. ({13}) Schauen wir nicht in sozialistische Länder - Sie zitieren gern aus entsprechenden Berichten in der „FAZ“ -, schauen wir in unsere europäischen Nachbarländer, die weit weg sind vom Sozialismus, die genauso demokratische Staaten sind wie wir. Schauen wir in diese Nachbarländer, schauen wir nach Frankreich und Skandinavien. Dort gibt es eine höhere Frauenerwerbsquote und eine höhere Geburtenrate. ({14}) Dort können sich Frauen, wenn sie wollen, für Kinder entscheiden, ohne auf Erwerbstätigkeit zu verzichten. Gute Bildungs- und Betreuungsangebote machen es möglich. ({15}) Das ist ein zukunftsweisender Weg. ({16}) Frau Pawelski, gleichzeitig lösen wir mit einem besseren Bildungs- und Betreuungsangebot das Problem der Kinder- und Familienarmut und wir helfen vor allen Dingen Alleinerziehenden. Nach wie vor sind 60 Prozent der Alleinerziehenden Sozialhilfeempfänger, die dringend darauf warten, dass wir ihnen das Betreuungsangebot geben, das sie brauchen, um endlich erwerbstätig sein zu können, und das mit Kindern. ({17}) Das genau ist der Grund, warum wir unsere Bildungsund Betreuungssituation dem internationalen Standard anpassen. Es geht in der nächsten Zeit darum, unsere knappen finanziellen Mittel effizient einzusetzen. Wir werden das tun, so wie wir das in den vier Jahren der letzten Legislaturperiode getan haben. Wir werden das tun mit 4 Milliarden Euro für die Ganztagsbetreuung und 1,5 Milliarden Euro für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren. ({18}) Diese Politik nützt den Frauen, den Familien und uns allen, weil sie nämlich gleichzeitig die Bildungschancen verbessert. Schönen Dank. ({19})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gesine Lötzsch, PDS. ({0}) - Ich habe nicht die Fraktion, sondern die Parteizugehörigkeit genannt.

Dr. Gesine Lötzsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003584, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Vielen Dank. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Diese Debatte im Deutschen Bundestag wird sicher eine der Debatten dieser Legis374 laturperiode sein, bei der die meisten Frauen gesprochen haben. Wenn es einerseits sehr erfreulich ist, dass Frauen politisch aktiv sind und auch das Wort ergreifen, ist es gerade in dieser Debatte wiederum ein Zeichen dafür, dass man die Verantwortung für die Familien vor allen Dingen den Frauen zuweist. ({0}) In der Koalitionsvereinbarung wird die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf als ein zentrales gesellschaftspolitisches Reformvorhaben festgeschrieben und dazu will die Bundesregierung Ganztagsschulen und Krippen schaffen. Wir als PDS halten das Reformvorhaben für richtig und wichtig. Die Bundesregierung kann sich bei der Umsetzung dieses Projektes vertrauensvoll an uns wenden; denn viele unserer guten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in Ostdeutschland haben in der Frage der Ganztagsbetreuung langjährige Erfahrungen. So gut und nützlich Studienreisen nach Finnland und Dänemark sind, ich denke, man kann manchmal auch sagen: Das Gute liegt so nah. Man kann sich über die Erfahrungen vor Ort informieren. Ich lade Sie, Frau Staatssekretärin, gern in meinen Wahlkreis Lichtenberg ein. Das ist kostengünstiger; es kostet nur eine Fahrkarte der BVG. ({1}) Ich möchte gern noch auf ein gravierendes Problem hinweisen. Mit der Ausweitung der Betreuungsangebote allein werden Sie Ihre Reform nicht erfolgreich umsetzen können; denn eine Erfahrung haben wir in Ostdeutschland schon in den letzten zehn Jahren gemacht: Wir haben im Osten eine ausreichende Zahl von Krippen und Kindergärten; in den Kommunen müssen diese sogar aufgrund des dramatischen Geburtenrückgangs abgebaut werden. Das Problem sind hier nicht in erster Linie die Betreuungsangebote für die Kinder, sondern die fehlenden Arbeitsplätze für Mütter und Väter. Meine Damen und Herren, bei der Finanzierung dieser Reform stellen sich jedoch eine Reihe von Fragen. Der Bund will den Kommunen ab 2004 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stellen. Das ist nicht wirklich viel Geld. Hinzu kommt aber, dass diese Mittel durch die Umsetzung des Hartz-Konzepts erst noch erwirtschaftet werden sollen. Die eingesparten Mittel dürfen die Kommunen für eine bessere Kinderbetreuung einsetzen. Das ist ein ungedeckter Wechsel. Meine Erfahrung mit den Reformen der letzten Bundesregierung ist, dass sie selten zu mehr Geld für die Kommunen geführt haben. ({2}) Was passiert also, wenn das Hartz-Konzept nicht so schnell greift, wie sich die Bundesregierung das vorstellt? Die Bundesregierung will eine bedarfsgerechte Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren von mindestens 20 Prozent erreichen. Die Frage für Ostdeutschland ist aus meiner Sicht, ob bei Übererfüllung des 20-ProzentZiels auch Mittel für die qualitative Verbesserung der Bausubstanz und der Betreuung verwendet werden können, zum Beispiel für die Sanierung von Krippen und Kindergärten oder für die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, für die Verkleinerung der Gruppen oder für die bilinguale Erziehung. Ihr Konzept setzt bei der Krippe an. Warum setzen Sie eigentlich nicht bei der Geburt an? Die leider viel zu früh verstorbene Sozialministerin von Brandenburg, Regine Hildebrandt, Ihre Parteifreundin, hat dort ein Begrüßungsgeld von 1 000 DM pro Kind eingeführt. Dann wurde in Brandenburg das Geld knapp und diese Initiative wurde wieder eingestellt. Es gibt doch sicher ein paar reiche Kommunen, die ein solches Begrüßungsgeld finanzieren könnten. Vielleicht sollte die Ministerin diese Initiative ihrer Parteifreundin Hildebrandt aufgreifen und für jedes in der Bundesrepublik geborene Kind ein Begrüßungsgeld von 1 000 Euro einführen. Sie können sicher sein: Die Statistiker werden in ein paar Jahren von einem positiven Geburtenknick sprechen, der dann vielleicht der „Schmidt-Effekt“ heißen wird. Vielen Dank. ({3})

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002391

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 7. November 2002, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.